Naturschutzkonzept

für den

Forstbetrieb Sonthofen

Abbildung 1: Prinscher Alpe im Revier Sonthofen West (Foto: H. Heinl)

Stand: August 2014

Verantwortlich für die Erstellung: Bayerische Staatsforsten Bayerische Staatsforsten , Zentrale Forstbetrieb Sonthofen Bereich Waldbau, Naturschutz, Jagd u. Fischerei Forstbetriebsleiter Karl Kleiter Naturschutzspezialist Süd Klaus Huschik Bismarckstraße 1 Hindenburgstraße 30 87527 Sonthofen 83646 Bad Tölz

Hinweis Alle Inhalte dieses Naturschutzkonzeptes, insbesondere Texte, Tabellen und Abbildungen sind urhe- berrechtlich geschützt (Copyright). Das Urheberrecht liegt, soweit nicht ausdrücklich anders gekenn- zeichnet, bei den Bayerischen Staatsforsten . Nachdruck, Vervielfältigung, Veröffentlichung und jede andere Nutzung bedürfen der vorherigen Zustimmung des Urhebers.

Wer das Urheberrecht verletzt, unterliegt der zivilrechtlichen Haftung gem. §§ 97 ff. Urheberrechtsge- setz und kann sich gem. §§ 106 ff. Urheberrechtsgesetz strafbar machen.

2 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

Inhaltsverzeichnis 1 ZUSAMMENFASSUNG ...... 5

2 ALLGEMEINES ZUM FORSTBETRIEB SONTHOFEN ...... 8

2.1. Kurzcharakteristik für den Naturraum ...... 8

2.2. Ziele der Waldbewirtschaftung ...... 13

3 NATURSCHUTZFACHLICHER TEIL ...... 16

3.1. Einteilung der Wälder nach ihrer naturschutzfachlichen Bedeutung ...... 16

3.1.1. Alte naturnahe und seltene Waldbestände (Klasse 1) ...... 18 3.1.2. Ältere naturnahe Waldbestände (Klasse 2) ...... 19 3.1.3. Jüngere naturnahe Waldbestände (Klasse 3) ...... 21 3.1.4. Übrige Waldbestände (Klasse 4) ...... 23 3.2. Management von Totholz und Biotopbäumen ...... 24

3.2.1. Biotopbäume ...... 24 3.2.2. Totholz ...... 27 3.3. Naturschutz bei der Waldnutzung ...... 31 3.4. Schutz der Feuchtstandorte, Gewässer und Quellen ...... 35

3.4.1. Au-, Sumpf- und Schluchtwälder ...... 35 3.4.2. Moorwälder ...... 38 3.4.3. Waldfreie oder gehölzarme Moorflächen ...... 39 3.4.4. Sonstige waldfreie Flächen auf feuchten Standorten ...... 42 3.4.5. Standgewässer, Fließgewässer, Verlandungsbereiche ...... 43 3.4.6. Quellen ...... 45 3.5. Schutz der Trockenstandorte ...... 49

3.5.1. Schutz der Wälder auf trockenen Standorten bzw. Sonderstandorten ...... 49 3.5.2. Waldfreie Trockenflächen ...... 50 3.6. Ausgewiesene Schutzgebiete ...... 52

3.6.1. Naturschutzgebiete (NSG) ...... 52 3.6.2. Naturwaldreservate (NWR) ...... 55 3.6.3. Natura 2000: Fauna-Flora-Habitat-Gebiete (FFH) ...... 59 3.6.4. Natura 2000: Vogelschutz-Gebiete (SPA-Gebiete) ...... 71 3.6.5. Naturpark ...... 74 3.6.6. Landschaftsschutzgebiete ...... 75 3.6.7. Geschützte Landschaftsbestandteile ...... 75 3.6.8. Naturdenkmale und Geotope ...... 75 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 3

3.7. Management von Offenlandflächen und Artenschutzmaßnahmen an Gebäuden ...... 77

3.7.1. Management von Offenlandflächen ...... 77 3.7.2. Artenschutzmaßnahmen an Gebäuden ...... 79 3.8. Spezielles Artenschutzmanagement ...... 80

3.8.1. Vögel ...... 81 3.8.2. Reptilien ...... 85 3.8.3. Fledermäuse ...... 86 3.8.4. Pflanzen ...... 86 3.9. Kooperationen...... 86 3.10. Interne Umsetzung ...... 88

4 GLOSSAR ...... 90

5 BILDNACHWEISE ...... 93

4 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

1 Zusammenfassung

Im Zuge ihres Nachhaltigkeitskonzepts haben die Bayerischen Staatsforsten Ziele für den Na- turschutz im Wald festgelegt. Das Naturschutzkonzept enthält detaillierte Aussagen zum Na- tur- und Artenschutz in den Staatswäldern des Freistaats Bayern und wurde in einem 10- Punkte-Programm veröffentlicht. Im Regionalen Naturschutzkonzept werden diese Vorgaben auf Forstbetriebsebene in konkrete Handlungsanweisungen umgesetzt und regionale Beson- derheiten des Naturschutzes herausgearbeitet.

Übergeordnetes Ziel der Naturschutzarbeit im Forstbetrieb Sonthofen ist die Erhaltung und Schaffung von naturnahen Bergmischwäldern mit den daran gebundenen Lebensgemein- schaften. Die Weißtanne erfährt dabei eine besondere Berücksichtigung. Durch einen inte- grierten Schutzansatz werden mit dem Erhalt von alten Waldbeständen und dem Totholz- und Biotopbaumprogramm die Ansprüche des Artenschutzes zielführend abgedeckt. Darüber hin- aus sind besonders wertvolle Flächen komplett oder weitestgehend in Hiebsruhe gestellt, bzw. werden rein nach naturschutzfachlichen Erfordernissen bewirtschaftet.

Der Forstbetrieb umfasst eine Gesamtfläche von 18.373 ha. Trotz des hohen Nadelholzanteils haben die Wälder des Forstbetriebs in der Region eine hohe naturschutzfachliche Bedeutung, was sich in 8.715 ha FFH-, 2.883 ha SPA- und 8 Naturschutzgebieten mit einer anteiligen Fläche von 2.845 ha widerspiegelt. Diese Schutzgebiete überlappen sich auf großen Flächen. In allen Schutzgebieten werden die jeweiligen Schutzziele konsequent verfolgt. Dabei wird mit den zuständigen Behörden vertrauensvoll und konstruktiv zusammen gearbeitet.

Im Flachlandteil des Forstbetriebs beträgt die Holzbodenfläche 5.573 ha. Hier nehmen an den naturnahen Waldbeständen die der Klasse 3 (jünger als 140 Jahre) mit rund 526 ha den größ- ten Anteil ein. Allerdings sind davon nur knapp 23 ha älter als 100 Jahre. Ältere naturnahe Klasse 2-Waldbestände (Durchschnittsalter von 140 bis 179 Jahren) sind lediglich auf 4 ha vorhanden. Die Waldbestände der Klasse 1 mit insgesamt 118 ha bestehen fast ausschließlich aus Naturwaldreservaten.

Die Holzbodenfläche im Hochgebirge beträgt 9.836 ha. Naturnahe Bergwaldbestände der Klasse 1 bis 3 nehmen mit ca. 3.330 ha knapp ein Drittel der Holzbodenfläche im Hochgebirge ein. Den Schwerpunkt der naturschutzfachlich bedeutenden Flächen bilden dort die Klasse 1 und 2-Waldbestände mit rund 1.600 ha und einem Durchschnittsalter ab 140 Jahren. Dazu gehören auch mit Bäumen bestockte Grenzstandorte in den höheren Lagen der Alpen. Die Waldfläche in den Naturwaldreservaten im Hochgebirge beträgt rd. 111 ha.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 5

Waldbestände auf Feucht-, Trocken- und Sonderstandorten (ohne Latschen- und Grünerlen- gebüsche), die nach § 30 BNatSchG geschützt sind, kommen im Forstbetrieb auf rund 1.400 ha vor und erfahren eine gesonderte, angepasste Waldbehandlung. Der Schwerpunkt liegt dabei auf 1.050 ha Moorwälder verschiedener Ausprägung.

Offenlandlebensräume auf feuchten Standorten, die nach § 30 BNatSchG geschützt sind, wur- den auf rund 845 ha erfasst. Naturschutzrelevante Trockenflächen des Offenlandes kommen auf 1.051 ha vor.

Der Schwerpunkt der naturschutzfachlichen Arbeit des Forstbetriebs ist ausgerichtet auf die nachhaltige Sicherung, ggf. Wiederherstellung, Entwicklung und Vernetzung der Vielfalt an Lebensräumen und Arten. Im Rahmen des integrativen und naturnahen Bewirtschaftungsan- satzes steht dabei die gesamte Waldfläche im Fokus, wobei je nach naturschutzfachlicher Wertigkeit flächendifferenziert vorgegangen wird.

Aus einer sehr artenreichen Tier- und Pflanzenwelt ragt eine Fülle seltener Arten hervor. Da- runter alle Raufußhühner, alle heimischen Specht- und Eulenarten, Schwarzstorch, Steinadler, Wanderfalke sowie verschiedene Fledermausarten und das Murmeltier. Sie sind weitere Be- lege für die Vielfalt und Naturnähe des Gebiets.

Ein besonderer naturschutzfachlicher Schwerpunkt kommt dem Auerwild zu. Neben der na- turnahen Waldbewirtschaftung werden in ausgewählten Flächen auch Lebensraumverbesse- rungen durchgeführt.

Naturnahe Waldwirtschaft in Form von Einzelbaumentnahme, trupp- und gruppenweiser Be- standsinnenarbeit zum Erhalt und zur Erzielung gemischter und strukturreicher Wälder steht im Mittelpunkt aller bewirtschafteten Bestände in sämtlichen Waldklassen. Dabei wird dem Schutz von besonderen Nischen wie Biotop- und Höhlenbäumen, Kleinstlebensräumen oder Totholz besondere Aufmerksamkeit zu Teil.

Diese seit Jahren praktizierte naturnahe Waldbewirtschaftung erhält und schafft Lebensraum für seltene Tier- und Pflanzenarten. Der Forstbetrieb Sonthofen arbeitet als Teil der Bayeri- schen Staatsforsten im Anhalt an den Art. 18 BayWaldG, wonach der Staatswald dem allge- meinen Wohl in besonderem Maße dient und daher vorbildlich zu bewirtschaften ist. Die Wald- baugrundsätze der Bayerischen Staatsforsten sind auf die gesetzlich vorgegebene Optimie- rung des Gesamtnutzens aller Waldfunktionen ausgerichtet.

6 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

Bei allen Maßnahmen im Wald sind die Belange des Naturschutzes zu berücksichtigen. Ziel ist dabei, die natürlichen Lebensräume, vor allem der an den Wald gebundenen Tier- und Pflanzenarten, zu erhalten und zu verbessern. Die dynamischen Entwicklungen im Ökosystem Wald werden dabei stets im Auge behalten und genießen i. d. R. den Vorrang vor einem sta- tisch konservierenden Schutzansatz.

Zu den Naturschutzbehörden, zu regionalen Gruppen der Naturschutzverbände und zur Wis- senschaft bestehen gute Verbindungen. Die projektbezogene Zusammenarbeit soll hier auch in Zukunft vertrauensvoll fortgesetzt werden.

Mit dem vorliegenden „Regionalen Naturschutzkonzept“ leisten wir einen verbindlichen Beitrag zur nachhaltigen Sicherung der biologischen Vielfalt in unseren Wäldern. Die besondere Na- turausstattung unserer Wälder und Offenlandlebensräume ist uns Verpflichtung und Ansporn zugleich.

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2 Allgemeines zum Forstbetrieb Sonthofen

2.1. Kurzcharakteristik für den Naturraum

Lage

Der Forstbetrieb Sonthofen erstreckt sich auf einer Gesamtfläche von 18.373 ha mit einer Nord-Süd-Ausdehnung von ca. 60 km von den Allgäuer Hochalpen bis nach Kempten und einer Ost-West-Ausdehnung von ca. 90 km vom Bodensee bis nach Füssen.

Die Holzbodenfläche beträgt rund 15.410 ha. Der Forstbetrieb gliedert sich in acht Reviere, wobei die Reviere Sonthofen West (R 6) und Ost (R 4) sowie Kürnach Süd (R 10) und Nord (R 12) zum Hochgebirge zählen. Die Reviere Kempter Wald (R 2), Sulzschneider Wald (R 3) und (R 9) gehören zum Flachland. Das Revier -Lindau (R 8) besteht aus Hochgebirgs- und Flachlandteilen.

Waldgeschichte

Seit dem frühen Mittelalter dienten die Wälder im Bereich Sonthofen-Hindelang zur Brennholz- versorgung für die Eisenerzverhüttung, im Bereich der Kürnach für die Glaserzeugung. Groß- kahlschläge begünstigten bei den nachfolgenden Saaten die einfach zu verjüngende Baumart Fichte. Die Flächen der standortheimischen Bergmischwälder sind daher eher gering, gleich- altrige zum Teil gepflanzte Fichtenreinbestände dominieren immer noch das Waldbild. Gleich- wohl gibt es Flächen, die seit jeher nur extensiv genutzt wurden, wodurch naturschutzfachlich wertvolle Waldbilder entstanden und erhalten geblieben sind.

Die stärkste Veränderung der Naturlandschaften im Allgäu erfolgte durch die Alpwirtschaft mit umfangreichen Waldrodungen. Urkundlich ist die erste Alpe 1059 in Gunzesried erwähnt. Das Allgäu hat daher einen vergleichsweise geringen Waldanteil von rund 30 %.

Jagdbetrieb

Die Jagd übten bis 1848 die Grundherren – Bischöfe von Augsburg, Fürstabt von Kempten, Grafen von Montfort – aus. Nach Ende des Jagdregales 1848-1850 mit freier Jagd der Grund- eigentümer wurden die Schalenwildbestände stark dezimiert und das Rotwild regional sogar ausgerottet. Ab 1850 begann dann die Ära der Hege mit Zunahme der Wildbestände, Ausbrei- tung von Rotwild und Wildschäden am Wald.

8 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

Ab 1970 setzte eine Ära der Waldgesinnung ein, die im Allgäu zunehmend die Schutzfunktio- nen des Bergwaldes herausstellte – Schutzwaldsanierungsprogramm (Beschluss des Bayeri- schen Landtags 1984, Start des Programms 1986) – und eine waldorientierte Jagd mit Reduk- tion der überhöhten Rot-, Reh- und Gamswildbestände auf Staatsjagdflächen einleitete.

Im Jagdbetrieb des Forstbetriebs wird einerseits streng auf waldangepasste Schalenwildbe- stände geachtet, andererseits werden oberhalb der Waldgrenze Zonen mit geringem Jagd- druck geschaffen.

Wuchsgebiete

Der Forstbetrieb erstreckt sich auf einer Gesamtfläche von 18.373 ha über die Wuchsgebiete Schwäbisch-Bayerische Jungmoräne und Molassevorberge (WG 14) und Bayerische Alpen (WG 15). Diese verteilen sich auf sechs Wuchsbezirke.

