Kulturkritik in Der Deutschen Jugendbewegung "Wandervogel

Kulturkritik in Der Deutschen Jugendbewegung "Wandervogel

Kulturkritik in der deutschen Jugendbewegung ‚Wandervogel‘ 1896–1914 Dissertation im Fach Allgemeine Literaturwissenschaften eingereicht in der Philosophischen Fakultät der Universität Siegen zur Erlangung des akademischen Grades des Doktors der Philosophie (Dr. phil.) vorgelegt von Kirstin Schreiber betreut von Prof. Dr. Andreas Käuser Siegen, im Juni 2014 Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis S. 4 1. Einleitung S. 5 1.1 Fragestellung und Forschungsinteresse S. 5 1.2 Stand der Forschung S. 5 1.3 Vorgehen und Methodik S. 10 2. Kulturkritik als Forschungsgegenstand S. 13 2.1 Was bezeichnet der Begriff ‚Kulturkritik‘? S. 13 2.1.1 Kultur und Kritik als eigenständige Begriffe S. 14 2.1.2 Kulturkritik S. 18 2.2 Idealtypische Merkmale von Kulturkritik: Ein Modell S. 22 2.3 Referenzhintergrund der Kulturkritik der Moderne S. 24 3. Das Bildungsbürgertum im Deutschen Kaiserreich: Lebenssituation und Weltanschauung S. 30 3.1 Die Lebenssituation im Deutschen Kaiserreich S. 30 3.2 Das Bildungsbürgertum und sein Deutungsmuster S. 35 3.3 Die Gefährdung der bildungsbürgerlichen Wertvorstellungen – Krisenstimmung, Weltanschauungsbedarf und Kulturkritik S. 39 3.4 Auswirkungen für die Jugend – der Wandervogel als bildungsbürgerliche Jugendbewegung S. 48 4. Der Wandervogel S. 52 4.1 Der Wandervogel: Eine kurze Entwicklungsgeschichte S. 52 4.2 Die Aktivitäten des Wandervogels S. 68 4.3 Werte, Ideale und kritische Ansätze in der Wandervogelbewegung S. 74 4.4 Wandervogel und Politik S. 86 4.5 Mädchen in der Wandervogelbewegung S. 88 5. Kulturkritische Denkstrukturen in der Wandervogelbewegung S. 95 5.1 Romane und andere rezipierte Literatur S. 98 5.1.1 Helmuth Harringa und Wiltfeber, der ewige Deutsche: Zwei Erfolgsromane S. 100 5.1.1.1 Hermann Popert: Helmut Harringa S. 101 5.1.1.2 Hermann Burte: Wiltfeber, der ewige Deutsche S. 108 5.1.2 Autoren mit direktem Bezug zum Wandervogel: Wolfgang Kirchbach, Heinrich Sohnrey und Hans Paasche S. 119 5.1.2.1 Wolfgang Kirchbach S. 120 5.1.2.2 Wolfgang Kirchbach: Das Leben auf der Walze S. 121 5.1.2.3 Heinrich Sohnrey S. 129 5.1.2.4 Heinrich Sohnrey: Grüne Ostern und fröhliche Leute S. 132 5.1.2.5 Hans Paasche S. 135 5.1.2.6 Hans Paasche: Die Forschungsreise des Afrikaners Lukanga Mukara ins Innerste Deutschlands S. 139 5.1.3 Weitere ‚Autoren der Wandervogelbewegung‘: Hermann Löns und Walter Flex S. 146 5.1.4 Zusammenfassung: Kulturkritische Elemente in der rezipierten Literatur der Wandervogelbewegung S. 151 5.2 Eigene Ausdrucksformen: Das Zeitschriftenwesen der Wandervogel- bewegung S. 152 5.2.1 Das Zeitschriftenwesen der Wandervogelbewegung S. 153 5.2.2 Wandervogel, illustrierte Monatsschrift und ihre Nachfolger S. 156 5.2.3 Kulturkritik in den Zeitschriften der Wandervogelbewegung S. 171 5.3 Musik in der Wandervogelbewegung S. 173 5.3.1 Der Liederkanon des Wandervogels: Des Wandervogels Liederbuch, Zupfgeigenhansl und Wandervogel-Liederbuch S. 173 5.3.2 Die Bedeutung von Musik innerhalb der Wandervogelbewegung S. 181 5.3.3 Kulturkritische Elemente in der Debatte um das Lied des Wandervogels S. 184 5.4 Feste und Veranstaltungen in der Wandervogelbewegung S. 