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LEHUU

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EXTERTEUR. DES PFERDES ODER

VOX ItEIi UEUIiTIIEILUXO DES PFERDES

NACII SEINER AUSSEREX FORM

BEARBEITET VON

Dr. FRANZ MULDER K. U.VD K. HOFUATIf, EMER. STUDIEN-DIRECTOR UNO PROFESSOR DES K. UND K. MU.ITAR-THIERARZXEI-INSTITUTES ZU WIEN.

SECIISTE VERHESSEKTE AUFLAGE.

MIT 28 HOLZSCHXITTEX UXD DER ABBILDUXG EIXES ORIGINAL-ARAI3ER- IIEXGSTES UXD EIXES PFERDE-SKELETES.

WI EN UNI) LEIPZIG. WILHELM BRAUMULLER K.UNDK.HOF- UND UNIVERSITITS-BUCIIHANDLKR 1901. Veterinarwissenschaftliche Werke aus dem Verla«re von Wilhelm Braiunuller, k. u. k.IIof- uncl Uiiiversitiits-Bucliliiindlcr in Wicn.

Von demselben Ycrfasser: Lehrbuch tier Physiologie tier Haussaugethiere f'tir Thicriirzto mid Landwirto. Mit 3G Holzsclm. Gr. 8°. 1S62. S K = 8 21. Lehrbuch tier Anatomie tier Haussaugethiere mit bcsondcrcr Bcrucksiclitigung' dcs PIVrdes und mit physiologischcn Bcmcrkungcn. Dritte vcrbesscrtc Aut'lagc. Mit 78 Holzsclm. Gr. 8°. 1885. Vergrill'en. Ablcitncr^ K., k. bair. Militar-Vctcriniir. Positive Vorschlage zur Hebung tier Pferdezuchtm.Privat-jStaats- u.Landgestiitcn. Gr.80.1871. 1 K20h — \2L20Pf. Baranski^ Dr. Anton, Professor an dcr k. u. k. Thierarzneischule in Lcmbcrg. Geschichte tier Thierzucht untl Thiermetlizin im Altcrthum. Gr. 8°. 1886. 6 K = 5 21. Bayer, Dr. Jos., k. k. Hofrath, Professor und Hector am k. u. k. Militiir- Thierarznei-lnstitute und der thieriirztlichen Ilochscliule in Y7ien. Lehrbuch der Veterinar-Chirurgie. Dritte umgcarbeitete Auflagc (Erscheint 1901). — Bildliche Darstellunp des gesunden und kranken Auges unserer Hausthiere. 24 chromo-lithograpiiirtc Tafelu mit besclircibcndem Text. Lex. b0. 1892. gcb. 30 K = 25 M. — Operationslehre. Zwoitc umgcarbeitete Auflagc Mit 451 Abbildungen. Gr.-S". 1899. 14 K 40 h = 12 il/.- geb. in italbfr. 16 K SO h = 14 21. — Augenheilkunde. i\Iit 262 Abbildungen im Texte und 11 Cliromotafeln. Gr. 8°. 1900. 18 K = i:. 2L\ geb. in Halbfr. 21 K 20 h = 17 21. 60 Pf. Bleiiveis, Dr. Joh., weil. Director der Hufbeschlag-Leliranstalt und des Tliier- spitales in Laibach Praktisches Heilverfahren bei den gewdhnliclien inner- lichen Krankheiten ties Pferdes, nrch den Grundsiitzen der praktischen Thier- arzneischule in Wicn. Fiinfte verbcsserte Auflago. Gr. bu. 1854. 4 K 4 21. Bolim, Carl, griill. Eszterhazy'scher Tliierarzt. Die homdopathischen Thier- arzneimittel, deren Bercitung, pliysiologische AVirkung und klinische An- wtMidung. Fiir Thierarztc und gebildetc Landwirtc. Gr. 8°. 1867. 3 K = 3 2L. Bruckmiiller, Dr. A., A\eil. k. u. k. Kegierungsratli, Professor am k. u. k. Tliierarzuei-Institute in Wicn. Lehrbuch der Physiologie fiir Thierarztc. Ilerausgegeben von Dr. St. Pol an sky, Professor dcs k. u. k. Thierarznei- Tnstitutcs in AVien. Gr. 8°. 1885. 10 K = 10 21. do Bruin, AT. G., Docent fiir Geburtsliilfc an der Staats-Tbierarzneiscliule in Utreebt. Die Geburtshilfe beim Rind. Alit 77 Abbildungen. Gr. 8°. 1897. W K == 10 2r : geb. in Halbfr. 14 K 40 h = 12 21. Csokor, Dr. J., Professor an der thieriirztliclicn llochsebule und ausserord. Professor an der Universitiit in AATien. Lehrbuch der gerichtlichen Thierheil- kunde. Gr. Sn.189S. 16 TT 30 A = 14 il/.: geb. i. Halbfr. 19/f 60 7/ - 16 JL40 Pf. Forster, Dr. Loop., k. k. Begierungsrath, Studien-Director und Professor des k. u. k. Tliierarznei-lnstitutes in AATien. Thierarztliche Instrumenten- und Ver- bandlehre. Mit 338 Holzsclm. Gr. 8°. 1861. 12 K = 12 21.

LEHRE

VOM

EXTERIEUR EES PEERDES

ODEU

YON DER REURTHMLUNG EES PEEREES

NACII SEINER AUSSEREN FORM

BEAEBEITET VON

DR. FBANZ MULLED K. ILND K. HOFIlATn, EMER. STUDIEN-DIRECTOR UND PROFESSOR DES K. UND K. 3IILITAR- TIIIERARZNEI-INSTITUTES ZU WIEN.

SECHSTE YEEBESSERTE AUFLAGE.

MIT 28 IIOLZSCIIXITTEX UXD DER ABBILDUXG EIXES ORIGIXAL ARABER- IIEXGSTES UXD EIXES FFEIIDE-SKELETES.

WIEN UND LEIPZIG. WILHELM BRAUMULLER K.UNDK.IIOF- UND UNIVERSITATS-BUCRIIANDLER iOOL Alle Reclite vorbeha 11e

Druck von Riulolf M. TJohrei* in Briinn. Yorworl.

Die vorliegende Lebre vom Exterieur ties Pferdes oder von der Beurtlieilnng des Pferdes nacb seiner liusseren Form erscbeint in der secbsten Auflage, welcbe gegeniiber der fiinften nur einige Zusiitze und Yerbesserungen erfabren bat. Sie basirt vorzugsweise auf dem anatomiscbcn Bane der einzelnen Tbeile, dalier aucb die gut gezeicbnete Abbildung eines Pferdeskeletes beigegeben wurde, um in wissenscbaftlicber "Weise die Abwei- cbungen in den iiusseren Formen,um dieessicb wesentlich bandelt, zu ermitteln. Das Bucb macbt keinen Ansprucb, \ ollkommen erscbopfend zu sein; es wurde jede Polemik vermieden, weil der Unterzeicb- nete der Ansicbt ist, dass sicb eine umfassende aussere Pferde- kenntnis nur durch ^iele Uebung und langjtibrige Erfabrung cnvcrben llisst. Es wurde aucb Umgang von weiteren Abbildungen genommen, deren Nutzen wold unbestritten bleibt, die jedocb, wenn sie nocb so vorzliglicb sind, die Naturanscbauung niemals crsetzen kiinnen. Das vorliegende Bucb tiber das Exterieur des Pferdes soil ein Ililfsmittel fiir den Unterricbt sein, sowie zum Selbststudium dienen, und der Unterzeicbnete wiinscbt, dass dasselbe aucb nur nacb diesen beiden Ricbtungen beurtbeilt werden moge.

Wien, November 1900. Dr. Miller.

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In halt.

Seite Einleitung ^ Litcratur 3

I. AbschnitL Allgemeine Verhiiltnisse in Bezug auf dag Geschleclit, die Eace, die Ctiossc, die Farbe, Abzeichen nnd das Alter des Pferdes oder das Nationale " 5 Naturhistorisclic Bemerkungen liber die Gattung Pfercl 5 Bestiramung des Gesclilechtes 8 Vorkommen wilder und verwilderter Pferde 10 Ueber Racen im allgemeinen 13 Morgenlandische Racen, Reitracen, warmbliitige Pferde 15 Abendlandische Racen, die sicli fast nur zum seliwcren Zuge eignen, kaltbliitige Racen 24 j\Jittelracen, welclie sich zum seliwcren Reitdienste und zum Zuge eignen 20 Grosse des Pferdes v 29 Sclibnheit einer Pferderace, Musterpferde 32 Ueber Temperamente 36 Die Ilaut 37 Die Haare 33 Ilaarfarben 42 Das Scliimmelhaar oder die Schimmel 44 Das braune ITaar oder die Braunen 46 Das rotlie oder Fuclisliaar 47 Die gelbe Farbe der Deckhaare, Isabellen und Falben . 48 Die schwarzc Eaarfarbe oder das Rapphaar 50 Gemischte Haarfarben 50 Abzeichen 52 A. Am Kopfe 52 E. An den Fiissen 54 VI Inhalt.

Seite GestiitsbraiHle 55 Altersbestimmung 57 Zalinlehre 58 Sclmeidezahne • 60 Hakenziiline 62 Backenzalme 68 Ausbrucli der Ziilme 64 Wechsel der Ziilme 64 Abrcibung der Ziilme 65 Perioden 66 1. Milclizalmperiode 68 2. Wechselperiode 69 3. Querovale Periode 71 4. Runde Periode 72 5. Dreieckige Periode 74 6. Verkchrtovalc Periode 75 Zu lange und zu kurze Ziilme 77 Der Einbiss 78 Unregelmlissigkeiten der Ziilme 79 Von den Verfiilschimgen des Zalmalters 83

II. Abschnitt. Besondere Betrachtung der einzelnen Korpergegenden 87 Allgemeinc Eintheilung des thierischen Korpers. A. Gegenden am Kopfe 87 JB. Eintlieilung des Rumpfes 89 G. Eintheilung der Gliedmassen 91 Der Kopf 92 Das Genick oder Hinterhaupt 96 Die Oliren 97 Die Stirne, der Rasenriicken und die Augenbbgen 99 Die Augen 100 A. Die Augcnlidcr 100 R. Der Augapfel 102 Die Nase 108 Die Lippen, der Maulspalt und das Zalmfleiscli 110 Die Maulhbhle Ill Die Backcn, Joclileiste, das Gesiclit, die Ganasche, der Kchlgang . . 113 Der Hals 114 Der Widerrist 118 Der Rticken 121 I nh alt. YII

Seite Lentlen- oder Niercngegend 123 Die Croupe oder das Kreuz 125 Der Scliweif 129 Die Brust 131 Die Flanken oder Weiclien 136 Der Bauch 137 Die miinnlichen Gescblechtstheile 138 Die weibliclien Gesclileclitstheile 140 Der After 142 Die Gliedmassen oder Extremitaten 143 A. Die vordercn Extremitaten, Yorderfiisse 143 Die Sclmlter 143 Das Sclmlter- oder Buggelenk 146 Der Oberarmknochen • 147 Der Ellbogenliocker und das Ellbogengelenk 147 Der Yorarm oder der Kcgcl 148 Das Yorderknie 150 Das Scliienbein und die Schienbeingegend 152 Das Fesselgelenk oder Kothengelenk und der Eessel 155 Die Krone mit dem Kronengelenke 158 Der Iluf mit dem Hufgelenke 159 £. Die hinteren Extremitaten, Hintcrfiisse 163 Der Oberschenkel 163 Das Hinterknie oder Kculcngelcnk 165 Der Untersclienkel 165 Das Sprunggclenk . 166 Das Scliienbein des Hinterfusses 172 Das Fesselgelenk und der Fessel 173 Die Krone und der Huf 173

111. Abschnitt. Yon der Stellung und Bewegung des Pferdes, den tiblen Geu olmheiten, der Art der Untersucliung und der Auswabl zu verscbiedcnen Dienstesverrichtungen 174 Die Stellung des Pferdes 174 Der Sclnvcrpunkt eines Pferdes 180 Die Bewegung 181 Der Scliritt 182 Der Trab oder Trott 184 Der Galopp 186 Der Sprung 189 Der Pass 190 Andere natiirlichc Bewegungen 192 VIII Inhalt.

Seite Kiinstliche GnDgarten 193 Feliler der Bewegung 195 Yon den iiblen Gewolmheiten der Pferde 197 Yon der Untersuchung der Pferdq • . . 202 Ge^alirfeliler 203 Yon der Auswahl der Pferde zu bestimmten Dienstesverrichtungen . 206 Reitpferde 207 Zugpferde 209 Lastpferde 210 Zucbtpferde 211 Uebersiclit iiber die Landesbeschiiler und die Racen derselben im Jahre 1894 und 1896 212 Das Pferdeskelet • 214 Abbildung einus Skeletes vom Pferde als Beilage. Abbildung eines Original-Araber-Hengstes als Titelbild. Einleitung'.

Die Lehre vom Exterieur des Pferdes oder von der Bcurtlieilung des Pferdes nacli seiner iinsseren Form, bescliaftigt sicli mit jenen sinnlicli wabrnehmbaren Merkmalen des Pferde- kbrpers, durcb deren Berttcksicbtignng der Untersucber in den Stand gesetzt werden soil, dieses Tbier in Bezug seiner Indivi- dualitlit, Scbonbeit, Tticbtigkeit und Ansdaner ftir die yerscbie- denen Verricbtungen der menschlicben- Gesellscliaft richtig zn beurtbeilen. Gegenstand des Exterieurs ist daher die aussere Pferdeuntersucbung, bei welcber sowobl die normalen, als auch alle abnormen und krankbaften Verbiiltnisse des ganzcn Tbieres und der einzelnen Theile desselben in das Auge gefasst werden miissen, Avelcbe sicli durcb ausserlicb sinnlicli wabrnehmbare Zeicben zu erkennen geben. Aber aucb die Kraft, die Leistungs- fahigkeit des Pferdes, ja selbst die mogliche Entwickclung und zukiinftige Braucbbarkcit desselben soli biiufig durcb eine aussere Untersucbung ermittelt werden, so dass die Lebre vom Exterieur in weiterer Bcdeutung in fast alle Zweige der Tbierbeilkunde bintiberstreift und ihre Grundsatze yon ihnen entlebnt. Die Naturgescbicbte und Zucbtkunde, die Anatomic und Pbysiologie, die Cbirurgic und gericbtlicbe Tbierbeilkunde, ja selbst die innerc Krankbcitslcbre liefern jene Anbaltspunkte, auf welcbe sicli eine wissenscbaftlicbe Lebre vom Exterieur des Pferdes sttitzen muss; sie ist gewissermaassen die praktiscbc An- wendung yon Regeln, welcbe in yerscbiedenen Facbern der Tbier¬ beilkunde zerstrcut yorgetragen werden. Betracbtet man die Lebre yon der ausseren Pferdekenntnis ftir sicli, obne Rticksicbt auf die einscblagenden Facber zu nebmcn, MUller, Exterieur des Pferdes. G. Aufl. 1 2 Einleitung.

so kann sie zu einem ziemlichen Umfange ausgedelmt werden. Dieses kann jedoch der Zweck der gegenwlirtigen Sclirift nicht sein, da in ibr zu viele TViederbolungen yon Gegenstanden auf- genommen werden mussten, welche viel ausfulirliclier in anderen Yortragen bebandelt werden, obwohl sicb eine gewisse tibersiclit- liche Darstelhmg mancher Lebren nicht vermeiden lasst, wenn die Yortrage vom Exterieur des Pferdes als Gauzes bestehen sollen. Zuerst muss eine allgemeine Betraehtung ttber das Thier selbst, seine Pace, Grosse, Farbe, Abzciclien und das Alter vor- ausgeschiekt werden, um das Nation ale festzustcllcn. Dann folgt die Beurtbeilung der. einzelnen Kbrpergegenden in Bczug ihrer Arollkommenbeit und ihrer Abweiehung von der Normalitat. und zuletzt wird das Nothwendigste liber die Stellung und Be- wegung des Pferdes, liber die Untersucbung und den Kauf und A^erkauf zu gewissen Dienstesverricbtungen angefiihrt werden. Es zerfallt daber die ganze Lebre in drei Absebnitte, wovon in dem ersten die allgemeinen Ycrbaltnisse des Pferdes, in dem zweiten die besondere Betraehtung der einzelnen Kbrper¬ gegenden, und in dem dritten die Beziehungen des Pferdes zur mensehlicben Gesellschaft in Bezug auf den Gebraueb bebandelt werden sollen. Die Kenntnis, Pferde naeb ihrer ausseren Form richtig zu beurtbeilen, wird nur durch Studium, yiele Uebung und den Umgang mit Pferden erlangt. Unterstiitzend wirken: der Besuch von Gestiiten, von Wett- rennen, Wettfalircn und Keitschulen, das Reiten und Fahren an sicb, gute Abbildungen vorziiglicber Pferde und einzelner Tbeile derselben, die Kenntnis der Bescbirrting, Zaumung, Al)- ricbtung. Literatur.

Adam, P., Die Lelire von der Beurtheilung des Pfcrdes in Beztig auf Korper- Ibau und Leistung. Stuttgart ,1881. Baumeister, Wilhclm, Anleitung zur Kenntnis des Aeussern des Pfcrdcs. Mit Abbildungen. 7. Auflnge. Berlin 1896. Born und Moller, Kr., Handbuch der Pferdekunde. Berlin 1879. Mit zahl- reiclien schbnen Holzsclmittcn. 4. Auflage. Berlin 1896. Bourgel at,Claude,Traite dela conformation exterieure du clieval. Lj^on 1769. Brosche, Job. N. J.5 Exterieur des Pferdes. 1. Bd. Wien 1808. Damoiseau, L., Hippologisclie Wanderungen in Syrien und der Wiiste. Aus dem Eranzbsischen von Heinze. 2 Tide. Leipzig 1842. Falke, J. E., Prof, in Jena, Lehrbuch der Pferdekunde (Hippologie). Fuggcr, Max, Ueber die Gestiiterei. 1578. Gassebner, Hermann, k. u. k. Eittmeister i. K., Die Pferdezucht in den im Keichsrathe vertretenen Konigreichen und Liindern von Ocsterreich. Wien 1894. Goubaux, Armand et Barrier, Gustave, De rexterieur du cheval. Paris 1884, avcc 298 figures et 88 planches. 1067 pag. Graf, Leopold, Prof., Anleitung zur Kenntnis des Pferdes nach seiner iiusseren Kbrperform. Wien 1846. GUnther, Beurtheilungslehre des Pferdes. Hannover 1859. Hammcr-Purgstall, Freilierr v., Das Pferd bei den Arabern. Denkschriften der kais. Akademie der Wissenschaften. Wien 1856. Ilavemann, Aug. Konr., Anleitung zur Beurtheilung des iiusseren Pferdes. 8. Auflage. Hannover 1822. Herb in, L., Professcur, Etudes hippiques. Paris 1879. 4°. Hering, Dr. Eduard, Yorlesungen fiir Pferdeliebhaber. Mit 233 bildl. Dar- stell., gez. von J. W. Baumeister. Stuttgart 1834. Eine 2. neu bear- beitete Ausgabe veranstaltetc Adam, P., Stuttgart 1882. Mit zahl reichen schoncn Holzsclmittcn. Her twig, Prof., Dr., Taschenbuch der gesammtcn Pferdekunde. 3. Auflage. Mit 9 Tafeln. Berlin 1864. IIess, Adolf, Praktischc Anleitung zur Kenntnis des Pferdes, in 6 lithogr Heften. Wien 1839. Ilochstotter, Konrad v., Theoretisch-praktisches Handbuch der iiusseren Pferdekenntnis, 3 Tide. Bern 1821 bis 1824. Hermann J., Prof., Das Pferd, naturhistorisch und technisch dargestcllt. Wien 1834. Hoftmann, L, Das gesunde Pferd. Mit 86 Ilolzschnitten. Stuttgart 1878. Huttcn-Czapski, Graf, Geschichte des Pferdes. 11. Auflage. Berlin 1891. Aus dem Polnischcn iibcrsetzt. Jcssen, P., Prof, in Dorpat, Zur Frage liber die Fcststellung der Ecinheit der Eace des Orlow'schen Triiberpferdes. Aus der Yicrteljahrcsschrift fiir Yeteriniirkunde, Bd. 39, besonders abgedruckt. Wien 1873. Kcrsting, Job. Ad., Zcichcnlchrc odor Anwcisung zur Beurtheilung d vorziiglichsten Beschaifenheit eines Pferdes. Marburg 1804. Lawrence, J., The history and delineation of the horse in all his varieties. With engravings. London 1809. 1* 4 Literatu r.

Lecoq, F., Prof., Trait6 de Vextdrieur du clieval et des principaux aniinaux domestiques. Lyon et Paris. 2. Auflage. 1847. Lehndorff, Georg, Graf, Handbuch fiir Pferdcziichter. Berlin 1881. Levy, F., Traite de Pextdrieur du clieval et des principaux animaux domes¬ tiques. Paris et Lyon. 1843. Mayr, Otto, Rittmeister, Besclireibung der Gestiite des bsterreichischen Kaiserstaates. Wien 1868. Middcndorff, v., Hippologische Beitriige. (Mdlanges biologiques, tires du Bulletin physico-matlieni. de PAcad. Impdr. des sciences de St-Pdtcrs- bourg. T. II. 1855.) Migotti, E. F., Die Meclianik und das Pferd. Wien 1879. Morris, General, Yersuch liber das Exterieur des Pferdes. Uebersetzt aus dem Franzbsisclien von Griife. Mit 7 Tafeln. Berlin 1860. jSYidosy, Alexander v., General, Equitationsstudien. 2 Bde. mit Abbildungen. Wien 1854. Naumann? Job., Lehrbuch der Pferdekenntnis. 2. Auflage. Berlin 1822. Neergaard, J. W., Ueber die Zlibne und das Zalmalter. Mit 10 Kupfer- tafeln. Neue Ausgabe. Kopenbagen 1823. Oeynbausen, Baron von, Oberst, Der Pferdeliebbaber. Ein Handbuch iiber Pferdekenntnis im weit. Sinne. Mit Abbildungen. Wien 1865. P ess in a, J. Jos., Prof., Ueber die Erkenntnis des Pferdealters. Mit 9 Tafeln. Neue Ausgabe. Wien 1824. Proscb, Prof, in Kopenbagen, Handbuch der Lehre vom Acusscrn des Pferdes. Mit Abbildungen. Aus dem Danischen iibersetzt. Neustadt in Holstein 1872. Eeska, Ignaz, Rittmeister, Die Pferdewissenscbaft in ibrem ganzen Umfangc. Prag 1838, 2 Tble. 1. Abtbeilung: Die Kenntnis des ausscren Pferdes im gesunden Zustandc. Richard, M. A., De la conformation du clieval. Paris 1847. Rienecker, Gotth., Exterieur des Pferdes. Hildburgbausen 1827. Roloff F., Prof., Die Beurtbeilungslehre des Pferdes und des Zugochsen. Mit Abbildungen. Halle 1870. Rueff, Director und Prof., Dr. v., Baumeisters Anlcitung zur Kenntnis des Aeussern des Pferdes. Mit Abbildungen. In 6. Auflage neu bear- beitet. Stuttgart 1870. Rychner, Prof., Leitfaden zurBeurtbeilung desPferdes. 2.Auflage.Bern 1875. Schwab, C. L., Prof., Anleitung zur iiusseren Pferdekenntnis Miinchen. Tenneker, Cb. Seyfertb v., Lehrbuch der iiusseren, allgemeinen Pferde¬ kenntnis. Altenburg 1825. Villeroy, F. und Adam Miiller, Der Pferdcziichter. Anleitung zur Kenntnis der gesaramten Pferdewissenscbaft. Mit 20 lith. Tafeln. Mainz 1856. Wagenfeld, Anleitung zur Pferdekenntnis. Mit 12 Tafeln. Kbnigsbcrg 1851. Wentz, Leopold, Das Pferd und seine iiusseren Thcilc im normalen wic abnormen'Zustande. Mit zahlreichen Abbildungen. Carlsruhc 1865. Winter, Georg Simon v. Adlersfliigel, Neuer und vermehrter Tractat von der Stuterey oder Fohlenzucht. In 3 Haupttbeile unterscbieden. In 4 Spracben. Mit zahlreichen Abbildungen. Niirnberg 1703. Wrangel, C. G., Graf, Das Buch vom Pferde. 11. Auflage. Mit zahlreichen Abbildungen. Yerlag von Schickbardt & Ebner in Stuttgart. 1890. 2 Biinde. Wrangel, C. G., Graf, Ungarns Pferdezucht in Wort und Bild. Mit Abbil¬ dungen. Stuttgart. 1891 bis 1893. Zech, Ladislaus, Freiberr v., Major, Das Pferd im gesunden und kranken Zustandc. Mit Abbildungen. Wien, Pest u. Leipzig 1858. 3. Auflage. 1875. I. AbsclmiM.

Allgemeine Terlniltnisse in Bezug* auf das Gesclileclit^ die Race, die Grosse, Parl)e, Albzeiclien und das Alter des Pferdes oder das Nationale.

§ 1. Die Gattung Pferd geliort in naturhistorischer Bezielmng zur Ordnung der Dickluiuter nnd Riisseltliiere und in die Familie der Einliufer. Hauptmerkmale der letztercn sind: ein ungetheilter, einzigcr Iluf, seeks Sclineidezalme in jedem Kiefer, zwei Ilaken- zahne in der obercn und ekensoviele in der unteren Kinnlade, welcke den weiblichen Thieren entweder feklen oder sehr klein sind; 24 Backenzahne, oken und unten gleich vertheilt, ein Enter mit zwei Zitzen, der Magen einfach, der Dickdarm sehr wcit, die Leber oline Gallenblase, die Lungen ungetbeilt, die Dauer der Tracbtigkeit 11 Monatc, die weiblicben Tbiere werfen nur ein Junges. Arten der Gattung Pferd sind: a) das eigentlicbe Pferd, o) der Esel und der Halbesel (Dsiggetai) in Asicn. E. Hemionus, c) die gestreiften Pferde: das Zebra, das Bergzebra oder Dam\ und das Quagga in Afrika. Yon diesen Arten kommen nur da$ eigentlicbe Pferd und der Esel bei uns einbeimiscb und gezlibmt vor, wiibrend die tibrigen nur zufiillig in Menagcrien vorgefiibrt werden. Die ge¬ streiften Arten bilden aucb in keinem Lande eigentlicbe Ilaus- tbiere, und es sind nur bin und wicder Versucbe zu ibrcr Ziili- mung und Beniitzung eingeleitet worden. 6 Maultliicr, Maulescl.

Alle Arten cles Pferrtes konnen sicli untereinander fruchtbar begatten und Bastarde erzeugen. Die bekanntesten sind: Das grossc Maultliicr, von der Pferdestutc und dem Eselhengstc, und der viel kleinere Maulese'l — von der Esclstute und dem Pferdehengste (Jiinnus). Die Maultliierzueht wird besondcrs in Italien und Spanien betrieben; noeli verbreitetcr ist dieselbe in Mittelamerika, wo in manclien Gegenden, z. B. in Mcxiko, die Anzalil der Maultliiere bedeutendcr als jene der Pfcrdc sein soli. Man hat in England auch Bastarde der Zebrastute mit dem Esel- und Pferdehengste erzeugt, wobei die Strcifung weniger regelmassig wTar; cbenso bekam man 1815 von einem Quagga- hengste und einer englischen Stute ein gefleektes Fiillen, welche Stute spiiter noch dreimal gestreifte Jungc zur Welt gcbraoht haben soli, trotzdem sie immer von einem andern Pferdehengste gedeckt worden ist*). Stuten, die einmal von Eseln gedeckt waren, bringen keine guten Fiillen mchr, wenn sie spiiter von Pferdehengsten gedeckt werden. Die Fiillen behalten die Natur und Eigenschaften des Esels, sic werden stetig, widerspenstig, bbse, wild, haben lange Ohren, diinne Hiilse, schmale Brust und Kreuz, hohc Fiisse und Eselhufe (^Fugger). Maultliiere und Maulesel sind untereinander nicht fortpflan- zungsfiihig, obwohl erstere schon im zweiten Jalire so begattungs- lustig sind, dass Maulthierhengste castrirt werden miissen. Eine Triichtigkeit von Maulfchierstuten durch Pferdehengste ist aber schon bfters beobaclitet worden**). So fimlet sich ein soldier Fall in der dcutschcn Zeitsclirift fiir Thier- heilkunde von Busch, III. Band, 1832, p. 115, besclirieben. Panizza und Capelli berichten iiber einen solchen Fall, 1845, wo ein Maultliicr ein mit einem Pferdehengste erzeugtes Fiillen warf. Die Geschleclitstheile des Maul- thieres und der Mauleselinnen keine Abweichung darund Brougnone fand selbst Samenfaden. (Natur der Landwirtschaft von Fraas. ^iUnclien 1857, p. 9.) Audi in Cairo soil man im Jalire 1865 ein Junges vom Maultliicr zur Schau ausgestcllt haben. (Fortschritte der Anatomic von Ilenle, Thierarzt von Anaker Nr. 8 de 1866.)

:5:) Yorlesungen fiir Pferdeliebhaber. Yon Ilcring, Stuttgart 1834. Yalcntin gibt an, dass im anatomisclien Museum zu Bern Samcn- fiiden von einem Maultliiere aufbewahrt werden, welche nach Gerbcr einen grbsseren Kopf und Schwanz wic jene des Pferdes haben. Geschleclit. 7

Iin rArchivio della Veterinaria italiana Napoli 1868, ist ein neuerlicher Fall cincr Gcburt von einem Maulthiere mitgethcilt. Das 7 Jahre alte Thier blieb, mit einem Esel gepaart, unfruchtbar, nahm aber einen Pferdeliengst der sicilisclien Eace an und braclite ein miinnliches Junges zur Welt, welches die Stimme eines Esels hatte, sonst aber mehr einem Pferdefiillen almlich ^ ar. Noll berichtet im „Zoologisclien Garten 1873, Nr. 10" iiber einen Besnch des Acclimatisations-Gartens im Bois de Boulogne zu Paris, dass sich daselbst ein Sprossling von Pferdeliengst und Maulthierstute vorfinde. Das Thier war am 23. April 1873 zu Orleansville in Algerien geboren. Der Yater ist braun,. die Mutter gran, das Fiillen ist dem Yater iihnlicher als der Mutter, namentlich in der Farbe und Kopfbildung. Die Ursache, warum Maulthierhengste nicht fortpflanzungsfahig sind, liegt nur in einer mangelhaftenEntwickelung der mannlichenGeschlechtstheile. Ueber die okonomische Bedeutung der Zucht und Aufzucht des Maulthieres in Italien verbffentlichte Prof. J. Demarchi im „Mcdico veterinario 1883" eine liingere Abhandlung. Er fiihrt an, dass schon Hero- dot die Maulthicre als n assertragende Thiere fiir die konigliche Tafel des Cyrus in dem Kriege gegen die Babylonier erwiilmt. Das Maul thier als ein Basta-d der Pferdestute mit dem Eselhengste — ist wieder entweder mannlichen oder weiblichen Geschlechtes. Erstere werden in der Eegel castrirt. In Spanien, Frankreich und Italien werden wcibliche Maulthiere den mannlichen vorgezogen. Das Maulthier ist vcrhaltnismassig starker als das Pferd und wird auch iilter. Es fiingt mit 2 Jahren zu arbeiten an und hiilt bis zum 25. bis 30. Jahr aus, ohnc dass die bei den Pfcrden so hiiufigen Erkrankungen der Gliedmassen auftreten viirden. Seine Constitution ist eine sehr feste, seine Gemigsamkeit macht eszu einer billigen Arbeitskraft; es hiilt mit der halben Nation des gewohnlichen Pfcrdes aus. Sein kleiner und barter Huf macht es fiir Gebirgsgegenden sehr schiitzenswert, seine Haut ist fester und derber, daher vor Druckschaden mehr geschiitzt. Der Schrittgang ist fiir das Maulthier die beste Gangart; er ist ausgiebig, veil die Hinterfiisse bis iiber die Fusstapfen der Yorderfiisse vor- greifen, so dass 5 bis 6 1cm in einer Stunde zuriickgelegt werden. Der Trab ist ungleich, kurz, weil die Schulter kurz und steil steht; es ist vorzugsveise als Zug- und Lastthier zu vcrwcndcn, hochstens zum leichten Eeitdienst. Die grbssten und starksten Maulthiere findet man in Poitou; sie er- reichcn dort die Hbhe von 1*45 bis 1-65 m. Yier Fiinftel aller Maulthiere sind schwarz oder braun und nur ein Fiinftel kommt auf die iibrigen Farben. t Die Maulthierzucht wird in Frankreich, Italien, Spanien, Nordafrika und Amcrika betrieben. In Italien verden die Maulthiere vorzugsveise in Sicilien und Calabrien gezogen. In Oesterreich in Siidtirol und Istrien. Pagcnstcchcr, welcher sich liingere Zeit in Sicilien aufhielt, gibt in den thicrarztlichcn Mittlieilungcn von Lydtin (Mai 1876) an, dass in Sicilien auch Maul esel geziichtct verden, aber nur von den iirmcrcn Bauein der Gcgend von Girgcnti. Sie wiihlen mciglichst grossc Eselinncn und nicht die kleinstcn Pferdehengste. Man liisst die Eselin zum ersten- 8 Geschlecht. male von einem Esel decken, dann von eincm Pferdehengste. Die Maulesel wcrden iilter als die gewdhnliclien Bastarde, haben liarte, kleine Ilufc, aber sie sind kleincr als die Maulthicre und gelten fiir bbsartig. Den Mauleseln fehlen die Kastanien an den Hinterfiissen. Auch in Abessinien soil Maul- eselzuclit betrieben werclen (Brehm, Thierleben, II. Bd.). Prof. Jul. Klihn in Halle beschreibt einen Bastard der Eselin mit dem Pferdehengste (hinnus), welcber 7 Monate alt war und die Grbsse seiner Mutter hatte. Er wicherte wic ein Pferd, hatte jedoch Hornwarzen an den Hinterfiissen.*)

§ 2. Die Bcstimmung des Gesclileclites eines vorgeftllirten Pferdes verursacht wold in den meisten Flillen keine besondcren Scliwierigkciten; dock kommen immerhin bei castrirten Thieren einige Umstiinde zu beachten. Das mannliche Pferd wird be- kanntlich Ilengst, das weibliclie Stute, das castrirtc mann¬ liche Thier Walla eh benannt. Die Castration von Stuten wird wokl niclit ausgefiilirt. Bei Hengsten kommt es niclit so selten vor, dass ein oder selbst beide Hoden in der Baucldibldc oder im obersten Theilc des Leistencanales zuruckblciben, so dass eine vollstandige Castration niclit vorgenommen Averden kann und sic zuweilen nur einseitig oder gar nickt geschielit. Man nennt dergleichen Pferde mit nur einem oder gar keincm Hoden im Ilodensacke: Spitz hengste, Kibhengstc, auch Klopflieiigste. Der¬ gleichen Pferde sind hiiufig sehr bbsartig, sclnver zahmbar, nur zum schweren Zuge zu verwenden und verursachen mannigfache Stbrungen oder geben zu Streitigkeiten Veranlassung. Die Aus- mittlung, ob ein Pferd ein Spitzhengst sei, kann oft sehr schwierig Aver den und es ist die Frage ohne Nicderlegen des Pferdes zu- Aveilen nicht zu entscheiden. Ob der linke oder der rechte Hoden des Pferdes bfter in der Bauchhohle zuriickbleibt, ist noch nicht sicher ausgemacht; Ilavemann fand meistens den linken Hoden fchlend. Auch ich fand in einigen Fallen den linken Hoden in der Bauchhohle und Ilerr Oberthierarzt R e n n e r versicherte, dass bei der Castration haufig der linke Hode sehr hoch liegt. ZiiAveilen sind *) Nach San son hat die franzosische Cavallerio in Afrika Hengste, die Artilleiie (Train) Maulthiere, darunter Stuten. Da gibt es viele Bofruch- tungen, aber selten gcbiiren die Maulthierstuten lebende Junge, meistens verwerfen sie. Gcschleclit. 9

beide Ilodcn stark aufgczogcn, so class man den Ilodensack nur als einen kleinen, sclilaffen Hautbeutel bemerkt, oline class man jedoch dcrgleiclien Pferde zu den Spitzliengsten ziililen kann. Interessantcr sind die zwitterahnliclien Pferde, welclie iiftcrs beobaclitet wurden nnd wovon ich einen Fall in Wien im Jahre 1854 sab nnd in der Vierteljaliresscbrift fiir Veterinarknnde, V. Band, p. 41, bescbrieb. . Ein 5 Jabre altes, als State angekauftes Pferd zeigte in der Scbamgegend zwei kleine Zitzen; rlickwarts zwiscben den Ilintcr- scbenkeln, anter clem After, etwa 10 cm entfernt, ragte ein rnnd- licber, kopffdrmiger, mit eincr feinen Haat iiberzogener Kbrper liervor, welcber einer sebr entwickelten Clitoris iibnelte; er liess sicb aaf etwa 3 cm vorzieben. An einer oberen Flacbe erscbien derselbe vertieft, mit Talg- driisengraben verseben, iiber welcben die Harnrdbrenmundang in Form eines Cylinders beiworragte. Die Hakenzabne waren bloss im Unterkiefer als kleine Stammel sicbtbar. Als man das Tbier wie zar Castration legte, zeigten sicb in cler Tiefe der Scbamgegend zwei bodenabnlicbe Kbrper, welcbe sicb gegen die Baacblibble verdrangenJiessen; die Zitzen nndnrchbobrt, die scbeinbare Clitoris stand mit einem dicken, festen, karzen Zellkbrper in Yerbindang, welcber vom Sitzbeinbogen cntsprang, so class daber clas Pferd nar als ein mannlicbes Tbier mit nacb riickwarts gekebrter and verkUmmerter Ratbe — ein Hypospadiaens, betracbtet werden konnte. Das Tbier Avar iibrigens nicbt bbsartig and gat zam Eeitdienste venvendbar. Einen ganz iibnlicben Fall beobacbtete Gantber in Han¬ nover (Erection des Penis, p. 117). Das Pferd Avar jedocb sebr nnbandig and mnsstc castrirt Averden. Ebenso ist in von Tennekers Jabrbacb fiir Pfcrdezacbt 1825 ein Fall be- scbrieben, avo cler Penis eines Pferdes eine S-fbrmige Krummang nacb binten bildete and zAviscben den Ilinterscbenkeln bervor- ragtc. Die Ilarnrbbre bildete eine Aveite Spalte, aas welcber sicb der Ilarn in breitem Strom AArie bei einer State entleerte. In der Kabelgegend fanden sicb 2 Zitzen and in der Tiefe daselbst bodenabnlicbe Kbrper. Das 7 Jabre alte Pferd Avieberte aaf Staten AAie ein llcngst, Avarde jedocb za Militardiensten vcr- Avendet. 10 Wilde Pferde.

§ 3. Das Pferd ist seit den liltesten Zeiten als llaustliier gc- lialten worden; das eigentliclie Yaterland desselben ist jedoch so Avenig mit Siclierlieit nacligeAvicsen, als man dieses von den tibrigen Ilaustliieren und den Getrcidearten kennt. Man liat an verscliiedcnen Orten von Europa, Afrika, Asien und in Amcrika fossile Pferdeknockcn aufgefunden, obAVolil man in letzterem Welttbeile bei Entdeckung desselben zu Ende des 15. Jalirliun- derts keinc Pferde antraf und dieselben erst durch die Spanier und Portugiesen eingeftlhrt Avorden sind. anderen Aonvelt- liclien Thieren zeigten sicb fossile Pferdeknochen in Deutschland und Frankreicli von zwei verscbiedenen Gattungcn — dem JEqiius primigenms und dem JEqmis angustidens. Im Wiener Becken, namentlich in den Ziegelgruben am Wiener Berge fand man in den Tertiar-Scliicbten die Knocben eines kleinen vonveltliclicn, ganz Avie das Pferd gcbautcn Thieres, Hippotherhim gracile, und in neuerer Zeit Avurden (1859 und 1860) zu Pikermi bei Atben die Knocben dieses Thieres (Hipparion mediterraneim) neben anderen (Affenknoclien u. s. av.) selir hautig aufgefunden. Professor Marsh in Norclamerika maclite im Coloradc-Gebirge (JRocky Mountains) Ausgrabungen und stellte in New-IIaA^en eine Reihc (30 bis 44) verschiedener fossiler Hufthiere auf, um den allmiihlichen Uebergang vom urspriinglichen kleinen fiinfzehigen zum heutigen einzehigen Pferde mit Per- sistenz der dritten Zehe zu beweisen. Der iilteste Reprasentant des Pferdegeschleehtes ist der Eohippus mit 4 Zehen und der rudiraentiiren Andeutung des Daumcns in den tiefsten Scliiehten des Eocitns vom Felsengebirge *, er hattc die Griisse eines Fuehses; dann folgt der Oroliippus und Epiliipims) wo der Daumen schon gesehwunden ist-, sic batten 44 Ziilme, Yorarmbein und Ellenbogenbein sind getrcnnt; an den Hinterfussen sind 3 Zehen. Im unteren Miociin fand Marsh ein Tiber von der Grosso eines Schafes mit 3 Zehen und einem Ruclimente der vierten Zehe — den Mesohippus. Im Pliociin trat der Erotohippns auf, wo der Rest der vierten Zehe fehlt und das Tiber daher dem Tapir iihnelt. Es hattc die Grbsse eines Esels, von seinen drei Zehen bertihrtc nur eine den Boden. Bei dem nun folgendcn Pliohippus, welehcr dem Hipparion der alten Welt an die Seite zu stellen ist, zeigt sich schon der dritte Finger bedeutend entwickelt, der zweite und vicrte sind rudimcntar; damit ist der Typus des heutigen Pferdes erreicht. Zugleich hat Marsh nachgewiesen, dass bei dem Pferde seit der Eociinzeit eine progressive Fortcntwickelung und Erweiterung der Schiidel- Wilde Pferde. 11 holilc stattgefunden hat, womit die hohere Koiper- und Geistesentwickeluug des Pferdes im Einklange stand. Die in Europa ansgegrabenen vorweltlichen pferdealmlichen Thiere, und zwar: das vierzehige Hijopothermm, das dreizehige Palaeotherium das zweizehige Anoplothermm und das einzeliige Anchitherium sainmt dem Hipparion und dera fossilen JEqiius europaeus sclieinen jtingere Entwickelungs- stufen, als die jetzt in Amerika gefundenen Ilufthierarteu zu sein. Warum das Pferdegeschlecht in Amerika allmahlich ausgestorben ist, konnte nicht nacligewiesen werden-, bei der Entdeckung dieses Welttheiles konnte keiue Pferdeart daselbst aufgefundeu werden, und die jetzigen zahlreichen Pferde stammen von europaischen cingefiihrten ab. (Biolog. Centralblatt, 1. Jahrgang, p. 361. Wiedersheim, Prof, in Freiburg, Zur Paliiontologie Nordamerikas. Repertor. der Tliierlieilkunde. Vogel, Die Entdeckung der wahren Abstammung des Pferdes, lb78.) Dass das Pferd schon in den iiltesten Zeiten als Hansthier gelialten worden ist, geht sowolil aus gescliichtlichen Nachricliten als aucli aus Abbildungen'auf den alten Baudenkmalern Aegyptens hervor. Manclie Naturforscber glauben, dass es keine eigentlicb wilden Pferde mehr gebe, sondern die bis jetzt aufgefundeneu nur verwilderte seien, wie sicb solcbe in der That in sehr grosser Menge im sitdliclien Kussland und auf den weiten Grasflacben yon Sudamerika yorfinden. xVndere glauben jedocb, dass in der Mon- golei und Tatarei, namentlieli in der Wtiste Gobi, noch eigentlicb Avilde Pferde yorkommen. Die urspriinglich Avildcn Pferde werden als Mausefalben oder Fablgraue mit einem Aalstreifen am Riicken beschrieben, wclclie Farbung in der That die urspriingliche Pferdefarbe ge- wescn zu sein scheint. Sie haben dickc Kbpfc, langc Oliren, kurze krause Malinen, ein langes, diclites, wolliges Ilaar, einen kurzen Schweif. Sie leben in grossen llerden nocli beute bei- sainmen, sind sebr furclitsam, flticbtig und behende und werden ilires Fleiscbes und Felles Avegen gejagt. Es scheint, dass' in den grossen Forsten yon Polen und Preussen noch bis yor einer yerbaltnismassig nicht langen Zeit Ay51 do Pferde (mausfalbc mit einem sclnvarzen Aalstrich am Riicken, schwarzen Miilinen und Sclnyeif) gelebt haben und gejagt Ayorden sind. Ebenso kommcn ganze llerden Avilder Pferde in der grossen mongolischen Wiistc um den Aralsee yor. In den russisclien Steppen zeichnct sich das daselbst gezogene Pferd durch Leichtigkeit und Sehnenstarke aus. Der Riicken ist liinger 12 Wilde Pferde.

ills bei dem orientalisclien Pferde, das Krcuz jedoch kiirzer, der Hals verkehrt, wodurch das Thier die gauze Herrschaft liber seine Bcwegimgengcwiniit,aber eine sicliereLeitungunmbglich ist(Proscli, p. 71). Audi das eclite ungarisclie Pferd stimmt damit uberein. Prof. Unterbergcr in Dorpat*) besclireibt das jetzige Kirgisenpferd folgendennaassen: Dasselbe ist klein, mit lang- gezogenem Kopf, starken Ganasclien, kleinen Augen, die gnt an- gesetzten proportionirten Oliren sind in der Eegel geschlitzt, der Hals fleischig, oft findet sich ein Hirsclibals. Das Krenz knrz, abscbilssig, der Sclnveif bock angesetzt nnd wird selbst im Stande der Enlie etwas abgesetzt getragen. Die Brust brcit, die Extremitaten knrz gefesselt, muskulbs. Die Falbfarbe wallet vor, dock gibt es aucli Braune nnd Scbimmel, selten Eappen. Die Ileimat dieser Pferde ist die grossc Wtlste zwiscben Ural nnd Irtisch, wo sie yon den nomadisirenden Kirgisen geziiclitet werden. Verwilderte Pferde kommen aucli im siidlichen Enssland am Don und um das Asow'sclie Meer vor. Interessanter sind die lialbwilden Pferde in Sndamerika, in Brasilien, Buenos-Ayres und Patagonien **). Im Jalire 1531 wurde das Pferd dtirch portugicsisclie An- siedler nacli Brasilien gebracht und ist nun in den verscliiedenen Provinzen von Slidamerika als verwildertes Thier. in grosser Anzalil zu linden.^ Die Pferde leben dort in Herden von Tausenden und durclistreifen die weiten, grasreichen Ebenen des ungemein grossen Landes. Hire Farbe ist gewbhnlicli rothbraun, in ihrem Bane tragen sie die ausgepriigtesten Charaktere der cdelsten spanischen Eace an sich. Aucli in Nordamerika, in Mexiko und Californicn kommen Herden von yerwilderten Pfcrden vor. Sie gelibren bestimmten Eigenthumern, auf deren Grund und Bodcn sie sich ernahren, und werden besondersj ihrer IILiute wegen gejagt, aus welchen das feinste Leder, namcntlich das friiher so

*) Mittheilungon aus dem Iimern von Enssland fiir Pferdclicbliabcr. Yon Prof. Unterbergcr, p. 62. **) Die Geschichte des Pfcrdes etc. Yon Martin. Aus dem Englisclien von Duttenhofer. Stuttgart 1847, p. 87. Das erste Pferd wurde im Jalire 1518 nacli Amerika gebracht. In den Vcreinigten Staaten sind gegenwiirtig liber 14 Millionen Pferde. Vcrwilclerte Pferdc. 13 berlilimte Corduanleder verfertigt wird. Werden die wildcn Pferde der Pampas — grasreiehe Ebene von Sudamerika — fiir den Reitdienst yerlangt, so fiingt man sie mit der Sclilinge oder dem Lasso, einem gefloclitenen Ledememen von 16 m Liinge und 12 mm im Querdurclimesser, welclier aus Streifen von ungegerbten Iliiuten bestelit und dnrcb Fett gesclimeidig gemacht wird. An dem einen Ende ist ein eiserner Ring von etwa 1 cm im Durchmesser befestigt, durch welchen der Riemen so gesclilungen wird, dass dadurch eine laufende Sclilinge entsteht. Diejenigen Leute, welclie sicli mit dem Pferdefange abgeben (6auclio\ baben eine ungeheure Fertigkeit im Werfen des Lasso; man bekommt damit die beiden Vorderfiisse zu fassen, worauf das wilde Thier augenblicklich zu Boden stiirzt. Wiibrend dasselbe am Boden zappelt, benlitzt der Mann seinen Lasso, um einen der Hinterfusse zu umsclilingen und mit den Yorderflissen zu vereinigen. Darauf wird dem wilden Thiere ein Zaum gewaltsam angelegt, eine Gurte und Sattel aufgesclinallt, worauf das Pferd nach Losung der Fuss- scldingen mit dem Reiter plotzlicli aufspringt und so lange fort- rcnnt, bis es vollkommen erscbbpft ist, worauf die weitere Ziib- mung erfolgt. § 4. Das Pferdegescblecbt existirt beutzutage in verschiedenen constanten Yarietiiten, welclie man Racen nennt: Unter ciner Race verstelit man den Inbegriff jener yon der Art abweichenden Kbrpereigenscbaften, wodurcli sicli die Pferde eines gewissen Ilimmelsstriches yor anderen auszeiclmen, und welclie sicli von den Eltern auf die Jungen constant forterben. Die Racen sind wabrscbeinlicli durch langjiikrige Einwirkung des Klimas und der Lebensweise sowie des Aufentbaltsortes cntstandcn und werden in ibrer Reinbeit durch unyermischte Paarung erhalten. Wenn man eine Race aus einem llimmels- strichc in einen anderen Ubcrsetzt, so driickt das Klima auch bei der sorgsamsten Reinerhaltung der Zucbt seine unyerkenn- baren Spuren auf. Es hat jeder sicli durch gewisse Eigenthiim- lichkeiten des Bodens auszeicbnende Erdstrich auch seine be- stimmten ihm zugewiesenen Thierarten und Racen, und so finden wir auch bei der Gattung Pferd in jedem durch bestimmte geo- 14 Racen. graphische Grenzen gescbiedenen Landstriche einc andere Pferde- Yarietat. Man hat die verscliiedenen Eacen des Pferdes mehrfach ein- zutheilen versuclit, oline dass man jedocli einen bestimmten An- haltspunkt hlitte. So theilte man sie nach ihren liervorragenden' kdrperlicben nnd geistigen Eigenschaften in edle nnd gemeinc Racen, ferner nacb den Erdstrichen in morgenlandische nnd abendllindische. Erstere hiclt man ftir edle Racen, letztere flir gemeine, olme dass dieses jedocli in der Erfahrung sicber- gestellt wlire. Da seit Jahrhunderten morgenlandisclie Pferdc mit abendlandischen gepaart wurden, so cntstand cine dritte Ab- theilung von Racen, welclie man gemischtc nennen kann. Man kann edel jene Race nennen, deren Thierc sich durch hervorragende kbrperliclie nnd geistige Eigenschaften, durch cine schone nnd gelallige Form, Stlirke, Schnelligkeit, Lcbhaf- tigkeit nnd Ausdauer auszeichnen nnd dabei eine feine Haut, feine gliinzende Haare, scharf vorspringende Sehnen nnd Muskeln besitzen, wahrend die entgegengesetzten Eigenschaften der ge- meinen Race zukommen. Die Deckhaare sind dicht nnd grob, die Gesichtsbildung oline lebhaften Ausdruck, das Zellgewebe ist locker und fettreich, die Muskeln dick, schlaffer, die Bewe- gung schwerfallig. Die erstgenannten Eigenschaften trifft man vorzugsweise bei morgenlandischen und von ihnen abstammenden Racen, die zuletzt genannten bei den eigentlichen abendlandischen Pferden; in der Mitte zwischen beiden stehen die gemischten Pferderacen. Nach der Venvendungsweise kann man die Racen ein- theilen in solche, die sich a) vorzugsweise zum Reitdienste eignen — morgenlandische Pferde oder von ihnen abstammcnd, warmbltitige Pferde; b) Racen, die fast nur zum schweren Zuge geeignet sind — eigentliche abendllindische Pferde, kaltbliltige Pferde; c) Mittelracen, welche sich zum schweren Reit- und leich- teren Zugdienst eignen und wahrscheinlich durch Vermischung der ersteren zwei entstanden sind.:5:)

:5:) Robert Froricp. Die Pferderacen. Zweite vermehrto Auflagc. Ein Blatt mit Abbildungen. Gross-Folio. < Arabische Pferde. 15

L. Fitzinger (Sitzungsbericlite der Wr. Akademie 1858) nimmt 5 Stammraeen und 145 Unterracen des Pferdes an. Die Stammracen sind nacli ilim: 1. Das zahme nackte Pferd. 2. Das orientalische Pferd. 3. Das leichte Pferd (in Schweden, Polen. Russland, Ungarn). 4. Das sclnvere Pferd (im westlichen Europa). 5. Das Zwergpferd oder Koomrali — Eqinis nanas.

§ 5. Morgenlandische (orientalische) Racen. — Reitracen. Warmbliitige Pferde. Die morgenlandisclien Racen zeiclinen sich durch eine mittlere Grosse, einen feinen, regelmassigen, proportionirten Kbrperbau, durcli Schnelligkeit in der Bewegung, Lebliaftigkeit, Ausdauer und GutmUtbigkeit aus. Als die edelste orientalische Race yrird mit Recbt die arabische angeselien. Dock habcn die Araber melircre Pferde- racen, von welclien einige keinen besonderen Wert liaben und nur zu den gewbhnliclien Arbeiten verwendet werden. Die besseren arabisclien Pferde lieissen Kohlani oder Kokeili*). Dieselben sind selten grosser als 150 cm der Kopf ist nicht klein, markirt, trocken, yiereckig, er wird hoch getragcn, die Gefiisse sind unter der Haut im Gesiclite dcutlich bemerkbar, die Oliren sind ziemlich gross, sehr beweg- lich, das Auge gross, feurig, lebliaft, die Stirne breit, die Nase gerade, die Nasenbffnungen weit und rund, die Kinnbacken stark, fieischig, weil sie auf trockene Nahrung, Gerste, Ilirse, ange- wicsen'sind, der Kehlgang weit, der Hals hoch aufgericlitet, die Malinen fein; der Hals ist deutlich yom Widerrist gescliieden, die Lende ist kurz, hoch, das Kreuz gerade, der Schweif hoch angesetzt, wird im Bogen getragen, die Sclnveifhaare sind fein, der Brustkorb ist weit und rund, der Bauch rund, die Flanken gut geschlossen, die Schultern flach, schrag, muskulos, die Unter- fiisse fein und trocken, die Muskeln und Sehnen treten deutlich heiwor, die Vorderarme lang, ebenso die Fesseln, die Ilufe fest und trocken, die Sprunggelenke stark, die llaut fein, die Haare

Das Wort Kohl an oder Koheyl ist die allgemeinc Benennung der Pferderace, welclie die Beduinen in ihrer Waste aufziehcn. 16 Arabische Pfercle. gltinzend, die Ilautvenen sind deutlich siclitbar. Die Bewegungen gescliehen sclmell, leiclit und ausdauernd, mit einer grossen Scbidterfreiheit, dabei sind die Thiere gutmllthig und gelehrig. Die arabisclien Pferde sind eigentliclic Eeitpferde, sie sind haufig Schimmel, oft mit rothlichen Punkten besiiet, auch gibt es Braune und Flicbse, selten Eappen, Abzciclien findet man wenige. Die edelsten Pferde in Arabien sind in dcr Landscliaft Nedscbed und zerfallen in flinf Stamme: Saklawy, Maneki. Kobeily, Dschulfe und Tusye*), welcbe von den funf Lieblings- stuten Mobammeds abstammen sollen und in strenger Beinzucbt fortgepflanzt werden. Es sollen dariiber eigene Stammbaume gefiilirt werden, deren Echtbeit jedocb von manchen neueren Eeisendcn stark in Zweifel gezogen wird. Nlilieres tiber arabische Pferde, ihre Behandlung und Zucht siehe in den Beitriigen zur Kenntnis und Beurtlieilung der Pferderacen in Asien, Afrika und Europa, von Clirigtoph Josch, k. k. bsterreicbiscbem Lieutenant in der Bemontirungs-Branclie. Wien 1837. In der an Arabien grenzenden Provinz Syrien werden Pferde gezogen, welcbe den arabisclien in vielcr Beziehung gleicben, yon ibnen abstammen und haufig als arabische Pferde nach Europa kommen. * General Dan in as**) fiihrt als die vorziiglichsten arabisclien Baccn folgende 9 an: 1. Die Saglawi (Siglavy), sclibn, elegant, mager; 2. die Hamdani6, von einer der fiinf Stutcn abstammend, welcbe die Beduinen dem Mohammed zum Geschenke machten, als sie zu seiner Lehre iibertraten-, 3. die Abaian — auch von einer dcr ftinf Stuten abstammend; 4. Em-Arkoub — ebenso; 5. Rime, die Gazelle — 6. Maanaqui — mit langem Hals; 7. Kahilatel Adgyiouz — imverwiistlich; 8. Djelf6 — sebr ausdauernd; 9. Traif6 — kriiftig und ausdauernd. *) Abbildungen kbnigl. wiirttembergiscber Gestlits-Pferdc von Original- Racen. Ilerausgegeben vom kbnigl. lithographisclien Institute. Stuttgart 1823. **) General Daumas. Die Pferde der Sahara. UebersetzP aus dem Franzbsischen von Graefe, II. Theil. 1858. Arabisclic Pferde. 17

Reine arabisclic Zucht lindet man in den kbniglich wtirttem- Ijergisclien Gestiiten zu Weil und Scliarnhausen bei Stuttgart, woliin die ersten Originalthiere in den Jahren 1817 und 1818 im Auf- trage des Kbnigs durcb den russiscben Grafen Wenzel Rzewusky aus dem Orientc gebraclit wurden, und seither zu verschiedenen Zeiten arabisclic Pferde eingefuhrt worden sind.*) Ferner zu Babolna in Ungarn, wobin gleicbfalls yon der k. u. k. bsterreicbi- scben Regierung zu yerscbiedenen Zeiten original-arabiscbe Hengste und Stuten durcb eigens nacb dem Oriente abgescbickte Commis- sionen gebraclit wurden. Aucb Baron Fechtig ziicbtete in Ungarn arabiscbe Pferde. Die persiscben Pferde steben mit den Berber-Pferden in Nordafrika den arabiscben am nacbsten. Erstere sind etwas grosser als die Araber, der Kopf ist lang, nuissig gebogen, gut geformt, der Keblgang weit, der Hals scblank, bocb aufgericbtet, der Widerrist scbarf, bocb, die Brust nicbt breit, der Rilcken gerade, die Croupe scbbn geformt, lang, der Scbwcif bocb ange- setzt, die Scbultcrn stark und fleiscbig, krliftig, die Fllsse bocb, die Fesseln lang. Ibr Haar ist glanzend, seidenartig. Sie sind scbnell; yoll Feuer, dauerbaft, obwobl in letzterer Beziebung die Araber sie libertreffen. Zuweilen kommen sie nacb Europa, und icb sab sowobl in Wien als in Kesztbely ecbt persiscbe Zucbt- pferde. Die Bcrber-Pferde baben sicb neben den arabiscben am weitesten yerbreitet, yon ibnen stammen die spaniscben, neapolitaniscben und daniscben Pferde ab. Das Berber-Pferd bat nacb Morris einen Rammskopf, der Hals unten vorgewblbt, die Rippen platt, die Hanken flacb, der Scbweif niedrig angesetzt. Brust sebr breit, wie der Lowe. Der Araber trabt hintcn enge, der Berber aber weit und bebt die Yorderftisse mebr. Die tata rise hen Pferde sind klein, mit dickem Kopf und Hals, spitzigen Ohren, starkem Leib, breiter Croupe und starken Beinen. Sie sind ungemcin krliftig, ausdauernd, feurig und mutbig. Die tlirkiscbcn Pferde kommen den arabiscben am nacbsten, wenn sie gleicb nicbt die grosse Ausdauer baben. Sie finden sicb nicbt bloss in der asiatiscben, sondern aucb in der © *) Das orientalisclie Pferd und das Privatgestiit Sr. Majestiit des Konigs von Wiirttemberg zu Kleinhohenheim. Yon Dr. Jiiger. 1846. Muller, Evterieur des Pferdes. G. Aufl. 2 18 Andere Reitracen. europliisclien Tlirkei und kommen namentlicli aus Syrien als ara- biscke Pferde liliiifig nacli Europa, besonders die Hengste, welche weniger schwierig als Stuten zu bekommen sind. Die Araber halten ein edles Mutterpferd ftir unschatzbar, weil die Gestalt der Pferde vorzugsweise von der Mutter vercrbt, wahrend der Hengst von grdsserem Einflusse auf das Temperament, den Mutli und die Gelehrigkeit ist.:i:) Audi in Aegypten findet sick eine der ara- bisclicn aknlicke Keitrace. Von den europliisclien Racen eignen sick besonders zum Reitdienst: a) Die sicbenbiirgisckc Race. Sie trligt ganz den orientaliscken Typus an sick, nur sind die Pferde grosser (158 bis 168 cm kock) und starker. Sie kaben einen feinen, trockenen Kopf, einen geraden Hals, koken Widerrist, gerade Croupe, krliftige Beine, trockene runde Hufe. b) Die unga rise lie Race kat meist kleinc Pferde mit ticf angesetzten, geraden Kbpfen, langen, dunnen, sckmal nack vorne zulaufenden Hirsckkalsen, welcke mekr gerade getragen werden, der Widerrist ist sckarf, der Rlicken kurz, die Croupe fast ge¬ rade, der Sckweif kock angesetzt, der Bauck gross, die Fiisse trockcn, die Hufe sekr fest. Die Pferde dieser Race kaben sekr viel Ausdauer. c) Die moldauiscken Pferde sind klein (145 bis 150 cm. mit einem kleinen Kopf, grossen Augen und starker breiter Ganascke, der Hals ist kirsckaknlick, der Widerrist und Riicken sind kurz, die Croupe gerade, die Fiisse kurz und kriiftig, die Fesseln oft lang, die Hufe kart. Sie sind wild, misstrauisck, sckwer zlikmbar, aber dann sekr ausdauernd; sie eignen sick vorzugsweise ftir die leickte Cavallerie. c^Diepolnisclien Pferde sind entweder sekr klein, wenig brauckbar und tatariscken Ursprungs (koniky); oder aber ziemlick gross mit kleinem Kopfe, verkekrten Hals, sckarfen Riicken, Hiingekreuz und gleicken den moldauiscken Pferden. Ausserdem werden in Polen sekr viele vercdelte Pferde in Gestiiten gezogen. c) In Russland mit seinen mannigfacken ausgezeickneten Pferden kaben in neuerer Zeit besonders fiir die dort gebrauck- E. D'Altons, Naturgeschichte des Pferdes und seiner Racen. Weimar 1810. Andcre Reitracen. 19

liclie YerwcnclungsAveise im Einzelgange, vor clem Sclilitten, in cler Gabel, in cler Troika, die Harttrabcr (Ilartclraver holland.), Triibcr, cine grosse Beriibmtlieit erlangt. Dieselben stammen von daniscben und hollandiscben Stnten nnd orientaliscben Heng- sten; sie wnrden vom Grafen Orlow Tschesmenskoy im Woronesclier Gouvernement geziicbtet, welcher den arabiscben vcissen Hengst Smetanko aus Persien erworben hatte. Dieser Avurde mit einer daniscben State gepaart. Der von ihr geborne Sobn belegte eine hollancliscbe Stute, and cler dieser Paarung entsprungenearabiscb-daniscli-liollandisclieHengst Bars der Erste, gcboren im Jabre 1784, wircl geAvdbnlicli als cler Begrlinder cler Traberrace angeseben. (Jessen: Znr Frage liber die Feststellung der Beinbeit cler Bace des Orlow'scben Triiberpferdes. Oesterr. Vierteljabrschrift f. Yeterinarkunde. 39. Band. "Wien 1873.) Das Orlow'sclic Gestiit sammt cler berllbmten Zacbt ist schon seit liingerer Zeit in das Eigentbum des rnssiscbcn Staates iiber- gegangen. Die Orlow'scben Triiber zeiclmen sicb durcb ibre Stiirke, Kraft, Ansdaner and Sclmelligkeit im Trabe ans, obwohl aucb ihr Schritt leicbt and aasgreifend ist. Beim Trabe heben sie die Fiisse hoch, die Yorderbeine strecken sie beim Aufheben nicht vorwlirts wic beim Bennen, sondern cler Fuss wird durcb eine Beugung des Knies in cler Kbthe stark gebogen, so class cr fast den Leib des Tbieres bertihrt. Im gestreckten Trabe folgen die Bewegangen so scbnell aufeinander, class man sie fast nicht anterscbeiden kann, und doch ist ihr Gang vollkommen sicber. Sie legen in I'/s Jlinateu 3 "Werste (etcva Yg deatscbe Meile) zuriick, und sowohl im Schritte als im Trabe iiberbolen die Hinterfiisse die Spar der vorderen. Ibre Grbsse ist ansehnlich, die Croape lang und abscbiissig, die Yorarme und Unterschenkel lang, die Scbien- beine kurz, die Brust weit.*) Ausserdem kommen in Bussland die mannigfacbsten Zucbten vor, und zvar einheimiscbe, orien- taliscbe und cngliscbe Bacen.**)

*) Der Pferdeziichter. Anleitung zur Kenntnis der gesammten Pfcrdc- vissenschaft \on Yilleroy und Adam Miiller. Mainz 1856. Mit 20 litli. Tafeln. Magister Blumbcrg: Das csthnisclie Perd und das Gestiit zu Torgel. Wien 1877. Man sclnitzt die Zahl der Pferde in Russland auf 30 bis 40 Millionen. Reichsgestute sincl 6, Privatgestiite 3400. 2' 20 Englisclie Pferde.

