40 Jahre Gesamtschule

1 Inhalt

Grußworte 4

40 Jahre „Exoten-Dasein“ ist ein Grund zum Feiern, Schulleiter Thomas C. Ferber 4 Nicht nur Stadtteilschule, sondern auch hervorragende Integrationsarbeit, Egon Vaupel, Oberbürgermeister, und Dr. Kerstin Weinbach, Stadträtin und Schuldezernentin 5 Herzliche Glückwonsche zum 40-jährigen Jubiläum der Richtsbergschule vom Hessischen Kultusministerium 6 Grußwort des Staatlichen Schulamts - Blick auf die Richtsbergschule 7 Seit 40 Jahren die einzige integrierte Gesamtschule in Marburg Dr. Andreas Piper, Vorsitzender, Edgar Schröer, stellv. Vorsitzender, des Schulelternbeirats 8 40 Jahre Richtsberg-Gesamtschule Marburg - Gemeinsam Lernen für individuellen Erfolg! Peggy Becker, Vorstand des Fördervereins der Richtsberg Gesamtschule 9 Orte, die den Menschen mit seinem Bedürfnis nach Gemeinsamkeit und Austausch im Fokus haben, Karin Ackermann-Feulner, Geschäftsführung BSF 10 Wir gratulieren unserer „Nachbarschule“ herzlich zu ihrem 40-jährigen Jubiläum, Claudia Herwig und Eckhard Sieg, Astrid-Lindgren-Schule, Richtsberg 12

Ideen und Visionen: Die Jahre 1973 - 1980 13

Chronik der Anfangsjahre 14 Aus der Entstehungsgeschichte des Stadtteils Richtsberg 14 Schulische Anfänge am Richtsberg 15 Beginn der Förderstufe 1971 15 Beginn und Ausbau der integrierten Gesamtschule (IGS) am Richtsberg seit 1973 18 Wie kam es zur Gestaltung des Schulgebäudes und des Schulgeländes der Richtsberg-Gesamtschule? Eine Rückschau auf die Jahre 1971-1974 21

2 Inhalt

Wie wir wurden, was wir sind: Skizzierung einer pädagogischen Entwicklung: Die Jahre bis 1998 29

Ein Beitrag aus der Broschüre zum 25. jährigem Jubiläum der RGS 30 Eine integrierte Gesamtschule am Richtsberg - Neuland für alle Anspruch und Gestaltung 32

Fit für die Zukunft: Die Jahre 1998 - 2013 35

Die RGS auf dem Weg zur Team.Kultur.Schule@RGS 36 Integration - Gemeinsamer Unterricht (GU) - Inklusion 40 Jahre auf dem Weg zu einer Schule für alle - 41 Kulturschule - Schule neu gedacht. 44 Team@RGS 46 Mit dem neuen Berufsorientierungskonzept fit aus der RGS ins Leben! 47 RGS - und dann? 49 Länger gemeinsam lernen 50

Vermischtes 53

Entwicklungen der Schülerzahlen an der RGS 54 Personalräte an der RGS 55 Schulelternbeiratsvorsitzende an der RGS 55 Gespräch mit dem „alten“ Hausmeisterehepaar 56 Kollegiumsbilder 58

3 40 Jahre „Exoten-Dasein“ ist ein Grund zum Feiern

40 Jahre integrierte Gesamtschule im Stadtteil Richts- sei an dieser Stelle all denen gedankt, die nicht nur berg - ein Grund zum Feiern! zum Gelingen der Festschrift und zum Gelingen der da- mit verbundenen Festwoche im September 2013 beige- Ein Grund zum Feiern für all diejenigen, die in den tragen haben, sondern insbesondere all denen, die die 40 Jahren ihre Spuren in der Richtsberg-Gesamtschule Richtsberg-Gesamtschule und die in ihr tätigen Men- hinterlassen haben: Für alle ehemaligen Schülerinnen schen 40 Jahre lang begleitet und unterstützt haben. und Schüler, für die Lehrerinnen und Lehrer, die die Schule gestaltet haben, für die Schülerinnen und Schü- Auf die Nennung einzelner Namen möchte ich an ler, die heute die Richtsberg-Gesamtschule besuchen dieser Stelle verzichten auch darauf, Einzelne dann dürfen, für ihre Eltern, für die zahlreichen Kooperations- doch ausnahmsweise zu nennen. partner, für den Stadtteil, für die Stadt und überhaupt … Ich wünsche mir, dass die Richtsberg-Gesamtschule auch weiterhin als inklusive integrierte Gesamtschule ei- 40 Jahre integrierte Gesamtschule in der Universitäts- ne Vorreiterrolle in einer menschenwürdigen Gestaltung stadt Marburg bedeutet aber auch 40 Jahre „Exoten- von Schule bleiben wird und dass sie weiterhin all de- Dasein“, pädagogische Vorreiterrolle und 40 Jahre nen, die glauben, im dreigliedrigen Schulsystem sei dreigliedriges Schulsystem. Die Gesamtschule hat sich besser zu lernen, ein Dorn im Auge ist! 1973 auf den Weg gemacht, eine Alternative zum her- kömmlichen dreigliedrigen Schulsystem zu sein. Diesem Anspruch ist sie bis heute in herausragender Weise ge- recht geworden und mehr noch: Als „die Inklusionsschu- le“ der Stadt Marburg zeigt sie auch heute, wie Schule, wie Lernen, wie gemeinsames Arbeiten mit Kindern und Jugendlichen sein kann.

Diese Festschrift versucht ganz unbescheiden, die Ent- wicklung der Richtsberg-Gesamtschule in den letzten 40 Jahren zu skizzieren. Eine solche Festschrift kann nie al- len gerecht werden, sie kann nie die ganze Bandbreite aller Ideen, Wirkungen, Schichten abbilden. Diese Fest- Thomas C. Ferber schrift wirft einen subjektiven Blick auf die Geschichte Schulleiter und auf die Richtsberg-Gesamtschule im Jahr 2013. Es

4 Nicht nur Stadtteilschule, sondern auch hervorragende Integrationsarbeit

Im Namen des Magistrats der Universitätsstadt Mar- nen Jahren zeigt die Attraktivität der Richtsberg-Gesamt- burg gratulieren wir der Schulgemeinde der Richtsberg- schule in der Marburger Schullandschaft. Gesamtschule sehr herzlich zu ihrem 40-jährigen Jubilä- um. Der Schulträger hat in den vergangenen Jahren mit erheblichen Investitionen ein gutes Lernumfeld geschaf- Die Gesamtschule hat ihre Arbeit zu Beginn des fen. Dazu gehört neben dem Ausbau der musischen Schuljahres 1973/74 aufgenommen. Sie ist aus der Fachräume und des Neubaues einer großen Cafeteria Richtsbergschule hervorgegangen, die 1968 im damals auch die umfangreiche Sanierung der Sporthalle der neuen Stadtteil ihre Arbeit aufgenommen hatte. Die Schule. Wir werden auch in Zukunft die Schule in be- Gründung der Gesamtschule fiel in eine Zeit heftiger sonderem Maße fördern, bedanken uns bei der Schul- landespolitischer Diskussionen über die Perspektiven leitung und dem Kollegium für eine engagierte Arbeit der Schulpolitik in Hessen. und wünschen für die kommenden Jahre viele Lernerfol- Heute hat die Schule ihren festen Platz in der Marbur- ge! ger Schullandschaft gefunden und bietet als integrierte Gesamtschule eine attraktive Alternative zum dreiglied- rigen Schulsystem in Hessen.

Die Schule leistet nicht nur als Stadtteilschule in einem zum Teil schwierigen Umfeld eine hervorragende Inte- grationsarbeit, sondern sie wird gerade von Eltern an- gewählt, die ihren Kindern ein längeres gemeinsames Lernen in einem integrativen System anbieten wollen, das dann alle Abschlussmöglichkeiten bietet.

Die Schule stellt sich diesen Herausforderungen, in dem sie umfangreiche Kooperationen mit außerschuli- schen Partnern durchführt, ein besonders ausgeprägtes Ganztagsangebot organisiert und Schwerpunktbildun- Egon Vaupel Dr. Kerstin Weinbach gen anbietet, die der Schule das besondere Profil ver- Oberbürgermeister Stadträtin leihen. Beispielhaft angeführt sei hier die Aufnahme der Schule in das Programm „Kulturschule“, das den Schü- lerinnen und Schülern unter dem Motto „Jedem Kind ei- ne Kunst“ einen besonderen Zugang in den künstleri- schen und musischen Bereich bietet. Die positive Schülerzahlentwicklung in den vergange-

5 Herzliche Glückwünsche zum 40-jährigen Jubiläum

Zum 40-jährigen Jubiläum der Richtsbergschule möch- und die sinnliche Anschauung mit der Erkenntnis, der te ich im Namen des hessischen Kultusministeriums geistigen Auseinandersetzung und dem kulturellen Wis- herzliche Glückwünsche aussprechen. Als integrierte sen vereint. Dadurch bildet sie starke individuelle Per- Gesamtschule hat die Richtsbergschule in besonderer sönlichkeiten aus, mit einer eigenen kulturellen Identität Verantwortung für das ganze Spektrum ihrer Schüler- und einer Zugehörigkeit zur gelebten Gemeinschaft. schaft ein Schulprofil aufgebaut, das unsere große Das diesjährige Tanzprojekt mit den Studenten der Wertschätzung verdient. Phillips-Universität zeigte mir überzeugend die offene Nicht nur das - trotz der recht kleinen Schulgröße - und mutige Auseinandersetzung mit neuen Ausdrucks- große Sprachen- und AG-Angebot beeindruckt, son- formen, die den Horizont der Lehrer-wie der Schüler- dern auch die glückliche Verbindung von naturwissen- schaft in gemeinsamer Lernfreude bereichern. schaftlichen und künstlerischen Schwerpunkten mit mo- Das HKM wird die gute Entwicklung der Schule wei- dernen Raum- und Zeitkonzepten. Gerade die vor ei- terhin unterstützen. Wir danken allen daran mit großem nem Jahr begonnene Schulentwicklung durch die Kün- Engagement Beteiligten sehr herzlich. Besonders den ste hin zu einer Hessischen KulturSchule bietet neben Schülerinnen und Schülern wünsche ich viel Erfolg für den künstlerisch-ästhetischen Erfahrungen wertvolle so- ihren Bildungs- und Lebensweg. ziale, kognitive und expressive Entwicklungsräume für alle Kinder und Jugendlichen. Die eigene künstlerische Hessisches Kultusministerium Praxis ist deswegen so wichtig, weil sie das Erlebnis

Angela Federspiel (li.) und Staatssekretär Dr. Alexander Lortz vom Hessischen Kultusministerium bei der Auftaktveranstal- tung der 2. Staffel KulturSchule Hessen in Weilburg.

6 Grußwort des Staatlichen Schulamts

T oller Tag und S chulklima: geprägt durch Respekt - Wertschätzung - Toleranz -Gewaltfreiheit; mit der Auszeichnung E inzigartig: Wir feiern den 40. Geburtstag unserer al- „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ leinigen und integrierten Gesamtschule der Stadt Marburg. C orporate Identity: Wer hier arbeitet, lebt hier.

A rbeit erfolgt hier viel-fältig, aber auch zusammen le- H erausforderung: gleiche Bildungschancen bei ver- ben und feiern gehört zur Schulkultur der RGS. schiedener Herkunft und unterschiedlichen Vorausset- zungen M usik - Tanz - Kunst - Theater - Literatur: ein Schwer- punkt der schulischen Arbeit und des schulischen Le- U nterricht heißt hier auch: Lernen lernen, soziales Ler- bens. nen, handlungsorientiertes Lernen

K ulturschule„eine ästhetische Zugangsweise zu allen L ernen in der Begegnung mit anderen, kompetenzori- Fächern“und „Jedem Kind eine Kunst“ entiert und berufsorientiert

U nterricht erweitert durch das Ganztagsangebot, die E in Hoch auf die Schule! Förderschulkompetenz und die Kooperationen, im Blizz - durch das BFZ - mit der bsf Dies ist mein Blick auf die Richtsbergschule. L ERN- und LEBENsortRICHTSBERGGESAMTSCHULE Ich gratuliere allen Beteiligten zur erfolgreichen Ar- T eamarbeit im Klassenteam - Jahrgangsteam - Fach- beit der letzten vierzig Jahre recht herzlich und freue team - Schulleitungsteam, in kollegialer Offenheit und mich auf die Weiterentwicklung der Schule! Zusammenarbeit Heike Grosser, LSADin U nterricht, gemeinsamer, mit der bestmöglichen Förde- rung aller Schülerinnen und Schüler

R GS: Schule im Stadtteil und darüber hinaus für eine breite Schüler-schaft in einer Gesamt-Schule, mit Par- tizipation der Schülerinnen und Schüler und deren El- tern

7 Seit 40 Jahren die einzige integrierte Gesamtschule in Marburg

Die Richtsbergschule ist seit 40 Jahren die einzige in- duldet, sondern explizit gewünscht und ist durch gute tegrierte Gesamtschule in Marburg und trägt damit er- Zusammenarbeit mit der Schülerschaft, dem Kollegium heblich zu einer vielfältigen Schullandschaft unserer und der Schulleitung geprägt. Stadt bei. Unabhängig von ideologischen Graben- kämpfen, die mal mehr, mal weniger stark auch in der Wir wünschen der Richtsbergschule eine Fortführung Elternschaft ausgetragen wurden, hat die Richtsberg- ihrer positiven Entwicklung und viele Erfolge, auch auf schule den Charakter der integrierten Gesamtschule be- dem Weg zur Kulturschule. Wir Eltern werden weiterhin wahrt und ausgebaut. Für unsere Kinder heißt das, unseren Teil dazu beitragen. dass sie möglichst lang mit unterschiedlichsten Charak- teren, Talenten und Persönlichkeiten gemeinsam lernen. Dr. Andreas Piper, Vorsitzender des Schulelternbeirats Doch ruht sich die RGS darauf nicht aus, entwickelt sich beständig weiter und fasst neue Ziele ins Auge: Edgar Schröer, Neue Lehr- und Lernformen werden etabliert und die stellv. Vorsitzender des Schulelternbeirats, (Lern-) Kultur rückt ins Zentrum allen Handelns. Eine Be- teiligung der Elternschaft an dieser Entwicklung wird vom Kollegium und von der Schulleitung nicht nur ge- im August 2013

8 40 Jahre Richtsberg-Gesamtschule Marburg Gemeinsam Lernen für individuellen Erfolg!

40 Jahre Richtsberg-Gesamtschule sind 40 Jahre be- ist „Jedem Kind eine Kunst“. Jedes Kind erhält an der wegtes Leben und Lernen von zwei Generationen. Richtsberg-Gesamtschule die Chance, eine Kunst für sich zu entdecken, die sein Leben auch über die Schul- Seit der Gründung im Jahr 1973 ist die Richtsberg- laufbahn hinaus mit prägen kann. Gesamtschule eine Schule für ALLE. Das gemeinsame Arbeiten, Lernen und Leben mit ALLEN Schülerinnen Wir gratulieren herzlich zum 40. Jubiläum, wünschen und Schülern stellt - für Lehrer/-innen, Eltern und Schü- viel Kreativität für die nächsten Jahrzehnte und freuen ler/-innen - eine große Herausforderung dar und prägt uns auf die weitere Zusammenarbeit. vor allem die Persönlichkeitsentwicklung unserer Schü- ler/-innen. Besonders zu erwähnen ist der gemeinsame Unterricht von behinderten und nicht behinderten Kin- der. Gemeinsam lernen ist Lernen für den individuellen Erfolg.

Wenn man Kindern eine bestmögliche Förderung zu- kommen lassen will, muss man Engagement zeigen und Initiative ergreifen. Eine solche Initiative ist die Grün- dung des Fördervereins der Richtsberg-Gesamtschule e. V. vor ca. 20 Jahren. Derzeit helfen fast 200 Mitglie- Peggy Becker der beim Lernen und Lehren an der RGS mit, die finan- für den Vorstand ziellen, organisatorischen und sozialen Rahmenbedin- des Fördervereins gungen für ein lebendiges und attraktives Schulleben zu der Richtsberg verbessern. Gesamtschule Besonders begrüßt und fördert der Förderverein den Weg der Schule zur Kulturschule. Der Schlüssel dabei

9 Orte, die den Menschen mit seinem Bedürfnis nach Gemeinsamkeit und Austausch im Fokus haben

1973 war für die infrastrukturelle Entwicklung des gabenhilfe nicht mehr in den Räumen der BSF statt, son- Richtsbergs ein wesentliches Jahr: dern wurde in die Schule verlagert. Von da an begleite- Die BSF gründete sich, das Begegnungszentrum um te die BSF peu à peu die Entwicklung der RGS zur die Thomasgemeinde entstand und - die Richtsbergge- Ganztagsschule. Es wurde von beiden Seiten ein akti- samtschule öffnete ihre Pforten! ver Prozess des Aufeinanderzugehens gestartet.

