Alle Infos zu den von Walter Pedrazza konstruierten Renn- Test & Technik Tracktest www.prc.at wagen und zur österreichischen Sports Challenge Heißer Ritt auf der

Harte Kerle, weiche Socken: Georg Pacher (r.) erklärt Tracktester Professionell: Vorderradaufhängung mit vom Verkleidet: der Innen- Kanonenkugel Schön, dass Heizdecken für die superweichen Slicks erlaubt sind Cockpit aus verstellbarem Stoßdämpfer raum bis zum Kühler

ein rechter Fuß steht voll nämlich gar nicht weg vom Wilder geht’s kaum – auf dem Gaspedal. Der Schalthebel, so schnell sind die der Power-Puch ist MMotorradmotor in mei- Gangwechsel angesagt. nem Rücken knattert mit ei- Nach etwa einer Sekunde fast so breit wie lang, nem Höllenspektakel am Be- mahnt ein Band von Leucht­ hat 270 PS und wiegt grenzer. Die Nadel des Dreh- dioden auf dem oberen Kranz zahlmessers zittert um die des winzigen Lenkrads das ers- nur 525 kg. Damit 9000er-Marke. 270 Pferde te Mal: hochschalten! Ohne beschleunigt der giftige stampfen mit den Hu- fen, lassen das ge- Nach nur 3,7 Sekunden Zwerg für Bergrennen samte Cockpit fällt die 100-km/h-Marke fast wie ein Formel 1 um mich he- rum vib- den Fuß vom Gas zu nehmen rieren. reiße ich den Schalthebel nach F u ß hinten. Nach nur 3,7 Sekunden v o n durchbreche ich die imaginäre der 100-km/h-Mauer. „Beim Bergrennen ist der Start extrem wichtig“, hat mir Georg Pacher erklärt. „Was du auf den ersten Metern verlierst, holst du nie wieder auf.“ Und genau für die nur wenige Mi- nuten dauernden Sprints den Berg hinauf hat der unerschro- ckene Österreicher sein Lieb- lingsspielzeug konstruiert: den PRC 650 TR III. Basis dieses Giftzwerges ist ein Puch 650 aus dem Jahr 1968. Von dem in Österreich gebauten -500-Zwilling Kupp- (siehe Kasten S. 61) sind aller- lung und die dings nur wenige Teile übrig Rennsemmel geblieben (z. B. Tür- und Dach- schießt wie von der Ta- rahmen). Der Rest der spekta- rantel gestochen aus den Startlöchern. Zurück bleiben Ich liebe kleine zwei schwarze Striche auf dem Asphalt. Autos. Sie sind tolle Die Elektronik der in neun Stufen einstellbaren Startauto- Spielzeuge! Retro-Attacke: Weckt das Design irgendwelche matik ist voll damit beschäftigt, Georg Pacher, Rennfahrer Erinnerungen? Ja! Die Basis dieses Bonsai- die Hinterrädern kurz vor der Renners ist der Fiat-500-Zwilling Puch 650 Grenze zum völligen Durch- kulären Karosserie ist komplett drehen zu halten. Ich habe alle aus Kunststoff. Der 1300-Ku- & Technik Hände voll zu tun, den fröhlich bikzentimeter-Motor stammt t mit dem Heck wedelnden PS- von einer Suzuki Hayabusa. Zwerg auf Kurs zu halten. Ge- Chassis und Fahrwerk sind ei- nauer gesagt nur die linke ne Eigenentwicklung. „Wir ha-

