Gericht Entscheidungsdatum Geschäftszahl Spruch Text

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13.11.2019 Gericht BVwG Entscheidungsdatum 13.11.2019 Geschäftszahl W163 1431779-2 Spruch W163 1431779-2/14E IM NAMEN DER REPUBLIK! Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Daniel LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2017, Zl XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht: A) I. Die Beschwerde wird gem. § 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG, § 9 BFA-VG und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen. II. Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt I., soweit damit über die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 abgesprochen wurde, behoben. B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Text ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE: I. Verfahrensgang und Sachverhalt 1. Verfahrensgang und Sachverhalt: 1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) hat nach unrechtmäßiger Einreise in österreichische Bundesgebiet am 27.11.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, gestellt. Am 29.11.2012 fand vor einem Organ der Bundespolizei die niederschriftliche Erstbefragung des BF statt. In weiterer Folge wurde der BF am 05.12.2012 vor dem Bundesasylamt (im Folgenden: BAA) im Asylverfahren niederschriftlich einvernommen. 1.2. Das BAA wies den Antrag auf internationalen Schutz des BF mit Bescheid vom 10.12.2012, Zahl: XXXX , gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab und erkannte ihm den Status des Asylberechtigten nicht zu (Spruchpunkt I.). Weiters wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und er gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen (Spruchpunkt III.). 1.3. Gegen den oben genannten Bescheid des BAA erhob der BF Beschwerde an den Asylgerichtshof. www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 29 Bundesverwaltungsgericht 13.11.2019 Die Beschwerde wurde mit Erkenntnis des ab 01.01.2014 zuständigen Bundesverwaltungsgerichts (im Folgenden: BVwG) vom 20.01.2015, Zl. W175 XXXX , gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.). Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids wurde aufgehoben und gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) zurückverwiesen (Spruchpunkt II). 2.1. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 04.08.2016, wurde der BF über die Ermittlungsergebnisse und die beabsichtigte Erlassung einer Rückkehrentscheidung informiert und zur Abgabe einer Stellungnahme binnen 14 Tagen aufgefordert. 2.2. Am 22.08.2016 und am 14.11.2016 langte jeweils eine Stellungnahme des BF ein. 3.1. Mit Bescheid vom 30.01.2017, Zl. XXXX , wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. §§ 55 und 57 AsylG nicht erteilt. Gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gem. § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gem. § 46 FPG nach Indien zulässig ist. Gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I.). 3.2. Gegen den oben genannten, am 01.02.2017 zugestellten Bescheid des BFA, richtet sich die beim BFA fristgerecht am 15.02.2017 eingebrachte Beschwerde an BVwG. Es wurde beantragt, der Beschwerde stattzugeben und den Bescheid im angefochtenen Umfang aufzuheben oder abzuändern. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem BVwG am 17.02.2017 vom BFA vorgelegt. 3.3. Die Ladung für die vom BVwG am 30.10.2018 anberaumte eine mündliche Verhandlung wurde dem BF am 10.10.2018 durch Hinterlegung ordnungsgemäß zugestellt. Das BVwG führte am 30.10.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der BF unentschuldigt nicht teilnahm. Ein Vertreter des BFA nahm an der Verhandlung entschuldigt nicht teil. 3.4. Das BVwG führte am 08.03.2019 abermals eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der BF teilnahm. Ein Vertreter des BFA nahm an der Verhandlung entschuldigt nicht teil. I.2. Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (Sachverhalt) Das Bundesverwaltungsgericht geht auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgebenden Sachverhalt aus: a) Zur Person und zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei 1. Der BF führt den Namen XXXX , geb. XXXX . Der BF ist Staatsangehöriger von Indien und stammt aus dem Bundesstaat Punjab. Die Muttersprache des BF ist Punjabi. 2. Der BF reiste im November 2012 unrechtmäßig ins österreichische Bundesgebiet ein. Seither hält er sich im österreichischen Bundesgebiet auf. 3. Der BF besuchte in Indien acht Jahre lang die Schule. Danach war er in der elterlichen Landwirtschaft und als Schweißer tätig. 