Spiel Ohne Grenzen

Spiel Ohne Grenzen

34 I Historie SPIEL OHNE GRENZEN Namen wie Yeboah und Okocha, Chris und Detari, Sztani und vielleicht sogar noch Jusufi hat jeder halbwegs informierte Eintrachtfan parat, wenn die Rede auf Adlerträger mit ausländischem Pass kommt. Aber die internationale Ge- schichte unseres Vereins beginnt früher. Viel früher. Junge Engländer und Amerikaner sind es, Victoria und Kickers zum Frankfurter Fuß- die den Grundstein für das Fußballgesche- ball-Verein sind Spieler wie der Franzose hen in Frankfurt legen. Die ersten Vereine, Charbout-Mollard, der Engländer Thélin, die sich in Frankfurt mit dem Wort „Fuß- der Niederländer van t‘Oever, die Schwei- ball“ im Vereinsnamen schmücken, ent- zer Leiber und Meyer sowie der Ungar stehen bereits vor 1880. Allerdings spielen Weicz für den FFV aktiv. die Mitglieder von Vereinen wie „Foot- 1925 verzeichnet die Eintracht dann ne- ball Club Germania“ oder “Fußball-Klub ben dem Ungarn Karoly einen namhaften Frankfurt“ nach den Regeln der Rugby Neuzugang, der rückblickend als „Uwe Union. Erst nach 1890 finden zunehmend Bein der Weimarer Republik“ klassifiziert Spiele nach den Vorgaben der Football werden kann: Von Servette Genf kommt Association statt – das Leder verliert seine der Schweizer Nationalspieler Walter Eiform und wird rund. Dietrich. Dietrich, der zehn Jahre am Rie- Schon in den Kinderjahren der Frankfurter derwald kickt, übernimmt nicht nur die Vereine – und damit auch der Victoria und Führungsrolle in der Offensivabteilung, der Kickers sowie dem direkten Eintracht- sondern erweist sich auch als erfolgreicher Vorgänger FFV – nutzen viele ausländische Torschütze. Mitbürger die Chance, in den sich grün- Von 1938 bis 1944 ist der Österreicher denden Clubs ihrer geliebten „Fußlüm- Ernst Künz für die Eintracht aktiv. Vor und melei“ nachzugehen. So weist die Histo- während des Zweiten Weltkriegs treten rie unter anderem die Engländer Nichols, mit den Niederländern Augustinus und Mortensen, Williams und Whittle sowie de Jonge sowie dem Österreicher Sonnek die Schweizer Riggenbach und Billeter als weitere Spieler mit ausländischem Pass für Mitglieder der Victoria aus. die Eintracht an. Die Rolle des „Gastspie- Auch für die Frankfurter Kickers sind aus- lers“ ist dabei der Tatsache geschuldet, ländische Spieler dokumentiert, unter dass der Aufenthaltsort eines Fußballers anderem der Engländer Hamilton, der nicht durch seine Herkunft, sondern durch Franzose Carmouche und der Portugiese seine militärische Verwendung bestimmt Ribeiro. Nach dem Zusammenschluss von wird. Diva vom Main I 35 Im Dezember 1945 gibt der Österreicher schieden, der 1964 aus Wien zur Eintracht werb kickte, ist ein echter Glücksgriff. Bis Karl Froneck, zuvor auch schon für Nieder- kommt. Der Stürmer macht sieben Liga- 1983 spielt er für die Eintracht, ehe er, um rad und den FSV aktiv, ein kurzes Gastspiel spiele, schießt dabei drei Tore und wechselt die klammen Kassen des Vereins zu füllen, bei der Eintracht. Es ist der letzte Spieler nach nur einem Jahr zu Wacker Innsbruck. nach Bremen transferiert wird. Ebenfalls mit ausländischem Pass, der bis zum Jahr 1965 kehrt ein alter Bekannter aus Lüt- 1978 kommt der Schweizer Stürmer Ru- 1956 