ISSN 1866-0843

HEFT 276 – DEZEMBER 2009 49. JAHRGANG

• Bundeskonferenz der GKS

• Vollversammlung des Katholikenrates

• Medientagung des Cartell Verbandes

• Bundeskanzler Schmidt und die (II)

• Seminare Dritte Lebensphase 2010

• Chance und Grenzen ziviler Konfl ikt- verhütung

AAuftrag_276.indbuftrag_276.indb 1 330.11.090.11.09 10:5510:55 INHALT AUFTRAG 276 • DEZEMBER 2009 • 49. JAHRGANG

EDITORIAL ...... 3 KIRCHE UNTER SOLDATEN

SEITE DES BUNDESVORSITZENDEN ...... 4 49. WOCHE DER BEGEGNUNG IN HAMBURG Vollversammlung des Katholikenrates SICHERHEIT UND FRIEDENSETHIK von Bertram Bastian ...... 58 Zur Afghanistanrede der Bundeskanzlerin Bischofsabend am Mittwoch ...... 60 von Klaus Liebetanz ...... 5 Bundeskonferenz der GKS Chancen und Grenzen der Zivilen von Bertram Bastian ...... 61 Konfl iktbearbeitung von Klaus Liebetanz ...... 8 Grußwort des Militärgeneralvikars von Walter Wakenhut ...... 62 Zur Proliferationsproblematik von Werner Bös ...... 13 AUS ÖSTERREICH Koalitionsvertrag und Forderungen der GKS Internationale Woche der Begegnung von Klaus Liebetanz ...... 19 von Andreas Preuss ...... 63 Festakt 40 Jahre Arbeitsgemeinschaft GESELLSCHAFT NAH UND FERN Katholischer Soldaten Einheit suchen – Vielfalt wahren von Christian Kersch ...... 64 Ost und West im ökumenischen Gespräch Festvortrag 40 Jahre AKS von Heinrich Dorndorf ...... 21 von Karl-Jürgen Klein ...... 65 Zum Gedenken an Corazon Aquino Apostolat Militaire International Tagung und Kim Dae Jung von Michael Jedliˇcka ...... 69 von Klaus Liebetanz ...... 23 AUS BEREICHEN, STANDORTEN UND GKS BILD DES SOLDATEN Ohne Ruhe, ohne Stand GKS-KREIS AHLEN Seminar Dritte Lebensphase Körper – Geist – Seele ...... 70 von Hans-Jürgen und Brigitte Mathias . . . . 26 BEREICHE BREMEN/NIEDERSACHSEN - OST RELIGION UND GESELLSCHAFT Aufbruch in gemeinsame Zukunft ...... 70 Das gute Wort zur rechten Zeit BEREICH NRW Katholischer Medienpreis 2009 Gemeinsam sind wir stark ...... 71 von Bertram Bastian ...... 29 Gemeinwohlorientierung oder Egozentrik- GKS-KREIS BONN Befi ndet sich unsere Gesellschaft am Scheideweg Fernbeziehung Väter/Mütter im Einsatz . . . . . 73 von Bertram Bastian ...... 30 STANDORT BONN Ist der Unternehmer der Totengräber der Sozialen Marktwirtschaft Patrozinium und Goldenes Priesterjubiläum . . . 74 von Klaus H. Tacke ...... 33 BEREICH SÜD – NÜRNBERG Mütter und Väter – Leistungsträger der Dank für Unterstützung ...... 74 Gesellschaft von Paul Schulz ...... 37 BEREICH NORD – ÖKUMENE Unum Omnes – Generalversammlung der Chor der Militärseelsorge in Garlstedt ...... 75 Internationalen Katholischen Männervereinigung GKS-KREIS WILDFLECKEN von Paul Schulz ...... 39 Loslassen ...... 76 Friede auf Erden den Menschen seiner Huld Soldatendienst aus Sicht der Alten Kirche von Andreas M. Rauch ...... 42 KURZ BERICHTET: . . . 7, 20, 25, 28, 36, 41, 57, 59, 76

BLICK IN DIE GESCHICHTE BUCHBESPRECHUNGEN ...... 77, 78

Kriegsende und Gefangenschaft TERMINE ...... 79 von Helmut Schuh ...... 45 50 Jahre Bundeswehr: Helmut Schmidt (II): IMPRESSUM ...... 80 Der fünfte Bundeskanzler und die Bundeswehr von Dieter Kilian ...... 46

UNSER TITELBILD: Der während der Bundekonferenz neu gewählte Bundesvorsitzende Oberstlt i.G. Rüdiger Attermeyer (rechts) übernimmt von seinem Vorgänger Oberstlt a.D. Paul Brochhagen die Sitzungsglocke für die nächsten Bundeskonferenzen

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AAuftrag_276.indbuftrag_276.indb 2 330.11.090.11.09 10:5510:55 AUFTRAG 276 • DEZEMBER 2009 • 49. JAHRGANG editorial: Liebe Leserschaft,

tieren und zu überzeugen. Dazu können die Kreise die Sachausschüsse „Sicherheit und Frieden“ und „Innere Führung“ anfordern. Anfänge sind gemacht worden die ermuntern, diesen Weg weiter zu gehen. Selbstver- ständlich steht auch die Redaktion den Kreisen und Ansprechpartnern zur Verfügung. Während der Woche der Begegnung haben sich die Delegierten beider Veranstaltungen mit Ökumene be- schäftigt. Dabei ist der Blick hier in Deutschland auf die evangelischen Christen gerichtet. Aber Ökumene ist weitaus mehr. Auch ein Zusammenführen der ortho- doxen Kirchen mit Rom oder das Angebot an Mitglie- der der anglikanischen Glaubensgemeinschaft in die katholische Kirche zurückzufinden, ist Ökumene. Der Papst trägt den Titel „pontifex maximus“, der größ- die Bundeskonferenz hat stattgefunden. Die Ge- te Brückenbauer, und diesem Titel wird Benedikt XVI. meinschaft Katholischer Soldaten hat eine neue Füh- gerecht, wenn er sich als Oberhaupt der katholischen rungsspitze. Die vorgeschlagene neue Ordnung wurde Weltkirche auch um diese Glaubensbrüder kümmert. von den Delegierten der Bundeskonferenz an den Vor- Die Katholiken in Deutschland vergessen manchmal, stand mit dem Auftrag zurückgegeben, eine neue Fas- dass sie nur ein kleiner Teil dieser Weltkirche sind. Des- sung zu erarbeiten. halb wird der Dialog mit den islamischen Gläubigen Die Bundestagswahl hat ebenfalls stattgefunden, auf die Problemfelder der Migration hier reduziert, die neue Regierung hat sich vorgenommen, die Bür- anstelle sich um den Welt-Islam zu bemühen. Dieser ger mit einer Steuerreform zu entlasten und die Fa- wird von unseren Kameradinnen und Kameraden in milie sowie Bildung stärker als bisher zu fördern. Es den Auslandseinsätzen wahrgenommen und wer sich bleibt abzuwarten, was unter den Einflüssen der Fi- bei dieser Begegnung nicht auf sein eigenes Glaubens- nanz- und Wirtschaftskrise umgesetzt werden kann, gerüst stützen kann, hat bei den gläubigen Muslimen ohne den Schuldenberg zu vergrößern. Bei all den he- überall in der Welt seine Probleme. Die bevorstehen- rausfordernden Themen in der Innen-, Finanz-, Wirt- den Feiern zur Geburt unseres Erlösers ist eine sehr gute schafts- und Bildungspolitik sollten wir unseren Blick Gelegenheit, unseren katholischen Glauben zu stärken darauf richten, dass die berechtigten Interessen der Sol- und nicht nur den. daten in den Einsätzen und in der Heimat nicht völlig verdrängt werden. Die Beschäftigung mit den großen assen Sie uns die bevorstehende Weihnachtszeit Themen im Innern wirkt auf die dringend notwendige L nutzen, um Kraft zu schöpfen für die Aufgaben und seit Jahren eingeforderte Diskussion über Sicher- im Neuen Jahr. Die Redaktion wünscht Ihnen und Ih- heitspolitik nicht förderlich. Dem weiteren Verdrängen ren Familien ruhige Tage der Besinnung und Freude dieser Diskussion muss entgegen gewirkt werden, durch sowie für das kommende Jahr Gesundheit und Gottes Berichterstattung, durch Fortsetzung der Politikerge- reichen Segen für Ihr Wirken und Tun. spräche, durch Veröffentlichungen und Erklärungen. Sowohl im Großen bei Veranstaltungen zum Weltfrie- Mit herzlichen Grüßen aus Bonn denstag und dem zweiten Ökumenischen Kirchentag, als auch bei Veranstaltungen in den Kreisen. Die Arbeit an der Basis bei Familienwochenenden, Werkwochen und Veranstaltungen ist ein Hauptanliegen unserer Gemeinschaft. Diese Arbeit bleibt unverändert notwendig und nützlich, um im kleinen Kreis zu disku-

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AAuftrag_276.indbuftrag_276.indb 3 330.11.090.11.09 10:5510:55 SEITE DES BUNDESVORSITZENDEN

Quo vadis – GKS in der Transformation?

ransformation ist in den Streitkräften als Be- deswehr den soldatischen Dienst auf katholischer Tgriff seit Jahren in aller Munde. Dieser stetige Grundlage bewusst zu gestalten und zu leben. Auch Veränderungsprozess hat auch die Militärseelsor- wenn sich die berufstypischen Anforderungen seit- ge nicht verschont und herh verändert haben, so hat sich diese an die died Menschen suchen aktuellen Herausforde- unverändertu nach Ori- rungen strukturell an- entierunge für ihr Han- gepasst. Dem folgt die deln.d Wenn wir weiter- GKS; das Zusammen- hinh auf diesem Gebiet wachsen der mittleren AntwortenA auf die Fra- Ebene ist im Süden be- geng der Soldaten an- reits länger vollzogen, bietenb und uns bei ent- der Bereich Mitte hat sprechenden Themen sich gerade gefunden immeri wieder gesell- und der Bereich West schaftlich Gehör ver- wird noch in diesem schaffen,s dann leisten Jahr fusionieren. Die- wirw einen spezifischen se Veränderungen sind Beitrag,B der ohne uns notwendig und unsere fehlenf würde. Diese Ordnung muss in die- selbsts gestellte Aufga- sem Sinne noch ange- beb der GKS ist alt und passt werden. Das ist bei ewige neu zugleich. der letzten Bundeskon- ferenz nicht gelungen ls neuer Bundes- und steht daher unver- Avorsitzender gehö- ändert auf der Agenda. rer ich ebenfalls zu den Nicht vergessen sollten „Veränderungen“,„ der wir aber bis dahin, dass personellep Wandel ist Strukturen wie Ordnung ini der Politik und für nur Mittel zum Zweck unsu Soldaten Norma- sind und keinesfalls ei- lität.l Gerade deshalb nen Wert an sich darstellen. Diese Mittel unterstüt- wünsche ich uns die Kontinuität des Bewährten zen die Arbeit und machen Manches erst möglich. und Erhaltenswerten bei allem Wandel, auch da- für möchte ich in meinem Amt eintreten. esinnen müssen wir uns aber vor allem auf Bdas, was uns als Gemeinschaft wirklich aus- n diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein geseg- macht: Gemeinsame Ziele und Wege. Nicht zufäl- Inetes Weihnachtsfest und für unsere gemein- lig heißt so unser Grundsatzprogramm und, das same Arbeit in der GKS ein konstruktives Neues für uns Richtschnur im Handeln ist. Dabei gilt Jahr 2010. es nicht zu vergessen, dass sich unsere Gemein- Rüdiger Attermeyer schaft gefunden hat, um in der noch jungen Bun- Bundesvorsitzender

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AAuftrag_276.indbuftrag_276.indb 4 330.11.090.11.09 10:5610:56 SICHERHEIT UND FRIENDESETHIK Afghanistan-Rede der Bundeskanzlerin Merkel

VON KLAUS LIEBETANZ

m 8. September 2009 hat Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Grundsatzrede zum deutschen Afghanis- taneinsatz im Deutschen Bundestag gehalten. Anlass war die Bombardierung zweier durch die Taliban Ageraubter Tanklastzüge Anfang September. Bei diesem Bombardement kamen nach Angaben der afgha- nischen Untersuchungskommission ca. 100 Menschen ums Leben, darunter 69 Talibankämpfer. Diese Regie- rungserklärung wurde allgemein als die bislang beste Rede von Angela Merkel eingeschätzt. Selbst der damalige Oppositionsführer und designierte Außenminister Guido Westerwelle begann seine Erwiderung im Deutschen Bundestag mit den Worten „Frau Bundeskanzlerin, Sie haben mit dieser Rede für das ganze deutsche Volk ge- sprochen“. Im Folgenden werden einzelne Abschnitte der Rede wiedergegeben und mit Zwischenüberschriften versehen. Des Weiteren werden die „Thesen zum Afghanistan-Einsatz der Internationalen Gemeinschaft – Aus- wege aus der Sackgasse?“ des Direktors des Hamburger „Institut für Theologie und Frieden“, Privatdozent (PD) Dr. Heinz Gerhard Justenhoven, zitiert, die klar zeigen, welche Aufgaben noch in Afghanistan zu leisten sind. Die Zukunft von Afghanistan

„Afghanistan, dieses leidgeprüfte einer neuen Qualitätsstufe in den Be- Festlegung klar umrissener Land, hat eine bessere, eine friedli- ziehungen zwischen der internatio- Zielgrößen chere Zukunft verdient. Das ist unser nalen Staatengemeinschaft und dem „Die Konferenz wird außerdem aller Hoffnung. Wie in einem Brenn- Staat Afghanistan. Es stehen Ent- weitere klar umrissene Zielgrößen glas werden in dem Vorfall vom Frei- scheidungen über neue Schritte an, festzulegen haben, die die nächste tag alle grundsätzlichen Fragen sicht- Entscheidungen, die getroffen werden afghanische Regierung auf gute Re- bar, die wir uns seit Beginn des Ein- müssen, und zwar auch, wenn es den gierungsführung, auf Rechtsstaat- satzes der Bundeswehr in Afghanistan Vorfall vom Freitag nicht gegeben hät- lichkeit und auf die Einhaltung der immer wieder stellen müssen. Des- te. Mit der zweiten Präsidentschafts- Menschenrechte verpflichten. Vor halb ist es richtig, und ich sage, es ist wahl muss für die Autoritäten in Af- allem aber muss die Konferenz Ziel- notwendig, dass wir darüber heute im ghanistan der Beginn der Übernahme vorgaben zur Zahl und Qualität der Bundestag debattieren. Als deutsche eigener Verantwortung in einer neuen auszubildenden afghanischen Si- Bundeskanzlerin möchte ich in die- Qualität verbunden sein.“ cherheitskräfte machen einschließ- sem Hause festhalten: lich klarer Zeitvorgaben, in denen Neue VN-Afghanistankonferenz dies zu geschehen hat. Die Konfe- Der Kampfeinsatz ist notwendig „Ich bin mit Staatspräsident Sar- renz wird festzuhalten haben, wel- „Der Kampfeinsatz der Bundes- kozy und Premierminister Brown der ches der beste Weg ist, um unser wehr zusammen mit unseren Partnern Auffassung, dass jetzt, nach der zwei- Engagement gerade auch den lo- im Nordatlantischen Bündnis in Af- ten Präsidentschaftswahl, der richtige kalen und regionalen Gegebenhei- ghanistan ist notwendig. Er trägt dazu Moment ist, um gemeinsam mit der ten des Landes anzupassen und die bei, die internationale Sicherheit, den neuen afghanischen Führung am Ende jeweiligen Machthaber vor Ort auf weltweiten Frieden und Leib und Le- dieses Jahres festzulegen, wie diese die gemeinsamen Ziele verlässlich ben der Menschen hier in Deutsch- Verantwortungsübernahme messbar zu verpflichten. Mit anderen Wor- land vor dem Übel des internatio- geschehen kann. Wir schlagen des- ten: Mit dieser Konferenz geht es nalen Terrorismus zu schützen. Das halb dem Generalsekretär der Verein- Frankreich, Großbritannien und stand am Anfang dieses Einsatzes, ten Nationen vor, noch in diesem Jahr Deutschland darum, die Voraus- und das gilt bis heute. Das ist unsere eine Konferenz einzuberufen, bei der setzungen dafür zu schaffen, dass Überzeugung. Das fand und findet die über Stand und Perspektiven der zu- wir entschlossen eine international Zustimmung der afghanischen Regie- künftigen Afghanistan-Politik zu be- abgestimmte Übergabestrategie in rung, und wir wissen, wie viele einfa- finden sein wird. Ich erwarte auf die- Verantwortung entwickeln können. che Afghanen uns immer wieder bit- ser Konferenz Zielvorgaben zum po- Denn unser übergeordnetes politi- ten, sie im Kampf gegen die Taliban litischen und wirtschaftlichen Aufbau sches Ziel ist und bleibt ein Afgha- nicht allein zu lassen.“ des Landes. Dabei wird die Konferenz nistan, das selbst für seine Sicher- klarzustellen haben, dass und wie die heit sorgen kann, ein Afghanistan, Übernahme der Verantwortung afghanischen Verantwortlichen alles das wirksam verhindert, dass seine durch Afghanen in ihrer Macht Stehende tun müssen, Regionen erneut Heimstatt des in- „Die zweite Präsidentschaftswahl um Kriminalität, Korruption und Dro- ternationalen Terrorismus werden in Afghanistan markiert den Beginn genhandel zu unterbinden.“ können.“

AUFTRAG 276 • DEZEMBER 2009 5

AAuftrag_276.indbuftrag_276.indb 5 330.11.090.11.09 10:5610:56 SICHERHEIT UND FRIENDESETHIK

Übergangsstrategie erheblichen Mitteln an Aufbau- und gehe noch einen Schritt weiter: Wie in Verantwortung Entwicklungsprojekten: von der Inf- in einem Brennglas werden uns die „Innerhalb der nächsten fünf rastruktur über Bildungsprogramme drei Grundprinzipien vor Augen ge- Jahre – das ist die Laufzeit des nächs- bis hin zu Ausbildungsmaßnahmen führt, die die deutsche Außenpolitik ten Afghan Compact – müssen hier für die Polizei. Es ist weitgehend auf seit der Gründung der Bundesrepu- substanzielle, qualitative Fortschritte das beharrliche Engagement der Bun- blik Deutschland leiten: erzielt werden, die es den internatio- desregierung und auch des Deutschen Deutschland ist dem Dienst für nalen Truppen Schritt für Schritt er- Bundestages zurückzuführen, dass den Frieden in der Welt verpflich- möglichen, sich mehr und mehr zu- nunmehr alle unsere Partner, auch tet; so steht es in der Präambel un- rückzuziehen. Das meine ich, wenn alle in der NATO, von diesem An- seres Grundgesetzes. Das Handeln ich von einer „Übergabestrategie in satz überzeugt sind. Wurde die Bun- Deutschlands auf der Basis dieser Verantwortung“ spreche. Diese Worte deswehr in der Vergangenheit oft als drei Grundprinzipien deutscher Au- sind miteinander verbunden: Überga- Brunnenbauer verspottet, so ist die ßenpolitik eröffnet die Möglichkeit, bestrategie in Verantwortung. Damit Politik der vernetzten Sicherheit heute dass Afghanistan ein stabiler, selbst- erreichen wir unser Ziel.“ Konsens unter den Verbündeten. Das ständiger Partner im Kampf gegen ist ein nachhaltiger Erfolg deutscher den internationalen Terrorismus wird Forderung nach einem in sich schlüssigen Afghanistan-Politik.“ und keine Verbündeten mehr im ei- Gesamtkonzept genen Land braucht. Das ist eine der „Unser Engagement in Afghanis- Grundprinzipien schwierigsten internationalen Her- tan war von Anfang an auf das Mitei- deutscher Außenpolitik ausforderungen unserer Zeit. Sie zu nander von wirtschaftlicher Entwick- „Wie in einem Brennglas werden meistern, ist mein Ziel und das Ziel lung und Sicherheit ausgerichtet. Das in den Folgen des Luftangriffs vom der Bundesregierung. Dafür arbeitet eine-so unsere Überzeugung- funkti- letzten Freitag alle grundsätzlichen die Bundesregierung, und dafür bitte oniert ohne das andere nicht. Beides Fragen sichtbar, die wir im Zusam- ich Sie um Ihre Unterstützung, auch muss ineinandergreifen. Deshalb be- menhang mit unserem Einsatz in Af- in der Zukunft.“ Soweit die Bundes- teiligt sich die Bundesregierung mit ghanistan zu beantworten haben. Ich kanzlerin.

Konsequenzen aus dem deutschen Afghanistaneinsatz Institut für Theologie und Frieden zum Afghanistan-Einsatz Bereits im November 2004 – also merkenswerter Klarheit zeigen, wel- 2. Die Herrschaft des Rechts muss schon vor fünf Jahren – hat die Ge- che Aufgaben noch in Afghanistan zu endlich eingeführt und die „Kultur der meinschaft Katholischer Soldaten leisten sind: Straflosigkeit“ beendet werden: (GKS) in ihrer Erklärung zu Frie- – Die afghanische Regierung muss denseinsätzen deutscher Kräfte „Der Thesen zum Afghanistan-Einsatz sich an bestehende Gesetze hal- Friede ist möglich!“ ein in sich schlüs- der Internationalen Gemeinschaft ten. siges Gesamtkonzept bestehend aus 1. Der Anteil der zivilen Aufbauhilfe – Korruption und Gesetzesbruch effektivem rechtstaatlichen lokalen gegenüber den Mitteln für den Mili- müssen erkennbar bestraft wer- Polizeiaufbau, verstärkter wirtschaft- täreinsatz muss erheblich gesteigert den. licher Entwicklung mit Schaffung werden: – Verwaltungen müssen zur Verant- neuer Arbeitsplätze, Unterstützung – Relation der dt. Ausgaben ca. 1:4; wortung für übertragene Aufgaben der rechtstaatlichen Verwaltung und (125 Mio € Zivil : 487 Mio Militär gezogen werden Gerichtsbarkeit und Ausbildung von in 2008 nur AFG) – Aufständische nach Möglichkeit lokalen Sicherheitskräften zur Stabi- – Relation der US-Ausg. ca. 1:17,5; für Anschläge auf Zivilisten vor lisierung des Landes gefordert. (5,6 Mrd $ Zivil : 100 Mrd Militär Gericht stellen. in 2008, AFG, Irak) – Rechtsverstöße und Kriegsverbre- Auswege aus der Sackgasse? – AFG hat die geringste Rate an chen durch ausländische Streit- Im September 2009 hat der Di- Aufbauhilfe im Vergleich zu al- kräfte erkennbar bestrafen rektor des Hamburger „Institut für len anderen Nachkriegsstaaten: – bisher ungenügender Aufbau von Theologie und Frieden“, PD Dr. der durchschnittl. Bosnier hat 16 Polizei & Justiz. Heinz Gerhard Justenhoven, in en- mal mehr Hilfe bekommen als ein ger Zusammenarbeit mit Oberst a. D. vergleichbarer Afghane. 3. „Good Governance“ ist gutes und Ludwig Jacob (beide Mitglieder des – Es gibt einen erheblichen Anteil effektives Regieren zum Wohl der Be- GKS-Sachausschusses „Sicherheit an „armutsmotivierten“ Taliban, völkerung: und Frieden“) die folgenden Thesen deren Lebensgrundlage und -per- – nur wenn die politischen Entschei- zur Überwindung der politisch/mili- spektive zerstört ist weil in den dungen letztlich von der afghani- tärischen Sackgasse in Afghanistan letzten sieben Jahren nicht auf- schen Bevölkerunggetroffen wer- schlaglichtartig publiziert, die in be- gebaut wurde. den, wird der Staats- und Wirt-

6 AUFTRAG 276• DEZEMBER 2009

AAuftrag_276.indbuftrag_276.indb 6 330.11.090.11.09 10:5610:56 SICHERHEIT UND FRIENDESETHIK

schaftsaufbau nachhaltig (Prinzip 6. Die verdeckte Kooperation zwi- – Diese Bedrohung kann nur lang- „ownership“). schen Taliban und islamistischen fristig und nicht primär militärisch – Verwaltungsstrukturen müssen Akteuren in Pakistan muss beendet abgewehrt werden. aufgebaut bzw. überprüft werden. werden. Sie beeinflusst die Sicher- – Die ehemals blühende Landwirt- heitslage in Afghanistan dauerhaft 8. Fazit: Da es zu 1.-3. realistischerwei- schaft muss neu aufgebaut werden. negativ: se nicht oder nur in allerersten Ansätzen – Bildung als Investition in die Zu- – Rückzugsgebiete der Taliban im kommen wird, müssen die zu erreichen- kunft. pakistanischen Grenzgebiet, den Ziele minimiert werden: – Unterstützung der Taliban durch – politische Selbstverantwortung für 4. Die Internationale Gemeinschaft pakistanischer Armee und Ge- Afghanistan ohne rechtsstaatliche hat in AFG 2002 eine Verantwortung heimdienst, Demokratie . übernommen und darf nicht die „Flinte – Problem der zunehmenden Isla- – auf die politische Gestaltung hat die ins Korn“ werfen, sondern muss nach misierung der pakistan. Armee & IG keinen Einfluss. einer dauerhaften, selbsttragenden Lö- Teilen der Gesellschaft, – Beteiligung der Taliban am politi- sung suchen. Dazu gehört der zivile – Pakistan in einen regionalen schen Prozess. und ökonomische Aufbau sowie der Ansatz mit Indien einbinden: – Zweck und (minimiertes) Ziel des internationale „Sicherheitsschirm“, Kaschmir-Konflikt ist derzeit Einsatzes müssen politisch besser bis die afghanische Polizei und das af- unlösbar und Grund für die Un- kommuniziert werden. ghanische Militär Sicherheit gewähr- terstützung der Taliban durch leisten können. Pakistan, Bewertung und Schlussfolgerung – Die Internationale Gesellschaft – Finanzierung der Taliban durch Die Absicht der Bundeskanzlerin hat auch eine Schutzverpflichtung wahabitische Geldgeber in Sau- zusammen mit den internationalen Part- gegenüber der Zivilbevölkerung, di-Arabien unterbinden. nern eine verlässliche Übergangsstrate- die Gewalt der Taliban gegen die gie für die Verantwortung in Afghanistan Zivilbevölkerung einzudämmen: 7. Taliban als Bedrohung unserer zu entwickeln ist richtig, zielführend und Seit 2006 geht die Zahl der zivilen Sicherheit? wahrscheinlich der einzige Weg aus der Opfer rapide hoch; 2/3 gehen auf – Die Taliban sind eine heteroge- Sackgasse in Afghanistan. Es wäre aber das Konto der Taliban, 5 mal so ne militante Aufstandsbewegung sicher blauäugig, eine politische Ab- viele zivile Tote wie Kombattanten. gegen den von der internationa- sichtserklärung bereits für die Durchfüh- – Für die Durchführung des politi- len Gemeinschaft unterstützten rung zu halten. Daher wird es notwendig schen Auftrags braucht die Trup- Staatsaufbau. und angeraten sein, dass der GKS-Sach- pe angemessenemilitärische Mit- – Sie sind bereit, radikal-islamis- ausschuss „Sicherheit und Frieden“ in tel, d.b.. tische Bewegungen zu unterstüt- den nächsten fünf Jahren den angestreb- - Ist die Personalstärke insb. zen, die eine regionale (Pakistan, ten und oben beschriebenen Friedens- der Kampftruppen hinrei- GUS-Staaten) oder internationale prozess in Afghanistan mit einem kon- chend? Agenda haben. sequenten Monitoring begleitet. - Muss die (Luft-)Aufklärung, Kampfhubschrauber-Kapazi- täten verbessert werden? US-Studie: Jeder Vierte weltweit ist Muslim 5. Der Militäreinsatz soll der Her- eder vierte Mensch weltweit ist laut einer Studie des US-Statistikforschungs- stellung von Sicherheit in AFG die- Jinstitutes Pew praktizierender Muslim. Auch wenn das islamische Herz im nen. Derzeit werden die ausländische Mittleren Osten schlage, lebten mehr als 60 Prozent aller 1,57 Milliarden Mus- Streitkräfte eher als Besatzer wahrge- lime in Asien, heißt es in dem Bericht auf der Webseite des Pew-Forums für nommen. Dies treibt dieZivilbevölke- Religion und öffentliches Leben. In Europa seien es nur 5 Prozent. Überra- rung in die Arme der Taliban. Daher: schend ist das Ergebnis im Ländervergleich. Demnach leben zwei Drittel der – Das aerial bombing zur Bekämp- gesamten muslimischen Weltbevölkerung in nur zehn Ländern. Davon sind fung der Taliban ist indiskrimi- sechs in Asien, drei in Nordafrika und eines in der Region südlich der Sahara. natorisch und politisch kontra- In Deutschland bekennen sich laut Studie vier Millionen Menschen zum Islam. Das wären mehr Muslime als im Libanon und so viele wie in Nord- und produktiv. Südamerika zusammen. China zählte demnach mehr Islamgläubige als Syri- – Soldaten im Einsatz müssen Re- en, und in Russland lebten mehr als in Jordanien und Libyen zusammen. In- spekt vor der Zivilbevölkerung donesien ist laut Pew-Forum das Land mit den meisten Muslimen. Dort seien zeigen (Hausdurchsuchungen). 13 Prozent der weltweiten islamischen Bevölkerung zuhause. Indonesien ist – Die „Guantanamo-/Bagram-Be- traditionsgemäß von einem toleranten Islam geprägt. In den vergangenen Jah- handlung“ der Gefangenen wi- ren gab es jedoch, vor allem durch terroristische Gruppierungen, Tendenzen derspricht elementar dem Rechts- für eine Radikalisierung. gedanken. Das US-Institut hat für seine Studie nach eigenen Angaben über drei Jah- – US-Regierung muss deutlich ma- re Volkszählungen, demographische Studien und andere Erhebungen in 232 chen, dass sie keine langfristigen Ländern und Regionen ausgewertet. (KNA) Basen anstrebt.

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AAuftrag_276.indbuftrag_276.indb 7 330.11.090.11.09 10:5610:56 SICHERHEIT UND FRIENDESETHIK Chancen und Grenzen der Zivilen Konfliktbearbeitung

VON KLAUS LIEBETANZ

m folgenden Beitrag untersucht das Mitglied des Sachausschusses „Sicherheit und Frieden“ der Gemeinschaft Katholischer Soldaten (GKS), Prüfer für weltweite Projekte der deutschen Humanitären Hilfe und langjähriges IMitglied der Plattform Zivile Konfliktbearbeitung, die Chancen und Grenzen der Zivilen Konfliktbearbeitung für die Friedensentwicklung in der Welt. Er kommt zu dem Ergebnis, dass die Instrumente der Zivilen Konfliktbe- arbeitung weiter ausgebaut und vorrangig gefördert werden müssten, weil nur diese einen sich selbst tragenden Friedensprozess generieren und nachhaltig unterstützen könnten.

Chancen der Zivilen Konfliktbearbeitung

Vorrang für die Zivile Konfliktbearbeitung Ergebnis einer Bundestagsanhörung zur „Responsibility to Protect“

m 14.02.2009 hat der Ausschuss versetzungen zu schützen. Prof. DDr. sprächskreis Humanitäre Hilfe“ (ab Afür Menschenrechte und huma- Sabine von Schorlemer von der TU 01.10.94 „Koordinierungsausschuss nitäre Hilfe des Deutschen Bundes- Dresden plädierte in ihrem Beitrag für Humanitäre Hilfe) oder mit der „Platt- tages (BT) eine Anhörung zum The- eine stärkere Beteiligung der Nicht- form Zivile Konfliktbearbeitung“ seit ma „Responsibility to Protect“ (R2P) Regierungs-Organisationen (NGO) in 2000 von größter Bedeutung für seine durchgeführt. R2P ist eine Selbst- der zivilen Krisenprävention im Sin- eigene Arbeit ist. So ist auch der Akti- verpflichtung der Staats- und Regie- ne der R2P. Das Ergebnis dieser BT- onsplan der Bundesregierung „Zivile rungschef, die sich 2005 in New York Anhörung und seiner Aussprache war Krisenprävention, Konfliktlösung und im Rahmen der Generalversammlung ein eindeutiges Plädoyer für den Vor- Friedenskonsolidierung“ auf die Lob- der Vereinten Nationen (VN) zusam- rang der Zivilen Konfliktbearbeitung. byarbeit der „Plattform Zivile Kon- mengefunden hatten, zum Schutz der fliktbearbeitung“ zurückzuführen. Völker vor Völkermord, Kriegsver- Der Friedensbeitrag Gelegentlich wird an den NGOs brechen, ethnische Säuberungen und der Nichtregierungsorganisationen kritisiert, sie seien zu geschäftstüch- Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Mit der Bildung der ersten Nicht- tig. Das mag für einige „schwarze Alle sechs Sachverständigen des Aus- regierungsorganisationen zu Beginn Schafe“ unter ihnen zutreffen. Bei al- schusses sahen ein vom Sicherheitsrat des letzten Jahrhunderts hat eine neue ler Kritik darf man jedoch nicht ver- genehmigtes militärisches Eingreifen Epoche der Menschheit auf dem Weg gessen, dass NGOs gerade, wenn sie zum Schutz vor schwersten Menschen- zu größerem Frieden und sozialer Si- unabhängig und professionell sein rechtsverletzungen bei der Zivilge- cherheit begonnen. Regierende fürch- wollen, auf ausreichende Geldmit- sellschaft als höchst unwahrschein- ten nichts mehr als eine öffentliche tel angewiesen sind. Sie benötigen lich an. Sie verwiesen auf dringend Meinung, die ihren Interessen wider- dafür ein Höchstmaß an „Visibility“ notwendige Maßnahmen der Zivilen spricht. Gab es vor dem 2. Weltkrieg (zu deutsch: Sie müssen dem poten- Konfliktbearbeitung im Vorfeld einer nur einige Hundert NGOs, so stieg die tiellen Spender einsichtig machen, Krise und auf den Vorrang von Maß- Zahl weltweit heute auf 46.000 NGOs dass nur sie dass gewünschte huma- nahmen des zivilen Wiederaufbaus mit steigender Tendenz. Allein bei nitäre Ziel erreichen können und sie bei der Friedenskonsolidierung in den Vereinten Nationen gibt es über deswegen das Geld der Spender be- der Konfliktfolgephase. Der vormali- 2.500 akkreditierte, größere Nichtre- nötigen). Diese Mittel können jedoch ge Generalinspekteur der Bundeswehr gierungsorganisationen, die ein Mit- nur öffentlichkeitswirksam eingewor- und ehemalige Vorsitzende des Mili- spracherecht bei wichtigen Entschei- ben werden. NGOs sind keine „Volks- tärausschusses der NATO, General a. dungen und Beschlüssen zur Zukunft eigenen Betriebe“. Ihr großer Vorteil D. , der 2001 als Mit- der Menschheit fordern. NGOs ver- besteht darin, dass sie nicht nationale glied der Kommission zu Intervention folgen – wenn auch meist mit sehr Interessen durchsetzen, wie es auch und staatlicher Souveränität (ICISS) begrenzten Mitteln – ihre menschen- manche westlichen Regierungen im- berufen wurde und an der Ausarbei- freundlichen Ziele unabhängig von mer wieder tun, sondern sich für die tung der R2P beteiligt war, forderte den Regierungen. Zunehmend gibt es Lösung von grenzüberschreitenden bei der Anhörung ausdrücklich die in demokratisch und rechtsstaatlich humanitären Problemen weltweit ein- präventive zivile Anwendung der R2P, ausgerichteten Staaten Austausch und setzen. Aus diesem Grunde erweisen wenn die ersten Anzeichen zu erken- Zusammenarbeit von Zivilgesellschaft sich NGOs und Kirchen immer mehr nen sind, dass ein Staat seiner Ver- und Ministerien. Das Auswärtige Amt als Hoffnungsträger der Völker. Ohne pflichtung nicht nachkommt, seine hat seit Jahren erkannt, dass die Zu- die beharrliche Lobbyarbeit zahlrei- Bürger vor schweren Menschenrechts- sammenarbeit mit NGOs z.B. im „Ge- cher NGOs für die jährlich weltwei-

8 AUFTRAG 276• DEZEMBER 2009

AAuftrag_276.indbuftrag_276.indb 8 330.11.090.11.09 10:5610:56 SICHERHEIT UND FRIENDESETHIK

ten 30.000 Minenopfer wäre die An- jekte aus und gewährt Zuwendungen. eingehender über den Nutzen (Preis- tipersonenminen-Ottawa-Konvention Aufgabe von „zivik“ ist außerdem, Leistungsvergleich) der zivilen Kon- gegen die Interessen von Einzelstaa- bisherige und laufende Aktivitäten fliktbearbeitung informiert werden ten nicht durchsetzbar gewesen. Häu- zu bewerten und zu dokumentieren sollten. Ferner vermittelt die Studie in fig sind es erst die NGOs, welche die mit dem Ziel, das Instrument zivilge- der derzeitigen Fassung unterschwel- Mitglieder des Sicherheitsrats zum sellschaftlichen Handels im Interesse lig den Eindruck, man könne weltweit Handeln bringen, wie zum Beispiel der Bundesregierung weiterzuentwi- alle gewalttätigen Konflikte verhin- die präzisen Berichte der Menschen- ckeln. Die geförderten Maßnahmen dern, wenn man nur genügend Inst- rechtsorganisation „Human Rights sind mit dem Auswärtigen Amt abge- rumente der zivilen Konfliktbearbei- Watch“. stimmt und fügen sich in die Gesamt- tung einsetzte. Dieser „fundamenta- heit deutschen Engagements zur Kri- listische Pazifismus“ wird im zweiten Wächterfunktion der NGOs senprävention in einem Konfliktland Abschnitt „Grenzen der zivilen Kon- bei den Milleniumszielen bzw. Krisengebiet ein. Im Jahr 2005 fliktbearbeitung“ behandelt. Auch bei der Um- und Durchset- wurden im Bereich „zivik“ 3,0 Mio. zung der Milleniumsziele kommt den Euro auf ca. 50 Projekte und in 2009 Friedenserhaltende Maßnahmen (FEM) NGOs eine entscheidende Wächter- wurden 6,6 Mio. Euro auf 80 Projekte des Auswärtigen Amtes funktion zu, da die Einzelstaaten dazu verteilt. Die Steigerung geht auf eine „Angesichts der Vielzahl von Kri- neigen, feierlich gegebene Verspre- Erhöhung des übergeordneten Haus- senherden und der Komplexität der chen – aus innenpolitischen Gründen haltstitels des AA „Friedenserhalten- Konfliktlagen sind einzelne Staaten – nicht zu halten oder zu verwässern. de Maßnahmen“ zurück, die zugleich oder Organisationen mit der Prob- Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern eine ODA-Anrechenbarkeit (Official lemregelung häufig überfordert. Zivile der VN, der Weltbank, der OECD Development Assistance = Anteil der Krisenprävention, zivile Konfliktbear- und mehreren NGOs formulierte auf öffentlichen Ausgaben für Entwick- beitung und Friedenskonsolidierung dem Weltgipfel 2000 die wesentli- lungszusammenarbeit am Bruttonati- haben vor allem dann Aussicht auf chen Ziele: onaleinkommen) sicherstellen sollte. Erfolg, wenn sie subsidiär, multila- – Halbierung der Weltarmut bis teral und multidimensional angelegt 2015 (22% der Erdbevölkerung „Erfolgreich gewaltfrei – Professionelle Praxis sind, wenn verschiedene staatliche, hat ein tägliches Einkommen un- der zivilen Friedensförderung“ wirtschaftliche und gesellschaftliche ter einem Dollar). „zivik“ hat Anfang 2009 die er- Akteure und vor allem konfliktver- – Halbierung der Anzahl von Perso- fahrene Friedensfachfrau Christine mittelnde Kräfte aus den Konfliktre- nen bis 2015, die keinen Zugang Schweitzer mit einer Evaluierung zu gionen zusammenwirken“ (Plenar- zu sauberen Trinkwasser haben Projekten der zivilen Konfliktbear- beschluss des Dt. Bundestages vom (Bislang sind es 20% der Weltbe- beitung beauftragt. In der Studie „Er- 15.03.2001, Drucksache 14/3862). völkerung ohne Zugang). folgreich gewaltfrei – Professionel- Zur Umsetzung dieses weiterhin – Sicherstellen bis 2015, dass alle le Praxis der zivilen Friedensförde- aktuellen Auftrages stehen im Bun- Kinder der Welt einen Zugang rung“ gibt Christine Schweitzer einen deshaushalt jährlich Mittel bereit. mindestens bis zur Primärausbil- ausgezeichneten Überblick über Zie- Im Bereich des Auswärtigen Amtes dung haben. le und Instrumente der zivilen Kon- sind dies Mittel mit der Zweckbestim- – Die Ausbreitung von Aids welt- fliktbearbeitung. Mit der Beschrei- mung „Unterstützung von internatio- weit bis 2015 zu stoppen und ei- bung von 24 ausgewählten Beispie- nalen Maßnahmen auf den Gebieten nen Umkehrprozess einzuleiten. len für wirkungsvolle Friedensförde- Krisenprävention, Friedenserhaltung rung durch nichtstaatliche Akteure und Konfliktbewältigung durch das Projekt „zivik“ des Instituts erhält die Studie zusätzlich Kompe- Auswärtige Amt“. für Auslandsbeziehungen (ifa) tenz und Glaubwürdigkeit. Von den NGOs leisten einen wichtigen 24 ausgewählten friedenspolitischen Förderbereiche des Beitrag zu internationalen Friedens- Maßnahmen bezogen sich allerdings Auswärtigen Amtes bemühungen. Ihre Förderung ist da- lediglich sechs auf den Bereich der – Ziviles Personal und Unterstüt- her Bestandteil des Gesamtkonzepts reinen Prävention. Die übrigen 16 zung für Friedensmissionen. „Zivile Krisenprävention, Konflikt- Maßnahmen behandeln die Friedens- – Die Stärkung weltweiter Friedens- lösung und Friedenskonsolidierung“ arbeit im Bereich des „Post-conflict missionen Internationaler Orga- der Bundesregierung. Die Förderung Peace-building“ (Friedenskonsolidie- nisationen wie zum Beispiel der zivilgesellschaftlicher Einzelprojekte rung in der Konfliktfolgephase). Bei Vereinten Nationen oder der Af- der Konfliktbearbeitung erfolgt durch einem Fachgespräch im Juli 2009 bei rikanischen Union wird durch ge- das Projekt „zivile Konfliktbearbei- „zivik“ wurden als wesentliche Ergeb- zielten Einsatz deutschen zivilen tung“ (zivik) des Instituts für Aus- nisse zur Studie herausgestellt, dass Personals und unmittelbare fi- landsbeziehungen. Das ifa übernimmt dem Präventionsgedanken der zivi- nanzielle Förderung sowie logisti- dabei die wichtige Funktion als Mitt- len Konfliktbearbeitung ein höherer sche Unterstützung einschließlich ler zwischen dem Auswärtigen Amt Stellenwert zukommen muss und die der Bereitstellung von Material und den Nichtregierungsorganisatio- Öffentlichkeit, insbesondere die be- erreicht. So wurde das interna- nen, es berät zu Vorhaben, wählt Pro- treffenden Bundestagsabgeordneten, tional renommierte Kofi Annan

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Peace Keeping Training Centre gungshaushalt nicht ausschließlich und Regionalreferaten ausgewertet (KAIPTC) in Accra/Ghana seit den internationalen Friedenseinsät- und in entsprechende entwicklungs- 2002 mit deutscher Hilfe aufge- zen sondern auch der nationalen Ver- politischen Maßnahmen umgesetzt. baut und fortlaufend personell teidigung im Rahmen der NATO. Die- Damit besitzt das BMZ die einzige, und finanziell unterstützt. Das se darf nicht vernachlässigt werden. veritable „Humanitäre Lageauswer- vom AA finanzierte „Zentrum für In diesem Zusammenhang muss da- tung“, die im wesentlichen die Inte- internationale Friedenseinsätze“ ran erinnert werden, dass niemand ressen der betroffenen Partnerländer (ZIF) wählt das zivile Personal aus den Krieg auf dem Balkan mitten in berüksichtigt.. Im Gegensatz dazu ist und sorgt für seine einsatzorien- Europa in den 90er Jahren vorausge- das personell und materiell hervor- tierte Weiterbildung. sehen hat und der amerikanische Prä- ragend ausgestattete „Krisenreakti- – Förderung internationaler und re- sidentenberater Fukimori nach dem onszentrum“ im Auswärtigen Amt in gionaler Friedensprozesse. Fall der Mauer (1989) vom „Ende der den ehemaligen Tresorräumen der – Internationaler Friedensmissio- Geschichte“ gesprochen hat, weil es Reichsbank am Werderschen Markt nen werden durch die gezielte keine Kriege mehr geben würde. Der vorwiegend auf deutsche Interessen Förderung von Friedensprozes- Schein trog. Die Steigerung der ODA- ausgerichtet und dient in erster Linie sen, durch Umfeldmaßnahmen Quote muss aus dem Zuwachs des dazu, Schaden von deutschen Staats- sowie durch die Schaffung und Bundeshaushalts generiert werden. angehörigen im Ausland und auf die Stärkung von Instrumentarien der Bundesrepublik im allgemeinen ab- gewaltfreien Konfliktbearbeitung Friedenspolitische Instrumente zuwenden. und Stärkung von Aus- und Fort- des Bundesministeriums für wirtschaftliche bildungszentren für Personal in Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) Entwicklungsorientierte Friedenseinsätzen insbesondere Ein wichtiges Ziel der Entwick- Not- und Übergangshilfe in Afrika, so z. B. in Sierra Le- lungszusammenarbeit für das BMZ ist, Entwicklung und Frieden sind one (UNAMSIL) oder in Libe- den Partnerländern im Krisenfall zu untrennbar miteinander verbunden. ria (UNMIL) unterstützt. Das AA helfen, Konflikte gewaltfrei zu been- In bestimmten Regionen, besonders (Referat VN 02) war auch an der den. Zielgerichtete Maßnahmen tra- in Afrika nehmen innerstaatliche Kri- erfolgreichen Friedensmission in gen dazu bei, die Lage zu entschärfen sen, Konflikte und durch den Klima- ehemaligen Krisenregion ACEH und gemeinsam mit den Akteuren vor wandel bedingte Naturkatastrophen (Indonesien) beteiligt. Ort eine friedliche Lösung zu finden. zu. Unter ihren Auswirkungen haben – Konfliktbearbeitende Einzelpro- besonders die ärmeren Menschen zu jekte deutscher und internatio- Das einzigartige Krisenfrühwarnsystem leiden. Es ist Ziel der deutschen Ent- naler NGOs. des BMZ wicklungspolitik, im Kontext solcher – Zur Stärkung der zivilgesell- Ohne „early warning“ kann es Sondersituationen den von Not be- schaftlichen Friedensbemühun- auch kein „early action“ geben. Das troffenen Menschen schnell, flexi- gen fördert das AA über das Pro- BMZ ließ daher ein auf die Bedürf- bel und wirksam zu helfen. Dies ge- jekt „ifa zivik“ Einzelvorhaben nisse der Entwicklungspolitik zuge- schieht durch Maßnahmen und Pro- deutscher und internationaler schnittenes Frühwarnsystem entwi- jekte der entwicklungsorientierten NGOs. ckeln. Es wird seit 2000 angewendet Not- und Übergangshilfe, welche die und seitdem kontinuierlich weiterent- Lücke zwischen humanitärer Sofort- Verteidigungshaushalt kein Steinbruch wickelt. Dieses Krisenfrühwarnsys- hilfe und den längerfristigen Maßnah- für Zivile Konfliktbearbeitung tem identifiziert Länder mit Gewalt- men der Entwicklungszusammenar- Der Titel „Friedenserhaltene konflikt-Potentialen. Dafür werden beit schließt. Sie unterstützt die von Maßnahmen“ hat vom Jahr 2001 mit viele verschiedene Informationsquel- Vertreibung, Flucht und Naturkatast- 12 Mio. Euro im Rahmen der Steige- len herangezogen. Hervorzuheben ist rophen betroffenen Menschen bei der rung der ODA-Quote eine erhebli- das jährlich an das German Institute (Wieder-)Herstellung der erforderli- che Steigerung bis zum Jahr 2009 bis of Global and Area Studies (GIGA) in chen Infrastruktur und stabilisiert die zu 110 Mio. Euro erfahren. Im Ver- Auftrag gegebene System der Krisen- sonstigen Lebensgrundlagen. Im Jahr gleich zum Militärhaushalt von 31,2 frühwarnung. Anhand eines vom BMZ 2008 hat das BMZ rund 175 Projekte Mrd. Euro bleibt jedoch der FEM- entwickelten und ständig überarbei- in einer finanziellen Größenordnung Titel marginal. Die häufig geäußer- teten Indikatorenkatalogs untersucht von 91, 5 Mio. Euro unterstützt. Für te Forderung der Friedensbewegung, das GIGA mit seinen spezialisierten das Jahr 2009 stehen dem BMZ für die Mittel des Verteidigungshaushal- Mitarbeitern fortlaufend ca. 60 bis 70 Projekte und Maßnahmen der Not- tes für zivile Friedensmaßnahmen zu Staaten (darunter viele sog. failing sta- und Übergangshilfe 129 Mio. Euro nutzen, ist jedoch abwegig, weil das tes) und gibt entsprechende Empfeh- zur Verfügung. Parlament unsittlich handeln würde, lungen für die Entwicklungszusam- wenn es deutsche Soldaten schlecht menarbeit mit den Partnerländern. Im Ziviler Friedensdienst – Fachleute ausgebildet, unangemessen bewaff- BMZ-Referat 210 „Friedensentwick- im Einsatz für den Frieden net und mangelhaft ausgerüstet in lung und Krisenprävention“ werden Mit dem Zivilen Friedensdienst gefährliche Auslandseinsätze senden alle diese relevanten Informationen (ZFD) hat die Bundesregierung 1999 würde. Außerdem dient der Verteidi- in Zusammenarbeit mit den Fach- ein neues Instrument zur Friedens-

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sicherung und Krisenprävention ge- Ende des Kalten Krieges) wurde der onsvorsitzende der CDU/CSU-Bun- schaffen. Speziell ausgebildete Fach- Generalsekretär der Vereinten Nati- destagsfraktion (16. Bundestag), Dr. leute vermitteln im Konflikt, bringen onen, Boutros-Ghali, beauftragt, bis Andreas Schockenhoff, zuständig in die Anliegen benachteiligter Men- zum 1. Juli 1992 eine Empfehlung zu seiner Partei für Außen-, Sicherheits- schen an die Öffentlichkeit, begleiten arbeiten, inwieweit die Fähigkeiten und und Europapolitik, geht mit Recht da- ehemalige Soldaten auf ihrem Weg ins Kapazitäten der Vereinten Nationen im von aus, dass sich Friedensmissio- zivile Leben, arbeiten mit traumati- Rahmen der VN-Charta zur vorbeugen- nen nach Beendigung der eigentlichen sierten Opfern von Gewalt oder ermög- den Diplomatie, zur Friedensschaffung Kampfhandlungen aus 20% militäri- lichen Flüchtlingen die Rückkehr in (peace-making) und zur Friedenssiche- scher Absicherung und 80% zivilem ihre Heimat. Bis Mitte 2007 wurden rung (peace-keeping) gestärkt und ef- Wiederaufbau zusammensetzen müs- für mehrjährige Einsätze insgesamt fizienter gestaltet werden können. Am sen. Halbherzigkeit wie bei der deut- rund 380 Stellen von Friedensfach- 17.06.92 legte Boutros Ghali – nach schen Führungsaufgabe in Afghanis- kräften in 43 Ländern mit einem Volu- gründlicher Rücksprache mit den Ver- tan zum dortigen rechtstaatlichen Po- men von rund 127 Mio. Euro bewilligt. tretern der wichtigsten Staaten und lizeiaufbau darf nicht zur Verlängerung Im Durchschnitt sind jeweils gleich- verschiedenen großen internationalen des militärischen Engagements führen. zeitig ca. 150 Friedensfachkräfte im Organisationen – der Generalversamm- Soldaten dürfen nicht Lückenbüßer für Einsatz. Die Zahl soll in den nächsten lung die „Agenda für den Frieden“ vor. mangelhaften politischen Willen sein Jahren auf 500 aufgestockt werden. Sehr deutlich zu erkennen ist auch der (vgl. dazu die Aussagen mehrerer Teil- deutsche Beitrag, wo es um die vertrau- nehmer an den BT-Debatten vom 07.10. BMZ als Zukunft- ensbildenden Maßnahmen zweier ver- und 16.10.08). In Afghanistan beträgt und Schlüsselministerium ausbauen feindeter Staaten geht. Wer die Agenda derzeit das Verhältnis von militärischen Das BMZ verfügt wie oben be- sorgfältig liest, wird feststellen, dass Aufwendungen zum zivilen Aufbau 3:1. schrieben über ein einzigartiges Kri- fast jeder Satz auf Erfahrungen der Das ist nicht zielführend und wider- senfrühwarnsystem, das auf die Bedürf- jüngsten, teilweise schmerzlichen deut- spricht eindeutig den Intentionen des nisse der Entwicklungspolitik zuge- schen Vergangenheit zurückzuführen Aktionsplanes der Bundesregierung schnitten ist. Ferner kann das BMZ auf ist. Auch heute noch hat die „Agenda „Zivile Krisenprävention, Konfliktlö- die jahrzehntelangen Erfahrungen der für den Frieden“ nichts an ihrer Aktu- sung und Friedenskonsolidierung“. weltweit anerkannten „Deutschen Ge- alität verloren. sellschaft für Technische Zusammenar- Gestiegene Anforderungen beit“ (GTZ) mit ihren über 10.000 deut- Friedenskonsolidierung in der Konfliktfolgezeit an die Bundeswehr schen und ausländischen wissenschaft- (post-conflict peace-building) Im Rahmen der „Friedenskonsoli- lichen Mitarbeitern zurückgreifen und Boutros Ghali hat die „Friedens- dierung in der Konfliktfolgezeit“ kommt nutzbar machen. Des Weiteren verfügt konsolidierung in der Konfliktfolge- der Bundeswehr eine für den Friedens- das BMZ über zahlreiche Instrumente zeit“ als neuen Begriff in die Agenda prozess unverzichtbare Stabilisierungs- der zivilen Friedensförderung. Der ent- for Peace aufgenommen. Sie hat sich aufgabe zu. Für diesen neuen, sehr scheidende Vorteil des BMZ gegenüber im Laufe der Zeit als eine erfolgreiche komplexen Auftrag benötigen die deut- dem AA und BMVg liegt in der Tatsa- Form der Konfliktprävention erwiesen schen Streitkräfte umfassend gebildete che, dass das BMZ in der Frage der (Mittelamerika, Hinterindien, Balkan Offiziere und Unteroffiziere (vgl. „Ge- „Ownership“ (Eigenverantwortlichkeit) etc.) und stellt in der Regel eine Zu- danken zu einer christlich inspirierten der jeweiligen Bevölkerung in den Kri- sammenarbeit von militärischer Sta- Sicherheitspolitik“AUFTRAG 273, S. sengebieten am weitesten fortgeschrit- bilisierung und zivilem Wiederaufbau 15 ff.). Ferner wird es notwendig sein, ten ist. Frieden entwickelt sich von in- (humanitäre Hilfe, Entwicklungszu- dass der „Ownership“ (Eigenverant- nen her. Die Bundesregierung hat die sammenarbeit, Aufbau staatlicher Ein- wortlichkeit) der lokalen Partnerstreit- herausragende Rolle des BMZ für den richtungen, wie rechtstaatliche Polizei kräfte eine hohe Priorität zukommt. Frieden in der Welt (Verfassungsauftrag und ein entsprechendes Gerichtswe- Das heißt, die Bundeswehr muss zu- aus der Präambel des GG) erkannt und sen, Menschenrechtsarbeit und der nehmend Ausbildungsarmee für die den BMZ-Haushalt in den letzten bei- Aufbau der Zivilgesellschaft) dar. lokalen Soldaten werden, damit diese den Jahren um jeweils 16% bzw. 13% für die Sicherheit ihres eigenen Lan- gesteigert. Der ODA-Stufenplan der Forderung nach einem schlüssigen Gesamtkon- des verantwortlich werden. Europäischen Union sieht vor, dass die zept (comprehensive approach) Mittel der öffentlichen Entwicklungs- Der „Friedenskonsolidierung in zusammenarbeit bis 2010 in allen Mit- der Konfliktfolgezeit“ muss ein in sich Grenzen der Zivilen gliedsstaaten der EU auf 0,51 Prozent schlüssiges Gesamtkonzept zu Grun- Konfliktbearbeitung des Bruttonationaleinkommens steigen, de liegen, das den zivilen Mitteln, wie bis 2015 auf 0,7 Prozent. rechtstaatlicher Polizeiaufbau, wirksa- me Entwicklungszusammenarbeit und Zivile Omnipotenzfalle vermeiden „Agenda for Peace“ – Eine VN-Handlungs- die Förderung rechtstaatlicher Struk- Nach Ansicht von Dr. Uschi Eid anweisung für den Frieden turen mindestens den gleichen Nach- (Bündnis90/Die Grünen), der ehe- In der Erklärung des Sicherheits- druck verleiht wie den militärischen maligen Parlamentarischen Staats- rats vom 31. Januar 1992 (kurz nach Mitteln. Der stellvertretende Frakti- sekretärin im BMZ, die Wesentliches

