Dieter Rebentisch

Friedrich Ebert und die Paulskirche Die Weimarer Demokratie und die 75-Jahrfeier der 1848er Revolution

Kleine Schriften Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte @)

Heidelberg 1998 Pn·"' tnh 2.~o.

Rebentisch, Dieter geb. 1941 ; Dr. phil.; seit 1991 Leiter des Instituts für Stadtgeschichte der Stadt Frankfurt am Main, das auch die Aufgaben eines historischen Archivs wahrnimmt, und Geschäftsführer der Frankfurter Historischen Kommission; 1983-1991 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsinstitut der ~a5 _Jlluftrierte _Blatt Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn; 1986 Habilitation mit einer Studie über „Führerstaat und Verwaltung im Zweiten Weltkrieg"; apl. Prof. für Neuere Geschichte am Historischen Seminar der Johann Wolfgang Goethe-Univer­ sitat. Veröffentlichungen zur Stadtgeschichte sowie zur Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der Weimarer Republik und der NS-Zeit.

Bei dem vorliegenden Beitrag handelt es sich um einen Vortrag, den der Autor am 5. November 1997 in der Reichspräsident-Friedrich ~ Ebert-Gedenk­ stätte (Heidelberg) gehalten hat.

Bildnachweis: Institut für Stadtgeschichte, Frankfurt a. M.: Seite 3, Nr. 4, 9-11, 14-16 Historisches Museum, Frankfurt a. M.: Nr. 2, 3, 5, 6, 8 Bundesarchiv Koblenz: Nr. 1, 7 Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte, Heidelberg (Archiv): Seite 4, Nr. 12, 13

Rebentisch, Dieter: und die Paulskirche. Die Weimarer Demokratie und die 75-Jahrfeier der 1848er Revolution

(Kleine Schriften I Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte: Nr. 25) © 1998 Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte Untere Straße 27 • D-69117 Heidelberg 'II' (0 62 21) 9 10 70

Redaktion: Ulrich Graf, Walter Mühlhausen Realisation: TLD • Manfred H. G. Furchner

ISSN 0940-4201 Die atebenneier 3ur Cfrinnemn« an bag etfte beutf dJe llatlament ISBN 3-928880-24-1 in 3'tanffutt a. m. ~\r1,t· rt11f1l'rtlt ~bu t 11 rlu~• ·'\1 ',J:-,mt:- lrn ehr 1 ~ , .~ ,, f

Dieter Rebentisch

Friedrich Ebert und die Paulskirche Die Weimarer Demokratie und die 75-Jahrfeier der 1848er Revolution C?in11an11 an litt ~tel)plat1 J!Jullfcm bn '.am:bt

etnla~::llattc Reichspräsident Friedrich Ebert, „der erste Bürger des Deutschen Rei­ ;ur ches", traf am Morgen des 18. Mai 1923, genau 8.30 Uhr, mit einem Sonderzug im Frankfurter Hauptbahnhof ein, um an den Feierlichkeiten @rbmkftttr in btr 'auluktrcbt zur Erinnerung an die Nationalversammlung in der Paulskirche teilzu­ am ,f'rtitag, btn ts. ~ai \923 nehmen.1 Der Berliner Delegation, deren protokollarischer Charakter * noch zu erörtern ist, gehörten weiterhin an: Reichstagspräsident Paul etnfaf! llann ucum i'.bgabt brtfn •atti nft llC'llllbtt Löbe und die beiden Vizepräsidenten des Reichstags Johannes Bell IJJttlltn, nalbbtm btt 2 1111 11om l!.&mct ln blr 'aul,, tutd>r tillllt;oorn ttt, mua 2'1• l!llbr na

Ausführliche Berichte in: „Frankfurter Zeitung", Abendblatt vom 18.5.1923 und Erstes Morgenblatt vom 19.5.1923. Eine Sammlung von Zeitungsaus­ schnitten zum Thema „75-Jahr-Feier anläßl ich der Eröffnung des 1. deut­ schen Parlaments in der Paulskirche am 18.5.1923" findet sich im Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main (künftig: lfSG) unter der Signatur S 3/A 13.927. 6 7

2 den Parteien der Weimarer Koalition zurechneten. Anwesend auf dem fundenen Bedürfnis. Gekommen waren aber Abgeordnete sämtlicher Bahnsteig waren noch der Wiesbadener Regierungspräsident Konrad deutscher Parlamente: aus dem Reichstag Vertreter aller Fraktionen Haenisch, ebenfalls ein Sozialdemokrat, und die Präsidenten der mit Ausnahme der Kommunisten und der Deutschnationalen, aus dem Reichs- und Staatsbehörden in Frankfurt, ferner der Rektor der Uni­ Preußischen Landtag Abgeordnete aller Fraktionen, wiederum mit Aus­ versität und Vertreter des öffentlichen Lebens. Hinter der Absperrung nahme der Kommunisten und der Deutschnationalen. drängte sich eine große Menge, darunter eine organisierte Gruppe von Arbeitslosen, die auf Schildern und Schrifttafeln die wirtschaftliche Not Anwesend war auch eine zehnköpfige Abordnung des österreichischen anprangerten.3 Parlaments mit dem Präsidenten des Nationalrats Karl Seitz und dem Staatskanzler a. D. Karl Renner an der Spitze. Die Österreicher waren Die Delegation fuhr zunächst im Konvoi _zur Villa von Karl Kotzenberg, bereits am Tag zuvor in Frankfurt eingetroffen und im Kurfürstenzimmer des Frankfurter Großkaufmannes und Stadtverordneten der DDP, der des Rathauses in zwangloser Form begrüßt worden. Bei der offiziellen auch Präsident der „Frankfurter Gesellschaft für Handel, Industrie und Begrüßungsfeier im Kaisersaal dankte Seitz in einer diplomatisch kurz 4 Wissenschaft" war und zu einem Empfang gebeten hatte. Von dort gehaltenen Ansprache, er überbringe die Grüße des „a rmen, kleinen ging es zum Römerberg, wo sich im Kaisersaal bereits etwa 1000 gela­ Österreich" und wolle angesichts der Bedrohung Deutschlands in der dene Gäste zu einer offiziellen Begrüßungsfeier der Stadt eingefunden aktuellen politischen Situation betonen, „daß wir in Liebe und Treue zu hatten. Dort waren inzwischen auch die Delegationen der deutschen Euch halten, was auch kommen möge". Die Festversammlung erhob Länder versammelt, die gesamte politische Prominenz. Preußen war sich von den Sitzen. Es gab Beifall und Hochrufe. Damit war der histo­ vertreten durch den Ministerpräsidenten Otto Braun, die Minister Carl risch gebotene großdeutsche Akzent gesetzt, aber nationalistisches Severing und Heinrich Hirtsiefer sowie den Landtagspräsidenten Ro­ Pathos vermieden und alle vagabundierenden Emotionen oder interna­ bert Leinert. Anwesend waren auch die Staatspräsidenten Johannes tional bedenkliche politische Spekulationen abgeschnitten. Hieber aus Württemberg, Carl Ulrich aus Hessen und Adam Remmele aus Baden, sodann Ministerpräsident Erich Zeigner aus Sachsen sowie Die eigentliche Begrüßungsrede hielt, nach einem Musikvortrag des Vertreter sämtlicher Landesregierungen mit Ausnahme Bayerns. Die Hindemith-Quartetts, Oberbürgermeister Georg Voigt, ein etwas biede­ • Regierung des Freistaates Bayern hatte mitgeteilt, angesichts des rer, aber grundehrlicher Demokrat, rhetorisch ganz in den Konventio­ Ernstes der Lage entspreche der Gedenktag keinem allgemein emp- nen und Metaphern der Zeit: „Dem Tage, an dem vor 75 Jahren die Edelsten aus allen deutschen landen, getragen von dem unbe­ 2 Zu den Frankfurter Persönlichkeiten vgl. Wolfgang Klötzer (Hrsg.): Frank­ furter Biographie. Personengeschichtliches Lexikon, 2 Bde., Frankfurt am schränkten Vertrauen und der ganzen großen Hoffnung ihres Volkes, Main 1995 und 1996. sich zusammenfanden an eben der ehrwürdigen Stätte, an der wir jetzt 3 „Frankfurter Nachrichten" vom 19.5.1 923. versammelt sind, und dann in feierlichem Zuge unter Glockengeläute 4 Ein Tagesplan zur Feier am 18.5.1923 in: Bundesarchiv Berlin, R 54 (Büro und Kanonendonner durch die dichtgedrängte, jubelnde Menge zur des Reichspräsidenten)/184. Zum Ablauf der Feierlichkeiten vgl. auch Otto Hörth: Gedenkfeiern 1873/1898/1923, Frankfurt am Main 1925, S. 58ff. Paulskirche schritten, jenem sonnigen Tage, den ganz Deutschland Zwischen den offiziellen Programmpunkten besuchte Ebert auch den in begeistert als die Sonnenwende seines politischen Schicksals feierte, Frankfurt wohnenden Bruder von Karl Liebknecht, Otto Liebknecht. Otto soll heute unsere feierliche Erinnerung gewidmet sein." Die Paulskirche Liebknecht hatte Konrad Haenisch gebeten, Ebert den Wunsch zu über• mitteln, ihn zum Tee „bei sich zu sehen"; lfSG, Magistratsakten R 154: habe zwar ihr Ziel, eine freiheitliche deutsche Staatsordnung, nicht Haenisch an Oberbürgermeister Frankfurt, 7.5.1923. Ebert wollte dann erreicht, aber „für den Bau einer das ganze Deutschland einigenden Liebknecht für eine „ 1/2 Stunde (die wohl aber 1 Stunde wird) besuchen". Verfassung das Fundament" gelegt, „vom Morgenrate des aufgehenden So der Ministerialrat der Reichskanzlei, Arnold Brecht, an den Frankfurter deutschen Volksstaates umstrahlt". Die deutsche Einheit, auf anderem Oberbürgermeister, 5.5.1923, ebd. 8 9

