
© Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zobodat.at Die Meer-Croeodilier (Thalattosuehia) des oberen Jura unter specieller Berücksichtigung von Dacosaurus und Geosaurus von E. Fraas. Veranlassung zu den nachfolgenden Studien über eine ebenso eigenartige als interessante Gruppe der fossilen Crocodilier gaben verschiedene hervorragende Erwerbungen des Kgl. Naturalienkabinetes in Stuttgart, welche in den letzten Jahren gemacht werden konnten und unser Material an Crocodiliern ganz wesentlich ergänzten. In erster Linie ist hier ein Fund zu nennen, der im Jahre 1893 auf der württembergisch-bayrischen Grenze bei dem Ort Staufen in der Nähe von Gingen a. d. Brenz gemacht wurde. Das Verdienst, die Wich- tigkeit dieses Fundes erkannt und mir möglichst umgehend angezeigt zu haben, gebührt Herrn Oberförster Sihler in Gingen a. d. Brenz und ich spreche diesem verdienstvollen Manne, welchem unsere vaterländische Sammlung auch die schönen Funde aus der Irpfelhöhle verdankt, auch hier den gebührenden Dank aus. Die rechtzeitige Meldung des Fundes ermöglichte es, noch den grössten Theil des im harten oberen Weiss- Jurakalkstein steckenden Sauriers mit der nöthigen Sorgfalt auszubrechen und in grossen Blöcken nach dem Präparierraum im Stuttgarter Museum zu schaffen. Freilich schien anfangs alle Mühe und Arbeit umsonst, denn der vielfach verkieselte Kalkstein widerstand jedem Meissel und der Gedanke an ein sorgfältiges Aus- meisseln der weichen Knochen aus dem splitterharten Gestein musste schliesslich nach über monatelangem Bemühen fallen gelassen werden. Dagegen machten wir die Erfahrung, dass die Knochenreste sich ver- hältnissmässig leicht aus dem Gestein herausschälten, wenn dieses mit scharfen Hammerschlägen zertrümmert wurde. Gab es auch auf diese Weise zahllose Bruchstücke, so konnten doch diese wieder sofort zusammen- gekittet und allmälig alle Knochentheile vom umgebenden Gesteine nach Möglichkeit befreit und biosgelegt werden. Es zeigte sich bald, dass die Arbeit lohnte und dass es sich bei dem Funde um den Schädel und einen grossen Theil des Körperskeletes von Dacosaurus maximus Plien. handelte 1 , (vergl. Taf. I, Fig. 1). Der Fund erlangt für die Erkenntniss dieser Thierform eine um so grössere Bedeutung, als es das erste Stück ist, das Zähne, Schädel und Rumpftheile im Zusammenhang darstellt. In demselben Jahre gelangte noch ein anderes Fundstück von Dacosaurus maximus in den Besitz unserer Sammlung; dasselbe wurde in nächster Nähe des altbekannten Fundplatzes für Dacosaurus-Zäime 1 E. Fraas: Württ. naturw. Jahresh. Bd. LI. 1895. p. CXVII. • Palaeontographiea, Bd. XL1X. © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zobodat.at — 2 — zwischen Schnaitheim und Heidenheim in dem dortigen sogen. Oolithen des obersten Weiss-Jura von Herrn Oberförster Holland (damals Forstamtsassistent in Heidenheim) aufgefunden und in dankenswerther Weise als Geschenk überlassen. Es handelte sich um ein bezahntes Unterkieferstück (Taf. I, Fig. 4 a u. b), das sich tadellos aus dem Gesteine herauspräpariren Hess. Ein glücklicher Zufall darf es genannt werden, dass wenige Jahre später unser Museum weiterhin in den Besitz eines vollständigen Skeletes von Gcosaurus (Rhacheosaurus) kam, das von B. Stüetz, Bonn, 1 in dessen Steinbruch in Nusplingen gefunden wurde . Das Stück zeigt auf den bekannten oberen Weiss- Juraplatten den vollständigen Körper dieses Crocodiliers in selten schöner und ungestörter Lage und zeichnet sich ausserdem dadurch aus, dass der Schädel zum grössten Theile vollständig frei aus dem Gestein heraus- präparirt werden konnte (Taf. V, Fig. 2 u. Taf. VI). Zur Vervollständigung dieser Studien trugen noch wesentlich die prachtvollen Exemplare von Metriorhynclms superciliosus und Steneosanrus Edwardsi bei, welche aus den weichen Oxfordthonen von Falton, Huntington Co. stammen und in jedem einzelnen Skelettheile vollständig freigelegt sind. Dieses schöne und werthvolle Material wurde zusammen mit einer grossen Anzahl Plesiosaurier-Reste von Sr. Ex- cellenz Herrn Krupp in Essen in der Mineralienhandlung von B. Stüetz gekauft und in dankenswerther Liberalität unserem Museum geschenkt. Rechnet man dazu noch einige werthvolle Erwerbungen von aussergewöhnlich schönen Exemplaren und Präparaten von Mystriosaurus und Pclagosaurus aus den schwäbischen Liasschiefern , welche von der Meisterhand B. Hauef's in Holzmaden ausgearbeitet wurden, und alle unsere früheren Fundstücke in Schatten stellen, so bekommt man ungefähr einen Ueberblick über das reiche Material an jurassischen Crocodiliern, welches in den letzten Jahren unserem Museum zufloss und eine ganz wesentliche Ergänzung und Vervollständigung unserer früheren gleichfalls nicht unbedeutenden Bestände darstellt. Stand mir so schon aus unserem Stuttgarter Museum ein ganz