Tabelle 1: Wuchsbezirksübersicht Wuchsgebiet Wuchsbezirk ha %-Anteil Schwäbisch-Bayerische Bayerische Bodenseelandschaft 423 2 14 Jungmoräne und Schwäbische Jungmoräne und 5.328 29 Molassevorberge Molassevorberge Kürnacher Molassebergland 3.490 19 Allgäuer Molassevoralpen 2.021 11 15 Bayerische Alpen Allgäuer Flysch-und 4.410 24 Helvetikumvoralpen Allgäuer Hochalpen 2.756 15

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 9

Abbildung 2: Wuchsgebietsübersichtskarte (Waldflächen Forstbetrieb Sonthofen dunkelblau)

Höhenlage und Klima

Die Höhenlagen reichen von 400 m (Lindau) bis 2.320 m (Fellhorngebiet) ü. NN. Das Klima unterscheidet sich mit Jahresniederschlägen zwischen 1.000 mm bis 2.500 mm und Jahres- durchschnittstemperaturen von 4 °C (subalpine Zonen) bis 9 °C (Bodensee) deutlich zwischen Flachland und Hochgebirge.

Standortsverhältnisse im Hochgebirge (9.836 ha)

Der Anteil flachgründiger Standorte liegt mit 12 % für Hochgebirgsverhältnisse sehr niedrig. Etwa 46 % der Standorte im Hochgebirge gehören den Standortgruppen der mäßig frischen bis frischen und frischen Standorte an. Sie bieten hervorragende Ausgangsvoraussetzungen für das Waldwachstum, so dass die darauf stockenden Bestände ein entsprechend hohes Er- tragsniveau aufweisen. 40 % hangfeuchte bzw. nasse Standorte verdeutlichen die Notwendig- keit, stabile Bergmischwaldbestände mit hohen Tannenanteilen zu begründen.

10 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

1% 2% 12% mäßig trockene Standorte 15% mäßig frische bis frische Standorte

frische Standorte 1% 13%

hangfeuchte, hangwechselfeuchte Standorte (starkt) wechselfeuchte Standorte

23% feuchte, nasse Standorte

Moore

33% nicht standortkartiert

Abbildung 3: Anteile der Standorteinheitengruppen (Hochgebirge)

Standortsverhältnisse im Flachland (5.573 ha)

Stabile Standortsverhältnisse sind nur auf rund 20 % der Flachlandfläche anzutreffen. Es über- wiegen vom Wasserüberschuss geprägte Standorte (60 % wechselfeuchte, feuchte und nasse Standorte), darunter auch 18 % Moore.

2% 3% mäßig trockene Standorte 18% 17% mäßig frische bis frische Standorte

frische Standorte

hangfeuchte, hangwechselfeuchte Standorte 17% mäßig wechselfeuchte Standorte

(starkt) wechselfeuchte Standorte 22% feuchte, nasse Standorte

14% Moore 7%

Abbildung 4: Anteile der Standorteinheitengruppen (Flachland)

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 11

Natürliche Waldgesellschaften

Potenzielle natürliche Waldgesellschaften mit führender Buche sind im Forstbetrieb Sonthofen nur nordwestlich des Bodensees mit kleinen Flächenanteilen vertreten.

Ab der submontanen Stufe bilden Bergmischwälder auf den restlichen Flächen des Forstbe- triebs in unterschiedlichsten Ausprägungen die natürliche Leitgesellschaft mit den Haupt- baumarten Fichte, Tanne und Buche. Die Anteile der drei Baumarten variieren in Abhängigkeit vom Wuchsbezirk, von der Bodenbeschaffenheit, der Exposition und der Höhenlage des je- weiligen Bestandes. Sowohl Fichte als auch Tanne oder Buche können dabei zur führenden Baumart werden (s. Tabelle 2). Die Edellaubhölzer Esche und Bergahorn sind stetig aber mit wechselnden Anteilen beigemischt.

Tabelle 2: Leitgesellschaften und natürliche Baumartenzusammensetzung im Forstbetrieb Sonthofen natürliche Baumarten - Wuchsbezirk Leitgesellschaften zusammensetzung Bayerische Bodenseelandschaft Buchenwälder Buche - Tanne Schwäbische Jungmoräne und Bergmischwälder Buche - Tanne - (Fichte) Molassevorberge Kürnacher Molassebergland Bergmischwälder Tanne - Buche - Fichte Allgäuer Molassevoralpen Bergmischwälder Fichte - Tanne - Buche Allgäuer Flysch- und Helvetikum- Bergmischwälder Fichte - Tanne - Buche voralpen Allgäuer Hochalpen Bergmischwälder Fichte - Buche - Tanne

Ab der subalpinen Stufe lösen zunehmend reine Fichtenwälder die Bergmischwälder ab.

Aktuelle Baumartenzusammensetzung

Tabelle 3: Aktuelle Baumartenzusammensetzung im Forstbetrieb Sonthofen Flächenanteile in Prozent Wuchsgebiet Sonst. Fichte Tanne Kiefer Lärche Buche Edellaubholz Laubholz Flachland 64 3 6 1 7 7 12 Hochgebirge 66 5 0 19 5 5 Gesamtbetrieb 65 4 3 15 6 7

Die Waldbestände sind stark nadelbaumdominiert: Fichte, Tanne sowie Kiefer und Lärche er- reichen zusammen 72 %. Die Tannenanteile betragen in den über 140 Jahre alten Beständen noch 10-15 %, in der Alterspanne 40-120 Jahre weniger als 2 % und in den bis zu 40 Jahre alten Beständen wieder 4 %. Das Laubholz ist mit rd. 28 % in den Waldbeständen vertreten, davon rd. 15 % Buche (Flachland 7 %, Hochgebirge 19 %). Das sonstige Laubholz im Flach- land wird von der Schwarzerle (50 %) dominiert. Danach folgen Birke, Vogelbeere und Weide. Esche und Bergahorn stellen den Großteil der Baumartengruppe Edellaubholz.

12 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

Im Vergleich zu den natürlicherweise vorhandenen Waldgesellschaften ist der Laubholz- und Tannenanteil insgesamt noch zu gering vertreten. Das Allgemeine Bestockungsziel sieht da- her in den nächsten 50 Jahren eine Erhöhung der Anteile von Tanne und Laubholz vor.

2.2. Ziele der Waldbewirtschaftung

Bei der forstlichen Nutzung der Wälder ist es einerseits ein Gebot des Umweltschutzes, den nachwachsenden Rohstoff Holz der einheimischen Wirtschaft im nachhaltig möglichen Um- fang zur Verfügung zu stellen, vom hochwertigen Furnierholz über das Bauholz bis hin zum Brennholz für die örtliche Bevölkerung.

Anderseits ist die Bedeutung der Wälder für die Erhaltung der Artenvielfalt – Biodiversität – in verschiedensten Waldgesellschaften zu sichern. Mit konsequenter naturnaher Waldbewirt- schaftung können die Naturschutzziele durch Anwendung von integrativen Konzepten (z. B. Totholzkonzept), ergänzt um segregative Aspekte (z. B. Naturwaldreservate) sehr gut umge- setzt werden.

Der Forstbetrieb Sonthofen strebt langfristige Verjüngungsverfahren an und verzichtet grund- sätzlich auf Räumungen und Kahlhiebe. Vorrangiges waldbauliches Verfahren stellt die Fe- melwirtschaft in Verbindung mit Gruppenschirmstellungen dar. Im Hochgebirge sollen 10 bis 30 % des Altholzvorrates (bevorzugt Tanne, Buche und Bergahorn) in den Folgebestand über- nommen werden.

Ökologische Elemente wie Biotopbäume und Totholzvorräte werden in die regelmäßige Wald- bewirtschaftung auf ganzer Fläche integriert.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 13

Abbildung 5: Kleinfläche Verjüngungsstrukturen im Bergwald (Foto: K. Kleiter)

Folgende Ziele ergeben sich daraus für den Forstbetrieb Sonthofen:

• Der Wald ist so zu erhalten und zu gestalten, dass er seine jeweilige Funktionen best- möglich nachhaltig erfüllen kann. Eine der zentralen Aufgaben der Waldbewirtschaf- tung ist die Sicherung der Schutzfähigkeit des Waldes. • Altbestände müssen standortsgerecht in langfristigen Verjüngungsverfahren mit Be- standesinnenarbeit zur Erreichung des Bestockungszieles Bergmischwald verjüngt werden. • Sicherung eines ausreichenden Tannenvorausverjüngungsvorrates. • Frühzeitige Verjüngung der Fichtenbestände unter Ausnutzung des Naturverjüngungs- potentials aller Baumarten mit dem Ziel stabile und strukturreiche Mischbestände zu erzielen; Laubholz wo nötig anreichern. • In Pflegebeständen Erhaltung bzw. Verbesserung von Mischung und Struktur, daher extensive und gezielte Eingriffe. • In wüchsigen, erschlossenen Laubholzbeständen konsequente Pflege der Auslese- bäume sowie Sicherung eines ausreichend hohen Nadelholzanteils in der Verjüngung. • Der derzeitige Buchen- und Tannenanteil von 15 % bzw. 4 % soll langfristig auf 21 % bzw. 11 % erhöht und der potenziell natürlichen Vegetation angenähert werden.

14 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

Bezüglich der Intensität der Eingriffe ist sowohl bei Verjüngungs-, als auch bei Pflegemaßnah- men grundsätzlich zwischen Bergwald, wo die Erzeugung und Vermarktung von Holz im Fokus steht, und Schutzwald, wo die Schutzziele im Vordergrund stehen, zu unterscheiden. Im Schutzwald wird die Betriebsintensität auf diejenigen Maßnahmen abgestellt, die für die Erhal- tung und Verbesserung der Schutzfunktion erforderlich sind. Bei der Durchführung wird die wirtschaftlichste Variante ausgewählt.

Der Jagdbetrieb wird so organisiert, dass eine natürliche Verjüngung der im Altbestand vor- kommenden Baumarten bzw. die Pflanzung oder Saat von Hauptbaumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen möglich sind.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 15

3 Naturschutzfachlicher Teil

3.1. Einteilung der Wälder nach ihrer naturschutzfachlichen Bedeutung

Beim Forsteinrichtungsbegang 2010 wurden am Forstbetrieb Sonthofen neben den gesetzlich geschützten bzw. besonders wertvollen Biotopen naturschutzfachlich relevante Waldbestände oder Bestandsteilflächen nach dem Naturschutzkonzept der Bayerischen Staatsforsten (Stand: Juni 2010) ausgewiesen.

Für das Wuchsgebiet Hochgebirge wurde die durch die Forsteinrichtung vorgenommene Ein- teilung naturschutzrelevanter Waldklassen im Anhalt an die Anweisung zur „Erhebung natur- schutzrelevante Tatbestände in der Forsteinrichtung“ angepasst und aktualisiert (in Überar- beitung, Stand: 2014). Im 10-jährigen Turnus der Forsteinrichtung wird die Einteilung der Be- stände zukünftig überprüft und ggf. angepasst.

Die Wälder im Hochgebirge zeigen von Natur aus auf Grund klimatischer Faktoren eine deut- liche Höhen-Zonierung. Von den Buchenwäldern in den Talbereichen über die Bergmischwäl- der der mittleren Hanglagen bis hin zu den subalpinen Fichtenwäldern und der Krummholz- zone sind alle mitteleuropäischen Klimazonen vertreten.

Von Natur aus prägten im Flachland Buchenwaldgesellschaften das Waldbild. Eine intensive Bewirtschaftung hat das Erscheinungsbild der Wälder deutlich verändert, wodurch die Fichte zum mit Abstand häufigsten Waldbaum geworden ist.

Erfassungskriterien für naturnahe Waldbestände der Klassen 1 bis 3 im Hochgebirge

• Bergmischwälder: Bestände, die die Baumarten Fichte, Buche und Tanne mit einem Mindestanteil von je 5 % aufweisen. • Laubwälder: Bestände mit einem Mindestlaubholzanteil von 90 %. • Subalpine Fichtenwälder: Bestände ab einer Meereshöhe von 1.500 m. • Grenzstadien: Bestände auf klimatischen und/oder edaphischen Grenzstandorten für das Waldwachstum. • Sonstige naturnahe Wälder (z. B.: § 30-Wälder wie Schneeheide-Kiefernwald, Fichten- Karbonat-Blockwald, Lärchen-Zirben-Wald, Moorwald)

Das Mindestalter der naturnahen Bestände der Klasse 1 beträgt im Hochgebirge 200 Jahre.

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Tabelle 4: Anteile der Waldklassen an der Holzbodenfläche im Wuchsgebiet 15, Hochgebirge nach Revieren (bei Grenzstadien und Subalpinen Fichtenwäldern mit ideellen Teilflächen von Offenland wurde die Fläche zur Hälfte berücksichtigt) (Reviernamen siehe S. 8), Zahlen gerundet Sa. R 4 R 6 R 8 R 10 R 12 Waldklasse Subtyp Forstbetrieb ha ha % Naturwaldreservate 7 104 111 1,1 Alter Bergmisch- 73 3 76 0,8 1 Alter wald naturnaher Alter subalpiner 5 27 32 0,3 Waldbestand Fichtenwald ≥ 200 Jahre Altes Grenzstadium 20 1 21 0,2 Alter sonst. natur- 1 1 0,0 naher Waldbestand Summe Klasse 1 105 32 104 0 0 24 1 2,4 Älterer Berg- 274 426 333 52 4 1.089 11,1 mischwald Älterer Laubwald 4 9 13 0,1 2 Älterer Älterer subalpiner Naturnaher 39 139 178 1,8 Fichtenwald Waldbestand Älteres Grenz- 140- 17 12 6 35 0,4 stadium 199 Jahre Älterer sonst. natur- naher Wald- 42 4 46 0,5 bestand Summe Klasse 2 334 619 339 52 17 1.361 13,8 Jüngerer Bergmischwald 227 153 85 59 1 525 5,3 100-139 Jahre Jüngerer Bergmischwald 459 173 13 48 23 716 7,3 < 100 Jahre Jüngerer Laubwald 13 8 2 64 87 0,9 100-139 Jahre Jüngerer Laubwald 3 Jüngerer 36 37 54 32 23 182 1,9 < 100 Jahre naturnaher Jüngerer subalpiner Waldbestand Fichtenwald 14 14 0,1 < 140 Jahre 100-139 Jahre Jüngerer subalpiner Fichtenwald 5 27 32 0,3 < 100 Jahre Jüngeres Grenz- stadium 100- 2 3 4 0,1 139 Jahre Jüngeres Grenzsta- 83 84 2 169 1,7 dium < 100 Jahre Summe Klasse 3 825 491 162 141 111 1.730 17,6 4 Übrige Waldbe- Summe Klasse 4 1.785 1.621 724 1.192 1.182 6.504 66,2 stände Summe Holzbodenfläche WG 15 3.049 2.763 1.329 1.385 1.310 9.836 100 ,0

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 17

Tabelle 5: Anteile der Waldklassen an der Holzbodenfläche im Wuchsgebiet 14, Flachland nach Re- vieren (Reviernamen siehe S. 8), Zahlen gerundet Sa. Waldklasse Subtyp R2 R3 R8 R9 Forstbetrieb ha % 1 Alte natur- Alte naturnahe Waldbe- 0 0,0 nahe und sel- stände tene Waldbe- Seltene Waldbestände 1 1 0,0 stände Naturwaldreservate 60 44 14 117 2,1 Summe Klasse 1 60 44 15 11 8 2,1 2 Ältere natur- Ältere naturnahe Waldbe- nahe Waldbe- 4 4 0,1 stände 140-179 Jahre stände Summe Klasse 2 4 4 0,1 Jüngere naturnahe Waldbe- 11 5 6 23 0,4 3 Jüngere na- stände 100-139 Jahre turnahe Wald- Jüngere naturnahe Waldbe- bestände 101 240 91 72 504 9,0 stände 0-99 Jahre Summe Klasse 3 112 245 98 72 526 9,4

4 Übrige Wald- Waldbestände, die nicht in 2.030 1.555 304 1.034 4.924 88,4 bestände die Klassen 1 bis 3 fallen

Summe Holzbodenfläche WG 14 2.202 1.848 402 1.121 5.573 100 ,0

3.1.1. Alte naturnahe und seltene Waldbestände (Klasse 1)

Die noch verbliebenen alten Waldbestände sind ein entscheidendes Bindeglied zwischen dem früheren Urwald und dem heutigen Wirtschaftswald. Alte naturnahe Waldbestände zählen zu den großen Raritäten Mitteleuropas. Sie sind außerordentlich artenreich und deshalb wichtige Spenderflächen für die Wiederbesiedlung anderer Waldflächen. Ihr Erhalt hat hohe natur- schutzfachliche Bedeutung und ist eine entscheidende Voraussetzung für die Sicherung der Biodiversität.