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zur Einführung der Friedensfach- im Rahmen der Agenda for Peace Zusammenfassung kräfte beigetragen hat, wäre die in im Auftrag des VN-Generalsekre- und Ausblick „friedensbewegten Kreisen“ häufig tärs beschäftigt. In diesem Brahi- geäußerte Auffassung, man könne mi-Report wurde festgestellt, dass weltweit alle gewalttätigen Konflikte bei einigen VN-Friedensmissionen Rückgang der Bedeutung von Streitkräften verhindern, wenn man nur genügend die Blauhelmtruppen unzureichend Instrumente der zivilen Konfliktbe- mandatiert und ausgerüstet waren (z. Schon das Weißbuch 2006 zur arbeitung einsetzte, eine Omnipo- B. in der VN-Schutzzone Srebrenica Sicherheitspolitik Deutschlands tenzfalle. In einem mit dem Autor oder beim Völkermord in Ruanda). und zur Zukunft der Bundeswehr dieses Beitrages geführte Interview Dieser Bericht gibt also keine Emp- relativiert wie folgt die Rolle von (NOTFALLVORSORGE 1/2000 S. fehlung, Blauhelme besser durch Po- Streitkräften bei der Lösung von 5ff.) äußerte sich Uschi Eid wie folgt: lizisten oder gar Friedensfachkräfte weltweiten sicherheitspolitischen „Ich glaube, wir dürfen uns nicht in zu ersetzen, wie es Teile der Frie- Konflikten: „Allerdings kann die- die Gefahr hineinbegeben, dass wir denbewegung fordern. Des Weiteren sen Risiken (Terrorismus etc.) weder meinen, mit einer konfliktpräventiven wurde in diesem bemerkenswerten allein noch vorrangig mit militäri- Außenpolitik – mit dem Instrument Bericht darauf hingewiesen, dass bei schen Mitteln begegnet werden“ (WB der Peace-Keeping-Missionen und einigen VN-Friedensmissionen die 2006, S. 23). Der Kommentar der des Zivilen Friedensdienstes – kön- Mittel für den zivilen Wiederaufbau Bertelsmannstiftung zum Weißbuch nen wir auf der ganzen Welt gewalt- im Verhältnis zu den Militärausga- 2006 geht noch einen Schritt wei- tätige Konflikte verhindern. Das ist ben zu schwach und deshalb diese ter und spricht in einem Abschnitt eine Omnipotenzfalle, und wir wür- Missionen nicht nachhaltig waren. vom „Geringeren Stellenwert des den uns da wirklich etwas vormachen, Militärischen“ (S. 5 ff.). In der Tat wenn wir jetzt die Menschen glauben Auch den vorbildlichen „Peace Brigades zeigen die friedenspolitischen In- machen würden, der Zivile Friedens- Intenational“ (PBI) sind Grenzen gesetzt stitute einen ständigen Rückgang dienst sei nun ein Instrument, mit PBI unterstützt in den Projekt- von zwischen- staatlichen Kriegen. dem wir alle Konflikte im Vorfeld ländern jene zivilgesellschaftlichen Die Masse der bewaffneten Kon- präventiv aus der Welt schaffen kön- Kräfte, die sich mit gewaltfreien flikte sind innerstaatliche Ausein- nen. Ich finde, man muss da einfach Methoden für Menschenrechte, so- andersetzungen. Kriege finden fast bescheidener sein. Wenn der politi- ziale Gerechtigkeit und friedliche ausschließlich nur noch in extrem sche Wille der beteiligten Parteien Bearbeitung von Konflikten einset- unterentwickelten Regionen statt. nicht vorhanden ist, den Konflikt mit zen. Durch die Präsenz von inter- Es besteht offensichtlich ein Zu- friedlichen Mitteln zu lösen, können nationalen Freiwilligen-Teams ver- sammenhang von Unterentwicklung wir noch so viele Friedensfachkräf- sucht PBI, den zivilen Bewegungen und Konfliktgefahr. te in die Welt schicken – es würde Rückhalt zu geben und die Freiräu- überhaupt nichts nutzen.“ Uschi Eid me für ihre Arbeit zu erhalten und Verhandlungen haben Erfolg als erfahrene Afrikakennerin wusste zu vergrößern. Im Laufe der Zeit Das Weißbuch zur Entwick- sehr wohl, wovon sie sprach. konnte PBI weltweit ein internati- lungspolitik 2008 (13. Entwick- onales Netzwerk von Unterstützern lungspolitischer Bericht der Bun- Menschenverachtende Regime erfordern aufbauen. Dazu gehören befreun- desregierung) führt dazu aus: „Tat- eine angemessene militärische Antwort dete Organisationen, wie Amnesty sächlich brachen in den 1990er-Jah- Regime, wie der Hitler-Faschis- International, politische Stiftungen, ren doppelt so viele Konflikte aus wie mus, das Milosevic-System (Sebre- einflussreiche Parlamentarier, Kir- in den 1980er-Jahren. Aber anders nica!), menschenverachtende Re- chen, Medienvertreter, Botschaften als zuvor wurden sie nicht bis zum bellengruppen in Afrika und das und Regierungsstellen. Dieses Netz- bitteren Ende ausgefochten, sondern pseudoreligiöse Terrorsystem der werk kann jederzeit aktiviert und in ihrer Mehrzahl auf dem Verhand- Taliban erfordern eine entschlosse- alarmiert werden. Dieses Netzwerk lungsweg frühzeitig beendet. Da- ne militärische Antwort. Versuche gibt den PBI-Teammitgliedern und durch ist die Zahl der bewaffneten mit ziviler Konfliktbearbeitung al- deren Schutzbefohlenen den nötigen Konflikte seit Anfang der 1990er- lein diesen Gruppierungen beizu- internationalen Schutz. PBI hat je- Jahre insgesamt um 40% zurück- kommen, werden von jenen nicht doch dort seine Grenzen, wo davon gegangen. Das ist in vielen Fällen ernst genommen und eher propagan- auszugehen ist, dass die menschen- dem Engagement der internationa- distisch ausgenutzt (vgl. Münchner rechtsverletzenden Akteure bei ih- len Gemeinschaft zu verdanken. (...) Abkommen, 1938). ren Aktivitäten keine Rücksicht auf Die 1990er-Jahre sind die erste De- die internationale Reaktion legen, kade der uns bekannten Menschheits- Ergebnisse des Brahimi-Reports wie z. B. die Taliban, welche eine geschichte, in der mehr Kriege durch Im Jahr 2000 hat sich eine hoch- Bombe auf einem belebten Markt- Diplomatie beendet wurden als durch rangige Kommission unter Leitung platz zur Detonation bringen oder militärischen Sieg. Die Welt ist also des ehemaligen algerischen Außen- wie die sog. „Lord Resistance Army“ auf dem richtigen Weg. Internationa- ministers, Lakhdar Brahimi, mit der in Uganda, die wahllos Menschen in le Konfliktbearbeitung war in vielen Auswertung von Friedensmissionen Kirchen abschlachtet. Fällen erfolgreich.“

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Globalisierung und zivile haben werden, werden die Instrumen- onale Streitkräfte werden zunehmend Konfliktbearbeitung te der Zivilen Konfliktbearbeitung be- in kollektiven Sicherheitssystemen So wie die alternativen, sanfteren schleunigt durch die Globalisierung aufgehen, was de facto heute schon Energiequellen, wie Windenergie, Fo- schon im Vorfeld von Konflikten dar- zum Teil der Fall ist. Einen gänzli- tovoltaik, Wasserkraft und Erdwärme auf hinwirken, dass militärische Aus- chen Verzicht auf bewaffnete Sicher- in den nächsten 50 bis 100 Jahren die einandersetzungen weitgehend ver- heitskräfte wird es jedoch nicht geben Masse der Kraftwerke mit fossilen mieden werden können, weil sie un- können, weil die Natur des Menschen Brennstoffen voraussichtlich abgelöst zeitgemäß und viel zu teuer sind. Nati- ambivalent ist. ❏

Sachausschuss Sicherheit und Frieden Entwicklungen bei der Weiterverbreitung von nuklearer (Waffen-)Technologien (11. gekürzte Fortschreibung – Zeitraum August 2009 bis Oktober 2009)

VON WERNER BÖS

ie Redaktion wird auch weiterhin über das Monitoring der Proliferationsproblematik des Sachausschus- ses „Sicherheit und Frieden“ berichten. Wie gewohnt, verzichten wir auf die detaillierte Wiedergabe der Dchronologischen Ereignisse und werden uns auf die Bewertungen des Autors stützen. An der chronologi- schen Entwicklung interessierte Leser könne diese bei der Redaktion AUFTRAG per e-mail abrufen (redaktion- [email protected]). Zu den Wahlen im Iran und zur Problematik der atomaren Abrüstung kann eine gesonderte Bewertung von Werner Bös bei der Redaktion angefordert werden.

Iran: vom System. Aber das Regime hat- hatte die neue Justizspitze, die kein as Regime in Teheran folgte dem te offenbar kein Interesse daran, das Hehl aus ihrer offenen Gegnerschaft Dbekannten Muster autoritärer Vertrauen der Bevölkerung zurück zu zu Ahmadinedschad machte, den für Krisenbewältigung: Zunächst wurde gewinnen. Der Aufruhr war für Cha- Verschwörungstheorien anfälligen das Aufbegehren gegen die gefälsch- menei ein Anlass, um unter einfluss- Chamenei überzeugen können, dass te Präsidentenwahl brutal niederge- reichen Kritikern aufzuräumen. Die sich mit dieser dilettantisch insze- schlagen. Nach tagelangen Massen- letzten verbliebenen demokratischen nierten Justizposse weder die Ruhe protesten auf der Straße bekamen Elemente des Systems sollten dabei im Land noch die Legitimität des Re- Milizen und Polizei die Oberhand, verschwinden. gimes wiederherstellen lassen wür- sie machten Hunderte von Gefange- Mit dem Schauprozess in Tehe- den. Darauf hat dieser per Fernseh- nen. Inhaftierte berichteten von Fol- ran gegen die Vordenker der Refor- botschaft seine übereifrigen Schergen ter; erste Gefangene kehrten in Särgen mer, gegen einfache Demonstranten zurückgepfiffen und die große Hatz zu ihren Familien zurück. Als nächs- und einige wenige Ausländer wollte auf die dunklen, angeblich von den ter Akt wurden die Opfer des Regimes das Regime nach den Unruhen im USA und Großbritannien gesteuerten in einem Massenprozess gezwungen, Land in allen Richtungen für Ruhe Machenschaften abgeblasen. Keine selbst die Schuld für ihr Leid zu ge- sorgen. Die Bevölkerung sollte ein- 48 Stunden später keilte Ahmadi- stehen, das ihnen und anderen ange- geschüchtert werden, Regierungskri- nedschad zurück: Vor dem Teheraner tan wurde. tiker mundtot gemacht und am Ende Freitagsgebet ließ sich der Nichtkle- Zahlreiche prominente Köpfe sa- die gesamte „grüne“ Führungsspitze riker eine Bühne aufstellen, Anhän- ßen in Teheran auf der Anklagebank, unter dem Vorwurf, vom Ausland ge- ger herbeikarren und forderte unter die meisten ehemalige Amts- und steuerte Putschisten zu sein, hinter „Exekutiert die Rädelsführer“-Ge- Würdenträger der Islamischen Repu- Gitter gebracht werden. Doch was als sängen, Mir Hossein und Mehdi Ka- blik. Sie waren die Sündenböcke, mit Vernichtungsfeldzug gegen die Oppo- rubi zu verhaften. Ahmadinedschad denen die Regierung und die Clique sition angelegt war, entpuppte sich wusste, dass Chamenei ihn nicht ent- um den obersten religiösen Führer immer mehr als Zerreißprobe für das lassen könne, ohne Neuwahlen aus- Ayatollah Chamenei die Gewalt ge- Regime selbst. Die Risse im eigenen zulösen und sich damit selbst in den gen die Kritiker rechtfertigen wollten. Lager wurden zahlreicher und brei- politischen Abgrund zu stürzen. Und Diese harsche Reaktion entfrem- ter, die Spannungen gingen in offene Chamenei ahnte, dass die Islamische dete die Bevölkerung immer mehr Selbstzerfleischung über. Zunächst Republik nie wieder zu einem nor-

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malen politischen Leben zurückkeh- Mahmud Ahmadinedschad zu seiner Kleriker. Jene Konservative, die we- ren würde, wenn sich die Empörung Wiederwahl gratuliert hatte. Eine Is- der zu einem Lager gehören noch zum im Volk nicht besänftigen ließe. Bei- lamische Republik mit den Großaya- anderen, die aber im Parlament eine de klammerten sich aneinander und tollahs in der Opposition war auch für Mehrheit stellen, blieben in der Re- prügelten dennoch aufeinander ein – Chamenei eine absurde Vorstellung. gierung außen vor. während sie zusammen weiter in die Keiner der Großayatollahs ist in das Daran hat sich auch in der zweiten Tiefe rutschten. politische System integriert. Von den Regierung Ahmadinedschad nichts Der geistliche Führer des Iran, insgesamt rund 5000 Ayatollahs im geändert. Daher die Wut konservati- Ali Chamenei, hat es nie zum Großa- Iran sind nur 80 in offiziellen Staats- ver Parlamentarier und einiger Pub- yatollah gebracht. Deswegen fürchtet ämtern. Allerdings sind diese den lizisten, die um ihre Stellung in der er den hochrangigen Klerus. In seiner Versuchungen der Macht erlegen und Republik fürchten. Welt haben nur jene Geistlichen etwas bildeten bis heute eine mit politischen Doch Ahmadinedschads Stellung zu sagen, die sich in sein System ein- Privilegien ausgestattete Staatselite. innerhalb des Regimes ist stark. Das fügen. Er wirkt auf die westliche Welt Die Mehrheit der Ayatollahs aber steht iranische Parlament hat die neue Re- wie ein viel beschäftigter Gelehrter, dem heutigen Staat in schweigender gierung Präsident Ahmadinedschads auf dessen Worte und Schriften der Ablehnung gegenüber. gebilligt. Die Geistlichkeit wird weiter Klerus allerhöchsten Wert legt. Doch Große Teile des Klerus sind von entmachtet, Militärs und Bassidsch- dieser Eindruck trügt. Chameneis Unterstützung für Ahma- Milizen haben an Einfluss gewon- Chamenei hat zwar den Koran dinedschad abgestoßen. Der Präsi- nen. Die Fronten im Land verhärten studiert, doch der mächtigste Mann dent ist zwar ein glühender Islamist. sich weiter. Nach einer heftig geführ- der Islamischen Republik hatte es Er setzt allerdings nicht auf den Kle- ten Debatte über die Eignung der 21 theologisch nicht weit gebracht. Per rus, sondern auf den Sicherheitsap- Kandidaten haben die Abgeordneten Akklamation musste er 1992 sogar parat, insbesondere auf die Revoluti- lediglich drei Personen abgelehnt – über Nacht zum Ayatollah ernannt onsgarden. Er hat sie in den vergan- eine Größenordnung, die auch bei werden, um überhaupt oberster geist- genen vier Jahren erheblich gestärkt vergangenen Abstimmungen üblich licher Führer werden zu können. Ei- und mit Privilegien ausgestattet. Im war. Durchgefallen sind der Kandidat gentlich hatte sich Revolutionsführer Grunde will Ahmadinedschad einen für das Energieministerium, Aliaba- Ruhollah Chomeini über Jahre auf sei- islamischen Staat ohne den Klerus. ti, sowie die Kandidatinnen für die nen Weggefährten Hossein Ali Mon- In diesem Ringen wirkt der Präsi- Ressorts Soziale Wohlfahrt und Er- taseri als Nachfolger festgelegt – ein dent nur auf den ersten Blick ange- ziehung. Das war das erste Mal seit Großayatollah mit enormer Autorität schlagen. Sein Stellvertreter wurde 30 Jahren, dass Frauen in der Regie- und Millionen Anhängern. Doch der zum Rücktritt gezwungen, die Medi- rung vertreten sein sollten. Dabei han- war wegen seiner Kritik an Massen- en warfen ihm ungewöhnlich scharf delt es sich um einen rein taktischen hinrichtungen gerade in Ungnade ge- mangelnde Loyalität zum Führer Cha- Versuch, mehr Unterstützung von der fallen. Deshalb kam Chamenei zum menei vor. Daraufhin entließ er den weiblichen Bevölkerung zu erhalten Zug, aber nur als zweite Wahl. Cha- Geheimdienstminister und nahm den und bedeutet keinerlei politische oder menei wusste, dass er als religiöse Rückzug anderer Minister in Kauf. gesellschaftliche Richtungsänderung. Instanz nicht ernst genommen würde. Ahmadinedschad lässt die Kritiker Letztlich haben hohe Geistliche die Dazu fehlten ihm Jahrzehnte intensi- im eigenen Lager spüren, dass die Berufung der beiden Frauen verhin- ven Studiums. Alternative zu ihm einzig Mir Hosein dert. Sie hatten „religiöse Zweifel an Chamenei war in einem Dilem- Mussawi ist. Seine Botschaft lautete: der Führungsfähigkeit“ von Frauen. ma: Er brauchte den Klerus, aber er „Seht, ich bin nicht ersetzbar, und um Aufgrund der scharfen Kritik vie- fürchtete ihn auch und sein Alptraum des Erhalts der Islamischen Repub- ler Abgeordneter an der Kabinettsliste schien wahr zu werden. Nicht nur die lik willen muss ich mich durchsetzen. war mit der Ablehnung von mindes- Opposition erschütterte das politische Entweder stellt ihr euch also an mei- tens fünf Kandidaten gerechnet wor- System, nicht nur jahrelange Mitstrei- ne Seite, oder wir gehen unter.“ Das den. Ein Grund für die unerwartet ter wie Ex-Präsident Ali Haschemi tat denn auch der Führer Chamenei hohe Zustimmung mag der Aufruf von Rafsandschani wandten sich gegen wieder. Denn er rügte den Chefredak- Revolutionsführer Chamenei gewesen ihn, auch der hochrangige Kleriker teur der Hardline-Zeitung „Keyhan“ sein, Ahmadinedschads Regierung zu Montaseri forderte ihn in nie da ge- für dessen überzogene Angriffe gegen unterstützen. 230 der 290 Abgeord- wesener Weise heraus. In einer Fatwa, Ahmadinedschad. neten galten als konservative Hardli- einer religiösen Anweisung, schrieb Ahmadinedschad kostete den Tri- ner, höchstens 50 als Reformer. Trotz der 87-jährige Geistliche: Hat ein umph seiner Wahl aus. Mit einem Differenzen zwischen Chamenei und Verantwortlicher seine weltlichen und Wahlergebnis von 62 Prozent im Rü- Ahmadinedschad, etwa beim Kandi- religiösen Pflichten verletzt und das cken meinte er, nun noch weniger daten für das Amt des ersten Vizeprä- Vertrauen des Volkes verloren, gilt er Rücksicht nehmen zu müssen auf sidenten, funktionierte die Allianz der als abgesetzt. die Widersacher im eigenen Lager. beiden offenbar wieder gut – auch weil Hinzu kommt, dass nur einer der Bereits in seiner ersten Regierung Chamenei in der tiefsten Krise der vierzehn Großayatollahs, der höchs- saßen mehrheitlich Vertreter der Re- Islamischen Republik seit der Revo- ten Autoritäten des Landes, Präsident volutionswächter, ergänzt um einige lution von 1979 keine Alternative zu

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Ahmadinedschad sah und daher den terpol steht muss bei Auslandsbesu- Botschaftern die Rede. Viele von ih- Schulterschluss mit ihm forderte. Da- chen in vielen Ländern mit Verhaftung nen sollen mit der Opposition sym- mit konnte sich Parlamentssprecher rechnen. Unter anderem wird ihm ein pathisieren oder zumindest Verständ- Ali Laridschani, der sich als Ersatz 1994 in Buenos Aires verübter Bom- nis für sie gezeigt haben. Wie früher für den polarisierenden Ahmadined- benanschlag auf das jüdische Kul- der Schah legt auch in der Islami- schad in Stellung bringt, nicht weiter turzentrum Amia mit 85 Toten vorge- schen Republik das Staatsoberhaupt, profilieren. worfen. Wahidi war damals Chef der also Revolutionsführer Chamenei, die Die Ablehnung der drei Kandida- Quds-Einheit, die innerhalb der Re- Grundlinien der Außenpolitik fest. ten lässt keinen Schluss auf politische volutionswächter mit den geheimen Außenminister bleibt der bisherige Differenzen zwischen Legislative und Operationen außerhalb Irans beauf- Amtsinhaber Mottaki. Exekutive zu. Aliabati ist in der irani- tragt ist. Er gehörte als Offizier der Die Reihen sind nicht mehr so fest schen Bevölkerung nicht beliebt, weil iranischen Revolutionsgarde an, die geschlossen; längst nicht mehr alle er bis vor kurzem Präsident des er- auf persisch Pasdaran genannt wird, Mitglieder des konservativen Füh- folglosen nationalen Fußballverbands die dem obersten iranischen Führer rungszirkels stehen hinter Ahmadi- war. Der Freund Ahmadinedschads Chamenei untersteht. Die Abgeord- nedschad. Doch in der politischen wurde für das Ausscheiden Irans aus neten nahmen damit einen weiteren Gewichtsverteilung innerhalb des Re- der Qualifikation für die Fußballwelt- Ansehensverlust Irans in Kauf. In gimes ist auch die Macht Chameneis meisterschaft verantwortlich gemacht. dem unerfahrenen neuen Kabinett – nicht mehr so groß. Die Revolutions- Frau Adschorlu und Frau Keshawarz Ahmadinedschad übernahm nur fünf garden dominieren und Chamenei ist sind über mangelnde Erfahrung ge- Minister und stellte Loyalität über gezwungen, mit ihnen zusammenzuar- stolpert und weil sie als ultrakonserva- Kompetenz – gilt Wahidi als einer der beiten, wenn er nicht seine Stellung tive Parteigänger des Präsidenten gal- am meisten qualifizierten. Schon seit riskieren will. ten. Sie scheiterten aber auch, weil sie 2005 hat er als stellvertretender Mi- Die Fronten im Land verhärten Frauen sind. Mehreren Kandidaten nister de facto das Ressort geleitet und sich weiter. Iranische Intellektuel- warfen die Abgeordneten Korruption den Aufbau einer lokalen Rüstungs- le fürchten, dass Revolutionsführer und Geldwäscherei vor, billigten sie industrie vorangetrieben. Dem Par- Chamenei eine neue Kulturrevoluti- dann aber doch. Mehr als die Hälfte lament versprach Wahidi „innovative on angestoßen und indirekt eine Säu- der Kandidaten musste sich vorwer- Verteidigungsprodukte zu entwickeln berung an den Universitäten ange- fen lassen, unzureichend qualifiziert sowie mit einer aktiven Verteidigungs- regt haben könnte. Anfang September zu sein. Zum Verhängnis wurde das politik die regionale und internatio- kritisierte er nämlich, dass 70 Pro- aber nur den beiden Frauen. Die dritte nale Zusammenarbeit auszubauen“. zent der Studierenden in sozial- und Kandidatin, die neue Gesundheitsmi- Wahidis Vorgänger Mohammad-Nad- geisteswissenschaftlichen Fächern nisterin Dastscherdi, wurde mit 175 schar, ebenfalls General der Revolu- eingeschrieben seien. Dort würden Stimmen bestätigt und wird damit ers- tionswächter, wird Innenminister. Er sie zu Ketzern ausgebildet, die sich te Ministerin seit 1979. Insbesondere spricht fließend Arabisch, hatte am vom Islam entfernten. Parallel dazu die führende Geistlichkeit hatte sich Aufbau der libanesischen Hisbullah installierte die Schulaufsicht in den entschieden gegen die Berufung von mitgewirkt und besuchte für Rüs- Schulen Kameras um Jugendliche zu Frauen ins Kabinett ausgesprochen. tungskäufe wiederholt Russland. Er kontrollieren und Proteste im Keim Schon mit der Nominierung der drei gilt als einer der härtesten Komman- zu ersticken. Kandidatinnen setzte sich Ahmadi- deure bei den Revolutionswächtern. Auch in der Oppositionsbewe- nedschad über ihren Willen hinweg. Neuer Ölminister wird trotz der hefti- gung zeichnet sich eine Radikali- Mit dem neuen Kabinett setzt sich gen Kritik der Abgeordneten der bis- sierung ab. Die Oppositionspoliti- die Entmachtung der Geistlichkeit herige Handelsminister Mir-Kazemi. ker Mussawi und Karrubi werden fort. Alle Minister gehören entweder Ihm wird vorgeworfen, zu Lasten der immer mehr zu Organisatoren einer den Revolutionswächtern an oder wa- einheimischen Wirtschaft zu viele Im- Bewegung, in der sich die Erkenntnis ren als Zivilisten Mitglieder der Frei- porte zugelassen und die hohe Inflati- durchgesetzt hat, dass sich mit Insti- willigenmiliz Bassidsch. Selbst der on mitverursacht zu haben. Ahmadi- tutionen des Staates keine Gespräche Geheimdienstminister Haidar Mos- nedschad preist ihn indes als fähigen führen lassen. Von den radikal gewor- lehi, der laut Gesetz ein Kleriker zu Manager. Weniger umstritten war die denen Oppositionellen können sich sein hat, war Vertreter Chameneis Beförderung des bisherigen Leiters Mussawi und Karrubi aber auch nicht bei den Revolutionswächtern. Mit der Wahlbehörde, Daneschdschu, zum mehr distanzieren, da sie Gefahr lau- 227 Stimmen erhielt der neue Ver- Wissenschaftsminister. fen, dann verhaftet zu werden, wenn teidigungsminister Ahmad Wahidi die Die härtere Linie der neuen Re- sie isoliert erscheinen. Karrubis Zei- höchste Stimmenzahl. Laridschani gierung schlägt sich schon auf das tung „Etemad-e Melli“ ist verboten, musste die Bekanntgabe seiner Stim- Außenministerium durch, dessen Di- seine Internetseite wird gefiltert und menzahl wiederholen, da sie in den plomaten aufgrund ihrer internatio- sein Büro wurde von der iranischen Rufen „Tod Israels“ untergegangen nalen Erfahrung oft gemäßigter und Justiz durchsucht und geschlossen. In war. Der neue Verteidigungsminister geschmeidiger auftreten. Ahmadined- Dubai aber testen seine Anhänger ein Ahmad Wahidi, der als Terrorverdäch- schad will mindestens 40 Botschafter Internetfernsehen, denn das Internet tiger auf der Fahndungsliste von In- abberufen, inoffiziell ist sogar von 80 in Iran funktioniert weiter.

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Iran ist hinsichtlich seiner Eröl- ligen Stadt Ghom errichtet. Damit soll Urenco entwickelten Maschine, deren und Erdgasvorkommen eine Welt- bereits schon vor vier Jahren begon- Pläne der Iran vom pakistanischen macht. Ohne die Öleinnahmen wäre nen worden sein. Verantwortlich für Atomschmuggler Abdul Qadir Khan die Subventionswirtschaft des wirt- die Anlage ist aber nicht das Militär, erhalten hat. Iran entwickelt aber leis- schaftspolitisch dilettantischen Mah- sondern die zivile Atomenergieorga- tungsfähigere Zentrifugen mit Rotoren mud Ahmadinedschad schon längst nisation des Iran. Die Urananreiche- aus Kohlefaser-Verbundwerkstoffen zusammengebrochen. Die Mullahs rungsanlage soll auf 3000 Zentrifu- statt Aluminium. Diese Maschinen sind aber schlechte Wirte des natür- gen ausgelegt sein, allerdings hat die halten wesentlich höhere Drehzahlen lichen Reichtums; die Erschließung Installation der Maschinen scheinbar aus und reichern daher Uran viel ef- der Bodenschätze kommt nicht richtig noch nicht begonnen. Mit einer An- fektiver an. Um heimlich Uran für ein voran. Weil aber gleichzeitig Energie lage dieser Größe ließe sich pro Jahr Waffenprogramm herzustellen, wären im hohen Maße verschwendet wird, genug hochangereichertes Uran für sie besser geeignet. bleibt für den Export immer weniger eine Bombe produzieren. Westliche Bei der Entwicklung von Atom- übrig. Nach extrapolierten Daten wür- Geheimdienste hatten seit Jahren ver- waffen besteht technisch das größ- de der Iran schon ab 2015 genauso dächtige Standorte überwacht. Mög- te Problem darin, genug spaltbares viel Erdöl und -gas im eigenen Land licherweise versuchte der Iran der Material herzustellen. Für die Bom- verbrauchen wie er produziert. Eine Satellitenaufklärung zu entgehen, in- be eignen sich zwei Stoffe: das Plu- andere Regierung würde darum viel- dem es die Anlage in einem Tunnel- toniumisotop 239 sowie das Uran- leicht Energie sparen – die Herrscher system versteckte. Doch das hat wohl isotop 235. Plutonium wird in Reak- in Teheran setzen aber auf ihr Nukle- nichts genutzt, denn die USA haben toren produziert; Iran errichtet dazu arprogramm. Mit allen katastrophalen der IAEA in Wien umfangreiches Be- geeignete Anlagen derzeit in Arak. außenpolitischen Folgen. weismaterial übergeben. Iran hatte Der andere Weg ist die Urananrei- Die erst Ende September vom Iran vermutlich festgestellt, dass die Ge- cherung. Solange dabei das spaltba- an die IAEA gemeldete, seit 2005 im heimhaltung der Atomanlage durch- re Uran nicht mehr als fünf Prozent Bau befindliche geheime Atomanla- brochen worden war. Daraufhin hat ausmacht, bewegt sich das im Bereich ge zur Urananreicherung bei der Stadt das Land Selbstanzeige bei der IAEA des Erlaubten für die Herstellung von Ghom brüskiert den Westen. Aber erstattet. Brennstäben für Reaktoren zur Strom- es war eine Rechnung des Irans, die Die IAEA hat den Eingang eines erzeugung. Allerdings kann mit der- nicht aufging. Seit Jahren schon be- Schreibens der Iraner am 21. Septem- selben Technik der Anteil des Stoffs obachteten Geheimdienste und Ex- ber bestätigt, in dem die Regierung auf bis zu 90 Prozent erhöht werden perten, dass Iran wesentlich mehr mitteilt, im Land werde eine „Pilot- – den Anreicherungsgrad, den man Komponenten für Gasultrazentrifu- anlage zur Urananreicherung“ gebaut. für Atomwaffen braucht. gen einkaufte, als die Atomtechni- Nach Auffassung der IAEA wäre Iran Iran hat der IAEA versichert, sich ker in den unterirdischen Hallen der durch sein Überwachungsabkommen an diese Grenze zu halten. Die IAEA Urananreicherungsanlage von Natans mit der Behörde verpflichtet gewesen, fordert vom Iran detaillierte Infor- aufstellten. Kann sein, so spekulierte den Bau der Anlage zu melden, sobald mationen und Zugang zu der Anla- man, dass sie nehmen, was sie krie- die Entscheidung zur Errichtung ge- ge, um die Angaben überprüfen und gen können und die schwer zu be- fallen war. Iran hatte dieser Regelung feststellen zu können, welche Kontrol- schaffenden Teile für die Maschinen noch 2003 selbst zugestimmt. Aller- len erforderlich sind. In Natans und auf Halde legen. Doch näher lag seit dings, nachdem der Atomstreit 2007 der Urankonversionsanlage Isfahan jeher der Verdacht, dass Iran noch ir- an den UN-Sicherheitsrat verwiesen überwacht die IAEA die Produktion. gendwo an einer Anlage baut, von der wurde, teilte Iran mit, diese vom Gou- Damit wird versucht, den Iran daran niemand etwas weiß. Diese Vermutung verneursrat schon 1992 beschlossene zu hindern, nukleares Material abzu- ist mit der Meldung des Iran an die Bestimmung nicht länger zu befolgen. zweigen und es heimlich für Waffen IAEA zur Gewissheit geworden, und Er werde sich nur an die zuvor gelten- zu verwenden. damit wächst auch der Verdacht, dass den Regeln halten, laut dieser muss- Diese Überwachung lässt kaum Iran nicht wie behauptet allein zivile ten Atomanlagen spätestens 180 Tage, Lücken, daher musste für militärische Zwecke mit seinem Atomprogramm bevor nukleares Material eingebracht Zwecke eine separate Anlage errichtet verfolgt. US-Präsident Barack Oba- wurde, gemeldet werden. IAEA-Gene- werden. Zudem können sich die Ira- ma beschuldigte in einer kurzen Er- raldirektor Mohamed El Baradei hat ner zum Bau der zweiten, geheimen klärung am Randes G-20-Gipfels in dieses Vorgehen immer als rechtswid- Anlage entschlossen haben, weil sie Pittsburgh Iran nicht nur, den Bau der rig zurückgewiesen. einen Angriff auf die bekannten An- Atomfabrik über Jahre verschwiegen Nicht bekannt ist bislang, welcher lagen befürchten. Die IAEA darf aber zu haben, er sagte darüber hinaus, Zentrifugentyp in der nun entdeckten nicht nach undeklarierten Einrichtun- ihre „Größe und Konfiguration“ ste- Anlage installiert wird. Iran hat in sei- gen suchen. Iran hat das Zusatzproto- he nicht im Einklang mit einer friedli- ner von der IAEA überwachten An- koll, das solche Inspektionen erlaubt, chen Anwendung. Die Anlage wird in lage in Natans etwa 9000 IR-1-Zen- zwar unterzeichnet, weigert sich aber, einem unterirdischen Tunnelkomplex trifugen installiert. Sie sind letztlich es anzuwenden. auf dem Gelände eines Stützpunktes Nachbauten einer vom deutsch-bri- Wer im Mittleren Osten nicht an der Revolutionsgarden nahe der hei- tisch-niederländischen Konsortium Wunder glaubt, ist kein Realist. Ein

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alter Spruch, und eine im Oktober vom Atomprogramm des Iran, das er aller Welt das Ende der internationa- (hoffentlich) wieder neu gemachte lange im Geheimen betrieben hatte. len Isolierung des Landes bekundet. Erfahrung: Durch die Gespräche am Das sind sieben Jahre, in denen die Clinton war Nordkoreas erste Wahl, 1. Oktober in Genf ist unerwartet Be- Mullahs stetig auf dem Weg zur Bombe da während seiner Präsidentschaft das wegung in den Atomstreit gekom- vorangeschritten sind, so dass sie nun Verhältnis beider Länder vergleichs- men. Die neue iranische Urananrei- kurz vor jener „break out“ genannten weise entspannt war. cherungsanlage nahe der Stadt Ghom Schwelle stehen, an der sie genug an- Aber kann die Clinton-Reise eine konnte am 25.10.09 beginnend für gereichertes Uran und Know-how zum neue Ära der Entspannung einlei- drei Tage von den Inspektoren der Bau einer Bombe haben. ten? Ist ein Ende des bösen Spiels in IAEA kontrolliert werden. Vor allem In dieser Zeit hat Teheran mehre- Sicht, mit dem Kim und seine Gene- aber haben die Iraner grundsätzlich re Abkommen gebrochen und mehr- räle jahrelang mit immer neuen Ma- zugestimmt, Teile des bereits in der fach dreist gelogen. Die Welt wurde növern, Drohungen, mit Atom- und bestehenden Anlage Natans niedrig mit immer neuen „fait accomplies“ Raketentests die Nachbarn in Angst angereicherten Urans zur weiteren konfrontiert – und hat die eigenen und Schrecken versetzten, um inter- Anreicherung ins Ausland zu liefern. Forderungen dennoch ständig nach nationale Wirtschaftshilfen für ihr Der Vorschlag der Sechsergruppe unten geschraubt. Man war angetre- verarmtes Land zu erpressen? Das sieht vor, dass zunächst 1,2 Tonnen ten mit der Bedingung, dass Teheran Weiße Haus dementiert eisern alle niedrig angereichertes Uran nach Rei- vor Verhandlungen auf jede weitere Spekulationen, dass Clinton ein An- nigung durch ein französisches Un- Urananreicherung verzichten müsse. gebot Obamas im Reisekoffer hatte. ternehmen nach Russland geschafft Vor den Beratungen im Oktober in Doch mit ganz leeren Händen wird werden. Dort soll es auf 20% ange- Genf war man schon zufrieden, wenn Clinton nicht nach Pjöngjang gereist reichert werden und als Brennstäbe die Iraner ernsthafte Verhandlungs- sein. Es ist nicht bekannt, was Clin- zurück in den Iran kommen. Wenn bereitschaft zeigen würden. Der Iran ton seinem Gastgeber als Gegenleis- das Material außer Landes geschafft wird immer versuchen, gerade so viel tung für die Freilassung der beiden werden würde, wäre ein großer Grund Gesprächsbereitschaft zu zeigen, dass Journalistinnen überbracht hat. Mit für die Sorgen beseitigt. Das heißt, die er keine ernsthaften Zugeständnis- Sicherheit ließ sich der nicht gerade tickende Uhr, von der so lange geredet se machen muss, aber dennoch neue für seine Bescheidenheit bekannte wurde, wäre ein ganzes Stück zurück- Sanktionen verhindert. Auf dieses seit Kim seine Geste teuer bezahlen. Die gedreht. Somit ist die Verschärfung sieben Jahren bekannte Muster sollte Wunschliste dürfte lang gewesen sein. der Sanktionen gegen Iran zunächst man nicht mehr hereinfallen. Er brauchte Lebensmittel und Öl, einmal vom Tisch. Auch die Gefahr Iran bleibt aufgefordert, Klarheit ebenso sehr die Möglichkeit, Gelder einer militärischen Auseinanderset- in sein Atomprogramm zu bringen. über ausländische Banken transferie- zung – insbesondere Israel hat mit Tut er das nicht, dann drohen weite- ren zu können. einem Militärschlag gedroht – ist nun re Maßnahmen der Internationalen Allein die Zusammensetzung der stark gesunken. Staatengemeinschaft. Der Dezember Delegation ließ das hohe Interesse Dennoch bleibt Vorsicht ange- wurde von den Westmächten bereits des Weißen Hauses an der angeb- zeigt. Es herrscht Skepsis, dass auch als möglicher Zeitpunkt für eine neue lich strikt „privaten“ Reise durch- alles umgesetzt wird, was vereinbart Sanktionsrunde angekündigt, falls scheinen. Mit an Bord war etwa John wurde. Ob es denn tatsächlich zu Iran bis dahin nicht liefert. Podesta, Clintons früherer Stabschef einer grundsätzlichen Auslagerung und Obamas wichtigster Mann bei der iranischen Urananreicherung ins Nordkorea der Auswahl seiner Regierungsmann- Ausland kommt. Bislang besteht Iran niefall oder vorsichtige Annä- schaft.Auch Obama kann mit der Mis- allerdings auf einem eigenen Atom- Kherung – Amerika ist sich nicht sion seines indirekten Vorgängers zu- kreislauf. Aber es gibt auch Zweifel recht einig, wie es die Mission des frieden sein. Ein neuer Kontakt zum gegenüber den immer wieder vor- Ex-Präsidenten Clinton Anfang Au- Regime in Pjöngjang ist geknüpft, getragenen Glaubenbekenntnissen, gust in Nordkorea bewerten soll. Ins ohne dass Obama sich nach außen das derzeitige iranische Regime sei Spiel für diese heiße Mission gebracht einen Schritt bewegen musste.Sollte grundsätzlich nicht verhandlungsfä- hatte Clinton wohl sein einstiger Vize der Besuch schließlich dazu verhel- hig. Al Gore. fen, dass die Diplomaten der USA In der internationalen Politik In Pjöngjang allerdings wird die und Nordkoreas an den Verhand- haben Autokratien einen wichtigen Vermittlung von Bill Clinton, die zur lungstisch zurückkehren, wäre das Wettbewerbsvorteil: Sie können einen Freilassung zweier US-Journalistin- ein Fortschritt. Aber wie sollte das Kurs über Jahre, manchmal Jahrzehn- nen führte, als klarer Erfolg der nord- funktionieren? te beharrlich verfolgen, weil Diktato- koreanischen Führung dargestellt. Ei- Die Regierung in Pjöngjang hat- ren sich nicht abwählen lassen und nen leibhaftigen amerikanischen Ex- te erklärt, dass sie nur direkt und auf niemandem Rechenschaft ablegen. Präsidenten als Bittsteller empfangen Augenhöhe mit den USA sprechen Der Iran und sein Revolutionsführer zu können, ist ein schönes Gefühl für will, die Pekinger Sechsergespräche Ali Chamenei haben diesen Vorteil das Regime. Das Treffen hat den unter hält sie für sinnlos. Das Ziel Kim Jong mit großem Geschick genutzt. Seit sie- den Bürgern wenig geschätzten Staats- Ils scheint zu sein: Er will Sicher- ben Jahren weiß die Welt nun schon chef Kim Jong Il aufgewertet und vor heitsgarantien, diplomatische Aner-

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kennung, Wirtschaftshilfen – ohne fern könnte. Offensichtlich gab es Er- Große Hoffnungen sollte man frei- eine politische Öffnung. kenntnisse, dass die Generäle in My- lich mit der zarten Entspannung nicht Die Regierung von Präsident Ob- anmar nukleare Fähigkeiten erwerben verbinden. Über kurz oder lang wird ama will jedoch nicht in die Falle der wollen und dabei im Rahmen einer die zentrale Frage nämlich wieder Nordkoreaner tappen, Zugeständnisse sich ausweitenden militärischen Zu- lauten: Ist Nordkorea bereit, als Ge- zu machen und letztlich nichts dafür sammenarbeit auf einen Transfer aus genleistung für Wirtschaftshilfe sei- zu erhalten. Washington besteht auf Nordkorea bauen. Die burmesische nen stalinistischen Käfig etwas zu Vorleistungen Pjöngjangs. Das Weiße Junta ist bekannt dafür, dass sie das öffnen? Vermutlich wird es das nicht Haus will zudem sicherstellen, dass UN-Embargo missachtet und in letz- tun. Dann zeigt sich, wie ernst es Lee Nordkorea nicht nur seine Reaktoren, ter Zeit auch Raketentechnologie von Myung Bak mit seiner Politik „Leis- Zentrifugen und Atombomben ein- Nordkorea erworben hat. Reisen der tung nur gegen Gegenleistung“ ist. mottet, sondern auch daran gehindert burmesischen Führung nach Nordko- wird, Nukleartechnik im Ausland zu rea wurden in 2009 auffallend häufig Andere verscherbeln. registriert. Auch die vermehrte Anwe- ach mehr als 20jähriger Entwick- Das Dilemma: Nordkoreas Nach- senheit von Nordkoreanern in Myan- Nlungszeit hat Indien das erste ei- bar China und die USA sind nicht mar beflügelt die Proliferationsängs- gene Atom-U-Boot vom Stapel gelas- über ihre Ziele einig. Das nutzt das te. Das wirtschaftlich schwankende sen. Premier Manmohan Singh über- Regime geschickt aus. China ist dar- Nordkorea hatte bei seinen nuklea- gab die 112m lange „JNS Arihant“ an an interessiert, die Diktatur zu erhal- ren Lieferungen in der Vergangenheit, die Marine. Damit verfügt die Atom- ten, etwas weniger grausam, flexibler, z.B. an Syrien auch keine Skrupel, macht erstmals über die Möglichkeit, wirtschaftlich liberaler. Südkoreaner so Einkommen zu generieren. Nach- auch von See aus Kurzstreckenrake- und Amerikaner hoffen hingegen auf weislich hat Nordkorea Myanmar bei ten abzufeuern, mit Nuklearspreng- einen möglichst glimpflichen Zusam- der konventionellen Aufrüstung und köpfen bestückt sind. Zwei weitere menbruch. Ein wiedervereinigtes Ko- dem Ausbau seines unterirdischen Boote dieser Klasse sollen gebaut rea würde sich unter den militärischen Bunkersystems geholfen. werden. Zudem soll ein Leasingver- Schutzschirm der USA stellen und so Im Spätsommer war es wohl doch trag mit Russland über zwei U-Bote den Einfluss der künftigen Weltmacht allzu einsam in dem Schmollwinkel, in der Klasse „Akula II“ noch in 2009 China in Ostasien in Grenzen halten. den Nordkorea sich gegenüber Südko- geschlossen werden. Bisher hatten Das wiederum ist für Peking ein Alp- rea zurückgezogen hatte. Das Regime nur die offiziellen Atommächte im traum. Deshalb verweigert es sich, mit in Pjöngjang wollte die demokratische UN-Sicherheitsrat Atom-U-Boote ent- den Amerikanern über Zukunftssze- Wahlentscheidung der Landsleute im wickelt. narien zu reden. Für das Kim-Regime Süden für den Unternehmer Lee My- Indien und Pakistan stocken ist dies die beste Ermunterung, weiter ung Bak einfach nicht akzeptieren. ihre nuklearen Arsenale weiter auf. zu machen wie bisher. Aber Lee ist Präsident, und er wird Weil dieses Vorgehen der Entwicklung Nordkorea ist nach dem zweiten es noch einige Jahre sein. Zwar hat er bei der Masse der anderen Staaten, die Atomwaffentest im Frühjahr und den Nordkorea, wie erwartet, nicht zu Zu- auf nukleare Abrüstung setzen, entge- folgenden Raketenabschüssen gefähr- geständnissen beim Atomprogramm genläuft, beschleunigt sich das Tem- licher als es vorher war. Neben den bewegen können. Aber die Strate- po. Denn Pakistan und Indien fürch- Waffenfähigkeiten wurde der auch gie der Abschottung, die der Norden ten das Heraufziehen von internati- vor Irrationalem nicht zurückschre- versuchte, hat das abgewirtschaftete onalen Abrüstungsvereinbarungen, ckende Charakter des Regimes noch Land nur noch tiefer in die Krise ge- die ihre nukleare Rüstung beschrän- deutlicher. Die unausgesetzten Pro- führt. Deshalb waren die Trauerfei- ken könnte. Bevor das „Unvermeid- vokationen könnten zudem etwas in ern für den Friedensnobelpreisträger liche“ eintritt, wollen Sie ihr Atom- Gang bringen, was einige schon seit und Ex-Präsidenten Kim Dae Jung waffenprogramm so weit wie möglich Jahren befürchten. In Südkorea, das für beide Seiten ein gesichtswahren- vorantreiben. von nordkoreanischen Raketen un- der Anlass, die Kontakte wieder auf- Pakistan produziert bombenfä- mittelbar bedroht ist, wird der Ruf zunehmen. higes Spaltmaterial in Zentrifugen nach eigener Abschreckungsfähig- Die im September erstmals seit im Khuta-Labor. Hinzu kommen drei keit, also nach einer Atombombe, fast zwei Jahren wieder vereinbarte Reaktoren am Standort Khushab, die laut. Man kann sich ausrechnen, wie Zusammenführung von 200 Famili- Plutonium erzeugen. Die Zahl der Japan darauf reagieren würde, zudem en, die der Krieg auf der Halbinsel Atomwaffen in Pakistan hat sich in mögliche Proliferation auch nach My- vor Jahrzehnten trennte sowie der 10 Jahren von 50 Stück auf 100 Stück anmar möglich scheint. erstmals seit Monaten wieder aufge- verdoppelt. Islamabad hat die Versu- Beim Treffen der ASEAN-Staaten nommene regelmäßige Grenzverkehr che der Genfer Abrüstungskonferenz, in Thailand, wo die De-Nuklearisie- zu ihrem gemeinsamen Industriepark die Produktion spaltbaren Materials rung von Nordkorea auf der Agen- Kaesong - Pöngjang hatte den Grenz- zu begrenzen, bisher erfolgreich blo- da stand, wurden besorgniserregen- verkehr seit Dezember 2008 drastisch ckiert. Begründung: Seine nukleare de Entwicklungen diskutiert, näm- eingeschränkt sind weitere Zeichen Rüstung sei wegen der international lich die Annahme, dass Nordkorea für eine Entspannung des Verhält- vorhandenen Kernwaffenarsenale er- Nukleartechnologie an Myanmar lie- nisses zwischen den beiden Staaten. forderlich. Hinter dieser vagen An-

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deutung steht die Furcht vor der ato- Im März schon hatte Südafrika in einen entsprechenden Vertrag mit maren Rüstung des Erzfeindes Indien. einem Minireaktor eigenen Nuklear- einem französisch-belgischen Unter- Ein Berufungsgericht in Pakistan hebt Brennstoff produziert und dabei eine nehmen. fast alle noch bestehenden Beschrän- in Deutschland aufgegebene Techno- Zahlreiche arabische Staaten kungen gegen den Atomwissenschaft- logie angewandt. planen den Bau von Atomkraftwer- ler Abdul Qadir Khan auf. Er muss Die USA erwägen den Verzicht ken. Unter ihnen sind die reichen Öl- aber Reisen und Besuche genehmigen auf eine US-Raketenabwehr in Polen förderländer am Golf, aber auch das lassen und wird vom Geheimdienst und Tschechien. Noch vor dem Treffen arme Jemen. Mit den Atomkraftwer- überwacht. Der als „Vater der islami- Präsident Obamas mit dem Kremlchef ken könnten auch die Voraussetzun- schen Bombe“ bekannte Khan hatte Dmitri Medwedew am Rande der UN- gen für militärisch nutzbare Atom- Technik zum Bau von Atomwaffen zu- Vollversammlung in New York Ende programme entstehen, da arabische mindest an Iran, Libyen und Nordko- September wäre damit ein zentraler Staaten über das iranische Atompro- rea verkauft. Pakistan hatte ihm nach Konflikt zwischen Moskau und Wa- gramm sehr beunruhigt sind. seinem Geständnis 2004 zwar keinen shington beseitigt. Allerdings drohen Yukiya Amano wird zum neu- Prozess gemacht, ihn aber u.a. unter Differenzen mit den Regierungen in en Chef der Internationalen Atom- Hausarrest gestellt und mit einer Kon- Warschau und Prag, die sich für die energiebehörde (IAEA) gewählt. taktsperre belegt. Aufstellung der Raketen ausgespro- Die Generalkonferenz der UN-Be- Die zunehmende Kooperation chen haben. hörde bestimmte den 62-jährigen bei Birmas (Myanmar) mit Nordkorea Die USA bekräftigen, direkte Ge- ihrer Sitzung in Wien zum Nachfol- macht der internationalen Gemein- spräche mit Nordkorea und Iran füh- ger von Generaldirektor Mohammed schaft große Sorgen. Ein vor der Küste ren zu wollen. Solche Gespräche sei- el Baradei, der für seine Arbeit 2005 abgefangenes nordkoreanisches Schiff en ohne Vorbedingungen möglich. Mit den Friedensnobelpreis bekommen mit zweifelhafter Ladung, Fotografien einer bilateralen Begegnung würden hatte. Er war zwölf Jahre im Amt und von einem mysteriösen Tunnelsystem die USA von dem Prinzip abrücken, wird ab Dezember für Amano Platz im Land sowie ein geheimes Treffen die Kontroverse im Atomstreit nur machen. der Militärjunta mit Pjöngjang lassen im Rahmen der Sechser-Gruppe zu Der UN-Sicherheitsrat unter weltweit die Alarmglocken schrillen. verhandeln. Obama löst damit ein Sitzungsleitung von US-Präsident Ob- Möglich, dass das isolierte südost- Wahlkampfversprechen ein. Präsi- ama stimmt einstimmig einer Reso- asiatische Land mithilfe Nordkoreas dent Obama hält gegen Widerstände lution zu, die die Verschrottung aller seinerseits ein Atomprogramm plant. an seiner Haltung fest, dass „direkte Atomwaffen fordert. Obama hat wie- Der Uran-Produzent Südafrika Diplomatie“ Früchte bringen könnte. derholt für eine Welt ohne Atomwaffen will den Aufbau einer exportfähigen Jordanien will in der Nähe der geworben. In der Resolution werden Atomindustrie vorantreiben. Ziel sei- der Hafenstadt Aqaba am Roten Meer zudem verstärkte Anstrengungen zur en nukleare Einrichtungen, die mit ein Atomkraftwerk bauen. Die Regie- Nichtverbreitung von Nuklearwaffen Blick auf den Export Weltklasse seien. rung des Königreiches unterzeichnet gefordert. ❏

Koalitionsvertrag und Forderungen der Gemeinschaft Katholischer Soldaten (GKS)

VON KLAUS LIEBETANZ

n der Zeit vom 26. bis 27. Juni 2009 haben die GKS-Ausschüsse „Sicherheit und Frieden“ und „Innere Füh- rung“ in einem Positionspapier (AUFTRAG 275, S. 5) Erwartungen an die künftige Bundesregierung formu- Iliert. Im Koalitionsvertrag vom 26.10.2009 sind wesentliche Forderungen der GKS, die sie teilweise seit 2004 gestellt hat, berücksichtigt worden.

