Die Wirtschaftlichen Bestrebungen Der SS

Die Wirtschaftlichen Bestrebungen Der SS

Die wirtschaftlichen Bestrebungen der SS Die SS war bemüht, mit eigenen Betrieben wirtschaftliche Ressourcen zu erschließen, um von anderen staatlichen Behörden bzw. Institutionen der NSDAP unabhängig zu sein. Die SS wurde wirtschaftlich aktiv in der Baustoffher- stellung, der Holz-, der Textil- und der Lebensmittelindu- strie. Größere wirtschaftliche Bedeutung erreichten die SS- Betriebe nicht. KZ-Gedenkstätte Neuengamme | Reproduktion nicht gestattet 2 Die wirtschaftlichen Bestrebungen der SS Die wirtschaftlichen Bestrebungen der SS 3 SS-Unternehmen an KZ-Standorten Schon 1933 waren erste SS-eigene Werkstätten im KZ Dachau eingerichtet worden. Ab 1934 gründete Himmler Firmen und Vereine, die der Abteilung Wirtschaftliche Hilfe im Persönlichen Stab des Reichsführers SS unterstanden. Ab 1936 erweiterte die SS ihre Bauvorhaben, von denen die eigenen Wirtschaftsbetriebe profitieren sollten. Bei der Errichtung neuer Konzentrationslager und beim Ausbau von SS-Stützpunkten wurden KZ-Häftlinge als Arbeitskräfte eingesetzt. 1937/38 gründete Himmler SS-eigene Groß- betriebe in der Baustoffbranche. Nach einer Übereinkunft mit dem Generalbauinspektor der Reichshauptstadt Berlin, Albert Speer, setzte die SS KZ-Häftlinge in Steinbrüchen und Ziegeleien für NS-Großbauvorhaben – wie die Neu- gestaltung Berlins und Hamburgs – ein. Neue Konzentrati- onslager wurden an Standorten eingerichtet, an denen das SS-Unternehmen Deutsche Erd- und Steinwerke GmbH Betriebsgründungen vornahm und Arbeitskräfte benötigte: bei den Steinbrüchen in Mauthausen, Flossenbürg, Groß- Rosen und Natzweiler, sowie bei Weimar, bei Berlin (Orani- enburg) und bei Hamburg (Neuengamme) Ziegelwerke mit modernster Technik. Ab 1939 ließ Himmler auch die KZ-Werkstätten schrittweise in neu gegründete Unternehmen überführen und ausbauen. 4 Die wirtschaftlichen Bestrebungen der SS Gewinnerzielung Die SS als Gliederung der NSDAP erhielt ihre finanziellen Mittel von der Partei. Besondere Einrichtungen, wie die bewaffneten Verbände, wurden über den Reichshaushalt finanziert. Da die SS rechtlich nicht selbstständig war, Himmler aber die Verfügung über die Betriebe und ihre Erlöse behalten wollte, wurden die Unternehmen in der Rechtsform der GmbH gegründet und mit Bankkrediten und Vorauszahlungen auf spätere Lieferungen finanziert. Der rechtliche Status der SS-Unternehmen – staatliche oder privatrechtliche Betriebsform – war jedoch nie klar definiert. Oswald Pohl, SS-Verwaltungschef und ab 1942 Chef des SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes, versuchte, die erwirtschafteten Erlöse nicht an die Staatskasse abzuführen, sondern sie für SS-Stiftungen und für defizitäre SS-Unter- nehmen zu verwenden. Diesem Zweck diente vor allem die Gründung einer Dachgesellschaft, der „Deutschen Wirt- schaftsbetriebe GmbH“, zur Übernahme von Gewinnen und Verlusten. Die privatwirtschaftliche Organisation führte jedoch schließlich dazu, dass die SS-Unternehmen viele ihrer ursprünglichen Steuervergünstigungen und andere Vorrechte staatlicher Unternehmen verloren. Die wirtschaftlichen Bestrebungen der SS 5 Aktivitäten in den besetzten Ostgebieten Mit der Stärkung der Machtstellung