Erfassung im Flachland

Zu den Waldbeständen der Klasse 1 im Flachland gehören die Naturwaldreservate „Senkele“, „Dürrerbühl“ und „Schönleitenmoos“ sowie ein seltener 180-jähriger Fichten-Buchenbestand im Wirlinger Wald mit einer Größe von 0,5 ha. Weitere alte naturnahe Bestände der Klasse 1 (über 180-jährige Buchenbestände bzw. 300-jährige Eichenbestände mit einem Anteil von mindestens 70 % der gesellschaftstypischen Baumarten) kommen im Flachland nicht vor. Ins- gesamt beträgt die Fläche der Klasse 1-Bestände rund 118 ha.

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Erfassung im Hochgebirge

Zu den über 200 Jahre alten Waldbeständen (Klasse 1) im Hochgebirge gehören die Waldflä- chen der Naturwaldreservate „Achrain“ und „Taufersalpschachen“ mit rd. 111 ha sowie rd. 76 ha Bergmischwälder, rd. 32 ha subalpine Fichtenwälder und rd. 21 ha Grenzstadien.

Von den Bergmischwäldern liegen rd. 73 ha im Revier Sonthofen Ost im Hintersteiner Tal und rd. 3 ha im Revier Sonthofen West. Die subalpinen Fichtenwälder verteilen sich mit rd. 5 ha bzw. rd. 27 ha ebenfalls auf die beiden Reviere. Über 200-jährige Grenzstadien kommen na- hezu ausschließlich im Revier Sonthofen Ost vor.

Insgesamt umfassen die Klasse 1-Waldbestände im Hochgebirge rund 246 ha. Dies entspricht gut 2 % der Holzbodenfläche in diesem Wuchsgebiet.

Ziele und Maßnahmen

Die derzeit vorhandenen Flächen dieser alten Waldbestände sind zu erhalten. Sie sollen sich weitgehend natürlich entwickeln und ihre Funktion zur Sicherung der Biodiversität möglichst optimal entfalten können. Sie sind dabei wertvollste Refugien für Urwaldreliktarten und dienen als Trittsteine für Arten, die auf hohe Totholzmengen und Sonderstrukturen angewiesen sind. In den Klasse 1-Beständen sind keine Holzernte-, Pflege- oder Pflanzmaßnahmen geplant. Hierdurch wird gewährleistet, dass sich in diesen Beständen Alters- und Zerfallsphasen aus- bilden können und lange erhalten bleiben.

Die bestehenden Vorgaben zur Arbeitssicherheit und zur Verkehrssicherung sind beim Um- gang mit den alten Waldbeständen zwingend zu beachten. Maßnahmen zur Sicherung der Schutzfunktion (einschließlich Waldschutz) sind vorrangig zu berücksichtigen.

3.1.2. Ältere naturnahe Waldbestände (Klasse 2)

Erfassung im Flachland

Zur naturschutzfachlichen Klasse 2 im Flachland zählen Bestände, die eine naturnahe Baum- artenzusammensetzung aufweisen und im Altersrahmen von 140 bis 179 Jahren liegen. Das bedeutet, dass mindestens 70 % der Bestandesfläche von Baumarten der natürlichen Wald- gesellschaft eingenommen werden.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 19

Im Forstbetrieb Sonthofen gibt es im Flachland lediglich im Revier Sulzschneider Wald Klasse 2-Bestände, die eine Gesamtfläche von 3,8 ha umfassen und sich auf fünf Bestände verteilen. Zwei davon sind über 140-jährige Mischbestände aus Tanne und Buche, die in Hiebsruhe bzw. in Langfristiger Behandlung stehen.

Erfassung im Hochgebirge

Waldbestände der Klasse 2 mit einem Bestandesdurchschnittsalter zwischen 140 und 199 Jahren wurden im Hochgebirge auf einer Fläche von 1.361 ha ausgewiesen. Das ent- spricht einem Anteil von rund 14 % an der Holzbodenfläche im Hochgebirge. Ältere Bergmischwälder nehmen in Klasse 2 mit rund 1.089 ha die größte Fläche ein. Den Bergmischwäldern folgen mit 178 ha ältere subalpine Fichtenwälder und mit 35 ha ältere Grenzstadien. Ältere Laubwaldbestände mit einem Laubholzanteil von mehr als 90 % kommen im Hochgebirge in der Klasse 2 auf 13 ha vor. Sie liegen in den Revieren Sonthofen Ost und Kürnach Nord und werden jeweils von der Rotbuche dominiert.

Die älteren sonstigen Waldbestände im Hochgebirge umfassen 46 ha. Es handelt sich um naturschutzfachlich besonders wertvolle Wälder, insbesondere alte tannenreiche Wälder im Revier Sonthofen West und im Revier Kürnach Nord.

Ziele und Maßnahmen

In den Beständen der Klasse 2 werden 40 Kubikmeter pro Hektar (m 3/ha) liegendes und ste- hendes Totholz (einschließlich Ast- und Stockholz) angestrebt. Diese Ziele sollen langfristig (in 20-30 Jahren) erreicht werden. Zudem werden in Klasse 2 als ständiges Inventar im Durch- schnitt zehn Biotopbäume pro Hektar angestrebt. Insbesondere alte Tannen und Bergahorne sowie deren Totholz sind für den Artenreichtum und als Vernetzungselement von herausra- gender Bedeutung und daher zu fördern. Bekannte Lebensstätten (Horst- und Höhlenbäume) werden vorrangig gesichert.

Biotopbäume und Totholz verbleiben bis zu ihrem natürlichen Zerfall im Bestand, um dauerhaft ein breites Spektrum an Zersetzungsphasen zu gewährleisten. 10 bis 30 % des Vorrats sollen in bewirtschafteten Beständen im Hochgebirge in die nächste Generation einwachsen. Bei der Anreicherung von stehendem Totholz müssen immer Verkehrssicherung und Arbeitssicherheit beachtet werden .

20 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

3.1.3. Jüngere naturnahe Waldbestände (Klasse 3)

Erfassung im Flachland

Die Zuordnung von Waldbeständen der Klasse 3 im Flachland erfolgte nach folgenden Krite- rien:

Führende Buchenbestände, Mischbestände aus Eiche, Buche und Edellaubholz sowie Be- stände mit führender Schwarzerle mit einem Anteil gesellschaftstypischer Baumarten von mehr als 70 % und einem Bestandesalter von 100 bis 139 Jahren.

Im Flachland wurden davon knapp 23 ha kartiert, die sich auf die Reviere Kempter Wald mit 11 ha und auf die Reviere Sulzschneider Wald und Oberstaufen-Lindau mit je 6 ha verteilen.

Erfassung im Hochgebirge

Zur naturschutzfachlichen Klasse 3 zählen im Hochgebirge alle Bergmischwälder, Laubwäl- der, subalpine Fichtenwälder und Grenzstadien mit einem Bestandesdurchschnittsalter zwi- schen 100 und 139 Jahren.

Jüngere Bergmischwälder der Klasse 3 (100 bis 139 Jahre) besitzen mit rd. 525 ha eine im Vergleich zu jenen der Klasse 2 geringere Flächenausstattung. Der Schwerpunkt liegt mit 227 ha im Revier Sonthofen Ost. In den Revieren Oberstaufen-Lindau und Sonthofen West sind es 85 ha bzw. 153 ha. Im Revier Kürnach Süd kommen sie auf 59 ha vor.

Naturnahe Bestände der Klasse 3 mit einem Bestandesalter von unter 100 Jahren nehmen im Flachland 504 ha ein, im Hochgebirge sind es rund 1.100 ha.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 21

Abbildung 6: Tannenreicher Bergmischwald der Klasse 3 im Distrikt Innere Scheue (Foto: K. Huschik)

Ziele und Maßnahmen

In den Klasse 3-Beständen werden ab dem Alter von 100 Jahren 20 Kubikmeter pro Hektar (m 3/ha) liegendes und stehendes Totholz (einschließlich Ast- und Stockholz) angestrebt. Diese Ziele sollen langfristig (in rund 20-30 Jahren) erreicht werden. Zudem werden als ständiges Inventar im Durchschnitt zehn Biotopbäume pro Hektar angestrebt. Insbesondere alte Tannen und Bergahorne sowie deren Totholz sind für den Artenreichtum und als Vernetzungselement von herausragender Bedeutung und daher zu fördern. Bereits in den jüngeren Beständen un- ter 100 Jahren werden gezielt Biotopbäume mit Strukturmerkmalen wie Brüchen oder Faul- stellen erhalten.

Biotopbäume und Totholz verbleiben bis zu ihrem natürlichen Zerfall im Bestand, um dauerhaft ein breites Spektrum an Zersetzungsphasen zu gewährleisten. Totholz und Biotopbäume aus der Verjüngungsnutzung werden in die nachfolgenden Jungbestände übernommen.

22 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

Abbildung 7: Laubholzreicher, bewirtschafteter Bergmischwald der Klasse 3 im Distrikt Riedberg (Foto: K. Huschik)

3.1.4. Übrige Waldbestände (Klasse 4)

In der Klasse 4 werden alle übrigen Waldbestände zusammengefasst, die nicht in die Klas- sen 1 bis 3 fallen. Bestände der Klasse 4 stocken im Flachland auf rund 4.924 ha (88 % der Holzbodenfläche im Flachland, Tabelle 5). Im Hochgebirge kommen die Bestände der Klasse 4 auf rund 6.500 ha vor, das entspricht etwa 70 % der Holzbodenfläche im Hochgebirge (s. Tabelle 4).

Ziele und Maßnahmen

Auch in den übrigen Waldbeständen soll Totholz vor allem von Baumarten der natürlichen Waldgesellschaft angereichert werden. Auf Grund der naturferneren Bestockung und auch im Hinblick auf den Waldschutz (Gefahr von Borkenkäferkalamitäten) liegen die Ziele hier deutlich unter denen der Klasse 2 und 3 Biotopbäume sollen auch in den Beständen der Klasse 4 angereichert werden, deren Zahl auf Grund der naturferneren Bestockung jedoch weniger als 10 Stück/ha betragen kann.

Auch in den übrigen Beständen der Klasse 4 werden nach Maßgabe der Waldbaugrundsätze der Bayerischen Staatsforsten die Belange des Naturschutzes in die Bewirtschaftung inte- griert.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 23

3.2. Management von Totholz und Biotopbäumen

Biotopbäume und Totholz sind eine wichtige Grundlage für die Artenvielfalt in den bewirtschaf- teten Wäldern. Sie bieten Nahrungs- und Nistmöglichkeiten für Insekten, Waldvogelarten und andere Wirbeltiere. Pilze, Flechten und weitere Pflanzenarten besiedeln oder zersetzen totes Holz und sind gleichzeitig wiederum Nahrungsgrundlage für viele Tierarten. Beispielsweise haben sich über 1.300 Käferarten und rund 1.500 Pilzarten auf das Leben in oder an abster- bendem und totem Holz spezialisiert.

Diese für die biologische Vielfalt unserer Wälder charakteristische Fülle an Arten, Lebenswei- sen und Überlebensstrategien kann durch die Bereitstellung von Totholz und Biotopbäumen auf einfache Weise erhalten und gefördert werden. Beides dient in besonderem Maße der Erhaltung der biologischen Vielfalt und ist somit integraler Bestandteil der naturnahen Wald- wirtschaft.

3.2.1. Biotopbäume

Entscheidend für Biotopbäume sind bestimmte Strukturmerkmale, die eine besondere Bedeu- tung für die biologische Vielfalt haben. Zu den wichtigsten Typen von Biotopbäumen gehören:

• Bäume mit Specht- oder Faulhöhlen, vor allem Bergahorn, Buche, Tanne • Horstbäume • hohle Bäume und „Mulmhöhlen-Bäume“ • teilweise abgestorbene Bäume • lebende Baumstümpfe • Bäume mit abgebrochenen Kronen oder Zwieseln • Bäume mit Pilzbefall

Biotopbäume sind lebende Bäume, ein Mindest-Brusthöhendurchmesser ist nicht erforderlich.

24 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

Abbildung 8: Eiben-Methusalem im Revier Sonthofen West (Foto: H. Heinl)

Besonders starke Bäume mit einem Brusthöhendurchmesser von mehr als 100 cm bei Fichte, Tanne und Lärche bzw. von über 80 cm bei allen übrigen naturschutzfachlich besonders wert- vollen Bäume werden als sogenannte „Methusaleme“ bezeichnet und in der Regel ungenutzt erhalten.