Wege erreicht, habe zwar dem „gewaltigen Weltbeben des unheilvollen nen Gitter versperrt. Im Zylinder und Gehrock kletterte Ebert über das 7 Krieges in seinem wichtigsten Bestande getrotzt", sei aber unvollkom­ Gitter. Dann verlief alles programmgemäß. men geblieben und bedürfe der inneren Durchdringung mit dem ande­ ren großen Leitgedanken der 48er, der )dee der Freiheit". Die Weima­ Hinter der schwarz-rot-goldenen Fahne formierte sich der Zug in die rer Verfassung habe viel davon aufgenommen, bleibe aber „toter Paulskirche. Feierlicher Einzug, Orgelmusik, Chorgesang, Begrüßun­ Buchstabe", wenn Staat und Volk nicht geleitet seien von dem gemein­ gen und Ansprachen. Ebert dankte dem Frankfurter Oberbürgermeister schaftlichen Ziel, „eine Demokratie im wahren, edlen, echten Sinne" zu für die Stunde der Erinnerung an die Vorkämpfer der deutschen Ei nheit errichten. Es sei der Sinn der Feiern, das ganze Volk aus seiner ver­ und Freiheit. Die schweren Anschläge auf die nationale Freiheit und drießlichen Zerschlagenheit über Not und Elend aufzurütteln und die den Bestand des Reiches gäben Anlaß, „des Zusammentritts der Kraft bewußt zu machen, die aus innerer Freiheit für eine bessere Zu­ ersten deutschen Nationalversammlung" und jener Tage in Dankbarkeit kunft erwachse.5 zu gedenken, in denen das deutsche Volk sich dazu aufraffte, sein Ge­ schick und sein Leben in die eigene Hand zu nehmen. Es war eine ver­ Es folgten weitere Reden, Grußworte und Ansprachen, wie das so üb• hältnismäßig knappe Rede, ziem lich nüchtern, fast ohne Schwulst, eher lich ist. Reichsinnenminister Oeser betonte, Republik und Tradition eine Proklamation oder eine Präambel zu einem Verfassungswerk. Es seien keine Gegensätze, auch das Revolutionäre habe Großes und war wohl vom „Reich" die Rede, das an der deutschen Vielstaaterei Schönes in der Geschichte des Volkes geschaffen, alle großen Männer und an den Souveränitätsrechten der deutschen Fürsten gescheitert der Vergangenheit seien ein unverzichtbarer Nationalbesitz. Er verlas war, aber es wurde definiert als "nationaler Staat auf freiheitlicher danach eine Kundgebung des Reichskanzlers.6 Nach dieser Rede be­ Grundlage". Und Ebert sprach mehr von politischer Einigkeit als von sichtigten die Ehrengäste eine Ausstellung „Das erste deutsche Parla­ nationaler Ein heit. Die Ansprache hatte folgenden Wortlaut: ment" und begaben sich zum Frühstück in den Magistratssitzungssaal. „Ihnen, Herr Oberbürgermeister, und der Stadt Frankfurt, die in Im Anschluß daran sollte es im feierlichen Festzug vom Römer hinüber ihrer reichen Geschichte vor 75 Jahren jene großen und hoff­ in die Paulskirche gehen. Inzwischen hatten sich Paulsplatz und Rö- nungsfrohen Tage der Pau lskirche verzeichnet hat, danke ich • merberg gefüllt. Dicht gedrängt standen die Menschen, „wo noch ein dafür, daß Sie trotz der schmerzenden Sorge dieser Tage uns zu Fußbreit Boden war", Vorfreude und Neugierde breiteten sich aus. Alle der heutigen Feier hier versammelt haben, zu einer stillen Stunde wollten den Reichspräsidenten sehen. Die Zeitgenossen sprechen von der Erinnerung an die Vorkämpfer deutscher Einheit und deut­ einer „Begeisterung ohne Gleichen", in den Römerhallen wurde der scher Freiheit. Ganz besonders danke ich Ihnen, Herr Oberbür­ Festzug zusammengestellt. Die Fahnen wurden geschwungen, auf den germeister, auch für die Worte der Zuversicht, die Sie aus dem Türmen der Kirchen wartete man auf das Zeichen zum Läuten der geschichtlichen Werden unseres Volkes geschöpft haben, wir Glocken. Allerdings: der Reichspräsident war eingeklemmt. Auf den haben sie als Gruß Ihrer altberühmten Stadt freudig und mit voller Gängen und Treppen im Römer drängte sich das Publikum. Es war Überzeugung aufgenommen. Die Zei.t, die wir erleben , ist nicht kein Durchkommen mehr. Man suchte eine Wendeltreppe zu einem der berufen, Feste zu feiern; aber gerade die gegenwärtigen schwe­ Römerhöfchen, stieg hinab und fand den Ausgang mit einem gußeiser- ren Anschläge und Anstürme unserer Gegner gegen unsere na­ tionale Freiheit und den Bestand des Reiches müssen uns be­ sonderen Anlaß geben, des Zusammentritts der ersten deutschen

5 Die Rede Georg Voigts bei Hörth, Gedenkfeiern, S. 62ff. 7 Überliefert bei Wi lli Emrich : Reichspräsident Friedrich Ebert und die Stadt 6 Text bei Hörth, Gedenkfeiern, S. 66f. Frankfurt am Main, Frankfurt am Main 1953, S. 37. 10 11

Nationalversammlung und jener Tage in Dankbarkeit zu und böse Tage hinüber das Band, das uns Deutsche von heute gedenken, in denen das deutsche Volk sich dazu aufraffte, sein mit denen der ersten Nationalversammlung verbindet. Geschick und sein Leben in die eigene Hand zu nehmen. In den Freiheitskriegen hatte das deutsche Volk in freiwilliger und be­ Ein heit, Freiheit und Vaterland! Diese drei Worte, jedes gleich wußter Hingabe an den Gedanken einer deutschen Nation sich betont und gleichwichtig, waren der Leitstern, unter dem die die äußere Freiheit errungen; sein Streben, nun auch aus der Paulskirche wirkte. Sie sind auch Kern und Stern des Daseins­ deutschen Vielstaaterei zum nationalen Staat auf freiheitlicher kampfes, den wir heute an Rhein, Ruhr und Saar zu führen ge­ Grundlage, zum Reich zu kommen, scheiterte an dem Wider­ zwungen sind. Dort stehen wir in entschlossener Abwehr, um das stand der deutschen Fürsten, dem. nationalen Gedanken ein Op­ einige Reich, um unsere Freiheit zu erhalten, dort kämpfen alle fer an Souveränitätsrechten zu bringen. Treulich bewahrte trotz Volksgenossen mit äußerster Hingabe für den Staat des deut­ alledem das deutsche Volk seit den Freiheitskriegen im Zeichen schen Volkes. Diesen Geist der Einig keit, der Freiheit und des des schwarzrotgoldenen Banners das Ideal der Einigung der Rechts, der uns auch in dieser tiefsten Not erhebt, wollen wir be­ deutschen Stämme und der inneren Freiheit. wahren. Er soll und wird uns einer besseren Zukunft entgegen­ führen. In dieser Zuversicht grüße ich im Namen des in seinen In der großen Volksbewegung, die 1848 wie andere Nationen Stämmen einigen Reiches, gestützt auf die Weimarer Verfas­ auch die Deutschen erfaßte, sollte an dieser Stätte das politische sung, namens der Deutschen Republik diese der Erinnerung des Streben der Besten und Bedeutendsten der Nation, sollte der ersten deutschen Parlaments geweihte Versammlung!'.a Volksstaat eines einigen und freien Deutschland Verwirklichung finden . Zum ersten Male ging aus allgemeinen Wahlen des gan­ Es gab rauschenden Beifall der festlichen Menge. Danach hielt der zen deutschen Volkes eine Vertretung Deutschlands hervor, die Heidelberger Professor Alfred Weber die „Festrede zur 75. Wiederkehr Nationalversammlung, ein Parlament von hohem geistigen der Eröffnung des ersten deutschen Parlaments". Er lenkte den Blick Schwung, von edelstem Wollen und starkem nationalen Bewußt• von der Paulskirche auf die geistigen Fundamente Europas, betonte die sein. Dieser Nationalversammlung gelang es, die Grundrechte des deutschen Volkes und die Verfassung des einigen deutschen Reiches zu schaffen, aber es gelang ihr nicht, das Reich selbst 8 Die Rede ist vollständig gedruckt bei Hörth, Gedenkfeiern, S. 73-75, aufzurichten. Dazu fehlten ihr die realen Machtmittel; am Geiste ebenso in : Schulthess' Europäischer Geschichtskalender. Hrsg. von Ulrich Thürauf, 64, Band, 1923, München 1923, S. 103-104. Das Manuskript der der Kleinstaaterei scheiterte ihr nationaler Wille. So wurde die Rede in: Bundesarchiv Berlin, R 54/203 Nr. 75. Arbeit der Paulskirche nicht Wirklichkeit, sie ist aber ein Denk­ In der Edition Friedrich Ebert. Schriften, Aufzeichnungen, Reden. Mit unver­ stein geworden, der weit und sichtbar hineinragt in die weitere öffentlichten .Erinnerungen aus dem Nachlaß, Bd. 2, Dresden 1926, S. 305- Entwicklung des staatlichen Lebens der Nation, in der Zeit der 307, fehlt der zweite Satz: „Ganz besonders danke ich Ihnen, Herr Ober­ bürgermeister, auch für die Worte der Zuversicht, die Sie aus dem ge­ Gründung des Reiches wie in den schweren Zeiten unserer schichtlichen Werden unseres Volkes geschöpft haben, wir haben sie als neuesten Geschichte. Dann, als wiederum, 70 Jahre später, im Gruß Ihrer altberühmten Stadt freudig und mit voller Überzeugung aufge­ Winter 1918/19 das deutsche Volk gezwungen war, sein Ge­ nommen." Weggelassen sind auch die beiden Schlußsätze: „Diesen Geist der Einigkeit, der Freiheit und des Rechts, der uns auch in dieser tiefsten schick selbst in die Hand zu nehmen, sein Staatswesen in den Not erhebt, wollen wir bewahren. Er soll und wird uns einer besseren Zu­ Nöten der Zeit neu aufzubauen, führte uns die Arbeit von Weimar kunft entgegenführen. In dieser Zuversicht grüße ich im Namen des in sei­ zur Frankfurter Paulskirche zurück, zu den Leitgedanken, die nen Stämmen einigen Reiches, gestützt auf die Weimarer Verfassung, na­ mens der Deutschen Republik diese der Erinnerung des ersten deutschen einst an dieser Stätte geboren sind. So schlingt sich über gute Parlaments geweihte Versammlung." 12 13

Prinzipien demokratischer Staatsregierung, die Menschenrechte und Nach weiteren Grußadressen erklangen das Deutschlandlied, das das Völkerrecht.9 Ebert im August des Vorjahres zur Nationalhymne erklärt hatte, 12 und immer wieder Hochrufe auf die Republik. Soweit der äußere Ablauf. Die Feier setzte sich fort auf dem Römerberg, wo unter Fanfaren, Ge­ sang und im Jubel einer wohl 30.000 Menschen zählenden Menge zwei Die Frankfurter Versammlung bot sofort Anlaß für heftige politische schwarz-rot-goldene Fahnen aufgezogen wurden, „die Flaggen der Re­ Polemik. Vor allem die Feinde der Demokratie kommentierten die Ge­ publik als Zeichen unseres Bekenntnisses zu Einheit, Freiheit, Vater­ denkfeier mit Hohn und Spott. Der „Völkische Beobachter'' der Natio­ land". Vom Balkon des Römers sprach Reichstagspräsident Paul Löbe. nalsozialisten schrieb, es lasse sich „nicht leicht ein betrüblicheres Bild Zum Schluß seiner Ansprache strich er t:ieraus, daß sich mit den Arbei­ von demokratischer Unfähigkeit finden als das 48er Parlament zu tern und dem Proletariat eine neue Kraft in die Trägerschichten des Frankfurt". In der Nationalversammlung hätten neben den erlauchtesten Staates eingereiht habe und sich hieraus eine große Zuversicht für den Männern auch „die hohlsten Köpfe" gesessen, und es habe „zu viel Wiederaufstieg Deutschlands ableite. professorale Dünkelhaftigkeit" in ihren Reden gegeben. Der Fehlschlag von 1848/49 sei der lebendige Beweis dafür, „daß die Demokratie am Am Abend gab es in der Oper eine Festaufführung von Beethovens ungeeignetsten ist, ein neues Staatswesen heraufzuführen". 13 „Fidelio". Ebert erschien erst zum dritten Akt. 10 Als er die Mittelloge be­ trat, wurde er vom Publikum, das sich von den Sitzen erhob, mit tosen­ „Die rote Fahne", das Zentralorgan der KPD in Berlin, berichtete unter dem Beifall und Hochrufen auf „den ersten Bürger der Republik" be­ dem Titel „die Frankfurter Hanswurstiade": 14 Der Versuch der Ebert-Re­ grüßt. Nach Ende der Vorstellung begab man sich auf den Balkon des publik, sich eine sozusagen historische Tradition zu schaffen, habe nur Opernhauses. Unten auf dem Platz hatte sich „eine ungeheure Men­ zu einer „abgeschmackten Komödie" geführt. Weil man der deutschen schenmenge" versammelt, alle Straßen zum Opernplatz waren ver­ Bourgeoisie die Republik nicht mit einer Erinnerung an den Ansturm stopft, nur langsam rückte ein „schier endloser" Fackelzug durch ein der Arbeiter und Soldaten im November 1918 schmackhaft machen Spalier von 60.000 Zuschauern in das vorbereitete Areal ein. Schließ• könne, wolle man sich mit „offiziösem Tamtam" eine besondere histori­ lich ergriff Ebert noch einmal das Wort: „Es gilt, des Tages zu geden- sche Tradition produzieren. Der Versuch der Ebert-Republik, eine Legi­ • ken, an dem hier vor 75 Jahren die Männer der Paulskirche die natio­ timation von den Taten der Frankfurter Nationalversammlung herzulei­ nale Einheit schaffen wollten. Sie hatten einen Volksstaat auf demo­ ten, sei nur eine historische Maskerade, deren Garderobe frei lich nicht kratischer Grundlage zum Ziele. Dieses Ziel wurde damals nicht er­ von den Helden ausgeliehen sei, sondern von Hanswürsten der Ge­ reicht, aber wir sind jenen Bestrebungen treu geblieben. Heute haben schichte. Das Urteil über die Frankfurter Nationalversammlung habe wir den demokratischen Volksstaat, ein Volk, ein Vaterland. Legen wir bereits Karl Marx gesprochen: „[ ... ] durch eigene Schu ld, durch Feig­ das Gelöbnis ab, ihn zu bewahren und zu stärken! Unser Vaterland ist heit, Professorenblödsinn, chronisch gewordene Erbärmlichkeit, teils bedroht und bedrückt. Es ist unsere Pflicht, alle Kräfte zusammenzu­ unter rachekühlendem Hohnlachen, teils unter völliger Teilnahmslosig­ halten, alle Arbeit dem Vaterlande und seiner Zukunft zu leisten."11 keit des Volkes zugrunde gegangen."