Berücksichtige Forderungen der GKS noch wächst die Bedeutung des Ein- 2. Der militärische Einsatz soll ein 1. Maßnahmen der Gewaltprävention satzes ziviler Kräfte von Polizei und Beitrag zur Hilfe zur Selbsthilfe sein. im Vorfeld einer Krise sind vorrangig Justiz. Wir müssen gemeinsam mit Koalitionsvertrag: zu beachten. unsern Partnern darauf vorbereitet „Wir werden unsere Strategie der Koalitionsvertrag: sein, mit diesen Mitteln krisenhaften Übergabe in Verantwortung entschie- „Bei der internationalen Krisen- Entwicklungen frühzeitig entgegenzu- den voran bringen und deshalb unsere prävention und -bewältigung stehen steuern und bei Ausbruch von Krisen Anstrengungen unter anderem bei der bei uns politische und diplomatische schnell und verlässlich zu handeln.“ Europäischen Polizeimission EUPOL, Bemühungen an erster Stelle, den- (Ziffer 5737-5742) beim nachhaltigen Aufbau und bei

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AAuftrag_276.indbuftrag_276.indb 1919 330.11.090.11.09 10:5610:56 SICHERHEIT UND FRIENDESETHIK

der Ausbildung der afghanischen Si- Führungsakademie der Bundeswehr treuungsmöglichkeiten, die Reduzie- cherheitskräfte deutlich verstärken.“ (FüAkBw) verstärkt nutzen, um Füh- rung der Versetzungshäufigkeit und (Ziffer 5710-5713) rungskräfte von Bund und Ländern die zügige Fortführung der Moderni- sowie der Wirtschaft, Wissenschaft sierung „Kasernen-West“ handeln. 3. Einem Auslandseinsatz muss ein und Medien weiterzubilden und die Darüber hinaus gehende Änderungen, in sich schlüssiges Gesamtkonzept Prinzipien der Vernetzten Sicherheits- wie Schaffung eines neuen Laufbahn- zu Grunde liegen. politik kontinuierlich weiterzuentwi- rechts, werden realisiert. Koalitionsvertrag: ckeln.“ (Ziffer 5784-5788) „Wir bekennen uns zum Ansatz ir schaffen eine zentrale Zustän- der Vernetzten Sicherheitspolitik. 6. Volle Beibehaltung der Inneren Wdigkeit der Justiz für die Verfol- Dies erfordert moderne und leistungs- Führung auch im Auslandseinsatz. gung von Straftaten von Soldaten, die fähige Streitkräfte und geeignete zivile Koalitionsvertrag: diesen in Ausübung ihres Dienstes im Instrumente zur internationalen Kon- „Die Bundesregierung bekennt Ausland vorgeworfen werden.“ (Ziffer fliktvorsorge und -bewältigung sowie sich zur Inneren Führung und zum 5816-5834) eine noch engere Integration und Ko- Leitbild vom Staatsbürger in Uni- ordinierung. In künftige Mandate für form. Unsere Soldatinnen und Solda- Abschließende Bemerkungen Einsätze im Ausland werden wir kon- ten müssen sich auf den Rückhalt in und Schlussfolgerungen krete Benennungen der zu leistenden der Gesellschaft verlassen können. Der Koalitionsvertrag ist das Aufgaben sowie deren Zuteilung auf Ihre Leistungen für die Sicherheit wichtigste und folgenreichste Doku- die verantwortlichen Ressorts aufneh- unseres Landes gebührt hohe Aner- ment einer Legislaturperiode. Er bil- men.“ (Ziffer 5750-5755) kennung.“ (Ziffer 5811-5814) det die Arbeitsgrundlage der Koaliti- onspartner, über deren Einhaltung die 4. Die Dauer militärischer Einsätze 7. Fürsorgepflicht für die Soldaten Koalitionäre erfahrungsgemäß eifer- sollte auf der Grundlage realistischer und deren Familien. Vereinbarkeit süchtig wachen. Erfreulich ist, dass Ziele fortlaufend überprüft werden. von Familie und Beruf. nunmehr alle Forderungen, die schon Koalitionsvertrag: Koalitionsvertrag: im November 2004 in der Erklärung „Je früher die afghanische Re- „Unsere Fürsorgepflicht gilt in der GKS zu Friedenseinsätzen deut- gierung im Land selbst Sicherheit ge- besonderem Maße den in Ausübung scher Kräfte „Der Friede ist möglich!“ währleisten kann, desto früher können ihres Dienstes zu Schaden Gekomme- (AUFTRAG 257, S. 69) zum Ausdruck wir in Abstimmung mit unsern Part- nen und ihren Familien. Für in Folge gebracht wurden, in die zukünftige nern den schrittweisen Abzug begin- belastender Ereignisse traumatisier- Arbeit der Koalition erklärtermaßen nen.“ (Ziffer 5708-5710) te Soldatinnen und Soldaten wird die eingehen werden. Dies zeigt, dass „Wir wollen die ressortübergrei- Errichtung eines Trauma-Zentrums die durchgeführten Politikergesprä- fenden Anstrengungen der Bundes- mit Priorität verfolgt. Zudem verstän- che, die Veröffentlichungen und Er- regierung bündeln und das Afgha- digten sich die Koalitionspartner vor klärungen der GKS genauso wie das nistan-Konzept der Bundesregierung dem Hintergrund des demografischen persönliche Anschreiben an unsere mit konkreten Vorgaben umsetzen. Wandels darauf, mit Blick auf die per- Bundestagsabgeordneten letztendlich Für die Abstimmung mit unsern in- sonelle Einsatzfähigkeit ein Maßnah- doch Wirkung zeigen. Gleichwohl ge- ternationalen Partnern wird die Bun- menpaket zur Steigerung der Attrakti- bietet die politische Erfahrung und desregierung auf Vorschlag des Aus- vität des Dienstes in der Bundeswehr menschliche Klugheit, dass die GKS- wärtigen Amtes und in Abstimmung bis Ende 2010 vorzulegen. Es wird Ausschüsse „Sicherheit und Frieden“ mit allen betroffenen Ressorts einen sich hierbei u.a. um die Verbesserung und „Innere Führung“ ein sorgfältiges Sonderbotschafter ernennen. Dieser der Vereinbarkeit von Familie und Monitoring der geplanten Maßnahmen berichtet den für Afghanistan im Kon- Dienst, die Schaffung von Kinderbe- durchführen. ❏ zept der Vernetzten Sicherheit verant- wortlichen Bundesministern, die ge- meinsamen einen Kabinettsausschuss bilden.“ (Ziffer 5721-5727) Nuklearwaffen greifen das Leben auf dem Planenten an 5. Ausbildung aller am Friedenspro- berholte Militärdoktrinen, die das atomare Wettrüsten zur Zeit des Kalten ÜKriegs förderten, sind laut Erzbischof Dominique Mamberti nach immer zess beteiligten Kräfte über die Kennt- wirksam. Der vatikanische Sekretär für die Beziehung mit den Staaten und damit nisse und Vorgehensweise der jeweils „Außenminister des Vatikans“ forderte am 24. September beim UN-Sicherheits- anderen Friedensakteure, um alle Fä- rat „den Zeitpunkt zu nützen“, um eine Welt frei von Atomwaffen zu erreichen. higkeiten auf das gemeinsame Ziel hin Atomwaffen seien von ihrer Natur her schädlich und ihr Einsatz völlig abwe- bündeln zu können. gig. Die Welt von heute verlange mutige politische Leitung, um das Vorhanden- Koalitionsvertrag: sein von Nuklearwaffen auf Null zu reduzieren. „Um das zu erreichen, brauchen „Schließlich werden wir die Bun- Staaten Vertrauen und Sicherheit. Zonen, die frei von Nuklearwaffen sind, sind desakademie für Sicherheitspolitik das beste Beispiel für Vertrauen, Zuversicht und die Bekräftigung, dass Friede (BAKS), das Zentrum für internatio- und Sicherheit ohne den Besitz von Nuklearwaffen möglich sind.“ (ZENIT) nale Friedenseinsätze (ZIF) und die

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Renovabis Einheit suchen – Vielfalt wahren Ost und West im ökumenischen Gespräch

VON HEINRICH DORNDORF

om 3. bis 5. September 2009 fand in Freising auf dem Domberg der 13. Internationale Kongress Reno- vabis statt. Das Thema „Einheit suchen – Vielfalt wahren“ kann man im Widerspruch zu Joh. 17,2: „Alle Vsollen eins sein“ sehen. Ca. 400 Teilnehmer aus 30 Ländern fanden sich ein, um in diesem Jahr das ver- einende und trennende aus katholischer und orthodoxer Sicht zu erfahren, zu diskutieren und zu erleben. „Ver- schiedene Christen berufen sich alle auf Christus, aber in unterschiedlicher Art und Weise“ formulierte es Bischof Dr. Gerhard Feige Magdeburg zur Eröffnung des Kongresses.

Unterschiede der Kirchen das religiöse Empfinden und Leben zwischen Rom, Konstantinopel und und Bedeutung der Ostkirchen im Osten stärker ausgeprägt sei als Moskau machen. nterschiede bestünden nicht im im Westen. UVerständnis der Sakramente, son- Das Jahr 1054 stehe für die Ent- Chancen und Problemfelder dern eher in der Durchführung wie fremdung zwischen Ost und West, die er Theologe Dr. Johannes Oelde- z.B. den Fragen der wiederverhei- eigentliche Trennung aber sei die Er- Dmann vom Johann-Adam-Möh- rateten Geschiedenen und der Ab- oberung und Verwüstung Konstantino- ler-Institut für Ökumene, Paderborn, treibungen. Hier habe die orthodoxe pels während des vierten Kreuzzuges sprach über Chancen und Problem- Kirche eine andere Meinung als die 1204 gewesen. So hätten Ost und West felder im orthodoxen – katholischen katholische Kirche. Für einen Ortho- seit dieser Zeit das Christentum unter- Dialog. Es müsse zunächst einmal die doxen hingegen sei es erstaunlich, schiedlich geprägt. Die Kirchenspal- Vielfalt wahrgenommen werden. Wei- dass Protestanten und Katholiken in tung zwischen Ost und West sei jedoch ter führte er aus, dass man kann nicht Deutschland eher zusammen kom- grundlegend anders zu bewerten als einfach von der Orthodoxie sprechen men könnten als die verschiedenen die der Reformation im 16. Jahrhun- könne, denn sie gliedere sich viel- orthodoxen Kirchen im Osten. Erz- dert. Besonders im Verständnis des fältig z.B. in die Assyrische Kirche bischof Joseph, Metropolit von West- Primats des Papstes hätten sich Un- des Ostens mit dem ostsyrischen Ri- und Südeuropa brachte es mit einem terschiede ausgebildet. tus (Irak, Iran, Nordamerika), in die Satz auf den Punkt: „Die griechisch Die bis 1989 verfolgten katholi- orientalisch-orthodoxen mit ihrer ei- unierte Kirche mit Rom und die or- schen Ostkirchen konnten aus dem genen Kirchenfamilie (Kopten, Syrer, thodoxe Kirche sind wie Brüder, sie Untergrund hervor kommen, jedoch Armenier, Äthiopier, Eritreer) und die lieben sich, aber sie hassen sich auch, seien bei den Orthodoxen Ängste Gruppen der orthodoxen Christen mit doch beide haben das gleiche Evan- wachgeworden in Bezug auf Prosely- ihrem byzantinischen Ritus (Grie- gelium“. tismus (Konfessionswechsel). Die or- chenland, Russland, Ukraine, Rumä- In seinem Referat „Europa atmet thodoxen Kirchen seien seit dem Fall nien, Bulgarien, Serbien, Georgien; mit zwei Lungenflügeln. Die Bedeu- des eisernen Vorhangs keine reinen siehe dazu die Serie „Das christliche tung der Ostkirchen für Europa“, ging Ostkirchen mehr, sie seien auch in Erbe Ägyptens“, AUFTRAG 265, 266 Walter Kardinal Kasper, der Präsident Westeuropa, den USA, in Kanada und und 268). Aber auch auf katholischer des Päpstlichen Rates zur Förderung in Australien ansässig und pflegten Seite gebe es Unterschiede zwischen der Einheit der Christen, zunächst gute Kontakte mit der katholischen der römisch-katholischen Kirche und auf den vor 70 Jahren begonnenen Kirche vor Ort. den mit Rom unierten Kirchen mit ih- 2. Weltkrieg und den Fall der Mauer Die Geschichte der Trennung um- ren unterschiedlichen Riten. vor 20 Jahren ein. Diese beiden Daten fasse die letzten 1000 Jahre und ließe Der Theologe fuhr fort: „Wo liegen prägten das Gesicht des heutigen Eu- sich nicht von heute auf morgen um- nun die Problemfelder im orthodoxen ropas. So bestimmten zunächst Vorur- schreiben. Doch die Ökumene seit katholischen Dialog?“ Nach Oelde- teile den Ost-West Dialog, führte er dem zweiten Vatikanum habe einen mann zunächst im Primat und Syn- aus. Der Osten spreche vom gottlosen Versöhnungsprozess eingeleitet. „Wir odalität. Orthodoxe würden teilweise Westen, der Westen vom rückständi- können nur hoffen, dass die Versöh- das Primat des Papstes anerkennen. gen Osten, insbesondere in Fragen der nung nicht ebenso lange dauert wie In der katholischen Kirche gebe es Liturgie, bemerkte Kardinal Kasper. die vorhergehende Entfremdung“, so zwar die synodale Beratung, aber mit Es sei festzustellen, dass ein religiöser Kardinal Kasper. Andererseits solle Ausnahme der katholischen Ostkir- Austausch stärker von Ost nach West man sich keine großen Hoffnungen chen kaum synodale Beschlussfassun- geschehen würde als umgekehrt, da auf eine volle Kirchengemeinschaft gen. Primat und Synodalität stellten

AUFTRAG 276 • DEZEMBER 2009 21

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eine Herausforderung dar. „Für den ten von Nöten, denn die Einheit war eine Pilgerfahrt, Pilgerwanderung ökumenischen Dialog mit der Ortho- nie vollständig bis zu den Wurzeln ab- von Katholiken und Orthodoxen or- doxie wäre es von Vorteil, die Autori- gebrochen gewesen, jedoch müssten ganisieren mit Bischöfen und Kardi- tät der katholischen Patriarchen und neue Triebe entwickelt werden. Wenn nälen, um zu der Erkenntnis zu ge- Großerzbischöfe sowie ihrer Synoden wir die Vielfalt wahrnehmen und ach- langen, welche Strukturen der Herr zu stärken“, führte Oeldemann aus. ten würden, könnte die Suche nach für uns vorgesehen hat“, führte der Ein weiteres Problemfeld im Di- Einheit gelingen. Rektor aus. alog sei das Verhältnis von Staat und Prof. Dr. Konstantin Sigov, Pro- Kirche bzw. zwischen Nationalität und Ökumene aus Sicht des Ostens fessor an der Mohyla-Akademie und Christentum. Gerade in den traditio- rof. Dr. Borys Gudziak, Rektor Direktor des St.-Clemens-Zentrum in nell geprägten orthodoxen Ländern Pder Ukrainischen Katholischen Kiew, sieht in der Ökumene 3 Pha- gebe es quasi eine Landeskirche, ähn- Universität in Lwiw, wies auf die sen: Hoffnung auf eine zukünftige lich wie die enge Verbindung auf ka- Schwierigkeiten der orthodoxen und Zusammenarbeit, Durchführung der tholischer Seite in Polen und Spanien. der griechisch-katholischen Gemein- Zusammenarbeit und die Erinnerung. War es auf katholischer Seite das den in der Ukraine vor 1989 hin, Im St.-Clemens-Zentrum sei die Bi- Zweite Vatikanische Konzil, das Fra- mahnte aber die Einheit an. „Seit bliothek Clementina geschaffen wor- gen zur Reform und Kontinuität ge- 1990 haben wir in der Ukraine die den. Hier werde die Entwicklung der stellt habe, so stehe die orthodoxe Freiheit, doch vergessen wird schnell orthodoxen und katholischen Kirche Kirche weiterhin als Hüter in der Tra- was vorher war. Es gibt noch die To- erforscht. Ziel sei es, die Einheit zu fördern und der Vertrieb von ökume- nischen Handbüchern. Prof. Sigov: „Beide Lungenflügel sollen wieder gemeinsam atmen. Die Mauern, die uns trennen, reichen nicht bis in den Himmel“. Bischof Serafin von der weißrus- sischen orthodoxen Kirche Bobrjsk, setzte sich mit den Herausforderun- gen des Pluralismus aus orthodoxer Sicht auseinander, denn die orthodo- xe Kirche hätte die ersten Jahrhun- derte nicht in einer pluralistischen Gesellschaft gelebt. Dies hätte sich erst im Laufe des 20. Jahrhunderts geändert. „Jetzt müssen die Ortho- doxen sich anstrengen und mit einer Auf dem Bild von links Dr. Achimescu aus Rumänien, Dr. Anna Briskina- Situation, die unserer historischen, Müller, Halle, Erzbischof Joseph, Metropolit der rumänisch-orthodoxen geistlichen und kulturellen Erfah- Metropolie, Msgr. Aldo Giordano, Straßburg und Walter Kardinal Kasper. rung fremd ist, umzugehen lernen“, schloss der Vortragende seine Rede. dition da. Hieraus würden aber auch iletten auf dem Hof, aber schon die Bischof Dr. Gerhard Müller aus Chancen erwachsen. „Eine Tradition, Salatschüssel im Haus.“ 1941 hätte Regensburg sprach in seinem Vor- die sich nicht verändert, erstarrt. Ein es noch 4 von 130 Bischöfen gege- trag ebenfalls über die Herausforde- Glaube, der sich nicht dem jeweiligen ben, von 50.000 Geistlichen seien rung des Pluralismus aus Sicht der historischen Kontext anpasst, stirbt. 40.000 umgebracht worden. Diese katholischen Kirche. Er sagte, dass Viele orthodoxe Theologen des 20. Art von Gewalt hinterließe Narben. der innere Kern der Menschenrechte Jahrhunderts sprechen von der ‚leben- Er fuhr fort, die neue Freiheit würde die Religionsfreiheit sei, gemäß sei- digen Tradition‘ der Kirche, die aber in der Ukraine bedeuten: Spannun- nem Gewissen. Daraus ergebe sich nur dann lebendig bleibt, wenn sie gen abbauen zwischen Polen, Rus- eine Pluralität, die eine staatliche offen ist für Veränderungen“, so Oel- sen und Ukrainern. Es gebe 11.000 Neutralität bedeuten würde. Eine demann. Lebendige Tradition könne Gemeinden, die zum Moskauer Pa- Zivilreligion könne nicht vom Staat es nur geben, wenn sie zukunftsori- triachat gehören, 4.000 griechisch- verordnet werden. Pluralismus als entiert offen sei. katholische Gemeinden, ca. 1.000 Ideologie sei abzulehnen. „Doch wie kommen wir zur Ein- polnisch-katholische Gemeinden. In einer Diskussionsrunde wur- heit?“ fragte der Theologe weiter. Wir Probleme gebe es beim Kommuni- de betont, dass es in der christlichen brauchten keine strukturelle, sondern onempfang. „Petrus und Paulus ha- Soziallehre keinen Unterschied zwi- eine gelebte Einheit. Beide Kirchen ben schon gestritten, so sind Zustän- schen der katholischen und ortho- hätten ihre Bischöfe, Theologen und digkeiten und Kompetenzen viel- doxen Kirche gebe. So brachte es die Gläubigen. Daher seien persönli- leicht noch hinderlich, aber wir sind der Kiewer Weihbischof Dr. Bogdan che Begegnungen und Partnerschaf- eins. Vielleicht kann Renovabis mal Dzyurakh auf den kleinsten gemein-

22 AUFTRAG 276• DEZEMBER 2009

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samen Nenner: „Wenn wir nicht ge- der Ehe kommt deutlich weniger vor tisch besprochen wurde. Die Mig- meinsam Eucharistie feiern können, (90% leben in nicht kirchlich ge- ration ginge hauptsächlich von Ost dann können wir doch gemeinsam be- schlossenen Ehen). nach West, wäre es nicht gut, wenn ten. Wenn wir auch das nicht können In Bezug auf den Wehrdienst hat Christen auch nach Ost aufbrächen? – dann können wir wenigstens ge- es für die Priesteramtskandidaten War die Einheit der Christen eigent- meinsam Kaffee trinken. Wir dürfen einen ständigen Wechsel gegeben. lich nie ganz zerbrochen, so müsse nur nicht nichts machen“. Brauchten nach der Wende orthodo- sie doch weiterhin gefördert werden. Religiosität in Russland, war xe und katholische Kandidaten kei- Krisen habe es immer gegeben. „Hat- Thema eines Arbeitskreises. Nach nen Wehrdienst zu leisten, so wurde ten wir im 1.Jahrtausend die Einheit, jahrelanger Unterdrückung ist die or- es bald geändert, d.h. Wehrdienst für so ist sie im 2. Jahrtausend zerbro- thodoxe Kirche wieder erstarkt. Doch alle. Eine Änderung dieser Regel ist chen. Vielleicht kommt sie im 3.Jahr- es herrscht eine große Diskrepanz mittlerweile wieder im Gange. tausen wieder, aber wir können sie zwischen den Taufscheinchristen und In seinem Schlusswort befand nicht erzwingen“, schloss Pater De- praktizierenden Gläubigen. Es gab Pater Dietger Demuth, Congrega- muth. Am Rande der Tagung hatten zwar einen religiösen Aufbruch nach tio Sanctissimi Redemptoris (CSsR), Vertreter der unterschiedlichen or- dem Ende der SU, aber von 73% der Hauptgeschäftsführer von Renova- thodoxen Kirchen auch Gelegenheit Orthodoxen glauben nur 4% an die bis, dass das Thema des Kongresses: zum Austausch auf neutralem Boden. Existenz Gottes. So ist die Taufe das „Einheit suchen – Vielfalt wahren“, Dies war hier leichter als in den je- häufigste Sakrament, das Sakrament nicht nur theoretisch sondern prak- weiligen Ländern selbst. ❏

Vorbilder Zum Gedenken an Corazon Aquino und Kim Dae Jung

VON KLAUS LIEBETANZ

m August 2009 starben zwei hervorragende katholische Persönlichkeiten, die jeweils entscheidende Vorkämp- fer für die Demokratisierung ihrer Länder waren, nämlich Corazon Aquino für die Philippinen und Kim Dae IJung für Südkorea. Beide hatten eine unterschiedliche Herkunft, die eine aus reicher Familie mit einer breiten Universitätsausbildung, der andere eher aus einfachen Verhältnissen, ein Selfmademan. Beide zeichnete eine tiefe Gläubigkeit aus. Daraus schöpften sie Mut, auch in schwierigen Situationen unter häufiger Todesdrohung zu bestehen. Beide wurden Präsidenten ihrer Staaten und brachten die Demokratisierung dieser asiatischen Länder voran.

Corazon Aquino – Mutter pflichtungen war vorbestimmt. Ihr wurde auf dem Manila-Flugplatzes auf der philippinischen Demokratie Mann wurde als Mitglied der „Libe- der Gangway seines Flugzeuges von 1. Herkunft und Ausbildung ral Party“ in den Senat gewählt, wo einem „Unbekannten“ erschossen. Corazon Aquino wurde am er einer der führenden Kritiker des 4. Präsidentschaftskandidatur 25.01.1933 als sechstes von acht autokratisch regierenden Präsidenten Einige Tage nach der Ermordung Kindern in einer reichen chinesisch- Ferdinand Marcos wurde. ihres Mannes kehrte Corazon Aquino mestizischen (Ureinwohner/Spanier) 3. Ermordung ihres Ehemannes nach Manila zurück und organisierte Familie geboren. Sie besuchte katho- Marcos änderte 1972 die Verfas- die Begräbnisfeierlichkeiten für ihren lische Eliteschulen in Manila und stu- sung von 1935 und steckte Benigno Mann. Ca. zwei Millionen Menschen dierte Kunstgeschichte und Franzö- Aquino auf Grund neuer Gesetze ins nahmen an den Begräbnisfeierlichkei- sisch auf katholischen Universitäten Gefängnis. Aquino kandidierte, ob- ten teil. Es war das größte Begräbnis in Kuba und den Vereinigten Staaten. wohl im Gefängnis, erneut für ein in der Geschichte der Philippinen. Nach ihrer Rückkehr auf die Philip- politisches Amt. In dieser Zeit hielt Von einflussreichen Politikern der pinen begann sie ein Jurastudium in Corazon erstmals öffentliche Reden Opposition wurde ihr daraufhin die Manila. zu Gunsten ihres Mannes und führte Präsidentschaftskandidatur angetra- 2. Heirat ein gesellschaftlich zurückgezogenes gen. C. Aquino war zunächst abwar- Mit 21 Jahren heiratete sie Beni- Leben. Auf Intervention von Jimmy tend. Nach einer zehnstündigen Me- gno Aquino, den Sohn des vormaligen Carter wurde Senator Aquino ins ame- ditation in einem katholischen Kloster Parlamentspräsidenten. Sie hatte mit rikanische Exil entlassen, um sich in entschied sie sich für die Kandidatur. ihm fünf Kinder. Ein Leben als Haus- Amerika einer gesundheitlichen Be- 5. Gefälschte Wahlergebnisse frau und Dame der „besseren“ Gesell- handlung zu unterziehen. Drei Jahre Die Präsidentschaftswahlen fan- schaft mit Schönheitssalons und ent- später am 21.08.83 kehrte Benigno den am 07.02.1986 statt. Obwohl un- sprechenden gesellschaftlichen Ver- Aquino in die Philippinen zurück und abhängige Wahlbeobachter Aquino in

AUFTRAG 276 • DEZEMBER 2009 23

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Front sahen, erklärte eine vom amtie- der philippinischen Demokratie“ be- „3. Wir müssen den Weg Christi renden Präsidenten eingesetzte Wahl- zeichnet. 300.000 bis 400.000 Men- gehen“ kommission Marcos zum Wahlsieger. schen nahmen an der achtstündigen „Es war eine bittere, aber keine Eine Protestwelle erfasste das ganze Begräbnisprozession in Manila teil. unglückliche Zeit. Ich glaube, mein Land. Die katholische Bischofskon- Viele Teilnehmer formten die Hand Leben ist so sinnvoll, so stolz, weil ferenz und der Senat der Vereinigten zu einem „L“ (Der Daumen wird im ich immer die Bedrängnis meines Staaten erklärte das Wahlergebnis für rechten Winkel zu den Fingern abge- Volkes geteilt habe“ sagte er im Som- ungültig. Corazon Aquino rief zum spreizt.). Das „L“ steht für „Laban“ mer 1987 zu den ihn begleitenden Generalstreik und zu einem Boykott was Kämpfen bedeutet. Viele Gläu- Journalisten. Sie fuhren mit ihm zur für alle Großunternehmen auf, die bige wollen die Einleitung eines Hei- Messe in der kleinen Kirche seines von Marcos kontrolliert wurden. Der ligsprechungsprozess beim Vatikan Wohngebietes. Zum ersten Mal nach allgemeine Protest und der internati- erreichen. zwei Monaten durfte der tiefgläubige onale Druck führten zum Rückzug von Katholik wieder am Gottesdienst teil- Ferdinand Marcos, der ins Exil ging. Kim Dae Jung – Vorkämpfer nehmen. Nach der Predigt reichte ihm Nun war der Weg frei für die Präsi- für die Demokratie in Südkorea der Pfarrer von der Kanzel das Mik- dentschaft von „Cory“ Aquino, wie 1. Einfache Herkunft rofon. „Wir müssen den Weg Christi sie liebevoll von der philippinischen Kim wurde als Kind einer Familie gehen“, sagte Kim. „Unsere Situation Bevölkerung genannt wurde. mittelständischer Landwirte zur Zeit ist sehr schwierig, aber als Christen 6. Erfolgreiche Präsidentschaft der japanischen Kolonialherrschaft müssen wir dem Kreuz folgen.“ Die Unter der Präsidentschaft von C. in der Provinz Südliches Cholla ge- Gemeinde applaudierte lange. Aquino (1986-1992) wurde die Ver- boren. Er hatte sechs Geschwister 4. Kim Dae Jung wird Präsident fassung grundlegend reformiert und und besuchte eine Handelsschule. Zehn Jahre später, im Dezember die Menschenrechte verankert. Das Nach dem zweiten Weltkrieg wurde 1997, wählten ihn die Südkoreaner zu wichtigste Vorhaben war allerdings er Unternehmer und bis 1955 Leiter ihrem Präsidenten. Beim vierten An- eine umfassende Landreform, welche einer Reederei. Daneben war er etwa lauf hatte er es geschafft: Endlich zog den Millionen von Kleinpächtern ei- drei Jahre lang als Herausgeber einer er ins Blaue Haus ein, den pompösen genes Land zur Verfügung stellte (bis Zeitung tätig. Als Südkorea nach dem Präsidentenpalast im Norden Seouls. zu 5 Hektar). Die Großgrundbesit- dreijährigen Krieg, der zur Teilung Für dieses Amt hatte der Sohn eines zer wurden staatlich entschädigt. Es der koreanischen Halbinsel führte, in Landwirtes aus der armen Provinz wurden zahlreiche Genossenschaften Richtung eines autoritären Regimes Cholla seine Gesundheit geopfert. Der gegründet. abzugleiten drohte, ging Kim in die furchtlose Demokrat Kim Dae Jung 7. Mehrere Putschversuche Politik. Nach drei vergeblichen Ver- war auch ein kompromissloser Poli- Die Präsidentschaft von Corazon suchen wurde er 1961 ins Parlament tiker. Wehe dem Weggefährten, der Aquino verlief nicht ohne den erbit- gewählt, wenige Tage bevor General sich ihm nicht unterordnete! Mit sei- ternden Widerstand der vormals herr- Park Chung Hee nach einen Militär- ner nun erworbenen Macht ging Kim schenden Kreise. Von 1986 bis 1989 putsch das Parlament auflöste. daran seine Vision eines modernen wurden insgesamt sieben Putschver- 2. Das Regime fürchtete Kim Dae Korea zu verwirklichen. suche durchgeführt, die jedoch alle Jung 5. Debatte um „asiatische Werte“ scheiterten, weil die Bevölkerung und Kim mobilisierte die Massen wie Mit Leidenschaft mischte sich der Generalstabschef Fidel Ramos, kein zweiter. Er überstand fünf An- Kim in die Debatte um die „asiati- ein gläubiger Protestant, an ihrer Seite schläge auf sein Leben. Sechs Jah- schen Werte“ ein. Zornig verwarf er stand. Der letzte Putschversuch fand re saß er im Gefängnis, 55-mal wur- die These von Singapurs Ex-Premier im Dezember 1989 statt und ende- de er unter Hausarrest gestellt. 1972 Lee Kuan Yew, wirtschaftliche Ent- te mit 99 Toten (davon 50 Zivilisten) verließ er Südkorea und ging nach wicklung gebe es auch ohne Demo- und 570 Verwundeten. Die Bevölke- Japan, von wo aus er die südkorea- kratie, asiatische Tradition vertrage rung war zu ihrer Verteidigung stets nische Opposition organisierte. Am sich nicht mit westlichen Werten. Im zum Präsidentenpalast geeilt und be- 08.08.1973 wurde er von Agenten des Disput mit dem „autoritären Führer“ tete dort gemeinsam den Rosenkranz. südkoreanischen Geheimdienstes ent- Lee erhob er den Anspruch, Stimme Daher auch der Name „Rosenkranz- führt und sollte bei einer Schifffahrt des demokratischen Asiens zu sein. revolution“. Am 30. Juni 1992 wur- im Meer versenkt werden. Durch US- Kim wollte beweisen, dass Demokra- de Fidel Ramos als ihr Nachfolger ins amerikanische Intervention wurde das tie und Wirtschaft gut zusammenge- Präsidentenamt gewählt, nachdem C. in letzter Sekunde verhindert. Nach hen. Kaum war er im Amt, erschütterte Aquino auf eine zweite Amtszeit ver- dem bestialisch niedergeschlagenen die asiatische Finanzkrise das Wirt- zichtet hatte. Volksaufstand von Kwangju verurteil- schaftswunderland Südkorea. Kim 8. Mutter der philippinischen De- te ein Militärgericht Kim 1980 zum akzeptierte das vom Internationalen mokratie Tode. Wieder intervenierte Washing- Währungsfond geforderte schmerz- Am 01.08.2009 erlag „Cory“ ton. 1982 ging Kim ins Exil, wurde in hafte Sparprogramm; schneller als bei Aquino mit 76 Jahren einem Krebs- Harvard aufgenommen, kehrte 1985 den Nachbarn sprang die Wirtschaft leiden. Bei den Beisetzungsfeierlich- nach Seoul zurück und wurde dort wieder an. Kims Lehre aus der Krise: keiten wurde sie mehrfach als „Mutter wieder unter Hausarrest gestellt. Korruption und Vetternwirtschaft sei-

24 AUFTRAG 276• DEZEMBER 2009

AAuftrag_276.indbuftrag_276.indb 2424 330.11.090.11.09 10:5610:56 GESELLSCHAFT NAH UND FERN

en Asiens Grundübel. „Hätten wir den rung der beiden koreanischen Staaten, Kim Dae Jungs Gedächtnisveran- Pfad der Demokratie früher beschrit- die ihren Höhepunkt mit dem ersten staltungen durchgeführt, allein zwölf ten, wir hätten die gegenwärtigen Pro- Gipfeltreffen der früheren Kriegsgeg- in Seoul. Mehrere Hunderttausend bleme vermeiden können. “ ner im Jahr 2000 in Pjöngjang hatte. Menschen nahmen an den Trauerfei- 6. Kim Dae Jung erhält den Frie- Eine neue Eisenbahnlinie wurde er- erlichkeiten teil. Am 21.08.09 ent- densnobelpreis richtet. Familienzusammenführung sandte Nordkorea Machthaber Kim Von „asiatischen Werten“ spricht und Reiseerleichterungen wurden Jong Il eine hochrangige Delegation heute niemand mehr. Die Demokra- vereinbart. Später wurde eine gemein- mit einer Sondermaschine nach Seoul tisierung Asiens schreitet, tastend same Wirtschaftszone nördlich der al- und stattete einen Kondolenzbesuch noch, voran. Ein wenig fällt der Glanz ten Demarkationslinie eingerichtet. ab. Man rechnet mit einem Neustart des Friedensnobelpreises, der Kim Kims direkter Nachfolger Roh Moo für den innerkoreanischen Dialog. So Dae Jung im Jahr 2000 ausdrücklich Hyun setzte dessen Politik fort. Seit wirkt Kim Dae Jung auch über seinen für seinen Einsatz „für Demokratie dem Amtsantritt des konservativen Tod hinaus. und Menschenrechte in Südkorea und Präsidenten Lee Myung Bak 2007 ist Ostasien im Allgemeinen“ verliehen die engere Zusammenarbeit wieder Abschließende Bemerkungen wurde, auch auf andere Vorkämpfer in Frage gestellt. Der Tonfall auf der und Schlussfolgerungen des freiheitlichen Wandels: Wie Jin- koreanischen Halbinsel ist wesentlich Die Lebensgeschichte dieser gsheng, den im Exil lebenden chinesi- schärfer geworden – nicht zuletzt we- beiden politischen Persönlichkeiten schen Dissidenten; den Anwalt Martin gen der nordkoreanischen Atompoli- zeigt, dass der christliche Glaube Mo- Lee in Hongkong; Chen Shuibian, den tik und den Raketentests. Im August tor einer demokratisch-rechtstaatli- Präsidenten Taiwans: Bischof Belo im 2009 gab es erfolgreiche Verhandlun- chen Entwicklung werden kann. Bei- geschundenen und nunmehr freien gen zwischen dem nordkoreanischen de entsprechen damit den Ergebnis- Osttimor. Der Preis lenkte den Blick Regime und dem Großkonzern Hy- sen und Lehren des 2. Vatikanischen auch auf die Despotie Myanmars, wo undai über die Fortführung des In- Konzils (1962-65), insbesondere der Aung San Suu Kyi lebt, die Friedens- dustrieparks auf nordkoreanischem prophetischen Schrift „Die Kirche in nobelpreisträgerin von 1991, welche Gebiet. Dabei wurden auch Reiseer- der Welt von heute“, die den sog. Lai- bis heute von der Militärjunta gekne- leichterungen und weitere Familien- en eine entscheidende Rolle in der belt wird. zusammenführungen beschlossen, so Weiterentwicklung der Menschheit 7. Kims „Sonnenscheinpolitik“ dass die Vorarbeit von Kim Dae Jung zuweist. Die Erfahrung dieser bei- Kim erhielt seinen Preis aber auch nicht umsonst war. den vorbildlichen Christen zeigt aber für die Aussöhnung mit dem Norden, 8. Große Anteilnahme der Bevöl- auch, dass die herrschenden Kreise sein zweites großes Lebensthema. Sei- kerung (Parteien und Einzelpersonen) nicht ne so genannte Sonnenscheinpolitik Nach seinem Tod wurden in 16 kampflos ihre Vorherrschaft und Pri- führte zu einer beispiellosen Annähe- südkoreanischen Städten zu Ehren vilegien aufgeben. ❏

Zur konfessionellen Zusammensetzung des neuen Bundestags ie offizielle Angabe „konfessionslos“ ist im neuen Bun- anführen. Diese Langform taucht fraktionsübergreifend übri- Ddestag keine Ausnahme mehr. 20 der 622 Abgeordneten gens häufiger auf. Und auf protestantischer Seite steht öfter vermerken bei den biografischen Angaben auf den vorläu- als 2005 nicht einfach nur „evangelisch“, sondern „evange- figen Bundestags-Internetseiten, dass sie keiner Glaubens- lisch-lutherisch“, gelegentlich auch „evangelischreformiert“. gemeinschaft angehören. Nach der Wahl 2005 tauchte der Bei der CDU finden sich 95 Katholiken und 84 Protes- Begriff lediglich einmal auf, bei einem PDS-Vertreter. Nun tanten. Und im Lager der bayerischen Schwesterpartei ste- gesellen sich zu zehn Links- Abgeordneten sechs Sozialde- hen 36 Katholiken lediglich 6 Protestanten gegenüber; nur mokraten, drei Grüne und ein Liberaler. bei 3 - erstmals gekürten - Mandatsträgern fehlen entspre- Eine Surf-Tour durch die Präsentation der 622 Abge- chende Angaben. ordneten auf der Homepage des Parlaments legt den Schluss In der Grünen-Fraktion macht etwa jeder fünfte Parla- nahe, dass der 17. Deutsche Bundestag nicht schwächer mentarier eine Angabe zur Konfessionszugehörigkeit. Bei konfessionell gebunden ist als der bisherige. Im Gegenteil. der Linkspartei sind es 5 von 76. Von 622 Parlamentariern erwähnen 245 (40 Prozent) keine Selbst bei der Linkspartei mag die Zahl tatsächlich et- religiöse Bindung. Vor vier Jahren waren dies zum gleichen was höher liegen, schickt die frühere Ost-Partei doch weit Zeitpunkt drei Wochen nach der Wahl 328 von 614 (53,4 mehr „Wessis“ als früher in den Reichstag. Im SPD-Lager Prozent). ist die Erwähnung der Gewerkschaftszugehörigkeit selbst- Zur steigenden Zahl der Konfessionsangabe tragen Uni- verständlich, nicht das Thema Religion. So lassen nicht nur on und vor allem Liberale bei. Mehr als jeder zweite Libera- Parteichef Franz Müntefering, sondern auch der neue Frak- le gibt hierzu Auskunft - der Befund fällt auf, denn vor vier tionschef Frank-Walter Steinmeier und alle anderen sozial- Jahren war es nur jeder Fünfte. Von 93 FDPlern sind 21 demokratischen Minister der bisherigen Bundesregierung katholisch, 28 evangelisch, einer Muslim. Allein unter den diese Frage offen. „Neuen“ sind 8, die „katholisch“ oder „römisch-katholisch“ (Christoph Strack /KNA)

AUFTRAGAUFTRAG276 276 • DEZDEZEMBEREMBER 2009 25

AAuftrag_276.indbuftrag_276.indb 2525 330.11.090.11.09 10:5610:56 BILD DES SOLDATEN

Seminare Dritte Lebensphase Ohne Ruhe, ohne Stand

VON HANS-JÜRGEN UND BRIGITTE MATHIAS

iele Soldaten, die aus dem aktiven Wehrdienst ausscheiden, wollen sich nicht als „Alte“ erfahren, die ih- rem Lebensabend entgegen dämmern. Im vergangenen Berufsleben als Soldat haben sie verschiedene VVerwendungen gehabt, diese verantwortlich gestaltet und ausgefüllt. Die nun vor ihnen liegende dritte Lebensphase eröffnet viele Möglichkeiten und ist sicherlich eine völlig andere Herausforderung, als man bis- her gewohnt war. Interessenten können sich an die örtlichen GKS-Kreise/Ansprechpartner oder an die Katho- lischen Militärpfarrämter wenden.

Entstehung und Inhalte – Unfall und Krankheit im Alter: dem Ehepartner soll in diesem Semi- us Gesprächen zwischen dem Vorsorgevollmacht und Patien- nar nachgedacht werden. ABundesvorstand der GKS und tenverfügung. Mit klarem Kopf In Absprache mit dem fachlichen ausscheidenden Berufssoldaten al- entscheiden Leiter des Seminars, Dr. Martin Fel- ler Dienstgradgruppen entstand vor – Natur und Kultur: Mit offenen Au- tes, Katholische Akademie Stapelfeld, Jahren die Idee, „etwas für ausschei- gen durch die Umgebung. Stadt- werden die Tage mit verschiedenen dende Berufssoldaten und ihren Ehe- führung, Exkursion, Konzertbe- Elementen gefüllt. So entsteht ein Mix frauen anzubieten, um den Übergang such, Museum, Lesung aus geistigen, partnerschaftlichen, in das Zivilleben ohne Bundeswehr – …und nicht zuletzt: Begegnung geistlichen und informellen Themen: zu erleichtern“. In Verbindung mit und Austausch dem Militärbischofsamt wurden die Mach Dir ein Bild von der Welt – im Seminare „Vorbereitung auf die drit- Da die Seminare das gesamte Spiegel der Kunst te Lebensphase“ eingerichtet. An- Bundesgebiet abdecken sollten, ent- Durch ausgewählte Bilder, zum fängliche Bedenken, man würde die schied man sich für zwei Standorte. Beispiel von Hyronimus Bosch und Fürsorgepflicht des Dienstherrn un- Im Norden erst Münster, jetzt Stapel- Caspar David Friedrich, die sehr an- terlaufen oder das andere Organisa- feld (bei Cloppenburg) und im Süden schaulich die verschiedenen Sicht- tionen ebensolche Seminare anbieten Nürnberg. weisen des Lebens aufzeigen, entsteht wurden zerstreut, denn man war der bei den Teilnehmern Erstaunen über Ansicht, dass der Ansatzpunkt nicht Themenmix zum Wechsel der Lebensphase die aussagekräftigen Bilder und es ausschließlich im versorgungsrecht- am Beispiel Stapelfeld entwickelt sich dabei eine lebhafte lichen Bereich liegen dürfe sondern Diskussion vermehrt im christlichen Glauben lie- eit 2001 leiten Hans-Jürgen und gen müsse. In Arbeitsgruppen wurde SBrigitte Mathias das jährlich ein- Woher kommst Du? Wohin gehst Du? das Konzept entwickelt und über Jah- mal stattfindende Seminar in Stapel- Wonach suchst Du? re hinweg fortgeschrieben und verfei- feld. Dass auch eine „betroffene Ehe- Fragen, die unser Leben begleiten nert. Folgende Seminarinhalte wurden frau“ in der Leitung tätig ist, wurde Dieser Themenbereich führt die festgelegt: von den Seminarteilnehmern bisher Seminarteilnehmer auf den „Weg nach – Ruhestand – und nun? Der Le- stets ausdrücklich begrüßt, ist sie Innen“ und macht deutlich, dass Gott bens-Wert des Alters…Perspek- doch eine wichtige Gesprächspart- einzuverlässiger Begleiter auf den je- tiven, Chancen, Erwartungen nerin, besonders für teilnehmende weiligen Lebenswegen ist – Literatur und Kunst: Bücher ma- Ehefrauen. Die Überschrift für das chen schlau – Bilder regen an… Seminar fanden beide schnell: Rad Ohne Ruhe, ohne Stand Den Sinn des Lebens vertiefen des Lebens: Erinnern – Erleben – Perspektiven zur Gestaltung – Gesundheit – das höchste Gut? Erwarten. Das sich drehende Rad ist der dritten Lebensphase Was der Körper verlangt: Bewe- ein uraltes Symbol für den Kreislauf In der Reihenfolge Erinnern – Er- gung und Ernährung. Ein Arzt des Lebens sowie den Wechsel der leben – Erwarten beleuchten die Teil- informiert und berät verschiedenen Lebensphasen. Der nehmer ihre jeweilige Lebenssituation – Spiritualität – Ausdruck von Le- Zeitpunkt des Ausscheidens eines in Kleingruppen, getrennt nach Män- bensfreude: Gottes-Dienst am Lebenspartners aus dem Berufsleben nern und Frauen. Hoffnungen, Erwar- Menschen – Menschen-Dank an stellt einen Wendepunkt im Leben tungen, Sorgen und Befürchtungen Gott. Gottesdienst – Wallfahrt – dar. Es beginnt die sogenannte dritte werden zusammengetragen und es ist Meditation Lebensphase mit all ihren Chancen erstaunlich, dass sich die Aussagen – Versorgung und Betreuung: Si- und Risiken, Hoffnungen und Freu- der Männer nicht wesentlich von den cherheit und Geborgenheit ma- den. Über neue Lebensperspektiven Aussagen der Frauen unterscheiden. chen frei. Juristischer Rat ist oft für den Einzelnen, aber auch für die Manch einer hat erst jetzt über das gefragt gemeinsame Zukunftsgestaltung mit Leben danach nachgedacht!

26 AUFTRAG 276• DEZEMBER 2009

AAuftrag_276.indbuftrag_276.indb 2626 330.11.090.11.09 10:5610:56 BILD DES SOLDATEN

Ausgedient? Seminarinhalte exemplarisch Wer als Berufssoldat aus dem aktiven Wehrdienst ausscheidet, will sich bestimmt nicht als Opa” er- Die Gemeinschaft Katholischer Soldaten (GKS) “ fahren, der passiv seinem Lebensabend entgegen- Ruhestand - und nun? ist ein Verband, der Katholiken in der Bundeswehr dämmert. und Soldaten in der Katholischen Kirche eine Der Lebens-Wert des Alters ... geistige Heimat bietet. Wer ein Berufsleben lang viele Verwendungen hin- Perspektiven, Chancen, Erwartungen durch gefordert wurde, wirft nicht auf einmal alles Als Laienorganisation in der Katholischen Mili- hin. Die meisten Soldaten a.D. sind fit und wollen die tärseelsorge lebt sie aus der Lehre des II. Vatika- jetzt gewonnene freie Zeit - zusammen mit Frau und Literatur & Kunst nischen Konzils. Sie orientiert sich an der katho- Familie - bewusst und aktiv gestalten. Bücher machen schlau - Bilder regen an ... Den Sinn des Lebens vertiefen lischen Soziallehre im Allgemeinen und an ihrer Friedensethik im Besonderen. Eine neue Lebensphase beginnt … Gesundheit - das höchste Gut? Besonderes Augenmerk richtet die GKS auf

Für Soldaten beginnt nach dem Ausscheiden Was der Körper verlangt: Bewegung und Ernährung friedens- und berufsethische Fragen. Seit mehr als ein neuer Lebensabschnitt, der nicht weniger lebens- Ein Arzt informiert und berät ... vier Jahrzehnten bezieht die Gemeinschaft in wert ist als die Berufstätigkeit. Frei von Fremdbestim- “ diesen Problemfeldern deutlich Position. Aus der mung” und der Gehorsamspflicht können sie nun das Perspektive des christlichen Glaubens sucht sie aufarbeiten, was liegengeblieben” ist und sich dem Spiritualität - Ausdruck von Lebensfreude “ Antworten auf berufliche Existenzfragen und zuwenden, was sie schon immer - neigungsbedingt - Gottes-Dienst am Menschen - Menschen-Dank an Gott bedenkt dabei die Lebensumstände der Soldaten wollten. Gottesdienst - Wallfahrt - Meditation und ihrer Familien. Im Mittelalter hieß altern” soviel wie erneuern, “ “ erfrischen”. Dahinter steht die Erfahrung, dass Älter- Versorgung & Betreuung werden spannend sein kann, wenn es aktiv gelebt wird. Je nach Veranlagung wird das Altern in Würde Sicherheit und Geborgenheit machen frei BEGEGNUNG Juristischer Rat ist oft gefragt als Wagnis, als Herausforderung wahrgenommen, die den Kameraden erkennen und durchaus erfrischend wirken kann. als Mitmenschen annehmen, Unfall und Krankheit im Alter Gemeinschaft bilden und so Vorhang auf zum dritten … Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung neue Wirklichkeiten schaffen Mit klarem Kopf entscheiden In der dritten Lebensphase eröffnen sich neue BESINNUNG Möglichkeiten, zusammen mit dem Ehepartner in Natur & Kultur gewachsener Gemeinsamkeit offen für Neues und nachdenken über sich selbst zuversichtlich in die Zukunft zu gehen. Mit offenen Augen durch die Umgebung ... sein Tun reflektieren Jeweils im Frühjahr, im Sommer und im Herbst Stadtführung, Exkursion, Konzertbesuch, Museum, Lesung Sinnfragen erörtern finden in Cloppenburg im Kardinal-von-Galen-Haus Orientierung suchen aus dem Glauben und in Nürnberg im Caritas-Pirckheimer-Haus Se- ... und nicht zuletzt minare statt, die auf diese Lebensphase vorbereiten Begegnung und Austausch sollen. BILDUNG Eingeladen sind Berufssoldaten mit ihren Ehe- den geistigen Horizont erweitern partnern, die in absehbarer Zeit (innerhalb der ethische Probleme diskutieren nächsten zwei Jahre) aus dem Dienst ausscheiden Impulse aufnehmen für den Dienstalltag (evtl. auch noch kurz nach der Pensionierung). Profil gewinnen und Charakter formen

Anmeldung Sonderurlaub Diese Seminare gelten als Veranstaltung Bundesgeschäftsführer GKS der Katholischen Militärseelsorge. Am Weidendamm 2 Soldaten können Sonderurlaub 10117 Berlin gem. ZDv 66/1, Nr 1, Tel 0 30 / 20 61 99 90 in Verbindung mit ZDv 14/5, Fax 0 30 / 20 61 99 91 Teil F, Ziffer 74 beantragen. Information

Haushaltsbeauftragter Beitrag für das gesamte Seminar (Stand 2007) über die Seminare Johann-A. Schacherl - pro Ehepaar Vorbereitung auf die Dellbusch 369 - Soldat als Einzelteilnehmer (in Klammern) “ 42279 Wuppertal dritte Lebensphase” Tel 02 02 / 52 83 69 bis einschl. BesGrp A 8 = 56,00 Euro (36,00 Euro) Fax 02 02 / 52 83 00 BesGrp A 9 bis A 12 = 84,00 Euro (56,00 Euro) BesGrp A 13 bis A 15 = 104,00 Euro (68,00 Euro) Durchführende ab BesGrp A 16 aufwärts = 132,00 Euro (88,00 Euro) Cloppenburg (Bereich Nord): OStFw a.D. Hans-Jürgen Mathias Die offizielle Einladung Ausgedient? Frau Brigitte Mathias und das aktuelle Seminarprogramm Am Wiesengrund 3 werden etwa vier Wochen 49835 Wietmarschen-Lohne vor Beginn des Seminars vom zuständigen Sinnerfülltes Leben Telefon 0 59 08 / 14 11 Katholischen Leitenden Militärdekan im Ruhestand Telefax 0 59 08 / 93 70 89 zugesandt. MobilTel 01 70 / 5 23 60 10 Da diese Seminare großen Zuspruch finden, Nürnberg (Bereich Süd): wird um frühzeitige Anmeldung gebeten. OStFw a.D. Friedrich Mirbeth Am Sonnenhügel 14 92358 Seubersdorf Telefon 0 94 97 / 94 15 17 So buchstabieren wir PENSION Telefax 0 94 97 / 94 14 69 P = Persönliche Lebensplanung Ein Angebot MobilTel 01 70 / 8 77 09 24 E = Einkommensveränderung N = Nachdenken über sich selbst der GKS Die konkreten Seminar-Termine können beim S = Sinnfragen erörtern Bundesgeschäftsführer der GKS und bei den I = Individuelle Freizeitgestaltung für Soldaten, Durchführenden erfragt werden. Der Tagungsort O = Offen sein für Neues kann frei gewählt werden. Fahrtkosten werden N = Neues zulassen die aus dem nicht erstattet. … und Sie? aktiven Dienst Liegen mehr Anmeldungen vor als Plätze vor- handen sind, so erfolgt die Zuteilung der Plätze Ausgabe 2008:Bundesgeschäftsführer GKS - Berlin Redaktion & Layout: jermerDesign - Grafschaft SOLDATEN GEMEINSCHAFT KATHOLISCHER ausscheiden nach den vom Bundesvorstand der GKS festge- legten Kriterien.

AUFTRAGAUFTRAG276 276 • DEZDEZEMBEREMBER 2009 27

AAuftrag_276.indbuftrag_276.indb 2727 330.11.090.11.09 10:5610:56 BILD DES SOLDATEN

Versorgungsrecht der Berufssoldaten hier nach dem Ausscheiden einen Gespräch kommt und Zeit für ihre mit persönlicher Beratungsmöglichkeit kompetenten Ansprechpartner für ihre Anliegen hat. Die Fahrrad-Wallfahrt (Rechtsanwalt/Referatsleiter des DBwV) Belange, wie z.B. Beihilfe, Unfall und durch die Felder in Cloppenburgs Das umfangreiche Gebiet der Al- Krankheit finden Umgebung bietet Raum für Stille und terssicherungssysteme für ausschei- Innehalten. An markanten Stellen, die dende Berufssoldaten wird ausführlich Gesunder Geist im gesunden Körper – als Wallfahrtsorte ausgewiesen sind, dargestellt. Über Ruhegehalt, Einmal- Gesundheitliche Fragen für Menschen in der werden Texte vorgetragen. zahlungen, Pension und Rente, Steu- dritten Lebensphase (Arzt und studierte ern, Sonderzahlungen, Anschluss- Ernährungs-/Fitnessberterin) Begegnung und Austausch arbeitsverhältnis, Hinzuverdienst, Durch erfahrene und kompetente Was wäre ein solches Seminar Versorgungsausgleich und Hinter- Referenten werden die Besonderhei- ohne genügend freie Zeit? Freie Zeit bliebenenversorgung entstehen re- ten der gesundheitlichen Fragen in für ausgiebige Gespräche miteinander gelmäßig heftige Diskussionen. Über diesem Lebensabschnitt aufgezeigt und Zeit, das Gehörte oder Besproche- die Jahre stellte sich immer mehr her- und Ratschläge sowie Lösungen für ne noch einmal zu reflektieren. Hier aus, dass gewisse Unwissenheiten und einzelne Situationen angeboten. An- können Freundschaften entstehen! Halbwahrheiten im Raum stehen. Die gebotene altersgerechte, praktische angebotenen persönlichen Beratungen Übungen werden mit Interesse wahr- Jedes Jahr wird das Seminar neu werden stets in Anspruch genommen. genommen und durchgeführt. zusammengestellt, basierend auf den Erkenntnissen der vorangegangenen Wo guter Rat nichts kostet – Sozialdienst Spiritualität und Natur & Kultur Seminare und aktuellen Gesetzesän- der Bundeswehr Gottesdienst und Meditation sind derungen. Die Rahmenbedingungen Viele Soldaten haben in ihrer wichtige Bestandteile des Seminars. und die Zielrichtung bleiben davon Dienstzeit, soweit sie nicht dienst- Hier besteht die Möglichkeit, etwas unberührt. Aufgrund der bisherigen lich damit konfrontiert wurden, kei- auszuspannen, sich etwas Ruhe zu Rückmeldungen kann man sagen, ne engere Berührung mit dem Sozi- gönnen, die Flut der Informationen zu dass die Seminare in der schnellen aldienst der Bundeswehr gehabt und reflektieren und den ebenso wichtigen und oberflächlichen Welt den Blick kennen deshalb nicht die spezifischen Aspekt des Geistes zu berücksichti- nach innen öffnen. Man schaut wie- Aufgaben des Dienstes. Umso über- gen. Der Gottessdienst wird gehalten der auf das Wesentliche und starte so raschter sind diese während des Vor- vom Leitenden Militärdekan, der mit gestärkt und mutig in den neuen Le- trages und der Information, dass sie den Teilnehmern anschließend ins bensabschnitt. ❏

Mentalitätswechsel im Blick auf Ehe, Familie und Kinder s brauche einen Mentalitätswechsel im Blick auf paare, die bewusst miteinander auftreten, in die Op- EEhe, Familie und Kinder, so Erzbischof Dr. Robert timierung der eigenen Ehe investieren und als Ehe- Zollitsch am Samstag, 21.11.09 im Schönstattzentrum paar ein Projekt für andere Ehepaare angehen wollen. Oberkirch. Wer Familie und Kinder nur unter demo- Sie ist in zwei Abschnitte gegliedert; im ersten geht graphischen Gesichtspunkten unterstütze, bleibe an es darum, die eigene Partnerschaft zu bereichern und der Oberfläche. Es müsse gezeigt werden, dass es etwas ihr persönliches Ehethema zu formulieren; im zweiten Wunderschönes ist, Kindern das Leben zu geben – und werden methodische Fertigkeiten vermittelt. Dabei ge- dafür auch zu Verzichten bereit zu sein. Nichts staatli- hen die Ehepaare auf Spurensuche nach dem Einsatz- che finanzielle Unterstützung – so wichtig sie auch sei gebiet, das ihrem Ehethema entspricht. Ausgebildete -, sondern Ehepaare, Eltern, die zeigen, wie glücklich Familientrainer, die immer wieder auch Fortbildung- sie mit ihren Kindern sind, könnten der Gesellschaft sangebote durch die Akademie erhalten, sind tätig in eine neue Perspektive geben. Erzbischof Zollitsch der Ehevorbereitung, in der Leitung von Familienkrei- sprach im Rahmen der Verleihung der Zertifikate an sen, im Aufbau von Elternkollegs, in Gesprächsange- die Absolventen des zweijährigen Ausbildungskurses boten für Paare und als Referenten für Hausgespräche. der Akademie für Ehe und Familie im Schönstattzen- Die Kirche könne sich nur selbst gratulieren zu trum Oberkirch. Sieben Ehepaare erhielten mit dem diesen Ehepaaren, so Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, Nachweis ihrer Qualifikation als „Familientrainer“ die „von innen her engagiert“ anderen Familien und den kirchlichen Segen für ihre Aufgabe, ehrenamtlich Ehepaaren Mut machen möchten. „Sie tun das, indem in Kirche und Gesellschaft für Ehepaare und Famili- Sie zeigen, wie im alltäglichen Miteinander der Fami- en zu arbeiten. lie das Wirken Gottes sichtbar wird.“ Die zweijährige Ausbildung in der Akademie für Informationen zur Akademie für Ehe und Familie: Ehe und Familie auf der Grundlage des christlichen www.akademie-ehe-familie.de Ehe- und Familienverständnisses ist offen für alle Ehe- (BB/Zenit)

28 AUFTRAGAUFTRAG 276276• DEZDEZEMBEREMBER 20099

AAuftrag_276.indbuftrag_276.indb 2828 330.11.090.11.09 10:5610:56 RELIGION UND GESELLSCHAFT

Katholischer Medienpreis 2009 Das gute Wort zur rechten Zeit

VON BERTRAM BASTIAN m 19.10.09 verlieh der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Erzbischof Dr. Robert Zollitsch im Rahmen eines Festaktes im Rheinischen Landesmuseum in Bonn den diesjährigen Katholischen Medien- Apreis in den Kategorien Elektronik und Print. Seit 2003 wird der Katholische Medienpreis von der Deut- schen Bischofskonferenz in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft Katholischer Publizisten e.V. (GKP) und dem Katholischen Medienverband (KM) ausgeschrieben. Erzbischof Zollitsch würdigte in seiner Ansprache die an- wesenden Vertreter aus Medien, Kirche und Gesellschaft als hohe Verantwortungsträger. Er führte aus, dass Qualität und Wahrhaftigkeit und das gute Wort den Katholischen Medienpreis auszeichnen würde. Auch mit diesen Grundlagen ließe sich Quote machen und die Auflagen steigern. Vor allem bekämen die Mediennutzer neues Vertrauen in die Medien selbst.