Yon den europaisclien Bacen, welclie von orientalisolien abstammen, mitssen besonders die englischcn Pferde ange- fiihrt werden, welclie neben den arabischen in unserem Jahr- hunderte den grossten Einfluss auf die Yerbesserung und Yer- edlung der Pferdezuclit in Mitteleuropa und aucb in Ocsterreich, besonders in der neuesten Zeit, gcnommen baben. Man unterscheidet das eigentliclie englisclie Vollblutpferd, dann das Halbblutpferd, das Jagdpfcrd (Hunter) und das Kutschpferdj woran sich die schwereren veredelten Suffolk- und Yorksliire-Pferde anreiben. Obzwar schon seit Jalirbunderten ftlr die Yerbesserung der

Pferdezuclit in England manclics von Seite der Regierung gescliali? so sclireibt sicb dock die englisch-orientaliscke Reinzuclit erst yon Jakob 11. und Carl IL, Konigen von England 1620—1660 her, welcbe eine Anzakl von Berber-Stuten (Royal-mares) nebst orien- talisclien Hengsten ankaufen liessen, deren Nacbkommen mit einer ausserordentlicken Sorgfalt fortgezliclitet wurden. Damit verband sicb aucb das bis heutzutage in England beliebte AVettrennem um die Leistungsfabigkeit der Thiere im Sclinellaufe zu erproben. Spater wurden aucb von Privaten orientalische Stuten ein- gefilbrt und dabei die bis keute fortgeflibrten GestiitsbUcher an- gelegt, so dass man von jedem daselbst eingctragenen Pferde genau seine Abstammung kennt und dieselbe bei den edelsten Thieren bis zu den ersten Berber-Stuten, den Royal-mares oder anderen eingefiihrten morgenlandisclien Stuten zuruckgefiihrt werden kann. Das englisclie Vollblutpferd bat in alien 5 AVelt- theilen seine Ueberlegenbeit bewiesen. Im yorigen Jabrhunderte tlbten besonders 3 Ilengste einen grossen Einfluss auf das Emporbringen der Vollblutzucht, undzwar: 1. Godolfin, ein Berber-llengst, welcber von Lord Godolfin im Jabre 1759 in Paris erkauft wurde, wo er angeblicb an eineni AArasserkarren zog. A^on ibm stammt die jetzige A^ollblutfamilie Matcbcm. 2. Barleys Araber, von Darley in Aleppo axis der AA^iiste Palmyra zu Anfang des vorigen Jabrbunderts erkauft. Yon ibm stammt der bertibmte Samson, der fliegende Cbilders, welcber die Gescbwindigkeit eines in die grosste Flucht gesetzten Hirscbes batte und 15 m (45 Yg Fuss) in der Secunde, eine englisclie Englische Pferde. 21

Meile in l1/^ Minuten ziuiicklegte. Ferner Eclypse, das sclmellste Pferd auf kurzen Strecken, welches je auf der Kennbalm lief. Es wurde 26 Jalire alt und starl) 1789. 3. Bycrlcy-Tiirk. Yon ihm stammt die heutige Yollblut- familie Ilcrold. Der Hengst war das Beutepferd eines nieder- liindischen Eeiters bei dem Entsatze von Wien und kam durch Kauf in den Besitz des englischen Capitiins Byerley. Die englischen Yollblutpferde stammen somit von arabischcn, persischen und berberischen Pferden, sie sind grosser als die arabischcn — 1 m 60—70 cm hpch und dariiber. Der Kopf ist mager und fein, verhaltnismassig klein, die Stirn breit und flach, die Ohren gut angesetzt, lebhaft spielend, das Auge gross, der Nasenriickcn gerade, die Niistern weit gebfthet, die Ganaschen breit, der Kehlgang weit, der Kopf vom Halse genau abgegrenzt, letzterer lang, gebogen, fein, der Widerrist hoch und scharf, der Brustkorb mager, tief, gewolbt, der Riicken gerade, die Lende hoch, der Bauch klein, die Croupe lang, hori¬ zontal, der Schweif hoch angesetzt, die Schulter und der Vorarm lang, muskulos, das Knie breit, das vordere Schienbein kurz, die Fesseln lang, die Ilaarzotten fein, die Stellung der Yorderfiisse melir nach vorne. Die Unterschenkel breit und kraftig, die Achillessehnc weit abstehend, die Sprunggelenke oft steil, die fetellung der llinterflisse mehr nach rUckwiirts. Das Ilaar ist fein, gliinzend, die Farbe braun oder rbthlich, ohne oder mit wenigen Abzeichen. Die Thicrc sind schr gelehrig, unerschrocken, aus- dauernd, abcr nicht so sanft wie die arabischcn Pferde, fcu- wcilen bbsartig. Oft sind sie etwas hochbeinig und infolge x des Trainirens zu sehr gestreckt. Das cnglische Jagdpferd (Hunter) ging aus der Kreu- zung a on Yollbluthengsten mit Yorkshire- oder Clevelander- Stuten hervor. Es ist viel starker und krliftiger und wird in. England besonders zu den dort beliebten Parforce-Jagden benutzt, Die Hunter haben etwas schwerere Kbpfe, starke Knochen und besonders kraftigc Sprunggelenke, sie sind ungemein ausdauernd abgehiirtet, 160 bis 170 cm hoch. Pferde, wclche aus der Zucht von Yollbluthengsten mit bcsseren einheimischen Stuten hervorgchen, heissen Halbblut- pfcrde. 99Ll-i Englisclie Pfcrde.

Das eclle cnglische Kutsclipferd ist Yi Blut und ^vird erzeugt durch die Paarung von grossen Yollbluthengsten mit ITalbblutstuten. Sie sind gross (170 cm und daiiiber), mit feinen kleinen Kbpfen, sclionen langen Iliilsen, gerader Croupe und bieten in ihren Formen das schbnste Ebenmaass dar. Die Mebrzahl der cngliscben Eacepferde ging jedocli aus der inlandisclien Zucht, durch Kreuzung verbessert und in die Turfregister aufgenommen, hervor. Auf dem Continente ncnnt man Yollblut den Nachkbminling von Original-Arabern, Englandern, oder von englischen Yollblut- pferden mit Arabern, daher in Oesterreicli, Deutscbland auch Yollblutpferde gezilchtet wcrden.*) In Deutscbland, besonders aber in Hannover und in Mecklen¬ burg hat man seit vielen Jahrcn englisclie Pferde, Ilengste und Halbblutstuten, zur Zucht eingefuhrt und in diescn Landern eine Pferderace erzielt, welche die edelsten Formen darbietet und der englischen sehr nahe steht. Ein Gleichcs geschah in den kbniglichen prcussischen Gestiiten Neustadt an der Dosse, Graditz und Trakehnen, wo die daselbst geziichteten Pferde einen grossen Euf geniessen.**) In Oesterreicli wurde besonders seit Kaiser Josef II. grossc Sorgfalt auf die Ilebung der einheimischen Pferdezucht verwendet und namentlich in den grossen kbniglichen Gestiiten Babolna und Mezohegyes in Ungarn theils arabische, theils englisclie Yollblut- und llalbblutzucht betrieben, um tiichtigc Landesbeschaler zu erhalten und die Pferdezucht in den ver- schiedenen Provinzcn des Kaiserstaates zu heben. Im Jahre 1854 wurde ein neucs Staatsgestiit zu Kis-B6r in Ungarn angelegt,

*) Baumeisters Anleitung zum Betriebe der Pferclezuclit. IV. Auflage. Yon Director v. Ktieff. Stuttgart 1874. Yollblut heisst die durch morgenliindisches edles Blut mit sorg- faltiger Yermeidung jeder Beimischung in England geziichtete const ante Pferderace, obwolil auch durch eine achtfache aufcinander folgende Yer- edlung der einheimisciien Eace mit reinen Oricntalen ein Vollblutpfcrd erzeugt werden kann. Das cchte Vollblutpfcrd muss seine Abkunft in dem englischen Gestiitsbuche (General Stood Book) von einem der drei genannten Hengste oder von einer der von Kbnig Carl II. eingefiihrten orientalischen Stutcn nachweisen lasscn. Englische Pfcrtlc. 23 wo reinc englisclie Yollblutzuclit betrieben wird iind jetzt sclion Nachkommen erzielt wurden, welche auf der Eenn- balin in Wicn und Pest die tliclitigsten Proben abgelegt liaben. Man nntersclieidet unter den Rennpferden die Flieger (Flvcis), denen kurze Distanzen am besten zusagen und die S teller (Sta3rers), welche -aucli auf weite Distanzen aushalten. Erstere haben einen geringeren Zuchtwert als letztere. In den k. u. k. Hofgestiiten werden Pferde fiir den Bednrf des Allerliochsten Hofes gezogen, und zwar zu Kladrub in Bbhmen theils ausgezeiclinetCj selbst bis 180 cm holie englisclie Kutscbpferdc, dann Staatswagenpferde der alten Neapolitaner und spanisclien Race (Scliimmeln von dem Hengsten Generale und Rappcn von den Hengsten Sacromoso und Toscanello), grosse, schwere Pferde mit einem kurzen piaffirenden Gange, Lang- schweife — und zu Staatsaufziigen untibertrefflich. In Lippiza am Karste wird ein ausgezeiclmeter Reit- und Wagensclilag ge- ziiclitetj meistens Scliimmeln, nickt zu lioch, welche sich zwar spilt cntwickeln, aber sehr kriiftig und von unverwlistlicher Aus- dauer sind. Die orientalischen, cnglischen und die von ihnen abstam- menden Pferde werden auch als warmbliitigc Pferde be- zcichnct im Gegensatze zu den abendlandischen kaltbllltigen, obwohl die Kbrpcrtemperatur keincn wesentlichen Unterschied ergibt (A\rilckens). x Das k. u. k. Hofgestiit zu Lippiza (Lipica), 1 jA Fahrstundcn von Triest am Karst, bcstcht seit 800 Jahren. Im Jahrc 1580 vurclcn in Spanien Vater- pferde und Muttcrstutcn angekauft ijnd durcli den damaligen Erzherzog Carl zu Griitz nach Lippiza als Stamm gebracht. Sie enthielten arabisch- berberisches Blut und bildeten in Andalusicn cine eigene Race, welclie sich sclion damals durch den holien, sogenannten spanisclien Tritt, durcli das stolze edle Ausselien, sowie durcli Muth und Feucr bei leichtem, feinem Korpeibaue auszeichneten. Ausscr den spanisclien Pferden wurden alsZucht- pferde noch Beschaler aus der Polcsina (bei Eovigno) acquirirt, velclie sicli durcli Sclibnlieit, stolze Ualtung und Zierlichkcit in den Bevegungen bei gutcm Bane bemerkbar machtcn. Die Pferde der sogenannten alten reinen Lippizaner Pace sind 157 bis 167 cm hoch, von gerundetem Korperbau, langem Kopf, sanft gebogener Ease, die Stirn breit, der Hals etwas stark, die Miilme lang und fein, Brust breit, der Widen ist niedrig, dock gut gcformt, Riicken lang, Croupe gerundet. der Sclnvcif gut angesetzt mit langem, diclitom, feinem Ilaar. Die Extremitiitcn sind kurz, die Sehnen trocken, sclione Hufe, erbliche Knoclienkrankhciten — 24 Sehwere Zugpfcrde.

Spath, Echbein, Ueberbein — sincl unbekannt. Sie entwickeln sich erst mit clem 7. Jalire vollstiindig. Die meisten Individuen clieser Race eignen sicli wegen ihres Banes, frommen Charakters, ihrer Gelelirigkeit und ilircr holien Gangart zu Reit- pferden, besonders flir die holie, sogenannte „spaiiisclieu Sclnde. Die Zahl der Pferde des k. k. Karster Hofgestlites war am 1. Jiinner 1880: 6 Be- sclililer und 87 Mutterstuten, woven 44 Lippizanor Race, 11 Vollblut-Araber und 32 Lippizanor Arabcr. Die Gesammtzahl des Pferdestandes betrugi. J. 1880 in Lippiza, clem dazu gehorigen Prestranegg und der Alpe Villc 341 Thiere. (Das k. k. Hofgestiit zu Lippiza 1580 bis 1880. Mit 5 Lichtdruckbildern. Als Manuscript gedruckt. Vom k. k. Oberstallmeisteramte. Wien 1880. 4°.)

§ 6. Abendlandische Racen, die sich fast nur zum schweren Zuge eignen, kalt- bliitige Racen. Die Racen, die sicli vorzugsweise zum schweren Zuge eignen, finclen sich besonders im westlichen Europa. Sie sincl das ganze Gegentheil der morgenlandischen Pferde und zeichnen sich durch ihre Grbsse und Stiirke, verbunden mit Plumpheit der Korper- formen aus. Ihre Ilbhe betriigt 168 bis 189 cm, sie haben einen grosscn, fleischigen Kopf, miissig grosse Ohren, tiefliegcnde Augen, einen langen groben Haarschopf, ein breites Maul, kurzen dicken Spcckhals, oft mit einer Doppelmahne, einen langen, etwas gesenkten Riicken, luiufig gespaltene Croupe, tief angesetzten, hangenden Schweif, eine breite Lbwenbrust, fleischige Schultern kurze Fosseln, breite plattc Hufe. Hierher gehbren: 1. Das englische Karrenpfcrd (Carthorse, Roadster, Schiffspferd), oft ein wahres Ungeheuer an Grbsse und Sehwere, 180 bis 190 cm hoch, meist Rappen, selten Apfel- schimmcl. Etwas kleiner sind die Yorkshire und Suffolk Pferde, sowie die Clevelander Braune. Ich sah auf der Ham¬ burger landwirtschaftlichen Ausstellung im Jahre 1863 schr schbnc grosse Ftichse aus Suffolk, welche trotz ihrer Grbsse von 168 bis 180 cm und ihres Umfanges doch eine grosse Beweglichkeit hatten. Mittclgrosse Kbpfe, starke Illilse, breite Brust, ein langer Leib, eine starke, gespaltene Croupe und krliftigc Flisse zeichneten diese Thiere aus. Noch starker waren die llengstc und Stuten aus Yorkshire. Die dunkelbrauncn Ilengste Norische Pferdc. 25 aus Clydesdale in Schottland*) tlbertrafen aber allc anderen und boten cine grosse Aehnliclikeit mit unseren Salzburger Hengsten dar. Yiele diescr verschiedenen starken Pferde sind aucli in das nbrdlickc Dcutscliland eingefiibrt worden, und man trifft daher besonders in Hannover und am Rkein ungemcin kriiftige in den zweiraderigen Karren geliende Pferde. 2. Die Burgundcr Race im nbrdlichen Frankreicb ist den salzburgischen Pferden abnlicli und eignet sich vorzugsweise zum sclnveren Zuge. Der Kopf ist mittelgross, der Hals stark, kurz, der Kamm ist nacli aufwiirts gekrlimmt, die Brust weit, der Leib lang, der Rticken etwas gesenkt, die Croupe gerade, sehr breit, melonenformig, die Fesseln kurz, steil, die Sprung- gelenke etwas gerade, die Ilufe niclit gross. Hire Grosse betriigt 170 bis 180 cm. 3. Die Salzburger oder Pinzgauer Race ist etwas grosser und starker, sonst aber der vorigen abnlicli. Der Kopf ist scliwer, tief angesetzt, der Hals kurz, Speckbals, der Wider- rist kurz, der Rticken und die Lende sammt dem Kreuz sind gespalten, letzteres sehr breit, der Bauch gross, die Biust sebr breit, sie baben fleischige Sclmltern, grosse Hufe. Zuweilen tindet man auffallende Fiirbungen, Solieckcn, Tiger. Sie sind ziemlicli (link und niclit so pblegmatisch als andere Marsclipferde. 4. Den salzburgischen Pferden abnlicli, nur etwas schwa- cber, sind die im nbrdlichen Stciermark gezogenen; baufig findet man unter ibnen Rappen. Die in den Alpenlandcrn gc-

/') Das Clydesclaler Pferd erhielt seinen Namen von dem Thaledes Flusses Clyde in Schottland, w oher es stanimt. Es ist ein schweres Arbeits- pferd; seine Zucht wurde zu Ende des vorigen Jahrhunderts durch den Herzog von Hamilton begriindet, welcher flandrische Ilengste einflihrte und sie mit einheimischen Stuten kreuztc. Das Clydesdalcr Pferd hat cine Grosse von 170 c???, einen kleinen Kopf, langen, verhiiltnismassig leichten Hals, einen machtigen Brust- kasten von bcdeutender Tiefe und freiliegende Schultern. Der Widerrist tritt stark hervor, der Kiicken ist kurz, die Croupe ziemlicli gerade, die Nierenpartie gut geschlossen, sehr breit, Ilufe gross, stark, starkc Haarzotten an den Fesseln. Die Farbe ist moistens braun, Rappen und Schimmel sind selten. Der Schritt dieses Pferdes ist lang und gestreckt, sicher, daher es im Acker so ausgczeichnet arbeitet, sein Temperament ist muntcr, sanft und villig, doch vcrlangt es eine reichliche Ernahrung. Man hat einige Ilengste auch zur Kreuzung mit Pinzgauer Stufen eingefiibrt. (Graf Fries in der freien Presse", Abendblatt vom 26. April 1869.) 26 Spiinische Pfcrdc. zlichteten Pfercle (Salzburg, Steiermark, Karnten, -Bayern) tragen in ihrem Bane einen gemeinscbaftlicben Typus an sicli uncl werden nach der alten rbmisclien Provinz Noricum auch mit dem Namen „Noriscke Pferde" bczeiclinet. 5. In den Niederlanden und Belgien kommt ebenfalls ein sehr scbwerer Scblag von Pferden vor, wie iiberbaupt in alien Marscligegenden bei feucbter Luft und reicliliclier Ernahrung sicli ein umfangreicher, sclnvammiger Korperbau ausbildet. (Bra- banter, Flamlander.) 6. Die neapolit anise lie Race bildet den Uebergang zu den Mittelracen; sie stammt von der spaniscben ab und eignet sicb besonders zu Staatszligen. Sie sind Happen oder Schimmel, 170 cm und dariiber lioch, haben einen grossen Eamms- kopf, kleine Augen, einen langen bogenfbrmigen Hals, etwas gesenkten Rlicken, starken Leib, liobe Filsse, lange Schienbeinc, schmale Ilufe. Ihr Gang ist stolz, erbaben, langsam. Yon ibnen stammen die toscaniscben und Kladruber Pferde ab. In der neueren Zeit bat die Zuckt einer Pferderace sicli von Frankreich nacli Deutschland und auch nach Oesterreich verbreitet, namlich die der Percheron-Eace. Man unterscheidet schwere und leicbte Percherons. Sie stammen aus der Beauce und Perche im nordwestlichen Frankreich (D6partements Eure- Loire, Loiret, Sarthe, Orne), sind meistens Schimmel, 160 bis 170 cm koch, sehr gedrungen gebaut. Der Kopf ist mittelgross, der Hals kurz, dick, die Brust und die Croupe breit, letztere etwas gespalten und abschussig. Die Ftisse kurz, stark, die Knie und Sprunggelenke breit, die Ilinterftissc stark gebogen. Die Thiere besitzen eine ungemeine Kraft und Ausdauer, besonders in der Trabbewegung, wobei sie grosse Lasten fortzuschaffcn ver- mbgen, und eignen sicli besonders als Post- und Stellfuhrpferde. Die Hackney-Pferde in England sind Gebrauchspferde von Mittelgrbsse, flir Wagen und Sattel, sehr viel Aufsatz, gefallige Formen, gutes Gangwerk und Agilitiit. In dem westlichen Theile von Ungarn, an der Grenzc von Steiermark, findet sicli eine wenig bekannte Pferderace, die soge- nanuten Ileinzen, welche eine grosse Aehnlichkeit mit den Per¬ cherons haben und besonders als Pontonpferde verwendet werden. Hierher gehbren auch die sogenannten Insulaner Pferde von der Murinsel bei Croatien, Bothfiiclise von kraftigem Baue. Franzosische uncl osterreicliische Pferde. 27

§ 7. Racen, welche sich zum schweren Reitdienste und zum Zuge eignen. — Mittelracen. Zn ilmen konnen geziililt werden: 1. Die spanischen Pferde waren ehemals selir berlllimt, sic stammen von arabiscli-berberiscliem Blute ab. Das edle spa- niscbe Pferd ist niclit gross (bei 158 cm), bat jedocb eine stolze Ilaltung und ein mutbiges Aussehen. Der nach vorne ge- bogene Kopf (Scbafkopf oder Eammskopf) wird senkrecht ge- tragen. Die Obren sind gross, der Hals stark und gebogen, ►Scbwanenbals, mit einer vollen, feinbaarigen Mabne, die Brust ist breit, die Schultern fleiscbig, der Elicken oft etwas gesenkt, das Kreuz kurz, der Scbweif Loch angesetzt, buschig. Die Ex- tremitiiten sind rein und kriiftig, die Scbienbeinc im Yerbaltnisse zum Yorarme lang, trocken, sehnig, die Ilufe sclnnal, der Gang cadencirt, stoiz, erliaben, gemessen. Das Ilaar ist scbwarz oder dunkclbraun mit wenig Abzeicben. Sie sind feurig, muting und eignen sich besonders zu Staatszligen und zur hoheren Eeitkunst. Die besten Pferde werden in Andalusien und Granada gezogen. 2. Die franzosische Pferdezucht hat nie eine be- sondere Beruhmtheit erlangt, obwobl selir viel orientalischcs und engliscbes Blut zur Verbesserung derselben eingefiihrt wurde. Docli waren die normannischen Pferde immer ausgezeiclmet, welclie sowohl Eeit- als gute Zugpferde lieferten. Der beruhmte Nonius im k. ungar. Gesttite zu Mezohegyes soli normannischen Ursprunges gewesen sein. Ftir den Bedarf des lleeres werden Tausendc von Pferden nocb beutzutage im nbrdlicben Deutscb- land gekauft und eingefiihrt. In den letzteren Jahren hat eine besondere Eace im nbrdlicben Frankreich, die anglo-norman niscbe Eace, kriiftig und stark fundamentirt, eine grosse Be- riibmtbeit erlangt. Hengste dieser Eace sind als Vaterpferde selir geschiitzt und zur Yerbesserung der Zucht auch nach Oesterreicb eingefiihrt worden. In neuester Zeit hat die Yollblut- zucht in Frankreich grosse Fortschrittc gemacbt; sie concurirt mit der englischen, ohne jedocb sie zu erreicben. 3. In Norddeutscbland steht die Pferdezucht selir hoch, namentlich in Hannover, Preusscn, Mecklenburg, Schleswig; es 28 Ocstcrrcichisclic Pfcrdc. werden von Privaten Pferde gezogen, welclie niclit nur zum Zuge, sondern auch zum Keitdienste vollkommen sich eignen, sie tragen alle lieutzutage mehr oder weniger das englische Gepnige an sicli, obvrolil sie im allgemeinen kraftiger und aus- dauernder sind. 4. Die bdlimischen Pferde sind ziemlich gross und stark, sie baben besonders in mancben Gegenden einen sebr proportionirten Kbrperbau, so dass sie einen ansebnlicben Handels- artikel bilden und liaufig liber die Grenzen verkauft werden. Aucb deckt die scbwcre Cavallerie einen grossen Tbeil ihrcs Bedarfes in Bohmen. Die alte bblimiscbe Pferderace batte zwar einen efwas grossen Kopf, kleine Augen, einen kurzen und oft etwas dllnnen Hals, cine abscbiissige selimale Croupe, dieke Ftisse, flache Ilufe; allein diese Fehler wurden dureb die Ein- wirkung der k. k. Bescbalanstalten grbsstentbeils geboben. Das mahrisebe Pferd gleicbt dem bobmiscben, nur ist es etwas scbwacber. 5. In Niederbsterrreieb wird besonders im Marcbfclde bei Breitensee cin Pferdeseblag gezogen, welcber durcb Starke, Gesebwindigkeit und Ausdauer bervorragt und eine seltene Braucbbarkeit besitzt. Die Grbsse betriigt 158 bis 170 cm der Kopf und Hals sind sebbn proportionirt, die Scbulterlage ist frci, der Oberarm breit, die Lenden gescblossen, die Gliedmassen regelmiissig, nur das Kreuz ist etwas abscbiissig und die Naeb- hand nicbt immer stark genug. An die angeftibrten Pfcrderaeen sind noch jene kleinen rfcblage und Eacen anzureiben, welcbe in gebirgigen Gegenden vorkommen und den Namen Pony (Pferdcben) filbren. Man trifft solcbe kleine Pferde in Wales, Scbottland, auf den Sbet- landiscben Inseln, in Corsica. Sie sind 85 bis 90 cm im ausgewacbscncn Zustande gross, besitzen sebr viel Scbnelligkeit und Ausdauer, sind sebr geduldig und gclebrig und daber beson¬ ders zum Eeiten fiir Kinder beliebt. In England und Scbottland sind diePonys durcb Vollblutpferde vercdelt worden, sic erreicben dann eine Grbsse bis 120 cm und darllber und tragen die vollendetsten Kbrperformen an sich. Ilierlier kann man aucb die sogenannten Iluzzulen-Pferde in der Bukowina zablen, 135 cm bocb, untersetzt, mit Die Art des Messens. 29 trokkenem Kopfe, breiten Ganasclien, weitem Kelilgang, gcradem Hals, feinen Flissen; Rothscliimmel, zum Reitdienste sebr ge- eignet. Sie liaben oft einen sehr liarmonisclien Ban. Dcr Doppelpony ist 145 bis 148 cm lioch und tragt 86 bis 90 Kilogramm. Die grbssten Erfolge hat die Pferdezuclit in der neuesten Zeit in den „Vercinigten Staaten" yon Nordamerika erzielt, und die amerikanischen Pferde treten schon vielfacli, wie in yielen anderen Gegenstlinden, in Concurrenz mit den europaisclien Zuchten. Namentlicli hat eine besondere Race, die Traber oder Trotter, daselbst die grosste Bedeutung erlangt. Dieselbe stammt von englischen Hengsten ab, wclche vor yielen Jahren eingefiihrt wurden; die Pferde dieser Race sind ungemein schnell und ausdauernd in der Trabbewegung. Der nordameri- l kanische Traber legt die englische Meile in 2 /2 Minuten, selbst in nocli kilrzerer Zeit zurttck und ttbertrifft den Orlow'schen Traber weit. Die Entstehung der nordamerikanischen (Morgan-)Traber ist auf den Ilengst Justin Morgan zurlickzufuhren. Spiiter war es der 1806 nach Nordamerika importirte Yoll- bluthengst Messenger, welcher nach Georges Wilkes dem Nationalvermbgen der Union einen Wert von 100 Millionen eingebracht hat. § 3. Die Grbsse der Pferde ist sehr verschicden, wie zum Tlieile schon bei den Racen angegeben wurde. In England leben neben den grOssten Pferden von beinahe 2 m die kleinsten von 90 bis 95 cm. Die Grbsse ist abhtingig von der Race, dem Klima, der Ernahrungsweise und verschiedenen anderen zufalligen Einflllssen. Die orientalischen Racen besitzen eine mittlere Grbsse von 150 bis 158 cm, die eigentlichen abend- liindischen Zugracen sind 170 cm und dariiber gross; hohc Gebirge und dcr Nordcn machen Thiere und Menschen kleiner, und tiber 63° nbrdlicher Breite kommen wahrscheinlich keine Pferde mehr vor. Um die lib he eines Pferdes richtig zu bestimmen, muss man dassclbe messen und zwar auf folgende Weise: Man zieht 30 Die Art ties Mcssens. cine s c n k r e c h t e L i n i e v o m li o c li s t e n P u n k t e (I e s W i d e r r i s t e s a b w a r t s b e i d e m g e r a d c ti n d c b e n- stehenden Pferde. Dieselbe fiillt, wenn das Thicr sonst gut gebaut und die Vorderfusse gut gestellt sind, 4 bis 5 cm hinten den Ballen auf den Boden. Diese Linie wird nun gemessen und crgibt so die Ilblie des Tbieres. Die II b li e d e r Pferde bestimmt man nach dem Mete r, welcber in 100 Theile, Centimeter, getheilt ist. In der Praxis wird einfacli die Anzabl der Centimeter in der Hbhe bei den Thieren angegeben. Zum Messen selbst kann man sicb cntwedcr eincr Stange oder eines Bandes bedienen(Stangenmaass,Bandmaass). Die Stange, beim Stangenmaass oder Galgenmaass, ^vird senkreclit gestellt durch ein angebraclites Loth, sie besitzt ein bewegliclies Querliolz, welches auf den hbchsten Punkt des Widerristes aufgelegt wird. Diese Art zu messen ist die richtigste, man lies! namlich von der senkrecht gestellten Stange die Anzahl der Centimeter ah und hat so die wahre Hbhe des Thieres. Kur ist ein seiches Maass nicht leicht mit sich zu nehmen, nicht so zur Hand als ein einfaches eingetheiltes Band, etwas lebhaftere Pferde werden gerne scheu oder unruhig und erschweren- so die An- wendung. Das Bandmaass ist ein etwa 2*5 cm breites und 2 on langes Band, welches in Centimeter getheilt ist. An dem einen Ende befindet sich eine Messingplatte, welche neben das zu messende Pferd an der Seite der Trachte geschoben wird; von da an spannt man das Band bis zum hbchsten Punkte des Widerristes und liest nun die Anzahl der Centimeter ab. — Es ist leicht begreiflich, dass das mit cinem Bande crmitteltc Maass nie so vollkommen richtig ist als mit der Stange, wcil man das Band nicht genau senkrecht halt, sondern itber die Schultcrwblbung hiniiberspannt, auch kann dasselbe leicht aus- gedehnt werden. Doch wird es allgcmein in Gebrauch gezogen, weil es leicht zu handhaben ist und leicht mitgetragen werden kann, auch in gewbhnlichen Fallen keine vollkommcne Genauig- keit gefordert wird. Die Yorschriften liber das Pferdewesen des k. u. k. Ileeres cnthalten folgende Bestimmung: Das Metermaass. 31

Um diellolie des Remonts zu inessen, setzt man die Spitze des Me tails elm lies vom Bandmaasse ober dem Hufeisen vor den Sto 11 en an und misst dann von der Ferse des Hufes bis zum hdclisten Punkte des W i d e r r i s t e s.:'::) Gut ist es, wenn jeder Thierarzt sicb am eigenen Kbrper cine gewisse Hohej z. B. bis zum Kinn oder zur Nasenspitze merkt, um bei einem rorgefitbrten Pferde gleicli, wenigstens an- nahernd, die Hohe desselben angeben zu konnen. In Bezug der Grdsse Averden von Pferdelnindlern Aerscliie- dene KunstgrifFe versucbt, um kleine Pferde etwas grosser er- sclieincn zu lassen oder zu grosse Pferde kleiner zu macben, Avenn eben ZAvei gleiebbobe zusammengestellt Averden sollen. Kleine Pferde bekommen bobe Stollen, die Tracbten Averden nicbt besebnitten, der Kopf und Hals Averden beim Yorfubren zum Messen in die Ildbe gestreckt und das Bandmaass Avird nicbt an den bocbsten Punkt des Widerristes, sondern an den Kammrand des Halses angelegt. Zu bobe Pferde Averden obne Stollen, mit Mondscbeineisen, stark abgenommenen Hufen, ja selbst unbescblagen vorgefiibrt, das Maass kann binter dem bocbsten Punkt des Widerristes angelegt sein, und so jedes Pferd um 2 cm und dariiber fiir niedriger angeseben Averden. In friihercr Zeit vurde in Oestcrreicli die Hdhe der Pferde nach Fans ten bestimmt. Fine Faust batte 4 Zoll, ein Zoll 4 Striche (zu je 3 Linien). Nach den Tabellen zur Umreclinung der Wiener Maasse und Gewichte in die des metrischen S} stems und umgekelirt — Wien 1874 — hat: Fine Wiener Linie = 2-195 Millimeter. Ein „ Zoll = 26-34 Fuss = 0.316 Meter. Fine r Klafter = 1-896 „ Ein Strich = 0*658 Centimeter. „ Zoll = 2-634 Fine Faust = 10-536 „ dsterreichische Meile = 7*585 Kilometer.

A) Cavallerie-Remonten sollen 158 bis 166 cm messen. Unter 155 cm darf kein Remont angenommen Averden. Fiir Artillcrie-Reit- und Zugpferde ist die geringste Hohe 161 cm. 32 Musterpferde.

Ein Meter = 3*163 Wiener Fuss.*) , Schritt = 0*75 Meter. „ Meter = 1-333 Schritt. 15 Faust = 158-040 Centimeter. 16 „ = 168-576 EinKilogramm (1000 Grainm) = 2 Zollpfund. 500 Gramm = 1 „ Ein Kilograinm= 1 Pfund 25 Lotli., cisterr. Gewicht. „ Wiener Centner = 56 Kilogramm „ „ „ Kilometer == 1000 Meter „ Myriameter = 10.000 Meter.

§ 9. Die S c h o n li e i t einer Pferderace oder eines bcstimmten Pferdes wird theils durch den Eindruek bestimmt, den edle und proportionirte Korperformen im allgemeinen auf den Bescliauer ausilben, obne dass er sicb seines Gefuhles mit bestinunten Grtinden bewusst wird, oder es driingt sicb das ricbtige Eben- maass aller Tbeile, die Leistungsfabigkeit, der Mutli und die Aus- dauer, die Ntltzliclikeit eines Tbieres imwillkilrlicb dem Yerstandc auf, und dasselbe wird fiir scbbn gebalten. Aucb iiben gewisse Ansicbten zu verschiedenen Zeiten einen wenn aucb vortibcr- gebenden Einfluss. Es kann das scbwere Zugpferd in seiner Art so scbbn sein, als der leicbtfiissige Renner. Zuweilen bat man gewisse Kopfformen, ja selbst Verstiim- melungen einzelner Korpertbeile, z. B. der Obren, des Scbweifes, fiir besonders scbbn gebalten, obwohl man bcutzutage grossen- tbeils davon zurlickgekommen ist. Scbon im vorigen Jabrbunderte bescbiiftigte man sicb viel- facb damit, besonders seit Erbffnuug der Tbierarzneiscbulen in Frankreicb (in Lyon 1762), sogenannte Musterpferde (Normal- pferde) aufzustellen, mit bestimmten Liingen- und Breitenver- baltnissen der cinzelnen Korpertbeile, um nacb denselben alle einzelnen Pferde beziiglicb ibrer Scbbnbeit und Leistungsfabigkeit beurtheilen zu kbnnen. Allgemein nabm man den Kopf als Vcr- gleicbsobject an und stellte bestimmte Grundsiitze auf, wie im Yerbaltnisse die tlbrigen Korpertbeile bescbaffen sein sollen.

*) Ein Meter ist der zehnmillionste Theil des nbrdliclien Erdmcridian- Quadrantcn. Mustcrpferdo 33

Claude Bourgelat*), clcr Gritnder der YeterinUrscliulen, in Yerbindung mit dem Maler Yin cent, theilte den Kopf vom Genick bis zur Spitze der Vorderlippe in 3 Primcn und jede derselben wieder in 3 Secunden. Naumann**) folgte grossen- theils der Eintbeilung yon Bourgelat mit nur wenigen Ab- ycichungen, nur theilt er den Kopf nocb weiter in Terzen, ebenso in neuester Zeit General Morris***). Bojantis in Wilna theilte den Kopf seines Pferdes in 7 gleiche Theile, und Saintbel yiihlte sich als Musterpferd den beruhmten Wettrenner Eclypse, um nach ihm seine Proportionen-Lebre aufzustellen. Man wirft jedoch dem letzteren Verfasser tlieihvcise mit Eecht ein, dass er den Kopf zu klein, die Hinterfttsse zu lang und zu weit nach ruckwiirts gestellt, die Yorderfiisse zu sekr vorgestreckt annehme, welche Yerhiiltnisse wohl filr ein Kennpferd, keineswegs jedoch fiir ein gewohnliches Gebrauchspferd passen, obwohl entsprechende Yerhiiltnisse wohl bei alien Pferden von normalem Bane vor- kommen miissen. Auch y. Hoc list litter, in seinem Ilandbuche der ausseren Pferdekenntnis, Bern 1821, beschiiftigte sich mit dem Gegen- stande. Er verwirft die Annahme der Kopfliinge als Maass und empfiehlt als sichere Grundlage die Hohe vom Widerrist bis zur Ferse, welche er in 3 Primen, diese in Secunden und Jerzen theilte. Da B o u r g e 1 a t s Maasseintheilung bei ihrem ersten Er- scheinen ein ausserordcntliches Aufsehen machte und bis heute Anhiinger ziihlt, so will ich die wichtigsten Bestimmungen bier anfiihren. Die Totalhohe des Pferdes soli vom Genick bis zum Fuss- boden 3 Kopfliingen betragen. Allein dieses Verhaltnis muss grossen Veriinderungen unterliegen, weil die Stellung des Kopfes und Halses zu sehr wechselt.

") Trait6 de hi conformation exterieure du cheval. Par Bourgelat Lyon 1768. **) Kaumann, Director. Ueber die vorziiglichsten Theile der Pferde wissenscliaft. II. Ausgabe. Berlin 1815. *'*) Yersuch iiber das Exterieur des Pferdes. Yon General Morris Uebersetzt von Griife. Berlin 1860. Muller, Exterieur des Pferdes G. Aufl. 3 34 Mustcrpferde.

Die Holie des Pferdes vom AYiderrist bis zum Fussbodcn betriigt KopfUingen. Die Hoiie des Pferdes soli gleicb sein der Llinge Aron der Bugspitze bis zur Hintcrbacke, obgleich die Liinge liaufig etwas melir betriigt. Die Liinge der Sclmlter, Dicke des Leibes, Brcite der Iliiften, die Entfernung des Genickes bis zum bochsten Punkte des Widerristes soil eine Kopfliinge bctragcn, obwolil in der Eegelj namentlicb bei englischen Pferden, der Hals etwas liinger ist. Die Breite derBrustwird von Naumann bloss mit Va Kopf- liinge angenommen, wiilirend sie Bourgclat etwas grosser biilt. Die Breite des Kopfes zwischen den Ohren ist l1/^ Secundcn. Die Breite des Kopfes zwischen den Augenbogen 1 Prime. Die Breite des Kopfes in der Mitte der Nasenlocber 2 Se- ciinden. Die Liinge des Ohres 3 Sccimden und etwas dariiber. Die Breite des liaises vom Widerrist bis zur Brust 2 Primen 1 Secunde. Die Breite der Brust von einer Bugspitze zur andern 2 Primen. Die Breite der Croupe gleicb der Liinge 2 Primen 1 Secunde. Drei Kopfliingcn betriigt der Umfang des Kbrpcrs odcr seine Rundung. Naumanns Eintheilung des Pferdekorpers findet sick voll- stiindig in Baumeisters Anleitung zur Kenntnis des Aeusseren des Pferdes, wiihrend die geometrischcn Korperverhiiltnisse des Eclypse nach Saintbel umstiindlich in dem Werke vonB. v. Oeyn- hausen: Der Pferdeliebliaber, p. 125, TPien 1865, angefiilirt sind. Da die Liinge des Kopfes selbst bei Individuen derselben Race oft bctriichtlicli verscliieden ist und in keinem richtigcn Yerhiiltnisse zu den tibrigen Kbrpertlieilen stelit, bei edlen Pferden zuweilen unverliiiltnismiissig klein ersclieint, anderseitfe abcr auch bei einem kleinen Rumpfe eine zu grosse Entwickclung er- langen kann, so suchte Roloff einen andern Maasstab zur rich¬ tigcn Beurtheilung der Grbsscnverhaltnisse bei den einzelnen Kbrpertheilen aufzufinden. Ein normal gebautes Pferd ist nahezu ebenso lang als hoch. Wenn man die Hbhe oder Liinge eines Pferdes neben demselben auftriigt und diese Linie durch den sogenannten golden en Mustcrpferdc. 35

Sclmitt*) (Fig*. 1) in den minor und major theilt nnd von dem Theilung'spunkte aus nacli oben ein Perpendikel erricbtet, so wird der Korper des Pferdes so getbeilt, dass das Perpendikel als die Schwerlinie des normalen Pferdes betracbtet werden kann. Der imtere Halsrand ist gleicb dem minor, ebenso die Liinge des Kopfes. Beim Vorderfuss ist die Ilbhe des Haken- beins gleicb der halben llbbe des ganzen Fusses bis zur Spitze des Ellbogenhbckcrs. Die Entfernung von dem Scbultergelenke bis zur Hbhe des TViderristes ist gleicb der Entfernung der Knie- scbeibe von der Schwanzwurzel. Die Hbhe bis zur Kniescbeibe am llinterfusse ist gleicb dem major und die llbbe des Sprung- gelenkhbckers gleicb dem minor. Die Entfernung vom Perpendikel hinter dem Widerrist bis zum Ilinterbaupte ist gleicb dem major der Hbhe. Bei einem 157 cm boben Pferde betragt der minor ctwa 60, welcbes die Lange des Kopfes sein soil. Messungen bei Fiillen von edlen Gestlitspferden ergaben, dass dieselben bei der Gcburt 1 m 7 cm liocli sind. Im ersten Jahre waclisen sie 40 cm, und zwiiY in den ersten 3—4 Monaten schon 20 bis 26 cm, im zweiten Jalire 13 cm, im dritten Jahre 7 cm, im vierten Jahre 4 cm und im ftinf'ten Jahre 1 bis 2 cm. (Itoloff, Osteomalacie und Rhachitis. Virchov s Arehiv, Separat- abdruck, p. 51.) ") Den goldenen Selinitt einerLinie ab findet Fig. 1. man, venn man dieselbe halbirtin c, die Hiilfteac in a rechtv inkclig auftriigt ad, von eZdiellypo- thcnuse nacli b zieht und von derselben v ieder die Hiilfte von ab abtriigt bis c, dann die Ent¬ fernung von be von der Linie ba abzieht. bm ist dann der major und via der minor und es vcihalt sieli der minor zum major vie dieser zur ganzen Linie. (RolofT, Beurtheilungs- lehre, p. 14.) Der goldene Selinitt hat einen grbsseren Wert fiir Zeiehncr und Malcr als vie fiir den Hippologen. Prof. Zeising hat in seinem Werke: „Neue Lehrc von den Proportionen des mensch- liehen Kbrpers,Leipzig 1854" dem goldenen Schnitte die grbsste Aufmerksamkeit gc- widmet. Er hat nachgewiesen, dass das Ver- hiiltnis des goldenen, i. e. vorziiglichcn Sehnittes in den sehbnsten Kunstwerken, Bauwerken, Gemalden, Seulpturen und in der Natur ein- gchalten ist. Der goldene Selinitt ist S': 36 Temperament. Constitution.

Flillen sind immer holier als lang, ebenso kbnnen auch erwach- sene Pferde zu hoch oder zu niedrig, zu lang oder zu kurz sein. Man theilt die Pferde in Bezug ihrer Grosse in kleine (Pony), mittelgrosse mid grosse. Klein heisst ein Pferd, wenn es unter • 150 cm hoch ist. Mittelgross wird es his zu 165 cm genannt. Yon 165 cm und darliber werden die Pferde als gross bezeichnet. Dass man beim Kauf dor Pferde haufig ein bestimmtes Maass fordert, ist ohnedies bekannt; zu bemerken ist jedoch, dass bis zum yollendeten sechsten Jahre die Pferde immer etwas an Grosse zimehmen, ja manche Eacen und Stamme, z. B. die Lippizaner Pferde, erst mit sieben bis acht Jahren vollkommen ausgebildet sind.

§ 10. Man kann auch beim Pferde vicr Temperamcnte unter- scheiden, und zwar das cholerische, sanguinische, melan- cholische und phlegmatiscke, welche jedoch selten rein ausgesprochen, sondern in der Art gemischt vorkommen, dass die Eigenschaften des einen mit dem andercn verbunden sind. Man hielt auch gewisse Haarfarben fur das Temperament bezeich- nend. So nimmt man Fiichse als cholerisch, Braunc als sanguiniscln Schimmel als phlegmatisch und Rappen als melahcholisch an, was jedoch nur zuweilen seine Eichtigkeit hat. Dass die Gutmlithigkeit, Gelehrigkeit, die Lebhaftigkeit der Pferde schon von Natur aus sehr verschieden ist, braucht wohl nicht erwahnt zu werden, doch kann in dieser Bezichung die Art der Aufzucht und der Behandlung gewiss sehr viel thun, und boshafte und tuckische Pferde sind meistens erst durch eine zu rohe Behandlungsart zum Widerstand gereizt worden. So verschieden die Charaktere und das Temperament der Pferde sind, ebenso grosse Yerschicdenheit zeigt die Ertrags- fahigkeit gegen aussere Einfliisse oder die Constitution, welche entwedcr eine starke oder schwache, gute oder schlechte ist. Die starke Constitution vemith sich durcli einen kraftvollen Korper, bei der schwachen trifft man einen schwachliclien Korper- bau. Gut ist die Constitution, wenn das Pferd viele Bcschwerden ertrligt, schlecht wird sie genannt, wenn die Thiere zu verschie- iiiich ilim die gesetzmiissige Regel einer schonen Gliederung allcr Bildungen. Condition. Haut. 37

denen Krankheiten hiuneigen. Man spricbt auch von einer ererbten Constitution uud ererbten Krankbeiten, obwobl man letzteres nicbt im wortlicben Sinne nebmen kann, denn es werdon in der Tbat nur die Anlagen zu Knocken-, Gebirn-Krankbeiten u. s. w. ver- erbt. Condition nennt man den Grad der Leistungsfiibigkeit eines Pferdes fiir gewisse Yerricbtungen. Constanz beisst die sicbere Vererbungsfabigkeit; sie ist das Zeicben einer ausgebildeten Eace. Denjenigen Cbarakter, durcb welcben die Pferde Afrikas mid der stidlicben Liinder Westasiens sammt den unmittelbar von ibnen abstammenden engliscben Pferden sich von denen kiilterer Liinder unterscbeiden, bat man mit dem techniscben Namen „Blut" belegt, und ein Blutpferd ist eben nur ein solcbes, wclebem diese Eigenscbaften in einem bobcn Grade eigen sind.

§ 11. Die Haut. Die Haut, welcbe den ganzen tbieriscben Korper straff iiberziebt und nur an wenigen Stellen — in der Acbselgegend, Leistengegend — Falten bildet, bestebt aus mebreren Scbicbten. und zwar iiusserlicb aus der Oberbaut, dann der Lederbaut und unter derselben dem Unterbautbindegewebe, in welcbem bei gut geniibrten Tbieren das Fett abgelagert ist. Die Oberbaut scbuppt sicb in Form weissgrauer, staubfcirmiger Scbtippcben fortwiibrend ab, welciic mit dem Striegel als sogenannter Haut- staub weggenommen werden, der weichere Tbeil derselben, der sogcnannte Malpigbiscbe Scbleim, ist entweder farblos, oder sebwarz gefiirbt, wodurcb die Hautfarbe bedingt wird. Die Haut bcsitzt sowobl nacb den Kiirpergegenden als nach dem Alter dem Gesundbeitszustande, der Race, Wartung und Pflege, sowie dem Klima einen verscbiedenen Grad von Feinbeit, Elasticitiit, Gcscbmeidigkeit und Emptindlicbkeit. Am Obertbeilc des Kijrpers, am . Kopfe, Riicken ist die Haut dicker als am Baucbe, am diinnsten ist sie an den Gescblecbtstbeilcn; in der Jugend ist

Note. Ein Pf'erd hat melir oder wcniger Condition, heisst: es ist mchr oder wenigcr fithig gemacht, scin iMogliclistes zu leisten. Dieses gesehieht durch fortwiilirende Uebung und Steigcrung der Verdauungsthatigkeit bei Mangel an Fett. 38 Haarc.

sie feiner und gefassreicher als im liolieren Alter, im gesunden Zustande fester und straffer mit den unterliegenden Tlieilen zusammenluingend als in Kranklieiten; edlere Eacen in warmen Klimaten liaben eine feinere und empfindliclierc Ilaut, unter welclier grossere Blutgefasstamme deutlicli zu selien sind, z. B. am Kopf, an den Sclmltern, Yorarmen, am Bauch, an der inneren Seite der Schenkel, als gemeine Eacen und in kalten Klimaten, bei welcben die Ilaut dick, derb und fest ist. Wclcbcn Einfluss die sorgsame Wartung und Pflege, aas fortwabrende Putzen auf der Ilaut ausilbt, braucbt nicbt naber erortert zu Avcrden.

§ 12. Die Haare. Die Haare sind jene bornigen Gebilde, wclcbe den ganzen tbieriscben Korper bedeckcn und tbeils zum Scbutze gegcn Kiilte oder anderc scbiidlicbe Einfltisse, gegen Insecten, zum Tbeile aucb dem Tastsinne dienen. Die Haare baben eine vcrscbiedene Llinge, Feinbeit, Dicbte und Farbe. Die kurzen Haare, welcbe den ganzen Korper bedecken, fiibren den Namen Deckbaare, sie sind im Gesicbte, um die Augen, namentlicb um die Gescblecbtstbeile, um den After, am Mittelfleiscbe vicl sparsamer und feiner. Am dicks ten und dicb- testen sind sie an der iiusseren Kdrperseite, namentlicb im Winter, wo aucb ibre Litnge bedeutcnd zunimmt. In warmen Klimaten sind diesclben viel feiner, glatter und glanzender als im bobcn Norden, mit der Feinbeit nimmt zugleicb die Dicbte ab, obwobl ganz nackte Pferde aucb in den beissesten Klimaten selten ge- trotfen werden und ein ganzlicbes Ausfallen der Haare nur nacb dem Genusse von gewissen Stoffen (Janiperus Sabina, Bucb- Aveizen) getroffen wtirde.*) Zuweilcn werden ganz nackte Pferde beobacbtet und ein- zelne dcrgleicben Tliiere sind aucb scbon bcscbrieben wordcn, Icb sab im Jabre 1856 in Wien eine baarlose, 6 Jabrc alte, 158 cm. bobe, vollkommen gut gebaute und vortrcfFlicb zuge-

:i:) Herings Yorlcsungcn, pag. 182. Das Hiiren. 39

rittene Stute orientalischer Eace, Eigenthum eines Oavallerie- Officiers, wclcher das Thier in Galizien erkanfte. Dicselbe sollte aus Afiika stammen, wo angeblicli sicb im Innern dieses Welt- tbciles zahlreiche dergleiclien Tbiere yorfinden. Das Pferd batte eine ungemein zarte, feinc, schwarze Haut, die Deckliaare man- gclten vollstandig, und nur am Kammrande des liaises mid an der Spitze des Scbweifes sab man einige kurze, steife, einige Centimeter lange Haarc bervoiTagen. — Einen tbeilweisen llaar- mangol beobacbteten wir am biesigen Institute bei einer Scbimmel- stute (Eestra). Es bildeten sicb wabrscbeinlicb durcb Atrophic der Ilaarzwiebel kahle, schwarz tingirte Fleckcn am Kopfe, der Schulter, Brust und Croupe aus, welche nach und nacb immer grosser wurden, so dass das Thier wabrscbeinlicb nacb mehreren Jabren wenigstens in grossem Umfange baarlos geworden wiire. Eine an- dere Ursache des Ausfallens der Ilaare war in diesem Falle nicht nacbweisbar. Bei an Hautkrankbeiten (Kriitzc) leidenden Pfcrden fallen gleicbfalls die Ilaare aus, erscbeinen jedocb nacb behobener Hautkrankbeit wiedcr. Im Krystall-Palast zu London wurde 1868 ein vollkommen liaarloses Pferd gezeigt, welches vor -1 Jahrcn vom Cap der guten Hoffnung durch den Solin des jetzigen Besitzers, Mr. Moffat, nacli England gebracht yordenyar. Die Haut war damals peclischwarz, sehr fein, sammtartig. Vor drei Jahrcn bcmcrktc der Besitzer, dass sich eine Stelle unter dem linken Auge heller farbte, diese nahm an Ausdehnung zu; gleiche Entfarbungen traten an an- deren Kbrperstellen ein, welche rasch zunahmen, so dass jetzt der grdsste Theil des Pferdes weiss, oder eigentlich fleischfarbcn ist und sich nunmchr wcnige grosse schwarze Flecken zerstreut voriinden. Dabei ist koine Spur eines Haares zu sehen. Es ist dieses also ein „Elsternegerw, Weiss-Heger bei einem Thierc. Das Pferd hat dabei schone Formen und ist sehr aus- dauernd. Es schwitzt bei den angestrengtesten Touren nicht. Der Decolo- rationsprocess schreitet noch immer vor, und selbst der Augengrund vird lichter. (Virchows Archiv, 44. Band,p.482. Kleinere Mittheilungen. Albinismus und Nigrismus von Dr. Beigel. 1868.) Etwas Aehnlichcs kara auch hierorts ^ or. Die Deckliaare sind nicbt ausdaucrnd, sondern dem Wecbscl untcrworfen, was man Hiiren nennt. In unseren Gegendon hiiren sich die Pfcrde nur einmal, und zwar im Friibjahrc, selten findet auch ein Haren im Ilerbste statt, wenn der Process im Friibjahrc gestort wurdc. Im Ilerbste wacbsen an der Stelle der ausgefal- lenen Haare ncue nacb, so dass die Tbiere eine Art yon Pelz zum fechutze gegen die "Winterkiilte erbalten. Ein warmer Stall, 40 Scheeren dcr Pferde. fleissiges Bedeckcn der Tliiere, sorgsames Putzen liisst auch im AYinter clas Ilaar kurz mid glanzend ersclieinen. Zuweilen werden die Deckliaare im Herbste migewdlmlicli lang, im bohen Norden,

Norwcgen, llussland; sind sie bfters gekriiuselt (Pudcl-Pferde). Es ist ein Zeiclien yon Gesundheit, wemi das Pfcrd ein kurzes, sanft anzufiihlendeSj glattes Haar bat; langes, aufgerich- tetes Haar verratli Kiilte und Krankheiten. Edle Pferde liaben ein kiuzcs, feines, seidenglanzendes Haar. Putzen und "Wiirme macbt es kiirzer und glanzender. llengste und Stuten baben ein scbbneres und kiirzeres Haar als Wallacben. Wabrcnd des Hiircns sind die Pferde empfindlicber und scbwitzen leicht, sic verfallen leicht in katarrhalischc Zustlinde. Die Langhaare, welcbe an den verscliicdcnen Kbrper- stcllen vorkommcn, ftlbren verschiedene Namen. Die zerstrcuten Langhaare an den Lippcn heissen Tast- haare, urn die Augen Scbeuhaare; den Biiscliel Ilaare am Kopf zwischen den Oliren nennt man Ilaarscbopf," die Lang¬ haare am Kammrande des liaises heissen Mahnen-, am Schweif Sclnveifhaare, an der liinteren Flacbe des Fessels Zotten. Die Yerschiedenheiten dieser Langhaare werden bei den einzelnen Kbrpertbeilcn angegeben werden. Fiillen werden mit weichen, einer groben Wolle ahnlichen Deckllaaren geboren, welcbe den Namen Milchhaare fuhrcn. Sie fangen an nach 5 bis 6 Monaten auszufallen; auch besitzen sie eine anderc Farbe, und namentlich Milchschimmel sind bei der Geburt dunkel, meistens Happen odcr Braune. Das Ausfallen der Haaie fiingt am Kopfe an. Spatfilllen biiren sich bisweilen erst im anderen Jabre nach dcm Winter*). Die Mahnen- und Schweif- baare sind bei Fiillen kurz, gekriiuselt, inehr wollig, glanzlos, sie fallen mit dcm ersten Jabre axis und machen den bleibcnden Platz. Um die Pferde im Winter auch fortwahrend bei kurzem glattem Haare zu erhalten. miissen sie in warmen Stallen und gut bedcckt gehalten, sowie auf ihre Hauttbiitigkeit die grbsste Sorg- falt verwcndet werden. Wenn aber die Haare dock langcr anwachsen, so werden dieselbcn kiinstlich verkttrzt, man scheert oder brennt die Pferde. Anleitung zur iiusseren Pferdekenntnis. Ein Ilandbuch' von Dr. Konrnd Schwab, Professor in Miinchen. 4. Auflage. Miinchen 184G. Scheeren dor Pfcrde. 41

Ich sail diese Manipulation bei melireren englischcn Ponj^s. Die Thiere erlangen dadurcli ein glanzloses, struppiges Aussehen, die Haare besitzen, besonders nach dem Absengen, eine mebr borstige Bescliaffenheit. Audi werden geschorene Pferde gegen Kiilte sehr empfindlicli. In den letzteren Jahren wurde das Scheeren der Pferde auch vom hygienisclien Standpunkte yielfach besproclien und in Anwendung -gezogen. E. Dulifege*) gibt an, dass das geschorene Pferd weniger ermlldet, nicht oder nur unmerklich schwitzt, also leichter arbeitet; daher in Paris alle Pferde, welchc im Winter einQ schnelle Bewegung machen, z. B. die Omnibus- Pferde, geschoren werden. Ausgenommen vom Scheeren werden ganz junge Pferde, ferner solche, welche auf die Weide gehen oder wenig arbeiten. Am besten wird die Schur im November vollfuhrt, bevor die grbsste Kiilte eingetreten ist und die Haare noch etwas nach- wachsen kbnnen. Im Winter ist das Scheeren schadlich, da sehr leicht Yerkuhlungen, Lungenentziindungen auftreten. Nach dem Scheeren sind die Pferde immer gut zuzudecken. Bei Arbeits- pferden, Avelche im Winter meistens stehen, ist die Schur im Miirz vorzunehmen, wenn sie 'in Arbeit treten. Das gleichfbrmige Scheeren der Pferde oder Klippen aus freier Hand erfordert viele Uebung, Gewandtheit und 6 bis 8 Stunden Zeit. Leichter ist das Brennen und Absengen, v elches entweder mit einem brennenden kleinen Strohbiindel geschieht, mit welchem man die Pferde tlberfahrt, oder aber man vollfuhrt dasselbe mit Weingeist. Immer mttssen jedoch dem Thiere die Augen verbunden und Mahnen- und Schweifhaarc mit nassen Tiichern gut umwickelt werden. Das Absengen mit Weingeist geschieht auf die Art, dass man eincn Stock mit Leinwand umwickelt, denselben mit Wein¬ geist triinkt und anziindet. Man fahrt dann schnell liber die Haare nach dem Striche, wobei ein Gehilfe schnell das Thier abreibt, um ein unglciches tieferes Einbrennen zu verhlitem Man hat auch eigene Brennmaschincn mit Baumwolle und Weingeist. Noch besser geschieht das Absengen mit dem gewbhnlichcn Leuchtgase nach Glint her. *) Einige Worte liber die Schur des Pfcrdcs. Yon E. Duliege. Auto- risirte Uebersetzung. Wien 1871. 42 Haarfarben.

Adie, ein englisclier Fabrikant, erfand eine eigene Sclieer- mascliine (tondeusej, mit welclier man in 5 bis 6 Stunden ein Pferd gegen den Strich vollkommen sclieeren kann. Es ist die- selbe nacb Art der Malnnaschinen mit Zacken zum Fassen der Ilaare und querverscliiebbarcn Sclineiden gebaut und arbeitet bei einiger Uebung selir gut. Auf der Wiener Weltausstellung waren in der engliscken Abtlieilung von William Clark in London. Oxfort Street 232, patentirte Scheerapparate mit zwei Armen und einem Anne, mit doppeltem und einfachem Eade ausgestellt, welche gleiclifalls auf dem Principe der Mahmaschinen basirten.

§ 13. Die Haarfarben. Die Farbe der Ilaare ist gegenwiirtig bei den Pferden selir mannigfacb. Ursprtlnglich batten wabrscheinlich die Avilden Pferde eine gleicbmlissige Fiirbung, welcbe unseren Falben am nacbsten kam; erst durcb das verscbiedene Klima, die Zucbt und andere uns unbekannte Umstlinde bildeten sicb die verscbiedenen Haarfarben aus, wie sie gegenwartig besteben, und zwar auf eine jibnlicbe Weise wie sicb die verscbiedenen Racen eizeugten. Werden letztere rein fortgezllcbtet, so bleibt aucb die llaarfarbe bei ibnen constant. Je mehr die Racen untereinander gekreuzt werden, desto verscbiedenartiger tritt die Ilaarfarbung auf. Arabiscbe Pferde sind meistens Braune oder Scbimmel, engliscbe Yollblutpferde sind Fllcbse oder Braune, die neapolitaniscben und die von ibnen abstammenden Kladruber Pferde sind Rappen oder Scbimmel, zu Frederiksborg in Diinemark zllcbtet man nocb jetzt weissgeborene Scbimmel. Die Haarfarben andern sicb oft nacb dem Alter und der Jabreszeit. Scbimmel werden baufig als Rappen geboren, mit 5 bis 6 Jabren sind sie Apfelscbimmel, mit 15 bis 20 Jabren Milcb- scbimmel. Die Rappen werden oft licbtgrau gefarbt zur Welt gebracbt. Pferde mit dunklen Haarfarben bekommen im boberen Alter weisse Haare eingesprengt. Zuerst erscbeinen die weissen Ilaare spars am im Gesicbte, um die Augen, spater scbreitet die licbtere Farbung auf den itbrigen Korpcr fort. Im Winter sind meistens die Haare dunkler gefarbt, wabrend, sie im Sommer Haarfarben. 43 licliter werclen. Durch anhaltenden Druck werclen dunkle Ilaare Aveiss, dahev bilden sich weisse Flecken dort, wo das Gescliirr oder der Sattel aufliegt. — jSfur Aveuige Pferde kommen mit der Farbe zur Welt, Avelcbe sie durch das gauze Leben bekalten, so die Aveissgeborenen Sehimmel, die Falben, Isabellen, Tiger und Schcckcn, die tlbrigen iindern sich. Manche Haarfarben kommen sclten oder nie Aror. So sind grtine Pferde A\rohl die seltensten. Im 17. Jahrhundert soli im herzogliclien Stalle zu Parma ein Pferd mit von Natur aus gritner Farbe geAvesen sein. Es hiess: La speranza. Balbi sab zAvischen Bassora und Bagdad im 16. Jahrhunderte griine Pferde mit gelben Augen. Sebald sab im Jahre 1809 im Salzburgischen ein blaues Pferd (Hering, p. 182). Docb muss man kiinstlicko Fiirbungen Avoid unterscbeiden, Avie dieses von Pferdebandlern zuAveilen gescbiebt. So sab icb im Jahre 1846 einen arabiscben Sehimmel mit hellroth gefarbten Hiibneu- und Sclnveifbaaren in Wien zum Verkaufe steben. IMan kann durch sorgfaltige AusAvabl der Zucbtpferde Farben ziehen; immer baben einfarbige Tbiere ohne Abzeicben einen boberen Wert als solcbe mit gemiscbten Haaren. Bei manchen Hationen, z. B. den Tiirken, Averden Pferde mit Ab¬ zeicben Avenig gescbiitzt. Wenn man sorgfaltig nur gleich gefarbtc Pferde untereinander paart, so bekommt auch das Fiillen dieselbe Ilaarfarbe. Ungleiche Farben erzeugten Mischlinge. Giinther, in seiner Beurtbeilungslebre p. 61 bemerkt, dass Sclnvarz mit einer Aveissgeborenen Stute Hellschimmel mit grossen Abzeicben, Sclnvarz mit Isabellen Rebfalben, Sclnvarz mit Hellbraunen Sommerrappen gibt, ebenso Schwarz mit Fiicbsen. Sclnvarz mit dunklcren Schimmeln gibt sticbelbarige Pferde, Sclnvarz mit dunkelbraunen sclnvarze oder scbAvarzbraune.

§ 14. Die Haarfarben sind entAvedcr einfacbe oder gemiscbte. Zu den cinfachen geboren: die Aveisse, braune, rothe, gelbe und sclnvarze. Die Aveisse Haarfarbe Avird mit dem Namen: Scbimmelbaar bezeichnet, die Tbiere beissen Sehimmel. Die mit brauner Haarfarbe beissen Braune, mit rother Ftichse, mit gelber Falben und Isabellen und mit sclnvurzer Rapijen- u Das Schimmelhaar.

Durcli die Verbindung yerschiedener Ilaarfarben entsteht das gemisclite Haar, z. B. die verscliiedencn Schimmelarten, die Tiger und Scliecken.

§ 15. Das Schimmelhaar oder die Schimmel. Das Schimmelhaar zeichnet sich durcli weisse Deckhaare aus, welche entweder allein yorkommerij oder aher mit sclnvarzen, rothen, gelben, braunen in yerschiedener Zahl und Form gemischt sind. TVenn die weissen Haare allein yorkommen, so heissc das Pferd ein Weisschimmel. Das Thier kann entweder als solches geboren sein, weissgeborener Schimmel, oder die weisse Ilaarfarbe hat sich erst im Laufe der Zeit eingcstellt, weiss- gewordener Schimmel. Bei weissgeborenen Schimmeln sind nicht bloss die Haare weiss, sondern der FarbstofF mangelt auch in alien iibrigen hor- nigen Gebilden. Die Oberhaut ist weiss, daher erscheint die Ilaut fleischfarbig, die Hufe sind weissgelblich, die Augen nussbraun. 1st die Farbung der Haare mattweiss, so heisst er Sammt- schimmel, sind die Haare gllinzend, so wircl er Glanz- oder Atlasschimmel genannt. Diese Ilaarfarbe ist sclten, bloss in Diinemark werden sie in dem kbniglichen Gestlite zu Frederiks- borg gezogen, ebenso sollen weissgeborne Schimmel in Persien yorkommen. Sie sind sehr empfindlich gegen schadliche Ein- fliisse, obwohl sie sonst yortrefflich aussehen. Ich sab ein Exemplar in den kaiserlichen Ilofstallungen. Der weissgewordene Schimmel kommt als schwarzes, rothes oder braunes Fullen zur Welt, bei welchcm sicli schon nach dem ersten Haren weisse Haare in yerschiedener Zahl ein- stellen, bis er nach und nach ganz weiss wird. Er heisst dann allgemein Milchschimmel. Die Oberhaut sowie die Hufe sind sckwarz. Ist die Haarfarbe silberalmlich glanzend, so wird er mit dem Namen Silberschimmel bezeicbnet. Sind weisse und sclnvarze Haare auf einem Pfcrdc gemischt vorhanden, so entstehen folgcnde Schimmelarten: a) Der Mohrenkopf, wo die schwarzen Haare bedeutend uberwiegen, die Oberhaut, Hufe, der Kopf, die Ftisse, die Miilmen- und Schweifhaare sind schwarz, oder mit wenig weissen Ilaaren Das Schimmclhaar. 45 gcmisckt, ebenso besitzen die Deckhaare des Rumpfes sparsame weisse Ilaare. Er wird im bbberen Alter licbter. b) Der Sclnvarzscliimmel besitzt zwiscben den schwarzen Miilmen-j Deck- und Schweifhaaren wenige weisse untermisclit. Hufe und Unterfusse sind scbwarz. Beide kommen als Happen zur Welt. c) Der Blauscliimmel bat weisse und sckwarze Deck¬ haare derart gemiscbt, dass dadurch ein ins Blauliche spielender Scbimmer entsteht. Er ist selten. d) Der Eisenscbimmel besitzt mehr weisse als scbwarzc Deckhaare, so dass eine solche Farbung erscheint, welche deni frischen Bruche von Eisen ahnlich ist. e) Grauschimmel wird ein soldier genannt, bei welchem weisse mit schwarzen Haaren gleichmassig gemengt sind. Aehnlich ist die sogenannte steingrauc Farbung. f) Der Apfelschimmel zeigt rundliche, dunkler gefiirbte Flecken, besonders an dem Hintertheile, welche auf einer gleich- nuissigen, grauweissen Hautfarbe zerstreut aufsitzen. Zuwcilen erstreckt sich die Apfelung bis auf die Schultern und den Hals. fj) Der Fliegenschimmel hat eine weisse Haarfarbe, auf welcher kleine schwarze Flecken ^on der Grbsse einer Erbsc oder Bohne zerstreut aufsitzen. Alle diese Schimmelarten kommen scbwarz oder scbwarz braun zur Welt, die Oberhaut und Hufe sind scbwarz, die Augen nussbraun a on Farbe. We nn rothe oder gelbeHaare mit weisse n ge¬ miscbt sind, so werden die Schimmel mit folgenden Namen bezeichnet: 1. Eothschimmel, wenn die rbthlichen Deckhaare mit weissen gleichfbrmig gemiscbt sind. Die Hufe sind scbwarz, die Miilinen- und Schweifliaare roth, zuweilen mit sparsamen weissen Haaren untermisclit. Sie kommen als Braune oder Fiichse zur Welt und werden, so wie die folgenden, im bbberen Alter licbter. 2. Brandschimmel ist dunkler gefiirbt als der Aorige und besitzt unregclmassigc, rundliche, zerstreute, schmutzige Flecken, so dass das Thier wie vom Feuer vcrscngt aussieht. An den tibrigen Kbrperstcllen sind rothe und iveisse Haare gemiscbt. 46 Das braune Haar.

3. Der Honigscliimmcl zeigt weisse und gelbbniunliclie Ilaare in der Art gemischt, dass dadurcb eine in das Gelbrbtli- liche spielende Farbe entsteht. Malinen- nnd Scliweifliaare sind gleiclifalls wcissgelblicli. 4. Der Forellenscbimmel besitzt auf den weisslichen Deckhaaren rundliclie gelbrbtbliche Fleckclien. Er wird im hbberen Alter oft ganz weiss, obwohl man meistens nocli die Fleckclien erkennt. 5. Der Muskatscliimmel bat braune, gelbe und rotlie Haare mit weissen in der Art gemischt, dass dadurcb grbssere Flecke entsteben, welcbe in der Sonne ein lebhaftes Farbenspiel zeigen. Ausserdem bat man noch einen Zimmtscbimmcl, Pfeffer- und Salzscbimmel (Hering), Ascbenscbimmel (Erdfilyi), Starscbimmel, PHrsicbblUtscbimmel (Schwab) u. s. w. unterscbieden.