9 Alfred Weber: Festrede zur 75. Wiederkehr der Eröffnung des ersten deut­ 12 Die Proklamation Eberts vorn 11 .8.1921 in: ebd., S. 248 (Dort wird diese schen Parlaments. Gehalten in der Paulskirche am 18. Mai 1923, Frankfurt Kundgebung fälschlicherweise als Rede Eberts gekennzeichnet). am Main 1923. 13 „Die Feier zur Erinnerung an das Frankfurter Parlament ist ein schlechter 1O Ebert war zuvor bei einem zwanglosen Beisammensein in den Räumen der Witz. und Herr Ebert hat wohl auch selbst gefühlt, daß er etwas Besseres „Gesellschaft für Handel, Industrie und Wissenschaft" gewesen; „Frank• zu tun hätte, als Feste zu feiern." „Völkischer Beobachter" (München) vorn furter Zeitung", Zweite Morgenausgabe vorn 19.5.1923. 20./21.5.1923. 11 Ebert, Schriften, Bd. 2, S. 307. 14 „Die rote Fahne" (Berlin) vom 20.5.1923. 14 15

Das Verdikt wurde in einem mehrspaltigen Artikel durch Zitate aus den Aus diesen Kreisen kamen auch die feigen Mörder, die am 26. August Schriften von Friedrich Engels ergänzt. Die 48er Versammlung aus li­ 1921 Matthias Erzberger und am 24. Juni 1922 Walther Rathenau aus beralen Advokaten und doktrinären Professoren habe lediglich eine dem Hinterhalt zum Tode brachten. Ebenso ging das Attentat auf Schaubühne für die unfreiwillige Lächerlichkeit und Impotenz des Den­ am 4. Juni 1922 auf ihr Konto. Der Anschlag auf kens und Handelns geboten. Jeder Satz, der in dieser Versammlung den deutschen Außenminister Rathenau war der 354. politische Mord, „dahergestammelt" wurde, sei längst schon unendlich oft und unendlich den Rechtsradikale seit Gründung der Weimarer Republik begangen 17 besser gedruckt worden. Das Frankfurter Parlament und die provisori­ hatten. Die Verharmlosung des latenten politischen Terrors der natio­ sche Zentralgewalt, ein „Bastard aus dem blutschänderischen Verkehr" nalen Rechten, ganz gängig selbst in bürgerlich-liberalen Kreisen , stieß mit dem alten Bundestag, hätten sich lediglich in „pseudostaatsmän• erstmals nach dem Rathenau-Mord auf offenen Widerspruch. Reichs­ nischer Prostitution" ergangen. Selbst die Linken der Versammlung kanzler Wirth markierte die Bedrohung der Republik durch die nationa­ wurden als „armselige Schwächlinge" bezeichnet, weil sie mehr als listische Hetze mit den Worten „dieser Feind steht rechts". Die Gesetze andere Fraktionen der Paulskirche an der „unheilbaren Krankheit" des 15 zum Schutz der Republik, die der Reichstag daraufhin im Juli 1922 ver­ „parlamentarischen Kretinismus" litten. abschiedet hatte, bewirkten nicht viel.

Auch für Beobachter, die sich nicht bloß in haßerfüllten Tiraden ergin­ Die Hitler-Bewegung, die sich in Bayern formierte, war nur eine beson­ gen, bot die krisengeschüttelte Republik 1923 nur ein wenig attraktives ders radikale und militaristische Form der „nationalen" Opposition. Vom Bild. Außen- und innenpolitisch war die Lage dramatisch. Überdies be­ 27. bis 29. Januar 1923 veranstaltete die NSDAP ihren ersten Partei­ fand sich die gesamte politische Gefühlswelt der Epoche in einem fie­ tag.18 SA marschierte auf dem Marsfeld auf, und Adolf Hitler zelebrierte berhaften Erregungszustand. Der Erste Weltkrieg, nach einem Wort seine erste Fahnen- und Standartenweihe. Am 1. Mai 1923 lenkte Hitler des Malers Max Beckmann „der wilde Wahnsinn dieses Riesenmor­ als Wortführer einer „Arbeitsgemeinschaft der vaterländischen Kampf­ 16 dens", der die „Tore zur Ewigkeit aufgerissen" hatte, war erst vier verbände" eine Demonstration von 20.000 bewaffneten Männern zum Jahre zu Ende. Der Traum der Weltrevolution, die Vision vom neuen Münchner Oberwiesenfeld, wo sie allerdings von der Polizei entwaffnet Menschen in einer herrschaftsfreien Gesellschaft, berauschte noch die wurden. Als Hitler dann im November 1923 den offenen Staatsstreich , Köpfe; die Diktatur des Proletariats war noch nicht als Verirrung einer riskierte, spielte auch seine Befürchtung eine Rolle, daß ihm andern­ selbsternannten Avantgarde kommunistischer Berufsrevolutionäre ent­ falls die Diktaturpläne der Nationalkonservativen zuvorkommen könn• larvt. Ebenso bedrohlich wirkte der ideologische Fanatismus im rechts­ ten.19 radikalen Lager. In nationalen Kampfverbänden und konspirativen Or­ ganisationen sammelten sich entwurzelte Existenzen, notorische Put­ schisten und Hochverräter. Sie fanden Rückhalt in einer Studentenge­ neration, die angeblich von der Schulbank direkt in die Stahlgewitter 17 Zum Frankfurter Hintergrund der feigen nationalistischen Mörderbande vg l. des Weltkriegs gezogen war und nun in dem offen reaktionären Geist Martin Sabrow: Der Rathenaumord. Rekonstruktion einer Verschwörung der Universitäten nationalistischen Tagträumen nachhing. gegen die Republik von Weimar, München 1994, S. 126ff. 18 Werner Maser: Der Sturm auf die Republik. Frühgeschichte der NSDAP, Stuttgart 1973, S. 37 4ff. 15 Friedrich Engels über den 18. Mai 1848, in: „Die rote Fahne" (Berlin) vom 19 Eine zusammenfassende nuancenreiche Darstellung, die die tagespoliti­ 19.5.1923. sche Hektik mit historischer Strukturanalyse verbindet, findet sich in dem 16 Max Beckmann: Briefe. Hrsg. von Klaus Gallwitz, Uwe M. Schneede und Kapitel „Um das Überleben des parlamentarischen Systems" bei Hans Stephan von Wiese, Bd. 1: 1899-1925, München u. a. 1993, S. 100 und S. Mommsen: Die verspielte Freiheit. Der Weg der Republik von Weimar in 111. den Untergang 1918-1933, Berlin 1989, S. 141 ff. und besonders S. 176ff. 16 17

Republikfeindlichen Putschismus gab es 1923 auch auf der Seite der Franzosen besetzte Gebiet gegen das übrige Reichsgebiet mit einer Linken. Während des Kapp-Lüttw'itz-Putsches hatte sich im Ruhrgebiet Zollschranke abgetrennt. Die deutschen Behörden und die deutsche eine „rote Armee" gebildet. Radikale Gruppierungen wollten auch nach Bevölkerung verschrieben sich daraufhin einem „passiven Widerstand", der Niederschlagung des Putsches die Waffen nicht mehr abgeben. Mit der so passiv nicht war und auf den die Franzosen mit Verhaftungen, gewalttätigen Unruhen und Aufständen war immer zu rechnen. Vom 19. Einkerkerungen, Ausweisungen reagierten. Das war die aktuelle politi­ bis 25. Mai 1923 entzündeten sich an Streiks der Bergleute Aufstände sche Lage, als man sich am 18. Mai 1923 zur 75-Jahrfeier de r ersten unter kommunistischem Einfluß: Bochum, Düsseldorf, Gelsenkirchen, Nationalversammlung in der Paulskirche traf. Essen und erlebten regelrechte Straßenkämpfe.20 In Sach­ sen hatte die KPD nach dem Rathenau~Mord sogenannte proletarische Wer war eigentlich auf die Idee gekommen, eine solche Veranstaltung Hundertschaften aufgestellt, eine Reservearmee für den Fall eines zu inszenieren? Nach den Erinnerungen von Arnold Brecht, damals Bürgerkriegs. Als die KPD im Oktober 1923 in Sachsen und Thüringen Ministerialdirektor im Reichsinnenministerium, ist der Gedanke an eine in sozialdemokratisch geführte Koalitionsregierungen eintrat, verlangte solche Feier innerhalb der Reichsregierung entstanden.22 Das mag die Reichsregierung die Auflösung dieser Hundertschaften und mußte sein. Doch im Licht der Frankfurter Überlieferung ergibt sich ein ande­ sie, weil dies verweigert wurde, mittels militärischer Reichsexekution res Bild. Erste Vorüberlegungen wurden im Kreise des Wirtschaftsde­ durchsetzen. Gleichzeitig kam es in Hamburg zu Straßenkämpfen zwi­ zernenten und späteren Oberbürgermeisters Ludwig Landmann ange­ schen KPD und schwerbewaffneter Polizei. Im Grunde stand das stellt,23 nachdem die eigentliche Idee offenbar im Zwiegespräch mit sei­ ganze Jahr 1923 unter der Gefahr eines Bürgerkriegs. nem engsten Berater entstanden war, dem Journalisten und Messe­ direktor Otto Ernst Sutter, der später auch als Fahnenträger mit der Nicht weniger kritisch war die außenpolitische Lage. Die Gebietsabtre­ schwarz-rot-goldenen Flagge den Festzug in die Paulskirche anführte.24 tungen und Abstimmungskämpfe in Oberschlesien, die Saar-Frage und der Rheinische Separatismus stellten zwar den territorialen Kernbe­ stand des Deutschen Reiches nicht in Frage, verliehen aber der Dis­ 22 Arnold Brecht: Aus nächster Nähe. Lebenserinnerungen 1884-1927, Stutt­ kussion um die Reichseinheit ihre kritische Dimension. Die ungelöste gart 1966, S. 399ff. Über Arnold Brecht zuletzt Michael Ruck: Patriotischer lnstitutionalismus und bürokratische Modernisierung - Arnold Brecht als • Frage deutscher Reparationen und Kriegsentschädigungen reizte Verwaltungsreformer in der Weimarer Republik, in: Eberhard Laux und Karl Frankreich immer wieder dazu, über das besetzte linksrheinische Ge­ Teppe (Hrsg.): Der neuzeitliche Staat und seine Verwaltung. Beiträge zur biet hinaus in die rechtsrheinische entmilitarisierte Zone vorzurücken. Entwicklungsgeschichte seit 1700, Stuttgart 1998, S. 177-202. 23 Vgl. Dieter Rebentisch: Ludwig Landmann. Frankfurter Oberbürgermeister Am 11. Januar 1923 marschierten französische und belgische Truppen der Weimarer Republik, Wiesbaden 1975, S. 137ff. Die Vorgespräche der wegen ausstehender deutscher Reparationszahlungen ins Ruhrgebiet beiden Frankfurter Messedirektoren Josef Modlinger und Otto Ernst Sutter ein.21 Binnen weniger Tage waren zwei Drittel der Industrieregion be­ sind einem Brief vom 29.11.1922 zu entnehmen, in dem der Reichskunst­ setzt, Rohstoffe und Transportmittel requiriert, Verkehrssperren errich­ wart Edwin Redslob noch ziemlich allgemein und ohne Bezug zur Paulskir­ che seine Absichten für die Ausrichtung von Verfassungsfeiern erläuterte. tet, Lohngelder und Steuern beschlagnahmt. Anfang Februar rückten Etwa gleichzeitig wandte sich der Frankfurter SPD-Stadtverordnete Josef französische Truppen auch auf badisches Gebiet vor und besetzten Higler als Vorsitzender des Republikanischen Reichsbundes, Ortsgruppe Offenburg, Appenweier und Bühl. Mitte des Monats wurde das von Frankfurt, an Bürgermeister Eduard Gräf (SPD), um die Sache in den Ge­ schäftsgang einzuspeisen. Beides in lfSG , Magistratsakten R 154 II. 24 Darauf war Sutter, der sich als „entschiedener Demokrat" bezeichnete 20 Werner T. Angress: Die Kampfzeit der KPD 1921-1923, Düsseldorf 1973, noch nach Jahrzehnten sehr stolz. Interview vom 24.9.1967. Sutter war u r ~ S. 335ff. sprünglich Diplom-Ingenieur, seit 1910 Redakteur der „Frankfurter Zeitung", 21 Peter Krüger: Die Außenpolitik der Republik von Weimar, Darmstadt 1985, 1920-1929 Geschäftsführer der Frankfurter Messe- und Ausstellungs­ S. 199ff. gesellschaft, nach dem Zweiten Weltkrieg als Reporter bei Rundfunk und 18

