Nachlässe - Schätze aus den Archiven Eine Ausstellung des AVK / Arbeitskreis Vorarlberger Kommunal Archive „Aufbruch in die Moderne. Die letzten Friedensjahre vor dem Ersten Weltkrieg“

Der Erste Weltkrieg wird von vielen Historikern als das prä- Die damals in vorherrschende und florierende gende historische Ereignis des 20. Jahrhunderts eingeschätzt. Textilindustrie fand in der Donaumonarchie einen riesigen IMPRESSUM „Der Krieg entwickelte sich von einem Europäischen, Bürger- Inlandsabsatzmarkt und profitierte von der internationalen krieg‘ zu einer weltumspannenden Katastrophe. Der durch ihn Liberalisierung des Welthandels in der 2. Hälfte des 19. Jahr- Projektkoordination beschleunigte Zerfall von Vielvölkerstaaten und Kolonialrei- hunderts. Trotz immer wieder auftretender Konjunktur- Andreas Brugger, Montafon Archiv Nicole Ohneberg, Gemeindearchiv Hard chen erzwang nicht nur die Durchsetzung des Nationalitäten- schwankungen sorgte das damalige Wirtschaftswachstum für prinzips, er brachte ethnische Konflikte, Vertreibungen und relativen Wohlstand in Vorarlberg und kurbelte sowohl den Projektbeteiligung und Ausstellungskonzept neue Formen radikaler Nationalismen. Bereits die Zeitgenossen privaten Hausbau als auch die Investitionen in die öffentliche Andreas Brugger, Montafon Archiv Christian Feuerstein, Wirtschaftsarchiv Vorarlberg sahen im Weltkrieg 1914-1918 die Keimschicht eines nachfol- Infrastruktur an. Thomas, Gamon, Archiv der Marktgemeinde genden, noch weitaus totaleren Krieges.“ Martin Gunz, Gemeindearchiv Die Elektrifizierung der Gemeinden, der Aufbau von Trink- Oliver Heinzle, Historisches Archiv der Marktgemeinde Werner Matt, Stadtarchiv Auch in unsere Region brachte der Erste Weltkrieg tiefrei- wasserversorgungssystemen, die Regulierung des Rhein- Simone Drechsel, Bregenzerwald Archiv fende Veränderungen und beendete eine Epoche der relativen stroms und der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, so wurden Nicole Ohneberg, Gemeindearchiv Hard Stabilität und des Aufschwungs. Angesichts der Tatsache, dass beispielsweise sowohl die Tramverbindung zwischen Dornbirn Thomas Felfer, Gemeindearchiv Carmen Reiter, Stadtarchiv die Welt vor hundert Jahren das letzte Friedensjahr vor dem und Lustenau als auch die Bregenzerwaldbahn 1902 in Betrieb Christof Thöny, Klostertal Archiv „Großen Krieg“ erlebte, thematisiert diese Ausstellung den genommenen, verdeutlichen die damaligen fortschrittlichen Christoph Volaucnik, Stadtarchiv Feldkirch in den Jahren vor dem Krieg in weiten Teilen Vorarlbergs erfolg- Veränderungen. Diese wirtschaftliche Blüte ging mit einer star- Thomas Welte, Gemeindearchiv

ten „Aufbruch in die Moderne“ und versucht, mit ausgesuch- ken Einwanderung nach Vorarlberg einher und wurde durch Grafische Gestaltung ten Archivalien verschiedene Aspekte der damaligen Lebens- den Kriegsausbruch im Sommer 1914 jäh beendet. abart, Hard welt zu vermitteln. Liebe Ausstellungsbesucherinnen und -besucher! Haben auch Sie Nachlässe ihrer Vorfahren zu Hause? Die Kommunalarchive sind der richtige Aufbewahrungsort und stehen gerne für nähere Beratung zur Verfügung. Nachlässe - Schätze aus den Archiven Eine Ausstellung des AVK / Arbeitskreis Vorarlberger Kommunal Archive Innig Geliebte meines Herzens! Eine Liebesgeschichte zwischen Schwarzenberg und Sonntag aus der Zeit von 1912 bis 1914

Am Aschermittwoch 1912 lernte der aus Schwarzenberg Wo ich im Walserthal höchstens 14-16 Kronen per Woche Jahr stattfinden solle. Franz war bereit, auf seine Maria zu stammende Senn Franz Josef Schweizer (1886-1969) bei verdiene.“ Daneben erschwerten noch das anhaltende warten. Die Zeit war ausgefüllt mit Hochzeitsvorberei- einem Spaziergang auf Mutta die damals 22-jährige Maria schlechte Wetter und die immer wiederkehrende Maul- tungen, die ebenfalls schriftlich ausdiskutiert und erledigt Burtscher (1889-1957) aus Sonntag kennen und bald lie- und Klauenseuche das Leben der Bauern. Das Wetter war werden mussten. Auch sah es Marias Familie nicht gern, ben. Franz Josef Schweizer war zu jener Zeit als Senn auf am 23. Juli 1913 so kalt und windig, dass Maria schrieb dass sie heiraten wollte. „Am unliebsten der Bruder Franz. der Alpe Laguz tätig und Maria bewirtschaftete zusam- „man würde Unterhosen ganz gut vertragen könen.“ Der Kristian hat immer nur die Ausrede in die weite Welt men mit ihrer Mutter und ihren beiden Brüdern eine Land- hinaus gehen und bald wieder herein komen ohne Kleider wirtschaft in Sonntag. Die Situation änderte sich als Franz Der Alltag der beiden war von der landwirtschaftlichen oder in der Welt draußen verhungern.“ Doch die beiden im Herbst 1912 seine Senntätigkeit auf Laguz beendete Arbeit bestimmt und daher mussten Treffen immer hielten zusammen. In all den Vorbereitungen erhielt Franz und nach Schwarzenberg zurückkehrte. Um den Kontakt wieder verschoben werden. Ebenso war die weite den Bescheid, am 11. Mai 1914 zu einer Waffenübung aufrechterhalten zu können, mussten sie sich fortan Briefe Wegstrecke, die für eine Zusammenkunft zurückgelegt einrücken zu müssen. Erst nach deren Abschluss konnten und Karten schreiben. werden musste, ein Hindernis. Bei gutem Wetter wurde die beiden am 8. Juni 1914 heiraten. Ihnen war aber nur der Fußweg über den Faschina genommen und bei schlech- eine kurze gemeinsame Zeit im Dickach Nr. 87 in Schwar- Immer wieder beschworen sie sich ihre gegenseitige tem die Bahn. Doch beide Varianten benötigten viel Zeit. zenberg vergönnt. Im August 1914 wurde Franz zum Liebe und bekämpften damit auch die gelegentlich Kriegsdienst eingezogen. Es begann wieder eine lange aufkeimende Eifersucht. Obwohl Franz und Maria wenig Bei der Mission in , an welcher Franz teil- Zeit des Briefeschreibens. über ihre persönliches Befinden und familiäre Angelegen- nahm, wurde verkündet, dass eine lange Bekanntschaft heiten berichten, geben die Briefe einen tiefen streng verboten sei. Daher sah sich Franz zum Handeln Herzlichen Dank an Johann Aberer aus Schwarzen- Einblick in die Lebenssituation der Bauern. Das Jahr 1913 gezwungen. In seinem Brief am 11. Februar 1913 an Maria berg, der dem Bregenzerwald Archiv die Briefe und Fotos war ein schwieriges Jahr für die Bauern. Die Löhne waren schrieb er: „Nun stelle ich an dich liebe Mari die Frage, wel- (BWA I-005) zur Verfügung gestellt hat. niedrig und so beschloss Franz im Winter 1912/13 in ches Los von diesen beiden [Heirat oder Bekanntschaft Schwarzenberg zu bleiben da „mir hier schon 24 Kronen aufgeben] dir geschieden sei.“ Maria sagte ja, aber unter Verfasserin des Textes: Simone Drechsel per Woche an einen Verdienst zugesagt. der Bedingung, dass die Hochzeit erst im kommenden

Familie Franz Josef Schweizer um 1940 sitzend: Maria Schweizer, geb. Burtscher und Franz Schweizer; stehend v.l.n.r.: Katharina Schweizer, verheiratete Aberer (1917-1999), Barbara Schweizer (1915-1942), Christian Schweizer (1919-1942), Maria Schweizer, verheiratete Hammerer (1920-2006), Paulina Schweizer, verh. Schneider (1921-1991); Fotograf: Kaspar Hiller, ; BWA (Repro), Original: Johann Aberer

Portrait Franz Josef Schweizer Fotograf unbekannt, BWA (Repro), Original: Johann Aberer.