Schaut man sich die Konzepte der drei Einrichtungen Als 2006 mit dem §15 des Hessischen Schulgesetzes an, so ist ganz deutlich eines zu erkennen: Es entstan- die „verlässliche“ Schule verordnet wurde, haben wir den Orte, die neben ihren originären Bestimmungen über die Bereitstellung pädagogischer Fachkräfte soge- den Menschen mit seinem Bedürfnis nach Gemeinsam- nannte U+-Kräfte als VertreterInnen aus der Jugendhilfe keit und Austausch im Fokus hatten. Es entstanden Räu- bereitgestellt, vertraglich geregelt zwischen Staatlichem me mit Möglichkeiten sich zu begegnen und sie mit Schulamt und der BSF. selbstentworfenen Lebensideen kreativ zu beleben. Durch diesen Vorlauf waren wir gut darauf vorberei- Der Wunsch nach dem gesellschaftlichen Miteinander tet, dass im Schuljahr 2008/09 die Stadt Marburg erst- nahm damals Gestalt an: So unterscheidet sich die mals über das „Sozialpädagogische Handeln an Schu- Richtsberggesamtschule von alten Schulmodellen, die le“ (SPH) bereit war, aus Mitteln der Jugendhilfe Geld als reine curriculare Lernorte hinter langen Fluren mit in das System Schule zu geben. Damit wurde eine bis Klassenzimmern quasi abgeschlossen in deutlich struktu- dato streng eingehaltene Grenze übersprungen und ei- rierten Einheiten Wissen vermittelten. Auf den Gängen ne gemeinsame Verantwortung gegenüber den Jugend- solcher Schulen hatte der Schüler nur ausnahmsweise lichen gesehen und nicht in Schul- und Freizeitkinder etwas verloren. Heute erleben wir die Schule als ge- getrennt. Diese Überwindung bietet seitdem die Basis, samtheitlichen Lernort, der lebendig und offen ist. auf der ein ganzheitliches Handeln möglich geworden ist. Ob es um die Verbindung von formellen und infor- Vor allem im Verlaufe der vergangenen zehn Jahre mellen Lerninhalten geht oder die Vernetzung von Schu- öffnete sich die Schule zunehmend auch gegenüber le und Stadtteilarbeit, um Brücken in die Arbeitswelt dem Gemeinwesen. Der Verein Bürgerinitiative für So- oder um Elternarbeit und Einzelfallhilfe: Schule und Ju- ziale Fragen (BSF) dehnte 2003 mit dem Treffpunkt sein gendhilfeträger arbeiten zusammen und machen sich Aufgabengebiet auf den gesamten Richtsberg aus. Als ihre Standpunkte und Methodik einander bekannt und anerkannter freier Träger der Jugendhilfe ergaben sich entwickeln konzeptionelle Stränge. so rasch Schnittmengen über die betreuten Kinder und Jugendlichen. Die BSF managte den Mittelfluss der Ganztagsschule und setzt die PädagogInnen in den BLiZZ -Zeiten ein. Als Förderung zu einem selbstverantwortlichen, exi- Ebenso beantragt und verwaltet sie gemeinsam konzi- stenzsichernden Leben verstanden, fand die Hausauf- pierte Projekte über die Servicestelle Jugendhilfe-Schu-

10 le, des kommunalen Jugendbildungswerkes/Agentur für Wir danken dem Lehrerkollegium für das Engage- Arbeit zur vertieften Berufsorientierung und bietet an ment, dem Leitungsteam um Thomas Ferber für den offe- fünf Nachmittagen in der Woche ein Betreuungsange- nen kreativen Umgang mit realen Tatsachen und gratu- bot für Hausaufgaben (HB+) für die 5.+6. Jahrgänge lieren allen Beteiligten an der Schule zu diesem 40. Ge- an. Das „+“ steht dafür, dass die Kinder darüber hinaus burtstag ganz herzlich! besonders gefördert werden. Die Einzelfallhilfe ist aus- gebaut worden und hat eine strukturierte Grundlage er- halten.

Wir werden nicht müde werden, auch in Zukunft ge- meinsam mit den KollegInnen der Richtsberg-Gesamt- schule über Notwendiges nachzudenken, uns auseinan- derzu-setzen und zu handeln und nicht nachlassen, den Für Vorstand und gemeinsamen Weg fortzusetzen und zu festigen. Umso Team der BSF mehr es gelingt, an einem Strang zu ziehen und einen Karin roten Faden zu verfolgen, um so besser sind die Kinder Ackermann-Feulner, und Jugendlichen bei uns aufgehoben. Geschäftsführung

11 Wir gratulieren unserer „Nachbarschule“ herzlich zu ihrem 40-jährigen Jubiläum

Im Namen der gesamten Schulgemeinde der Astrid- Naturgemäß muss es auch Reibereien zwischen Lindgren-Schule gratulieren wir unserer „Nachbarschu- Nachbarn geben. Aber die konnten immer konstruktiv le“ herzlich zu ihrem 40-jährigen Jubiläum. aus dem Weg geräumt werden und die Zusammenar- beit unserer beiden Schulen ist in den letzten Jahren Wir sind zwar die „oberen“ Nachbarn, und auch ein langsam, doch stetig gewachsen. Eine zukünftige Auf- wenig älter, doch ist es für viele „unserer“ Kinder ein gabe für unsere Schulen sehen wir darin, dass wir in Aufstieg, ein Wachsen und Sich-weiter-Entwickeln, nach den nächsten Jahren unsere Zusammenarbeit noch stär- ihrer Grundschulzeit auf die Gesamtschule zu gehen. ker intensivieren - gemeinsam mit den am Richtsberg ansässigen Kooperationspartnern, allen voran die Bür- Die Richtsberg-Gesamtschule hat sich in all ihren Jah- gerinitiative für soziale Fragen (BSF). Ideen sind vor al- ren nicht nur den Schülern der Astrid-Lindgren-Schule lem im kulturellen und auch sportlichen Bereich reich- gegenüber offen gezeigt, sondern stets auch Verände- lich vorhanden, sie müssen „nur“ noch in die Tat umge- rungen und pädagogischen Weiterentwicklungen. Sie setzt werden … ist auch bereit, unkonventionelle Wege zu gehen. Da- bei hat die Schulgemeinde der Richtsbergschule vor al- In diesem Sinne…packen wir es gemeinsam an! lem nie vergessen, sich an ihrer jeweiligen Schüler- schaft zu orientieren. So ist es schon immer ein Bedürf- Claudia Herwig & Eckhard Sieg nis des Kollegiums gewesen, die Kinder dort „abzuho- len“, wo sie stehen, und nicht nur allein nach den Vor- schriften der Lehrpläne zu arbeiten. So konnten wir die Kinder von der Grundschule immer mit gutem Gewissen an die „RGS“ abgeben und wussten genau, dass dort weiterhin im Rahmen der dort herrschenden Möglich- keiten auf die Kinder und deren Bedürfnisse im beson- deren Maße geachtet wurde. Besonders in den letzten Jahren ist es zu einer Selbstverständlichkeit geworden, den Übergang unserer Viertklässler in die RGS gemein- sam gut vorzubereiten, wozu auch eine gemeinsame El- ternberatung und vor allem ausführlichen Gespräche zwischen abgebenden und aufnehmenden Kolleginnen und Kollegen gehört.

12 Ideen und Visionen: Die Jahre 1973 - 1980

13 Chronik der Anfangsjahre (ein Beitrag aus der Broschüre zum 25. jährigem Jubiläum der RGS)

1. Aus der Entstehungsgeschichte milien - besonders während Tau- und Regenzeiten - zu des Stadtteils Richtsberg einem großen Problem, weil die Friedrich-Ebert-Straße Für Marburg - wie für viele Städte in Deutschland - be- noch nicht gebaut worden war. Die Schulkinder muss- deutete das Bauen eines neuen Stadtteils im Grünen die ten den weiten Weg in die Theodor-Heuss-Schule täg- Lösung der durch die Folgen des 2. Weltkriegs entstan- lich in Kauf nehmen, die jüngeren Schüler wurden im denen großen Wohnungsprobleme. Das gesamte Ge- benachbarten Cappel aufgenommen. Cappeler und biet des neuen Stadtteils „Richtsberg" kann in Anleh- Marburger Lebensmittelgeschäfte versorgten mit Ver- nung an seine Entstehungszeit und Baugeschichte, die kaufswagen die stets wachsende Bevölkerung mit Le- verschiedene Bauabschnitte aufweist, in die vier folgen- bensmitteln. den Bereiche eingeteilt werden: Über die Planungen für das Waldgebiet Richtsberg - „Unterer Richtsberg" (Friedrich-Ebert-Straße, Damasch- fand eine erste Besprechung am 14. 11. 1961 im Mar- keweg). burger Rathaus statt. Im Frühjahr 1963 begannen die - „Mittlerer Richtsberg" (Berliner Straße, Leipziger Stra- ersten Rodungsarbeiten in den zukünftigen Bauabschnit- ße, Rostocker Weg, Greifswalder Straße, Wittenber- ten A und B (mittlerer Richtsberg, Berliner und Leipziger ger Weg, Jenaer Weg, Weimarer Weg, unterer Teil Straße). Am 5. 12. 1963 wurde zuerst (!) mit den Er- der Straße Am Richtsberg). Größe: ca. 25 ha. schließungsarbeiten für Straßen und Versorgungsleitun- - „Oberer Richtsberg" (Sudetenstraße, Karlsbader Weg, gen begonnen, am 10. 6. 1964 legte Oberbürgermei- Chemnitzer Straße, oberer Teil der Straße Am Richts- ster Georg Gaßmann den Grundstein für diese Bauab- berg, Eisenacher Weg, Erfurter Straße. schnitte. Am 30. 7 1965 konnten die ersten Wohnun- - „In der Badestube" (In der Badestube, Dresdener Stra- gen in der Berliner Straße übergeben werden. Für bei- ße, Görlitzer Weg, Pommernweg, Potsdamer Straße). de Bauabschnitte waren 512 Mietwohnungen und 73 Größe von „Oberer Richtsberg" und „In der Badestu- Eigenheime geplant. be": ca. 84ha. Arbeitsbeginn für Abschnitt G (oberer Richtsberg) war Die Größe des gesamten Gebietes ist 212,5 ha. Die 1966; der erste Spatenstich für die Wohnungen in der ersten Blocks und Eigenheime des neuen Stadtteils wur- Sudetenstraße erfolgte am 5.10.1966. Am 30. den seit März 1960 am unteren Richtsberg, auf dem 5.1968 wurde der Grundstein gelegt für eine Kleinsied- Wiesen- und Ackerland zwischen Beltershäuser Straße lung im Bereich der Dresdener Straße: Abschnitt D (Ge- und Psychiatrischem Krankenhaus, errichtet. Nach sei- biet In der Badestube). Für die Abschnitte C und D wa- ner endgültigen Fertigstellung 1963/64 waren in die- ren geplant 1260 Mietwohnungen sowie 92 Eigenhei- sem neuen Wohngebiet 160 Häuser mit 807 Wohnun- me, für das Gesamtprojekt Richtsberg (Bauabschnitte A- gen entstanden. Probleme bereitete aber die noch feh- D) 2029 Wohneinheiten, die nach dem Terminplan lende Infrastruktur: Als die ersten Häuser und Wohnun- 1972 fertiggestellt sein sollten. Der erste Bus zur Leipzi- gen bezugsfertig waren, wurde der Einzug für viele Fa- ger Straße fuhr im Mai 1966, der erste zur Sudetenstra- 14 ße im Juli 1968. Die Menschen damals waren sehr froh 500 Schülern zu rechnen war, mussten als Zwischenlö- - nach jahrelangem Suchen, unter beengten bis uner- sung vor der Fertigstellung des 2. Bauabschnitts zwei träglichen Wohnverhältnissen lebend - endlich am Pavillons für vier Klassen auf dem Schulgelände aufge- Richtsberg, in einer herrlichen Lage und einem ruhigen baut werden. Wohngebiet, eine schöne Mietwohnung mit großem Mit dem Bau des 2. Bauabschnitts wurde 1969 be- Wohnkomfort bekommen zu haben - großen Fenstern, gonnen. Das Raumprogramm sah für den dreigeschos- Licht, Bad, Toilette, Balkon, frischer Luft. Es gab jedoch sigen Bau vor: eine Vorklasse, 11 Klassenräume für auch Probleme: Haupt-, Real- und Grundschüler, Wasch-, Mehrzweck- - Jedes Unwetter wirkte sich schlimm aus für die tiefer und Geräteraum sowie Garderoben. Im eingeschossi- gelegenen Grundstücke wegen der Störung des öko- gen Verwaltungstrakt wurden die folgenden Räume er- logischen Gleichgewichts durch Abholzen der obe- richtet: Schulleiter-, Lehrer-, Hausmeister-, Geschäfts-, El- ren Waldgebiete. ternsprech- und drei Lehrmittelzimmer; Teeküche, Ge- - Fehlende Freizeitangebote, fehlende sportliche und meinschaftsraum, Erste-Hilfe-Raum. Der Bau wurde im kulturelle Angebote für Jung und Alt. August 1970 bezogen, der Unterricht begann nach - Das Fehlen wichtiger Elemente einer intakten Infra- den Sommerferien am 28. 8. 1970 nach einer zwei- struktur: Das Einkaufszentrum z.B. wurde erst später stündigen Konferenz um 9.50 Uhr für alle Schüler der gebaut und dann nicht so angenommen, wie es sich Grundschule sowie der drei Hauptschulklassen 5a die Betreiber gewünscht hatten. (Klassenlehrer Herr Gimbel mit Schülern aus den zu- geordneten Grundschulbereichen Bauerbach und 2. Schulische Anfänge am Richtsberg Schröck), 5b (Herr Völker mit Schülern aus dem Bereich Für den neuen Stadtteil, in dem in absehbarer Zukunft der Richtsberg-Grundschule), 6 (Klassenlehrer Herr Pe- 8000 bis 10000 Menschen leben würden, musste ter Naumann). Außer den zuletzt genannten Kollegen selbstverständlich auch eine Schule gebaut werden. Am traten 1970 ihren Dienst am Richtsberg an: Herr Nor- 16. 3.1962 wurde von Oberbürgermeister Gaßmann bert Naumann, Herr Hertel, Frau Büttner (abgeordnet der Planungsauftrag zur Errichtung einer Volks- und Re- von der FES), Frau Spies, Frau Glade und Konrektor alschule erteilt. In Zusammenarbeit mit dem zuständi- Wanger; Frau Iffert hatte bereits 1969 mit dem Unter- gen Schulrat Glaeßner wurde ein Raumprogramm für 8 richten am Richtsberg begonnen. Grundschulklassen, eine Vorklasse, 5 Hauptschulklas- Ein wichtiger Abschnitt in der Entwicklung der Richts- sen, 6 Realschulklassen und 6 Klassen für eine zu er- bergschule war der Weg von einer zunächst zweizügi- wartende Erweiterung erstellt. Nach Verhandlungen mit gen Grundschule über eine zweizügige Haupt- und der Schulaufsichtsbehörde wurde dieses Programm am vorgesehene Realschule zur Förderstufe und integrier- 19.10.1965 genehmigt. ten Gesamtschule 1971 bzw. 1973. Die Bauarbeiten für den 1. Bauabschnitt im Bereich der heutigen Astrid-Lindgren-Schule begannen am 13. 3. Beginn der Förderstufe 1971 2.1967, das Richtfest feierte man am 30. 6. 1967 Der Die Stadtverordnetenversammlung hatte bereits in ih- Unterricht begann nach einer Einweihungsfeier Anfang rer Sitzung vom 21.11.1969 den Magistrat beauftragt, September 1968. Unter der Leitung von Rektor Hans für die Errichtung einer Förderstufe und integrierten Ge- Sachs unterrichteten in den 8 Klassen der Grundschule samtschule (IGS) am Richtsberg die vorbereitenden die Kolleginnen Fuchs, Giebel, Gluth, Hebeler, Mahlert, Maßnahmen in die Wege zu leiten. Der zuständige Schallehn und Schick. Da im Herbst 1969 bereits mit Schulrat, Herr Glaeßner, schlug vor, wegen Raumman- 15 gels die Einrichtung einer freiwilligen Förderstufe am 1971 besuchten bereits 850 Schüler die Richtsberg- Richtsberg auf den Beginn des Schuljahres 1971/72 schule: 550 die Grundschule, 190 die 5. Klassen der zu verschieben. Förderstufe, 70 die 6. und 7. Klasse der Hauptschule Am 31.3.1971 stimmte der Hessische Kultusminister sowie 40 die neu eingerichtete Eingangsstufe (Vorklas- dem Vorschlag zu und genehmigte später noch, auch se). Die Erweiterung der Richtsbergschule durch einen Schüler aus anderen Schulen aufnehmen zu können. 3. Bauabschnitt war zu diesem Zeitpunkt beengter Ver- Mit Beginn des Schuljahres 1970/71 hatten sich be- hältnisse notwendig geworden und erst recht im Hin- reits Kolleginnen der Richtsbergschule zu allgemein- blick darauf, dass der Richtsberg ständig wuchs. pädagogischen und fachspezifischen Besprechungen Der Baubeginn dieses Bauabschnitts (des 1. der ent- und Konferenzen getroffen, um die Organisation und stehenden Gesamtschule) war am 22.11. 1971, die pädagogische Planung der Förderstufe vorzubereiten. Grundsteinlegung, zu der Oberbürgermeister Drechsler Mit der hohen Anzahl von 191 Anmeldungen konnte feierlich eingeladen hatte, fand statt am 28.2.1972 in zugleich mit dem Beginn des ersten 5. Jahrgangs ein Anwesenheit von Rektor Sachs, Konrektor Wanger, För- großer Erfolg verbucht werden, zumal die Voraussagen derstufenleiter Gimbel und dem Kollegium, des Bürger- offizieller Stellen wesentlich niedriger lagen. Es hatten meisters und Schuldezernenten Kochheim, des Schulrats sich 126 Schülerinnen aus Marburg (schwerpunktmä- Glaeßner, des Elternbeiratsvorsitzenden Herrn Hellwig, ßig aus der Richtsbergschule), 28 aus Schröck, 28 aus des Vorsitzenden der Richtsberggemeinde Herrn Mohr, Bauerbach, 7 aus Ginseldorf, 2 aus Cölbe angemeldet. der Bauarbeiter und der Schülerinnen, die mit einem Mit Beginn des Schuljahres am 1.8.1971 wurden sechs Ständchen die geladenen Gäste erfreuten. Der Ober- Parallelklassen mit den folgenden Klassenlehrern gebil- bürgermeister wies in seiner Rede darauf hin, dass es det: sich bei der zu bauenden Gesamtschule um einen Ver- 5a: Herr Wanger; 5b: Herr Völker; 5c: Herr Hertel; such handelt, „zu dem die Stadt Marburg geradezu 5d: Frau Koch; 5e: Herr Gimbel; 5f: Herr R. Naumann. verpflichtet ist". Weil die SV im Protokoll nicht vorgese- Als Fachlehrer unterrichteten in der Förderstufe: Frau hen worden war, bat der damalige Schulsprecher, Ni- Büttner, Frau Buchholz, Herr Homann, Frau Iffert, Herr kolaus Grasnick aus der Klasse 6b, um eine Redegele- Mahla, Herr N. Naumann, Frau Sandmann, Herr Sau- genheit, die ihm vom OB Dr. Drechsler gewährt wurde. er, Herr Schneider, Herr Striepecke, Herr Vöge, Herr Das Richtfest wurde am 2.6.1972 im Straßburger Voigt sowie mit Lehraufträgen Frau von Horlacher und Hof gefeiert. Am 16.10.1972 konnte der 1. Bauab- Frau Hausmann. Zu Fachsprechern wurden gewählt: schnitt mit dem allgemeinen Unterrichtsbereich (Cluster Deutsch: Herr Völker; Mathematik: Herr Gimbel; Eng- C und D), mit dem Verwaltungsbereich, dem Informati- lisch: Frau Koch; Weltkunde: Herr Hertel. onsbereich, dem technischen Bereich (Küche, Werkräu- Der Unterricht fand statt in den Räumen des oberen me etc.) und dem Versorgungsbereich (Heizung, Klima- Traktes der Grundschule. Der Unterricht konnte gemäß station etc.) in Betrieb genommen werden. der Stundentafel voll erteilt werden; leider stand für den Die Einrichtung von Gesamtschulen erforderte die Bil- Sportunterricht keine eigene Halle zur Verfügung und dung örtlicher pädagogischer Planungsgruppen, deren es musste improvisiert werden: Im Gemeinschaftsraum, besondere Aufgabe darin bestand, die Planvorlage für auf Freiflächen, im Wald, auf einem Bolzplatz, auf dem die zukünftige Gesamtschule am Richtsberg zu erstel- kleinen Platz und in der kleinen Halle der Gerhart- len. Zum Leiter der Planungsgruppe wurde Rektor Sachs Hauptmann-Schule. Im folgenden Schuljahr konnten ei- ernannt. Aus der Richtsbergschule hatte der Regierungs- nige Klassen die Halle in Cappel benutzen. präsident die folgenden Kolleginnen ernannt: Konrektor