192 5.4.1 Die großen Bundestage der Wandervogelbewegung S. 196 5.4.2 Der Erste Freideutsche Jugendtag auf dem Hohen Meißner S. 204 5.4.2.1 Entstehung und Gestaltung des Ersten Freideutschen Jugendtages S. 205 5.4.2.2 Die Einladung S. 215 5.4.2.3 Festschrift und Reden S. 218 5.4.3 Die kulturkritische Prägung der Veranstaltungen des Wandervogels S. 233 6. Zusammenfassung und Schlusswort: Eine kulturkritische Bewegung mit Wirkungspotential S. 238 7. Quellen- und Literaturverzeichnis S. 244 7.1 Primärquellen und Primärliteratur S. 244 7.2 Sekundärliteratur S. 250 Abkürzungsverzeichnis Vereine: Wandervogel-Bund Wandervogel, Bund für Deutsches Jugendwandern e.V. WV-AfS Wandervogel – Ausschuss für Schülerfahrten WV DB Wandervogel, deutscher Bund für Jugendwanderungen WV EV Wandervogel, Eingetragener Verein zu Steglitz bei Berlin Zeitschriften: WViM Wandervogel, illustrierte Monatsschrift WVMdJ Wandervogel, Monatsschrift für deutsches Jugendwandern ZBAWV Der Wandervogel, Zeitschrift des Bundes für Jugendwanderungen „Alt-Wandervogel“ Sonstiges: EFJ Erster Freideutscher Jugendtag 4 1. Einleitung 1.1 Fragestellung und Forschungsinteresse Die vorliegende Arbeit fragt nach kulturkritischen Denkstrukturen in der bürgerlichen Ju- gendbewegung ‚Wandervogel‘, dem einflussreichsten deutschen Jugendbund vor dem Ersten Weltkrieg. Das Forschungsinteresse ist es, herauszuarbeiten, inwiefern die zahlreichen aber immer vagen Beschreibungen des Wandervogels als (kultur-)kritische Bewegung gerechtfer- tigt sind. Dazu muss zunächst geklärt werden, was der Begriff Kulturkritik bezeichnet und was ein kulturkritisches Denkmuster ausmacht. Anschließend soll unter Berücksichtigung relevanter Einflüsse anhand verschiedener kultureller Ausdrucksformen und der Debatte in- nerhalb der Bewegung untersucht werden, inwiefern solche kulturkritischen Denkmuster im Hauptstrom der Wandervogelbewegung erkennbar sind und ob dieser daher berechtigt als kulturkritisch bezeichnet werden kann. Zeitlich begrenzt sich die Untersuchung auf die Jahre zwischen 1896 und 1914, also die Ent- stehungszeit und erste Bestehensphase der Bewegung, da Struktur und inhaltliche Ausrich- tung des Wandervogels ab Kriegsbeginn starke Veränderungen erfahren. Eine Untersuchung der kriegsbedingten Umgestaltungen innerhalb der Wandervogelbewegung würde den hier möglichen Rahmen überschreiten. 1.2 Stand der Forschung Obwohl im Zuge der beiden Weltkriege viel Material verschwand, sind aufgrund der Fülle dennoch einige Originaldokumente erhalten geblieben. Insbesondere das Archiv der deut- schen Jugendbewegung auf Burg Ludwigstein leistet wichtige Arbeit bei der Sammlung und Bewahrung von Quellen und unterstützt die Forschung zur Jugendbewegung. Es wurde be- reits 1922 gegründet, 1941 jedoch vom Reichsinstitut für nationalsozialistische Jugendarbeit beschlagnahmt und die bis dahin aufgebaute Dokumentensammlung ging verloren. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Vereinigung Jugendburg Ludwigstein e.V. neu gegründet und erhielt die Burg Ludwigstein zurück, das Archiv der deutschen Jugendbewegung wurde er- neut aufgebaut.1 Es gibt unter anderem das Jahrbuch des Archivs der deutschen Jugendbewe- gung sowie die Einzelbände der Edition Archiv der deutschen Jugendbewegung heraus, in 1 Vgl. Wolf, Hans: Das Archiv der deutschen Jugendbewegung auf dem Ludwigstein. In: Ziemer, Gerhard/Wolf, Hans: Wan- dervogel und freideutsche Jugend. 