Am 21. Dezember 1922 faßte der Magistrat der Stadt den Beschluß, die Vorbereitungen für die "Feier der 75jährigen Wiederkehr des Zu­ sammentritts des ersten deutschen Parlaments in der Paulskirche" zu übernehmen und mit der Reichsregierung über einen Zuschuß zu ver­ handeln. Es wurde eine Vorbereitungskommission unter dem Vorsitz des Oberbürgermeisters eingesetzt, die Federführung der Angelegen­ heit aber dem schon genannten Wirtschaftsdezernenten Stadtrat Lud­ wig Landmann übertragen. Nach etlichen Besprechungen legte Land­ mann am 12. März 1923 einen Programm-Entwurf vor, der am 19. März vom Magistrat gebilligt wurde. Er war ganz zugeschnitten auf den Reichspräsidenten, dessen Teilnahme fest eingeplant war. Ebenso war 25 bereits eine Festrede Alfred Webers vorgesehen.

Am 20. März 1923 sprach Oberbürgermeister Voigt im Reichsministe­ rium des Innern vor. Bei dem Gespräch mit Ministerialdirektor Brecht 1. Versammlung der Festteilnehmer im Kaisersaal des Römer: Reichshandelsminister blieb zunächst noch offen, ob das Reich oder die Stadt Frankfurt als Wilhelm Sieh ring (1 ), der 3. Präsident des österreichischen Nationalrats Franz offizieller Veranstalter auftreten sollte. Frankfurt wollte eine richtige Dinghofer (2), Friedrich Ebert (3), Frankfurts Oberbürgermeister Georg Voigt (4), „Reichsfeier" und "im Namen und Auftrag des Reiches" einladen. Der Friedrich Freiherr von Gagern (5), Enkel des ersten Präsidenten des 48er Parlaments, Heinrich von Gagern. Oberbürgermeister skizzierte das Programm: Festredner werde Alfred Weber sein, das Hindemith-Quartett werde spielen, dem Empfang im Kaisersaal folge der Festakt in der Paulskirche mit einem Grußwort Eberts, dann ein Volksfest mit einer Rede des Reichstagspräsidenten Löbe auf dem Römerberg, abends ein Opernbesuch und vom Opern­ balkon aus noch eine Ansprache des Reichspräsidenten beim Eintref­ fen des Fackelzugs vom Römerberg.

Eberts Teilnahme stand für die Frankfurter von vornherein fest. Daran gab es nie einen Zweifel und darüber wurde zu keinem Zeitpunkt dis-

Fernsehen. Sutter war Badener, stammte aus Freiburg i. Br., lebte 1930-42 in Liel im Markgräflerland, 1942 bis zu seinem Tod 1970 in Gengenbach. 25 Das folgende nach den Frankfurter Magistratsakten in: lfSG, R 154 II. Lud­ wig Landmann war mit den Heidelberger Professoren Alfred Weber und Eberhard Gothein seit 1908 durch die Mitwirkung an der Staatswissen­ schaftlichen Vereinigung und als Mitbegründer und nebenamtlicher Dozent an der Mannheimer Handelshochschule eng verbunden und von der Hei­ delberger Philosophischen Fakultät im Februar 1917 mit dem Ehrendoktor ausgezeichnet worden. Vgl. Rebentisch, Landmann, S. 58f. 2. Friedrich Ebert auf dem Weg vom Römer zur Paulskirche, rechts neben ihm Oberbürgermeister Voigt, links das österreichische Nationalratsmitglied Karl Seitz. 3. Die Feier in der Paulskirche, wo das erste deutsche Parlament 1848 tagte; vordere Reihe v. 1. der preußische Ministerpräsident Otto Braun (1 ), Reichstagspräsident Paul 5. Friedrich Ebert auf dem Weg von der Paulskirche zurück in den Römer. Löbe (2), Oberbürgermeister Georg Voigt (3), Reichsinnenminister Rudolf Oeser (4), Reichspräsident Friedrich Ebert (5), Reichsarbeitsminister Heinrich Brauns (6), Friedrich Freiherr von Gagern (7), Karl Seitz (8).

6 . Friedrich Ebert (2) auf dem Balkon des Römers , neben ihm Reichstagspräsident 4. Die Festteilnehmer verlassen die Paulskirche. Paul Löbe (1). 1 [

8. Paul Löbe, Friedrich Ebert und Frankfurts Oberbürgermeister Georg Voigt im 7. Menschenmenge auf dem Römerberg. Römerhöfchen. 11 . Ein Denkmal wird errichtet (1926 12. ... und am 12. April 1933 von den noch mit falscher Inschrift 1924) ... Nationalsozialisten entfernt.

9. Einweihung des Ebert-Ehrenmals an der Paulskirche am 11 . August 1926.

10. Frankfurts Oberbürgermeister Ludwig Landmann hält die Gedenkrede zu Ehren Eberts vor der Paulskirche. 13. Beseitigung der Inschrift nach der nationalsozialistischen Machtergreifung. 19

kutiert. Man hatte offenbar Eberts persönliche Zusage.26 Bereits am 23. März 1923 teilte der Oberbürgermeister dem Regierungspräsidenten in Wiesbaden mit, daß „der Herr Reichspräsident zu einer großen Feier am 75. Jahrestag der Eröffnung der Nationalversammlung von 1848 in die Paulskirche komme".

Am 5. April 1923 kam Ministerialdirektor Brecht zu einer weiteren Erör• terung mit dem Frankfurter Ausschuß in den Römer. Er mußte berich­ ten, daß der Gedanke einer Paulskirchenfeier „nicht bei allen Mitglie­ dern der Reichsregierung widerstandslose Aufnahme gefunden" habe. Deshalb solle die Stadt Frankfurt als Veranstalter in den Vordergrund treten, die Anwesenheit der Reichsvertreter werde aber sichergestellt. Demgegenüber begründete Landmann ziemlich energisch „die Not­ wendigkeit, die Feier vom Reich zu veranstalten. Gerade wenn sie nicht 14. Im Februar 1950 wird eine neue 15. Die Paulskirche in den 20er Jahren. nur eine Erinnerungsfeier sein solle, sondern die Gelegenheit zu einem Figur an der Paulskirche angebracht. Frankfurts Bürgermeister Walter Leiske politischen Ferment für die Zukunft bieten solle, müsse sie vom Reich bei der Einweihung. getragen werden". Brecht wies auf den Charakter der Reichsregierung hin - das sogenannte Geschäftsministerium aus Persönlichkeiten unter dem parteilosen Reichskanzler Wilhelm Cuno -, deren Mitglieder ganz verschiedene Empfindungen in Bezug auf 1848 hätten, so daß es aus politischen Gründen nicht möglich sei, „das Reich als den Veranstalter der Feier in Erscheinung treten zu lassen". Übervorsichtig und von ta­ gespolitischer Ängstlichkeit geprägt, versuchte Brecht dann noch, den 76jährjgen Reichstagsveteranen Friedrich Payer als Festredner ins Spiel zu bringen, weil der am besten die Tradition verkörpere. Land­ mann und mit ihm die Frankfurter Vertreter lehnten das ab, sie wollten einen Redner, „der die politischen Wirkungsmöglichkeiten der Feier" im Sinne eines entschieden republikanischen Charakters ausschöpfen werde. Kurz darauf fuhr Landmann nach Heidelberg zu Alfred Weber, um die Festrede nun auch offiziell zu verabreden.

Erst am 13. April 1923 kam aus Berlin vom Reichsminister des Innern die Nachricht, daß die Reichshauptkasse für die Jubiläumsfeier einen Betrag von fünf Millionen Mark zur Verfügung stelle, eine lächerliche

16. Friedrich Eberts Ehefrau Louise und der ehemalige preußische Innenminister 26 Das geht auch aus der Antwort heNor, die das Büro des Reichspräsidenten Carl Severing bei der Gedenkfeier im Februar 1950, dahinter (links) mit Amtskette dem Konsul Katzenberg erteilte, als sich dieser am 9.2.1923 nach Eberts Frankfurts Oberbürgermeister Walter Kolb, rechts neben ihm mit Zylinder der Teilnahme erkundigte; Bundesarchiv Berlin, R 54/184. hessische Ministerpräsident Christian Stock. 20 21

Summe Inflationsgeldes im Wert von 70 Dollar. Die Ratschläge des In­ den österreichischen Wunsch auf Anschluß an das Deutsche Reich nenministers für die Ausgestaltung der Feier lauteten wörtlich: abgelehnt hatten. Großdeutsche Demonstrationen konnten scharfe „Zugleich muß ich wegen der politischen Verantwortung der Feier, die französische Reaktionen provozieren. Also sollte die Einladung von der wesentlich von der Reichsregierung zu tragen ist, Gewicht darauf le­ Stadt Frankfurt ergehen. Dem Herausgeber der „Frankfurter Zeitung", gen, daß sich die Feier ihrem Gepräge und ihrem Aufwand nach dem Heinrich Simon,27 der in der Angelegenheit als diskreter Übermittler Stil der bisher vom Reich unternommenen festlichen Veranstaltungen mündlicher Nachrichten eingeschaltet war, legte man in Berlin nahe, anpaßt. Dabei ist immer Wert darauf gelegt, daß größte Sparsamkeit der Oberbürgermeister möge der Einladung einen Privatbrief an den fühlbar wurde, die aber durchaus mit Würde zu verbinden ist." Teurer deutschen Gesandten beifügen und sich im übrigen der Unterstützung Schmuck von lediglich dekorativer Art solle vermieden werden. Man des Frankfurter Generalkonsuls für Österreich bedienen. So geschah wolle in der gegenwärtigen Notzeit keinen Anlaß zur Kritik an den Fest­ es. Das umständliche Arrangement läßt erkennen, daß die Reichsre­ lichkeiten des Reiches bieten. gierung vorsorglich jegliches Risiko zu vermeiden wünschte.