16 Wanger, Förderstufenleiter Gimbel, Herr Hertel, Frau If- vorlage zu. In der Stellungnahme der Projektgruppe fert, Frau Koch, Herr P Naumann und Herr Völker. Als Evaluation (Hess. Kultusministerium) zur Planungsvorla- weitere Mitglieder wurden berufen: Herr G. Haberle, ge und zum Versuchsantrag stand: „Die Planungsvorla- Philipps-Universität, Architekt; Herr W. Kreß, MLS, Stu- ge zeichnet sich durch ein gründliches Studium des dienrat; Herr C. Schünemann, ARS, Studienrat; Herr D. theoretischen Hintergrunds der Gesamtschule aus". Seiffert, GS-, Studienrat; Frau G. Wilkending, Mit der Einschulung des neuen 5. Schuljahres Liebig-Universität, Professorin. Nach ihrer Ernennung im 1972/73 war die Förderstufe nun komplett. Der Trend Juni 1971 begann die Gruppe ihre Arbeit, und zwar in der hohen Anmeldungen konnte nicht nur gehalten, gemeinsamen und fachspezifischen Sitzungen. sondern gesteigert werden: 213 Schüler wurden in sie- Mit Erlass vom 17.7.1973 stimmte der Hessische Kul- ben Parallelklassen von den folgenden Klassenlehrerin- tusminister der von der Planungsgruppe verfassten Plan- nen unterrichtet: Herr Mahla, Frau Damerau, Frau Preis-

17 ler, Frau Buchholz, Frau Swoboda, Herr Norbert Nau- Hessen bildeten die „Rahmenrichtlinien für die pädago- mann, Herr Homann. Als Fachlehrer unterrichteten Herr gische Entwicklung der hessischen Gesamtschulversu- Jaspert sowie die genannten Klassen- und Fachlehrer che" (Erlass vom 16. 3. 1972). Aufgrund der stürmi- des neuen 6. Jahrgangs. Herr Sauer war Klassenlehrer schen Entwicklung der RGS und der Aufnahme von je- der 8. Hauptschulklasse, Herr Schubert und Herr Sachs weils weit über 200 Schülern in sieben Parallelklassen unterrichteten in der 7. Hauptschulklasse. Im Verlaufe jedes Jahrgangs, d.h. auch aufgrund einer großen Ak- des zu Ende gehenden Schuljahres wurden für den neu- zeptanz der Schule über die Schulbezirksgrenzen hin- en Förderstufenjahrgang 6 weitere Schülerinnen ange- aus, musste ebenfalls der räumliche Ausbau zügig vor- meldet, sodass auch in diesem Jahrgang nun eine 7. anschreiten: Baubeginn des 2. Abschnitts (düster A und Parallelklasse mit Herrn Schautes als Klassenlehrer ge- B, naturwissenschaftlicher Bereich und Forum): 9. 4. bildet werden musste. 1973. Richtfest: 19. 10. 1973. Inbetriebnahme: Am 22.3.1973 fand die Einweihung der Richtsberg- 12.8.1974. Halle statt, es war damals die modernste und größte Das für die RGS so wichtige Forum mit seiner schö- Schulsporthalle Hessens. Mit Tanz, Musik und Gesang nen gelungenen Form, einer fünffach abgestuften halb- untermalten die Schülerinnen der Richtsbergschule die kreisförmigen Vertiefung ist der hartnäckigen Initiative Feierstunde vor zahlreichen Ehrengästen. Im Schuljahr Herrn Gimbels, unterstützt durch das Kollegium, zu ver- 1972/73 besuchten die Richtsbergschule bereits mehr danken sowie dem Magistrat, der dann doch noch als 1000 Schüler, und zwar in den Vorklassen, in der nach Baubeginn den Vorschlägen der Lehrerinitiative Grundschule, der Förderstufe und der Hauptschule. und den Planänderungen zugestimmt hatte. Aufgrund der Erlasslage und im Besonderen aufgrund 4. Beginn und Ausbau der integrierten der Verfügung des Regierungspräsidenten vom Gesamtschule (IGS) am Richtsberg seit 1973 26.7.1973 musste über den auf der Grundlage der Der Hessische Kultusminister hatte dem Beschluss der vom Kultusminister genehmigten Planungsvorlage erteil- Stadtverordnetenversammlung zugestimmt, zum 1. 8. ten Unterricht ein fachbezogener Erfahrungsbericht 1973 am Richtsberg eine IGS zu errichten. Damit wur- dem Regierungspräsidenten bis zum 15.6.1974 vorge- de zugleich die bisherige Organisation der Richtsberg- legt sowie etwaige Änderungsvorhaben für die Weiter- schule aufgehoben und die Grundschule, die mit 720 führung exakt beschrieben werden. Das Schreiben die- Schülern in 23 Klassen die größte ihrer Form in Mar- ser Berichte gehörte an der RGS zu den Aufgaben der burg war, verselbständigt. Der Aufbau der IGS war im Fachleiterinnen und wurde von folgenden Kolleginnen Schuljahr 1973/74 bereits zur Hälfte abgeschlossen: verfasst: Deutsch: Herr Völker, Englisch: Frau Koch, Ma- In drei kompletten Jahrgängen 5, 6, und 7 mit jeweils thematik: Frau Vornholz, Herr Stettin, GL: Herr Hopf, sieben Parallelklassen sowie einer auslaufenden 8. Polytechnik: Frau Büttner, Frau Iffert, Religion: Frau Da- Hauptschulklasse wurden 670 Schüler in 22 Klassen merau, Herr R. Naumann, Herr N. Naumann, Herr von 33 Lehrerinnen aus den drei Schulformen Haupt-, Schauerte, Herr Siegel. Realschule und Gymnasium sowie den Fachlehrern für Den Erfahrungsbericht für das Fach Deutsch, in dem musisch-technische Bildung unterrichtet. eine umfangreiche und weitgehende Organisationsän- Die RGS galt nach § 69 des Schulverwaltungsgeset- derung für den Deutschunterricht (DU) beantragt wor- zes als Schulversuch einer IGS, die nicht mehr nach den war, legte der Regierungspräsident dem Kultusmini- den Schulformen Haupt-, Realschule und Gymnasium ster zur Entscheidung vor. In den folgenden Jahren fand gegliedert war. Die rechtliche Grundlage der IGS'n in das „Deutsch-Modell Richtsberg" in Wiesbaden und 18 Kassel Aufmerksamkeit und Beachtung, sodass hoch- Kochheim, stand: „Der Magistrat erkennt das große rangige Vertreter der beiden Gremien ständig den pädagogische Engagement an, mit dem gerade das Deutschunterricht und die Fachkonferenzen an der RGS junge Lehrerkollegium der RGS an der Umsetzung des aus Interesse an einem integrierten DU mit flexibler Dif- Reformmodells einer IGS in ein leistungsfähiges System ferenzierung besuchten. Mit seinem Erlass vom arbeitet, das den gegenwärtigen Anforderungen und 13.8.1974 genehmigte der Kultusminister die Modifi- Hoffnungen gerecht wird." kation des Differenzierungsmodells Deutsch an der RGS Die OP berichtete damals, dass vor allem die RGS mit der Auflage, einen weiteren ausführlichen Erfah- selbst in die schöne Feier Kritik brachte durch das Thea- rungsbericht vorzulegen. terstück „Geht's weiter - wie geht's weiter?" der Thea- Der Erfahrungsbericht der Fachleitung vom ter-AG unter der Leitung von Herrn Völker und Herrn 14.12.1974 war grundlegend für die endgültige Ge- Seiffert sowie durch die zwei Transparente „Lohnt sich nehmigung des „Deutsch-Modells" der RGS, eines inte- überhaupt das Abitur?" und „Nachmittags stehen Schul- grierten Unterrichts (Beibehaltung des Kerns, der Klas- räume leer!". Doch der Kultusminister nahm in seiner se, also einer heterogenen Zusammensetzung) mit ver- Rede ausführlich Bezug auf die genannten Probleme schiedenen Verfahren zur Binnendifferenzierung sowie und bezeichnete sie als „zentrale Fragen", die am „zu- flexibler Differenzierungsformen und -phasen nach Lei- ständigen Ort" gestellt worden seien. Herr Hartmann stung und Neigung in den Stufen 7 und 8. Der erste wies in seiner Rede u.a. darauf hin, dass die Schule Jahrgang der RGS wurde nach diesem Modell, mit dem zwischen der Gefahr relativer Selbstisolierung und der ebenfalls die Stabilität des Kernbereichs gefestigt wer- Möglichkeit, hessische Schulreform zu realisieren, ste- den sollte, auch in den Jahrgangsstufen 9/10 unterrich- he. Die Musik-AG spielte unter der Leitung von Herrn tet. Die Arbeit des Fachbereichs Deutsch fand in der Jaspert „Anuschka" und „Banks of Ohio". Eine weitere Vereinbarung für die gegenseitige Anerkennung von Schülergruppe führte den zahlreichen Ehrengästen aus Abschlüssen an IGS'n der Kultusminister-Konferenz von dem öffentlichen und schulischen Leben Marburgs Tän- 1982, die es ermöglichte, den DU in der 7. Jahrgangs- ze vor. tufe im Kern zu organisieren, eine Bestätigung. Im Anschluss an diese offizielle Einweihungsfeier stell- Am 1. 8.1974 wurde Herr Hartmann kommissari- te sich die Schule mit einer Reihe von Veranstaltungen scher Leiter der RGS. Mittlerweile umfasste die RGS im der Öffentlichkeit in der Zeit vom 18. bis 23.10.1974 vierten Jahr ihres Aufbaus die Jahrgangsstufen 5 bis 8. vor: Unterrichtsbesuche für Eltern, Schüler u.a. Interes- In 28 Klassen wurden die 836 Gesamtschülerinnen sierte, Tag der offenen Tür, Gesprächskreise, Ausstellun- nach dem Stundenplan für IGS'n unterrichtet. Bereits gen von Schülerarbeiten, Vorstellungen von Projekten, am 18.10.1974 fand die feierliche Einweihung des 2. z.B. UDIS und KoRaG. Durch die Anerkennung aus Kul- Bauabschnitts der Sekundarstufe I in Anwesenheit des tusministerium und Regierungspräsidium motiviert, be- Kultusministers Prof. Ludwig von Friedeburg statt, der antragte die Fachleitung Deutsch an dem Modell-Ver- bereits im Schuljahr 1970/71 die Richtsbergschule be- such „Konkretisierung der Rahmenrichtlinien an Ge- sucht und mit Oberbürgermeister Drechsler, Bürgermei- samtschulen" (KoRaG) teilzunehmen, der vom Hessi- ster Kochheim, Schulrat Glaeßner, der Schulleitung so- schen Kultusminister initiiert worden war und von der wie Vertretern aus dem Kollegium ein Gespräch über Bundesregierung finanziell unterstützt wurde. In diesem die zukünftige Entwicklung der Richtbergschule geführt Modell-Versuch ging es vorrangig darum, Lehrerfort- hatte. In der Begrüßungsbroschüre zum Festakt, unter- und -Weiterbildung mit der Ausarbeitung dringend be- zeichnet von OB Dr. Drechsler und Bürgermeister Dr. nötigter gesamtschulspezifischer Unterrichtseinheiten

19 und -materialien für alle Fächer zu verbinden. richt in der 9. Jahrgangsstufe (1976). Aus der Fachkonferenz Deutsch der RGS nahmen fol- Neben dem Deutschunterricht fand auch der Mathe- gende Kolleginnen teil: Frau Flessenkemper, Herr Dr. matikunterricht der RGS starke Beachtung. Im jährlich Friedmann, Frau Nösselt-Schillig, Herr Seiffert und Herr stattfindenden Mathematikwettbewerb der 8. Klassen Völker. Für das Fach Deutsch wurden bis zum Ende des gehörten im Schuljahr 1975/76 die beiden Schulsie- Projekts 1976 hessenweit acht umfangreiche Unterricht- ger der A-Kurse der RGS, Johannes Mahlmann und An- seinheiten mit einem jeweils großen Materialienteil von drea Jentsch, im Wettbewerb einer Gruppe von über den verschiedenen Lehrergruppen aus einzelnen hessi- vierzig Gymnasialschulsiegern aus dem Bezirk Nord- schen Schulen erarbeitet, wovon die Lehrergruppe der hessen zu den drei Besten und qualifizierten sich für RGS allein zwei verfasste, die allen Gesamtschulen zur den Landesentscheid. Auch dort erzielten sie hervorra- Verfügung gestellt wurden: „Projekt Schule", Versuch ei- gende Ergebnisse. nes projektorientierten Unterrichts in Klasse 8 (1975) und Bertolt Brecht: Der kaukasische Kreidekreis. Eine Georg Völker, 1997 Unterrichtseinheit für einen heterogenen Deutschunter-

20 Wie kam es zur Gestaltung des Schulgebäudes und des Schulgeländes der Richtsberg-Gesamtschule? Eine Rückschau auf die Jahre 1971-1974

Vorgeschichte Statt Schusterbau kam die Rasterbauweise Bereits Ende 1969 hatte die Stadtverordnetenver- Schon früh gab es zwischen Schule und Bauamt Ein- sammlung der Stadt Marburg den Magistrat beauftragt, zelgespräche um die Bauplanung. Daraus entwickelte in dem neuen, noch im Aufbau befindlichen Stadtteil sich die Bildung einer Schulbau-Planungsgruppe. Sie Richtsberg eine Förderstufe mit anschließender Inte- bestand aus Karl-Heinz Henckel (Leiter städtisches grierter Gesamtschule zu errichten. 1970 sollte mit dem Schulamt), vom städtischen Bauamt die Bau-Ingenieure 5. Schuljahr begonnen werden. Doch der Start der neu- en Schule wurde kurzfristig auf den Sommer 1971 ver- schoben. An die seit 1968 bestehende Richtsberg- Grundschule wurden 1970 Hauptschulklassen ange- hängt. Bereits zugeteilt waren zu diesem Zeitpunkt erst- malig Schülerinnen und Schüler aus den westlichen Vor- orten Schröck, Bauerbach und Ginseldorf. Nahezu alle Schüler des Jahrgangs 4 aus diesen Vororten wechsel- ten zur Hauptschule am Richtsberg über.