aussergewöhnlich grosses und reich- haltiges Material zur Verfügung, so durfte ich mich auch noch des freundlichen Entgegenkommens von anderer Seite erfreuen. Aus der Universtätssammlung von Tübingen stellte mir Herrn Prof. Dr. Koken zwei Exemplare von Geosaurus aus den Nusplinger Plattenkalken stammend zur Verfügung. Diese werth- vollen Objecte befanden sich seit alter Zeit in der Tübinger Sammlung und werden schon 1855 von Quen- stedt (Neues Jahrb. p. 425) erwähnt, auch späterhin in dessen „Jura" und „Petrefactenkunde" aufgeführt und theils mit Gavialis priscus Sömmering, theils mit Rhacheosaurus gracilis H. v. Meyer verglichen. Dem ursprünglichen Mangel in der Präparation dieser Stücke wurde auf Veranlassung von Herrn Prof. Dr. Koken durch die geschulten Arbeiter von B. Stürtz in Bonn abgeholfen, so dass sie sich nunmehr in ihrem neuen Gewände viel mehr zur Untersuchung geeignet erwiesen. Herr Prof. Dr. A. Heim in Zürich hatte die Freundlichkeit, mir ein Fundstück der Sammlung des dortigen Polytechnikums zur Untersuchung anzuvertrauen, das aus dem oberen weissen Jura der Lägern stammt und in einem mächtigen Blocke verschiedene um das Becken gelagerte Skelettheile eines sehr grossen Crocodiliers aufweist. Ebenso überliess mir Herr Oberbergraths-Assessor Prof. Dr. L. v. Ammon in München ein Fundstück, das er aus dem oberen Weiss-Jura von Kehlheimwinzer bekommen hatte, und welches verschiedene Wirbel und Skelettheile eines kleinen Geosaurus {Rhacheosaurus gracilis) zum Theil in E. Fraas: Wiirtt. naturw. Jahresh. Bd. LVII. 1901. p. CXXVII. © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zobodat.at — 3 — sehr schöner Erhaltung zeigt. Ich genüge der angenehmen Pflicht, diesen Herrn für die Ueberlassung des kostbaren und seltenen Materiales meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. 1 Wie ich bereits in einer kurzen vorläufigen Notiz ausführte, handelt es sich bei diesen Unter- suchungen um die Vertreter einer ganz eigenartigen Gruppe von Crocodiliern, welche ich als Thalattosiichia oder Meercrocodile bezeichnete. Das Merkmal dieser Gruppe ist eine ganz auffallende Veränderung des gesammten Skeletbaues, das sich auf die veränderte Lebensweise im Meere und dementsprechende Anpassungs- erscheinungen zurückführen lässt, Ich habe mich zu der Aufstellung dieser neuen Unterordnung der Croco- dilier berechtigt gehalten, obgleich sie sich im Wesentlichen mit der von Lydekker 2 und Zittel 3 auf- gestellten Familie der Metriorhynchidae deckt, Bestimmend für mich war dabei der wesentlich verschiedene Standpunkt, unter welchem ich diese Gruppe betrachtet wissen möchte. Während die Metriorhynchiden für Lydekker nur eine Unterfamilie der Teleosauriden, für Zittel eine den Teleosauriern gleichwertig Familie der Crocoäili longirostrcs darstellen, in welchen beide Forscher einen gewissen entwicklungsgeschichtlichen Uebergang von den langschwänzigen zu den kurzschwänzigen Crocodiliern sehen, betrachte ich meine Thalatto- suchia ausschliesslich als eine Anpassungsform einer uns als Landthier unbekannten Crocodilgruppe an das Meerleben. Entwicklungsgeschichtlich für den Stammbaum der Crocodilier ist diese Gruppe nicht zu ver- werthen, denn sie stellt ein stark differenzirtes Endglied einer Reihe dar, von welchen wir in den jüngeren Formationen keine weiteren Vertreter mehr kennen. Wir finden also hier ein ähnliches Verhältniss, wie bei den anderen Meersauriern, den Ichthyosauriern, Plesiosauriern und Mosasauriern, welche wie die Thalattosuchier ein relativ kurzes geologisches Dasein hatten, und in den jüngeren Formationen vollständig verschwinden. Ebenso wie aber gerade diese Sauriergruppen vergleichend anatomisch unser grösstes Interesse beanspruchen, so ist dies auch bei den Thalattosuchiern der Fall. Die Homologien, welche wir in allen diesen Gruppen sowohl unter einander, als auch mit den Meersäugethieren finden, beweisen uns, dass die Anpassungen an das Meerleben nach gleichmässigen, allgemein giltigen Gesetzen vor sich gehen und vollständig homo- loge Umwandlungen des Skeletes mit sich bringen. Wir werden finden, dass gerade die Thalattosuchier für die Gesetze der Anpassung eines der schönsten Beispiele liefern, da bei ihnen die Umwandlungen noch nicht so weit vorgeschritten sind, wie bei den übrigen Meersauriern und sich noch in allen Theilen auf die land- lebende Urform, d. h. den Typus des Crocodils zurückführen lassen. Die Grundprincipien dieser Anpassung sind wohlbekannt und lassen sich folgendermaassen charakterisiren: Wir gehen davon aus, dass die Normalform der landlebenden Saurier etwa eine Gestalt aufweist, wie wir sie bei Hatteria oder einzelnen wenig differenzirten Lacertiliern finden. Die Normalform des wasserlebenden Wirbelthieres ist der Fisch
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