Maria Schweizer, geb. Burtscher, mit ihren Brüdern Kristian und Franz Burtscher Fotograf aus , BWA (Repro), Original: Johann Aberer Nachlässe - Schätze aus den Archiven Eine Ausstellung des AVK / Arbeitskreis Vorarlberger Kommunal Archive Eine Straße für den Aufschwung Bildstein Schwarzach

„Im ganzen Land gibt es kaum eine Gemeinde, die so Der Landesausschuss stimmte zwar der unbedingten zwei Straßenverläufe ausgearbeitet und bereits Ende schlechte Straßen hat als Bildstein. Die in Benützung Notwendigkeit einer neuen Straße nach Bildstein zu, 1913 einigten sich die beiden Gemeindeausschüsse auf stehenden Wege sind dem Rinnsale eines Wildbaches aber die Verhandlungen über die Finanzierung verliefen einen Verlauf. Als es aber um die Finanzierung durch ähnlich“, so das Vorarlberger Landesbauamt im Jahre überaus schleppend. Zusätzlich gab es noch Wider- die Gemeinde Schwarzach ging, fand sich im dortigen 1912. Zu dieser Zeit führte die einzig fahrbare Straße stand aus der Bildsteiner Bevölkerung, welcher in einer Gemeindeausschuss dann doch keine Mehrheit mehr. vom Bildsteiner Dorfzentrum nach -Rickenbach. Petition mit 70 Unterschriften gegen diese Straße gip- Der Gemeindeausschuss von Bildstein wandte sich an Doch diese holprige Straße mit bis zu 25 % Steigung war felte. Als sich herausstellte, dass einige Unterschriften den Landesausschuss und bat diesen, mit der Gemeinde bereits 140 Jahre alt und chronisch reparaturbedürftig. gefälscht oder unter falschen Angaben erschlichen Schwarzach in Kontakt zu treten und den dortigen Sie galt nicht nur als mühsam, sondern auch im Frühling worden waren, sah sich der Landesausschuss aufgrund Gemeindeausschuss zu einer neuerlichen Abstimmung und Herbst als gefährlich. Zerbrechliche Waren muss- der Vorgänge in der Gemeinde Bildstein nicht mehr zu bewegen. Im Sommer 1914 sollte endlich eine Eini- ten zum Teil auf dem Rücken den Berg hochgetragen gezwungen, das Straßenprojekt mit großem Nachdruck gung erzielt werden, doch dann brach der Krieg aus und werden, was den Warenhandel aufwendiger und teurer voranzutreiben. die für den Straßenbau benötigten Mittel flossen in die machte. Zudem wurden die mangelnden Straßenver- Kriegswirtschaft. bindungen mit dem starken Bevölkerungsrückgang in So kam 1912 ein altes Projekt wieder auf den Tisch: Zusammenhang gebracht. der Bau einer Straße nach Schwarzach. Dieses Projekt Verfasser des Textes: Martin Gunz war nicht wirklich ungünstiger, denn in Schwarzach Um dem entgegenzuwirken, entschied sich 1905 befanden sich die Poststelle für Bildstein sowie eine der Gemeindeausschuss von Bildstein für die Erneue- Bahnstation und mit den veranschlagten Kosten von rung und Verbreiterung der bestehenden Straße nach 52.200 Kronen war diese Straße nur geringfügig teu- Rickenbach. Das größte Problem bestand aber darin, rer als jene nach Rickenbach. Die Vorverhandlungen dass sich die arme Berggemeinde den Ausbau dieser erbrachten, dass Bildstein und Schwarzach zusammen Straße nicht leisten konnte. Sie vermochte nur 25 % der 30 % der Kosten aufbringen könnten und der Rest vom veranschlagten Kosten von 50.000 Kronen aufzubringen Land und vom Staat übernommen werden sollte. Bis und hoffte auf Unterstützung vom Land Vorarlberg. Juli 1913 wurden vom Vorarlberger Landesbauamt

Lediglich ein paar Fußwege führten von Bildstein nach Schwarzach. (um 1930) Sig. Foto 00002 – GA Bildstein

„Zum Greifen nahe und dennoch schwer zu erreichen“ Bildstein von Schwarzach ausgesehen (um 1935) Sig. Foto 00232 – GA Bildstein

Straßenbau Bildstein - Schwarzach in den 1930er Jahren Sig. Foto 00158 – GA Bildstein Nachlässe - Schätze aus den Archiven Eine Ausstellung des AVK / Arbeitskreis Vorarlberger Kommunal Archive „Willkommen auf Tannbergs Höhen!“