Ein Jahr später gelang es durch viele Gespräche mit den Eltern der Hauptschüler, dass fast alle Schüler der Klassen 5 des Schuljahrs 1970/71 ein Jahr freiwillig zurückgingen und in die 5. Klasse der Förderstufe ein- traten. Damit waren zusammen mit den aus den 4. Schuljahren der Grundschulen Richtsberg, Gerhart- Hauptmann-Schule, Schröck, Bauerbach und Ginseldorf kommenden Schülern die Zahl der Schüler in Klasse 5/Förderstufe auf 191 geschnellt. Diese Schülerzahlen bedingten einen starken Druck auf den Magistrat der Stadt, umgehend für die neue Schule die notwendigen Schulräume zu schaffen. Hochrechnungen für den wei- teren Schulaufbau ergaben: Es mussten für insgesamt 42 Klassen der kommenden Jahrgängen 5-10 die not- wendigen Klassenräume und Fachräume errichtet wer- den.

21 1974: Rohbau 2. Bauabschnitt

Eberhard Pott (Leiter Hochbauamt), Friedhelm Förster Gebäude der Gesamtschule sollte unterhalb der Grund- und Detlef Scharlau, dazu von Seiten der Schule Hans schule hangabwärts eingegliedert werden in die beste- Sachs (Rektor) und Karl-Heinz Gimbel (Förderstufenlei- hende Grundstückslage Richtung Norden. ter) sowie Gerhard Haberle als Vertreter des Elternbei- rats, gleichzeitig Fachmann als Bau-Ingenieur am Staat- Diesem Entwurf setzte Gerhard Haberle eine völlig lichen Bauamt der Universität Marburg/Lahnberge. Für andere Zielsetzung entgegen: einen vierflügeligen in den Neubau wurde vom städtischen Bauamt eine Kon- Rasterbauweise zu errichtenden Kompaktbau. Nach zeption vorgelegt in der damals für Schulbauten übli- langen Diskussionen setzte sich der Entwurf von Haber- chen Schusterbauweise. Es sollte ein Gebäude entste- le durch. Dass die Leitung des Bauamts und letztlich der hen vergleichbar mit den bereits benutzten zwei Ge- Magistrat dem völlig den eigenen Vorstellungen entge- bäuden der Grundschule. Das neue lang gezogenen gen gesetzten Baukörper zustimmte, ist den Herren aus

22 dem Bauamt und dem Magistrat hoch anzurechnen. Es gen trat Karl-Heinz Gimbel entgegen mit einer in Skiz- entstand ab 1972 in zwei Bauabschnitten - und in heu- zenform vorgestellten Anlage eines „Forums“. Weg von te kaum vorstellbar kurzer Bauzeit von der Baufirma der quadratischen Anordnung sollte in Form von im Müller-Gönnern errichtet - das Gebäude der Gesamt- Halbrund nach unten sich verjüngenden Stufen der zen- schule: Bereits 1974 wurde der 2. Bauabschnitt einge- trale Veranstaltung- und Versammlungsraum der Schule weiht. entstehen. Zudem sollte mit in die Decke eingesetzten Vor Baubeginn des 2. Bauabschnitts war im Zentrum Öffnungen Tageslicht einströmen. Da im Schulbau-Aus- des großen Baukörpers bereits ein ca. 20x20 Meter schuss keine Einigung zu erzielen war, wurde die Ent- umfassender Begegnungsbereich mit zwei quadratisch scheidung letztendlich im Magistrat getroffen. Es ge- angeordneten Treppenstufen trassiert. Diesen Planun- lang Gimbel mit persönlicher Vorsprache bei allen Ma-

23 gistratmitgliedern, dort ein positives Votum zu errei- in dem Schulbau-Ausschuss ein Gesamtkonzept vorge- chen. Besonders eingesetzt für den Forums-Vorschlag legt. Die Konzept wurde mit nur kleinen Abänderungen hatten sich im Magistrat Sattlermeister Heinz Maus und vom Bauamt übernommen. Haberle hatte vorgesehen: Frisörmeister Oskar Abel. Sie waren auch die Ersten, im Ostteil oberhalb des Parkplatzes ein Schulgarten, die den endgültigen Entscheid des Magistrats mitteilten. westlich der Schule ein in den Hang gegliedertes Au- ßenforum mit Sitzstufen. Nördlich dieser Anlage ent- Gestaltung des Außengeländes der Schule standen Sitzgruppen und am unteren Hang ein Grill- Nachdem offensichtlich beim Bauamt die baulichen platz. Dieser Grillplatz wurde, so hatte es Haberle ein- Kompetenzen der Arbeitsgruppe Anerkennung gefun- geplant, mit ausgemusterten Pflastersteinen der Ober- den hatten, gab es bei der Gestaltung des Außengelän- stadt gestaltet, Wettergasse und Marktgasse erhielten des keine Schwierigkeiten. Hier hatte Gerhard Haberle damals einen neuen Belag. Außerdem waren im ge-

24 samten Bereich große heimische Steine in die Hangla- ge gesetzt: Sandstein, Basaltstein, Granitfelsen, Schie- fer usw. Dazwischen wurden verschiedene heimische Obstbäume gepflanzt. Alles in allem eine gute Basis für den Unterricht in Geografie und Naturkunde.

Die Richtsberg-Gesamtschule erhielt erstmalig eine Vier-Felder-Sporthalle Neben dem großen Bedarf an Klassenräumen war der Mangel an ausreichenden Sportflächen extrem. An- fänglich wurden zwei Sporthallen geplant. Die Grund- schule, deren Schülerzahl ebenfalls stark angewachsen war, sollte eine Zwei-Felder-Halle bekommen und die Gesamtschule eine Drei-Felder-Halle. Berechnungen, die von Schulseite angestellt wurden, ergaben einen Be- darf von vier Feldern für die Gesamtschule. Dies führte dazu, dass Karl-Heinz Gimbel, der nebenbei in der Leichtathletik u. a. als Kreisvorsitzender tätig war, auch die außerschulische Schiene des Sportkreises benutzen konnte, um - damals erstmalig in Hessen - eine Vier-Fel- der-Halle planen zu lassen. Dies vergrößerte die Kapa- zitäten für die große Schule und ermöglichte zugleich die außerschulische Nutzung für sportliche Wettkämpfe von Vereinsseite. Tatsächlich wurden in der Folge in der neu gebauten, 60 Meter langen Halle Meisterschaften athletischen Anlagen wurden auch hierbei mit dem mit 50-Meter-Läufen und auch Wettbewerbe in Stab- Fachverband abgesprochen. An der Stelle eines einzi- hochsprung durchgeführt. gen Sportfelds entstanden: eine in den Hang hineinge- Bei der Planung des Sport-Außengeländes ge- setzte Sportfläche mit Laufbahn (erstmalig in Mittelhes- lang es nicht, ein Fußballfeld zu errichten. sen mit Tartanbahn, dem gleichen Belag, der im Olym- Für die Sport-Außenanlagen war im Erstentwurf des piastadion in München 1972 verwandt wurde), ein Bauamtes eine Sportanlage mit Fußballrasenfeld und Kunststoff-Sportfeld mit mehreren Basketball-Feldern, ein umlaufender Laufbahn von 333 Meter vorgesehen. Auf kleineres Kunststoff-Sportfeld mit Nutzung für Basket- Proteste des Naturschutzbeauftragen [Dr. Tent] wurde ball, u. a. auch für Tennis sowie ein Kleinfeld als Rasen- dies leider fallen gelassen. Ein Fußballfeld wäre für die platz. Dadurch war es möglich, die damals noch jähr- Vereine des Richtsbergs von großem Nutzen gewesen. lich an der Gesamtschule angesetzten leichtathletischen In der neu angesetzten Planung wurde vor allem be- Bundesjugendspiele auf der Schulanlage durchzufüh- rücksichtigt, dass ein nahezu witterungsunabhängiger ren. Untergrund angelegt wurde. Die leichtathletische Nut- zung stand im Vordergrund. Die Gestaltung der leicht- Karl-Heinz Gimbel, Gerhard Haberle, 2013

25 26 27 28 Wie wir wurden, was wir sind: Skizzierung einer pädagogischen Entwicklung: Die Jahre bis 1998

29 Ein Beitrag aus der Broschüre zum 25. jährigem Jubiläum der RGS

Die Geschichte der Richtsberg Gesamtschule ist seit samtschulen mit. In diesem Rahmen machten wir u.a. ei- ihrem Beginn bis heute immer auch eine Geschichte ne Bestandsaufnahme unserer bisherigen Entwicklung von Evaluation und Weiterentwicklung gewesen. Mit (Schulportrait) und entwickelten Perspektiven unserer großem Engagement und Enthusiasmus hat das damals weiteren Arbeit, eine Form, die heute - 15 Jahre später sehr junge und noch gesamtschulunerfahrene Kollegium -als Schulprogrammarbeit bezeichnet wird. Die Kon- die Entwicklung der integrierten Gesamtschule in die ei- zeptgruppenmitglieder Frau Swoboda, Frau Wiegand, gene Hand genommen, zumal es keine fertigen, über- Herr Osterkamp, Herr Dr. Tritschler, Herr Werner und tragbaren Konzepte gab. Herr Wilkesmann besuchten zunächst andere reformori- Die mannigfachen Problemstellungen der täglichen entierte Gesamtschulen, um deren Erfahrungen mit bin- Arbeit mussten in wöchentlichen Koordinationssitzun- nendifferenzierenden Lernverfahren wie z.B. Wochen- gen klein gearbeitet werden. Immer wieder suchten wir planarbeit in die eigene Arbeit mit einfließen zu lassen. nach neuen Antworten, veränderten methodisch-didakti- Aus diesen Besuchen entwickelte und erprobte die Kon- schen Konzepten, um dem Bildungsauftrag, Kinder aller zeptgruppe neue pädagogische Konzepte wie z.B. das Begabungsrichtungen zu den bestmöglichen Abschlüs- offene, selbstkontrollierende Lernen in Naturwissen- sen führen zu können, gerecht zu werden. schaften im 8. Jahrgang oder auch die Weiterentwick- Angebote aus dem Hess. Kultusministerium, an Mo- lung der Wochenplanarbeit über die Förderstufe hin- dellprojekten zur Weiterentwicklung der integrierten aus. Um die Arbeit im Schulgarten im Rahmen des Gesamtschule teilzunehmen, hat das Kollegium gerne praktischen Lernens zu intensivieren, baute die Projekt- aufgegriffen. Dafür steht in den ersten 10 Jahren unsere gruppe mit Unterstützung der Boschstiftung und der tat- Mitarbeit bei KoRag (Konkretisierung der Rahmenrichtli- kräftigen Mithilfe etlicher Kollegen ein Gewächshaus, nien an Gesamtschulen), siehe Beitrag G. Völker, UDIS das auch heute noch unverändert in Benutzung ist. (Unterrichtsdifferenzierung in der Sekundarstufe I), sie- Vom Jahre 1989 an war die RGS auch Angebots- he Beitrag von Doris Bauch, Karl-Heinz Gimbel u. Peter schule für die Abgänger aus der sechsjährigen Otto-Ub- Rektorschek, SUGZ (Systematische Umsetzung gesamt- belohde-Schule. Deren Konzept der individuellen Förde- schulspezifischer Zielsetzungen). rung durch binnendifferenzierendes Lernen traf sich mit Veränderte demographische Entwicklungen im Stadt- unserem Bemühen um veränderten Unterricht, sodass teil, andere schulpolitische Weichenstellungen hatten al- der Schulwechsel zur RGS von Beginn an in der Regel lerdings gravierende Auswirkungen auf die Schulstruk- reibungslos verläuft. tur und das Unterrichtskonzept der RGS. In diesem Zu- Unsere Vorstellung, unser pädagogisches Profil um sammenhang steht die nach langen, schmerzlichen in- ein Konzept der ökologischen Grundbildung zu erwei- ternen Diskussionen und Auseinandersetzungen mit tern, konnten wir vom Jahr 1989 an mit unserem Pro- dem Hess. Kultusministerium beschlossene Einführung jekt Jugendwaldheim Roßberg realisieren. Nach dem der Hauptschulklassen 1984. Von 1983 bis 1987 ar- Ende der Umgestaltung des Forsthauses in ein Jugend- beiteten wir zusammen mit 10 anderen hessischen Ge- waldheim 1991 begann die pädagogische Arbeit mit samtschulen am Projekt Förderkonzepte an Hess. Ge- den ersten ökologischen Projekten. Von der Entwicklung

30 dieser Projekte bis zum Jahrgang 10 und der Übernah- es, den Schulerfolg von Schülerinnen und Schülern zu me derselben in das Schulcurriculum hat es ca. 6 Jahre verbessern und Schulversagen zu verhindern. Ausge- gedauert. hend von der Erfahrung, dass Schüler oft keine klaren 1990 begannen wir mit dem Gemeinsamen Unter- Vorstellungen davon haben, was sie lernen wollen oder richt, zunächst mit einer Einzelintegration, dann ab andererseits nur ungern Verantwortung für ihr eigenes 1991 als Fortführung der Integrationsklassen der Erich- Lernen, ihre weitere Entwicklung zu übernehmen, ha- Kästner-Schule in ben wir zusammen mit den Partnerschulen begonnen, Cappel. Seit dieser Zeit hat sich eine enge Kooperati- mit Hilfe des von uns entwickelten persönlichen Entwick- on zwischen beiden Schulen entwickelt, in deren Zen- lungsplans (siehe Schulbroschüre), Schüler in ihrer Ei- trum die Förderung der Integrationsschülerinnen und - genverantwortlichkeit für ihre Schulkarriere zu stärken. schüler steht. Wochenplanarbeit und fächerübergreifen- Ebenfalls seit 1997 arbeiten wir mit drei anderen hes- der Unterricht sind seit dieser Zeit integraler Bestandteil sischen Schulen am Modellversuch LESE (Multimediale des Gemeinsamen Unterrichts und in unterschiedlichen Lernwerkstatt als Hilfe zur Selbstorganisation von Schu- Ausmaßen auch Wesensmerkmale des Unterrichts in len). Ziel dieses Projektes ist es vorrangig, die Koopera- den Regelklassen. tion der Kolleginnen und Kollegen mit Hilfe einer multi- Seit 1997 arbeiten Frau Ashoff und Herr Wilkesmann medialen Lernwerkstatt zu intensivieren. im Rahmen eines Comenius-Projektes mit Kolleginnen und Kollegen aus 4 Schulen aus Schweden, Holland, Eckart Wilkesmann, 1997 Belgien und Italien zusammen. Ziel dieses Projektes ist

31 Eine integrierte Gesamtschule am Richtsberg - Neuland für alle Anspruch und Gestaltung

Die Anfangsjahre der RGS waren gekennzeichnet zu überwinden. Bei diesem viel versprechenden Projekt durch stetig wachsende Schülerzahlen und eine ebenso wie auch bei UDIS scheiterte eine erfolgversprechende wachsende junge, dynamische Kollegenschaft und Weiterentwicklung an der Streichung der Ressourcen; Schulleitung. ähnliches erfahren wir jetzt auch bei der Weiterent- Der Anspruch war: Überwindung des dreigliedrigen wicklung unseres Konzeptes zur Inklusion. Schulwesens durch schülerorientiertes Arbeiten in he- Die sich verändernde Bevölkerungsstruktur am Richts- terogenen Klassen, ein Anspruch, der sich aber nur in berg und die teilweise darauf zurückzuführenden stark den ersten Jahren durchhalten ließ, zumal auch die reduzierten Schülerzahlen bedrohten gegen Ende der hessische Schulpolitik wegen des Zwangs zur Vergleich- 80er Jahre den Bestand der RGS. Die Schülerzahl hatte barkeit der Abschlüsse mit den herkömmlichen Schulen sich halbiert. Über die richtigen Wege aus dieser Krise stark auf äußere Differenzierung drängte. haben wir heftig gestritten: Die heterogene Schülerschaft versuchten wir in wö- Wir führten abschlussbezogene Hauptschulklassen chentlichen kleinen Fachkonferenzen in den Hauptfä- ein und entwickelten außerschulische Lernorte: Schul- chern mit erarbeiteten differenzierten Materialien zu garten, Gewächshaus, Teich, Windkraftanlage. fördern. 1989 begannen wir mit sehr viel Engagement und 1974 nahmen wir an einem Modellversuch mit wis- Arbeitseinsätzen, finanziert durch die Robert Bosch Stif- senschaftlicher Begleitung teil (UDIS), bei dem Schüler tung, die Umwandlung des Forsthauses in Roßberg in selbständig in Deutsch und Naturwissenschaften fächer- ein Jugendwaldheim. Im Rahmen einer ökologischen übergreifend mit vielen Materialien arbeiten konnten. Grundbildung von Jg. 5 - 10 erarbeiten seither die In einem Modellversuch in Mathematik (SUGZ) ent- SchülerInnen Projekte mit den Themen Wald, Landwirt- wickelten wir binnendifferenzierte Lernmethoden, um schaft, Wasser, Dorfentwicklung und Energie. Diese die Defizite in den Lehrbüchern auszugleichen. Anstrengungen zusammen mit dem Aufbau des Ge- Bei einem Modellversuch in Deutsch ( KORAG ) ging meinsamen Unterrichts haben die Attraktivität der RGS es um ähnliche Fragestellungen. wieder deutlich gesteigert. Die später eingeführte Wochenplanarbeit für die Jahr- 1997 begannen Kolleginnen und Kollegen im Projekt gänge 5 - 10 in Deutsch und Gesellschaftslehre hatte LESE (multimediale Lernwerkstatt als Hilfe zur Selbstor- dieselbe Zielrichtung: durch ein differenziertes Unter- ganisation von Schulen) Arbeitsmaterialien in den Fä- richtsangebot den unterschiedlichen Begabungen und chern Deutsch, Mathematik, GL und Informatik zu digi- Interessen der Schüler gerecht zu werden und ihre Moti- talisieren und in einem zentralen Rechner der RGS zu vation zu steigern, was auch häufig gelang. archivieren. Von 1983 - 1987 erarbeiteten wir mit 9 anderen Im selben Jahr beteiligten wir uns an einem Comenius hessischen Integrierten Gesamtschulen Förderkonzepte -Projekte mit Schulen aus Italien, Belgien und Schwe- für binnendifferenzierten Unterricht. Wir erprobten mit den. Die thematischen Schwerpunkte der Kooperation Erfolg offene Lernformen in Naturwissenschaften, um betrafen immer auch die Kernpunkte unserer Arbeit: die vorhandene Abneigung gegen diesen Fachbereich Dealing with Diversity, Umgang mit Unterschiedlichkeit.