§ 16. Das braune Haar oder die Braunen. Die Braunen sind dadurcb charakterisirt, dass die Deck- haarc braun, die Mlilmen- und Scliweifliaare sowie die llufe und aucli meistens die Unterfllsse schwarz sind. Die Augen sind nussbraun, die Oberliaut schwarz. Man unterscbeidet folgcnde Arten: 1. Den Hellbraun mit bellbraunen, ins Gelblicbe spiclen- dcn Deckhaaren; der Baucli ist meist weissgrau, Mabnen- und Schweifhaare sowie die Hufe sind schwarz. 2. Den Rehbraun; er bat eine graubraune Farbung im Gesicbt, in den Flanken, an den ninterscbenkein, wobei letzterc zuweilen klcin gefleckt sind, die dunklen Haare wechscln mit belleren Stellen ab. Zuweilen findet sicb ein Ruckenstreif von scbwarzlicber Farbe. Mabnen- und Schweifhaare sind schwarzgrau. 3. Den Goldbraun; er bat eine gelbbraunliche, ins Rbtb- licbe spielende Farbe mit einem starken Glanz, besonders in der Sonne. Die Langhaare und Hufe sind schwarz. 4. Den Roth braun; er bat ein stiirkcres Braun wie der vorige mit rbthlichem Schimmer. Die innere Seite der Fiisse ist lichter gefiirbt. Fiiclise. 47

5. Den Kastanienbraun; er besitzt braunscliwarze, glan- zcnde Deckliaare mit scbwarzen Langbaaren nnd Unterfussen. 6. Den W e i c b s e 1 b r a u n, welcher dunkelrotbbraun ge- fiirbte Deckbaare besitzt. Zwiscben beiden stebt der Kirscb- b r a u n. 7. Den geapfelten oder Spiegelbraun, bei dem man rundlicbc Flecke yon bellerer Farbe entweder bloss am Hinter- tbeile des Korpers oder aucb am Seitentbeile der Brust vorfindet. 8. Den Dunkelbraun, bei welcbem die Deckbaare in das Braunscliwarze spielen. Sind zugleicb der Kopf und die Filsse scbwarz, so wird er aucb Scbwarzbraun genannt. In zweifelbaften Fallen, wo die Farbe des Haares zwiscben Braun und Fucbs stebt, entscheiden die Mabnen- und Scbweif- baare.

'§ 17. Das rothe oder Fuchshaar. Das Fucbsbaar ist dadurcb cbarakterisirt, dass die Deck¬ baare sowie die Mabnen- und Scbweifbaare licbt- oder dunkelrotb gefiirbt erscbeinen; die Oberbaut und Hufe sind scliwarz, die Augcn braun. Die Langbaare sind meistens licbter gefiirbt als die Deckbaare. Es gibt folgende Fucbsarten: 1. Der Licbtfucbs, bei welcbem die Langbaare, der Unter- bauch und die innere Seite der Scbenkel wcissgrau erscbeinen, die Deckbaare sind blassrotb, ins Gelblicbe spielend. 2. Der Lebmfucbs unterscbeidet sicb von dem vorigen dadurcb, dass die Langbaare dunklcr, die Deckbaare aber sebmutzig-graurotb erscbeinen. 3. Der Goldfucbs mit goldabnlicb glanzenden, rotblicben Deckbaaren, Mabnen- und Scbweifbaaren. 4. Der Metallfucbs mit rotblicben Deckbaaren, welcbe oft wie polirtes Kupfer ausseben, daber aucb der Name Kupfer- fucbs. 5. Der Bronzefucbs besitzt der Bronze abnlicbe, gelb- rotbbraune, geapfelte Deckbaare mit braunrotben Langbaaren. 48 Isabcllen. Falben.

6. Der Scliweissfuchs hat braunrothcs, in das Graue spielendes Deckhaar mit eineni gewissen Glanz, der dem Pferde von weitem das Aussehen gibt, als ob es schwitze. Die Lang- liaare sind wcisslicli, mit schwarzen untermisclit. Znweilen ist er geapfelt. 7. Der Rothfuclis hat rothe Deck- und Langhaarc ohne Glanz, almlich dem Eisenroste (Schwab). 8. Der Brandfuchs hat brannrothe Deckhaare, welche an der Spitze wie versengt aussehen. 9. Dunkelfuchs nennt man das Pferd, wenn die Deck- und Langhaare dnnkelbraunroth erscheinen. 10. Der Kohlfuchs hat lichtschwarze Haare mit rothem Schimmer, die Extremitaten sind schwarz. Andere Fuchsarten, welche beschrieben wurden, sind: Der Weichselfuchs, der Schwarzfuchs (Schwab), der Leber- fuchs, Zobelfuchs (Baumeister).

§ 18. Die gelbe Farbe der Deckhaare. Pferde mit gelber Farbe der Deckhaare werden in Isabellcn und Falben unterschieden. Wenn die Ilaarfarbe 4 weissgelblich, die Ilaut rbthlich ohne schwarzes Pigment, das Horn weiss oder weissgelblich ist, so bezeichnet man solche Pferde mit dem Namen Is ab ell en. Diese Thiere haben zugleich Glasaugen. Sind jedoch Oberhaut und Ilufe schwarz, auch die Lang¬ haare mehr oder weniger schwarz gefiirbt, die Deckhaare jedoch verschieden gelb, so nennt man die Pferde Falben. Die Falb-Isabellen bilden den Uebergang von den Isa¬ bellcn zu den Falben. Dergleichen Pferde haben gelbe Deckhaare, weissgelbe Miihnen- und Schweifhaare, aber eine schwarze Ober¬ haut und schwarze Ilufe; sie werden gewohnlich auch mit dem Namen „Isabellu bezeichnet. Die Isabellen werden nur in Spanien gezuchtet, bei uns sind sie sehr selten. Sie sind zart organisirt und werden unter¬ schieden: a) in Blassisabell (Hermelin); er zeigt blassgelbe Deck¬ haare auf fleischfarbener llaut mit weisslicher Mahne. Falben. 49

b) Der GelbiScabell oder Hellisabell bat gelblicbe Deck- liaare mit fast weissen Langliaaren. c) Der Goldisabell bat gelbe Deckbaare mit einem golcl- iibnlicben Glanz. Alle Isabelle werden als solche zur AYelt gebracbt. 1st die Farbe der Deckbaare mebr scbmutziggelb, so nennt man ein solcbes Pferd: d) Dunkelisabell. Malme und Schweif sind entweder weiss oder mit scbwarzen Haaren gemiscbt. Sie bilden den Uebergang zu den Falben. Die Falben, Fablen*) baben gelbe Deckbaare auf dunkler Ilaut, wobei die Langbaare meist dunkler gefarbt, selbst schwarz sind. niiufig findet man einen dunkleren Streifen langs des Riickens, Aalstricb. Es'gibt folgende Arten: 1. Der Licbtfalb mit fast weisser Miibne und Scbweif, licbtgelben Deckbaaren. Sind letztere silberabnlicb glanzend, so beisst er aucb Silberfalb. 2. Der Semmelfalb bat gelbrbtblicbe, glanzlose Deckbaare mit iibnlicben Langbaaren. 3. Der Goldfalb mit gelbrotblicben, gUinzenden Haaren, bei scbwarzen Mabnen- und Schweifhaaren. 4. Der Mausefalb hat graugclbliche Deckbaare mit ascb- grauen oder scbwarzen Langbaaren mit oder oline dunklen Streif iiber den Eucken. 5. Aeknlich sind die mausgrauen Pferde in Hannover, Polen. Die mausgrauen Pferde, welcbe ich in Hannover sab, batten einen sehr ausgepriigten Aalstricb iiber den Eucken, der sich bis in die Mitte des Scbweifes fortsetzte. Sie sind in den Deckbaaren bald lichtcr, bald dunkler grau, baben eine ansebn- licbe Grbsse (170 bis 176 cm.), der Eist ist hoch und scbarf, die Ftisse kriiftig; sie werden als starke und ausdauernde Eeitpferde sebr gescbatzt. Zuweilen findet sicb bei mausgrauen Pferden aucb die Andeutung eines Scbulterstreifens. Icb sab bei einem mausgrauen polnischen Pferde zwei Schulterstreifen, einen aus- gepragten Aalstricb, Mabnen- und Scbweifbaare waren schwarz.

*) Fabl beisst eigentlicb abgestorben. Muller, Exterieur des Pferdes. G. Aufl. 4 50 Kappen. Tiger.

6. Der Rehfalb ist nacb oben braungelb, an den unteren und den Beugeseiten lichter gefiirbt. Langhaare nnd Hufe sind sclnvarz. Immer findet sicb ein Aalstreifen iiber den Riicken. 7. Der Rothfalb bat ins Rbthliche spielende Deckhaare. •8. Der Dunkelfalb besitzt dunkelgelbe Deckhaare, schwarze Langhaare nnd Hufe und einen dunklen Aalstreif. 9. Der gemeine Falb hat schmutziggraue, in das Braun- liche spielende Deckhaare mit einem dunklen Aalstreifen und schwarzen Unterftissen, Miiline und Schweif.

§ 19. Die schwarze Haarfarbe oder das Rapphaar. Bei den Rappen ist die Oberhaut schwarz, ebenso besitzen alle Haare und die Hufe eine schwarze Farbe. Ist die Farbe glanzlos und tiefschwarz, so heisst ein solches Pferd Kohlrapp. Glanzen die Deckhaare in der Sonne, so heisst dasselbe ein Glanzrapp. Er ist oft geapfelt. Werden im Sommer die Deck¬ haare lichter, wie schmutzig, an den Spitzen wie vcrsengt, so heisst er ein Sommerrapp. Nachdem die Winterhaare er- schienen sind, wird er ein Kohlrapp.

§ 20. Gemischte Haarfarben. Wenn zwei oder mehrere Grundfarben entweder gleich- formig ocler in grbsseren Flecken sich mischen, so entstehen die gemischten Haarfarben. Hierher gehbren: 1. Die verschiedenen Schimmelarten, welche schon beschrieben wurden. 2. Das Stichelhaar, wenn zerstreute, sparsame, weissc Haare bei der rothen, schwarzen oder brauncn Haarfarbe yor- kommen, so dass es stichelharige Flichse, Rappen und Braune gibt. 3. Die Tiger sind dadurch charakterisirt, dass die Grund- farbe weiss ist, mit fleischfarbener Haut, besonders um die Lippen. die Augen, die Geschlechtstheile und die Innenseite der Fiisse, wobei zerstreut rundliche Flecke yon anderen dunkleren Ilaar- Schecken. 51 farben mit scliwarzcr Oberhaut yorkommen. Die Tigerung an den Geschlecbtstbeilen, nm den After wird ancb mit dem Namen Morpbiim oder Morpluien bezeiclmet. Nach der Farbe der liber den ganzen Kbrper oder nur liber einen Theil desselben zerstrenten rundlicben Flecke unterschei- det man: Gelbtiger, Rotbtiger, Brauntiger und Schwarz- tiger. Letztere sind die banfigsten. Sind die zerstreut stehen- den Flecke von gemiscbter Farbe (rotb und braun) und zeigen sie ein lebbaftes Farbenspiel, so entstebt der Agattiger. Sind die Flecke mebr auf den Ilintertbeil des Thieres bescbrankt, so wird ein solcbes aucb mit dem Namen Scbabra- kentiger bezeiclmet. Oft beobacbtet man bei den Tigern aucb Kattenscbwcife. 4. Die Sclnicken oder Scbecken zciclmen sicb dadurcb aus, dass sebr grosse unregelmiissige Flecke von dunkler Haar- und Hautfarbe zerstreut liber das Tbier yorkommen, welcbe durcb weisse Flecke mit fleiscbfarbener Haut yoneinander gescbieden sind. Oft iibervriegen die dunklen Flecke die weissen, zuweilen findet das Umgekebrte statt. Sind die weissen Flecke am Kopfe, so haben die Tbiere Glasaugen; wenn sie an den Fiissen yor¬ kommen, so sind die Ilufe gelb. Nacb der Farbe der dunklen Flecke unterscheidet man: Gelbscluicken, Rotbscbacken, Br aims cblic ken, Scbwarzscbacken, Fuchsscbacken und Blauscbacken. Porzellanscbacke nennt man ein Tbier, wenn die Flecke licbtblau sind und glanzen, so dass das Pferd aucb wie geapTelt aussiebt. Diese Tbiere sind selten und werden ibrer Farbe wegen bocb gescblitzt, docb werden sie im bbberen Alter immer mebr Avciss. Der Agatscbiicke bat dunkle unregelmiissige Flecke yon yerscbiedener Farbe, so dass z. B. ein brauner Fleck yon einem licbterengelblicben,mebroderweniger breitenSaume eingefasst ist.*) •5') Das Wort „Schacke" ist yahrscheinlich abgoleitet von dem Schachbrette, yo ebenfalls lichte und dunkle Stellen abweehseln. Es ist merky iirdig, dass solehe Pferde vor dem Bekanntwcrden des Sehaehbrettes in Deutschland nur buntfarbig und nieht Schiicken genannt wurden. (Erddljis Exterieur, pag. 12). Dunkle Eleeko auf weissem Grundo bilden die Tiger, yeisse Flecke auf dunklem Grunde "bilden die Schiicken. Letztere werden als solehe geborenv 52 Abzeichen am Kopfe.

Prof. Dr. M. Wilckens hat in einem umfangreichen Auf- satze liber die Vcrerbung der Ilaarfarbe und deren Beziehung zur Formvererbung bei Pferden (Landwirt. Jahrbiicher des k. preuss. Landes-Oekonomie-Collegiums in Berlin. 17. Band, 1888) folgende Siitze aufgestellt: 1. Englische Yollblutpferde vererben anf je 1000 Paarungen gleiclifarbiger Eltern 856 ihre Ilaarfarbe; bei Kreuzungen crbcn nach 1000 Paarungen 437 Fohlen die Farbe des Yaters, 508 Fohlen die Farbe der Mutter. 2. Englische Halbblutpferde vererben auf je 1000 Paarungen gleichfarbiger Eltern 873 ihre Haarfarbe; bei Farbenkreuzungen erben nach 1000 Paarungen 367 Fohlen die Farbe des Yaters, 555 Fohlen die Farbe der Mutter. 3. Aehnlich verhalt sich die Farbenvererbung bei arabischen Pferden. Die Rappfarbe wird bei Farbenkreuzung am seltensten ver- erbt; auf je 1000 Paarungen 132mal von Rapphengsten, 210mal von Rappstuten. 4. In der Mehrzahl der Fiille vcrerbt eines der ungleich- fiirbigen Eltern mit seiner Ilaarfarbe auch seine Kbrperform. Dr. Crampe (Landwirt. Jahrbiicher 1887. Berlin XVI.) gibt an: Die grosste Vererbungsfahigkeit haben die Braunen und die Schimmel. Die gelben Pferde und die Fiichse ver¬ erben in geringerer Zahl als ersterc zwei; am wenigsten vcrerbt sich die Rappfarbe. Unter 14 Fohlen von Rappstuten und Rapp¬ hengsten Avar nur 1 Rappe. Die Mehrzahl der Rappfohlcn liisst sich durch Riickschlage erklaren.

§ 21. Abzeichen. Abzeichen nennt man Aveisse Flecke, Avclche in A'er- schiedener Form und Grosse bei dunkelgefarbten Thieren am Kopfe, an den Fiissen oder an den iibrigen Kbrperstellen zerstreut vorkommen. Sie sind meistens angeboren.

A. Abzeichen am Kopfe. 1. Das Blttmchcn besteht in einem kleinen Aveisscn Flecke auf der Stirne in der Gegend des Haanvirbels. Stern. Bliisse. 53

2. Der Stern ist ein grosserer weisser Fleck auf der Stirne you verschieclener Form. Man unterscbeidet mehrere Arten des Sternes: a) einen gross en und kleinen Stern; b) einen Spitzstern, welcher gegen die Nase in eine Spitze ausgezogen ist; c) einen Rings tern, wo der weisse und rundliche Fleck in der Mitte einen scbwarzen Punkt entbalt; d) der clurckschossene oder gemischte Stern ent¬ balt im weissen Fleck eingesprengte Haare von der Hautfarbe; e) der langgezogene Stern erstreckt sicb weit gegen die Nase bin. Er beisst aucb Blassenstern; /) der scbiefe Stern bat eine scbiefe Ricbtung.*) 3. Die B 1 ii s s e ist ein mebr oder weniger breiter weisser Streifen, der sicb von der Stirne iiber den Nasenriicken bis zu den Nasenlbcbern erstreckt. Die Bliisse kann gerade oder schief sein; erstreckt sie sicb bis zur Oberlippe, so beisst sie eine dur cbgebende Bliisse. Breitet sie sicb yon der Nase aucb iiber den Seitentbeil des Gesicbtes aus, so beisst sie L a t e r n e. Gcwobnlicb sind dabei Glasaugen. 4. Scbnippe oder Scbnliuze-l nennt man einen ver- scbieden grossen weissen Fleck an der Yorderlippe, an der Nasenspitze. 5. Milcbmaul beisst jene Fiirbung, wo Vorder- und Hinter- lippe weiss sind.

*) Ein kiinstlicher Stern lieisst ein soldier, der durch die Kunst erzeugt wird. Naeh der Yorselirift von la Gueriniere durchstieht man die Haut, wo der Mittclpunkt des Sternes sein soil, mit einem Pfriemen, lost sie von dcm Knochen so weit los, als der Stern Raum einnelnnen soil; dann steckt man 4 bleieme Riigel, welcbe 6 cm lang und einen Strolilialm breit und dick sind, durch die abgeloste Haut, so dass die hervorragenden Enden die Grossc des verlangten Sternes bezeichnen. Um diese 4 Riigel bindet man einen Bindfadcn, welcher nach und nach immer starker angezogen und fest- gcbunden wird. In dieser Beschaffenheit liisst man die ganze Operation 48 Stundcn ruhen, dann nimmt man den Bindfadcn ab und die Niigel heraus, lasst die Wundc eitern. Auf diese Weise entstelit eine Kruste, welche endlich mit der losgelbsten Haut abfiillt. Die unter dieser Kruste neu hervorkommende Haut bekommt dann weisse Haare. 54 Abzeichcn an den Fiissen.

6. Krotenmaul nennt man jene Farbung, wo die fleisch- farbene Ober- und Unterlippe yerschieden gefiirbte, schwarzlielie oder gelbrbtlilicbe zerstreute Flecke besitzt.*)

B. Abzeiclien an den Fiissen. Die Abzeiclien an den Fiissen sind entweder an alien vieren zugleicb da, oder nur an einem oder mehreren. Es sind weisse Flecke yon yerscbiedener Grbsse bei dunklen Deckbaaren am iibrigen Kbrper, welclie nach ibrer Ausbreitung yerschiedene Namen fiibren: 1. Wenn ein weisser Fleck bloss an den Ballen oder an der Krone yorkommt, so nennt man diese weissgcballt oder weissgekrbnt. 1st nur ein Ballen weiss, so wird er als solcber bezeicbnet. 1st nur die balbe Krone weiss, so nennt man das Abzeicben lialbgekrbnt. Fine weisse Krone mit scbwarzen Flecken nennt man einen getigerten oder Hermelin-Fuss. 2. Gebt die weisse Farbung yon der Krone bis zur Mitte des Fessels, so nennt man dieses lialbgefesselt. ErreicLt die weisse Farbung das Fesselgelenk, so ist das Pferd weiss ge- fesselt, und gebt sie iiber das Fesselgelenk, so wird dieses auch mit dem Namen bocbgefesselt oder bis iiber den Fessel weiss bezeicbnet. 3. Wenn die weisse Farbung die Mitte des Schienbeines erreicht, so nennt man dieses halbgestiefelt, erreicbt sie das Vorderknie oder Sprunggelenk, so ist das Thier g a n z g c- stiefe 11 oder weiss gestiefelt, und gebt sie nocb libber, so ist das Pferd bocbgestiefelt. Wenn die Unterfiisse bis zum Ellbogen oder Hinterknie weiss sind, so bat das Tbier weisse U n t e r f ii s s e. Man kann auch einfach die Ausbreitung der weissen Farbe bei der Bescbreibung angeben. Die Abzeicben an-den iibrigen Kbrperstellcn bei dunkel- gefarbten Thieren sind meistens durch Druck yon der Anlage des Sattels, des Kummets oder yon anderen mechanischen Ein- wirkungen entstanden. Sie miissen bei einer genauen Bezeich- nung des Exterieurs beziiglicb ibrer Grbsse, Lage und Zahl

*) Zum Schwarzfarben der Sterne und der Haare iiberhaupt yer- Avendet man eine Lbsung von Schwefelleber mit einer geringen Menge yon Silbersalpeter. Bnmdzeiclien. 55

beschrieben werden. Ebenso sincl aucli jene weissen Haare eigens anzufiiliren, die im Gesicbte, an den Angenbogen sicb vorfinden und cin Zeicben liblieren Alters sind. Hierher gebbrt aucb das Ringatige, der Aalstricli. Zu den Abzeicben gelibren aucli die G e s 1111 s b r li n d e und die Militiirbrande, welcbe tbeils an der linken Ganasche, tbeils an der linken Seite des Halses, am Rllcken oder an der linken Hinterbacke angebracht werden. Das Anbringen von Brandzeicben in den Gestiiten ist seit alter Zeit iiblicb und man legte ebedem einen hohen Wert darauf. Es wurde dadurcli die edle Abstammung documentirt und beim Ankaufe von Pferden, namentlich Luxuspferden, wurde auf die Brande immer ein grosser Wert gelegt. Die Zabl der Ge- stiitsbrande ist bei der Ausbreitung der Pferdezuclit immer mekr gestiegen und namentlich in Galizien, Russland, Ungarn, Sieben- biirgen, wo eine Unzahl kleiner Gestllte entstand, haben sicb die Brande derart vermehrt, dass es scliwierig wurde^ dieselben zu unterscbeiden und ricbtig zu deuten. Da auf das Brennen tlberbaupt "Wert gelegt wurde, so baben es die Pferdebandler nicbt versaumt, in ibren Stallen aucb Brande, sogenannte Phantasie-Brande einzufubren, so dass beinahc kein Pferd mebr zum Verkaufe kam, welches nicbt ein oder den anderen Brand an sicb trug. Dadurcli babcn die Brande an ihrem Wert und ihrcr Be- deutung vcrloren, ja in England werden bei den edelsten Zuch- ten gar keine Brande angebracht, obwohl seit dem Erlasse des Marken- und Musterscbutzgesetzes ihncn nicbt alle Bedeutung abzusprecben ist. NacbDr.Nbrner (DieBrandzeicben der Staats- u. Hofgesttite Oesterreicb-Ungarns. Leipzig 1885, Vcrlag von Hugo Yoigt) gilt Folgendes liber Brande: 1. In Radautz (Bukowina) crkaltcn die daselbst geborenen Foblen den Gestlitsbrand, ein U mit Krone und daruber befind- lichem Kreuze auf der linken Hinterbacke. 2. Im Staatsgestiite Piber (Steiermark) ist der Vorgang ein ahnlicher; der Gestlitsbrand ist ein P mit Krone und Kreuz. 3. In Babolnawird seit 1879 folgendermaassen gebrannt: Vollblutfohlcn erbalten den Gestlitsbrand B mit darliber befind- 36 Brandzeichen. liclier Stephanskrone auf der 1 inken Sattclseite, auf der reckten Sattelseitc den Anfangsbuclistaben des Vaters mit Nummer, daneben den Eacenbrand. Unterbalb dieser Brand¬ zeichen kommt die Foblennummer, d. b. das wievielte Foblen es in dem betreffenden Jabrgange nacli ein und demselben Yater ist. Bei II a 1 b b 1 u t f o h 1 e n verbalt sich die Sadie umgekebrt. Diese werdcn auf der rechtcn Sattelseite mit dem Gcstiitsbrande, auf der linken mit dem Anfangsbuchstaben des Yaters, dem Ra- cenbrande und der Foblennummer gekennzeichnet. Die von Privaten einjahrig angekauften Hengstfoblen, welcbc als Landesbescbaler spatcr binausgeben, crbalten zum Unter- scbiede von den im Gestlite crzeugten Pferden, den Gestiits- brand auf dem recbten Ilinterscbenkel. 4. In Fogaras (Siebenbitrgen) erbalten die Foblen bei der Abspannung links binter dem Sckulterblattknorpel an der Sattel¬ seite den Yaterbrand und daneben die Nummer -des Yaters. Unterbalb dieses kommt der Eacenbrand der Mutter. Auf der recbten Sattelseite wird die Hummer des Foblcns (das wievielte in dem Jahrgang nacb demselben Yater), daruntcr der Gestiitsbrand, ein F. mit Krone und Kreuz, angebracbt. 5. In Kisber erbalten Vollblutfoblen den Gestiitsbrand, und zwar KB und daruber befindlicbe Krone, auf der linken Sattelseite, r e c b t s die Anfangsbuchstaben des Vaters sowie die Foblennummer, d. h. das wievielte Foblen es von demselben Yater in einem Jakre ist. llalbblutfohlcn erbalten den Gestiitsbrand auf der recbten Sattelseite, links den Yaterbrand und die Foblen¬ nummer. Eacenbrande gibt es in Kisber nicht. 6. In Mezohegyes erbalten die Foblen bei der Absplinnung den Yaterbrand (Anfangsbuchstaben des Yaters — N — Nonius) auf der linken Sattelseite — lateinische Schrift, daruntcr den Brand der Mutter, resp. der Eace; auf der recbten Sattel¬ seite ist die Foblennummer, unter derselbcn der Gestiitsbrand, welcber aus einem M (Mezohegyes) und dariibcr befindlichcr Krone bestebt. 7. InLippiza erbalten die Foblen den Gestiitsbrand L auf der linken Ganascke, einigc Centimeter unter der Jochleiste. 8. In Kladrub erbalten die Foblen den Gestiitsbrand K auf der linken Ganasche. Altersbestimmung. 57

Eacen- und Yaterbrande bestehen in beiden Gestiiten nicbt. Ebenso soli bei einer exterieuristischen Bezeiclinung eines Thieres jede ungewolinliche Bildungsweise irgendeines Theiles genau beziiglicli der Grbsse, Lage und Form beschrieben werden, z. B. ungewolmlicli grosse Kastanien oder Feblen derselben an einem Fnsse, ein zu selir entA^ckelter Sporn, Narben an gewissen Korperstellen, Feblen der Haare daselbst, Mangel eines Auges, grauer Star, Stutzscbweif u. s. w.

§ 22. Altersbestimmung. Die Bestimmung des Alters eines Pferdes ist nicbt nur fiir die Bicbtigstellung des Rationales notbwendig, sondern es hiingt auch von demselben der Wcrt eines Thieres und die Braucbbarkeit desselben fiir gewisse Dienstesverricbtungen in vielcr Bezicbung ab. Mutb, Kraft und Ausdauer, selbst die Zeu- gungsfabigkeit sind aucb beim Pferde in dem mittleren Lebens- alter, der grossten korperlicben Ausbildung, vorzugsweise ent- wickelt, dabei aucb seit den iiltesten Zeiten auf die ricbtige Fcststellung des Alters ein bober Wert gelegt wurde. Man kann auf das Alter der Pferde zwar scbon aus der ausseren Conformation scbliessen, und zwar sowohl aus der Grbsse der Thiere, dem korperlicben Umfange, der Form und Grbsse des Kopfes, den vorspringenden Kanten und Winkeln des Knochenbaues, ferner aus der Ilaarfarbung, der Haltung des ganzen Kbrpers, der Stellung der Fiisse, Ban und Grbsse der Hufe, aus dem Gange u. s. w. Jungc Pferde baben eine mebr rundlicbe Form des Kopfes, die Stirne ist vorgewblbt, die Jocb- leiste nicbt so ausgcbildet, die Kiefer sind kiirzcr, bogenfbrmig gestellt, der Kopf wird hoch getragcn; wahrend alte Pferde eine mebr-flacbe Stirn, scbarf ausgepragtc Knochenvorsprlinge, lang ausgezogene flacbe Kiefer, cinen verticften Kehlgang besitzen und den Kopf oft biingen lassen. Bei alten Tbieren erscbeinen weisse Haare um die Augen, ferner im ilbrigen Tbeilc des Gesicbtcs, ebenso im hbhcren Alter bei Fiichsen, Braunen und Eappen am ubrigen Kbrper, die Tbiere werden stichelbarig; Apfelscliimmel, Fliegenscbimmel, Honigscbimmcl werden mit 12 58 Eintheilung dcr Zlihne. bis 14 Jabren nach imd nach ganz weiss; docli geben allc sonstigen Zeicben, z. B. die Eunzeln an den Augenlidern, nur beilliufige Anbaltspunkte fiir das Alter.*) Eine genaue Kenntnis erlangt man nur durcb die Betraclitung der Z a line, welcke schon yon den alten Griecben und Komern zur Bestimmung des Pferdealters bentltzt worden sind, wie dieses aus den Schriften von Aristoteles, Xenophon, Oolumella, Plinius u. s. w. bervorgebt. Scbon Absyrtus wusste, dass die Zlihne im bbberen Alter rund werden und sich in eine dreicckige Figur verandern, Oolumella und Pa 11 a dins sagen, dass dieselben nach dem zebnten Jahre llinger zu werden anfangen.

§ 28. Zahnlehre. Die Zlihne sind die hlirtesten und festesten Gebilde des Thierkbrpers, welche in den Kiefern stecken und theils zum Ab- reissen, Ergreifcn der Nahrung, zum Zermalmen derselben, theils als AngritFs- und Vertheidigungswaffen, theils zum Tasten dienen. In extcrieuristischer Beziehung werden sie beim Pferdfc vorzugsweise zur Altersbestimmung beniitzt. Man theilt die Ziihne ein in: Sclineidezlihne, Ilakenzlihne und Backenziihne. Ausnahmsweise kommen auch kleine Ueberzlihne, Liickenzahne oder Wolfszlihne, besonders im Oberkiefer vor dem ersten Backen- zahnc vor, selten im Unterkiefer. Im cntwickeltcn Zustande hat das mlinnliche Pfcrd 40 Zlihne, und zwar: 12 Sclineidezlihne (6 im Oberkiefer, 6 im Unterkiefer), 4 Ilakenzlihne (oben und unten jedcrseits einen) und 24 Backenziihne (12 oben, 12 unten, 6 auf jeder Seite). Stuten haben zwar zuweilen kleine Ilakenzlihiie, besonders im jiin- geren Alter, allein dieselben sind meist klein, rundlich von Form, oft fehlend oder durcb das Zahnflcisch verdeckt, obwohl man in seltenen Flillen bei Stuten recht ansehnlichc Hakenzlihne treffen

:i:) Am untercn Augenlide gegen den iiusseren Augenwinkel bin bcmcrkt man bei iilteien Pferden schiefstehende kleine liingliehe Hautfiiltclien, welche auch Hahnenfuss genannt werden. Das erste Fiiltchen soli mit 9 Jahren auftreten, und jedes Jahr soil ein neues Fiiltchen hinzukommen. Es kann daraus aber doch nur iiberhaupt auf ein hoheres Alter geschlossen werden. Zalmsubstanzen. 59

kami. jMeistens haben also die Stuten bloss 36 Ziikne. Man theilt die Zlihne ein: in Ftillenziibne, Milcbziiline oder Weckselzalme und in bleibende oder Ersatzzliline. Erstere bleiben namlich nur in den erstcn Lebensjahren steben, sie werden dann in einer bestimmtcn Zeit durch die bleibenden ersetzt. Alle Sclineidezlihne, die Haken- und die ersten 3 Backenzliline sind MTeckselzalme, wiihrend die letzten drei schon als bleibende Ziiline zum Yor- schein kommen. Jeder Zabn liisst drei Theile unterscbeiden, und zwar die Krone, welche in die Maullibhle vorragt, den Hals, welcher vom Zabnfleiscbc umfasst wird, und die Wurzel, den im Kiefer bcfindliclien Theil des Zahnes. Beziiglich der Substanzcn, aus welchcn der Zabn bestebt, untersclieidet man die Knochen- substanz, den Schmelz oder das Email und die eigentlicke Z ali ns u b s ta n z, Elfenbeinsubstanz. Die Knockensubstanz oder das Cement ist die iiusserste gelbliche Lage am Zahne, welche denselben an seiner ganzen ausseren Oberfllicbe in einer dtinnen Scliichte umgibt und sich in alle Yertiefungen desselben einsenkt. Sie findet sich von der Krone bis zur Wurzclspitze vor, wird aber an den freien Fllichen des Zalines haufig abgerieben, worauf die zweite Lage oder der Schmelz zum Vorschein kommt. In ihrem Bane stimmt sie voll- kommen mit dem Knoclien tiberein. Der Schmelz oder das Email ist eine milchweisse, unge- mein sprode und harte Lage, welche in der Dicke eines Karten- blattes gleichfalls den Zahn an seiner ganzen ausseren Oberflache umgibt und sich ebenso wie das Cement in alle Yertiefungen und Faltungcn des Zahnes yon der Krone gegen die Wurzel einsenkt. Die Elfenbeinsubstanz oder das Zahnbein bildet beim ausgebildeten Zahne die Hauptmasse desselben im Innern; sie erscheint gelblich, weicher und schliesst im Innern eine blut- und ncrvenreiche Masse, den Zahnpfropf oder Zahnkeim ein, der umso grosser erscheint, je jilnger der Zahn ist, und im hbhercn Alter verschwindet. Es besitzen daher alle heraus- genommenen Ziiline an der Wurzelspitze eine llohlung, welche in das Innere fiihrt, und nur bei alten Thieren ist dieselbe ganz von eigentlicher Zahn- oder Elfenbeinsubstanz ausgeflillt. 60 Bleibende Sclineideziihne.

An den Kronen der Schneidezliline, der Ilaken- und Backenziihne lagert sick zuweilen eine brockliclie, aus Kalksalzen bestehende gelbbraunliclie Masse ab, der Zahnstein, welcker leicht entfernt werden kann und ein Niederscblag der Nalirung ist.

§ 24. Schneidezahne. Die Scbneidezahne des erwacbsenen Pferdes stecken im Korper der Zwiscbenkiefer und des Unterkiefers in der Art facherformig in eigenen gesonderten Zabnhblilen eingekeilt. dass sie sicb mit ihren Wurzelspitzen nahern, und wenn man letztere verlangert dliclite, in der Mittellinie schneiden witrden. Die Zahl derselben betrligt in jedem Kiefer 6, also im Ganzen 12, wovon die innersten zwei mit dem Namen Zungenzahne, die mittleren ilittelziiline und die ausseren Eckscbneidczahnc belegt werden. Die Llinge eines ausgebildeten Pferdescbneidezabnes betragt 6 bis 7 cm, wovon im Durcbschnitte 1 cm 4 mm auf die Krone entfallt. Ein jeder bleibende Scbncidezabn ist bogenformig gekrummt, in der Art, dass weun man vier derselben aneinander reibt, beinahe eine Kreisform entstebt. Die Zaline des Yorder- kiefers sind im allgemcinen starker, dicker, mehr gekrilmmt als die des Hinterkiefers, so dass es nicbt scbwer fiillt, dieselben voneinander zu unterscbeiden. Die Kronen der Schneidezabnc sind der bogenformig yon innen nacb aussen gereihten Anordnung wegen nicbt gleicb lang, so dass man bei einem 6 bis 8 Jalire alten Pferdc die Liinge der Zangenkronen mit 1*5 cm, die der Mittelziibne mit 1*3 cm und die der Eckzabne mit 1 cm annimmt. Jeder bleibende Sclmeidezabn zeigt an seiner Krone eine vordere, eine bintere und eine Keibefliiche, welche letztere dem gegcntlberstehenden Zabne zugekebrt ist. Die vordere Fliicbe ist von oben nacb abwarts gewblbt und besitzt in der Mitte eine scbwacbe Langsfurcbe; sie crscbeint bei eben gewechselten Zalinen sehr breit, gelblicb von Farbc, und wird im hbberen Alter weiss. Eine Einkerbung, Einsclinllrung in der Ntihe des Zalmfleisches, ein deutlicb ausgeprUgtcr Hals ist nicbt zu bemerken, Die bintere Flacbc zeigt sicb viel kiirzer, als Folge der Krtimmung des Zalines, von oben nacb abwarts Milchschneidezalme. 61 ausgeschweift, von einer Seite zur anclern stark gewolbt. Die lieibeflache jedes frisch ausgebrocbenen Zabnes besitzt einen vordcren bbberen und einen binteren etwas tiefer gestellten scbarfen Kand und in der Mitte eine quere, ovale, grubige Ver- tiefung, welcbe nacb einwiirts tricbterformig nach und nacb sicb verscbmalert und in eine^Spitze libergebt. Sie fitbrt den Namen Bobne, Kunde, Marke, bat die Tiefe von 6 mm und entstelit durcb eine natiirlicbe Einsackung aller drci Zabnsubstanzen, so dass der Zabnpfropf aucb nacb oben in zwei ungleicb bobe Spitzen ausliiuft. Ein innerer und ein ausserer Hand begrenzt die Seitenflaclien, wovon ersterer viel dicker und breiter ist.*) "Wenn man einen aus dem Kiefer berausgenommenen blei- benden Pferdesclmeidezahn betraebtet, so siebt man, dass' die Form des Zabnes1'von der Krone gegen die Wurzelspitze nicbt gleicb bleibt. Wabrend beim frisch ausgebrocbenen Zahne die vordere Flache sebr breit crscbeint, verscbmalert sicb dieselbe nacb und nacb derart nacb ein- oder abwiirts, dass sicb die Flache in einen stumpfen Hand umwandelt. In ahnlicher "Weise veriindcrt sicb die bintere Fllicbe, sie ist an und flir sicb scbon schmalcr und gebt aucb frtiber in einen ziemlicb scbarfen Hand iiber, wabrend der innere und liussere Hand von der Krone ffea-en die Wurzel bin nacb und Fis:. 2. Fig. 8. nacb breiter werden und sicb all- mablicb in Fliicben umwandeln. Der Zahn andert total seine Form um, und es/ muss daher aucb die Reibe- tbicbeform sicb von oben nacb ab¬ wiirts allmiihlich anders gestalten. Die Milcbschneidczabne (Fig. 2, 3) unterscheiden sicb von denen des erwachsenen Pferdes dadurcb, dass erstere diinner und etwas scbmaler sind, eine mebr weisslicbe Farbe besitzen, an der vorderen Fiichc mebrere feine Liingsstreifen zeigen und einen deutlichen Hals baben. Die Krone crscbeint deutlich durcb eine Einscbnurung am Zabnflciscbe abgesetzt. Wenn man eincu *) Beira islandischen Pfercle ist die Bolme nach hinteh gespaltcn. Eine genaue Abbildung davon findet sicb in dem Handbuche iiber das Aenssere des Pferdes von Prosch, pag. 176. 62 Hakenziibne. lierausgezogcnen Milclisclineidezalin betraclitet, so findet man ferner, dass er yicl kiirzer ist und eine von vorn nacli liinten plattgedriickte Wurzel besitzt, so dass sick dalier die Flacben niclit in Kander und die Eiinder nicht in Fliiclien umwandeln. Querovale Gruben oder Bobnen an der Beibeflaclie besitzen zwar auch die Milchzalme, allein sic sind viel scbmliler und kiirzer als jene des erwacksenen Pferdes.

§ 25. Hakenzahne. Ilakenzahne (Eckzalme) besitzt das mannlicbc Pferd 4, und zwar jederseits im Ober- und Unterkiefer einen. Die Ilakenzahne des Unterkiefers sind im allgemeinen starker, dicker und ragen wciter vor als jene des Oberkiefers. Die gegeniiberstekenden riakenzalme trefFen nicht aufeinander, denn die des Unterkiefers sind kaum 5 mm vom iiussersten Schneidezahn entfernt, wahrend die Oberkieferhaken 1*5 cm und dariiber abstehen. Man findet zwar auch Milchhakenziiknc bei beiden Ge- schlechtern, allein dieselben sind kleine, kaum 2 mm lange und 0*5 mm dicke, rundliche, Aveisse Zahne, welche in den Kiefern bedeckt vom Zahnfleische an der Stelle der zukiinftigen bleiben- den Ilaken liegen und niemals hervorbrechen. Professor Ilering erwahnte sie meines Wisscns zuerst, man findet sie auch in der That bei alien Fiillen. Jeder ausgebildete Ilakenzahn hat eine nach riickwiirts gckriimmte Form, die oberen Ilaken sind starker gekritmmt und kiirzer als die unteren; an ihrer Krone unterscheidet man eine iiusserc und innere Flache, welche in eine Spitze allmahlich verschmalernd zusammenlaufen. Die liussere Fliiche ist gewolbt und mit feinen Liingsstreifen yerschen, die innere Flache zeigt in der Mitte eine Erhabenheit und vorn und hinten langliche Vertiefungen, welche von scharfen Seitenrandern begrenzt werden. Sie brechen meistens nach dem vierten Lebensjahre zugleich mit dem Wechsel der Eckschneidezahne durch und erlangen mit 8 bis 10 Jahren ihre voile Ausbildung. Zuweilcn erscheinen sic schon mit 3 Jahren oder erst im 6. Jahre. Man hat ihre Formveranderungen friiher auch zur Alters- bestimmung beniitzt, iveil ihre scharfen Seitenrander und die Backenziihne. 63

Spitze sicli nach und nach abreiben. endlich sich allmablicli die Krone verliert und im liolien Alter nur kurze, runde, gelbliche Stummeln in den Kiefern stecken. Allein diese Yeranderungen werden bei unseren Gebraucbspferden grossentbeils durch die CTebisstangen bewirkt, und es bat daber auf ibre Formveranderung zu scbr die yerscbiedene Lebensweise und die Ait der Behandlung der Pferde von Seite der Eigenthtimer Einfluss, als dass dieselbe in einem gegebenen nicbt genau bekannten Falle irgendwie mit einigcr Yerlasslichkeit zur Altersversorgung verwendet werden kbnnte. Immerbin aber werden kurze, stark abgeriebene, stumpfe Ilakcn sicb nur im bbberen Alter vorfinden; die Hakenzalme fallen aucb bei sebr alten Pferden aus, oder kbnnen durch eine einwirkende Gewalt verloren geben.

§ 26. Backenzahne. Die Backenzahne oder Mahlzahne, 24 an der Zabl, sind durch den etwa 6 cm langen, scbarfen, bloss vom Zabnfleiscbc bedeckten zabnlosen Band von den Hakenzabnen getrennt. Sie stellen im allgemeinen starke, im Oberkiefer quadratiscbe, im Unterkiefer plattgedriickte Sliulen von 8 cm Liinge dar, wovon nur etwa 1*5 cm als Krone in die Maulhokle hervorragt. Der erstc und letzte Backenzabn zeigen an ibrer freien Seite einen Band. Die Begrenzungsflacben der Backenzahne sind durch vor- springcnde Leisten uneben; an ibrer breiten Beibeflache be- sitzen iiie vorspringende Spitzen und Zacken mit dazwiscben gclagerten Yertiefungen infolge der Faltungcn des Zahnes und sind weiters in der Art gelagert, dass die Backenzahne des Ober- kiefers eine schiefe Abdacbung von aussen nach einwarts und aufwiirts besitzen, wlibrend die des Unterkiefers scbief von innen nach aussen und abwarts abgescbnitten erscbeinen, so dass sie in. der Art aufeinander passen, dass eine quere Verschicbung bei festgescblossener Maulboble unmbglicb wird. Als Folge der verschiedenen Form der oberen und unteren Backenzahne und der verschiedenen Kieferbreite gcht weiters bervor, dass sicb die oberen und unteren Backenzahne nie vollstandig decken kbnnen, sondern immer die oberen liber die unteren bedeutend nach aussen hervorragcn. 64 Ausbruch der Zahne.

Die ersten drei Backenziibne sincl Wechselzalme, sonst jedocli in ilirem Bane nicht verscliieden. Yor clem ersten Backen- zaline, sowohl der Milch- als der bleibenden Ziilme, tritFt man besonders im Oberkiefer zuweilen kleine Ueberziibne oder Luckcnziibne, Wolfsziiline. § 27. Ausbruch der Zahne. Die Zahnbildung erfolgt bei Embryonen schon friibzeitig, und zwar etwa in der Mitte der Tracbtigkeitsdauer. Zur Zeit der Geburt sincl jedocb meistens nur die ersten drei Backenzahne scbon so yollstandig ansgebildet, class die vorragenden Spitzen der Reibeflache ibrer Krone das Zahnfleisch durcbbolirt baben und sie in die Maulhbhle bervorragen. Die Zangenscbneideziilme sincl gewbbnlicb zur Zeit der Geburt noch yom Zabnfleisclie becleckt. allein ibr vordejrer scbarfer Rand ist deutlich zu fiiblen, so dass sie naeb einigen Tagen gieicbfalls frei vorgetreten sind. Mit 4 bis 6 Wochen erscbeinen die Mittelzahne und mit 6 bis 8 Monaten die Eckziilme sowobl im Oberkiefer als im Unter- kiefer. Meistens erscbeinen die Oberkieferzabne etwas frllber und wecbseln auch eber als die des Unterkiefers. leb babe balbjiibrige, selbst acbtmonatlicbe Filllenkiefer yor mir mit genau bestimmtem Alter, wo zwar die Eckziihne scbon yollkommen gebildet, aber nocb nicbt durcbgebrocben sincl. wiihrend dieses bei anderen Ftillen der Fall war. Mit 3/4 kis 1 Jabr erscbeint der yierte oder erste blcibcnde Backenzabn; zwiscben 1 bis 2 Jahren der ftlnfte (zweite bleibende) und zwiscben 3 bis 4 Jahren oder etwas spiiter der secbste Backen¬ zabn. Zu clerselben Zeit brechcn auch die Ilakenzalme durcb. Es bat das junge Thier mit einem Jabre 24 Milcbzalme (12 Scbneidezabne und 12 Backenzahne), wobei man die kleinen nicbt erscbeinenden Milchhaken fliglicb ubergeben kann.

§ 28. Wechsel der Zahne. Der Zaknwecksel beginnt beim Pferde naeb dem zweiten Lebensjabre, indem sich binter und unter clen Milcbzabnen die bleibenden grbsseren und starkeren Ziibne ausbilden, welcbe auf AYeclisel der Zahne. 65 die Wurzeln der Milcbzliline einen continuiiiichen Druck ausiiben und dadurch dieselben allmiililicli zur Aufsaugung bringen. Die Ziiline yerliercn daber ihren festen Haltpunkt in den Kiefern, und da sich durcli die fortwalirende Abreibung allmablich auch die Krone bedeutend verkleinert, so gelien die Milcbzaline durcli Zufall beim Kauen oder Abbeissen der Nabrung, des Grases verloren, es ent- stebt eine natiirlicbe Zabnllicke, in deren Tiefe der bleibende Zahn mit seinen liussersten Spitzen sicbtbar und fublbar ist. Es kann zwar der Zabnwecbsel durcli reicblicbe Ernlibrung und gute Pflege in Gestliten etwas beschleunigt und infolge von Nahrungs- mangel verzbgert werden, docb sind die Unterscbiede beim Pferde keine selir bedeutenden. 1 Mit 2 /2tJabren wecbseln die Zangenziibne und der erste und zweite Milcbbackenzabn. Mit SVg Jabren wecbseln die Mittelzabne und gleiebzeitig der dritte Backenzabn. Mit 473 Jabren wecbseln die Ecksclmeidezabne. Um dieselbe Zeit oder etwas frillier bricbt der Hakenzabn bei mannlicben Tbieren (Hengsten und TVallacben) bervor, und es ersebeint auch der secbste Backenzabn, so dass mit dem vollendeten fiinften Jabre das Pferd alle bleibenden Ziilinef besitzt. Zuweilen wecbseln die Mittel- und Eckziibne zu gleicber Zeit, besonders im Oberkiefer, wo dann leicbt dergleichen Pferde um ein Jabr iilter gebalten werden kbnnen.

§ 29. Abreibung der Zahne. Weder die Milcbzabne noch die bleibenden sind aus so festen Substanzen gebaut, dass sie der mecbanischen Einwirkung beim Kaugeschiifte widersteben kbnnten, sie reiben sicb nach und nack ab. Diese Abreibung erfolgfc umso friiber und ansehnlicber, je kleiner, weicber die Ziibne sind, je weniger in den Kiefern sich vorfinden und je starker die mechanischen Einwirkungen sind. Da sowohl die Milch- als die bleibenden Ziibne an ihren Beibefliichen bei ihrem Hervorbrechen Gruben besitzen, welchc (piergestellt sind und von einem yorderen hohercn und hintcren tieferen scharfen Bande begrenzt erscheinen, so werden sich bei Muller, Exterieur des Pferdes. 6. Aufl. 5 66 Kundenspur. Kernspur. beiclen zuerst die vorderen, dann die liinteren scharfen Rander abreiben und man wird an der Reibeflaclie eine querovale Grube bemerken, Avelclie yon einem Emailrande umfasst wirci und von einem yorderen und liinteren geriebenen, etwas yer- breiterten Rande eingefasst erscheint. Die Abreibung wird nacli und nacb an beiderlei Zalmen die ganze Grube zum Verscbwinden bringen, so dass endlich eine geebnete Reibeflaclie ersckeintj an welclier man nur den Ueberrest der Kunde oder die Kundenspur, einen queren Emailring bemerkt; spliter yersclnvindet aucb dieser und es zeigt sicb nur in der Mitte des Zalines ein brliunlicber Fleck olme Emailrand, die Kernspur, als cine Andeutung der im Jugendzustande yorhandenen Hbblung des Zalines, naclidem der Zabnpfropf gescliwunden ist.

§ 30. Perioden. TTenn der bleibende Pferdezahn yon der Krone bis zur Wurzel seine unyerlinderte Form beibebalten wlirde, so ^ylirc man wobl nicbt imstande, aus der yor sicb gebenden Abreibung auf ein bestimmtes Alter zu scliliessen, Aveil die Reibeflliclieform immer dieselbe ware. Es ware nur der Ausbruch und der Wechsel der Zliline zu benlitzen, libclistens die Abreibung der Kunden, um auf das zunebmende Alter einen Scliluss zu zieben. Da jedocli der bleibende Zalin yon oben nacli unten allmliblicli seine Form lindert, indem sicb seine Fliicben in Rander und seine Rander in Fllicken umwandeln, somit seine Durchsclmitts-oder Reibeflliclie- Formen yerschieden sind, so wird man nacli genauer Kenntnis der Zeit, wenn die verschiedenen Reibefliiclieformen bei Pferden auftreten, deren Alter in Gestiiten notorisch bckannt ist, aucli bei anderen Pferden unter sonstigen gleiclien Yerlililtnissen aus einer gegebenen Reibeflliclieform auf ein bestimmtes Alter einen Scliluss zu zieben yermogen. Frisch durchgebrocliene Sclineide- zlibne sind sebr breit, sie messen yon einer Seite zur anderen etwa 2 cm wakrend der Tiefendurclnnesser 6 mm .betriigt. Spliter yerhlilt sicb der Querdurclimesser zu jenem in die Tiefe Perioden. 67

wie 6:3 (12 mm: 6 wm) (Fig. 4); weiter nacli abwarst gegen die Wurzel Inn werden die Durchmesser allmalilich wie 5: 4 (Fig. 5); endlich wie 4 : 5 (Fig.. 6); der Querdurchmesser ist kleiner als jener in die Tiefe; endlich erlangt der Zahn eine ganz yerkehrte Form von der ursprunglichen; es verhalt sich der Querdurchmesser

Fig. 4. Fig. 5. Fig. 6. Fig. 7.

zu jenem in die Tiefe wie 3:6 (Fig. 7). Alle diese Formen, welche man sich an einem herausgenommenenj ausgebildeten Pferdezahn kiinstlich mittelst einer feinen Siige bilden kann, treten in der Natur durch die allmahliche Abreibung auf. Man nimmt an, dass bei normaler Futtenmg der Zahn jahrlich durch., die lieibung 2 mm verliert; um ebensoviel bei-' nahe wird er aus dem Zahnfache des Kiefers hervorgeschoben, so dass derselbe daher immer an der Krone seine normale Llinge behalten sollte. Dieses Hervortretcn geschieht in den efsten Jahren nach dem Zahnwechsel durch allmahliches Ausbilden neuer Zahnsubstanz an der Wurzel, so dass sich der Zahn um das ab- geriebene Stiick verliingert; spiiter, nach vollendeter Ausbildung, verkleinern sich die Zahnfacher, sie ziehen sich zusammen und pressen den Zahn heraus, so dass, wenn er nicht abgerieben wtirde, er als ein Linger Stumpf in die Maulhohle vorragen wiirde. Letzteres ist wirklich der Fall, wenn die gegeniiber- stehenden Zahne nicht genau aufeinander passen und ein Theil eines Zahnes ungerieben bleibt, und man sieht nicht so selten , entweder ganze Zahne oder einzelne Theile derselben irifolge des Mangels an lieibung sowohl bei Schneidezahnen als bei den Backenzahnen, besonders beim ersten und letzten, zuweilen eine ungewblinliche und selbst mannigfache sonstige Stbrungen ver- ursachende Lange erreichen. " 5* 68 Milcbzalinperiocle.

Man untersclieidet gewolinlicli seclis Zeitabsclinitte oder Perioden, in welchen sicli bestimmte Veranderungen an den Ziibnen des Pferdcs zeigen, und zwar: 1. Die Milcbzabnperiode — von der Geburt bis zu Jabren; 2. Die Wecbselperiode, Periode mit grubigen Zahnen, von 272 bis 6 Jabren; 8. Querovale Periode — von 6 bis 12 Jabren; 4. Kunde Periode — von 12 bis 18 Jabren; 5. Dreieckige Periode — von 18 bis 24 Jabren; 6. Yerkebrtovale oder zwcicckige Periode — von 24 Jabren bis zum Lebensende. Glintber in seiner Beurtbeilungslebre des Pferdes nimmt nocb eine 7. Periode, namlicb die verllingert zweieckige Periode an, welcbe an den Zangenzahnen des Unterkiefers mit 30 Jabren beginnt. Man trifft in der Tbat bei sehr alten Pferden, wo die Schneidezabne nur kurze, in den Kiefern steckende Stum- mel sind, solcbe Keibeflacbeformen mit lang ausgezogenem bin- terem Kande, wie sie von Glintber abgebildet wurden, ailein dieselben sind docb nur natttrlicbe Fortsetzungen der verkebrt- ovalen Form, und da ausserdem nur selten dergleichcn Pferde getroffen werden, so wurde sie bier nicbt Aveiter als eigenc Periode aufgenommen.

1. Milcbzabnperiode. Ftillenkiefer, arabischer Race, 1 Jahr, 11 Monate. (Fig. 8, 9.) Sie beginnt mit der Geburt und- endet mit dem Eintritte des Zabnwecbsels, also mit 272 Jabren. Anfangs bestimmt man das Alter nach dem Ausbruche, spliter nach der Abreibung der Milcbsohneidezabne. Mit 1 Jahr ist die Kunde an den Zangcn des Unterkiefers verschwunden, an den Mittelzahnen ist der vordere und hintere Rand in Eeibung, an den Eckzahnen bloss der vordere. Mit 172 Jahr ist die Kunde an den Zangen- und Mittel¬ zahnen verschwunden und an den Eckzahnen der bint ere Pi and in Reibung. Wechselperiode. 69

Mit 2 Jahrcn ist auch an den Eckzalinen die Kimde yer- selnvunden, die Zangen- und Mittelziilme sind klein.

Fisr. 8.

2. Wechselperiode.

Korischan, 8 Jahre, 10 Monate, 20 Tage. M (Fig. 10, 11.)

1 ]\Iit 2 /2 Jalircn beginnt dcr Wecksel der Zangen in beiden Kiefern, im Oberkiefer oft etwas friiher. Gegen ein halbes Jahr braueht der Zahn, bis er so weit vorgeschobcn ist, dass er mit dem gegcnnberstcbenden in Reibung tritt. Moistens gesebiebt nacb Dictericbs der Zabnweebsel im Herbste. Mit SVa Jabrcn wecbseln die Mittelzahne, mit die Eckzabnc. Ein dreijahriges Pferd bat daber noch 4 Milcbsebneide- ziilme in jedem Kiefer, ein vierjahriges bloss 2 und ein fiinf. jiiliriges keine Milcbzabnc mebr. 70 Wechselperiode.

Wahrend jcdocli die Mittel- und Eckziihne wechseln, liaben sich die bleibenden Zangen sclion zwei Jabre und fast allcin gerieben; die Kunde ist daker an ihnen mit 5 Jabren beinalie yerschwunden odcr man sicbt oft gar nur die Kundenspur. An den Mittelzabnen ist der vordere Rand gerieben.

Fig. 10. H I

Fig. 11.

Mit 6 Jabren ist die Kunde an den Zangen des Untcr- kiefers ganz vcrschwunden, die Kundenspur zeigt sich queroval; an den Mittelzalmen ist cine kleine Kunde vorbanden, an den Eckzilbnen der vordere Rand dem binteren gleich gerieben. Die Kundcn an den gleichnamigen Schneidezahnen des Oberkiefers sind um 3 Jabre llinger vorbanden, da die Zahnc starker und die Kunden nocb cinmal so tief sind als an den untercn Ziibnen.*)

*) Bei isliindischen Pferclcn fliesst der iiussere mit dem inneren Emailringe an der Krone zusammen, Avas bei den eigentlichen diinischen Pferden sehr selten der Fall ist. Querovale Periocle. 71

3. Querovale P e r i o d e.

Nonius, Stute, 6 Jahre, 1 Monat, 19 Tage. (Fig. 12, 13.)

Dieso tritt unmittclbar nach abgeriebener Kim tie ein, wobei sich der Querdurcbmesser dei geebneten Reibellacbe zum Tiefen- durclimesscr vcrhalt wie 6:3. An den Zangen des Unterkiefers

tritt diese Periode mit seeks Jabrcn ein: Die Kundc ist ver- schwundcn, die Kundenspur queroval. Um ein Jabr spiitcr tritt die querovale Periode an den Mittclzalmen, und nock um ein Jakr spiiter an den Eckzaknen ein, so dass ein 8 Jakre altes Pferd in der Hegel kcine Ycrtiefungen an den Unterkiefersckneide- ziiknen melir zeigt. Ilautig bleibt jedock durek mckrcre Jakre 72 Euntle Periode. eine kleine sclilitzfdrmige Vertiefung als Andeutung dcr Kunde ausnalimsweise an den Eckzahnen zuriick. An den Sckneidezahnen des Oberkiefers verschwinden die Kunden, da sie noch einmal so tief sind als an den Zalinen des Ilnterkiefers, um drei Jabre spLiter; es tritt also die querovalc. Periode mit geebneter Reibefllicbe an den Zangen mit 9, an den MittelzLibnen mit lO.und an den EckzLilinen mit 11 Jabren ein,. Allein da die oberen Sclmeidez'alme sicb meist sehr unregel- mLissig abreiben und die Kunde nicbt selten eine bedeutende Tiefe hat, so zeigen sicb oft noch in spiiteren Jabren Vertiefun- gen und gestatten bier keinen sicbcren Anhaltspijnkt' flir die Altersbestimmung.

4. 11 u n d e P e r i o d e." Furioso, State, 11 Jahre, 10 Monate, 7 Tage. M. (Fig. 14, 15.) ;

BeidemYerluste von jLibrlicb zweiMillimeternwird jeder Unter- kiefer-Scbneidezalm 6 Jahre nach seinem Eintritte in die querovalc HeibeflLicheform ein anderes Yerbiiltnis der Durcbmesser zeigen; und zwar verbalt sicb der Querdurcbmesser der ReibefUiche zu dem der Tiefe wie 5 : 4. Die HeibeflLicheform erscbeint rundlich, die Kundenspur ist gleicbfalls rund und klein, sie liegt nabe dem

binteren llande, und in der Mitte der Ileibefliiche kommt die Kernspur oder Ilbhlenspur als ein briiunlicher, etwas ve'rtiefter^ Fleck zum Yorscbein. Runde Periode. 73 74 Dreieckige Periode.

Diese Periode tritt an den Zangen des Untcrkiefers mit 12 Jaliren auf, an den Mittelziilinen mit 13 und an den Eckzalinen mit 14 Jaliren. An den oberen Sclmeidezalincn erscheint sic, jedocli imverlasslich, mit 15, 16 und 17 Jaliren, wahrend welclier Zeit sicli an den Zangen des Unterkiefers die dreieckige Reibe- flacbeform auszubilden beginnt.

5. D r c i e c k i g e P e r i o d e.

Ilengst aus Lippiza, 18 Jahre. (Fig. 18, 19.) i

Sie beginnt mit 18 Jaliren an den Zangen des Unterkiefers und dauert, indem sie von da auf die anderen Ziiline iibergcbt, Verkehrt-ovale Periode. 75 bis zum 24. Jahre. Die lieibeflache iilmelt in dieser Periode einem Dreiecke mit einer vorderen und zwei Seitenflitcben, welchc in einem nach hinten gerichteten Winkel znsammenlaufen. Der Qnerdurchmesser verhalt sich zum Tiefendurclimesser wie 4 : 5. In der Mitte der lieibeflache zeigt sich bloss die etwas vertiefte Kernspur; die Xundenspur fehlt.

6. Verkehrt-ovale Periode. Periode mit zweieckigen Ziilinen nach Pessina. State, 20 Jahre alt. (Fig. 20, 21.) 76 Yerkehrt-ovale Periode.

Mit 24 Jaliren verandert sich die lleibeflaclie der Zaugen des Unterkiefers derart, dass der Querdurchmesser nunmehr die Hiilfte des Tiefendurclimessers betriigt, sich also zu diesem verb alt' wie 1 : 2 odor wie 3:5 — im-geraden Gcgensatze zum Yerbalt-

Ilengst, 25 Jahre alt. (Fig. 22, 23.)

Fiff. 22.

Unterkiefer.

Fig. 23.

nisse bei der querovalen Periode. Jedes folgcnde Jabr tritt der Eeibe nach cin ferneres Paar Zalme in dicse Periode, welcbc dann nicbt weiter mehr geandert wird. Da die Eckzahne eine etwas verschiedene Form im Ver- gleich mit den Mittel- mid Zangenzalmen zeigen, so passen aucb die Ausdriicke: „riind", „dreieckig" fiir die Bezeiclmung dei\ Reibeflaclie derselben nicbt. ivobl und es bleibt Pcgel, sich bei Zu lange und zu kurze Ziihne. 77

der Altersbestimmung melir an die Zangen- und Mittelzliline und von diesen vorzugsweise an die des Unterkiefers zu lialten.

§. 31. Zu lange und zu kurze Zahne* Kein Zahn ist bei seinem Ausbrucke auch sclion ganz aus- gebildet, sondern verliingert sich an seiner "Wurzel. Da die Schneidezalme keine vollkommenen Kreisabsclmitte darstellen, sondern an der Krone melir gekrlimmt sind als gegen die AYurzel bin und der Kiefer sicb im hbheren Alter abflaclit, so kommen iiltere Ziiline in eine scbiefere Eicbtung zu stehen und reiben auch etwas weniger als zwei Millimeter in jedem Jalire an ihren Kronen ab. Die Kronen der Sclineidezakne im Unterkiefer kbnnen dann oft 2 bis 3 cm lang sein. Die Abflaehung der Kiefer selbst mit flacherer Richtung der Schneidezalme, als Folge davon, nennt man S t r e c k u n g. Sie findet wegen der bedeutenderen Grbsse der Schneidezalme im Oberkiefer an diesem und am Unterkiefer nicht gleichzeitig statt; frliher streckt sich der Unterkiefer, spater der Oberkiefer, daker wird bei alten Pferden die Abreibung der Schneidezalme eine zunehmend geringere. Wiirde man das Alter bloss nach ihrer Eeibeflaclie bestimmen, so hiitte man das Thier fur zu jung crkliirt, weil es seine Schneidezalme nicht im ent- sprechenden Maasse abgerieben hat. Dem Angefukrten nach stellt sich die Eegel heraus, bei der Altersbestimmung von Pferden mit zu langen Zalmen zu den Jakren, welche die Eeibeflaclie zeigt, noch so viele Jahre hinzuzuzahlen, als die Hiilfte der Milli¬ meter bctriigt, um welche die Krone zu lang ist. Zu kurz werden die Sclineideziiline dann erscheinen, wenn die Abreibung in einem Jahre melir als 2 mm betriigt und daher die Kronen weniger als 1*5 cm an den Zangen, 1*3 cm an den Mittel- und 1 cm an den Eckzalmen messen. Pferde mit solchen Zalmen wiirde man bei blosser Bcriicksichtigung der Eeibeflaclie ftir alter kalten als sie wirklich sind und muss man daher bei iknen das Alter bestimmen, indem man von den Jahren, welche die Eeibeflaclie z.eigt, so viele abzieht, als 78 Der Einbiss.

die Zahl der Millimeter, getheilt durch 2, betriigt, um welclie der Zalin zu.kurz ist. Beispiele: Hat ein Pferd 2 cm lange Zangenzalme und zeigt es an der ReibefUiche 10 Jalire, so muss man es fur 12 Jalire alt lialten, well der Zalin um 5 mm zu lang ist, indem die normale Liinge bloss 15 mm betriigt. Eat ein Pferd bloss 1 cm lange Zangen und es markirt 14 Jalire, so muss man es als 12jakrig bestimmen. Die Ufsacke der tibermassigen Abniitzung liegt in einer zu senkrechten Eichtung der Sclineideziilme, weniger Widerstands-

4 kraft der Ziihne bei gemeinen Pferden, im fortwalirenden Kauen, sowie die entgegengesetzten Verhaltnisse ein Anwaclisen der Ziiline begiinstigen.