„Das Fenster zum Himmel bendes Licht umflutete ihn, er fühlte Pensionierung für die Hospizarbeit war offen“ sich „zuhause“. Einfühlsam unter- ausbilden lassen. Die Belastung bei nter diesem Titel seiner Hör- hält sich Bert Strebe und lässt da- der Sterbebegleitung ist für ihn nicht Ufunksendung des Norddeutschen bei hauptsächlich den Dirigenten zu so schlimm, denn „ich weiß, wo die Rundfunks spricht der Preisträger in Wort kommen. Für das Hintergrund- hingehen“ sagt er. Das vollständige der Kategorie Elektronik Bert Strebe wissen des Hörers erläutert der Neu- Interview kann über einen Link auf der Internetseite der Deutschen Bi- schofskonferenz (www.dbk.de) von der entsprechenden Seite des NDR für private Zwecke als pdf-Datei he- runter geladen werden.

„Die Frau aus der Cafeteria“ er Preisträger in der Kategorie DPrint Michael Ohnewald schil- dert in diesem Beitrag die Geschich- te einer Frau hinter der Kasse in der Cafeteria, mit der man täglich ein paar freundliche Worte wechselt, die man aber bewusst nicht wahrnimmt. Erst wenn die Frau an ihrem Arbeitsplatz fehlt, merkt man auf einmal, wie wich- tig diese freundlichen Worte waren und das Interesse an der unscheinba- ren Frau in der Cafeteria ist geweckt. Vorsichtig nähert sich der Autor die- sem Menschen, schildert ihn und sei- ne Familie, die ebenfalls mit dem plötzlichen Tod zurechtkommen muss. Die Preisträger mit dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz Der Laudator Joachim Frank, Chefre- Erzbischof Dr. Robert Zollitsch: Bert Strebe links und Michael Ohnewald dakteur der Frankfurter Rundschau, rechts drückte es wie folgt aus: „Scheinbar aus dem Ungefähren kommend, nä- mit dem Dirigenten George Alexan- rologe und Psychiater Michael Schrö- hert sich der Autor der von ihm por- der Albrecht, der als damaliger Ge- ter-Kunhardt die Ergebnisse seiner trätierten Frau immer intensiver an. neralmusikdirektor des Nationalthe- Untersuchungen, die er seit Jahren In dieser Verdichtung verschränkt er aters und der Staatskapelle Weimar über dieses Phänomen der Nahtod- kunstvoll Form und Inhalt. “ Auch das Silvesterkonzert 2001/2002 di- Erfahrungen durchführt. Schröter- dieser Beitrag kann über die oben ge- rigierte, dabei zusammenbrach und Kunhardt sagt, dass diese Erlebnis- nannte Adresse unter dem Stichwort ein Nahtod-Erlebnis hatte. Dies be- se deutlich auf ein Leben nach dem „Katholischer Medienpreis“ bei der deutet, er sah sich am Boden liegend, Tod hinweisen würden. Der Dirigent Deutschen Bischofskonferenz zum wie sich Menschen um ihn bemühten, Albrecht, der als gläubiger Christ da- privaten Gebrauch herunter geladen ein helles, nicht richtig zu beschrei- ran nie zweifelte, hat sich nach seiner werden. ❏

AUFTRAG 276 • DEZEMBER 2009 29

AAuftrag_276.indbuftrag_276.indb 2929 330.11.090.11.09 10:5610:56 RELIGION UND GESELLSCHAFT

Medientagung des Cartellverbandes der katholischen deutschen Studentenverbindungen Gemeinwohlorientierung oder Egozentrik Befindet sich unsere Gesellschaft am Scheideweg?

VON BERTRAM BASTIAN

er Cartellverband der katholischen deutschen Sudentenverbindungen führte unter diesem Thema vom 2. bis 4. Oktober 2009 eine Medienfachtagung im Kloster Banz durch. Teilnehmer aus den einzelnen Ver- Dbindungen diskutierten unter dem Eindruck der Finanz- und Wirtschaftskrise die Möglichkeiten der Politik aber auch des Einzelnen, den Herausforderungen der heutigen Zeit zukunftsfähig zu begegnen.

Wirtschaft in der Krise – Gesellschaft keit gefordert habe. Beschäftigung Weltkrise der Wirtschaft – in der Krise? müsse immer die Grundlage der ei- Herausforderung für die Politik it einem Vortrag zu dieser Fra- genen Existenzsicherung sein. Die- ie Reihe der Vorträge setze der Mgestellung eröffnete die Stell- sem Zweck dienen letztendlich auch Dehemalige Präsident des Bayeri- vertretende Bundesvorsitzende des Forderungen nach Mindestlöhnen schen Landtages Alois Glück fort, der Deutschen Gewerkschaftsbundes oder das Entsendegesetz. Der Trend, das oben angeführte Thema mit dem (DGB) und der Christlich Demokra- durch immer mehr Rationalisierung Untertitel ergänzte: „Was kann, was unter gleichzeitigem Personalabbau die Leistungen zu erhöhen, müs- se durch eine neue Humanisierung der Arbeitswelt umgekehrt werden, führte Sehrbrock weiter aus. Wäh- rend in Deutschland die Zukunft des Kapitalismus weiter betrieben wer- de, diskutierten die englischsprachi- gen Länder die Vorzüge der Sozialen Marktwirtschaft. Die Vortragende er- klärte weiter, dass der funktionieren- de Markt nicht sozial sein könne, da die sittliche Verantwortung fehlen würde. Das soziale Element sei die Statik des Gesamtgebäudes. Freiheit und Verantwortung ergänzten sich in der Bedeutung für die Gemeinschaft, tischen Arbeitnehmerschaft (CDA) wobei die Gemeinschaft auf Dinge soll, was muss die Politik tun?“ Als Ingrid Sehrbrock die Fachtagung. zurückgreifen würde, die sie selbst gemeinsame Basis definierte er, dass Schlaglichtartig beleuchtete Ingrid nicht hervorbringen könne, wie Bil- Politik aus grundsätzlicher Orientie- Sehrbrock das Versagen der Politik dung und Werte. rung verbunden mit praktischem Han- aus Sicht der Gewerkschaften. Be- In der anschließenden Diskussi- deln bestünde. Für ihn als Politiker ginnend mit der Erklärung, dass die on wurde von Ingrid Sehrbrock be- seien stets die drei „K“ wichtig gewe- Sparguthaben sicher seien, hätte der tont, dass die Gewerkschaften sich sen: Kompass, Kompetenz und Kom- Staat sich immer mehr in das freie auch um die Arbeitslosen kümmern promissbereitschaft. Kompass stün- Spiel der Kräfte eingemischt und würden, wenngleich der beschäf- de für die innere Überzeugung, die so auch die Rolle der Gewerkschaf- tigte Arbeitnehmer der Mittelpunkt Werteausprägung, die dem Politiker ten in diesem feinen Mechanismus der Gewerkschaftsbewegung bliebe. sein unverwechselbares Profil gäbe. eingeengt. Die Gier nach höheren Unterschiedliche Meinungen traten Kompetenz müsse man sich auch für Gewinnen habe vor allem das Drit- auf, als es um die Frage ging, ob die schwierige Sachverhalte aneignen, te Welt Problem verschärft, in dem Rettung von Opel dem Gemeinwohl um nicht in völliger Abhängigkeit von Arbeit als etwas „virtuelles“ angese- der Opel-Beschäftigten oder dem Ge- den Fachleuten Entscheidungen zu hen wird, ohne die Errungenschaf- meinwohl des Staates dienen würde, treffen, die Wohl und Wehe des Vol- ten wie Krankenversicherung oder der mit Steuermittel eine Insolvenz kes beträfen. Und die Kompromissbe- Urlaub. Sie führte weiter aus, dass verhindere. Bei der Bedeutung der reitschaft führe zu dem Problem der die internationale Arbeitnehmeror- Bildung sowohl für den Einzelnen als Abwägungen, was machbar sei in der ganisation schon in der Erklärung auch für das Gemeinwesen war Kon- jeweiligen politischen Konstellation. von Durban (im Jahr 2001) eine Glo- sens zwischen der stellvertretenden Seine folgenden Ausführungen stellte balisierung der sozialen Gerechtig- DGB-Vorsitzenden und dem Plenum. der ehemalige Landtagspräsident mit

30 AUFTRAG 276• DEZEMBER 2009

AAuftrag_276.indbuftrag_276.indb 3030 330.11.090.11.09 10:5610:56 RELIGION UND GESELLSCHAFT

drei Jahreszahlen vor: 1989/1990 so- eine Verantwortung für die Mitmen- Schieflage entstand. Das gewaltige wie 2001 und 2008/2009. schen, die nicht nur auf die ehrenamt- Anwachsen des Finanztopfes von 2 1989/1990 seien drei Entwick- lich Engagierten beschränkt bleiben Mrd in 1980 auf 57.000 Mrd in 2007 lungen aufeinander getroffen. Der Zu- dürfe und ebenso wichtig, eine Ver- stünde in keinem Vergleich zu ei- sammenbruch des Kommunismus in antwortung für die Zukunft der Ge- nem Wertzuwachs, der damit nicht Mittel- und Osteuropa habe zu ei- sellschaft, in der man lebe. Die dritte Schritt halten konnte. Verständlich ner nie geahnten Durchlässigkeit des Forderung des Politikers Glück bezog für Nicht-Banker schilderte Claudia Weltmarktes geführt. Die technologi- sich auf die Zukunft der Gesellschaft, Nagel das Entstehen der Krise und sche Entwicklung des World-Wide- die ihre Fähigkeit zur Weiterentwick- die daraufhin entstehende Dynamik Web habe in der Informationstechnik lung nicht aufgeben dürfe. Er sprach des Zusammenbruchs, der aufgrund zu einer beispiellosen Nachrichtenflut sich für Chancengerechtigkeit der von Kreditverkäufen ohne nennens- geführt. Hinzu sei in der angelsächsi- Schwachen aus unter gleichzeitiger werte Deckung an Dritte weiter an- schen Welt die Verteilung von Markt Chancengleichheit für die Starken. wuchs, bis das System kollabierte und Staat in eine Schieflage gekom- Eine einseitige Förderung der Schwa- und Gelder abgezogen wurden. Da ein men, weil man behauptete, der Markt chen führe in der Bildungspolitik nun System aber nicht therapierbar sei, besäße eine Selbstregulation. mal zu solchen Ergebnissen, wie sie sondern nur der Einzelne im System, 2001 habe man nach einer zehn- in der PISA-Studie deutlich wurden. müsse unbedingt eine Eigenreflexion jährigen, dynamischen Wachstums- Eine Leistungskultur bedeute eben erfolgen. Die Unternehmensberate- periode, in der die Armut abnahm, nicht eine Ellbogengesellschaft. Die- rin führte aus, dass der Einzelne sich jedoch die Kluft größer wurde, fest- se entstünde erst, wenn die geforder- fragen müsse, wo und wie weit er in stellen müssen, dass auch die spiritu- te Verantwortungskultur ausbliebe, diesem System des schnellen Geldes elle Wahrnehmung der Welt eine an- schloss Glück diesen Teil seines Vor- dere geworden sei. Die Welt sei eben trages, bevor er auf die Rolle der Par- nicht nur über technische Möglich- teien einging. keiten steuerbar, die geistigen Kräfte Parteien seien aus sich heraus seien stärker. nicht innovativ, sie griffen gesell- In dieser Abfolge sei 2008/2009 schaftliche Entwicklungen auf und die Ideologie der Selbstregulierung schlügen daraus politisches Kapital. der Märkte endgültig zusammenge- Stabile Parteien hätten einen großen brochen. Man habe feststellen müs- Wert für die Gesellschaft, dies sei in sen, dass ein absolut freier Markt die den neuen Ländern deutlich gewor- schlechten Eigenschaften des Men- den. Aber nur organisieren, genü- schen genau so anstacheln könne, wie ge nicht, um eine Partei erfolgreich er die guten gleichfalls fördern könne. zu machen, man brauche in dieser Die Krise könne nicht gemeistert politischen Organisation eine feste werden, indem man zu einem Sta- Grundlage, feste Werte und damit tus quo ante zurückfinde, es müsse eine Verankerung in der Gesellschaft, eine neue Ordnung gefunden wer- sonst würde Beliebigkeit zum System den, meinte Alois Glück weiterhin. erhoben, führte der ehemalige Land- mitgespielt habe und wie viel Schuld Schließlich kämen auf die junge Ge- tagspräsident aus. Eine Kommunika- er persönlich dabei trage. Erst nach neration Probleme zu, die denen der tion der Ideen mit der Gesellschaft dieser Erkenntnis sei der Weg frei für Nachkriegszeit in nichts nachstün- sei unabdingbar notwendig, damit die eine dringend benötigte Änderung den. Die Frage stelle sich, was wir Politiker wieder einen Vertrauensvor- der Verantwortungskultur. Solange als Christen in diese Entwicklung schuss bekämen anstelle des zurzeit der Kleinanleger auch auf Rendite- einzubringen hätten. Er führte weiter herrschenden Misstrauens. versprechungen von astronomischer aus, dass unser heutiges Menschen- Höhe spekuliere, brauche man den bild sich aus den Quellen des Chris- Money makes the world Investmentbanker nicht als alleine tentums über die Aufklärung und go round Schuldigen hinstellen. Dass es keine den Humanismus entwickelt habe. ie selbständige Unternehmens- wundersame Vermehrung des Geldes Es gäbe aber auch andere Menschen- Dberaterin Dr. Claudia Nagel trug (ohne Gegenwert) gäbe, habe auch die bilder, die eine solche Entwicklung über das Verhältnis zwischen Mensch deutsche Gesellschaft mit den Speku- nicht durchlaufen hätten. Hier gelte und Geld vor. Ausgebildet sowohl im lationen bei den Ost-Immobilien er- es, verstärkt einzuwirken, sagte der Bankfach als auch in der Psychoana- leben müssen. Die Erkenntnis über Redner, um unsere Quellen nicht zu lyse trug sie aus der Sicht der Psycho- die eigene Rolle in dieser Krise sei verschütten. analyse das Entstehen der Finanzkrise der notwendige Ausgangspunkt, um Glück meinte als zweites, dass vor, die nicht allein den Investment- sich aus diesem System zu beschreien. eine neue Verantwortungskultur be- bankern vorgeworfen werden kön- Nach der Rolle der Religion in nötigt würde. Eine Verantwortung des ne. Viele hätten dazu beigetragen, diesem Eigenprozess gefragt, führte Einzelnen für sich selbst bzgl. seiner dass nach dem Zusammenbruch von Claudia Nagel aus, dass die Sinnzu- Bildung und Fortbildung, aber auch Lehmann Brothers diese gewaltige schreibung des Lebens es erst ermög-

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licht, ein erfülltes Leben zu führen. bringen. Gerade bei wirtschaftlichen man zunächst in Gruppen, nie bei sich Der Glaube sei ein guter Ansatz aber Themen unbedingt notwendig, da der selbst, führte der Redner aus. Auch nicht das Allheilmittel in dieser Situ- normale Leser oder Fernsehzuschau- Hilfe suche man bei Regierungen ation. Dabei sei die Rolle der Religion er kein ausgebildeter Bankfachmann und dränge diese zur Handlung. Die aber wesentlich komplexer, weil auch sei. An diesen kleinen Beispielen Komplexizität des Geschehens werde befreiender. Eine Vertiefung dieses merke man schon, dass die Antwort reduziert, um besser damit umgehen Aspektes würde den Rahmen des Vor- „Berichterstattung müsse dem Medi- zu können. Dies würde auch die Frage trages aber vollends sprengen. enkonsumenten dienen“ zwar nicht beantworten, warum sich bei den ge- falsch sei, aber wesentlich zu ober- schichtlichen Krisen nichts geändert Wirtschaft und Medien – ein flächlich. Eine Früherkennung von hätte. Da der Einzelne sich nicht ge- schwieriges Verhältnis Krisen sei für einen ausgewiesenen ändert hätte, habe sich der Gang der er ehemalige Hauptabteilungslei- Fachmann zwar möglich, aber der Geschichte immer wiederholt, führte Dter Wirtschaft des Zweiten Deut- Zeitpunkt der Veröffentlichung von Prof. Ulrich aus. Das Gewinnstreben schen Fernsehens Michael Jungblut solchen Nachrichten sei von großer des Einzelnen führe dazu, dass keine sprach darüber, wie Berichterstattung Bedeutung. Jungblut führte an, dass teuren Kontrollmechanismen einge- über die Wirtschaft erfolgen solle und eine Prognose des Zusammenbruchs führt wurden, denn „Vertrauen ist bil- wem diese Berichte dienen können. 2007 zwar von mutigen Journalisten liger“. Somit müsse der Ansatz beim Ein Grundproblem bestünde darin, gebracht wurde, aber keinen Glauben Einzelnen gesucht werden, nach dem sagte Jungblut, dass eine Vielzahl von fand. An geschichtlichen Beispielen Motto: „lasst Euch Eure Lebensform Informationen über die ganze Welt ge- schilderte der Fernsehjournalist die verändern, durch Veränderung der streut werden und man immer weni- historische Abfolge von Finanzkrisen, Wahrnehmung“. Durch die Frage, wie die sozusagen zyklisch auftreten wür- den. Interessant sei die Frage, warum keine Lehren aus diesen Krisen gezo- gen wurden, sodass es immer wieder zu solchen Zusammenbrüchen kam. Durch die Überbetonung des Kurzfris- tigen Gelderfolges würde die Absiche- rung der Zukunft in Frage gestellt und durch die Überbetonung des Kapitals gegenüber der Arbeit käme es zu die- sen völlig überhöhten Gehältern, nicht nur der Boni. Da es sich nicht um ein Marktversagen handele, sondern um ein Versagen der Handelnden, müsse eine Rückbesinnung auf die eigenen Werte erfolgen. Als Beispiel führte er die großen Familienunternehmen an, ger zwischen wichtig und unwichtig die durch die Krise kommen, ohne den man den Wirklichkeitssinn verändern unterscheiden könne. Auch totalitä- Staat zu Hilfe zu rufen. solle, bliebe nur die Antwort, indem re Systeme könnten zwar Zensur aus- man den Nächsten so wahrnehme und üben, aber die Aufnahmen von Foto- Schlagwort der Krise – Ethik auch akzeptiere, wie man selbst wahr- handys könnten über das Internet ra- rof. Dr. Hans G. Ulrich, ehema- genommen werden wolle. Somit käme send schnell verbreitet werden, wobei Pliger Inhaber des Lehrstuhls für dem christlichen Gebot der Nächsten- ein Abschalten dieses Informations- Ethik an der Friedrich-Alexander liebe bei der Überwindung der Krise netzes aus wirtschaftlichen Gründen Universität in Erlangen, stellte in eine zentrale Bedeutung zu. Hinzu gar nicht ginge. seinem Vortrag die Frage, ob die Ge- kämen die Betrachtungen über die Aber die Medien seien nicht al- sellschaft ein neues Denkgerüst brau- öffentlichen Einrichtungen (wobei die lein. Hinter ihnen stünden Verleger che. Ausgehend von den sprachlichen Schöpfung im weitesten Sinne gehöre) und Aktionäre, die Gewinne machen Wurzeln des Wortes, erklärte er die ebenso wie die Bildung, die ja kein wollten, was aus unternehmerischer Ethik, als das, was uns gemeinsam Produkt sei, sondern ein Prozess. Sicht unabdingbar sein müsse. Desto verbinde. Wichtig sei, dass die Ver- Eine solche geänderte Ethik müs- wichtiger eine unabhängige Nachrich- antwortung hinzukäme, um Antworten se aber auch in den Köpfen verankert tenquelle bei den öffentlich-rechtli- zu geben. In der heutigen Zeit drohe werden, dafür sei Bildung in Form chen Sendern. Hier könne man auch durch die Boniregelungen, die Verant- von Seminaren etc. geeignet, um die über wirtschaftliche Vorgänge berich- wortung zu schwinden, wenn nach ne- Tugenden wieder in der Gesellschaft ten, ohne dass man auf die Quote gativen Abschlüssen die verantwort- zu etablieren. reflektieren müsse. Eine Nachricht lichen Manager trotz Misserfolg noch Der Vortrag von Dr. Tacke, der im müsse aber auch aufbereitet werden, Millionenabfindungen kassierten. Die Folgenden abgedruckt ist, schloss die um sie einem Nichtfachmann nahe zu- Schuld an dieser Schieflage suche Vortragsreihe. ❏

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AAuftrag_276.indbuftrag_276.indb 3232 330.11.090.11.09 10:5610:56 RELIGION UND GESELLSCHAFT Ist der Unternehmer der Totengräber der Sozialen Marktwirtschaft?

VON KLAUS H. TACKE 1

as Thema kam mir zunächst nur zu ihrem Wohl, mit diesem Denken Bei der Betrachtung diverser Dals rhetorische Frage vor. Denn durchaus vereinbar ist. Gruppen hinsichtlich ihrer Tendenz es wird kaum jemanden geben, der Die schlechte Nachricht bleibt auf der Skala, sollte ich fairerwei- öffentlich zugibt, er sei Egozentriker hingegen, dass jedes Individuum se mit meiner eigenen Gruppe, den – oder der nicht unterstreichen wür- durch die Grundveranlagung zu sei- selbstständigen Unternehmern, an- de, dass das Gemeinwohl ein wichti- ner Überlebenssicherung dahin ten- fangen. ger Faktor des Zusammenhalts einer Gesellschaft ist. Wenn alle so handeln würden wie sie vorgeben zu denken, müsste eigentlich alles in Ordnung sein. Man stellt allerdings fest, dass das verbale Bekenntnis zum Gemein- wohl in der Praxis eher ins Gegenteil umschlägt. Es wird erforderlich sein festzustellen, welche Kräfte innerhalb der Gesellschaft sich in welche Rich- tung orientieren (s. Abb 1, Seite 34). Um das Gruppen- und Individual- verhalten verstehen zu können, muss man sich immer eins vor Augen hal- ten. Zu den Grundveranlagungen ei- nes jeden Menschen gehört ein aus- geprägter Selbsterhaltungstrieb. Ohne den hätte die Spezies Mensch wohl kaum bis heute überleben können. Der Vortragende Dr. Klaus H. Tacke (2. v.l.) mit der Leitung der Tagung. Von Jeder Mensch strebt danach, sei- links: Prof. Hans-Peter Niedermeier, Leiter des Förderungswerkes, Manfred nen individuellen Nutzen zu maximie- Speck, Vorsitzender im CV-Rat, Wolfgang Braun, Pressesprecher CV und ren. Dazu wägt er in jeder Entschei- Domkapitular Ulrich Bonin, CV-Seelsorger. dungssituation ab, welche Alternati- ven es gibt – und welche Nutzen und diert, seine Situation gegebenenfalls Sie ist in meinen Augen die ein- Kosten diese verursachen. Das be- auch auf Kosten anderer zu stabilisie- zige gesellschaftlich relevante Grup- deutet nichts anderes, als dass jeder ren und zu verbessern. pe, die offen zu erkennen gibt, dass Einzelne immer danach strebt, die Generell sind wir geneigt, eine sie angetreten ist, um für sich selbst Summe der – nennen wir sie – Be- derartige Verhaltensweise spontan zu eine optimal befriedigende Situation friedigungselemente für sich zu ma- verurteilen. zu schaffen. Die Unternehmer tun et- ximieren. Das hat zweifellos egoisti- st es aber nicht so, dass wir durch- was für sich. Somit ist für jeden sicht- sche Komponenten. Aber Befriedi- Iaus mit der moralischen Verwerf- bar, dass sie sich bereichern - wenn gung kann man ebenfalls empfinden lichkeit leben könnten, wenn sie uns sie denn erfolgreich sind. Daraus folgt bei der Hilfe und Sorge für andere, denn selbst zum Vorteil gereichte? – – wenn auch nicht zwingend logisch in der Wertschätzung durch ande- Und ist nicht eben dieser Zwiespalt – dass sie mit ihrem Verhalten mögli- re oder durch gemeinsames Erleben ein Teil des natürlichen Grundver- cherweise dem Gemeinwohl Schaden mit anderen. haltens des Menschen? zufügen. Schließlich stammt ihre Be- Darin liegt also die gute Nach- Wir können diese Basisveranla- reicherung in der Regel aus dem Geld, richt, dass menschliches Handeln, gung nicht ändern. Statt sie zu igno- welches sie von den Konsumenten zu- auf andere Menschen bezogen und rieren, sollten wir sie deshalb als fes- viel genommen oder den Arbeitern zu ten Bestandteil bei der Ausgestaltung wenig bezahlt haben. unserer Gemeinschaft berücksichti- Das System der freien, unge- 1 Dr. rer pol Klaus H. Tacke ist selbstän- gen und versuchen, die für unser Ge- bremsten Marktwirtschaft des Man- diger Unternehmer und hielt diesen meinwohl negativen Auswirkungen chesterkapitalismus gab den Unter- Vortrag während der Medientagung des der individuellen „Selbsterhaltungs- nehmern freie Hand. Unternehmer Cartell-Verbandes der katholischen deutschen Studentenverbindungen in Aktivitäten“ so gering wie möglich konnten ihre Arbeiter ausbeuten Kloster Banz zu halten. und mittels Monopolen und Kartel-

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len überhöhte Preise für ihre Produkte ternehmerische Initiative. Er ist ohne Einstieg in die Selbstständigkeit so verlangen. Das Konzept musste schei- Zweifel das Herzstück unserer Wirt- schmackhaft machen, dass es immer tern, weil man dem Grundverhaltens- schaftsform. Allerdings gibt es eine genügend „Unternehmungslustige“ muster des Menschen, seine individu- problematische und oft missverstan- gibt, die sich selbstständig machen ellen Vorteile als oberste Wertkatego- dene oder bewusst falsch interpre- wollen und die der Gemeinschaft in rie einzusetzen, zu wenig Aufmerk- tierte Beziehung zwischen dem Un- der Folge quasi als Kollateral-Nutzen samkeit geschenkt hatte. ternehmer und den Arbeitsplätzen. ihrer eigenen Ambitionen die benö- Erst nach dem Zweiten Weltkrieg Denn ein Unternehmer wird nur dann tigten Arbeitsplätze zur Verfügung gelang es bei uns der Gruppe um Lud- Arbeitsplätze schaffen, wenn er durch stellen. wig Erhard, die wirtschaftliche Basis Einstellen neuer Mitarbeiter seine Be- Wir haben hier, um es salopp aus- so zu konzipieren, dass unternehme- friedigungsmöglichkeiten mittelfristig zudrücken, das Trüffelschwein-Syn- rische Dynamik weiterhin erhalten weiter verbessern kann. drom vor uns. – Das Trüffeltier (in blieb, Unternehmer aber durch das ie privaten Unternehmer sind diesem Fall der Unternehmer) er- Verbot von privatwirtschaftlichen Mo- Debenfalls die einzige Gruppie- hofft sich einen Lustgewinn bei der nopolen und Kartellen zum Schutz rung, bei der die Einheit von Risiko Suche nach Trüffeln (d.h. nach Be- des Gemeinwohls an die Kandare ge- und Haftung gegeben ist. Und diese friedigung), und die Gesellschaft als nommen und unter einen permanen- ten Konkurrenzdruck gesetzt wur- den, der dem gesamten Gemeinwesen mehr Vorteile brachte. Der Zwang zur Konkurrenz, das war die wichtigste Gemeinwohl Egozentrik soziale Auswirkung der neuen Wirt- 100% 100% schaftspolitik. Der zweite Aspekt war der, dass der Staat – und damit die Gesellschaft Gesellschaft – sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst sein sollte für alle die Mit- glieder, die nicht aus eigener Kraft in der Lage waren, in ausreichender Abb 1: Wenn die Gesellschaft selbst sich in der Mitte befindet, so schlägt Weise für sich selbst zu sorgen. Als Egozentrik nach rechts bis zu hundert Prozent aus, wie das Gemeinwohl zu Beispiel dafür soll die dynamische hundert Prozent nach links ausschlägt Rentenanpassung dienen. Die Konzeption der Teilnahme Haftung für sein Tun bewahrt den Un- Schweinehirt profitiert von den gefun- aller an einem freien Markt setzt ternehmer wie auch seine Arbeitneh- denen Trüffeln in Form von Arbeits- zwangsläufig voraus, dass jedes Mit- mer vor halsbrecherischen Entschei- plätzen. Hat das Trüffelschwein keine glied der Gemeinschaft die Möglich- dungen. Fehlerhaftes Handeln seitens Lust mehr zu suchen, hat der Schwein- keit haben muss, Geld zu verdienen, der privaten Unternehmer wird vom ehirt ein Problem und keine Trüffel. um sein Leben selbst gestalten und Markt schonungslos bestraft. Also tun in seiner sozialen Position eine ge- sie alles, um diese Strafe nicht zu er- ie aktuelle Situation – mit Mil- sellschaftliche Persönlichkeit sein leiden. Dlionen von Arbeitslosen – führt zu können. Sie sind damit zu unterscheiden zu der Erkenntnis, dass die Soziale Zum Geldverdienen braucht man von den Managern als Angestellten- Marktwirtschaft in der heutigen Form in der Regel Arbeitsplätze. Von denen Unternehmern, die sich gerne und offensichtlich nicht in der Lage ist, gibt es – vereinfachend ausgedrückt ausgiebig an Gewinn und Wertstei- unser Gemeinwohl in ausreichender – zwei Kategorien. gerung beteiligen, aber nicht so ohne Weise zu schützen. Die Betonung liegt Die einen umfassen im weites- weiteres bereit sind, für ihr Tun per- dabei auf der „heutigen Form“, denn ten Sinne die Verwaltung des Ge- sönlich zu haften. Die Manager sind grundsätzlich hat sie sich nach wie meinwesens. Sie sind drittfinanziert nur in dem Sinne Unternehmer, dass vor als die dynamischste Wirtschafts- (durch Steuern und Abgaben) und sie die von Unternehmern gegründe- form erwiesen. sollten deshalb in der Zahl so klein ten Firmen mehr oder weniger erfolg- Bei der Einführung der Sozia- wie möglich gehalten werden, um das reich weiterführen. len Marktwirtschaft hat man zwar die Gemeinwesen finanziell so wenig wie Dem Staat ist es generell egal, ob Unternehmer fest an die Kandare ge- möglich zu belasten. Nennen wir sie dieser Unternehmer oder sein Kon- nommen, aber übersehen, dass es „öffentliche Arbeitsplätze“. kurrent am Markt erfolgreicher ist. noch etliche weitere Gruppen gibt, Die zweite Kategorie der Arbeits- Er braucht auch nicht unbedingt rei- die ihre eigenen Interessen so kon- plätze betrifft den gewinnorientierten che Unternehmer – wenn man einmal sequent verfolgen, dass unser aller Sektor, den ich hier vereinfachend als von den Steuereinnahmen absieht. Gemeinwohl dadurch von innen aus- „privaten Sektor“ bezeichnen möch- Der Staat muss aber im eigenen und gehöhlt werden kann. te. Der produktive Arbeitsplatz ent- in unser aller Interesse die unterneh- Solange Gesetze und Verordnun- steht in der Regel durch private un- merische Freiheit so gestalten und den gen den uns allen innewohnenden ur-

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eigenen Selbsterhaltungstrieb nicht sich Pensionen, die fast dreimal ten nicht mehr unter das Pos- berücksichtigen, wird sich unsere so hoch sind wie die gesetzliche tulat sozialer Gerechtigkeit fal- derzeitige Situation nicht verbessern Rente. Wer sich verantwortlich len. Dabei müssten Gewerkschaf- lassen. Speziell in den Bereichen, in erklärt für die öffentliche Ver- ten und Unternehmer gemein- denen ein Individuum im Rahmen waltung, aber keine persönliche sam den Staat dazu bringen, den seiner Tätigkeit Macht ausüben oder Verantwortung trägt, lässt sich wirtschaftlichen Rahmen für eine Geld verwalten und einsetzen kann, auch nicht beeindrucken von den Erhöhung der Investitionslust zu das nicht ihm gehört, ist die Gefahr fehlgeleiteten Milliardenbeträ- schaffen. Lohnerhöhungen im pri- der Berücksichtigung eigener Inter- gen, die der Bundesrechnungshof vaten Sektor führen fatalerweise essen besonders eklatant. jährlich aufdeckt. im öffentlichen Sektor zu unge- Wie angekündigt möchte ich ein – Wenn Risiko und Haftung hier in rechtfertigten Kostenerhöhungen, paar Szenen herausgreifen, bei denen ähnlicher Weise zusammengehö- die mangels gesteigerter Effizienz deutlich auffällt, dass sich gesell- ren würden wie bei den selbst- lediglich mit sozialer Gerechtig- schaftliche Gruppen bei einzelnen ständigen Unternehmern, gäbe es keit begründet werden. Die Leis- Situationen unseres Gemeinwohls in mit Sicherheit nur einen Bruch- tung steigt nicht, aber kostet uns einer Form bedienen, die – wenn wir teil heutiger Fehlbeurteilungen alle mehr – das lässt sich durch- heute zu entscheiden hätten – von uns nicht gutgeheißen würde. Sie sind da- durch mit verantwortlich für die nicht Gemeinwohl Egozentrik zufrieden stellende Situation unseres 100% 100% Gemeinwohls (s. Abb 2) – Die Arbeit eines Politikers wird Arbeitsplätze Gesellschaft von der Gesellschaft gut bezahlt. Sie verhält sich insofern gemein- wohlneutral. Die überhöhten Al- Unternehmer: tersbezüge als Folge der Tatsache, Politiker: dass Politiker über die Höhe ihrer Bezüge selbst entscheiden, füh- Ärzte: ren zu Politikverdrossenheit und permanenten Protesten des Bun- Lobbies: des der Steuerzahler. Verwaltungen: – Die Kassenärztliche Vereinigung reicht die Abrechnungen ihrer Gewerkschaften: Ärzte nur als anonymen Pauschal- betrag an die Versicherungen wei- ter, deren Kontrollmöglichkeiten insofern stark beschränkt werden. Abb 2: Der Unternehmer handelt zuerst aus eigenem Interesse heraus, – Lobbyverbände – allein 430 sind schafft aber dadurch Arbeitsplätze. Bei Ärzten und Politikern werden zwei um das Gesundheitsministerium Kreuze gesetzt, um die Ambivalenz dieser Berufgruppen deutlich zu machen angesiedelt – begründen ihre Tä- tigkeit mit dem demokratischen und Verschwendung aufgrund setzen, weil ein überwältigender Interessenausgleich im Rahmen verantwortungsloser Entschei- Teil der in der Politik Tätigen den der Gesellschaft. Das setzt jedoch dungen. Gewerkschaften nahe steht und voraus, dass die Politiker – als die – Gewerkschaften zeigen eben- beiträgt, sie zu einer der größten eigentlichen Lobbyisten unseres falls die typischen Symptome von und einflussreichsten Lobbies in Gemeinwohls – diesen Ausgleich Großorganisationen, die auf den unserem Lande zu machen. im Rahmen des gemeinsamen In- eigenen Erhalt ausgerichtet sind. teresses unserer Gesellschaft her- Während Arbeitnehmer eines Be- Was können oder müssen stellen. triebes eher auf Lohnanteile ver- wir ändern? – Die Soziologie hat die „Bürokrati- zichten zugunsten Arbeitsplatzsi- sierung der Verwaltung“ und de- cherung, verzichten die Gewerk- enn wir den Menschen nicht ren Tendenz, sich selbst zu Mons- schaften nicht auf Flächentarif- Wändern können, bleibt nur der tern zu entwickeln, eindeutig und verhandlungen und drücken den Weg, die für das Gemeinwohl negati- detailliert erforscht. Das Ergeb- Staat, durch von uns oder der ven Auswirkungen seiner Handlungs- nis muss ein Alarmsignal für uns nächsten Generation finanzierte weise besser zu kontrollieren. Dazu alle sein, uns der geringen Effi- Konjunkturprogramme die un- gehört zum einen, dass in jedem Fall zienz und der ausufernden Kos- rentabel gewordenen Arbeitsplät- verhindert werden muss, dass Kon- ten derartiger Strukturen bewusst ze zu halten oder zu ersetzen und trollierende und Kontrollierte der- zu sein. Die Bürokratie wächst im Zweifel für die Arbeitslosen zu selben Interessengruppe angehören von unserem Geld und genehmigt sorgen, die bei den Gewerkschaf- können.

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Zum anderen muss man zunächst 50.000 Einwohner-Ort Drachten bei Das ist es, was wir brauchen, um einmal das Bewusstsein für die Pro- Groningen hat der Verkehrsplaner wieder „Wir“ zu sein. Ein Gefühl für blematik wecken. Das gestärkte Be- Monderman sein Konzept vom ge- Gemeinschaft und Gemeinsamkeit zu wusstsein wird es leichter ermögli- meinsam zu nutzenden Verkehrs- schaffen ist oberste Notwendigkeit, chen, die Werte wieder zu erkennen, raum realisieren können. Seine Lo- wenn die Zukunft anders aussehen soll. die das Zusammenleben in einer Ge- gik: Vorschriften senken das Verant- In dem Maße wie es erreicht ist, wird es meinschaft benötigt als einen unver- wortungsbewusstsein. leichter sein, die unabdingbaren Erfor- zichtbaren Grundkonsens. Er ließ die meisten Ampeln, dernisse durchzusetzen, die das Wohl Der Weg ist also gleichzeitig das Schilder und viele Bürgersteige ab- der Gemeinschaft in Zukunft für uns Ziel: Dem Bewusstsein dafür, was un- schaffen. Es gelten neben Tempo und unsere Kinder sichern soll. serer Gemeinschaft wichtig ist, seinen 30 nur noch zwei Regeln: „Rechts notwendigen Stellenwert zurückzu- vor links“ und „wer stört, wird ab- eine Antwort auf das Thema „Ge- geben. geschleppt“. Das Resultat lässt auf Mmeinwohlorientierung oder Ego- Appelle an Moral, Sozialverhalten Nachahmung hoffen, denn zentrik?“ lautet deshalb: Es gibt kein und Menschenwürde als Ansatz sind – Unfälle und PS-starke Aggressi- „Entweder – Oder“. Wir alle brauchen richtig und wichtig. Sie haben aber vität tendieren gegen Null, und die Gemeinschaft. Wir müssen aber nur Sinn, wenn sie auf einen fruchtba- – Tempo 30 ist schneller als „Stop auch respektieren, dass der Mensch an- ren Boden fallen. Und fruchtbar wird and Go“. getrieben wird von der naturgewollten der Boden nicht, wenn man etwas zum Es kommt zu einem miteinander Wahrung der eigenen Sicherheit und der Nachdenken gibt, sondern wenn man aller Verkehrsteilnehmer, weil die eigenen Vorteile im Sinne des Selbster- ein existentielles Bewusstsein wieder Menschen Hirn und soziales Den- haltungsgebotes. Unsere Gemeinschaft erweckt, das den notwendigen Bedin- ken einschalten müssen, um aus den sollte aber nicht zulassen, dass Indivi- gungsrahmen selber wieder herstellt. unsicheren Verkehrssituationen mit duen oder Gruppen buchstäblich ihr Der zweite Ansatz muss deshalb Hilfe von Verständigungszeichen si- Ego ins Zentrum setzen können, wenn sein, die Gemeinschaft dem Einzelnen cherer zu machen. das unserem Gemeinwohl zum Scha- wieder präsent zu machen, Gemein- Die Drachtener sind begeistert den gereicht. schaftserlebnisse zu erfahren, einen und stolz, dass ihre Stadt mittler- Wir sind die Gemeinschaft, wir Sinn in der Gemeinschaft zu sehen weile zu einem Wallfahrtsort für die sind das Volk und wir sind schuld, wenn und eine positive Einstellung zu dem Verkehrsplaner aus über 40 Natio- unser Gemeinwohl verkommt zu dem Miteinander zu erreichen – und damit nen geworden ist. Rest, den andere zurückgelassen haben. wegzukommen von der „Geiz-Ist-Geil- Weltanschauung“. Es gilt, ein Wir-Gefühl zu schaf- fen, welches uns wieder positiv füh- len lässt, dass wir in eine Gemein- schaft eingebettet sind – in der Si- Experte fordert Aufbau cherheit, notfalls von ihr getragen zu werden und in dem Bewusstsein, von islamisch-theologischer Fakultät etwas von unserer Stärke und Soli- darität zur Verfügung zu stellen und ür die rasche Einrichtung einer islamisch-theologischen Fakultät in beizutragen, um diese Gemeinschaft FDeutschland hat sich der Stuttgarter Islam-Experte Hansjörg Schmid vom bloßen Wunschbegriff zur Rea- ausgesprochen. Angesichts von vier Millionen Muslimen in Deutschland lität zu machen. und einer großen „Pluralität der Herkunftsländer, Glaubensrichtungen und Strömungen der Muslime in Deutschland“ seien die bestehenden ie man Gemeinschaft erle- sechs Professuren für islamische Theologie zu wenig, schreibt Schmid in Wben kann, zeigt das Beispiel einem am 17. Oktober veröffentlichten Gastbeitrag für die Katholische von Langenfeld (zwischen Köln und Nachrichten-Agentur (KNA) in Stuttgart. Als Vergleich verwies er auf Düsseldorf, 59.000 Einwohner und bundesweit 39 katholische oder evangelische theologische Fakultäten. vor Jahren noch mit 38 Millionen Zu den zentralen Aufgaben einer neuen islamischen Fakultät zählt Euro verschuldet). Nach gemeinsa- Schmid die Ausbildung von Imamen und islamischen Religionslehrern. mer Anstrengung und Überlegungen Viele Moscheegemeinden wünschten sich Imame, die in Deutschland ist die Stadt schuldenfrei. Es lohnt verwurzelt sind und studiert haben. „Es passt nicht mehr zu einem Le- sich, im Internet nachzulesen, wie ben auf Dauer im Einwanderungsland, dass das religiöse Personal wie stolz alle auf sich und das gemein- bislang weitgehend aus dem Ausland rekrutiert wird“, so der Referent sam Erreichte sind und wie sich so der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart. etwas wie ein Mannschaftsgefühl Schmid kritisiert einen fehlenden politischen Mut beim Aufbau is- entwickelt hat. lamischer Fakultäten. Dabei gehe es nicht um muslimische Sonderinter- Das zweite Beispiel ist geeignet, essen, sondern um „eine Angelegenheit der ganzen Gesellschaft“. Daher unser selbstverantwortliches Sozi- stehe nicht nur der Staat in der Pflicht. algefühl wieder zu beleben. In dem

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Internationale kirchliche Männerarbeit

Teil 1: Europa-Akademie 2009 / 15. Osteuropa-Seminar Mütter und Väter – Leistungsträger der Gesellschaft amilie – ein Dauerthema in Ge- sellschaft, Politik und Kirche. FVor allem über Missstände wird in der Öffentlichkeit geklagt und be- richtet: die schwierige Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit, Kinder als Armutsrisiko, mangelnde Erziehung und Verwahrlosung von Kindern … Demgegenüber haben sich die Teilnehmer am 15. Osteuropa-Semi- nar aus acht Ländern1 mit dem Thema „WAS MÜTTER UND VÄTER LEISTEN – FÜR FAMILIE, GESELLSCHAFT, KIRCHE“ zuerst einmal den großen Leistungsträgern der Gesellschaft gewidmet: Was lei- Die Anlage des Bischof-Benno-Hauses. Auf der Freitreppe des Hauses 1 Die Teilnehmer des 15. Osteuropa-Se- postierten sich die Delegierten zum Erinnerungsfoto (eingefügter Bildaus- minars kamen aus den Ländern: Bulga- schnitt) Das Bildungs- und Tagungshaus des Bistums Dresden-Meißen ist ein rien, Deutschland, Litauen,Luxemburg, Österreich, Rumänien, Ukraine und idyllisch in der Nähe von Bautzen gelegenes ehemaliges Rittergut, das den Weißrussland. Namen des Bistumspatrons Bischof Benno von Meißen (1010-1096) trägt.

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sten Väter und Mütter nicht nur für und Familien? Dienen Maßnahmen jekte, die sie in ihren Heimatländern ihre Kinder und die ganze Familie, wie das Elterngeld und der Ausbau umsetzen wollen. Zum Abschluss des sondern auch für die Gesellschaft und von Kinderbetreuung nur dazu, durch Seminars verabschiedeten die Teil- Kirche. Als Zweites wurden zur Fra- höhere Geburtenzahlen den demo- nehmer ein gemeinsames Thesenpa- ge, wo und wodurch Mütter und Vä- grafischen Wandel abzumildern und pier, das sowohl als Position für die ter Unterstützung erfahren können, Mütter rasch wieder als Arbeitskräfte eigene Weiterarbeit als auch für die vor allem die Angebote von Politik verfügbar zu haben? Peter Döge, Zu- Information der jeweils nationalen und Kirche in den Blick genommen. kunfts- und Geschlechterforscher aus Öffentlichkeit dient (siehe Kasten). Weiterhin befasste sich das vom Berlin, stellte unter dem Thema „MÜT- Die Osteuropa-Seminare finden 16. bis 22. September im Bischof- TER UND VÄTER STÄRKEN – EINE FAMILIEN- seit 15 Jahren im Bischof-Benno- Benno-Haus in Schmochtitz bei Baut- POLITISCHE HERAUSFOR DERUNG IM ZUSAM- Haus, der Weiterbildungs stätte des zen in Sachsen stattfindende Seminar MENWACHSENDEN EUROPA“verschiedene Bistums Dresden-Meißen statt. Sie mit der grundsätzlichen Frage, welche familienpolitische Strategien in Eur- dienen dem gegenseitigen Austausch Bedeutung Kirche und Religion über- haupt noch in Europa haben oder ob man von einer Wiederkehr der Reli- gion sprechen könne.

erade die aktuelle Wirtschaftskri- Gse zeige die Bedeutung intakter Familien, erklärte Kestutis Kevalas2, Kaunas/Litauen, in seinem Vortrag „Väter und Mütter – unverzichtbar auch für eine Gesellschaft der frei- en Märkte“. Familien seien der bes- te Ort, wo Menschen Werte erwerben und Tugenden wie Mut und Fürsorge lernen. Ohne unternehmerischen Mut und eine gewisse Moral funktioniere Wirtschaft aber nicht: Moral und Pro- fit gehen Hand in Hand. Wie sehen aber heute Familie und Elternschaft aus? Diese Frage untersuchte die Bamberger Soziolo- gin Gudrun Cyprian3 in einem Vortrag Ein Ausflug in die Kreisstadt Bautzen und ein geführter Bummel durch die zum Thema „VATER- UND MUTTERSCHAFT barocken Straßen und romantischen Gassen gehörte zum Programm des IN DEN EUROPÄISCHEN GESELLSCHAFTEN. Osteuropa-Seminars. Hier der Blick von der Friedensbrücke über die Spree BILDER – GESCHICHTEN – WIRKUNGEN“. auf den mittelalterlichen Stadtkern von Bautzen: im Vordergrund die Alte Die Wunsch- und Leitbilder von Fami- Wasserkunst (1558), links dahinter die Ortenburg (vermutlich 958), rechts lie in unseren Köpfen entsprächen oft vom Turm der Alten Wasserkunst Michaelskirche (1429), Wasserturm von nicht mehr der Realität, so die Soziolo- 1878 und oberhalb der Bürgerhäuser der Dom St. Petri (1231-21), seit gin. Vor allem die Rolle der Väter sei 1524 Simultankirche für die evangelische und die katholischen Konfession. im Umbruch. Das verunsichere viele Männer. Auch wenn die Mütter heu- opa vor. Nach seiner Meinung fehlt und geben vor allem den katholischen te stärker als früher berufstätig sind, Europa aber eine Vision, die Fami- Männern in den ehemals kommu- seien vielfach doch die Väter weiter- lien einen Eigenwert als ein zentra- nistischen Ländern Mittel- und Osteu- hin die Haupternährer der Familie. les Lernfeld für unsere Gesell schaft ropas Anregungen und Hilfen für die Andererseits brauchen Kinder ihre zugesteht. Schaffung eigener Männervereinigun- Väter, und die Väter wollen in deren gen. In diesem Jahr überschnitt sich Leben auch eine aktive Rolle spielen. ie Teilnehmer der Tagung sind das Seminar mit der Generalversamm- Denkt Familienpolitik vor allem Din ihren Heimatländern in ver- lung der Internationalen Vereinigung an die Bedürfnisse von Staat und schiedenen Bereichen der kirchli- Katholischer Männer UNUM OMNES, Wirtschaft oder an die der Kinder chen Laienarbeit aktiv. Beispiele für die erstmals seit ihrer Gründung im 2 Dr. Kestutis Kevalas ist Vizedekan und deutsche Initiativen, die die Situati- Jahr 1948 in Deutschland stattfand. Dozent für Moraltheologie und pastorale on der Familien verbessern, wurden So haben die Teilnehmer Einblicke in Verwaltung am Department Kath. Theo- ihnen auf einem „INFOMARKT – AUS die weltweite kirchliche Laien- und logie der Vytautas-Magnus-Universität DER (KIRCHLICHEN UND VERBANDLI CHEN) Männerarbeit erhalten. in Kaunas/Litauen. FAMILIEN-, FRAUEN- UND MÄNNERAR- Veranstalter der Osteuropa-Se- 3 Dr. Gudrun Cyprian ist Professorin für Soziologie am Fachbereich Soziale BEIT“ vorgestellt. In Arbeitsgruppen minare sind die Internationale Verei- Arbeit der Universität Bamberg. entwickelten sie dann konkrete Pro- nigung Katholischer Männer UNUM

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OMNES, die Gemeinschaft der Ka- rarbeit in den deutschen Diözesen in EU sowie von Renovabis, der Solida- tholischen Männer Deutschlands Fulda sowie das Bischof-Benno-Haus. ritätsaktion der deutschen Katholiken (GKMD), die Kirchliche Arbeitsstel- Die Europa-Akademie wird vom „Pro- mit den Menschen in Mittel- und Ost- le für Männerseelsorge und Männe- gramm für lebenslanges Lernen“ der europa, gefördert.

Leistungen anerkennen, die Mütter und Väter für Familie, Gesellschaft und Kirche erbringen

ie Teilnehmer der Europa-Akademie 2009 aus Bulgarien, Deutschland, Litauen, Luxemburg, Österreich, Ru- Dmänien, der Ukraine und Weißrussland erklären: 1. Auch in Zeiten gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Umbrüche bleiben Familien die Keimzelle und das Fundament der Gesellschaft und der Kirche. Deshalb bedürfen sie der besonderen Aufmerksamkeit und Für- sorge von Gesellschaft, Staat und Kirche. 2. An Mütter und Väter werden heute hohe Erwartungen gerichtet – auch von ihnen selbst. Manche fühlen sich überfordert und allein gelassen. Deshalb bedarf es der Mitverantwortung und -gestaltung aller in unserer Ge- sellschaft, damit das Leben in den Familien gelingt. 3. Wir beobachten mit Sorge, dass sich in unseren Ländern alles an den Bedürfnissen der Wirtschaft ausrichtet. Wir brauchen aber keine wirtschaftsgerechten Familien, sondern eine familiengerechte Wirtschaft. 4. Die Familie muss ins Zentrum des politischen Handelns rücken. Dies gilt auf allen Ebenen, von der Kommu- ne über die Länder bis zur europäischen Politik. 5. Das Leben von Familien und anderen Lebensformen ist sehr vielfältig geworden. Die Kirche versteht die christliche Familie mit Mutter, Vater und Kindern als eine auf Dauer angelegte Lebens- und Verantwortungs- gemeinschaft. Die Kirche respektiert Menschen, auch wenn sie in anderen Lebensformen leben, und beglei- tet sie pastoral. 6. In der kirchlichen Männerarbeit richten wir unseren Blick besonders auf die Väter und ihre Bedürfnisse. Un- sere Überzeugung ist dabei: Väter wollen heute nicht nur allein Ernährer sein, sondern das Leben in der Fa- milie aktiv mitgestalten. 7. Familien sind Orte des Glücks, wo Werte wie Vertrauen, Zuwendung und Verlässlichkeit sowie der christliche Glaube gelebt und gelernt werden.

Teil 2 UNUM OMNES – Generalversammlung der Internationalen katholischen Männervereinigung

rstmals in ihrer 60-jährigen Ge- Präsidiums. Tagungsort war das Bi- Werte und Tugenden sowie die Be- Eschichte hielt die Internationa- schof-Benno-Haus in Schmochtitz bei wahrung der Schöpfung. le Vereinigung Katholischer Männer Bautzen. UNUM OMNES eine Generalver- Mit einem feierlichen Pontifikal- m Rahmen eines gemeinsamen The- sammlung in Deutschland ab. Vom gottesdienst in der Dresdener Hofkir- Imentages befassten sich die Gene- 19. bis 25. September trafen sich De- che eröffnete die Generalversamm- ralversammlung von UNUM OMNES legierte katholischer Männervereini- lung. der Bamberger Erzbischof Lud- und das Osteuropa-Seminar mit der gungen aus drei Kontinenten1 zu ge- wig Schick, Beauftragter der Deut- Frage, wie sich die katholischen Män- genseitigem Austausch, inhaltlicher schen Bischofskonferenz für die Män- nerverbände angesichts eines Wieder- Fortbildung und Wahl eines neuen nerseelsorge. Er ermutigte in seiner erstarkens der Gläubigkeit in vielen Predigt zu Hoffnung und Zuversicht Ländern verhalten sollen. In einem 1 Durch Delegationen waren vertreten: - Afrika: Ghana, Nigeria – auch in Zeiten der globalen Wirt- Vortrag „Die Wiederkehr der Reli- - Europa: Belgien, Bulgarien, Deutsch- schaftskrise. Zugleich sollten die gion in den Gesellschaften Europas: land, Frankreich, Groß Britannien, Christen über der weitverbreiteten Wunschdenken oder Realität?“ be- Irland, Italien, Litauen, Luxemburg, Oberflächlichkeit in der Politik ste- richtete Prof. Miklós Tomka2, Buda- Österreich, Rumänien, SlowakeiTsche- chien, Ukraine, Weißrussland hen und die wesentlichen Probleme 2 Dr. Miklós Tomka ist Direktor der - Südamerika: Argentinien angehen: die Sorge um die Familien, Ungarischen Religionssoziologischen

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pest, dass sich in den letzten zwan- n einem zweiten Vortrag zum The- Beide sind Schlüsselgruppen für zig Jahren gerade in den postkom- Imentag „Die Wiederkehr der Reli- die Kulturentwicklung und müssen munistischen Staaten Ostmitteleuro- gion“ warf Prof. Maria Widl3, Erfurt, daher besonders im kirchlichen Blick- pas eine deutliche Hinwendung zur einen Blick auf die kirchliche Män- winkel sein. Junge Männer und ihre Religion beobachteten lasse. Diese nerarbeit: „Männerpastoral – Quo Bedürfnisse sind dabei speziell zu be- Entwicklung sei ein deutlicher Ge- vadis?“ Ihre Ausführungen mün- rücksichtigen.“ winn für die Gesellschaften, da gläu- deten kurz gefasst in der Aussage: Ihr Fazit: „Ich halte Männerpa- bige Menschen sich durch größeres „Eine Männerpastoral orientiert storal für ganz dringlich.“ sich wie jede Pastoral an den kirchlichen Grundvoll- zügen, wie sie sich postmo- dern zeigen: Lebenshilfe UNUM OMNES (Diakonie), Gemeinschaft (Communio), Evangelisie- wurde 1948 als Internationale Vereini- rung (Verkündigung) und gung Katholischer Männer in Lourdes ge- Gotteslob (Liturgie). Sie gründet. Der Name drück den Wunsch Jesu müssen an Männerart ori- aus, dass die Menschen in Gott „alle eins“ entiert sein: seien. Der Sitz der Vereinigung ist Rom. Or- – Erfahrungen von Kraft ganisationen aus mehr als 40 Ländern sind und Macht: körper- in ihr vertreten. betonte Formen der UNUM OMNES hat das Ziel: Selbsterfahrung, Um- – Männern zuhelfen, ihre Fähigkeiten im gang mit schwächen- Leben als Katholiken zu nützen, den Erfahrungen (Be- – Männer zu ermutigen, ihre rechtmä-ßige ruf, Frauenrollen, Rolle in der Kirche und in der Gesell- Sachzwänge), Charis- schaft anzunehmen, men- und Berufungs- – die Familie als Ursprung allen Le-bens pastoral. Schlüsselthe- zu fördern und als wesentli-chen Verant- ma: Verantwortung wortungsbereich und Handlungsbereich Sonntagshochamt in der Dresdner – Gestaltung von Anse- des Mannes zu sehen, Hofkirche. NebenErzbischof Ludwig hen und Erfolg: män- – die Schaffung von Vereinigungen ka- Schick der Geistliche Beirat von nerspezifische Eman- tholischer Männer zu fördern, UNUM OMNES, Msgr. Willibald zipation, Zeitmanage- – den Dialog zwischen katholischen Män- Steiner (Österreich). ment und Beziehungs- nervereinigungen zu entwickeln, kultur, Arbeitstugen- – die Verbindungen zu nationalen und in- gesellschaftliches Engagement und den und Zielvergewis- ternationalen Organisationen zu fördern, mehr soziale Kompetenzen auszeich- serung, ethische Maß- – die Hoffnungen und Erwartungen der nen würden. Das Fazit des Vortrags stäbe und Prophetie. Männer auf allen Gebieten des Lebens waren drei Fragen, die auf Antworten Schlüsselthema: Liebe zu vertreten. von Seiten der Kirche warten: – Suche nach Sicher- – „Wie lässt sich die christliche heit und Reichtum: Verpflichtung für Gemeinschafts- Geborgenheit im bildung in ein Engagement für die Gottesbezug, männliche For- Zivilgesellschaft umsetzen? men der Spiritualität, Riten er dritte Tag der Generalver- – Wie kann die verspiritualisierte und Rituale, Ämter und Nor- Dsammlung von UNUM OMNES katholische Gettomentalität bzw. men, Konzepte und Strategi- diente der Präsentation der katholi- der katholische Hegemonialan- en, Schutz der und Kampf für schen Kirche in Deutschland. Dr. Ste- spruch abgebaut und durch Welt- die Schwachen, Umgang mit fan Vesper4 stellte die Strukturen, Zie- offenheit und Dialogbereitschaft Reichtum und Armut. Askese. le, Möglichkeiten und Arbeitsweisen ersetzt werden (Akzeptanz der Schlüsselthema: Gerechtigkeit des Laienkatholizismus vor. Er ging Anderen)? Männerpastoral setzt gleichzei- besonders auf das politische Wirken – Wie kann die Affinität der Chris- tig bei zwei Zielgruppen an, des ZdK und des katholischen Ver- ten für die nationale Tradition be- – bei Männer in Verantwortungs- bandswesens, die Katholikentage und wahrt und gleichzeitig von Über- postionen und ökumenischen Kirchentage sowie auf heblichkeit gegenüber anderen – bei Männer am Rande der Le- die drei Grundprinzipien und deren Nationen befreit werden?“ galität. Quellen ein, die das Selbstverständnis der Laien in Deutschland ausmachen: Forschungsstelle in Budapest, Präsident 3 Prof. Dr. habil. Maria Widl hat den der Kath. Sozialakademie und Profes- Lehrstuhl für Pastoraltheologie und 4 Dr. Stefan Vesper ist Generalsekretär sor an der Theologischen Fakultät der Religionspädagogik an der Kath.-Theol. des Zentralkomitees der deutschen Universität Szeged. Fakultät der Universität Erfurt inne. Katholiken (ZdK) in Bonn.