32 Mit der schwedischen Schule bestehen heute noch in- 70% der Schüler per Unterschrift gegen Rassismus er- tensive Kontakte. klären. Um die damit verliehene Plakette zu behalten, Im folgenden Jahr entstand im Untergeschoss der musste die Unterschriftenaktion im Rahmen eines Akti- RGS in Kooperation mit der Jugendhilfe der Stadt und onstages, an dem Lesungen, Theaterstücke und ähnli- der Astrid-Lindgren Schule das Betreuungsprojekt für ches stattfanden, jährlich wiederholt werden. Der RGS die Jahrgänge 4 - 6 mit der Möglichkeit eines Mittages- wurde später dafür die Buber-Rosenzweig-Medaille in sens als Vorläufer eines Ganztagsangebotes. Bremen verliehen. Ein wichtiger Schritt für das Binnenklima der RGS war unsere Teilnahme an der Aktion "Schule ohne Ras- Eckart Wilkesmann, 2013 sismus". 1997 mussten sich zum ersten Mal mehr als

33 34 Fit für die Zukunft: Die Jahre 1998 - 2013

35 Die RGS auf dem Weg zur Team.Kultur.Schule@RGS

Im Jahre 1999 verabschiedete die Schulkonferenz er- Im Dezember 2007 begannen die regelmäßigen, lasskonform das erste Schulprogramm der Richtsberg- zum damaligen Zeitpunkt vierteljährlichen, Treffen der Gesamtschule. Im Rahmen eines pädagogischen Tages Teamsprecher/innen mit Anette Hesmert und dem wurden dort die seinerzeitigen Schwerpunkte der Schul- Schulleiter. entwicklungsarbeit analysiert und fortgeschrieben. Die nächste Phase des Schulentwicklungsprozesses Dem staatlichen Schulamt genügten diese - damals begann mit dem Pädagogischen Tag 2008: Es galt schon sehr fortschrittlichen - Schulentwicklungsschwer- nach 1 1/2 Schuljahren Praxis im verlängerten Schul- punkte nicht und es mahnte eine Überarbeitung an. Die- vormittag Erfahrungen auszuwerten, das BLIZZ-Konzept se wurde auch erledigt. Im Oktober 2001 wurde die er- zu verbessern, nachzusteuern, wo nachgesteuert wer- ste KUNST-Gruppe (Koordinations- und Steuergruppe) den musste und das Thema Unterrichtsentwicklung in der RGS eingerichtet. Nach der Vorstellung einer Ar- den Fokus der Überlegungen zu stellen. beitsplatzuntersuchung durch das Deutsche Institut für Die KUNST-Gruppe tagte in einer weiteren Klausur internationale pädagogische Forschung (dipf) konnte und zwar im April 2009, zu den Themen Zeitraster, im Juni 2003 die erste Klausurtagung der KUNST-Grup- Umgang mit „schwierigen“ Schülern/innen, Binnendif- pe stattfinden. Mit dem Wechsel in der Schulleitung im ferenzierung und Fortentwicklung des Schulprogramms. Sommer 2004 gewann der Schulentwicklungsprozess In dem Schuljahr 2009 wurde schließlich der Team- noch einmal an Fahrt. Durch Hospitationen in der offe- entwicklung durch Jahresterminpläne der Teams und ei- nen Schule Kassel-Waldau und konsequente Einbin- ner ersten Aufgabenbesprechung der Teamsprecher/in- dung von Lehrer/innen in den Schulentwicklungspro- nen Rechnung getragen. zess konnte schließlich im April 2005 der Grundsatzbe- Im September 2009 schließlich ereilte auch die Ge- schluss zum verlängerten „Schulvormittag“ gefasst wer- samtschule die Schulinspektion. Das Team der Schulin- den. spektion untersuchte ausführlich die Richtsberg-Gesamt- Mit diesem Grundsatzbeschluss entwickelte sich die schule, ihre Institution, ihre Unterlagen, sprach mit Richtsberg-Gesamtschule zur Ganztagsschule in gebun- Schülerinnen und Schülern, Eltern und Lehrer/innen. dener Form - eine Schulentwicklungsmaßnahme, die in dieser Konsequenz notwendig war, um den latent sin- Folgende Stärken der Schule wurden festgestellt: kenden Schüler/innenzahlen entgegen zu wirken. - Mit dem vielfältig gestalteten Bildungsangebot berück- Im Schuljahr 2006 konnte der verlängerte Schulvor- sichtigt die Schule Umfeld und Bedürfnisse der Schüle- mittag gestartet werden und bereits im Oktober die Me- rinnen und Schüler erkennbar und erfolgreich dieninsel (Medien für INdividuelles und SElbstständiges - Integration und gemeinsames Miteinander gelingen Lernen) eröffnet werden. sichtbar. Verschiedene Konzepte zum sozialen Lernen Ab dem Schuljahr 2007 wurde schließlich der Team- entwickeln und fördern ein gutes Lern- und Arbeitskli- entwicklung an der RGS durch ein offensives Umvertei- ma. len der Schuldeputatsstunden Rechnung getragen: Die - Vielfältige Kooperationen mit dem regionalen Umfeld Schuldeputatsstunden, die vorher bei den unterstützen überzeugend das Lern- und Erziehungsan- Stufenleiter/innen angesiedelt waren gingen nun an gebot der Schule. die Jahrgangssprecher der Teams. - Angebote wie „BLiZZ“ und „Offener Anfang“ tragen

36 wesentlich zur Schaffung eines Lebensraums Schule 2. „Wir legen Wert auf ein gutes Schulklima, das bei, indem sie erkennbar klientenbezogen gestaltet gekennzeichnet ist durch gegenseitigen Respekt, und gelebt werden. Wertschätzung, Toleranz und Gewaltfreiheit.“ - Wesentliche Bereiche pädagogischen Handelns wer- den systematisch evaluiert. 3. „Wir schaffen Voraussetzungen, um Lernen zu Evaluationsergebnisse werden in die Schulgemeinde ermöglichen, Wissen und Kompetenzen zu kommuniziert und für Entwicklungsprozesse genutzt. erweitern und zu vertiefen.“ Folgende Schwächen der Schule wurden festgestellt: - Eine Nutzung des Schulprogramms als Entwicklungsin- 4.„Wir integrieren die gegenwärtige und strument ist aktuell nicht erkennbar und aufgrund des zukünftige Lebenswirklichkeit der SchülerInnen Dokumentationsstandes kaum möglich. durch veränderte Unterrichtsorganisation, viele - Eine zielorientierte Prozesssteuerung, die Merkmale außerschulische Lernorte und die Zusammen- systematischen Projektmanagements aufweist, ist kaum arbeit mit Kooperationspartnern, in den entwickelt. Schwerpunkte der schulischen Entwicklung Bildungsprozess.“ werden nicht konsequent auf gemeinsame Ziele aus- gerichtet und mit einer effektiven Projektplanung um- 5. „Uns kennzeichnet unsere kollegiale gesetzt. - Konzeptionelle Grundlagen dienen kaum der systema- Offenheit und Zusammenarbeit. Alle Mitglieder tischen Steuerung schulischer Prozesse. Einzelbaustei- der Schulgemeinschaft arbeiten offen und gern ne pädagogischer Konzepte beziehen sich nicht er- zusammen. Wir wollen diesen Schatz pflegen. “ kennbar auf eine übergeordnete Zielstellung. - Individuelle Lernzugänge und das Förderkonzept zei- Diese Leitziele werden der engagierten Arbeit der gen sich im Regelunterricht kaum. Lehrerinnen und Lehrer der Richtsberg-Gesamtschule si- cherlich gerecht! Im Dezember beschloss die KUNST-Gruppe auf Im darauffolgenden Zeitraum von Mai bis September Grundlage dieser Ergebnisse den Prozess der Entwick- 2010 wurden die Leitziele in der KUNST-Gruppe und lung von Leitzielen anzustoßen und man veranstaltete in den Jahrgangsteams um Aspekte ergänzt, um Ziele schließlich 2010 einen pädagogischen Tag zu diesem erweitert und Vorhaben entsprechend in diese Planung Themenkomplex. eingearbeitet. Im Januar 2011 nach Gesamtkonferenz und Schulel- ternbeirat und Schülervertretungsbeschlüssen wurde Dort wurden die 5 Leitziele der RGS entwickelt: schließlich die redaktionelle Endfassung auf einer Ta- gung der KUNST-Gruppe auf Burg Hessenstein erstellt. 1. „Wir fühlen uns dem Gesamtschulgedanken Im September 2010 fand erstmals am Montag nach verpflichtet und setzen uns dafür ein, dass der Wanderwoche der sog. „Teamtag“ statt. Er dient SchülerInnen aller sozialer Schichten, den jeweiligen Jahrgangsteams zur Vorbereitung „ih- unterschiedlicher Herkunft und körperlicher- res“ Schuljahres und findet seitdem regelmäßig an die- und geistiger Voraussetzungen gemeinsam und sem Tag statt. bestmöglich gefördert werden.“ Die Teamarbeit an der RGS war Thema des pädago-

37 gischen Tages im Februar 2011 und im März 2011 Im November schließlich wurde die Idee unter dem konnte schließlich im Rahmen der Beschlussfassung Schlagwort „Kultur und Konsolidierung“ vorgestellt. Die zum Schuldeputat die 14-tägige Teamsprecherkonfe- Erwartung ist, dass die Entwicklung der Richtsberg-Ge- renz eingerichtet und mit einem erhöhten Anteil an samtschule hin zur Kulturschule des Landes Hessen eine Schuldeputatsstunden versehen werden. Klammer darstellen könnte, die für einzelne Lehrerinnen Im Zeitraum vor den Sommerferien 2011 wurde unter und Lehrer, aber auch insbesondere für die Schülerin- der Führung der Schulleitung das „Team@RGS“ entwik- nen und Schüler die Leitzielarbeit und Schulentwick- kelt und erstmalig für das Schuljahr 2011 installiert: lungsarbeit handhabbar und letztendlich durch kulturel- Im Kern stellt dieses Modell „Team@RGS“ die Weiter- le Elemente im Herzen erlebbar macht. entwicklung der Schul- und Unterrichtsentwicklung dar, Die Antragstellung an das hessische Kultusministerium es bedeutet, dass sich wenige Lehrer/innen um eine wurde im Februar 2012 schließlich einstimmig von der Jahrgangsgruppe kümmern und so Schülerinnen und Gesamtkonferenz beschlossen. Schüler einen verlässlichen und zugewandten Rahmen Zwischenzeitlich fand der erste Rat der Weisen statt erhalten, der ihnen ein ihren Fähigkeiten und Fertigkei- und das Partizipationsmodell der sog. Offenen Konfe- ten entsprechendes Arbeiten ermöglicht. renzen wurde erfolgreich angewandt. Beide Instrumen- Mit dem Schuljahr 2011 wurde schließlich auch die te sollen dazu dienen, den schulinternen Meinungsbil- neue Schulleitung etabliert: Der Wechsel in der Stelle dungsprozess transparenter, effektiver und effizienter zu des stellvertretenden Schulleiters wurde dazu genutzt, gestalten. im Rahmen der Team- und Schulentwicklung die Stufen- Auch wenn unter dem Schlagwort „Kultur und Konso- leitungsstellen umzuwandeln und aufgabenbezogene lidierung“ eine Klammer gefunden werden konnte, das Stellen einzurichten, die eng mit dem Schulprogramm Team@RGS erfolgreich gestartet ist und die Unterrichts- und den Leitzielen korrelieren. entwicklung mit der Arbeit der Fachkonferenzen an sog. „kompetenz-orientiertem Unterricht“ an Fahrt ge- Folgende Aufgabenbereiche wurden eingerichtet: wonnen hat, gab es im Rahmen dieses Partizipations- - Team und Schülerfragen prozesses den deutlich geäußerten Wunsch nach einem - Förderung und Inklusion sog. „Schulentwicklungsfahrplan“. - Beteiligung und Öffentlichkeitsarbeit Diesem gerechtfertigten Bedürfnis wurde von Seiten - Unterrichtsentwicklung und Zentrales des Schulleiters durch eine Grundsatzerklärung zum - Unterrichtsentwicklung und Ganztagsschule Thema Inklusion durch Team.Kultur.Schule@RGS Rech- - Berufsorientierung und Organisation nung getragen. Die Grundsatzerklärung wurde beglei- tet durch ein Unterrichtsentwicklungsraster und durch Im Rahmen dieser neuen Aufgabenverteilung fanden sog. Team-Klausurtage. die Teamentwicklung, die Ganztagsschulentwicklung Ab 17. September 2012 hatten alle Jahrgangsteams und schließlich auch das übergeordnete Ziel der Unter- einen Tag Zeit, die Leitziele und die Aspekte des Schul- richtsentwicklung ihren Niederschlag. programms für ihre konkrete Arbeit mit den ihnen an- Im September 2011 wurden die redaktionell überar- vertrauten Schülerinnen und Schülern in den von ihnen beiteten Leitziele und Aspekte von der Gesamtkonfe- unterrichteten Fächern im kommenden Schuljahr zu kon- renz und der Schulkonferenz beschlossen. kretisieren und zu präzisieren. Zielvereinbarungen stan- Weiterhin fand der Gedanke der „Kultur.Schule“ sei- den schließlich am Ende dieses Tages. Die Ergebnisse nen Weg an die RGS. dieser sog. Teamklausurwoche fanden ihren Weg in ei-

38 ne erneute redaktionelle Überarbeitung des Schulpro- transportieren, um der Unterrichtsentwicklung, die en- gramms, das an die Schulgemeinde verteilt wurde und gagiert in den Teams geleistet wird, Rechnung zu tra- um eine lehrerinterne Fassung mit Zielvereinbarung und gen und allen Kindern ein tatsächlich längeres gemein- konkreten Arbeitsvorhaben ergänzt werden konnte. sames Lernen zu ermöglichen. Im Schuljahr 2012 schließlich startete das zweite Mit den Anmeldezahlen für das Schuljahr 2013 zeigt Team@RGS und im kommenden Schuljahr 2013 wird sich schließlich auch, dass diese koordinierte und parti- das dritte Team@RGS an den Start gehen, so dass be- zipativ begleitete Schulentwicklungsmaßnahme auch reits die Hälfte der Richtsberg-Gesamtschule im Team- von Elternseite honoriert wird: Trotz Rückkehr der Mar- modell organisiert ist. burger Gymnasien zu G9 konnten sich die Schülerzah- Wie - im Nachhinein - sinnvoll und erfolgreich die len an der RGS stabilisieren! eingeleiteten und durch Partizipationsprozesse begleite- Ich bin optimistisch, dass es der Schulgemeinde der ten Schulentwicklungsmaßnahmen waren zeigte sich RGS gelungen ist, die RGS in ihrem 40. Jahr so aufzu- schließlich auch daran, dass mit deutlichen Mehrheiten stellen, dass sie die ihr anvertrauten Kinder und Jugend- beschlossen wurde, die äußere Differenzierung in den liche fit machen kann für die Zukunft und, dass auch in Fächern Englisch und Mathematik in den Jahrgängen 6 10 Jahren ein weiteres großes Fest die weitere Arbeit und 7 aufzuheben, um den Inklusionsgedanken zu würdigen wird!