Ziele und Maßnahmen

In den Beständen der Klasse 2 und 3 werden durchschnittlich 10 Biotopbäume je Hektar an- gestrebt. In den Beständen der Klasse 4 werden vorzugsweise Biotopbäume der natürlichen Waldgesellschaft angereichert. Diese setzen sich im Bergmischwald hauptsächlich aus Fichte, Buche, Tanne und Bergahorn zusammen. Dem Bergahorn kommt eine hohe naturschutzfach- liche Bedeutung zu, u. a. da er schon bei relativ kleinen Dimensionen (ab BHD 60 cm) von einer artenreichen Flechtengemeinschaft besiedelt wird. Auf Grund der naturferneren Besto- ckung kann die Zahl der Biotopbäume in Beständen der Klasse 4 auch weniger als zehn Bio- topbäume pro Hektar betragen. Hierdurch sollen wertvolle Requisiten für Käfer, Pilze, Vögel, Fledermäuse, Flechten etc. geschützt und erhalten werden. Damit werden die Voraussetzun- gen geschaffen, die Arttraditionen an den nachfolgenden Bestand weiter zu geben.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 25

Die wichtigsten innerbetrieblichen Umsetzungshinweise zum Biotopbaum- und Totholzkon- zept (nicht erschöpfend) werden nachfolgend aufgeführt:

• Einzelstammweises Vorgehen: Bei der Hiebsvorbereitung ist bei jedem Baum zwi- schen Holzwert, ökologischem Wert und waldbaulicher Wirkung auf Nachbarbäume und Verjüngung abzuwägen. • Zu erhaltende Biotopbäume (v. a. Höhlen- und Horstbäume) werden im Rahmen der Hiebsvorbereitung im Forstbetrieb einheitlich markiert. Dies gilt insbesondere für Bio- topbäume, die nicht unmittelbar als solche erkennbar sind. Biotopbäume sind grund- sätzlich wie auch stehendes Totholz bis zum natürlichen Zerfall zu erhalten. Im Flach- land und in der Kürnach ist eine flächige Kartierung und dauerhafte Markierung der Höhlen- und Horstbäume geplant. • Versehentlich gefällte Bäume mit Höhlen oder auch hohle Bäume werden als liegendes Totholz bzw. liegende Röhre im Bestand belassen. • Der Arbeitssicherheit gebührt der Vorrang. Der sichere Umgang mit Totholz ist im Hin- blick auf die Arbeitssicherheit in einer Arbeitsanweisung für die Waldarbeiter geregelt. • Die Verkehrssicherheit besitzt Priorität, d. h. im Bereich von öffentlichen Straßen, Wan- derwegen, Erholungseinrichtungen oder Siedlungsbereichen werden Biotopbäume von denen eine Gefahr ausgeht gefällt und bleiben nach Möglichkeit liegen. Hierbei werden fallweise naturschutzrechtliche Prüf- und Erlaubnispflichten beachtet und ein- gehalten. • Minderheitenschutz für seltene Begleitbaumarten im Rahmen der Pflege. • Horstbäume werden besonders geschützt: o Keine Eingriffe in unmittelbarer Umgebung. o Bei seltenen und störungsempfindlichen Arten wie Schwarzstorch, Rotmi- lan, Fischadler, Uhu oder Wespenbussard finden während der Balz-, Brut- und Aufzuchtzeiten um den Horst/Brutplatz im Umkreis von 300 m keine forstlichen und jagdlichen Maßnahmen statt. Bei den Horst-/Brutplatz- schutzzonen orientieren sich die BaySF an den fachlich fundierten Vorga- ben der von der LWF veröffentlichten „Arbeitsanweisung zur Erfassung und Bewertung von Waldvogelarten in Natura 2000-Vogelschutzgebieten (SPA)“.

26 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

Abbildung 9: Schwarzstorchhorst mit Jungvögeln im Revier Kürnach Süd (Foto: J. E. Mayr)

• Altbestandsreste werden als Vernetzungselemente belassen. • Insbesondere dem Bergahorn kommt im nadelholzdominierten Gebirgswald eine hohe naturschutzfachliche Bedeutung für die Artenvielfalt und als Verbindungselement zu. Er wird deshalb besonders gefördert und erhalten. Im Hintersteiner Tal besteht eines der letzten Lungenflechtenvorkommen – Lobaria pulmonaria , Lobaria amplissima (sehr selten) – in Deutschland. Bei Hiebsmaßnahmen wird der Bergahorn möglichst ge- schont, bei schlechter Holzqualität wird grundsätzlich auf eine Nutzung verzichtet.

3.2.2. Totholz

Bei der Inventur 2010 wurde im Rahmen der Forsteinrichtung sowohl liegendes als auch ste- hendes Totholz (BHD ≥ 20 cm, über 1,30 m lang bzw. hoch) getrennt nach den Baumarten- gruppen Nadelholz und Laubholz sowie Zustandstypen und Zersetzungsgraden erfasst. Nicht eindeutig anzusprechendes Totholz wurde dem Nadelholz zugerechnet.

Von einer Erfassung ausgenommen blieb Totholz unter 20 cm Stärke bzw. der Länge von unter 1,3 m sowie Stock- und Wurzelholz. Die absolute Totholzmenge im Wald liegt demnach deutlich über der von der Inventur erfassten Menge.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 27

Die Totholzmenge über 20 cm BHD am Forstbetrieb Sonthofen beläuft sich insgesamt auf rund 227.000 m³. Dies entspricht etwa 5,3 % des gesamten stehenden Vorrats. Umgerechnet auf den Hektar Holzboden ergibt sich ein erfasster durchschnittlicher Totholzvorrat von rund 15 m³/ha Holzboden.

Bezieht man das Stockholz mit etwa 5 m³/ha (Bundeswaldinventur II) ein und rechnet den aufgenommenen Totholzvorrat auf die Kluppschwelle 7 cm (inkl. Kronenholz) hoch (Umrech- nungsfaktor 1,35 nach Christensen et al. 2005 1), beläuft sich der tatsächliche Totholzvorrat am Forstbetrieb Sonthofen auf 26 m³ Totholz/ha Holzbodenfläche.

Tabelle 6: Totholz (inkl. Stockholz und schwaches Totholz < 20 cm BHD)

Flachland Totholz Berg wald Schutz wald Hochgebirge Gesamtvorrat (m³) 101.000 226.000 327.000 Durchschnittsvorrat (m³/ha) 24 40 33

Flachland Forst- Totholz Wirtschaftswald Moorwald Flachland betrieb Gesamtvorrat (m³) 57.000 11.000 68.000 395.000 Durchschnittsvorrat (m³/ha) 12 14 12 26

Rund 83 % der Totholzvorräte des Forstbetriebs Sonthofen befinden sich im Hochgebirgsteil. Mit 327.000 m3 bzw. 33 m3/ha ist die Totholzmenge damit fast dreimal so hoch wie im Flach- land. Schwerpunkt sind hier vor allem die schwer zu bewirtschaftenden, steilen Schutzwaldla- gen, die einen Großteil des Totholzvorrates beherbergen (Ø 40 m3/ha!).

Die Verteilung der gemessenen Totholzmengen nach Stärkeklassen und Baumartengruppen ist in der nachfolgenden Abbildung für die Fläche des gesamten Forstbetriebes dargestellt.

1 CHRISTENSEN ET AL. (2005): Dead wood in European beech (Fagus sylvatica) forest reserves. For Ecol Manage 210: 267-282. 28 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

90.000

80.000

70.000

60.000

50.000 stehendes Totholz, m³ 40.000 nur Stammteil erhalten stehendes Totholz, 30.000 ganzer Stamm 20.000 liegendes Totholz

10.000

0 übriges übriges übriges Laubholz Laubholz Laubholz Nadelholz Nadelholz Nadelholz

Stärkeklasse I (20 - 35 cm) Stärkeklasse II (36 - 47 cm) Stärkeklasse III (> 47 cm)

Abbildung 10: Totholzvorräte nach Totholzkategorien, Stärkeklassen und Baumartengruppen

Die stark fichtendominierte Bestockung prägt auch die Baumartenzusammensetzung des Tot- holzes. Mit 89 % überwiegt der Nadelholzanteil.

Abbildung 11: Totholzreicher subalpiner Fichtenwald im Distr. 24 Schwarzenberg (Foto: K. Huschik)

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 29

Das für viele Totholzbewohner besonders wertvolle stärkere Totholz (ab 47 cm) umfasst 42 % des gesamten Totholzvorrats. 60 % des gemessenen Totholzes kommen in liegender Form vor, 15 % stehend als ganzer Stamm und 25 % als stehender Stammholzteil.

Differenziert man den Zersetzungsgrad des Totholzes so sind rd. 10 % vermodert, 80 % leicht bis deutlich zersetzt und 10 % noch nicht zersetzt.

Der höchste Anteil an Laubtotholz kommt im Wirtschaftswald im Flachland vor. Dies ist wohl auf die bewusste Schonung von älteren Laubbäumen und das Liegenlassen von Hiebsresten zurückzuführen. Die Aufarbeitung von Einzelwürfen bei Tanne und Laubholz (vor allem min- derwertiger Qualitäten) sollte auch in den intensiver bewirtschafteten Bereichen grundsätzlich unterbleiben.

Abbildung 12: Liegendes Laubtotholz im Revier Kürnach Süd (Foto: J. E. Mayr)

30 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

3.3. Naturschutz bei der Waldnutzung

Die Holznutzung, aber auch andere Maßnahmen im Zuge der Forstwirtschaft beeinflussen den Naturschutz und die Artenvielfalt im Wald. Bei überlegtem Vorgehen und guter Planung lassen sich ohne übermäßigen Aufwand Nutzung und Schutz verbinden. Die Rücksichtnahme auf die Belange des Naturschutzes, der Landschaftspflege und der Wasserwirtschaft ist gesetzlicher Auftrag bei der Staatswaldbewirtschaftung. Das Konzept der integrativen und naturnahen Forstwirtschaft bildet die Grundlage für die Waldbewirtschaftung im Forstbetrieb Sonthofen.

Ziele

• Erhaltung und Förderung der Artenvielfalt bei der Waldbewirtschaftung. • Erhaltung oder Schaffung standortgemäßer, naturnaher, gesunder, leistungsfähiger und stabiler Wälder unter Berücksichtigung des Grundsatzes „Wald vor Wild“. • Bodenschutz: Es findet grundsätzlich keinerlei Befahrung außerhalb der Rückegassen statt.

Praktische Umsetzung

Planung

• Vernetzung von ökologisch wertvollen Flächen. • Auf Brut- und Aufzuchtzeiten seltener und besonders sensibler Arten wird durch orga- nisatorische Maßnahmen nach Möglichkeit Rücksicht genommen, speziell bei der Jungbestandspflege.

Waldpflege und Holzernte

• Beim Auszeichnen der Hiebe werden vertikale und horizontale Strukturen angestrebt (Ziel: dauerwaldartige Strukturen). • Es erfolgen grundsätzlich keine Kahlschläge oder Räumungshiebe; Ausnahme ist das streifenweise Vorgehen – Saumschlag – in Fichtenbeständen auf labilen Standorten. Dort ist aufgrund der fehlenden individuellen Stabilität der Fichten eine Schirmstellung oder das Belassen von Altbestandsresten nicht möglich. • Reizvolle Einzelbäume und Baumgruppen werden belassen. • Pionierbaumarten (z. B. Weide, Aspe, Vogelbeere, Erle) und Sträucher werden bei der Jungwuchspflege belassen, soweit das Pflegeziel nicht gefährdet wird.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 31

• Weichlaubhölzer sind bei der Holzernte grundsätzlich zu belassen; aus technischen Gründen zwangsweise zu fällendes Weichlaubholz verbleibt als liegendes Totholz im Bestand. • Seltene Baumarten werden im Rahmen aller Eingriffe gefördert. • In nicht standortgerechten Fichtenreinbeständen werden Samenbäume von Baumar- ten der natürlichen Waldgesellschaft gefördert. • An die Standorte angepasste Nutzung von Kronenmaterial. Auf flachgründigen kalkal- pinen Standorten konsequentes Belassen von Kronenmaterial und Ästen im Bestand. • Angepasster Einsatz von Forsttechnik

Waldverjüngung

• Fichtenreinbestände werden in Mischbestände umgebaut. Nach der mittel- bis langfris- tigen Planung (Zeitraum rund 50 Jahre) sollen insbesondere die Anteile von Buche und Tanne erhöht werden (Bu: derzeit 15 % auf 21 %; Ta: derzeit 4 % auf 11 %).

Abbildung 13: freigestellter Tannenjungwuchs in üppiger Buchenverjüngung im Dist. Riedberg (Foto: K. Huschik)

32 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

• Unbestockte Teilbereiche in Kulturflächen belassen. • Fremdländische Baumarten (z. B. Douglasie) und Arten, die nicht zur natürlichen Wald- gesellschaft gehören, werden grundsätzlich nur gruppenweise beigemischt. • Gentechnisch verändertes Saat- und Pflanzgut wird nicht verwendet.

Waldschutz

• Der Einsatz von Pestiziden wird auf das absolut notwendige Maß beschränkt; Ziel ist ein vollständiger Verzicht. • Einer Holzwertminderung durch Insekten und Vermehrung der Nadelholzborkenkäfer wird durch rechtzeitige Holzabfuhr oder Verbringen von Nadelholz in Laubholzbereiche oder ins Freiland vorgebeugt. • Nach Möglichkeit werden Laubholzkronen im Bestand belassen. • Ausnahme: Rückegassen, Arbeitssicherheit und Verkehrssicherung. • Umgang mit Windwürfen: So extensiv wie möglich, so intensiv wie nötig. Waldschutz hat grundsätzlich Vorrang: großzügiger Trennschnitt bei Windwürfen mit aufgestellten Wurzeltellern.

Bau von Waldwegen (inkl. Rückewege)

• Neue Forststraßen sind nur in sehr geringem Umfang (Resterschließung) geplant. Rückewege werden zur Bringungsoptimierung als Erdwege bzw. auf Feuchtstandorten als befestigte Rückewege – Bodenschutz – nach Bedarf gebaut. • Grabenfräsen werden nicht eingesetzt, der Einsatz des Grabenräumgerätes erfolgt in sensiblen Bereichen nicht während der Entwicklungs- und Überwinterungsphase von wassergebundenen Tierarten. • Im Zuge von Wegeinstandhaltung oder -neubau werden weitere Trocken-/Feuchtbio- tope geschaffen.

Waldrandgestaltung

• An Waldsäumen und Waldinnenrändern werden insektenbestäubte Waldbäume, Wild- sträucher sowie Wildobst begründet oder gefördert. Da die Buche als Baumart der na- türlichen Waldgesellschaft teils sehr dominant ist, müssen die seltenen Mischbaum- und Straucharten durch periodische Zurücknahme der Buche gefördert werden. • Neben verschiedenen Straucharten, die als Nahrungsgrundlage für Insekten und Vögel dienen, werden seltene heimische Baumarten (z. B. Mehlbeere, Vogelkirsche) einge- bracht.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 33

Sonstige Arbeiten

• Farbmarkierungen werden soweit wie möglich reduziert oder so unauffällig wie möglich angebracht. Die deutliche Kennzeichnung von Rückegassen, Z-Bäumen, Biotopbäu- men sowie der zu entnehmenden Bäume bleibt davon unberührt. Beim Einsatz von Kleinselbstwerbern werden Farbmarkierungen zur Loseinteilung nur an Hölzern ange- bracht, die anschließend aufgearbeitet werden.

34 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

3.4. Schutz der Feuchtstandorte, Gewässer und Quellen

3.4.1. Au-, Sumpf- und Schluchtwälder

Das Ergebnis der Erhebung von Au-, Sumpf- und Schluchtwäldern mit Biotopcharakter nach § 30 BNatSchG im Rahmen der Forsteinrichtung 2011 zeigen die Tabelle 7 und Tabelle 8.