Die Gemeinde Lech ist in der öffentlichen Wahrnehmung den Namen erhalten [hat], stellt einen gewissen Reich- strom Jahr für Jahr herbeikommt, so werden wir die Bedeu- vor allem als Tourismusdestination bekannt. Der Grund- tum der Gemeinden und des Einzelnen dar. Aber das sind tung voll und ganz zu würdigen in der Lage sein.“ stein für diese wirtschaftliche Ausrichtung wurde Anfang auch die einzigen Quellen, aus welchen die Tannberger (Vorarlberger Volksblatt, 5. Oktober 1909, S. 1) des 20. Jahrhunderts gelegt. Bis ins Jahr 1900 kann in der ihr Geld für Lebensmittel für Steuern und Zinsschuldigkei- Gemeinde Lech ein Bevölkerungsrückgang festgestellt ten schöpfen können. In ihren Erwerbsleben bilden sie Mit der verkehrstechnischen Erschließung ist unmittel- werden. Am Beispiel Zürs lässt sich der Umschwung zum nicht einen kleinen Staat, ein Ländchen für sich, sondern bar eine systematische Erschließung der Berge durch ein- Aufschwung am besten nachzeichnen. Wurde um die Jahr- sind kaum wie ein anderer Landesteil auf den Verkehr zelne Sektionen des Alpenvereins verbunden. Im Nahbereich hundertwende noch Franz Josef-Mathis, Pächter der Gast- nach außen angewiesen.“ (Vorarlberger Volksblatt, 5. von Lech entstanden die Freiburger Hütte (1912), Ulmer wirtschaft „Alpenrose“, als einziger dauerhafter Bewohner Oktober 1909, S. 1) Hütte (1903), Stuttgarter Hütte (1910), Biberacher Hütte genannt, lebten 1911 bereits 31 Personen in Zürs. (1911), Ravensburger Hütte (1912) und die Göppinger Hütte Der Autor unterstreicht die Bedeutung der verkehrs- (1913). Einen wesentlichen Einfluss auf diese Veränderung technischen Erschließung noch weiter, indem er schreibt: hatte der Bau der Arlbergbahn und der Flexenstraße. Das „Von der Bedeutung der Flexenstraße für Sommer- und Die Förderung des Fremdenverkehrs bedingte eine letzte Teilstück von Lech zur Landesgrenze Tirols wurde am Winterverkehr sind „Alpenrose“ und „Edelweiß“ mit infrastrukturelle Veränderung. Im Frühjahr 1906 wurde der 2. Oktober 1909 offiziell dem Verkehr übergeben. Ein Kor- ihren Zu- und Umbauten ein sprechender Beweis.“ Verschönerungsverein Lech, gewissermaßen als Vorgänger- respondent des Vorarlberger Volksblattes schrieb in die- institution des Verkehrsvereins, gegründet und 1911 trat die sem Zusammenhang: „Jahrhunderte lang hat ein natur- Auch der damalige Landeshauptmann Adolf Rhom- Gemeinde dem Fremdenverkehrsverband für Vorarlberg und wüchsiges, kräftiges Volk dieses hochgelegene, unwirtliche berg hebt die Bedeutung der Straße für die Talschaft her- Liechtenstein bei. Durch diese Veränderungen wurden die Gebirgstal bewohnt. Sein Leben war und ist heute noch ein vor: „Wenn wir uns ins Gedächtnis zurückrufen, wie noch Weichen hin zu einer touristischen Ausrichtung gestellt. Die- harter Kampf mit der strengen Natur, mit den bösen vor wenigen Jahren dieses große Talgebiet Vorarlbergs ser erste Aufschwung wurde jedoch im Jahre 1914 durch den Gewalten der Alpengegend. Wohl bieten die saftigen von jedem bedeutenden Fremdenverkehr fernlag, wie es Ausbruch des Ersten Weltkriegs unterbrochen und sollte erst Alpenmatten und ertragreichen Wiesen günstige Bedin- vielfach kaum dem Namen nach dem Touristen bekannt in der Zwischenkriegszeit eine erste Blütezeit erfahren. Clubtreffen des VATC in Zürs 1911 gungen zu rationeller Viehzucht und Milchwirtschaft. Die war und wenn wir jetzt schon sehen, daß mit der Teilstre- GA Lech, Sammlung Herbert Sauerwein, ausgedehnten Tannenwaldungen, von denen die Gegend cke Langen-Tirolische Landesgrenze ein großer Fremden- Verfasser des Textes: Thomas Felfer AA-5406

Skispringen am Schneggarai beim Schlegelkopf 1912 GA Lech, Sammlung Herbert Sauerwein, AA-5440

Eröffnungsfeier der Flexenstraße am 2.10.1909 GA Lech, Sammlung Herbert Sauerwein, AA-5389-1 Nachlässe - Schätze aus den Archiven Eine Ausstellung des AVK / Arbeitskreis Vorarlberger Kommunal Archive Der Bau der Mengbachbrücke in Nenzing im Jahr 1913

Das Hochwasser vom Jahr 1910 sorgte im ganzen Land Der Grund dafür liegt wohl in der benachbarten „Oberen Diese Brückenform mit den 1,36 m hohen und 60 cm für enorme Verwüstungen. Sehr stark davon betroffen Spinnerei“ der Firma Getzner, die immer wieder neue dicken Außenwänden stört heute allerdings die Sicht war auch die Gemeinde Nenzing. Vor allem die Meng, und größere Spinnmaschinen kaufte und mittels Eisen- der Autofahrer auf die angrenzenden Querstraßen, die im Nenzinger Himmel entspringt und im Ortsgebiet bahnwaggons vom Bahnhof über diese Brücke zum ebenso ist die Fahrbahnbreite für zwei PKW mit 5 m Breite in die Ill mündet, überflutete und zerstörte alles, was Standort dieses ehemals bedeutenden Textilbetriebs sehr wenig, um im Gegenverkehr problemlos über die links und rechts an ihren Ufern lag. So wurden sämtliche gebracht wurde. Heute steht an diesem Platz der Brücke fahren zu können. Für die Fußgänger wurde des- Brücken weggerissen und daran anliegende Betriebe Ramschwagsaal. Die statische Berechnung dazu lautete: halb auf der nördlichen Seite eine eigene Brücke gebaut. zerstört. Belastung: Vierrädrige Lastwagen von je 12 Tonnen Gesamtgewicht. Menschenlast: 400 kg/m² Diese Bauweise wird heute nur mehr selten ange- Die folgenden Jahre bis zum Kriegsbeginn 1914 fallen Dampfstraßenwalze von 18 Tonnen Gesamtgewicht. wendet, zudem ist dieses statische System hier an einer durch eine rege Bautätigkeit auf, die aber praktisch alle Fahrbahnbreite: 5 m. Stützweite:15,50 m Grenze angelangt. Für eine noch größere Brücke müss- auf den Wiederaufbau der zerstörten Anlagen zurückzu- ten andere Bautechniken angewendet werden.Zu ihrem führen sind. Das gesamte Gewicht wird von zwei beidseitig ange- 100-jährigen Bestehen wurde sie von der Marktgemeinde ordneten Trägern übernommen, die gleichzeitig als Nenzing saniert. Die Kosten bei der erste Etappe im Jahr An der damaligen Arlberg-Reichsstraße, dem Vorläu- Geländer dienen. Die normalerweise unten liegenden 2009, bei der die Unterseite saniert wurde, beliefen sich fer der späteren Bundesstraße, wurde im Jahr 1913 durch Tragbalken waren hier nicht möglich, weil für die darun- auf 15 000 €, bei der heurigen 2. Etappe, dem oberen die Harder Baufirma Heimbach&Schneider im Auftrag ter durchfließende Meng zu wenig Platz gewesen wäre. Bereich, auf 27 000 €. Die Mengbrücke stellt ein markan- der k.k. Statthalterei Abteilung VIIb in Innsbruck die Es musste direkt vor der Brücke zusätzlich ein Wasserfall tes Bauwerk der Marktgemeinde Nenzing dar und steht Mengbrücke erbaut. Diese Brücke wurde für die damalige eingebaut werden, um einen größeren Höhenabstand von unter Denkmalschutz. Zeit erstaunlicherweise stabil gebaut, sodass heute noch der Brücke zur Bachsohle zu erhalten, um bei erneutem LKW mit 30 t Gewicht problemlos durchfahren können. Hochwasser genug Raumreserve für das Wasser zu haben. Verfasser des Textes: Thomas Felfer

Projektplan für den Bau Nenzing mit der unteren der Mengbachbrücke Mengbachbrücke, GA Nenzing erbaut im Jahr 1913 GA Nenzing

Die Mengbachbrücke 2013 GA Nenzing Nachlässe - Schätze aus den Archiven Eine Ausstellung des AVK / Arbeitskreis Vorarlberger Kommunal Archive Bludenzer Vereinsleben in den letzten Friedensjahren