39 Taugt ein Zirkuszelt zum Lernen?

Das Zirkuszelt steht aber auch für Abgegrenztheit, für Sicherheit, die alle Kinder beim Heranwachsen brau- chen, für klare Grenzen, für klare Regelungen, ohne die weder der Aufbau eines Zeltes noch eine Auffüh- rung möglich ist. Es steht aber auch für Individualität, für Kreativität, für Verantwortung und Gemeinsamkeit. Es steht auch für eine andere Lehrer/innen-Rolle: vom Dressurmeister (denn selbstverständlich gibt es in die- sem Zirkuszelt keine Dressur!) hin zum Coach, der Kin- dern hilft ihre Potenziale zu entwicklen, Lehrer/innen, die Begleiter sind, souveräne Persönlichkeiten, die Kin- dern helfen und nicht nach antiquirten Maßstäbe be- werten. Mit den Leitzielen der RGS, mit der Entwicklung hin zur Team.Kultur.Schule sind wir schon große Schritte in diese Richtung gegangen, es ist aber nun an uns, noch In einer Fortbildung war ich aufgefordert meine Visi- mutiger, noch kreativer zu sein um der Verantwortung on der RGS zu visualisieren. Ich zeichnete spontan ein einer inklusiven Schule gerecht werden zu können. Um Zirkuszelt auf einer Europakarte. in 10 Jahren über das Kern-Kurs-System zu lachen und Dieses Bild symbolisiert für mich bis heute meine Visi- die Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen im Zirkus- on/mein Ziel von Team.Kultur.Schule@RGS: Kinder und zelt auf dem Marktplatz stattfinden zu lassen - als Be- Jugendliche mit ihren unterschiedlichsten Begabungen ginn der großen RGS-Europa-Tournee mit Open-Air-Ab- sind teil einer Gemeinschaft, die ihr Wissen, ihr Kön- schlussvorstellung im Kiaragana-Kinderheim an den nen präsentieren, die dabei Umherreisen (eben mit die- Ausläufern das Mount Kenia! sem Zirkuszelt), die dadurch die Welt kennenlernen und letztendlich Lernen, sich in dieser Welt zu orientieren - Thomas C. Ferber was mehr soll “Die Schule des Lebens” den sonst leisten können? Im Bild des Zirkuszelt steckt natürlich auch die poin- tierte Abkehr von der traditionellen Schule der vergan- genen Zeiten, weg von der Aufgliederung von Wissen und Erwachsenwerden in Fächer und 45-min. Die Welt von heute (nicht erst die von Morgen!) braucht Men- schen, die kreativ, komplex und verantwortlich für sich und andere denken können, keine Pflichterfüller oder Funktionierer, wie sie die Schule aus dem industriellen Zeitalter heute immer noch hervorbringt.

40 Integration - Gemeinsamer Unterricht (GU) - Inklusion 40 Jahre auf dem Weg zu einer Schule für alle -

Für das Kollegium der RGS bedeutete Integration von schullehrerin mal krank ist? Für den Schüler im Rollstuhl Beginn an mehr als nur die gemeinsame Unterrichtung haben wir keinen Aufzug, aber wir unterrichten doch von Haupt-, Real- und Gymnasialschülern. In aufeinan- auf drei Ebenen. Es gibt keine Therapieräume und kei- der folgenden Wellen fanden erst die Verfolgten der ne behindertengerechte Toilette.“ Die Probleme waren Diktatur in Chile Mitte der 70er Jahre und die 'Boat- nicht von der Hand zu weisen. People' aus Vietnam, dann die Vertriebenen aus dem Die Eltern aus der EKS beharrten aber auf ihrem An- Iran Anfang der 80er, der Türkei, dem Irak, dem Liba- trag und nachdem das HKM Unterstützung in Form von non, den Krisenherden Afrikas und schließlich die Kin- Koordinationsstunden zugesagt hatte, überwand das der der Russlanddeutschen Aufnahme und Förderung in Kollegium seine Bedenken und stimmte für ein Probe- der RGS. Das Arbeiten mit diesen so unterschiedlichen jahr der Weiterführung der Integrationsklasse im Jahr- Gruppierungen war nicht einfach, aber "Dealing with gang 7 als Modellversuch zu. Nach diesem Jahr gab Diversity", der Umgang mit Unterschiedlichkeit, war es aufgrund der positiven Erfahrungen eine große Zu- schon immer eine ziemlich genaue Beschreibung unse- stimmung für die Fortführung und für weitere Neuauf- res Arbeitsplatzes und 1997 auch das Motto unseres 1. nahmen. Die großen Bedenken waren durch gelingen- Comenius-Projektes. de Praxis überwunden; mit der Zeit wurde ein Therapie- 1990 begann eine Entwicklung, die das Kollegium raum geschaffen, eine behindertengerechte Toilette ein- vor eine noch größere Herausforderung stellte: die in- gerichtet und statt eines Aufzugs gab es einen neuen tegrative Beschulung behinderter und nichtbehinderter Kollegen, der mit Engagement und großem Geschick Kinder. Die erste Einzelintegration begann 1990 und die Integrationsschüler beim praxisorientierten Arbeiten wurde nur gestattet - heute kaum mehr vorstellbar -, weil anleitete - den Aufzug gab es dann später. alle Eltern der neu zu bildenden 5. Klasse dieser Maß- Die im Rahmen des Modellversuchs jährlich zu schrei- nahme zustimmten. benden Berichte über unsere Arbeit führten zu einer 1991 dann die nächste Etappe: Viele Eltern der er- großen Wertschätzung im HKM. Auch nach Beendi- sten Integrationsklasse der Erich-Kästner-Schule bean- gung des Schul-versuchs im Jahre 1995 nahm die RGS tragten deren Fortführung in einer 7. Klasse der RGS. in jedem Schuljahr Schülerinnen und Schüler mit Behin- Das Staatliche Schulamt war skeptisch, aber der Vertre- derungen und sonderpädagogischem Förderbedarf auf ter der RGS sah trotz der großen Heraus-forderung die - trotz der deutlich verschlechterten Bedingungen (feh- Chancen, die eine Integrationsklasse für das Kollegium lende Förderschullehrkräfte, weniger Förderstunden pro bieten würde. Die Kompetenz der Förderschullehrer Klasse) im jetzt so genannten „Gemeinsamen Unter- würde den Regellehrern u.a. auch im Umgang mit richt“ (GU). schwierigen Schülern zugute kommen können. Der GU wurde im Laufe der Zeit bei Kollegen und Bei der Abstimmung in der Gesamtkonferenz lehnte auch Eltern immer beliebter. Er wurde wesentliches eine große Mehrheit die Übernahme jedoch ab; die ge- Merkmal unserer Schule und trug erheblich zur Attrakti- äußerten Bedenken waren u.a. "Wir sind für die neue vität der RGS in der Öffentlichkeit bei. Situation nicht ausgebildet. Was ist, wenn die Förder- 1998 waren wir erneut gefordert: Zum ersten Mal be-

41 antragten Eltern eines Kindes mit Down-Syndrom die tem Förderschwerpunkt im Regelunterricht, sondern die Aufnahme in eine 5. Klasse der RGS. Die abgebende Nutzbarmachung und Wertschätzung von Unterschied- Grundschule fürchtete eine Überforderung des Kindes lichkeit im Sinne einer „Pädagogik der Vielfalt“ (A. und empfahl die Beschulung in einer Schule für Prak- Prengel). Diese geht davon aus, dass menschliche Un- tisch Bildbare. Die Vorsitzende des Förderausschusses terschiede die Regel sind und dass sich deshalb schuli- befürwortete aber den Elternwunsch und der Vertreter sches Lernen an die bunte Vielfalt der Kinder anpassen der RGS schlug ein Probejahr vor, nach dem im Interes- muss und nicht umgekehrt. se des Kindes neu zu entscheiden sei. Bei der Weiterentwicklung zu einer inklusiven Schule Die Aufnahme dieses Kindes war für alle Neuland bauen wir auf unsere langjährigen Erfahrungen im Ge- und bedeutete eine Erweiterung der bisherigen Arbeit, meinsamen Unterricht. Unverzichtbare Grundlagen ei- aber auch eine Bereicherung unseres Schullebens. Die ner gelungenen Förderung aller Schülerinnen und Schü- Schülerin blieb dann in der RGS bis zum Ende der Klas- ler sind für uns folgende Punkte: se 10. Weitere Schülerinnen und Schüler mit Down-Syn- - Inklusion lässt sich nur über verlässliche, gewachsene drom folgten und wurden bzw. werden erfolgreich an und wertschätzende Beziehungen zwischen Schülern der RGS beschult. und Schülern, Lehrern und Lehrern sowie Schülern und Für alle Schülerinnen und Schüler bedeutet der Ge- Lehrern verwirklichen. meinsame Unterricht soziales Lernen im Schulalltag - mit - Die Grundhaltung unserer Arbeit wird in den Leitge- oft erstaunlichen Verhaltensweisen gerade bei soge- danken unseres Schulprogramms formuliert: „Wir set- nannten schwierigen Schülern. Der Umgang mit Unter- zen uns dafür ein, dass Schülerinnen und Schüler aller schiedlichkeit, mit Stärken und Schwächen, auch den sozialer Schichten, unterschiedlicher Herkunft und kör- eigenen, ist natürlich nicht immer konfliktfrei, aber eben perlicher und geistiger Voraussetzungen gemeinsam normal und alltäglich. und bestmöglich gefördert werden.“ Für die Schüler/innen mit ihren unterschiedlichen Be- - Wichtige Bedingung für eine effektive individuelle För- hinderungen und Beeinträchtigungen ist es wichtiges derung aller Schülerinnen und Schüler ist die Teamar- Ziel, dazuzugehören, nicht abgeschoben zu werden, beit. Hierzu gehört zum einen unser langjährig im GU Teil der Normalität zu sein und trotz ihrer teilweise ein- erprobtes Prinzip der doppelten Klassenleitung sowie geschränkten Möglichkeiten ihre Fähigkeiten zu zei- die verlässliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit gen. Ihr tägliches Bemühen, ihre oft hohe Leistungsbe- von verschiedenen Professionen in festen Jahrgangs- reitschaft und ihr Mut erzeugen häufig Anerkennung teams (Team@RGS). und Bewunderung bei den Regelschülern; dies stärkt ihr Selbstbewusstsein und die Zuversicht, sich weiteren Im Schuljahr 2013/14 werden an der RGS insge- Herausforderungen stellen zu können. samt 47 Schülerinnen und Schüler mit Anspruch auf Durch die UN-Konvention über die Rechte von Men- sonderpädagogische Förderung im Gemeinsamen Un- schen mit Behinderungen von 2009 sehen wir uns in terricht bzw. inklusiv unterrichtet. Darunter sind neben unserer bisherigen Entwicklung zu einer Schule für alle SchülerInnen mit besonderer Förderung in den Berei- bestärkt. Die inklusive Beschulung ist eine zentrale Auf- chen Lernen, Sprache und Verhalten auch SchülerInnen gabe aller Schulen geworden: Kein Kind darf vom all- mit Sinnesschädigungen. Ebenso besuchen einige kör- gemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden. perbehinderte Kinder unsere Schule. Unter Inklusion verstehen wir aber nicht nur die son- Gemeinsamer, inklusiver Unterricht bedeutet mehr in- derpädagogische Förderung von Kindern mit festgestell- dividualisiertes Lernen, von dem alle SchülerInnen profi-

42 tieren. Klassen mit gemeinsamem Unterricht werden bis- die Kappung der bisherigen Klassenobergrenze von her in der Regel von zwei KlassenlehrerInnen geleitet 23 Schülern im GU, die Kürzung von Förderstunden und je nach Förderbedarf der Schüler in einzelnen Fä- und die Versetzung der Förderschul-lehrkräfte, die doch chern doppelbesetzt unterrichtet. Klassen- und Fachleh- immer selbstverständlicher Bestandteil des Kollegiums rerInnen arbeiten hierbei mit den Förderschullehrkräften der RGS waren, an das Beratungs- und Förderzentrum. zusammen; sie tragen gemeinsam die Verantwortung Wir hoffen auf ein Umdenken bei den Verantwortli- für alle Kinder der Lerngruppe. Zur Zeit arbeiten an der chen und werden uns weiterhin für eine gelingende In- RGS sechs Förderschullehrerinnen und zwei Förder- klusion stark machen - für unsere Schülerinnen und schullehrer, die jeweils ein bis zwei Klassen fest zuge- Schüler. ordnet sind. Wir sind stolz auf unsere Arbeit in den letzten 23 Renate Schorn Jahren. Was uns allerdings bei unserer Schulentwick- Kerstin Uffelmann lungsarbeit Schwierigkeiten bereitet, sind die leider Eckart Wilkesmann schlechter werdenden Rahmenbedingungen wie z.B.

43 Kulturschule - Schule neu gedacht

Eine Schule, auf die sich alle Kinder jeden Morgen turellen Angebote, der aktive Kunstbereich, die vielfälti- freuen? Eine Schule, die jedem Kind Räume und Mög- gen Musikangebote - die bereits zu dem Titel "Schule lichkeiten bietet, sich zu entfalten? Eine Schule, in der mit besonderer musikalischer Förderung" geführt hatten das gesamte Kollegium mit Freude und Engagement ar- - und das Tanzprojekt im Jahrgang sechs als Kooperati- beitet? Eine Schule die diese Freude und Lust am Lernen on mit dem Sportinstitut der Universität Marburg. und Lehren nach außen strahlt? Das Kollegium und die Schulleitung der Richtsberg- Kann die Richtsberg-Gesamtschule eine solche Schule Gesamtschule bewegte bei der Bewerbung zur Aufnah- sein? Wir meinen ja! Der Aufbau einer Teamschule als me in das Kulturschulprogramm allerdings eine deutlich schlüssiges Konzept zur organisatorischen Gestaltung weitreichendere Idee: Nämlich eine Klammer zu finden der Richtsberg-Gesamtschule erwies sich rückblickend für all die bereits etablierten Aktivitäten und zukünftigen als der richtige Weg unserer Schulentwicklung. Dies be- Vorhaben der Schule zum Aufbau einer neuen Lernkul- legen sowohl externe Evaluationen, als auch die Berich- tur - der klassische rote Faden durch den aktuellen te der Kinder und Eltern sowie die hohe Arbeitszufrie- Schulentwicklungsprozess. denheit der Kolleginnen und Kollegen in den betreffen- Dies sollte sowohl im Hinblick auf die baulichen Struk- den Jahrgängen. turen und erforderlichen Maßnahmen als auch im Hin- Auf der Suche nach einer Neuausrichtung der Form blick auf die Entwicklung einer Schulkultur gelingen, die des Vermittelns von Unterrichtsinhalten kam die Richts- den Kindern Selbständigkeit, Mut, Freude und Lernlust berg-Gesamtschule im September 2011 mit den Ideen im Schulalltag und darüber hinaus vermittelt. Unsere des Kulturschulprogrammes des Landes Hessen in Kon- Idee der „Team.Kultur.Schule“ soll die Möglichkeiten takt. Es wurde schnell deutlich, dass dieses Konzept die zur Teilhabe und Identifikation aller Menschen unserer Umsetzung der Schulentwicklungsideen der Richtsberg- Schulkommune schaffen. Gesamtschule bereichern und unterstützen würde. Eine Eine Breitenförderung, die allen Kindern Zugänge zu Kunst für jedes Kind, ästhetische Zugangsweisen in al- kulturellen Aktivitäten bietet, steht dabei im Zentrum un- len Fächern, die Schule als DER Ort kultureller Aktivitä- serer Überlegungen. Die aktive Einbindung der Eltern- ten, die Richtsberg-Gesamtschule in einem Netzwerk schaft sowie des Lehrerkollegiums und der Schülerinnen mit anderen Kulturschulen und in Zusammenarbeit mit und Schüler in die Entwicklungsvorhaben der Richts- Künstlern und Kulturschaffenden, eine Verbindung der berg-Gesamtschule und die kulturellen Programme ver- Vermittlung curricular festgelegter Unterrichtsinhalte mit folgen ein gemeinsames Ziel: Die Gestaltung einer neu- den Künsten. en Schulkultur. Die Zustimmung zur Bewerbung für die Aufnahme in Stolz können wir nun auf ein Jahr Kulturschule zurück- das Kulturschulprogramm fiel einstimmig sowohl im Ge- blicken und Meilensteine benennen: die Kultursafari als samtkollegium als auch in der Eltern- und Schülerschaft. Ausdruck der Vielfältigkeit in einer neuen Form der Prä- Im Juni 2012 wurde die Richtsberg-Gesamtschule in sentation, die Neugestaltung der Turnhalle unter Berück- das Kulturschulprogramm des Landes Hessen aufge- sichtigung von Kulturschulkriterien - was bedeutet, dass nommen. Grundlage für diese Entscheidung des hessi- Übertragungsanlagen und Starkstromanschlüsse in al- schen Kultusministeriums waren die umfangreichen kul- len Teilbereichen installiert und Möglichkeiten für Auf-