Tes Hand, die rechte kriege ich ben das Reglement der FIA-

58 AUTO BILD motorsport I Nr. 14 • 4. Juli 2008 4. Juli 2008 • Nr. 14 I AUTO BILD MOTORSPORT 59 Test & Technik Tracktest

GT-Weltmeisterschaft zu- III leistet 270 PS – standfest. auf der Hinterachse lassen grunde gelegt“, beschreibt Das ergibt bei einem Leerge- schier unglaubliche Kurven- Zwergenaufstand: Der Puch im Überblick Pacher. wicht von 525 kg ein Leis- geschwindigkeiten zu. Beim 270-PS-Suzuki-Motor Schon Anfang des vorigen Jahrhun- Im Hauptberuf Bauleiter, tungsgewicht, das sogar ein bis 11 000 Touren drehenden macht ordentlich Krach derts fertigte Puch in (Öster- weiß der Tiroler auch als DTM-Auto übertrifft: Ein PS Motor geht ohne hohe Touren reich) neben Fahrrädern und Motor- Rennfahrer ziemlich genau, hat nur 1,94 kg Gewicht zu gar nix. Nur „Drifts à la Kart“ rädern auch Autos. Durch verschiede- was er tut. Zum einen geht er bewegen (DTM: 2,23 kg). funktionieren nicht. „Du ne Fusionen entstand 1934 die Steyr- seit Jahrzehnten in den un- fährst entweder sauber ums Daimler-Puch AG. terschiedlichsten Renndiszip- Eck, oder du drehst dich“, Mein nächstes Die Firma machte sich mit Lkws und linen an den Start (u. a. Tou- warnt Pacher grinsend. Geländewagen für das Militär (z. B. renwagen-Europameister- Auto soll mehr als Bei Bergrennen in Öster- Pinzgauer, Haflinger) einen Namen. schaft, diverse Porsche-Mar- reich, Italien und Deutsch- Ab 1959 ermöglichte Steyr-Puch mit kenpokale). Zum anderen ist 300 PS haben land ist der Puch der unange- der Lizenzfertigung des die es ihm gelungen, eine Hand- Georg Pacher, Besitzer des Power-Puch fochtene Publikumsliebling. Massenmotorisierung in Österreich. voll ähnlich PS-Verrückter Aber Georg Pacher hat schon um sich zu scharen. Aufgebaut hat den Power- längst den nächsten Pfeil im Motorenmann Hubert Puch Walter Pedrazza (PRC Köcher: Codename PRC 650 Stockhammer arbeitet bei steht für Pedrazza Racing TR IV. „Wir sind gerade da- KTM. Und half dem Hayabu- ). Mit einer handwerkli- bei, eine Kompressoranlage sa-Triebwerk auf die Sprün- chen Qualität und Liebe zum für den Hayabusa-Motor zu ge. „Der Vorgänger TR II hat- Detail, die sich vor keinem entwickeln“, verrät er mit ei- te noch den Original-Puch- Werkswagen zu verstecken nem spitzbübischen Lächeln. Power-Puch-Evolution: der neue braucht. „Das größte Problem „Das Ziel sind deutlich über TR III vor TR II (M.) und TR I (r.) war, die Technik unter der 300 PS.“ Es gibt eben doch sehr kleinen Karosserie un- noch wilde Kerle, die einen Mit zum Teil eigener Technik (z. B. grö- terzubringen“, resümiert Pa- Puch mit 270 PS für untermo- ßere Motoren) traten die Steyr-Puch cher. Jeder Quadratzentime- torisiert halten … im Motorsport gegen ihre italieni- ter ist irgendwie genutzt: Die Christian Schön schen Vorbilder an. Georg Pacher belebte die Legende Anlenkung der Vorderachse wieder – in Form seiner Power-Puch. endet unter dem Fahrersitz. Nach dem PRC TR I (140 PS) ließ er den Der Pilot steigt nicht in den FAZIT TR II bauen (220 PS). Der TR