Unterdessen hatte es in Berlin am 11 . und 12. April 1923 noch einen Im Interesse der Frankfurter Politik lag hingegen von Anfang an eine Schriftwechsel zwischen Reichskanzlei und Reichsminister des Innern starke Hervorhebung des Reichspräsidenten. Man erhoffte sich von gegeben, der in Frankfurt abschriftlich bekannt wu rde. Die Reichskanz­ einem repräsentativen Auftritt des Reichspräsidenten eine politische lei suchte die Sache zu einer bloß akademisch-historischen Angele­ Aufwertung der Stadt: Man wollte wieder anknüpfen an die freistädti­ genheit mit 'ernstem Charakter' herabzudrücken; das Reich könne die schen und reichsstädtischen Zentralfunktionen Frankfurts und hierfür Sache nicht in die Hand nehmen. Reichsminister Oeser entgegnete, er war Friedrich Ebert, der gewählte Präsident der Republik, weit besser habe bereits auf Frankfurt eingewirkt, aber der Reichspräsident lege geeignet als vor 1918 die Exponenten der preußisch-deutschen Mon­ „Wert darauf, der Veranstaltung beizuwohnen". Frankfurt werde er dar­ archie. Angesichts des Berliner Zentralismus, den die Weimarer Re­ auf hinweisen, daß die Erinnerungsfeier lediglich im Einvernehmen mit publik und namentlich die Finanzreform Erzbergers verstärkt hatten, der Reichsregierung stattfinde. Der Frankfurter Magistrat, der sich auch mußte Frankfurt im Interesse seiner Stadtentwicklung und im Hinblick auf protokollarische Fragen verstand, wählte für die Einladung schließ• auf seine ökonomischen Grundlagen versuchen, das Korsett der preu­ lich die Formel: ,,Im Einvernehmen mit der Reichsregierung veranstaltet ßischen Provinzstadt abzustreifen. die Stadt Frankfurt am Main unter Beteiligung der Vertreter des Rei­ ches und der Länder eine Feier an historischer Stätte." Dadurch war Bei der Festlegung des Tagungsortes für die Nationalversammlung das Reich gleich zweimal in die Pflicht genommen und die eigentlich 1919 konnte Frankfurt noch nic~t auf die Unterstützung Eberts zählen. beabsichtigte politische Demonstration eben „an historischer Stätte" Er hatte sich rasch für Weimar entschieden. Mit der Verlegung der Na­ fixiert. tionalversammlung „nach dem Herzen Deutschlands" wollte er den süddeutschen Regierungen entgegenkommen und erwartete, daß da­ Aus einem weiteren Erlaß des Innenministers Ende April 1923 konnte durch „die Zusammengehörigkeit des Reiches mächtig" gestärkt man nochmals herauslesen, daß die Reichsregierung zwar Wert auf die werde. 28 Vo r allem war die Nationalversammlung in Weimar leicht ge- Frankfurter Veranstaltung legte, sich aber auch aus diplomatischen Rücksichten mit der Rolle eines Gastes begnügen wollte, d. h. mit an­ 27 Vertraulicher Brief Heinrich Simons aus Berlin an Oberbürgermeister Voigt deren Worten der Stadt Frankfurt die Bürde der Veranstaltung und die in Frankfurt vom 9.5.1923, in: lfSG, Magistratsakten R 154. Rolle des Gastgebers überließ. Unter anderem ging es um die Betei­ 28 Bei der Beratung über den Tagungsort der Nationalversammlung am ligung Österreichs. Die Sache war heikel, nachdem 1919 die Alliierten 14.1.1919, gedruckt in: Die Regierung der Volksbeauftragten 1918/19, zweiter Teil, eingeleitet von Erich Matthias, bearbeitet von Susanne Miller 22 23 gen Demonstrationen und Unruhen zu sichern. Außerdem rechnete er Ein zweites Mal kam Ebert für mehrere Tage nach Frankfurt am Main, mit einer günstigen internationalen Aufnahme, wenn man „den Geist als er im Februar 1922 an der Goethe-Woche teilnahm.31 Hier traf er von Weimar mit dem Aufbau des neuen Deutschen Reiches" verbinde. wiederholt mit Thomas Mann und Gerhart Hauptmann zusammen, nicht Die Frankfurter Bewerbung kam zwar zur Sprache, hatte aber wegen nur bei öffentlichen Vorträgen der beiden Schriftsteller, sondern auch der linksradikalen Tendenzen im Frankfurter Arbeiterrat und der unmit­ im geselligen Kreis, etwa in den Räumen der Gesellschaft für Handel, telbaren Randlage an der französisch besetzten Zone keine Chancen. Industrie und Wissenschaft. Die freundliche Aufnahme, die respektvolle Auch die Traditionen der Paulskirche wirkten eher kontraproduktiv. Behandlung und die große sympathische Anerkennung, die Ebert hier Scheidemann erinnerte an die „allgemeine Salbaderei" in der Paulskir­ fand, berührte ihn sicher persönlich sehr angenehm, wie auch die ganz che zu Frankfurt, wo 1848 „die Professoren redeten, redeten und rede­ und gar unpreußische Verhaltensweise, die hier üblich war, seinem ten, ... ". Für Ebert war das allerdings von eher nachran·giger Bedeu­ Naturell gewiß entgegenkam. Denkbar ist auch, daß Ebert in dieser tung, weil er wußte, daß es in der neuen Nationalversammlung viel Umgebung und bei dieser Gelegenheit so etwas wie ~ine republikani­ weniger Professoren und viel mehr geschulte Realpolitiker geb_en sche Bürgergesellschaft heraufziehen sah. Wenn sich auch hier eine werde. kräftige nationalkonservative Grundhaltung nicht leugnen ließ, so fehlte ihr doch der monarchistisch-militaristische Beiklang fast völlig, und es So hatte Friedrich Ebert auch keine Schwierigkeiten, bei der Eröffnung dominierte die süddeutsch-demokratische Gesinnung des traditionell der Verfassunggebenden Nationalversammlung in Weimar am 6. Fe­ weltoffenen Wirtschaftsbürgertums der Stadt. Die „Frankfurter Gesell­ bruar 1919 die 48er Traditionen aufzunehmen,29 freilich mit der Akzent­ schaft'' vereinigte Kaufleute, Unternehmer und Bankiers aus den be­ setzung, daß er ganz im Sinne der Arbeiterbewegung den 18. März kannten protestantischen, reformierten, katholischen und vor allem 1848 ansprach und nicht den 18. Mai als Tag des Paulskirchenparla­ auch jüdischen Bürgerfamilien mit den maßgeblichen Politikern der ments. Stadt und wußte auch die führenden Repräsentanten der Arbeiterbe­ wegung wie Eduard Gräf oder Otto Zielowski zu integrieren. 32 Bereits zwei Monate nach Verkündung der Weimarer Reichsverfassung kam der neugewählte Reichspräsident Friedrich Ebert am 3. Oktober Thomas Mann hat im gleichen Jahr, aufgerüttelt durch die Ermordung 1919 zur Eröffnung der ersten internationalen Einfuhrmesse nach Rathenaus, mit seiner Rede „Von deutscher Republik" seine Abkehr 30 Frankfurt. In der Festhalle warb er vor Vertretern des In- und Auslan­ von den „Betrachtungen eines Unpolitischen" und seinen Wandel von des um Vertrauen für den wirtschaftlichen Aufbau des republikanischen Monarchisten zum Vernunftrepublikaner vollzogen. Und zum Auftakt Staates. Neben der Wiederaufnahme von Rohstofflieferungen und einer Valuta-Verbesserung ging es Ebert um eine demonstrative 31 Ebd., S. 11-29; vg l. auch die beiden Ansprachen Eberts während der Aktion, weil die Wiederaufnahme der internationalen Handelsbezie­ Frankfurter Goethe-Woche 26.-28.2.1922 in: Ebert, Schriften, Bd. 2, S. hungen als erster Schritt zu einer Rückkehr Deutschlands in die euro­ 221ff. Im Anschluß an die Frankfurter Goethefeier war Ebert auch kurz nach Heidelberg gefahren; vgl. Walter Mühlhausen (Hrsg. unter Mitarbeit päische Staatengemeinschaft gedeutet werden konnte. von Bernd Braun): Friedrich Ebert und seine Familie. Private Briefe 1909- 1924, München 1992,S.5TI. 32 Präsident der 1920 wiederbegründeten Gesellschaft war der Großkauf­ unter Mitwirkung von Heinrich Potthoff, Düsseldorf 1969, S. 223ff., Schei­ mann und Stadtverordnete der DDP Karl Kotzenberg. Zur Mitgliederstruktur demann und Ebert, S. 228f. vgl. Lothar Gall: Bürgerliche Gesellschaften und Bürgerliche Gesellschaft, 29 Rede zur Eröffnung der Verfassunggebenden Deutschen Nationalver­ und Ralf Roth: Die Geschichte der Frankfurter Gesellschaft für Handel, In­ sammlung am 6.2.1919 in Weimar, in: Ebert, Schriften, Bd. 2, S. 155. dustrie und Wissenschaft 1920-1995, beide in: Frankfurter Gesellschaft für 30 Emrich, Reichspräsident Friedrich Ebert und die Stadt Frankfurt am Main, Handel, Industrie und Wissenschaft. Casino-Gesellschaft von 1802, Frank­ s. 7-11. furt am Main, 1995, S. 11ff. und S. 37ff. 24 25