4. In Indien befinden sich noch immer seine Eltern, sein Bruder, seine Ehegattin, seine beiden Kinder sowie mehrere Onkeln und Tanten. 5. Der BF hat nicht einmal rudimentäre Deutschkenntnisse. Er kann einfachste Fragen des Alltags nicht sinnerfassend verstehen und auch keine sinnzusammenhängenden Antworten formulieren. Der BF hat keinen Deutschkurs belegt und keine Deutschprüfung abgelegt. 6. Der BF arbeitet in Österreich als Zeitungszusteller und erzielt damit etwa ein Monatseinkommen von EUR 500,-. www.ris.bka.gv.at Seite 2 von 29 Bundesverwaltungsgericht 13.11.2019 7. Es leben keine Familienangehörigen oder Verwandte des BF in Österreich. Der BF hat in Österreich keine Sozialkontakte mit besonderem Naheverhältnis. 8. Der BF besucht keine Kurse und keine Bildungseinrichtungen, er ist auch nicht Mitglied in einem Verein. Er geht weder sportlichen noch kulturellen Aktivitäten nach. In seinem Alltag geht der BF arbeiten, dann schläft und isst er. Ansonsten macht der BF nichts. 9. Der BF ist unbescholten. 10. Der BF wurde von der Finanzpolizei am 11.05.2018 wegen illegaler Beschäftigung angezeigt, nachdem er auf einem Wochenmarkt für einen Betrieb arbeitend angetroffen worden war und er von diesem Betrieb weder zur Sozialversicherung gemeldet war noch im Besitz einer arbeitsmarktbehördlichen Bewilligung war. 11. Der BF ist gesund und arbeitsfähig. 12. Der Verfahrensgang wird dem Erkenntnis als festgestellter Sachverhalt zugrunde gelegt. b) Zur Lage im Herkunftsstaat Politische Lage Indien ist mit über 1,3 Milliarden Menschen und einer multireligiösen und multiethnischen Gesellschaft die bevölkerungsreichste Demokratie der Welt (CIA Factbook 23.1.2019; vgl. AA 18.9.2018). Die Zentralregierung hat im indischen Föderalsystem deutlich größere Kompetenzen als die Regierungen der Bundesstaaten. Indien verfügt über 29 Bundesstaaten und sechs Unionsterritorien (AA 11.2018a). Im Einklang mit der Verfassung haben die Bundesstaaten und Unionsterritorien ein hohes Maß an Autonomie und tragen die Hauptverantwortung für Recht und Ordnung (USDOS 20.4.2018). Die Hauptstadt New Delhi hat einen besonderen Rechtsstatus (AA 11.2018a). Die Gewaltenteilung zwischen Parlament und Regierung entspricht britischem Muster (AA 18.9.2018), der Grundsatz der Gewaltenteilung von Legislative, Exekutive und Judikative ist durchgesetzt (AA 11.2018a). Die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit, die über einen dreistufigen Instanzenzug verfügt, ist verfassungsmäßig garantiert (AA 18.9.2018). Das oberste Gericht (Supreme Court) in New Delhi steht an der Spitze der Judikative und wird gefolgt von den High Courts auf Länderebene (GIZ 3.2018a). Die Pressefreiheit ist von der Verfassung verbürgt, jedoch immer wieder Anfechtungen ausgesetzt (AA 9.2018a). Indien hat zudem eine lebendige Zivilgesellschaft (AA 11.2018a). Indien ist eine parlamentarische Demokratie und verfügt über ein Mehrparteiensystem und ein Zweikammerparlament (USDOS 20.4.2018). Darüber hinaus gibt es Parlamente auf Bundesstaatsebene (AA 18.9.2018). Der Präsident ist das Staatsoberhaupt und wird von einem Wahlausschuss gewählt, während der Premierminister Leiter der Regierung ist (USDOS 20.4.2018). Das Präsidentenamt bringt vor allem repräsentative Aufgaben mit sich, im Krisenfall verfügt der Präsident aber über weitreichende Befugnisse. Seit Juli 2017 ist Präsident Ram Nath Kovind indisches Staatsoberhaupt (AA 11.2018a). Das wichtigste Amt innerhalb der Exekutive bekleidet aber der Premierminister (GIZ 3.2018a). Wahlen zum Unterhaus finden nach einfachem Mehrheitswahlrecht ("first-past-the-post") alle fünf Jahre statt, zuletzt im April/Mai 2014 mit knapp 830 Millionen Wahlberechtigten (AA 18.9.2018). Dabei standen sich drei große Parteienbündnisse gegenüber: Die United Progressive Alliance (UPA) unter Führung der Kongresspartei, die National Democratic Alliance (NDA) unter Führung der Bharatiya Janata Party (BJP - Indische Volkspartei) und die so genannte Dritte Front, die aus elf Regional- und Linksparteien besteht sowie die aus einem Teil der India-Against-Corruption-Bewegung hervorgegangene Aam Aadmi Party (AAP) (GIZ 3.2018a; vgl. FAZ 16.5.2014). Abgesehen von kleineren Störungen, verliefen die Wahlen korrekt und frei (AA 18.9.2018). Als deutlicher Sieger mit 336 von 543 Sitzen löste das Parteienbündnis "National Democratic Alliance" (NDA) mit der "Bharatiya Janata Party" (BJP) als stärkste Partei (282 Sitze) die Kongress-Partei an der Regierung ab (AA 18.9.2018). Die BJP holte sie nicht nur die absolute Mehrheit, sie ließ auch den bislang regierenden Indian National Congress

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