Himmlers weitete sich auch die Wirtschaftstätigkeit der SS aus. Die Erweiterung der bewaffneten SS-Verbände zur Waffen-SS führte zum Ausbau der Ausrüstungs- und Reparaturwerke. Weitere Betriebe sollten zur Unterstützung der Germanisierungspoli- tik dienen, für die Himmler seit der Ernennung zum „Reichs- kommissar für die Festigung des deutschen Volkstums“ 1939 zuständig war. Hierzu gehörten vor allem Baustoff- und Landwirtschaftsbetriebe in den besetzten Gebieten – im „Generalgouvernement“ und im „Protektorat Böhmen und Mähren“, in der Sowjetunion, in Slowenien und in West- frankreich. Meist handelte es sich um den Besitz jüdischer Familien oder so genannter Staatsfeinde. 1943 leitete das SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt etwa 30 Unterneh- men mit über 30 000 KZ-Arbeitskräften. Im Winter 1941/42 trieb Himmler die Planungen für die Siedlungspolitik im Osten voran. Im Zusammenhang mit dem „Generalplan Ost“, der die Deportation der einheimi- schen Bevölkerung und die Neuansiedlung von Millionen Deutschen vorsah, entstanden Pläne für umfangreiche Stützpunkt-, Siedlungs- und Straßenbauten. SS-Baubriga- den aus KZ-Häftlingen und Kriegsgefangenen sollten als mobile Baukommandos eingesetzt werden. Dieses Vorha- ben wurde jedoch aufgrund der veränderten Kriegslage nicht mehr realisiert. Ab Herbst 1942 wurden SS-Baubri- gaden jedoch für Aufräumungsarbeiten in bombardierten Städten und für militärische Bauvorhaben aufgestellt. 6 Die wirtschaftlichen Bestrebungen der SS Kriegsproduktion Die Dresdner Bank und die Deutsche Golddiskontbank hatten dem SS-Unternehmen Deutsche Erd- und Steinwer- ke GmbH 1939 Kredite von über 8 Millionen Reichsmark für technische Ausrüstungen in SS-Baubetrieben, darunter 710 000 Reichsmark für das Klinkerwerk Neuengamme, gewährt. Die Produktivität der Ziegeleien in Weimar, Neu- engamme und Oranienburg sowie der Granitwerke in Maut- hausen und Flossenbürg reichte jedoch nicht zur Tilgung der Kredite. Nach den Fehlschlägen beim Aufbau der Bau- stoff-erzeugung, wie im Klinkerwerk Oranienburg, strebte Himmler ab 1942 mit Unterstützung des Reichsministeriums für Bewaffnung und Munition unter Albert Speer (im Sep- tember 1943 erweitert zum Reichsministerium für Rüstungs- und Kriegsproduktion) die Zusammenarbeit mit Rüstungs- unternehmen an, um Waffenfabriken bei Konzentrationsla- gern zu errichten. Besonders durch die Kooperation mit der Rüstungsfirma Messerschmitt in den Konzentrationslagern Flossenbürg und Mauthausen erzielte die Deutsche Erd- und Steinwerke GmbH ab 1943 so hohe Gewinne, dass die durch teure Technik und Pannen beim Aufbau der Baustoff- werke bedingten hohen Kosten tragbar wurden. Die wirtschaftlichen Bestrebungen der SS 7 Einsatz von KZ-Häftlingen Bis 1938 konnten die KZ-Kommandanten über die Arbeit der KZ-Häftlinge verfügen. Nachdem die KZ-Werkstätten 1938 der SS-Wirtschaftsverwaltung unterstellt worden waren, verblieb den Kommandanten zwar weiterhin die Disposition über die Arbeitskräfte, die Art des Einsatzes wurde ihnen jedoch nunmehr vorgegeben. Erst im Herbst 1941 kam es im Zusammenhang mit den Plänen, sowje- tische Kriegsgefangene in großer Zahl als Arbeitskräfte einzusetzen, zur Zentralisierung der Befehlsgewalt über die KZ-Häftlingsarbeit in der Inspektion der Konzentra- tionslager (IKL). 