Das Vereinswesen wurde in Bludenz schon in der Vergan- Arbeitervereins statt. Mit der Gründung des Arbeiter-Turn- Unmittelbar vor dem Krieg wurden einige weitere Ver- genheit sehr aktiv gelebt. Als einer der ersten Vereine war und Sportvereins gab es 1912 über Nacht drei Turnvereine eine neu gegründet, wie etwa der Obstbauverein im Jahre im 17. Jahrhundert die Funkenzunft gegründet worden. in Bludenz. 1912. Als dieser im Jahre 1962 sein 50-jähriges Bestehen Im 19. Jahrhundert erlebten Handwerk und Vereinsleben feierte, war dies für den Anzeiger ein guter Grund, diesem einen großen Aufschwung. Das erste große Vorhaben des Wintersportvereins Thema eine ganze Serie zu widmen. Ernst Weggemann Bludenz (gegr. 1908) war die Adaptierung einer Rodelbahn schrieb in den Nummern 17 bis 27 über die Geschichte des Die Harmoniemusik galt gerade in den Vorkriegsjah- in Rungelin. Einige Jahre später, nämlich 1913, wurde die heimischen Obstbaues und 50 Jahre Obstbauverein Blu- ren als eine der besten Kapellen des Landes. So hieß es im Pfadfindergruppe Bludenz ins Leben gerufen. Dort heißt denz. Sonderheft „90 Jahres Harmoniemusik Bludenz“ des Vor- es in der Vereinsordnung: „Zweck der Abteilung ist a) die arlberger Tagblattes vom 30.7.1938: „Als Kapellmeister Förderung der Volkskraft, b) Erziehung zur Wehrfähigkeit, Ein Jahr später wurden die Naturfreunde Bludenz Mißbach sich den hiesigen Verhältnissen nicht anpassen c) Pflege der Heimats- und Vaterlandsliebe.“ gegründet, die heuer ihr 100-Jahr-Jubiläum feiern. Sie konnte, wurde im Mai 1908 Musikdirektor Wenzel Nor- hatten das Ziel: „Menschen aus dem grauen Berufs- und bert Korb vertraglich angestellt. Mitten in der regsten Auch der Bludenzer Liederkranz war laut seiner Lebensalltag hinaus in die Natur zu führen und zu begleiten, Tätigkeit kam im Jahre 1914 der Weltkrieg. Fast jede Jubiläumsfestschrift vor dem Krieg sehr aktiv: „Das Ver- um ihnen eine sinnvolle Freizeitgestaltung zu ermöglichen”. musikalische Tätigkeit war unterbrochen, denn nach und einsleben in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg ver- Dieses Ziel ist heute aktueller denn je. Da die Alpenstadt nach waren bis auf 16 Mitglieder alle eingerückt“. lief harmonisch, es wurden jährlich 2–3 Konzerte, eine Bludenz als Tourismusregion immer schon sehr beliebt Faschingsveranstaltung und, wenn die Kasse gut stand, war, ist es auch kein Zufall, dass Bludenz 1873 die Geburts- Der Turnverein Bludenz (1858 gegründet) war in den ein Ausflug durchgeführt. 1912 übernahm Lorenz Hechen- stätte der Vereinigung des Deutschen und Österreichischen Jahren 1910 bis 1914 ebenfalls sehr aktiv. Er hatte ständig berger die Vorstandsstelle. Ihm fiel die schwere Aufgabe Alpenvereins war. Dieser wurde bis zum Ersten Weltkrieg über 40 ausübende Turner und das Vereinsleben blühte. zu, den Liederkranz durch die unheilvolle Zeit des ersten zum größten Bergsteigerverein der Welt mit hunderten 1912 wurde innerhalb des Turnvereins eine Sängerriege Weltkrieges zu leiten. Die regelmäßige Probentätigkeit von Schutzhütten. gegründet. Im selben Jahr fand auch die Gründung des konnte erst im Jahr 1919 wieder aufgenommen werden“. Arbeiter-Turnerbundes als Sektion des Katholischen Verfasserin des Textes: Carmen Reiter

Turnerbund Bludenz nach dem Bergturnfest in Feldkirch, 1912, STABludenz

Stadtorchester, STABludenz

Faschingsdienstag 1913, STABludenz Nachlässe - Schätze aus den Archiven Eine Ausstellung des AVK / Arbeitskreis Vorarlberger Kommunal Archive Vor 100 Jahren: Vorarlbergs Wirtschaft im Vorfeld des Ersten Weltkriegs

Schon im Jahrzehnt vor dem Ersten Weltkrieg litt die bleiben für die Produzenten verlustbringend […], so daß schwer beeinträchtigte. heimische Wirtschaft unter starken Konjunkturschwan- man wahrhaft von katastrophalen Verhältnissen Strohhuterzeugung: Der Krieg am Balkan stört die kungen. So stellte die Sektion Vorarlberg des Bundes reden kann. Beziehungen nach dem Orient. Österreichischer Industrieller damals fest: „[...] die Sticke- Baumwollweberei: Sie ist es, welche am schwersten Papierfabrikation: Es macht sich Überproduktion rei wird 1907 zu den besten Jahren zählen. Die Zeichen unter der Unzahl von Zahlungseinstellungen zu leiden hat, bemerkbar, verschärft durch den stockenden Export nach wirtschaftlich guter Zeiten, Vergrößerung und Entste- die wiederum ein Verschleudern von Waren um jeden Preis dem Balkan. hung neuer Betriebe, Arbeitermangel und damit verbun- zur Folge haben und den Markt noch mehr verderben. Maggi´s Nahrungsmittel: Der befriedigende Geschäfts- den gesteigerte Löhne zeigen sich allerorts. Die übrigen Buntweberei: Die Wirren am Balkan und die Kriegs- gang wurde durch die Kriegsfurcht gestört und der Inkasso industriellen Zweige, auch die Textilindustrie, standen furcht haben das Geschäft lahmgelegt. wesentlich beeinträchtigt. ebenfalls unter dem Zeichen der Hochkonjunktur, leider Wollgarnspinnerei: Die Verteuerung der Wollpreise Brauerei: Die Brauerei litt unter exorbitant hohen Prei- erschienen gegen Ende des Jahres bereits die Symptome einerseits, die politischen Wirren und die Geldkrisis ande- sen von Hopfen und Malz und der Konsum an dem vorherr- der Reaktion, und die Legende von 7 fetten und 7 mage- rerseits, haben das Geschäft lahmgelegt. schend schlechten Wetter. ren Jahren scheint sich nur noch in Bezug auf die letzteren Seiden- und Baumwolldruckerei: Der normale Handel: Es wurde allseitig Klage geführt, dass infolge zu bewahrheiten.“ Geschäftsgang im vergangenen Jahr wurde durch den des industriellen Notstandes, infolge der hohen Lebensmit- Krieg am Balkan lahmgelegt. telpreise und des teuren Geldes das Geschäft lahmgelegt Tatsächlich bot sich wenige Jahre später ein völlig Stickerei: Die Geldknappheit und die Wirren am war, und durch den Kriegsrummel völlig zum Stillstand anderes Bild. 1912 beklagte der Industriellenbund in Vor- Balkan mit der drohenden Kriegsverwicklung brachten das gekommen sei. arlberg ein Jahr der Tiefkonjunktur. Der Erste Weltkrieg Geschäft fast ganz zum Stillstand. warf also bereits seine Schatten voraus. Internationale Uhrenindustrie: Die drohende Kriegsgefahr hemmte Nur wenige Branchen fanden im Jahr 1913 keinen Grund Spannungen und Konflikte lähmten sowohl den Export als den Absatz. zur Klage, so etwa die Maschinenerzeugung, die Schuhindus- auch das Binnengeschäft. Die nun abgedruckten wörtlich Pfannenfabrik: Der Absatz kann nur durch äußerste trie, die Schokoladenherstellung und die Kammgarnspinne- zitierten Lageberichte aus dem Jahr 1913 zeigen, dass in Preisreduktion erzwungen werden. rei. Trikotwaren und Wintersportartikel verzeichneten sogar der heimischen Wirtschaft bereits vor Kriegsausbruch ein Tubenfabrik: Der Export blüht, das Inlandgeschäft eine gesteigerte Nachfrage, nicht zuletzt aufgrund von Rüs- düsteres Bild vorherrschte: aber krankt durch den Einfluss der tungsaufträgen. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs kam Politischen Unsicherheit. die heimische Wirtschaft angesichts von Rohstoffmangel Baumwollspinnerei: Der Mangel an Konsumptions- Zementwerke: Klagen über reduzierten Absatz bei und Absatzschwierigkeiten in weiten Bereichen endgültig fähigkeit einer durch teure Lebensmittelpreise teilweise nicht lohnenswertem Erlös. zum Erliegen. erschöpften Bevölkerung hat zur Folge gehabt, dass sich Konservenfabrik: Das Geschäft war normal bis zur eine Überproduktion fühlbar gemacht hat […]. Die Preise Zeit drohender Kriegsgefahr, welche den Konsum […] Verfasser des Textes: Christian Feurstein