Au- und Sumpfwälder sind definiert im Bestimmungsschlüssel zu § 30-Wäldern (Bayerisches Landesamt für Umwelt, 05/2012 in Verbindung mit der Kartierhilfe für die gesetzlich geschütz- ten Waldbiotope, LWF 8/2002)):

1. Auwälder

• Grundwasserstand stark schwankend • Häufig bis sporadische Überschwemmungen oder Überstauungen (im Zusammenhang mit Fließgewässern) • Hartholzaue • Weichholzaue

2. Sumpfwälder

• Ständig vernässt (überrieselt, durchsickert) • Wenig schwankender, hoher Grundwasserstand • Anmoor- oder Gleyböden

Tabelle 7: Wälder und Gebüsche auf Feuchtstandorten mit Biotopcharakter ha Kategorie Waldgesellschaft WG 15 WG 14 Gesamt Schwarzerlen-Eschen-Bachauenwälder 22,9 10,0 32,9 Auwald Grauerlenwald 18,9 1,8 20,7 Präalpine Weidengebüsche und -wälder 0,4 0,4 Grünerlen- Subalpines Grünerlen-Krummholzgebüsch 96,7 96,7 gebüsch Schwarzerlen-Eschen-Sumpfwald 1,5 153,0 154,5 Bachrinnen-Quellwälder aus Eschen und Sumpfwald 9,2 4,7 13,9 Erlen Fichten-Schwarzerlen-Sumpfwald 6,9 77,7 84,6 Schluchtwald Eschen-Bergahorn Schlucht- und Blockwald 16,2 16,2 Gesamt 172,7 247,2 419,9

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 35

Tabelle 8: Wälder und Gebüsche auf Feuchtstandorten mit Biotopcharakter nach Revieren Grünerlen- Sumpf- Schlucht - Auwälder Gesamt Revier gebüsche wälder wälder ha ha ha ha ha Kempter Wald 0,8 4,7 5,5 Sulzschneider Wald 11,2 219,1 230,3 Sonthofen Ost 2,7 12,4 15,1 Sonthofen West 8,7 96,7 9,9 3,8 119,1 Oberstaufen-Lindau 0,2 5,0 5,2 Buchenberg 4,7 4,7 Kürnach Süd 12,6 12,6 Kürnach Nord 17,8 9,6 27,4 Sa . 54,0 96,7 253,0 16,2 419,9

Vorkommen

Am Forstbetrieb Sonthofen kommen rund 320 ha gesetzlich geschützte Au-, Sumpf- und Schluchtwälder sowie rund 100 ha Grünerlengebüsche vor.

Rund 87 % aller im Forstbetrieb vorkommenden Sumpfwälder befinden sich im Revier Sulz- schneider Wald. Davon sind 155 ha Schwarzerlen-Eschen-Sumpfwälder und 85 ha Fichten- Schwarzerlen-Sumpfwälder. Die Reviere Kürnach Süd und Kürnach Nord weisen mit rund 40 ha einen vergleichsweise hohen Anteil naturnaher Au- und Sumpfwälder auf. Allein entlang der Kürnach und der Goldach finden sich 22 ha Schwarzerlen-Eschen-Bachauenwälder, 8 ha Grauerlenwälder und 1 ha Sumpfwälder. Die Au- und Sumpfwälder stellen gemeinsam mit den Moorwäldern aufgrund ihrer Naturnähe, ihres großen Flächenumfangs und ihrer Vertei- lung wichtige Vernetzungselemente dar.

Schlucht- und Blockwälder wurden auf insgesamt 16 ha in 3 Beständen ausgewiesen. Der größte davon umfasst 10 ha im Trieblingertobel (Revier Sonthofen Ost). Im Hinteren Eubele und in der Rappenalpe des Revieres Sonthofen West liegen die beiden anderen Bestände.

Ziele und Maßnahmen

Ziel des Forstbetriebs ist der Schutz und Erhalt dieser Waldgesellschaften und ihrer Standorte. Auf Kahlschläge wird verzichtet.

Für die bachbegleitenden Wälder entlang der Kürnach sieht die Forsteinrichtung aktuell keine Nutzung vor. Entlang der Großen und Kleinen Goldach sind sehr maßvolle Nutzungssätze geplant. Bei Durchforstungsmaßnahmen werden vom Jungbestand bis zur Altdurchforstung konsequent die standortsheimischen Laubbaumarten gefördert. Ziel ist die Schaffung einer

36 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

naturnahen, gewässerbegleitenden Boden- und Gehölzvegetation. Bei Verjüngungsmaßnah- men werden gewässerbegleitend die standortsheimischen Laubbaumarten geplant und be- gründet.

Durch Rücknahme der standortswidrigen Nadelholzbestockung entlang der Gewässer wird zum einen die Belichtungssituation am Gewässer verbessert (Ausprägung der typischen Bo- denflora wird möglich). Zum anderen werden der Gewässerchemismus sowie die Situation für die Gewässerfauna begünstigt (kein Eintrag von Huminsäuren und besser verarbeitbare Laub- streu für Kleinlebewesen).

Die natürliche Gewässerverlagerung wird nur dort gesteuert, wo Gefahren für die Infrastruktur bestehen.

Bei der Bewirtschaftung von Wäldern auf mineralischen Weichböden gilt grundsätzlich:

• Witterungsangepasste Nutzung und Bringung (Frost- und Trockenphasen) • Reduzierung der Lasten zur Vermeidung des Bodendruckes • Aussetzen der Rückung in Nässephasen • Harvestereinsatz mit breiten Reifen und/oder Kettenfahrwerken • Forwarder mit Niederdruck-Breitreifen, Rückeraupeneinsatz • Selbstwerbereinsatz nur im reduzierten Rahmen mit Schlepperseil und/oder händi- scher Bringung • ggf. Horizontal-Seilbahn • Im Bedarfsfall Anlage von befestigten Rückewegen • Kleine Fichten-ZE-Anfälle (zufällige Ergebnisse = nicht geplante Nutzungen wie z. B. Windwürfe oder Borkenkäfer befallenes Holz) werden handentrindet und nicht aufge- arbeitet.

Ein Großteil der Block- und Schluchtwälder steht aktuell in Hiebsruhe.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 37

3.4.2. Moorwälder

Das Ergebnis der Erhebung von Moorwäldern mit Biotopcharakter nach § 30 BNatSchG in Verbindung mit Art. 23 BayNatSchG im Rahmen der Forsteinrichtung 2011 zeigen die Ta- belle 9 und Tabelle 10:

Tabelle 9: Moorwälder mit Biotopcharakter ha Kategorie Waldgesellschaft WG 15 WG 14 Gesamt Kiefernmoorwälder 9,4 9,4 Wollreitgras-Fichtenmoorwälder 26,5 257,2 283,7 Moorwald Birkenmoorwälder 9,4 9,4 Peitschenmoos-Fichten-Moorwälder 30,1 264,9 295,0 Spirken-Moorwälder 77,0 378,1 455,1 Gesamt 143,0 909,6 1.052,6 Tabelle 10: Verteilung der Moorwälder auf die Reviere Moorwälder Revier ha Kempter Wald 630,5 Sulzschneider Wald 151,3 Sonthofen Ost 17,1 Sonthofen West 103,9 Oberstaufen-Lindau Buchenberg 149,8 Kürnach Süd Kürnach Nord Sa. 1.052,6

Die Moorwälder umfassen am Forstbetrieb Sonthofen über 1.050 ha: rd. 600 ha Fichten- und rd. 450 ha Spirken-Moorwälder. Davon liegen rd. 630 ha (fast 60 %) im Kempter Wald. Mit jeweils rd. 150 ha sind Moorwälder in den Revieren Sulzschneider Wald und Buchenberg ver- treten, ca. 100 ha finden sich im Revier Sonthofen West.

Ziele und Maßnahmen

Die Moorwälder mit § 30-Charakter stellen wichtige Elemente eines großflächigen, natur- schutzfachlich wertvollen Verbundsystems dar. Übergeordnetes Ziel ist deren nachhaltige Si- cherung und Optimierung durch die Integration abgestufter naturschutzfachlicher Ziele bei der Waldbewirtschaftung.

Detailliertere Erhebungen werden im Rahmen der FFH-Managementplanung oder für konkrete Renaturierungsprojekte (z. B. Werdensteiner Moos) erstellt.

38 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

Abbildung 14: Moorsanierung im Werdensteiner Moos im August 2014 (Foto: K. Huschik)

3.4.3. Waldfreie oder gehölzarme Moorflächen

Das Ergebnis der Erhebung von waldfreien oder gehölzarmen Moorflächen mit Biotop-Cha- rakter nach § 30 BNatSchG im Rahmen der Forsteinrichtung 2011 zeigt die folgende Tabelle:

Tabelle 11: Waldfreie oder gehölzarme Moorflächen Niedermoor Hoch - und Zwischenmoor Sa. Wuchsgebiet ha ha ha Hochgebirge 29,5 29,5 Flachland 32,7 8,8 41,5 Gesamt 32,7 38,3 71,0

Vorkommen

Offene Moorflächen verteilen sich auf die Reviere Kempter Wald (25 ha), Sonthofen West (21 ha) und Buchenberg (15 ha). Hochmoore besitzen ihren Verbreitungsschwerpunkt mit 30 ha im Hochgebirge. Offene Niedermoore finden sich mit 33 ha ausschließlich im Flachland.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 39

Ziele und Maßnahmen

Ziel ist eine ökologische Zustandserfassung der waldfreien oder gehölzarmen Moorflächen und eine darauf basierende Maßnahmenplanung für die Renaturierung degradierter Moore bzw. Optimierung der bereits durchgeführten Sanierungsmaßnahmen.

Im Hochgebirge betrifft dies im Wesentlichen folgende Moore:

• Sybellen-, Fallenberg-, Metzg-, Ramsfluhmoor • Piesenkopfmoore (FFH-Gebiet) • Hochschelpenmoore • Eubelemoore • Engenkopfmoor (FFH-Gebiet) • Moore im Warmatsgund • Tennenmooskopfmoor • Prinschermoore

In den Birkachmooren wurde 2014 auf der Grundlage einer Bewertung der bisher durchge- führten Sanierungsmaßnahmen eine Optimierungsplanung erstellt.

Abbildung 15: Grabenverschluss in den Birkachmooren (Foto: H. Heinl)

Für das Werdensteiner Moor liegt eine solche Planung bereits vor, die 2014 und 2015 umge- setzt wurde und wird (s. Abbildung 14.

Die Hochlagenmoore des Forstbetriebs Sonthofen besitzen bundesweite Bedeutung auch als Rückzugsgebiete bedrohter Arten wie dem Hochmoor-Gelbling, für den im bayerischen Alpen- vorland massive Rückgänge verzeichnet wurden. Die Moorwälder und offenen Moorflächen

40 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

bilden wertvolle Vernetzungselemente. Speziell die Übergangsbereiche von offenen Moorbe- reichen hin zu Moorwäldern besitzen eine ganz besondere Bedeutung für die Artenvielfalt (bspw. Kreuzotter).

Im Flachland ist der naturschutzfachliche Umgang mit den umfangreichen Moorflächen des Forstbetriebs eingebunden in das Naturschutzgroßprojekt „Allgäuer Moorallianz“2, an dem sich der Forstbetrieb als Partner beteiligt.

Folgende Moorgebiete des Forstbetriebs fallen in die Kulisse des Projektes:

• Sulzschneider Moore • Moore im Kempter Wald • Rottachmoore • Moore im Wirlinger Wald

Zum Schutz und zur langfristigen Sicherung dieser bedeutenden und repräsentativen Natur- räume listet der Pflege- und Entwicklungsplan des Großprojektes zahlreiche Maßnahmen auf, von denen nachfolgend einige Wesentliche aufgeführt sind. Im Einzelnen wird auf den Pflege- und Entwicklungsplan verwiesen.

• Sanierung des Wasserhaushalts in Torf bildenden Mooren, auf der Basis eines vorher ermittelten Renaturierungspotenzials. • Erhaltung und Entwicklung naturnaher Moore und Moorwälder. • Naturnahe Moorflächen ohne Wiedervernässungsbedarf werden der natürlichen Ent- wicklung überlassen. • Optimierung weitgehend naturnaher oder entwicklungsfähiger Moore. • Erhaltung bedingt naturnaher Offenland-Lebensräume (schonende Gehölzentnahme). • Erhalt und Förderung strukturreicher Moorwälder mit Lichtungsphasen und gestuften Waldrändern. • Erhalt und Optimierung von Extensivgrünland. • Förderung der Verbundsituation zwischen Arten und Biotopen.

2 http://www.moorallianz.de/ Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 41

Die genannten Moorgebiete liegen überwiegend in FFH-Gebieten. Die Maßnahmenplanung des Naturschutzgroßprojektes „Allgäuer Moorallianz“ ist mit den Natura 2000-Zielen abge- stimmt. Aktuell wird im Verantwortungsbereich des Forstbetriebs das „Seemoos bei Oy-Mittel- berg“ im Gebiet der Rottachmoore saniert.

3.4.4. Sonstige waldfreie Flächen auf feuchten Standorten

Das Ergebnis der Erhebung von waldfreien Feuchtflächen mit Biotop- bzw. SPE-Charakter (S=Schützen, P=Pflegen, E=Entwickeln) zeigt nachfolgende Tabelle:

Tabelle 12: Sonstige waldfreie Flächen auf feuchten Standorten mit Biotop- bzw. SPE-Charakter davon nach Lebensraum- WG 15 WG 14 Kategorie Unterkategorie Sa. § 30 BNatSchG form ha ha geschützt Staudenflure und 48,6 3,1 51,7 51,2 Waldfreie Feuchtgebüsche Feuchtflächen Sonstige (ohne Feuchtgrünland 547,4 4,4 551,8 541,6 Unterscheidung) Sa. Waldfreie 596,0 7,5 603,5 592,8 Feuchtflächen Extensivgrün- Extensive Extensiv ge- land (Frisch-, 258,8 3,0 261,8 122,8 Grünland- nutzte Flächen Bergwiesen) flächen Wildwiesen 13,1 9,0 22,1 0,0 Sa. Extensive 271,9 12,0 283,9 122,8 Grünlandflächen Potentielle Potentielle Suk- Aufgelassene Sukzessions- 59,0 59,0 59,0 zessionsflächen Almflächen flächen Sa. Aufgelas- 59,0 59,0 59,0 sene Almflächen Sa. Waldfreie Flächen 926,9 19,5 946,4 774,6

Vorkommen

Rund 42 % aller naturschutzrelevanten Offenlandflächen (2.186 ha) des Forstbetriebs Sonth- ofen werden von waldfreien Feuchtflächen (rd. 930 ha) im Hochgebirge eingenommen. 80 % dieser Flächen wiederum liegen im Revier Sonthofen West in Form von Staudenfluren, Feucht- grünland, extensivem Grünland und aufgelassenen Alpflächen.

Ziele und Maßnahmen

Dem sachgemäßen Umgang mit den Alpflächen im Bereich , Gunzesried und (Revier Sonthofen West) kommt gerade im Hinblick auf den Erhalt und die Förde- rung des Birkwildes sehr große Bedeutung zu (vgl. Kapitel „Spezielles Artenschutzmanage-

42 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

ment“). Die fachgerechte Umsetzung der Maßnahmen erfolgt auf Veranlassung des Forstbe- triebs Sonthofen in enger Zusammenarbeit mit den Naturschutzbehörden und Spezialisten. Sofern die Fläche in einem FFH-Gebiet liegt und ein Lebensraumtyp nach FFH-RL vorliegt, ist dies mit den Erhaltungszielen abgestimmt.

3.4.5. Standgewässer, Fließgewässer, Verlandungsbereiche

Das Ergebnis der Erhebung von Gewässer- bzw. Verlandungsflächen mit Biotop- bzw. SPE- Charakter (S=Schützen, P=Pflegen, E=Entwickeln) bei der Forsteinrichtung 2011 zeigt die nachfolgende Tabelle:

Tabelle 13: Standgewässer, Fließgewässer, Verlandungsbereiche mit Biotop- bzw. SPE-Charakter Gewässerflächen Standgewässer Fließgewässer Wuchsgebiet Revier Sa. Gesetzlich Gesetzlich SPE SPE geschützt geschützt ha ha ha ha ha Sonthofen Ost 0,1 27,0 27,1 Sonthofen West 3,8 34,9 38,7 Oberstaufen Hochgebirge 0,4 15,6 16,0 Lindau Kürnach Süd 0,4 8,5 8,9 Kürnach Nord 0,3 3,9 4,2 Sa. 4,6 0,4 89,9 94,9 Kempter Wald 2,6 0,7 7,5 10,8 Sulzschneider 1,3 8,3 9,6 Wald Flachland Oberstaufen- 0,4 1,3 1,7 Lindau Buchenberg 2,8 4,1 6,9 Sa. 7,1 0,7 21,2 29,0 Sa. Forstbetrieb 11,7 1,1 111,1 123,9

Bei der Forsteinrichtung 2011 wurden Wasserläufe und Gräben über 5 m Breite (oder Was- serläufe mit eigener Flurstücksnummer) als eigener Bestand erfasst und einer naturschutz- fachlichen Kategorie zugeordnet. Wasserläufe und Gräben bis 5 m Breite sind Teile der um- liegenden Bestände und können somit nicht extra ausgewertet werden.