2. Aufl. Bad Godesberg: Voggenreiter Verlag, 1961, S. 549f. 5 denen regelmäßig neue Untersuchungsergebnisse zu verschiedenen Bereichen des Themen- komplexes Jugendbewegung und Wandervogel präsentiert werden.2 Hervorgehoben seien an dieser Stelle auch die Quellenpublikationen von Reulecke und Mogge, Ziemer und Wolf sowie von Kindt, die einen guten Zugang zu zahlreichen Text- und Bilddokumenten der Jugendbewegung eröffnen.3 Eine Besonderheit der Literatur zum Wandervogel besteht darin, dass ein Großteil der Werke von Autoren verfasst wurde, die einen persönlichen Bezug zu dieser Bewegung haben oder hatten. Solche Veröffentlichungen, die häufig zwischen Primärquelle und Sekundärliteratur eingeordnet werden müssen, sind unter mentalitätsgeschichtlichen Gesichtspunkten sehr auf- schlussreich, jedoch durch ihre starke Subjektivität mit Vorsicht zu verwenden. Sie geben Aufschluss über Euphorie und Identifikation der Mitglieder, auch über die Ideale der Wan- dervogelbewegung, häufig jedoch nicht mit einem objektiven, repräsentativen Anspruch. Da sie zum größten Teil aus der Erinnerung verfasst wurden, weisen sie leider häufig auch Unge- nauigkeiten und inhaltliche Abweichungen von anderen Dokumenten auf, beispielsweise hin- sichtlich bestimmter Daten oder der Zusammensetzung von Personengruppen.4 Ein Forschungsbereich, der in direktem Zusammenhang zu der Entstehung der Bewegung Wandervogel steht, jedoch vorrangig von außenstehenden Autoren untersucht wurde, ist die veränderte Wahrnehmung von Jugend an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Kindheit und Jugend wurden ab dieser Zeit nicht mehr als bloße Vorstufe des Erwachsenendaseins empfunden, sondern als wichtige und eigenständige Lebensphasen anerkannt. Junge Men- schen wurden nicht mehr als unfertige Erwachsene, sondern als ernstzunehmende Individuen mit eigenen Bedürfnissen wahrgenommen. Zugleich entwickelte sich ‚Jugend‘ zu einem Be- griff, der nicht nur ein bestimmtes Lebensalter, sondern auch eine gewisse Haltung bezeich- nen konnte. Es kam zu einem regelrechten Jugendkult und zugleich zu einem ‚Kampf um die Jugend‘: ‚Jugendpflege’ wurde zum staatlichen Programm und Politik und Kirche bemühten sich um Einfluss auf die junge Generation. In dieser Zeit entstand der Wandervogel als eine nach Unabhängigkeit strebende Jugendbewegung, die Freiheit und Selbstbestimmung zu ihren Idealen machte. Dieser Themenkomplex von der Emanzipation der Jugend und der Entste- 2 Jahrbuch des Archivs der deutschen Jugendbewegung und Edition Archiv der deutschen Jugendbewegung erscheinen seit 2013/14 als Reihe Jugendbewegung und Jugendkulturen mit den beiden Unterreihen Jahrbuch und Schriften. 3 Ziemer/Wolf 1961; Ziemer, Gerhard/Wolf, Hans: Wandervogel-Bildatlas. Bad Godesberg: Voggenreiter Verlag, 1963; Kindt, Werner: Grundschriften der deutschen Jugendbewegung, Teil 1–3. Düsseldorf (u. a.): Diederichs Verlag, ab 1963; Mogge, Winfried/Reulecke, Jürgen: Hoher Meißner 1913. Der 1. Freideutsche Jugendtag in Dokumenten, Deutungen und Bildern. Köln: Verlag Wissenschaft und

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