III ist der So ungefähr muss sich Baron Bonsai-Racer ein. Er stülpt bisherige Leistungsgipfel (270 PS). Der Schein trügt: ABMS-Tester ihn sich vielmehr über. Wie Münchhausen beim Ritt auf Schön ist nicht 2,50 Meter groß einen Maßanzug! Und fährt der Kanonenkugel gefühlt den Power-Puch wie ein zu haben. Der Hayabusa-Motor katapultiert das Leichtgewicht Zweizylinder im Heck“, er- groß geratenes Kart. Der kur- geradezu von Kurve zu Kurve. Bergrennen im Überblick zählt Pacher. „Aber mit Kom- ze Radstand in Verbindung Trotz des Überschusses an Vor dem Zweiten Weltkrieg waren Sie- pressor und 220 PS war der mit der überbreiten Spur, den Motorkraft ist der Power-Puch ge bei Bergrennen beinahe so wertvoll am Limit. Wir hatten ständig superweichen Reifen und ei- das handlichste Rennauto, das wie Erfolge im Grand-Prix-Sport. Eini- Motorschäden.“ Der Suzuki- ner Gewichtsverteilung von ich jemals gefahren bin – und ge der berühmtesten Fahrer wie Bernd Vierzylinder des PCR 650 TR 40 Prozent vorn zu 60 Prozent das liebenswerteste sowieso. Rosemeyer oder Hans Stuck traten re- gelmäßig vor Zehntausenden von Zu- schauern an. Legendär war z. B. die 1 2 3 TECHNISCHE DATEN Strecke Schauinsland (Schwarzwald). Messwerte „Power-puch“ PRC 650 TR III Nach einem kurzen Zwischenhoch in Beschleunigung 0–100 km/h 3,7 Sekunden 0–200 km/h keine Angabe Höchstgeschwindigkeit 258 km/h Bremsweg aus 100 km/h keine Angabe Kraftstoffverbrauch ca. 26 l/100 km fahrzeugdaten „Power-puch“ Prc 650 tr III Cockpit: (1) Verstellknopf der Startautomatik mit 9 Stufen. (2) Flaches Motor: Bauart/Einbaulage 4 Zylinder in Reihe/hinten quer Lenkrad wie im Formel-Flitzer. (3) Sicherheitstank als Beifahrer. (4) Leichtbau extrem: Löcher im Tür- Windspiel: Der Diffusor unterm Hubraum 1320 cm3 Ventile/Nockenwellen Wenig Platz im Fußraum (5) Der Arbeitsplatz des Fahrers ist richtig eng griff zwecks Gewichtsersparnis Heck sorgt für Anpressdruck 4 pro Zylinder/2 Der Berg ruft: Keil unters Rad, Nockenwellenantrieb Kette damit der Prototyp starten kann 4 5 Max. Leistung bei Drehzahl 270 PS bei 9200 U/min Max. Drehmoment bei Drehzahl 137 Nm bei 7500 U/min den 1960er-Jahren nahm die Bedeu- Literleistung 204,5 PS/Liter tung allmählich ab. Getriebe 6-Gang sequenziell Heute fahren vor allem Amateure Berg­ Antrieb Hinterrad rennen. Sie bauen technisch oft auf- Länge/Breite/Höhe/Radstand 3400/1770/1224/1940 mm wendige Spezialfahrzeuge. Zugelassen Reifentyp Avon Slicks & Technik Reifengröße (v/h) 8,7/21,5/15 und 9,5/23,0/15 sind fast alle bekannten Klassen, vom t Leergewicht 525 kg Oldtimer über Ex-DTM-Boliden bis zum Leistungsgewicht 1,94 kg/PS Formel 3000. Der besondere Reiz: Groß-Mutter: Die Felgen haben Er lebe hoch: Eine pneumatische Erlaubt sind großzügigere Modifika­ Tankinhalt/Kraftstoffsorte 40 l/Rennbenzin (100 Oktan) Daniel Roeseler einen Zentralverschluss Hebeanlage für flotte Radwechsel Preis keine Angabe tionen als im Rundstreckensport. Tes Fotos:

60 AUTO BILD motorsport I Nr. 14 • 4. Juli 2008 4. Juli 2008 • Nr. 14 I AUTO BILD MOTORSPORT 61