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– Selbstbewusstsein (Dogmatische Konstitution über die Kirche „Lu- men gentium“ Nr. 33. – Eigenständigkeit (Pastorale Kon- stitution über die Kirche in der Welt von heute „Gaudium es spes“ Nr. 76). – Koalitionsrecht („Codes Juris Ca- nonici“ can. 215 u. 216, Dekret über das Laienapostolat „Aposto- licam actuositatem“ Nr. 26). In der Diskussion wurde deutlich, wie wir deutsche Katholiken von den anderen Ländern ob unserer Möglich- keiten beneidet werden. Denn außer der Katholischen Aktion in Österreich kennen andere keinen vergleichbaren organisierten und strukturierten Lai- enkatholizismus. Der sächsische Landtagsprä- sident Erich Iltgen erläuterte das „VERHÄLTNIS VON STAAT UND KIRCHE IN Das Präsidium von UNUM OMNES (v.l.): Vizepräsident Edward Prah DEUTSCHLAND“. Am Beispiel des Frei- (Ghana), Präsident Nial Kennedy (Irland), Vizepräsident Franz-Josef staates Sachsen zeigte er auf, wie und Schwack (Präsident der GKMD, Deutschland), Schatzmeister Gilbert Pataille warum gerade katholische Christen (Frankreich), Geistlicher Beirat Msgr. Willibald Steiner (Österreich). in der Zeit der Wende die Politik des Bundeslandes geprägt haben. de in seinem Amt bestätigt. Schließ- Auf dem Programm standen eine lich konnten die Generalversammlung Stadtrundfahrt und ein Besuch des ie Generalversammlung wählte eine Reihe von neuen Mitgliedern be- Reichstages. Einblicke in die jüdi- Dturnusgemäß ein neues Präsi- grüßen, nämlich Organisationen aus sche Geschichte und das jüdische dium. Als Nachfolger des Argenti- Bulgarien, Kamerun, Liberia, Litauen Leben in Deutschland ergaben sich niers Alejandro Madero wurde Nial und Weißrussland. bei einer Besichtigung der Synagoge Kennedy aus Irland für eine drei- in der Rykestraße im Stadtteil Prenz- jährige Amtszeit zum neuen Präsi- ach der Idylle Schmochtitz, dem lauer Berg. dent von UNUM OMNES gewählt. Ne- NBesuch der mittelalterlichen Geplant war auch ein Treffen mit ben Edward Prah aus Ghana ist jetzt Kreisstadt Bautzen und der sächsi- dem Erzbischof von Berlin, Georg auch ein Deutscher Vizepräsident: schen Landeshauptstadt Dresden zog Kardinal Sterzinsky. Für den erkrank- Franz-Josef Schwack, der Präsident die Generalversammlung zum Ab- ten Kardinal sprang dessen General- der Gemeinschaft der Katholischen schluss ihrer Tagung um nach Ber- vikar, Ronald Rother, ein. Er erläu- Männer Deutschlands (GKMD). Als lin. Die Teilnehmer aus nah und fern terte den Teilnehmern die Situation Schatzmeister erhielt Gilbert Pataille sollten als ein Kontrastprogramm zum des Diasporabistums und nahm sich (Frankreich) die Zustimmung der Mit- ländlichen Schmochtitz die lebendi- sogar die Zeit, durch die St.-Hedwigs- glieder. Der Geistliche Beirat, Msgr. ge und sich stets wandelnde deutsche Kathedrale zu führen. Willibald Steiner (Österreich), wur- Hauptstadt erleben. (GKMD/PS)

Kardinal Cordes: Priesteramt ist unersetzbar urienkardinal Paul Josef Cordes hat sich entschieden ge- Auch der Philosoph Robert Spaemann betonte bei der Kgen die Leitung von Pfarreien durch Laien gewandt. Dies Veranstaltung die Notwendigkeit geweihter Geistlicher für verstoße gegen das Kirchenrecht und könne keine Antwort auf die Kirche. Viele Priester seien aber heute „durch den Blick den Priestermangel sein, sagte der Präsident des Päpstlichen von außen auf sie“ verunsichert. Kaum eine Gruppe stehe so Rates „Cor Unum“ Anfang Oktober in Frankfurt. Dennoch sehr im Fokus öffentlicher Kritik wie die Priester. Gerade die gebe es diese Praxis in einigen Bistümern Italiens und der Bereiche der Soziologie und Psychologie „scheinen Instanzen Schweiz, und auch in Deutschland wisse er von einer Diözese. geworden zu sein, die dem Priester sagen wollen, was er zu Das Weiheamt sei aber nicht ersetzbar etwa durch Pfarrge- tun hat“. Die Geistlichen müssten aber vielmehr umgekehrt meinderäte, „die sich dann für bestimmte Aufgabe mal einen fragen, ob die moderne Gesellschaft aus christlicher Sicht Priester dingen“, so Cordes. Der 75- jährige deutsche Kuri- auf dem richtigen Weg sei. enkardinal äußerte sich bei der Vorstellung seines neuen Bu- (KNA) ches „Warum Priester? Fällige Antworten mit Benedikt XVI.“

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AAuftrag_276.indbuftrag_276.indb 4141 330.11.090.11.09 10:5610:56 RELIGION UND GESELLSCHAFT „Friede auf Erden den Menschen seiner Huld“ Der Soldatendienst aus Sicht der Alten Kirche

VON ANDREAS M. RAUCH 1

ie Standortbestimmung der Alten sche Soldat Appollonius um das Jahr Bigelmair, dass die Christen zwar ge- DKirche in den ersten fünf Jahr- 185 n.Chr. hingerichtet wurde, weil er willt gewesen wären, zu kämpfen, aber hunderten in Bezug auf den Dienst im sich zu Christus bekannte. Es ist be- unter keinen Umständen gewillt wa- römischen Militär ist seit Beginn des kannt, dass es einen römischen Sol- ren, ihr spirituelles Leben der Gefahr 20. Jahrhunderts vielfach diskutiert daten Sebastianus am Hof von Kai- von militärischen Religionsübungen worden. Die Literatur zu den Themen ser Diokletian in der zweiten Hälfte auszusetzen. Wie die anderen katholi- „Alte Kirche“ und „Römisches Mili- des dritten Jahrhunderts gegeben hat. schen Kirchenhistoriker, so vermittelt tär“ sind gerade im Jahr 2009 kaum Die Existenz des römischen Solda- Bigelmair den Eindruck, dass es eine zu überschauen, da der 2000. Ge- ten Martinus (ca. 316/317 bis 397 n. ungebrochene Tradition christlicher burtstag des christlichen Völkerapos- Chr.), Sohn eines römischen Tribun, Loyalität gegenüber der römischen tels Paulus und die 2000. Wiederkehr kaiserlicher Gardereiter und späteren Herrschaft von der frühesten Zeit bis der Schlacht des römischen Feldherrn Bischofs von Tours lässt sich wissen- zum Ende des römischen Reiches und Varus gegen den germanischen Che- schaftlich belegen. Doch ob Martinus dem Beginn des europäischen Mittel- ruskerfürsten Arminius Anlass zahl- als Soldat am Stadttor von Amiens sei- alters gegeben habe. reicher Publikationen ist. Wie beim nen Mantel um einen frierenden Bett- Für die zweite Gruppe der pro- hl. Paulus, der Varusschlacht und ler gelegt hat oder ob Sebastianus we- testantisch-pazifistischen (Kirchen-) der Frage des Soldatendienstes zur gen seines christlichen Glaubens als Historiker stand die Untersuchung Zeit des Imperium Romanum muss Märtyrer gestorben ist und vielleicht des Neuen Testaments, vor allem der unterschieden werden zwischen tra- sogar ein erstes Martyrium mit Pfei- Bergpredigt, im Vordergrund ihrer dierten Mythen und Volksfrömmigkeit len überlebt hat, lässt sich wissen- Überlegungen zur Beantwortung der einerseits und belegbaren, wissen- schaftlich nicht belegen und ist wie Fragestellung der Wahrnehmung des schaftlichen Aussagen im Horizont viele andere Märtyrerlegenden dem Militärdienstes durch die Alte Kirche. von Kirchengeschichte und Archäo- Bereich christlicher Volksfrömmig- Diese (Kirchen-) Historiker führen logie andererseits. keit zuzuordnen. die Heilige Schrift und ihr Echo bei So wurden über Jahrhunderte Ge- den Kirchenvätern als determinie- schichten über die so genannte „The- Standortbestimmungen renden Faktor im Konflikt zwischen bäische Legion“ und seinen christli- rundsätzlich kann gesagt wer- Christen und dem Militär an, obwohl chen Märtyrern, dem hl. Mauritius in Gden, dass die (Kirchen-) Histo- sie unmöglich die Verbindung zur der heutigen Schweiz, den hl. Cassius riker, die sich mit der Frage des Sol- „Idololatrie“ ignorieren können. Ca- und Florentius in Bonn, dem hl. Gere- datendienstes im römischen Militär doux schließt mit der These, dass die on in Köln und dem hl. Victor in Xan- auseinandersetzen, sich in drei ver- dem Ende der großen Verfolgungen ten tradiert. Tatsächlich hat es zwar schiedene Gruppen einteilen lassen: im Jahre 311 folgenden christlichen eine römische Legion im ägyptischen römisch-katholische, protestantisch- Jahrhunderte nicht in der Lage waren, Theben gegeben, doch ist diese nie in pazifistische und ‚etabliert‘-protes- noch einmal diesen hohen Wert von die Alpen und an den Niederrhein ver- tantische, vor allem lutherische (Kir- spiritueller und moralischer Integrität legt worden. Wir wissen aber um eine chen-) Historiker. zu erreichen wie die drei ersten, nach- starke Präsenz koptischer Christen in Die römisch-katholischen (Kir- christlichen Jahrhunderte. Er glaubt, römischer Zeit und um archäologische chen-) Historiker wollen aufzeigen, dass seine Studie eine wenn auch nur Belege, dass es bereits in der Spätan- dass sich der Konflikt zwischen Chris- partikuläre Relevanz für seine Zeit tike Orte christlicher Verehrung in ten und Militär nur um das Problem hätte, in der die Folgen des I. Welt- Bonn, Köln und Xanten gegeben hat. der „Idololatrie“ – also der Frage des kriegs noch deutlich zu spüren waren. Römische Soldaten sind immer Götzendienstes und der Gottesläste- Die lutherischen Historiker haben wieder ein Thema im Neuen Testa- rung – in der römischen Armee dreh- dagegen eher verschiedene Stoßrich- ment, so etwa beim Hauptmann von te. Sie vermeiden die Erwähnung von tungen. So argumentiert Adolf von Kapharnaum, beim Hauptmann un- Fakten, die die Christen entweder Harnack in „Militia Christi“ unter ter dem Kreuz und beim Hauptmann als nicht-loyale Untertanen des rö- anderem, dass die militärischen Ana- von Caesarea. Wir wissen aus römi- mischen Reiches oder als Menschen logien von den nur metaphorisch ge- schen Gerichtsakten, dass der römi- charakterisierten, die mit politischen brauchten „geistlichen Armeen“ vor Dingen überhaupt nichts zu tun ha- allem in den Briefen des Heiligen 1 Professor ehrenhalber Dr. Andreas ben wollten. Wohl vor dem Hinter- Paulus eine Förderung militärischer M.Rauch ist Gymnasiallehrer im kirch- grund der Erfahrungen aus dem Kul- Aktivitäten durch Christen zur Fol- lichen Dienst und Lehrbeauftragter an der Universität zu Köln turkampf in Deutschland im 19. Jahr- ge hatten, etwa durch die „Mission hundert argumentiert der Theologe mit dem Schwert“ durch Kaiser Karl

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dem Großen bis hin zu den realen einer , der leugnet, Christ zu sein, und ten, dass es keine christlichen Solda- Heeren der Kreuzfahrer. Der evan- dies durch die Tat, daher durch Voll- ten gegeben hat. Die Kirche musste gelische Theologe Hans von Campen- zug eines Opfers unserer Götter, unter sich mit der Tatsache abfinden und hausen glaubt, dass die frühe Kirche Beweis stellt, aufgrund seiner Reue nirgendwo wurde es nicht gebilligt, pazifistisch orientiert war, aber nach zu begnadigen ist, wie sehr er auch dass die bedrängten Christen Gott um dem römischen Kaiser Konstantin die für die Vergangenheit verdächtig sein Rettung aus der Gefahr anflehen dürf- Verantwortung für die Verteidigung mag. Anonyme Anzeigen dürfen frei- ten: Gott eilt dem römischen Heer und des Römischen Reiches übernommen lich bei keiner Anklage berücksichtigt den darin dienenden Christen also zu habe, eine Verantwortung, der sie sich werden.“ (Adolf Martin Ritter: Alte Hilfe. Das ist doch eine bedeutsame nicht entziehen konnte, da jede Ver- Kirche. Band I. Neukirchen-Vluyn Feststellung. Christliche Rigoristen teidigung des Konstantinischen Rei- 1997, S. 15/16) hätten doch eher wünschen müssen, ches einer Verteidigung des christ- Christenverfolgungen in der römi- dass Gott das Heer vernichtet und da- lichen Glaubens per se gleich kam. schen Gesellschaft und im Heer blie- durch gezeigt hätte, dass er den Krieg ben Ausnahmeerscheinungen und auf nicht dulde. Das „Regenwunder“ Ereignisse oder überschaubare Zeit- Die spätere christliche Ausdeu- unter Marc Aurel räume beschränkt, angefangen von tung des Regenwunders stellt Marc ie auch immer man zu den ein- Nero, der beim Brand von Rom 66 n. Aurel als Christenfreund dar, um ihn Wzelnen (Kirchen-) Historikern Chr. ein Sündenopfer suchte, wie auch – im Gegensatz zu den Verfolgern – und ihren Aussagen stehen mag, so in nachkonstantinischer Zeit unter als guten Kaiser zu bewerten. Dieses ist doch nun zu beachten, dass eine Kaiser Julian (361-363 n. Chr.). Ein Ereignis wurde von den Apologeten neue Analyse des Problems sich da- Ärgernis waren Christen und Juden wie Origines in erster Linie benutzt, vor hüten muss, zu stark von einem für die Römer gleichermaßen, da ihre um Celsus, dem ältesten, in der Lite- „doktrinären“ Aspekt durchdrungen monotheistische Religion in eindeu- ratur bekannten Gegner der Christen zu werden. Stattdessen müssen die tigem Gegensatz zum römischen Po- die Spitze zu nehmen. Bei Förster er- Quellen sprechen und allein auf ihrer lytheismus stand. Dabei zeigten sich fahren wir von der Klage des Celsus, Basis kann die Frage des Soldaten- die Römer in religiösen Fragen offen: dass die Christen unpatriotisch seien dienstes aus Sicht der Alten Kirche von den Griechen übernahmen sie fast und dem Kaiser keine Soldatendiens- beantwortet werden. alle Gottheiten und zudem integrier- te leisten wollten, sodass der Kaiser Für die Zeit bis ca. 170 n. Chr. ist ten sie auch den ägyptischen Isis-Kult bald alleine und das Chaos im Reich so gut wie kein Quellenmaterial vor- und den germanischen Mithras-Kult nahe sei. handen. Eine „Soldatenfrage“ scheint in ihren Götterhimmel. Im Ergebnis es bis zu dieser Zeit nicht gegeben blieb die Ausübung privater Religi- Der Soldatenstand zu haben. Der getaufte Christ wurde onskulte neben der „offiziellen“ La- bei Tertullian nicht Soldat und die Maxime des Apo- gerreligion durch römische Soldaten or Tertullian gibt es kaum Anzei- stels Paulus: „Ein jeder bleibe in dem toleriert, sofern dadurch nicht die Vchen dafür, dass die Frage des Stande, in welchem ihn der Ruf Got- Heeresdisziplin beeinträchtigt wurde. Armeedienstes der Christen über- tes getroffen hat“, wurde auch auf die Die erste Nachricht von christ- haupt in den Horizont der Alten Kir- Soldaten, die Christen wurden, ange- lichen Soldaten im römischen Heer che getreten ist, geschweige denn von wandt. Der christliche Soldat musste nach den apostolischen Quellen fin- ihr grundsätzlich behandelt worden selber zusehen, wie er mit dem Leben den wir im Gefolge der Ereignisse, die wäre. Kirchenvater Tertullian ist so- im Lager zurechtkam. mit dem Ausdruck „Regenwunder“ mit der erste christliche Schriftsteller, Dabei ist auch zu berücksichti- gekennzeichnet sind. Diese „Legen- der nicht nur, wie andere vor ihm, den gen, dass nach Christen weder in der de“ beinhaltet wohl auch wahre Aus- Soldatenstand mit kritischen Augen römischen Gesellschaft noch im römi- sagen, wie wir in zahlreichen Unter- betrachtet, sondern seine christliche schen Heer gezielt gefahndet wurde. suchungen nachlesen können. In un- Haltung auch zu begründen versucht. Das ergibt sich aus einem Briefwech- serem Zusammenhang ist lediglich Vor allem zwei Schriften von sel zwischen dem römischen Kaiser von Bedeutung, dass hier von christ- Tertullian behandeln die Frage des Trajan und seinem Konsul Plinius lichen Soldaten im Heer die Rede ist, Soldatenstandes: „De Idololatria 19“ dem Jüngeren um 110 n. Chr., in dem und zwar in einer recht großen Zahl. und „De Corona 11“. In beiden Tertul- Trajan sagt: Dies folgt daraus, dass sogar der Kai- lian-Texten kommt zum Ausdruck, „Du hast, mein Secundus, als Du ser von den Gebeten der Christen No- dass das Tötungsverbot entschei- die Fälle derer untersuchtest, die bei tiz genommen hatte, nachdem die 12. dendes Gewicht hat. Bei Tertullian Dir als Christen angezeigt wurden, ein Legion (Fulminata Melitensis) durch spielt dieser Punkt eine große Rol- völlig korrektes Verfahren eingeschla- einen heftigen Regen vor dem Ver- le, vor allem durch sein Bekenntnis gen. Denn es lässt sich nichts allge- dursten gerettet worden war. zum Montanismus: Tertullian erwar- mein Gültiges verfügen, das sozusagen Eine prinzipielle Ablehnung des tete das nahe Ende der Welt, weshalb als feste Norm gelten könnte. Fahnden Soldatenstandes, sofern sie jemals seine Argumentation einem strengen, soll man nicht nach ihnen; wenn sie vorher ausdrücklich seitens der Al- sittlichen Rigorismus folgt. Tertullian aber angezeigt und überführt werden, ten Kirche ausgesprochen worden ist, stuft Mord, Ehebruch und die Idolota- muss man sie bestrafen, so jedoch, dass darf also nicht zu dem Schluss verlei- rie als unverzeihliche Kapitalsünden

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ein, die vom kirchlichen Bußinstitut – Soldaten müssen öffentlich dem chen Leben in vorkonstantini- nicht vergeben werden können. Kaiser opfern, weshalb der getauf- scher Zeit. München 1902 Das Verbot des Blutvergießens te Christ unter keinen Umständen – Cadoux, Cecil John: The Early hat insbesondere im frühchristli- Soldat werden darf. church and the world. Edingburgh chen Schrifttum einen reichhalti- – Der gemeine Soldat, der Christ 1925 gen Niederschlag gefunden. Zahl- geworden ist, darf im römischen – Campenhausen, Hans von (Hg): reiche Teilfragen werden behan- Heer weiter aktiv bleiben, muss Nimm und lies. Christliche Den- delt: Menschentötung zu kultischen aber gegebenenfalls die Konse- ker von Origenes bis Erasmus von Zwecken, Selbstmord, Euthanasie, quenz ziehen, wenn es um das Rotterdam. Stuttgart 1991 Notwehr, Tod in der Arena, Kinder- Bekenntnis seines Glaubens geht. – Deschner, Karlheinz: Kriminal- mord, Todesstrafe, Tyrannenmord Vom Christentum wurde die rö- geschichte des Christentums. und Krieg. Im Ergebnis wird da- mische Staatsordnung per se nicht Band 1. Die Frühzeit. Reinbek bei überall grundsätzlich am Prinzip verworfen, sondern akzeptiert und ge- bei Hamburg 2006 festgehalten, dass der Christ nicht fördert. Loyalität zum Kaiser war ge- – Dassmann, Ernst: Die Anfänge töten darf. währleistet. In konstantinischer Zeit der Kirche in Deutschland. Stutt- Allerdings stellt sich dem Leser und danach konnte sich der christli- gart, Berlin, Köln 1993 der Texte von Tertullian und später che Soldat in Verantwortung für einen – Förster, Hans: Die Anfänge von Cyprian die Frage, wie die Kirchen- Kaiser und eine Staatsordnung sehen, Weihnachten und Epiphanias. Tü- väter die Kriege verstanden haben, die von Gott eingesetzt war. In diesem bingen 2007 die von Gott im Alten Testament Sinne befand sich der christliche Sol- – Graf, Friedrich Wilhelm; Wiegan- ausdrücklich angeordnet wurden. dat auf dem Weg zu einem kriegslosen dt, Klaus: Die Anfänge des Chris- Die Kirchenväter argumentierten da- und späterhin christlichen Friedens- tentums. Frankfurt am Main 2009 hingehend, dass die Kriege im Alten reich (pax dei), deren Verwirklichung – Harnack, Adolf von: Militia Chris- Testament geschichtliche Realitä- jedoch allein durch Gott möglich ist. ti. Tübingen 2005 ten waren, die sich jedoch auf einer Im Rahmen dieser christlichen Hoff- – Markschies, Christoph: Das an- niedrigeren Stufe der religiösen Er- nungsperspektive erscheint es ver- tike Christentum. Frömmigkeit, ziehung des Menschen abgespielt ha- ständlich, wenn Christen für tapfe- Lebensformen und Institutionen. ben; das Christentum und das Neue re römische Heere beteten und den München 2006 Testament überbieten hingegen als Soldatendienst im römischen Herr – Rauch, Andreas: Paulus in Ephe- Friedensreligion diese Vorstellung. ableisteten, denn dadurch wird nach sus. Zum 2000. Geburtstag des ihrer Meinung die Verwirklichung ei- Völkerapostels. Auf den Spuren „De militia Christi“ nes friedlichen, irdischen Weltstaa- des Heiligen in Kleinasien, in: Das Verhältnis der Alten Kirche tes (pax mundi) nur voran getrieben, Gemeinschaft Katholischer Sol- zum Soldatenstand und die Urteile einen politische Idee, von der sich daten (Hrsg): AUFTRAG, Heft Nr. über ihn lassen sich wie folgt zusam- auch das oströmische Kaiserreich, 274, Juli 2009 menfassen: das Frankenreich und das Heilige – Ritter, Adolf Martin: Alte Kirche. Bereits im Neuen Testament ist Römische Reich deutscher Nation Band I. Neukirchen-Vluyn 2007 das Christentum, speziell das Leben geleitet sahen. (9. Auflage) des christlichen Missionars und seiner Aus der römischen Spätantike ist Mitarbeiter, in militärischen Bildern bekannt, dass die Alte Kirche Priester geschildert. Das Leben als Christ wird zu den römischen Heeren schickten als Kampf aufgefasst: einerseits als und christliche Soldaten in der Aus- Kampf gegen den inneren Feind, den übung ihres Militärdienstes beglei- Hang zur Sünde und zur bösen Lei- teten. Bis heute segnen die Priester denschaft, andererseits als ein Kampf dabei nicht die Waffen der Soldaten, Redaktionsschluss gegen das heidnische Wesen und ge- die ihren Soldatendienst in Verant- gen Irrlehren, gegen Dämonen und wortung für die Staatsordnung ableis- den Teufel. ten, sondern die Seelen der Soldaten, – Der Soldatenstand ist ein Krieger- die im christlichen Verständnis durch AUFTRAG 277 stand und das Christentum ver- die Taufe Gottes Friedensreich ange- wirft prinzipiell den Krieg und hören, ganz im Sinne der Engel, die das Blutvergießen. in der Weihnachtsgeschichte beim März 2010: – Der Soldateneid steht im Gegen- Evangelisten Lukas singen: „Ehre satz zum Taufversprechen. Vor sei Gott in der Höhe und Friede auf allem Offiziere können nicht um- Erden den Menschen Seiner Huld.“ hin, die Aufgaben von Richtern (LK 2,14) Freitag, oder/und Henkern zu überneh- men, wodurch sie unmöglich zu- Literaturhinweise: 29. Januar 2010 gleich Christen und Soldaten blei- – Bigelmair, Andreas: Die Betei- ben können. ligung der Christen am öffentli-

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Nachtrag zu Bundeskanzler Helmut Schmidt (I) Kriegsende und Gefangenschaft Ein Zeitzeugengespräch mit Paul Erich-Lohmeyer am 21. Mai 2007 in Bad Münstereifel VON HELMUT SCHUH 1

berleutnant Paul-Erich Lohmey- terer Oberleutnant der Flakartillerie wirte und Postbeamte aus der Gefan- Oer –geboren am 14. Oktober 1921 stieß. Sein Name: Helmut Schmidt. genschaft entlassen. Von den Offizie- – war in den letzten Kriegsmonaten Als die Nachricht durchsickerte, dass ren war es Helmut Schmidt, der zu Chef einer schweren Flak-Batterie in alle Soldbücher eingezogen werden den ersten Entlassenen gehört. P.-E. Hamburg. Zur Abwehr der britischen sollten, kommt es zu einer ersten ge- Lohmeyer verließ erst am 28. Febru- Truppen, die in der norddeutschen meinsamen Aktion. Auf einem Stück ar 1946 das Lager in Belgien, um am Tiefebene vorrücken, verlegte die Bat- Papier und auf einem Taschentuch 02. März über Uelzen nach Osterode terie Ende April 1945 zum Bodenein- beglaubigten sich die Offiziere ge- aus der Kriegsgefangenschaft entlas- satz in den Raum Bre- genseitigg die sen zu werden. men. Beim ersten Ver- Eintragun-E Nach Gründung der Bundeswehr such, die 10,5 cm Ge- geng aus dem wurde auch P.-E. Lohmeyer 1955 wie- schütze gegen einen SoldbuchS und der Soldat. Als Oberleutnant der Hee- kanadischen Panzer- dokumentier-d resflugabwehr tritt er ein und wurde verband einzusetzen, tent die Orts- 09. Juni 1956 zum Hauptmann be- verliessen die ukraini- undu Zeitda- fördert. Während eines Einweisungs- schen „Hilfswilligen“ tent ihrer Ge- lehrgangs an der Flugabwehrschule der Batterie flucht- ffangenschaft Rendsburg lud man zu einer Vortrags- artig die Stellungen, (siehe Abbil- veranstaltung ein. Es sprach der Bun- zumal die Soldaten in ddungen). Das destagsabgeordnete Helmut Schmidt der Bekämpfung von (SPD) über die Erdzielen völlig unge- Stellung des Solda- übt waren. Der Batte- tent in der Gesell- riechef war gezwun- schaft der Bundes- gen, die Geschütze republikr Deutsch- aufzugeben und sich land.l Nach dem mit dem Rest der Truppe in Rich-h VVortrag trat P.-E. tung Hannover zu Fuß abzusetzen. Lohmeyer an den Bei Nacht wurde marschiert, bei Tage AbgeordnetenA he- in Feldscheunen o. ä. kampiert. Am Tuch nähten sie verdeckt in ihre Klei- ran und hielt ihm das Dokument aus 24. April 1945 war der Krieg für P.- dung ein. Zum Lagerleben gehörte der Kriegsgefangenschaft entgegen E. Lohmeyer und seine verbliebenen auch der Zeitvertreib mit Schach- und mit den Worten: „Na, Schmidt, kennst Soldaten vorbei. Britische Soldaten Skatspielen. Helmut Schmidt fiel im- Du mich noch?“ Der Angesproche- nahmen sie in der Lüneburger Heide mer wieder als schlechter Verlierer auf ne, dem die Gesichtszüge vor Über- gefangen und ließen sie mit amerika- und wurde deshalb von seinen Offi- raschung entgleisen: „Ach, Sie sind nischen Fahrzeugen nach Westen ab- zierskameraden gemaßregelt. das!“ Keine weitere Reaktion. Ent- transportieren. Nach mehreren Zwi- Hier hörte P.-E. Lohmeyer erst- täuscht wandte sich P. E. Lohmeyer ab. schenstationen, getrennt von seinen mals auch einen Vortrag von Helmut Als Helmut Schmidt später Ver- bisherigen Untergebenen, fand sich Schmidt, der sich intensiv mit dem teidigungsminister wurde, sandte P.-E. P.-E. Lohmeyer in einem auf freiem deutschen Widerstand im NS-System Lohmeyer ihm die damals auf Klopa- Wiesengelände errichteten Gefange- beschäftigte. Das Eiserne Kreuz mit pier niedergeschriebenen und in Rup- nensammellager bei Weeze nahe Xan- dem Hakenkreuz (EK I) hat Helmut fen gebundenen Erkenntnisse aus dem ten wieder. Die nächsten Stationen Schmidt abgelegt. In vielen Gesprä- Buchhaltungskurs im Lager zu. Auch waren Lager in Belgien, zunächst bei chen wird deutlich, dass sich Helmut dieser Versuch eines Kameraden, an Brüssel (Lager 2218 und 2230) und Schmidt bereits zu diesem Zeitpunkt den gemeinsamen Erfahrungen der schließlich das POW Camp Yabbecke mit der jüngsten Vergangenheit kri- Kriegsgefangenschaft anzuknüpfen, (2224) bei Gent. tisch auseinandergesetzt hat und eine scheiterte. Der Bundesminister für Mittlerweile hatte P.-E. Lohmey- politische Rolle in einem Nachkriegs- Verteidigung Helmut Schmidt ant- er sich mit zwei anderen Offizieren deutschland anstrebte. Neben Beiträ- wortete nicht. zusammengetan, zu denen ein wei- gen zur Politischen Bildung organi- Oberstleutnant a. D. Paul- 1 Helmut Schuh ist Oberst d.R., Pen- sierten die Kriegsgefangenen für sich Erich Lohmeyer starb am 06. März sionär und war als Truppenpsychologe Fremdsprachen-, Koch- und Buchhal- 2008 im Alter von 86 Jahren in Bad während seines Berufsleben eingesetzt tungskurse. Als erste wurden Land- Münstereifel. ❏

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Zeitgeschichte − 50 Jahre Bundeswehr Helmut Schmidt, der fünfte Bundeskanzler und die Bundeswehr Teil II: Die Kanzlerjahre 1974 bis 1982 1

VON DIETER KILIAN

ehn Tage nach dem überraschen- Doch Schmidt wollte und will kus der Geschichte verschwinden sehen, Zden Rücktritt von Kanzler Brandt nicht gefallen. Seine Gegnern be- aber das ist nun mal in allen Staaten am 6. Mai 1974 wurde Bundesfinanz- zeichneten ihn als „le Feldwebel“ und der Welt immer noch so und da kön- minister2 Helmut Schmidt vom Bun- auch Parteifreunde griffen ihn an. So nen die Deutschen keine Sonderrol- destag zum fünften Bundeskanzler hatte z.B. ausgerechnet der nachge- le spielen. Ich halte nicht viel davon. gewählt. Vater Gustav Schmidt, hoch- borene Oskar Lafontaine, dem eigene Ich halte auch nichts von Paraden.“ 7 betagt, erlebte den Aufstieg seines Erfahrungen in Krieg und Not erspart Bereits die Frage weist auf das ältesten Sohnes noch. In zahllosen blieben, Schmidt einmal vorgeworfen, gestörte Verhältnis eines Teils der Gesprächen und Interviews während „Sekundärtugenden“ zu vertreten.5 Medien und der sog. Intelligenz zum seiner Kanzlerschaft und auch in den Doch in einer Zeit, in der die Verlo- Militär hin, die ihre Staatsgäste mit langen Jahren danach drückte Helmut genheit der sog. „political correct- Flötenspiel und Ringelreihen emp- Schmidt seine soldatisch geprägte, ness“ immer weiter um sich greift, fangen möchten, ohne dabei deren hanseatisch-preußische Dienstauffas- wird gerade diese Offenheit des Alt- Wünsche zu beachten. Hier wirken sung aus. Sie war überdies von geis- kanzlers verbunden mit Bescheiden- puritanisch-skurrile Ideen à la Hei- tiger Unabhängigkeit geprägt. Auch heit in Lebensführung und Pflichter- nemann nach, vermischt mit der Idee als Kanzler blieb er ein Mann klarer füllung seitens der Bürger als beson- des „deutschen Wesens“, an dem heu- Worte: „Die von ihm bevorzugte unge- ders vorbildlich geschätzt.6 Bisweilen te nur mit anderen Vorzeichen wieder schminkte Sprache … entsprach nicht muss aber selbst der Altkanzler dem die Welt genesen soll. Sicher haben immer diplomatischem Brauch, ließ Zeitgeist Zugeständnisse machen. So Paraden in unserer Zeit keinen un- aber dafür seine Auffassungen klar antwortete er im Dezember 2008 auf mittelbaren Wert für einen militäri- erkennen.“ 3 die Frage von Ulrich Wickert, ob es schen Einsatz mehr und sind in einer Dass nicht alle seine Aussagen, heute noch angemessen wäre, Staats- Wehrpflichtarmee zu zeitaufwendig. wie z.B. die zum Ehrbegriff des Sol- gäste mit militärischen Ehren zu emp- Doch ihre repräsentative Außen- und daten, von jedem geteilt wurden, ist fangen: „Nein, angemessen weiß ich Binnenwirkung sollten nicht unter- natürlich: „Ich bin der Meinung im- nicht. Ich würde das gerne in den Or- schätzt werden. Zu Recht marschie- mer gewesen, dass es keine kollektive ren heute deutsche Soldaten mit Stolz Schuld gibt, immer nur die Schuld der Wickerts Bücher“ auf NDR Kultur. Eine am französischen Nationalfeiertag auf verbindliche Defi nition gibt es nicht. Person und nicht einer Masse. Ich muss Ehre wird allgemein als Wertschätzung der „Avenue des Champs Élysées“ hinzufügen, es gibt auch keine kollek- durch die Umwelt verstanden. Dabei als Gäste und Freunde. Es sind sol- tive Ehre. Viele ehemalige Berufssol- kann ein einzelner Angehöriger einer che Sätze, welche leicht dahingesagt Berufsgruppe, die als solche eine daten haben in jenen Jahren von der hohe Wertschätzung genießt, durchaus die unterschwellige Ablehnung des Ehre des deutschen Soldaten geredet. fehlen und sich dieser als nicht würdig Militärischen wach halten. Schmidts Dem hab ich immer widersprochen.“ 4 erweisen. Im Umkehrschluss kann sich Sympathie galt stets der Wehrpflicht. auch das Mitglied einer als wenig eh- Gegen eine Berufsarmee hegt er bis 1 Zu Teil I des Beitrags „Die Vor-Kanzler- renhaft angesehenen Gruppe ehrenhaft Jahre 1918 bis 1972“ siehe AUFTRAG verhalten und damit seine persönliche heute Unbehagen, selbst wenn es für Heft 275/September 2009, S. 32-42. Ehre bewahren. So existiert z.B. für jene angeblichen Risiken in der deut- 2 1972 führte er als Nachfolger Karl Heuss ein „allgemeines soldatisches schen Militärgeschichte keinen über- Schillers im 1. Kabinett Brandts Berufsethos“. zunächst für mehrere Monate das 5 Interview mit der Illustrierten „Stern“ 7 Helmut Schmidt im Interview mit Doppelministerium für Wirtschaft und am 15.07.1982 Ulrich Wickert, in: TV-Phoenix am Finanzen und übernahm im 2. Kabinett 6 Schmidt selbst lehnt eine Vorbildrolle 23.12.1999. Ausgerechnet der unge- Brandts dann das Finanzressort. ab: „Der Staat, seine Institutionen und diente Wickert moderierte 2005 eine 3 Maizière, Ulrich de: In der Pfl icht, S. seine politischen Repräsentanten und Sendung der ARD zum 50-jährigen Be- 323. Führer können und sollen nicht die gei- stehen der Bundeswehr. Niemals würde 4 siehe: Die Welt vom 20.12.2008, Alt- stige Führung unseres Volkes beanspru- hingegen z.B. eine Fußball-Übertragung kanzler Schmidt im Gespräch mit Ulrich chen“; in: Schmidt, Helmut, Strategie oder die Hochzeit in einem Königshaus Wickert in der Reihe „ des Gleichgewichts, S. 317. von einem Nicht-Experten kommentiert.

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zeugenden Beweis gibt: „Eine Aufhe- ner oft verletzenden Schnodderigkeit wesen.9 Die Gruppe 23 im Kanzleramt bung der allgemeinen Wehr- oder Zi- beim Umgang vor allem mit höherran- wurde nach dem Kanzlerwechsel zu- vildienstpflicht dagegen ... wäre ein gigen Soldaten, die sich – legt man die nächst noch von Brigadegeneral Dr. böser Schlag gegen die Kräfte der in- Grundsätze der Inneren Führung zu- Hans-Georg Zuber (1916-1995) wei- neren Bindung der Gesellschaft, ganz grunde – kein militärischer Vorgesetz- tergeführt. 1976 trat Kapitän z.S. Ul- abgesehen von den politischen Risiken, ter hätte ungestraft erlauben dürfen. rich Borgemeister (1932-1985) dessen die von einer reinen Berufs- oder Söld- Und die meisten haben – ein Armuts- Nachfolge an, der bereits als Fregat- nerarmee ausgehen können.“ 8 Doch zeugnis für die Zivilcourage im Militär tenkapitän von 1969 bis 1972 der mi- ihrer Aufgabe, auch die Verankerung – eine solche Behandlung auch wider- litärische Adjutant Helmut Schmidts der Bundeswehr im Volk zu vertiefen, spruchslos hingenommen. Schmidt als auf der Hardthöhe und danach noch ist die Wehrpflicht nicht gerecht ge- altem Soldaten, der Apel gut kannte, mehrere Monate von Minister Leber worden, auch wenn dies immer wieder war wahrscheinlich bewusst, was er gewesen war.10 Borgemeister leitete bekräftigt wird. Eher ist – u. a. durch der Bundeswehr mit dieser Personal- die Gruppe bis 1978 und übergab sie die geschrumpfte Zahl an Wehrpflich- entscheidung zumutete, doch er setzte dann an Oberst i.G. Dr. Dietrich Gen- tigen und den Einfluss der 68er – das sie durch. Das Beispiel zeigt – wie der schel (* 1934; später Generalmajor), Gegenteil eingetreten. Haarerlass , dass Politiker mit militä- der sie ebenfalls zwei Jahre führte. Georg Leber, der im Juli 1972 un- rischer Erfahrung und Sympathie für Dieser kam vom NATO-Hauptquartier ter Kanzler Brandt Verteidigungsmi- die Armee nicht unbedingt im Sinne in Brüssel und war zuvor von 1974 bis nister und damit Nachfolger Schmidts der Streitkräfte entscheiden. Apels 1976 als erster Leiter des Studenten- geworden war, blieb im 1. und 2. Ka- Ernennung wurde von vielen Soldaten bereiches der Bundeswehruniversität binett Schmidts Chef auf der Hardt- mit Zähneknirschen begleitet, aber sie Hamburg, d.h. deren „Kommandeur“, höhe. Am 1. Februar 1978 trat Leber war als Akt des Primats der Politik zu enger Mitarbeiter von Prof. Dr. Tho- wegen eines ungenehmigten Lausch- akzeptieren. mas Ellwein, des ersten Hochschul- mitteleinsatzes des Militärischen Ab- präsidenten, gewesen.11 1980 über- schirmdienstes (MAD) vom Amt zu- rei Generalinspekteure dienten nahm Kapitän z.S. Gerhard Krancke rück. Der Kanzler nahm den bishe- DKanzler Schmidt als militärische (* 1937) als vierter Gruppenleiter rigen Finanzminister Hans Apel (* Berater. Zunächst blieb das Amt in (GL) unter Schmidt diese Aufgabe. 1932) gegen dessen massiven Wi- den Händen von Admiral Armin Zim- Der Kanzler hatte Krancke im April derstand vor einer Übernahme des mermann (1917-1976), den Schmidt 1979 als Kommandant des Schul- Verteidigungsressorts in die Pflicht. selbst 1972 auf den höchsten militäri- schiffes „Deutschland“ bei einem Be- Stundenlang versuchte Schmidt, den schen Posten berufen hatte. Die Wert- such in der Dominikanischen Repu- sich sträubenden Apel zu überreden. schätzung war auf beiden Seiten hoch. blik kennengelernt. Im Vergleich zu Er verwies u.a. auf Apels internatio- Allerdings starb Zimmermann bereits den anderen Beamten seiner Ebene nale Erfahrung und als Behörden- viereinhalb Jahre später, am 30. No- im Kanzleramt ist der Gruppenleiter chef. Apel beugte sich schließlich. vember 1976, als erster Generalin- 23 insofern herausgehoben, als er – Der Kanzler nahm als Ehrengast am spekteur im Dienst. Ihm folgte Luft- neben seiner fachlichen Qualifika- Amtswechsel teil, als bei schneiden- waffengeneral Harald Wust (* 1921). tion – zum einen seitens der Perso- der Kälte das Wachbataillon unter Doch die Zusammenarbeit zwischen 9 1957 als Soldat auf Zeit in die Bun- Oberstleutnant Michel Walther auf Wust und Minister Apel war nur von deswehr eingetreten, führte Halle u.a. dem Paradeplatz der Hardthöhe vor kurzer Dauer und jene zwischen Kanz- als Pionieroberleutnant eine Ausbil- dem „Hochhaus“ angetreten war, um ler und seinem militärpolitischen Be- dungskompanie in Holzminden und im Schein flackernder Fackeln Vertei- rater – beide Luftwaffenoberleutnante war Jugendoffi zier im II. Korps in Ulm. Während des Studiums ab 1963 und digungsminister Leber mit einem Gro- im Krieg – nicht sehr eng. Nach nur während seiner Zeit im Internationalen ßen Zapfenstreich zu verabschieden. zwei Jahren warf der sensible Wust Militärstab der NATO als „Director of Die Entscheidung Schmidts, das Handtuch. Heeresgeneral Jürgen Information“ leistete er insgesamt acht Wehrübungen. 1977 nahm er an einem Hans Apel zum Verteidigungsminister Brandt (1921-2003) trat im Dezember Lehrgang des NATO-Defence-College zu machen, war ein Affront gegenüber 1978 die Nachfolge an und blieb dies in Rom teil und führte als Oberstleut- der Bundeswehr und ist ähnlich zu be- über die Amtszeit Schmidts hinaus nant d.R. zwischen 1979 und 1984 das werten wie die Entscheidung Kohls, bis Ende März 1983. Der SPD-nahe schwere Pionierbataillon 620 in Schles- Minister Wörner wegen dessen Ver- Offizier hatte schon als Oberst zu den wig wiederholt als Kommandeur. 10 Auf dem Dienstposten des Adjutanten halten in der sog. „Kießling-Affäre“ engen Beratern des Verteidigungsmi- von Georg Leber folgte Oberst i.G. Peter im Amt zu belassen. Es war nicht die nisters Schmidt gehört, der sein poli- Heinrich Carstens, der spätere Vier- Tatsache, dass Apel nichts von militä- tisches Gespür und seine sachlichen Sterne-General. rischen Dingen verstand, sondern sei- Analysen schätzte. 11 Genschel kritisierte in einem Erfah- rungsbericht vom Dezember 1976, dass ne grundsätzliche Aversion gegenüber Armin Halle (* 1936), einer der der militärische Berufsfeldbezug im Stu- allem Militärischen, die sich auch in Redenschreiber Schmidts, leitete dium bisher nicht verwirklicht worden seinen vier Jahren auf der Hardthö- 1978/79 die Gruppe „Information und wäre, das Interesse an militärischer he nicht geändert hat, gepaart mit ei- Kommunikation“ im Kanzleramt; be- Weiterbildung ab- und die Vernachläs- sigung des äußeren Erscheinungsbildes 8 Schmidt, Helmut, Auf der Suche nach reits 1970 war er dessen Pressespre- zunähmen. Siehe: Leonhardt, Rudolf einer öffentlichen Moral, S. 214. cher im Verteidigungsministerium ge- Walter, in: Die ZEIT vom 28.01.1977.

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nalabteilung und zum anderen auch ten Kontakt auch zur Truppe hielten. gadegeneral Günter Raulf (* 1928; durch den jeweiligen Regierungschef … Als ‚weißer Jahrgang‘ … hatte ich später Generalleutnant)18 geführt. Am handverlesen ist. In einem persönli- nur geringe Erfahrung in militärischen Ende einer brillanten Tour d‘horizon, chen Gespräch sucht sich der Kanz- Dingen. Die Offiziere der Bundeswehr bei der er die eingeplante Zeit weit ler unter mehreren Bewerbern „sei- haben mich dies nie spüren lassen. … überschritt, fragte ein sichtlich gut nen GL“ aus.12 Parteimitgliedschaft General führte gelaunter Kanzler mit seinem bekann- spielt dabei nahezu keine Rolle. „In mich ein in die Probleme der Nukle- ten „Haifischlächeln“ und provokant allen meinen Ämtern hat mich, wenn arstrategie. Die Generalinspekteure Ar- zugleich nach der Begründung für die Beförderungen anstanden – sei es zum min Zimmermann, Harald Wust und besonderen Kragenspiegel der Gene- Ministerialdirektor, zum Drei-Sterne- Jürgen Brandt haben mich stets mit ralstabsoffiziere in Heer und Luftwaf- General oder zum ‚großen‘ Botschafter Rat und Tat unterstützt.“ 16 fe. Nach einer Schrecksekunde aller – immer nur die fachliche und persön- liche Qualifikation eines Kandidaten interessiert, nicht aber seine parteiliche Bindung oder Neigung.“ 13 Diese weitgehend partei-un- abhängige Personalauswahl setzte Schmidt im Kanzleramt fort. Zeitweise gab es dort unter den Abteilungslei- tern nur einen einzigen Sozialdemo- kraten.14 Zu den Routineaufgaben des Gruppenleiters gehören z.B. die Vor- bereitung und Begleitung des Kanz- lers bei Besuchen von Truppenteilen und Manövern im Inland, nicht aber bei Auslandsreisen. Er ist für die un- mittelbare Unterstützung des Kanzlers Bild 2: Bundeskanzler Helmut Schmidt empfängt den 15. Generalstabslehr- in sicherheits- und militärpolitischen, gang der Führungsakademie (2.v.l. Brigadegeneal Günter Raulf). sowie rein militärische Fragen zustän- dig. Als „Militärspezialist im Kanzler- Anders als der Verbindungsoffi- Zuhörer antwortete ihm der schlagfer- amt“ arbeitet er eng mit dem Abtei- zier beim Bundespräsidenten übt der tige Major Jürgen von Block-Schlesier lungsleiter 2 (AL Außenpolitik)15 in Gruppenleiter aber keine protokolla- (* 1941; später Oberst): „Dann müs- dessen Funktion als außenpolitischer rische Funktion aus. Oft fungieren sen Sie, Herr Bundeskanzler, auch Berater des Kanzlers zusammen. Jür- Offiziere der Gruppe als Protokol- General Raulf die Kragenspiegel ab- gen Ruhfus (* 1930), langjähriger AL lanten von Vier-Augen-Gesprächen nehmen, denn sie sind ebenfalls ein 2 unter Kanzler Schmidt, schreibt: hochrangiger militärischer Besucher Zeichen für eine besondere Ausbil- „Ich hatte in der Unterabteilung 23 mit und der Sitzungen des Bundessicher- dung.“ Schmidt lachte ob des über- Kapitän z.S. Borgemeister und später heitsrates. Schmidt praktizierte einen zeugenden Arguments und wechselte mit Oberst i.G. Dr. Genschel engagier- direkten Führungsstil. „Manch einer das Thema. te und kenntnisreiche Offiziere, die gu- der Referenten musste damit rechnen, In der zweiten Oktoberhälfte 1975

12 per Telefon von mir zur Rücksprache nahm Helmut Schmidt erstmals als Auch die anderen Offi ziere der Gruppe 17 23 gehören – wie die Verbindungsof- gebeten zu werden.“ So rief er auch Kanzler an der 20. Kommandeurta- fi ziere beim Bundespräsidenten – bis hohe deutsche Offiziere in NATO- gung der Bundeswehr unter Gene- heute zur Spitzengruppe ihres Jahrgangs Verwendungen unmittelbar an, wenn ralinspekteur Zimmermann in Wies- und steigen meist in die Dienstgrad- die Lage dies erforderte. baden teil. Nach dem Besuch von gruppe der Generale und Admirale auf. So diente z.B. gleichzeitig mit Kz.S. Kanzler Erhard zwölf Jahre zuvor im Krancke – d.h. als „2. Mann“ – Oberst- itte Juni 1974, nur wenige Wo- November 1963 bei der 9. Komman- leutnant i.G. (* 1942), der Mchen nach seinem Amtsantritt deurtagung19 war es das zweite Mal, spätere Generalinspekteur der Bundes- als Kanzler, empfing Schmidt den dass ein deutscher Regierungschef wehr. Lediglich die Personalführung der Deutschen Marine handhabte dies in 15. und 17. Generalstabslehrgang zu den Kommandeuren der Bundes- mehreren Fällen enger. von Heer und Luftwaffe, sowie den wehr sprach. Im Zentrum seiner Rede 13 Schmidt, Helmut, Außer Dienst, S. 43. 14. Admiralstabslehrgang der Ham- standen weltwirtschaftliche Probleme 14 siehe: Knoll,Thomas, Das Bundeskanz- burger Führungsakademie im Palais leramt, S. 267 und Ruhfus, Jürgen, 18 Kommandeur der Verwendungslehr- aufwärts, S.178. Schaumburg. Es war das erste Mal, gänge an der Führungsakademie; er 15 1974-76: Dr. Carl-Werner Sanne (1923- dass ein Regierungschef angehende war erst wenige Wochen zuvor aus der 1981), Sohn von Generalleutnant Wer- Generals- und Admiralstabsoffiziere Leitungsebene des Verteidigungsmini- ner Sanne (1889-1952; Ritterkreuz), war traf. Die Gruppe wurde von dem der steriums an die Elbe versetzt worden von 1940-45 Marineoffi zier. 1976-1979: SPD nahestehenden Luftwaffen-Bri- war. Dr. Jürgen Ruhfus (* 1930). 1979-1981: 19 Im Jahre 1963 fanden zwei Komman- Berndt von Staden (* 1919) 1981/82: 16 Ruhfus, Jürgen, aufwärts, S. 187. deurtagungen statt; siehe Maizière, Dr. Otto von Gablentz (1930-2007). 17 Schmidt, Helmut, Außer Dienst, S. 50. Ulrich de, In der Pfl icht, S. 249.