dokumentiert ist, als die Rieder- tich nach Frankfurt zurück: Der Deutsche dolf Elsener für ein Jahr von den Grass- wälder gleich drei hoffnungsvolle Nach- Meister von 1959, Istvan Sztani. Allerdings hoppers aus Zürich zur Eintracht. „Rue- wuchskräfte aus Ungarn willkommen hei- kann der trickreiche Ungar nicht mehr an di“ überzeugt zwar durch seine enorme ßen. Istvan Sztani, Tibor Lörinc und Janos seine Glanzform früherer Tage anknüpfen. Schnelligkeit, allzu oft vermittelt er dabei Hanek durften Ungarn nach dem Volks- Als dann 1966 die Verpflichtung von Fah- allerdings das Gefühl, bei seinen Spurts aufstand 1956 verlassen, aber aufgrund rudin Jusufi von Partizan Belgrad ansteht, den Ball zu überholen. Treffsicherer als einer vom ungarischen Verband erwirkten lässt sich Sztani, der der Eintracht bis heute Elsener ist der 1979 verpflichtete Südkore- Sperre erst ab der Rückrunde 1957/58 in die Treue hält, einbürgern, um den zwei- aner Bum-Kun Cha, der Ende 1978 seine Ligaspielen mittun. Spektakulärste Neuver- ten Ausländerplatz freizumachen. Jusufis Visitenkarte bei einem Bundesligaeinsatz pflichtung dieser Saison ist allerdings der Verpflichtung, immerhin 55-maliger jugo- für den Absteiger Darmstadt 98 hinterließ jugoslawische Nationalspieler Ivica Horvat, slawischer Nationalspieler, Olympiasieger und mit staatlicher Erlaubnis zur Eintracht der sich eigentlich schon mit dem FSV ge- und WM-Teilnehmer, ist ein Glücksgriff: wechseln darf. Wie auch Pezzey ist Cha im einigt hatte, aber nach Unstimmigkeiten Das Frankfurter Publikum – „Wir brauchen Sommer 1983 das Opfer der Finanzmisere mit dem Vorstand der Bornheimer zum keinen Beckenbauer, wir brauchen keinen am Riederwald, die er durch seinen Trans- Nachbarn an den Riederwald wechselt. Held – wir haben einen Jusufi, den besten fer nach Leverkusen abzumildern hilft. Mann der Welt!“ – erlebt durch ihn schon » Nicht mehr als ein halbes Dutzend eine Generation vor Manni Kaltz den mo- Überschaubar ist die Zahl der Spieler mit dernen Typ des Außenverteidigers mit Of- ausländischem Pass, die bei der Premi- fensivdrang. ere der Bundesliga am 24. August 1963 einen Platz im Kader der 16 Mannschaf- » Turbo Ruedi und Kaiser Bruno ten haben. Nicht zum Einsatz kommen Zwei Spieler mit ausländischem Pass sol- an diesem ersten Spieltag der neuen Liga len die chronische Sturmschwäche der der Jugoslawe Dragomir Ilic von Werder Eintracht zu Beginn der Spielzeit 1971/72 Bremen und der Türke Aykut Ünyazici von beenden: Der österreichische National- Eintracht Braunschweig. Stollenbewehrt spieler Thomas Parits, der ein Jahr zuvor erleben dagegen der Jugoslawe Petar Ra- von Austria Wien zum 1. FC Köln gewech- denkovic von 1860 München sowie der selt war und jetzt an den Main zieht, so- Niederländer Heinz Versteeg, der freilich wie Ender Konca, ein türkischer Interna- bereits seit der Jugend beim Meidericher tionaler, der auf Empfehlung von Jürgen SV kickt, ihr und das Ligadebüt. Grabowski von Eskisehirspor zur Eintracht Das „internationalste“ Spiel aber steigt geholt wird. Konca hat allerdings Proble- im Frankfurter Waldstadion: Hier stehen me, in Frankfurt Fuß zu fassen und ver- gleich zwei ausländische Spieler auf dem lässt im Februar 1973 den Riederwald