44 führungen kultureller Ereignisse mitgedacht wurden, der (zweiter Preis und Ehrenpreis), Band-Wettbewerben so- Bau neuer Musikräume, die Einrichtung eines professio- wie Jugend musiziert (erster Preis E-Gitarre). nellen Tonstudios, die Neuausstattung und Gestaltung Kolleginnen und Kollegen, Lehrerinnen und Lehrer im des Kunstbereiches, die Entstehung eines Schultheater- Vorbereitungsdienst, Schülerinnen und Schüler sowie El- Studios, die Intensivierung der Kooperationen mit der tern entscheiden sich gezielt für unsere Schule als den Universität, dem hessischen Landestheater, der Marbur- Ort an dem gemeinsam gearbeitet und gelernt werden ger Musikschule, der Waggonhalle, dem BsF, dem VFL soll. Die stabilen und steigenden Schülerzahlen an un- Blasorchester. Durch die finanzielle Unterstützung der serer Schule in den letzten Jahren belegen dies. Die Er- Elternschaft, des Kollegiums und insbesondere des För- gebnisse bei Lernstandserhebungen und Abschlussprü- dervereins verfügt die Richtsberg-Gesamtschule nun fungen und einer großen Schülerzahl, die ihren weite- über ein umfangreiches Instrumentarium und Leihinstru- ren schulischen- oder beruflichen Weg erfolgreich ab- mentarium. So konnte das Konzept des offenen Musik- solviert sowie ein sehr geringer prozentualer Anteil von bereiches etabliert werden, der den Kindern den gan- Schulabbrechern belegen, dass die Richtsberg-Gesamt- zen Tag über zugänglich ist und im Nachmittagspro- schule auch inhaltlich unsere Schülerinnen und Schüler gramm Instrumentalunterricht ermöglicht oder Probevor- qualifiziert begleitet. aussetzungen für Bands bietet. Aktuell wurde unsere Dies macht uns Mut und motiviert uns, unsere Idee, Schule in das Kooperationsprojekt von Schulen und Mu- Schule neu zu denken und eine neue Schulkultur zu sikschulen des Landes Hessen aufgenommen. schaffen, die allen beteiligten Freude und Lust vermittelt, Die Richtsberg-Gesamtschule zeigt sich erfolgreich in weiter voranzubringen. Die Richtsberg-Gesamtschule ist vielen musikalischen- und künstlerisch/ästhetischen die Team- und Kulturschule Marburgs. Wettbewerben; so auch bei „Kinder zum Olymp“, den Malwettbewerben des hessischen Kultusministeriums Marcus Kauer

45 Team@RGS

Die Richtsbergschule ist für die gute Zusammenarbeit Seit dem vorletzten Schuljahr haben wir die Chance, innerhalb des Kollegiums bekannt. Dies bedeutet, dass diesen Ansatz noch konse-quenter zu entwickeln. Im Be- wir als Klassenlehrer/-innen, die die Schülerinnen und reich der Unterrichtsorganisation heißt dies vor allem Schüler vom 5.-10. Schuljahr begleiten, eng verzahnt das Aufbrechen des 45-Minuten-Taktes. Der Rhythmus sind mit allen Fachlehrer/-innen, die im Jahrgang unter- des Lernens wird somit mehr von inhaltlichen bzw. so- richten. zialen Kriterien bestimmt: Er folgt mehr einem Wechsel So können wir gemeinsam Vorgehensweisen entwik- von Konzentration und Entspannung als einem unflexi- keln, Regeln festsetzen und Inhalte planen. Dies alles blen Gong. hilft den Schülerinnen und Schülern, gut zu lernen. Die weitgehende Umstellung auf Doppelstunden, die Die genannten Jahrgangsteams treffen sich wöchent- mittlerweile in allen Jahrgängen etabliert ist, ermöglicht lich, um organisatorische, pädagogische und inhaltli- in den Hauptfächern Deutsch, GL, Englisch und Mathe- che Fragen zu besprechen. matik ein zunehmend individualisiertes, kompetenzori- Sie werden jeweils durch einen Teamsprecher / eine entiertes Arbeiten. Teamsprecherin in der Teamsprecherkonferenz vertre- In der sogenannten Lernzeit wird inzwischen unter ten. Diese tagt 14-tägig mit den Schulleitern. Anleitung der Fachlehrer/-innen immer öfter bei geöff- Die gleiche Struktur hat sich in den vergangenen Jah- neten Türen gearbeitet. Dies geschieht in der Zwischen- ren in der Elternschaft entwickelt. Hier gibt es ebenso zeit klassen- und fächerübergreifend. Die Lehrerrolle Eltern-Jahrgangssprecher. verändert sich spürbar in Richtung ‚coach' oder ‚Lern- Ebenso haben die Schülerinnen und Schüler Schüler- begleiter'. Jahrgangssprecher gewählt. Die Klassenlehrerinnen und -lehrer sowie fast alle Neu ist seit dem vergangenen Schuljahr das Treffen Fachlehrer gehen seit vorletztem Schuljahr mit ihrer vol- aller Jahrgangssprecher/innen in der sog. TSK+, die len Stundenzahl in den Jahrgang 5 bzw. 6. sich jeweils nach den Ferien trifft, um Rückschau zu hal- Dieses kleine Team-Modell (Team@RGS) ermöglicht ei- ten, Feedback zu geben und Dinge zu planen. ne enge Kooperation der Kolleginnen und Kollegen, die auch für eine gegenseitige Entlastung sorgt. Pädagogische Besonderheiten in Jahrgang 5 Es erlaubt eine umfassendere Begleitung der Schüler, und 6 (ab Sommer 2013 auch im Jg. 7) einen besseren Einblick in ihren Entwicklungsstand und Die Neugestaltung der Jahrgänge 5 und 6 genießt ei- eine somit einhergehende bessere Vorbereitung auf die ne breite Akzeptanz in der Schulgemeinde der RGS. nächsten Schritte, die sie gehen werden, wenn sie unse- Die veränderten Unterrichtszeiten, der offene Anfang, re Schule nach dem 9. bzw. 10. Schuljahr verlassen. die neuen Fächer Lernen lernen und Soziales Lernen und der Projekttag sind seit einigen Jahren erfolgreich Anette Hesmert etabliert und haben sich bewährt.

46 Mit dem neuen Berufsorientierungskonzept fit aus der RGS ins Leben!

Vielen Jugendlichen fällt es schwer, den Übergang und ihre Selbstständigkeit auszubauen, als auch Chan- von der Schule in den Beruf ohne Probleme zu schaf- cen und Möglichkeiten wahrzunehmen, sich selbst ein- fen. In den letzten Jahren ist die Situation auf dem Aus- zuschätzen, die eigenen Interessen und Potentiale zu er- bildungsstellenmarkt nicht einfacher, sondern eher kom- kennen und sinnvoll einzusetzen. plizierter geworden. Die Anforderungen aus der Wirt- In Zusammenarbeit mit dem Elternbeirat kamen wir schaft steigen, die Berufsbilder sind vielfältiger, der zu dem Entschluss, mit dem Thema Berufsorientierung Weg von der Schule in den Beruf ist unübersichtlicher so früh wie möglich zu beginnen und unseren Schülerin- geworden. nen und Schülern die benötigten Instrumente und Strate- gien an die Hand zu geben. Woran liegt das? In Jahrgangsstufe 5 und 6 finden im Rahmen von Ler- Die Jugendlichen kennen häufig die Arbeitswelt zu nen Lernen und Sozialem Lernen die ersten Betriebser- wenig. Der Arbeitsplatz der Eltern ist ihnen bereits kundungen und Berufsinterviews statt. Hier werden be- fremd, wie sollen sie da die Fülle der heute möglichen reits Kompetenzen erlernt, die von den Schülern auch Ausbildungsplätze kennen? in der Schule weiter genutzt werden können. Und wenn die möglichen Ausbildungsplätze schon Die Probierwerkstätten in Jahrgangsstufe 7 sollen nicht bekannt sind, wie sollen die Jugendlichen dann dann einen möglichst breiten Einblick in die Berufsfel- wissen, was dort von ihnen verlangt wird? der ermöglichen, um die Entscheidung für einen Prakti- Über- wie auch Unterschätzung der eigenen Lei- kumsplatz während des Berufspraktikums in Jahrgangs- stungsfähigkeit führt dann innerhalb kürzester Zeit zu stufe 8 zu erleichtern. Erfolgreich ist ein Berufsprakti- Konflikten mit den Ausbildern, die dann zu oft gleich kum in der Jahrgangsstufe 8, wenn bei intensiver Be- zum Abbruch der Ausbildung führen. Statistiken der schäftigung mit einem Beruf der Berufswunsch bestätigt Agentur für Arbeit belegen dies. oder eben nicht bestätigt wird! Unwissenheit und Trägheit bestimmt das Handeln. Un- Parallel findet am Ende der Jahrgangsstufe 7 eine bekanntem wird deshalb gerne aus dem Weg gegan- Kompetenz-Testung im handwerklich-motorischen Be- gen und Bekanntes (Schule!), mit teilweise zweifelhaf- reich bei Schüler und Schülerinnen statt, um diese, bei tem Erfolg fortgesetzt. Erfolgserlebnisse und Zufrieden- Minderleistungen, gegebenenfalls in den folgenden heit im Beruf sind auf diese Art und Weise natürlich Schuljahren, hin zur Ausbildungsreife zu fördern. nicht erlebbar. Als Portfolio und als zentrales Instrument der Berufs- orientierung dient der mit den Klassenlehrern gemein- Was kann man tun? sam geführte Berufswahlpass, der bei uns einen schulei- Wir möchten unsere Schülerinnen und Schüler darin genen Ein-band erhält (BO-ME), als Sammelort für alle unterstützen, erreichbare Ziele bei der Berufswahl zu Zertifikate und Praktikumsbescheinigungen dient und verfolgen. Dazu benötigen sie Instrumente und Strate- die Schüler über die fünf Jahre an unserer Schule be- gien, die dazu beitragen, sowohl ihre Lernorganisation gleitet!

47 Ein zweites Berufspraktikum wird in der Jahrgangsstu- arbeit mit einem größeren Unternehmen an. Eine be- fe 9 für alle durchgeführt. Hier sollten nun schon die Be- sondere Berufsberatung mit einer umfassenden Bera- rufswünsche konkreter sein. Die Schülerinnen und Schü- tung für den weiteren Schulweg schließt sich an. Für ler der RG-Klassen können die gemachten Erfahrungen viele Schülerinnen und Schüler ist der Weg über eine und Fertigkeiten dann in eine Schülerfirma einbringen. Fachoberschule oder ein Berufliches Gymnasium hin zu Beim Peer-Group-Projekt mit der Stadt Marburg stellen einem akademischen Beruf der erfolgreichere Weg. Die ungefähr gleichaltrige Auszubildende unseren RGS- intensiven Beratungen der Kolleginnen und Kollegen Schülern das Berufsleben mit allen Vorzügen und Pro- zeigen auch hier ihre Wirkung. Die Rückmeldungen blemen vor. von Ehemaligen zeigen uns, dass wir uns dort auf dem In den H 9 - Klassen führen wir ein nun schon seit ei- richtigen Weg befinden. nigen Jahren etabliertes Programm der vertieften Berufs- Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Agentur orientierung mit vielen Veranstaltungen außerhalb der für Arbeit, der IHK wie auch den Handwerkskammern, Schule durch. Ohne das besondere Engagement, auch die die Berufsorientierung an der RGS abrundet, spie- bei unseren Kooperationspartnern, wäre diese Arbeit gelt sich in der regelmäßigen Nutzung des in der Schu- nur halb so erfolgreich, wie sie ist. Und erfolgreich ist le eingerichteten Berufswahlbüros, das den Schülerin- diese Arbeit tatsächlich, gemessen an der hohen An- nen und Schülern, aber auch den unterrichtenden Leh- zahl an Schulabgängerinnen und -abgängern mit dem rern nach Absprache für Beratungen, Info-Veranstaltun- qualifizierten Hauptschulabschluss. gen und Gespräche zur Verfügung steht. Für die RG 10 Klassen bieten wir ein zusätzliches Be- werbungstraining mit der Stadt Marburg in Zusammen- Reinhard Berger

48 RGS - und dann?

Die Beobachtung der vergangenen Jahre hat gezeigt, Um diesem Sachverhalt Rechnung zu tragen sowie dass nur wenige Schülerinnen und Schüler nach Been- den Schülerinnen und Schülern die Übergänge zu wei- digung ihrer Schulzeit an der RGS eine Ausbildung be- terführenden Schulen zu erleichtern und abzustimmen, ginnen. Die Tendenz geht vielmehr hin zu einer Höher- besteht seit einigen Jahren ein kooptierter Verbund mit qualifikation des Schulabschlusses. Nachfolgende dem Gymnasium Philippinum sowie den Gesamtschu- Übersicht zeigt die erreichten Abschlüsse unserer Schü- len in Wetter, und Niederwalgern. In lerinnen und Schüler im Schuljahr 2012/2013, die bis den vergangenen drei Jahren wurde jedoch deutlich, auf wenige Ausnahmen als Basis für den weiteren dass diese Annexion dem Umfang der Bedürfnisse un- Schulbesuch genutzt werden: serer Schülerinnen und Schüler nicht gerecht wird. So Versetzungszeugnis Gymnasium: 27 ist die RGS seit ungefähr einem Jahr bemüht, weitere Realschulabschluss Kontakte aufzubauen und eine engere Kooperation mit mit Eignung Gymnasiale Oberstufe: 37 allen Marburger Gymnasium und beruflichen Schulen Realschulabschluss zu pflegen. Viele unserer Schülerinnen und Schüler stre- ben z. B. einen Fachoberschulabschluss oder Abitur mit mit Eignung Fachoberschule: 4 beruflicher Schwerpunktbildung an. Deshalb ist es uns Mittlerer Abschluss (Realschulabschluss): 6 wichtig, die gesamte Bandbreite der weiterführenden Qualifizierender Hauptschulabschluss Möglichkeiten zu berücksichtigen und eine entsprechen- (Eignung Berufsfachschule/ de Beratung zu bieten. 10. Hauptschuljahr): 23 Hauptschulabschluss: 9 Jutta Grebe-Becker Berufsorientierter Abschluss: 2

49 Länger gemeinsam lernen

Man verliert die meiste Zeit damit, dass man Zeit gewinnen will. John Steinbeck

"Länger gemeinsam lernen". Diesen Titel trägt die die einer pädagogischen Haltung und einem Men- Schulbroschüre der RGS aus gutem Grund. Er fasst zu- schenbild verpflichtet sind. nächst pointiert unser Statement zur Diskussion um die Was bedeutet dies nun im Einzelnen? 2005/2006 von der hessischen Landesregierung be- Das aktuelle roll-back-Verfahren der Marburger Gym- schlossene Verkürzung der gymnasialen Mittelstufe auf nasien zu G9 bestätigt uns nachträglich in unserer Ent- "G8" zusammen. Unsere Schüler lernen länger. scheidung von 2005, in der Mittelstufe weiterhin 6 Jah- Das Attribut "gemeinsam" ist an der RGS in verschie- re Zeit zur individuellen Förderung und zu sozialem Ler- denen Dimensionen relevant. Wir verstehen uns als nen zu geben. Wir sind damals wie heute der Auffas- Teamschule, d.h. dass unsere pädagogischen Bemühun- sung, dass eine Verkürzung der Schulzeit in dieser ent- gen in verschiedenen Teams stattfinden: in Jahrgangs- wicklungspsychologisch so bedeutsamen Zeit der Pu- teams der Klassenlehrer und assoziierter Fachlehrer, in bertät die Gefahr der einseitigen Ausrichtung des Jahrgangsteams der Schülerinnen und Schüler, in Jahr- Bildungsprozesses auf die Stoffvermittlung birgt. Zeit, gangsteams der Eltern, im Schulleitungsteam, in Fach- die für die Werteerziehung und den Erwerb sozialer schaftsteams, um nur einige zu nennen. "Gemeinsam" Kompetenzen fehlen würde. aber auch insofern als wir seit 1991 den Gemeinsa- Die Verdichtung der Stoffmassen untermauert tenden- men Unterricht (GU) behinderter und nichtbehinderter ziell die Trennung der Bildungsgänge Gymnasium bzw. Schülerinnen und Schüler etabliert haben, als profilbil- Haupt- und Realschule. Ein Wechsel in den höheren Bil- dende Säule unserer Arbeit. "Gemeinsam" darüber hin- dungsgang wird erschwert. Dies impliziert ein erhöhtes aus als methodischer Anspruch, den Anteil kooperativer Risiko des Scheiterns für diejenigen Schülerinnen und Lernarrangements in der Tradition von Norm Green Schüler, die nicht in allen Bereichen gleich schnell und und anderen konstruktivistischen Didaktikern zu erhö- gut lernen. hen. "Gemeinsam" nicht zuletzt in der neueren Diskussi- Die RGS ermöglicht auch in Zukunft ein langes Offen- on, die äußere Fachleistungsdifferenzierung aufzuhe- halten der Bildungsgänge, nicht zuletzt durch ein rhyth- ben oder zumindest später in der Schullaufbahn einset- misiertes Ganztagsmodell, das mehr ist als die Verlän- zen zu lassen, zu Gunsten des Klassenverbands mit bin- gerung der Unterrichtszeit in den Nachmittag. nendifferenzierenden Materialien. Warum reduziert die RGS die traditionelle Fachlei- Wir sind der selbstbewussten Auffassung, dass wir in- stungsdifferenzierung in den Fächern Mathematik und nerhalb dieser Schulentwicklungsfragen als IGS sehr Englisch in den Jahrgängen 6 und 7? gute Argumente haben, sind uns aber auch im Klaren, Für diese im vorletzten Schuljahr getroffene Entschei- dass es letztlich nicht nur um organisatorische Optimie- dung standen zunächst überfachliche, pädagogische rungsideen geht, sondern um bewusste Entscheidungen, Überlegungen im Vordergrund. In der Stabilität des