Schon vor 1914 war das Wirtschaftsleben von politischen Spannungen geprägt. Das Inserat erschien am 12. November 1911 Die Erzeugung von Wintersportartikeln zählte zu den im Feldkircher Anzeiger. wenigen Branchen, die unmittelbar vor Kriegsausbruch Orig.: Feldkircher AnzeigerRepro: Wirtschaftsar- noch einen starken Absatz verzeichneten. Dafür verant- chiv Vorarlberg, Feldkirch. wortlich waren auch Rüstungsaufträge. Beim Bilgeri- Werk in Hörbranz spielten Lieferungen an die österrei- chisch-ungarische Armee eine wichtige Rolle. Das Plakat entstand um 1910 und zeigt eine vom Alpinisten und Skipionier Oberst Georg Bilgeri entwickelte Bindung. Entwurf: Carl Kunst Orig.: Wirtschaftsarchiv Vorarlberg, Feldkirch.

Abtransport der ersten Charge bei der neu gegründeten Vorarlberger Papierfabrik (heute Rondo) in Frastanz im Jahr 1912. Der Betrieb litt unter dem stockenden Export aufgrund der drohenden Kriegsgefahr. Orig.: Ganahl AG Repro: Wirtschaftsarchiv Vorarlberg, Feldkirch. Nachlässe - Schätze aus den Archiven Eine Ausstellung des AVK / Arbeitskreis Vorarlberger Kommunal Archive Die Harder Textilunternehmen S. Jenny und E. Offermann am Vorabend des Ersten Weltkriegs

Bereits ab 1794 begann in Hard das Zeitalter der Textilin- vorüber. Vom Höchststand des Jahres 1901 mit über 600 Die Niederlassung der Firma Jenny & Schindler dustrie und damit der Industrialisierung, als sich Samuel Beschäftigten in den Harder Betriebsstätten reduzierte die hatte zu einem Bevölkerungswachstum geführt. Zwi- Vogel aus Mühlhausen in der Mittelweiherburg niederließ Firma S. Jenny ihren Personalstand bis kurz vor Ausbruch schen 1754 und 1910 war die Bevölkerungszahl von rund und dort eine Stoffdruckerei mit Farbküche sowie eine des Ersten Weltkrieges schrittweise auf null. Im Jänner 600 auf 3.600 Personen angewachsen. Gegen Ende der Formstecherei einrichtete (heute Textildruckmuseum 1913 arbeiteten die Verbliebenen nur noch an gewissen 1890er Jahre setzte erneut eine bedeutende Zuwande- Hard). Einen enormen Aufschwung bescherten im Tagen. Im Mai desselben Jahres wurden die Webereien Ler- rungswelle trentinischer ArbeiterInnen ein. Sie fanden vor 19. Jahrhundert auch die Niederlassung der Unternehmen chenau und Liebenstein- geschlossen, ein Jahr allem in den Jennyfabriken sowie in der expandierenden Jenny & Schindler (1825, seit 1867 S. Jenny) sowie der später folgte das Stammwerk am Lauterachbach in Hard. Kammgarnspinnerei Arbeit. Der Bevölkerungszuwachs Kammgarnspinnerei E. Offermann. von fast 25 Prozent zwischen 1900 und 1910 ging haupt- Einzig die 1896 in Hard angesiedelte Kammgarn- sächlich auf das Konto der Kammgarnspinnerei, die ihre Trotz der umfangreichen Modernisierungen, welche spinnerei E. Offermann, ein Tochterunternehmen der Belegschaft durchschnittlich alle fünf Jahre verdoppelt die Nachfolger Samuel Jennys fortgeführt hatten, geriet Schweizer Schoellergruppe, hatte keinen Grund zur Klage. hatte. 1910 lag Hard bezüglich des Bevölkerungswachs- die Firma ab der Jahrhundertwende zunehmend in Schwie- Das Großunternehmen konnte im ersten Jahrzehnt des tums 16,1 Prozent über dem Vorarlberger Landesdurch- rigkeiten. Für diesen Niedergang waren unter anderem die 20. Jahrhunderts expandieren, was sich beruhigend auf schnitt. Rund 1.200 Menschen waren in der Harder Indus- geänderten Konsumentenbedürfnisse verantwortlich. Das den lokalen Arbeitsmarkt auswirkte. Zwischen 1906 und trie beschäftigt, 95 Prozent davon in der Textilindustrie. Kopftuch wich immer mehr dem in Mode kommenden Filz- 1912 errichtete das Unternehmen eine Arbeitersiedlung, beziehungsweise Strohhut und man verwendete immer die „Kolonie“, in der vor allem die aus Italien stammenden Verfasserin des Textes: Nicole Ohneberg häufiger bunt verwobene anstatt der bedruckten Stoffe. Familien untergebracht wurden. Den Ersten Weltkrieg Auch die schweren Wirtschaftsrezessionen von 1903/1904 hatte die Kammgarnspinnerei gut überstanden und wurde und 1912/1913 gingen an der Textilindustrie nicht spurlos in den folgenden Jahrzehnten weiter ausgebaut.

Bahnhofstrasse, Fabrik S. Jenny am Lauterachbach um 1900, GAH AF-1703

Plan zu einem Doppel-Meiserhaus für die Vorarlberger Kammgarnspinnerei E. Offermann, 1912, GAH

Luftaufnahme Kammgarn und Achmündung Sting, H., Tübingen, um 1927, GAH, AF-247 Nachlässe - Schätze aus den Archiven Eine Ausstellung des AVK / Arbeitskreis Vorarlberger Kommunal Archive Leise Anfänge des Winterfremdenverkehrs in Stuben am Arlberg