dieser Rede, die Gerhart Hauptmann zum 60. Geburtstag gewidmet Deutschland des Jahres 1848 die Hand."34 Und an anderer Stelle fügte war, erinnerte Thomas Mann an jenes zusammentreffen in Frankfurt: Kampffmeyer hinzu, Ebert habe sich bei diesem Anlaß tief „vor dem „Sie waren unter meinen Zuhörern, Gerhart Hauptmann, darf ich Sie demokratischen Einheitsgedanken des Jahres 1848" verneigt. erinnern? Als ich an einem Tage der Goethe-Woche zu Frankfurt in der Universität über Bekenntnis und Erziehung, über Humanität also, spre­ Die Stadt Frankfurt wollte den aufgegriffenen Faden sofort weiterspin­ chen durfte, in erster Reihe saßen Sie vor mir, und hinter Ihnen war das nen und äußerte den Wunsch, der Reichspräsident möge alljährlich für Festauditorium bis zur Empore hinauf voll akademischer Jugend. [„.] eine bestimmte Zeit im Frankfurter Bundespalais, dem „Symbol der in­ Um noch einmal anzuheben, so ist es nicht verwunderlich , daß ich mich neren Einheit aller deutschen Stämme" seine Residenz nehmen. Der jetzt der Frankfurter Umstände gern erinnere und sie im G~iste wieder frühe Tod des Reichspräsidenten hat diese Pläne nicht zur Ausführung herstelle: Unzweifelhaft, wie ich nachträglich gewahr wurde, denn die kommen lassen. Der Frankfurter Magistrat wollte aber das Wirken Gegenwart findet uns immer undankbar, bedeuteten sie einen Höhe­ Eberts über seinen Tod hinaus in die demokratische Traditionspflege punkt meines Schriftstellerlebens. Rechts vorn, wie gesagt, saßen Sie, eingebettet wissen. So betonte Oberbürgermeister Landmann, daß Gerhart Hauptmann, und linkerseits der Vater Ebert."33 nicht nur die Versöhnung der Arbeiterklasse mit dem deutschen Staat, sondern auch die Wendung von der moskowitischen hin zur deutschen Friedrich Ebert war also, als er ein Jahr später zur 75-Jahrfeier der Na­ Republik einer der großen Momente der europäischen Geschichte ge­ tionalversammlung in die Paulskirche kam, auf vielerlei Art - nicht nur wesen sei. Den Verfassungstag des Jahres 1926 beging man dann mit durch die politische Aktualität - auf republikanische und demokratische der Anbringung einer Gedenktafel zur Erinnerung an Friedrich Ebert 35 Traditionspflege und auf politische Bildung eingestimmt. Die Jubilä• und der Aufrichtung eines Denkmals an der Paulskirche. Zugleich er­ umsveranstaltung in der Paulskirche, das allgemeine Volksfest auf dem ließ der Magistrat ein Reglement, daß von nun an die Verfassungsfei­ Römerberg, gewissermaßen eine republikanische Massenkundgebung, ern der Weimarer Republik ausschließlich in der Paulskirche, dem Mo­ und der abendliche Fackelzug zum Opernhaus belegten dann, wie sich nument demokratischer Einheitssehnsucht, stattfinden sollten. Die mit demokratischer Traditionspflege eine ungewöhnliche Breitenwir­ Nachwirkung oder Spätwirkung der Jubiläumsfeier von 1923 verwies kung zugunsten der jungen Republik erzielen ließ. Konrad Haenisch, auf eine Umwidmung der Paulskirche zu einem Nationaldenkmal, das , Weggefährte und Parteifreund Eberts, berichtete später, daß diese sie nach dem Wiederaufbau von 1948 tatsächlich geworden ist, zu ei- Feier bei Ebert eine unerwartete Ergriffenheit hervorgerufen habe, so daß er sie als Höhepunkt in Eberts politischem Wirken bezeichnete. Die geschichtliche Erinnerungsfeier zeigte: Die Demokratie in Deutschland war nicht eine Folge des politischen Zusammenbruchs, sozusagen ein Fremdkörper irn politischen Leben, sondern konnte sich 34 Paul Kampffmeyer: Friedrich Ebert. Ein Lebensbild, in: Ebert, Schriften, Bd. auf populäre Traditionen berufen. „Es war ein tief symbolischer Akt", 1, S. 12. Vgl. auch ebd„ S. 102. 35 Die von dem Bildhauer Richard Scheibe geschaffene Erzgestalt eines schrieb Paul Kampffmeyer in seinem Lebensbild Friedrich Eberts von nackten Jünglings wurde am 11.8.1926 errichtet. Der Schriftzug lautete: 1926, "als der Reichspräsident Ebert in den Maitagen 1923 in Fran kfurt .Die Stadt Frankfurt am Main Friedrich Ebert, dem Präsidenten des Deut­ a. M. der nationaldemokratischen Bewegung des Jahres 1848 huldigte. schen Reiches 1919-1925 zum ehrenden Gedächtnis''. Auf Verlangen des NSDAP-Gauleiters Jakob Sprenger wurde das Denkmal am 12.4.1933 ent­ Das neue soziale Deutschland reichte damit dem demokratischen fernt und im Keller des Völkerkundemuseums, später des Städelschen Kunstinstituts aufbewahrt. Die Statue steht heute im Innenhof des Histori­ 33 Thomas Mann: Essays, Bd. 2: Für das neue Deutschland 1919-1925. Hrsg. schen Museums. An der Paulskirche wu rde 1950 zum 25. Todestag ein von Hermann Kurzke und Stephan Stachorski, Frankfurt am Main 1993, S. vom Bildhauer Scheibe gefertigter zweiter Abguß aufgestellt. lfSG, Magi­ 126f. stratsakten S 2715 und S 6035/34. 26 27

nem Pantheon der Republik, zu dem sie durch Geschichte und Archi­ Karl Mayer und dem Frankfurter Reichstagsabgeordneten Leopold tektur36 prädestiniert ist. Sonnemann waren Abgeordnete aus Württemberg, Baden und Hessen erschienen, sozusagen die gesamte süddeutsche Opposition gegen die Um die volle Bedeutung der 75-Jahrfeier der Nationalversammlung in preußische Politik Bismarcks. Die Festrede hielt Otto Volger, der 1848 der Paulskirche zu erfassen, bedarf es noch eines letzten Zugriffs, als damals 25jähriger Privatdozent der Naturwissenschaften Vorsit­ 38 nämlich eines Vergleichs mit den Gedenkfeiern, die vorausgingen, und zender des „Demokratischen Clubs" in Göttingen gewesen war. Inzwi­ solchen, die folgten. Im Jahre 1873, also 25 Jahre nach den Ereignis­ schen hatte er 1859 in Frankfurt das „Freie Deutsche Hochstift" ge­ sen von 1848, stand die Politik ganz unter dem Eindruck des militäri• gründet mit dem Ziel, die 1848 verfehlte politische Einheit durch eine schen Sieges über Frankreich und der Gründung des Deutschen Kai­ kulturelle und geistige Institution zu ersetzen. Als Volger die Red­ serreichs in Versailles. Der Erfolg der preußischen Politik unter Füh• nerbühne betrat, saß dort schon auf einem Stuhl ein preußischer Poli­ rung Bismarcks erschien als sichtbarer Beweis für das Scheitern und zeikommissar in voller Uniform, der sich während der Rede fleißig Noti­ das Versagen der Revolution von 1848. Die altgewordenen 48er u·nd zen machte. Aufschreiben konnte er die alten Freiheitsparolen, die die zahlenmäßig geringe Anhängerschaft der parlamentarischen De­ Grundsätze der Demokratie und mancherlei Forderungen zur sozialen mokratie glaubten sich am Beginn einer „militaristisch-junkerlich-bu­ Frage. Insgesamt aber mochte denen, die seinen Bericht später lasen, reaukratischen" Epoche und sahen kaum noch Chancen für eine frei­ die Veranstaltung vorgekommen sein wie ein harmloses Veteranentref­ heitliche Entwicklung Deutschlands. fen. Gegen Aufrufe zur „Verbrüderung der Völker'' und ein Hoch auf die Vereinigten Staaten von Amerika war schließlich wenig einzuwenden. Der „Demokratische Verein" in Frankfurt am Main, also die Parteiorga­ nisation der süddeutschen Demokratie, entschloß sich zu einer kleinen Auch die Märzfeier im Jahre 1898, die breiteren und stärkeren Anklang Erinnerungsfeier in bescheidenem Rahmen, um die Ideen von 1848 fand, besaß den Charakter einer Parteiveranstaltung.39 Diesmal freilich aufrecht zu erhalten.37 Die Veranstaltung wurde auf Sonntag, den 30. hatten zwei Parteitage der „Deutschen Volkspartei", wie sich die süd• März, verlegt, auf den Tag, an dem 25 Jahre zuvor unter stürmischem deutschen Demokraten inzwischen nannten, einschlägige Vorbereitun­ Jubel der ganzen Bevölkerung das Vorparlament in Frankfurt in die gen getroffen. Man hatte eine Schrift über „die Volkserhebung der ' Paulskirche eingezogen war. Mit anderen Worten: Man feierte den Jahre 1848 und 1849 in Deutschland" erscheinen lassen und für eine März als „Höhepunkt der Revolution", nicht die Nationalversammlung, Feier in Frankfurt einen vorbereitenden Ausschuß eingesetzt. Den die mit ihren „weitläufigen Arbeiten" den fürstlichen Regierungen und Vorsitz führte Leopold Sonnemann, der Herausgeber der „Frankfurter der Reaktion eine Erholungspause gewährt hatte. Die Festversamm­ Zeitung". Vorgesehen wurde eiri Festakt im großen Saal des zoologi­ lung sah dann auch den Saal geschmückt mit einem großen Porträt schen Gartens, sodann ein Besuch in der Paulskirche und eine Aus­ Robert Blums und den Büsten von Ludwig Börne, Ludwig und Heinrich stellung des Historischen Museums. Neben einigen „grauen Häuptern Simon, Friedrich Hecker und Adolf Trützschler. Neben alten 48ern wie 38 Vgl. Klötzer, Frankfurter Biographie, Bd. 2, S. 320f. 36 Zur Architektur vgl. Evelyn Hils: Johann Friedrich Christian Hess. Stadt­ 39 Die Märzfeier im Jahre 1898, in: Hörth, Gedenkfeiern, S. 23ff.; vgl. auch baumeister des Klassizismus in Frankfurt am Main 1816-1845, Frankfurt Beatrix Bouvier: Die Märzfeiern der sozialistischen Arbeiter: Gedenktage am Main, 1987, S. 91ff. des Proletariats, Gedenktage der Revolution, in: Dieter Düding/Peter Frie­ 37 Die Frankfurter Märzfeier im Jahre 1873, in: Hörth, Gedenkfeiern, S. 9ff. demann/Paul Münch (Hrsg.): Öffentliche Festkultur. Politische Festkultur in Otto Hörth (1 842-1935) war seit 1872 Redakteur der „Frankfurter Zeitung" Deutschland von der Aufklärung bis zum Ersten Weltkrieg, Reinbek bei und ein enger Freund Friedrich Stoltzes; vgl. Erwin Dittler: Erinnerungen Hamburg 1988, S. 334ff. Grundsätzlich zur Revolutionstradition Beatrix von und an Otto Hörth, in: Die Ortenau 65 (1985), S. 224-250; Kurt Abels: Bouvier: Französische Revolution und deutsche Arbeiterbewegung. 1830- Otto Hörth: „Zur Kaiserfeier", in: Die Ortenau 76 (1996), S. 357ff. 1905, Bonn 1982, S. 327ff. und S. 383ff. 28 29