§ 32. Der Einbiss. Da die Streckung am Unterkicfcr friiher eifolgt als am Oberkiefer und dabei die unteren Schneidezabne cine schragere Ricbtung zeigen als die entgegengesetzten, so decken sich die Reibeflliclien niclit durcbgekends, es bleibt an den Eckzabnen des Oberkiefers der bintere Tbeil der Reibefliicbe ungeneben und wiicbst daber an. Diese durcb Abrcibung der vorderen Eiilfte der Reibefliicbe an den Eckziibnen des Oberkiefers ent- st an dene Einkerbung nennt man den Einbiss. Der Einbiss erscbeint mit dem Anfange des 9. Jabrcs und verscbwindet mit dem 12. durcb die nacbfolgende Streckung des Oberkiefers. Mit dem 15. Jabre folgt ein zweitcr Einbiss und zuweilcn findet man nocli einen dritten mit einigen zwanzig Jabren. Wie sebr man aucb friiber auf den Einbiss bielt, so ist cr docb nur ein wenig Arerlasslicbes Zeicben bei der Altersbestimmung, da er oft ganz feblt oder aucb zu anderen als den angegebencn Zeiten eintritt. Nacb Pessina bietet er einen ziemlicb sicberen Anbaltspunkt fiir das 9. bis gegen das 12. Jabr dar, wenn die anderen Zeicben ubereinstimmen. Unregelmiissigkeiten tier Ziihnc. 79

§ 33. Unregelmassigkeiten der Zahne. Zuweilcn breclien die Zliline frtilier aus als in der ange- gebencn Zeit, was hauptsaclilicli von derNahiung und Entwicke- lung des Jungen abhiingt. Oft sind die Zangen scbon bei der Geburt vorlianden. Zuweilen yerspiiten sicb die Ziilme in ilirem Ausbruche. Die geringste Yerschiedenlieit findet im "Wecbsel der Ziibne statt. Docli kann man denselben beschleunigen in der Art, dass man die Milclizalme 72) selbst 1 Jabr frtiher ausziebt. Die blei- benden Zabne breclien dann frtiher vor und so kann man, wenn dieses Vcrfakren gleiebmassig an alien Ziiknen gettbt wird, die Thiere um 1 Jabr iilter yortauschen. Allein die frische Veiietzung, das ]Siclityorhandensein des bleibenden Zalines in der Zahnlttcke, der nicht stattfindende Wechsel der Backenzahne und die mangel- hafte Entwickelung des ganzen Tbieres sickern a or dem Betrug. Zuweilen findet man eine Ueberzahl der Zabne. Dieselbe riihrt entweder davon her, dass wirklich bleibende Zabne in grbsserer Anzahl yorhanden sind, oder aber dass Milchzahne neben den bleibenden stehen bleiben. Oefters stehen sieben bleibende Ziibne in beiden Kiefern oder nur in einem. Haufiger findet die Ueberzahl in der Art statt, dass neben den bleibenden Zahnen die Milchziihne getroffen werden. Dieses zeigt sich durch einige Zeit an den Eckzahnen des Unterkiefers bei sekr vielen Thieren; es findet sich yor dem bleibenden Zahne ein kleiner Stumpf des Milcbzabnes, der erst spater ausgestossen wird. Oft aber bleiben in einem Kiefer 4 bis 5 wohlgebildete Milchzahne yor den bleibenden stehen, wo durch die sogenannten Doppelgebisse entstelien. So babe icb einen Unterkiefer, der zelm Schneidezahne und einen kleinen Stumpf hat, woyon vier Milchzahne sind. -• Einen Mangel der Schneidezahne (5, 4 Schneidezahne in jedem Kiefer) beobachtet man entweder schon yon Natur aus, oder ktinstlich und zufallig erzeugt. In diesem Falle entstelien die sogenannten Zalmlucken, wobei die Zabnfacber sich schliessen und ein scbarfer Band ubrigbleibt. Nur selten beobachtet man ein Au sf all en der Zahne im hbheren Alter. Ein 29jahriger schottischer Ilengst yerlor ein Jabr frtiher die Uakenzaline, und 80 Abnorme Richtung tier Ziilmc.

bei alten Weidepferden fallen ziuveilen wiilirend des Fressens die Zangen aus, Aveil ihre Wurzeln sehr kurz sind. Eine Neubildung bleibender Ziiline oder sogenanntc dritte Zalinung ist beim Pferde nocli niclit beschrieben. Gebrochene Zabne sollen in seltenen Fiillen durch Knochensubstanz vereinigt worden sein. Manclimal verscbmelzen zwei Sclincidezalmc an den Wurzeln. Haulig ist die Richtung der Sclineidezahne und ihre Stellung eine abnorme. Zuweilen sind die Sclineidezahne des Unterkiefers^ ilber die / des Oberkiefers weit vorstehend, wo durch das sogenannte llecht- gebiss entsteht. Letzteres ist entweder dieFolge starker Streckung des Unterkiefers im hbheren Alter oder aber bei manchen Racen ursprungliche Bildung, indem der ganze Vorkopf zu stark gekrtimmt ist und dahcr die Sclineidezahne des Zwischenkiefers die des Unterkiefers nicht gehbrig berlihren. Ein entgegengesetzter Zustand ist das sogenannte Karpfen- gebiss, bei welchem die Oberkieferschneidezahne vorstehen und zu einer oft bedeutenden Llinge anwachsen. In einem Falle iiber- ragten die Schneidezahne des Oberkiefers die des unteren um mehr als 2 cm infolge von angeborner Yerkurzung des Unterkiefers. Bisweilen findet man die Schneidezahne im Oher- und Unter- kiefer weit yorgestreckt und flach gelegt, so dass sie einen scharfen Rand nach yorne bilden. Es ist dieses das sogenannte Ochsen- gebiss. In einzelnen Fallen findet man die Zlihne durcli starke Knochenscheidewande voneinander getrennt: P a 11 i s a d e n- g e b i s s. Oftmals ist die Richtung einzelner Zahne oder ganzer Gebisse eine yeranderte. Ein oder auch mehrere Zahne stchen verdreht in ihren Zahnfachern, wiilirend die librigen eine normalc Richtung haben oder aber es findet sich das ganze Gebiss ent¬ weder in einem oder in beiden Kiefern nach der Seite gedreht, die Schneidezahne zeigen schiefe ReibefllLchen, schiefes Gebiss. Bei Pferdcn, die ihre Ziiline auf liarten Gegenstiinden liin und her wetzen, den Barrenwetzern, die aufsetzcn, bei den Ziilme an ungewohnlichen Orten. 81

sogenannten Koppern und den Krippenbeissern, findet man diesclben entwedcr nur an der vorderen Hiilfte oder in der ganzen Dicke abgerieben. In einem solchen Falle ist eine Alters- bestimmnng scbwierig. Findet sich nur die Hiilfte der Dicke ab¬ gerieben, so muss man sich den fehlenden Theil in Gedanken er- giinzcn und aus der sich ergebenden Reibefliiche das Alter zu bestimmcn trachten; siud aber die Ziibne in ibrer ganzen Dicke durch das Koppen verkiirzt, so ist dieses doch nur meistens an den Zangen- und Mittelziilmen der Fall und man muss daher die Eckziihnc des Unterkiefers besonders beriicksichtigen. Zuweilen sind freilich die Ziibne in ibrer Form so veriindert, dass an eine Altersbestimmung kaum zu denken ist. Bei Barjrenwetzern sind ofters die Kronen der Schneideziibne im Oberkiefer so abgerieben, dass nur das Zahnfleisch sichtbar ist. Nicht bei alien Pferden werdcn jiihrlich 2 mm abgerieben, sondern bei edlen Racen, z. B. bei englischen Pferden, etwas weniger, so dass die angenommenen Perioden eine llingere Zwi- schenzeit baben. In der Regel kann man solche Pferde um ein bis zwei Jahre iilter schiitzen als gemeine in gleicher Periode, oder, wie manche wollen, jede Periode statt 6 8 Jahre dauern lassen. Bei manchen Racen muss man dieses umsomehr,, da sie ein halbes Jahr und dariiber spliter wechseln. So Avechseln Lippizauer Pferde nach Pessina, p. 21, ihre Eckziilme erst nach dem fiinften Jahre und erreichen erst im siebenten ihre vollkom- mene kbrperliche Ausbildung. Im allgemeinen muss man den Grundsatz immer vor Augen halten, dass je alter die Thiere werden, eine gonaue Alters¬ bestimmung umso schwieriger ist. So zeigt der Kiefer eines noto liscli 35 Jahre altcn Pferdcs nur die dreieckige Periode an seinen Schneidez'almen. Zuw eilen kommcn Ziilme, und zu ar besonders Backcnziihne, an unge- u (ilinlichen Orten, eingescldosscn in Cysten und Biilgen vor. Nicht so selten fund man Ziibne vor dem Ohrc in der Schlafengogend des Pferdcs. Auch an der liicsigcn Tlnerarzncisclmlc kamcn scbon dergleichen Fiille vor. Zuweilen traf man sie in Eierstockcysten. Gurlt fand einmal Ziibne im Hodcn. Zuweilen andern einzclnc Backcnzahno ihre Ricbtung und wacbsen gegen den harten Gaumen oder gegen die Nasenboble bin, uodurch mannigfacho krankhafte Eisclieinungen eintreten,u ie dergleichen Fiille am biesigcnInstitute beobachtet worden sind. Muller, Extcrieur ties Pferdes. G. Aufl. 6 82 Gebissformen.

Eine Ueberzahl oder cinen Mangel an Schneidezahnen beim Pferde beobachtet man nicbt so selten; ungemein wenige Fiille werden jedoch von llberzahligen Backenzahnen erwiilmt. Goubaux ftihrt im Becueil vom Jahre 1854, p. 70, in einer Abhandlung liber die Abweicliungen der Ziiline bei deh Hausthieren an, dass er beim Pferde einen 7. Backenzalm an der linken Seite beobachtet babe. Ich babe einen Pferdeunterkiefer vom Jahre 1865 mit sieben Backenzahnen jederseits aufbewahrt, ebenso auch in friiheren Jahren einen dcrgleichen Fall beobachtet. Ferner sah ich einen 7. Backenzalm im Ober- kiefer. Sc lira der, Thierarzt in Hamburg, erziihlt in Buschs deutscher Zeitschrift flir Thierheilkunde, 3. Band, 1832, p. 29, ein Beispiel von einem Pferde, welches seinem Vater zugeftihrt wurde und nur im Ober- und Unter- kiefer die Zangenziilme besass. Sie waren aber sehr breit und lang, die oberen standen liber die unteren bis l1^ Zoll weit vor, so dass die Zahnel des Unter- ' kiefers auf den harten Gaumen driickten und endlich das Thior den Hafer nicht mehr kauen konnte. Es wurden endlich die Ziilme des Unterkiefers aus- gebrochen, worauf das Pferd wieder besser frass. Auch ich erhielt sehr breite Fiillenzahne. Pferde leiden auch an hohlen Z a linen, und zwar findet man sie sowohl im Fiillenalter als bei erwachsenen Thieren; am haufigstcn leidetnach Glint her der 4. Backenzalm sowohl des Ober- als des Unterkiefers. Hohle Ziiline entwickeln sich nach den beiden Herren Verfassern der Bourtheilungs- lehre des Pferdes theils in den Einstiilpungen der Backenziihne, theils in der Zahnsubstanz selbst-, zuweilen betheiligen sich die Schmelzlagen oder esgeht die Zahncaries von den Zalmfachern der Kiefer aus. Es kbnncn auch die Kronen der Backenziiline verwachsen, oder es bilden sich an den Zahnv urzeln zu^ eilen grosse unfbrmliche Auswiichse sowohl des Cementes, als iibermlissige TVucherungen des Schmelzes, wie ich auch dcrgleichen Fiille sah. Glint her unterscheidet (p. 579) folgcnde Formen der Backenziiline: a) Das glatte Gebiss, wo an den Reibefliichen die Schmelzlagen nicht vorstehen und dicFliiche glatt und eben oder ausgehbhlt ist. DieThiere quetschen das Futter nur, olme es zu zermalmen oder zu zerreissen. 1)) Das wcllenformige Gebiss mit abwechselnden Erhohungen und Vertiefungen der Backenzahnkronen, wclche wechselseitig ineinander passen. c) Das kantige und scharfe Gebiss, wo im Vordcrkicfer der iiussere, im Ilinterkiefer der innere Rand infolge mangelhaften Aufeinanderpassens scharf hervorragen. d) Das Scheerengebiss als hoherer Grad des vorigen, wo der innere Rand der Unterkieferbackenziilme 2 bis 3 Zoll hoch wird und an den harten Gaumen driicken kann. Das Scheerengebiss ist cntwedcr einseitig oder beider- seitig und entweder an alien oder nur an einzelnen Ziihnen vorhandcn. Hiiufig findet man besonders an den Backenziihnen des Unterkiefers die vordere Hiilfte des ersten so bedeutend und scharfspitzig infolge mangclndcr Abreibung verliingert, dass derselbe ein bedeutendes Ilindernis beim Kauen abgibt. Zuweilen findet man die ersten Backenziiline des Oberkiefcrs tief aus¬ gehbhlt und vom ganzen Zahne nichts als eine selbst nur millimctcrdickc Schichte vorhanden. Verfiilschungen der Ziilme. 83

Wir liaben von alien diesen Deformitaten an der hiesigen Sclmle melirere Exemplare aufbe^ ahrt. Die infolge krankliafter Backenziihne entstehenden Fisteln rait Caries der Kiefer, Lockerwerden der Backenziihne, Ausfallen derselbcn und die in- folgedessen eintretende jauchige, ungemein heftig riechendc Absonderung, vobei die Thiere einen penetranten Geruch verbreiten, bilden einen v iehtigen Gegenstand derYeterinarchirurgie und kijnnen bier nicht welter berticksichtigt v erden. * Zuweilen sah icli bei alten Pferden die Krone der Backenzahne so be- dcutend abgerieben und die Ziilme selbstso weit aus den Zalmfachern heraus- getrieben, dass nur die einzelnen Wurzeln im Kiefer staken, so dass statt eines Backenzahnes 2 bis 3 getrennte Wurzeln sichtbar waren. Meiner Ansicht nach ist ein eigentliches Carioswerden der Ziilme beim Pferde, wie solches beim Menschen vorkommt, eine seltene Krankheit. Gev olin- lich driickt sich das Putter, namentlich die Kleie zwisclien dem Zalme und dem Kiefei in das Zalmfach oder in die Faltungen des Zahnes bei noch nicht ausgebildeten Backenziilmen und dieses mechanisch ^n aussen her einge- presste Flitter verursacht Eiterungsprocesse in den Zalmfachern und secundiire Lockerung und Caries der Ziilme.

§ 34- Yon den Verfdlschungen des Zahnalters. Iluufig sucht man jtinge Thiere fiir alter anzubringen, und zwar: f a) indem man Milchzaline fiir bleibende ausgibt, besonders bei gutentwickelten Filllen. Eine Tauschung ist zu¬ weilen mbglicli bei sehr breiten Milchsclineidezahnen. Allein bei Beriicksiclitigung aller Umstande (des deutlichen Halses, der abgcriebenen Bobnen, der geringeren Anzahl der Backenzahne und des Mangels der Hakenzahne etc.) diirfte doch ein Irrthum sclnver zu rechtfertigen sein; b) indem man den Zahnwechsel klinstlich be- schleunigt durch zu frillies Ausziehen der Milchzaline oder durch reizende Einreibungen oder Scarificationen des Zahnfleisches. Durch den Vergleich aller Zalme, die oft noch bestehenden Liicken etc. entdeckt man den Betrug. Anderseits liegt es haufig in der Absicht des Verkiiufers, alte Pferde jlinger zu machen. Da man im ganz gewbhn- lichen Leben weiss, dass junge Pferde and en Reibeflachen ihrer Note. In Nordamerika gibtes Tliier-Dentisten, welche hohle Ziilme beim Pferde mit einem Amalgam plombiren; friiher hatto man mit Gold plombirt. 6^ 84 Verfalsclmngcn der Ziiline.

Sclineidezaline Gruben besitzen, so suclit man dieselben, wenn sie verschwunden sind, kiinstlich nachzubilden, indem man mit- telst scharfer Werkzeuge Locker maclit, diese ausbrennt oder mit Sauren oder anderen Farbemitteln sckwarzt. Man heisst dieses Yerfakren Gitscken, Mullocken oder Mollocken, eigent- lick Gejlidsckten, Contre-marqucr, biskop englisck. TP'enn man bei zwolfjakrigen oder nock alteren Pferden an den Keibeflacken ikrcr Sckneidezakne Gruben erzeugt, so kann durck dieselben ein Kenner wokl nickt getiiusckt werden, da die ganze Form der lleibeflacke nickt mekr die querovale ist und die kiinstlicke Grube keinen Emailrand* besitzt. Audi wird in der Regel ein rundes Lock erzeugt, welckes sick yon einer natiirlicken Boline wesentlick untersckcidet. Wiirde man jedock bei eiuem acktjlikrigen Pferde in die oyale Kundenspur sekr genau und an alien Zaknen des Unter- kiefers Gruben macken, so kbnnte dock zuweilen eine Tausckung mbglick sein, die aber in der Regel auck nickt stattfindet, da man sick nur bestrebt ein rundes Lock zu bokren, das sick yon der quergestellten oyalen, mit einem Emailrande umgcbenen natiirlicken Bokne wesentlick untersckeidet. Da man seit den friikesten Zeiten weiss, dass lange Zakne bei den alten Pferden yorkommen, so bat man die Sckneidezakne abgefeilt oder abgesagt, um die Tliiere jilnger zu macken. Allein indem man dadurck eine alter markirende Reibeflacke erzeugt, so erroickt man durck ein solckcs Yerfakren nickts und in der Regel kann man den Betrug gleicli bemerken, weil die einandcr gegenubcrstekendcn Sckneidezakne sick niclit beriiliren. Immerkin bleibt die Altcrsbcstimmung eines Pferdcs nack den Zaknen mannigfacken Tausckungen unterworfen, yor wclcken nur ein sorgfaltiges Studium und kaufige Uebung, sowie Beack- tung aller Ncbcnumstandc, namentlick auck des Aeussercn des Pferdes sckiitzt. Dakcr kat man sick immer folgende drei Fragen zu vcr- gegenwartigen: 1. Hat das Pferd Milck- oder bleibende Zakne? 2. In welcker Periode steken sie? und 3. Sind keine Unregelmassigkciten in der Lange-und Rick- tung und keine Kunsteleien vorkanden? Lebcnsclaucr dcr Pferde. 85

DieLebensdaucr eines Thieres ist im allgemeinen 6- bis 7mal so lang, als es braucht urn auszuwaclisen; also 30 bis 35 Jabre beim Pferde.*) Das mittlcrc Alter des Pferdes bereclinet Ilartmann auf 10 Jabre. Manclie Pferde warden selir alt. So sollnachMontfaucon**) ein Gascogner Ftirst bei der Huldigung yon Raoul im Jabre 912 ein Pfcrd yon 100 Jabren geritten baben. Zehcntner erwiilmt eines 70 Jabre alten. Viborg sab in der Moldau einen 40jabrigen Ilengst in einem wilden Gestiite. Yon den Reitpferden Friedrichs 11. wtirde ein Schimmel 40 Jabre alt. Das pbysiologiscbe Museum des Wiener Thierarznei-Institutes besitzt den Kiefer eines 33 Jabre

alten Rcitpferdes Weiland Sr. MajestiLt Kaiser Franz I.3 ferner denKopf eines 40 Jabre alten Scbimmel-Wallacben Mezobegyeser Zucbt. Degive, Prof, in Cureghem bei Brlissel, bericbtet in den Annales de med. yetdr. yon einer 43 Jabre alten Stute, mittelgrosSj Arbeitspferd, belg. Landrace, welche wenigstens 32 lebcnde Fallen zur Welt bracbte und an der Tbierarznciscbule daselbst das Gnadenbrod geniesst. Maultbiere werden alter als Pferde und kbnncn selbst ein Alter von 60 Jabren erreicben. Sie gleichen bicrin dem Esel. Zu Toussaint im stidlicben Frankreicb starb 1860 das Pferd eines Gutsbesitzers 52 Jabre alt. Als classiscbc Abbandlung tiber die Zabnlebre gilt nocb immer: J. J. Pessina, Professor und Director am k. k. Tbier- arznei-Institute zu Wien: Ueber die Erkenntnis des Pferdealters aus den Zalinen. Mit 9 Tafeln. Neue Ausgabe. Wien 1825. In neuerer Zeit ist eine sebr umfangreicbe und genaue Arbeit liber die Zilbne und besonders die krankbaften Verande- rungcn der Backenziibne des Pferdes in Gtintbers Beurtbeilungs- Icbrc des Pferdes, Hannover 1859, p. 524—788, erscbienen. Was die Zabl der Pferde in Oesterreicb anbelangt, so ziiblte man im Jabre 1890 In Oesterreicb 1,539.388 » Ungarn 1,748.859 „ Croatien und Slavonien . 217.112 Zu^ammcn . . 3,505*359 *) Monuments do hi monarchie franQaise. Paris 1729. **) Hering. 86 Uebersichtstabelle.

Tabelle ilber den Ausbrucli mid Weclisel der Ziiline lieim Pferde.

Z a h n Ausbruch W e c h s e I

Vor oder einige Tage nach der Zangen Geburt 2 72 Jahr

Mittelzahne In der 4. bis 6. Woche 372 Jahr i «■ f ■ Eckziilme Mit 6 bis 9 Monaten 472 Jabr

Haken Mit 4 bis 5 Jahren —

Yor oder einige Tage nach der 1. Backenzahn Geburt 27, Jahr Yor oder einige Tage nach der 2. Backenzahn Geburt 272 Jahr Yor oder einige Tage nach der 3. Backenzahn Geburt .372 Jahr

4. Backenzahn Mit 10 bis 12 Monaten —

5. Backenzahn Mit l1^ bis 2 Jahren —

6. Backenzahn Mit 3 bis 4 Jahren — 0

11. AbschniU.

Eesondere Betr.aclitung der einzelnen Korpergegenden.

§ 35. Allgemeine Eintheilung des thierischen Korpers.*) Am tliierisclien Korper untersclieidet man drei Haupttheile, niimlich: den Ivopf, den Rumpf und die Extremitiiten, Endglieder oder Gliedmassen. Jeder einzelne dieser Haupttheile wird wieder in mehrere Unterahtheilungen gebracht, welche Korpergegenden genannt werdcn. Ihre genaue Bezeichnung und Begrenzung ist fiir das Studium des Exterieurs wichtig.

A. Gegenden am Kopfe. Am Kopfe untersclieidet man: a) den hinteren oder Schiideltheil, und b) den yorderen unteren oder Gesichtstheil. ad. a) Der Scliiideltlieil zeigt: 1. Die Hinterhauptgegend oder das Genick, die Gcgcnd hinter und iiber den Okren, wo sich der Kopf mit dem Halse verbindct. 2. Die Vorderliauptgegend zwischen den Ohren mit einem Btischel Langhaare oder dem sogenannten Sckopf.

*) Sielie: Abbildung eines Pferdes, Fig. 24.

Gesichtsgegenden. 89

3. Unter imd yor Aerselben die Stirngegend, welche zwisclien den iVugen ilire Lage liat und in den Nasenrlicken tlbcrgcht. 4. Seitlicli am Scliiidel liegt die Olirgegend mit den Olirmiischcln und 5. vor ihr die Schlilfengr ub e, welcbe etwas yertieft ist und bei den Kaubewegungen ein abwechselndes Heben und Senken yom Kronenfortsatze des Unterkiefers zeigt. Sie wird begrenzt nacli ausscn yon einem festen, yorspringenden Bogen, dcm sogenannten Jocbbogen. ad b) Am Gesiclitstheile untersclieidet man: 6. Unter der Stirn den N a s e n r u c k e n, welcber in die Nasenspitze tibergebt. 7. Abwiirts zeigt sicb die 0 b e r- oder V o r d e r 1 i p p e und zu beiden Seiten die beidcn Nasenbffnungen, begrenzt yon den Nasenfliigeln. 8. Unter der Sclilafengrube ragt der Augenbogen heryor, welcber die Augen mit den Augenlidern yon oben scbiitzt. 9. Zur Seite sieht man die breite, flaclie Ganascben- oder Wangengegend, welcbe den ausseren Kaumuskcl * zur Grundlage bat. Sein vorderer Rand ist scbarf begrenzt und dient als Anbaltspunkt zur Auffindung der Angesicbtsscblagader, welcbe zum Flihlen des Pulses bentltzt wird. 10. Unter den Augen liegt zur Seite des Nasenrttckens die eigentlicbe Gesicbtsgegend; yor ihr 11. die B a ekengeg end. Unter der Oberlippe siebt man 12. den Maulspalt, welcber abwiirts 13. yon der Unter- oder Hinterlippe mit dem Kinn begrenzt wird. Beide Lippen stossen in den Maulwinkeln an- einander. "'14. Zwisclien den Aesten des Unterkiefers liegt ein drei- eckiger, nach vorne spitzig zulaufender Raum, welcber K e b 1- gang genannt wird.

13. Einthcilung des Rumpfes. Der Rumpf oder Stamm zerfiillt in folgende Uauptunter- abtbeilungcn, und zwar: 90 Hals, Kiicken, Lende, Krcuz.

a) in den Hals; b) den Riicken; c) die Lenden; d) das Kreuz; e) den Scliweif; f) die Brust und g) den BaticL Der Hals, welcher sich yorne mit dem Kopf and liintcn mit der Brust yerbindet, zeigt zwci breite Seitenflacben, einen oberen odcr K a mm rand, und einen unteren oder Kelilrand. Die langen Haare am Kammrande ftlbren den Namen Mahnen; zur Seite des Kelilrandes siebt man beiderseits eine yom Kopf gegen die Brust bin verlaufcnde Binne, D r o s s e 1 r i n u e, in welcher die Drosselyene ihre Lage bat, welcbe beim Aderlassen geoffnet wird. Der Riicken fllbrt in seinem yorderen bbberen Tlieile liber den Scbultern den Namen Wi d e r r i s s oder W i d e r r i s t, er ist yom Halse durcb einen Ausschnitt gescbieden und gebt in den eige ntlicben Riicken iiber, an welcben sieb die Lenden- gegend oder Nierengegend anscbliesst. Der Riicken reicht bis zum binteren Rande der letzten Rippe, die Lende bis zu einer Linie yon eincm Httftcnwinkel zum anderen. An die Lende stbsst das Kreuz oder die Croupe, welcbe nach hinten an den Scliweif mit der Riibe und den Ilaaren grenzt und seitlicb durcb eine Linie yom ausseren Darmbeins- winkel zum Sitzbeinshbcker yon der Oberschenkelgegend gescbie¬ den ist. Der vorragcnde iiussere Darmbeinswinkel flibrt den Namen Hlifte oder Ilanke. Die Brust wird eingetbeilt in die Vordcrbrust zwiscben den beiden Schultergclenken, in die U n t e r b r u s t abwiirts zwiscben den beiden Vorderftissen und in die Sei ten brust rechts und links binter der Schultcr und zur Seite des eigent- licben Rilckens. Der Bauch zerfallt: 1. in die y o r d c r e B a u c b g e g e n d, sie rcicbt yom Endc des Brustbeines bis zu einer Linie, die man sicb yom binteren Rande der letzten Rippe der einen Seite zu der der anderen Seite gezogen denkt; 2. in die mitt lore Ban dig eg end, welcbe bis zu einer Linie yon einem Htiftenwinkel zum andern reicht und 3. in die h i n t e r c B a u c h g e g e n d zwiscben den Hinter- schenkeln. Vorderfusse. 91

Die yordere Baucligegend heisst in ilirem mittleren nnteren Theile Brustbeingegend, die beiden Seitentheile flihren den Namen Rippenweiclien. Die mittlcre Baucbgegend heisst in ilirem mittleren nnteren Theile Nabelgegend, die beiden Seiten¬ theile heissen Weichen oder Flan ken; sie grenzen aufwlirts an die Lendengegend, abwiirts werdcn sie begrenzt yon einer Hautfalte, welche sich yom Bauche seitlich zum Dinterknie hin- zieht und den Namen Kniefalte ftlhrt. Die kintere Bauchgegend heisst Schamgegend; bei mannlichen Thieren liegt daselbst der Schlauck mit dem mannlichen Gliede und der Hodensack, bei weiblichen das Enter. Neben dem Ilodensacke beiderseits ein- Avlirts der Kniefalte liegt die Leistengegend, welche yon den Oberschenkeln anssen begrenzt wird. Bei den weiblichen Thieren, wo an sie das Enter stbsst, hat sie nicht jene Wichtigkeit als bei den mannlichen, wo der Le^stencanal mit dem Samenstrange seine Lagc hat, die Castration geiibt wird und zuweilen Einge- weidcbruchc (Leistcnbruche) yorkommen. Untcr dem Schweife zeigt sich die rundliche zusammen- gezogene AfterofFnung oder der After. Bei mannlichen Thieren heisst die Gegend yon da an bis zum Hodensacke das Mittel- fleisch. Bei weiblichen Thieren findet sich untcr dem After* die Schamsp alte, begrenzt durch zwei Schamlippen. Die Haut- briicke zwischen dem After und der Scham wird bei den weiblichen Thieren mit dem Namen Mittelfleisch bezeichnet.

(7. Eintheilung der Gliedmassen. Die Gliedmassen zerfallen in zwei yordere und zwei hint ere, welche auch den Namen yordere und hintere Extremi- tiiten fuhren. Jeder Vorderfuss liisst untcrscheidcn: 1. Die Schultergegend an der Seite des Brustkorbes. Nach yorne ragt das Schulter- oder Buggelenk hervor, hinten und abwiirts zeigt sich der Ellbogenhbcker, an der inneren linken Seite der Brust wird der Ilerzschlag zwischen der 5. und 6. Rippe am deutlichsten gefiihlt. 2. Der Vorarm steht senkrecht nach abwiirts, er ist oben breiter als unten, mit einer inneren und iiusseren Fliiche. An denselben schliesst sich 92 Hinterfiisse.

3. clas Vorderknie oder VorderfusswurzeJgelenk an. An der inneren Seite des Yorarmes sieht man eine liornige Hervor- ragung, die Kastanie. 4. Auf das Vorderknie folgt die Scliienbeingegend oder Mittelfussgegend, dann 5. die Fesselgegend und das Fesselgelenk, an dessen liinterer Seite sick ein Biischel Langliaare, die Haarzotte, be- findetj in deren Mitte ein horniger Fortsatz, der Sporn, zu fUhlen ist. 6. Dann folgt die Kronengegend nnd die Krone nnd 7. der Hnf. ^ Jeder Hinterfuss oder hinterc Extremitat zerfiillt: 1. in die Oberscbenkelg^gend mit dem nach abwarts und vorne gelegenen Hinterknie oder eigentliclicn Knie (Keulen- gelenk). Der Oberschenkel verbindet sich mit dem Becken mittelst des Hiiftgelenkes; 2. die Unterscbenkelgegend (Hose); 3. das Sprunggelenk oder Fersengelenk; 4. das hintere Schienbein; 5. die Fessel; 6. die Krone; 7. die Hufgegend. An der inneren Seite des Sprunggelenkes bemcrkt man auch eine kleine Kastanie, sowie an der hinteren Seite des Fessels den Sporn mit einer kurzen Haarzotte. Wenn man vom Ellbogenbocker aus liings der Anhcftung des Zwercbfelles nacli innen schief nach aufwarts gcgen das hinterc Ende des Riickcns eine Linie zieht, so zerfiillt das Pferd in die Vorhand und in die Nachhand.

§ 36. Der Kopf (Tete). Der Kopf als Gauzes kann riicksichtlick seiner Grbssc und Schwere, seiner Form und Bescliaffenbeit, sowie nach seiner Verbindung mit dem liaise, Ansatz, in Betracht gezogen werden; yon seinem Gesammtausdrucke liiingt die Beurtheilung des Temperamentcs, der Race, der Gclehrigkcit und Yerwend- barkeit der Thiere ab. Als jener Kbrpertheil, wo das Geliii;n und Grosse und Schwerc dcs Kopfes. 93 die Sinneswerkzcuge ilire Lage liaben, verdient der Kopf die aufmcrksamste Beacbtung, abgeseben davon, dass ein grosser Theil yon ausserlicli sicbtbaren Hauptgcbrecben des Pferdes daselbst vorkommt. Da der Kopf mit seincn Formen vorzugsweise vom Vater yererbt, so muss derselbe namentlicb bei Zucbtbengsten beriicksicbtigt werden. 1. Die Grosse des Kopfes kann nur mit Riicksicbt auf den iibrigen Korperumfang beurtbeilt werden. Im allgemeinen wird wobl ein zu grosser Kopf die Yorband belasten, besonders wenn der Hals scbwacb ist, und dergleicben Pferde werden fur den Beitdienst ungeeignet erscbeinen; allein anderseits darf der Kopf jedocb nicbt zu klein sein, well er nicbt den nbtbigen Raum fiir die gehorige Entwickelung aller Organe darbieten wlirde. Bei Keitpferden ist ein grosserer Kopf wunscbenswerter als ein zu kleiner, weil er besser in der Hand des Reiters liegt. Bei engliscben Kutschpferden erscbeint oft der Kopf mit Riicksicbt 1 auf die Kbrperhobe auffallig klein und betragt kaum /z derselben. Kacb Roloff soli die Kopflange gleicb sein dem minor der Korperbobe. 2. Die Schwere des Kopfes bangt von der Scbwere der Knocben, dem Umfange der Muskulatur und der Iibrigen Weicb- tbeile ab. Ein gut gebauter Kopf soil scbarf markiite, eckig und kantig Aorstebende Knbcben, eine feine Haut obne Fettabsatz, eine dicbte, straff sicb anfiihlende, deutlicb yortretende Muskulatur und ^deutlicb sicbtbar yerzweigte Gefiisse besitzen. Man nennt dergleicben Kbpfe trocken und blutig. Zu magere Kbpfe mit zu wenig entwickelter Muskulatur miissCn als feblerbaft bezeiebnet werden, ebenso zu fette und fleischige Kbpfe. 3. Die Form des Kopfes ist bei den verscbiedenen Pferde- racen oft betracbtlicb abweicbend. Man unterscbeidet verschiedene Kopfformen: a) Den geraden Kopf, bei welcbem eine Linie, vom Vorderbaupte nacb abwarts zur Nasenspitze gezogen, eine gerade ist. Wenn derselbe zugleicb eine dem iibrigen Kbrper entsprecbende Grosse bat, so wird er allgemein fiir sebbn gebalten. Er findet sicb vorzugsweise bei orientaliscben und den von ibnen abstam- menden Pferderacen. 94 Formen des Kopfes.

b) Den halben Rammskopf, bei welcliem eine Linie vom Yorderhaupte liber die Stirne bis zum Nasenriicken gerade ver- lauft, von der Mitte der Nase aber angefangen in einer sanften TVolbung nacli vorne sick erliebt. Ein solclier Kopf wird gleiclK falls ftir sclibn gehalten, er ist gross und findet sich bei veredelten Pferderacen, bei den egyptischen und normannisclien Pferden. c) Den ganzen Rammskopf, welcher dadurch ausge- zeiclinet ist, dass die Yorderbauptgegend, die Stirne und der Nasenrlicken stark nacli vorne gekriimmt sind. Hiiufig ist dabei der Kopf gross, die Stirn sclimal, die Augen tiefliegend. Man findet denselben bei den Berbern, den spanischen, neapolitanischen und den von iknen abstammcnden Pferdesclilagen. Zuwcilen erscbeint dabei der gauze Sclnideltlieil des Kopfes auffallend schmal, so dass man auf ein kleines Geliirn im Yerli'altnisse zur sonstigen Grbsse scliliessen muss. Ob rammskopfige Pferdc eine besondere Anlage zu Geliirnkrankbeiten baben, wie, angegeben wird, ist nicbt ausgemacbt. Pferde mit Rammskbpfen sind in der Regel gute Reitpferde und nebmen viel Dressur an, wie dieses die neapolitaniscben und spaniscben Pferde beweisen, welcbc gerne zum Reitunterricbte verwendet werden. d) Den Scbafkopf, bei welcbem die Wblbung bloss am Vorderbaupte und der Stirne sicb vorfindet, die Nase jedocb ziembcb gerade verlauft. Diese Kopfform wurde ebedem ftir be- sonders scbbn gebalten, sie findet sicb aucb bei mancben orien- taliscben, franzbsiscben und anderen edlcren Pferden, obwobl der Kopf zuweilen etwas zu lang und scbwer ist. e) Den Hecbtkopf, der klein ist und cinen eingedriickten Nasenritcken besitzt. "\Yenn dabei die Stirn breit, der Vorkopf gross und die Nasenlbcber weit sind, wie bei dem berubmtcn engliscben Ilengste Eclipse, so kann eine solcbe Kopfform fiir scbbn geltcn, obwobl sie aucb bei weniger edlen Eacen mit scbmaler Stirn und engen Niistern vorkommt. /) Den Scbweinkopf, der sicb durcb eine schmale, ein- gedriickte Stirn und Nase auszeicbnet. Der Kopf erscbeint plump, die Augen tiefliegend, die Obren bangend, die Nasenlbcber enge, ebenso der Keblgang, die Ganascben dick und wulstig. Er gilt allgcmein fiir nicbt scbbn und findet sicb zuweilen bei gemeinen europaiscben Pferdesclilagen. * Formen des Kopfes. 95

g) Den Ochsenkopf, cler durch seine Grdsse und sonstigen

plumpen Yerluiltnisse ausgezeiclmet ist3 obwohl ev sonst in einem riclitigen Yerluiltnisse zum ganzen Korper stelien kann, z. B. bei den scbweren abendliindiscben Zugracen. Die Obren sind dick und biingen zuweilen sclilafF nach abwlirts, die Nasenlbcher scbief gestellt und enge, die Lippen dick und gewulstet, der Maulspalt gross, die Ganasclien plump, der Keblgang enge, dabei ist der ganze Kopf tief angesetzt. li) Den Keilkopf oder Sclilegelkopf, welcher eine keilformig nach abwiirts zulaufende Form besitzt; er ist nach oben breit und wird abwiirts immer sckmiiler, so dass jSTase und Maul ge- spitzt vorsteben. Er findet sich bei cdleren und gemeinen Pferden; wenn dabei die Stirn bedeutend gewblbt erscbeint, so wird er auch als Ilasenkopf bezeiclmet. i) Ein mit Muskulatur und Fett uberladcner Kopf, bei welcbem die Ilaut dick und wulstig ist und die Knocbenyorspriinge wcnig sicbtbar sind, wird auch als fetter, fleiscliiger Kopf bezeiclmet und nicht gescbiitzt. Er ist eine Eigentlitimlichkeit scbwerer abendliindiscber Bacen. Bei Fiillen tritt der Gesichtstlieil des Kopfes gegen den Sclnideltheil auffallcnd zurtick, die Stirn ist bedeutend bervorge- ^ olbt, der Kopf erscbeint in Bezug auf das ganze Tbier zu klein, weil die Kiefer nocb nicbt ausgebildet sind. Bei sebr alten Pferden erscbeint der Kopf infolge der Verflachung der Kiefer bedeutend in die Liinge gczogen, das Fett und die Muskulatur schwindet, die Schlafengruben sind ein- gesunken, die Jocb- und Augenbbgen steben scbarf bervor, die Augen liegen tief, die Nasenlbcher sind enge, die Lippen hangen seblaff berab, besonders die Unterlippe. Zuweilen erscbeint der Gesichtstheil des Kopfes scbief, welches durch eine Yerkritmmung der Knocben des Yorkopfes meistens infolge mechaniscker Gewalt, z. B. bei der Gcburt, bedingt ist. Oder es erscbeint der Gesichtstheil auf der einen Seite betracbtlicb der Lange nach cingedrtickt, welcber Zustand theils angeborcn, tbeils infolge mecbaniscber Einwirkung er- ' worben sein kann. Weiblicbe Tbiere baben in der Regel einen kleineren und fciner gebauten Kopf als mlinnlicbc derselben Race. 96 Ansatz des Kopfcs.

4. Die Yerbindung des Kopfes mit dem Halse oder der sogenannte Ansatz, sowie die Stellung und Beweglicbkeit des- selben sind bei der Beurtheilimg des Pferdes yon einer wesent- lichen Bedeutung. Der Ansatz des Kopfes ist gut, wenn das Genick ziemlich lang und der Kopf vom liaise so gescbieden ist, dass sicb unter den Oliren zu beidcn Seiten eine Yertiefung zeigt, der Kelilrand nacb oben einen deutlichen Ausscbnitt besitzt, der Kelilgang weit ist und bei der Bewegung die Kehle leiclit aufnimmt. Ein solches Pferd lasst den Kopf bei der Ztigelwirkung gut herbeistellen. Bei einem sclilecliten Kopfansatz ist das Genick kurz ' und steif, der Kopf ist vom Halse nicht gescbieden. Das frei lebende Pferd tragt den Kopf bocb, die Nasen- locber nacb vorne gekebrt, dieselbe Stellung nebmen dergleicben Tbiere oft aucb im gezabmten Zustande an, sie werden soge¬ nannte Sterngucker und entzieben sicb der Wirkung des Gebisses. Beim gczaumten Pferde stebt der Kopf senkrecbt; wird der Hals mit dem Kopfe jedocb zu sebr gegen die Brust gebcugt, was man das Verkappen ncnnt, so entzieben sicb dergleicben Pferde gleicbfalls dem Willen des Eeiters. Die Beweglicbkeit des Kopfes soil in der Art leiclit sein, dass dcrselbe gerne die Ricbtung annimmt, Avelcbe der Eeiter ibm geben will, obne jedocb sicb beim Gauge zu beben und zu

senken, was immer auf eine gewisse Kraftlosigkeit bindcutet# Wenn aucb die Form und Grosse des Kopfes fiir die Be- urtbeilung der Leistungsfabigkeit eines Pferdes wcnigcr Bedeutung als der Rumpf bat, so bat er docb seine grosse Wicbtigkeit in Bezug auf die Gebirn- und Sinnestbatigkeiten, das Temperament, die Abstammung und das Alter.

§ 37. Genick oder Hinterhaupt (nuque). Das Genick ist der binterstc und oberste Tbeil des Kopfes, der sicb mit dem Kammrande des liaises verbindet und einen Btiscbel Langbaare triigt, welcber Ilaarscbopf (toupet) Das Genick. 97 genannt wircl. Der Quer- oder Genickfortsatz ist dcxitlich imter tier Haut als vordere Grenze zu ftihlen. Man fordert von einem gut gebautcn Genick, dass dasselbe lang, breit, fleiscliig sei und in einer sanften Wolbung in den Kammrand des liaises iibergebe. Ist das Genick zu kurz, so liat das Kopfgestell keinc ordentliclie Anlage, der Kopf ist nicbt frei bcweglich; ist es zu- scbmal und zu mager, so entsteben infolge des Druckes leicht Genickbeulen; steht jcdocb das Genick zu hoch, so sinkt der Kopf tief berab, der Ansatz ist scblecbt, solcbe Tbicre neigen zum Yerkappen. Ebenso stort aber aucb ein zu niedriges Genick die ricbtige Verbindung des Kopfes mit dem liaise. Ilengste baben ein starkeres und breiteres Genick als Stuten und "Wallacben, bei jung^n Pferden ist es scbmiiler, als bei aus- gcwacbscnen. Die Krankbeiten, welcbe bier vorkommen, sind meist bedingt durcb das Kopfgestell. Sie besteben in nautabscbiirfungen, Quetscbungen (Genickbeule), Abscessen und Fisteln. Der Haarscbopf ist bei edlen Pferden fein und miissig lang, er reicbt bloss bis auf die Stirne. Bei gemeinen Pferden ist er dick, die Haare sind grob, reicben tief berab und beeintriicb- tigen oft das Seben. Pferdebiindler bescbneiden den Scbopf, reissen Haare aus, kiimmen und wascben sie bfters, um den Tbieren ein edleres Ausseben zu geben. Die Gegend zwiscben den Obren wd aucb Vorderbaupt genannt. Sie wird ganz vom Haarscbopf bedeckt. Bei Fiillen ist sie stiirker gewolbt, als bei erwacbsenen Tbieren.

§ 38. Die Ohren (oreilles). Sie liegen zu beiden Seiten des Schiidels. Aeusserlicb ist yom ganzen Gebororgane nur die Obrmuscbcl sicbtbar, dcrcn Grbsse, Ansatz, Beweglicbkeit und Emplindlicbkeit bei der Unter- sucbung eines Pferdes immer in Betracbt gezogen werden muss. Man fordeit von gut gebauten Obren, dass sie 2/o der Kopf- 1 liingc besitzen und etwa 1 bis I /2 Ncuntel voneinander ab- steben; gegen die Senkrecbte bilden sie einen Winkcl von 45°; sie sollen gegen jeden ausseren Reiz leicbt empfindlicb und Muller, Exterieur des Pferdes. 6. Aufl 7 98 Die Ohren.

Ibeweglicli sein und liocli getragen werden, in dcr Art, dass sie am Grunde mehr als an der Spitze einander genlihert sind. Gutmutliige imd gesunde Pferde spielen fortwlihrend mit den Ohren, indem sie die Muschel der Riclitung zukeliren, wo irgend ein Gcriiuscli stattfindet. Eine zu grosse Beweglichkeit kann den Yerdaclit der Blindheit erregen, besonders wenn beide Musckeln in entgegengesetzter Eiclitung bewegt werden; bosliafte und tiickisclie Pferde legen die Ohren stark nach rtickwarts, wahrend pklegmatische oder mit Koller behaftete Pferde dieselben hiingen lassen'und das Einbringen des Fingers in die Ohrmuschel gerne dulden. \ Gemeine und wenig empfindlicke Pferde haben grosse, dicke, mit groben Haaren an ilirer inneren Flache besetzte Ohr- muscheln, weswegen Pferdehlindler hliufig die Langhaare aus- scheeren, um den Thieren ein edleres Ausselien zu geben. Um die Empfindlichkeit der Muschel zu steigcrn, wird die- selbe mit scharfen Substanzen oder Nadelstichen gercizt; han- gende Ohren sucht man mit dem Ohriiemen in die Ilbhe zu halten, auch liat man friiher ein Stlick Ilaut liber den Ohren ausgeschnitten und die Wunde zugeniiht, um dadurch einen hbheren Stand der Ohren zu erzielen. Zu grosse Ohren wul'den beschnitten, wclche Operation man Miluseln nannte, zu hoch gestellte oder sogenannte Hasenohren, suchte man yoneinander zu cntfernen, indem man den Aufheber der Ohrmuschel (einen Muskel, welchen man unter der Ilaut flihlt) durchschnitt. Arabische Pferde haben meistens ziemlich grosse %Ohrcn, sie sind als ein Zeichen yon besonderer Intelligenz anzusehen. Man unterscheidet folgende Formen der Ohren: 1. Die Maiiseohrcn sind klein und gerundct. Man schatzte sie bis yor kurzem besonders, dahcr man grosse Ohren beschnitt (das Mauseln), um sie klciner zu machen. 2. Die Ilasenohren sind lang, schmal, stehen enge bei- sammen und werden hoch getragen. 3. Die Eselohren sind gross und breit, sie finden sich zuwcilen bei edleren Pferden. 4. Die Kuhohren sind dick, gross, weit yoneinander abstehend und tief angesctzt, sie finden sich bei gemeinen abend- landischcn Racen. Stirne und Nasenriicken. 99

5. Sclnveinohren oder Sclilappohren lieissen letztere, Avenn sie bei jeder Bewegung des Kopfes wackeln. Ein nicbt so selteu an der Ohrmuschel, selbst bei edleren Pferden vorkommendes Gebrecben sind ziemlich grosse, rotbe, leiclit blutcnde Warzen, welcbe entweder breit oder gestielt auf- sitzen. Yor den Ohren findet man die SchUifengrube (tempes) oder aucb Augengrube genannt. Dieselbe ist bei trockenen Kbpfen etwas eingesunken, so dass der Jochbogen und Augenbogen scharf liervortreten und die Bewegung des Kronenfortsatzes ^om Unterkiefer beim Kauen deutlicli sichtbar ist. Bei fetten und flei- schigen Kbpfen, bei gemeinen Kacen ist die Schlafengrube ganz von Fett ausgefllllt, daher man selbst kilnstlich durcb Einscbnitte etwas davon auszuziehen traclitete. Bei bedeittender Abmagerung und in bblierem Alter sinkt die Schlafengrube infolge a on Auf- saugung des Fettes tief ein. Schwab*) erwaknt eines seltsamen Katurspieles, dass man bei Fiillen sclion mehrmals im oberen Theile einer Schlafengrube und nahe dem Ohre einen Knochen- auswuchs gefunden, der sich bei nliherer Untersuchung als ein erratischer Backenzahn darstellte. Auch in unserem Museum sind zvei almliche Piiiparate aufbewahrt. Unter den Ohren liegt die Ohrspeicheldriise, in deren Tiefe der dem Pferdegeschlechte eigenthllmliche Luftsack sich ^or- findet.

§ 39. Die Stirne (front), der Nasenriicken und die Augenbogen. Die Stirne soil breit und beim erwachsenen Pferde ent¬ weder platt oder leicht gebogen sein. Beim Fiillen und beim soge- nannten Schafkopf ist die Stirne stark gewblbt. Eine schmale Stirp a errlith entweder eine kleine Schadelhbhle oder kleine Stirnhbhlen. Zuweilen findet man bei erwachsenen Pferden einen oft ziemlich tiefen Eindruck, welchcr auf mechanische Weise, z. B. durch einen Ilufschlag, entstanden ist und keine Bedcutung hat. In der Stirngegend bemerkt man beiderseits nicht so selten

^ Anleitung zur ausseren Pferclekcnntnis von Professor Dr. Schv ab, Miinchen 1846, pag. 19. rj ;;; 100 Augenbogen. Augenlitler. zwei yon cler Haut bedeckte, oft bis 1*5 cm bobe Hocker — Stirnhorner, welche ibren Grund in einer Ubermiissigen Entwicke- lung der vorderen Flligel des Keilbeines haben. Der Nasenrticken verliuift yon der Stirne bei edlen Pferden gerade nack abwiirts. Nach den verscbiedenen Kopfformen kann dcrsclbe entweder gerade verlaufen oder nach vorne gewolbt (bei Rammskopfen) oder ausgeschweift sein (beim Ileclitkopf). Zuweilen beobacbtet man im unteren Drittheile einen Eindruck von der Anlage des Nasenriemens, der eine Aufsaugung der Nasenbeine durcb fortrsYiibrenden Druck bewirkt. Die Augenbogen geben you der Stirne quer nacb aussen. Sie sollen nuissig gewolbt und frei vortrcten, so dass der Eingang in die Augenboble gross ist. Starke, dicke, zu sebr gewolbte Augenbogen bedingen eine tiefere Lage des Augapfels, sie finden sicb bei grobknocliigen Kopfen und machen den Blick finster. Bei dunkleren Haarfarben erscbeinen im bolieren ^Uter an den Augenbogen zuerst die weissen Haare; bei kolleriscben oder blinden Pferden finden sicb an ibnen nicbt so selten Hautab- scbilrfungen, Quetscbungen und Yerdickungen, kable Stellen yom Anstossen an yerscbiedene Gegenstande.

§ 40. Die Augen. Die Augen sind in exterieuristischer Beziebung ein wicb- tiger Gegenstand der Untersucbung, indem die Braucbbarkeit eines Tbieres von der gesunden Bescbaffenbeit dcrselbcn wesent- licb abbangt. Bei der Bctracbtung der Augen muss man mit den Augen- lidern beginnen und dann auf den Augapfel oder das eigentlicbe Auge iibergeben. A Die Augenlider (paupieres) sind zwei deckelartige Hautlappen ober und unter dem Aug¬ apfel (oberes und unteres Augenlid), welcbe zum Scbutze des- selben yorbanden sind. An ibrem freien Rande tragen sie die Augenwimpern. Die Augenlider sollen diinn, leicbt beweglicb und fein bebaart sein, im gesunden Zustande weit yoncinander absteben, so dass das Auge frei bervortritt. Das obere Augenlid Augenlider. 101

ist fein gefaltet und zeigt einen deutlicheUj melir weniger scbarf vortretenden AYinkel (yom Aufheber des oberen Augen- lides), der somit kein Zeicben einer besonderen Augenkrankbeit sein muss. Dicke, gewulstetc, gescbwollene, mit Abscbtirfungen bcbaf- tetc Augenlider, welcbe zugleicb tief berabbangen, zeigen immer Kopf- oder Augenkrankbeiten an, ob dieselben gegenwiirtig be- steben oder vorausgegangen sind. Mangelnde Haare am unteren Augenlide gegen den inneren Augenwinkel bin sind ein Zeicben einer reicblicben Tbranenabsonderung und verrathen vorausge- gangcne Augenentziindungen, Katarrhe, Anfiille yon Mondblind- beit, besonders wenn sicb die Spuren des Haarmangels aucb im Gesicbte zeigen. Die am Kande der Augenlider befindlicben Augenwimpern sollen bogenfdrmig nacb auswiirts gericbtet sein und nicbt mit iliren Spitzen das Auge treffen und dasselbe reizen. — Gescblos- sene Augenlider deuten Licbtscbeue und somit Augenentziindungen an. Narben verratben yorausgegangene mecbaniscbe Verletzungen. Die Nick- oder Blinzbaut im inneren Augenwinkel ist im normalen Zustande wenig sicbtbar, ^bei Entziindungen und anderen Eeizungszustanden des Auges tritt sie jedoch bedeutend vor, namentlieb bedeckt sie beim Starrkrampfe fast das ganze Auge yon yorne. Im gesunden Zustande gesebiebt die Absonderung der Tbranen und der Augenbutter yon den Augenliddriisen nur in einer solcben Menge, dass dieselben durch die Tbranenpunkte am inneren Augenwinkel aufgesaugt werden kbnnen. lYenn aber durcb Klilte, Staub, Diinste oder andere mecbaniscbe oder krank- bafte Beize cine reicblicbere Tbranenabsonderung vor sicb gebt, so yerratb sicb dieselbe durcb ein reicblicbes Ausfiiessen aus den Nasenbffnungen, durcb Anbaufen derselben im inneren Augen¬ winkel und Ilerabfliesseii im Gesicbte, wodurcb Aniitzungen und baarlose Stellen entsteben. Die Scblcimhaut der Augenlider oder die B i n d e b a u t sondert im gesunden Zustande nur eine geringere Menge Scbleimes ab; in Beizungs- und Entztindungszustanden ist oft die Abson¬ derung sebr reicblicb und eiteralmlicb. 102 Augapfel.

B. Der Augapfel (Globe de Toeil ou bulbe).

Fig. 25.

a) Bindebaut; b) weisse Haut; c) Hornhaut; d) Aderhaut; e) Regenbogenbaut mit dem Sebloclie oder der Pupille; f) Ciliar- korper; g) Sebnerve; h) Netzhaut oder Nervenhaut; i) Linsen- kapsel und Linse oder Krystallinse; k) Glaskorper; I) vordere Augenkammer; m) bint ere Augenkammer. Die Bindebaut ist eine diinne, feine Haut, welcbe sicb von der Scbleimbaut der Augenlider auf den Augapfel fort- setzt, den vorderen Tbeil der weissen Haut locker bedeckt und selbst als eine diinne Scbicbte auf die Hornbaut •iibergebt. Sie ist immer scbwarzlicb gefiirbt, namentlicb im Umkreise der Hornbaut. Die weisse Augenbaut ist cine aus festen fibrosen Fasern gebildete Haut, welcbe dem Augapfel die Form verleibt; sie nimmt nacb yorne an einer grossen queroYalen Oeffnung die Hornhaut auf, welcbe aus Yollkommen durcbsicbtigen Fasern bestebt und eine starkere Kriimmung als die' weisse Haut bat. Schichten cles Auges. 103

Die Aderhaut (Chorioideca) ist eine scliwiirzlicliCj aus Zell- gewebe undGefassen bestebendeHaut, welclie an der inneren Flaclie im hinteren Theile einen blaulicli schillernden Ueberzug (tapetum) besitzt. Sie enthiilt sebr yiel scliwarzen Farbstoff, ist nacb vorne zu- sammengeschoben und bildet den Ciliarkbiper oder Strablenkbrper. Die Eegenbogenbaut, Iris, ist eine quer in das Innere des Augapfels gestellte Scbeibe, welclie in der Mitte eine quer- ovale Oeffnung besitzt, die den Namen Selilocli oder Pupille ftilirt und zum Durcbtritte des Licbtes in den binteren Theil des Augapfels dient. Vom oberen Eande der Oeffnung sieht man einige schwarzliche Kbrner berabhangen, welcbe Trauben- kbrner genannt werden. Die Netzbaut ist sebr dilnn und fein, beinabe farblos oder etwas wcisslicb, sie liegt unmittelbar an der inneren Flaclie der Aderhaut, mit derselben concentrisch und reicbt nacb yorne bis zum Eande der Krystallinse. Die Netzbaut ist die Ausbreitung des Se liner yen des zweiten Gehirnneiwen, welcber als ein rundlicher Neryenstamm mebr nacb aussen vom Mittclpunkte des Augapfels die weisse Haut und die Aderhaut durchbohrt und sicb zur Netzbaut ausbreitet. Sie ist das licbtempfindende Organ des Augapfels, auf ibr bildet sicb ein verkehrtes Bild des Gegenstandes, der beleucbtet ist oder selbst leuchtet, ab. Dieses Bild wird yon der Netzbaut empfunden und durch den Sebnerven zum Gehirne fortgeleitet. Die Krystallinse oder Linse ist nacb Art eincr doppelt convcxen Glaslinse gebaut, ihre vordere Seite ist aber weniger, die hintere mebr gewblbt. Sie ist vollkommen durcbsicbtig, aussen weicber als im Mittelpunkte und von einer vollkommen durchsichtigen Hlille umgeben, welcbe den NamenLinsen- k a p s e 1 triigt. Die Linse liegt unmittelbar hintcr dem Seblocbe, durcb sie mtisscn die Liclitstrablen durclitreten und werden in der Art gebrocben, dass die oberen Straklen nacb abwlirts, die unteren aufwiirts geben und sicb im Glaskorper in einem Punkte vereinigen, welcben man Brennpunkt nennt. Der Glaskorper nimmt die Linse auf und ftillt den bin¬ teren grbssten Tbeil des Augapfels aus. An einer liusseren 104 Beschaft'enheit des gesunden Auges.

Seite liegt die Netzliaut. Der Glaskorper ist eine vollkommeu klare und durchsichtige, weiclie, jedoch zusammenhiingende Masse, die aus Facliern bestelit, in welcken eine eiweissartigeFllissigkeit ergossen ist. Durcli denselben geben die gebrocbenen Licbt- strablen zur Netzliaut. Zwisclien der Hornhaut und der Eegenbogenhaut bleibt ein freier Eaum, in welcliem eine klare eiweissbaltige Fliissigkeit enthalten ist. Er heisst vordere Augenkammer und stebt durcli das Seliloeh mit einem viel kleineren hinteren Eaume im Zusammenliangj zwisclien der Eegenbogenhaut und der Linse, welclier den Namen hintere Augenkammer fulirt. \ Die Eegenbogenhaut odcr Iris kann sich zusammen- ziehen und ausdehnen. Bei den yerschiedenen Bewegungen der- selben wird das Sehloch enger oder weiter, es kann dahcr wenig oder yiel Licht durchtreten, je nachdem dasselbe zum deutlichen Sehen nothwendig ist. Die Beweglichkeit der Pupille nach der yerschiedenen Stiirke des Lichtes ist zugleich das sicherste Zeichen der Empfindlichkeit der Netzliaut, also der Licht- empfindung. Ist die Netzliaut gelahmt und unempfindlich, beim soge- nannten schwarzen Star, so bewegt sich die Eegenbogenhaut nicht, die Pupille ist weit und unyeranderlich. Bei grellem Lichte yerwandelt sich im gesunden Zustande die Pupille zu einer dilnnen Spalte, bei wenig Licht wird sie sehr gross. Das Auge soil im normalen Zustande frei heryortreten, ohne Ebthung und Geschwulst, hell und klar erscheinen, das Thier soil frei um sich blicken. Die Hornhaut soil klar und rein, die Pupille leicht beweglich sein; ebenso soil man im Innern des Auges nur einen blaulichen Schimmer erblicken. Um die Augen eines Pferdes gehbrig zu untersuchcn, beachte man zuerst die Grbsse der Augenlidspalte beiderseits, dann die Grbsse des Augapfels, wobei eine oft unscheinbare Verklcinerung auf yorausgegangene Anfiille yon Mondblindheit hindeuten kann. — Man fithre das Thier unter ein Thor mit dunklcm Hintergrund, kehre es gegen das Licht und betrachte nun yon den Augenlidern augefangen alle Gebilde aufmcrksam der Eeihe nach. (irauer Star. 105

Die krankliaften Veranclerungen, welclie am Auge zu be- achten kommen, sincl enhveder nock yorhandene Entziindungen oder die Folgen derselben. Ueber erstere handelt umstandlich die Cliirurgie, letztere sind in Kltrze folgende: 1. Weissliche F1 e c k e n nnd N a r b e n der Hornbaut. Erstere sind Folgen yorausgegangener Entziindungen, letztere sind die Folge yon Yerwundungen. Zuweilen ist die ganze Hornbaut milcbweiss. 2. Erguss yon Eiter oder Blut in die yordere Augenkammer (Eiterauge, Blutauge). 3. Triibung der Begenbogenhaut, ungleicbe Farbung, un- gleicliweite, yerzogene Pupille, ja selbst Verwacksung derselben als Folgen der Mondblindkeit. Bei einer ackt Jakrc alten Bapp- stute mit starken Abzeichen an den Fiissen, weissem Ober- und Untermaulc, Stern und recktsseitiger Laterne traf ick eine ganzlieke Entfarbung der Begenbogenkaut auf beiden Augen und eine totale angeborene Pupillenspcrre mit yollkom- mener Blindkeit, okne die geringste Spur einer yorausgegangenen Entziindung. *) i. Triibung der Linse und der Linsenkapsel, welclie als ein weisslicker oyaler Korper unmittelbar kinter dem Seklockc mit Eiweiterung desselben sicktbar ist — grauer Star. Die Tkierc tragen den Kopf gesenkt, die Begenbogenkaut ist be- weglick, Licktempfindung ist vorkanden. Oft ersckeint jedock der graue Star mit dem sckwarzen yerbunden. Man muss aber mit dem grauen Star nickt cinen vcranderlicken, weiss- licken oder blaulicken, mekr oder minder durcksicktigen Fleck yerweckseln, welcker bald naker, bald weiter yon der Krystall- linse und deren Mittclpunkt entfernt ist. Es ist dieses der Brenn- punkt (Focus) des Auges. Er wird undeutlicker und yersckwindct auck ganz, je nack dem Grade der vcranderten Bicktung dcs Augapfels gcgeniiber dem Auge des Untersuckenden, kann jedock yon einem Unerfakrenen fiir Star angcsekcn werden (Sckwab S. 36).

*) Vierteljaliressckrift fiir Veterinarkuncle. Wien 1859. XIII. Bd., p. 87. 106 Schwarzer Star. Montlblindhcit.

5. Trtibung des Glaskorpers mit Abliebung der Netz- haut wird auch mit dem Namen Griiner Star bezeiclmet. Die bis jetzt erwahnten Kranklieitcn sind ausserlicli mchr oder weniger deutlicb siclitbar, obgleicb durch sie das Seh- vermbgen ganz oder grossentbeils aufgelioben sein kann. Es gibt jedocli eine Krankheit, wo das Auge rein crscheint und das Selivermbgen feblt. Es ist dieses: 6. Der schwarze Star oder die Sclibnblindheit. Die Thiere tragen den Kopf liocli, die Atigenlider sind wTeit gebffnet, das Auge ist nach oben gegen die Sonnc gerichtet, es erscbeint ganz rein, die Pupillc Aveit, die Regenbogenhaut Arollkommen unbeweglicb, das Tbier bat nicbt die gcringstc Licbt- ' empfindung, es spielt lebbaft mit den Obren und ricbtet sie nach den yerscbiedensten Gegenden, Avober die Scballwellen kommen. Die Tbiere sind scbeu und furcbtsam, sie beben die Flissc bocb, als ob sie im Wasser giengen, sie stossen an alle Gegenstande — Stangen, die Wand — an. Die Krankheit beruht in einer Erkrankung der Ketzhaut, des Sebneryen oder selbst des Gebirnes. Sie ist nach bster- reichischem Gesetze ein Ilauptfehler, Aveleber einen gescblossenen Kauf rlickgangig maebt; die GeAvabrzeit betragt 30 Tage. Die Ausmittlung des sclnvarzen Stares auf nur einem Auge ist oft sebr scbAvierig. 7. Die Mondblindheit oder periodiscbe Augcn- entzttndung tritt als eine leicbtere oder stlirkere Entziindung der inneren Gebilde des Augapfels, namentlicb der Gefiisshaut und der Kegenbogenbaut auf, welcbe bei ibrem ersten Auftrcten nur leicbte Spuren zuriicklasst, spiiter aber zu yerscbicdenen Zeiten (nicbt bloss alle Monate) wiederkebrt und endlicli mit dem grauen Stare und Blindbeit endet. Ausserbalb des Anfalles einer periodischen Augenentzilndung erscbeint das ergriffene Auge kleiner, matter, die Pupille etwas yerzogen, die Itegenbogcnbaut entfarbt, clieAyasserigeFeucbtigkeit in der yorderen Augenkammer, sowie die Krystallinse trtlbe, das Auge trauert, die Augcnlidcr sind nicbt soAyeit gcoffnet; oft siebt man liaarlose Stellcn am inneren Augenwinkel und im Gesicbte. Wahrend des Anfalles sind die Zeicben der Entziindung da. Audi diese Krankheit bat eine GeAvabrzeit yon 30 Tagen. Mondblindheit und schwarzer Star schliessen Aron der Zucht aus. Glasaugen. Kakerlaken.

Bei eincr Erkrankung der inneren Gebilde des A,ugesj imtes immer die Untersuckung des Auges*) mit dem Angenspiegel vor- genommen werden. v Zuweilen gelit ein Augapfel verloren. In solchen Flillen liat man mit Glltck yersuckt, klinstliclie Angen ans Glas oder Ilartkautsclmk einzusetzen, nm das hassliclie Aussehen ein- aiigiger Pferde zu beheben. Die Thiere vertragen sic gut und slichen sich dieselben nickt herauszureiben, wie man beftircktete. Grosse Augen liebt man mekr als kleine; sind sie aber zu gross, so keissen sie Ocksenaugen und wenn der Blick zugleich s'ier ist Glotzaugen. Sie sind unschon; soleke Pferde haben oft Anlagen zum Koller. Zu kleine tiefliegende Augen keissen Schw ein augen oder Iloklaugen, sie sind oft durch Abmagerung oder Krank- keiten bedingt. Ringaugen keissen soleke, wo ein Tkeil der weissen Augenhaut rings um die Hornhaut weiss ersckeint, weil die Bindehaut keinen Parbstoff entluilt. Sie sind ein Zeichen kokeren Alters. Die normale Farbe der Regenbogenkaut, von weleker tlber- liaupt die Farbe der Augen abhangt, ist dunkelbraun. Bei kell- braunen Pferden oder Falben ist auch die Regenbogenkaut hell- braun (Falken- oder Birkaugen), wobei der Blick munter und das Auge feurig ist. Bei Schimmeln, Tigern, Sckecken oder Pferden mit Laternen ist die vordere Flackc der Regenbogenkaut weiss, perlmutterglanzend, Glasaugen, wobei der Augcngrund jedock moistens dunkel ersckeint, okne Licktsckeue. In seltenen Fallen trifft man unter weissgeborenen Sckim- meln walire Kakerlaken. Dergleickcn Tkiere haben cine rosen- farbene Ilaut, der Augengrund ersckeint rotklick, es mangelt namlick das Pigment nickt nur an der vorderen und kinteren Flaclie der Regenbogenkaut, sondern auck an der Gefasskaut. Wir sahen zwei Exemplare auf der landwirtsckaftlichen Aus- stellung in Hamburg; die Tkiere sckicnen sekr empfindlick gcgen das Licht zu sein, waren aber sonst kriiftig und proportionirt gcbaut. Die weissgeborenen Schimmelkengste, welchc ick in Ilan- ^ '5') Vide: Lehrbuch der Yeterinarcliirurgie von Prof. Dr. Jos. Bayer, pag. 444, und Lehrbuch der gerichtlichen Thierheilkunde ^son Prof. Dr. Joh. Csokoz, pag. 310. Beide Wien im Yerlage von Wilhelm Braumuller. 10?) Die Nase. n<}vej«$ali und die aus Frederiksborg inDanemark stammten, batten zwar eine pigmentlose Ilaut und weisse Ilufe, die Iris war jedoch braun, die Traubenkbrner pigmentirt, der Augengrund, blaulicb-scliwarZj oline Spur yon Lichtscbeue. Bei dort ausgestellten Isabellen mit fleiscbfarbener Haut und etwas in das Griingclbc spielenden Haaren war die weisse Ilaut und die iiussere Iliilfte der Eegenbogenkaut farblos, die innere Ilalfte jedoch um die Pupille, sowie die Traubenkbrner und der Augengrund erscbienen dunkel, ohne Lichtscbeue. Bei Schecken sind oft die Augen versckieden gefiirbt, die eine Begenbogenbaut ist braun, wlibrend die andcre entweder ganz weiss oder weissgefleckt erscbeint.