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nach der Ölkrise. Den ersten Truppen- auch für ihren Geist. Wir können uns von Staden (* 1919; später Staatsse- besuch im neuen Amt stattete Kanzler im Falle der Not gut verteidigen.“ 21 kretär), dem deutschen Botschafter in Schmidt am 21.11.1975 dem Standort Doch dies war nur ein nach au- Washington, an Bord des Zerstörers Lüneburg ab. Als er jedoch anstatt in ßen gerichtetes Signal. Ob sich aber „Hessen.“ Das Schiff unter Fregat- einer Staatskarosse mit Stander in ei- die Bevölkerung der Bundesrepublik tenkapitän Klaus Schwabe (* 1938; nem schlichten hellgrauen Mercedes in jenen Jahren wirklich hätte vertei- später Kapitän z.S.) diente dem Re- mit dem Kennzeichen SU-S 809 an der digen wollen, ist fraglich. Fünf Jah- gierungschef anlässlich der 200-Jahr- Wache der Schlieffen-Kaserne vor- re später, bei der 24. Kommandeur- feier der USA in Boston als schwim- fuhr, wurde er zunächst nicht erkannt. tagung 1980 wies Schmidt auf die mende Botschaft. Drei Tage später, Kurzfristig kam Hektik auf, denn als Abhängigkeit zwischen militärischer am 16. Juli 1976, lud Schmidt aus Oberst Joachim Graf von Schwerin Verteidigungsfähigkeit und jener der gleichem Anlass US-Präsident Gerald (* 1922; später Brigadegeneral), der Kommandeur der Panzerbrigade 8, dem Kanzler melden wollte, war der Ehrenzug der Panzeraufklärungskom- panie 80 unter Oberleutnant Götte noch nicht angetreten. Schmidt – vom Inspekteur des Heeres, Generalleut- nant Horst Hildebrandt, dem Parla- mentarischen Staatssekretär Hermann Schmidt-Würgendorf (1917-1983) und Generalmajor Eberhard Burandt (* 1923; später Generalleutnant), dem Kommandeur der 3. Panzerdivision begleitet – nahm es gelassen. Sein Besuch galt dem Panzerbataillon 83 unter Oberstleutnant Kurt Schindler (* 1936; später Oberst), das in diesem Jahr den NATO-Schießwettbewerb „Canadian Army Trophy“ gewonnen hatte. Schmidt sprach mit Soldaten der verschiedenen Dienstgradgruppen und ließ sich technische Details von Panzern und Großgerät erklären. Als ein Soldat ihm vortrug, der Leopard- Panzer habe vier Fahrstufen, erzählte der Kanzler den alten Witz vom „ita- Bild 3: Erster Truppenbesuch von H. Schmidt als Kanzler in Lüneburg lienischen Panzer“, der mit vier Rück- beim PzBtl 83. Die Lüneburger Landeszeitung zeigt den Kanzler, wie er – wärts- und nur einen Vorwärtsgang beobachtet vom begleitenden Inspekteur der Marine , Vizeadmiral Luther ausgestattet wäre. Schmidt wurde das (l.) − ein 105 mm Panzergeschoss zum Ladeschützen auf dem Panzer Aufmunitionieren eines Leopard-Pan- hochwuchtet. zers vorgeführt. Der Kanzler wollte es selbst probieren und wuchtete das Gesellschaft hin. Die Gegner der Bun- Ford (1913-2006), den Marineoffizier schwere Panzergeschoss vom Kali- deswehr und des Staates waren zwar des Zweiten Weltkriegs, und Außen- ber 105 mm zum Ladeschützen, dem in der Minderheit, doch lautstark und minister Henry Kissinger (* 1923) in Gefreiten Wilfried Jahnke (* 1955) gewalttätig. So war am 24. April 1975 die Kapitänskajüte des Segelschul- aus Hittbergen, auf den Panzer und Oberstleutnant i. G. Andreas Baron schiffes „Gorch Fock“ ein, das im stöhnte ob des Gewichtes 20 von Mirbach (1931-1975), der Ver- Hafen von Baltimore lag. Komman- teidigungsattaché der Botschaft in dant war Kapitän z.S. Hans Freiherr ei einem Besuch der Volksrepu- Stockholm, zusammen mit dem Bot- von Stackelberg (* 1924). Bblik China im Oktober 1975 lob- schaftsrat Dr. Heinz Hillegaart (1911- Am 21. Mai 1976 bat Kanzler te Schmidt gegenüber Mao Zedong 1975) bei einem Überfall von Terro- Schmidt 50 Vertrauensmänner der (1893-1976) die Bundeswehr voll- risten der „Roten Armee Fraktion“ Bundeswehr in seinen Amtssitz, das mundig: „Unsere Armee gehört zu den ermordet worden. Palais Schaumburg, nach Bonn. Er am besten ausgebildeten und ausge- Am 13. Juli 1976 weilte Bundes- wollte von ihnen wissen, „was ihre rüsteten Streitkräften der Welt; das gilt kanzler Schmidt, zusammen mit Ma- Kameraden im Augenblick bewegt“. rineinspekteur Günter Luther (1922- Vor dem Erscheinen des Regierung- 20 Niedersächsisches Tageblatt – Lünebur- ger Landeszeitung vom 22./23.11.1975; 1997; später Admiral) und Berndt schefs hatte dessen Parlamentarische s.a.: Bundesarchiv/Militärarchiv – Ak- 21 Schmidt, Helmut, Menschen und Mäch- Staatssekretärin Marie Schlei (1919- tenband B 136/27054. te, S. 360. 1983) den versammelten neun Offi-

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zieren, neun Unteroffizieren und 32 wurde Schmidt erneut zum Kanzler wehr als Instrument der Außenpolitik Mannschaftsdienstgraden humorvoll gewählt. Von insgesamt 29 Mitglie- – eher Mangelware. versichert, des ehemaligen Verteidi- dern in den drei Kabinetten Schmidts Am 6. Dezember 1976 erwies der gungsministers „Liebe zur Bundes- hatten – einschließlich des Kanzlers Kanzler dem verstorbenen General- wehr“ sei nicht gerostet. 1976 deckte – insgesamt 17 als Soldat im Zweiten inspekteur, Admiral Armin Zimmer- der Kanzler seinen Verteidigungsmi- Weltkrieg gekämpft; zwölf – davon mann, die letzte Ehre und nahm an der nister Leber, der die Luftwaffengene- drei Damen – waren bei Kriegsbeginn Trauerfeier auf der Bonner Hardthö- rale Krupinski und Franke22 nach § 50 noch im Kindesalter.23 Natürlich war he teil. Heftige Schneeschauer fegten des Soldatengesetztes in den einstwei- und ist dies kein Kriterium bei der über den Paradeplatz des Verteidi- ligen Ruhestand geschickt hatte, vor- Auswahl von Ministern. Und auch die gungsministeriums. Sechs Generale behaltlos im Parlament. Zunächst hat- Tatsache, dass jemand Soldat war, ist und zwei Admirale hielten die To- tenwache. Sichtlich ergriffen folgte Schmidt dem Sarg. Er hatte Zimmer- mann noch als Verteidigungsminister auf diesen Posten berufen, war ihm freundschaftlich verbunden – beide hatten wiederholt zusammen gesegelt – und schätzte ihn fachlich. Im Oktober 1977 gratulierte Bun- deskanzler Schmidt dem früheren Ge- neral Hans Speidel zu dessen 80. Ge- burtstag.

m 28. Oktober 1977 hielt Schmidt Aals zweiter Ehrengast bei der „Alastair Buchan Memorial Lecture“ 24 im Internationalen Institut für Stra- tegische Studien (IISS) in London eine Rede, in der er sich kritisch mit der Nuklearstrategie der NATO aus- einandersetzte. Schmidt deckte die Schwachstelle der strategischen Ab- rüstung der beiden Supermächte für Europa auf und schlug Alarm. Die Kernpunkte („strategische Notwen- Bild 4: Bundeskanzler Helmut Schmidt in Begleitung des Kommandanten, digkeiten“) seiner Aussagen waren: Fregattenkapitän Klaus Schwabe, in den USA an Bord des Zerstörers – Durch die SALT-Verträge25 neu- „Hessen“. tralisierten sich die strategischen Nuklearpotentiale der USA und te es allerdings geheißen, der Kanzler weder ein Indiz für eine besondere der Sowjetunion. wäre der Meinung gewesen, eine Rüge Nähe zum Soldatentum noch für mi- – Eine Rüstungsbegrenzung, die für die beiden Generale hätte gereicht. litärischen Sachverstand. Oft ist eher nur auf die beiden Großmächte Nach dem Wahlsieg der sozial-li- Distanz zu verzeichnen. Heute aber beschränkt wäre, beeinträchtigte beralen Koalition im Dezember 1976 verfügt kaum ein deutscher Politiker daher die Sicherheitsinteressen über militärische Erfahrung, und mi- der westeuropäischen Bündnis- 22 Im Herbst 1976 war der hochdekorier- litärstrategisches Denken ist – trotz partner. te frühere Stuka-Oberst Hans-Ulrich Rudel zu einem Traditionstreffen des gestiegener Bedeutung der Bundes- – Dadurch stiegen in Europa die Aufklärungsgeschwaders 51 „Immel- Ungleichheiten auf nukleartakti- mann “ nach Bremgarten eingeladen schem und konventionellem Ge- worden. Der Chef der Luftfl otte, Gene- 23 Soldat im 2. Weltkrieg waren: W. biet zwischen Ost und West. ralleutnant Walter Krupinski und sein Arendt, E. Bahr, H. Ehrenberg, E. Epp- Stellvertreter, Generalmajor Karl Heinz ler, J. Ertl, E. Franke, H-D. Genscher, – Die Konsequenz wäre, dass die Franke, die von der Einladung Rudels K. Gscheidle, O. Graf Lambsdorff, G. NATO entweder ihr Potenzial nichts gewusst hatte, stellten sich in Leber, W. Maihofer, H. Matthöfer, K. erhöhen, oder NATO und War- Wahrnehmung ihrer Fürsorgepfl icht vor Ravens, H. Schmidt, H. Rohde, H-J. den Kommodore, Oberst Fritz Schade, Vogel und H. Westphal. Nicht gedient 24 Veranstaltung zu Ehren des ersten Di- und meinten, man müsse „dem als hatten: H. Apel (* 1930), G. Baum (* rektors des IISS, die seit 1976 durchge- rechtsradikal geltenden Rudel ebenso 1932), A. v. Bülow (* 1937), B. Eng- führt wird; Henry Kissinger war der 1. das Recht auf Läuterung zubilligen wie holm (* 1939), H. Friderichs (1931), Gastredner. ‚Linksextremisten und Kommunisten’, D. Haack (* 1934), V. Hauff ( * 1940), 25 „Strategic Arms Limitation Talks I & II“ die früher in Moskau waren wie Herbert M. Lahnstein (* 1937) und J. Schmude von 1969 bis 1979. Ergebnis war der im Wehner.“ Dieser war Vorsitzender der (* 1936), sowie Frau K. Focke, Frau A. Mai 1972 geschlossene Anti-Ballistic- SPD-Fraktion im Bundestag. Fuchs und Frau A. Huber. Missile (ABM)-Vertrag.

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schauer Pakt (WP) das militäri- hung hielt er die SPD kurzzeitig hin- J. Evans (1924-2000), dem Oberbe- sche Gleichgewicht auf niedri- ter sich, aber nach dem konstruktiven fehlshaber der US-Luftwaffe in Eu- gerem Niveau herstellen müsste. Misstrauensvotum 1982 kündigte sie ropa, und Generalleutnant Gerhard Schmidt wollte – wie Adenauer – ihm die Gefolgschaft. Limberg (1920-2006), dem Inspek- verhindern, dass die Bundesrepublik 1977 handelte der Kanzler zum teur der Luftwaffe, begleitet wurden. in eine Situation kommen könnte, in ersten Mal in der Geschichte der Bun- Dann fuhren Kanzler und Präsident der sie nuklear erpressbar würde. Er desrepublik als Inhaber der Befehls- zur nahen Airbase Wiesbaden-Er- zeigte sich hier erneut als strategisch und Kommandogewalt, wenngleich benheim, wo sie um 09:40 Uhr durch denkender und handelnder Politiker, in einer vom Grundgesetz nicht vor- Colonel Robert W. RisCassi (* 1936; eine Facette, die – neben seiner in- gesehenen Grauzone: Am 17. Ok- später General), Kommandeur einer tellektuellen Durchdringung in seinen tober gab er dem Kommandeur der Brigade der 4. US Infanteriedivision, Büchern – bereits als Verteidigungs- minister bei dem Bemühen nach stär- kerer europäischer Mitsprache bei der Nuklearplanung der NATO deutlich geworden war. „Flexible response is nonsense. Not out of date, but nonsen- se... The Western idea, which was cre- ated in the 1950‘s, that we should be willing to use nuclear weapons first, in order to make up for our so-called conventional deficiency, has never con- vinced me.“ 26 Die Bedrohung Europas durch mobile sowjetische SS-20-Raketen war zuvor nicht zur Sprache gekom- men. Doch nun nahmen die USA, wenn auch zunächst zögerlich, die vom deutschen Kanzler angestoße- ne Thematik auf. Schmidt wusste, dass eine Nachrüstung der NATO Bild 5: Bundeskanzler Schmidt empfängt im September 1978 den von der deutschen Öffentlichkeit als scheidenden Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Limberg. Gefährdung der Entspannung angese- hen würde und wollte daher in einem GSG 9, Polizeidirektor Ulrich Wege- und Oberst Robert Promies (1927- ersten Schritt die Sowjetunion zum ner (* 1929), den Einsatzbefehl, die 1980; später Brigadegeneral), dem Abbau jenes Potenzials bewegen, das von arabischen Terroristen entführte Kommandeur der Koblenzer Panzer- ausschließlich Europa bedrohte. Erst Lufthansa-Maschine „Landshut“ in brigade 14, begrüßt wurden. Danach wenn dies scheiterte, sollte die NATO der somalischen Hauptstadt Moga- nahmen sie in einem offenen Jeep ihrerseits nachrüsten. Überzeugt von dischu zu stürmen.28 Auch der poli- eine 20-minütige alliierte Feldpara- seinem Kurs, spielte er auf Risiko: tische Repräsentant vor Ort, Staats- de ab, an der von Seiten der Bundes- „Ich verknüpfe mein politisches Schick- minister Hans-Jürgen Wischnewski wehr u.a. die 2. Batterie des Panzer- sal mit der Verwirklichung beider Tei- (1922-2005; EK I) war am Ende des artilleriebataillons 145 beteiligt war. le des Doppelbeschlusses, insbesonde- Krieges – wie Schmidt – Oberleutnant Es folgte ein kurzes Treffen mit ame- re nicht nur mit dem Beginn von Ver- und Kompaniechef in einem Panzer- rikanischen und deutschen Soldaten handlungen, sondern mit dem Erfolg grenadierregiment. und deren Familien. Wenige Wochen der Verhandlungen – damit stehe und später, am 19. September 1978, weilte falle ich.“ 27 Mit dieser Rücktrittsdro- nlässlich des Staatsbesuchs der scheidenden Inspekteur der Luft- Ades amerikanischen Präsiden- waffe Limberg zu einem Abschieds- 26 Helmut Schmidt 1987 in einem BBC- ten in Deutschland empfing Kanzler besuch beim Bundeskanzler. Interview: „Die fl exible response (= Be- Schmidt am Morgen des 15. Juli 1978 Zu seinem 60. Geburtstag hatte zeichnung der NATO-Strategie, die den Einsatz von Kernwaffen als eine mögli- Jimmy Carter (* 1924) auf dem mili- Helmut Schmidt die Hamburger Bür- che Reaktion auf einen nicht-nuklearen tärischen Teil des Rhein-Main-Flug- ger am Sonnabend, dem 23.12.1978, Angriff des Warschauer Pakts vorsah) ist platzes. Es folgte ein kurzer, fünfzehn- zu einem öffentlichen Gratulations- sinnlos. Nicht veraltet, aber sinnlos. Das in den 50er Jahren entstandene Konzept minütiger Besuch einer Waffenschau empfang eingeladen. Im Großen Fest- des Westens, dass wir bereit sein müs- („static display“) amerikanischer und saal des Rathauses spielte die Big sten, als erste Kernwaffen einzusetzen, deutscher Flugzeuge,29 bei dem Carter Band der Bundeswehr unter Leitung um unsere sogenannte konventionelle und Schmidt von General William von Günter M. Noris (1935-2007; ei- Unterlegenheit auszugleichen, hat mich nie überzeugt“. 28 Aust, Stefan, Der BM-Komplex, S. 823 f. gentlich Günter Maier), dem ersten 27 Rede in Recklinghausen am 17. 29 siehe: Jimmy Carter, Library – Presi- Orchesterchef. Der Musik liebende 05.1981. dential Diaries Online. und praktizierende Schmidt hatte

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1970 die Idee, ein „Großes Schau- nister, war er zum ersten Mal bei die- brochen und als Stabsrahmenübung und Unterhaltungsorchesters“ in der sem Verband gewesen. weitergeführt, damit sie nicht zu ei- Bundeswehr zu schaffen. Bereits am Mit Minister Hans Apel, Ge- ner „Schlammschlacht” würde. Ins- 03.06.1971 hatte sich die Big Band neralinspekteur Jürgen Brandt und gesamt waren 61.000 Soldaten, 4.300 erfolgreich der Öffentlichkeit präsen- Oberst i.G. Dr. Dietrich Genschel, Ketten- und 8.000 Räderfahrzeugen tiert, wurde zur „musikalischen Ge- dem Gruppenleiter 23, weilte Schmidt sowie 95 Flächenflugzeuge und 335 heimwaffe“ Schmidts und spielt seit- am 02.02.1979 als Gast bei der US- Hubschrauber im Einsatz. dem „auf Augenhöhe“ mit internatio- Armee. Nahe dem fränkischen Dorf ährend einer elftägigen Latein- Wamerikareise, die den Kanz- ler nach Brasilien, Peru und in die Dominikanische Republik führte, gab er am 12.04.1979, dem letzten Abend der Reise, für den dominika- nischen Staatspräsidenten Antonio Guzmán (1911-1982/Freitod) einen Empfang an Bord des Schulschiffes „Deutschland“. Das größte Schiff der Bundesmarine31 lag im Hafen Haupt- stadt Santo Domingo unter seinem Kommandanten Kapitän z.S. Gerhard Krancke vor Anker und diente auf der 51. Auslandsausbildungsreise (AAR) dem Regierungschef als „schwimmen- de Botschaft“. Der Rückflug nach Deutschland am Abend mit der Boe- ing 707 „Otto Lilienthal“ der Flugbe- reitschaft der Bundeswehr verspätet sich, weil sich der Kanzler an Bord „festgeredet“ hatte. Eineinhalb Jah- re später wurde Marineoffizier Kran- cke als Nachfolger von Oberst i.G. Bild 6: Der Kanzler besucht US-Truppen in Deutschland beim Manöver Dr. Genschel Gruppenleiter im Kanz- „Reforger“; rechts vom Kanzler BMVg Hans Apel, dahinter Kapitän z.S. Dr. leramt. Fischer, Leiter Informations- u. Pressestab des BMVg. Im April 1980 besuchte Kanz- ler Schmidt die 24. Kommandeur- nalen Orchestern. Mittlerweile steht Aufstetten im Landkreis Würzburg tagung der Bundeswehr in Trier un- mit Oberstleutnant Christoph Lieder besuchte der Kanzler die A-Kompa- ter Generalinspekteur Jürgen Brandt. bereits der 5. Chef30 am Pult der 22 nie des 4. Bataillons des 63. Armor Nach 1971 – damals noch als Verteidi- Musiker und 10 Techniker. Regiments. Der Verband gehörte zur gungsminister – und 1975 war er nun 2. Brigade der 1. Infanteriedivision zum dritten Mal bei diesem Treffen Zu Beginn des Jahres 1979 ver- („The Big Red One“), die am US- der Spitzenmilitärs zu Gast. In sei- sank Norddeutschland im Schnee: Der Manöver „Certain Sentinel“ teilnahm. ner Rede skizzierte er die „deutsche Flugplatz des Marinefliegergeschwa- Die Übung unter der Leitung von Ge- Friedens- und Sicherheitspolitik im ders 1 unter Kommodore Waldemar neral George S. Blanchard (1920- westlichen Bündnis“. „Bei allen Be- Scholz im schleswig-holsteinischen 2006), dem Oberbefehlshaber der US- mühungen … sollten die Streitkräfte Jagel verwandelte sich in einen rie- Army in Europa und zugleich Ober- und vor allem die Gesellschaft nicht sigen Hubschrauberstützpunkt, von befehlshaber der 7. US-Armee, war vergessen, dass die Verteidigungsfä- dem aus 130 Hilfseinsätze mit zivilen Teil des amerikanischen Manövers higkeit einer Armee in der Demokratie Helikoptern und Hubschraubern der „REFORGER 79“, das vom 27.01. nicht wesentlich größer sein kann als Bundeswehr und des BGS geflogen bis zum 07.02.1979 in Unter- und die Verteidigungsbereitschaft der Ge- wurden. Am 26. Januar 1979 stattete Mittelfranken sowie Teilen Baden- sellschaft selbst.“ der Bundeskanzler dem Geschwader Württembergs stattfand. Von deut- Wie er diese einschätzte, ließ Schmidt einen Dankesbesuch ab; im Dezember scher Seite war die Panzerbrigade 14 offen. Doch er wiederholte mit dieser 1969, damals noch Verteidigungsmi- (alt) aus Koblenz unter Oberst Promies verdrängten Binsenweisheit – ohne an der Übung beteiligt. Bedingt durch darauf zu verweisen – im Kern eine 30 Die Bandleader waren: Günter M. Noris einen Wärmeeinbruch am 1. Febru- der zentralen Feststellungen jener sei- (1971-83), sowie die Oberstleutnan- ar, durch welchen in kürzester Zeit 31 Stapellauf 1960 auf der Nobiskrugwerft te Heinz Schiffer (1983-91), Robert die Schneedecke schmolz den Boden Kuckertz (1991-2001), Michael Euler in Rendsburg; am 28.06.1990 außer (2001-08) und Christoph Lieder (seit aufweichte, wurde die Übung unter- Dienst gestellt. 2008). 52 AUFTRAG 276• DEZEMBER 2009

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nerzeit heftig angegriffenen „Schnez- Übungstruppen des Manövers St. Ge- blenz eingeliefert und bekam einen Studie“ von 1969. org räumte Bundeskanzler Schmidt Herzschrittmacher. Doch er erholte Am 01.07.1980 führte Bundes- ein, dass die geburtenschwachen sich schnell. Ministerpräsident Jo- kanzler Schmidt ein Gespräch mit Wehrpflichtigen-Jahrgänge ihm Sor- hannes Rau, der ihn einen Tag später dem Verteidigungsminister der So- gen bereiteten. Als eine Möglichkeit besuchte, sagte hinterher: „Schmidt wjetunion, Marschall Dimitrij Usti- zu Behebung des Engpasses schloss ist ein hanseatischer Preuße oder ein now (1908-1985), sowie mit Marschall er die Einstellung von Frauen ab 1986 preußischer Hanseat wie Sie wollen!“ Nikolaj Ogarkow (1917-1994) und nicht mehr aus.34 Im März 1982 empfing Schmidt weiteren hohen sowjetischen Offizie- ren. Neben dem Kanzler bestand die deutsche Delegation aus Außenmini- ster Hans-Dietrich Genscher, Presse- sprecher Klaus Bölling (* 1928) und dem deutschen Botschafter in Mos- kau, Dr. Hans-Georg Wieck (* 1928). Erstaunlich war, dass weder der Ver- teidigungsminister, noch der damalige Generalinspekteur Jürgen Brandt als militärpolitischer Berater der Bundes- regierung dabei waren. Auf Schmidt machten die beiden Marschälle der Sowjetunion Ustinow und Ogarkow intellektuell einen vorzüglichen Ein- druck, es seien „Männer von einem Kaliber, das dem ihrer westlichen Kol- legen in keiner Weise unterlegen ist.“ 32 Ein ähnliches Urteil fällt Schmidt über die militärischen Spitzen der Bild 7: Im September 1981 empfängt der Kanzler Generalleutnant Johannes USA. Dort bliebe die Armee von den Poeppel, den scheidenden den Inspekteur Heer. regelmäßigen parteipolitischen Per- sonalveränderungen verschont. Des- Am 12.11.1980, dem 25. Geburts- den Stellvertretenden Oberbefehlsha- halb könnten sie ihre besten Leute tag der Bundeswehr, legten 150 Re- ber der alliierten Streitkräfte Europa „in relativer Ruhe durch vielfältige kruten auf dem Bonner Münsterplatz (DSACEUR), den deutschen Admiral Verwendung fördern und ziemlich früh ihr Feierliches Gelöbnis in Anwesen- Günter Luther zu dessen Abschieds- in einflußreiche Spitzenstellungen brin- heit von Bundespräsident Carl Car- besuch, den er noch als Inspekteur gen. Diese Männer haben sich dadurch stens, Verteidigungsminister Apel und der Marine kannte. oft ein über das Militärische hinaus- Außenminister Genscher ab, Auch Am 8. Mai1982 besuchte Schmidt gehendes gesamtstrategisches Urteil der Bundeskanzler nahm, begleitet die 3. Batterie des Flugabwehr-Ra- verschafft, das den Europäern in der von seinem Gruppenleiter 23 Kapitän ketenbataillons 26 in der ostfriesi- Gestalt guter Oberbefehlshaber in Eur- z.S. Krancke, daran teil. Doch wieder schen Gemeinde Wiesmoor unter ih- opa .... zugute gekommen ist.“ 33 Über einmal ging die feierliche Veranstal- rem Kommodore Oberstleutnant Peter den Politiker Haig (* 1924) hingegen tung – wie wenige Monate zuvor die Dreher. Der Kanzler wurde vom Stell- fällt Schmidts Urteil verhalten aus. Er Vereidigung von Rekruten des Panzer- vertretenden Inspekteur der Luftwaf- habe als Außenminister nicht ganz so grenadierbataillons 323 aus Schwane- fe, Generalleutnant Paul Sommerhoff umsichtig agiert wie zuvor als NATO- wede im Bremer Weserstadion – nach (* 1929), Generalmajor Hans Jörg Oberbefehlshaber in Europa. kurzer Zeit im Tumult linker Demon- Kuebart (* 1934), dem Kommandeur Im September 1980 besuchte stranten unter. der 4. Luftwaffendivision, und dem Kanzler Schmidt mit Minister Apel neuen Gruppenleiter 23 im Kanzler- die Korpsgefechtsübung „Sankt Ge- m 15.09.1981 empfing der Kanz- amt, Kapitän z.S. Ulrich Weißer (* org“ des III. Korps unter Generalleut- Aler Generalleutnant Johannes Po- 1938; später Vizeadmiral), begleitet. nant Paul-Georg Kleffel (* 1920; Rit- eppel (1921-2007), den scheiden- Das Bataillon war mit dem leistungs- terkreuz) in Osthessen. An der größten den Inspekteur des Heeres, zum Ab- gesteigerten Waffensystem „NIKE Übung der Bundeswehr im Rahmen schiedsbesuch. Die Bürde des Am- Hercules“ ausgerüstet.35 Nach der der NATO-Herbstübungen im Jahre tes forderte ihren Tribut: Im Oktober Begrüßung durch den Batteriechef 1980 nahmen etwa 48.000 Soldaten 1981 wurde Schmidt mit schweren Major Klaus Montag und dem Ab- mit 15.000 Fahrzeugen teil. In einem Herzrhythmusstörungen ins Bundes- schreiten der Ehrenformation erwar- Interview während des Besuches bei wehr-Zentral-Krankenhaus nach Ko- tete den Kanzler ein „Briefing“ über 32 Schmidt, Helmut, Menschen und Mäch- 34 Heute – Ende 2009 – dienen ca. 16.300 35 Reichweite: über 150 km; bis zu einer te, S. 124. Frauen (8,6% aller Berufs- und Zeitsol- Höhe von 30 km. Fester, wartungsfreier 33 Schmidt, Helmut, a.a.O., S. 277 f. daten) in der Bundeswehr. Treibstoff.

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Gliederung und Auftrag der Einheit. ein konstruktives Misstrauensvo- unterdrückte er bei Männern selten die Die „Dritte“ war eine der wenigen tum abgewählt. Helmut Kohl trat die Frage: ‚Haben Sie gedient?‘“ 37 Batterien der NATO, die bei überra- Nachfolge an. Schmidt blieb noch Im Oktober1983 war der Altkanz- schenden Prüfungen der Einsatzbe- vier Jahre als Politiker aktiv. Erst am ler einer der Vortragenden bei der reitschaft wiederholt höchste Noten 10.09.1986 hielt er seine Abschieds- Wintervortragsreihe der Panzergre- erreicht hatte. Neben seiner eigenen rede im Deutschen Bundestag und nadierbrigade 16 in Wentorf unter früheren Erfahrung als „Flak-Mann“ wechselte nach fast 30 Jahren in der Brigadegeneral Eckhard Klewin (* mögen ihn die herausragenden Lei- Politik ins journalistische Metier. 1934). Schmidts Verbundenheit mit alten Soldaten kam z.B. auch dadurch zum Ausdruck, dass am 06.12.1984 das Ehrenmal für die Gefallenen der Flak-Artillerie, seiner alten Truppen- gattung im Krieg, in Berlin-Steglitz besuchte und dort einen Kranz nie- derlegte. Der Führungsakademie in Hamburg stattete er als Kanzler keinen Besuch ab, doch er kannte sie aus zahlreichen Besuchen in der Vergangenheit. Nach seiner Zeit als Regierungschef kam er wiederholt nach Blankenese, so am 16.12.1983 und am 10.10.1996. Überdies ist er Ehrenmitglied im 1993 gegründeten „Freundeskreis ausländischer Offi- ziere an der Führungsakademie der Bundeswehr e.V.“ Auf Einladung von Generalmajor Wolf-Dieter Löser (* 1949; später Generalleutnant) eröff- nete der Altkanzler am 06.09.2006 als Schirmherr die Wanderaus stellung „Für eine starke Republik! – Das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“ 38 in der Führungsakademie der Bun- Bild 8: Der Bundeskanzler besucht das FlaRakBtl 26 (rechts neben dem deswehr in Hamburg-Blankenese. In Kanzler der Chef der 3. Batterie Major Klaus Montag, links am Bildrand seiner Festrede mahnte er: „Unsere Kptn z.S. Ulrich Weiser). wichtigste Aufgabe ist es, den jungen Leuten zu zeigen, wohin Diktaturen stungen bewogen haben, gerade die- führen“. Dass die Ausstellung in der se Batterie für seinen Besuch auszu- Teil III: Jahre als Publizist und Führungsakademie der Bundeswehr wählen. Nach dem Mittagessen und Altkanzler 1983 bis heute ausgestellt werde, zeichne die Bun- Gesprächen mit Vertrauensleuten er- deswehr aus, so Schmidt. läuterte der Kanzler in der Sporthalle Im Dezember 2003 ehrte die Bun- 150 Soldaten aller Dienstgradgrup- ach seinem Ausscheiden aus der deswehr ihren fünften Verteidigungs- pen die Grundzüge deutscher Sicher- Naktiven Politik startete Helmut minister, in dem die Bundeswehr- heits- und Verteidigungspolitik. Er Schmidt eine weitere intensive und Universität der Hansestadt ihm die stand den Soldaten Rede und Antwort, erfolgreiche Schaffensperiode. Das Ehrendoktorwürde verlieh und sich warnte aber vor überzogenen Hoffnun- Schreiben war ihm vertraut; mehr als – was ungewöhnlich ist – noch zu des- gen: „Ich bin kein Fachmann für Ihre 25 Bücher hat er insgesamt veröffent- sen Lebzeiten seinen Namen gab.39 täglichen Sorgen und Nöte“, entgeg- licht, viele darunter Bestseller.36 1983 37 Sommer, Theo, Macher und Moralist, in: nete er, als er mit Fragen wie nach fi- wurde Schmidt im 65. Lebensjahr ste- Zeitpunkte, Heft 1/2004, S. 9. nanzieller Vergütung, Dienstzeitbela- hend Mitherausgeber der Wochenzei- 38 Das „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“ stung und Heimfahrten in überfüllten tung „Die Zeit“ und übernahm später wurde 1924 als überparteiliche Organi- Zügen konfrontiert wurde. eine Zeit lang auch das Amt des Ge- sation ehemaliger Kriegsteilnehmer und Republikaner von der SPD, der libera- schäftsführers. Auch in dieser Zeit len Deutschen Demokratischen Partei m 17.09.1982 verließen die vier verbarg er seine Affinität zum Mili- und dem Zentrum als Reaktion auf AMinister der FDP das Kabinett tär nicht. „In Einstellungsgesprächen die Morde und Putschversuche in den Schmidts. Anfangsjahren der Weimarer Republik Zwei Wochen später, am 1. Ok- in Magdeburg gegründet und entwickel- 36 Die Helmut-Schmidt-Universität hat te sich zu einer Massenorganisation mit tober, wurde der Kanzler – nach fast eine vollständige Bibliografi e zusam- mehr als drei Millionen Mitgliedern. achteinhalb Jahren im Amt – durch mengestellt. 39 Schmidt hatte als Verteidigungsminister

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Er war häufig bei „seiner“ Bundes- te dies, als er von der „weit besseren in Washington, in London oder Paris, wehruniversität in Hamburg zu Gast, Einordnung der Bundeswehr“ sprach. in Warschau, in Madrid oder in Berlin so zur 10- und 20-Jahrfeier 1983 und Politiker aller Couleur haben diese … hat keine eigene, persönliche Erfah- 1993, sowie bei der Namensgebung Haltung seit Bestehen der Bundes- rung mit militärischer Gewalt. … Die am 16.12.2003. Bei diesem Anlass wehr gefördert, allerdings ist dabei die Generationen davor, …, ob Churchill, wurde er mit der Ehrendoktorwürde geistige Eigenständigkeit weitgehend ob Adenauer oder Kurt Schumacher, des Fachbereiches Wirtschafts- und auf der Strecke geblieben.40 Was Wun- … die haben noch selbst gewusst, was Organisationswissenschaften ausge- der, dass systemkonformes Verhalten Krieg ist.“ zeichnet. In seiner Rede ging Schmidt auf die Kameradschaft ein: „Ich habe erst im Krieg begriffen, dass wir unter einer grundfalschen, einer katastro- phalen Führung gedient haben. Zu- gleich aber hat es im Kriege eine Fülle mitmenschlicher kameradschaftlicher Erfahrungen, guter Erfahrungen ge- geben.“

Schmidts Einschätzung, die heu- tige Bundeswehr wäre „weit besser in Staat und Gesellschaft eingefügt, als jemals deutsche Streitkräfte seit 1871 und nach 1933“, ist nur insofern rich- tig, wenn er dies auf die formal-recht- liche Seite bezieht. Sollte er jedoch damit die Integration in die Gesell- schaft gemeint haben, liegt er falsch. Von Optimismus geprägt ist auch Schmidts folgende Aussage: „… und weder ein Hauptmann von Köpenick Bild 9: Altkanzler Helmut Schmidt (89) beim der Gelöbnisfeier am 20. Juli ist heute denkbar, noch ein politisch 2008 vor dem Reichstag in Berlin. intrigierender General Schleicher, noch ein politisch unterwürfiger General höher im Kurs steht als Mündigkeit Indirekt deutet Schmidt damit an, Keitel.“ und Mut zum Widerspruch, so er ge- dass Politiker, die keinen Krieg erlebt Auch heute gibt es – weil mensch- boten ist. Blickt man auf über fünf- haben, Soldaten leichter in einen sol- lich – „politisch unterwürfige“ Offi- zig Jahre Bundeswehr zurück, kann chen schickten. Nun wird kein Krieg ziere. Es sind z.B. jene, die sich der man den Eindruck gewinnen, dass der begonnen, damit politische Führer eigenen Karriere wegen dem „vor- Staatsbürger in Uniform überwiegend darin Erfahrung gewinnen können. auseilendem Gehorsam“ mehr ver- nur als Modell für die Wehrpflichtigen Dass eine solche vor Gewalt schützt, pflichtet sehen als loyalem Dienen erwünscht ist. Von manchem Politiker ist überdies nur eine Annahme. Trä- und vorurteilsfreier Beratung. Andere wird offenbar auch rüdes Verhalten fe sie zu, hätte es z.B. keinen 2. Welt- wiederum interpretieren ihre Loyali- gegenüber Soldaten als Ausdruck des krieg geben dürfen, da einige Politiker tät nur eindimensional, d.h. wähnen Primats des Politischen verstanden. als Soldaten im 1. Weltkrieg gekämpft sich nur gegenüber ihren politischen hatten und somit nach Schmidtscher Meistern in der Pflicht und überse- chmidt lobte die Zusammenfüh- These diesen hätten vermeiden müs- hen, dass sie treues Dienen unserem Srung der Offiziere der vormaligen sen. Land geschworen haben – was nicht NVA und der Bundeswehr; sie sei Den Auslandseinsätzen der Bun- deckungsgleich sein muss – und auch „unter Verteidigungsminister Volker deswehr steht der Altkanzler kritisch gegenüber den unterstellten Soldaten Rühe überraschend gut gelungen.“ Die gegenüber. Die deutsche Beteiligung in der Kameradschaftspflicht stehen. Aufgaben der Streitkräfte sind heute am Kosovo-Krieg 1999 lehnte er ab Doch da der Primat der Politik unbe- „wesentlich komplexer … als damals und lobte die Entscheidung der Re- stritten ist, hat sich das Militär grund- zu meiner Zeit“, räumte er ein. „Die gierung Schröder, sich nicht am Krieg sätzlich, d.h. ohne Wenn und Aber un- Generation der heutigen ‚Steuerleute‘ gegen den Irak (3. Golfkrieg)41 zu terzuordnen. Schmidt selbst bestätig- beteiligen. „So haben wir unserem 40 Wenn in der Vergangenheit hohe Offi zie- re in Einzelfällen politisch agierten oder Grundgesetz und dem Völkerrecht ge- den Aufbau der beiden Universitäten auch nur in den Verdacht gerieten, so zu der Bundeswehr in Hamburg und Mün- handeln, d.h. eben nicht „unterwürfi g“ chen, die am 01.10.1973 den Lehrbe- waren, wurden sie – unabhängig von 41 1. Golfkrieg (Iran-Irak, 1980-1988); 2. trieb aufgenommen hatten, maßgeblich der Parteizugehörigkeit des jeweiligen Golfkrieg (US geführte Allianz-Irak, gefördert und kann als ihr geistiger Ministers – durchweg gemaßregelt und 1990/91); 3. Golfkrieg (USA-Irak, seit Vater betrachtet werden. abgestraft. 2003).

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horcht, als wir uns dem Krieg im Irak schwierigen Umgang mit der Bun- Seine letzten Worte klangen mehr verweigert haben.“ 42 deswehr aussagt. Offiziell hatte das als Mahnung, denn als Versprechen: Auch der Afghanistan-Einsatz ist Berliner Grünflächenamt Bedenken „Jedoch jeder Soldat und jeder Re- für ihn problematisch. Die Aussage wegen der Belastung des Rasens ge- krut darf sich darauf verlassen: Auch seines Parteifreundes Peter Struck, äußert. Inoffiziell aber hieß es aus der künftig werden Bundestag und Bun- Deutschlands Freiheit werde auch rot-roten Stadtregierung im Berliner desregierung unsere Streitkräfte nur am Hindukusch verteidigt, lehnt er Rathaus, eine solche Veranstaltung im Gehorsam gegen das Grundgesetz ab. In einem „Spiegel“-Interview im sei „politisch nicht opportun“. Erst und nur im Gehorsam gegen das Völ- Herbst 200743 sagte er: „Uns stellt auf massiven Druck von Medien und kerrecht einsetzen. … Aber Ihr könnt sich nicht die Aufgabe, Afghanistan Politik kam die kommunale Freigabe. Euch darauf verlassen: Dieser Staat davon abzubringen, Mohn anzubauen. Möglich war dieses unwürdige Schau- wird Euch nicht missbrauchen.“ Eine zivile Gesellschaft aufzubauen, spiel wohl nur in Deutschland.45 Es Am 29. Januar 2009 fand in An- ist kein Grund, dort einzugreifen. Der versteht sich von selbst, dass auch wesenheit von Verteidigungsminister Grund für die Intervention war aus- hier die Sicherheitsmassnahmen so Dr. Franz Josef Jung und Altbundes- schließlich al-Qaida; und inzwischen streng waren, dass von einer öffentli- präsident von Weizsäcker ein Festakt ist al-Qaida nach Pakistan gezogen. chen Veranstaltung keine Rede sein unter dem Motto „Wissen, was zu tun Sollen wir demnächst auch dort ein- konnte. Schmidt sagte in seiner Rede: ist – von den Aufgaben und Problemen marschieren?“ „Erst da (1944) habe ich angefangen, guten Regierens“ zur nachträglichen Im Jahre 2008 bekräftigte Schmidt den verbrecherischen Charakter des Feier von Schmidts 90. Geburtstages seine Haltung: „Damals (2001) hätte ‚Dritten Reiches‘ zu begreifen. Jedoch statt. In seiner Dankesrede lobte die- ich nicht dafür plädiert, dass Deutsch- habe ich danach gleichwohl als kämp- ser die Entwicklung der Bundeswehr. land nicht mitmacht. Aber heute frage fender Soldat weiterhin meine Befehle „Alles in allem befehligen Sie eine Zu- ich mich in vollem Ernst: Was soll ei- und Pflichten befolgt – so wie Millio- verlässigen-Armee“, sagte Schmidt zu gentlich der Westen dort wollen? Es ist nen anderer Soldaten auch. … Heute Jung. Im Gegensatz zu früher seien leicht, den Entschluss zu einer militäri- muss kein Deutscher sich … mit sei- die heutigen Streitkräfte eindeutig schen Intervention zu fassen, und es ist nem gespaltenen Bewusstsein quälen, verfassungstreu. Als er die Befehls- relativ leicht, ihn dann in die Tat um- des Nachts Hitler zum Teufel zu wün- und Kommandogewalt zu übernehmen zusetzen. Es ist unendlich viel schwie- schen, aber am nächsten Tage aber- hatte, sei es noch ungewiss gewesen, riger, wieder rauszukommen, ohne ein mals seine Befehle zu befolgen.“ Der ob und wie weit sich die Soldaten dem Chaos und Mord und Totschlag zu hin- Altkanzler warnte vor der Annahme, Geiste des Grundgesetzes anvertraut terlassen.“ 44 unsere heile Welt wäre ein Dauerzu- hatten und sich bewusst als demokra- Am 17. November 2004 stellte stand, gleichsam ein unabänderliches tische Staatsbürger verhielten. Dieser Schmidt an der Bundeswehr-Univer- Grundrecht. Den Afghanistan-Einsatz Satz ist überzogen und ein Affront ge- sität Hamburg sein Buch „Die Mäch- bezeichnete er als rechtmäßig. All- genüber jenen Soldaten, die die Ar- te der Zukunft“ vor. Auch am Festakt zu kritische Töne vermied er wahr- mee aufgebaut und dieses Misstrauen anlässlich des 50-jährigen Bestehens scheinlich aus Loyalität gegenüber nicht verdient haben. der Bundeswehr, am 7. Juni 2005 in der Regierung und Kameradschaft Berlin, nahm der Altkanzler teil. gegenüber den Soldaten, die am Hin- Der Wirtschafts- und Finanzfach- dukusch ihre Pflicht tun, obwohl er mann Helmut Schmidt hat auch als um Jahrestag des Stauffenberg- ihn – wie angesprochen – in der Ver- Verteidigungspolitiker auf drei un- ZAttentats sprach Schmidt als Eh- gangenheit nicht mit Sympathie ver- terschiedlichen Verantwortungsebe- rengast in Anwesenheit von Kanzle- folgt hatte. „… wenn wir heutzutage nen – im Verteidigungsausschuss, als rin Merkel am 20. Juli 2008 bei der an militärischen Eingriffen in Afgha- Ressortminister und als Regierungs- Gelöbnisfeier von 500 Rekruten zwei- nistan uns beteiligen, dann geschieht chef – für die Bundeswehr sowohl im er Kompanien des Wachbataillons es in Übereinstimmung mit unserem strategischen Bereich als auch auf der Bundeswehr unter Oberstleut- Grundgesetz, …. Man kann über sol- dem Bildungssektor Herausragendes nant Frank Schuster (* 1963). Erst- che Einsätze streiten.“ und Beständiges geleistet. Nur wenige mals fand das Zeremoniell, bei dem deutsche Staatsmänner können eine das Musikkorps der Bundeswehr un- 45 Bereits zehn Jahre zuvor, am solche Bilanz vorweisen. ter der Stabführung von Oberstleut- 13.08.1998, hatte es in Berlin Ausein- nant Walter Ratzek (* 1960) spielte, andersetzungen um eine Gelöbnisfeier Literaturverzeichnis zu Teil I-III auf dem Platz der Republik vor dem gegeben. Damals hatte der stellvertre- – Aust, Stefan, Der Baader-Mein- tende SPD-Bundesvorsitzende Wolfgang Reichstag statt. Im Vorfeld hatte es Thierse geäußert, dass der Tag des hof-Komplex, (Neuausgabe) Hoff- Streit um diesen Ort gegeben, den Mauerbaus für eine solche Zeremonie mann und Campe Verlag, Ham- einige Medien mit „Berliner Posse“ der Bundeswehr nicht angemessen burg 2008. titulierten, der aber viel über den wäre, da dieses Datum bei ihm und vie- – Bald, Detlef, Politik der Verant- len Ostdeutschen „traurige und bittere wortung – Das Beispiel Helmut 42 Schmidt, Helmut, Rede am 20. Juli Erinnerungen“ weckte. An diesem Tag 2008. hätten die zu DDR-Zeiten üblichen Schmidt. Der Primat des Politi- 43 Der Spiegel Heft 44/2007. Aufmärsche der Kampfgruppen stattge- schen über das Militärische, Auf- 44 BILD vom 08.12.2008. funden. bau-Verlag Berlin 2008.

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– Bradley, Dermot, Würzenthal, Goldmann Taschenbuch, Mün- krieg, Verlag M. H. Hauschild, Heinz-Peter, Model, Hansgeorg, chen 2000. Bremen 1995. Die Generale und Admirale der – Schmidt, Helmut Außer Dienst Bundeswehr 1955-1997, Biblio- Jobst Siedler Verlag Berlin 2008 Bildnachweis Verlag, Osnabrück 1998. – Schmidt, Loki, Hannelore – BPA (1, 8), Bundesarchiv (5, 7), – Carter, Jimmy, Library Presiden- Schmidt erzählt aus ihrem Le- IP-Stab BMVg (2, 9), Privatarchiv tial, Diaries Online. ben, Hoffmann & Campe, Ham- Generalmajor a.D. Dr. Genschel – Dönhoff, Marion Gräfin, (Hrsg.), burg 2003. (6), Lüneburger Landeszeitung Hart am Wind: Helmut Schmidts – Schmückle, Gerd, Ohne Pauken (3), Archiv der Traditionsgemein- politische Laufbahn, Goldmann und Trompeten. Erinnerungen an schaft Zerstörer „Hessen“ (4) Sachbuch, München 1980. Krieg und Frieden, DVA Stutt- – Genscher, Hans-Dietrich, Erin- gart, 1982. Besonderer Dank gilt den Herren nerungen, Jobst Siedler Verlag, – Schmückle, Gerd, Auf der Su- Generalmajor a.D. Dr. Dietrich Gen- Berlin 1995. che nach einer neuen NATO-Stra- schel, Kapitän z.S. a.D. Gerhard Kran- – Knoll, Thomas, Das Bundeskanz- tegie, in: Vom Kalten Krieg zur cke, OStFw a.D. Eberhard Friedrichs leramt: Organisation und Funk- deutschen Einheit. Analysen und (Traditionsverein PzBtl 83) und Horst tionen 1949-1999, VS Verlag für Zeitzeugenberichte zur deutschen Balla von der Traditionsgemeinschaft Sozialwissenschaften, Wiesba- Militärgeschichte 1945 bis 1995, des Zerstörers „Hessen“. den 2004. R. Oldenbourg Verlag, München – Maizière, Ulrich de, In der 1995. Verfasser Pflicht, Verlag E. S. Mittler & – Soell, Hartmut, Helmut Schmidt Dieter Kilian, Sohn, Herford 1989. 1918-1969. Vernunft und Lei- Oberst a.D.; Mili- – Noack, Hans-Joachim,. Helmut denschaft, DVA Sachbuch, Mün- tärattaché 1880- Schmidt Die Biographie, Rowohlt chen 2003. 84 in Pakistan und Verlag, Berlin 2008. – Soell, Hartmut, Helmut Schmidt. 1991-94 in Saudi- – Rall, Günther, Mein Flugbuch. Macht und Verantwortung 1969 Arabien; zahlreiche Erinnerungen 1938-2004, Hrsg. bis heute, DVA, München 2008. Veröffentlichungen Kurt Braatz, Neunundzwanzig- – Sommer, Theo ,Macher und Mo- im AUFTRAG, u.a. Sechs Verlag, Mossburg 2004. ralist, in: Zeitpunkte Heft 1/2004. in: AUFTRAG Nr. – Rupps, Martin, Helmut Schmidt. – Ruhfus, Jürgen, aufwärts Erleb- 251/Juli 2003 (Sonderdruck) „Islam Mensch-Staatsmann-Moralist. nisse und Erinnerungen eines di- und Westliche Welt; AUFTRAG Nr. Helmut Schmidt Zum 90. Ge- plomatischen Zeitzeugen 1955 259/August 2005 bis 268/Dezember burtstag, Herder Verlag, Frei- bis 1992, EOS-Verlag Sankt Ot- 2007 „Die Bundespräsidenten und burg 2009. tilien 2006. die Bundeswehr“ sowie ab Nr. 269/ – Schmidt, Helmut, Verteidigung – Stoves, Rolf, Die 1. Panzer Di- März 2008 „Die Bundeskanzler und oder Vergeltung, Seewald Verlag, vision, Podzun Verlag, Bad Nau- die Bundeswehr“ (Adenauer Nr. 269 Stuttgart 51968. heim 1961. bis 271, Erhard Nr. 272, Kiesinger – Schmidt, Helmut, Strategie des – Thiel, Reinhold, Die bremische Nr. 273, Brandt Nr. 274 und Schmidt, Gleichgewichts, Seewald Verlag, Flugabwehr im Zweiten Welt- Teil I, Nr. 275 ). Stuttgart 1968. – Schmidt, Helmut, Menschen und Mächte, TB im Goldmann Verlag, München/ Jobst Siedler Verlag, Gespräche mit der Priesterbruderschaft St. Pius X. Berlin 1987. – Schmidt, Helmut, Die Deutschen b 28.10.09 wurden am Sitz der Kongregation für die Glaubenslehre und und ihre Nachbarn, Jobst Siedler/ Ader Päpstlichen Kommission „Ecclesia Dei“ die Gespräche zwischen der Goldmann (TB-Ausgabe) Verlag, Kommission der Heiligen Stuhls und den Vertretern der Priesterbruderschaft Berlin 1990. St. Pius X. aufgenommen. Ziel der Arbeiten sei des, die lehramtlichen Proble- me zu untersuchen, die noch immer zwischen der Bruderschaft und dem Hei- – Schmidt, Helmut, Handeln für ligen Stuhl bestehen. Deutschland. Wege aus der Kri- „In einer herzlichen, respektvollen und konstruktiven Atmosphäre wurden se, Rowohlt Verlag, Berlin 1993. die größten Fragen lehramtlicher Art hervorgehoben, die im Verlauf der Gesprä- – Schmidt, Helmut, Weggefähr- che behandelt werden“. Die Begegnungen würden in den kommenden Monaten ten Erinnerungen und Reflexio- fortgesetzt werden und wahrscheinlich alle zwei Monate stattfinden. nen, Jobst Siedler Verlag, Ber- „Im Einzelnen werden die Fragen bezüglich des Traditionsbegriffes, des lin 1996. Messbuches Pauls VI., der Interpretation des II. Vatikanischen Konzils in Kon- – Schmidt, Helmut, Kindheit und tinuität mit der katholischen Lehrtradition, der Themen der Einheit der Kirche, Jugend unter Hitler, Jobst Sied- der katholischen Prinzipien der Ökumene, der Beziehung zwischen dem Chris- ler Verlag, Berlin 1998. tentum und den nicht christlichen Religionen sowie der Religionsfreiheit un- – Schmidt, Helmut, Auf der Suche tersucht werden.“ (BB/ZENIT) nach einer öffentlichen Moral,

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49. Woche der Begegnung Vollversammlung des Katholikenrates beim Katholischen Militärbischof

VON BERTRAM BASTIAN

om 14. bis 16. September tagte das höchste Laiengremium der Katholischen Militärseelsorge im Tagungs- hotel der Telekom in Hamburg-Bergedorf. Unter dem Themenkreis „Christsein in der Bundeswehr – Öku- Vmene unter Soldaten“ trafen sich rund einhundert Delegierte aus der gesamten Bundesrepublik und den Auslandsdienststellen der Bundeswehr. Das Pontifikalamt am Mittwoch von Militärbischof Walter Mixa gab der Vollversammlung des Katholikenrates einen würdigen Abschluss.

Ökumene heute: Schwierigkeiten – Hoffnungszeichen – Als Herausforderung hob der Redner hervor, dass es Herausforderungen notwendig sei, das Wesen der Ökumene deutlich heraus- nter diesem Thema trug Privatdozent (PD) Dr. Burk- zustellen und zu begreifen: das Bemühen um Einheit im Uhard Neumann vor. Zu Beginn seiner Ausführungen Glauben bilde einen Teil des eigenen Christseins und erläuterte der Redner, dass er unter der Einschränkung vor- des eigenen Kircheseins. Das Ökumenismusdekret trage, nur aus dem Blickwinkel der römisch-katholischen des Zweiten Vatikanischen Konzils stelle ausdrücklich Kirche zu sprechen und außerdem sich auf die Situation fest: „Die Sorge um die Wiederherstellung der Einheit der Ökumene hier in Deutschland beschränke. Diese sei im ist Sache der ganzen Kirche, sowohl der Gläubigen wie weltweiten ökumenischen Dialog der katholischen Kirche auch der Hirten, und geht einen jeden an, je nach sei- aber nur ein Mosaikstein, der uns zwar persönlich beträ- ner Fähigkeit.“1 Damit die positiven Ergebnisse dieses fe, aber im Gesamtkonsens gesehen werden sollte, damit Bemühens von den Gläubigen angenommen würden, man die Größenordnung der existierenden Probleme rich- müsse man Begegnungs- und Erfahrungsräume schaffen, tig einordnen könne. Die Schwierigkeiten der Ökumene führte Neumann aus. Ökumene baue auf einer zutiefst lägen zum einen in der gesellschaftlichen Situation, führ- geistlichen Grundhaltung auf. Denn Ökumene könne nur te der Vortragende aus, zum anderen auch in dem Identi- dann wirklich fruchtbar sein, wenn sie nicht ein rein äu- tätsverständnis der Beteiligten. Er erläuterte, dass die ge- ßeres, diplomatisches oder kirchenpolitisches Handeln sellschaftliche Situation der Beliebigkeit dazu führe, dass oder gar Taktieren bedeute, sondern wenn sie auf einer unbedenklich Schlagworte nachgeredet würden, ohne in zutiefst geistlichen Grundhaltung ruhe. Das Vertrauen die tiefe einer sachgerechten Argumentation einzutreten. auf die Führung des Geistes Gottes sei Grund und die Die Identitätsprobleme der Handelnden würden unter Kraftquelle der Ökumene, betonte PD Neumann, und der Aussage „Ökumene der Profile“ von dem Ratsvorsit- wenn dieses Vertrauen auf die Führung des Geistes in zenden der Evangelischen Kirche Deutschlands, Bischof den Kirchen lebendig bleibe, dann würde Gott, auf den Wolfgang Huber, angesprochen. PD Neumann gab aber zu Wegen, die er allein kenne, die Ökumene tatsächlich bedenken, wenn dies dazu führe, dass man das Profil be- weiterführen. nutze, um sich von den anderen Gesprächspartner dieses Die anschließende Podiumsdiskussion moderierte Prozesses abzugrenzen, sei das Ziel der Ökumene in Ge- BrigGen Josef Blotz, General der Infanterie und Kom- fahr: Dann würde das Trennende betont und das Gemein- mandeur der Infanterieschule des Heeres. Da BG Blotz same unterschlagen. sich nur für diesen Tag dienstlich freimachen konnte, Die Hoffnungszeichen seine vielfältig, führte Neumann nutzte er die Gelegenheit und stellte sich den Delegier- aus. Allgemein bekannt sei die Existenz der Gemeinsa- ten persönlich vor, da er für einen Sitz im Zentralkomitee men Erklärung, die den zehnten Jahrestag am 31.10.09 der Katholiken Deutschlands kandidierte. Außer dem feiern könne, ebenso wie der zweite Ökumenische Kir- Vortragenden waren auf dem Podium für die Theologen chentag in München 2010, zwei Leuchttürme der ökume- der LtdMilDekan des Evangelischen Kirchenamtes Dr. nischen Entwicklung. Weniger bekannt seien die Dialoge Dirck Ackermann, der LtdWissDir i.K. des katholischen zwischen der orthodoxen und der röm.-kath. Kirche, in der Militärbischofsamtes Lothar Bendel und für die Laien es hauptsächlich um die Stellung des Papstes geht, sowie der Vertreter der Gemeinschaft evangelischer Soldatin- der altkatholisch – röm.-kath. Dialog. Die gegenseitige nen und Soldaten StFw Ralf Siegmann sowie die Mode- Anerkennung des Sakramentes der Taufe sei gleichfalls in ratorin der Dekanatsarbeitskonferenz des LtdMilDekan der Allgemeinheit weniger bekannt. PD Neumann beton- Kiel OberStA Caroline Traue. Bei allen Beispielen der te, dass alle diese Dialoge und Anerkennungen die Öku- praktischen Ökumene, wie die Trauerbewältigung oder mene weit voranbrächten, auch wenn diese Gespräche im der organisierten Laienarbeit, wurden die Fortschritte Fluss seien und noch nicht durch Erklärungen manifes- gelobt. Bei theologischen Fragen, wie dem Abendmahls- tiert seien. Sie zeigten aber, dass die Ökumene auf dem verständnis, wurden die eigenen Standpunkte der Theo- richtigen Wege sei. 1 „Unitatis redintegratio“, Dekret des II. Vaticanums zu Fragen des Ökumenismus, Ziffer 5

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logen hervorgehoben. Während die Vertreter der Laien Begegnung und die Kollekte beim Pontifikalamt diesem einig betonten, dass die Ökumene als eine Art TÜV des Zweck zugeführt wurden. Eine Summe von 1.500,00 €, Glaubens verstanden werden könne (vgl. unitatis red- die anlässlich des 50. Geburtstages von Hptm Michael integratio), waren die Meinungen der Theologen nicht Grundmann zusammenkam (er hatte die Sammlung auf einheitlich. Während der vortragende Redner betonte, diesen runden Betrag aufgerundet), wurde im Rahmen dass vieles von dem Erreichten noch gar nicht umgesetzt der Vollversammlung der Nachbarschaftshilfe übergeben. worden sei, betonte die evangelische Seite, dass theolo- Breiten Raum nahmen die Berichte der Bereiche ein, gisch nichts mehr ginge, das Maximum sei herausgeholt die im Detail über den Stand der Laienarbeit in den ein- worden. Über diese Behauptung konnte kein Konsens zelnen Bereichen der Versammlung vortrugen. Aufmerk- erzielt werden, denn eine solche absolute Äußerung same Zuhörer waren hier der Katholische Militärbischof wäre der Stillstand der ökumenischen Bewegung. Nach Walter Mixa und der Militärgeneralvikar Apostolischer lebhafter Diskussion wurde diese Podiumsdiskussion Protonotar Walter Wakenhut. Diese Sachstandsberichte mit dem Hinweis beendet, dass Ökumene gleichfalls können über die Moderatoren der Bereiche abgefragt wer- das gemeinsame Handeln von Christen in der Bundes- den. Anschließend wurden die Ergebnisse der Neuwah- wehr sein könne, damit die nichtgläubigen Kameraden len bekannt gegeben: neu in den Vorstand des Katholi- gewonnen würden. kenrates wurden gewählt der Leiter des Sachausschusses Verbandsarbeit, Oberstlt Alfred Warner, der Leiter des nschließend wurde die Erklärung „Christsein in der Sachausschusses Information, Oberstlt i.G. Dr. Jörg Wel- ABundeswehr – Ökumene unter Soldaten“ von den De- lenbrink, die Leiterin des Sachausschusses Ehe – Familie legierten besprochen und verabschiedet (siehe Seite ). – Partnerschaft, Tanja Limmer, der Leiter des Sachaus- Nachdem der Hauptgeschäftsführer von Renovabis schusses Gesellschaftliche Entwicklung/Friede/Umwelt, Pater Dietger Demuth die Delegierten informierte, wie Oberstlt Norbert Kisters und für den als Einzelpersönlich- vielfältig und wichtig dieses kirchliche Hilfswerk immer keit in das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken ge- noch sei, stellte OStFw Peter Weber das neue Projekt der wählten General Karl-Heinz Lather wurde BrigGen Josef Nachbarschaftshilfe des Katholikenrates vor. Zukünftig Blotz von den Delegierten in das ZdK gewählt. werden über Renovabis der Caritas in Georgien Gelder Zum Abschluss der Vollversammlung wurde am zur Verfügung gestellt, damit in diesem Land Jugendli- Abend in der Katholischen Pfarrgemeinde St. Ansgar che zu Handwerkern ausgebildet werden können. Die- (erster Bischof von Hamburg), die unter der Bezeich- sen Jugendlichen, die sonst keine richtige Chance auf nung „Kleiner Michel“ bekannt ist, das Pontifikalamt eine Ausbildung hätten, wird somit eine echte Lebens- von Dr. Walter Mixa gefeiert, bevor man sich in der Ka- grundlage gegeben. Die Versammlung bestätigte dieses tholischen Akademie Hamburg zum Empfang des Mili- Projekt, sodass die Sammlung während der Woche der tärbischofs traf.