1943 waren in der SS-Wirtschaft insge- samt 40 000–50 000 Arbeitskräfte, etwa 0,1 Prozent der Erwerbstätigen im Reichsgebiet, tätig. Der weitaus größte Teil von ihnen waren KZ-Häftlinge. Durch den intensiven Einsatz von KZ-Häftlingen für Arbeiten in der allgemeinen Rüstungsindustrie wurde die weitere Entwicklung der SS-Wirtschaftsbetriebe ab 1942 stark behindert. Mit der Entscheidung Hitlers, das Reich „judenfrei“ zu machen, und der zunehmenden Deporta- tion der jüdischen Bevölkerung im besetzten Polen in die Vernichtungslager büßte die SS-Führung ihren Einfluss auf die als Arbeiterinnen und Arbeiter eingeplanten jüdischen KZ-Häftlinge ein. So versuchte sie zunächst noch, die in SS-Wirtschaftsbetrieben beschäftigten Arbeitskräfte ihrer direkten Kontrolle zu unterstellen: Jüdische KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter sollten in einem neuen, Oswald Pohl und dem Lubliner SS- und Poli- zeiführer Odilo Globocnik unterstellten SS-Unternehmen „Ostindustrie GmbH“ arbeiten. Diese Pläne wurden jedoch nur teilweise verwirklicht. 8 Die wirtschaftlichen Bestrebungen der SS Klinkerwerk im KZ Neuengamme, Ende der 1940er-Jahre. Foto: unbekannt. (ANg, 1996-787) Die wirtschaftlichenDas GräberfeldBestrebungen in Hameln der SS 9 Die 1939 von der SS gegründete Tausenden von KZ-Häftlingen „Deutsche Versuchsanstalt für als Arbeitskräften bildete das Ernährung und Verpflegung“ soll- Gebiet um das Konzentrationsla- te in der „Plantage“, einer 1937 ger Auschwitz. In den besetzten errichteten Gartenbauanlage Gebieten übernahm die SS in gro- beim KZ Dachau, und auf Gütern ßem Umfang landwirtschaftliche der SS Heilkräuter und Gewürz- Flächen, allein in der Sowjetunion pflanzen anbauen, um mit ihnen etwa 600 000 Hektar. Über die und neuen Züchtungen Importe Einzelheiten der Übernahme und zu ersetzen. Wirtschaftliche über die Wirtschaftstätigkeit die- Versuchsgüter der SS sollten als ser Güter ist noch wenig bekannt. Muster- und Zuchtbetriebe zur Gewächshäuser der SS-Plantage Vorbereitung neuer deutscher in Dachau, vor 1945. Ansiedlungen dienen. Ein Zen- trum der SS-Landwirtschaft mit Foto: unbekannt. (ADa, 21720) 10 Die wirtschaftlichen Bestrebungen der SS Im August 1939 wurde auf Vermittlung der Reichsbank dem SS-Bauunternehmen Deutsche Erd- und Steinwerke GmbH für den Aufbau seiner Werke in den Konzentrationslagern Buchenwald, Neuengamme und Sachsenhausen (Ziegelei- en) sowie Mauthausen und Flossenbürg (Granitwerke) ein Kredit von über 8 Millionen Reichsmark gewährt. Zunächst führte die Deutsche Golddiskontbank das Zinskonto, 1940 genehmigte die Dresdner Bank einen weiteren Kredit von 1,5 Millionen Reichsmark. Die wirtschaftlichen Bestrebungen der SS 11 Anschreiben zum Vermerk des Reichsbankdirektors Puhl vom 22. August 1939 über einen ersten Kredit für SS-Bau- unternehmen: Die SS hat verschiedene wirtschaftliche Unternehmen ins Leben gerufen, um Häftlinge aus den Konzentrationslagern (hauptsächlich Sicherungsverwahrte) als Arbeitskräfte für Aufgaben des Vierjahresplans einzusetzen. Die Unter- nehmen werden nach den Methoden der Privatwirtschaft geführt […]. Als Gründer und Geschäftsführer wurden Treuhänder der

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