§ 41. Die Nase. Die Nasenlbcher oder Ntistern (naseaux) sind zwei langliche, oyale, im erweiterten Zustande kreisrunde Oeffnungen, welcbe in die Nasenhbkle ftibren und zum Ein- und Austritt der Luft dicnen. Die Untersucbung derselben sowie der Nasen- bbble tiberbaupt, soil sehr sorgfaltig tbeils in Bezug der allge- meinen Braucbbarkeit des Pferdes, tbeils yerschiedener Krank- keiten wegen yorgcnommen werden.

Die Nasenlbcher sollen gross sein, ( sie stelien bei edlcn mutbigen Pferden gleich tricbterfbrmigen Bbbren mit diinnen Wandungen nacb vorne gekcbrt und lassen die blassrosenrothc Nasenscbleimbaut durcbscbimmern. Enge, scbmale, yon dicken, wulstigen Eandern umgebene Nascnbffnungen gcstattcn der Luft nur scbwer Eingang, sie beengen das Atbmen und werden daher, besonders bei Eeitpferden, als nicht wiinscbenswert angeseben. Beim Wiebern treten die Nasentrompeten als langliche, gespannte IVtilste deutlicb bervor. Bei der Untersucbung der Nase bat man zu sehen: 1. auf die Bewegung der Nasenfliigel, 2. auf die Bescbalfenbeit der Nasenscbleimbaut, und 3. auf die Beschaffenhcit der ausgeatbmeten Luft. ad 1. Beim Atbmen soil man im gesunden und ruhigen Zustande fast gar keine oder nur eine unmerklicbe Bewegung *) Yierteljabressclirift flir Ycterinarkunde. IVien 1864. 21. Bd., p. 77. Nasenschleimhaut. 109

tier Nasenfliigel wahrnelimen. Muntere und muthige Pferde envcitern und vcrengern ihre Nascnoffnungen zwar bestsindig, besondcrs wenn sie auf einen Gegcnstand aufmerksam sind, allein diesc Bewegung geschieht unregelmassig, ohne Zusammenhang mit dem Atlimen, bloss zu dem Belnife, um Luft in die Nase zu zieben und auszustossen und durch den Gcruch liber gewisse Eigenscbaften der Umgebung belebrt zu werden. Wenn die Thicrc starker bewegt werden, so erweitern und verengern sich zwar die -"Nasenbffnungen starker und baufiger, allein das ver- mebrte Spiel der Niistern gescbiebt nur in einem gewissen Vcr- baltnisse zur Anstrengung, es ist nie bei einer geringen Bewe¬ gung scbon auffallend vermebrt, ebenso bbrt dasselbe mit dem Spiel der Flanken bald wieder auf. Bei Thieren, welche an Atbemuotb oder dem sogenannten Dampf lei den, ist das Spiel der Nasenlocber scbon nacb geringer Anstrengung auffallend, sie konnen sicb lange Zeit nicbt berubigen, aucb wenn die stiiikere Flankenbewegung aufgebort bat. Zuweilen hort man bei stsirkcrcm Atbmen ein Pfeifen — Pfeiferdampf, oder ein Bobren — Robrer, wobei meistens ein Hindernis in der Nase oder Luft- rbbre vorbandcn ist. i ad 2. Die Nasenscbleimbaut soli bei einem gesunden Pferde blassrosenrotb von Farbe, glatt, gliinzend, miissig feucbt sein. Zuweilen ist sie etwas bober gerbtbet, besondcrs bei kalter Wit- terung, beftiger Anstrengung, oder man siebt den unteren Nasen- winkel stark feucbt und mit bellen Tropfen besetzt (den Thrlinen); bei feucbter Witterung kann sie aucb blass sein. Eine blassgelb- licbe, mit Scbleim oder Eiter bedeckte oder dunkelrotbe, bliiu- licbc, mit Blutpunkten besetzte, angeiitzte, knotige oder gescbwii- rige, narbige Nasenscbleimbaut ist als kiankbaft anzuseben. Ebenso ist ein schleimiger, eitriger oder jauchiger Ausfluss immcr das Zeicben einer Erkrankung der Flase oder der weiteren -. Atbmungsorgane. Namentlicb zeigen Knoten und rundlicbe, tricbterfbrmige Gescbwlire mit citrigem Ausfluss verdacbtige Driise und Rotz an, wobei die Keblgangsdriisen gescbwollen, fcst, bart, unbeweglicb sicb zeigen kbnnen. i Bei einer Untersuclmng der Ffasenscbleimhaut muss man dieselbe sowobl durcb das Gesicbt betracbten, als aucb mit dem Zeigefinger eingeben und dieselbe befiiblen. Wicbtig ist es biebei, 110 Lippen. Maulspalt. die normal vorkommende untere Oeffnung des Tbriinennasencanales, welche in der Grosse einer Linse am iiusseren Nasenfiiigel gegen den untercn Winkel hin an der Stelle, wo die Haut in die Schlcimliaut libergeht sick yorlindet, nickt mit einem Geschwtirc zu venveckseln. Zuweilen linden sick zwei OefFnungen des Tkriinennasencanales vor. ad 3. Beztiglick der ausgeatkmeten Luft ist bei der Unter- suckung der Kase immer in Betrackt zu zieken, ob dieselbe aus beiden Nasenbffnungen in gleicker Stiirke ausstrbmt, okne Gerucli ist, und welcke Temperatur sie kat. Der Luftstrom kann aus einem Nas^nlocke sekr stark sein, aus dem anderen,gar nickt wakrgenommen werden, die Luft kann oft sekr unangenekm, selbst brandig, faulig riecken, bei Lungenkrankkeiten, sekr keiss oder kalt sein. § 42. Die Lippen (levres), der Maulspalt (bouche) und das Zahnfleisch (gencive). Die Lippen sind jene beweglicken Organe, welcke die Maul- spalte begrenzen. Man untersckeidet eine Ober- oder Vordcr- lippe und eine Unter- oder Hinterlippe. Die Lippen sind bei edlen Pferden fein, ziemlick derb, fast kaarlos, leickt beweglick, sie sckliessen das Maul yollkommen. Bei gemeinen Bacen sind die Lippen dick und wulstig. Zuweilen klingt bei scklafFen oder alten Pferden die Unterlippc kerab. Hangelippe. Die Sckleimkaut, welcke die Lippen an ikrcr inneren Seite iiberzickt, soli eine blassrotke Farbe besitzen. Zuweilen ist sie sckwarz gefleckt; sie setzt sick auf die Kiefer fort und wird Zaknfleisck genannt. Die Unterlippe zcigt in der Mitte eine rundlicke, derbe Er- kabenkeit, das Kinn (menton) mit dem Bart (barbe); kinter der- selben befindet sick eine Yertiefung, die Kinnkettengrube. Die Maulspalte soli bis zur Mitte der Lade reicken und gut gescklossen sein. Bei einer zu engen Maulspalte drllckt die Gebisstange zu sekr auf die Maulwinkel, sie werden kart oder yerwundct, wakrend ein zu weites Maul zum Yerscklingen des Gebisses Veranlassung gibt. Das Zaknfleisck ist bei gcsunden Pferden etwas gcrbtket, es umsckliesst die Zakne fest, ist nickt aufgelockert und blutend. Maulhohle. Ill

Das Zalinfleiscli kann in Kranklieiten weicli, aufgelockert nncl gcsclnvurig, leiclit blutend sein. Ueber die Zaline selbst wurde in der Zahnlehre bei der Altersbestimnmng geliandelt.

§ 43. Die Maulhohle. In der Maulholile hat man zti berticksichtigen: a) die Laden oder Trager (barre); b) die Zunge (langue); c) den harten Gaumen (palais); ad a) Die Laden sind die zaknlosen Bander des Unter- kicfers, auf Avelchen die Gebisstange mlit. Die Laden sollen so hoeh sein, dass die Zunge liber sie etwas kervorragt. 1st die Lade zu niedrig und abgerundet, so tragt die Zunge das ganze Gebiss und die Thicre wei den sckwer lenkbar, wakrend zu koke ^ und sckarfe Laden von dem Gebisse zu sekr beleidigt werden und empfindlick sind. Im ersteren Falle keissen die Pferde hartmaulig, im letzteren weickma'ulig. Zuweilen kann durch das Gebiss die Sckleimkaut entzlindet, ycrdickt, ja selbst der Knochen angegriffen werden. ad b) Die Zunge ist jenes bewegliche Organ, welches zum Ergreifen und Scklingen der Nakrung dient. Die Zunge soli miissig dick sein und zwiscken die Aeste des Unterkiefers ganz

Die Halfter bestekt aus dem Genickstiick, Stirnband, Nasenband, zwei Backen- oder Ganaschenbandern, Keblriemen und zwei Ilalfterringen. Beim gewolmlicken Fukrwerk sind die Halfter mit Ringen zur Aufnakme derTrense yerseken. Der Zaum bestebt aus dem Gebiss, welches quer im Maule liegt und auf jeder Seite einen Knebel triigt, durch welclien es in dem Ring der Halfter befestigt yird, und aus den Ziigeln, welchc oben vereinigt und am Kummct des Pfcrdes liinlaufen. Die Trense, Wischzaum, ist cine Yerbindung der Ziigel und der Halfter. Sie hat auch sowie die Halfter ein Genickstiick, Ganasclienband, Stirnband, Gebiss und die Ziigel. Das Mundstiick bei der Trense hat ein Gelenk in der Mitte oder es ist gegliedert (Gliedertrense). < Der Zaum, Stangenzaum, Kandare, besteht aus dem Kopfgestell mit Stirnband, Nasenband und Kehlriemen. Die Hauptabii cichung des Stangenzaumes von der Trense liegt in der Form des Gebisses. Dieses besteht aus den Baumen, Mundstiick und 112 Backen, Gesiclit, Ganasclicn, KclilgaDg. aufgcnommen werden, sie soil niclit aus dem Maule liervorliangen, ebenso soli man an ihr weder Narben, nocli andeie Yerletzungcn treffen. Zuweilen luingt die Zunge entweder am zalinlosen Eande seitlicb oder zwischen den Sclmeidezalincn nacb rorne aus dem Maule heraus, solche Pferde lieissen Zungenblocker oder Zungenstrecker; dieser Feliler ist niclit abzugewblmen. 1st die Zunge zu diinn, so kbnnen dieTbiere sie unter der Gebisstange liervorzieben, was man Y e r s c h 1 i n g e n d e s G e- b i s s e s nennt. Mancbe Pferde pflegen die Zunge scbnell aus dem Maule bervorzustrecken und mit einem eigentlilimHclien Ge- rausche zuruckzuziehen, was man aucb als Schlangcnzunge bezeiclinet. Yon Krankheiten bemcrkt man an der Zunge vorzugsweise Entzllndungen und Yerletzungcn entweder durch die Ziiline oder hiiufiger durcli das Gebiss oder die Halfterstricke. Yerletzungcn der Zunge lieilen zwar leiclit, oft aber bleiben tiefe Narben (Zungen- stoss), durcli welclie dock zuweilen die freie Beweglichkeit der- selben beliiudert sein kann. ad c) Der harte Gaumen trennt die Maulbblile von der Nasenliblile. Er ist yon einer mit einer dicken Oberbaut vcr- selienen Sclileimliaut ilberzogen, tiber welcber sicb besonders hinter den Sckneidezaknen der Zwisclienkiefer ein schr diclites venbses Gefassnetz vorfindet, welches bei typhbsen Krankheiten bedcutend vom Blute strotzen und in Fonn von Wtilsten liber die Schneidezalme hervorragen kann. In solchen Fallen hat man friiher Einsclmitte oder das sogenannte Gaumenstechcn vollflihrt. Kinnkette. In der Mitte hat das ungetlieilte Mundstiick eine Ausscliweifung, die Zungenfreiheit. Die Baume sind mit dem Mundstiick zusammengeschmiedet. An dem unteren Theile der Biiume, dem sogenannten Unterarm oder Anzug, werden die Ziigel befestigt, an dem entgegengesetzten JEnde, dem Oberarm, der Baekenriemen angeschnallt und die Kinnkette eingchangt. Bei den moisten Zaumen ist mit der Stange auch zugleich die Trense verbunden. Das Stangen- gebiss wirkt liebelartig. Der Kappzaum imtcrschcidct sieli von dem gewblinlielien Zaume durcli die Kappe, welchc quer liber dem Nasenbein liegt, und durcli die Ab- wesenheit des Gebisses. Die Kappe ist entweder von Lcder oder eingeniihtem Eisen. Die Ziigel zum Leiten der Wagenpferde sind dem Zaume abnlicli, die Stange ist dieselbe wie beim Keitpferde. Die Gamische. Der Kelilgang. 113

§ 44. Die Backen (joues), Jochleiste, das Gesicht (chanfrein), die Ganaschen, der Kehlgang (auge). Die Backen bilden die bewegliclie Seitenwand der Maul- libhle hintcr der Manlspalte. Die Backen sollen fein, massig gewblbt sein, keine Knoten nnd Auftreibungen (TVurmsclimire) zeigen. Die Jochleiste gelit vom Gesiclite in den Joclibogen iiber. Sie tritt bei edlen ausgewacbsenen Pferdcn scbarf hervor, walirend sic bei gemeincn Pferden nnd Fiillen weniger markirt ist. Das Gesicht liegt unter den Augen, es ist trocken, die Haut dartiber fein gespannt, unter ikr sieht man bei edlen Pferden ein ansgebildetes venbses Gefiissnetz, blutiger Kopf, ebenso ist der Aufheber der Vorderlippe deutlich zu bemerken. Im Gesiclite, nm die Nhstern nnd an den Lippen stehen einzelne lange, steife Haare zerstrent hervor, Tastliaare, Sclienhaare. : Die Ganasche oder Wange (ganachc) ist der breite yier- eckige Ranm zur Seite des Kopfes hinter den Backen, welche znr Grnndlage den ansseren Kanmnskel hal. Die Ganasche soil breit, derb, dentlich yon der Umgebnng abgegrenzt nnd straff gespannt sein. Bei edlen Pferden ist die Ilant fein, mit glanzen- den Haaren besetzt, man sieht die Zweige des Angesichtsneryen dentlich nnter ihr vcrlanfen. Bei gemeinen Pferden nnd Ilengsten sind die Ganaschen dick nnd wnlstig. In Anfiillen yon Mond- blindheil: hat man zuweilen an der Ganasche Ilaarseile gezogen, von welchen die Narben znriickbleiben, ebenso sieht man bei Gesttitspferdcn zuweilen an der linken Seite einen Brand. Am vordcrcn Rande des ansseren Kanmnskels, welcher dentlich markirt ist, ftlhlt man nnter der Ilant ein Blindel von Gefassen — Ohrspeicheldrtisengang, Angesiclitsblntadcr, Ange- sichtsschlagader. Letztere hat nnmittelbar am Knochcn ihre Lage nnd wird daher allgemein zumFuhlcn des Pnlses beniitzt. Anch bis 172 Gm unter dcm Joclibogen an der Ganasche liisst sich an der absteigcnden Schlafenschlagader oder queren Gesichts- schlagader der Pnls dentlich flthlen. Der Kehlgang ist jener drcieckigc Ranm zwischen den Aesten des Unterkiefers, in welchem die Znnge mit ihren Mnskeln, Exterieur des Pferdes. G. And. 8 114 Der Hals. ferner Lympliclrtisen nnd nach hinten der Kehlkopf ilire Lage baben. Seine Untersucliung muss immer der liier befindliclien Lymphdrusen wegen vorgenommen werden, welclie bei allpn Drlisenkrankbeiten des Pferdes und bei dem Rotze yerschiedenartig anscliwellen, vereitern oder yerbarten. Im gesunden Zustande soli der Keblgang rein, tief und weit sein, die Haut soil beweglicb und unter derselben die Lympbdrusen zu beiden Seiten der Kieferliste und in der Mittel- linie als kleine, etwa erbsen- oder linsengrosse, beweglicbe, yon einander getrennte Knbtcben zu fublen sein. In der Mitte eines reinen Keblganges fllblt man das Heft des Zungenbeins als einen barten, langlicben Kbrper, und binter demselben zwiscben den Ganascben liegt der Kehlkopf, welcber mittelst eines Aussclmittes am obersten Tbeile des Halses in die Luftrbkre tlbergebt. Ein enger, scbmaler Keblgang bindert das freie Atbmen und die Beweglichkeit des Kopfes.

§ 45. Der Hals (encolure). Der Hals steht nacb vorne durch das Knopfgelenk mit dem Kopfe frei beweglicb in Yerbindung, ruckwarts ist derselbe auf dem yorderen Tbeile der Brust aufgesetzt. Zur Grundlage des- selben dienen die sieben Ilalswirbel, das Nackenband, sowie die zahlreicken Muskeln, welche theils zur Brustwirbelsiiule, tbeils zum Vorderfuss ihren Verlauf nebmen; die Haut liegt an den Seitenflacben des Halses platt an und ist zuweilen mit der Liinge nacb gestellten Haarwirbeln (Aebren) geziert. Die Yerbindung des Halses mit dem Brustkorbe und der Brust¬ wirbelsiiule nennt man den Aufsatz. Derselbe ist gut, wenn sicb am Kammrande yor dem Widcrriste ein deutlicber Aus- scbnitt, Axtbieb oder Kerbe, yorfindet, die beiden Seitenflacben des Halses sanft ausgeschweift in die Schultern tibergeben und am unteren Halsrande, Keblrand, sicb eine deutlicbe Ausschweifung zu dem Buggelenke und der Vorderbrust yorfindet. Hocb ist der Aufsatz, wenn der Ausschnitt nacb oben fehlt und der Kammrand aus dem Widerrist ohne Grenze bervorgebt, der Hals somit gerade aufsteigt; tief ist derselbe, wenn der Lange, Stiirke, Eichtung des Halses. 115

Ausschnitt nacli oben ein bedeutender ist, der untere Halsrand mit dem Bug und der Yprderbrust rerscbmilzt und die Hals- riclitung eine mebr borizontale ist. Beide Halsstellungen sind •durcb die yerscbiedene Krlimmung der Halswirbelsiiule nacb imten liin bedingt. Man hat am Halse die yerscbiedene Liinge, die Stiirke und Beweglichkeit, sowie die Eichtung desselben zu beur- theilen. Was die Liinge betrifft, so unterscbeidet man einen langen und kurzen Hals. Der lange Hals iibcrtrifft die Kopfliinge ansebnlicb. Die Muskulatur kann dabei entweder entsprecbend entwickelt oder a on geringer Stiirke sein. In ersterem Falle wird bei entsprecbender Eichtung nicht nur die Kraft, sondern auch die Beweglichkeit gewinnen und da beide diese Eigenscbaften sowobl fiir das Eeit- als fur das Zugpferd wiinscbenswert sind, so wird man einen langen, ibuskulbsen, ricbtig gestellten Hals immer fiir schiitzenswert anscben miissen. Engliscbe Pferde haben meistens einen langen Hals. Ein langer, scbmaler und magerer, ein sogenannter Bretter- lials, ist immer zu verwerfen. Die Stiirke und die Beweglichkeit desselben sollen immer gleichmiissig ausgebildet sein. Bei Zugpferden liebt man einen besonders starken Hals, wobei die Muskulatur zum Elicken eine bedeutende Enhvickelung bat, was immer auf grosse Kraft hin- deutet. llengste baben einen stiirkeren Hals als Stuten und Wallacken; letztere dann, wenn sie spiit castrirt worden sind. Die Stiirke des Halses darf jedoch besonders gegen die Brust bin nicht durcb die grosse Fettablagerung bedingt sein — Speckbals, welcher trotz seines Umfanges docb nur eine ge- ringc Leistungsfiihigkeit im Zuge nacbweisen kann. Was die Eichtung anbelangt, so soil der Hals in der Diagonale eines recbtwinkeligen Yiereckes scbief nacb vorne aufsteigen und in der Mitte eine Kopfliinge besitzen. Eine zu gerade Eichtung nacb oben kann wohl dem Pferde eine gewisse angcnebmc Form geben, obne dass dabei jedocli die Kraft des Eiickens gcwinnt, da die Strcckmuskfcln kurz sind, wiilirend bei wagrecbter, mebr borizontaler Eichtung die 8* 116 Formen cles Halses.

Hals- und Brustwirbelsaule tief liegt, die Muskcln gespannt Averden, die Ruckenwirbelsaiile sicb melir nacb aufAviirts kriimnit und dadurcli wold eine bedeutende Starke zum Tragen Aroii Hasten gewinnen kann, fur den Reitdienst jedocli weniger geeig-# net erscbeint, weil haiifig dergleichcn Pferde tiberbaut sind und dadurcli die Last des Reiters zu viel nacli vorne geworfen wird. Auf die Bewegung der Yorderftisse bat die Ricbtung des Halses einen sebr wicbtigen Einfluss. Bei senkrecbter Stellung des Halses und entsprecbender des Kopfes werden die Riicken- strecker erscblafft, Aveil die Ylrbelsiiule am Rtickcn gekritmmter, zusammengescbobener, klirzer wird, der Reiter gcwinnt an Ein¬ fluss auf das Pferd, dasselbe kann gut versammclt Avcrden, der Scbritt wird klirzer, bober und sicberer, weil der Kopfbals- armbeinmuskel die Scbulter und den Oberarm geradc in die Hbbe ziebt. Bei mehr Avagrecbter, gestreckter Stellung wird Hals und Rticken steif, der Einfluss des Reiters auf das Pferd Avird gc- ringer, der Kopfbalsarmbeinmuskcl wirkt jedocli in mebr gerader, borizontalcr Ricbtung, Avodurcb der Scbritt zwar niedriger, jedocli lunger wird. Alle Pferde strecken daher im Scbnellaufe Kopf und Hals borizontal nacb yorne, um den grbsstmbgliclien Raum mit ibren Yorderfussen zu fassen. Kopfbalsarmbeinmuskcl und Brustunterkiefermuskel crscbeinen als langgespannte Strange, zAviscben Avelcben die Drosselrinne deutlicb sicbtbar erscbeint. Fiir das Rennpferd AArird somit ein langer, mebr borizontal gericbteter, magercr, mit ausgepriigten Muskeln Arersebener Hals am AyunscbensAyertesten sein. Fiir das gewblinlicbe Reitpfcrd soil der Hals klirzer, scbief gerichtet, starker sein, Avelcber bcim Paradepferd eine langlicbe, umgekebrt S-fbrmige Form annimmt, wiihrend er fiir das scbwere Zugpferd kiirzeV, starker, gerade aufsteigend sein kann. Die geAYbbnlicben Ilalsformen sind: 1. Der gerade Hals, scbief nacb yorne und oben ansteigend mit einem richtigen Aufsatz und freien Kopfansatz, miissig lang, Avird als ZAveckmiissig fiir den Reitdienst und aucb fiir den Zug gebalten Averden miissen. 2. Der Scbwanenbals ist langer, umgekebrt S-fbrmig ge- bogen, er bat einen gutcn normalen Aufsatz, der Kammrand Avblbt Halsforraen. 117 sicli im Bogen nach yorne uncl geht abgerundet in clas Genick liber. Der Ansatz ist frei, tier Kopf wircl senkrecht getragen. Er gilt als sclion, dergleiclien Pferde priisentiren sick gut, obwohl er oft zu viel nacbgibt und von manclien Eeitern niclit besonders ge- sclnitzt wird. 3. Der Hirsclihals ist tief angesetzt, der Axthieb ist be- deutend, der Kammrand diinn und cntweder gerade aufsteigend oder sogar ehvas ausgescbweift, der Kelilrand abwiirts gebogen; der Kopf ist liocli angesetzt. Er ist eine Kace-Eigenthiimlicbkeit ungarisclier, polnisclier, tatarisclier Pferde und gilt als stark, wenngleick solcbe Pferde sicli scliwerer lenken lassen und einen geiibten Reiter erforden. Hirscbluilsige Pferde liaben meistens einen starken Riicken; wilde Pferde, der Ilirsch, das Kameel, iiberhaupt alle Thiere, welclie scbnell laufen und den Hals als ein ilittel beniitzen, das Gleichgewcbt zu erkalten, tragen den- selben senkrecht mit der TVolbung nach yorne (Proscli, p. 151). Venn beim Hirschhalse der Kopf vollkommen horizontal steht (Sternguckcr), so sintl dergleiclien Pferde sclnver zu reiten, sie entziehen sicli der Wirkung ties Gebisses. > 4. Der lange Hals, wenn er zugleich gut ausgebildete Muskeln hat, muss als yorziiglich, sowohl was Kraft als Schnelligkeit anbelangt, betrachtet wertlen. Fehlerhaft erscheint der lange schmale Hals mit wenig entwickelter Muskulatur, der Bretterkals. Der dicke Hals ist entwedcr Race-Eigenthlimlichkeit bei schweren Pferdcn und wircl fiir Zugpfcrde geschatzt, wenn die Halsstarke (lurch die sehr entwickelte Muskulatur bedingt ist. Es kann aber auch der Fettansatz am Kamme ties Halses sehr bedeutcnd sein — Speckhals, Schweinshals. Man unter- scheidet den stehenden Speckhals yom hangenden, wobei sicli der Kamm meistens in der Mitte nach einer Seite kin neigt, was nicht geschatzt wird. Der Kamm am obercn Halsrande soli iiberhaupt nicht zu dick, ferner straff gespannt und fest sein. Die Mil linen (criniere) sind beim edlen Pferde fein, ziemlich lang, nicht iibermassig dicht, sie wertlen bei Reitpferden meistens nach links, bei Zugpfertlen an die iiussere Seite gekammt. Gemeine Pferde haben dichte 118 Widerrist.

grobe, struppige Mlilmen, wclcke bei Speckluilsen zuweilen auf beide Seiten fallen (Doppelmahne). Tiger baben bliufig sparsame Mabnen, bei Fiillen sincl sie kurz, nacb aufwarts stehend, sowie beim Esel; Maultbiere zeigen sparsame Mabnen; bei Zugpferden erscbeincn sie abgeftlbrt nnd selbst der Kammrand zuweilen wund. Oft sind die Mabnen ungewdbnlicb lang, bei mancben Scbim-

meln, bei Huzziilen-Pferden3 nnd wcrden sebr gescbiitzt. Es sollen Pferde mit ungewdbnlicb langen Mlihnen yorgekommen sein. So ftlbrt Hering an, dass der Kurfurst August yon Sacbsen ein Pferd batte, , bei wclcbem der Scbopf 3 Ellen, die Mabnen 8 Ellen und der Scbweif 12 Ellen Llinge batte. Das Pferd war in Dresden aus- gestopft, ist aber bei einem grossen Brande zugrunde gegangen. In Paris wurdc 1892 ein Percheron lebend gezeigt, dessen Mabnen- und Schweifhaare bis auf die Erde rcichten und nachgeschleppt wufdcn. Das Pferd war 8 Jalire alt. In Georg Simon Winter von Adlersfltigels Tractat von der Stuterey- oder Fohlenzuclit, Nlirnberg 1703, sind Pferde mit ungemein langen Mabnen und Scbweif abgebildet.

§ 46. Der Widerrist (Garret). Der Widerrist oder Widerborst, das Widerriist, stellt eine bogenformig gestellte Erbabenheit dar, welcbe am Ausscbnitt des Kammes vom liaise beginnt, in der Gegcnd des fttnften Brustwirbels die grosste Hobe erreicbt und sicli gegen den lasttragenden Rticken allmablicb verliert. Zur Grundlage dienen die langen Stacbelfortsiitze der ersten 10 bis 12 Rticken- wirbel, welcbe bis zumflinften an Liinge zu-, dann allmablicb wiedcr abnebmen und sammtlicb nacb rlickwarts bis zum 13. Wirbcl gekebrt sind, der 14. Stacbelfortsatz stebt senkrecbt. Der Wider¬ rist ist der festeste und bocbste Punkt des Ruckens, an den stumpfen Spitzen seiner Fortsiitze befestigt sicb das Nackenband, zu bei den Seiten liegen jene Muskcln, welcbe zur Strcckung des Ruckens bestimmt sind und zum Tbeile aucb zum Scbulterblatte yerlaufen, welcb letzteres ausserdem durcb ein sebr breites elastiscbes und fibrdses Band mit den Stacbelfortsatzen in der Mitte des Widerristes in Verbindung stebt. Seine grosste Hbbe uberragt den bdcbsten Punkt der (Jroupe um 2*5 cm im Mittel. Formen cles Widerristes. 119

Der iWiderrist liat eine grosse Bedeutung sowohl fur das Reitpferd als fur das Zugpferd. Im allgemeinen soli er hoch, lang und gut abgegrenzt sein, seine beiden Seitenfllichen sollen von kriiftigen Muskeln bedeckt ersclieinen, die Spitzen der Staclielfortsiitze sollen stark entwickelt vortreten, er soli sick weit nack rUckwiirts bis gegen den 11. Rtickenwirbel erstrecken und allmahlich sick in den eigentlicken Rlicken verlieren. Die Staclielfortsiitze der Widerristwirbel sind niimlick als Ilcbelarme zu betrackten, an welcken mit seinen einzelnen Portionen der lange Riickemnuskel, der lange Stackelmuskel und die sckiefbn Stackelmuskel befestigt sind. Je bedeutender somit diese Fortsiitze kervorragen, desto besser wird sick das Pferd bei feststekendeni Becken lieben, desto geeigneter wird dasselbe fiir den Sprung, den Galopp sein. Man findet in der That, dass engliscke Pferde sick durck einen koken, langen, fest ansckliessen- den Rist auszeicknen. Feklerkaft muss daker fiir das Reitpferd ein kurzer niederer Rist ersclieinen, wenn auck die kriiftige Muskulatur zu seinen beiden Seiten den Fekler eUvas aus- gleicken kann. ^ Ein langer koker Widerrist bietet zugleick dem Sattel eine gute Anlage, besonders wenn die Spitzen der Staclielfortsiitze ziemlick dick aufgetrieben ersclieinen; es hat dcrsclbc jedock auch einen wiclitigen Einfluss auf die Sckulterbewegung. Die Drekbewegungen der Sckulter in ikrer oberen Yerbindung mit dem breitgezahnten Muskel, die Pendelsckwingungen des Yorderfusses geken freier und umfangreicher vor sick, der Sckritt wird ausgiebiger, wenn der Widerrist hock und lang, daher die zur Sckulter laufenden Muskeln, sowie das breite, elastiscli- fibrbse Verbindungsband eine grbssere Entwickelung kaben. Abweicliungen in der Form des Widerristes kommen fol- gende vor: a) Der hohe scharfe Rist kann angeboren oder die Folge mangelhafter Erniilirung und Abmagerung sein. Dergleicken Pferde werden leicht gedrlickt und sind daker zum Reitdienstc weniger geeignet. b) Der kurze Rist, wenn dcrselbc kinter dem fiinften Wirbel plbtzlick abnimmt und sick kaum bis zum achten oder ncunten Riickenwirbel erstreckt; er bat den Nacktheil, dass die 120 Widerrist.

Last beim Reitpfcrde zu viol auf die Vorderfiisse fallt. Dabei ist derselbc oft auch stark gerundet und wird dann leicht gedriickt. Bei kriiftiger Muskulatur kann wold der Feliler sicb etwas ausgleicben, docli sind solcbe Pferde bessere Zugpferde als Reit- pferde. c) Der niedere Rist steht tiefer als der hbchste Punkt der Croupe. Solcbe Pferde heissen tiberbaut. Der Hiutertheil hat zu viel Trieb und wenn die Schultern nicht sehr kraftig sind, so sttirzen dergleicben Pferde gern. Bei Stuten bat dieser Fchler eine geringere Bedeutung, weil das Becken mcbr enhvickelt ist als bei Wallachen. Der niedere Widerrist ist entweder die Folge zu kurzer Stacbelfortsiitze und daher unter alien Umstanden fiir das Reit- pferd ein Fckler, oder er findet sicb bei tiefem Aufsatz des Halses, wobei die TYirbelgaule am unteren Theile des Halses und der daran stossenden Brust zu tief steht.- Dergleicben Pferde eignen sicb wohl weniger zum Reitdienste, sie konnen aber dabei einen ungemcin kriiftigen und ausdauernden Riicken besitzen und als Tragthiere scbatzenswert sein. d) Vcrschlungen beisst der Widerrist, wenn. er sicb obnc Kerbe in den Kammrand des Halses fortsetzt, wie das zuweilen bei bobem Halsaufsatz beobacbtet wird. Das Kummet bat in einem solcben Falle keine ordentlicbe Anlage. Ist der Rist dabei zugleich kurz, rund und die Tbiere iippig geniibrt, so versprcchen solcbe Pferde keine grosse Ausdauer als Reitpferde, wenn sie gleich oft ein scbones Aussehen baben. An dem Widerriste kommen infolge von Druck vielfacbe Verlctzungen, besonders durcb unzweckmassig gebaute Siittel bei Reitpferden vor, die Widerristsckaden, welcbe ein wicbtiges Capitel der Chirurgic bilden und bei der Cavallerie die bbcbste Beacbtung in Anspruch nebmen. Ist die Ilaut an den Spitzen der Stacbelfortsiitze in grosserem Umfangc zcrstbrt, so ziebt sicb die Heilung oft wockenlang bin.;i:)

*) Der Sattel zerfallt in das holzernc Gestell oder das Gerippe und die Bekleidung. Das bdlzerne Gestell oder Gerippe bestebt aus zwei Bdgen, den Sattelbiiumen, einem vordercn und einem hinteren, welcbe durcb die Stege odor Scliaufeln miteinander verbunden sind. Ueber dieses Gerippe ist ein Bolster Dcr Eiicken. 121

- § 47. Der Riicken (dos). Der Riicken erstreckt sick vom Ende des Widerristes bis zum ersten Lendenwirbel. Er ist dalier kiirzer oder llinger, je nachdem sicli der Widerrist yerschieden weit nach binten erstreckt und kann somit seclis, selbst neun Wirbel zur Grundlage haben. Im allgemeinen soli der Riicken kurz und flacli ge^blbt verlaufen; die Stachelfortsatze der binteren Riickenwirbel erbeben sicli in der Mittellinie etwas und schliessen sicli dicbt aneinander. Dadurcli gewinnt der Riicken an der wiinscbenswerten Festigkeit, und da die Stachelfortsatze Hebelarme darstellcn, an welchen die Riickenmuskeln wirken, bei entsprechender Llinge der Fortsatze und Entwickelung der Muskeln auch an Kraft. Bei einem hoken llalsaufsatze und kurzem Widerriste erscheint der Riicken lang und kann selbst etwas eingesenkt sein, was bei gut entwickelter Muskulatur zwar als kein Fehler zu eraclitcn ist, dock aber der- gleicken Pferde mehr zum Zuge und zu leickterem Reitdienste, als zu einem ankaltendcn Gebraucke als Tragtkiere befakigt. Ein gcspannt. Dcr liinterc Rand des Sattcls heisst After, der vordere Sattclknopf, unter iknen liegen die beiden Sattelkammern-, zu beiden Sfciten sind die Sattel- taschen oder Sattelblatter angebraclit, welclie bestimmt sind, die Sclinallen der Steigbiigel und der Lntergurtc zu bedecken und deinKnie des Reiters einen bequemen Anlehnungspunkt zu verschaffen. Die Wolbung des Sattels ist inwendig mit dem Sattelkissen, einem Polster, bekleidet, oben der Sitz des Reiters ist auch gcpolstert. Zur Seite sind die Steigbiigel mit dem Biigel und St eg, avo der Fuss rukt. Zur Befestigung des Sattels dienen die Gurten. Der Untergurt dient zum Festschnallen, der Obergurt kann auch wegbleiben und dient nur zur grbssern Sicherhcit. Man unterschcidct den englischen, deutsclien, franzosischcn und ungari- schcn Sattel. Der deutsche und franzosiscke sind sclwerer und mit erhbhtcm After und Sattclknopf, der englisclie ist leiclit, der ungarisclie bcstcht bloss aus dem Gestell, dem Ueberzug und unten einer Decke. Zum Sattel gehort oftcrs derMantelsack hmten, dicSattelhaut, die Pistolenhalfter, das Hinterzeug oder der Scln\ eifriemen und das Yorderzeug, ein Riemen um die Vordcrbrust und z\\ iscben den Yorderfiissen, letzterer zur besseren Befestigung des Sattels, was aber allcs bei gut gebauten Pfcrden nickt nothyendig ist. (Der Pferde- ziickter. Anlcitung zur Kcnntnis der gesammten Pfcrdeuisscnschaft. Yon F. Yilleroy und Adam Miiller. Mainz, 1858.) 122 Formen des Riickens.

1 anger Widerrist, ein kurzer, fester Riickcn, kurze Lende wircl flir das ausdauernde Reitpferd gefordert. Die Lange des Riickens liangt wolil aucli yon der Lange der einzelnen Wirbel ab, und sind dabei die Staclielfortslitze sehr breit und die Muskeln kriiftig entwickeltj so kbnnen sicb die Tliiere mit langem Widerrist und langerem Riicken zum Sclmellaufe besonders be- faliigt zeigen. Gemeine Pferde liaben oft einen Rtickenwirbel mebr, also 19, dabei sind oft die Muskeln scbwacb entwickelt und die Stacbelfortsiitze deutlicb yoneinander gescbieden, wodurch der Riicken sclnvach ^und nacbgiebig wird. Formen des Riickens sind: 1. Der kurze Riicken mit langem Widerrist ist kriiftig und fur Reitpferde erwiinscbt. Wenn die Verkiirzung des Riickens durcb geringere Entwickelung der Wirbel bedingt ist nnd dieser Febler aucb an den Lendemvirbeln vorkommt, so kann der Riicken zu kurz gegeniiber den Extremitaten erscbeinen, die Tbicrc werden bocbbeinig und bauen gerne ein, der Gang wird stossend, prellend. 2. Der lange Riicken, zuweilen mit einer geringen Ein- biegung, ist entweder mit einem kurzen Rist oder bei gut ent- wickeltem Widerrist mit einer bedeutenden Llinge der Rticken¬ wirbel verbunden. Ein soldier Riicken kann bei gebbriger Ent¬ wickelung der Muskeln wiinschenswrert sein und einen leicbteren, weniger prellenden Gang bedingen, er kann jedocb bei zu grosser Lange aucb zu weicb und nacbgiebig werden. Bei Zugpferden wird der lange Riicken immer gescbiitzt. 3. Der eingesattelte Riicken bat in der Gegend des 13. bis 14. Wirbels eine grubige Vcrticfung, wie solcbe bei alten Reitpferden, Stuten, welcbe oft triicbtig waren oder friibzeitig iiberanstrengt wurden, beobacbtet wird und nacb diesen vcr- scbiedenen Ursacben beurtheilt werden muss. Eine leicbte Ein- sattelung kann fiir iiltere Herren recbt wiinscbenswert sein, weil der Gang elastiscber wird und der Sattel gut liegt. 4. Der aufgckrummte oder Eselriicken ist bei ent- sprecbender Muskulatur stark, kriiftig und fiir den Tragdienst sebr geeignet. Sind jedocb dabei die Muskeln scbwacb entwickelt, Die Lende. 123

so ist derselbe niclit wlinsclicnswert, weder ftir den Reit- noch Falirdienst (Karpfenrucken\ 5. Zuweilen sind die Rllckenmiiskeln ungemein stark, so dass sie beiderseits tiber die Spitzen der Staclielfortsatze bcrvor- ragen und letztere eine rinnenfdrmige Yertiefung zeigen, gespal- tcner Riicken, was bei scliweren Zngracen geschatzt wird. Es kann jedocli diese Yertiefung auch bei einer geringeren Hblie der Stacbelfortsiitze und bedeutender Fettablagerung yorkommen und dann weniger Wert baben. 6. Bei stark gcrundeter Brust erscbeint aucb der Riicken rundj was ftir die Anlage des Sattels nicbt erwiinsclit ist. Am Riicken kommen mannigfaclie Druckschliden bei Reit- pferdcn vor, welcbe oft eine liingere Zeit zur Ileilung bean- spruclien. Oft erscbeinen die Haare an den Spitzen der Stacbel¬ fortsiitze abgeriebcn oder es find en sicb weisse Flecken infolge des ungleicbcn Druckes.

§ 48. Die Lenden- oder Nierengegend (reins). Die Lende bat zur Grundlage die secbs Lendenwirbel, welcbe etwas starker als die binteren Riickenwirbel sind, breitc Querfortsiitze und aucb breite, scbief nacb yorne gericbtete Stacbelfortsiitze besitzen, sowie starke Muskeln, welcbe nacb vornc zum Riicken ibren Verlauf nebmen. Die Lendenwirbel sind untereinander beweglicber als die Riickenwirbel verbunden, na- mentlicb zeiclmet sicb in dieser Beziebung der secbste Lenden¬ wirbel in seiner Yerbindung mit dem Kreuzbein sowobl am Korpcr als an den Quer- und scbicfen Fortsiitzen aus. Eine gut gebaute Lende soli bei Reitpferden kurz, breit, wcnig beweglicb sein und etwas ansteigend in das Kreuz unmittclbar, obne abgesetzt zu scin, iibergeben. Orientaliscbe Racen zeicbnen sicb besonders durcb eine kurze, breite Lende aus. Man findet bei original-arabiscben Pferden nicbt so selten um einen Lendenwirbel bei normaler Riickenwirbelzabl weniger als bei den gewbbnlicben Pferderacen. AYenn man aucb nicbt, wieSanson glaubt, daraus den Cbarakter einer eigcnen Pferde- race ableiten will, so ist es docb auffallend, dass man an den 124 Formen der Lende. verscliiedensten Orten bei Pferden mit ausgesprochen orientalischem Typus diese Abweicbung vorgefunden bat. So ist iu dor hiesigcn anatomischen Sammlung das Skelet eines Original-AraberSj^Tajar", mit 5 Lendenwirbeln aufgestcllt, welclier sicb durch die Sclion- heit seiner Formen auszeiclmete imd als Zuchtpferd in Ungarn selir berlihmt war. Ancb spiiter wurde ein Original-Araber mit nur fiinf Lendenwirbeln bierorts gefunden. Dergleicben Skelete sind ancb in den Museen yon Stuttgart, Lyon, Kopenbagen aufbewabrt, Avie Eueff dieses umstandlicb anftibrt. Formen der Lende sind: Die kurze Lende, Avenn sie dabei breit imd von gut ent- wickelten Muskeln gebildet ist, bat Ariel Kraft und dabei docb die entsprecbendc BeAveglicbkeit. Die lange Lende kann bei guter Muskelbildung besonders ftir Zugpferde nicbt feblerbaft sein, bei Reitpferden crlangt sic jedocb oft eine zu grosse BeAveglicbkeit, namcntlicb danu, Avenn der letzte Lendemvirbel vom Kreuze durcb eine Yertiefung an den Stacbelfortsatzcn gescbieden ist, die abgesetzte Lende. Ist sie dabei schmal, so ftibrt sie ancb den Namcn Wolfs- lende und ist umso feblerbafter. Eine stark aufgebogene Lende ist zuweilen mit dem Esel- oder Karpfenrlicken yerbunden und nacb diesem zu beurtbeilen. Die gespaltene Lende zeigt eine bedeutende Entwicke- lung der Sluskulatur, derart, dass die Riickenmuskeln liber die Spitzen der Stacbelfortsatze macbtig beryorragen, Ayie man solcbes bei scliAvcrcn Zugracen findet und mit Recbt scliiitzt. Je langer die Lende und je scbmaler sie dabei ist, desto weniger bcfiibigt sic^ zum Reitdienste. Aber ancb ftir das Zugpferd muss sie als febler¬ baft bezeicbnet Averden, Aveil sie zu Avenig Kraft und Ausdauer bat. An der Lende treten infolgc iibermassigen Gebraucbes oder sonstiger Ursacben zAveierlei Febler auf, und zAvar: a) sie Ayird steif, Aveil die Wirbelkbrper und die Quer- fortsiitze untereinander A^erwacbsen. Nur der secbste Lendeirwirbel vcrAvachst niemals mit dem Kreuzbein, er bleibt immer beweglicbj V) die Lende Ayird zu b e av e g 1 i c b, die Pferde Averden scbAvacb, kraftlos, der Gang scliAvankend — die Tbiere leidcn an Lenden- oder Kreuzlabme und Averden dadurcb cntAvedcr ganz oder tbeihyeise ftir jeden Gebraucb ungeeignet. Die Croupe. 125

^ § 49. Die Kruppe oder das Kreuz, Croupe. Die Croupe crstreckt sicb von der Lende bis zum Schweif- ansatz und umfasst eine yiereckige Gegend, welche beiderseits von den liusseren Darmbeinwinkeln (Hiiften oder Ilanken, liancbe) und den grossen Umdreliern abgegrenzt wird. Zur Grundlage dienen ibr das Kreuzbein und die beiden Darmbeine mit den breiten Beckenbiindern, auf welcben die Streckmuskeln des Oberscbenkels im Htiftgelenke, die Backenmuskeln, sowie zum Tbeile die Beugemuskeln des Ilinterknies aufliegen. Bei einem regelmassig entwickelten Pferde soil die Llinge der Croupe von fdem Iluftwinkel zum Sitzbeinbocker ein Drittel der ganzen Lange des Stammes betragen, die Breite soli etwas mebr als die der Yorderbrust betragen und an den beiden Um- drehern denselben Dnrcbmesser wie an der Hiifte baben, nacb rilckwarts nimmt die Breite etwas ab. Stuten baben im aljge- meinen eine breitere, beinabe quadratische, Croupe als Hengste und "Wallacben, bei welcben der Langendurcbmesser liberwiegt.*) Da von der Entwickelung der Croupe und den daselbst gelagertcn Muskeln die Triebkraft des Hintertbeiles beim Reit- und Zugpferde abbiingt, so ist die Beurtbeilung derselben immer von grosser Wicbtigkeit. Was die Hbbe der Croupe anbelangt, so liegt sie um etwa 2*5 cm unter dem bocbsten Punkte des Widerristes. Bei Stuten erscbeint sie zuweilen hober oder in gleicber Ebene. .Mancbmal Uberragt die Croupe den Widerrist bedeutender, die Pferde sind iiberbaut, wodurcb das Hintertbeil zu viel Triebkraft bekommt und, wenn die Scbultern nicbt sebr fest sind, dieselben zu sebr

*) Wenn man die Korperliinge als 100 ansetzt, so betriigt die Liinge der Croupe anniihernd beim englischen Yollblut . . 36 „ Trakehner 33 „ Percheron 32 „ Clydesdaler 30 „ Pinzgauer 28 (P. Adam: Bcurtlicilung des Pferdes, p. 107). 126 Die Croupe.

belastet werden und nachgeben. Nur bei bocbedleu Rennpferden mit sehr strammer Muskulatur kann ein soldier Bau gewisse Vortheile in der Bewegung bringen. Man hat bei der Croupe die Llinge, die Breite und die Richtung zu beurtbeilen. Im allgemeinen soil die Croupe lang sein, weil lange Muskeln eine umfangreickere Bewegung aus- flihren kbnneiij eine grbssere Hublibbej wie Roloff sagt, haben als kurze. Bei der kurzen Croupe ist der Gang wenig ausgiebig. der Nacktheil kann wobl durck die Breite etwas ausgeglicbcn Averden, immer aber bleiben dergleielien Pferde in den sclmelleren Giingen zurllck. Die Breite der Croupe hat auf die Beurtheilung der Kraft- entwickelung einen Avichtigen Einfluss. Breite Darmbeine bieten namlich zahlreicheren Muskelfasern Ansatzpunkte als SQhmale, und da mit der Zahl der Muskelfasern die KraftentAvickelung im geradcn proportionalen Yerhliltnisse steht, so Avird man eine moglichst breite Croupe besonders ftlr Zugpferde schiitzen. Ein breites Kreuz gibt Ausdauer in der Stlirke, Avie ProsclrH) mit Recht sagt, ausdauernde Schnelligkeit, AATenn es mit Liinge und einer mehr AAragrechten Richtung ATereinigt ist, und eine zusam- mengedrangte Zugkraft, wenn es zugleich kurz und abschlissig ist. Die schmale Croupe yerrlith Avenig entwickelte Muskeln, sie wird umso fehlerhafter sein, Avenn sie zugleich kurz ist. Was die Richtung anbelangt, so soil die Croupe Avoid der horizontalen sich inihern, dieselbe aber nie erreichen, sondern immer etAAms geneigt sein. Pferde mit hbchst gerader, im strengsten Sinne horizontaler Croupe liberschreiten allemal die ftir Muskel- Avirkung und Mechanik der Hinterschenkel ATortheilhaften Ycr- haltnisse, Avie schon Gitnther**) sagt. Eine die horizontale nach aufwarts noch uberschreitende Kreuzform Avird daher umso naturwidriger sein, A\Tenn sie gleich auck flir schbn gehalten Averden kann. Die Strecker des Oberschenkels, die Backenmuskeln, haben namlich als Angriffspunkte der Kraft die Umdrcher und Avirken

:5:) Prosch: Handbuch der Lehrc vom Aeussern des Pfcrdcs, p. 131. **) Giinther: Das GangAverk des Pferdes, p. 38. Formen der Croupe. 127

zum Theile nach Art zwciarmiger Hebel mit sehr kurzem Kraftarm. Die Kraftaussenmg eines Muskels ist aber umso betnicht- licher, je mebr sein Ansatzpunkt von der Ilorizontalen abweicbt. Wenn somit die Croupe eine ganz horizontale und die Muskel- richtung eine vollkommen gerade ist, so muss die Wirkung der Backenmuskeln eine der Kraftentmckelung ungiinstige sein, ob- wobl bei entsprecbender Lange die Ausgiebigkeit der Bewegung, also die Schnelligkeit, zunehmen kann. Es ist deswcgen bei hocli- edlen Pferden die ganz gerade Croupe kein Fehler, wenngleicli die Kraftentwickelung gemindert wird. Ist die Croupe jedocli etwas geneigt, so wirken die Muskeln unter spitzen Winkeln und es muss die Kraftentwickelung umso grosser sein, je breiter und liinger dabei die Croupe ist. Pferde mit langer, breiter, etwas geneigter Croupe zeicknen sich daher dureb grosse Kraft und Ausdauer in der Bewegung aus, wenngleicb die Schnellig¬ keit etwas gemindert sein kann. Man wird daher fur JRennpferde eine lange, mehr horizontale, fiir schwere Zugracen eine breite, etwas gesenkte Croupe beyorzugen. Da die Kicktung der Bewegung in der Diagonale erfolgt, so wird dieselbe umso schwankender und schwerfiilliger sein, je breiter der Bumpf ist, daher Pferde mit sehr breiter Croupe mehr zum langsamen Zuge geeignet sind, wakrend das lange, schmale Kreuz fur die Schnelligkeit vorthcilkafter erscheint. Eehlerhaft muss cine Croupe erachtet werden, wenn dieselbe kurz, schmal und stark geneigt ist, da im letzteren Falle die Bichtung der Kraft eine gerade aufsteigende wird, unmittelbar das Kreuzbein trifift und daher die Pferde einer grossen An- strengung bediirfen, um die Last nach yorne zu werfen. Es ist daher eine stark geneigte Croupe fiir Keitpferde als ein grosser Fehler anzusehen. Dergleichen Pferde eignen sich mehr zum Zug- dicnste oder zum Lasttragen im langsamen Gange. Man unterscheidet folgende Formen der Croupe: 1. Die gerade oder horizontale Croupe, wo die obere Flliche eine Ebene ist, das Kreuzbein gerade vcrlauft und die Hiiften gleich hoch mit den Sitzbeinkockcrn stehen. Sie ist meistens dabei lang und breit, der Gesclnyindigkeit giinstig, findet sich bei den edelsten englischen und arabischcn Pferden 128 Formen cler Croupe.

und wircl allgemein flir schon gehalten. obwolil sie niclit zu den kraftigsten Kreuzformen gehort. 2. Die ovale oder melonenformige Croupe mit etwas geneigtem Kreuzbeine und wenig niedrigstebenden Hllftwinkeln, zu beiden Seiten jedocli gewolbt, bietet bei gehoriger Lange sowie bei entsprecbender Strammheit der Muskulatur die besten Yerbaltnisse flir die Kraftentwickelung dar und wird daher als Yorzliglichste Kreuzform bezeiebnet. 3. Die runde oder apfelformige Croupe ist kurz und gerundetj wobei die Mittellinie hervorragt. Sie ist meistens in Bezug auf die tibrigen Korperverbaltnisse etwas zu klein, die " Muskulatur baufig scblafif und wird daber wenig gescbatzt. 4. Die spitzige Croupe bestebt darin, dass der innerc Winkel des Darmbeines, sowie zum Tbeil die Stachelfortsatze des Kreuzbeines liber den tibrigen Tbeil des.Kreuzes bedeutend bervorragen, wiibrend die Seitentbeile mebr abgedacht^crscbeinen. Ein solcbes Kreuz ist entweder die Folge von allgemeiner Mager- keit und kann sicb verlieren, oder von Natur aus gebildet und erscbeint dann nicbt wiinscbenswert. 5. Die Eselcroupe, aucb Maultbiercroupej ist nacb binten abscbiissig, dabei stark, breit und muskulos.' Sie ist flir alle Dienstleistungen yortbeilbaft, obwolil weniger scbon, und findet sicb als Raceneigentbtimlichkcit bei ungariscben und polniscben Pferden. 6. Die abgescbliffene oder Scbweinscroupe ist be¬ deutend nacb binten gesenkt, scbmal und kurz, mit wenig entwickelter Muskulatur, sie ist scbwach und feblerbaft und findet sicb ziemlicb baufig bei Pferden mit scblaffem Faserbaue. 7. Die gebbrnte Croupe bat stark bervorragende aussere Darmbeinwinkel. Sie kann entweder zugleicb scbmal und dann feblerbaft sein, oder aber die Breite dersclbcn ist ansebnlicb, und nur eine aus yerscbiedenen Ursacben eutstandene Magerkeit lasst die Hllften so bedeutend bervortreten. Bei einem gut gebauten Pferde sollen die Hllften oder Hanken wenig ^icbtbar sein, die Flankc soli in einer sanften Wolbung in das Kreuz iibergeben. Zuweilen stebt eine Hlifte tiefer als die andere — das Tbier beisst einbtiftig. Es ist dieser Zustand die Folge einer im jugendlicben Alter erlittenen Der Schweif. 129

Abweicliung des iiusseren Darmbeinwinkels; diese kann entweder oline Xachtheil fiir das Thier gelicilt sein, was meistens der Fall ist, oder dock eine Scliwache der betreffenden Extremitiit zurlicklassen. 8. Die gcspaltene Croupe mit breitem Becken hat eine stark entwickelte Muskulatur zur Seite des Kreuzbeines, wodurch in der Mittellinie eine Rinne entstelit. Sie kommt kaufig zugleick mit gespaltener Lende und breitem Rtlcken yor und wird bei sckweren Zugpferden gesckiitzt. 9. Die schiefe Croupe, wobei das eine Darmbein tiefer stekt als das andere und meistens auch kiirzcr ist, muss als ein wesentlicker, meistens angeborener Fekler angeseken werden, weil damit ein kurzerer\ Sckritt der sckiefen Seite verbundcn ist. An der Croupe hat man immer auf eine zuweilcn rorkom- mende einseitige Abmagerung infolge von Iluftlakme und auf die Spuren yon Eiterbandern, sckarfen Einreibungen zu achten. Das Krummgeken, bedingt durck die sogenannte Iluftlakme, so- vne Brilcke der Darmbeinsaule sind ein wicktiger Gegenstand der Chirurgie und werden dort umstandlick erprtert.

§ 50. Der Schweif (queue). Der Schweif ist der kinterste Theil des Pferdekbrpers. Man untersckeidet an ihm die Sckweifrilbe und die Schweifkaare. Die Sckweifrtibe soil kochangesetzt sein, d. k. sie soli an ihrem Ursprunge in gleicher Ebene mit der Croupe ycr- laufen und weiters im Bogen nack abwarts fallen. Ein hock angesetzter Schweif, der im Bogen getragcn wird, wird unter die wesentlicken Erfordernisse eines sckbnen Pferdes geziiklt. Tief angesetzt ist der Schweif, wenn er bedeutend tiefer liegt als das Kreuz und nack abwarts fiillt, olme im Bogen getragen zu werden. Er ist meistens mit eincr abscktissigen Croupe yer- bunden. Eingestocken wird er genannt, wenn er von seinem Ursprunge an eine Streckc zwisckcn den beiden Ilinterbacken verlauft. Die Rlibe darf nicht ubermassig dick, aber sie soli derb und fest sein und wenn man sie biegen will, viel Spannkraft haben. Nack dem Widerstande beim Auflieben des Schweifes Miiller, Exterieur des Pferdes. G 0 130 Der Schweif. beurtlieilt man hiiufig' die Kraft der Muskeln am Kreuze und am Rlicken, wobei man jedoch immer auf die nattirliclie Kitzliclikeit der Pferde in dieser Gegend Riicksiclit zu nelimen hat. Die Scliweifkaare sind bei den verscbiedenen Racen yon versckiedener Lange. Bei manclien Pferden liebt man lange Schweifhaare, besonders bei TVagenpferden sind zuweilen Lang- schweife geschiitzt und werden sorgsam cultivirt. Reichen die Schweifhaare bis zum Boden, so heisst man dieses Sclilepp- schweif. Zu gewissen Zeiten hat man jedoch einen gar kurzen Schweif besonders geliebt und deswegen durch das Abschlagen der Schweifriibe ihn auf 10—15 cm Liinge verkurzt (englisircn). — Heutzutage ist man theilweise von dieser Ansicht abgekommen, obwohl man noch immer gerne einige Schweifwirbel an der Spitze abnimmt und die Langhaare des Schweifes bis zum Sprunggelenke zuschneidet (arabisiren). Edle Pferde liaben feinere und kurzere, sparsamere Ilaarej wiihrend sie bei *gemeineren Racen lang und tippig wuchern. Um ein bogenformiges Tragen des Schweifes wie bei orien- talischen Racen zu erzielen, operirt man einheimische, weniger gut tragende Pferde in der TVeise, dass man die Abwiirtszieher des Schweifes entweder bloss mehrfach unter der llaut durchschneidet oder stiickweise herausnimmt, welches Yerfahren Schweifmuskel- schnitt genannt wird. Die nlihere Auseinandersetzung gekort der Chirurgie an. Zu bemerken in exterieuristischer Beziehung ist jedoch, dass man die untere haarlose Flache des Schweifes immer be- trachten muss, oh sichNarben yorfinden oder nicht. Zuweilen bleibt als Folge dieser Operation ein Schieftragen des Schweifes zuruck. In Bezug der Langhaare des Schweifes soli man nie vcrgessen, denselben zu untersuchen, oh nicht falsche Haare eingeflochten oder ein ganzer falscher Schweif eingebunden ist, was friiher bei kurzen Stutzschweifen haufiger geschah als gegenwartig. Zuweilen sind die Schweifhaare kurz, am Grunde des Schweifes fast fehlend und nur gegen die Spitze hin reichlicher vorhanden. Man heisst einen solchen Schweif Rattenschweif. Er ist entweder angeerbt und kommt oft bei starken, krliftigen Thieren vor, oder er ist erworben (unechter Rattenschweif), indem die Thiere durch Unreinliclikeit und Hautausschlage zwisclien den Schweifhaaren und dadurch bedingtes Jucken zum Die Bmst. 131

Eeiben des Sclnyeifes an den Standsliulen oder andcren Gegcn- standen angctrieben werden nnd so die Haare verlicren. In letz- terem Falle kann dnrcli eine zweckmassige Behandlung and Reinigung ein langerer Haanvuchs erzielt werden; ein angeborener Rattenschweif ist nnheilbar nnd erbt sicb fort. Bei Scbimmeln findet man an der unteren Flaclie der Scliweifrilbe um den After zmveilen Melanosen oft in soldier Zahl and Grosse, dass sie den Mistabsatz liindern kbnnen.

§ 51. Die Brust (poitrail). Im Extcrieur unterscheidet man drei Gegenden, welche den Namen „Brust" fiihren, nnd zwar: die Yorderbrust, die Untcrbrust nnd die Seitenbrust oder die Rippen, Rippen- gegend. Die Yorderbrust liegt zwiscben den beiden Buggelenken, sie ist durch eine Ausscbweifung vom Keblrande des liaises ge- trennt nnd geln allmablicb mebr oder wenigeij gewolbt in die Untorbrust liber, welche mit der Yorderbrust ein Ganzes aus- macbt und aueh speciell mit dem Namen „Brust" bezeicbnet wird. Man bemerkt daselbst die mittlere Brustfurcbe, deren Grundlage der Brustbeinkamm mit dem Schnabel- oder Ilabichts- knorpel bildet, in welcher kein Gefiiss die Lage bat. Seitwiirts von ibr ragen gewolbt die beiden breiten Brustmuskeln hervor, welche wieder durch eine Furchc, die Seitenbrustfurcbc, von den Kopfhalsarmbeinmuskcln getrennt sind. In dieser Furchc veiTauft die grosse Hautvene des Yorderfusses, die Kopf- oder Bugvenc, welche in alterer Zeit auch zum Aderlasse benlitzt wurde. Da in der Brusthohle die Athmungs- und Kreislaufsorgane ihre Lage haben, von welchen die Leistungsfahigkeit und Aus- dauer des Pferdes im Gebrauchc wesentlich abhangen, so ist cs begreiflich, dass man die Form und Entwickclung der Brust von jeher sehr beachtet hat. Die Brust hat aber nicht bloss eine Bedcutung ftlr das Athmungsgcschaft, sondern auch fiir die Stiirke und Kraft in den Vorderfiissen und speciell in der Schultcr, weil die starken 9* 132 Forraen der Brust.

Brustmuskeln ihre Kraft weniger nnd nur ausnalimsweise auf die Bewegung ties Brustkorbes, vielmelir auf die Bewegung im Schultergelenke im scknellen und langsamen Gauge aiisniitzen. Im allgemeinen soli die Brust breit sein und in eincr Ebene mit den beiden Buggelenken stehen. Die Breite der Brust luingt ab yon der Kriimmung der vorderen Kippen, der Entwickelung der Brustmuskeln und der Kicbtung der Scliulter. Je starker die Bippen, von der ersten angefangen, nacb aussen gewblbt sind, desto grosser muss der Raum flir die vorderen Lungenabschnitte und das Ilerz sein. Je besser ferner die Brustmuskeln entwickelt sind, eine desto grbssere Leistungsfabigkeit bat das Pferd im -Zuge, und je normaler die Scbulterlage ist, desto gerader und mebr nacb aussen steben die Buggelenke und desto freier kbnnen die Muskeln wirken. Nacb Proscb wecbselt die Breite der Vorderbriist zwisclien den Bugspitzen bei einem mittelgrossen diinischen Landpferde von 14—16 Zoll — also etwa 35—40 cm. Scbwere Zugraccn zeicbnen sich durcb eine sebr breite Brust aus; bei Hengsten der Suffolkrace steigt die Breite auf 54—56 cm. Hiesige Mcssungen ergaben: Bohmisches Pferd: Brustbrcite 35, Hohc 192, Brustumfang 184 cm. Arabcr: Brustbreite 38, Hohc 163, Umfang 185 cm. Lippizaner: Brustbreite 39, Hoho 160, Umfang 179 cm. Hannover'sches Pferd: Brustbreite 40, Hohe 172, Umfang 188 cm, Pinzgauer: Brustbreite 51, Hohe 168, Umfang 186 cm. Die scbmale Brust ist mit flacben Kippen, wenig ent- wickelten Muskeln und oft steiler, vor- und einwlirts gestellter Scbulterlage verbunden und befiibigt die Tbicre zu keiner Aus- dauer. Sie ist nacb Proscb vorzugsweise bedingt durcb Nabrungs- mangel in den ersten zwei Lebensjabren, weil Fiillen immer eine sebmale Brust baben. Nacb aufwarts soil die Vorderbriist durcb eine deutlicbe Ausschweifung vom Raise gescbieden sein, dadurcli gewinnt das Kissen eine ordentlicbe Anlagerung. Man unterscbeidet folgende Brustformen: 1. Die Lbwenbrust ist zu breit, die Buggelenke steben zu weit nacb aussen, die Brustmuskeln sind ungemein stark ent- Seitenlmist. 133 wickelt, auch der Fettreichtlium untcr den Muskeln ist oft ein betriichtliclier, der Gang solcker Pferde wird plump, scliwerfallig, sie eignen sich nur zum langsamen Zuge. Diese Brustform wird aber bei scliweren Zugracen gesclnitzt. 2. Die Habnenbrust hat eine bervorragende Brustspitze, jedocli mit krliftiger starker Muskulatur und gut gestellten Bug- gelenken. Dergleiclien Pferde gehen zwar weniger gut im Kummet, sind aber meistens gute Reitpferde. 3. Die schmale, enge Brust gelit aus flacker Rippen- stellung und gering entwickelten Muskeln bervor. Eine solcbe Brust ist schwach im Zuge und wenig geeignet fur den Scknellauf. Stelit dabei der Habichtsknorpel bedeutend heryor, so filhrt sie auch den Namen Habichtsbrust. 4. Die ho hie oder Ziegen brust zeigt eine tiefe Brust- grubc infolgc bedeutend yorgeschobener Schulter, Sie ist dabei schmal, schwach und geht theils aus einem fehlerhaften Bane, theils aus bedeutender Abmagerung infolge yon Krankheiten heryor. Die Unterbrust liegt zwischen den ^orderfiissen; sie reicht so wcit nach abwiirts, dass ihre Ebene das Ellbogengelenk schneidet und geht gerade yerlaufend in den Bauch liber, derart, dass die fortgesetzte Gerade das Ilinterknie trifft. Die Haut ist daselbst schlaff, in Falten gelegt, es treten daher auch in dieser Gegend bdematbse Anschwellungen gerne auf. Zuweilen kann die Unterbrust nock tiefer als das Ellbogengelenk stehen. Die Seitenbrustgegend oder die Rippen (cote) liegen hinter den Schultern und erstrecken sich bis zu den Flanken. Sie begrenzen den eigentlichen Lungenraum, und da das Athmungs- geschaft bei dem Pferde wesentlich in Anspruch genommen wird, so yerdienen die Rippen eine grosse Beachtung. Der Brustkorb wird begrenzt nach obcn yon den Riicken- wirbeln, unten yon dem Brustbeine mit dem Schaufelknorpel, seitwiirts yon den wahren und alien falschen Rippen, nach vornc ist derselbc bis in die Gegend der sechsten bis siebcnten Rippe yon den Schultern bedeckt. Sein Innenraum nimmt yon vorne nach hintcn bis zur Mitte sowohl im senkrechten als im Quer- durchmesser zu, yon da an wiedcr ab. Da bis zur sechsten Rippe der yordere Brustraum grosscntheils yom Ilcrzen und den grossen 134 Form der Eippen.