Vor 450 Jahren starb der Reformator Philipp Melanchthon Vermittler zwischen getrennten Kirchen elanchthon sah Brücken, wo Luther nur noch Grä- se“ nicht treten könne. Zunehmend war er über die Nach- „Mben sah“, so kennzeichnete der langjährige Rats- giebigkeit „seines Philippus“ verärgert. Luther sah keinen vorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bi- Raum mehr für Kompromisse gegenüber Rom, während schof Wolfgang Huber, einmal die Unterschiede zwischen Melanchthon immer noch fragte, wie viel man nachgeben den beiden großen Reformatoren. Denn Philipp Melanch- könne. Allerdings führte auch Melanchthons Nachgiebig- thon, Theologe und Humanist, suchte das Gemeinsame zwi- keit nicht zum Kirchenfrieden. Luther war über das Schei- schen den auseinanderdriftenden Kirchen. Am 19. April tern der Einigungsbemühungen nicht überrascht. Für die 1560, vor 450 Jahren, starb der Reformator. Mit einem am Ökumene jedoch bleibt Melanchthon ein Vorbild, stellte er 31. Oktober 2009 beginnenden Gedenkjahr will die evan- doch das Gemeinsame und Verbindende der Christen im- gelische Kirche an seine Leistungen erinnern. mer vor das Trennende. Melanchthons große Stunde kam während des Augs- Melanchthon, der Systematiker und Ökumeniker der burger Reichstags 1530. Kaiser Karl V. hatte den Reichstag Reformatoren, wurde als Philipp Schwartzert am 16. Febru- in der Absicht einberufen, die katholische Kirche und ihre ar 1497 im badischen Bretten bei Karlsruhe geboren. Seine Lehre zu verteidigen. Die Protestanten waren für ihn „ketze- Erziehung übernahm der Humanist Johannes Reuchlin. Er rische Neuerer“, die die Tradition der Christen aufgegeben war es auch, der den Namen „Schwartzert“ nach humanis- hatten. Melanchthon, Weggefährte Luthers, bemühte sich tischer Manier ins Griechische übersetzte: Melanchthon dagegen in seinem Augsburger Bekenntnis, die Kontinui- („schwarze Erde“). Als 21-Jähriger war Melanchthon be- tät der neuen Lehre mit der Theologie und den Glaubens- reits Professor für griechische Sprache in Wittenberg. Hier bekenntnissen der Kirche nachzuweisen. Um des Friedens begegnete er Martin Luther und schloss mit ihm Freund- zwischen den Konfessionen willen verzichtete er dabei auf schaft. 1521 verfasste Melanchthon seine berühmten „Loci die Erwähnung heißer Eisen wie die Stellung des Papstes. communes“, eine Urdogmatik der Reformation, in der er den Zwar gefiel Luther das Augsburger Bekenntnis recht Inhalt der reformatorischen Lehre erstmals zusammenfass- gut, er bemerkte aber zugleich, dass er „so sanft und lei- te. (Ulrike Leicht /KNA)

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AAuftrag_276.indbuftrag_276.indb 5959 330.11.090.11.09 10:5610:56 KIRCHE UNTER SOLDATEN Bischofsabend am Mittwoch

Bild 3: Der Befehlshaber im Wehrbereich I Konteradmiral Jens Kronisch begrüßte die Teilnehmer und Gäste im Festsaal der Katholischen Akademie Hamburg. Im Vordergrund der Vertreter des Erzbistums Hamburg, Domkapitular Msgr. Wilm Sanders

Bild 1: Einzug zum feierlichen Pontifikalamt im Kleinen Michel

Bild 2: Die musikalische Begleitung des Pontifikalamtes hatte das Bläserensemble des Marinemusikkorps Ostsee

Bild 4: Vom Evangelischen Militärpfarramt Hamburg trug Militärdekanin Gertrud Schäfer ein Grußwort vor

Bild 5: Militärbischof Dr. Walter Mixa schenkt dem Bundesvorsitzenden der GKS, Oberstlt a.D. Paul Brochhagen Wein ein. Links Prof. Dr. Hans-Christoph Zeidler, Präsident der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg Bild 6: Oberstlt a.D. Paul Brochhagen im Gespräch mit Prof. Dr. Hans-Christoph Zeidler, Präsident der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg und Pfarrer Simon Rapp, BDKJ-Bundespräses

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49. Woche der Begegnung Bundeskonferenz Gemeinschaft Katholischer Soldaten

VON BERTRAM BASTIAN

m Morgen nach dem Pontifikalamt beginnt traditionsgemäß die Bundeskonferenz der Gemeinschaft Ka- tholischer Soldaten (GKS). Auch die GKS bereitet sich auf den zweiten ökumenischen Kirchentag (2.ÖKT) Aim nächsten Jahr vor, hatte darüber hinaus Neuwahlen und die Diskussion über die neue Ordnung auf der Basis des Leitershofener Programms 2007 vorgesehen.

n den Grußworten wur- des Redners über die Stärkung des internationalen Rech- de die Verwurzelung der tes ein. Hier sei die Forderung der Fortentwicklung der IGKS in der Landschaft internationalen Friedensabsichten hin zu einer echten, der katholischen Verbän- belastbaren und auch vollstreckbaren Rechtsordnung der de Deutschlands deutlich. Kernpunkt der beiden Kirchen. Die von allen bemerkbare Die Gemeinschaft Katho- Selbstblockade des VN-Sicherheitsrates zwinge gerade- lischer Männer Deutsch- zu zu einer solchen Rechtsordnung, aber der Weg dorthin lands (GKMD) ist vertreten sei nicht leicht, führte Prof. Hoppe aus. Letztendlich sei durch unseren Ehrenbun- der Einsatz der militärischen Macht als „ultima ratio“ im desvorsitzenden Oberstlt Grunde genommen unbestritten, sagte Prof. Hoppe, die a.D. Paul Schulz, die Ka- Voraussetzungen gingen auseinander. tholische Akademikerarbeit In der anschließenden Diskussion wurden von Prof. Deutschlands wurde durch Hoppe auch die Fragen zu den aktuellen Einsätzen der die Vizepräsidentin und Bundeswehr konkret angesprochen. Dies zeigte, dass der Schatzmeisterin Elke Pe- Wissenschaftler nicht im Elfenbeinturm der Wissenschaft ters vertreten. Der Bund der lebt, sondern in der Realität zuhause ist. Beeindruckend Deutschen Katholischen Ju- Bild 1: Prof. Dr. Thomas war seine Stellungnahme zur Verteidigung Deutschlands gend (BDKJ) schickte den Hoppe während seines am Hindukusch die Aussage: „Wenn Sie für die Menschen- Bundespräses Pfarrer Si- Vortrages würde sind, für die Gottähnlichkeit der Menschen, warum mon Rapp und von der Ka- wollen Sie den afghanischen Frauen dieses verweigern tholischen Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung war und die Zustände von vor 2001 wieder erstarken lassen?“ der Geschäftsführer Rainer Krotz anwesend und sprach – Nach diesem Vortrag brachte der Bundesvorsitzende wie die anderen Vertreter auch – ein Grußwort zu den an- die Beschlussvorlage ein, die neue Ordnung betreffend. gereisten Delegierten. Militärgeneralvikar Apostolischer Aufgrund der vielen Änderungsvorschläge von Einzelper- Protonotar Walter Wakenhut ging in seinem Grußwort mit sonen und der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit, deutlichen Worten auf die Diskussion innerhalb der GKS hatte sich der Bundesvorstand entschlossen, die Ände- über das Katholisch-Sein eines Verbandes und den Mit- rungsvorschläge in „Paketform“ zur Abstimmung zu stel- gliedsbeitrag ein (siehe Seite ). Den Vortrag über das Thema unseres Leitsatzes 10 hielt Prof. Dr. Thomas Hoppe, der an der Helmut-Schmidt-Uni- versität Hamburg Katholische Theologie unter besonderer Berücksichtigung der Sozialwissenschaften und Sozialethik lehrt (Bild 1). In Vorbereitung auf den 2.ÖKT in München 2010 betonte Prof. Hoppe, dass er in seinem Vortrag die Gemeinsamkeiten in den Vordergrund stellen würde. Aus diesem Grund begann er den Vortrag mit der Stellungnah- me der EKD zur Erklärung der Deutschen Bischofskon- ferenz „Gerechter Friede“. Dabei stellte er fest, dass die Positionen in der Frage nach einer weltumspannenden Gerechtigkeit für alle nicht weit auseinander lägen und sich in Nuancen unterscheiden würden, allerdings inter- pretationsfähig ausformuliert. Gerade in dieem Zeitalter der Globalisierung sei jedem Menschen klar, das Armut ungerecht sei und über die globale Verteilung des Wohl- standes geredet werden müsse. Auch in der Beurteilung des Vorranges der zivilen Konfliktprävention vor militä- Bild 2: Der scheidende Bundesvorsitzende Oberstlt rischer Gewalt seien die Positionen beider Kirchen nicht a.D. Paul Brochhagen übergibt OStFw Hans-Georg unvereinbar. Breiteren Raum nahmen die Ausführungen Schneeberger die Urkunde

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len. Dies war der Sache nicht förderlich, denn Delegierte, die den Originalvorschlag nicht kannten, mussten nach- fragen und hatten Klärungsbedarf. Die einfachen, kurzen Erläuterungen der Antragsteller führten keine Klarstellung herbei, sodass sich die dann eintretenden Diskussionen verzettelten. Letztendlich wurde von der Bundeskonfe- renz als höchstem Beschlussgremium der GKS, nach ei- ner Unterbrechung der Sitzung, auf Vorschlag der spontan einberufenen Bundesvorstandssitzung, die Entscheidung getroffen, den vorliegenden Entwurf der neuen Ordnung an den Bundesvorstand zurückzuweisen mit der Auflage, einen neuen Entwurf den Gremien zu präsentieren. Am Abend des Freitags beim gemeinsamen Abendes- sen der GKS wurden von Paul Brochhagen noch die ver- dienten Mitglieder StFw a.D. Alfred Bergmann und OSt- Bild 3: Ebenfalls verabschiedet aus seinen vorherigen Fw a.D. Hans-Georg Schneeberger verabschiedet (Bild 2 Funktionen wurde StFw Alfred Bergmann und Bild 3). ❏

Grußwort des Militärgeneralvikars Apostolischer Protonotar Walter Wakenhut

ie Gemeinschaft Katholischer Soldaten versteht Soldaten und Soldatinnen leben mitten drin in die- sich als ein katholischer Verband. Als Laienorga- ser Gesellschaft, sind Tag für Tag mit dieser Entwicklung Dnisation im Jurisdiktionsbereich des Katholischen konfrontiert. Es genügt jetzt nicht, sich auf alte Zeiten zu Militärbischofs für die Deutsche Bundeswehr gründet sie besinnen, sondern wir müssen uns auf das Jetzt, auf das auf dem Glauben der katholischen Kirche und orientiert Heute einstellen und das ist diese Gesellschaft und das ist sich besonders an den Ergebnissen des II. Vatikanischen dieser säkulare, weltanschaulich neutrale Staat. Konzils und der katholischen Friedenslehre. Auf dieser Sie haben sich in den vergangenen Jahren mit den In- Basis gibt sie Antwort auf die ihren Berufsstand bedrän- halten ihrer Arbeit, mit den Grundsätzen ihrer Gemein- genden Fragen. Sie tut das heute genauso als damals, als schaft auseinandergesetzt. Das Leitershofener Grundsatz- sich in Königstein im Taunus katholische Offiziere tra- programm „Gemeinsam in die Zukunft! Ziele und Wege“ fen, um miteinander in der Bundeswehr „bewusst katho- hat diese festgeschrieben. Jetzt gilt es all dem eine Ord- lisch“ zu sein. nung, einen äußeren Rahmen zu geben, einen Rahmen der Tempora mutantur et nos mutamur in illis. Die Zeiten hält – auch in unserer Zeit. ändern sich und wir ändern uns mit und in ihnen. Die fünf- Die Gemeinschaft Katholischer Soldaten ist Teil des zig Jahre, die seither vergangen sind, haben unseren Staat, organisierten Laienapostolates in Form einer kirchli- haben vor allem auch die Bundeswehr verändert. Über de- chen Vereinigung. Sie hat sich seinerzeit selbst in diese ren veränderten politischen Auftrag im geeinten Deutsch- kirchenrechtliche Position eingeordnet. Als freier Zu- land im Dienste der Völkergemeinschaft brauche ich hier sammenschluss von Gläubigen nach can 215 CIC. Frei nichts zu sagen, das hieße Eulen nach Athen tragen. Was heißt, dass man nicht gezwungen ist, einer Vereinigung uns mit Sorge erfüllen muss, ist, dass die Bundeswehr, wie beizutreten. Man tut dies, um deren Ziele und deren Auf- auch unsere Gesellschaft, immer weniger von Christen trag umzusetzen. Für mich heißt das, es muss eine klare geprägt und getragen wird. An Stelle unserer christlichen Grenze zwischen Mitgliedschaft, also denen, die die In- Werte tritt die normative Kraft des Faktischen, welche die halte ihrer Arbeit voll mittragen, sich mit der gKS voll unseren Staat tragenden Grundwerte von Menschenrecht identifizieren, und denen, die nur ab und zu dabei snd, und Menschenwürde auszuhöhlen droht. Veranstaltungen besuchen, mit ihnen als Verband sym- Der Wahlkampf zeigt es uns wieder einmal, dass viele pathisieren. Es muss eine Eintrittserklärung geben und nach dem Grundsatz leben: Was mir (und auch – unserem man muss auch austreten können und man darf eben nicht Staat) im Augenblick Vorteile verschafft, ist gut, alles an- als Karteileiche weiter existieren können und trotzdem dere ist schädlich und abzulehnen. Man demonstriert in als Mitglied zählen. Berlin gegen die Atomkraft für eine saubere Energie und Nur so kann diese Ordnung auch das Selbstbewusst- hinterlässt eine Wolke von Feinstaub aus überalterten sein und Selbstverständnis der GKS als kirchlicher, ka- Traktoren und Berge von Müll. tholischer Verband stärken und festigen. Für mich gehört

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dazu, dass Mitglieder einen Namen haben, mit ihrem Kameradinnen – darf nicht zu einer Ausfransung der Rän- Namen für die GKS stehen und dazu auch finanziell bei- der (seid umschlungen Millionen) führen und damit die tragen. Es kann eigentlich nicht sein, dass ein Verband GKS zu einer unbestimmten Größe machen und zu einer zum allergrößten Teil von „Fremdmitteln“ lebt; der Ei- Verwässerung der Inhalte führen. Die Frage muss klar be- genbeitrag gehört einfach dazu und ist für alle anderen antwortet werden: Wer gehört jetzt wirklich dazu? Sind es Verbände und Vereine im Katholischen Deutschland eine fünftausend wie bei der Brotvermehrung oder sind es nur Selbstverständlichkeit. Dass sie weiterhin vom Militärbi- die zweiundsiebzig oder gar nur die zwölf? schof tatkräftig unterstützt werden, ist selbstverständlich! Auch deshalb braucht der katholische Soldat/Solda- Aber der Militärbischof soll wissen, wer das alles ist, den tin als Mitglied in der GKS Namen und Gesicht. Denn zur er da unterstützt. Die GKS ist ein katholischer Verband. Erfüllung der Ziele und Aufgaben der Gemeinschaft ist Auch und gerade im Zeichen der Ökumene kommt es auf es erforderlich, dass im Glauben verwurzelte, sittlich ge- das katholische Profil eines Verbandes an. Die selbstver- bundene, politisch gebildete, fachlich kompetente, gewis- ständliche Offenheit nach allen Seiten hin – auch zu den senhaft dienende, dem Frieden verpflichtete Frauen und ungetauften und noch nicht glaubenden Kameraden und Männer diese Gemeinschaft bilden. ❏

Internationale Woche der Begegnung 2009

VON ANDREAS PREUSS

m Sommer 2009 nahmen Kinder und Jugendliche aus frischt und neue geknüpft. Viel zu früh musste die Gruppe IDeutschland an der Internationalen Woche der Begeg- um ihre drei Betreuer Anja Wieting und Martina und An- nung in Kärnten/Österreich teil. Wie in den letzten 5 Jahren dreas Preuss nach einer Woche feststellen, dass die Vor- hatte auch in diesem Jahr die bereitungen für die Abreise Militärpfarre in Zusammen- getroffeng werden mussten. arbeit mit der Arbeitsgemein- ZuZ gern wären alle noch eine schaft Katholischer Soldaten WocheW dageblieben. Über ei- (AKS) Jugendliche und Kinder nesn waren sich auch dieses der GKS zu einem Ferienlager JahrJ alle Teilnehmer einig: auf den Truppenübungsplatz „Neben„ der Kommunikati- Marwiesen eingeladen. ono via E-Mail sehen wir uns Vor 40 Jahren hatte die ös- iim nächsten Jahr garantiert terreichische Militärseelsor- wwieder.“ ge erstmals Kinder von ka- Aus Sicht der Betreu- tholischen Soldaten eingela- ere wäre es wünschenswert, den, um diesen zwei Wochen dassd im nächsten Jahr wieder Erholung in der Natur zu er- möglichstm viele Teilnehmer möglichen und die Eltern zu ausa dem gesamten Bundes- entlasten. Seit nunmehr sechs gebietg teilnehmen würden. Jahren wird dieses Ferienlager ImI Jahr 2010 wird das Feri- mit Teilnehmern aus verschie- eenlager voraussichtlich vom denen Ländern durchgeführt. Die Teilnehmer am Jugendferienlager mit ihren Betreu- 31. Juli bis 7. August 2010 Aufgrund des Jubiläums hatte ern vor dem Klettergarten mit Sicherheitsausrüstung stattfinden. sich dieses Jahr das Betreu- erteam um Marlene Treiber und Oberstabswachtmeister Feststellungen der Teilnehmer Markus Stromberger viele interessante Programmpunkte Einen ausführlichen Erlebnisbericht mit den wich- einfallen lassen. So wurde erstmalig in diesem Jahr die tigsten inhaltlichen Programmpunkten schrieben die ju- deutsche Delegation dem Alter entsprechend aufgeteilt gendlichen Teilnehmer Annika Preuss und Jan Gaab im und ein speziell auf Jugendliche und ein auf Kinder ab- Anschluss an das gelungene Jugendferienlager: gestimmtes Programm angeboten. „Der perfekte Sommer“ hieß das Lied das den Song- Die Anreise erfolgte über den Luftweg von Köln/Bonn Contest der Jugendlichen im Jugendferienlager gewonnen nach Klagenfurt, für einige der Teilnehmer war dies der hat. Wir haben uns eine Woche lang mit dem Thema „Mu- erste Flug und somit das erste Abenteuer in diesen zwei sik“ beschäftigt. Ziel war es, eine Band zu gründen und Wochen. Am Zielort Klagenfurt standen die Militärfahr- die Kinder des Camps dafür zu begeistern. Während die zeuge zur Weiterfahrt bereit. Jugendlichen fleißig getextet und geübt haben, lernten die Die Woche in Kärnten verging bei durchwachsenem Kinder vieles rund um das Thema „Zirkus“. Buntes Treiben Wetter wie im Flug, alte Freundschaften wurden aufge- herrschte auf der Marwiese während der ersten Woche des

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Camps. Die Kinder entdeckten ihre Talente als Jongleure schlechterte musste das Sturmbootfahren ausfallen. Statt- und Artisten und hatten eine Menge Spaß. dessen sind wir ins ‚Warmbad Villach‘ gefahren. Was eine Den Jugendlichen wurde es durch ein abwechslungs- perfekte Alternative darstellte. Weitere Ausflüge gingen reiches und ansprechendes Programm nie langweilig. Die zum Affenberg, zum Wandern in den kärntnerischen Ber- Ausflüge waren immer super. Die Touren zum Klettergar- gen und ins Kino. Trotz der vielen Aktivitäten fand täglich ten (s. Bild 1) und zum Silbersee haben uns am besten ge- das Abendlob auf der Marwiese statt. Viel Zeit und Energie fallen. Trotz Höhenangst der Teilnehmer und schwierigen steckten wir in die Vorbereitungen für die Auftritte unse- Klettersteigen haben es alle bis ans Ziel geschafft. Insge- rer vier Bands. Neben der Bandgründung hatten wir die samt rundete die Sommerrodelbahn den Tagesausflug ab. Performance und das Management der Bands zu perfekti- Geschafft und müde machten wir uns mit der Seilbahn auf onieren. Die Band „Unknown“ heizte dem Publikum ein den Weg zurück ins Camp. Bei super Wetter ging es am und gewann schließlich mit einer Coverversion von „Die Donnerstag für alle zum Silbersee baden. Wir eroberten perfekte Welle – Juli“ den Wettbewerb. die Badeinsel und genossen die Sonne beim spielen von Neben den Tränen zum Abschied kam die Freude auf Beachvolleyball. Dieser Tag war für alle ebenfalls voll von einen regen E-Mailverkehr und auf ein Wiedersehen im bleibenden Erinnerungen. Da das Wetter sich drastisch ver- nächsten Jahr bei allen Teilnehmern auf. ❏

Arbeitsgemeinschaft Katholischer Soldaten (AKS) in Österreich Festakt 40 Jahre AKS im Rahmen der Herbstkonferenz

VON OBERLEUTNANT CHRISTIAN KERSCH

n der Woche vom 5. bis 9. Oktober 2009 trafen die Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaften und Militärpfarr- gemeinden zur diesjährigen Herbstkonferenz im niederösterreichschen Seminarhotel Hirschwang zusammen. IObwohl die Konferenz ganz im Zeichen des Festaktes und des Dankgottesdienstes zum 40. Jahrestag der Gründung der AKS stand, wurde doch den aus allen Bundesländern angereisten Teilnehmern ein reichhaltiges Fortbildungsprogramm und viel Platz für Diskussionen und Erfahrungsaustausch geboten. er Montagnachmittag war dem Erfahrungsaustausch Möglichkeiten es zur Zusammenarbeit mit deren Organi- Dim Bereich der Basisarbeit in den Militärpfarren und sationen es geben kann. Anschließend referierte Oberst den örtlichen Arbeitsgemeinschaften gewidmet. Besondere Otto Just, M.Sc. Leiter des Referates Truppen- und Fa- Schwerpunkte waren die seit der Frühjahrskonferenz 2009 gesetzten Aktivitäten, die Weitergabe von Bildungsinhal- ten an die Basis, die Erfassung der AKS-Basis, sowie die Bewerbung des Familienseminars und des Seminars 3. Lebensabschnitt. Militärdekan Mag. Alfred Weinlich, der geistliche As- sistent im Präsidium der AKS, setzte am Dienstag den auf der Frühjahrskonferenz 2009 begonnenen Grundkurs Li- turgie fort. Ziel dieser Fortbildung ist es, die Mitarbeiter der AKS in die Lage zu versetzen, die wesentlichen Grund- züge der katholischen Liturgie erklären und mitgestalten zu können. Hauptaugenmerk legte Militärdekan Weinlich dieses Mal auf die Feier der Eucharistie. Durch die Ge- staltung der Morgen- und Abendandacht als „Laudes“ und „Vesper“ lernten viele Konferenzteilnehmer eine für sie neue – wenn auch in Wahrheit klassische – Art, den Tag zu beginnen und abzuschließen, kennen. Im Bildungsbereich „Kirche und Gesellschaft“ er- Bild 1: Männer der ersten Stunde: der Ehrenbundes- hielten die Teilnehmer am Mittwoch in einer durch Oberst vorsitzende der GKS, Oberst a. D. Dipl. Ing.Klein, Manfred Rotter, Oberst i.R. Michael Haubl und Amtsdi- und der ehemalige Präsident der AKS, General i.R. rektor Regierungsrat Eva Marschalek einen Überblick Prof. König über die Aktivitäten der Katholischen Aktion Österreich, des Katholischen Laienrates Österreichs und anderer ka- milienbetreuung im Streitkräfteführungskommando über tholischer Arbeitsgemeinschaften. In diesem Zusammen- das Konzept und die Umsetzung der Familienbetreuung hang wurde auch besprochen, wie sich die AKS vor Ort in und stellte auch Problemfelder in diesem Bereich dar. Die die Katholische Aktion Österreich einbringen und welche Teilnehmer diskutierten mit Oberst Just darüber, wie sich

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die Mitarbeiter der AKS in die Tätigkeit des Referates einbringen könnten. Der Donnerstag, der Tag des Festaktes und des Dank- gottesdienstes, wurde mit Vorträgen des ehemaligen Präsi- denten der AKS, General i.R. Professor Mag. Ernest Kö- nig, und seines damaligen Vizepräsidenten, Oberst i.R. Michael Haubl, über die Entstehung und Geschichte der AKS begonnen. Sie zeigten bei dieser Gelegenheit auch Möglichkeiten auf, wie die AKS unserer Kirche ihren Platz in Militär und Gesellschaft einräumen kann. Am Nachmittag verlegten die Teilnehmer nach Wie- ner Neustadt an die Theresianische Militärakademie. Hier fanden in der St.-Georgs-Kathedrale der Festakt und der Dankgottesdienst statt. Dem Festakt wohnte, neben zahl- reichen geladenen Gästen, in Vertretung des Chefs des Generalstabs, als militärische Höchstanwesender Gene- ralleutnant Mag. Othmar Commenda bei. Höhepunkt des Festaktes war der vom Ehrenbundesvorsitzenden der Ge- meinschaft Katholischer Soldaten (GKS) der Deutschen Bild 2: Oberst a. D. Dipl.-Ing. Klein, S. Ex. Militärbischof Bundeswehr, Oberst a. D. Dipl-Ing. Karl-Jürgen Klein, ge- Mag. Werner, Generalmajor Mag. Sinn und die haltene Festvortrag (Bild 1 und folgender Beitrag). Oberst Vizepräsidentin der katholischen Aktion Österreichs a.D. Klein ging dabei vor allem auf die Probleme ein, die es Frau Mag. Regina Petrik-Schweifer (von li). in der alltäglichen Arbeit sowohl in der GKS, wie auch in der AKS gibt: „Betrachtet man aus der Historie die Grün- Hilfe davon inoffiziell Gebrauch machen zu können, um dung und Entwicklung der AKS, so ist ganz offenkundig diese für unsere eigenen Mitglieder zu verwerten.“ festzustellen, dass diese Verläufe ganz ähnlich verlaufen Im Rahmen des Festaktes wurden auch die ehemaligen sind, wie wir sie in der GKS bzw. deren Vorgängerorgani- Präsidenten und Generalsekretäre geehrt. So erhielten un- sation, dem Königsteiner Offizierkreis, beobachten kön- ter anderem General i.R. Prof. Mag. Ernest König, Oberst nen.“ Und weiter: „Sowohl von der Struktur wie auch von Michael Haubl, der Generalsekretär „der ersten Stunde“, den Inhalten bietet sich eine enge und vertrauensvolle Zu- Brigadier Mag. Roland Vogel, sowie der langjährige Ge- sammenarbeit zwischen AKS und GKS an, was wir über neralsekretär und spätere Vizepräsident, Brigadier Mag. Jahre hinweg sehr intensiv wahrnehmen und üben. Aus Rolf Urrisk, eine Dankurkunde und eine speziell für die- meiner eigenen Zeit als Bundesvorsitzender der GKS … sen Anlass geschaffenen Erinnerungskerze. erinnere ich mich ganz konkret über den Gedankenaus- Höhe- und Mittelpunkt war der von SE Militärbischof tausch bezüglich der Einsätze im Ausland, Probleme der Mag. Christian Werner (Bild 2) zelebrierte festliche Dank- betroffenen Familien und des Rückhaltes in der Gesell- gottesdienst, der durch den A Capella Chor Weinviertel schaft, einen Bereich, wo die Kameraden der AKS schon unter der Leitung von Karl Seimann, einem Quartett der über viele Jahre Erfahrungen gesammelt hatten, die sie uns Militärmusik Niederösterreich und der Orgelmusikalisch sehr bereitwillig und ungeschminkt in vielen Gesprächen umrahmt wurde – dem Haydn-Jahr entsprechend die „Klei- weitergegeben haben. Für uns war das damals eine große ne Orgelsolomesse“. ❏

40 Jahre Arbeitsgemeinschaft Katholischer Soldaten Festakt an der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt am 08. Oktober 2009

VON KARL-JÜRGEN KLEIN

er Bitte, beim heutigen Festakt 40 Jahre AKS an der beitsgemeinschaft Katholischer Soldaten in Österreich und DTheresianischen Militärakademie hier in Wiener die Gemeinschaft Katholischer Soldaten in Deutschland, Neustadt die Festrede zu übernehmen, bin ich sehr ger- diese Gemeinsamkeiten möchte ich im Folgenden näher ne nachgekommen, ich fühle mich von diesem Vertrauen beleuchten, aber auch Unterschiede ansprechen als Her- und der Wertschätzung besonders geehrt. Dafür danke ausforderung für den jeweils anderen Verband. ich sehr herzlich. Viele Gemeinsamkeiten verbinden seit Doch lassen Sie mich zu Beginn Ihnen allen die herz- Jahren uns miteinander, die AKS und die GKS – die Ar- lichen Glück- und Segenswünsche der GKS überbringen

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zu diesem herausragenden Ereignis. Einen besonderen chend ihrer Struktur ist sie daher dem Militärbischof bzw. Gruß und Glückwunsch darf ich im Namen unseres neuen der Militärdiözese mit eigener Jurisdiktion zugeordnet und Bundesvorsitzenden der GKS, Herrn Oberstleutnant i. G. wird über das Generalvikariat administriert. Rüdiger Attermeyer, entbieten, der Mitte September die- Auch hier gibt es ganz enge Parallelen zur Struktur sen Jahres in Hamburg während unserer Bundeskonferenz und Arbeitsweise der GKS in Deutschland, was im we- zum neuen Bundesvorsitzenden gewählt wurde. sentlichen auf die Verbandsstrukturen der beiden Länder Ich persönlich habe die AKS und einige Ihrer Vertre- Österreich und Deutschland zurückzuführen ist, die im ter zum ersten Male kennen gelernt während der General- weltkirchlichen Kontext in dieser Form sicherlich einmalig versammlung des Apostolat Militaire International (AMI) sind. In Deutschland haben wir derzeit zusammengefasst 1977 in Bad Honnef (Deutschland) und war damals sehr in der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Organisationen beeindruckt von den handelnden Personen und der ge- der katholischen Verbände, geistliche Gemeinschaften samten Thematik, die dort behandelt wurde. Bis zu die- und Sach- und Berufsverbände, über hundert an der Zahl, sem Zeitpunkt führte Österreich das „Ständige Sekretari- die das gesellschaftliche Leben in Kirche und Staat sehr at“ mit dem ständigen Sekretär an der Spitze, es müsste wohl mitgestalten und in gegenseitiger Abhängigkeit be- zu diesem Zeitpunkt General Karl Majcen gewesen sein. einflussen. Die GKS hat über Jahre im Zentralkomitee der Gerade ein Jahr vorher war ich nach Absolvierung mei- Deutschen Katholiken einen festen Sitz, den ich persönlich ner akademischen Studien zum Diplom Ingenieur an der als gewählter Vertreter schon über 13 Jahre wahrnehme. Technische Hochschule in Aachen wieder als Hauptmann Sowohl von der Struktur wie auch von den Inhalten mit wissenschaftlicher Vorbildung in die Bundeswehr ein- bietet sich eine enge und vertrauensvolle Zusammenar- getreten, sodass dieser erste Eindruck für mein zukünfti- beit zwischen AKS und GKS an, was wir über Jahre hinweg ges Engagement in der katholischen Verbändearbeit sehr sehr intensiv wahrnehmen und üben. Aus meiner eigenen entscheidend war und mich diese positiven Erfahrungen Zeit als Bundesvorsitzender der GKS in den 90er Jahren bis heute geprägt haben. erinnere ich mich ganz konkret über den Gedankenaus- An dieser Stelle ist besonders zu bemerken, dass auch tausch bezüglich der Einsätze im Ausland, Probleme der in den Folgejahren bis heute die AKS und damit Österreich betroffenen Familien und des Rückhaltes in der Gesell- in besonderer Weise Verantwortung getragen hat in ideel- schaft, einen Bereich, wo die Kameraden der AKS schon ler, konzeptioneller und materieller Form für AMI. Über über viele Jahre Erfahrungen gesammelt hatten, die sie uns viele Jahre wurden von Vertretern der AKS die Präsiden- sehr bereitwillig und ungeschminkt in vielen Gesprächen ten bzw. die Generalsekretäre gestellt, die sich immer der weitergegeben haben. Für uns war das damals eine große vollen Unterstützung Ihres Militärbischofs und des eige- Hilfe, davon inoffiziell Gebrauch machen zu können, um für nen Verbandes sicher sein konnten. unsere eigenen Mitglieder diese Erfahrungen zu verwerten. Auch dafür gilt an dieser Stelle ein besonderer Dank, Ich persönlich war als Kommandeur des Logistikregi- zumal hier schwierige Probleme zu lösen waren, die durch mentes KFOR im Jahre 2000 sieben Monate im Kosovo die Weitsicht und die Kompetenz der handelnden Perso- und Mazedonien und habe mich dort sehr intensiv mit nen stets zu einem guten Ergebnis geführt werden konnten. Kameraden des österreichischen Bundesheeres und Mit- Dieses kann ich aus eigener Anschauung und tatkräftiger gliedern der AKS ausgetauscht und konnte auch dort die Begleitung über Jahre hinweg bezeugen. Erfahrung machen, dass diese Kameraden wesentlich er- Betrachtet man aus der Historie die Gründung und fahrener waren in diesen Auslandseinsätzen, die zu Beginn Entwicklung der AKS, so ist ganz offenkundig festzustel- für uns Soldaten der Bundeswehr nicht immer einfach zu len, dass diese Verläufe ganz ähnlich verlaufen sind, wie meistern waren. wir sie in der GKS bzw. deren Vorgängerorganisation, dem Ich komme zurück zur Historie. In den ersten Jahren Königsteiner Offizierkreis, beobachten können: Als am 15. wurde ähnlich wie bei der GKS versucht, einen Kreis von Oktober 1956 die ersten Rekruten zum österreichischen Mitarbeitern in den einzelnen Kasernen aufzubauen. Zwei Bundesheer einrückten, traten auch die ersten vier Katho- jährliche Konferenzen dienten der Weiterbildung der AKS- lischen Militärseelsorger ihren Dienst an. Soldaten aller Vorsitzenden der einzelnen Militärpfarren und der Koordi- Dienstgrade waren von Anfang an darum bemüht, die we- nierung der Arbeit mit der Militärseelsorge. nigen Militärseelsorger bei der Erfüllung ihrer Aufgaben Die AKS setzt sich mit wehrethischen Themen wie zu unterstützen. Die ersten Anfänge der AKS gehen auf „Christ und Soldat“, der Problematik des gerechtfertigten das Jahr 1962 zurück, während die eigentliche Gründung Einsatzes von Gewalt durch Streitkräfte, der Frage des dann am 28. Februar 1969 in Wien erfolgte. Bei Ihrer ers- Wehrersatzdienstes sowie mit der Bedeutung der Men- ten Konferenz auf Bundesebene am 10. Oktober 1970 in schenrechte auseinander. Es werden Angebote zur reli- Stift Melk beschloss die AKS ihre zukünftige Arbeitswei- giösen Fortbildung erarbeitet, Wallfahrten, Kinderferien- se und ihre Struktur. aktionen und Seniorenveranstaltungen durchgeführt. Als Die Arbeitsgemeinschaft Katholischer Soldaten (AKS) weitere Aufgaben sind die Unterstützung in Not geratener als eine Vereinigung katholischer Offiziere und Unter- Soldaten und andere karitative Aktivitäten – wie z. B. die offiziere sowie ziviler Angehörige des österreichischen Unterstützung behinderter Jugendlicher – zu nennen. Bundesheeres, versteht sich als Katholische Aktion der Lassen Sie mich aus diesem Wirkungskreis nochmals Militärdiözese also Laienapostolat, vergleichbar Kolping, zwei Aktivitäten herausnehmen und besonders beleuchten. Cartellverband, Jugendverbände, Katholische Frauen- und Seit einigen Jahren dürfen unsere Kinder über unseren Männerbewegung und ähnliche Vereinigungen. Entspre- Internationalen Sachausschuss der GKS an der internati-

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onalen Ferienaktion, die durch die AKS vorbereitet und allem die durch die Auslandseinsätze und den sicherheits- durchgeführt wird, teilnehmen. Hier wurde von der AKS polizeilichen Assistenzeinsatz an der Staatsgrenze häufig eine offizielle Einladung ausgesprochen, welche die GKS gewordene Fernbeziehung stellt für die Soldaten und de- sehr gerne angenommen hat. ren Familien ein erhebliches Problem dar. Diese Aktion ist bei uns in der GKS auf eine große Mit der Problematik von Fernbeziehungen bedingt Resonanz gestoßen und hat allseits Beachtung gefunden. durch häufig wiederkehrende Auslandseinsätze oder durch Die Kinder kehtren begeistert nach Hause mit den jeweils das Verweigern des dienstlich bedingten Umzugs mit der gemachten Erfahrungen zurück und erzählten davon. An Familie haben wir uns auch in der Bundeswehr und damit dieser Stelle möchte ich für diese Möglichkeit und die hohe in der GKS vermehrt auseinanderzusetzen. Aufgrund die- Qualität des Erlebten besonders danken. An welcher Stelle ser Erkenntnis hat unser Militärbischof eine Kooperation müsste es uns mehr wert sein als in unsere Kinder und Ju- mit dem Institut für Ehe und Familie an der Katholischen gendliche im Verbund mit Internationalität zu investieren. Universität Eichstätt abgeschlossen, die mit einigen wis- Ein weiteres Arbeitsfeld sind unsere Pensionäre und senschaftlichen Mitarbeitern dieses Phänomen näher un- die Soldaten, die kurz davor stehen, in Pension zu gehen. tersucht haben, und uns für unsere tägliche Arbeit mit Rat Hier möchte ich kurz von einem Angebot der GKS für und Tat in Form von Referenten für Vorträge und Ausspra- Soldaten berichten, die aus dem aktiven Dienst ausschei- chen zur Verfügung stehen. Hier hat sich besonders Herr den. Wir führen mit großer Resonanz seit einigen Jahren Dr. theol. Wendel inzwischen aufgrund seiner Kompetenz ein Seminar über drei Tage durch als Vorbereitung auf die einen Namen gemacht und hierzu ein Buch herausgege- dritte Lebensphase und das drei bis viermal im Jahr. Die- ben mit dem Titel „Fernbeziehungen“. ses Seminar erfreut sich größter Resonanz und höchster Herr Dr. Wendel ist in diesem Kreis hier in Österreich Anerkennung. Hier möchte die GKS anbieten, Kamera- auch bereits durch seine Vorträge bekannt. Hier empfehle den aus der AKS zur Teilnahme dazu einzuladen, um in ich, wenn immer es möglich ist und in die gesamte Proble- Vorbereitung einer eigenen Veranstaltung der AKS in Ös- matik passt, Herrn Dr. Wendel zum Vortrag und Gespräch terreich auch auf diesem Gebiet einen fruchtbaren Aus- einzuladen. Es ist eine wirkliche Bereicherung, ich habe tausch zu ermöglichen. ihn schon mehrfach gehört. Ähnlich wie ich das Betätigungsfeld der AKS beschrie- Was wäre ein katholischer Verband ohne ein klar defi- ben habe, wird auch die GKS in dem besonderen Berufs- niertes Leitbild zur Identifikation seiner Mitglieder. So hat bereich Bundeswehr und in den Sachbereichen Sicherheit, sich auch die GKS in ihrem Leitershofener Grundsatzpro- Frieden und Gerechtigkeit tätig. Dabei ist es das Ziel, aus gramm von 2007 zu ihren 10 Leitsätzen bekannt. Lassen der Perspektive des christlichen Glaubens heraus Antwor- Sie mich diese Leitsätze hier kurz nennen: ten auf die Lebensfragen und Lebensmöglichkeiten der – Im Glauben verwurzelt Soldaten und ihrer Familien zu geben. Sie will Katholiken – Für Recht und Freiheit in der Bundeswehr, Soldaten in der Katholischen Kirche – Sittlich gebunden und katholische Soldaten in Staat und Gesellschaft sittlich – Politisch gebildet religiöse Orientierung bieten und geistige Heimat geben. – Fachlich kompetent So will sie ihre Anliegen, die sich aus den Besonderheiten – Gewissenhaft im Gehorsam des Soldatenberufes ergeben, in den Meinungsbildungs- – Dem Frieden verpflichtet prozess von Kirche, Politik und Gesellschaft einbringen – Offen für Gleichgesinnte und in den Streitkräften zur Verwirklichung des christli- – Um Zusammenarbeit bemüht chen Zeugnisses beitragen. – Ökumenisch aufgeschlossen. Das Präsidium der AKS, das Leitungs- und Koordi- nierungsgremium auf Ebene der Militärdiözese in gleicher Diese Leitsätze stehen in direkter Verbindung mit den Form, wie der Bundesvorstand der GKS vertritt die AKS Prinzipien der GKS: in der Katholischen Aktion Österreichs, im Katholischen – Spiritualität Laienrat Österreichs und wie bereits von mir näher aus- – Solidarität geführt, im Apostolat Militaire International. Es hält auch – Subsidiarität den Kontakt zur Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Sol- – Pluralität daten im Bundesheer. Ein wichtiges Anliegen der AKS, besonders nach dem Zusammenbruch des Kommunismus, Ganz ähnlich ist das Leitbild der AKS: „Das Wort Got- ist die ideelle und materielle Unterstützung der Militär- tes glaubhaft vorleben und vermitteln“ mit Sinn und Inhalt seelsorge anderer Staaten hier vor allem aus dem Bereich gefüllt, dazu einige Ausführungen. Ich beschreibe die ak- Mittel-Ost- und Süd-Ost-Europa beim Aufbau von Laien- tuelle Situation in der Gesellschaft: organisationen innerhalb dieser Militärseelsorgen. Es ist festzustellen, dass die Gesellschaft in den letz- Seit dem Jahre 2002 ist Generalmajor Mag. Norbert ten Jahren sehr oberflächlich geworden ist. Das Streben Sinn – wir beide kennen uns schon seit einigen Jahren und nach materiellen Gütern hat im Leben vieler Menschen sind uns schon des Öfteren begegnet – Präsident der AKS. einen sehr breiten Raum eingenommen, nicht ausgenom- Ihre ganz persönlichen Schwerpunkte, lieber Herr General men davon sind auch die Soldaten. Diese vermeintlichen Sinn, sind die Sorge um die Soldatenfamilien, das Wahr- Wünsche können in dieser Form nicht erfüllt werden, die nehmen der sozialen Verantwortung und die Vertiefung der Folge ist große Unzufriedenheit. Egoismus, Wertever- Zusammenarbeit mit den Militärpfarrgemeinderäten. Vor fall, Gewinnstreben, Materialismus sowie Starrheit sind

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ihre Merkmale und stehen im Vordergrund. Der Mensch bringen und Partner sein auf der Suche nach Gott. Die als Geschöpf Gottes tritt dabei in den Hintergrund. Ab- Eucharistie ist hierbei das zentrale Element, Gebet und treibung und Sterbehilfe, nichts anderes als Euthanasie, Schrift unsere Grundlagen. sowie Genmanipulation haben das Leben als solches zur Im Sinne christlicher Nächstenliebe wollen wir Hilfe- Disposition gestellt. Für Glauben, Frömmigkeit und Froh- stellung zur Lösung der Dienst- und Alltagsprobleme ge- botschaft scheint da nur wenig Platz und Echo zu sein. ben. Die Vereinbarkeit von Dienst und Familie sowie die Vor diesem Hintergrund muss sich das Bundesheer neuen Betreuung von Familie und Angehörigen sind uns wichti- Aufgaben stellen. Jeder von uns wird davon betroffen sein, ge Anliegen. Bei uns ist jeder Willkommen, wenn er dazu ohne genau zu wissen, wohin dabei seine eigene Lebens- den persönlichen Wunsch verspürt. reise geht. Vermehrte Auslandsaufgaben und Zunahme In diesem Zusammenhang gerade auch im Hinblick der Inlandsaufgaben führen zu immer höherer Personal- auf das ganz konkrete Leitbild der AKS drängt sich die belastung. Dienst und Familie lassen sich immer weniger entscheidende Frage auf, ob grundsätzlich katholische miteinander vereinbaren. Dies führt häufig zu Überfor- Verbände auch in Zukunft noch Zuspruch finden und wei- derung. Unsere Soldaten im Ruhestand werden vielfach terhin innerhalb der Gesellschaft Einfluss haben. Hierfür vernachlässigt und fühlen sich ins Abseits gestellt. Sie müssen nach meiner Bewertung zwei zentrale Vorausset- gehören aber auch nach dem Ausscheiden aus dem akti- zungen erfüllt sein: ven Dienst als wichtiger Teil der Gesellschaft zu uns. Sie Die Menschen in den Verbänden müssen erstens die wollen sich mit ihren Erfahrungen einbringen und haben Weltorientierung des Christentums ernst nehmen und jetzt auch die nötige Zeit dafür. Vor allem bei der Jugend, bereit sein, sich einzumischen, mitzugestalten, statt sich aber auch bei den Älteren führt das alles zu großer Ver- immer nur zu verweigern. Katholische Verbände müssen unsicherung, Orientierungslosigkeit und der berechtigten zweitens die Zeichen der Zeit erkennen. Sie müssen die Frage nach dem Sinn des eigenen Lebens. Viele werden jeweilige konkrete gesellschaftlich-politische Situation, damit kaum fertig, greifen zu Drogen und Alkohol oder Werthaltungen und Orientierung der Menschen genau im flüchten in den Suizid. Blick haben und bereit sein, Organisations- und Tätig- Gott sei Dank gibt es aber immer noch sehr viele, die keitsformen darauf einzustellen. Orientierung für ihr Leben suchen, aber noch nicht auf Ich denke, die AKS wird beiden Fragestellungen hin- den Glauben an den Schöpfergott gestoßen sind, diesen reichend gerecht, was aus dem Leitbild deutlich erkennbar Glauben suchen, ihn aber noch nicht wirklich finden kön- wird und aus ihrem konkreten Tun und Handeln. Damit nen und solche, die an Gott glauben, diesen Glauben aber ist die AKS auf gutem Wege, besonders was die Zukunfts- nicht vertreten können. fähigkeit betrifft. In dieser Kenntnis um die von mir geschilderten Sach- Soweit meine konkreten Ausführungen zum Leitbild verhalte, denen sich die AKS besonders entsprechend der AKS, wo eine unmittelbare Übereinstimmung mit ihrem Leitbild kümmern will, widmet die GKS in diesem den eben von mir angeführten Leitsätzen der GKS deut- Jahre ihr Seminar der Oberst Helmut Korn Akademie, das lich wird. wir alle zwei Jahre durchführen und seit dem letzten Jah- Abschließen möchte ich meinen Vortrag mit einem re auch für Teilnehmer befreundeter ausländischer Streit- Zitat aus der neuen Enzyklika Papst Benedikt XVI. kräfte geöffnet haben, dem Thema „Kann der persönliche CARITAS IN VERITATE, wo er die Ziffer 72 der Frie- Glaube an Jesus Christus für den Soldaten hilfreich sein densthematik, die für uns Soldaten eine besondere Be- im täglichen Dienst – auch im Einsatz?“ Damit wenden deutung hat, widmet. Hier schreibt der Papst: wir uns erstmalig – 11Seminare wurden bereits durchge- „Damit diese Bemühungen – hier geht es um die Be- führt – einem reinen Glaubensthema zu, bisher haben wir mühungen zum Frieden – dauerhafte Wirkungen hervor- uns im weitesten Sinne mit ethischen Fragen bezüglich bringen können, müssen sie sich allerdings auf Werte des Soldatenberufes beschäftigt. Auch in diesem Jahre stützen können, die in der Wahrheit des Lebens verwur- werden wieder Vertreter der AKS in Fulda an diesem Se- zelt sind. Das heißt man muss die Stimme der betreffen- minar teilnehmen. Da die Verantwortung in Vorbereitung den Bevölkerung hören und sich ihre Lage anschauen, und Durchführung in meiner Hand liegt, freue ich mich um ihre Erwartungen entsprechend zu deuten. Hier muss schon auf diese ganz unterschiedlichen Begegnungen. man sich ständig in eine Linie mit der anonym geleiste- Zurück zum Leitbild der AKS: ten Anstrengung so vieler Menschen stellen, die sich sehr Indem wir “Das Wort Gottes glaubhaft vorleben und ver- dafür engagieren, die Begegnung zwischen den Völkern mitteln“, wollen wir ihnen helfen und Suchende für den zu fördern und die Entwicklung ausgehend von Liebe und Weg des Glaubens als Antwort auf ihre Sinnfrage gewin- gegenseitigem Verständnis zu begünstigen. Unter diesen nen. Entsprechend ihrem Leitbild bekennen sich die Mit- Personen sind auch gläubige Christen, die an der großen glieder der AKS ganz bewusst und gewollt zu den folgen- Aufgabe beteiligt sind, der Entwicklung und dem Frieden den Aussagen: einen vollauf menschlichen Sinn zu geben.“ Wir sind eine Gemeinschaft katholischer Soldaten. Wir Soweit das Zitat aus CARITAS IN VERITATE. suchen den christlich orientierten Soldaten und wollen Bleibt mir zum Abschluss nochmals der AKS meine ihm in Beruf und Ruhestand Heimat bieten. Unser Wir- persönlichen Glückwünsche zu diesem herausragenden kungsbereich ist dort, wo Soldaten leben und handeln. Ereignis zum Ausdruck zu bringen, verbunden mit der Wir wollen in Lebens- und Glaubensfragen beistehen, Hoffnung, auch zukünftig weiterhin so gut zusammenzu- den christlichen Glauben als Lebensorientierung näher arbeiten. ❏

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Apostolat Militaire International AMI tagt erstmals in Österreich

VON OBERSTLEUTNANT MICHAEL JEDLICKAˇ

as Apostolat Militaire International (AMI) führte vom 10. bis zum 16. Oktober 2009 erstmals in Öster- reich (Kärnten) die Jahreshauptversammlung durch. Rund 50 Delegierte aus Europa, Afrika, Amerika Dund Asien haben an dieser Konferenz teilgenommen. AMI ist ein internationaler katholischer Verband mit der Zielsetzung, Sprachrohr und Instrument zur Umsetzung der Auffassungen katholischer Soldaten in Kir- che, Streitkräften und Öffentlichkeit zu sein und steht nunmehr seit 4 Jahren unter deutscher Präsidentschaft. Das Generalsekretariat wechselte von Österreich zu den Niederlanden und wird seit 2009 von Nelleke Swin- kels van de Forst geleitet.

ie AMI Jahreshauptversammlung, die im Katholischen Entacher die Zeit genommen hat, um persönlich bei der DBildungshaus St. Georgen am Längsee stattgefunden AMI- Jahreshauptversammlung zu erscheinen. In seiner hat, war inhaltlich von Vorträgen und Fachgesprächen rund Grußbotschaft bekundete er seine Wertschätzung gegen- um das Thema: „Der christliche Soldat, Diener der Sicher- über dem Katholischen Laienapostolat im ÖBH und auf heit und der Freiheit der Völker“ im Sinne der internati- Internationaler Ebene, sowie sein Interesse an den Ergeb- onalen christlichen Verständigung und Zusammenarbeit nissen dieser AMI-Jahreshauptversammlung. geprägt.g Beeindruckend Im Auftrag des AKS Präsidenten Generalmajor Mag. warenw vor allem die Vor- Norbert Sinn (Bild 1) zeichneten Oberstleutnant Michael träget zum Themenbe- Jedliˇcka und Oberstabswachtmeister Markus Stromberger reich:r „Interkulturelle mit ihrem Team für die Vorbereitung und Durchführung der Kompetenz in Ausland- Konferenz verantwortlich. Generalvikar Monsignore Mag. seinsätzen“, welche von Dr. Franz Fahrner informierte über die Aufgabenstellung 3 Vortragenden in un- und Herausforderungen der Militärseelsorge im ÖBH. terschiedlichent Ansät- zenz beleuchtet wurden. Ein attraktives Rahmenprogramm trug wesentlich Bild 1: BrigGen Dipl.- Univ. Prof. DDr. Christi- zum Gelingen dieser Konferenz bei: Inform. Reinhard Kloss bei an Stadler konzentrierte – Eröffnungsgottesdienst mit dem Militärbischof aus der der Überreichung der AMI sich in seinen Ausfüh- Slowakei, S.E. Frantisek Rabek, als Hauptzelebran- Medaille an Generalvikar rungen auf den philo- ten in der Stadthauptpfarrkirche Klagenfurt/St. Egid Monsignore Mag. Dr. Fahrner sophischen Aspekt, Bi- – Besichtigung des berühmten Gurker Domes schofsvikar Monsignore – Briefings durch höchste Vertreter des Österreichischen Dr. Werner Freistetter (geistlicher Assistent des AMI und Bundesheeres und eine Gefechtsvorführung eines Sze- Leiter des Instituts für Religion und Frieden im Österrei- narios für friedenserhaltende Einsätze durch das Jäger- chischen Militärbischofsamt) befasste sich mit dem theo- bataillon 25 in der Klagenfurter Khevenhüllerkaserne logischen Aspekt und Brigadier Mag. Thomas Starlinger – Empfang des Landeshauptmannes von Kärnten im (Kommandant der 7. Jägerbrigade des Österreichischen Wappensaal des Kärntner Landhauses Bundesheeres) beleuchtete den militärischen Aspekt. Als – Platzkonzert der Militärmusik Kärnten im Stiftshof von wichtigste Erkenntnis der Vorträge sei bemerkt, dass sich St. Georgen und Abschlussgottesdienst in der Stiftskir- Soldaten im Rahmen von Auslandseinsätzen bewusst sein che mit dem Militärbischof von Österreich, S.E.Mag. müssen, nicht zu versuchen, eine fremde Kultur durch die Christian Werner, dem Diözesanbischof von Gurk, S.E. eigene Kultur zu ersetzen, sondern dass es vielmehr not- Dr. Alois Schwarz und dem Militärbischof der Philip- wendig ist, fremde Kulturen zu verstehen und zu respek- pinen, S.E. Leopoldo Tumulak tieren. Grundvoraussetzung dafür ist natürlich, dass man über die eigenen kulturellen Wurzeln und Eigenheiten Be- Alle Konferenzteilnehmer sprachen den Organisato- scheid weiß und sich in weiterer Folge mit den kulturellen ren dieser Konferenz höchstes Lob für die professionelle und historischen Gegebenheiten im Einatzraum auseinan- Abwicklung dieser Veranstaltung aus. Der AMI Präsident, dersetzt. Als katholischer Soldat sollte man sich bewusst Herr Brigadegeneral Dipl.-Inform. Reinhard Kloss von der sein, dass Religion ein integraler Bestandteil von beinahe Deutschen Gemeinschaft Katholischer Soldaten (GKS), allen Kulturen ist denen man begegnet und deshalb res- bedankte sich vor allem auch beim Gastgeber, dem AKS pektiert werden muss. Präsidenten Generalmajor Mag. Norbert Sinn, beim Team Alle Konferenzteilnehmer, vor allem aber auch für des Katholischen Bildungshauses St. Georgen am Längsee, die Vertreter der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Sol- beim Österreichischen Militärbischof und den Vertretern daten (AKS), haben es als eine besondere Auszeichnung der Militärseelsorge, beim Diözesanbischof von Gurk, beim empfunden, dass sich der ranghöchste Offizier des Öster- Militärkommando Kärnten, bei der Stadt Klagenfurt und reichischen Bundesheeres (ÖBH) General Mag. Edmund beim Land Kärnten für die hervorragende Unterstützung. ❏

