Hermann Suter Hermann Suter: Le Laudi Di San Francesco D’Assisi

Hermann Suter Hermann Suter: Le Laudi Di San Francesco D’Assisi

10. Jahr, Nr. 23, Okt. 2004 Hermann Suter Hermann Suter: Le Laudi di San Francesco d’Assisi (Aus dem Konzertheft der Aufführung in Laufenburg vom 8./9. September 2001) Zum Werk Das Hauptwerk Hermann Suters, das Oratorium «Le Laudi di San Francesco d’Assisi», entstand zum 100-jährigen Bestehen des Basler Gesangverein. Suter hat das gesamte Werk im Sommer 1923 im Engadin komponiert. Die Uraufführung fand am 13. Originalpartitur Le Laudi Ziffer 94 Juni 1924 im Basler Münster statt. Als Textvorlage Nr. 6 wählte Hermann Suter die italienische Urfassung Mit warmen, erdfarbenen Tönen wird im sechsten des «Sonnengesangs» des Franz von Assisi. Satz die Mutter Erde besungen. Die Solo-Altstimme steigt allmählich aus dunkler Tiefe empor, um im Einleitung und Nr. 1 Mittelteil auf graziöse Weise die Früchte und die Die Einleitung zum ersten Satz betont mit ihrer un- Düfte der Blumen und Kräuter zu besingen. begleiteten Einstimmigkeit und der Anlehnung an die Gregorianik die feierlich archaisierende Wir- Nr. 7 kung des ganzen Werkes. Chor und Orchester stei- Die weich fliessende Bewegung des siebten Satzes gern diese hymnische Anrufung, um dann in eine versinnbildlicht die Sanftmütigen, die in verzeihen- Fuge zu münden. Diese wird durch die Lobpreisung der Liebe Krankheit und Qualen ertragen. der Sonne in glänzender Belcanto-Manier des Solo- Tenors unterbrochen. Nr. 8 Im achten Satz führt die Musik zum Bruder Tod. Nr. 2 Nach dem Aufblitzen schrecklicher Ahnungen ent- Im zweiten Satz preist der Dichter durch Mond und setzter Menschen stimmt die Orgel den tröstlichen Sterne den Schöpfer. Der Zauber des Stimmungs- Gesang ewiger Ruhe an. bildes wird durch ein unaufhörliches Flimmern und Glitzern des Orchesters und die darüber schweben- Nr. 9 den Vokalstimmen hervorgerufen. Im neunten Satz klingt mit den ersten Takten des Kinderchors die Einleitung an. Wieder wird eine Nr. 3 gregorianische Melodie zu erhabener Grösse ent- Diese ruhige, lyrische Stimmung wird im dritten wickelt, ehe sich die Musik beruhigt und verinner- Satz vom Wind jäh hinweggefegt. Nach drei kräfti- licht in einem Pianissimo-Amen des Chors ver- gen Stössen der Bläser setzen die stürmischen Läufe klingt. der Streicher ein, die fortwährend durch das Orches- ter zischen. Darüber wird der Chorsatz zur Doppel-, Lieber Leser, liebe Leserin Tripel- und Quadrupelfuge aufgebaut. Im Mittelteil Der Themenkreis Karfreitagskonzert 2005 ist für weicht der Sturm dem freundlichen, schönen Wet- eine Tutti-Ausgabe allein zu umfassend. ter. Wir werden deshalb einzelne Themen in dieser, andere Themen in der nächsten Ausgabe behandeln. Nr. 4 Im vorliegenden Tutti finden Sie einen erläuternden Der vierte Satz beschreibt mit den leise murmelnden Text zum Werk «Le Laudi», zwei Texte zu Hermann Figuren der Holzbläser und den ruhig einherziehen- Suter, einen alten Zeitungsartikel zur Schaffhauser den Linien des Soloquartetts das ewige Fliessen des Aufführung von 1946 sowie einen Ausschnitt aus Wassers. der Konzertkritik der Basler Uraufführung von 1924. Ausserdem haben wir uns mit Hans-Jörg Nr. 5 Ganz, dem Leiter der Singschule Schaffhausen, Archaisierend