Gefiissen ansgeflillt wircl und nur die zungenfdrmigen Lappen der Lunge ilire Lage liaben, so folgt, dass beziiglich des Atlimungsgescliaftes vorzugsweise der Brustkorb liinter der Schulter zu beacliten kommt. Je langer die Eippen sind, je mehr sie nach aussen und riickwarts gebogen vcrlaufen und je tiefer sie nacli abwarts reicben, umso grosser wird der Lungenraum nach Innen sich gestalten und umso vorzligiicher werden dergleiclien Eippen genannt werden mtissen. Man bezeichnet einen solcben Brustkorb als tonnenfbrmig; der Durchmesser vom bocbsten Punkte des Widerristes bis zur unteren Brustbeinflacbe ist gleicb der halben Hbbe,' der senkrecbte Durchmesser im Innern soil in der Gegend der achtcn Eippe eine Kopflange betragen, der Querdurcbmesser ist mir wenig geringer und betrligt 55 bis 56 cm. Es bat jedocb auf den Innenraum die Liinge des Brustbeines und damit die Stellung des Zwercbfelles einen wicbtigen Einfluss. Ein kurzes Brustbein yerlauft mebr gerade und die Brustform wird eine runde, welche ftir den Eeitdienst minder geeignet ist, das Zwerchfell ist mebr nach vorne gewblbt, der Langendurchmesser der Brust geringer. Audi bat bei einer solcben Brustform der Sattel keine gute Lagerung. Je langer das Brustbein ist, desto mebr erscbeinen die Eippen nach riickwarts ausgewolbt, der innere Langendurch¬ messer der Brust ist dahcr betracbtlicber, aucb triiFt bei der Sattelung die Gurtc nach abwarts noch das Brustbein, was fiir die Festigkeit des Sitzes und das Athmungsgeschaft von grossem Vortbeile erscbeint, da durch die Gurte die falschen Eippen sowie das Zwerchfell bei den scbnelleren Athmungsbewegungen nicbt beeintriicbtigt werden. Die Platt- und Flachrippigkeit erscbeinen als der grbsste Fehler; dieselbe befabigt das Pferd weder zum Laufen nocb zum scbweren Zuge. Proscb*) bemerkt in dieser Bcziebung: „Stellt man sicb so yor das Pferd, dass das Auge lungs der ausscren Flacbe des Buges gleitet, so wird die "Wolbung der Brustwandung die iVussenseite des Oberscbenkels decken, wenn die Eippen die

*) 1. c. p. 38. Form der Eippen. 185

passendc Abruudung liaben, clagegen den Oberschenkel siclitbar lassen, wenn die Eippen flacli sind. Die Tonnenform der Brust ist der Ausdruck fur eine^freie Thatigkeit der Lungen." Bei ruhigem gcsundem Athmen sieht man keine oder nur eine nnmerkliche Bewegung der falschen Eippen, weil das Zwerch- fell fast allein thiitig ist. Diese Bewegung wird aber umso auf- fiilliger, je sclineller die Athemziige erfolgen, je melir die Tkiere im Laufen angestrengt werden; sie nimmt aber bald wieder in der Enbe ab, wenn sonst keine Atlimungshindernisse besteben. Wenn Athmungsbescbwerden beim Dampf liingere Zeit an- dauern, so bildet sich langs der Anheftung der Zacken des Zwerch- felles an den Knorpeln der falschen Eippen eine Einziehung, welche bleibend ist und^mit dem Namen Dampfrinne, Dampfsclmur, bezeiclinet wird. Langs der Verbindung der waliren Eippen mit den Knorpeln verliinft unter der Ilaut an der Seite der Brust eine starke Vene, welche sich aus einem Blutgefiissnetze an der unteren Fliicke des Yorderbauches herausbildet, die Sporaider oder liussere Brustvene, welche bei scharfgerittenen Pferden durch die Sporen vcrletzt werden kann. Linkerseits fiihlt man in der Gegend zwischen der fiinften und sechsten Eippe neben dem Ellbogenhocker den llerzschlag. An der Yorderbrust beobachtet man bei Zugpfcrden zu- wcilen xVnschwellungen, die Brustbeulen. Bei Eeitpferden treten nicht so selten Druckschaden an den Eippen auf, haufig finden sich infolge des ungleichen Druckes der Gurten weisse Flecken oder haarlose Stellen. Was den Umfang der Brust unmittelbar hinter dem Widerrist anbelangt(Gurtelmaass),so ist dcrselbe bei einem gutgebautenPferde immcr um 15 cm und dariiber grosser als die Hbhe und be- triigt iiberhaupt beim mittelgrossen Pferde 175—180 cm. Nach den Vorschriftcn iiber das Pferdewescn wird ein Pferd als kurz- beinig angesehen, wenn das Giirtelmaass mehr als zwei Faust (21 cm) das Hbhenmaass tibertrifft. 136 Die Flanken.

§ 52. Die Flanken oder Weichen (fiancs). Die Flanken oder Weiclien liegen zu beiden Seiten der Lendengegend und sind abwiirts von einer Ilautfalte znm Hinter- knie (Kniefalte) begrenzt. Die Flanken ricbten sich nacli der Liinge der Lenden, der AVolbung der Eippen und der Breite des Beckens. Die Flanke soil kurz und gut gescblossen sein. Sie ist dann mit kurzer breiter Lende und stark ruckwarts gebogenen Eippen verbunden, derart, dass ihre Breite bloss 5—6 cm betriigt und w wird bei Eeitpferden gescluitzt. Lange, lioble und tiefe Flanken, sogenannte Hungergruben, verratben entweder bedeutende Ab- magerung infolge von Krankliciten oder Futtermangel, oder sie kommen gleiebzeitig mit langcn Lenden vor und sind als febler- liaft anzuseben. Bei mager gefiitterten Pferden sind die Flanken immer etwas vertieft und die Hiiften steben vor. Ein Gleiobes lindet sicb bei Stuten mit breitem Becken ausserbalb der Triicbtigkeit und wird gescluitzt. Zu stark ausgefullte und gespannte Flanken verratben eine bedeutende Gasentwickelung in den Gedarmen, besonders reebter- seits im Blinddarme, oder eine starke Ueberfullung derselben mit Futter. An den Flanken kommen die Flankenbriicbc und die Bewcgung derselben in extericuristiscber Beziebung zu be- acbten. Im Stande der Eube und bei miissiger Bewegung bemerkt man nur ein unmcrkliches Heben und Scnken der Flanken- gegend beim gesunden Pferdc wabrend des Ein- und Ausatbmens. TPerden die Tbiere starker bewegt oder leiden sie an einer dauernden Atbmungsbescbwerde mit und obne Fieber, so bebt und senkt sicb die Flankengegend sebr auffallend, was man mit dem Namen Flankenscblagen bezeiebnet. Wenn das Flanken- scblagcn scbon im Stande der Eube oder nacb geringer Be¬ wegung auffallend bervortritt und kein Fieber vorbanden ist, so kann es ein Zeicben des Dampfes sein. Formen des Bauches. 137

§ 53. Der Bauch (venire). Der Baucli ist der untere Theil des Rumpfes hinter der Brust imd zwisclien den Flanken; er zerfiillt in die vordcre oder Brustbeingegend, in die mittlere oder Nabelgegend und in die hinterc oder Schamgegend. Bei einem gesunden Pferde fordert man, dass der Banch gerundet sei, yon der Unterbrust in gerader Ebene nach riick- wiirts yerlaufe und einen gleiclien Durclimesser mit dem hinteren Theile der JBrust habe. Stuten besitzen in der Regel einen grosser en Bauch als Hengste und Wallachen, besonders wenn sie einigemale traclitig waren. Flillen haben in der ersten Zeit einen kleinen Bauch. Man unterscheidct folgende Formen des Bauches: 1. Den Hangebauch, welcher eine Wblbung nach abwiirts bildet und gross erscheint. Er kommt gemeinschaftlich mit dem Senkrlicken vor und ist entweder die Folge yon vielcn Trlichtig- keiten oder des hbheren Alters und starkeh Gebrauches. Im hoheren Grade nennt man ihn auch Kuhbauch. 2. Den Ileubauch, die Folge wenig nahrhafter Ernahrungs- Aveise mit Hen, Gras, bei TVeidepferden; er ist gross und mehr zur Seite ausgedeknt, yerliert sich jedoch nach und nach, wenn die Pferde mehr Kbrnerfutter bekommen. 3. Den aufgezogenen, aufgeschiirzten Bauch oder Windbauch, der klein und gegen den ausseren Darmbein- winkel in die Ilbhe gezogen ist, so dass das Pferd nach hinten auffallend schmal erscheint; er kommt bei sonst gesunden mlinn- lichen Thieren yor, wenn sie wenig lieu bekommen oder ihnen ()fters Abfuhrmittel gereicht werden. Doch kann er auch die Folge lang anhaltenden Durchfalles, eines tieferen inneren Lei- dens, langwieriger Athmungsbeschwerden sein, wobei die allge- meine Erinihrung leidet. Bei triichtigen Stuten nimmt der Bauch nach und nach an Grbsse zu, besonders in den letzten Monaten der Tnichtigkeit, doch kann eine Vergrbsserung des Bauches auch ohne diesen Zustand yorkommen, und nur die Bewegung des Jungen, welchc 138 Mannliclie Geschlechtstheile.

man linkcrscits vom seclisten Monate an sicht oder fiililt3 beson- ders wenn die Thiere frtilier kalt getrunken habeiij gibt einen siclieren Aufschluss iibcr die Triicbtigkeit. Yom neunten Monate an kann man an der unteren Banchwand das Junge flililen. Man muss jedocli bemerken, dass aus der au^seren Untersuchung allein oft scliwer eine Triicbtigkeit mit Bcstimmtbeit diagnosticirt werden kann. Was die Krankbeiten am Baucbe anbclangt, so kommt bei Flillen der Nabelbrucb und bei crwacbsenen Thiercn der Baucbbruch yor, weicbe Gescbwulste unter der llaut, welcbe Eingeweide entbalten und mit der Baucbbbble in Verbindung steben. Bei mancben Krankbeiten, z. B. dem Typbus, kommcn wassersitchtige Anscbwellungen an der unteren Banchwand vor, deren niibere Betracbtung in das Gebiet der speciellcn Pathologic gebbrt.

§ 54. Die mannlichen Geschlechtstheile. Yon den mannlichen Gcschlechtstheilen liegen folgende Gcbilde nacb aussen: 1. Der Schlauch oder die Vorbaut mit der Eicbel. 2. Der Ilodensack mit den Hoden und zum Tbeil dem Samenstrange. ad 1. Der Schlauch (fourrcau) ist bei neugeborncn Flillen eine einfacbe (eigentlicbe Vorbaut), bei crwacbsenen Thiercn eine doppelte Einsttilpung der iiusseren Haut, welcbe unmittclbar binter dem Nabel ibre Lage bat und den vordersten freien Tbeil des mannlichen Gliedes, die Eicbel, umgibt. Der Schlauch soli nuissig gross und mit sparsamen feinen Darchcn besetzt sein, nicht schlaff berabbangen, die vordere Ocffnung muss die Eicbel leicbt durcbtreten lassen, ebenso soil sich kein Ausfluss daselbst zeigen. Die von der inneren Flacbe des Scblaucbes abgesonderte Scbmiere sammelt sich oft in grbsseren Massen in Form von Klumpen an und kann zu Anatzungen Veranlassung geben, wes- wegen der Schlauch bfters gercinigt werden soil. Zuweilen ist der Schlauch etwas grosser, die Eicbel kann sich in ihm frei bewegen und crzcugt bei scbnellerem Gange, besonders beim Trabc, ein gluckscndes Gerauscb, welches man falschlich in die Hodonsack und Hoden. 139

Bauchlidhle verlegt hat. Es verschwindet jeclocli gleich, wenn man etwas "Wcrg oder Leinwand in den Schlauch schiebt und die Bewegung der Eichel hindert. Zuweilen ist die Oeffnung des Schlauches zu enge, entweder von Natur aus oder infolge ddematdser Anscliwellungen, wo- durch das Ausschachten geliindert sein kann. In solchen Fallen ist die Begattung unmdglich, auch der Ilarn ergiesst sich in den Schlauch und kann zu Aniitzungen und ttbelriechenden Ausfliissen Yeranlassung gehen. Die in der eigentlichen Yorhaut gelagerte Eichel soil bei mannlichcn Thieren, Avelche zur Zucht yerwendet werden, immer in Untersuchung gezogen werden. Sie soil frei hcrvortreten, ihre Haut soil fein und ohne Geschwlir oder Excoriationen sein, das mannliche Glied selbst muss cine gehdrige Lange, Grdsse und Steifheit besitzen. Bei Zuchthengsten tritt wiihrend der Beschalzeit nicht so selten ein blaschenartiger Ausschlag an der Eichel auf, welcher jedoch bei einfacher Behandlung ohne Schaden abheilt. ad 2. DerHodensack mit den Hoden>oder das Gesclirdte liegt in der Schamgegend. Die Haut des Hodensackes ist fein und zart, leicht beweglich, doch besitzt sie ein bedeutendes Zu- sammenziehungsvermbgen, die Ilaare sind sparsam und fein, der Ilodcnsack umgibt besonders im aufgeregten Zustande die Hoden ziemlich straff', so dass zwischen ihnen eine Rinne bleibt. Die Hoden (testicules) des lleagstes sollen ziemlich gross sein, sicli deutlich angreifen lassen; meist ist ein Hoden etwas grosser als der andere und lilingt etwas tiefer, besonders der linke, ohne dass dieses jedoch constant ware. Zuweilen bleibt ein Hoden ganz klein und verktimmert; wenn dann entspreckend der andere ziemlich umfangreich ist, so kann dieses ftir den Zcugungsact nicht fur nachtheilig angesehen werden. Auch kann ein Hoden im Leistencanale liegen bleiben, so dass der Hodensack auf cincr Seite leer gefiihlt wird oder er liegt in der Bauchhbhlc und kann dort entweder von einer normalen Beschaffenheit sein oder er schrumpft; auch kann er zu einem schr blutreichcn Ge- bilde von zicmlichem Umfange ausarten. Pferde mit nur einem Hoden oder bei welchen beide in der Bauchhbhle zurilckgeblieben sind, heissen Spitz- oderEHopf- 140 AVeibliclie Geschlechtstheile.

liengste, aucli Klopphengstc, Urhengste; sie sincl zuweilen sehr geil, bosartig mid scliwer verwendbar, besonders wenn ein llode nocli oben im Leistencanale zwisclien den Baucbmuskeln seine Lage bat Kleine lloden sind von keinem Nachtheilc in Bezug auf Zeugungskraft, ja gerade sehr grosse lloden werdcn von Gestlits- mannern weniger geschatzt; bei alten Hengsten, welche viel zur Zucbt verwendet wurdcn, sind die Hoden und dcr Samenstrang zmveilen infolge von llbermassiger Ausdelinung der Yenen ver- grossert, sie verwaclisen mit der gemeinscliaftlichen Sclieidenbaut, die liussere Hant ist verdickt, ebenso ist der Schlauch angc- ' scbwollen — Fettsclilaucb der Besckalkengste. Oft ist die Vergrbsserung des Hodensackes nur einseitig in¬ folge von einem eintretenden Darm ncben dem Samenstrange — Hodensackbruch, was bei Hengsten zuweilen vorkommt, oder es bat sicb in der gemeinscliaftlichen Sclieidenbaut W^isser ange- sammelt — Wasserbrucb. — Audi kann der lloden durch krankbafte Yorgangc (Krebsmasse) entarten, ebenso siebt man an der Hodensackhaut zuweilen Warzen oder Wurmgescliwlire auftreten. Bei castrirten Tliieren muss man inimer die' Gegend des Hodensackes untcrsuchen, weil zuweilen als Folge der Castration eine Yerdickung des Samcnstrangcs mit Fistelbildung oder Eite- rung, die Samcnstrangfistel, zuriickbleibt, welche den Wert des Tbieres bedeutend berabsetzt und oft gefiilirliclie blutige Ein- grifife zu ihrer Heilung erfordert.

§ 55. Die weiblichen Geschlechtstheile.

Zu den weiblichen Gesclileclitstlieilen5 welche ausserbalb dcr Banch- und Beckenbbble ilire Lage babcn, gehbren: 1. Enter (mamelles) und 2. die aussere Scbam oder der Wurf (vulve). ad 1. Das Enter liegt in der Scliamgegend zwisclien den beiden Hinterschenkeln. Es besteht aus zwei seitlicben Halften, dcrcn jede eine kleine plattrundlicbe, bei nocb nicht siiugenden Stuten einem abgcstumpftcn Kegel gleicbende Zitze mit zwei Oeff- AYcibliche Geschlechtstheile. 141 nungen bcsitzt. Bei siiiigenclen Stuten sind die Zitzen liinger und plattgedriickt. Ausserlialb/ler Triicktigkeit sind die Enter klein, wlilirend derselben sclnvellen sie an, die Zitzen strotzen und liefern nacli dcr Geburt die natiirliclie Nahrung des Jungen, die Milch. Die Enter sollen keine Knoten oder andere sckmerzliafte Gesclnviilste besitzen, die Zitzen sollen nicht empfindlich oder excoriirt sein. Zuweilen sind die Stuten am Enter so empfindlich dass sie ihre Jungen nicht saugen lassen, in welchem Falle man dieselben mit Gewalt anlegen muss. ad 2. Die ii u s s e r e S c h a m oder der W u r f liegt unter dem After, getrennt durch das Mittelfleisch. Sie besteht aus der langlichen Schamspalte, Avelche von zwei dicken wulstigen Schamlippen begVenzt wird, die bei noch nicht belegten Stuten fester geschlossen und derber sind, als nach mehrmals einge- tretenen Geburten. Bei alteren Stuten erscheinen die Scham¬ lippen schlaff und hangend, sie schliessen nicht vollkommen, so dass der Eingang durch die Scham in die Scheide offen erscheint. Am unteren AYinkel der Scheide ragt der rundliche, schwiirzlich gefleckte Kitzler hervor, welcher nach jeder Ilarn entleerung oder beim Kossigsein mehrmals vorgedriingt und wieder zurtickgezogen wird, bei alten Stuten jedoch frei heryorstehen kann. Dabei wird wahrend des Rossens ein eiweissartiger, heftig riechender, zuweilen blutig gefiirbter, schaumiger Schleim hervor- gepres^t welcher den IsTamen Brunstschleim ftihrt. "Wahrend der Brunst sind die Schamlippen derber und wulstiger, die inncre Fliiche holier gerbthet. Oft ist von Natur aus der Kitzler starker entwickelt. v Im gesunden Zustande soli die innere Fliiche der Scham¬ lippen eine rosenrothe Farbe besitzen, glatt und gliinzend sein, aus der Scheide soil kein Ausfluss zum Vorschein kommen. Beim Bliischenausschlage der Zuchtpferde und bei der sogenannten Schankerseuche kbnnen verschiedenartige schleimige oder eitrige Ausfliisse vorhanden sein, die Schamlippen und der Eingang der Scheide sind zuweilen excoriirt, mit Geschwiiren besetzt, liber deren Natur und Bedeutung die speciclle Pathologic und Chirurgie niihere Aufschliisse gibt. 142 Dor After.

Von der Scliamspalte beginnt die Sclieide, welclie mit dcr Geblirmutter und diese mit den Eierstbcken im Zusammenhange s tebt. Die niiliere Betrachtung dieses Gebildes wird in den anato- m iscben Lebrbiicliern gegeben.

§ 56. v Der After (anus). Der After ist die Mundnng des Slastdannes; er soli im gesunden Zustande festgescblossen, fein gerunzelt, trocken sein und einem kleinen Apfel iibnlicb erscbeinen. *) Die beim Kotb- absatze vorgedrangte Scbleimbaut besitzt eine rosenrotbe Farbe und wird vollstiindig wieder zuriickgezogen. Bei alten^ mageren Pferden und in gewissen Kranklieiten der Athmungsorgane, dem Dampfe, bebt und senkt sicb der After beim Ein- und Ausathmen; oft ist derselbe gegen das Lebensende nicbt fest gescblossen, so dass beim Einatbmen die Luft eindringen kann und beim Aus- atbmen wieder entweicbt, was mit dem Namen Afteratbmcn belegt wird. Dieser Zustand ist bedingt durcb eine Liibmung des Afterscbliessmuskels. Zuweilen siebt man rings um die After- bffnung rundlicbe, feste GeschwUlste, besonders bei Schimmeln, welcbe den Namen Melanosen fiibren und den Kotbabsatz bescbwerlicb macben. Oder es kbnnen Excoriationen des Mast- darmeSj Gescbwiire. Vorfall der Scbleimbaut in Betracbt kommen. Bei Weidepferdcn siebt man zuweilen an der inneren Seite des Afters Bremsen-Larven. Zugleicb mit der Betracbtung des Afters ist immer auf den Kotbabsatz zu acbten, wenn derselbe wiibrend der Unter- sucbung eines Pferdes eintreten sollte. Die Menge und Bescbaffen- beit des Kotbes, die Anstrengung, welcbe das Pferd dabei macbt, sind immer zu berucksicbtigen; sollte das Pferd kcincn Kotb wiibrend der Untersucbung im Freien entleeren, so muss derselbe im Stalle angeseben werden. ' Die Gegend yom After bis zum Hodensacke bei mlinnlicben Tbieren beisst das M i 11 e 1 f 1 e i s c b, wo das mannlicbe Glied mit der Ilarnrohre seine Lage bat. Bei weiblicben Tbieren wird

*) Schwab, p. 110. Die Schulter. 143 mit clem Nameu Mittelfleisch bloss die Ilaiitbriicke zwiscben tier Scham und dem After bezeiclmet.

§ 57. Die Gliedmassen oder Extremitaten. Die Gliedmassen oder Extremitaten werden unterschieden in zwei vordere und zwei liintere. Jede derselben ist aus ein- zelnen Theilen zusammcngesetzt, cleren Betracktung sowobl in der Gesammtheit als einzeln ftlr sicb bei jedem Pferde nothwendig ist, da von ibrer Bescbaffenbeit und der Art ibrer Ausbildung die Fortbewegung des tbieriscben Korpers, die Ausdauer und somit der Gebraucbswert desselben notbwenclig abhlingt. Die krankhaften Yeranderungen an den Gliedmassen sind sebr mannig- faeli, ibre ausflilirlicbe Betracbtung fiillt jedoch der Oliirurgie anbeim, und die Lebre vom Exterieur kann nur auf die iiusser- licb wabrnebmbaren Yeranderungen und abnormen Bilduugen der einzelnen Theile Blicksicbt nebmen, obne in die Entstebungsart und Natur derselben niiber einzugelien. & > A. Die vordereu Extremitaten, Vorderfiisse. An den Yorderfiissen unterscbeidet man: 1. Die Scbultcr; 2. das Scbulter- oder Buggelenk; 8. den Ellbogen- bocker mit dem Ellbogengelcnk; 4. den Vorderarm; 5. das Yorderknie; 6. das Scbienbein; 7. den Fessel mit dem Fesselgelenk; 8. die Krone mit dem Kronengelenk und 9. den Huf mit dem Ilufgelenk.

§ 58. Die Schulter (epaule). Jener Theil der vordereu Extremitiit des Pferdes, welcber an der Seite des Brustkorbes naeb vorne anliegt und gewohnlicli im allgemeinen mit dem Namcn „Scbulter" bezeiebnet wird, zerliillt cigcntlieb in drei voneinander gesonderte Abtbeilungen, und zwar: 1. In die eigentliche Sebulterblattgegend, 2. in das Schultergelenk, Buggelenk oder einfaeh Bug, 3. in den Oberarm. Das Schulterblatt.

Scliulterblatt und Oberarmbein stelien in einer freien gelen- kigen Verbindung unter einem nach binten offenen TVinkel von 90—100° und bilden das nach vorne abgernndet liervorragendc Sclmltergelenk, welches vom Kopfhalsarmbeinmuskel bedeckt wird.*) Das Schulterblatt liegt schief von ,der ersten bis zur sechsten Eippe und wird durch den Schulterblattknorpel vcr- grossertj mit welchem es bis etwa zur Mitte der Stachelfortsiitze des Widerristes emporsteigt* Yon der Bcschaffenhcit der Schulter hiingt zum grossen Theile die Kraft und die Ausgiebigkeit der Bewegung der vor- deren Extremitiit ah, daher ein entsprechender Ban derselbcn besonders ftir Kcitpferde von grosser Wichtigkeit ist. ad 1. Das Schulterblatt soil im allgemeinen lang und breit sein, ferner eine mbglichst schiefe Lage haben. ^ Yon der Liinge des Schulterblattes hiingt wesentlich'der Spielraum der Bewegung des Vorderfusses ah, weil cr umfangreiche Pendcl- schwingungen ausfiihrcn kann und daher je liinger dasselbe ge- baut, desto mehr der Fuss vorgestellt werden kann. Doch ist dabei eine entsprechend entwickelte Muskulatur nothwendig; daher kommt es, dass zuweilen lange Schultcrn der Kraft, kurze aber der Beweglichkeit schaden. Die Breite des Schulterblattes soli immer ansehnlich sein, weil dieses auf eine kriiftige Muskulatur hinweist; schmale Schul-

*) v. Graef bat in Morris7 Exterieur folgende Zusammenstellung der winkeligen Yerbindung der Extremitatsknochen gegeben (p. 129):

O u SPi r-O ^ « n 7; Pc; S ^ ® § 1 T, E J0 -S « rbC Winkel Winkel Winkel .5 £ arm u nd V tQ S o

. ^ 2 und U nter- Yorarmbein terblatt u nd Oberarmbein

schenkelbein r' P, zwischen O ber-

"5 o zwischen O ber- z-wisclien S chul¬ N m Hoehstetter . . . 90° 125° 90° 115° 145° Schwab 105° 135° 95° 120° 145° Bering 90—100° 140—ISO" 120° 150° Morris 104° 150° 95° 106° 1350 o O O o 00 r— 1 v. Krane 80—1001 140—150° 130° 150° o 1 -o Or o Daudel 100° 150° CO 105—110° 135—140° Eaabe 90° 138° 90° 90° 135° Das Buggelenk. 145

tern sincl immer sclnvach, wiilirend eine zu sehr init Fett uiul Muskulatur iiberlaclene Scliulter der Gescliwindigkeit naclitlieilig wird. Nach Settegast,*) Prosck, Eoloff**) soil die Breite der Scliulter derart sein, dass der liorizontale Abstand der Bugspitze vom bintcren oberen Winkel des Scbulterblattes ein Drittheil der Kbrperlange ausmaebt. Die Richtung der Scbulter tibt einen grossen Einfluss auf den Gang aus und man kann im allgemeinen sagen, dass das Schultcrblatt so schief als moglicb liegen solle, wobei jedoclx ein starker Widerrist und ein tiefer Brustkasten erforderlicb sind. Bei einer zu steilen, mebr weniger der Senkrecbten sieb nabernden Scbultcrlage sind die Pferde nicbt imstande, ibren Fuss so boch zu beben, als es zu einem weiten Eaumfassen erforderlicb wiire. Ausserdem ivird bei einer steilen Scbultcrlage der Gang stossend und prebend, -svUhrend bei einer mebr scbiefen Lage sowobl die Gescliwindigkeit gefbrdert, als aucb durcb Brecbung des Stosses der Gang bequemer und sicberer wird. Me soli jedocb die Eeigung des Scbulterblattes eine so betriicbtlicbe sein, dass der Winkel mit dem Oberarmbein kleiner als ein recbter wird, da dieses sowobl der Kraft als der Gescbwindigkeit scbadet. Ferner soil die Eicbtung der Scbulter eine solcbe sein, dass die Bugspitze gerade nacb vorne stebt, weil aus einer abweicbenden Lagerung nacb ein- odcr nacb auswiits eine febler- bafte Stellung des ganzen Yorderfusses bervorgebt. Die Befestigung der Scbulter an der Seite des Brust- koibes soil weder zu straff und fest, nocb zu locker sein. Eine zu innige Yerbindung kann entweder die Folge feblerbafter An- lagerung und geringer Uebung sein — gebundene Scbulter — oder sie ist die Folge bedeutender Anstrengungen, voraus- gegangener Scbulterlabme — steife Scbulter. Die zu lockere Scbulterverbindung entstebt aus grosser Scbwiicbe der Scbulter- blattmuskeln und kann so betriicbtlich werden, dass der Brustkorb zwiscbcn die Scbultern beim Auffallen einsinkt. Die Muskulatur, welcbe das Scbulterblatt deckt, soli sicb immer stramm und fest anfiiblen, scbarf umsclirieben vortreten,

*) Settegast: Die Thicrzucht. Breslau, 1868. ''yf) Boloff: Die Beurtlienungslehrc ties Pfcrdes, p. 220. aiiiller, Exteneur des Pferdes. 6. Aufl. 10 146 Der Oberarm.

die Sclmltergrlite soil deutlicli gefliblt werden kdnnen. Zu mag ere, kakle Sclmltern deuten Scliwaclic und Kraftlosigkeit an, wakrend eine Ubermassige Ankaufung lockerer Mnskelmassen, welche bei scliweren Zugpferden vorkommt (fette, fleiscliige Scbultern), die freie Bewegung liindern kann. Infolge langdauernder Sclnilterlahme entstebt zuweilen ein einseitiger Sckulterscliwund, aucli sind Narben, kahle Stellen oder weisse Flecke bei dimkler Haarfarbe immer zu beachten, weil sie eine yorausgegangene Bebandlung wegen Sclmlterkrankheiten andeuten kbnnen. An der linken Schulter werden zuweilen Gesttits- und Bemontirungsbrande angebracht. Das sogenannte Freiinaclien_der Schulter besteht yorzugs- weisQ in der Uebung des breitgezalinten Muskels, welcber die Schulter an die Seite des Brustkorbes befestigt. Bei einer langen breiten Schulter und entsprechender Uebung erlangt das Pferd die fur das Beitpferd nbthige Schulterfreilicit. ad 2. Das Schulter- oder Buggelenk stellt eine nach Yorne gekehrte abgerundete Erhabenheit dar, welche in gleicher Ebene mit dem Yordersten Theile der Brust liegt. Das Schulter- gelenk soil ferner weder eine iseigung nach ein-, noch nach auswlirts besitzen, yoII und gerundet sich anfiihlen. 1st das Schulterblatt sammt dem Buge zu sehr nach Yorne gestellt — Yorgeschobene Schulter — so wird die Schulter zwar weniger belastet, allein sie ist meist schrnal, kurz und zu gerade gestellt, der Gang steif, wenig ausdauernd, wahrend bei einer zuruck- geschobenen Schulter eine zu grosse Belastung derselben, ein Ueberhiingen des Leibes und Stbrung des Gleichgewichtes die Folgen sind. Letztere Sckulterlage kommt hiiufig bei Weidepferden und schweren Zugpferden vor, wahrend erstere oft die Folge starker Anstrengung, Schulterlahme ist. Steile Yorgeschobene Sclmltern sieht man haufig bei alten Beit- und Bennpferden. Die Bugspitze soil ziemlich weit von der gegenseitigen ab- stehen. Bei schmaler Brust stehen die Bugspitzen zu enge, was der Standfestigkeit und Ausdauer hinderlich ist, wahrend weit abstehende Scbultern der Geschwindigkeit nachtheilig werden. Eine ein- oder auswarts gekehrte Bichtung der Bugspitze bedingt eine feklerkafte Stellung der ganzen vorderen Extremitat. Der Ellbogen. 147

Das spitz yorragende Sclmltergelenk findet sich entweder mit grosser Abmagerung des ganzen Korpers oder der Scbulter allein vor. ad 3. Der Oberarmknoclien bat eine verscbiedene Ltinge und Ricbtung. Je langer derselbe ist, umsomebr iiiibert er sicb in seiner Lage der Horizontalen, wabrend ein zu kurzer Ober- arm eine steilere, nacb abwarts gekebrte Ricbtung annimmt, wodurcb sowobl der Sclmlter- als der Ellbogenwinkel vergrbssert wird und dadurcb das Pferd auffallend bocbbeinig erscbeint. Fitr den Muskelansatz und eine entsprecbende Kraftiiusserung wird man notbwendig ein langes, mebr wagrecbt gelagertes Oberarm- bein fitr vortbeilbafter ansprecben mlissen als ein kurzes steiles, und da im letzteren Falle die ganze Stellung der Yorderftlsse mebr nacb yorne kommt,3 so wird nur ein bocbedles. mit sebr strammen Muskeln ausgestattetes Pferd einen kurzen Oberarm mit langem Yorarm yortbeilhaft verwenden kbnnen, wie dieses bei Rennpferden der Fall ist.

§ 59. > Der EllbogenhScker und das Ellbogengelenk (coude). Der Ellbogenbbcker ragt zur Seite des Brustkorbes nacb binten frei bervor und dient zum Ansatz der macbtigen Streck- muskeln des Vorarmes, daber je langer und kraftiger er ent- wickelt ist, einen umso entsprecbenderen Ansatzpunkt derselbe abgeben muss. Bei einer krliftigen Scbulter ragen der dreieckige und yiereckige Strecker des Yorarmes, welcbe sicb am Ellbogen¬ bbcker befestigen, als rundlicbe Gescbwlilste bervor, und da der Ellbogenbbcker den kttrzeren Hebelarm im Ellbogengelenk dar- stellt, so muss bei gebbriger Entwickelung desselben die Kraft¬ iiusserung umsomebr zunebmen. Ausserdem soli der Ellbogen¬ bbcker gerade nacb rlickwiirts steben und nicbt nacb cinwarts gegen den Brustkorb gedrcbt sein, wodurcb die Zebenspitze nacb auswiirts stebt und die sogenannte franzbsiscbe oder Tanzmeister- stellung bedingt wird, wabrend ein zu weites Absteben des Ellbogenbbckers vom Brustkorbe mit der zebentretenden Stellung verbunden ist. 10* 148 Der Vorarm.

An der Spitze des Ellbogenliockers kommen beim Pferdc niclit so selten entzundliche oder kalte Gesclnviilste vor, welche man mit dem Namen Stollbeulen und Stollscliwamme bezeiclmet. Sie bestehen entweder bloss in einer ziemlich um- fangreiclien Yerdickung der bier immer faltigen Haut und des Bindegewebes oder sie sind durch eine iibermassige Ausdelmung des Hautscbleimbeutels am hinteren Bande des Ellbogenliockers bedingt und sclnvappen. Moistens entstelien dergleichen storende Geschwulste bei Pferden, welclie mit unterschlagenen Fiissen liegen und dadurcli mit den Stollen der Ilufeisen einen Druck auf den Hbcker ausiiben. woher der Name des Leidens riihrt, oder sie bilden sich beim Liegen auf ungleicliem Bodbn, bei engen Stiinden und kurzen Ilalftern aucb bei unbescklagenen Pferden. Man kann daber auf keine besondere innere Krankbeitsanlage beim Yorhandensein der Stollbeulen scbliossen, sie" finden sich zuweilen bei den edelsten Pferden, besonders bei nach einwarts gewendetem Ellbogenbbcker. An der inneren Flache des oberen Endes vom Yorarm verlauft die yon Kersting zuerst zur Untersuchung des Pulses empfohlene Vorarmarterie.

§ 60. Der Vorarm oder der Kegel (avant-bras). Der Vorarm erstreckt sicli vom Ellbogen bis zum Yorder- knie und bildet mit dem Oberarmbein einen nach vorne offenen stump fen TVinkel von 145°, wabrend er auf dem Vorderknie senkrecht aufsteht. You der Lilnge des Yorarmes hiingt die Raumigkeit und Ausgicbigkeit des Ganges michst der Schulter am meisten ab, und man wird daher jenen Yorarm vorzugsweise scliatzen, der im Verlialtnisse zum Scliienbeine eine grbssere 3 Liinge hat. Im allgemeinen soli er /4 der Kopflange besitzen, 1 oben breit sein ( /3 der Kopflange) und nach unten sich auf 1 /G derselben yerschmalern. Bei englischen und orientalischen Pferden findct man immer einen langen kriiftigen Yorarm und ein kurzes Schienbein, sie eignen sich daher zum TPeitausgreifen, zum Schnellaufe, wahrend fur Schulpferde nach Solleysel der kilrzeste Kegel der bestc Das Vorderknie. 149 ist, der Gang wird erliaben, aribs, wie man denselben bei spaniscbcn und neapolitaniscben Pferden bemerkt. Bei einem langen Yorarme ist aber immer eine gebbrige xVction in der Bewegung notbwendig, weil ein Fuss umsomebr Boden nimmt, je weniger er geboben und im Knie gebogen wird und ein langer Yorarm in der Regel mit einem geringeren Kniebuge yerbunden ist. Ist aber bei zu langein Yorarme zu wenig Action vorbanden, so wird der Gang durcb baufiges An- stossen unsicber und die Festigkeit des Knies infolge grosserer Liinge des Scbienbeinstreckers geringer; daber der Yorarm nur bei edlen Pferden, wo Kraft im Ueberflusse vorbanden, eine bedeutende Liinge baben darf, bei gemeineren aber nur wenig langer als das Scbienbcin sein soil.*) Ausserdem kommt aber die Stiirke oder der Umfang des Yorarmcs zu beacbten. Ein kriiPiger Yorarm soil, von der Seite bctracbtct, nacb oben mbglicbst breit sein und aucb nacb vorne nicbt zu scbmal erscbeinen, die einzelnen Muskeln, scbarf be- grenzt, sollen als deutlicbe Wiilste vortreten und da am Yorarme sicb nie Fett ablagert, so wird man aus der^ Entwickelung der j\Iuskulatur daselbst auf die Kraft im allgemeinen bei den Tbieren scbliessen kbnnen. An der liusseren Seite des Yorarmes zeigt sicb bei edlen Pferden mit feiner Ilaut ein zierlicbes Yenennetz, wiibrend an der inneren Seite scbief nacb aufwarts die Ilautvene des Yor¬ armes (Bugvcnc) yerliiuft und im unteren Drittbeile gegen das Knie bin ein bornartiger Auswuchs, die sogenannte' Kastanie (cbfitaigne), sicbtbar ist. Letztere ist ibrer genetiscben Bedcutung nacb eine verktimmerte Zebe (der Daumen) und crscbeint bei gemcinen Tbieren mit grober Ilaut und dicken Ilaaren grosser, dcrbcr, wiibrend sie bei feiner gebauten Pferden eben nur oft angedeutet gctroffen wird. Yon krankbaften Zustiinden findet man ausser zufalligen Yerletzungen, in den Scbncnscbeiden des Scbienbeinstreckers und Ilufbeinstrcckers an der vorderen Fliicbe des Yorarmes in seltcnen Fallen Ansammlungcn von Synovia als sogenannte

Ig. Rcska: Die Kcnntnis des iiussercn Pferdes im gesunden Zustande. Prag 1838, p. 89. 150 BcschaffeDlieit des Kniees.

6a 11 en, welche immer eine Uingiiclie wurstfdrmige Form haben, nacli bedeutenden Anstrengungen auftreten und meistens unbeilbar sind. Docb wird dadurcli oft der Gebraucli der Pferde niclit beeintrachtigt, wenngleich sie einen bedeutenden Schbnlieits- fehler bilden. § 61. Das Vorderknie (genou). Das Yorderknie oder die vordere Fusswurzel wird von sieben*) Knoclien zusammengesetzt, welche in zwei Eeihen zu je „ drei llbereinander liegen, von welclien die obere mit dem Yorarm- beine, die untere aber mit dem Schienbeine und den beiden Griffelbeinen in gelenkiger Verbindung steht, wiilirend das Haken- bein frei nacb hinten hervorragt, das Vorderknie kann nach hinten bis zu einem ziemlich spitzigen "Winkel gebeugt werden, wobei sich das Yorarmbein auf der ersten Eeihe und diese gleich einem beweglichen Keile auf der zweiten hin- und her- rollt, wiilirend die letztere in straffcr Verbindung mit dem Schien¬ beine steht. Die Streckung nach vorne ist nur bis zu einer geraden Linie mbglich. Das Vorderknie hat beim Auffallen, beim Gauge die Last des Yorderkorpers aufzunehmen und beim Berg- abgehen die Gesammtschwere des Kbrpers zu fassen. Es muss daher eine besondere Festigkeit und Stlirke haben, wenn die Thiere nicht vorzeitig in den Knien scliwach, wackelig und struppirt werden sollen. Ein gut gebautes Knic soli moglichst breit und platt oder nur wenig gerundet nach vorne sein, senkrecht und gerade stehen, ein mageres festes Aussehen haben, von der Umgebung gut sich abgrenzen und im Stande der Euhe Festigkeit besitzen, die einzelnen Knoclien sollen am inneren Knicrande besonders scliarf umschrieben vortreten, das llakenbein soil nach hinten breit und stark hervorstehen, wodurch das Knie an seitlicher Breite gewinnt. Von rtickwarts betrachtet, soil das Knie eine gute Rundung besitzen und vom llakenbein aus miissig ge- schweift, ohne merkliche Einschntirung in die hinterc Schienbein- gegend iibergehen. Dadurch gewinnt der Kniebogen an Weite, die *) Zuweilcn kommen aclit Knocben vor, in jeder Ecihe vicr; cs ist bei starken Gelenken auch in der zweiten Reihe ein viertes kleines Knoclieleben nacli Inncn entwiekelt. Knicformen. 151

Beugcsclincn an frciem Spiclraum nnd da ausserdem das Haken- bein fiir die Kniebeuger den kitrzeren Hebelarm darstellt, wlihrend das Schicnbcin fiir die Strecker den lilngeren Hebelarm bildet, so wird bei entsprechencler Entwickelung des Scbienbeinstreckers die Action im Knie eine umso vollkommenere werden. Schmale und rundc, wenig abgegrenzte Knie sind immer als felilerliaft anzuselien. Ausserdem soli man besonders nacb vorne keine kaar- losen Stellen, Verdickungen der Haut oder Hautabscburfungen bcmerken, weil dergleicben Febler immer auf eine gewisse Sclnviicbe im Knie und einen Yorausgegangenen Sturz bindeuten. Neugeborene Ftillen baben immer sebr dicke und grosse Knie, letztere bieten selbst Anbaltspunkte zur Beurtbeilung der spiiteren wcitcren Entwickelung. Starke Knieknocben sind meistens mit kriiftigen Vorarmen und Scbienbeinen verbunden, sie bieten kriiftigen Muskeln den Ansatz und bilden das starke Funda¬ ment eines Pferdes. Man beobacbtet folgende abweicbende Knieformen: 1. Das Bockknie mit einer Biegung nacb vorne, etwas abgerundct, kann ziemlicb fest und stark s^in, wenn es ange- boren ist, obwobl es immer als ein Scbbnbeitsfebler anzuselien ist. Wird dasselbe infolge grosser Strapazen erworben, so erscbeint es scbwacb und locker, 'die Tbiere baben keinen festen Halt und sind nur zum Znge, nicbt aber zum Reitdienste zu gebraucben. 2. Das runde Knie ist scbmal und nacb vorne abgerundet, meist mit Spindelbeinigkeit verbunden und als scbwacb anzu¬ selien, welcbcs keine bedeutenderen Anstrengungen vertragt. 3. Das rtickbiegige Knie mit einem Eindrucke nacb vorne, berecbtigt zu keinen grossen Leistungcn und ist immer scbwacb. 4. Das einwiirts gebogene Knie, Ocbsenknie, ist dem der anderen Seite genabcrt, wodurch die sogcnannte kniebobrende Stellung bcrvorgebt. Ein dergleicben Knie ist meistens breit und sebr kriiftig, obwobl es weniger dem Reitdienste ontspricbt. 5. Das gedrosscltc oder eingescbniirte Knie ist scbmal, das Ilakenbein nacb einwiirts gebogen, untcr welcbem sicb nacb bintcn eine Einziebung vorfindet, wodurcb der Knie- bogcn enge wird und die Beugesebnen in ibrer Bewegung be- 152 Das Schienbem.

liindert sincl. Dasselbe ist immer als ein grosser Feliler, bcsondcrs fiir Eeitpferde anzuselicn. Als krankbafte bleibende Yeranderungen am Kniegelenke trifft man ausser den mecbaniscben Yerletzungen zuweilen An- sammlungen von Serum in der Gelcnkskapscl, Knocbenauftrei- bungen oder Yerdickungen der Kapsel — Kniescbwamm, ferner Serumerguss in die Scbeide der Beugesebncn innerlialb des Kniebogenbandes. Zuweilen bcmerkt man in der Kniebeuge querc Hautrisse mit Krusten — die sogenannte Easpe. In seltenen Fallen beobacbtet man bei Eeit- und Kutscbepferden in scbarfcr, weitausgreifender Trabbewegung ein Anscblagen des gegen- ' seitigen Hufes oder Eisens an den inneren Knicrarid oder an den Kopf des inneren Griffelbeines des nebenstebenden Fusses mit Ycrlctzung, welcber Febler Pferde zum Eeitdienste ganz ungeeignet macbt — der bbcbste Grad des Streifens.

§ 62. Das Schienbein und die Schienbeingegend, die Vorderrdhre (canon). Das vordere Schienbein (Mittelfussknochen) stebt senk- recht, an dasselbe sind beiderseits riickwarts die' Griffelbeine durcb kurze Sebnenfasern angelagert und verscbmelzen im boberen Alter baufig durcb Knochenmasse. Vorne liegen unmittelbar zwiscben der Ilaut und der Beinbaut die Strecksehncn, nacb binten laufen abstebend in Form eines straff gespannten Stranges die ancinander gelagerten Sehnen des Kronen- und Ilufbein- bcugers und durcb eine Einne beiderseits getrcnnt unmittelbar am Knocben zwiscben den beiden Griffclbeinen das obere Gleicb- beinband oder der Fesselbeinbeuger. Yon vorne betracbtet erscbeint das Schienbein nacb oben ziemlicb breit und Aerscbmalert sicb weitcr nacb abwiirts um etwas; von der Seite betracbtet, soil die Schienbeingegend mbglichst breit erscbeinen, die Beugesebncn sollen frei abstehen und in Form eines straff gespannten gleiebformigen Stranges sicb umgrcifcn lassen, beiderseits soil sicb eine deutliche Einne von oben nacb unten ziehen. Die Ilaut soli straff gespannt anliegcn, obne sicbtbare Auf- treibungen oder Yerdickungen, Narben oder abnorme Streifen, die Ilaare sind hiiufig, besonders bei gemeineren Bacen, kings Ueberbeine. 153 cler liinteren Fliiclie cler Beugeselinen etwas yerlangert mid bilden den sogenanntcn B eliang (fanon), welcber im Winter zuweilen eine anselmliche Liinge erreiclit, weswegen man ibn gerne verkiirzt, um den Thieren ein edleres Anselien zu geben. Beide Schienbeine steben yollkommen parallel nnd baben etwa Yg der Liinge des Yorarmes. Lange, sckmale, rundlicbe Scliienbeine sind feblerbaft, sie ftikren den Namen Spindel- bcine und yerrathen keine grosse Ausdauer. Im allgemeinen findet man lange Schienbeine mit kurzen Vorarmen yereinigt, wiilirend bei langen Yorarmen bfters kurze Scliienbeine getroffen werden (bei orientalischen Kacen). Pferde mit langen Schien- beinen baben eine hohe Action und einen kurzeren Tritt, z. B. spaniscbe, neapolitaniscbe Pferde, die Racen des Mittelalters; bei Rennpferden sind aber lange Scliienbeine wiinsckenswert. Die Betracbtung der Schienbeingegend soli immer mit grosser Aufmerksamkcit yorgenommen werden und gewiegte Pferdckenner legen einen grossen Wert darauf, jede Unregel- miissigkeit in der ausseren Form yom Knie bis zum Hufe sogleicb, auf den ersten Blick gleicbsam, zu erkennen. Die bemerkenswertesten Febler in dieser Gegend sind: a) Die Ueberbeine (suros\ meistens an der inneren o b e r e n S c i t e, der Anlagerung des betreffenden Griffelbeines entsprecbend. Sie stellen mebr weniger barte, rundlicbe umschrie- bene, scbmerzbafte odfer unscbmerzbafte, am Knocben aufsitzende Gescbwiilstc unter der Haut dar, welcbe meistens durch febler- liafte gewaltsame Tritte entsteben, wobei eine Zerrung zwiscben dem Scliienbeine und inneren Griffelbeine und eine dadurcb be- dingte Beinbautentzundung mit Enocbenausscbwitzung die Folge ist. Zuweilen sind aber die Ueberbeine auch eine Folge des Streifens. Man unterscheidet scbadlicbe und unschadliche Ueber¬ beine, je nachdem sie in der Nlibe auf Schnen llbergreifen oder yon ihncn weit absteben. So lange die Beinbautentzundung an- dauert, ist jedes Ueberbein sclimerzbaft und kann ein verscbiedcn starkes Nacbgeben des Pferdes beim Gauge bedingen, wabrend ybllig ausgebildete Ueberbeine scbmerzlos sind und der Gang selten bceintracbtigt wird. Man trifft zuweilen bei den besten Reit- und Rennpferden Ueberbeine. Oefters steht das untere Ende des G iffclbeiues etwas ^om Scliienbeine ab und kann 154 Leisten, Selmenklapp, Blattern.

einen kleinen, abnormen Knochenauswuchs yortauschen. Selten finclen sicli Ueberbeine an cler ausseren Seite, weil dem anato- misclien Bane der Gangwerkzeuge entsprecliend zwiscben dem ausseren Griffelbeine und Scliienbeine Zerrungcn weniger bliufig yorkommen kbnnen. b) Leisten sind yerlangerte Ueberbeine an derselben inneren Seite des Scbienbeines und aus denselben Ursacben, wo der Langendurcbmesser den queren um das Doppelte libertrifFt. c) Entzundungen der Beugesehnen mit Verdickung infolge beftiger Zerrung beim Laufen, der sogenannte S e b n e n k 1 a p p ' (Ganglion), mtissen notbwendig beimPferde bliufig yorkommen. Audi der Selmenklapp ist entziindlich und scbmerzhaft oder schmerzlos. Infolge Yerbildung der Beugesebnen, wobei sicb ^ dieselben als dicke, unebene, mit der Umgebung mebr weniger yerscbmolzene, niclit abgegrerizte Strange darstellen, tritt nach und nacb bei fortdauernder Anstrengung der Pferde eine Yerkiirzung derselben, dadurch eine steile Stellung im Fesselgelenke und endlicb die Stelzfussigkeit auf. Der Selmenklapp ist immer als ein bedeu- tcndcr Fehler anzusehen und besonders bei Beurtbcilung yon Reitpferden sehr zu beachten. Ein alter Selmenklapp ist un- beilbar. d) Zu beiden Seiten der Beugesebnen in der Nlihe des Fesselgelenkes bemerkt man sehr luiufig langliclie scbwap- pende Geschwtilste, bedingt durch eine Ausdelinung der Selmen- scbeide zwiscben dem Kronen-und Hufbeinbeuger, die sogenannten Blattern oder Galien (molettes) an den Fesseln, welche in seltenen Fallen scbmerzhaft, meistens aber schmerzlos sind und dann den Gang des Pferdes nicht beeintracbtigen, wenn sie keine iibermassige Grbsse erreicben und keine sonstigen Veranderungen der Sclinen damit verbundcn sind. Dock sind sie ein Zeichen langen angcstrengten Gebraucbes oder scldaffen Fascrbaues. e) Zuweilcn sieht man scliief ycrlaufende, anders gefarbte Striche langs der Beugesebnen, bftcrs sicb in yerscbiedener Ricb- tung llberkreuzend, als Folgen der Anwendung des Gliilieisens, Stricbfeuers. Engliscbe Stallmeister wendcn das Stricbfeuer sebr gcrne, angeblicb zur Kraftigung der Sebnen, besonders bei Reit- und Rennpferdcn, an, olme dass krankhafte Zustiinde vorbanden sind. Es kann jedocb das Gliibeisen auch bei yerscbiedenen ent- ziindlicben Zustanden in Anwendung gezogen werden, Fesselgelenk. Die Kothe. 155

Knoclienbniche des Scliienbeines sincl wobl immer unheilbar, Aveil sie mcistens Splitterbrlicbe sind, Yerletzungen der Hant dabei vorkommen und wenig Weichtheile, bloss Sehnen anf dem Knocben auflagcrn.*) Dagegen lieilen Briicbe der Griffelbeine durcb Callusbildung.

§ 63. Das Fesselgelenk oder Kothengelenk (die Kothe) und der Fessel. Das Desselgelenk, die Kothe (boulet), wird gebildet vom uuteren Eude des Scliienbeines, dem oberen Ende des Fesselbeines und riickwarts yon don beiden Gleiclibeinen **) liber welcbe als Unterlagsknocken die beiden Beugeselmen hinliberlaufen, wahrend die vordere Flache der Fesselgelenkskapsel yon der Sehne des Hufbeinstreckers in der Mitte bedeckt ersclieint. Das Fesselgelenk soil als eine starke, kriiftige, rundliche Erhabenheit liber die Umgebung heryorragen und besonders, yon der Seite betrachtet, breit sein. Je breiter \las Fesselgelenk ist, umsomelir treten die Sehnen nach hinten heryor, umso yoll- kommener ist die Hebelwirkung der Beugeselmen, welche iiber die Unterlags- oder Sehnenknochen hiniibertreten, und umso be- trachtlicher dieBrechung des Stosses. Ein schmales, rundes, wenig yorragendcs Fesselgelenk ist schwach und kommt mit Spindel- beinigkeit yor, wiihrend ein zu aufgetriebenes, wulstiges Gelenk die Folge heftiger Anstrengungen oder ungemeiner Schlaffkeit sein kann und zu keiner anstrengenden Dienstleistung mekr befaliigt.

*) Eincn Fall von Hcilung eines Schicnbeinbruclies bci einem 5 Jahre alien schweren Zugpferde erziihlt Closiez im Becueil de m6d. v6t6nn., Octo¬ ber 1866, wo das vordere rechte Schienbein quer abgeschlagen war. Closiez legte nach der Einriclitung einen Yerband von Pecli an, befestigte an den Fuss eine Stelze, so dass der Fuss den Boden nicht beruhrte*, der Yerband blieb 3 Monate, dann wurde er entfernt und das Pferd kam auf die Weide. Im 5. Monate versuclitc man das Pferd einzuspannen, aber erst in MTagen gewbhnte sich das Thier an das Gehen, endlich aber wurde es so liergestellt, als ob nichts vorgefallen viire (Herings Eepertorium, 28. Jahrgang, 2. Heft. Stuttgart 1867, p. 162). u w **) Das Wort nGleiclibeine stammt von dem altdeutschcn „Gleicli , d. i. Gelenk. 156 Stellung des Fessels.

Dcr Fessel (paturon) selbst hat zur Grundlage das Fessel- bein, er erscheint unterlialb des Gelenkes etwas- vcrsclimUlert, docb immerbin breiter als das Scbienbein und geht, abwarts sicb verbreiternd, in die Krone liber. Der vordere Fessel weicbt unter cinem Winkel von 45° von der Senkrecliten des Schienbeines nack Yorne ab, er soil Ys des Schienbeines betragen, bat jedocli eine Yerschiedene Liinge, so dass man lange und kurze Fessel unterscheidet. Das vordeie Fesselbein ist um 2—imm llinger als das hintere. Lange Fessel kommen bei den besten orientaliscben und * englischen Pferden Yor, der Gang dabei ist elastisch, der Stoss wird gemildert, docb ist der Kraftaufwand, die Deknung der Selinen eine Yiel bctrachtlichcre, weswegen Pferdo mit langen Fesseln leichter ermiiden und haufiger durchtreten; ein dergleichen Fessel ist nur bei dcm strammsten Faserbau, dqn edelsten Eacen wltnschenswert, dann muss er aber als eine Yorzligliche Eigenschaft angesprochen werden. Fiir schwere Pferde ein- lieimischer Eacen mit einem laxen Faserbaue wird immer eine klirzere Fesselung wtinschenswerter sein. Das Durchtreten im Fessel kann so betrachtlick werden, dass die hintere Fessel- gelenksflaclie den Boden beruhrt, die sogenannte B ii r e n- f ii s s i g k e i t. Ein zu kurzer Fessel stekt meistens steil, der Gang ist prellend, stossend, bei starkerer Anstrengung erfolgt leicht ein TJ e b e r k b t h e n oder Ueberstiirzen im Fessel. Fiir Yer- edlungszuchten sind aber nach Glint her kurze Fesseln mchr als lange zu empfehlen. Die Llinge und Eichtung des Fessels hat immer auf die Leich- tigkeit der Bewegung und die Fortpflanzung des Stosses einen wichtigen Einfluss. Mit Becht sagt daher Prosch (p. 106), dass der Fessel dem Yordergliede als Feder dient, so dass der Yon dem Gewichte des Kbrpers und der Geschwindigkeit der Bewe¬ gung zusammengesetzte Stoss zwischen den Aufhangebandern des Fesselwinkels einerseits und den Knochcn des Fessels ander- seits getheilt wird.i Die Bedingung fiir das Federn des Fessels ist aber seine schragc Stellung. Bei steiler Feststellung muss sich der Stoss unmittelbar durch die Knochen fortpflanzen, wiihrend bei zu schiefer Lagerung derselbe grossentheils auf die Sporn. Fessclgelenksgallen. Mauke. 157

Selinen und das elastisch-muskulose Spannband (das obere Gleicli- beinband) fiillt. An der hinteren Flaclie des Fesselgelenkes bemerkt man bei alien Pferden ein Biischel Langhaare, die Haarzotte (fanon), welcke bei oricntalischen und von ihnen abstammenden Tbieren feiner und dlinncr ist, als bei gemeinen Scblagen, wo die Haarzotte zmveilen den Boden erreicbt. Man besebneidet die Zottenbaare biiufig bei Ilandelspferden und sonstigen Gebrauchstbieren, theils urn denselben ein edleres Anseben zu geben, theils auck des- wegen. weil sicb daselbst gerne Scbmutz und sonstige Unreinig- keiten anlegen. In der Jlitte der Haarzotte fiiblt man eine rundliche hornige Hervorragung, den Sporn lergot), eine Andeutung der fiinften Zebe, welcher aucb sowie die Kastanien bei edlen Pferden weniger entwickelt getroffen und daher yon Pferdehandlern ver- kiirzt wird. An der inneren Seite des Fesselgelenkes und des Fessels findet man zuweilen quere liaarlosc Stellen, Harben, Yerdickungcn der Haut oder mit Blut bedcckte Hautwimden als Folge des Streifens, welcber Feliler in der Gangart jedoch kiiufiger an den hinteren als an den vorderen Fiissen als Folge einer soge- nannten Tanzmeisterstcllung vorzukommen pflegt und bei Keit- pferden eine grosse Bedeutung hat. Gegen das Streichen niitzt oft nur die Anlage des Streichriemens. Was die krankhaften Yeranderungen anbelangt, so trifft man am Fesselgelenke Ansammlungen yon Serum in der Ge- lenkskapsel — Fessclgelenksgallen, ferner an der inneren Seite zuweilen sehr grosse Ueberbeine und Leisten (osselets), an der hinteren Fliiche des Fessels eine eigenthiimliche Ausschlags- krankheit, die Mauke (malandre). Infolge von anderen sclnid- lichen Einwirkungen entstehen an der hinteren Fesselflliche zuweilen Schrunden, schwielige Yerdickungcn der Haut und des Unterhautbindegewebes, oft mit einer bedeutenden Yergrbsserung und Verbildung, der Straubfuss, Igelfuss, Elephantenfuss (cra- paudine). Ebenso kbnnen mechanische Yerletzungen an der hinteren Fesselflliche durch Stricke oder durch das Einhauen yon Seite der Hinterfiisse bedingt sein. Knochenbrttche am Fessel heilen zuweilen, selbst mit sptiterer Brauchbarkeit der Pferde. 158 Die Krone.

§ 61. Die Krone mit dem Kronengelenke (couronne). Die Krone ist eine miissig gewolbte, sehr empfindliche, ringfbrmige Wulst, welclie unmittelbar liber dem Hufe ibre Lage hat und das llorn der Wand absondert, weswegen sie sehr ge- fassreicli ist. Die Krone ist empfindlicher als die iibrige Hant des Fessels, sie wird dalier bei abgestnmpften Pferden beruhrt, um die Empfindlichkeit der Tbiere im allgemeinen und den Dummkoller auszumitteln. \ Die Krone soil weder eingesunken, noch iibermassig dick und gewulstet sein, die Ilaare sind zwar immer etwas langer als am iibrigen Korper, dock diirfen sie bei edlen Pferden nie auf die Wandfliicke des Ilufes herabreiclicn, wie dieses bei ge- meinen Eacen der Fall ist. Die haufigsten Erkrankungen der Krone entstelien durch ein scliarfes Beschlage, wodurcli sie in verschiedenem Grade verletzt wird und die sogenannten Kronentritte die FOlge sind. Bei der Ilufknorpelfistel ist die Krone seitlich .aufgetrieben, schmerzbaft und mit einer oder mekreren Fistelbflnungen ver- sehen, aus welchen sick eine missfiirbige, heftig stinkende Jaucke entleert. Seltener kommen an der Krone Knockenauswuckse, als sogenannte Ringbeine, Sckalen (bourrelet). vor. Pferde mit Sckalen an der Krone sind von der Zucht auszuschliessen, weil sie die Anlage zu dergleicken Leiden vererben. In seltenen Fallen kann eine Verwacksung des Fesselbeines mit dem Kronen- beine eintreten. Ruckwarts gekt die Krone in die Ballen liber, zwei wulstige elastiscke Erhabenkeiten, welcke durck eine mittlere Furcke von einander getrennt sind: sie kbnnen an den Yorderfilssen durck das Einkauen der Ilinterkufe verletzt werden. Die Ballen sollen fest, derb und miissig gross sein. Das Kronengelenk wird von der Krone und der Streck- selme nack vorne bedeckt, es kann bei tiefgekenden Kroncn- tritten verletzt werden. Der Huf. 159

§ 65. Der Huf mit dem Hufgelenke. Unter Huf (sabot) versteht man den Inbegriff der Endtbeile an den Gliedmassen des Pferdes, welcbe yon einer ungetheilten Hornkapscl umscblossen werden, als: Knocben, Bander, Sebnen, Gefiisse und Herven. Die Ilornkapsel selbst fiihrt den Namen Horns chub. In exterieuristiscber Beziebung ist es yorzugs- weise letzterer, welcber bei einer Untersucbung des Pferdes zu betracbten kommt, obgleicb man Aron seiner Form und Bescbaifen- heit aus auf die yon dem Hornscbube eingescblossenen Endtbeile scbliessen kann. i Der Hornscbub zerfiillt in die Hornwand (paroi ou mu- raille), die Hornsoble (sole), den Hornstrabl (fourcbette) und die bornigen Ballen, deren anatomische Bescbreibung umstilndlicb in jeder Hufbeschlagslebre gegeben ist. Die Ver- bindung der "Wand mit der Soble gescbiebt durch die sogenannte weisse Linie. v Ein gesund bescbaffener Hornscbub muss ein yollkommen zusammenbangendes Ganze bilden; das Horn der Wand soli glatt, zilhe, gescbmeidig und yon einer gliinzenden Glasurbaut bedeckt sein. Die Farbe desselben ist meistens schwarz; weisses Horn bat Aveniger Festigkeit, das gelbe bei Isabellen, Ayeissgeborenen Scbimmeln und Schecken bitlt die Mitte ZAviscben beiden. Die Neigung der Honwand, Ayelche an der Zebe beim Yorderhuf 45—50°, beim Hinterbuf 50—55° betriigt, soli an den beiden gegeniiberstebenden Seiten (innen und aussen) gleicb gross sein und ATon der Zeben- zur TracbtenAyand gleicbfbrmig bis 70° und 80° zunebmen. Die Hornsoble soil fest und ausgehbklt sein und sicb ununterbrochen an der Ayeissen Linie mit der Wand yerbinden. Der Hornstrabl iiberragt die umgebende Soble um etAva 2 cm und stebt in gleicber Ebene mit dem Tragrand der Zebe; er soli gross und Ayeit gebffnet, die Strablfurcben tief und rein sein, das Horn daselbst muss ein zusammenhangendes Ganze bilden. Der ganze Hornscbub soil ziemlicb gross und am Tragrande 160 Hufformen. um etwa ein Viertheil weiter als am Saume zu scin. Der Tragrand bildct bei dem vollkommen normalen Vorderlmf eine Zirkellinic, bei dcm ITinterbuf ist die Form iibnlich einem Dreieck. Haufig ist der Yorderhuf yon ovalcr Form, wobei jedocli die tibrige Beschaflfenheit der einzelnen Theile eine normale sein muss, wenn er als gut angesehen werden soli. Der Yorderhuf kann sowohl zu den itbrigen Fusstheilen als zum ganzen Korper a) zu gross oder zu klein ersckeinen. Ein zu grosser II uf findet sich bei gemeinen, plump gebauten Pferden mit yer- haltnismassig schwachen Gliedmassen, besonders wenn dieselben auf feuclite lYeiden gehen. Er wird gerne flacb und ist meistens weick; dergleichen Pferde liaben eine besondere Anlage zur Relie und ihren Folgen. Der zu kleine Iluf findet sich zuweilen bei Gebirgs- oder Stallpferden, er ist hart und sprbde und neigt zum engen und Zwanghufe. b) Er ist zu lang oder zu kurz. Der zu langc Huf ist die Folge der yersaumten Erncuerung des Beschlages; zu kurz erscheint er, wenn er zu sehr bcschnitten wird oder die Pferde langere Zeit unbeschlagen gehen. Andere Abweickungcn der Hufform sind folgende: c) Der steile oder Bockhuf, bei wclchem die gauze Wand zu koch und zu steil erscheint, besonders jedoch die Trachtenwande. Dabei sind die Fesseln steil und kurz, die Stellung der Vorderknie wird eine bockbeinige. Das Horn ist dicht und fest, jedoch sonst normal. d) Der flache Huf, in Deutschland auch Platthuf ge- nannt, hat eine mchr schief gestellte Wand, wobei sicli nament- lich die Zehe yerlangert. Der Huf erscheint gross, das Horn weich und geschmeidig, jedoch sonst normal. Die Hornsohle ist wenig ausgehbhlt, flach, der Strahl ragt hervor, die Ballcnfurchcn sind seicht, die Trachten zuweilen eingezogen. Er ist die Folge sum- pfiger Weiden oder auch des zu starken Ausschneidens der Sohle, kommt aber auch als Race-Eigenthumlichkeit yor. e) Der schiefe Huf ist jener, bei welchem an den gegen- tiberstchenden Seiten- und Trachtenwanden der Einfallswinkel ein ungleicher ist, so dass die Form des Hufes schief erscheint. Hulgcbrcchen. 161

Man unterscbeidet einen iiusseren und inner en scliiefen Huf. Letzterer kommt am haufigsten yor und ist nacli Strauss*) allein durcli ddn unregelmassigen Gliederbau bei der franzbsischen Stellung bedingt, wabrend bei Zebentretern an den Hinterfiissen der seltenere aussere scbiefe Huf getroffen wird. f) Der scbmale oder Eselsbuf mit steilen Seitenwlinden, er gcbt iiber in den engen und endlicb in den krankbaften g) Zwangbuf, bei welcbem beide Seiten- und Tracbten- wande gegen die Soble derart eingezogen sind, dass der Durcb- messer an der Soble ein kleinerer als an der Krone ist. Der Strabl ist klein und gescbwundeiij die Soble tief; er ist meistens - unbeilbar und bedingt bliutig Krummgeben. h) Der Ringbuf besitzt an der Wandflacbe abwecbselnd quergebende Rinnen und Erbabenheiten, welcbe durcb einen zu geydssen Zeiten scbwacberen oder starkeren Nacbscbtib des Homes bedingt sind. Er kommt besonders an den Yorderhufen bei freigebenden Pferden yor und ist sonst von keinem Nacb- tbeile. Man sucbt ihn durcb das Beraspeln de^r Wand zu bebeben. Zuweilen ist er mit dem Eebbufe verbunden. i) Der Vollbuf, bei welcbem die Hornsoble eine ebene Fllicbe bildet, die weisse Linie aufgelockert und yerdickt ist, der Tragrand etwas zuriicktritt und das "Wandborn raub und sprbde, geringelt erscbeint. Wenn sicb die Hornsoble nacb abwllrts wblbt und die Wandflacbe ausgeschweift erscbeint, so nennt man ibn aucb Plattbuf, und erscbeint die weisse Linie ungemein stark und knollig aufgetrieben, dass sie bei aufgesetztem Hufe sicbtbar ist, so wird er Knollbuf genannt. Diese krankbaften Formen des Hufes sind die Folge von Ilufentzundungen oder der Rebe und beissen deswegen aucb Eebbufe; sie beeintracbtigen den Wert des Pferdes ausser- ordentlicb und sind seiten zu bebeben, docb durcb ein passendes Bescblage fur den Gebraucb zu yerbessern. An den Hufen kommen folgende, meist durcb mecbaniscbe Einwirkungen bedingte Gebrecben vor: 1. Die Steingalle, eine Quetscbung und Entzundung der Fleiscbsoble an der Tracbte, bedingt durcli klcine Steinchcn,

Strauss. Hufbeschlagslchrc. Wicn 1844. iMitller, Exterieur des Pferdes. 6. Aufl. 11 162 Hufgebreclien.

welclie sich unter das Eisen scliieben oder durch den Druck des Eisens. 2. Die hohle Wand oder die aufgeliobene Yerbindung- der Wand mit der Soble an der Aveissen Linie, meist bedingt durcli anhaltende Niisse, z. B. bei Scbiffspferden, oder durch Sand u. s. w. Hiiufig iindet sich die hohle Wand bei Rehhufen. 3. Das Yernageln oder das Beschadigen der eingeschlos- senen Theile des Hufes durch eingeschlagene Ilufnagel 4. Der Nageltritt, bei Avelchem die eingeschlossenen Theile des Hufes durch eingetretene spitzige Kbrper ATon der Sohle aus oft bis zu einer bedeutenden Tiefe, ja selbst bis in * das Hufgelenk verletzt Averden, z. B. durch Niigel, Glas, AArelche besonders durch das Aveiche Horn des Strahls oder in den Strahl- furchen leicht eindringen. 5. Der Kronentritt, eine Vcrletzung der Krone des Hufes in yerschiedener Tiefe durch scharfe Stollen. 6. Die Hornkluft, eine quere Trennung des Homes an

derxWand. Sie ist meistens die Folge von Kronentritten. 7. Der Hornspalt ist eine Trennung des Zusammenlianges nach der Liinge der Hornrbhrchen. Er Avird unterschieden in den Zehen- oder Ochsenspalt, den Seiten- und Trachtenspalt; nach der Tiefe in den oberflachlichen, eindringenden und durch- dringenden Spalt; endlich nach dem Sitze in den Rand- und Kronenspalt. Der oberflachliche Hornspalt heisst auch Hornritze und hindert den Gebrauch des Pferdes nicht. Hornkliifte und Spalten Averden yon Pfcrdelkindlern mit Salbcn yon Wachs Arer- strichen. Die Seiten- und Trachtenspalte finden sicli meistens an den Yorderhufen nach innen und sind sehr beachtensAvertc Fehler. 8. Die Strahlfiiule, ein hiiuiig bei Stallpferden yorkom- mendes Leiden, ist eine Trennung des Homes am Strahle mit Bildung einer tibelriechenden, oft heftig stinkenden Feuchtigkeit, A\mbei das Horn aufgelbst Avird. Die Strahlfiiule ist heilbar, kehrt aber bei ZAvanghufen leicht zuriick. 9. Der Straklkrcbs besteht in einer AAruchernden Ge- jschAvllrsbildung am Fleischstrakle, Avobei derselbe eine heftig stinkende, jauchige Flussigkeit absondert und das Straklhorn ganzlich mangelt. Der Strahlkrebs greift oft auf die Sohle iiber und ist ziiAveilen unheilbar. Hinterfiissc. 163

Bei cler Betrachtung des Ilufes mass immer auf die Art dcs Beschlages Biicksicbt-genommen werden. Die Beurtlieilung desselben wird umstiindlicb in der Hufbescblagslehre bebandelt.