Vorkommen

Standgewässer umfassen im Hochgebirge rund 5 ha, im Flachland rund 8 ha. Sie verteilen sich auf insgesamt 51 Teilflächen im Forstbetrieb. Lediglich zwei dieser Teilflächen mit je 1,6 ha sind größer als ein Hektar. Von den Standgewässern befinden sich rd. 12 ha in einem naturnahen Zustand und sind als gesetzlich geschützte Biotope erfasst.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 43

Bei den Fließgewässern im Forstbetrieb Sonthofen handelt es sich ausschließlich um Bäche mit Biotopcharakter nach § 30 BNatSchG auf einer Gesamtfläche von rd. 111 ha. Davon kom- men rund 90 ha im Hochgebirge vor. Mehr als die Hälfte der Bäche und Bachsysteme im Hochgebirge besitzen Flächen von über einem Hektar, die das Rückgrat weitverzweigter na- turnaher Gewässersysteme im Hochgebirge bilden (Tabelle 14):

Tabelle 14: Größere Gewässersysteme im Hochgebirge Revier Gewässersystem Distrikt ha Kürnach Nord Kürnach Kürnacher Wald 2,4 Oberstaufen- Konstanzer Ach Ochsenschwand 1,2 Lindau Weißach Brodel: Ehrenschwang; Ochsenschwand 10,6 Autobelbach Südlicher Großer Wald 1,2 Bärgündlesbach Hintersteinerwald 1,0 Bsonderach Retterschanger Wald 1,0 Köllebach Nördlicher Großer Wald 1,0 Sonthofen Ost Obertalbach Hintersteinerwald; Ostertal 2,8 Ostrach Hintersteinerwald 4,3 Stuhlbach Südlicher Großer Wald 1,5 Wertacher Starzlach Nördlicher Großer Wald 1,7 Bolgenach Scheue 1,1 Breitach Engenkopf 1,4 Lecknerbach Lecknertal 1,3 Rappenalpenbach Haldenwang 4,5 Sonthofen West Scheuenbach Scheue 3,1 Schönberger Ach Schwarzenberg 1,0 Stubenbach Autal 1,0 Warmatsgundbach Warmatsgund 4,7 Gesamt (Bäche im WG 15 ≥ 1 ha) 46,9

Ziele und Maßnahmen

• Erhalt des Fließcharakters • Sicherung ausreichend dimensionierter Gumpen • Gestaltung durchgängiger Durchlässe (durchgehendes natürliches Substrat) • Sicherung strukturreicher Ufer mit reichlich Wurzelwerk und Totholz • Vermeidung kanalartiger Strukturen mit scharfer Strömung • Vermeidung von Verschlammung • Streckenweise Entnahme der Fichte • Schaffung von Auslenkungen • Auflösung von Ufersicherungen

44 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

3.4.6. Quellen 3

Ökologische Bedeutung

Quellen haben eine hohe ökologische Wertigkeit. Die Wassertemperatur schwankt im Tages- und Jahresverlauf nur wenig. Somit bleiben Quellen auch bei extremen Kältebedingungen frostfrei. Quellwasser weist eine geringe Sauerstoffsättigung auf, der Wasserchemismus ist sehr ausgeglichen.

Es sind vergleichsweise relativ artenarme Lebensgemeinschaften ausgebildet. Die abioti- schen Bedingungen der Quellen erlauben die Ansiedlung von hoch spezialisierten Arten, die der Konkurrenz in anderen Gewässerlebensräumen unterlegen sind. Dazu gehören eiszeitli- che Reliktarten, für die Quellbiotope letzte Rückzugsmöglichkeiten bilden. Ein Ausweichen auf andere Gewässerabschnitte ist meist nicht möglich. Die enge Bindung an den Lebensraum erschwert zudem den Kontakt zwischen Populationen benachbarter Quellen. Bereits geringe Veränderungen können daher zu einem nicht mehr ausgleichbaren Artenverlust führen. Bis- lang wurden in Europa rund 450 Tierarten als reine Quellbewohner eingestuft. Die Zahl speziell angepasster Pflanzen ist deutlich geringer. Quellen sind durch das Bundesnaturschutzgesetz (§ 30) geschützt.

Bestand

Der Forstbetrieb Sonthofen liegt in den vier hydrogeologischen Teilräumen „Süddeutsches Moränenland“, „Faltenmolasse“, „Helvetikum- und Flyschzone“ und „Nördliche Kalkalpen“, die in dieser Abfolge von Nord nach Süd durch den Forstbetrieb verlaufen.

Die Auswertung der topografischen Karten im Maßstab 1:25.000 ergibt für den Forstbetrieb Sonthofen eine Zahl rund 1.039 Quellstandorten, wobei die Gesamtzahl noch deutlich höher geschätzt wird. Die Quellen sind relativ gleichmäßig über den Forstbetrieb verteilt. Im Rahmen eines Kooperationsprojekts „Quellschutz im Staatsforst“ zwischen den Bayerischen Staats- forsten und dem Landesbund für Vogelschutz wurden in den zwei speziell ausgesuchten Be- reichen „Wertacher Starzlach“ und „Prinschenalpe“ 71 Quellen erfasst. Davon wurden rund zwei Drittel als naturnah eingestuft.

3 Ein Beitrag unter Mitarbeit des Landesbundes für Vogelschutz in Bayern e. V. (LBV) Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 45

Ziele und Maßnahmen

Quellen zählen zu den nicht ersetzbaren Lebensräumen. Daher besitzt die Bestandssicherung naturnaher Quellen oberste Priorität. Wo möglich sollte die Regeneration bereits beeinträch- tigter Standorte eingeleitet werden.

Auf folgende Ziele und Maßnahmen ist im Bereich des Forstbetriebs Sonthofen hinzuwirken:

• Erhalt der naturnahen Quellen : Der Bestand der als naturnah eingestuften Quellen soll in ihrem derzeitigen Zustand erhalten werden. Jegliche Veränderungen im Quell- bereich (Fassung, Drainierung, Fischweiher) sowie im Quellumfeld (Fichtenpflanzung, Schuttablagerung) sind zu unterlassen. Insbesondere sollte auf das Ausputzen, Aus- graben und das Anlegen von Waldweihern direkt in Quellen bzw. im Quellbach ver- zichtet werden (siehe unten). • Rückbau von Quellfassungen : Der Anteil der durch Brunnenanlagen gefassten Quel- len im Betrieb ist vergleichsweise hoch. An Standorten, die für die Alpwirtschaft, den Tourismus bzw. kulturhistorisch keine Bedeutung haben, sollte verstärkt auf den Rück- bau der Fassungen gedrängt werden. Durch solche Maßnahmen lassen sich die Le- bensraumfunktionen entscheidend verbessern. • Waldumbau : Vor allem Quellbereiche und Bachtäler sind vielfach mit Fichten bestockt. Aufgrund der negativen Einflüsse auf Flora, Fauna und Strukturreichtum der Quellen ist eine Umwandlung der Nadelholzbestände in standortgerechte Waldgesellschaften anzustreben. Das bei Durchforstungs- und Holzerntemaßnahmen anfallende Kronen- material ist komplett aus Quellen, Quellbächen und dem näheren Quellumfeld zu ent- fernen. • Waldweiher : Bei der Anlage neuer Feuchtbiotope ist darauf zu achten, dass diese nicht direkt in Quellen bzw. Quellbächen entstehen, sondern räumlich getrennt. Die Wasserversorgung kann über einen vom Quellbach abzweigenden Zulauf gesichert werden. Dieser Zulauf sollte so gestaltet werden, dass auch in trockenen Perioden der überwiegende Teil des Quellwassers durch den Quellbach abfließt. An bestehenden Anlagen sollte die Anlage eines Umgehungsgerinnes angestrebt werden.

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Abbildung 16: Naturnaher Quellbereich im Revier Kürnach Süd (Foto: J. E. Mayr)

• Ökologische Durchgängigkeit : Beim Neubau oder bei der Ausbesserung von Forst- wegen sollte die Verbesserung bzw. Wiederherstellung der ökologischen Durchgän- gigkeit der Fließgewässer beachtet werden. Geeignete bauliche Mittel sind dabei Fur- ten, Rahmenbrücken oder Durchlässe mit natürlichem Grundsubstrat. Quelloptimie- rungsmaßnahmen sollten mit den oben genannten Mitteln ergänzt werden, wodurch sich die Erfolgsaussichten steigern lassen. • Waldbewirtschaftung : Bei der Bewirtschaftung der quellnahen Bereiche muss beson- ders sensibel vorgegangen werden. Das Befahren mit schweren Forstmaschinen sollte vermieden werden. Bei der Planung von Rückegassen sind die Quellbereiche entspre- chend zu berücksichtigen. • Tourismus : Die touristische Erschließung von Quellen sollte auf wenige Standorte konzentriert werden. Auf eine entsprechende Besucherlenkung ist zu achten. Verschie- dene Einrichtungen lassen sich miteinander kombinieren (Wanderrastplatz, Kneipp- Anlage, Infotafeln etc.). Weitere in unmittelbarer Nähe liegende Quellen müssen durch entsprechende Puffereinrichtung gesichert werden. Bei der Sanierung touristisch be- deutsamer Brunnen sollte eine ökologisch ausgerichtete Variante bevorzugt werden. • Alpwirtschaft : Quellbereiche auszäunen

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 47

Von den auf der Prinschenalpe untersuchten Quellen weisen lediglich drei Standorte durch Beweidung verursachte Trittschäden auf. Solche Bereiche können durch Auszäunung vor übermäßiger Trittbelastung geschützt werden. Eine bereits durchgeführte permanente Aus- zäunungsmaßnahme führte jedoch zu einer deutlichen Verschiebung der Artenzusammenset- zung in Richtung einiger weniger dominanter Arten. Die optimale Lösung wäre hier eine zeitlich befristete Beweidung der Einzäunung zur Offenhaltung der Bereiche einerseits und zum Schutz vor übermäßigen Trittschäden andererseits.

48 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

3.5. Schutz der Trockenstandorte

Die Erfassung der Trockenstandorte mit Biotop- bzw. SPE-Charakter (S=Schützen, P=Pfle- gen, E=Entwickeln) erfolgte ebenfalls im Rahmen der Forsteinrichtung 2011.

3.5.1. Schutz der Wälder auf trockenen Standorten bzw. Sonderstandorten

Tabelle 15: Wälder auf trockenen Standorten und Sonderstandorten mit Biotop- bzw. SPE-Charakter Hektar Biotoptyp Waldgesellschaft WG 15 WG 14 Gesamt Fichten-Karbonat-Blockwald 5,0 5,0 Block-Hangschuttwald Karbonat-Fichtenwald der Alpen 2,3 2,3 Fichten-Silikat-Blockwald 18,1 18,1 Sa. Block-Hangschuttwald 25,4 25,4 Wärmeliebender Blaugras-Buchenwald 0,8 0,8 Buchenwald Sa. Wärmeliebender Buchenwald 0,8 0,8 Latschen-Krummholzgebüsch der Latschengebüsch 267,5 267,5 Alpen Sa. Latschengebüsch 267,5 267,5 Sa. gesetzlich geschützte Waldlebensräume 293,7 293,7

Vorkommen

Im Forstbetrieb Sonthofen kommen Wälder auf trockenen Standorten und Sonderstandorten, die gesetzlich geschützte Biotope darstellen, ausschließlich im Hochgebirge auf einer Fläche von rund 294 ha vor. Davon nehmen Latschengebüsche über 90 % ein. Auf knapp 25 ha kommen unterschiedlich ausgeprägte Blockwälder im Distrikt Scheue (Revier Sonthofen West) und im Distrikt Retterschwanger Wald (Revier Sonthofen Ost) vor.

Der einzige trockenheitsgeprägte Buchenbestand mit Biotopcharakter ist ein knapp 1 ha gro- ßer Blaugras-Buchenwald in 1.300 m ü. NN im Hintersteiner Wald. Der 210-jährige Bestand ist auch der Klasse 1 zugewiesen.

Ziele und Maßnahmen

Die Bestände stehen überwiegend in Hiebsruhe. Alte Bestände sind der Klasse 1 zugewiesen.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 49

Abbildung 17: Subalpiner Karbonat-Fichtenwald der Klasse 2 im Revier Sonthofen West (Foto: K. Hu- schik)

3.5.2. Waldfreie Trockenflächen

Im Flachlandteil des Forstbetriebs Sonthofen kommen lediglich auf 12 ha waldfreie Trocken- flächen in Form aufgelassener Steinbrüche und Holzlagerplätze, Brachland und Waldschnei- sen vor. Sie stellen keine gesetzlich geschützten Biotope nach § 30 BNatSchG dar.

Im Hochgebirge kommen offene Trockenstandorte auf rund 1.125 ha vor. Die größten Flä- chenanteile nehmen darin offene Felsbildungen (341 ha), alpine Rasen (327 ha) und offene Geröll- bzw. Blockschutthalden (297 ha) ein. Sie stehen fast durchwegs als Biotope unter ge- setzlichem Schutz.

50 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

Tabelle 16: Waldfreie Trockenflächen mit Biotop- bzw. SPE-Charakter Lebens- davon nach WG 15 WG 14 Sa. raumform Unterkategorie § 30 BNatSch ha ha ha (Kategorie) G geschützt Alpine Rasen 327,2 327,2 327,2 Waldfreie Blockschutt- und Geröllhalden 296,5 296,5 295,5 Trocken- Offene Felsbildungen 341,2 341,2 282,7 flächen Sonstige (ohne Unterscheidung) 137,9 0,3 138,2 138,2 Sa. Waldfreie Trockenflächen 1.102,8 0,3 1.103,1 1.043,6 Aufgelassene Steinbrüche, Kies- 17,4 4,7 22,1 7,4 Potentielle felder, Heideflächen, Brachland Sukzessi- Waldschneisen, Schutzstreifen, 3,6 3,1 6,7 0,2 onsflächen Versorgungsleitungen Aufgelassene Holzlagerplätze 2,0 4,0 6,0 Sa. Potentielle Sukzessionsflächen 23,0 11,8 34,8 7,6 Sa. Waldfreie Trockenflächen 1.125,8 12,1 1.137,9 1.051,2

Ziele und Maßnahmen

Aktive Maßnahmen auf den waldfreien Trockenflächen sind derzeit nicht vorgesehen.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 51

3.6. Ausgewiesene Schutzgebiete

Mit dem Konzept der naturnahen Waldbewirtschaftung werden die Belange des Naturschutzes auf der gesamten Staatswaldfläche mittels eines integrativen Ansatzes umgesetzt. Darüber hinaus erfahren einzelne Teilflächen durch ausgewiesene Schutzkategorien besondere Auf- merksamkeit.