Um 1900 entwickelte sich Stuben am Arlberg zu einem bogen ausführen sah, der mich in größtes Staunen ver- der von ihm begründeten Zeitschrift „Der Winter“ über Anziehungspunkt für Skipioniere aus der Bodenseege- setzte. Diesem Stemmbogen verdanke ich mein späteres die Anreise nach Zürs: gend. Diese stiegen im Gasthof Alte Post ab und nutzten Können.“ den Ort als Ausgangspunkt für Touren im Arlberggebiet. „In Langen, der nordwestlichen Arlberg-Tunnel-Station Stuben kann damit zu Recht als erster Wintersportort des Im Winter 1907 wurde der 17-jährige Schneider in der Bahnlinie (Zürich) – Feldkirch – Innsbruck – Landes bezeichnet werden. Zu den frühesten Entdeckern St. Anton am Arlberg als Skilehrer des 1901 gegründeten (München) – Wien verläßt man den Zug, schnallt an, was der Region auf Skiern zählte der Bregenzer Viktor Sohm Skiclubs Arlberg beim Hotel Post angestellt. Hier ent- meistens, auch heuer, noch an Ostern möglich ist und – ein Anhänger der Norweger Skitechnik. Er veranstaltete wickelte er in den folgenden Jahren eine Methode des wandert in ¾ Stunden nach Stuben hinauf, wo man in auch erste Skikurse in Zürs und fand seinen gelehrigsten Skilaufes, die später als Arlberg-Technik bekannt werden der „Post“ bei der stattlichen Frau Postmeisterin einen Schüler in Johann Schneider, der später als Hannes Schnei- sollte. guten Kaffee trinkt. Stuben ist übrigens Ausgangspunkt der zu einem weltberühmten Skilehrer avancieren sollte. für die Touren auf den Kalten Berg, auf die Valluga über Der Winterfremdenverkehr in Stuben entwickelte die Ulmerhütte und auf den Arlberg und eines der inter- Schneider berichtete 1930 über den Beginn seiner sich vor dem Ersten Weltkrieg noch langsam. Die leisen essantesten Gebirgsdörfer Tirols.“[sic] Skikarriere vor dem Ersten Weltkrieg: „Zu dieser Zeit Anfänge wurden schließlich durch den Ersten Weltkrieg kamen dann öfters Skiläufer in die Arlberg-gegend, vor wieder völlig eingebremst. Zu den Gästen des Gasthofs Verfasser des Textes: Christof Thöny allem Herr Viktor Sohm, der mich auch zu einem Skikurs Alte Post zählte vor dem Krieg unter anderem der Nor- nach Zürs mitnahm. Hier lernte ich nun von Herrn Sohm weger Fridtjof Nansen, der mit seinem Buch Auf Schnee- Telemark, Christiania und Springen auf einem Loopinghü- schuhen durch Grönland das Skilaufen im Mitteleuropa gel. Unvergesslich wird mir bleiben, wie ich gelegentlich erst populär gemacht hatte. Im letzten Friedensjahr 1913 eines Ausfluges zum Zürsersee Herrn Sohm einen Stemm- berichtete der deutsche Skipionier Carl Joseph Luther in

Skifahrer in Stuben um 1908

Hannes Schneider bei der Musterung in Stuben 1911

Hannes Schneider (rechts) als Skispringer in Mürzzuschlag 1908 Nachlässe - Schätze aus den Archiven Eine Ausstellung des AVK / Arbeitskreis Vorarlberger Kommunal Archive Die Montafonerbahn, der Alpinismus und der Wintersport als Garanten des Montafoner Aufschwungs

Über Jahrhunderte war das Leben im Montafon durch ten. Ebensokonnte Gaschurn aufgrund besser ausgebau- Für diesen Aufschwung war weiters der Skisport saisonale und permanente Abwanderung geprägt. ter Straßen von aus mit der Postkutsche binnen von entscheidender Bedeutung. Hiefür wurden die ent- Aufgrund ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse zogen zweieinhalb Stunden erreicht werden. scheidenden Grundlagen noch vor dem Ersten Weltkrieg die Montafonerinnen und Montafoner als Krauthobler, gelegt. Zum Beispiel wurden im Winter 1906/07 die Sensenhändler oder Ährenleserinnen in die Ferne. Auch Von dieser besseren Erreichbarkeit des Montafons Wintersportclubs Schruns und gegründet. viele Kinder verließen das Montafon und verdienten sich profitierten unter anderem die immer zahlreicher wer- Anfangs noch belächelt, fanden die ersten Skifahrer rasch als so genannte Schwabenkinder im süddeutschen Raum denden Alpinisten. Viele von ihnen kamen aus dem süd- zahlreiche Mitstreiter und am 20. Februar 1910 fanden ihren Lebensunterhalt. deutschen Raum und begnügten sich nicht nur mit dem in Tschagguns die ersten Vorarlberger Landesskimeister- Besteigen von Bergen, sondern errichteten zu deren schaften statt. Der Kriegsausbruch sollte den aufkom- Mit anderen Worten, es verließen lange Zeit mehr besseren Erreichbarkeit auch Hütten. Zwei Beispiele für menden Boom unterbrechen, jedoch nicht langfristig Menschen das Montafon als Menschen ins Tal kamen. Schutzhütten, die in den letzten Jahren vor dem Kriegs- beenden. Dies ist nicht weiters verwunderlich, wenn man bedenkt, ausbruch von deutschen Alpenvereinssektionen in der dass man Mitte des 19. Jahrhunderts für die Wegstrecke Silvretta errichtet wurden, sind die Tübinger Hütte (1908) Heute ist das Montafon ohne Skisport ebenso wenig von Bludenz nach Partenen ganze achteinhalb Stunden sowie die Saarbrücker Hütte (1911). Wenn man bedenkt, vorstellbar wie ohne Alpinismus oder ohne die Monta- benötigte. Durch den Ausbau des Eisenbahnnetzes ver- dass etwa die Saarbrücker Hütte in den Jahren 1911 bis fonerbahn. Die Grundlagen dafür wurden allesamt in den besserte sich die Erreichbarkeit des Montafons eklatant. 1913 von 986 Personen besucht wurde, so lässt sich dar- letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg gelegt. Nach der Eröffnung der Vorarlbergbahn (1872) und der Arl- aus am Vorabend des Ersten Weltkriegs der Beginn eines bergbahn (1884) wollten auch die Montafoner ihre eigene alpinen Booms ablesen, der in den folgenden Jahrzehn- Verfasser des Textes: Andreas Brugger Bahn. Es sollte noch einige Jahre dauern bis ihr Wunsch im ten eine Vielzahl von Menschen ins Montafon locken und Dezember 1905 in Erfüllung ging. Für die Strecke Bludenz somit zum touristischen Aufschwung des Montafons bei- – Schruns brauchte man fortan nur mehr 40 bis 45 Minu- tragen sollte.

Zuggarnitur der Montafoner- bahn im Bahnhof Schruns

Das älteste Wintersportwerbeplakat Vorarlbergs, aus dem Jahre 1909

Die Tübinger Hütte vor dem Ersten Weltkrieg Nachlässe - Schätze aus den Archiven Eine Ausstellung des AVK / Arbeitskreis Vorarlberger Kommunal Archive Bier – Strom – Papier Frastanz im Zeichen des Wirtschaftsaufschwungs