AUFTRAG 276 • DEZEMBER 2009 69

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GKS – Kreis Ahlen verschiedener Termine am Samstagabend an, um in der kleinen Dorfkapelle einen Familiengottesdienst zu feiern. Körper – Geist – Seele Spontan boten die Kinder ihre Hilfe am Altar an. Die Dorf- kapelle wird nur noch selten genutzt, da auch im Erzbis- tum Paderborn nicht mehr jede Gemeinde einen eigenen nter diesem Motto stand das Familienwochenende Pfarrer hat, erwachte aber durch das Familienwochenende Udes GKS-Kreises Ahlen, das in Kooperation mit dem wieder kurzzeitig zum Leben. GKS-Kreis Köln durchgeführt wurde. Ort der Maßnahme Nach diesem erholsamen Wochenende traten die Teil- war der Klaukenhof in Lennestadt. Im idyllischen Sauer- nehmer am Sonntagnachmittag die Rückfahrt an, gestärkt land abseits von großen Verkehrsstraßen und Industriege- an Körper, Geist und Seele für die kommenden Wochen. bieten konnten die Teilnehmer den Körper, die Seele und (Text und Bilder: Magdalene Berners) den Geist stärken. den Körper: durch Waldlauf, Stiefelweitwurf oder Tannenzapfenzielwerfen; Alle Familien traten den Wett- kampf gegeneinander bei der Bauern-Olympiade an. Ei- Bereiche Bremen / Niedersachsen und Ost nige Laufbegeisterte liefen mehrere Kilometer hoch und runter durch den Wald. Aufbruch in eine den Geist: durch Atemarbeit mit Frau U. Broermann, um sich als Einheit von Körper und Geist zu erfahren. die Seele: durch Teilnahme an der hl. Messe; der Stand- gemeinsame Zukunft ortpfarrer Ahlen Martin Tilles reiste trotz Überschneidung GKS Niedersachsen / Bremen und GKS Ost fusionieren

emeinsam mit dem Dekanatsrat des Katholischen Mi- Glitärdekanats Erfurt tagten die GKS Bereiche Nieder- sachsen/ Bremen und der Bereich Ost auf der Huysburg, in der Nähe von Halberstadt. In den ehrwürdigen Gemäu- ern des Benediktinerklosters traf man sich vom 30.10. bis 1.11.2009 unter der Leitung des Leitenden Militärdekans Erfurt, Msgr. Hartmut Gremler.Das Benediktinerkloster wurde im Jahre 1080 gegründet und hatte Bestand bis zur Aufhebung durch den preußischen König 1804 und wurde 1972 wieder gegründet. Seitdem gehört das Kloster Huys- burg zur internationalen „Benediktinerkongregation von der Verkündigung“. Im Kloster lebte der einzige Benedik- Bei dieser weder militärischen noch olympischen tinerorden auf dem Gebiet der DDR. Die Gemeinschaft war Disziplin waren Humor und Durchhaltefähigkeit gefragt. im Schatten eines Priesterseminars entstanden, das der Da es sich um ungetragene Stiefel handelte, benötigten damalige Erzbischof von Paderborn gründete, nachdem die Teilnehmer keinen ABC-Schutz eine Spaltung Deutschlands absehbar war. Die angehen- den Priester und Ordensbrüder waren damals nicht alleine auf dem Höhenzug der Huy. Sie mussten sich das Klos- tergebäude mit einem staatlichen Pflegeheim teilen. Mit der Wiedervereinigung begannen bessere Zeiten für das Kloster. Der Magdeburger Bischof richtete hier ein kirch- liches Zentrum für das neu gegründete Bistum Magdeburg ein. Private und staatliche Förderer entdeckten nicht nur den kirchlichen, sondern auch den kulturellen Wert der Huysburg. Der Magdeburger Bischof weihte 2007 das Ta- gungs- und Gästehaus ein. In diesen Mauern spürte man den Geist des Hl. Be- nedikt und die Tagungsteilnehmer fühlten sich sehr wohl. Aus dem Dienstaufsichtsbereich des Leitenden De- kans aus Erfurt berichtete Dekan Gremler. Das Militär- Mit dem Planwagen fuhren die Familien zur dekanat Erfurt erstreckt sich von Wittmund und Leer im sogenannten Bauernolympiade, um sich in Disziplinen Westen bis Frankenberg und Dresden im Osten.(600 km) wie Gummistiefelweitwurf und Tannenzapfenzielwerfen Er hat 19 Militärpfarrämter in seinem Aufsichtsbereich. zu messen. Neben der Größe seines Bereiches kommt noch hinzu,

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An diesem Wochenende nahmen auch unser Ehren- bundesvorsitzender Oberstlt. a. D. Paul Schulz und der stellvertretende Bundesvorsitzende Hptm Jörg Klauck teil. Als weiteren Gast konnten wir den Capitan Carlos Pérez Inclan, spanischer Offizier von der Deutsch-Französischen Ausbildungseinrichtung TIGER aus Faßberg, begrüßen. Mit Gottes Hilfe hoffen alle auf eine gute Zusammen- arbeit in dem großen GKS Bereich Mitte. Brechen wir auf in eine gemeinsame Zukunft. (Text und Bild: Hans Jürgen Lang)

Bereich NRW

Der neue Vorstand (v.l.n.r.) OStFw a.D. Lang, Hptm Familienwerkwoche 2009 Soltner, Hptm Grundmann, Oberstlt Kisters, Oberstlt Lidl

dass es sich hier um ein ausgesprochenes Diasporagebiet in Brakel – Gehrden handelt. Von der Zentralen Versammlung in Hamburg be- richtete der Moderator Oberstlt Dieter Graßler aus dem Familie – gemeinsam sind wir stark Katholikenrat. Der noch Bereichsvorsitzende Niedersach- sen / Bremen Hptm Michael Grundmann berichtete von der Bundeskonferenz der GKS. om 18. bis 23. Oktober 2009 fand letztmalig die Fami- Es galt nun die Bereiche Niedersachsen und Ost zu Vlienwerkwoche der GKS – NRW statt. Die GKS-NRW fusionieren. Nach einer längeren Aussprache wurde ein unter der Leitung von Oberstlt Albert Hecht hatte in das Wahlvorstand gewählt. Parallel zu unseren Beratungen gab Schlosshotel Gehrden eingeladen. 13 Familien mit insge- es ein Damenprogramm. Von dem Projekt „Angriff auf die samt 21 Kindern nahmen das Angebot an. Seele“ berichtete HptFw Eggen vom KMBA. Gehrden ist ein Ortsteil von Brakel und liegt zwischen Am Samstagnachmittag fuhren wir nach Halberstadt Egge und Weser in Ostwestfalen, einer kulturgeschichtlich und besichtigten unter suchkundiger Führung den Dom zu interessanten Gegend. Träger des Hauses ist das Famili- Halberstadt und das Dommuseum. Der Dom St. Stepha- enerholungswerk im Erzbistum Paderborn e. V. Das Haus nus und Sixtus wurde zwischen 1236 und 1486 errichtet. hat eine wechselvolle Geschichte. Bereits 1142 bauten die Er gehört zu den schönsten gotischen Kirchenbauten. Am Benediktinerinnen ihr Kloster in Gehrden. Im Zuge der Halberstädter Dom kann ein Kunstschatz unmittelbar bei Säkularisation verließen die Ordensfrauen 1810 das Klos- seinem ursprünglichen Nutzungsort studiert werden. Es ter. Ein weltlicher Herr, Graf Bocholtz zu Niesen, baute handelt sich um ein einzigartiges Ensemble mittelalterli- das Kloster zu einem Schloss mit barockem Park aus. Seit cher Kunstwerke – das größte, das in Deutschland bei ei- Mitte der 60er Jahre nutzt das Familienbildungswerk im ner Kirche erhalten geblieben ist. Die Bewahrung dieser Erzbistum Paderborn das Anwesen als Bildungsstätte. Die Ausstellungsstücke ist einem gemischten Domkapitel zu historische Bausubstanz, eine individuelle Gestaltung der verdanken, das zwischen 1591 und 1810 für die Kathed- Zimmer mit antiken Möbeln und zeitgenössischer Komfort rale und ihre Ausstattung Sorge trug. bieten ein außergewöhnliches Ambiente. Ein weiterer Bildungsteil schloss sich nach der Dom- Ein vielfältiges Bildungsprogramm erwartete die Teil- besichtigung an. Dekan Gremler hielt einen Vortrag über nehmer: die Ökumene und ging dabei besonders auf das Thesen- – Familienpädagogik papier von Bischof Feist ein, der Ökumenebeauftragte der – Kunstgeschichte Deutschen Bischofskonferenz. Nach der Aussprache ging – Technik es zum geselligen Beisammensein in die Kellergewölbe. – Geschichte / Geografie Am Sonntag vor dem Gottesdienst in der Klosterkirche – GKS / GKS e.V. / FGKS fand die Wahl des Bereichsvorsitzenden der GKS und des- Frau Diplom-Sozialpädagogin Martina Müller von der sen Vertreter statt. Als Vorsitzender für den neuen GKS- Katholischen Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung Bereich Mitte, wurde Hptm Michael Grundmann gewählt. (KAS) erarbeitete mit uns das Thema dieser Woche „Fa- Seine Stellvertreter sind die Oberstleutnante Manfred Lidl milie – gemeinsam sind wir stark“ unter verschiedenen und Nobert Kisters, sowie Hptm Michael Soltner. Zum Ge- Aspekten. schäftsführer wurde OStFw. a. D. Hans Jürgen Lang beru- fen. Am Sonntag um 10:00 Uhr nahmen wir an der Heili- Wie sah die Familie früher aus? gen Messe in der Klosterkirche teil. Genau an diesem Tag Das Wort „Familie“ stammt aus dem lateinischen und feierten die Benediktiner den 925. Weihetag des Klosters. bedeutet „Hausgemeinschaft“. Erst im 11. Jahrhundert Die gesamte Gemeinde und wir als Gäste wurden zum an- wurde die Ehe als Sakrament eingeführt. Somit bestanden schließenden Empfang eingeladen. Rechte und Pflichten. Die Kindheit als eigene Lebenspha-

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se wurde in der Zeit der Aufklärung eingeführt. Der Be- ihre Kinder gut betreut sind. So bastelten die Kinder z.B. griff der Erziehung taucht auf, zum anderen wird ein Fa- unter fachkundiger Anleitung herbstliche Gestecke. Die milienideal definiert. Im Zeitalter der Industrialisierung Jugendlichen spielten Karten oder halfen den Kleineren. gibt es eine Trennung von Arbeit und Wohnen. Familie Der Besuch der Umgebung ist bei einer Werkwoche ist ein Raum der Intimität und Emotionalität. Liebe ist selbstverständlich. Paderborn hat viel zu bieten. Die Be- ein ehestiftendes Motiv. Im 20. Jahrhundert herrscht ein sichtigung des Paderborner Doms St. Liborius war für uns traditionelles, bürgerliches Familienbild. Bedingt durch keine lästige Pflicht. „Ecclesia mirae magnitudinis“ – die Kriege konnte es aber nicht gelebt werden. Die priva- „eine Kirche von erhabener Größe“ – ließ Karl der Große te Lebensführung wird frei gestaltet. In den 60iger Jahren (768-814) im Jahr 799 an der Stelle bauen, an der auch der des vorigen Jahrhunderts entstanden neue Familienstruk- heutige Hohe Dom zu Paderborn steht. In seiner gegenwär- turen. Heute ist die Ehe oft kinderorientiert. Die Selbst- tigen Gestalt ist er zwischen 1225 und 1270 entstanden. verständlichkeit wird hinterfragt. Der Beruf erfordert oft Mit seinem langen Dachfirst, seinen vier Quergiebeln auf

eine hohe Mobilität. Die nicht-verwandtschaftlichen Be- Die Teilnehmer zeigen, dass man zusammengehört. ziehungen werden wichtiger. Gemeinschaft, auch die katholische, muss nicht nur Mit Hilfe eines Fragebogens stellten wir fest, dass die gelebt, sondern auch gezeigt wirden. Herkunft der Eltern, der gesellschaftliche Status und die Erziehungsziele einen erheblichen Einfluss auf unsere jeder Seite, dem West- und Ostquerhaus sowie dem mäch- Familien haben. In der Erziehung werden Werte vermit- tigen Westturm mit den flankierenden Rundtürmen und telt. Dies geschieht durch Vorleben. Die Kinder benötigen Ecktürmchen verweist er auf das himmlische Jerusalem. Übungsfelder und müssen Grenzen kennenlernen. Mut zu Besondere Aufmerksamkeit schenkten wir dem Flügelaltar seinen Fehlern und ein Feed-back sind wichtig. von Gert van Loon, dem Fürstenberggrabmal, dem Grab Über die Reflexion der eigenen Kindheit mit positi- des Hl. Liborius und dem drei-Hasen-Fenster („der Ha- ven und negativen Erfahrungen in der eigenen Erziehung sen und der Ohren drei, und doch hat jeder Hase zwei.“). erarbeiteten wir verschiedene Erziehungsstile: Als Gegenpol zur Kunstgeschichte besuchten wir eine – autoritär Technik-Ausstellung. Das Heinz Nixdorf Museums Fo- – demokratisch rum ist das größte Computermuseum der Welt. Auf 6.000 – laisser-faire qm Ausstellungsfläche präsentieren sich 5.000 Jahre Ge- Am Ende dieser Arbeitseinheiten stand die Frage: Was schichte, Gegenwart und Zukunft der Informationstechnik, macht nun meine Familie stark? Diese Frage wurde mit von der Entstehung der Zahl und Schrift 3.000 v.Chr. bis Hilfe eines Hauses erarbeitet: in das Computerzeitalter des 21. Jahrhunderts. Die mehr – Was bildet den Boden / die Basis? als 2.000 ausgestellten Objekte werden in einem breit an- – Was sind die tragenden Säulen, was die stützenden gelegten sozial- und wirtschaftshistorischen Kontext ge- Verstrebungen? zeigt, so dass die Ausstellung nicht nur für Computerspe- – Was heizt meine Familie im positiven Sinn an (Qualm zialisten interessant ist. An vielen Objekten kann experi- aus dem Schornstein)? mentiert werden, wo man als älterer Mensch kein Expe- – Was ist um meine Familie herum? riment vermutet. Bei unseren Kindern und Jugendlichen Diese Fragen können einfach nicht allgemein beant- tauchte z.B. die Frage auf: Wie bedient man ein Telefon wortet werden. Hier sind Einzelfallbeurteilungen gefragt. mit Wählscheibe? Nicht nur in Paderborn sondern auch in Detmold konn- ei einer solchen Werkwoche können die Eltern na- ten wir viel besichtigen. Das Hermannsdenkmal soll an den Btürlich nur ungestört arbeiten, wenn sie wissen, dass Cheruskerfürsten Arminius und die so genannte Schlacht 72 AUFTRAG 276 • DEZEMBER 2009

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im Teutoburger Wald erinnern. In dieser Schlacht (auch: GKS-Kreis Bonn Varus-Schlacht oder Hermannsschlacht genannt) im Herbst des Jahres 9 n. Chr. erlitten drei römische Legionen samt „Fernbeziehung – Väter / Mütter Hilfstruppen und Tross unter Publius Quinctilius Varus eine vernichtende Niederlage gegen ein germanisches Heer im Einsatz“ – Familienwochenende unter Führung des Arminius („Hermann“), eines Fürsten der Cherusker. Der Plan, dem Cheruskerfürsten an dieser in Wermelskirchen Stelle ein weithin sichtbares Denkmal zu setzen, geht zu- rück auf Ernst von Bandel (1800 – 1876). Trotz vielfacher om 21. bis 23. August hat die Gemeinschaft Katholi- Widerstände hatte Bandel mit den Bauarbeiten auf dem von Vscher Soldaten Bonn zu einem Familienwochenende ihm ausgewählten Berg 1838 begonnen. Unterbau: 26,89 ins Tagungszentrum Maria in der Aue, Wermelskirchen m, Standbild bis zur Schwertspitze: 26,57m, Gesamthö- eingeladen. Im Bildungsteil des Wochenendes referierte he: 53,46 m, Länge des Schwertes: 7,00 m, Gewicht des Schwertes: 550 kg. Bei diesen imposanten Zahlen ist es nicht verwunderlich, das erst 37 Jahre später, im Sommer 1875, das Denkmal vollendet wurde. Das Hermannsdenk- mal besteht als Ganzes vorwiegend aus gotischen Elemen- ten, besonders in der sogenannten „Ruhmeshalle“, die im Sockel untergebracht ist. Hier sollten berühmte Deutsche verewigt werden, jedoch blieb dieser Teil des Monuments unvollendet. Am Unterbau des Denkmals sind verschie- dene Inschriften zu finden. Sie reichen von Auszügen aus den Annalen des Tacitus bis zu Bezugnahmen auf die Be- freiungskriege und die Reichsgründung. Ein paar Kilometer entfernt trafen wir auf eine weitere Sehenswürdigkeit im Teutoburger Wald: Die Externstei- Die Teilnehmer an dem Familienwochenende wandern ne. Sie sind eine markante Sandstein-Felsformation und „mit Kind und Kegel“ zum Altenberger Dom als solche eine herausragende Natursehenswürdigkeit Deutschlands. Die parkartige Anlage lud uns bei trocke- Dipl. Soz. Päd. Martina Müller über das Thema „Fernbe- nem Wetter zu einem ausgiebigen Spaziergang ein. ziehung – Väter / Mütter im Einsatz“. Abends in der Gemeinschaft ist das Bingo-Spiel ein Nach Begrüßung und Einführung in das Familienwo- unterhaltsamer Programmpunkt der Werkwoche. Viele chenende durch OStFw Joachim Lensch leitete Martina große Preise gab es zu gewinnen. Wie spannend ist es, Müller, Referentin für Familienbetreuung der Katholi- wenn bei mehreren Mitspielern nur noch eine Zahl offen schen Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung e.V., die ist. Welche Zahl wird gezogen? Gruppe an, sich mit dem Thema auseinander zu setzen. Traditionell ist der Mittwochabend etwas Besonderes. Zunächst erhielten die Teilnehmer eine Vorstellung In der Pfarrkirche St. Peter und Paul feierte der Ortspfar- davon, wie sich die Lebenswelten der Daheimgebliebe- rer eine Familienmesse mit uns. Die historische Orgel nen und der Soldatinnen und Soldaten während eines Aus- wurde von unserem Mitglied Markus Wolters geschlagen landseinsatzes gestalten. Deutlich wurde, dass sich Ein- unter Begleitung von Mareike Wedekin mit der Querflöte. satzzeiten stark auf das emotionale Erleben und Handeln Selbstverständlich kamen die Messdiener aus unseren Rei- aller Beteiligten auswirken. Die veränderten Lebens- und hen. In der Predigt wurde uns vom Ortspfarrer die schöne Gefühlssituationen zu Hause beeinflussen auch die Kin- alte Kirche erklärt. Die 1180 fertig gestellte romanische der. Sie reagieren möglicherweise mit verändertem oder Klosterkirche ist das einzige noch erhaltene Gebäude die- auffälligem Verhalten. Frau Müller vermittelte einen Ein- ser Zeit, da die Klostergebäude im 17. Jahrhundert durch blick in typische altersbedingte Reaktionsweisen der Kin- modernere Bauten ersetzt wurden. Die Kirche ist eine der der. Die Gruppe ergänzte mit Vorschlägen, wie man Kinder wenigen Kreuzkirchen Deutschlands und in ihrem Turm gut auf Einsätze vorbereiten kann, um in ihnen trotz der schlägt das größte historische Glockengeläut Westfalens. familiären Veränderungen das Gefühl von Sicherheit und Der wunderschöne Hochaltar wurde von Johann Georg Stabilität zu bewahren. Rudolphi (1633 - 1693) gestaltet, ein bedeutender Ma- Nach dieser sehr interessanten und mit Arbeit erfüllten ler des Fürstbistums Paderborn. Aus der Zeit um 1200 Zeit, wanderte die Gruppe bei strahlendem Sonnenschein stammt die mit reichem Eisenbeschlag versehene Tür im zum Altenberger Dom und feierte mit Militärdekan Benno Nordportal der Kirche. Der Abend endete mit einem Can- Porovne auf der Domwiese einen „Feldgottesdienst“, der dlelight-dinner in stilvollem Ambiente. Auch hier wurden von Oberstabsärztin Dr. Karin Schrödl und Hauptmann viele Gespräche geführt. Stefan Mittelhaus mit Gitarrenmusik bereichert wurde. Die letzte Familienwerkwoche der GKS-NRW war eine Am Abend wurde beim gemütlichen Zusammensein runde Sache. Aber seien wir nicht traurig: die Familien- auf der großen Terrasse des Tagungszentrums dieser inte- werkwoche in den Herbstferien wird es weiter geben, dann ressante und abwechslungsreiche Tag abgerundet.Militär- als Familienwerkwoche der GKS West. dekan Porovne stand zu Gesprächen für die Soldatenfami- (Text und Bilder: Magdalene Berners) lien über den gesamten Zeitraum zur Verfügung.

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Nach dem gemeinsamen Morgenlob am Sonntag dankte ker zu Beginn der Messe und wünschte mit der Gemeinde die Gruppe der Referentin Martina Müller und dem Vor- Dr. Niermann gute Besserung. sitzenden des GKS Kreises Bonn Joachim Lensch, für die Durch die Unterstützung der Gemeinschaft Katholi- hervorragende Organisation bzw. Durchführung und man scher Soldaten (GKS) in Bonn bekam der Gottesdienst mit war sich einig: „Auf ein solches Familienwochenende im Ministranten in Uniform und den Fahnen der Militärseel- kommenden Jahr freut man sich schon heute.“ sorge und der GKS einen würdigeren Rahmen als normale (Text: OTL Preuss, Bild: OF Bosbach) Standortgottesdienste (Bild 2). Musikalisch umrahmt wurde die Feier durch ein Bläserensemble des Heeresmusikkorps III aus Koblenz. Die Kollekte wurde dem Projekt Nach- barschaftshilfe des Katholikenrates beim Katholischen Standort Bonn Militärbischof der Deutschen Bundeswehr gewidmet. Im Rahmen von Renovabis werden hier Gelder der Caritas in Patrozinium und Goldenes Georgien zur Verfügung gestellt, damit vor Ort Jugendli- che ausgebildet werden können, die sonst keine Chance hätten. So werden diese „Problemkinder“ in Werkstätten Priesterjubiläum zu Handwerkern ausgebildet und erhalten eine Grundlage für ihr weiteres Leben. m Rahmen der Fei- Aus dem Bereich der Hardthöhe nahmen General- Ierlichkeiten des Pa- leutnant Günter Weiler, stellvertretender Inspekteur des troziniums im Bonner Heeres, und Ministerialdirektorin Alice Greyer-Wienin- Münster, feierte die ger, Abteilungsleiterin Wehrverwaltung, an der Feier teil. Militärgemeinde des (Text und Fotos: Bertram Bastian) Standortes Bonn einen Standortgottesdienst. Während die zivile Ge- meinde alljährlich den Bereich Süd – Nürnberg Stadtpatronen Cassius und Florentius (Bild 1) Dank für Unterstützung gedenkt, zweier römi- scher Legionäre, die für ihren christlichen Bild 1: Die Reliquien der beiden n den Seminaren zur Vorbereitung auf die Dritte Le- Glauben den Marty- Stadtpatrone Cassius und Ibensphase wird den Teilnehmern unter anderem auch rertod erlitten, feierte Florentius werden während des ein Unterricht erteilt, in dem die angehenden Pensionä- die Militärgemeinde in Patroziniums im Bonner Münster diesem Jahr das Gol- ausgestellt dene Priesterjubiläum des langjährigen Militärgeneralvikars Apostolischer Pro- tonotar Dr. Ernst Niermann. Der Gesundheitszustand des Jubilars ließ eine Teilnahme an dem Gottesdienst nicht zu, deshalb würdigte ihn der Zelebrant Msgr. Rainer Schnett-

OStFw a.D. Johann Schacherl (links) nach der Übergabe der Tischuhr an RA Dipl.-Vww (FH) Thomas Hörmann

re mit ihren Ehepartnern die Möglichkeiten des Sozial- dienstes der Bundeswehr nahe gebracht werden. Dieses trockene und schwierige, jedoch äußerst wichtige Thema wird in den Seminaren die in Nürnberg stattfinden, seit Jahren mit großem Erfolg von Regierungsamtmann Tho- Bild 2: Der feierliche Einzug zum Standortgottesdienst mas Hörmann unterrichtet. Er leistet seinen Dienst bei mit Weihrauch, Kreuz, Leuchtern und Fahnen in das dem Sozialdienst der Bundeswehr in Roth und kann so die Bonner Münster Seminarteilnehmer immer mit den neuesten Vorschriften

74 AUFTRAG 276 • DEZEMBER 2009

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vertraut machen. Zum Dank für seine ehrenamtliche und ser Spannungsbogen, von der musikalischen Leiterin, Irina unentgeltliche Tätigkeit in diesen Seminaren wurde Di- Nesterenko, und Uwe Kolesch durchaus so gewollt, prägte plom-Verwaltungswirt (FH) Hörmann am 24. April 2009 diesen außergewöhnlichen Konzertabend. vom Haushaltsbeauftragten der GKS OStFw a.D. Johann Die erfreulich hohe Besucherzahl des Konzertes zu- Schacherl die Tischuhr der GKS überreicht. gunsten des Soldatenhilfswerkes begrüßte Uwe Kolesch (Text und Foto: Johann Schacherl) gemeinsam mit dem Kommandeur der Logistikschule der Bundeswehr, Brigadegeneral Harry Richter. Richter beton- te, welch hohen Stellenwert Aktionen wie derartige Kon- zerte haben, da sich das Soldatenhilfswerk ausschließlich Ökumene im Bereich Nord aus Spenden finanziert, um unverschuldet in Not geratenen Angehörige der Bundeswehr und ihren Familien zu helfen. Gerade in jungen Familien sei die plötzliche Erkrankung, Chor der Militärseelsorge der Unfall usw. häufig Grund für eine finanzielle Existenz- bedrohung, deren Abwendung sich das Soldatenhilfswerk in Garlstedt zur Aufgabe gemacht habe. Uwe Koleschs Moderation des Konzerts von JustChor- JustChorFun gab Wohltätigkeitskonzert Fun war geprägt von der Absicht des Chores, ihre Freude am Singen von Liedern des Glaubens den Zuhörer mitzu- teilen. Bewusst beziehen sie deshalb die unterschiedlichs- ten Formen dieser Lieder in ihr Repertoire ein. Ob ruhi- ge Taizé-Lieder oder Lieder der deutschen Kirchentage, Lieder in afrikanischen Rhythmen, Sprituals oder Gospels, JustChorFun gelingt es immer wieder, der Interpretation eine besondere Aussagekraft zu verleihen. Dabei ist der Spannungsbogen zwischen meditativer Ausdruckskraft und natürlicher, volkstümlicher Rhythmik ein unnachahmliches Merkmal dieses Chors. Und dass sich die Freude, die Begeisterung an diesen Liedformen vom Chor auf die Zuhörer, ob in Gottesdiensten oder bei Konzerten, überträgt, ist fast greifbar. Bei dem bekann- ten Lied „Amazing grace“ war außer der Musik des Chors während des Vortrags, aber auch lange danach, kein Laut in der Kirche zu hören. Der Beifall der ergriffenen Zuhörer setzte erst verhalten, aber dann umso heftiger ein. Mit „Come, let us sing“, einem mitreißenden, fetzigen Lied, das einfach zum Mitklatschen, Mitbewegen auffor- Der Chor der Militärseelsorge - JustChorFun - bei seinem dert, verabschiedete sich JustChorFun von den Besuchern Auftritt in der Kirche dieses Wohltätigkeitskonzertes. Natürlich war die mit Stan- ding Ovations eingeforderte Zugabe vorbereitet. „Rhythm o hatte sich der neue evangelische Militärpfarrer beim of life“ riss die Besucher endgültig von ihren Stühlen, und SMilitärpfarramt in Osterholz-Scharmbeck, Uwe Ko- mit „Freedom is coming“ verließen die Besucher nach ei- lesch, die Zeit seiner Einarbeitung sicher nicht vorgestellt. nem fesselnden, beeindruckenden Abend die Kirche und Schon wenige Wochen nach seinem Amtsantritt konnte er spendeten 900,-- € für das Soldatenhilfswerk. Wie schrieb in der Kirche der Lucius-D.Clay-Kaserne, dem Sitz der eine Kritikerin im Anschluss an ein früheres Konzert von Logistikschule der Bundeswehr, mit dem Chor der Mili- JustChorFun in Bezug auf ein Lied im Programm: „My tärseelsorge – JustChorFun – ein Wohltätigkeitskonzert Lord, what an evening...“ zugunsten des Soldatenhilfswerk der Bundeswehr mode- Auch dieses Mal: Recht hatte sie! Dazu passt auch die rieren. Aber nicht nur das. Als ausgebildeter Kirchenmusi- Überschrift des Artikels mit der Ankündigung des Kon- ker stand er mitten zwischen den Mitgliedern dieses Chors zertes in der örtlichen Presse: „JustChorFun – Ein Chor der Militärseelsorge, einem in der Bundeswehr vielleicht der Extraklasse!“ einmaligen Projekt, und verstärkte den Tenor. Und dann ist da noch die Geschichte des Mannes, der Schon beim Einzug der Sängerinnen und Sänger von Militärpfarrer Kolesch bat, Friedensflugblätter verteilen JustChorFun in den Kirchenraum des Fréré-Roger-Hauses, zu dürfen. Der verwies ihn wegen der Genehmigung na- dem Kirchenzentrum in der Kaserne in Garlstedt, ahnten türlich an den „Hausherrn“ der Kaserne, Brigadegeneral die 180 Besucher des Wohltätigkeitskonzertes, welcher Richter. Ob dieses Gespräch stattgefunden hat, ist nicht Spannungsbogen auf sie zukommen würde. Das Konzert überliefert. Derselbe Herr fragte aber nach dem Konzert begannen die Frauen und Männer des Chors beim Einzug Uwe Kolesch, ob er nach diesem Ereignis, das er an dem in die Kirche fast meditativ mit „This little light of mine“, Abend in der Garlstedter Kaserne erlebt habe, nicht Mit- um dann, nach dem Erreichen des Altarraumes, in den glied bei JustChorFun werden dürfe. rhythmisch geprägten Teil des Liedes überzugehen. Die- (Text und Bild: Manfred Heydeck)

AUFTRAG 276 • DEZEMBER 2009 75

AAuftrag_276.indbuftrag_276.indb 7575 330.11.090.11.09 10:5610:56 KIRCHE UNTER SOLDATEN

Da der Alltag von vielen Zwängen bestimmt ist, wur- Loslassen und Freispielen de an diesem Wochenende zum „Loslassen und Freispie- len“ eingeladen. Mit Methoden und Übungen des Impro- om 23. bis 25.10.2009 fand im Bonifatiushaus Ful- visationstheaters sammelte die Gruppe neue Erfahrungen Vda das erste Familienwochenende des GKS – Kreises und erlebte vor allem zwei Dinge: Spaß und Leichtigkeit. Wildflecken statt. Organisiert wurde das Familienwochen- Durchgeführt wurde der Freitagabend sowie der Sams- ende vom ersten Vorsitzenden des Kreises, Hauptfeldwe- tagvormittag von Angelika Küppers, Dipl.-Sozialpädago- bel Christian Hüfner. gin/Theaterpädagogin und Martina Müller, Dipl.-Sozial- pädagogin von der Katholischen Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung (KAS). Am Freitag nach dem Einche- cken und Abendessen wurde sich „spielerisch“ vorgestellt. Dabei hatten ganz besonders die Kinder ihren Spaß. Der Samstagvormittag wurde durch die Erwachsenen „impro- visiert“. Das sogenannte „Freispiel“ brachte sehr viel gute Laune und Erfahrungen für die Teilnehmer (siehe Abb). Die Kinder wurden in dieser Zeit von Michael Prze- wdzink und Yvonne Hüfner betreut. Hierbei stand unter anderem ein Besuch des Feuerwehrmuseums in Fulda auf dem Programm. Eine Domführung gestaltete den Nach- mittag. Am Sonntag besuchte man die Eucharistiefeier im Dom zu Fulda. Bei Kaffee und Kuchen setzte man sich am Sonntag- nachmittag zusammen, um das vergangene Wochenende Revue passieren zu lassen. Die positive Resonanz der Teil- nehmer führt dazu, dass weitere Veranstaltungen dieser Mit großem Engagement wirkten die Erwachsenen beim Art organisiert werden. Freispielen mit (Text und Bild: Christian Hüfner)

Familienbetreuung der KAS e.V. Bonn ie Katholische Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbe- über die Auslandsmissionen und bieten eine Plattform zum Dtreuung e.V. (KAS) ist ein gemeinnütziger katholischer Erfahrungsaustausch. Die KAS ist dem Netzwerk der Hil- Verein. Im In- und Ausland betreut er im Dienst der katho- fe angeschlossen, welches die Aktivitäten der FBZ durch lischen Militärseelsorge und im Zusammenwirken mit dem unterschiedliche Maßnahmen unterstützt. An sechs FBZ Bundesministerium der Verteidigung die Angehörigen der ist derzeit das Projekt „Leihen Sie Ihr Ohr“ installiert. Eh- Bundeswehr, ihre Familien und die Bevölkerung an den renamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nehmen te- Bundeswehrstandorten. Es ist dabei unerheblich, welcher lefonisch Kontakt zu betroffenen Familien auf, fragen nach Konfession oder Dienstgradgruppe sie angehören. Befindlichkeiten und bieten Raum für vertrauliche Gesprä- Die KAS betreibt zwölf Soldatenfreizeitheime. Als Frei- che. Gemeinsam mit ihrem evangelischen Pendant sorgt die zeit-, Kultur- und Begegnungsstätten verfügen sie über ein KAS für eine Grundlagenausbildung in Gesprächsführung, Restaurant, einen Veranstaltungssaal, Konferenzräume und bietet weiterführende Qualifikationsseminare an und orga- Kegelbahnen. Im Rahmen des Familienbetreuungskonzepts nisiert begleitende Supervisionen. werden die Häuser zukünftig familienfreundlich ausgestat- Manche Soldatenfamilien befinden sich in Not, suchen tet. Alle erhalten kindgerechtes Mobiliar und Spielberei- Gesprächspartner, lehnen aber Angebote der Bundeswehr che. Das gesamte Betreuungsangebot soll Bedürfnisse von für sich ab. Ihnen bietet das Projekt „Familienleben – Fa- Familien berücksichtigen. Die Infrastruktur kann von der milie leben“ schnelle Zugangswege zu Unterstützungsmaß- Truppe z.B. für Angebote im Bereich „Vereinbarkeit von nahmen kirchlicher Einrichtungen. Die KAS knüpft derzeit Familie und Beruf“ genutzt werden. in Zusammenarbeit mit der Militärseelsorge ein Netzwerk Für mögliche Familienveranstaltungen der Bundes- mit den Sozialdiensten Katholischer Frauen und baut das wehr stellt die KAS Materialien wie Hüpfburgen, Scho- Projekt in Köln, Paderborn und Eutin auf. kokusswurfmaschinen oder Schminkkoffer leihweise zur Gemeinsam mit der Militärseelsorge gestaltet die KAS Verfügung. Familienwochenenden, derzeit schwerpunktmäßig mit den 31 Familienbetreuungszentren (FBZ) der Bundeswehr Themen „Fernbeziehung“ und „Auswirkungen von Aus- stehen Familienangehörigen der deutschen Streitkräfte rund landseinsätzen auf Partnerschaften und Kinder“. um die Uhr als Ansprechpartner und Unterstützer bei ein- Ansprechpartnerin für die Familienarbeit der KAS ist satzbedingten Trennungen zur Verfügung. Sie informieren Martina Müller (www.KAS-Bonn.org).

76 AUFTRAGA A 276 • DEZEMBERM 2009

AAuftrag_276.indbuftrag_276.indb 7676 330.11.090.11.09 10:5610:56 BUCHBESPRECHUNGEN

Buchbesprechung Vorarlberg 1806 – Am Rande des Aufstandes

uropa wurde Anfang des 19. Jahrhun- Leser mitgenommen in die Zeit von damals munikation und der Verifizierung von Mel- Ederts durch Napoleon neu gestaltet. und erlebt die alltäglichen Kümmernisse dungen. Dokumentarisch belegt werden die Ländereien wurden verteilt wie Weihnachts- mit. Besonders beachtenswert ist die heute Schilderungen durch die Bekanntmachun- geschenke, das mit ver- nnicht mehr vorstellbare gen der damaligen Verwaltung bzw. jewei- bündete Bayern wurde PraxisP der Rekrutierung ligen Herren. Königreich. Manche Län- derd kämpfenden Trup- Der Buchautor Thomas Albrich hat die- dereien wehrten sich ge- pep und die Wahl derer sem Tagebuch eine historische Betrachtung gen die neuen Unterstel- Führer.F Es wird in dem der Zeit vor diesem Jahr 1809 vorangestellt. lungsverhältnisse und der TagebuchT geschildert, Er schildert kurz die drei Koalitionskriege Aufstand der Tiroler un- wiew die Aushebung des 1792 bis 1797, 1798 bis 1801 und 1805 ter Andreas Hofer wurde LandsturmsL vonstatten bevor er aus der Sicht des Historikers die weltbekannt. Unbekannt ging,g wie die einzelnen ersten drei Jahre der neuen Herrschaft schil- geblieben ist die Tatsa- JägerbatailloneJ zustan- dert, die letztendlich in die Erhebung von che, dass auch Vorarlberg ded kamen und wie ihre 1809 münden. sich gegen den Wechsel FührerF ausgewählt wur- Nachdem dann das Originaltagebuch des von den Habsburgern zu den.d Detaillierte Ergän- Oberschreibers im Königlich Baierischen den Wittelsbachern ge- zungenz des Autors über- Rentamt zu Bregenz den Leser in die da- wehrt hat. Erhalten ge- setzens die damals ge- malige Zeit mitnimmt, schildert der Histo- blieben ist der sehr per- bräuchlichenb Begriffe riker Albrich im vorletzten Teil des Buches sönliche Bericht des Bre- ini die heutige Zeit, so die Auswirkungen des Aufstandes und des genzer Beamten Chris- dassd der Leser mitver- Sieges über Napoleon 1815 für die betrof- toph Anton Kayser, der folgenf kann, wie man fene Gegend. Wie das Tagebuch die Jahre in seinen tagebuchähnli- zumz Zwecke der Vertei- bis heute überstand und wie man den poli- chen Notizen die Eindrü- digungd oder des Angriffs tischen Köpfen der Erhebung gedenkt, be- cke und Geschehnisse dieser bZibewegten Zeit KanonenKh gegossen hat oder Haubitzen aus- schließt dieses Buch. Es ist ein einzigarti- festgehalten hat. Nachdem dieses Tagebuch bohrte, damit man zu einer Artillerie kam. ges Zeitdokument, das hier einer breiten lange Zeit im Familienbesitz war, gelangte Die Probleme der Verpflegung der kämp- Leserschaft angeboten wird. es schließlich in das Stadtarchiv in Bregenz fenden Truppe werden wie die disziplina- (Bertram Bastian) und wurde dort erst vor kurzem „entdeckt“. ren Probleme nach Niederlagen geschildert. Der Tagebuchautor Kayser beschreibt, wie Das Zusammenspiel mit dem benachbarten Vorarlberg 1809 Am Rande des Auf- sich der Landstrich gegen die neue neuen und nicht zu trennenden Aufstand der Tiro- stands, Das Tagebuch des Christoph Herren gewehrt hätte. Durch die detaillier- ler Bauern unter Andreas Hofer wird dar- Anton Kayser, 288 Seiten, Tyrolia ten Schilderungen des Schreibers wird der gestellt wie die Schwierigkeiten der Kom- Verlag, Innsbruck-Wien 2009, ISBN 978-3-7022-2998-6

Buchbesprechung: Mehr nützen als herrschen!

iese Biographie über Raphael Walzer, französische Staatsbürgerschaft erhielt. In und ohne Spekulationen, wo die Quellen DOSB hat das Zeug zu einem Thriller. den Diensten der französischen Militär- nichts hergeben. Zugleich ist das Buch aber Während des Ersten Weltkriegs mit 29 Jah- seelsorge baute er in Algerien ein Pries- spannend und gut lesbar – ein Zeugnis für ren zum jüngsten Erzabt von Beuron ge- terseminar für deutsche died Irrwege auch in der wählt, hatte es der aus einfachen Verhält- Kriegsgefangene auf, das KircheK des 20. Jahrhun- nissen stammende Raphael Walzer unter bis Kriegsende existier- derts.d Ein empfehlens- seinen Mitäbten in der Kongregation nicht te. Einig Jahre verbrach- wertesw Buch! leicht. Zu gerne wären die mächtigen und te er in einer Abtei in (Winfried Heinemann) deutlich älteren Äbte von Gerleve und Maria der Normandie, bevor es Laach selbst Erzabt von Beuron geworden. ihn erneut nach Nord- MehrM nützen als Aber lange ging alles gut. Schwierig wur- frankreich zog. Sein Ver- hherrschen! Rapha- de es für ihn erst, als er ab 1933 in offene such, dort ein Benedik- eel Walzer OSB, Erz- Gegnerschaft zum Nationalsozialismus trat, tinerkloster zu gründen, aabt von Beuron, nachdem er schon lange der geistliche Be- scheiterte jedoch. Erzabt 11918-1937, hg. von gleiter von Edith Stein gewesen war. Er trieb Walzer starb 1966 in der JJakobus Kaffanke jetzt eine Klostergründung in Japan voran, Abtei Neuburg bei Hei- uund Joachim Köh- und im Zusammenhang damit lastete ihm delberg. ller, Berlin: Lit 2008 das Regime Devisenvergehen an. Wieweit Die Beiträge des vor- (=Beiträge zu Theo- seine innerklösterlichen Gegner dabei mit liegenden Sammelban- llogie, Kirche und der Gestapo zusammen gearbeitet hatten, des erzählen sein Le- Gesellschaft im 20. muss offen bleiben. ben in seiner ganzen JJahrhundert, 17), Erzabt Walzer ging nach Frankreich und Vielschichtigkeit, zu- 4420 S., Ill., ISBN: 1940 von dort nach Algerien, wo er die gleich quellengestützt 9978-3-8258-1327-7

AUFTRAG 276 • DEZEMBER 2009 77

AAuftrag_276.indbuftrag_276.indb 7777 330.11.090.11.09 10:5610:56 BUCHBESPRECHUNGEN

Buchbesprechung Der Krieg 1870 / 71

it diesen Daten verbindet man jederzeit die Erfahrungen aus diesem Krieg hatten Sehr interessant ist eine große Abhand- Mdie Gründung des Deutschen Reiches Nachwirkungen in dem späteren Konzept lung der kriegsvölkerrechtlichen Seite die- im Spiegelsaal von Versailles, den End- der Reichsmarine. Die Waffentechnik wird ses Waffenganges, war doch Solferino schon punkt der Bismarck‘schen zur Lösung der genauestens untersucht geschehen, aber die Deutschen Frage. Die Vorgeschichte dieses und auch die Tatsache, Haager Landkriegs- Krieges erstreckt sich in weiten Kreisen warum trotz überlegener ordnungo war noch in des geschichtlich interessierten Publikums Technik beim Infante- weiterw Ferne. So ist es nur auf die Seite des Norddeutschen Bun- riegewehr die französi- spannend zu lesen, wie des und bleibt bei diesem Publikum auch schen Streitkräfte letzt- in diesem Krieg die rechts des Rheins. Welche Vorgeschichte endlich unterlagen. Wer Fragen der Behand- dieser Krieg in Frankreich hatte, bleibt im wissen möchte, ob der lungl von Kriegsgefan- Dunkeln, einzig in Verbindung mit der Em- Säbel des Urgroßvaters genen zum Beispiel ser Depeschen erinnern sich wenige daran, jetzt von der Artillerie geregelt wurden. Ab- dass da mehr war. stammte oder von einer gerundet wird dieses Die Herausgeber haben in bewunderns- anderen Truppengat- interessante und le- werter Weise und Vollzähligkeit die Auf- tung, wird durch Bilder senswerte Buch durch sätze mehrerer Autoren zusammengefasst über die Lösung des Pro- ein gutes Quellen- und und legen jetzt ein Werk vor, dass die Vor- blems informiert. Eine Literaturverzeichnis. geschichte dieses Krieges, die politischen Seltenheit in solchen (Bertram Bastian) und militärischen Aktionen der Ausein- kriegsgeschichtlichen andersetzung aus allen Blickwinkeln be- Publikationen, die aber DerD Deutsch-Fran- leuchten. Dabei erstaunt es den Leser, aus den Leserkreis sehr gut zzösische Krieg welchen Gründen die Marine des norddeut- informieren und den 1870/71, Vorge- schen Bundes so und nicht anders eingesetzt Kreis der Interessierten sschichte, Verlauf, wurde. Weiß man doch viel über die Land- vergrößern. Ein Exkurs FFolgen, Hrsg: Jan operationen, amüsiert sich über die Versu- in die wirtschaftlichen Ganschow, Olaf che mit Montgolfieren und Ballons militä- Seiten des Krieges, vor allem über den Haselhorst, Maik Ohnezeit, 472 Sei- risch zu wirken und vergisst, dass damals Sieg in diesem Krieg ergänzt sinnvoller- ten, Ares Verlag, Graz 2009, ISBN schon eine Marine existierte. Nicht zuletzt weise das Werk. 978-3-902475-69-5

Buchbesprechung: Sachbuch Religion

ieses Sachbuch ist eine sehr gute Infor- ohne irgendjemand zu bevorzugen. guten Sachbuches verlassen werden muss. Dmationsquelle, die in nahezu erreich- Die Religionen werden in den Schrit- Es ist hervorragend geeignet, dem inter- ter Objektivität über die fünf großen Reli- ten vorgestellt: Wo kommen sie vor, was essierten, nicht vorbelasteten Leser einen gionen dieser Welt berichtet. Der Hinduis- ist ihr Hauptanliegen, wie verwirklichen Überblick zu geben über das, was Religion mus, der Buddhismus, das Judentum, das sie dies, Fazit/Zusammenfassung. Da die leistet, wie sie aufgebaut ist und was man Christentum und der Themen wirklich davon erwarten kann. Gerade deshalb wäre Islam werden „emo- nurn knapp und in- dem Buch eine Verbreitung auch in den Un- tionslos“ geschil- formativf beschrie- teroffiziersschulen und Offiziersschulen der dert, ihre Entste- benb werden, sind Bundeswehr zu wünschen, damit die konfes- hung, ihre Verbrei- died weiterführen- sionslosen Mitglieder der Gesellschaft sich tung, ihre Geschich- dend Hinweise am ein Bild über die gesamte Breite der Reli- te und ihre Bedeu- EndeE jeden Kapi- giosität bilden können, ohne dass behaup- tung. Dabei wird der telst sehr gut geeig- tet werden kann, sie würden beeinflusst. Gesamtdarstellung net,n den Suchen- Dann liegt es an den Christen, ihre Freude eine philosophische den,d der vertiefen am Glauben und am Leben zu zeigen und Betrachtung über möchte,m die Quel- sich so als Gemeinschaft vorzustellen, die den Begriff Religi- lel zu erschließen, es geschafft hat, das alte Europa zu dem zu on und seine nicht wow er sich weite- machen, was es ist. existierende Defi- rer Informationen (Bertram Bastian) nition vorangestellt, holenh kann. Dann Sachbuch Religion, Hinduismus, sodass dieses Buch ini aller Regel bei Buddhismus, Judentum, Christen- wirklich zu einem dend beschriebenen tum, Islam, Hrsg: Willi Bühler, Ben- Nachschlagewerk ReligionenR selbst, no Bühlmann, Andreas Kessler, wird, welches man sos dass mit Ankli- 286 Seiten, db-Verlag GmbH 2009, jedem der angespro- ckenc der Querver- Horw/Luzern, ISBN (Softcover) chenen Jünger in die weisew die Objek- 978-3-905388-25-1 Hand geben kann, tivitätt dieses sehr

78 AUFTRAG 276 • DEZEMBER 2009

AAuftrag_276.indbuftrag_276.indb 7878 330.11.090.11.09 10:5610:56 TERMINE

Termine für das Laienapostolat in der Kath. Militärseelsorge

2010 Allg. Termine u. Bundesebene 05.-07.11. DAK Nord 02 / 10, Parchim 21.01. Internationaler Soldatengottesdienst 06.-07.11. Bundesvorstandssitzung, Köln Mülheim / Ruhr 23.01. Sitzungen KR-Vorstand, EA-GKS, 13.11. Vorstand KR, Jahresempfang MGV Berlin in Berlin 19.-20.11. VV ZdK, 28.01. Friedensgottesdienst, Bad Godesberg Würzburg 04.02. Weltfriedenstag, Hildesheim Bereichs- / Arbeitskonferenzen / Familienwochenenden 05.-07.03 DAK West 01 / 10, KMilD Kiel / GKS Nord / Küste Vallendar Noch nicht bekannt 06.-11.03. Dienstbesprechung Ausland, KMilD Mitte Berlin Noch nicht bekannt 12.-14.03. DAK Ausland, Berlin KMilD West 19.-21.03. DAK Nord 01 / 10, Noch nicht bekannt Stapelfeld KMilD Süd 25.03. Weltfriedenstag Bonn Noch nicht bekannt 26.-28.03. DAK Süd 01 / 10, Lambach GKS-Sachausschüsse 16.-17.04. VV ZdK SA »Innere Führung« 21.-25.04. Seminar 3. Lebensphase, Nürnberg 18.-20.06.10 gemeinsam mit SA S&F, Berlin 12.-16.05. 2. Ökumenischer Kirchentag SA »Sicherheit und Frieden« in München 19.02. Sitzung in Bonn (geplant) 09.-13.06. Seminar 3. Lebensphase, 16.04. Sitzung in Bonn (geplant) Cloppenburg 18.-20.06.10 gemeinsam mit SA IF , Berlin 12.-13.06. Außerordentliche Bundeskonferenz in Fulda 05.11. Sitzung in Bonn (geplant) 18.-20.06. Seminar für Funktionsträger, Mülheim / Ruhr Vorschau 2011 02.-04.07. Bundesvorstandssitzung, 07.-11.11. Akademie Korn, Berlin Fulda dabei Festakt 50 Jahre GKS (geplant) 16.-18.07. Bereichskonferenz Süd, Leitershofen Vorschau 2012 12.-13.09. Vorkonferenz für 50. WdB 2012 98. Deutscher Katholikentag 13.-18.09. 50.Woche der Begegnung, in Mannheim Bensberg Regionale Zuständigkeit der Katholischen 24.-26.09. DAK Süd 02 / 10, Militärdekanate Teisendorf KMilD Kiel: Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schles- 18.-22.10. 55. Gesamtkonferenz, wig-Holstein, Dienststellen im Bereich des Flottenkommandos Potsdam KMilD Mainz: Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland- 21.-24.10. Seminar 3. Lebensphase, Pfalz, Saarland Nürnberg KMilD München: Bayern, Baden-Württemberg 28.-29.10. DAK West 02 / 10, Vallendar KMilD Erfurt: Berlin, Brandenburg, Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Bremen, Niedersachsen VERWENDETE ABKÜRZUNGEN: BK – Konferenz der GKS im Bereich ..., BuKonf – Bundeskonferenz der GKS, BV GKS – Bundesvorstand der GKS, DAK – Dekanatsarbeitskonferenz im Bereich ..., EA – Exekutivausschuss, GKMD – Gemeinschaft der kath. Männer Deutschlands, IS – Internationaler Sachausschuss, IThF – Institut Theologie und Frieden, Hamburg, KMilD – Kath. Militärdekanat, MGV – Militärgeneralvikar, SA InFü – Sachausschuss »Innere Führung«, SA S+F – Sachausschuss »Sicherheit und Frieden«, WB – Wehrbereich, WdB – Woche der Begegnung, KR – Katholikenrat beim Militärbischof, VV ZdK – Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.

AUFTRAGAUFTRAG276 276 • DEZDEZEMBEREMBER 2009 79

AAuftrag_276.indbuftrag_276.indb 7979 330.11.090.11.09 10:5610:56 Impressum AUFTRAG ist das Organ der GEMEINSCHAFT KATHOLISCHER SOLDATEN (GKS) und erscheint viermal im Jahr. Hrsg.: GKS, Am Weidendamm 2, Das Kreuz der GKS 10117 Berlin Das »Kreuz der GKS« ist das Symbol www.katholische-soldaten.de der Gemeinschaft Katholischer Sol- Redaktion: verantwortlicher Redakteur daten. Vier Kreise als Symbol für die Bertram Bastian (BB), GKS-Kreise an der Basis formen in Paul Schulz (PS), Oberstlt a.D., Redakteur, einem größeren Kreis, der wiederum Klaus Brandt (bt), Oberstlt a.D., Redakteur die Gemeinschaft versinnbildlicht, ein Zuschriften: Redaktion AUFTRAG c/o Bertram Bastian, Kreuz, unter dem sich katholische Sol- Alter Heerweg 104, 53123 Bonn, daten versammeln. Tel: 0177-7054965, Fax: 0228-6199164, E-Mail: [email protected] Für unverlangte Einsendungen wird keine Haftung übernommen. Namensartikel werden allein vom Verfasser verantwortet. Nicht immer sind bei Nachdrucken die Inhaber von Rechten feststellbar oder erreichbar. In solchen Aus- nahmefällen verpfl ichtet sich der Herausgeber, nachträglich geltend gemachte rechtmäßige Ansprüche nach den üblichen Honorarsätzen Der Königsteiner Engel zu vergüten. Der »siebte Engel mit der siebten Posaune« Druck: Verlag Haus Altenberg GmbH, (Offb 11,15–19) ist der Bote der Hoff- Carl-Mosterts-Platz 1, 40477 Düsseldorf. Überweisungen und Spenden an: nung, der die uneingeschränkte Herrschaft GKS e.V. Berlin, Pax Bank eG Köln, Gottes ankündigt. Dieser apokalyptische BLZ: 370 601 93, Konto-Nr.: 1 017 495 018. Engel am Haus der Begegnung in Königstein/ Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Ts., dem Grün dungsort des Königsteiner Genehmigung der Redaktion und mit Quellenangabe. Nachbe stellung gegen Offi zier kreises (KOK), ist heute noch das eine Schutzgebühr von EUR 10,- an Tradi tionszeichen der GKS, das die katho- den ausliefernden Verlag. lische Laienarbeit in der Militärseelsorge seit mehr als 40 Jahren begleitet. ISSN 1866-0843

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