wirkt im fünften Satz vor allem die unterhalten, der mit Kindern aus seinen Chören die Form der Passacaglia: Über einem gleich bleibenden Kinderchorpartien einstudieren wird. Bass entwickeln sich 24 Variationen, wie von In der nächsten Ausgabe von Ende Februar/Anfang Flammen umzüngelt durch ständig auflodernde März werden Sie dann ausführliche Informationen Streicherarpeggien. Denn das Feuer wird hier aufge- finden zu Franz von Assisi und zu seinem Sonnenge- rufen, mit all seiner Schönheit, Wärme und Kraft sang, zum Fricktaler Kammerchor sowie zu Her- den Schöpfer zu loben. mann Suters Dirigentenzeit in Schaffhausen. 2 Der Komponist aus Laufenburg ... ... in Schaffhausen als Dirigent des Männerchors von 1893 bis 1902 Hermann Suter ist 1870 im aargauischen Städtchen Kaiserstuhl zur Welt gekommen. Er war fünf Jahre (Der vorliegende Text stammt aus dem Textheft der alt, als sein Vater als Lehrer und Organist nach Lau- Aufführung des Schaffhauser Männerchors am Kar- fenburg berufen wurde. freitag 1946) «Jeder Künstler ist zunächst das Produkt des Bo- dens, aus dem er hervorgewachsen ist, als Persön- Am 28. April 1870 in Kaiserstuhl geboren, zeigte lichkeit sowohl wie als Schaffender. Selten aber Hermann Suter bereits in der Jugend grosses musi- haben einem Musiker Heimat und Elternhaus so viel kalisches Talent. Bald überragte er seine Kameraden fürs Leben mitgegeben wie Hermann Suter. Das an jeglichem Können. Seine Volksschulbildung zeigt sich auch in seinem Werk.» genoss er in Laufenburg, wohin die ganze Familie Mit diesen Worten beginnt die Biografie über Her- übersiedelt war. Mit Glanz absolvierte er das Gym- mann Suter, die Wilhelm Merian 1936 veröffent- nasium in Basel; an der dortigen Universität wid- licht hat. Was hat ihm seine Heimat mitgegeben? mete er sich unter starkem Einfluss von Gustav We- Leicht lässt es sich ablesen im «Lied von Laufen- ber dem Studium der Germanistik und der ihm lieb burg», das er im März 1909 auf dem gewordenen Musik. Früh arbeitete er Schlossberg in Laufenburg gedichtet an eigenen Kompositionen; weiteren und später für seinen Vater und des- Studien gab er sich in Stuttgart und sen Schüler auch komponiert hat. Leipzig hin, wo er eine rege musikali- Und gewiss ist Hermann Suter auch sche Tätigkeit entfaltete, die von geprägt worden von jener Atmosphä- schönen Erfolgen gekrönt wurde. re, über welche seine Schwester Lina schreibt: «Laufenburg, das herrliche 1892 siedelte er nach Zürich über, alte Städtchen, bot damals noch eine von wo aus er verschiedene Vereine Menge Anreize für die erfinderische und Organisationen leitete, so auch Jugend ... Da war der Schwertlisturm den Männerchor Schaffhausen. mit seiner besonderen Vergangen- heit, der Wasenturm mit seinen Git- Die Chronik berichtet: Die Aera Suter tern hoch oben; wenn dieser einmal bildete eine eigentliche Glanzperiode von seinen Insassen befreit war, in der Geschichte des Männerchors. steckte er eine weisse Fahne auf. Hermann Suter schien so recht für Man fand auch unterirdische Gänge Schaffhausen zu passen. Dem ihm im Städtchen, die irgendwo im ent- lieb gewordenen Verein widmete er fernten Wald wieder ans Licht führ- «Das Land der Ahnen», «An mein ten oder gar an den Rhein hinunter 1894 Vaterland», Kompositionen, die