Ein Blick auf die Volkszählungen genügt, um zu erken- 1902 wurde die Brauereigenossenschaft gegründet. noch im selben Jahr eine Genossenschaft gegründet. nen, dass Frastanz am Beginn des 20. Jahrhunderts einen Altvorsteher und Sonnenwirt Martin Reisch wurde zum 1909 wurde mit dem Bau begonnen, ein Jahr später war rasanten Aufschwung nahm. Wurden 1890 noch 1814 ersten Obmann gewählt. Wegen der Wasserqualität der zweite Stollen durchbrochen und bereits Ende Juli Personen gezählt, waren es zehn Jahre später schon 2021 und der günstigen Verkehrslage in der Nähe des Bahn- 1910 nahm das Werk den Probebetrieb auf, nachdem es und im Jahr 1910 schließlich 2364 Bewohner, die sich in hofs einigten sich die Genossenschafter auf Frastanz als die Hochwasserkatastrophe unbeschadet überstanden der Walgaugemeinde niedergelassen hatten. Damit war Standort für die Brauerei. Der erste Bierausstoß erfolgte hatte. Im Dezember erstrahlte erstmals während der Frastanz innerhalb von zwanzig Jahren um über ein Drittel im August 1903. Bis zur Anschaffung des ersten LKWs Roratemesse das elektrische Licht in der Pfarrkirche. gewachsen. Vorbei war die Zeit, als Einheimische das Dorf im Jahr 1908 mussten die Wirte das Bier selbst abholen. in Richtung Amerika verließen, um dort ihren Traum von Unter der Leitung von Philipp Ganahl wurde 1911 Glück und Reichtum zu verwirklichen. Vielmehr war Fras- Eher schwierig gestaltete sich die Errichtung eines in den Sälen der ehemaligen Blaufärberei der Textilfirma tanz Anziehungspunkt für Menschen aus den Bergtälern Elektrizitätswerkes in Frastanz, da sowohl Sägewerksbe- Ganahl die „Vorarlberger Papierfabrik GmbH“ (heute: Vorarlbergs, vor allem aber aus dem Trentino. So verdop- sitzer Kaspar Hartmann, als auch die Firma Ganahl beab- Rondo Ganahl AG) gegründet. Man wollte damit den pelte sich die Zahl der sogenannten „Welschtiroler“ inner- sichtigten, im Ort ein Elektrizitätswerk zu errichten. Die Bedarf der Vorarlberger Textilindustrie an Textilhülsen- halb des genannten Zeitraums, was einem Bevölkerungs- Streitereien führten dazu, dass mehr als zehn Jahre ver- papier und Packpapier befriedigen. Da das bestehende anteil von 11 % entsprach. strichen, bevor mit dem Bau begonnen wurde. So blick- Gebäude für die Unterbringung einer Papierfabrik nicht ten die Frastanzer abends mit Neid auf die erleuchteten ausreichte, musste es umgebaut und erweitert werden. War zu Beginn des 20.Jahrhunderts die Textilfabrik Nachbargemeinden, während es im Dorf noch „finster“ Weniger als ein Jahr nach Baubeginn konnte am 22. Ganahl der wichtigste Arbeitgeber, wurde in der Zeit vor war. 1908 erhielten Kaspar Hartmann, Josef Wieser und August 1912 die Tagesproduktion, einige Tage später dem Ersten Weltkrieg der Grundstein für drei Unterneh- Johann Georg Reisch schließlich die behördliche Bewilli- der 24-Stunden-Betrieb aufgenommen werden. men in anderen Branchen gelegt, die heute als Aushänge- gung zum Bau einer elektrischen Anlage an der Samina. schilder der Frastanzer Wirtschaft gelten. Um das Projekt auf tragfähigere Beine zu stellen, wurde Verfasser des Textes: Thomas Welte

Das 1902 errichtete Brauereigebäude der Brauerei Frastanz steht heute unter Denkmalschutz Fotosammlung GAF J002 Ansichtskarte aus der Zeit des Ersten Weltkriegs: Kirchplatz mit Volkschule und Kooperatorhaus (links) sowie Elektrizitätswerk an der Samina (rechts) Fotosammlung GAF B051

Frastanz um 1910 mit Brauereigebäude links im Vordergrund und Textilfirma Ganahl am rechten Bildrand Fotosammlung GAF A004

Anlässlich der ersten Papieraus- lieferung versammelte sich die Belegschaft der Papierfabrik 1912 zu einem Erinnerungsfoto Fotosammlung GAF J006 Nachlässe - Schätze aus den Archiven Eine Ausstellung des AVK / Arbeitskreis Vorarlberger Kommunal Archive Elektrische Bahn Dornbirn-Lustenau

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden in Vorarlberg Dornbirn bis in den Bregenzerwald sollte die Kaufkraft- Am Sonntag, den 30. November 1902, erfolgte die vor allem die Nord-Süd-Routen, die Verbindung zwischen ströme gegen die starke Bregenzer Konkurrenz zurück Eröffnung der EDBL, wie die Elektrische Bahn Dornbirn- Deutschland und Tirol sowie den Städten Bregenz, Feld- nach Dornbirn leiten. Zudem wünschte sich die Textilindus- Lustenau nun bezeichnet wurde. Die zwölf Kilometer lange kirch und Bludenz ausgebaut. Wenig Augenmerk wurde trie eine ausbaufähige Güterverbindung in die Schweiz. Bahn verband die Schweizer Bundesbahnen im Bahnhof dabei auf die Verbindungen zwischen Osten und Westen Au in 44 Minuten Fahrzeit mit den österreichischen k. u. k. – der Schweiz und dem Bregenzerwald- gelegt. Ein recht Der zweite Faktor war das technische Interesse der Staatsbahnen im Bahnhof Dornbirn. Die Fahrgäste muss- unspektakuläres Gewirr aus Straßen, Wegen, Dämmen Fabrikbesitzer in Dornbirn. Neben allen wirtschaftlichen ten dabei nur die Rheinbrücke zu Fuß überqueren. Der und Stegen, auf dem sich aber ein Hauptteil des Verkehrs Interessen ist bei vielen Mitgliedern der ersten und zweiten Personalstand betrug 30 Personen. Der Fuhrpark bestand der Protoindustrialisierung abspielte und somit der Grund- Generation eine starke Faszination für moderne Maschinen anfangs aus fünf Triebwagen, drei Personenbeiwagen und stock für die Textilindustriestadt Dornbirn gelegt wurde. und technische Einrichtungen zu bemerken. zwei Güterwagen. Anfangs waren 26 Haltestellen einge- richtet, später kamen fünf weitere dazu. Die Bahn bewegte Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass zwei der größ- Das Projekt selbst wurde jedoch aus Geldmangel sich je nach Streckenabschnitt mit zehn bis 15 km/h. ten Textilfirmen Dornbirns, F.M. Hämmerle und Herrbur- längere Zeit aufgeschoben. 1896 bildete sich erneut ein ger & Rhomberg, 1890 beim Handelsministerium um die Ausschuss, statt Dampf wurde nun Elektrizität als Antriebs- Die EBDL ist in Protokollen von Ausschüssen sowie Bewilligung zu technischen Vorarbeiten für eine Dampf- mittel erwogen. Je konkreter das Projekt für den Bau einer Gemeinderatssitzungen erwähnt und das Firmenarchiv tramway von Höchst über Lustenau und Dornbirn nach elektrischen Bahn wurde, desto mehr ließ der Eifer der ist in Teilen vorhanden. Wichtige Ergänzungen sind viele ansuchten. Bei den Überlegungen der beteiligten Gemeinden nach. Schlussendlich blieben nur Schenkungen von privater Seite – besonders zu erwähnen Projektanten spielten wirtschaftliche Überlegungen eine Dornbirn (14.000 Einwohner zur Jahrhundertwende) und sind hierbei H. Agerer und E. Fässler. Erst durch diese Kom- große Rolle. Der Bregenzerwald wurde von Dornbirner Lustenau (7.000 Einwohner) übrig. Die Eröffnung der elekt- bination von Unterlagen aus dem Gemeindearchiv, dem Seite aus, wenn auch nie in dieser Deutlichkeit ausgespro- rischen Bahn Altstätten – Berneck 1897 gab aber den wich- Firmenarchiv und privaten Nachlässen kann ein chen, als Dornbirner Hinterland angesehen. Das Projekt tigsten Impuls zur Entscheidung für die Verwendung von dichtes Bild gezeichnet werden. einer Kleinbahnverbindung von der Schweizer Grenze über Elektrizität und der Verwirklichung des Vorhabens. Verfasser des Textes: Werner Matt

Während des Ersten Weltkrieges arbeiteten Frauen als Schaffnerinnen. Hier im Bild Anna und Antonia Kessler. Stadtarchiv Dornbirn, Schenkung H. Agerer