alter Freiheitsveteranen" glich die Versammlung mehr einem Parteitag kation war Quidde im Kreis der historischen Fachwissenschaft verfemt der süddeutschen Demokraten. Tatsächlich ging es nicht nur um worden. Man distanzierte sich von ihm, ruinierte seine wissenschaftli­ „politische Kultur", sondern um aktuelle Politik. Einleitend kritisierte che Zeitschrift und drängte ihn aus seinem Amt als Herausgeber der Sonnemann, daß es der Berliner Stadtverordnetenversammlung unter­ älteren Reichstagsakten. Quidde hatte in seiner Satire nicht eine ein­ sagt worden war, einen Kranz auf die Gräber der März-Gefallenen zu zige direkte Bemerkung über Wilhelm II. gemacht. Aber die Stoßrich­ legen. Groß war die Erregung über eine Debatte, die kurz zuvor im tung war für jedermann klar erkennbar. Es war von Caligulas „nervöser Reichstag stattgefunden hatte, und in der die Revolutionäre von 1848 Hast" die Rede, von seiner höchstgefährlichen Sucht, alles selbst aus­ als „Meuterer" bezeichnet worden waren. Die Festredner, der Reichs­ zuführen, von der Neigung zu spielerischen Manövern und theatrali­ tagsabgeordnete Conrad Haussmann, der badische Landtagsabge­ schem Schein, von seinen fantastischen Gedanken einer Bezwingung ordnete Professor Karl Heimburger, der Reichstagsabgeordnete und der Weltmeere und anderen Charakteristika mehr. Der „Cäsaren­ Württembergische Kammerpräsident Friedrich Payer und der Historiker wahnsinn" war jedoch nach Quiddes Diagnose keine individuelle Professor Ludwig Quidde, variierten ausschließlich das Thema, daß der Krankheit, sondern vielmehr „das Produkt von Zuständen, die nur ge­ Deutsche Einheitsstaat zum Gegenteil eines freien Rechtsstaats deihen können bei der moralischen Degeneration monarchisch gesinn­ geworden war. Dabei fehlte es nicht an aggressiven und demagogi­ ter Völker oder doch der höherstehenden Klassen, aus denen sich die schen Tönen. Heimburger kritisierte, daß, abgesehen von der Freiheit nähere Umgebung der Herrscher zusammensetzt". Das war natürlich der wissenschaftlichen Forschung, alle Errungenschaften von 1848, als Frontalangriff auf die bestehende Gesellschaft gemeint und war insbesondere die Grundrechte, inzwischen „entweder verkümmert und auch in der Öffentlichkeit als solcher verstanden worden. Quiddes Mit­ eingeschränkt" wurden oder doch wenigstens bedroht waren. Auch auf wirkung an der Frankfurter Erinnerungsfeier gab also der Ve ranstaltung wirtschaftlichem Gebiet werde das deutsche Volk ins Joch gespannt, ihre besondere Note. um die Herrschaft einer kleinen, aber mächtigen Klasse zu sichern, die Gleichberechtigung aller Bürger vor dem Gesetz und ohne Unterschied Vor dem Hintergrund dieser früheren Jubiläen wird der historische des Glaubens werde rückgängig gemacht, die Redefreiheit, das Kern­ Wandel und die epochale Bedeutung der 75-Jahrfeier in der Paulskir­ element geistiger Freiheit, werde beschnitten, die Frauenbewegung che in vollem Umfang deutlich. Mit der Teilnahme des Reichsp räsiden• • ebenso wie die Friedensvereine unterdrückt. Der Staatsbürger werde ten Friedrich Ebert erhielt die historische Revolutionsfeier die staatlich~ wieder zum Untertan degradiert. Das alles zielte natürlich auf das so­ Anerkennung. Die Revolution von 1848 und die Nationalversammlung genannte Umsturzgesetz, das drei Jahre zuvor dem Reichstag zur De­ erschienen nun als Etappen in einem Prozeß der Modernisierung und batte vorgelegen hatte. der sozialen und politischen Reform, der in den programmatischen Kern der Weimarer Republik hineinführte. Die Ideen der Revolution und Allein schon die Einladung an Ludwig Quidde zeigte den oppositionel­ der Nationalversammlung gaben dem bestehenden Parlamentarismus 40 len Charakter der Frankfurter Erinnerungsfeier. Quidde, ein glänzen• eine neue Legitimation. Mit der Autorität des Reichspräsidenten und der Historiker und Wissenschaftsorganisator, Pazifist und späterer der Persönlichkeit Friedrich Eberts wurde die Traditionspflege aus dem Wortführer der deutschen Friedensbewegung und als solcher 1927 mit politischen Richtungsstreit herausgenommen und zu einer Staatsauf­ dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet, hatte 1894 eine böse und bis­ gabe deklariert. Die Weimarer Demokratie fand Anknüpfungspunkte in sige Satire auf Wilhelm II . veröffentlicht, die den Titel „Caligula. Eine den Ideen der Freiheit, des Rechtsstaats und des Parlamentarismus, Studie über römischen Gäsarenwahnsinn" trug. Als Folge dieser Publi- die ihrer Abkehr von der militaristischen Vergangenheit und den obrig­ keitsstaatlichen Traditionslinien einen historischen Sinn verliehen. 40 Reinhard Rürup: Ludwig Quidde, in: Hans-Ulrich Wehler (Hrsg.): Deutsche Historiker, Bd. 3, Göttingen 1972, S. 138ff. 28 29

alter Freiheitsveteranen" glich die Versammlung mehr einem Parteitag kation war Quidde im Kreis der historischen Fachwissenschaft verfemt der süddeutschen Demokraten. Tatsächlich ging es nicht nur um worden. Man distanzierte sich von ihm, ruinierte seine wissenschaftli­ „politische Kultur", sondern um aktuelle Politik. Einleitend kritisierte che Zeitschrift und drängte ihn aus seinem Amt als Herausgeber der Sonnemann, daß es der Berliner Stadtverordnetenversammlung unter­ älteren Reichstagsakten. Quidde hatte in seiner Satire nicht eine ein­ sagt worden war, einen Kranz auf die Gräber der März-Gefallenen zu zige direkte Bemerkung über Wilhelm II. gemacht. Aber die Stoßrich• legen. Groß war die Erregung über eine Debatte, die kurz zuvor im tung war für jedermann klar erkennbar. Es war von Caligulas „nervöser Reichstag stattgefunden hatte, und in der die Revolutionäre von 1848 Hast" die Rede, von seiner höchstgefährlichen Sucht, alles selbst aus­ als „Meuterer" bezeichnet worden waren. Die Festredner, der Reichs­ zuführen, von der Neigung zu spielerischen Manövern und theatrali­ tagsabgeordnete Conrad Haussmann, der badische Landtagsabge­ schem Schein, von seinen fantastischen Gedanken einer Bezwingung ordnete Professor Karl Heimburger, der Reichstagsabgeordnete und der Weltmeere und anderen Charakteristika mehr. Der „Cäsaren• Württembergische Kammerpräsident Friedrich Payer und der Historiker wahnsinn" war jedoch nach Quiddes Diagnose keine individuelle Professor Ludwig Quidde, variierten ausschließlich das Thema, daß der Krankheit, sondern vielmehr „das Produkt von Zuständen, die nur ge­ Deutsche Einheitsstaat zum Gegenteil eines freien Rechtsstaats deihen können bei der moralischen Degeneration monarchisch gesinn­ geworden war. Dabei fehlte es nicht an aggressiven und demagogi­ ter Völker oder doch der höherstehenden Klassen, aus denen sich die schen Tönen. Heimburger kritisierte, daß, abgesehen von der Freiheit nähere Umgebung der Herrscher zusammensetzt". Das war natürlich der wissenschaftlichen Forschung, alle Errungenschaften von 1848, als Frontalangriff auf die bestehende Gesellschaft gemeint und war insbesondere die Grundrechte, inzwischen „entweder verkümmert und auch in der Öffentlichkeit als solcher verstanden worden. Quiddes Mit­ eingeschränkt" wurden oder doch wenigstens bedroht waren. Auch auf wirkung an der Frankfurter Erinnerungsfeier gab also der Veranstaltung wirtschaftlichem Gebiet werde das deutsche Volk ins Joch gespannt, ihre besondere Note. um die Herrschaft einer kleinen, aber mächtigen Klasse zu sichern, die Gleichberechtigung aller Bürger vor dem Gesetz und ohne Unterschied Vor dem Hintergrund dieser früheren Jubiläen wird der historische des Glaubens werde rückgängig gemacht, die Redefreiheit, das Kern­ Wandel und die epochale Bedeutung der 75-Jahrfeier in der Paulskir­ element geistiger Freiheit, werde beschnitten, die Frauenbewegung che in vollem Umfang deutlich. Mit der Teilnahme des Reichspräsiden• , ebenso wie die Friedensvereine unterdrückt. Der Staatsbürger werde ten Friedrich Ebert erhielt die historische Revolutionsfeier die staatlich~ wieder zum Untertan degradiert. Das alles zielte natürlich auf das so­ Anerkennung. Die Revolution von 1848 und die Nationalversammlung genannte Umsturzgesetz, das drei Jahre zuvor dem Reichstag zur De­ erschienen nun als Etappen in einem Prozeß der Modernisierung und batte vorgelegen hatte. der sozialen und politischen Reform, der in den programmatischen Kern der Weimarer Republik hineinführte. Die Ideen der Revolution und Allein schon die Einladung an Ludwig Quidde zeigte den oppositionel­ der Nationalversammlung gaben dem bestehenden Parlamentarismus len Charakter der Frankfurter Erinnerungsfeier. Quidde, 40 ein glänzen• eine neue Legitimation. Mit der Autorität des Reichspräsidenten und der Historiker und Wissenschaftsorganisator, Pazifist und späterer der Persönlichkeit Friedrich Eberts wurde die Traditionspflege aus dem Wortführer der deutschen Friedensbewegung und als solcher 1927 mit politischen Richtungsstreit herausgenommen und zu einer Staatsauf­ dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet, hatte 1894 eine böse und bis­ gabe deklariert. Die Weimarer Demokratie fand Anknüpfungspunkte in sige Satire auf Wilhelm II. veröffentlicht, die den Titel „Caligula. Eine den Ideen der Freiheit, des Rechtsstaats und des Parlamentarismus, Studie über römischen Cäsarenwahnsinn" trug. Als Folge dieser Publi- die ihrer Abkehr von der militaristischen Vergangenheit und den obrig­ keitsstaatlichen Traditionslinien einen historischen Sinn verliehen. 40 Reinhard Rürup: Ludwig Quidde, in: Hans-Ulrich Wehler (Hrsg.): Deutsche Historiker, Bd. 3, Göttingen 1972, S. 138ff. 30 31

Als sich nach Ablauf von weiteren 25 Jahren erneut die Frage einer Die demokratische Traditionspflege geriet jedoch in den Strudel der Erinnerung an die 48er Revolution und die Paulskirche stellte, hatten Machtpolitik des kalten Krieges. Zwei deutsche Staaten, in scharfer sich die Rahmenbedingungen völlig geändert. Deutschland war eine ideologischer Konfrontation und alsbald auch materiell durch verminte Trümmerlandschaft und die Paulskirche eine Ruine. Unter der Schirm­ Grenze, Stacheldraht und Mauer getrennt, traten in einen Wettstreit um herrschaft der Besatzungsmächte hatten sich zwar bereits wieder Län• die Interpretationsmacht in der Geschichte. Der Staatskult und die Er­ der gebildet, aber eine gesamtstaatliche Autorität gab es in Deutsch­ innerungsfeiern der DDR konzentrierten sich auf das kommunistische land nicht mehr. In dieser Situation war es eine ganz persönliche Ent­ Manifest, das in der Wirklichkeit der Geschichte von 1848 nur eine scheidung des Frankfurter Oberbürgermeisters Walter Kalb , daß die marginale Rolle gespielt hatte. In der Bundesrepublik bestand vor allem historische Traditionslinie von 1848 wieder aufgenommen- wurde.41 Be­ nach der Studentenrevolte von 1968, die in mancher Hinsicht der Aus­ reits im Verlauf des Jahres 1947 setzte er alle Energien in den Wieder­ druck einer generellen Kulturrevolution war, wenig Neigung, die histori­ aufbau der Paulskirche, in der er die „Wiege der Demokratie" und den sche Revolutionsfeier mit staatlicher Repräsentation zu verbinden. Ort der Grundrechte des deutschen Volkes erblickte. Nach den Jahr.en Wenn man schon, am liebsten in literarischen Formen, über Freiheit des Unrechtssystems der nationalsozialistischen Herrschaft sollte in stritt, so wollte man doch über das andere Leitmotiv der 48er Bewe­ der Paulskirche ein Symbol der deutschen Demokratie, des Rechts­ gung, die Einheit, nicht allzuviel reden. In der Paulskirche spielte man staates und des Verfassungsstaates entstehen. Die Widerstände ge­ Theater. Im Römer, dem komplementären Ort, hatte die Wissenschaft gen dieses Programm waren groß. Im Zeichen der allgemeinen Not das Wort und präsentierte historische Vorträge über „Ideen und Struk­ verlangten viele, dem Wohnungsbau absolute Priorität zu geben. turen der deutschen Revolution von 1848".43 Die Historisierung der Re­ Kunsthistoriker und Denkmalpfleger lokalpatriotischer Provenienz ver­ volution und die Verwissenschaftlichung der Debatte über ihre Forde­ langten einen originalgetreuen Wiederaufbau. Walter Kalb hingegen rungen bereitete zwar den Weg für die staatsoffizielle Anerkennung, gab den Ausschlag zugunsten einer schlichten und fast kargen Ausstat­ doch blieb dieser Weg konfliktreich, weil jede Diskussion über Ge­ tung, die dem „Haus aller Deutschen" eine besondere Würde verleihen schichte ein Politikum ist.44 sollte. Dem Oberbürgermeister gelang es, dieses Programm gegen alle Widerstände und Hemmnisse durchzusetzen, auch gegen den An- ' spruch der evangelischen Paulsgemeinde, die den Bau als Gotteshaus zurückgewinnen wollte. Beim Festakt am 18. Mai 1948, der Erinnerung an den Einzug des Parlaments in die Paulskirche, hielt der Schriftsteller Fritz von Unruh eine „Rede an die Deutschen". Es war von großer symbolischer Bedeutung, daß ein international bekannter Vertreter der 43 Die fünf Vorträge des Historischen Seminars der Johann Wolfgang Goethe­ deutschen Friedensbewegung die Festrede hielt, ein verfolgter, ein Universität von Ernst-Hermann Grete, Horst Stuke, Wolfgang Schieder, ausgebürgerter Pazifist, ein Flüchtling, der nach 15jähriger Emigration Peter Wende und Heilmut Seier sowie fünf Vorträge des Frankfurter Ver­ 42 eins für Geschichte und Landeskunde von Frank Eyck, Karl-Georg Faber, zurückkehrte als Repräsentant des „anderen Deutschland". Konrad Fuchs, Thomas Nipperdey und Wolfgang Klötzer wurden mit drei ergänzenden Aufsätzen herausgegeben von Wolfgang Klötzer, Rüdiger Moldenhauer und Dieter Rebentisch : Ideen und Strukturen der deutschen 41 Thomas Bauer: „Seid einig fü r unsere Stadt". Walter Kolb - Frankfurter Revolution 1848, in: Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst 54, 1974. Oberbürgermeister 1946-1956, Frankfurt am Main 1996, S. 39ff. 44 In den Presseberichten über die 125-Jahrfeier 1973 wurden die zeitgenös­ 42 Günter Mick: Den Frieden gewinnen. Das Beispiel Frankfurt 1945-1951, sischen „Gedächtnisschwierigkeiten" herausgestellt. Für manche waren die Frankfurt am Main 1985; dort auch der Wortlaut der Rede Fritz von Unruhs, Frankfurter Aktivitäten lediglich ein „Aktionsfeld für Extremisten" und boten S. 225ff. „primitive Geschichtsklitterung". Vgl. hierzu die Zeitungsausschnitte in: lfSG, S 3/A 11.001, 11.164, 11.256, 11 .258, 11.634, 12.480. .------Schriftenreihe der Stiftung--~ Reichs p räside nt-F ried ri c h-E be rt- G eden kstätte