noch ...» All dies hat Hermann Suter ge- heute gern gesungen werden. Im Jah- prägt und hat ihn immer wieder zurückkehren lassen re 1902 folgte eine Berufung nach Basel. Bald er- nach Laufenburg, nach Rheinsulz auch, wo seine rang der begnadete Künstler internationalen Ruf und Eltern ein Häuschen gekauft hatten. Ruhm, er war führend in der schweizerischen Mu- sikwelt. Anno 1913 wurde er von der philosophi- Dass die Stadt Laufenburg ihn 1926 zum Ehrenbür- schen Fakultät Basel zum Dr. h. c. ernannt. ger ernannte, hat ihn unter den vielen Ehrungen, die ihm zuteil wurden, besonders gefreut. Und diese An den Gestaden des Silsersees, wo er im Jahre Verbundenheit, diese Sehnsucht nach zu Hause ist 1923 seine Ferien verbrachte, vollendete Suter sein eingeflossen in die Musik. schönstes Werk, mit dem er im Inland und Ausland Aber seine schöpferische Kraft hat diese heimatli- wahre Triumphe feierte, die «Laudi di San France- chen Gefühle verwoben mit Eindrücken, die er an- sco d’Assisi». Die Erstaufführung zur Jahrhundert- dernorts erhalten hat (er hatte an den Konservatorien feier des Basler Gesangvereins (Solisten Eva Bruhn, von Stuttgart und Leipzig studiert, wirkte später als Maria Philipp, Karl Erb, Heinrich Rehkemper) er- Dirigent in Zürich und die letzten 25 Jahre bis zu lebte einen überwältigenden Erfolg. seinem Tod im Jahre 1926 in Basel), verwoben auch mit einer umfassenden Bildung, die ihn nach immer Mit diesem Werk fanden noch zahlreiche andere neuen Horizonten Ausschau halten liess. Schöpfungen rasche Verbreitung. Doch konnte Und so ist seine Musik zwar geprägt von seiner Hermann Suter seinen Ruhm nicht mehr lange ge- Herkunft, aber seine Musik ist keineswegs nur von niessen. Am 22. Juni 1926 schloss der hochbegabte lokaler Bedeutung. Grosse Musik hat in erster Linie Künstler für immer die Augen. Die Anteilnahme der die eine Heimat: die allgemein menschliche. gesamten musikalischen Welt war gross. Die Auf 3 führung am kommenden Karfreitag als Erstauffüh- Dass «Le Laudi» von einem unserer grössten rung in Schaffhausen soll deshalb getragen sein von Schweizer Komponisten vertont wurde, der ausser- den Gedanken einer tiefen Dankbarkeit und Hoch- dem in unserer Stadt Schaffhausen als langjähriger schätzung einem Menschen gegenüber, der uns ein Dirigent des Männerchors wirkte, wird diesem Kar- musikalisches Erbe hinterlassen hat, um das wir alle freitagskonzert noch grössere Bedeutung zukommen zu beneiden sind. lassen. Wir zweifeln nicht daran, dass die Auffüh- (Hans Neukomm, Präsident des Männerchores) rung dieses Werkes jedem Musikfreund zu einem grossen und dem Karfreitag würdigen Erlebnis wer- den wird. (S.P.) Konzertvorschau in den «Schaffhauser Nachrichten» 10. April 1946 Auszug aus der Konzertkritik der «Basler Nachrichten» «Le Laudi di San Francesco d’Assisi» von Hermann zur Erstaufführung 1924: Suter (anlässlich der Jahrhundertfeier des Basler Gesang- Auf der Suche nach ethisch wertvollem Text für vereins) seine Komposition fand Hermann Suter «Le Laudi» (die Lobgesänge) Franz von Assisis. Dem tiefgrün- «... Suter muss sich ganz in den Geist der Dichtung digen Wesen des Komponisten Suter entsprach es, hineingelebt haben, um so aus ihm heraus

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