Die EBDL. Elektrische Bahn Dornbirn – Lustenau 1902 – 1938 Quelle: Hansgeorg Prix Klagenfurt 1988

Zuggarnitur 1902 Stadtarchiv Dornbirn, Mappe EDBL Nachlässe - Schätze aus den Archiven Eine Ausstellung des AVK / Arbeitskreis Vorarlberger Kommunal Archive Feldkirch 1905 - 1914 Aufbau einer modernen Infrastruktur

Unter der Führung von Bürgermeister Dr. Josef Peer Katzenturm die Fertigstellung der Bauarbeiten und aus Auch ein Elektrizitätswerk entstand noch vor dem (1864–1925) erhielt Feldkirch im ersten Jahrzehnt des dem Hydranten beim Katzenturm floss erstmals Trink- Ersten Weltkrieg. Nach einer längeren Planungs- und 20. Jahrhunderts in wenigen Jahren eine moderne, vor- wasser aus dem Saminatal. Vorbereitungsphase erteilte die Gemeindevertretung bildliche Infrastruktur. Es wurden von der Stadtgemeinde 1905 dafür den Bauauftrag. Am 7. Juni 1906 konnte gewaltige Investitionen getätigt, die Kosten über Anlei- Im Juni 1910 wurde die ganze Stadt von den Fluten anlässlich des Besuches von Erzherzog Eugen der Pro- hen finanziert. Aus dem verträumten, altmodischen der Ill überschwemmt. Noch im Herbst des Katastro- bebetrieb des Kraftwerkes aufgenommen werden. Das Städtchen wurde Feldkirch zur kommunaltechnisch phenjahres begann man mit den Planungen für einen Elektrizitätswerk Feldkirch versorgte damals die Stadt modernsten Stadt Vorarlbergs mit einer guten Wasser- verbesserten Hochwasserschutz. Im Jänner 1913 starte- Feldkirch, die Vorderlandgemeinden und das Liechten- versorgung, einem Hochwasserschutz, einer Kanalisation ten die Bauarbeiten, diese wurden aber durch den Aus- steiner Unterland mit Strom. Beim Hochwasser 1910 und einem Elektrizitätswerk. bruch des Ersten Weltkrieges unterbrochen. wurde der Maschinenraum überschwemmt und konnte erst nach Monaten wieder in Betrieb genommen wer- Über Jahrhunderte hinweg bezog Feldkirch sein Bereits 1905 vergab die Gemeindevertretung die den. Trinkwasser aus einem Pumpbrunnen in der „Au“, von Planungen für eine Schwemmkanalisierung. 1908 began- dem aus die Brunnen im Stadtgebiet versorgt wurden. nen die Bauarbeiten für die Kanalisation. Zwischen 1911 Verfasser des Textes: Christoph Volaucnik 1905 beschloss die Gemeindevertretung die Fassung der und 1913 wurden die Bauarbeiten etappenweise wei- Goppa-Quelle im Saminatal sowie den Bau einer Hoch- tergeführt. Im August 1913 waren die Kanalbauarbeiten quellenleitung und eines Reservoirs am Ardetzenberg. soweit abgeschlossen, dass mit der Pflasterung der Nach 115 Arbeitstagen verkündete die „Große Glocke“ im Straßen begonnen werden konnte.

Quellfassung in den sogenannten Bau der rechten Illufermauer, Raibler Schichten im Saminatal. Höhe Wasserturm. Fotograf J. Niggl, um 1906. Fotograf Alois Gnädinger, 1914. Monteure beim Einbau der Turbinen

Die Kanalisation der Reichs- straße, im Hintergrund der Katzenturm. Nachlässe - Schätze aus den Archiven Eine Ausstellung des AVK / Arbeitskreis Vorarlberger Kommunal Archive „Gründerzeit“ in Lustenau Stickereiboom und Verbürgerlichung

Im Zuge der Rheinregulie- Im letzten Friedensjahr 1913 kann in Lustenau ein im gleichen Jahr in Betrieb genommene Straßenbahnlinie Männer. Das ausgestellte Arbeitsbuch des Franz Hagen rung musste die Dornbirner blühendes Gemeindeleben festgestellt werden. Gleich- zwischen Dornbirn und Lustenau dürfte für die Bürger/ dokumentiert den Einstieg des damals Vierzehnjähri- Ache verlegt werden. HistA Lustenau, Rh 009/6 zeitig ist eine Verbürgerlichung innerhalb der Lustenauer innen der einst bettelarmen Gemeinde zumindest den gen in die Stickereibranche. Dem von der Firma „Luzian Bevölkerung feststellbar. Grundlage dafür war der starke Hauch einer gewissen „Verstädterung“ spürbar gemacht Hämmerle, Schifflistickerei“ ausgestellten Arbeitszeug- wirtschaftliche Aufschwung, der letztlich durch die Regu- haben. nis kann entnommen werden, dass Franz Hagen in den lierung des Alpenrheins möglich wurde. 1892 wurde eineinhalb Jahren, in denen er bei seinem ersten Anstel- zwischen der Schweiz und Österreich-Ungarn die gemein- Mit der Errichtung von Stickereifabriken ging auch der lungsverhältnis als „Schiffchenfädner“ beschäftigt war, same Verbauung des Flusses in einem Staatsvertrag Bau von prächtigen Villen durch die Fabrikanten einher „durch seinen Fleiß“ die „vollste Zufriedenheit“ seines festgelegt. Aufgrund der dadurch geschaffenen Hochwas- und viele der alten Lustenauer Holzhäuser wurden durch Arbeitgebers „erworben“ hat. Auch der nächste Arbeit- sersicherheit wurde in Lustenau nun vermehrt in die seit gemauerte Steinhäuser ersetzt. In den Rheinauen wurde geber, die Firma Ed. Alge & Co. stellte dem nun als Beginn der 1880er Jahre eingeführte Maschinenstickerei gar eine große Parkanlage angelegt. 1905 erfolgte die Nachseher Eingestellten ein positives Zeugnis aus. Mit investiert. In der Folge erzielten die Fabrikanten hohe Elektrifizierung der Gemeinde. Noch vor 1914 entstanden Hilfe des Arbeitsbuches lässt sich der berufliche Werde- Gewinne. Neben den großen Fabriken entstanden aber eine Badeanstalt und ein Kino. Neben dem damaligen gang von Franz Hagen bis Ende 1915 verfolgen. auch viele kleine Familienbetriebe, die als Lohnsticker Aufblühen von Sport- und Musikvereinen muss die am Boom teilhatten. Ansiedlung der Handelsschule und damit die Ausweitung Verfasser des Textes: Oliver Heinzle des Bildungsangebots als ein wesentlicher „Schritt in Neben dem starken Bevölkerungswachstum – die Zahl die Moderne“ gesehen werden. der Einwohner/innen verdoppelte sich binnen dreier

Jahrzehnte von 1880 bis 1910 auf rund 8000 – bildeten die Geradezu unverzichtbare Grundvoraussetzung für den In Teilen Lustenaus entwi- wirtschaftlichen Erfolge die Voraussetzung für die oben geschilderten Wandel war die Arbeitskraft der ckelten sich vor 1914 klein- städtische Siedlungsbilder. Erhebung zur Marktgemeinde im Jahr 1902. Auch die vielen in die Stickereibetriebe strebenden Frauen und HistA Lustenau, St 023

Einer der vielen Lustenauer Stickereibetriebe vor 1914. HistA Lustenau, B 105

Die Handelsschule war für Lustenau eine wichtige Bildungseinrichtung. HistA Lustenau, St 006