B) Die binteren Extremitiiten, Hinterfiissc. Die Hinterfiisse oder die binteren Gliedmassen zer- fallen in den Oberscbenkel, dasJlinterknie, den Unterscbenkel, das Sprunggelenk, das Scbienbein, den Fessel, die Krone und den Huf. Yon der Entwdckelung der binteren Extremitiiten luingt die Ilaupttriebkraft der Bewegung ab; sic sind es, welcbe die Last erfassen nnd vorwiirts scbnellen, wlibrend die Vorderfiisse die empfangene Last' aufnebmen und feststellen. Man wird daber, wenn man die Kraft und Leistungsfiibigkeit eines Pferdes im Zuge, Sprunge u. s. w. zu beurtbeilcn bat, vorzugsweise auf die Entwickelung der Hinterfiissc von der Croupe angefangen seben miissen.

§ 66. ^ Der Oberschenkel (cuisse). Der Oberschenkel erstreckt sich von cler Croupe bis zum Ilintcrknie. Er ist cler stiirkste Theil des Ilinterfusses, welclier das Obersclienkelbein zur Grundlage hat, das sich mit clem Beckenbein zu cinem Nussgelenke — Hiiftgelenk — vereiniget, mit cler Knieschoibe und clem Unterschenkelbeine aber das Hinter- kniegelenk, Winkelgelenk herstellt. Die Kichtung des Ober- schenkelbeines ist schief von hinten und oben nach vorne und abwarts, so class die Verbindung mit clem Becken unter einem Winkel von 90°, mit clem Unterschenkelbeine aber unter einem Winkel von etwa 120° zustande kommt. Da clas Becken feststeht, so wird vom Oberschenkel, seiner Liinge und Kichtung vorzugsweise die Bewegung cler hinteren Extremitatcn abhangen und es wird daher a) gefordert, class, wenn man die Kaumigkcit cler Bewegung bcrticksichtigt, cler Oberschenkel moglichst lang sei, wobei nattirlicher Weise auch die Muskulatur entsprechend entwickelt sein muss. Ein kurzer Oberschenkel entspricht mehr cler Starke, ein langcr cler Geschwindigkeit. 11* 164 Dcr Oberschcnkel.

b) Die Riclitung des Obersclienkels yon oben nach ab- warts libt einen entscheidenden Einfluss auf die Winkelbildung der ganzen hintercn Extremitiit, wobei zu beacbten kommt, dass eine schiefere Riclitung mit starkercr Winkelbildung der Kraft, eiue mebr geradere Riclitung der Gescliwindigkeit vortlieilliafter ist. Je zusammengedriingter die Winkelstellungen der Hinter- ftisse sind, unter desto yortbeilhafteren Bedingungen kbnnen die Muskeln zur Erzielung der libcbsten Kraftausserung wirken. Dabei ist der Gang elastiscb, bocli und sicker; dock darf die Zusammenfaltung nickt tibermassig sein, weil dann leickt die Ilinterfusse zu weit yorgreifen. Bei einem langen, mekr * gerade gestellten Obersckenkel wird die Elasticitlit der kinteren Gliedmassen vermindert, der Gang wird prellend, unsicker, indem die Pferde nickt entspreckend ikre Fiisse yom Boden erkeben kbnnen, dock nimmt bei entspreckender Muskulatur und edleren Racen die Ausgiebigkeit des Ganges zu. Daker findet man bei engliscken Rcnnpferden immer lange, fast gerade gestellte Ober¬ sckenkel. c) Die Muskulatur am Obersckenkel soli mbgliekst um- fangreick sein; er soil daker yon der Seite betracktet breit ersckeinen, derart, dass die Breite oberkalb des Kniees die der Hiifte crreickt, die einzelnen Muskeln sollen sick stramm und fest anftiklen und namentlick der dreiiistige Auswartsziekcr (m. biceps) deutlick mit seinen Portionen gesondert yortreten; dock soli der Obersckenkel nack innen nickt so betracktlick yorspringen, dass sick die inneren Flacken reiben, wodurcli obcr- fliickliclie Ilautentzundungen und ein sckmerzkafter Gang, be- sonders bei warmer Jakreszeit die Folge sind. Nack riickwarts soil die Ilinterbacke (fesse) gut gerundct und im Bogen weit abwarts gegen den Untersckenkcl verlaufen, derart, dass die Muskulatur des Obersclienkels yom Untersckenkel gut abgegrenzt ist. Sckwacke, wenig markirte Obersckenkel ftikren den Namen Ocksensckenkel, sie verratken wenig Kraft beim Sprung und beim sckweren Zug. An der liusseren Seite des linken Obersclienkels wcrden in der Regel die Gesttits- und Remontirungszeicken eingebrannt, auf welcke man daker zu ackten kat. Das Hinterknie. 165

Was die Kranklieiten anbelangt, so hat man namentlich die H ii f 11 a h m e zu beachten, ein Krummgelien, bedingt durch manclierlei Ycranderungen in den Gebilden dieser Gegend. Sie kann bei langer Dauer selbst einen Scliwund der leidenden Seite bcdingcn. An der inneren Seite des Oberschenkels findet man bei driisenden Fiillen zuweilen Anschwellungen der Leisten- und Schenkeldriisen, welche in Verciterung ubergehen. Ebenso kommen Anschwellungen der ganzen hinteren Extremitlit und der Schenkel¬ driisen mit Geschwiirsbildung beim Hautwurme vor. Yerrenkungen des Oberschenkels im Pfannengelenk kommen zuweilen, oLwohl selten yor; haufiger sind Knochenbriiche am Becken infolge heftig einwirkender Gewalt, sie sind meist un- lieilbar. *

§ 67. Das Hinterknie Oder Keulengelenk. Das Hinterknie bildet einen vorragenden Winkel an der Uebergangsstelle des 0 b e r- in den U n t e i\s c h e n k e 1, wo sich die sogenannte Kniefalte vom Bauchhautmuskel anlegt. Das Hinterknie ist g e r a d e nach vorne gestellt, abgerundet und lasst die Kniescheibe deutlich durchfithlen, es steht in einer Ebene mit dem Hiiftwinkel. Verwundungen des Hinterknies sind nicht so selten, und wenn das Gelenk gebffnet ist, immer gefahrlich; auch Yer¬ renkungen der Kniescheibe kommen bfters yor, meistens nach ausscn. Dieselbe kann ilire Lage ohne sonderlichen Kachtheil fiir das Thier behalten, wie ich in zwei Fallen sah. Ergiessungen von Serum in das Gelenk als sogenannte Ilinterkniegallen sind selten. Yerrenkungen der Kniescheibe bezeichnet man auch mit dem Namen Ramm oder Rampf.

§ 68. Der Unterschenkel (jambe). Der Unterschenkel oder die Hose hat das Unterschenkel- bein und das Wadenbein zur Grundlage, welche ihre Richtung schief von vorne nach hinten, abwiirts und etwas nach einwarts 166 Der Untersclicnkel.

iielimen, um mit clem Sprungbeine das Sprunggelenk lierzustellen und sich daselbst unter einem IVinkel Aron 150° einzupflanzen. Der Unterschenkel entspricht dem Yorarme der vorderen Extremitlit und von seiner Lange und Stiirke hlingt nocli melir die Eaumigkeit der Bewegung der Ilinterflisse ab. Man w'ml daher mit Eecbt fordern, dass der Unterschenkel mbglichst lang sei (Ys der Kopfllinge), Aron der Seite betrachtet oben breit erscheine und unten die Achillessehne in Form eines straff ge- spannten Stranges frei und weit vorspringe; die Muskulatur soil sich stramm und fest anfiihlen. Die Kiclitung soil scliief von vorne " und oben -nach rilck- und abwltrts gelien, dock soil die winklige Verbindung mit dem Sprunggelenke keine zu betrachtliche sein, weil dadurch eine melir unterstllndige, siibelbeinige Stellung re- sultirt, welche wold der Kiaft und Elasticitiit, keineswegs jedoch der Gesckwindigkeit vortlieilliaft ersclieint. Ein langer, gerade gestellter Unterschenkel entspricht der Geschwindigkeit, erfordert jedoch eine sehr kraftige Muskulatur und ist daher nur wiinschenswert bei edlcrcn Eacen; ein kurzer. winklig gebogener ist ftir die Entwickelung der Kraft vortheilhafter, Ist der Unterschenkel jedoch kurz und gerade gestellt, so erlangt die Achillessehne einen minder vorthcilhaften Ansatz, daher die Kraft des zweibauchigen Sprunggelenkstreckers betrachtlick ge- schwacht und auch die Geschwindigkeit yermindert wird, indem der Nachschub des Uintertheils unter diesen Umstlinden melir " nach anfwarts als nach vorwlirts geschieht und dadurch ein stossender, minder gcraumiger Gang entsteht. Ein kurzer, geradcr Unterschenkel wird daher weder fiir den Eeitdienst, nocli fiir den Zug wiinschenswert sein. Verdickungen der Achillessehne becintrachtigen immer den Gang, wahrencl weiche elastische Geschwiilste zu beiden Seiten als Ausdehnungen der Selmenscheide oline nachtheilige Folgen sein kbnnen.

§ 69. Das Sprunggelenk. Die Leichtigkcit, Stiirke und Ausdauer in den Bewegungen der hintercn Gliedinassen beruhen wesentlich auf einem guten Das Sprunggelcnk. 167 festen Ban der Sprunggelenke (Schwab, p. 148). Hire Be- trachtung muss daher bosonders genau vorgenommen werden. Das Spruuggelenk kommt eigentlich nur zwisclien dem Unterschenkelbeine und dem Sprungbeine zustande; alle anderen Knochen sind untereinander und mit den hinteren Mittelfuss- knoclien nur in strafFer Gelenksverbindung. Das Spruuggelenk als Gauzes betrachtet, besitzt eine innere und aussere Flilche, rorne ist die Sprunggelenksbeuge oder Pfanne, nach hinten ragt der Sprunggelenkshbcker liervor, der in einen hinteren Band iibergeht. Die Ilaut, welche das Spruuggelenk uberzieht, soli dlinn und fein sein, ^straff an den Knochen anliegen, so dass alle KnochenyorsprUnge und Yertiefungen deutlich gefiihlt werden, das Spruuggelenk soli t r o c k e n sein; eine sogeuannte fette oder aufgedunsene Haut ist immer fehlerhaft. -Ein gut gebautes Spruuggelenk soil mbglichst lang und breit sein, parallel neben dem gegenseitigen stehen und einen nach vorne offcnen Winkel yon 150° bilden. Ein Winkel yon 160° und dariiber bedingt eine zu gerade Stellung im Sprung¬ gelenke, wiihrend wenn derselbe bloss 140° betrsigt, die siibel- beinige Stellung der Fiisse heryorgekt. Die Entfernung der Sprunggelenke soli gleich sein der der Unterfiisse und etwa

16 cm bctragen. ; Yon riickwarts betrachtet muss das Spruuggelenk stark sein, dabei nahern sich die Sprunggelenkshbcker immer etwas. Doch darf diese Annaherung keine zu ^ grosse werden, weil dadurch der Gang, die Standfestigkeit beeintrachtigt wird und die Pferde sich streifen. Bei der Betrachtung der inner en Flache sieht man den inneren Knbchel an einem normal gebauten Sprunggelenke deutlich heiworragen; unter demselben folgt eine JEinziekung und dann eine flach gewblbte Erhabenhcit yon vorne nach hinten, welche sich allmahlich in die Schienbeingegend tibergehend ver- liert. An dieser Stelle mehr gegen das Schienbein bin bemerkt man sowie am Vorarme eine ovale hornige Wulst — Kastanie — welche etwas kleiner ist als an der yorderen Extremitat und zuweilen fehlen kann. 168 Beschaffenheit ties Sprunggelenkes.

Die iiussere Flache tritt starker liervor als die innere, die Sprunggelenksbeuge soil nur mlissig ausgeliolilt sein imd keine Auftreibung zeigen, der Sprunggelenks- oder ^Fersenbeinhocker soli gerade nach liinten emporragen und oline Erliolmng oder Yertiefung in den hinteren Rand des Scliienbeines tibergehen. Der Sprunggelenkshbcker stellt den Hebelarm der Kraft dar, an welcbem sieh der zweibliucbige Sprunggelenkstrecker mit der Acliillessehne befestigt. Je langer dieser Hebelarm ist, je freier er nach rtickwarts vortritt. desto rechtwinkliger inserirt sich der Muskel und eine desto grossere Kraft erlangt das Thier; daher fordert man mit Recht sowohl fur das Reit- als Zugpferd mbglichst breite, stark knochige Sprunggelenke; sie werden besonders bei Zucktpferden als starkes Fundament geschatzt. S c h m a 1 e, sckwack entwickelte Sprunggelenke sind nie wunsckenswert, sie sind luiufig zu gerade gestellt und sind nur bei Rennpferden mit mekr ruckstandiger Stellung, langen Unter- scbenkeln und sebr strammer Muskulatur auf kurze Zeit aus- dauernd genug. Die Untersucbung der inneren Flache des Sprunggelenkes muss mit besonderer Genauigkeit vorgenommen werden, weil hier beim Pferdegeschlechte eine Knochenkrankheit haufig beol)- achtet wird, welche den Kamen S p a t h tragt. Die Untersucbung muss in der Art angestellt werden, dass man sich vor und hinter das Pferd stellt, die einander zustehen- den inneren Flachen der Gelenke sorgsam vergleicht und jede Abweichung, namentlich jede auffallende Erhbhung derselben berucksichtigt, welche sich an der unteren Iliilfte haufig vorfindet. Hat man durch das Auge eine abnorme Erhbhung wahr- genommen, so muss die Untersucbung mit der Hand vorgenom¬ men werden, um sich von der Ilarte, dem Umfang und der Schmerzhaftigkeit der Geschwulst beim Bcftthlen zu tiberzeugen, worauf man die Bewegung des Thieres zuerst im Schritte, dann im Trabe mit Wendung auf den gesunden und auf den kranken Fuss vornehmen lasst, um die Art und den Grad des Krumm- gehens auszumittcln. ' Der Spath. 169

Der Spath oder Spatt:5:), auch Stichbein (eparvin) g-enannt, yerrath sich cliirQii eine feste, liarte, unbewegliche, ydder- nattirliche Knochengeschwulst an der unteren Iliilfte der inneren Flachc des Sprunggelenkes, itber welche die Haut verscbiebbar ist. Leiden beide Sprnnggelenke gleichzeitig und gleichformig und ist die Knoclienatiftreibung unbedeutend, so kann die Ansmittlung des Spatlies Schwierigkeiten bereiten. Beim Spathe gelit das Pferd cigentliumlicli zuckend, krumm, indem es den leidenden Fuss wcniger weit vorsetzt und klirzer tritt als mit dem gesunden (zu split komint); am aufflilligsten ersclieint das Krummgehen, wenn das Tbier aus der lluhe plotzlicb in Bewegung gesetzt oder auf den kranken Fuss gewendet wird; bei fortgesetzter Bewegung tritt nach und nacli das Krummgehen in einem yerminderten Grade auf. Das Wesen des Spatlies bestebt in ciner Beinbautentztindung mit Ausschwitzung yon Knoclienmasse und Yerscbmelzung der Sprunggelenksknocben (der beiden scbiffdrmigen Beinc, des Pyramidenbeines und des Schienbeines sammt dem inneren Griffel- beine) zu einem Stiicke, wobei zugleicb die ^einander zustebenden Gclenksflachcn der genannten Knocben ergriffen sind, so dass der Gelenksilberzugknorpel aufgesaugt wird und dieselben entweder rauh sind oder yerscbmelzen. Ein ausgebreiteter Spath flthrt auch den Namen Scbale. Man unterscbcidet einen weicben und bartcn Spath und ebenso eine weicbe und barte Scbale. Wenn das Exsudat, welches durcb die Beinbautentzundung erzeugt wird, noch nicbt in Knocbenmasse sicb umgewandelt bat daber sicb die Geschwulst weicber anfiiblt, so ist dieses ein wcicbcr Spath oder bei grbsserer Ausbreitung cine Aveicbe Scbale; es kann dabei das Krummgehen eben infolgc der scbmerzbaftcn Entziindung in einem yiel bbberen Grade vor- handen sein als dort, wo scbon Knocbenmasse in einem kleineren oder grosseren Umfange abgelagert ist, also ein wabrer Kn o die li¬ sp atb oder eine Knocbenscbalc angenommen wird, und die EntzUndung entweder ganz oder ztim Tbeile voriiber ist.

'*) Ueber den Ban der Sprnnggelenke bei Pferden. Von Ilavemann, Director in Hannover. Deutsche Zcitschrift fiir Thierheilkunde. Von Busch, III. Band. 4. Heft. Kassel 1833. Danger: Midlers Anatomic des Pferdes, p. 164. 170 Der Spath.

Wenn eine abnorme Knocbenwuclierung in der Niilie der Selinen yorlianden ist, so dass sich diese bei der Zusammen- ziebung der Muskeln reiben, so wird gleichfalls clas Krumm- geben auffalliger hervortreten als dort, wo dieses nickt der Fall ist. Zuweilen nimmt man einen sichtbaren und einen unsicht- baren Spatli an und verstcht unter ersterem den cigentliclien Spatb mit rundlick vortretender Knocbengescbwulst, wlihrend man unter letzterem Namen ein Krummgeben anfubrt, das durcb eine Entzundung der Gelenksflacben der Knocben im Sprung- " gclenke, olme ausserlicb sicbtbare Gescbwulst bcdingt ist, wie dieses in der That der Fall sein kann. Alle Pferde hinken so lange vom Spatb (sind spathlahm), als derselbe nocb neu, d. b. die Entzundung nocb nicht voriibergegangen ist. Ist einmal die Yer- wacbsung der betreffenden Knocben yollendet, so bbrt das Hinken mehr oder weniger auf, jedocb entstebt dasselbe bei grosser An- strengung wieder. Daher sind kleine Spatbe oft sebr schmerzhaft, wiibrend grosse zuweilen kein Krummgeben wabrnebmen lassen. Die Anlage zum Spatb kann sicb forterben, aber nicht die aus- gebildete Knocbenkrankbeit.*) Meist entstebt der Spatb infolge grosser Anstrcngungen bei mcbr gerade gestelltcn Sprung- gclenken. Ausser dem Spatbe beobachtet man nocb folgende Krank- licitcn des Sprunggelcnkcs: a) Die Sprunggelenksgalle (yessigon), eine Ansammlung yon Sertm innerhalb der Kapsel. Sie ist entweder nacb yorne sichtbar und beisst dann Pfannengalle oder wird rtickwarts zu beiden Seiten der Ackillessehne als scbwappende Gescbwulst getroffen, welcbc man yerdrticken kann —durchgchende oder Kreuzgalle. — Die Pfannengalle wird zuweilen auch mit dem Namen Wasserspatb belegt. Die Sprunggelenksgalle deutet immer auf vorausgegangene grosse Anstrengungen und ist daber sebr zu beacbten. b) Der Blutspath, der in ciner langiicken Erweiterung der grossen Itosenyene bestebt, welcbe an der yorderen inneren Seite in der Sprunggelenksbeuge ibren Yerlauf nimmt. Er becin-

*) Dr. Schwab. Anlcitung zur ausseren Pferdekenntnis, p. 152. Kranklieiten des Sprunggelenkes. 171 triichtigt wohl die Sclibnlieit des Thieres, olme aber sonst ein Krummgelien zu verursoclien. Meist ist eine Ausdeliniing der Kapsel oline Ausdelimmg der Yene yorbanden. c) Die Kaspe (solandre), welclie in einem Hautanssclilage mit Krustenbildung in der Sprunggelenksbeuge bestebt, ^vobei die Ilant verdickt, scbwer beweglicb wird, Eisse bekommt nnd dadurcb bei der Bewegung scbmerzt. d) Die Eierhacke (capefet), bestebend in einer weicben, umscliriebenen, scbwappenden Gescliwulst an der Spitze und dem binteren Eande des Fersenbeinbbckers, bedingt dnrch eine An- sammlung von Fllissigkeit in dem dort gelagerten Xlautschleim- bentel. Sie beeintracbtigt nur die Scbbnbeit, nicbt aber die Be- Aveglicbkeit im Sprunggelenke und muss wobl unterscbieden werden. e) Von der Piepbackc, welclie in einer scbmerzbaften oder unscbmerzbaften Verdickung der Acliillessehne bestebt und die Gebraucbsfabigkeit eines Pferdes bedeutend^ berabsetzen kann. Anlage zur Eierbacke und Piepbacke baben sabelbeinige und im Eintertbeile scbwache Pferde, docb ist immer eine mecbaniscbe Einwirkung auf die Spitze des Fersenbockers oder unmittclbar auf die Acbillessebne nothwendig, wenn dergleicben Gescbwtilste entsteben sollen. So findet man Eierbacken baufig bei Fiillen, welclie sicb anstossen, ferner bei Pferden in kurzen Standen, beim Transporte auf Eisenbabnen oder wenn sie an Standsaulen anbauen, daber man sie aucb als Zeicben ansab, dass dergleicben Pferde gerne scblagen. , Als Vorbauungsmittel gegen diese Gescbwiilste wendet man das Umwickeln der Stand¬ saulen und Scblagbaume mit Strob und beim Transporte auf Eisenbabnen und Scbiffen die Sprunggelenkskappen nacb Black- well an. Gtlntber nennt die Piepbacke eine Quetscbgescbwulst an der Spitze des Sprungbeines, welclie in einer Auftreibung der llaut und Fiillung des Zellgewebes durcb Exsudat bestebt, wiibrend er die Eierbacke als ein^ feste unter der llaut liegende Anscbwellung der Seline des Kronenbeinbeugers be- zeicbnet, welclie die Pferde labm macbt und nur bei langer Rube beilbar ist. Aucb Eoloff (p. 203) nimmt Piepbacke und Eier¬ backe in clem von Giintber bezeicbncten Sinne. 172 Das hintere Schienbein.

f) Das Relibein (jardons), eine selten vorkommendc, weiche oder auch barte, widernattirliclio Geschwulst an der iiusseren Seite des Sprunggelenkes. Schwab nimmt das Relibein bloss als eine Galle an. g) Die Hasenhacke (courbe), welche in einer angebornen oder envorbenen Abweichung der Sprunggelenksknochen nach hinten bei sonstiger normaler Beschaffenheit derselben besteht, wobei der liussere oder nntere Fortsatz des Fersenbeines zu sehr hervorragt und dadurch eine •Anschwellung erzeugt. Sic cntsteht auch durch gewaltsame Dehnung der Bander oder der Beugesehncn bei schwachen Sprunggelenken, wenn ein Pferd zu stark und oft auf das Hintertkeil gesetzt wird, und ist dann immer schmerzhaft. Bei Fallen ist die Hasenhacke ein bcachtenswcrtcr Nachtheil. Eine Vergrbsserung der Knochen bei sonstiger normaler Beschaffenheit ohne Krummgehen hat man auch Ochsenspath genannt, besonders wenn dieselbe an der iiusseren Seite vorkommt. An der inneren Seite des Sprunggelenkes muss man auch auf haarlose Punkte oder Striche an der Haut als Folge der An- wendung des Glllheisens gegen den Spath achten.

§ 70. Das Schienbein des Hinterfusses. Das hintere Schienbein ist um etwa liinger als an der vordercn Extremitiit, es steht nicht senkrecht, sondcrn etwas schief nach vorne geneigt; der Winkel mit dem Unterschcnkel- beine betriigt nach Ilering 150—160°. Ein senkrecht stehendes Schienbein ist fehlerhaft, ebenso ein zu stark geneigtes. Yon vorne betrachtet ist das hintere Schienbein schmaler, von der Seite jedoch bieiter als an der vorderen Extremitiit, weil die Beugesehncn mehr vorspringen; ujbrigens soil es vollkommen parallel neben dem der anderen Seite gestellt sein. Die Krank- heiten sind am kintcren Schienbeine dieselben wie an den Vorder- flissen, nur werden Ueberbeine und Selmenklappe seltener beob- achtet, hiiufiger aber Gallen. Lange Schienbeine sind bei Rennpferden wunschenswert. Das hintere Fessel. 173

§ 71. Das Fesselgelenk und der Fessel. Das Fesselgelenk der liinteren Extremitiit ist runder als am Yorderfusse, der Fessel selbst stebt meistens steiler (unter einem Winkel von etwa 50°), zuweilen bei scbwacher gebauten Thieren aucb scbiefer, er ist klirzer und rundlicber als der vor- dere Fessel. Stehen die Fessel zu steil bei mehr gerade gestellten Sprunggelenken, so beobacbtet man baulig das Ueberkotben, wsihrcnd bei zu schief gestellten ofter ein Durcbtreten beobacbtet wird. Die Bewegliebkeit im binteren Fessel ist eine grossere als im vorderen; Streifen, Yerletzungen durch Halfterstricke, ebenso die Mauke werden an den binteren Ftissen hiiufiger als an den vorderen beobacbtet. Meist sind die Hinterfiisse mit den Zeben- spitzen ctwas nach aussen gestellt.

§ 72. Die Krone und der Huf. Die Krone der Ilinterfusse ist yon einem geringeren Um- fange, jedocli dicker und wulstiger, Yerletzungen durcli Kronen- tritte, Ringbeine und Scbalen werden liaufiger beobacbtet. Aucb die Mauke breitet sicb zuweilen bis zur Krone aus und verursacbt Verbildungen des Unterfusses, welcbe den Namen: Straubfuss, Ingelbuf tragen. Die Balien sind hober und derber, der Huf ist im Ganzen kleiner, mebr berzformigj steiler und bober, die Zebe tritt bedeutend bervor, die Seitenwlinde geben yon yorne nacb binten immer weiter auseinander, so dass der Huf in der Tracbtengegend an der Sohle den grossten Quer- durcbmesser bat. Die Soble ist tiefer ausgebohlt, der Strabl klirzer, tiefer gespalten. Was die Krankbeiten anbelangt, so werden llornspalten und Ilornkllifte liaufiger beobacbtet; aucb Strablfiiule und Strablkrebs kommen liaufiger vor, weil die Tbiere oft lange im Stalle in der Nllsse steben, dagegen beobacbtet man Voll-, Platt- und Knollbufc seltener. Der Hinterbuf ist yiel ziiber und dauerbafter als der yor- dere, daber lasst man Flillen liinger an den ninterfiissen unbe- scblagen. III. AbsclmiU.

Yon tier Stollung und Bewegmig des Pfordos^ den iiblen Gewolmlieiteu^ der Art der Untersuclmng mid dor Ausn alii zn yerscliiedenen DieiistesYerriclituiigen.

§ 73. Die Stellung des Pferdes. Die Stellung des Pferdes soil yon der Art sein, dass dasselbe auf seinen yier Fiissen gleicli yier parallelen Standsiiulen ruht; es mtissen daher die Extremitaten senkreclit stehen, die gegenseitigen gleicliweit yom Eumpf (l)is zum Boden entfernt sein, die Vorder- und Hinterflisse mtissen sich wechsehveise decken, so dass weder die einen noch die andern weiter nach ein- oder nacli auswiirts gekelirt sind. Der aufgesetzte Fuss muss ruliig und fest stelien, nicht zittern, weder vorgestreckt, noch vorgebogen sein oder sich auf irgendeine Weise seiner Last zu entledigen suchen. FTacb den neueren Zuclitleliren soli der Rumpf eines sym- metriscli gebauten Thieres einem Parallelogramm entspreclien, welches durch Linien begrenzt wird, die nach oben yon der Spitze des Widerristes, unten yom Ellbogen und Hintcrknie, yorne vom Bug und riickwarts yon der Hinterbacke gczogcn werden. Je mehr ein Thier dieses Parallelogramm ausfltllt, desto zweckentspreckender gebaut erscheint es. Dieses Rcchteck wird in drei gleiche Theile getheilt, wovon das vordere Drittel der Sclmlter, das mittlere der Brnst und Bauch und das hintcre der Croupe entsprickt. Die Stellung des Yorderfusses soli dabei derart sein, dass eine senkrechte Linie yom Bug vor der Zehen- spitze liegt, eine senkrechte Linie vom Drekpunkte des Schulter- blattes im obcrcn Drittheile an der Anheftung des breit- Stellung tier Vorderfusse. 175 gezahnten Muskels soli auf den Ballen fallen und eine senkrcchtc Tom hocbsten Punkte dps Widerristes 3 bis 4 cm binte'r den Ballen den Boden erreicben.

Die Stellung des Hinterfusses ist einc normale, wenn einc senkrecbte Linie vom Hliftwinkel das Hinterknie streift und vor tier Zebenspitze auf dem Boden auffallt, eine weitere senkrecbte vom Hiiftgelcnke die Sprunggelenksbeuge trifft und auf den Ballen fiillt und einc dritte lotbrecbte Linie vom Sitzbeinbbcker zum Sprunggelenksbocker gezogen werden kann. 176 Normalstelhing eincs Pferdes.

Die Holie des Pferdes vom liochsten Punkte des Widcr- ristes soil gleicli sein der Llinge vom Bug zum Sitzbeinliocker. Eine senkrecht gestellte Ebene, welche man sicli durch die Mitte des Scbultergelenkes abwsirts gelegt denkt, soli den Yorderfuss in zwei Ualften scbneiden, es steken dann beide Yorderflisse gerade und parallel. Ebenso soli eine mitten durch das Ilinterknic gelegte Ebene den Hinterfuss abwiirts in zwei gleichc Halften theilen. (Sielie Fig. 26.) Am meisten niihert sicb das arabische Pferd der Grundgestalt odor dem Parallelogramme. Abweichungen von den angegebenen Normalstellungen kommen jedocli sowohl an den Yorder- als an den Ilinterfussen sehr liaufig vor.

LRegelwidrige Stellungen der Vorderfiisse.*) a) Die vorgestreckt e St el lung, wenn entweder nur eine oder beide vorderen Extremitiiten vor der mittleren senkrechtcn Linie stehen, wie solches bei sclmltersteifen oder hufreben Pfcrden beobachtet wird. Dock nekmen zuweilen auck dressirte Pferde diese Stellung an, okne krank oder feklerkaft gebaut zu sein. Bei der yorgestreckten Stellung sind die Ge- lenke mekr der Geraden sick nakernd, die Fessel steken steil, die Ellbogengelenke sind weit gebfifnet, ebenso die Sckulter- gelenke, das Sckultcrblatt bat eine steile Ricktung, der Stoss wird in den Gelenken wenig gebrocken, pflanzt sick mit bedeu- tender Kraft auf den Widerrist und den Reiter fort, der Gang wird dadurck prellend, stossend, es treten sckmerzkafte Affec- tionen in den Gelenken, SckulterUikme auf. Sind die Tkiere nock bei yoller Kraft, so kann bei vorgestreckter Stellung der Gang wokl ausgiebig sein; kaufig wird er aber kurz, wenig niumend, wie dieses bei steiler Sckulterlage gewbknlick der Fall ist. &) Die unterstlindige Stellung, wenn die Yorder¬ flisse kinter den senkreckten Linien, also unter dem Leib steken. Bei Reitpferden fallt die Last zu sekr auf die Vorderfusse, sie dauern daker nickt lange aus. Diese Stellung ist entweder an-

*) Fr. Kohlhepp, Bezirksthierarzt im Grossherzogthum Baden: Atlas iiber die Stellungen des Pferdes. Fiir Hufbeschlagsclmlen etc. II. Auflage. Carlsruhe 1887. 30 Tafeln in Farbendruck. Stellung der Vorderfiisse. 177

gcboren, ocler infolge von Sclmlterleiden ocler Krankheiten der liintcren Extremitiiten^ crworben. Eine nnterstilndige Stellung ist sowohl der Riiumigkeit als der Sicherkeit nachtheilig, obwokl dergleichcn Pferde fiir den schweren Zug ganz gut geeignet sein kbnnen, weil sie sicb gut in das Kummet legen. c) Yorbtigig ist die Stellung, wenn entweder nur eines odor beide Kniegelenke nach vorne gebogen sind, die Unterfttsse aber weiter zuriickstehen. Sie ist moistens die Folge bedeutender Anstrcngungcn und dann immer mit krankhaften Yeranderungen der Gelenke und Selinen verbunden, wobei ein fortwabrendes Sclnvanken der Knie und ein unsicherer Stand beobachtet wird. Eine angeborene vorbtigige Stellung, das Bockknie, kann jedoch aucli kriiftig sein, besondeis wenn die Knoclien und Muskeln bedeutend entwickelt Avird. d) Ruckbiigig nennt man jene Stellung, bei welcher die Knie rttckwarts gebogen sind. lian beobachtet diese fehlerhafte Stellung selten und immer infolge von angeborener Sclnvache der Beugeselinen. Die Rtickbiegigkeit ist immer als ein grosser Fehler anzusehen. e) Kbthenscliiissig heisst eine zu steile und gerade Stellung im Fesselgelenke, meistens bedingt durch krankhafte Verktirzung der Selinen. Solcke Pferde Uberkbthen leicht und sind daher durcli dieses Leiden bedeutend im Wert herabgesetzt. Wenn die Stellung im Fessel eine vollkommen senkrechte ist.

so nennt man dieses ?,Stelzfuss", wobei die Brauchbarkeit eines Pferdes umsomehr becintrachtigt wird. Dergleichen Pferde eignen sich wcder zum Reitdienste, noch zum schnelleren Zuge. /) Barenfiissigkeit oder Barentatzigkeit wird das zu starke Durchtreten im Fessel bezeichnet, wobei die hintere Flache des Fesselgelenkes den Boden berlihrt. Der Gebrauchs- wcrt eines solchen Pferdes ist dann sehr gering. Im minderen Grade nennt man es einfach Durchtreten, welcher Zustand bei zu langen Fesseln oder geschwachten Selinen beobachtet wird und wcnig Ausdauer verrath. Doch kann dabei der Gang viele Elasticitiit besitzen. In Bezug der gegenseitigen Extremitat kbnnen folgende unregelmassige Stellungcn vorkommcn: Muller, Exterieur ties Pferdes. 6. Anil. l4^ 178 Stellnng der Hinterfiisse.

1. Die zu enge Stellnng der Vorderfusse bei Engbriistig- keit, wobei dieselben yon oben nach abwarts zu sebr genaliert sind. Es leidet dabei die Standfestigkeit der Pferde bedeutend, eine dergleiclien Stellnng ist meist mit Flaclirippigkeit verbunden und als ein bedentender Feliler anzuselien. 2. Die zu weite Stellnng bei sehr breiter Brust und fleiscliigen Scbultern, bei schweren Zugpferden sonst kein Feliler. 3. Die Knieenge, aucli Ochsenknie (Kniebohrer) genannt, wenn beide Knie zu sebr nacb einwiirts gebogen sind. Oft lindet sicb diese Bicbtung nnr an einem Fusse und muss dann als ein grosser Feliler angeseben werden. 4. Die knieweite Stellnng kommt seltener vor, dabeb sind die Hufe zu engb gestellt, wodurch eine Anlage zum Streifen gegeben wird. 5. Die Zebenenge (Zebentreter) bestebt darin, dass beide Unterfiisse zu sebr nacb einwarts mit den Zeben gekchrt sind, die Ballen aber weiter voneinander absteben. Zebentreter eignen sicb nur zum langsamen Zuge. Man beobacbtet diese Stellnng zuweilen bei schweren Pferden. 6. Die Zehenweite oder franzbsiscbe Tanzmeisterstellung ist jenCj wenn die Zeben voneinander entfernt, die Ballen aber einander genlihert sind. Die letzten beiden Stellungen sind baufig in einem fehler- haften Bane der ganzcn vorderen Extremitiiten begrtindet und fangen gewbhnlich scbon von der Scbulter an. II. Regelwidrige Stellungen der Hinterfiisse: a) Die unterstandige Stellnng, wenn die Hinterfiisse zu sebr unter den Bauch gestellt sind. Bei der unterstandigen Stellnng ist der Riicken gekriimmt, die Hinterfiisse sind den Vorderfiissen genabert, dergleicben Thierc baben ein grosses Tragvermbgen, docb eignen sie sicb nur zum langsamen Gauge, obwobl sie viel Kraft im Riicken und im Hintertbeile besitzen. Es kann aber die unterstandige Stellnng auch die Folge von Ermlidung oder ein Krankkeitszeicken besonders bei Baucb- leiden sein. b) Die riickstandige oder gestreckte Stellnng ist jene, wenn die Hinterfiisse vom Perpendikel nacb riickwarts steben. Die riickstandige Stellnng im geringen Grade ist entweder Stellung der Hinterfiisse. 179

eine Folge der Dressur imd die besten Reit- mid Wagenpferde nelimen dieselbe gerne an, wobei sie yiel Raum zu greifen ver- mbgen, oder sie findet sicb bei schon stark gebraucbten Pferden, wobei namentlich die Sprunggelenke hergenommen, steif oder spathlalim sind. c) Die Siibelbcinigkeit bei zu gebogenen Sprunggeleuken. Sie ist meist angeboren und niclit immer felilcrhaft; dergleichen Pferde sind luiufig gute Liiufer und werden als Springer gescbiitzt, weil sie mit einer grossen Kraft im Hintertheile eine bedeutende Yerlangerungsfaliigkeit verbinden. Oft aber leidet die Siclierheit des Ganges durch das Einkauen. Sind aucli die Yorder- Extremitaten mehr unter den Baucb gestellt, so entstebt die nachtheiligere, zusammengescbobene Stellung. d) Die zu gerade Stellung im Sprunggelenke, eine haufige Ursache des Spathes, weil der Stoss sicb gerade fort- pflanzt und Prellungen im Gelenke erfolgen milssen. e) Die zu gerade Stellung im Fessel, Kotbenscbussigkeit oder Ueberkbtlien, ist haufiger an den binteren als den vorderen Extremitaten, ebenso kommt auch der Stelzfuss daselbst bfter a or, der Gang ist stossend, leicbt ermiidend, dergleichen Pferde sind ftir den Reitdienst ganz ungeeignet. /) Das Durcbtreten bei zu langen Fesseln und sckwacken Selmen wird gleichfalls ziemlich luiufig an den Ilinterfiissen beobachtet. In Bezug der gegenseitigen Stellung konnen die Hinterfiisse: 1. Zu enge steben, in ihrer ganzen Liinge bei sclimaler Croupe und bochbeinigen Pferden, wobei die Standfestigkeit bedcutend beeintrachtigt wird, 2. zu weit steben bei breiter Croupe und weitem Bccken, 3. zu enge in den Sprunggeleuken (kubhessige Stellung) oder 4. zu weit in den Sprunggelcnken gestellt sein (Fass- beinigkeit). Immer sind die Sprunggelenkshbcker einander etwas ge- nabert und es kann daker ein leicbtcr Grad von kubbessigcr Stellung als kein Fehler angeseben werden, besonders wenn dabei die Kniegelenke weit voncinandcr absteben. Sind jedocb die Kniegelenke enge gestellt und setzt sicb die kubhessige Stellung auch abwlirts derart fort, dass die Schienbeine nahe 12' 180 Stellung der Hinterfiisse. zusammenkommen, so verliert das Thier bedeutend an Stand- festigkeit, es streift und eignet sich ntir zum langsamen Zuge. 5. Die Zehenenge und 6. die Zchen- oder Bodenweite verhalten sich sowie an den vorderen Extremitaten. Die richtige Stellung der Hinterfiisse ist flir die Braucli- barkeit eines Pfcrdes wiclitiger als die der Yorderfiisse, weil sie niclit nur eincn Tlieil des Korpergewiclitcs zu tragen liaben, sondern auch das Fortscbreiten vorzugsweise von ihnen abhlingt. Yiele und namentlicli edle engliscbe oder arabiscbe Pferdp steben im Stalle so nacblassig, dass dadurcb die scbbnsten Kbrper- formen unbeobacbtet bleiben; der Kopf ist gesenkt, die Yorderfiisse steben unrcgelmassig, die Croupe ist bangend sowie der Scbweif? sie setzen einen Fuss iiber den andern; sobald jedocb die Tbiere vorgefiibrt werden oder auf irgendetwas aufmerksam sind, andert sicb das ganze Naturell derselben, sie zeigen in ibrer Stellung und Bewegung erst jene edlen Formen, die man allge- mein an ibnen bewundert. Gemeine und kraftlose Tbiere bediirfen des kraftigsten Reizes, um etwas aufgeregt zu werden und ibre nacblassige Stellung zu verlassen. Der Scbwerpunkt eines Pferdes fiillt nacb Hocbstetter im rubigen Stande auf ebenem Boden und in natiirlicber Stellung unmittelbar binter den Widerrist an den Anfang des lasttragenden Riickens, wo man das Pferd mit einer Rollgurte am leicbtesten heben kann. Der Scbwerpunkt ist dabcr etwas niiber den vorderen Gliedmassen, daber diese mebr an Last zu tragen baben. Er glaubt, dass nur ein Drittbeil der Last des Pferdekbrpers auf das Becken und die Hinterfiisse falle, zwei Drittbeile auf den Vordcrfiissen ruben, daber sie boim Stand der Tbiere die wicbtigsten sind. Auch die Versuche von dem Bereiter Baucher in Paris bestatigen, dass die Yorderfiisse mebr Last zu tragen baben als die binteren; 208:196 und 210:174 in einem andern Falle. Anmerkung. Morris und Baucher stellten cin symmetrisch gebau- tes Pferd von ruhigem Temperament mit den Yorder- und Hintcrfiissen auf jeeine Briickenwage und ermittelten, wie vicl Gowicht untcr vcrschicdcnen Verhaltnissen auf die Vor- und Hinterhand komme. Arten der Bewegung. 181

Die Besultate in Kilogrammen waren folgende: Zucrst wurde das Pferd mit gewdhnlicher Stellung dcs Kopfes auf die IVagc gebraclit und da verliielt sich das Gewicht der Vorhand wie 210:174 oder Melirbelastung der Yorhand 36 Kilogramm. Das Athmen brachte eine Difterenz von 3—5 Kilogramm. Bei starker Erliebung des Kopfes fielen 10 Kilogramm auf die Nacli- liand melir, ^viihrend bei betracbtlicher Senkung die Yorhand um 8 Kilo¬ gramm melir belastct war. Nachdem Baucher das Pferd bestiegcn und eine scliulgereclite Stellung eingenommen hatte, zeigte die Belastung der Yorhand 251, der Hinter- liand 197 Kilogramm. Daher die Summe des Gewichtcs 448 und die Melir¬ belastung der Yorhand 54. Der Keiter wog 64 Kilogramm und hatte daher 41 auf die Yorhand und 23 auf die Hinterhand verlegt. Unter alien Umstandcn ist daher die Yorhand mehr belastet als die Hinterhand, obwohl auf die Vcrthcilung des Gewichtcs die Stellung des Keiters und die Ilaltung des Kopfes grossen Einfluss haben. Im Mittel kann man den Schwe.punkt eines Pferdes in eincr senkrechten Linie in der Gegend des-Schaufelknorpels annehmen, obwohl eigentlich immer der 14. Kiickenwirbel senkrecht steht. Wenn man durch die vier Fiisse senkrech^e Linien gezogen denkt, so entsteht durch Yerbindungslinien ein Parallelogramm, das durch den Gang in ein Khomboid verwandelt wird. Die Bewegung wird umso anstrengender und unsicherer, je niiher wiihrend derselben die Schwerlinie den Grenzen des Unter- stutzungs-Parallelogramms kommt, und umso leichter und sicherer, je weniger sich der Schwerpunkt jenen Grenzen niihert.) (Ueber den Schwerpunkt und das Gleichgewicht des Pferdes. Bau- meister. 5. Auflage. Herausgegeben von Kueff.

§ 74. Die Bewegung. Die Bewegung oder der Gang des Pferdes erfordert bei der Beurtheilung desselben eine sorgfliltige Beriicksichtigung, ^veil von seiner Leicbtigkeit und Sclmelligkeit, some von der Kraft und Ausdaucr der meiste Wert des TJiieres ablningt. Man bat daher bei jeder Untersuchung immer dasselbe in Be¬ wegung setzen zu lassen, um den Gang beurtheilen zu kbnnen. Die Gangarten des Pferdes fiihrcn naeb ibrer Sclmelligkeit verscbiedene Kamen, ausscrdem werden sic in naturliche und kllnstlicbe unterscbieden. Erstere kbnnen wicder in die regel- massigen und in die feblerbaftcn Gangarten abgetbeilt werden. 182 Der Schritt.

AYir betracliten hicr zuerst die natiirlichen regelmassigen Gang- arten, welche nach ihrer verscliiedenen Sclinelligkeit folgende Namen fiiliren: 1. Der Schritt; 2. der Trab oder Trott; 3. der Galopp; 4. der Sprung; 5. der Pass;

§ 75. Der Schritt. ✓ Der Schritt ist die langsamste Gangart, das Pferd bewegt seine Fiisse krenzweise regelmiissig liintcreinander, so dass man auf liartem Bo den deutlicli vier Fusstritte oder Hufsclilage naclieinander hdrt. TVenn das Pferd mit dem rechten Vorder- fusse z. B. angefangen hat, so folgt darauf der linke Hinterfuss, dann der linke Yorderfuss nnd endlich der reclite Hinterfuss. Es schiebt somit das Pferd seinen Kumpf in den Diagonalen eines Rechteckes nach/yorwllrts, oder wie Prosch angibt, in einer Wellenlinie, etwas schwankend, wobei der Korper immer Yon zwei entgegengesetzten Gliedern gestittzt wird. Man kann beim Schritt jedes einzelnen Pferdefusses vier gleiche Momente unterscheiden, nnd zwar zwei tiber und zwei auf dem Boden. Die zwei Momente tiber dem Boden sind: a) das Aufheben und Yorgreifen und b) das Niedersetzen; die zwei Momente auf dem Boden sind c) das Tragen des Schwer- punktes und d) das Forttreiben desselben. Ein jedes dieser Momente entspricht zu gleicher Zeit einem verscliiedenen Fusse. Wenn z. B. der linke Yorderfuss im Momente des Forttreibens ist, so muss der reclite Yorderfuss vorgreifcn und nahert sich dem Boden, um sich niederzusetzen. Der linke Hinterfuss ist im Momente des Aufhebens begriffen und der reclite Hinterfuss triigt. Andere, namentlich Schwab, p. 170, unterscheiden bei jeder Bewegung einer Gliedmasse nur drei Tempos, namlich: 1. Die B e u g u n g der einzelnen Glieder, wobei die Ex- tremitat den Boden vcrlasst; 2. die Bewegung der ganzen Gliedmasse am Korper, auch das Schwcben genannt, und Der Schritt. 183

3. die Streckung der einzeluen Glieder, wornacli die Gliedmasse wieder auf flen Boden tritt. Nacli B a u m a n n (Lelir- bucb der Pferdekenntnis, Berlin 1822, p. 174) macht das Pferd im Schritte mit jedem Fusse vier Tempos. Im ersten Tempo bebt es den Fuss nur etwas von der Erde, so dass die Zehe herunter- gerichtet ist. Im zweiten wird er mebr gehoben und nacli vorne gebracbt, was man auch das Scbweben nennt. Im dritten streckt sich die Zehe vorwlirts und der Fuss ist im Niedersetzen be- oa-riffen. In dem vierten erreicht er den Boden und bildet den Stiitzpunkt des Korpers. Bruckmuller gibt folgendeBeschreibung des Schrittes: „Die Keibenfolge, in welcher beim Scliritte die Extremitaten gehoben und wieder festgestellt werden, ist eine ganz regelmassig sick wiederholende. Ist zum Beispiel der rechte Hinteifuss im Durchtreten, so bcginnt der linke Yorderfuss das Auftreten, der linke Hinterfuss ist im Scbweben begriffen und der reckte Yorderfuss beginnt das lleben, die Stittzung geschiebt durch ein diagonales Fusspaar. Im niicbsten Momente schrcitet ein jedes Glibd urn ein Moment der Action yor; der rechte Hinterfuss beginnt das Heben, der linke Yorderfuss tritt durch, der linke Hinterfuss ist im Auftreten begriffen und der rechte Vordeifuss schwebt nach vorne, bier wird die Stiitzung durch ein gleichseitiges Fusspaar bewirkt und dauert daher etwas ktlrzer als im ersten Momente." *) Der Gang im Schritte ist gut, wcnn er frei, ausgiebig und sioher ist. Frei wird er besonders durch eine freie Schulter, aus¬ giebig durch 1 a n g e, senkrecht stehende V o r a r m e und lange Unterschenkel mit kurzen Schienbeinen und sicher durch eine regelmassige Bauart des ganzen Pferdes. Bei einem guten Schritte soli das Knie mlissig gebogcn, das lleben der Fiisse nicht zu sehr beschleunigt werden, die Hinterfiisse diirfen weder zu kurz, noch liber die Hufspur der Vordcifusse treten, sondern dieselbe nahezu mit der Zehe erreichen. Ein leichter, raumgreifender Schritt lasst auf die Giite der andcren Gangarten schliessen. In Bezug des Kaumes, den das Pferd im Schritte zurtick- legt, ist Folgendes zu bemerken:

•*') Bruckmiiller. Lehrbucli der Physiologic, "Wien 1885, p. 346. 134 Der Trab.

a) Im gewblinliclieiij natiirliclien Schritte ergreift das Pfcrd cbensoviel Eaum mit seinen Yorderfiisseu als mit seinen Hinter- fiissen. b) Der Hinterfuss tritt ziemlich genau in die Fusstapfen seines Vorderfusses. Ein Pferd, welclies mit seinem Hinterfusse klirzer* trilt, liat zu wenig Folge; bei zu yiel Folge bauen die Pferde gerne ein. Ungleicli nennt man die Folge, wenn die Ilinter- fiisse weiter oder enger treten. c) Die Hbbe des Vorderfusses vom Ellbogen bis zum Boden ^ ist das Maass ftir den Raum, den das Pferd mit jedem Vordeifusse im natiirliclien Schritte erfasst (Hochstetter). Im langsamen Zugc liat ein Pferd in der Secunde 1*5 m, im Marsclischritt 2—3 m Ge- scliwindigkeit. In einer Minute werden 80—140 Schritte gemacht und eine deutsche Meile in 50—60 Minuten zuruckgelegt, im Trabe das Doppelte. Fehlerhaft ist der Schritt, wenn er trage oder iibereilt, kurz, hoch, niedrig, kreuzend oder zu schr schwankend, steif, zuckend, tappend, zu weit oder zu enge stattfindet.

§ 76. Der Trab oder Trott. BeimTrab folgen die vier Momente der Bewegung schneller und derart aufeinander, dass zwei entgegengesetzte Flisse zu gleicher Zeit gehoben und nicdergesetzt werden, jedoch so, dass der Korper im Trab einen Augenblick iiber der Erde vorwiirts schwebt. Man hbrt beim Trabe bloss zwei Ilufsclilage regelmassig hintereinander, der rechte Vorderfuss und der linke Hinterfuss fallen zugleick auf, dann die beiden entgegengesetzten; die auf die Erde kommenden Flisse schnellen mit einer Art Gewalt den Korper vorwiirts. Der Trab erfolgt daher in zwei einander ganz gleichen Zeitpunktcn, er ist umso schneller und riiumender, je liinger die Flisse iiber dem Boden verweilen. Da im Trabe die zwei entgegengesetzten Fiisse zu gleicher Zeit gehoben und vorwiirts gesetzt werden, so bewegt sich der Korper immer in den Diagonalen, der Gang ist daher auch schwankender und dieses umsomehr, je breiter der Kiicken ist. Trabstellung. 185

Der Korper wird abwechselnd von dem diagonalen Fusspaare nnterstiitzt und scliwel3t bei der Umwecbslung einen kurzen Augenblick in der Lnft.

Im gewolmliclien, glcicliformigen Trabe crgreift das Pferd etwa zwci Fusslitngcn mit jedem Fuss von einem Hufschlage zuin andcrcn gerecknet oder 4—5 m in der Sccunde. Gut ist die Bcwegung im Trabe, wenn sie frei, geradlinig und mit der gcliorigen Folge des Hintertlieiles ausgeiibt wird. 1S6 Der Galopp.

Wie der Scliritt, so erlangt aucli der Trab seine Freibeit durcli eine ungezwungene und leichte Schulterbewegung, durch geschmeidige, scbnellkraftige Sebnen und frei bewegliche Gelenke. Er wird siclier, bestimmt und geradlinig durch eine richtige Stel- lung der Knochen und Statigkeit des Rlickens. Der Trab ist sanft, wenn der Beiter nur scliwache Stdsse bekommt; hart ist er, wenn die Stdsse bedeutend und prellend sind. Stechend ist der Trab, wenn bei einem gewaltigen Trieb des Hintertheiles durch die starke Erhebung der schief gelagerten Schultern die Yorderbeine in einer Diagonale gegen den Boden geschleudert werden, so dass sie sich gleichsam mit der Zehe' in die Erde bohren. Der Kdrper schwebt dabei in einem deutlich wahrnehmbaren Momente frei und olme Stlitze in der Luft in- folge der Schnellkraft des Hintertheiles. Diese Bewegung ist den edelsten orientalischen und englischen Pferden eigen.^) Bei gerader Stellung der hinteren Gliedmassen und kurzen ungelenken Fesseln ist der Trab stossend und schwerfallig. Im Trabe tritt das Hinken am deutlichsten hervor. Ein mittlcrcr Traber legt in der Minute 250—350 w, daher eine deutsche Meile in 20—22 Minuten zuriick. Sehr gute Traber machen 500 m in der Minute.

§ 77. Der Galopp (Gah-Lauf). Der Galopp ist die schnellste Gangart, das Pferd legt damit den weitesten Eaum zurtick. Er besteht cigentlich aus einzelnen Sprilngen, wobei die Fllsse der einen Seite mehr vor- geschoben sind, als die der anderen, daher unterscheidet man auch einen Galopp nach der rechten und nach der linken Seite. Der Galopp rechts fangt mit dem rechten Yorderfusse an, welcher erhobcn wird, auf ihn folgt der linke Vorderfuss und der rechte Hinterfuss beinahc gleichzeitig, zuletzt erhebt sich der linke Hinterfuss, auf welchem das Pferd eine Zeit lang ruht. Derselbe libt nun die Projection auf das Thicr aus, dasselbe schnellt yorwlirts und fiillt wieder mit dem linken Ilinterfussc

*) Hormann. Das Pferd, p. 101. Galoppstellimg. 187 aufj dann folgen der linke Yorderfuss und der reckte Hinterfuss kcinalie gleiclizeitig und zuletzt der reckte Yorderfuss. Beim Galopp links findet das umgekehrte Yerhaltnis statt; meistens galoppiren die Pferde lieker links als rechts.

Das Ansprengen zum Galopp vom Stande der Rulic ist nur kei gut gcrittenen Pferden ausfiihrkar, gewoknlich gehen die Pferde aus dem Trake in den Galopp tiker. Es gikt drci Arten des Galopps, und zwar: a) den naturliclien, dreiscklagigen oder Jagd-Galopp, kei welchem man drei Taktc kort, indem die zwei Yorderfiisse ge- 188 Der Galopp. sondert, die zwei Hinterfusse auf einmal niedergesetzt wcrdcn; b) der abgemessene, viersclilligige Scliulgalopp, und c) der sclmelle, zweischlagige Wettrenngalopp oder der Oarriere-Lauf, Eennlauf. Beiin gewolmliclien drcisclilagigen Galopp vrird der Kbrper, auf * den Ilintergliedmassen versammelt, nacli vorne geschnellt, die beiden Yorderfiisse sind ungleich vorgesetzt und einer fiillt nacb dem andern auf den Boden. Fallen die beiden Yorderfiisse zugleicli auf und bald darauf gleicbzeitig die beiden Hinterfusse, so ist dieses der sclinellste Lauf, den das Pferd hat, es ist eine Beihe yon Spritngen mit zwei Takten, deren sich der Hase und der Hund bedient, und wird aus dem natiirlichen Galopp angetreten. Die Hinterfusse werden fast nebeneinander unter den Bauch gestellt, der Kbrper wird nacb yorwarts gedriingt, die Yorderfiisse werden erhoben, vorgestreckt und greifcn Eaum. Kopf und Hals sind gcstreckt, der Kbrper in die Lange gezogen, der Erde gcnaliert. Beim gewbhnlichen Galopp wird etwa zwei PferdeUingen Eaum zuriick- gelegt, wahrend beim Eennlauf drei, selbst yier Pferdclangcn Eaum gefasst wird, in einer Secundo 10 m und dariiber.*) Ein Galoppsprung ist 3*5 m lang; lieryorragcnde Eenner leisten das Doppelte und legen in einer Minute 890 m zurtick.

Was die Gescliwindigkeit eines Pferdes anbclangt, so nimmt man an, class dasselbe in einer Secunde 1. im Schritte 1*26 bis 2*52 w, 2. im Trabe 3 bis 4*7 m, selbst 6*3 bis 9*4 m, 3. im Galopp 7 bis 10 m, 4. in der Carriere 9*4 bis 18 m zuriicklcgen kann. Each der Militarvorsclirift sollen in einer Minute im langsamcn Gange 140 Schritte = 56 Wiener Klaftcr oder 116 m im guten Trabe 300 Schritte =120 Klaftcr oder 227*5 m, im Galopp 450 Schritte = 180 Klaftcr oder 341 m, im Carriere 750 Schritte = 300 Klaftcr oder 568*8 m zuriick- gelegt werden. Es kann dahcr ein Pferd im Galopp 600 m in einer Minute oder 3 lem in fiinf Minuten zuriicklegcn, welches die mittlcre Gescliwin¬ digkeit einer Locomotive auf der Eiscnbahn ist. Es kommt jedoch sehr viel auf die Last an, wclchc ein Pferd dabei zu tragen hat, claher dieselbe bei Wettrennen mbglichst gernc vermindcrt y ird. Beim Wiener Mairennen 1861 legte der Ilengst Lanchcster des Grafen Bremer, 4 Jahre alt, die Distanz von engl. Meilen in 7 Minuten und Der Sprung. 189

* § 78- Der Sprung. Beim Sprunge werden die llinterfusse nebeneinander gestellt und stark gebeugt, der ganze Vordertkeil des Kbrpers sammt dem Reiter erhebt sicb, nun strecken sicb plotzlich die Hinterfiisse und scbnellen den Kcirper auf- und vorwarts, wobei derselbe eine zeitlang in der Luft scbwebt und die langen Riickcnmuskeln miicbtig in Ansprucb genommen werden. Es wird daher die Grbsse des Sprunges von der Kraft der binteren Ex- tremitiiten und des Ruckens abluingen. Das Auffallen nacb ge- macbtem Sprunge geschiebt entweder auf die Vorderfiisse, was aber schr gefiihrlich ftir das Pferd und den Reiter ist, oder aber auf alle vier Fusse oder am besten auf die Hinterfiisse. "Wenn alle vier Fiisse gleichzeitig angezogen werden, so neunt man dieses den Hirselisprung. o Secunden zuriiek. Chudius, Pferd des Grafen Alfred Zichy, lief I'/j engl. Meilen in 2 Minuten 53 Secunden. Graf Szirmay legte in Ungarn mit einem Rclais eine Distanz von 12 deutschen Meilen in 5 Stunden und 30 Minuten bin, und nach Besichtigung inehrerer "VVeingiirten in 4 Stunden 15 Minuten zuriiek, also 24 Meilen in 9 Stunden 55 Minuten mit zvei Pferden oder 120 engl. Meilen. Erstes und letztes Pferd war Lady Favorite, Vollblutstute; zweites Pferd, das seine 12 Meilen beinahe in einem Athem machen musste, Miss Mobile, Halbblutstute. Sowohl die Pterde als der Reiter kamen in bestem Athem an. Am 30. Mai 1877 legte zu Epsom in England beim Derby-Rennen der Hengst Silvio des Lord Falmouth 3 die Strecke von l /s engl. Meilen in 2 Minuten 50 Secunden zuriiek und ge- wann den Preis. Die russischen Orloffschen Harttraber oder Schnelltraber legen eine Stundo in 4 bis 5 Minuten zuriiek. Sie beugen die Vorderfiisse sehr stark und greifen mit den Hinterfiissen weit iiber die Fusstapfen der vorderen, so dass sie 3 bis 4 Kopfliingen Raum fassen. Ein Pferdesprung im Rennen betriigt 16—20 Fuss, Spriinge bis 30 Fuss sind selten. Die hoclistc Leistung im Weitsprunge kann mit 37 Fuss (engl.) = circa 11 m angenommcn werden. Hoclispriinge kamen mehrero zu 6 Fuss = 180cm bis 2m vor, und zwar waren die meisten Hochspringer mittclgross und von Irliin- dischcr Race. Es gchort zu den Hochspriingen ein ruhiges, villiges Tem¬ perament, kriiftig cntwickelto Iloscn, gute Sprunggelenke, ein kurzer starker Riicken und eine gewisse Anlage. 190 Der Pass.

§ 79. Der Pass. Der Pass ist diejenige Art der Fortbewegung des Korpers, wobei die zwei Fiisse einer Seite gleichzcitig bewegt, hinter- einander yorgesetzt werden und mit denen der andcrcn Seite abwechseln. Der Pass ist die nattirliclie Gangart bei der Giraffe, dem Baren and kommt nur ausnabmsweise bei Pferden vor, z. B. bei sckottiscben, normanniscben Pferden. Bei dieser Gangart wanken i die Tbiere, indem die Last von einer Seite auf die andere ge- worfen yard, docb soli sie fur den Eciter nicbt unangenebm und ausgiebig sein, nur "Wendungen sind scbwieriger und mit An- strengung zu macben.

Flying Chilclers legte in 6 Minuten 40 Secunden eine Distanz von 61287)1, also 15 in in einer Secunde in Newmarket 1715 zuriick. Eclipse (1769) durchlief im Alter von 5 Jahren in 6 Minuten und 4 Secunden die Distanz von 7170 m. Chandler soli mit einem Sprung den Itaum von 11 m und 88 cm genommen liaben. Bei dem internationalen Wettfahren am 22. September 1873 zu Wien legte die Fuchsstute Crassa, russischer Abkunft, eine Strecke von 4422 m (2y2 engl. Meilen) in 6 Minuten 56 Secunden, einSchimmel-Wallach, „Yandalo", italienischer Abkunft, dieselbe Strecke in 7 Minuten zuriick. An dem Concurronz-Wettfaliren bei der allgemeinen Land- und forstwissenschaftliclien Ausstellung zu Wien im Jahre 1890 betheiligten sich 7 Viererziige aus Ungarn, welclie die Strecke von Pressburg bis auf den Ausstellungsplatz in Wien (circa 66 Jem) in 2 Stunden 48 Minuten — der Gewinner — zuriicklegten. Nur ein Zug brauchte 3 Stunden 11 Minuten. 24 Stunden nach erfolgtem Eintreffen war bei der Musterung auf Condition nur ein einziger Viererzug, aber auch dieser nur voriibergehend dienstuntauglich, alle iibrigen waren vollkommcn beisammen. (Das Goldcne Buck der Land- und Forstwirtschaft in Oesterreich-Ungarn, Wien 1890, p. 155.) Trainiren nennt man die Ausbildung der Pferde zur Rcnnbahn mittelst geregelter Uebung, urn die mogliclist grbsste Ausbildung des Muskol- vermogens und des Athmungsprocesses zu erzielen, so dass die Pferde den hbchsten Grad von Sclmelligkeit und Ausdauer erlangen. I

t Der Pass. 191

Mit dem Namen F alb pass bezeiclinet man jene unregel- nuissigc Bewegung, wobei die Fiisse bald derselben Seite, bald jedoch kreuzweise bewegt werden. Es wecbselt daber Pass- mit Trab-Bewegung ab, daber gehort diese Gangart zu den febler- haften und findet sicb bei Pferden, die selir ermudet sind, im Schritte tibereilt werden und dem nebengebenden nicbt gut folgen konnen. Der fliegende Pass- oder Mittelgalopp ist aus zwei verscbiedenen Bewegungen zusammengesetzt, indem die Yorderfusse Galopp, die Hinterftisse Trab geben. Diese Gangart gelibrt zu den feblerbaften, in sie verfallen oft feurige Pferde, wenn sie zu sebr zuriickgebalten werden oder spatbkrank sind, aucb faule Pferde, wenn sie mit der Peitscbe fortwabrend zu einem scbnelleren Gauge angetrieben werden mussen. Wenn die Hinterftisse galoppiren und die vorderen Trab geben, so erlangen die Pferde eine bedeutende Sclmelligkeit in der Bewegung, aber sie ermuden sebr bald und geben bei an- baltendem dergleicben Gebrauchc bald zugrunde. Sebr interessante Mittbeilungen bat Tbierarzt Tbomas Stoof zu Bistritz in Siebenburgcn liber die Passganger in der Umgebung des Bucsecs in Rumanien in der Yierteljabresscbrift fitr Yeterinarkunde, 1876, 46. Bd., pag. 60, verbffentlicbt: Der Pferdescblag in der Walacbei, wclcber yon den frii- beren balbwilden Gesttiten abstammt, ist klein (148 cm), mit scbwerem Kopf, kurzem, dickem Hals, breiter Brust, etwas steilen Scbultern, breitem Brustkasten, kurzem Rticken und Lenden, kurzen, starken Extremitaten, reinen Sebnen und guten Hufen. Bei dicsem Pferdescblag kommen zwei Arten des Passganges vor: 1. der angeborene, natiirlicbe, 2. der angewbbnte, kiinstlicbe. Die Naturpassganger sind ziemlicb zablreicb zu finden, der angewbbnte Passganger ist nicbt so zablreicb; aber desto be- liebter und gesucbter; er verfallt meistens in den fliegenden Pass. N Der kiinstlicbe Pass wird den Pferden von den Rumanen auf nacbstebende Weise beigebracbt: Dem dreijahrigen Tbiere werden die Fiisse auf der Weide in der Mitte des Scbienbeines dcrart gebunden, dass die beiden recbtsseitigen Fiisse im Stande 192 Der Pass. der Rulie aneinanclcr mit eincm breiten Riemen gcfessclt sind. Nacli einigen Tagen werden die beiden linkcn Fiisse derart gebunden und die rechten freigelassen. Das junge Pferd, sicb selbst Uberlassen und vom Hunger getrieben, bestrebt sicb mit gefesselten Fussen vorwarts zu kommen, um Nabrung zu be- kommen, so lange, bis es die ricbtige und gewiinscbte Gangart gefunden bat. Nack einigen Tagen besteigt ein Reiter das gefesselte Tkier und sucht ikm mebr Regelmassigkeit und Schnelligkeit im Passgang beizubringen, wobei er eine wie- gende Bewegung des Oberkorpers annimmt and die Peitsclie anwendet. Der Rumiine liebt es, auf scinem Pferde 3—4 Meilcn weit gescliaukelt zu werden und liebt beim Verkaufe eigens die Sicher- beit und Schnelligkeit desselben im Passgange liervor. Die meisten Passglinger kann man in der Walachei auf den Mlirkten zu Kimpolung und Pitesti selien, wo das Stuck zu 40 bis 45 Ducaten verkauft wird. Nach Stoofs Beobachtung findet sicb in der Walacbei unter 3 Reitpferden im Durcbscbnitt immer ein Passglinger. S t o o f glaubt, dass besonders einigc Racen von Gebirgspferden eine besondere Eignung und Anlage zum Passgange baben. Es gibt nacb ibm Pferde, wclcbc im Schritte die Passbewegung annebmcn und den Trab rein gehen, wahrend wieder andere reinen Scbritt nehmcn und erst in der Trabbewegung den Passgang einscblagen.