Im Bereich des Forstbetriebs Sonthofen befinden sich zahlreiche Schutzgebiete verschiedener naturschutzrechtlicher Kategorien, die sich z. T. zwei- oder auch mehrfach überlappen.

Nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über die Anzahl der verschiedenen Schutzgebiete und der im Bereich des Forstbetriebs Sonthofen betroffenen Flächenanteile.

Tabelle 17: Gebiete mit gesetzlichem Schutzstatus Anzahl Fläch ensumme Kategorie Schutzgebiete [ha] 8 Naturschutzgebiete (NSG) 2.845 5 Naturwaldreservate (NWR) 242 17 Natura 2000 FFH-Gebiete 8.715 2 Natura 2000 SPA-Gebiete 2.883 14 Landschaftsschutzgebiete 6.428 1 Naturpark 4.492

3.6.1. Naturschutzgebiete (NSG)

Der Forstbetrieb Sonthofen hat Anteil an acht Naturschutzgebieten, die teilweise auch Natur- waldreservate enthalten oder Teile von Natura 2000-Gebieten sind. Da die Schutzgebietsver- ordnungen z. T. bereits aus den 1950er Jahre datieren, ist die ordnungsgemäße, herkömmli- che forst- und landwirtschaftliche Nutzung und die rechtmäßige Ausübung der Jagd i. d. R. von Verboten unberührt.

Tabelle 18: Naturschutzgebiete im Forstbetrieb Sonthofen (siehe auch: http://www.lfu.bayern.de/natur/schutzgebiete/schutzgebietslisten/doc/nsg_schwaben.pdf ) Bezeichnung Gebietsnummer Größe [ha] (….) = Jahr der Gebietsausweisung Gesamt Fläche FB bzw. Fortschreibung Hochmoore im Kemptner Wald (1955) 00071.01 303 303 Schönleitenmoos im Wierlinger Wald 00079.01 23 23 (1959) Rohrbachtobel im Wierlinger Forst (1959) 00080.01 14 8 Hoher Ifen (1964, 1984, 1990) 00081.01 2.451 39 Rottachmoos (1964, 1990) 00082.01 5 4 Allgäuer Hochalpen (1992) 00400.01 20.797 2.395 Breitenmoos (1995) 00489.01 86 73 Spatzenwinkel (2003) 00624.01 26 0,4 Sa. NSG 2.845

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Naturschutzgebiet „Allgäuer Hochalpen“

Abbildung 18: Übersichtskarte NSG Allgäuer Hochalpen (Staatswaldflächen blau)

Das NSG „Allgäuer Hochalpen“ ist Teil des FFH-Gebiets 8528-301 „Allgäuer Hochalpen" und flächengleich mit SPA-Gebiet 8528-401 „Naturschutzgebiet Allgäuer Hochalpen". Es beinhal- tet auch das 10 ha große hochmontane Naturwaldreservat Taufersalpschachen.

Im Naturschutzgebiet „Allgäuer Hochalpen“ ist die ordnungsgemäße forstwirtschaftliche Bo- dennutzung u. a. mit folgenden Maßgaben verbunden:

• Im Schutzwald: Erhaltung der vorhandenen naturnahen Wald- und waldähnlichen Be- stände und Umwandlung nicht naturnaher Waldbestände in Mischwaldbestände mit heimischen Baumarten. • Im gesamten Wald ist mit Zustimmung des Landratsamtes der Einsatz forstlicher Be- kämpfungsmittel bei drohender Massenvermehrung von Schadinsekten zulässig. • Ebenfalls zulässig ist die vorübergehende Aufstellung von Anlagen zur Holzbringung. • Das Aufstellen von Schildern (Besucherinformationen, Ortshinweisen, Sperrzeichen) bedarf der Genehmigung des Landratsamts bzw. von Fachbehörden.

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Naturschutzgebiete „Hochmoore im Kemptener Wald“ und „Rottachmoos“

Die beiden Naturschutzgebiete sind Teile des FFH-Gebietes 8228-301 „Kempter Wald mit oberem Rottachtal“ (Details siehe Kapitel 3.6.3).

Abbildung 19: Übersichtskarte nördlicher Teil des FFH-Gebietes 8228-301 „Kempter Wald mit oberem Rottachtal“ mit NSG „Hochmoore im Kemptener Wald“ und NWR Dürrerbühl (Staatswaldflächen blau)

Abbildung 20: Übersichtskarte südlicher Teil des FFH-Gebietes 8228-301 „Kempter Wald mit oberem Rottachtal“ mit NSG „Rottachmoor“ (Staatswaldflächen blau)

54 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

3.6.2. Naturwaldreservate (NWR)

Im Forstbetrieb Sonthofen gibt es fünf Naturwaldreservate mit einer Gesamtfläche von 242 ha, deren Waldflächen zu den Klasse 1-Waldbeständen gehören.

Tabelle 19: Naturwaldreservate im Forstbetrieb Sonthofen Name (….) = Jahr der Größe [ha] Wuchsgebiet Gebietsausweisung/-erweiterung Achrain (1978; erweitert 1998) 110,6 15 Dürrerbühl (1978; erweitert 1998) 60,0 14 Schönleitenmoos (1978) 14,0 14 Senkele (1994, 2011) 43,7 14 Taufersalpschachen (1978) 10,3 15 Sa. NWR 238,6

Gemäß den waldgesetzlichen Vorgaben finden in den NWR dauerhaft weder Nutzungs- noch Pflegeeingriffe statt. Notwendige Maßnahmen des Waldschutzes und der Verkehrssicherung sowie wissenschaftliche Arbeiten in den Beständen erfolgen in Zusammenarbeit mit der Bay- erischen Forstverwaltung (AELF und LWF). Grundlage dafür sind die Bekanntmachung „Na- turwaldreservate in Bayern“ (AllMBl 4 Nr. 9/2013 vom 1. Juli 2013) in Verbindung mit der Ar- beitsanweisung „Durchführung und Dokumentation von Waldschutzmaßnahmen in Naturwald- reservaten“ sowie die „Vereinbarung über die Zusammenarbeit bei den Naturwaldreservaten im Staatswald“.

Achrain

Bergmischwälder mit Buche, Tanne, Fichte und Edellaubbäumen sowie Eiben kennzeichnen dieses Naturwaldreservat in den Allgäuer Molassevoralpen im Distr. Ochsenschwand des Re- viers Oberstaufen-Lindau. Es ist Teil des FFH-Gebietes „Oberes Weissachtal“ (siehe auch Abbildung 26).

Das NWR umfasst die tiefen Schluchteinhänge nebst Hangschultern, die die Weissach in das von Moränenmaterial überdeckte Molassegestein eingeschnitten hat. Der Lauf dieses Neben- flusses der Bregenzer Ach wird im südöstlichen Teil durch schwer erodierbare Nagelfluhbänke in nordöstliche Richtung gezwungen, während er im nordwestlichen Abschnitt, nicht mehr von

4 Allgemeines Ministerialblatt (2013): Naturwaldreservate in Bayern. Bekanntmachung des Bayeri- schen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 1. Juli 2013 Az.: F3-7711.7- 1/26 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 55

Nagelfluhbänken beeinflusst, nach Nordwesten abfließen kann. Die Einhänge sind durch zahl- reiche Zuflüsse zergliedert und im Osten sind bedingt durch anstehende Nagelfluhbänke ei- nige Wasserfälle und Strudeltöpfe entstanden.

Dürrerbühl

Das Reservat liegt im Revier Kempter Wald in der Schwäbischen Jungmoräne und umfasst ein Spirkenhochmoor und einen Schwarzerlenbruch. An das zentrale 50 m breite Moorauge schließen sich nach Schwingrasenbeständen Bulten- und Schlenkenkomplexe an. Der umge- bende Spirkenwald ist durch Borkenkäferbefall durchbrochen, während sich der ehemals an- schließende Fichtenmoorrandwald durch Windwurf und Borkenkäferbefall größtenteils aufge- löst hat. Hier sind nur noch Schwarzerlen und Birken zu finden.

Das NWR ist Teil des FFH-Gebietes „Kempter Wald mit oberem Rottachtal“ (siehe auch Ab- bildung 19).

Abbildung 21: Moorauge im NWR „Dürrerbühl“ (Foto; J. E. Mayr)

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Schönleitenmoos

Das im Wierlinger Wald gelegene Schönleitenmoos bildet eine Wasserscheide zwischen Rhein und Donau. Es stellt ein fast ursprüngliches Spirkenhochmoor mit Fichtenmoorrandwald auf der Grundmoräne eines Zweigbeckens des Illergletschers dar. Eine typische Hochmoor- zonierung mit baum- und strauchfreien Schlenken und Bulten, Spirken-, Latschenbeständen und einem Fichtenmoorrandwald hat sich erhalten. Zum Schönleitentobelbach fällt das Moor in einer Steilstufe ab. Im Südwesten und im Südosten des Reservates liegen zwei weitere kleinere Bulten- und Schlenkenkomplexe. An den Einhängen zum Schönleitentobelbach findet man einen relativ naturnahen Bestand mit Fichte, Buche und Tanne.

Das NWR ist gleichzeitig als NSG gesichert und Teil des FFH-Gebietes „Moore im Wierlinger Wald“ (siehe auch Abbildung 24).

Senkele

Das Naturwaldreservat befindet sich in 860 bis 1.048 m ü. NN auf einem von Nordost nach Südwest verlaufenden Faltenmolasseriegel der Lech-Vorberge im Revier Sulzschneider Wald. Bestandsbildende Baumarten sind Buche, Tanne und Fichte. Esche, Bergahorn, Bergulme, Lärche, Kirsche, Aspe und Vogelbeere sind beigemischt. Östlich kommt ein Bestand aus Berg- ahorn, Esche, Buche und Fichte vor.

Die Ausformung des NWR wurde anlässlich der Forsteinrichtung in Abstimmung mit der Forst- verwaltung an eindeutig im Gelände erkennbare Grenzen angepasst.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 57

Abbildung 22: Übersichtskarte FFH-Gebiet 8329-305 „Senkele“ (lila Linie) mit NWR „Senkele“ (grüne Linie, Staatswaldflächen blau)

Im NWR kommt die Bayerische Quellschnecke ( Bithynella bavarica ) vor, eine endemische Art, die in der Roten Liste der Tiere in Deutschland als gefährdet eingestuft wird. Gefährdungen stellen insbesondere Wasserverschmutzung, Wasserhaushaltsstörungen und Quellverbauun- gen dar. Aber auch die gegenwärtige Klimaerwärmung kann das Fortpflanzungsvermögen die- ser Art negativ beeinträchtigen.

Taufersalpschachen

Das hochmontane Naturwaldreservat liegt in 1.170 bis 1.480 m ü. NN an den West- bis Südwesthängen des Hintersteiner Tales in den Allgäuer Hochalpen (Distr. Hintersteiner Wald). Die Reservatfläche gliedert sich in 3,2 ha Offenland (Alpine Rasen am Gernbachhang und

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Bach) und 7,1 ha ungleichaltrige Bergmischwaldbestände aus Fichte, Tanne und Buche nördlich des Taufersbaches.

Abbildung 23: NWR „Taufersalpschachen“ (Staatswaldflächen blau) im NSG Allgäuer Hochalpen

3.6.3. Natura 2000: Fauna-Flora-Habitat-Gebiete (FFH)

Natura 2000 bezeichnet ein Netz von Schutzgebieten innerhalb der Europäischen Union. Es dient der länderübergreifenden Erhaltung und dem Schutz gefährdeter wildlebender heimi- scher Pflanzen- und Tierarten einschließlich ihrer natürlichen Lebensräume. Das Schutzge- bietssystem Natura 2000 ist in Deutschland mit der Übernahme in die Naturschutzgesetzge- bung rechtsverbindlich. Die Kartierung der Gebiete und die Erstellung der Managementpläne obliegen der Bayerischen Forstverwaltung und den Naturschutzbehörden. Die gebietsbezoge- nen konkretisierten Erhaltungsziele für FFH- und SPA-Gebiete können beim Bayerischen Lan- desamt für Umwelt (LfU) eingesehen werden unter: http://www.lfu.bayern.de/natur/natura_2000_erhaltungsziele/index.htm

Für die hier genannten Schutzgüter gilt seit Inkrafttreten der FFH-Richtlinie im Jahr 1992 ein Verschlechterungsverbot.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 59

Der Forstbetrieb Sonthofen ist mit einer Fläche von 8.715 ha an 17 FFH-Gebieten beteiligt. Für die drei FFH-Gebiete „Kürnacher Wald“, „Sulzschneider Moore“ und „Moore im Wierlinger Wald“ lagen zum Zeitpunkt der Erstellung des Naturschutzkonzepts abgeschlossene bzw. weitgehend fertige, aber noch nicht abgestimmte Managementpläne vor. Der Forstbetrieb be- teiligte sich aktiv an den Diskussionsrunden („Runde Tische“) zur Erstellung dieser Pläne.

Tabelle 20: FFH-Gebiete mit den Flächenanteilen des Forstbetriebs Sonthofen Gebiets- Größe [ha ] Name nummer Gesamt (LfU) Anteil FB 8227-373 Kürnacher Wald 2.760 2.544 8228-301 Kempter Wald mit oberem Rottachtal 4.096 1.570 8326-371 Allgäuer Molassetobel 937 35 8327-301 Moore im Wierlinger Wald 198 124 8327-303 Werdensteiner Moos 139 89 8329-303 Sulzschneider Moore 1.795 563 8329-305 Senkele 159 67 8424-371 Leiblach und Lindauer Ach 106 11 Oberes Weißachtal mit Lanzen-, Katzen- 8426-301 366 366 u. Mittelbach 8426-302 Nagelfluhkette Hochgrat-Steineberg 712 188 8526-301 Wildflusssystem Bolgenach 164 64 8526-302 Piesenkopfmoore 779 236 8527-301 Hörnergruppe 1.183 376 8527-371 Schönberger Ach 30 27 8528-301 Allgäuer Hochalpen 21.227 2.395 8626-301 Hoher Ifen 2.451 39 8627-301 Engenkopfmoor 94 21 Sa. FFH-Gebiete 8.715

FFH-Gebiete mit abgeschlossenen Managementplänen

Für die im Forstbetrieb Sonthofen vorkommenden FFH-Gebiete ist derzeit nur der Manage- mentplan „Moore im Wierlinger Wald“ endgültig abgeschlossen.