Unsere Neuerscheinungen in dieser Zuletzt Reihe: erschienen:: Friedrich Ebert als Reichspräsident Friedrich Ebert Amtsführung und Amtsverständnis und seine Zeit Herausgegeben von Eberhard Kalb Bilanz und Perspektiven Mit Beiträgen von B. Braun, H. Hürten, E. Kalb, W. der Forschung Mühlhausen, und L. Richter Herausgegeben von 1997. 320 Seiten, DM 58,- Rudolf König, Hartmut ISBN 3-486-56107-3 Soell und Hermann Im Mittelpunkt dieser Studien stehen zentrale Weber. Aspekte der Amtsführung und des Amtsverständnis• 2. Aufl. 1991. 182 S., ses von Friedrich Ebert, die in der historischen For­ DM 48,- schung bislang wenig Beachtung gefunden haben. ISBN 3-486-55812-9 Gestützt auf die Auswertung einer Fülle von Quellenmaterial, geben die Autoren neue Einblicke Ronald A. Münch in die politische Tätigkeit des ersten Reichs­ präsidenten der Weimarer Republik. Sie liefern Von Heidelberg damit auch wichtige Bausteine zu einer Biographie nach Berlin: Friedrich Eberts. Friedrich Ebert Demokratie in der Krise 1871-1905 Parteien im Verfassungssystem Mit einem Vorwort von Peter-Christian Witt der Weimarer Republik 1991 . 144 S. mit acht Herausgegeben von Eberhard Kalb und Walter Seiten Abb., DM 48,­ Mühlhausen ISBN 3-486-55889-7 Mit Beiträgen von L. Albertin, H. Boldt, P. lösche, H. Mommsen und J . Rau. Friedrich Ebert 1977. 170 Seiten, DM 38,- ISBN 3-486-56301-7 und Warum fand die parlamentarische Demokratie von seine Familie Weimar bei einem Großteil der Deutschen nur wenig Private Briefe 1909-1924 Akzeptanz, so daß das politische System in eine Herausgegeben und Krise geriet, die schließlich katastrophal endete? eingeleitet von Walter Bei der Beantwortung dieser Frage stehen die Par­ Mühlhausen unter Mit­ teien im Vordergrund: ihr Selbstverständnis, ihre arbeit von Bernd Braun Rolle im politischen System, ihre mangelnde Fähig­ 1992. 179 S. mit 66 Abb. keit, eine funktionierende parlamentarische Regie­ DM 28,- rungsweise zu entwickeln. ISBN 3-486-55946-X ....______R. Oldenbourg Verlag • München ______, Kleine Schriften

Johannes Rau: Friedrich Ebert. Sein Platz in der deutschen Ernst Schulin I Wolfgang Michalka: Walther Rathenau im Spiegel Demokratiegeschichte seines Moskauer Nachlasses 2. unveränd. Aufl„ Heidelberg 1990 • ISBN 3-928880-00-4 Heidelberg 1993 • ISBN 3-928880-13-6

Dieter Grimm: Die Bedeutung der Weimarer Verfassung in der Eberhard Kolb: Revolutionsbilder: 1918 / 19 im zeitgenössischen deutschen Verfassungsgeschichte Bewußtsein und in der historischen Forschung 2. unveränd. Aufl„ Heidelberg 1992 • ISBN 3-928880-01 -2 Heidelberg 1993 • ISBN 3-928880-14-4

C. Wolfgang Müller: Wohlfahrtsstaat und Sozialdemokratie. Michael Epkenhans: Das Bürgertum und die Revolution 1918 / 19 Zur Geschichte der Arbeiterwohlfahrt in der ersten deutschen Republik ~ Heidelberg 1994 • ISBN 3-928880-15-2 2. unveränd. Aufl„ Heidelberg 1992 • ISBN 3-928880-02-0 Helga Grebing: Frauen in der deutschen Revolution 1918 / 19 Jochen Goetze: Heidelberg zur Zeit Friedrich Eberts (1871 - 1888) ~ Heidelberg 1994 •ISBN 3-928880-16-0 Heidelberg 1990 • ISBN 3-928880-03-9 Wolfgang J. Mommsen: Max Weber und die deutsche Willy Albrecht: Ende der Illegalität. Das Auslaufen des Sozialisten­ ~ Revolution 1918 / 19 gesetzes und die deutsche Sozialdemokratie im Jahre 1890 Heidelberg 1994 •ISBN 3-928880-17-9 Heidelberg 1990 • ISBN 3-928880-04-7 Rückbesinnung und Neubeginn Hoch das Maienfest der Arbeit! Die Anfänge der Maifeiern in Heidel­ Eine Gedenkfeier zu Ehren Friedrich Eberts am 2. März 1945 in New berg und Bremen (1890 - 1914). Mit Beiträgen von Udo Achten, Walter York• Eine Dokumentation. Herausgegeben von Ludwig Richter Mühlhausen und Klaus Schönhoven Heidelberg 1995 • ISBN 3-928880-18-7 Heidelberg 1990 • ISBN 3-928880-05-5 Republikanische Staatsoberhäupter im 20. Jahrhundert . Repräsentant der deutschen Arbeiterbewegung_ Mit Beiträgen von Johannes Rau und Jürgen Heideking Mit Beiträgen von Dieter Langewiesche, Klaus Schönhoven, Peter­ Heidelberg 1994 • ISBN 3-928880-19-5 Christian Witt und einem Vorwort von Johannes Rau Heidelberg 1991 ·ISBN 3-928880-06-3 Friedrich Ebert. Aspekte seiner Präsidentschaft Mit Beiträgen von Bernd Braun, Heinz Hürten, Walter Mühlhausen Horst Möller: Folgen und Lasten des verlorenen Krieges. Ebert, die und einem Vorwort von Eberhard Kolb Sozialdemokratie und der nationale Konsens Heidelberg 1994 • ISBN 3-928880-20-9 Heidelberg 1991• ISBN 3-928880-07-1 Dietmar Klenke: Nationale oder proletarische Solidargemeinschaft? Heinrich August Winkler: Klassenkampf oder Koalitionspolitik? Geschichte der deutschen Arbeitersänger Grundentscheidungen sozialdemokratischer Politik 1919 - 1925 Heidelberg 1995 •ISBN 3-928880-21-7 Heidelberg 1992 • ISBN 3-928880-08-X Klaus Schönhoven:. Der Heidelberger Programmparteitag von 1925: Walter Mühlhausen: Friedrich Ebert und seine Partei 1919 - 1925 Sozialdemokratische Standortbestimmung in der Weimarer Republik Heidelberg 1992 • ISBN 3-928880-09-8 Heidelberg 1995 • ISBN 3-928880-22-5

Peter-Christian Witt: Das Zerbrechen des Weimarer Gründungs• Helga Grebing: Friedrich Ebert: Von der Verantwortung für die kompromisses (1919 - 1923 / 24) Demokratie in Deutschland Heidelberg 1992 • ISBN 3-928880-10-1 Heidelberg 1996 • ISBN 3-928880-23-3

Dieter K. Buse: Friedrich Ebert - Sein Weg zum Politiker von natio­ naler Bedeutung (1915 - 1918) Heidelberg 1992 •ISBN 3-928880-11-X

Klaus Tenfelde: Arbeitersekretäre Karrieren in der deutschen Arbeiterbewegung vor 1914 Heidelberg 1993 •ISBN 3-928880-12-8 Die Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte

Wegen der Bedeutung Friedrich Eberts für die deutsche Geschichte hat der Deut­ sche Bundestag am 19. Dezember 1986 ein Gesetz zur Errichtung der Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte mit Sitz in Heidelberg besch lossen. Zweck der Stiftung ist es, das Andenken an das Wirken des ersten deutschen Reichspräsidenten Friedrich Ebert zu wahren, und einen Beitrag zum Verständnis der deutschen Geschichte seiner Zeit zu leisten. Die ehrenamtlichen Gremien dieser bundesunmittelbaren Stiftung öffentlichen Rechts sind: das vom Bundes­ präsidenten berufene Kuratorium, der Vorstand und der Beirat, beide vom Kura­ torium bestellt. Die Bundesrepublik Deutschland hat sich zur Finanzierung der Stiftung verpflichtet. Die Stiftung untersteht der Aufsicht des Bundesministers des Innern.

Friedrich Ebert wurde am 4. Februar 1871 in Heidelberg geboren, und zwar in einer kleinen Wohnung im Hause Pfaffengasse 18. Die dort seit vielen Jahren von der Stadt Heidelberg unterhaltene kleine Erinnerungsstätte ist in den letzten Jah­ ren durch Einbeziehung der benachbarten Wohnungen zu einer Gedenkstätte umgestaltet worden. In Anwesenheit des Bundespräsidenten Dr. Richard von Weizsäcker wurde die Gedenkstätte am 11 . Februar 1989, dem 70. Jahrestag der Wahl Eberts zum Reichspräsidenten, der Öffentlichkeit übergeben.

, Eine ständige Ausstellung „Friedrich Ebert - sein Leben, sein Werk, seine Zeit" do­ kumentiert das Leben und Werk Friedrich Eberts. Dabei wird der jeweilige zeitge­ schichtliche Hintergrund deutlich gemacht. Zu den Aufgaben der Stiftung gehört auch die Fortführung der Forschung zu Friedrich Ebert und seiner Zeit. Eine Prä­ senzbibliothek, deren Schwerpunkt auf der Zeit von 1871 bis 1933 liegt, und eine Sammlung zeitgenössischer Broschüren bieten dem interessierten Fachwissen­ schaftler Möglichkeit zu eigenen Forschungen. Im Rahmen ihrer wissenschaft­ lichen Tätigkeit führt die Stiftung Tagungen und Vortragsveranstaltungen durch, deren Ergebnisse veröffentlicht werden. Ein weiterer Aufgabenschwerpunkt liegt in der politischen Bildungsarbeit. Damit sollen auch einer breiteren Öffentlichkeit Kenntnisse über eine wichtige Phase der deutschen Geschichte vermittelt und Friedrich Ebert wieder stärker in das Bewußtsein der Öffentlichkeit gehoben werden.