§ 80. Zu den natiirlichen Bewegungen des Pferdes gchbren wciters: 1. Das Aufsteigen der Pferde bis zu cincr senkrecbten Linie der Wirbelsiiule, wobei der Schwcrpunkt des Pferdes zAviscben die scbiefgestellten Ilinterfiisse fiillt. 2. Das Ausscblagen mit einem oder mit beiden Hinterfussen. 3. Das Niederlegen und Aufstehen. Beim Niederlegen treten die Vordcrftisse zuerst in Tblitig- keit; beim Aufstehen werden zuerst alie vier Fiisse angezogen, dann wird der Rumpf geboben und die Vorderfusse aufgestellt. 4. Das Zuriicktreten. 5. Das , wobei nur der Kopf iiber dem Wasscr gcbalten wird. I Kiinstliche Gangarten. 193

6. Die Tragleis/tiing. Dieselbe betriigt nacb Kueff 40% des Kbrpergewicbtes, wobei besonders die Muskeln des Kiimpfes in Anspruch genommen sind. 7. Die Zugleistung, wobei die Tliiitigkeit aller Muskeln angesprochen wird und die Kraft von der Grbsse der Tbiere, der Entwickelung seiner Muskeln und vielen anderen Umstanden abluingt.*) § 81. Die wichtigsten kiinstlicben Gangarten sind: 1. Das Piaffiren, eine Bewegung der Fiisse im Trabe oline Ortsveranderung. 2. Der spaniscbe Tritt, ein ganz kurzer, yersammelter Trab mit lioher, grazibser Erhebung der Fiisse. 3. Passade nennt man eine kurze Wendung im Galopp, wobei das Pferd aus dem Galopp recbts in den links iibergekt. 4. Pesade heisst das ruliige Erbeben des Yordertbeiles, wobei die gebogenen Ilinterflisse den Eumpf tragen. 5. Capriole nennt man diejenige Bewegung, wobei das Pferd aus der Pesade in cine Vorwartsbewegung ubcrgebt und

*) Bruckmtiller, Physiologie, p. 357. Ueber die Bewegung der Thiere luitin wissenschaftlicher Beziehung am ausfiihrlichsten Prof. G. Colin in seinem umfangreiclien Werke: Traite de Physiologie compare des animaux. Paris 1871. Tome premier von p. 340 bis 522 gehandelt, wo namentlich die Bewegungen des Pferdes aus- fiihrlich mit trefl'lichen Abbildungen geschildert worden sind. Audi in der „Vergleichenden Physiologie der Haussaugethiere von Prof. Dr. Ellenberger, II. Theil, Berlin 1892" wurde von den Professoren des Wiener Thierarznci- Institutes, Dr. Polansky und Dr. Schindelka die Bewegungslehre von Seite 158 bis 243 genau bearbeitet und dabei die Bewegungen des Pferdes vissen- schaftlich geschildert. Wenn man benicksichtigt, dass jeder Schritt eines Pferdes das gleichmiisigse Zusammenwirken aller Muskeln des Itumpfes und der Extre- mitiiten erfordert und der allmahliche Uebergang der Action derselben ein so unmerklicher ist, dass eine genaue Beschreibung und Schilderung dieser Tliiitigkeit beinahe unmdglich wird, so findet man wohl den Ausspruch des grossen Gelehrten Dr. J. E. Veith, ehemaligen Directors des Wiener Thier- arznei-Institutes, welcher ein guter Naturbeobachter war, nicht so ungereimt, den er einmal gegen mich machtc: „Niemand kann den Schritt eines Pferdes vollkommen genau beschreiben." Mull or, Exterieur des Pferdes. 6. Aufl. 13 194 Kiinstliche Gangarten. mit den ninterfussen ausscblagt, ein Sprung aus Uebcrmutli mit Aussclilagen. 6. Langade lieisst ein weiter Sprung yorwarts, wenn das Hintertheil gut yersammelt ist. Ausserdem konnen die Pferde im Selirittc, im Trabc tiber- treten, zurUckkrieclien u. s. w. Der Amerikaner Muybridge, Photograph zu San Francisco in Oalifornien, construirte einen elektro-photographischen Apparat, welcher noch Bilder zu fixiren imstande ist, die nur 0*0005 Se- cunden bestanden haben und womit es ihni gelang, wirklich Unsichtbares sichtbar zu machcn — ilomentbilder. Schmidt - Mtihlhcim construirte eine stroboskopische Scheibe, vertkeiltc auf dieser 10 Momentbilder yon rechts nach links und versah die Scheibe mit 10 Lochern. Er befestigte die Scheibe auf einem Eotationsmechanismus und brachte die be- leuchtete Yorderflliche yor einen Spiegel. Wenn man nun in massiger Entfernung durch cines der Locher in den Spiegel sieht und das Bild eines Pferdes fixirt, so gcwahrt man bei einer miissigen Eotation yon links nach rechts, wabrend das Auge unyerweilt in den Spiegel schaut, Bewegungen welcbe yoll- standig an die yon lebenden Pferden ausgefilbrten erinnern. Man kann die Scheibcn zur Darstellung der Sjmtbese der Gangarten yon Herrn Wunder jun. in Hannoyer bezieben.*) Die mit dem elektro-photographischen Apparat erzeugten Augenblicksbilder zeigen das Pferd in den natiirlichen Stellungen sowohl im Trabe als im Galopp. Aus den 12 Bildern eines Pferdes in der Trabbcwegung, wie sie in der Wiener landwirt- schaftlichen Zeitung yom Jahre 1879, Nr. 1 abgebildet sind, ist zu entnehmen, dass das Pferd im Trabe zuweilen einige Momentc yollstlindig in der Luft schwebt und mit keinem Fusse den Bodcn berilbrt. Muybridge (der Erfinder des Apparates in Nordamerika) hebt beryor, dass bei so scbneller Trabbewegung, wo das Pferd in 2 Minuten und 24 Secunden eine engliscbe Meile zuriicklegt, dasselbe wabrend der halbcn Dauer eines jeden Laufschrittcs yollstlindig in der Luft schwebt und wabrend eines kurzen Zeit- raumes nur einen Fuss auf dem Bodcn stehen bat. *) Wochcnschrift fiir Thierbcilkundc und Viehzuclit von Adam. 26. Jalirgang. Februar 1882. Nr. 7. Feliler tier Bewegung. 195

Die Stcllung tier Fhsse in den Augenblicksbildern weiclit bcdeutend ab yon den Abbildungen, welcbe man gewbhnlicb yon Pferden in der Trab- oder Galoppbewegung macht.

§ 32. Fehler der Bevvegung. Die Febler der Bewegung sind sebr mannigfacb. Die krank- haftcn Bewegungen macben einen wicbtigen und bei gewissen Feblern den vorzliglicbsten Theil der chirurgiscben Krankbeits- lebre aus und kbnnen bier nicbt umstandlich betracbtet werden, z. B. der Gang bei der Hufrebe, der ScbulteiTabme, Hiiftlabme, dem Spatbe. Hier werden nur jene Febler der Bewegung kurz berllhrt, welclic man mit keiner sonstigen auffalligen krankhaften Yer- anderung der Gliedmassen beim Pferde findet. Zu diesen geboren: 1 1. Das Kreuzen der Yorderfiisse, wobei dieselben zu weit nacb einwiirts gesetzt werden, so dass sic sicb streifen und der Gang unsicber und stolpernd ist. 2. Das Fucbteln, Billardiren oder Auswerfen, wobei die Yorder-Unterfiisse nacb aussen geschleudert werden, und die Bewegung langsam und ermudend, sowobl im Scbritte als im Trabe ist. Dergleicben Pferde verbaspeln sicb leicbt im Trabe 3. Der weite Gang bei liberladenen Scbultern, bei breiter Brust und jungen Pferden. 4. Der enge Gang ist der entgegengesetzte Zustand, bei scbmaler Brust, grosser Magcrkeit und daber feblerbafter als der yorige. 5. Der kurzc Gang bei steilen Scbultern oder infolge rnangelbafter Uebung, bei Scbultersteifbeit, grosser Anstrengung. 6. Lang ist der Gang, wenn die Hinterfiisse zu weit yor- greifen, was bei tibcrbauten Pferden der Fall sein kann. 7. Scbwankcnd ist der Gang, wenn die Pferde beim Durcbtreten der Yorderfiisse abwecbsclnd nacb links und recbts sicb neigen und Kopf und Hals eine almliche Bewegung macben. Er kommt yor bei grosser Ermiidung, mangelnder Stiitigkeit des Piickens, fleiscbigen Scbultern. 13* i

196 Fehler der Bewegung.

8. Das Streifen besteht in dem Anscblagen des Hufes an der inneren Flaebe des Fesselgelenkes oder des Scbienbeines, sowobl der vorderen als der hinteren Extremitiiten, meistcns bei der Trabbewegung, bei franzosiscber Stellung der Gliedmassen pder weitabstehenden Sprunggelenken. Es werden dadurcb sehr sclimerzbafte Yerletzungen erzeugt und die Thiere stolpern baufig. 9. Blode, wie auf Nadeln, ist der Gang bei Hufkrank- beiten, Gelenksleiden. 10. Scbleppend ist der Gang, wenn das Pferd kaum seine Flisse bebt und baufig stolpert. Besonders siebt man diese Gangart bei scbultersteifen Pferden im Trabe. 11. Aribs nennt man den Gang, wenn die Vorderfusse langsam, gemessen, bocb geboben und stampfend niedergesetzt werden. Ein soldier Gang kann scbbn sein, dock kommen die Pferde nidit yorwarts und ermuden scbnell. Man findet ibn bei spaniscben Pferden mit langen Scbienbeinen und kurzen Yor- armen. 12. Das Einbauen bestebt darin, dass durcb zu starkes Vorgreifen die Hinterfusse an die Ballen oder bloss an die Iluf- eisen der Yorderfiisse anscblagen, wodurcb im ersteren Falle mannigfacbe Yerletzungen entsteben kbnnen. Im letzteren Falle bbrt man fortwiibrend ein Klappern. 18. Habnentritt oder Zitckfuss nennt man jene Art der Bewegung, bei welcber die Pferde einen oder meistens beide Hinterfusse rascber, zuckend, in die Ilbbe beben, dann aber krliftig auf den Boden setzen. Meistens ist dieser Fehler bloss beim Beginne der Bewegung vorhandcn und verliert sicb nacb und nacb. Die Ursache scheint in einem Muskelkrampfc zu besteken und IIocbstetter beobacbtete diese Bewegung besonders bei zu geraden Sprunggelenken. Ich fand in einem Falle betrachtliche Veranderungen im Kniegelenke der Hinter¬ fusse, Knocbenauftreibungen, Verdickungen der Kapsel. Oft ist der Zuckfuss durcb Spath bedingt. Nacb Prof. Dieckerboff in Berlin beruht das Wesen des Ilabnentrittes in einer Ver- ktirzung des Sebnenscbenkels von der Unterscbenkelfascie, welcber zur Sebne des Hufbeinstreckers unterhalb des Sprunggelenkes yerliiuft, wodurcb beim Gehen die Notbwendigkeit einer starkeren Beugung (Emporzieben) des Sprunggelenkes bedingt wird. D. bat Feliler der Bewegung. 197 zur Hcilung cles^IIabnentrittes die subcutane Durchschneidung der gespannten Fascie und der Seline des Seitenstreckers dickt unterhalb des Gelenkes mit giinstigem Erfolge in Anwendung gezogen. Bei einigen Eemonten-Pferden sab icb in Prag im Jabre 1859 eine eigentbumliclie Stoning der Bewegung in den Hinter- fiissen. Sonst gesundc Pferde wurden nacb einer vorausgegangenen Bewegung pldtzlicb lab in in der Art, dass sie den Fuss nach- zogen, mit der Hufspitze den Boden streiften und denselben durcbaus nicbt zu bewegen imstande waren. Die Empfindlicbkeit scbien wenig alterirt zu sein, weil die Tbiere bei angebracbtem Kncipen auswicben, obne aber den Fuss zu bewegen. Icb dacbte anfangs an einen Knocbenbrucb oder eine Yerrenkung im Hlift- gelenke, obne jedocb etwas Bestimmtes ausmittcln zu kbnnen. Nacb Yerlauf von einigen Tagen, wdibrend welcber spiritubse Einreibungen und Frottirungen gemacbt warden, kebrte die Beweglicbkeit nacb und nacb zurtick, so dass die Pferde so wie friiber ibrcn Fuss gebrauchen konnten. Am langsten dauerte der Zustand 12 Tage. Zuweilcn werden Pferde nacb einer ktirzer oder liinger dauernden Bewegung im Hintcrtbeile labm, wobei man als Ursacbc Pfropfbildungen in einer oder beiden Scbenkelarterien aufgefunden bat. Dergleicben Zustande sind unbeilbar.

§ 83. Von den iiblen Gewohnheiten der Pferde. Die iiblen Gewohnheiten der Pferde sind mannig- facher Art. Sie kommen entweder im Stande der Rube oder wiibrend des Gebraucbes zum Yorscbein und kbnnen entweder von einer unwcsentlicben Bedeutung sein oder aber tbeils fur den Menscben, tbeils fur das Tbier zuweilen nacbtbeilig, selbst gefabrlicb werden. Man lernt sie baufig bei einer liusseren Untersuchung gar nicbt kennen, sondern die Tbiere verfallen erst bei gewissen Anlassen, zuweilen in einer viel spiiteren Zeit, in ibrcn Febler. Die iiblen Gewohnbeitcn alle erscbbpfend auf- zuzablcn, ist rein unmbglich, da fast jedes Pferd eine andere Eigentbumliclikcit an sicb hat, man muss sich daber bier nur 198 Die iiblen Gewolmkeiten.

auf die auffalligsten uncl am lianfigsten yorkommenden be- scbriinken. Dieselben sind folgende: 1. Das KoiDfnicken bei Zug- und Eeitpferden. Es bestebt in einem Heben und Senken des Kopfes beim Gange des Thieres, welcker Zustand haufig bloss als eine iible Gewobnbeit angeseben werden muss und sich bei der Dressur verliert, zuweilen jedocb als eine wabre Muskelscbwacbe, den Kopf zu tragen, bei lilteren und yiel gebraucbten Pferden zu balten ist. 2. Das Aufwartsschlagen mit dem Kopfe kommt meistens bei lebbaften, feurigen Pferden vor und wird als ein gutes Zeicben angeseben, obwobl dasselbe im Eeiten sebr be- llistigen kann. 3. Das Sterngucken bestebt in einem zu boben Erbeben des Kopfes, um sicb der Wirkung des Gebisses zu entzieben, und kommt meist bei birscbbalsigen Pferden der polnischen oder Moldauer Eace vor. 4. Der entgegengesetzte Zustand ist das Indcnziigeln- liegen, was meistens bei tragen, pblegmatiscben, bartmauligen Pferden beobacbtet wird. 5. Das Zungenblbcken bestebt in einem Herausbangen der Zunge aus dem Maule, entweder zwischen den Scbneide- zahnen, wo es ziemlicb gefabrlicb werden kann, oder am zabn- losen Eande der Kiefer. Die Liinge des berausbangenden Stllckes der Zunge ist oft nur gering, oft ziemlicb bedeutend, aucb lassen die Thiere entweder immer oder nur zu gewissen Zeiten dieselbe bervorsteben. Die dagegen angewendeten Mittel baben in der Eegel keinen Erfolg, daber man bloss durcb eigene Vor- ricbtungen das berausbiingende Stuck zu yerdecken tracbtet. Zuweilen kann eine wirklicbe Vergrbsserung der Zunge oder ein labmungsartiger Zustand derselben die Ursacbe sein. 6. Das Maul sc blag en bestebt darin, dass mancbe Pferde besonders im Stalle die Lippen aufeinander scblagen, um sicb gewissermaassen ausserbalb der Futterzeit die Zeit zu yertreiben. 7. Das K o p p e n bestebt in der besonders bei engliscben Pferden bilufig yorkommenden iiblen Gewobnbeit, dass die Tbiere ibre Zabne und den Kopf auf einen festen Gegenstand aufsetzen und die Luft mit einem riilpscnden Gerliusche ausstossen. Als Stiitzpunkte dienen namentlicb die Barren, die Streitbiiume, Das Koppen. 199 selbst das eigene Knie; zuweilen benbtliigen jedocb die Tbiere zum Eiilpsen keinen solchen fesfcen Gegenstand, sondern sie koppen bei gestrecktem Kopfe nnd Halse frei in die Lnft — Lnftkopper. — Ueber die Ursache dieser ilblen Gewobnbeit, Avelche banfiger bei edlen, als bei gemeinen Pferden vorkommt, weiss man niclits Bestimmtcs. Dieselbe scheint sick dnrcli Nacb- abmung zu yerbreiten nnd meistens nur die Folge von Lange- weile zu sein. Yon den Naclitheilen, welche das Koppen auf den inneren Gesundheitszustand der Pferde auslibt, ist nicbts Ge- wisses bekannt, man bat nur die Beobacbtung gemacbt, dass Kopper bfters an WindkoKk erkranken. Es gibt im aJlgemeinen drei Arten von Kockern oder Koppern: 1. Einigc schlucken Luft ein, wobei es einerlei ist, ob sie auf Krippen, Ealfterketten oder in die Luft kdckcn. Solclie Pferde w crden aufgeblaht — die Lult entveiclit durcb den Darm; bei ilmen nutzt die Anlage des Kbck- riemens. Nach Liautard fangcn die Kopper immer Luft und scblucken dieselbe mit grosser Muskclanstrcngung in den Magen, wobei in in Spcise- rdhre das Gcrauscli entsteht. ' 2. Andere kdcken die im Magen erzcugten Gase aus: sie sind in der Minderzahl. 3. Die Pferde pressen die Luft in denSchlund, und die namliche Luft wird herausgestossen, wobei ein eigenthumlicher Ton entsteht. Manche Pferde ziehen nur den Halfterstrang straff an, kocken in die Luft, ohne dass jedocb dabei ein so heller Ton entstehen kann. Ilavcmann will bei Kockern keine Yeranderung an der Schlundklappc und am Magen beob- achtet Jiaben; Gurlt jedoch fiihrt an, dass bei Krippensetzen die Schlund- dffnung des Magens sehr erweitert ist, er hat daher die Meinung, dass die Luft verschluckt werde. Manche glauben, dass das Kdcken erblich sei. Scharfo Fresser und feste, dauerhafte Pferde fangen bei viel Kuhe und abgemessenen Futterpor'tionen am ersten zu koppen an, wiikreud Bauern- pferde, velche immer etwas Futter in dem Barren oder Arbeit habcu, nicht kdcken. Man hat die verschiedcnsten Mittel zur Beseitigung des Koppens in Anvendung gebracht, und z^ar bei Krippensetzern: Holies An- binden, Bestrcichen der Krippen mit stinkenden Mitteln, Beschlagen der- selben mit Blech, spitzigen Niigeln, Brennen der Zungenspitze, Bcstrafen mit der Peitsche. Bei den eigentlichen Koppern ist am hiiufigstcn der Kopp- riemcn im Gebrauch. Derselbc ist ein Lederriemen von ctwa 1 m Liinge, circa 2—3 cm. Breite mit Schnallc und Ldchern, und ^ ird am oberen Theilc des Halses so angelegt und zusammengeschnallt, dass er beim Ycrsuchc des Koppens einen Druck auf den Kehlkopf und die Musjteln ausiibt und hiedurch das Koppen verhindert. Doch sollen dadurch gerne Windkolikcn entstehen, veil er das Ausstossen der Luft verhindert, auch iibt er einen Druck auf die grossen Gefasso und verursacht bei liingerer Anlage einen 200 Ueble Gewohnheiten. weissen Streifen, wodurcli das Pferd markirt ^Yird. Bei jedem Fressen muss man ferner den Koppriemen lockerer sclmallen, and gerade bei der Futter- Aufnahme koppen die Pferde am liebsten, daher ist der Nutzen des Kopp- riemens immer ein zweifelkafter. Her twig hat in einigen Fallen zur Be- seitigung des Koppens die Seline des Brustunterkiefermuskels beiderse'.ts mit Yortheil durclisclmitten. Auch federnde Instrumente mit eisernen Spitzen warden an Stello des Koppriemens angelegt. (Deutsche Zeitschrift fiir Thierheilkunde von Busch. 3. Bd. 1833. 4. Heft. Yom Thierarzt Sclirader. Dann Beitrlige zur pathologisclien Anatomic von Gurlt und Her twig, Magazin fiir Thierheilkunde. 1869 und 1870.) 8. Das Barrenwetzcn bestelit in einem Ilin- und Her- reiben der Sclmeidezalme auf dem Barren, wodurcli dieselben oft zur Hiilfte, ja ganzlicb abgerieben werden. 9. Das Lederbeissen, Holzbeissen, Nagen sind iible Gewohnheiten der Pferde, welche sie im Stalle meistens wegen Unthatigkeit, wenn sie allein stehen, yielleicht auch in- folge von Sliuren im Magen, vornehmen. Manche Pferde benagen ulle hblzernen Gegenstiinde, welche sie mit ihren Ziihnen erreichen kbnnen und verschlucken das abgenagte Holz. 10. Das Aderbeissen bestelit in der Gewohnhcit der Pferde, sich besonders im Frlihjahre die Haut am liaise oder in der Schultergegend, wahrscheinlich infolge eines juckenden Gefiihles, aufzubeissen, wodurch das Blut hervordring*t und ent- weder herabfliesst oder zu schwiirzlichen Krusten vertrocknet. Ich konnte nie eine Hautkrankheit als Ursachc des Aderbeissens auflinden, wie solclies angegeben wird. 11. In der Halfter hang en oft Pferde im Stalle, indem sie soweit als moglich vom Barren zurticktreten, bis die Ilalfter straff gespannt ist. Heisst dieselbe, so kbnnen sich solchc Thiere leicht uberstiirzen. 12. Das Halfter-Abstreifen geschieht oft bei Pferden in der Nacht, wodurch nicht nur die andercn Thiere bcunruhigt werden, sondern auch zum gegenseitigen Schlagen oder zum Ueberfressen, wenn Futtervorrathe vorhanden sind, Yeranlassung gegeben wird. 13. Das Web en ist jene iible Gcwohnheit im Stalle, wobci die Pferde von einem Vorderfusse auf den anderen mit einem Schwanken des Yordertheiles sich bewegen und so in fort- wahrender Unruhe sich befinden. Ueble Gewohnheiten. 201

14. Manclie Pferde stiitzen sicli mit ilirem Hintertlieile bestilndig an dic^Standsaulen oder an andere liarte Gegenstande und reiben den Schweif, wodurcb die Scliweifliaare yerloren gehen und der sogenannte Rattensclnveif die Folge ist. 15. Das Scliildern bestelit in jener Angewbbnung, dass der eine Ilinterfuss mit dem Stollen auf der Krone des fest- stelicnden anderen Fusses ruht, wodurcb leicbt Kronentritte, besonders bei scbarfem Bescblagc veranlasst werden. 16. Mancbe Pferde sind kitzlicb gegen den Sporn, gegen die Strange, gegen den Scbweifriemen; andere lassen sicb nieht gerne putzen, satteln, zaumen; baufig wollen sicb Pferde nicbt bescblagen lassen, wobei zuweilen mannigfacbe Zwangsgeratb- scbaften crforderlicb werden. Dergleicben Gewobnbeiten vermin- dern oft den Wert des Tbieres um ein bedeutendes. 17. Bei Reitpferden trifft mbn zuweilen die Gewobnbeit, dass sic fortwahrend zur tick tret en, selbst aufsteigen und die Gefahr des Ueberschlagens eintritt, wodurcb nicbt nur das Tbier, sondern namentlicb der Reiter in die bocbste Gefabr versetzt wird, 18. Mancbe Pferde scbeuen sicb vor dem geringsten unbekannten, oft unansebnlicben Gegenstand, z. B. vor einem llunde, vor Gefltigel, Brettern, weissen Tiichern, Canalgittcrn, vor blitzenden Gegenstanden, vor einem starkeren Gerauscbe, Musik. Mancbe wollen nicbt iiber die geringste Pflitze oder einen kleinen Graben setzen, andere geben nicbt durch das Wasser, wo¬ durcb zuweilen die bedenklicbsten Zufalle die Folge ^ein konnen. 19. Zugpferde 'zieben zuweilen nicbt an, obwobl die Last nicbt gross ist, wenn sie nur iiber cinen unbedeutenden Iliigel geben sollen oder sie zieben zu plbtzlicb an und lassen ebenso scbnell wicder nacb, welcber Febler oft so bedeutend werden kann, dass dergleicben Pferde zum scbweren Zuge giinz- licb unbraucbbar sind. 20. Mancbe Pferde geben bei der geringsten Veranlassung durcb und sind nur sebr scbwcr oder gar nicbt zum Stillstand zu bringen, wodurcb beim Reit- und Wagendienst die bocbste Gefabr fiir die Menscben cntstchen kann; andere wenden gerne um oder weigern sicb zuriickzutrcten. 21. Mancbe Pferde sucben auf jede moglicbe Weise den \

202 Untcrsuclmng der Pferde.

Eeiter abzuwerfen, inclem sie meistens den Kopf und Hals senken und mit dem Ilintertlieile ausschlagen, welcke Gewohnheit man Bocken nennt. Dadurcli kdnnen oft lebensgefiilirlicbe Yer- letzungen vcrursacht werden. Haufig beissen Pferde odcr sie sclilagen auf eine wirklicb binterlistige Weise, ebenso snclien sie zuweilen im Stalle den Menscken gegen einen festen Gegenstand anzudrlicken. Manclie Pferde liaben besondere Eigenlieiten im Fressen, Saufen, im Mistabsctzen und Harnen, andere legen sicb nickt, obwolil sie sonst ganz gesund sind u. s. w. Die genauere Auseinander- setzung wilrde jedoch zu weitlaufig werden, als dass auf alle Mangel und deren mbgliche Folgen eingegangen werden kann.

§ 8k Von der Untersuchung der Pferde. Die Untersucliung eines Pferdes zur Ausmittlung der normalen Bescliaffenheit der einzelnen Theile desselben und seiner Leistungsfabigkeit muss sowobl im Stande der Rube als aucb in der Bewegung, ferner im Stalle, bei der Fiitterung und beim Trlinken genau und umsicbtig mit Berucksicbtigung aller Organe yorgenommen werden, um ein genaues Urtbeil liber dasselbe abgeben zu konnen. Nie soil ein Organ unberucksicbtigt bleiben^ wenn dasselbe aucb dem ausseren Anseben nacb keine Yer- anderung zeigen sollte. Um ein Pferd geborig betracbten zu konnen, lasst man dasselbe auf einen freien licbten Platz flibren und beginnt nun, indem man sicb vor dasselbe, zur Seite und endlicb rllckwarts einige Scbritte entfernt stellt, zuerst einen allgemeinen Ueberblick liber die Proportion des ganzen Korpers und der einzelnen Ilaupt- tbeilc zueinander zu gewinnen, wobei man die Form und Ualtung des Kopfes, die Llinge und Ricbtung des liaises, die Breite der Brust, die Ilobe des Widerristes, die Llinge des Riickens und der Lenden, den Umfang des Baucbes, die Form des Kreuzes und die Stellung und Stiirke der Gliedinassen beriicksicbtigt. Namentlicb verdienen letztere gleicb vom Anfange an alle Be- acbtung, ob sie parallel und senkrecbt steben, sicb gcgenseitig decken und keine sicbtbaren Erbabenbeiten zeigen. Zuglcicb beacbte man sogleicb die Bescbaffenbeit der Haare sowie der Haut, ob sicb nirgends Abscbiirfungen, kable Stellen, Narbcn, Untersucliung der Pferde. 203

Krusten u. s. w. zeigen; anch sei man auf die etwa vorkommen- den Briinde an der Ganasclie, am liaise oder am linken Ilinter- sclienkel aufmerksam. 1st man ein- bis zwcimal nm das Thier anfmerksam lierumgegangen, wobei man immer anf die Geberden desselben sorgsam zu acbten bat, so beginne man nun, vom Kopfe angefangen, alle einzelnen Tbeile des Thierkbrpers speciell zu untersuchen, wobei man jene Organe sorgfaltiger zu beachten bat, bei Avelcben biiufiger und scbAverer erkennbarc Erkrankungen von wicbtiger Bedeutung vorzukommen pflegen, z. B. das Auge? die Nase, das Maul, den Keblgang, die Bewcgung des Baucbes, die Scbultern, das Sprunggelenk, die Hiifte u. s. ay. 1st man mit der Untersucbung beim Steben des Tbieres im reinen, so lasst man sicb dasselbe zuerst im Scbritte. dann r im Trabe vorfubren. Beitpferde mtlssen A orgeritten; Wagenpferde aber eingespannt vorgeftlbrt Averden. Beim Gang des Pferdes bat man das Heben der Fiisse, die gleicbmiissige Folge der Yorder- und Hintergliedmassen, die freie BeAveglicbkeit derselben und dabei die ganze Ilaltung des Tbieres zu beacbten. Bemerkt man nur die geringste Ab- Aveicbung irgend eines Tbeiles, so muss derselbe neuerdings untcrsucht werden, Avobei man immer zAviscben den einander gegeniiberstebenden Gelenkcn einen sorgfaltigen Vergleicb anzu- stellen bat. Namentlicb ist es immer geratben, jene Organe bei den anscbeinend geslindesten Tbieren umso genauer zu untersucben, an Avelcben die sogenannten Ilauptfebler oder Gewabrsmlingel vorkommen, namlich das Auge, die Nase und den Keblgang, die Atbmungsorgane, die Haut; ebenso sind bei ibnen aucb jene Zeicben aufzufassen, Avelcbe auf eine Stoning der Gcbirntbatig- keit biiiAveisen. Als Ilauptfebler gelten nacli dem biirgerlicben Gesetzbucbe: der scbwarze Star, die Mondblindlicit, der Wurm, die Stlitigkeit und der Dummkoller mit der GeAvabrzcit von 30 Tagen; ferncr der Botz, die verdacbtige Druse und der Dampf mit der GeAvabr- zeit von 15 Tagen. Im allgemeinen biirgerlicben Gesetzbucbe fur die gcsammten deutscben Erbliinder der usterrcicbiscben Monarcbie, Wien 1811, findcn sicb folgende Bcstimmungen iiber die Gewabrscbaft: § 922. Wenn jemand eine Saclie auf cine entgeltliclie Art einem andcren liberliisst, so leistet er GeAvahr, dass sic die ausdrlicklicb bedungenen 204 Gewiihrfeliler. oder gewolmlich dabei vorausgesetzten Eigenscliaften liabe, und dass sie der Natur des Gescliaftes oder der getroftenen Verabredung gemiiss beniitzt und verwendet wcrden kbnne. § 924. Wenn ein Stiick Vieli binnen 24 Stunden nach der Ueber- • nahme erkrankt oder umfallt, so wird vermutliet, dass es schon vor der Uebernahme krank gewesen sei. § 925. Die mimliclie Yermutliung gilt: 3. Wenn bei Pferden und Lastthiercn binnen 15 Tagen nach der Uebergabe die verdachtige Driise oder der Rotz, wie aucli der Dampf, oder binnen dreissig Tagen der Dumkoller, der Wurm, die Statigkeit, der sckwarze Star oder die Mondblindheit entdeckt wird. § 926. Yon dieser reclitlichen Vermuthung (§§ 924 und 925, kann aber der Uebernelnner eines solchen Stiickes Yieb nur dann Gebraucli machcn, wenn er dem Uebergeber oder Gewalirsmann sogleich von dem bemerkten Fehler Nachricht gibt, oder in dessen Abwesenheit dem Ortsgerichte oder Sacliverstandigen die Anzcige macht und den Augenscliein vornebmen liisst. § 927. Vernacblassigt der Uebernelnner diese Yorsicht, so liegt ikm der Beweis ob, dass das Yieh sclion vor Scliliessuug des Vertragcs mangel- haft war. Immer stelit aber aucli dem Uebergeber der Beweis offen, dass der genigte Mangel erst nach der Uebergabe eingetreten sei. Wenn man aucli bei der Untersuclmng weder im Stande der Rube auf freiem Platze, noch in der Bewegung cine Ab- weiclmng yon der normalen Bescbaffenbeit merken sollte, so ist es dock immer geratken, ein jedes Pfcrd aucli im Stalle bei der Futteraufnakme, beim Triinken, wiikrend der Nacht, beim Putzen zu beobackten, um ein vollstandiges Urtkeil liber dasselbe ab- geben zu kbnnen. Pferde, die gut fressen, arbeiten aucli gut, sagt Baumeister mit Reckt, zum Fressen gekbrt yor allem Appetit, der sick durck ein lebkaftes Yerlangen nack dem Futter, Sckarren und Stampfen mit den Fiissen, Wiekern, seknsUcktiges Umblicken nack dem Futter aussprickt. Das dem Pferde yor- gelegte Futter muss zwar rasck aufgenommen, aber dcssenunge- acktet gut zcrkaut, eingespeickelt und in nickt zu grossen Bissen gesckluckt werden. Das Pferd darf wiikrend des Fressens nickt aussetzen und soli die Krippe rein ausleeren. Man soli daker Pferden immer in die Krippe seken, ob sie alles aufgefressen kaben. Zu kastige Fresser, welcke besonders den Hafer scklecht kauen, so dass derselbe in ganzen Kbrnern abgekt, sind eben- sowenig zu empfehlen, als wenn die Pferde zu langsam und absatzweise ikr Futter aufnekmen, oder wokl gar eine Zeit lang, oline dasselbe zu kauen, im Maule bekalten. Pferde, welcke gut fressen, sind in der Regel, wenn sie nickt zu sekr angestrengt werden. Untersiiclmng der Pferde. 205 gerundet, das Haar ist glatt und glanzend, obwohl manclie Thiere auch bei reichliclier Fiitterung, ohne gerade krank zu sein, mager bleiben. Die Entleerung des Mistes muss regelmiissig alle vier Stunden und reicblicb erfolgen, cr muss in Form yon ziemlicli festgeballten Kugeln, welclie mit einer Scbleimscbichte liberzogen sind, abgehen und gut yerdaut sein, d. b. es dlirfen sick in ibm koine ^ erdaulichen Stoffe, z. B. ganze Haferkbrrier u. s. w. yor- findcn. Auch die Entleerung des Harnes soil leicht vor sick gehen; nur haben manclie Pferde die Gewobnheit, erst im Stalle im Staude der Rube den Harn zu entleeren, wabrend sie ibn bei der Bewegung oft lange Zeit zuriickbalten. Das Atbmen soil leicht vor sicb geTien, obne sicbtlicbe Bewegung der Nasenlbcber, mit massigcm Ileben und Senken der Flanken, 8- bis lOmal in der Minute im rukigen Zustande. TP*enn die Tbiere bewegt werden, so gcschieht zwar das Atbmen luiufiger, immer jedocb nur entsprecbcnd der Bewegung, und beruhigt sicb in kurzer Zeit wieder. Jede AbweicLung, sowobl in der Bewegung der Nasenlbcber, als der Rippen und der Flanken, macht das Tbier einer Krankbeit der Athmungswcrkzeuge yerdlicbtig, und wenn die Atbmungsbescbwerde cbroniscb und fleberlos ist, wird die Krankbeit mit dem Namen Dampf bezeichnet. Immer muss bei erscbwertem Atbmen auf den Husten, das Rasseln in der Luft- rbhrc und in der Brustbbblc, den Nasenausfluss u. s. w. Rucksicht genommen werden. Die Scbnelligkeit des Pulses ist beim crwachscnen Pferde 32—40 Scblage in der Minute; das Haar des gesunden Tbieres ist glatt und glanzend, mit einem feinen Staube bedeckt, die Haut scbwitzt nicbt leicbt und erst nach bedeutender An- strengung. Ein mattes, glanzloses, struppiges oder feblendes Haar, eine mit Ausscblagen bedeckte Haut, welche an einzelnen Stellen Knoten, Aufreibungen oder Gescbwllre zeigt, vernith immer einen krankbaftcn Zustand. Die Sinnesorgane des Pferdes mlissen yon einer vorzug- licben Bescbaffenbeit sein, das Auge soli klar und bell erscbeinen, die Nasenschleimhaut soli lebhaft rotb und obne Gescbwllre oder Aufreibungen sein, die Ohren sollen lebbaft beim geringsten Geriiusche bewegt werden und aufgericbtet in die Hbhe steben. Der Kopf liberbaupt soli bocb getragen werden und nach vorne gekebrt sein. Bei weiblichen Tbiercn soil die Scbamspalte fest 206 Auswahl der Pferde. geschlossen sein, olme Ausfluss oder Gescliwlirsbildung; bei miinnlichen Tbieren soil der Hodensack fein, nicbt verdickt, der Scblaucb klein nnd obne Gescbwulst sein. Aus demselben soil kein Ausfluss zum Vorscbein kommen; die ausgescbacbtete Rutbe soil glatt und obne Gescbwllre und Excoriationen erscbeinen. Im Stalle soil das Pferd auf jedes Gerliuscb aufmerksam sein, rubig steben, in der Nacht einige Stunden liegen, dann wieder munter erscbeinen und unverdrossen zur Arbeit geben. Gesunde Pferde sind bei der Annliberung yon Fremden neugierig, wiebern, wabrend misstrauiscbe sicb zurUckzieben. Die Untersucbung der Augcn soli namentlicb bei wert- volleren Pferden immer von einem Thierarzte mit dem Augen- spiegel vorgcnommen werden, besonders, wcnn dieselben zur Zucbt bestimmt sind. Beim Militar mllssen alle Pferde von dem remontierenden Tbierarzte mit dem Augenspiegel untersucbt werden, bevor sie ubernommen werden. Wenn die Pferde von der Remontierungs-Oommission zu den einzelnen Truppenkbrpern abgeschickt werden, so muss sie der Loco-Tbierarzt der Truppe neuerdings mit dem Augenspiegel untersucben. Ergibt sicb bei dieser zweiten Untersucbung ein Anstand bei den Augen, so werden die Remonten nicbt tlbernommen, sondern an die Remontierungs-Oommission zuriickgescbickt.

§ 85. Von der Auswahl der Pferde zu bestimmten Dienstesverrichtungen. Das Pferd wird im gesellscbaftlicben Leben zu mannig- facben Dienstesverricbtungen benlitzt, wozu es seinem indivi- duellen Bane nacb mebr oder weniger sicb eignet. So benlitzt man die Pferde tbeils zum Reiten, tbeils zum Fabren oder zum Lasttragen, weswegen sie aucb in Reitpferde, Zugpferde und Lastpferde abgetbeilt werden. Ausserdem kbnnen sie entweder zur Zucbt verwendet werden oder nicbt. Die Reit- und Zugpferde werden wieder in leicbte und scbwere unterabgetbeilt. Zu jeder dieser Dienstesverricbtungen werden besondere Eigenscbaften vorausgesetzt, die im Alter, Gescblecbte, der Grbsse, Race, Temperament und in der Ausbildung der einzelnen Kbrpcr- tbeile begriindet sind. Hire Ausmittlung ist keine so leicbte Keitpferde. 207

Aufgabe, uncl es konnen liier nur die allgemeinsten Ankalts- punkte angegeben werden, welche in jedem einzelnen Falle mo- dificirt werden miissen. § 86. Reitpferde. Das leicbteste Reitpferd ist das Rennpferd, welches zum Wettrennen gebrauclit wird. Dasselbe ist bestimmt, in kurzer Zeit weite Riiume zuriickzulegen, es muss daher einen feinen, leichten Korperbau, welcher dabei dock kraftig und muskulbs ist, besitzen. Die Grbsse desselben soil eine ansehnliche, die Abstam- mung ^on einer edlen Race sein. Besonders entwickelt miissen sich die Athmungsorgane zeigen, walirend die Baiichhbhle von einem kleineren Umfange sein soil. Ein klciner, hochangesetzter Kopfj langer, sclimaclitiger Hals, holier TViderrist, eine starke Brust, ein kleiner Bauch, kriiftige Schultern, starke Hinterbacken und Unterschenkel, lange Unterftisse, etwas kiirzere Schienbeine, gesunde Hufe, trockene, reine Sehnen und fehlerfreie Gelenke, Sclmelligkeit und Ausdauer sind die wesentlichsten Erfordernisse eines Rennpferdes. Dabei miissen sie gutmiithig, willig und lenksam, oline Scheu sein. Wallachen eignen sich weniger dazu. Zum "Wettrcnndienste werden schon die Fiillen durch Yerab- reichung grosser Gaben yon Ilafer und Angewblmung an den WettRtuf, durch das sogenannte Trainiren erzogen. Die Damen-Reitpferde sollen mittelgross, gut geritten, sanftmiithig und oline Furcht sein. Ihr Gang muss leiclit sein und niclit stossen, sie miissen sich leicht pariren lassen und ver- traglich neben andcren stehen. Ein etwas gesenkter Riicken und lange Fesseln sind keine schlechten Eigenschaften. Man wiiklt als Damenpferde meist iiltere, jcdoch gut gerittene Thiere, und zwar Wallachen, seltener Stuten aus. Das Schulpferd soil willig und gelehrig, doch aber dabei zicmlich lebhaft sein; seine Bcwegungen miissen in einem regel- inassigen Tempo und sanft geschehen, es soil sich leicht dres- siren lassen, daher bei der Auswahl von einem geiibten Reit- lehrer viel Fleiss und Sorgfalt angcwcndet werden miissen, um bei einem rohen Pferde die Miihe nicht unnbthigerweise zu ver- 208 Reitpferde. schwcnden, mid zum Unterriclite vollig unbrauclibare Thiere zu erzieben. Edle warmbltitige Pferde sind geistig lebbaft, eifrig, ungeduldig, empfindlich, aufmerksam, sicb selbst anbietend, ver- wegen, aiisdauernd. Gemeine kaltbllitige Pferde sind ruhig, geduldig, langsam, weniger empfindlich, gleichgiltig, erwarten Aufforderung, tibernelimen sieli nicht, sind oft furehtsam, plilegmatisch. Die Jagdpferde sollen mittelgross, jedocb sekr kriiftig und aiisdauernd sein. Namentlich miissen ihre Gclcnke stark und rein sicb anfublen, um imstande zu sein, die scbarfsten Ritte auszubalten und jede Art von llindernissen zu besiegen. Das Reitpferd fur das Vergniigen oder das so- genannte Herrenpferd soil einen schonen Kbrperbau, ange- nebme und sicbere Gangarten, sowie ein gemlissigtes Tempera¬ ment besitzen und im allgemeinen dem berrscbenden Gescbmack in Bezug auf Grbsse, Farbe und Formen angemessen sein. Das Reitpferd fur junge Ilerren wird kriiftiger, muthiger und feurigcr sein miissen, wie das eines altercn ilerrn, bei welcbem cine gewisse Sicherbeit des Ganges, yortrefflicbe Dressur und Un- erscbrockenbeit mehr gelten, als eine scbbne Figur und voll- kommene Feblerlosigkeit. Edle Racen von Mittelgrbsse wcrdcn besonders als Reitpferde gescbatzt. Die Mili tar reitpferde sollen stark, kriiftig und aiis¬ dauernd sein, zugleich miissen sie eine gewisse Grbsse besitzen, welcbe flir die leicbte und scbwcre Cavallerie yerscbieden ist. Namentlicb ist immer auf einen gedrungenen Kbrperbau, starke Gliedmassen und gcsunde Ilufe sein Augenmerk zu ricbten. Die Offieierspferde sollen yon einer edleren Race sein und schbnere Kbrperformen besitzen, als die flir den gemcinen Mann; docb aucb bei ibnen ist eine besondere Ausdauer und Starke erfor- derlich, um alle Uebungen der Truppe mit Leicbtigkeit mitzu- macben. Gelebrigkeit, Kraft und Ausdauer bei einer entsprecben- den Grbsse sind bier Eigenscbaften, welcbe vorzugsweisc ge¬ scbatzt werden. Nacb den Yorscbriften iiber das Pferdewesen soil fur Reit¬ pferde das geringste Maass 158 m, das bbebste 166 cm sein ; fiir Zugpferde ist das geringste Maass 161 cm, das Maximalmaass 172 cm. Zugpferde. 209

^ § 37. Zugpferde. Audi die Zugpferde tlieilt man in leiclite und schwere sib. Man nntcrscheidet im allgemeinen folgende: a) Das leiclite Kutsclipferd fur junge Herren soli mittel- gross sein und sclidne Formen sowie einen leicliten Gang besitzen ; namentlicli wenn man es fiir einen sogenannten Postzug bestimmt. muss es ein guter, dauerbafter Traber sein. Zuweilen liebt man es, Pferde gleiclien Schlages mit abweichenden Farben und auf- fiilligen Abzeichen zusammenzustellen. b) Das eigentlicbe Kutsclipferd im Staatswagen muss gross sein und eine imponirende Haltung, eine gleiclimassige7 ruliige Bewegung sowie sclione, edle Kdrperformen besitzen. Gcwohnlicb sielit man mit Aengstlicbkeit darauf, dass die beiden Kutsclipfcrde oder im Yiergespann alle yier in Farbe und Ab¬ zeichen, sowe auch die zwei zusammengehenden in der Grbsse vollkommen miteinander Ubereinstimmcn. In dieser Bezieliung- werden yon Pferdehandlern mancherlei Falschungen vorgenommen. Yon Racen sind besonders die sogenannten engliscken Kutschpferde (Vollblut und Ilalbblut) beliebt, in Farben hat man besonders Braune gern, seltener liebt man Ftichse oder Schimmel; Rappen sind fiir Pralatenwagen u. s. w. gesucht. Fiir Priilaten- und Staatswagen wlililt man gernePferde mit langen Schweifen, wahrend man beiReitpferden und Kutschpferden den Schweif bis auf 50—60 cm yerkiirzt. c) Das Postpferd braucht zwar keine so schonen und regel- massigenKorperformen als wie die friiher genannten, doch muss der Ban des Thieres stark und kraftig, sowie besonders die Gliedmassen und die 11life fest sein. Namentlicli ist auf eine gesunde Beschaffenheit der Athmungsorgane ein besonderes Augenmerk zu richtcn. d) Das Zugpferd fiir das Militar-Fuhrwesen und die Artillcric soil gross, stark, gewandt und dauerhaft sein. Der Kdrper muss im allgemeinen gedrungen, das Krcuz breit, die Gliedmassen kraftig, die Gelenke und die ITiife fehlerfrei sein, um alle Anstrengungen ohne Nachtheil iiberdauern zu konnen. Namentlich ist auch darauf zu sehen, dass die Thiere schnell und gut fressen und weder scheu nocli furchtsam sind oder eine besondere Boshaftigkeit durch Schlagen, Beissen u. s. w. verrathen. Muller, Exterieur des Pferdes. G. Anfl. 14 210 Lastpferde.

e) Das schwere Zugpferd fiir Fraclitwagen muss stark mid kraftig, gross und breit gebaut sein. Es eigueu sick dazu vorzugsweise die gemeinen abendlandiscben Racen und unter den einheimisclien besonders die Pinzgauer und die steieriscben Pferde. Der Kopf soil ziemlicb gross, der Hals kraftig und stark, die Brust breit, die Schulter fleischig, die Unterfusse muskulbs, die Hufe gross, jedoch sonst regelmiissig gebaut sein; man sclilitzt bei ganz sckweren Pferden eine gespaltcne Lende und Croupe. Zugpferde miissen ein mbglichst gleicbes Temperament baben. Ein feuriges und ein triiges Pferd taugen nie zusammen. /) Fiir den gewbhnliclien landwirtschaftliclien Gebraucli eignen sick die einheimisclien, sonst gesunden und kraftig ge- bauten Pferde in jedem Lande am besten, nur ist zu bedauern, dass sie you den Landleuten bfter zu sclileebt gelialten und zu frlilizeitig eingespannt werden, als dass man eine beson- dere Leistung von ilmen erwarten kbnnte.

§ 88. Lastpferde. In unserer Zeit wird zwar das Pferd mit Ausnahme ciniger siidlicben Lander von Europa im gewohnlicken Leben nielit als Lastthier benlitzt, dock spielt es beim Militar als solcbes immer nocb eine wiclitige Rolle. ilan sielit bei der Auswahl derselbcn niclit so sekr auf sehbne Kbrperformen, als auf einen kurzen und kraftigen Rttcken, auf stiimmige, muskulbse Fitsse, auf einen gedrungenen Kbrperbau im allgemeinen und scliiitzt kleine und mittelgrosse Thiere mehr als grosse. Der Gang der Lastpferde muss sicher und geraumig, das Temperament willig und unyerdrossen sein. Jiingere Pferde eignen sicb zum Last- tragen weniger als iiltere. Bei der Auswahl eines Saumrosses in Gebirgsgegenden ist besonders auf einen starken Riicken, ein kraftiges Hintertheil, einen siclieren Tritt, Unerschrockenlieit und Gutmiitliigkeit zu sehen, um mit Leichtigkeit und Sicherlieit steile Gebirge erklimmen zu kbnnen. Das kleine bosnische Pferd ist ein vortreffliches Tragthier, es folgt genau den Fusstapfen des vorhergehenden. In Tirol, Istrien, Dalmatien und der Herzegowina werden auch Arielc Maulthiere zum Tragen, namentlich bei der Armee, verwendet. Zuchtpferde. 211

§ 89. Zuchtpferde. Die Auswalil der Pferde zur Zucht in einem Gestiite muss immer mit besonderer Vorsiclit und Aufmerksamkeit geschehen, weil davon die ganze Nachkommenschaft abluingt. Yor allem hat man auf eine constante Pace wenigstens der Yaterpferde zu selien, um gewisse witnschenswerte Eigensebaften nach und nach in der Zuclit erblicb zu macbeu. Auf dem Lande Avird in der Regel keine bcsondere Sorgfalt auf die Auswalil der Zucbt- thiere vcnvcndet, daher aucli die meisten Staaten das Belege- gesebiift in die Hand genommen baben, um durck gute und kriiftige Ilengste von edleren Eacen die Pferdezucbt zu lieben. Der Zuchtbengst muss kraftig und stark, muting und feurig sein, gesunde Geschleclitstbeile besitzen, zum Landes- stutenscblage passen, von' einer constanten Eace sein und keinen Erbfehler zeigen. Er muss a on einem reinen, tadellosen Baue in seiner Race sein. — Die Zucbtstuten brauchcn im allgemeinen keine so sclionen Korperformen als der Zuchtbengst zu besitzen. dock sollen sie keine groberen Baufehler an sick tragen und frei ATon Erbfehlern sein. Zu den groberen B a life hi em gekorcn: ein zu grosser Kopf, ein zu langer, diinner Hals, Karpfen- und Senkriicken, lange, scliAvacke, schlcckt geschlossene Lenden, zu kurzes, abfallendes Kreuz, Engbrtistigkeit, zu flacker Ban der Rippen, knieenge Stellung, Riickbiegigkeit, zu diinne, eingescknurtc Schienbeine, kukkessigc oder siibelbeinige Stellung der Ilinterfiisse, die stumptwinklige statt geradlinige Stellung von Sprung- und Scbienbein (Hasenliacke), die zu starke Ilervorragung des TViirfel- beines an der ausseren Seite des Sprunggelcnkes (Relibein), zu lange, zu steile, zu stark durcktretende Fessel, Rattensclnveif. Alle diese Fekler kbnnen mbglichenveise die Zcugungsproducte an sick tragen und sollen daher bei den Zuchtthieren vermieden Averden. Zu den vererblicken Krankkeiten, deren Anlagcn auf die erzeugten Fiillen tibcrtragen Averden "kbnnen und die daher besonders bei den Zucbthengsten zu beachtcn kommen, ziiblt man: den Dummkoller, den scliAvarzen Star, die Mond- 14' 212 Zuchtpferde. blindlicit, den grauen Star und den Dampf; ferner verschiedene Knochenkranklieiten: Spath, Eingbein, Scbale. Icb lasse bier eine Uebersicht tiber die ararischen Hengste und die Eacen derselben folgen, welche in den im Eeicbsratbe vertretencn Konigreicben und Landern im Jabre 1894 aufgestellt waren. Wenn aucb die Zabl in jedem Jabre etwas variirt, so* dtirften docb die folgenden Tabellen fiir den Hippologen nicbt uninteressant sein. Angescblossen wird eine Uebersicbt liber die Zabl der Pfcrde, Bastardc und Esel nacb der Zablung am 31. December 1890.

A n z a h I der Hengste wiilircnd der Besehiilperiode 1894.

Anzabl der Staatsbengste Licenzirte Beschal- Kronhmd In den In Privat- Stationen Beschlil- In Privat- Sum ma Stationen pflege Miete liengste

Niedcrosterr. 18 53 19 72 26 Oberosterr. 22 55 — — 55 24 Salzburg 12 24 — — 24 55 ~ Tirol 11 21 — — 21 43 v Steiermark 33 129 61 — 190 / 29 Kiirnten 17 52 50 — 102 63 Krain 18 45 29 — 74 3 Kiistenland 9 24 1 — 25 1 Dalmatien 12 26 — — 26 — B oilmen 136 512 34 1 547 19 Miiliren 65 276 25 — 301 14 Sehlesien 19 50 2 2 54 1 Galizien 112 375 8 91 474 141 Bukowina 23 69 12 — 81 1 S ti m m a 507 1711 241 94 2046 420 Zuchtpferde. 218

Uebersicht iiber die R jTc e n dor ararisclien Hengste in den Bescliiilstationen, in Privatpflege und Miete im Jalire 1894.

Englisch-Yollblut 93 JDiemeisten in Bbhmen, Miihren, Galizien InBohmen, Mahren, Galizien, Niederosterreich, Englisch-IIalbblut 748 Oberosterreich, Sud-Steiermark Xorfolker 245 In Bbhmen, Mahren, Sclilesien, Galizien Orient.-Vollblut 13 In Galizien In Galizien, Bukowina, Bbhmen, Orient.-IIalbblut 306 Miihren, Krain Lippizaner 85 In Dalmatien, Kiistenland, Miihren, Galizien Kladruber 12 In Bbhmen Normiinner (Nonius) 100 In Bbhmen, Galizien In Niederosterreich, Oberosterreich, Salzburg, KaltbliiHge Schlage*) 461 Tirol, Steiermark, Karnten, Krain, Bohmen, Mahren. *) Zu den kaltblutigen Sclilagen gehoren die Ardenner, Burgunder, Rhodns, Cartliorse, Pinzgauer, Soffolker, Wall on er. In der Bukowina befinden sich 12 ararische Huzzulen-Hengste in Pmatpflege zum lb legen, welclie aueh nnter den kal'blutigen Sclilagen anfgenommen sind

Viehzahluug am 31. December 1890*) (Pferdc, Bastarde und Esel).

Land Pferde Maulesel Maulthiere Esel Anmerkung

IlnWien zahlte Niederbsterreich 120.755 11 243 man 33.260 Pfer¬ Oberbsterrcich . 60.404 12 6 43 de, 2 Maulesel, 4 Maulthiere, 40 Salzburg . . . 11.310 15 22 16 Esel Steiermark . . 66.871 33 17 172 Kiirnten . . . 28.704 38 151 103 Krain 23.771 13 10 172 Triest u. Gebiet 1.908 18 47 160 Gbrz u. Gradiska 4.387 20 39 435 Istrien . . . . 3.369 373 1.474 18.088 Tirol 15.246 490 3.147 2.611 Vorarlbcrg . . 2.763 5 12 9 rIn Prag zahlte Bblimen . . . . 215.729 15 44 221 man 2 783 Miihren . . . . 126.131 9 8 209 ^ Pferde, 2 Esel Sclilesien . . . 27.453 3 2 40 Galizien . . . . 765.570 223 383 597 Bukowina . . . 50.923 20 5 48 Dalmatien . . . 22.903 1.571 9.147 20.394 S u m m a . • 1,548.197 2.866 14.525 40.561 *) Oest Statistik, 34. Baud, 1 Heft, bearb. ^n der k. k. statist. Central-Commission 214 Das Pfcrdeskelet.

Zusammenstel I u ng tier zur Zuclit aufgestellten Staatsliengste in Oesterreicli, Ungarn und im Occupationsgebiete im Jahre 1896.

Bosnien Oesterreicli Ungarn und Herzegowina

2183 3187 91

R a c e n. Bosnien Oesterreicli Ungarn und Herzegowina Englisch Vollblut 96 356 „ Halbblut 743 1222 Norfolkcr 214 18 Normanner 116 498 Amcrikanische Traber .... 11 Orientaliscli Yollblut 15 29 12 „ Halbblut . . . . 322 369 63 Gidran 266 Iluzulen 30 Kladrubcr 12 16 Lippizaner 80 305 Kaltbliitige Scliliige 492 124 Summa . . . 2131 3187 91 Vollblut-Station Napagedl in Miihren und zwar: Matchbox und Stronzian. (Zusammengestellt vom k. u. k. Major Gassebner in tier Wiener land- wirtschaftliclien Zcitung vom 19. November 1896, Nr. 92.)

§ 90. Das Pferdeskelet. Der beruhmte Aksidomiker Middendorff in St. Petersburg, welcher als einer der ersten Pferdekcnner in Russland gesehatzt Das Pferdeskelet. 215

Avird, sagt in scinen „IIippologisclieii Beitragen" AA^ortlicli Fol- gcndcs: „Yor allem muss das Pferdeskelet den Praktikern so unablassig ATor Augen gebracht Averden, bis sie bei jedem zur Beurtlieilung Arorgefillirten Pferde die Knocben durch das Fell hindurcli A'or Augen sehen. Zu diesem Belmfe genligt unmoglicli, dass der llippognost nur dann und Avann im bctreffenden Museum sich dasselbe ansieht; er muss ein solcbes immerwalirend ATor Augen liabcn." Ich bin A^on der "Wabrbeit dieser Anschauung A'ollkommen liberzeugt. Im geAATbhnlichen Leben wird soAdel ATon dcm starken Fundamente, ATom starken Knochenbaue, der knb- chernen Grundlage der einzelnen Theile und der darauf basirten MuskehA irkung gcsproclicn, obne dass man sich immer eine deut- liclie Yorstellung daAron maclien kann. Icli babe daber bescblossen, am Scblusse meiner Arbeit die Abbildung eines Skeletes mit der ausseren Contour des ganzen Pferdes beizufiigen. Eine niibere Erklarung ist nicbt notbwendig, aateil sicb die einzelnen Kegionen (Seite 88) mit Rucksicbt auf das abgebildete Pferd angegeben linden und bei der Betrachtung der Kbrpergegenden immer ATon der knbcbcrnen Grundlage Erwabnung gescbieht. Das Skelet Avurde nacb der Natur mit einem ungeAvobnlichen Fleisse, grosser Reinbeit und yiel Yerstiindnis von Ilerrn Karl Mensik, Obertbierarzt bei der Militarabtbeilung des k. ungariscben Staats-llengstendepots in Debreczin gezeicbnet und stammt von einem 17 Jabre alten Hengste, Nonius XLL, welcher Avegen Dampies A'ertilgt Avorden ist. Es bat dieses Skelet daber nocb einen besonderen Wert, Aveil die Nonius-Zucbt in Oesterreicb immer zu den vorziiglicberen geborte und der Stamnrvater aus der Normandie eingebracbt Avurde, Avoher der Anglo-Norman nacb mebr als 50 Jabren neuerdings zur Verbesserung der Zucbt eingefiibrt Avorden ist. § 91. Da die arabiscbe Pferderace den Aveitaus grbssten Einfluss auf die gauze neuere Pferdczucbt in Europa genommcn bat, so Avird cs gerecbtfertigt erscbeinen, Avenn die Abbildung eines be- riilimten arabiscben Zucbtbengstes, Tajar, Avelcbe von dem seiner- zeit in lYien bekannten Pferdemaler Hess angefertigt Avorden ist, nacb einem Kupfcrsticbe dem Bucbe vorausgescbickt Avurde, da sicb dieser Zucbthengst durcb seine vollendeten Formen und die llarmonie aller Tbeile ausgezeicbnet bat. 216 Abbildung eines Araber-Hengstes.

Jobann Christoph Justinus, k. k. Hofgesttlts-Inspector, sagt in seiner beriikmten Sckrift: Grundsatze tier Pferdezucht. Ileransgegeben vom Fiirsten Carl zu Trautmannsdorf. II. Anflage. \Vien 1884, pag. 18: „Die orientaliscbe reine Stammzucbt ist die Quelle der Yor- trefflicbkeit der engliscben Pferdezucbt. Der Wettlauf ist der Beweggrund und das Mittel zur Erbaltung dieser reinen Stamm¬ zucbt. Er ist forner die Quelle und der Probirstein aller cdlcrcn Zucbtpferde, besonders der Bescbaler. England yerdankt der Einftibrung orientaliscber Stammzucbt und der verstiindigen Ein- ricbtung desWettlaufes seine grosse und gate Pferdezucbt." Weiters ftibrt er an, dass ein Mittel zur Sicberstellung der reinen Abkunft des engliscben Vollblutpferdes die Einftibrung der Gescblecbts- register fPedigrees) war, wie es in Arabien gebraucblicb ist, welcbe aucb bis beutzutage in England fortgefttbrt werden.

Midler; iidorieiir des Pfercles. 6. Aafl.-. Z.u Seite 21Z.

<1 -'t

Pferdr -Skelei Nach finer Oriyinal-Zeichnunq.

Verhig v. W. BraumnUer, IVierv w. Leipzig. Lith Anst.v Th.Bannwarth.Wisr

I

Veterinarwissenschaftliche Werke aus clem Verlage von Williclin Branmiiller, k.n.k. Hof- und Universitats-Buchhandler in "Wien. forstor, Dr. Leop., k. k. Regierungsrath, Studicn-Director und Professor dos k. u. k. Tliierarznei-Institutes in Wien. Compendium der Operationslehre fiir Thierarzte. Gr. 8°. 1867. 8 K = 8 ILf. — Compendium der Pharmacognosie fiir Thierarzte. Zum Gebrauche der Ilijrer der Thierheilkunde eingerichtet. Gr. 8°. 1869. 5 K = 5 M. Froliner, Dr. Eugen^ Professor und Dirigent der chirurgisclien Klinik an der thierarztliclien Hochscliule in Berlin. Allgemeine Chirurgie. Zweite ver- besserte Autlage. Gr. 8°. 1900. 9 K 60 h = 8 M.\ geb. in Halbfr. 12 K= 10 M. Gesetz vom 29. Februar 1880, betreffend die Abwehr und Tilgung ansteckender Thierkrankheiten und der Rinderpest nebst Durchfuhrungs-Verordnung vom 12. April 1880. Gr. 8°. 1881. , 1 K 20 h = 1 M. 20 P/. Grossbauer, Jos.j Tliierarzt, k. u. k. Hufbeschlaglehrer an dem k. u. k. Militiir- Thierarznei-Institute und der thierarztliclien Hochscliule in Wien. Der Huf- beschlag mit besonderer Berticksichtigung der praktischen Durchfiihrung. Mit cinem Anhange: Der Klauenbeschlag und der Hufbeschlag fiir die Pferde (Tragthiere) des k. u. k. Heeres. Mit 205 Abbildungen. Gr. 8°. 1900. Geb. in Gzln. 7 K 20 h = 6 M. Jcssoiij P., Professor an der Universitiit in Dorpat. Zur Frage iiber die Rein- heit der Race des Orlow'schen Traberpferdes. Aus dem Itussischen iibersetzt. Gr. 8°. 1878. 2 K = 2 M. Konhiiuser;, Franz, Docent und Adjunct an der thierarztliclien Hochscliule in Wien. Die Krankheiten des Hundes und deren Behandlung. Fiir Thierarzte, Hundeziichter, Jager und Hundeliebhaber. Zweite giinzlich umgearbeitete und ^vcrmehrte Aufiage. Gr. 8°. 1896. 8 K. = 2 M. 50 P/. Pllug, Dr. G., o. b. Professor der Yeterlniir-Medicin und Director der Yeterinar- Anstalt an der Universitiit Giessen. Die Krankheiten des uropoetischen Systemes unserer Hausthiere. Mit 5 lithographierten Tafeln. Gr. 8°. 1876. 11 K = 11 ill. Doll, Dr. M. F. Hitter ron, k. u. k. Hofrath, Mitglied des obersten Sanitiits- rathes bei dem k. k. Ministerium des Innern, em. Studien-Director und Pro¬ fessor am k. u. k. Thierarznei-Institute. Lehrbuch der Pathologie und Therapie der Hausthiere. Flinfte, vermehrte und umgearbeitete Aufiage. 2 Biinde. Gr. 8°. 1885. 27 K = 27 ill. — Lehrbuch der Arzneimittellehre fur Thierarzte. Dritte umgearbeitete Auf¬ iage. Gr. 8°. 1880. 4 K = 4 ill. — Die rinderpestahnliche Krankheit der Schafe und Ziegen. Auf Grundlage der bisher gewonnenen Erfahrungen geschildert. Gr. 8°. 1864. 1 K 60 h = 1 ill 60 P/. — Die Thierseuchen. Mit Beriicksichtigung der bsterreichischen und deutschen Gesetzgebung fiir Thieriirzte und Aerzte bearbeitet. Gr. 8°. 1881. 9 K =■ 9 71/. Struska, Dr. J., Professor am k. u. k. Militiir-Thierarznei-Institute und der thierarztliclien Hochscliule in Wien. Anleitung zu den anatomischen Praparir- Uebungen. Fiir Studirende der Thierheilkunde bearbeitet. 8°. 1887. 2 K = 2 71/.