Platz: der Stürmer Jacobus Prins (Nieder- nach 36 Ligaspielen und sieben Ligatoren Mit dem Abgang von Cha und Pezzey sind lande) beim Gast aus Kaiserslautern sowie mit der Bitte um Entschuldigung an die zwei Ausländerplätze bei der Eintracht Willy Huberts (Österreich) im an diesem Fans, da er in Frankfurt nicht das von allen frei, die mit dem schwedischen National- Tag weißen Dress der Eintracht. Huberts, Erhoffte gezeigt habe. stürmer Jan Svensson vom IFK Norrköping der bis 1970 für die Eintracht spielt, ist ein 1976 kommt Dragoslav Stepanovic von (bis 1986 bei der Eintracht) und dem aus Weltenbummler in Sachen Fußball: Bei Roter Stern Belgrad nach Frankfurt, wo Polen geflüchteten Cezary Tobollik besetzt einer Freundschaftsspielreise seines Gra- der 34-fache jugoslawische Nationalspie- werden. Überhaupt sind die Verbindungen zer AK erliegt er 1959 dem Werben der ler bis 1978 für die Eintracht spielt. Dann nach Polen recht gut. Wohl nicht zuletzt, Gastgeber und spielt bis 1962 für die New muss er seinen Platz aufgrund der Auslän- weil die Eintracht bereit zu sein scheint, Yorker Vereine Blau Weiss Gottschee und derbeschränkung im Ligakader räumen, neben Geld auch Sachleistungen nach Po- Hungaria. 1962 wechselt der torgefähr- denn die Eintracht hat einen dicken Fisch len zu transferieren, um eine vom Verband liche und technisch beschlagene Spieler an der Angel: Bruno Pezzey. Der österrei- dann zum AS Rom, von wo ihn sein Weg chische Defensivkünstler, der bei der WM Bild 1_Ivica Horvat. Bild 2_Der Schwei- ein Jahr später zur Eintracht führt. 1978 in Argentinien in der Mannschaft zer Walter Dietrich ist in Frankfurt Deutlich weniger Erfolg als seinem Lands- des „Wunders von Cordoba“ stand, wel- nicht nur als Fußballer erfolgreich. mann Huberts ist Georg Tutschek be- che die DFB-Auswahl aus dem Wettbe- Bild 3_Bruno Pezzey. 36 I Historie verhängte Sperre zu verhindern und dabei abgestempelt, ehe er in der Rückrunde und damit die Eintracht fast in die 2. Liga Vereinbarungen über die Lieferung von seine Qualitäten offenbart. Das Siegtor im geschossen. 123 Mal wird Yeboah für die Sportartikeln unbürokratisch in die vom Pokalfinale 1988 gegen Bochum ist der Eintracht bis zum 27. November 1994 auf- polnischen Verband gewünschte Unterhal- letzte Glanzpunkt, den er für die Eintracht laufen und dabei 68 Tore schießen, ehe tungselektronik umzuwandeln. So finden setzt. Kurz vor dem Saisonstart 1988/89 ihn zusammen mit Gaudino und Okocha nacheinander Boguslaw Kwiecien, Jaroslaw erliegt er dem Lockruf des Geldes und der Bannstrahl des Josef „Jupp“ Heynckes Biernat, Wlodzimierz Smolarek und Janusz wechselt zu Olympiakos Piräus. Dennoch trifft, der das Kreativtrio suspendiert. Turowski den Weg an den Riederwald. Pro- geht die Eintracht mit zwei ausländischen Babylonisch wird der Sprachmix zur Sai- bleme mit den Ausländerplätzen werden Spielern in diese Spielzeit, denn aus dem son 1992/93. Die Spieler Alessandro Al- durch bewilligte deutsche Staatsbürger- Fundus der Detari-Millionen werden der varez da Silva Butijao (Brasilien), Kachaber schaften aus dem Weg geräumt. Engländer Peter Hobday von Hannover 96 Zchadadse (Georgien), Michael Anicic

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