50 Klassenverbandes liegt der Schlüssel zum Lernerfolg die Möglichkeit mit unterschiedlichen Lernvoraussetzun- von leistungsheterogenen Gruppen. Die PISA-Sieger gen gewinnbringend umzugehen. Die entsprechende zeigen, dass das gemeinsame Lernen von unterschied- Fortbildung wurde von Kolleginnen und Kollegen der lich begabten Kindern zu besseren Lernergebnissen RGS besucht und kann in den Jahrgangsteams multipli- führt. Die Erfahrung an der RGS zeigt, dass insbeson- ziert werden. dere leistungsschwache homogene Lerngruppen ten- Wir an der RGS verstehen unter kooperativem Ler- denziell in eine fatale Abwärtsspirale geraten. Die Ori- nen, sehr vereinfacht gesagt, eine Unterrichtsstrategie, entierung nach "oben", das Vorbild lernwilliger moti- mit der sich neben fachlichen auch persönliche, soziale vierter Schüler in der Lerngruppe fehlt. und methodische Kompetenzen erwerben lassen. Die Zu den Gelingensbedingungen unseres Modells ge- Grundstruktur des Lernens bildet der Dreischritt "think- hören natürlich differenzierende Materialien, die ein in- pair- share", was man mit "Denken, Austauschen und dividualisiertes Arbeiten ermöglichen. Leistungsstarke Präsentieren" übersetzen kann. Der Erfolg basiert auf Schülerinnen und Schüler haben die Möglichkeit an- einer positiv bewerteten Abhängigkeit der Gruppenmit- spruchsvollere Aufgaben zu bearbeiten und als Lernbe- glieder und anspruchsvollen Aufgabenstellungen, die rater für Mitschüler ihre Kompetenzen zu erweitern. Em- einzeln nicht in gleichem Maße zu bearbeiten wären. pirisch gestützt wird diese Einschätzung durch die Dies hat vor allem eine erhöhte Akzeptanz von Unter- neuere Forschung. Sehr erhellend zum Beispiel: Herbert schieden zur Folge. Altrichter (et al), Unterrichten in heterogenen Gruppen. Es ist eben doch normal, verschieden zu sein. Das Qualitätspotenzial von Individualisierung, Differen- zierung und Schülerzahl. 2009 Peter Driehsen, 2013 Unterrichtsmethoden des kooperativen Lernens bieten

51 52 Vermischtes

53 Entwicklungen der Schülerzahlen an der RGS

Anfang des Schuljahres 5678910Summe

1971 199 / 7 29 / 1 28 / 1 ------256 / 9 1972 213 / 7 207 / 7 29 / 1 28 / 1 -- -- 477 / 16 1973 215 / 7 214 / 7 209 / 7 27 / 1 -- -- 665 / 22 1974 199 / 7 214 / 7 214 / 7 213 / 7 -- -- 840 / 28 1975 238 / 8 210 / 7 223 / 7 219 / 7 210 / 7 -- 1100 / 36 1976 200 / 7 231 / 8 210 / 7 226 / 7 218 / 7 159 / 6 1244 / 42 1977 216 / 7 195 / 7 227 / 7 207 / 7 211 / 7 146 / 5 1202 / 41 1978 188 / 7 216 / 7 193 / 7 225 / 8 203 / 7 127 / 5 1152 / 41 1979 180 / 6 200 / 7 215 / 7 196 / 7 228 / 8 147 / 6 1166 / 41 1980 183 / 7 179 / 6 195 / 7 214 / 7 191 / 7 134 / 5 1096 / 39 1981 121 / 4 176 / 7 184 / 6 199 / 7 197 / 7 108 / 4 985 / 35 1982 126 / 4 121 / 4 166 / 6 192 / 6 198 / 7 114 / 4 917 / 31 1983 106 / 4 122 / 4 127 / 4 162 / 6 188 / 6 105 / 4 810 / 28 1984 66 / 3 103 / 4 116 / 4 124 / 4 150 / 7 92 / 4 651 / 26 1985 78 / 3 72 / 3 99 / 4 115 / 4 118 / 6 72 / 3 554 / 23 1986 84 / 4 74 / 3 71 / 3 102 / 4 108 / 5 41 / 2 480 / 21 1987 54 / 3 80 / 4 74 / 3 72 / 3 93 / 5 45 / 2 418 / 20 1988 63 / 3 59 / 3 89 / 3 74 / 3 71 / 4 45 / 2 401 / 19 1989 52 / 3 65 / 3 75 / 3 96 / 4 78 / 5 35 / 2 410 / 20 1990 98 / 4 61 / 3 93 / 4 77 / 3 97 / 5 38 / 2 464 / 21 1991 66 / 3 86 / 4 95 / 5 95 / 5 72 / 4 43 / 2 457 / 22 1992 40 / 2 64 / 3 116 / 6 93 / 5 96 / 5 41 / 2 450 / 23 1993 49 / 2 48 / 2 84 / 4 116 / 6 93 / 5 46 / 2 436 / 21 1994 60 / 3 52 / 2 82 / 4 86 / 4 117 / 6 54 / 3 451 / 22 1995 52 / 3 73 / 3 86 / 4 86 / 4 90 / 4 73 / 3 460 / 21 1996 61 / 3 60 / 3 104 / 5 92 / 4 80 / 4 53 / 2 450 / 21 1997 61 / 3 62 / 3 95 / 4 105 / 5 91 / 5 48 / 2 462 / 22 1998 50 / 2 68 / 3 100 / 4 100 / 4 100 / 5 65 / 3 483 / 21 1999 54 / 3 52 / 2 98 / 4 94 / 4 107 / 5 61 / 3 476 / 21 2000 62 / 3 71 / 3 75 / 3 97 / 4 94 / 4 66 / 3 465 / 20 2001 93 / 4 69 / 3 118 / 5 75 / 3 93 / 4 49 / 2 497 / 21 2002 53 / 3 98 / 4 99 / 4 117 / 5 80 / 4 50 / 2 518 / 22 2003 73 / 3 73 / 3 121 / 5 101 / 4 109 / 5 47 / 3 524 / 22 2004 78 / 4 75 / 3 106 / 5 119 / 5 101 / 4 73 / 3 552 / 24

54 2005 46 / 2 82 / 4 94 / 4 106 / 5 116 / 5 67 / 3 513 / 23 2006 73 / 3 49 / 2 99 / 4 92 / 4 109 / 6 72 / 3 494 / 22 2007 74 / 3 49 / 2 101 / 4 94 / 4 108 / 5 72 / 3 498 / 22 2008 91 / 4 75 / 3 89 / 4 98 / 4 104 / 5 58 / 3 515 / 23 2009 81 / 4 94 / 4 90 / 4 94 / 4 109 / 5 75 / 3 543 / 24 2010 98 / 5 111 / 5 108 / 5 118 / 5 90 / 5 65 / 3 590 / 28 2011 87 / 4 102 / 5 111/ 5 113 / 5 120 / 5 59 / 3 592 / 27 2012 91 / 4 94 / 4 111 / 5 110 / 5 112 / 6 74 / 3 592 / 27 2013 83 / 4 95 / 4 104 / 4 114 / 5 113 / 6 71 / 3 580 / 26

Personalräte an der RGS Preisler, Hopf, Wilkesmann Okt 73 - Dez 74 Preisler, Hopf, Koch Jan 75 - Mai 76 Koch, Hopf, Preisler, Seiffert, Weigand Mai 76 - Jan 78 Hopf, Koch, Preisler, Seiffert, Weigand Jan 78 - Mai 79 Preisler, , Hopf, Ritter, Singel Mai 79 - Mai 82 Seuffert, Preisler, Stiller, Hopf, Heinisch Mai 82 - Juli 84 Seuffert, Preisler, Hopf, Heinisch, Rektorschek Juli 84 - Mai 85 Preisler, Hopf, Jütting, Seuffert, Heinisch Mai 85 - Mai 88 Seuffert, Preisler, Völker Mai 88 - Mai 92 Preisler, Hesse, Völker Mai 92 - Mai 00 Preisler, Luttropp, Dipboye Mai 00 - Mai 04 Westfall, Preisler, Paul Mai 04 - Juni 06 Branski, Henninges-Wacker, Luttropp Juni 06 - Mai 08 Branski, Hesse, Westfall Juni 08 - Mai 12 Barth, Lenz, Struckmeier ab Mai 12

Schulelternbeiratsvorsitzende an der RGS

Hilmar Hellwig 1971 - 1974 Gabriele Wojahn 1996 Prof. Dr. Theodor Mahlmann 1974 - 1978 Sybille Hausmanns 1996 - 2000 Gerd Haberle 1978 - 1982 Helge Sellmann 2000 - 2001 Horst Cerny 1982 - 1985 Walter Schmidbauer 2002 - 2005 Karin Szeder 1985 - 1986 Isa Brelowski-Pfeiffer 2006 - 2008 Angela Fritz 1986 - 1989 Beate Abé 2008 - 2009 Barbara Kämpf 1989 - 1991 Martin Hopp 2009 - 2011 Berthold Hahn 1991 - 1995 Andreas Piper seit 2011

55 Gespräch mit dem „alten“ Hausmeisterehepaar

Gespräch mit dem „alten“ Hausmeisterehepaar Jung Dieser 1. Bauabschnitt endete vor den Naturwissen- und dem nicht ganz so alten Herrn Marreck, weil der schaften, die dann im 2. Bauabschnitt errichtet wurden. auch nicht ganz so lange (15 Jahre) hier oben war. Der Bereich des Forums war noch damals noch Freige- lände. Herr Jung war 40 Jahre hier. Das Ehepaar Jung hat Am Anfang musste in der Grundschule schichtweise an der Grundsteinlegung der Grundschule mit dem OB Unterricht gemacht werden, weil kein Platz war: Die ei- Dr. Gassmann teilgenommen. ne Hälfte der Schülerschaft hatte Unterricht bis um 11 Uhr und die andere Hälfte dann ab 11 Uhr. 1968 hat Frau Jung alleine in der Grundschule ange- Die Schüler kamen auch aus dem Waldtal und die fangen. Dort gab es am Anfang nur einen Lehrer und waren ziemlich verrufen, die waren ganz schlimm, der keine Verwaltung, mit den Klassen 1-4. Später kamen Richtsberg war ja noch nicht ganz so verrufen in dieser dann die Klassen 5 und die östlichen Stadtteile dazu. Beziehung. Aber dann hat sich das Ehepaar Jung ge- Sie mussten sich mit den Kleinen arrangieren und es ka- sagt, ja,jetzt kommen die vom Dorf (Schröck, Ginsel- men dann 2 Baracken dazu. Es gab dann immer mehr dorf, Bauerbach) die sind jetzt ganz lieb. Aber die wa- Schüler, als auch die Förderstufe dazu kam. Herr Sachs ren wild und nochmal wild. Also das hat sich dadurch hat in dieser Zeit alles gemanagt. Dann kamen auch gar nicht gebessert. schon Lehrer hinzu wie Peter Naumann und Norbert Naumann und Frau Koch. Es waren dann 1200 Schüler und ca. 100 Studenten, die an der Schule unterrichtet wurden. Das Problem Frau Jung war zuerst alleine an der ALS und hat so- war, dass die Schule auch keine Sporthalle hatte. Oben gar die Sekretärinnenarbeit mitgemacht mit Herrn am Marktplatz gab es eine Baracke, in der Edeka drin Sachs, außerdem noch die Hausmeister- und Putzarbei- war, die Schule hat das übernommen und hat dort oder ten. 1969 wurde Frau Jung schwanger und es wurde in der Sporthalle der Gerhart-Hauptmann-Schule Sport ihr Ehemann, Herr Jung, eingestellt. Herr Jung musste gemacht. In 1972 wurde endlich die Sporthalle ge- dann die Etage putzen und sich um das Büro kümmern, baut. Dort gab es dann Großveranstaltungen wie zum obwohl er gar kein Freund vom Telefon war. Das war Beispiel der „Blaue Bock“ in 1974 und andere große für ihn als Handwerker gar nicht leicht. Feste von der Richtsberg-Gemeinde. Nach dem Mutterschutz kam Frau Jung zurück und 1200 Schüler waren stressig, es waren 14 Frauen in war dann nur für Hausmeister-tätigkeiten an der ALS zu- der Schule zum Putzen. Große Klassen mit ca. 30 Schü- ständig. lern, mit 7 - 8 Klassen in einem Jahrgang. Das war Als die Eheleute Jung eingestellt worden sind, bzw. räumlich gesehen grenzwertig. Nachmittags gab es als sie sich beworben haben, hieß es, sie müssten auch Musik, Sport und Hausaufgabenbetreuung bis 17.00 hier oben eine Wohnung beziehen. Sie sind dann Uhr. Viele Schüler haben dann aber auch hier rumge- gleich gegenüber in den Neubau eingezogen, dort ha- lungert. ben sie 6 Jahre gewohnt. Dann hieß es irgendwann, es Herr Sachs war Schulleiter bis Herr Hartmann kam wird noch ein Hausmeisterhaus gebaut. Dies geschah und Herr Jung war einer der jüngsten Hausmeister der dann auch in Zuge des 1. Bauabschnittes. Marburger Schulen.

56 Herr Lehr war 8 Jahre Hausmeister, danach kam Herr Wenn man bei der Schule wohnt, bekommt man alles Schaub, der war auch ca. 8 - 9 Jahre Hausmeister der mit. Irgendwann war eine Geburtstagsfeier bei Jungs, Sporthalle. Herr Marreck kam im Jahr 1993. Nach Ver- da haben sie bemerkt, dass Leute auf dem Dach herum- rentung von Herrn Marreck kam Herr Nowak, der zwi- gelaufen sind, die sind bei der Mitschauanlage in die schenzeitlich auch wieder in Rente gegangen ist. Der Kuppel eingestiegen. Damals hatte die Hausmeister- jetzige Hausmeister der Sporthalle ist Herr Braun. wohnung auch noch kein eigenes Telefon! Nur eins mit Vermittlung über die Schule. Auch jeder Schüler konnte Eine Anekdote aus früheren Zeiten ist, dass Dr. beim Hausmeister anrufen, jede Klasse hatte ein Tele- Drechsler in der Sporthalle Rauchverbot angeordnet fon. hat, aber selbst einmal mit Zigarette in die Sporthalle Wir haben die Polizei angerufen, dass ein Einbruch kam. Herr Lehr sagte ihm dann, dass auch für den stattfindet. Das war ein schneller Weg, wir waren im- Oberbürgermeister das Rauchverbot gelte. Was er mer präsent. Früher gab es kein Wochenende, Samstag dann wohl so akzeptieren musste. war ja auch noch Unterricht bis 14.00 Uhr, man hatte immer Dienst. Danach wurde nur noch nur zweimal Der Lehrer, Herr Homann, hat nachmittags Kurse ge- samstags unterrichtet, später nur noch einmal im Mo- macht und sich sehr bemüht. Er hatte zum Beispiel 2 Zi- nat. garetten im Mund und sagte den Schülern, dass man das nicht machen darf. Hinter dem Hörsaal hatte er Das Schlimmste in der Anfangszeit waren die Tep- auch ein Bett drin stehen. Da konnte man ihn auch pichböden in der Schule, das war ein ekliger Filzbelag. über eine Klingel erreichen. Herr Homann hatte Be- Und von Anfang an gab es die Probleme mit den Kau- kannte der Wasserwacht eingeladen und hier in der gummis und mit der Sauberkeit in den Toiletten. Schule gegrillt und Übernachtungen organisiert, die ganze Schule war offen. Zu diesem Zeitpunkt kam Die Richtsbergschule war für uns wie eine Familie, dann das Sonntagsschloss. Fehlalarme gab es dann im- wir gehörten dazu. Wir haben alle Leute aller Schich- mer wieder mal. ten kennengelernt. Der Elternbeirat hat sich hier am An- fang sehr stark gemacht, damit überhaupt etwas be- Die Rückmeldung an Herrn Jung von ehemaligen wirkt wurde. Schülern ist, dass er ein strenger Hausmeister war, aber es gut so war, wie er das gemacht hat. Früher gab es Herr Marreck hat nur positive Erinnerungen an die auch noch die Milchausgabe, das wurde noch klassen- Schule, es war „seine“ Sporthalle. weise ausgegeben, da kannten die Hausmeister fast al- le Schüler mit Namen. Das ist heute leider nicht mehr Der Stadtteil hat sich in den Jahren positiv verändert. so. Auch von der Schule hört man nur Gutes.

57 Kollegium 1980

Kollegium 1982

58 Kollegium 1984

Kollegium 2010

59 Kollegium 2013

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