Moore im Wierlinger Wald

Das FFH-Gebiet besitzt eine Gesamtfläche von 174 ha. Davon liegen 124 ha im Revier Bu- chenberg. Der 2009 veröffentlichte Managementplan weist folgende Waldlebensraumtypen und zugehörige notwendige Erhaltungsmaßnahmen aus:

60 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

Tabelle 21: Lebensraumtypen und Maßnahmen im FFH-Gebiet „Moore im Wierlinger Wald“ Lebens- Gesamtflä- Erhaltungs- Notwendige Erhaltungsmaßnahmen raumtyp che [ha] zustand Waldmeister- 4,95 A keine Buchenwald Auwälder mit Entfernen gesellschaftsfremder Baumarten: Sukzes- Erle und 0,5 C sive Entnahme zu dichten Fichtenanflugs zugunsten Esche von Erle und Esche Moorwälder 3,64 C keine Erhalt einer Dauerbestockung (grundsätzlicher Nut- zungsverzicht) Erhalt lichter Bestände (nördliches Breitmoos, Schlifi- germoos) Spirken- Schaffung lichter Waldstrukturen: maßvolle punktuelle 29,85 B Moorwälder Auflichtung dichter Moorwaldbereiche zur Lebens- raumvernetzung Zurücksetzen gesellschaftsfremder Baumarten: Wie- dervernässungsmaßnahmen, Auszug der eingewan- derter Fichte (nördliches Rehbühl). Schaffung lichter Waldstrukturen: Moderates Auflich- ten besonders dichter Fichtenpartien Fichten- 28,74 B Erhalt einer Dauerbestockung: Dauerwaldartige Be- Moorwälder wirtschaftung im Schlifigermoos unter Verzicht auf Kahlhiebe

Die Forsteinrichtung 2011 hat im FFH-Gebiet auf einer Fläche von insgesamt rund 35 ha drei verschiedenen Subtypen von Moorwäldern kartiert und als gesetzlich geschützte Biotope aus- gewiesen. Davon ist für 25 ha (darunter 14 ha Spirken-Moorwälder) Hiebsruhe vorgesehen.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 61

Die NSGe „Breitenmoos“ und „Schönleitenmoos im Wierlinger Wald“ (gleichzeitig auch NWR) sind Teile dieses FFH-Gebietes (Siehe Abbildung 24).

Abbildung 24: Übersichtskarte FFH-Gebietes 8228-301 „Moore im Wierlinger Wald“ mit den NSG „Breitenmoos“ und „Schönleitenmoos“ sowie dem NSG „Rohrbachtobel im Wierlinger Forst“ am östl. Bildrand (Staatswaldflächen blau)

Einen beispielhaften Bestand für den mit einem sehr guten Erhaltungszustand bewerteten Le- bensraumtyp „Waldmeister-Buchenwald“ stellt ein 130-jähriger Bestand in Abt. Schönleiten- moos dar. Er steht in Hiebsruhe. Der Schwerpunkt aller Maßnahmen liegt in der Erhaltung der vielfältigen Moorlandschaften und schließt Maßnahmen zur Verbesserung der Verbundsitua- tion mit ein.

Der Managementplan weist zusätzlich 14 ha montane bis alpine bodensaure Wälder aus, die im Standardbogen nicht genannt sind. Der LRT wird derzeit von LfU und LWF geprüft.

FFH-Gebiete mit vorliegenden, aber nicht endgültig abgestimmten Managementplänen

Für die FFH-Gebiete „Kürnacher Wald“ und „Sulzschneider Moore“ liegen fertig bearbeitete Managementpläne, für das FFH-Gebiet „Senkele“ seit Mai 2014 ein erster noch unvollständi- ger Entwurf des Managementplanes vor. Für diese drei Managementpläne ist im Rahmen der Runden Tische jedoch noch keine endgültige Abstimmung erfolgt.

62 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

Kürnacher Wald

Das FFH-Gebiet hat eine Gesamtfläche von 2.760 ha. Davon liegen 2.544 ha auf Staatsforst- grund und umfassen hier die größten Teile der Reviere Kürnach Nord und Kürnach Süd (Dis- trikte 52 bis einschließlich 55). Die Managementplanerstellung erfolgte 2004, ist aber bis heute nicht endgültig abgestimmt.

Der Entwurf des Managementplans weist folgende Waldlebensraumtypen und notwendige Er- haltungsmaßnahmen aus:

Tabelle 22: Lebensraumtypen und notwendige Erhaltungsmaßnahmen im FFH-Gebiet Kürnacher Wald Erhal- Lebensraum- Größe tungszu- Notwendige Erhaltungsmaßnahmen typ ha stand Erhalt wertvoller Altholzkerne (lokaler Nutzungsverzicht) Erhöhung der Totholzanteile auf der Fläche Prinzipielles Belassen aller (optimalerweise markierten) Tot- und Biotopbäume im Bestand (punktueller Nutzungsverzicht) Förderung bzw. Verzicht auf Zurückdrängung der standort- Hainsimsen- gemäßen Laubholzbestockung (Buche, Nebenbaumarten) Buchenwälder 584 B Verminderung der Verbissbelastung (Berglandform) Förderung aller Begleitbaumarten in der Baumartenzusam- mensetzung Kleinflächige Verzahnung unterschiedlicher Altersstadien Ausgleich kleinflächiger Lebensraum-Verluste durch Über- führung anderer Bestände in Mischbestockung Erhalt und Förderung mehrschichtiger, gemischtaltriger, ver- tikal gestufter Laubmischwaldbestände Erhalt eines gewissen Anteils an alten und sehr alten Be- ständen oder Teilbeständen (partielle Hiebsruhe bzw. Nut- Waldmeister- zungsverzicht) und Ermöglichung des Einwachsens eines Buchenwälder 814 B Teiles der Bestände in diese Altersklassen. (Berglandform) Erhalt des Biotopbaum- und Totholzanteils sowie des Baum- artengefüges der Tobeleinhänge und Belassen auf der Flä- che Reduktion des Rehwildverbisses zur Sicherung/Initiierung ar- tenreicher Verjüngung.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 63

Zur Wahrung des sehr guten Erhaltungszustandes sind keine Maßnahmen notwendig. Der gute Erhaltungszustand resultiert aus dem Nutzungsverzicht und der Abgelegenheit der Bestände. Der Erhaltungszustand kann durch Nutzungs- Schlucht- und eingriffe leicht verschlechtert werden. Hang- 0,3 A Für den Erhalt dieses prioritären Lebensraumes wird daher mischwälder ein völliger Nutzungsverzicht empfohlen. Bei Bewirtschaftung sind die Biotopbäume und der Totholz- anteil in den Beständen zu belassen. Biotopbäume sind – wie in allen LRTs gefordert – als solche zu kennzeichnen. Zum Erhalt des Zustandes und der Existenz der Auwälder ist unerlässlich, Baumarteninventar, Altersverteilung und Struk- turmerkmale so naturnah wie möglich zu halten. Einer Naturverjüngung mit Schwerpunkt Grauerle, Esche und Bergahorn und weiteren Begleitern ist nicht entgegenzuwir- Auwälder mit 60 B ken. Erle und Esche Auf eine überdurchschnittliche Entnahme von starkem Laub- holz (v. a. BAh) ist zu verzichten. Eine Holznutzung ist im Aueboden nie ohne gravierende Stö- rungen des Boden- und Wasserhaushalts möglich. Daher ist auf Befahren der Bestände zu verzichten (Windentechnik).

Die notwendigen Erhaltungsmaßnahmen werden durch die naturnahe Waldbewirtschaftung gemäß den Waldbaugrundsätzen der Bayerischen Staatsforsten im gesamten FFH-Gebiet be- rücksichtigt. Beispielsweise wird auf Kahlschläge verzichtet.

Das vorliegende Naturschutzkonzept bildet die Erhaltungsziele und -maßnahmen weiterhin ab

• durch die Ausscheidung von zu schützenden Lebensräumen im Wald und Offenland, die weitgehend den genannten FFH-Lebensraumtypen entsprechen: o Naturschutzfachlich herausragende Auwälder entlang der Kürnach sowie der Kleinen und Großen Goldach sind auf einer Fläche von 30 ha als ge- setzlich geschützte Biotope kartiert und stehen zu einem großen Teil in Hiebsruhe. • durch Ausweisung von wertvollen naturnahen Waldbeständen (Klasse 2 und 3) mit ab- gestuften naturschutzfachlichen Behandlungsvorgaben. Diese beinhalten die Integra- tion von Totholz- und Biotopbaumzielen in die Bewirtschaftung aller Waldbestände, können aber auch Extensivierung und temporäre bis permanente Hiebsruhe auf Teil- flächen bedeuten: o Klasse 2 und 3-Bestände (über 100-jährige Bergmischwälder, Laubwälder und besonders wertvolle Tannen-Fichtenwälder) sind in der Kürnach auf 195 ha ausgewiesen. o Bestände der Klasse 3 unter 100 Jahren, sind lt. einer FE-Datenbankaus- wertung (Bergmischwälder, Laubwälder) auf einer Fläche von 126 ha ver- treten.

64 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

Die Leitart für die Waldlebensraumtypen ist der Weißrückenspecht. Der Managementplan von 2004 nennt einen Bestand von sieben Brutpaaren im gesamten FFH-Gebiet.

Im mittleren und südlichen Teil der Kürnach weist der Managementplan in einer Habitatkarte Gebiete aus, in denen die Art regelmäßig gesichtet wurde. Allerdings führt die zunehmende Buchennaturverjüngung im montanen Bergmischwaldbereich zu einer deutlichen Verschlech- terung des Auerhuhnlebensraumes in der Kürnach. Eine Aktualisierung dieser Daten bzw. eine Überprüfung der Lebensraumeignung ist nötig.

Abbildung 25: Naturnahe bachbegleitende Auwälder an der Goldach mit Biber-Fraßspuren (Foto: J. E. Mayr)

Sulzschneider Moore

Der Managementplan für dieses Gebiet ist fertig. Die in Tabelle 23 genannten notwendigen Erhaltungsmaßnahmen wurden im Rahmen des 1. Runden Tisches abgestimmt. Die endgül- tige Abstimmung bei einem 2. Runden Tisch steht an.

Dieses FFH-Gebiet umfasst im westlichen Bereich des Revieres Sulzschneider Wald den ge- samten Distrikt Osterwald und die westliche Teile des Distrikts Sulzschneider Wald. Der Staatswald ist auf einer Fläche von rund 563 ha betroffen. Der Managementplanentwurf weist auf einer FFH-Gesamtfläche von 1.610 ha knapp 40 % FFH-Lebensraumtypen im Wald- und Offenland aus.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 65

Die Anteile einzelner Waldlebensraumtypen an der Gesamtflächen betragen:

• Bergkiefern- Moorwälder: 17 % • Fichten-Moorwälder: 9 % • Hainsimsen- Buchenwälder: 1 % • Waldmeister-Buchenwälder: 2 % • Montane bodensaure Fichtenwälder: 2 %

Diese Relationen dürften in etwa auch auf die im Staatswald kartierten Wald-Lebensraumty- pen zutreffen.

Tabelle 23: Lebensraumtypen, deren Erhaltungszustand und notwendige Erhaltungsmaßnahmen für das FFH-Gebiet Sulzschneider Moore Erhaltungs- Lebensraumtyp Notwendige Erhaltungsmaßnahmen zustand Erhalt totholz- und biotopbaumreicher Altbestände (Markierung der Biotopbäume). Hainsimsen- Stammzahlreicher Überhalt (Altbuchen in der Abteilung Hoch- Buchenwälder B wald). (Berglandform) Förderung gesellschaftstypischer Baumarten, insbesondere Ta und Bu. Erhalt totholz- und biotopbaumreicher Altbestände (Markierung Waldmeister- der Biotopbäume). Buchenwälder Aktive Totholzvermehrung durch Belassen von Laubholzprotzen B (Berglandform) im Rahmen der Pflege. (LRT 9130) Stammzahlreicher Überhalt (Altbuchen in der Abteilung Hoch- wald). Erhalt totholz- und biotopbaumreicher Altbestände, v. a. des Birkenmoorwälder B Moorbirken-Altbestandes im Langmoos. Erhalt einer Dauerbestockung mit Schwerpunkten im Lang- moos, den Rohrmösern und dem Kirchthaler Filz (Pufferfunktion des Spirkenwaldes zu landwirtschaftlichen Flächen hin. Grund- Spirken- sätzlich soll eine Nutzung dieser Wälder unterbleiben, mit Aus- B Moorwälder nahme naturschutzfachlich begründeter Auflichtungsmaßnah- men. Zeitnahe Verlegung von Wegen: Forstweg im südöstlichen Seilachmoos. Schaffung lichter Waldstrukturen als Übergangsbereiche zu of- fenen Moorflächen. Fichten- C Erhalt einer Dauerbestockung, d. h. Verzicht auf Kahlhiebe. Moorwälder Erhalt ungenutzter Altbestände: Fichtenbruchwaldmoor in der Abteilung Ochsenbrünnele (Bestand10/12/0/1).

66 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

Entfernung gesellschaftsfremder Fichten. Auenwälder mit Stammzahlreicher Überhalt vor allem der im Süden vorhande- Erle und Esche C nen alten Schwarzerlen. (Quellrinnen- Vernetzung der Lebensräume, durch verstärkte, sukzessive wälder) Auflichtung bestehender Fichtenriegel entlang der Bäche. Förderung insbesondere der Tanne als gesellschaftstypischer Baumarten, auch durch Belassen von Alttannen. Schaffung mehrschichtiger, ungleichaltriger Bestände. Montane Verzicht auf flächige Hiebsmaßnahmen. bodensaure C Erhalt ungenutzter Altbestände (isolierter Fi-Wald im Hoch- Fichtenwälder moos: Bestand: 9/7/0/1). Erhalt von unentbehrlichen Bäumen: Schonung alter Buchen und Tannen am nordöstlichen Rand des Seilachmooses.

Die aktuelle Forsteinrichtung hat im FFH-Gebiet Sulzschneider Moore u. a. 60 ha Spirken- Moorwälder und 49 ha Fichten-Moorwälder als gesetzlich geschützte Wald-Biotope ausgewie- sen und in Hiebsruhe gestellt.

Senkele

Im Mai 2014 wurde ein erster noch unvollständiger Entwurf des Managementplans für das FFH-Gebiet „Senkele“ dem Forstbetrieb Sonthofen vorgestellt.

Das FFH-Gebiet hat eine Gesamtfläche von 159 ha. Davon liegen 66 ha auf Staatsforstgrund, die das gleichnamige Naturwaldreservat und eine nordöstlich daran anschließende Teilfläche der Abteilung Petersbichel umfassen. Mit Ausnahme eines Kalktuffquellenbereichs und zweier kleinflächiger Blaugras-Buchenwälder in felsigen Bereichen des Naturwaldreservats wird na- hezu das gesamte restliche FFH-Gebiet im Staatswald großflächig vom Lebensraumtyp 9132 Hainlattich-Buchen-Tannenwälder eingenommen. Die Tuffquelle (LRT 7220) ist als Lebens- raumtyp im Standarddatenbogen nicht gelistet. Im Rahmen des Runden Tisches soll noch abgeklärt werden, ob diese im Gebiet als signifikant gesehen und nachgemeldet werden. Er- haltungsmaßnahmen für diesen Lebensraumtyp können erst nach einer Aufnahme in den Standarddatenbogen formuliert werden.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 67

Der Managementplan-Entwurf weist im Staatswaldbereich folgende Waldlebensraumtypen und notwendige Erhaltungsmaßnahmen aus:

Tabelle 24: Lebensraumtypen und notwendige Erhaltungsmaßnahmen im FFH-Gebiet Senkele Lebensraum- Erhaltungs - Notwendige Erhaltungsmaßnahmen typ zustand Lebensraumtypische Baumarten fördern (Weißtanne): Erhöhung des Tannenanteils über künstlich eingebrachte (und durch Zaun vor Verbiss zu schützende) Vorbauten. Insbesondere östlich des Naturwaldreservats, wo aufgrund der höheren Boden- feuchte gute Wuchsbedingungen für die Weißtanne vorherrschen. Totholz-und Biotopbaumanteil erhöhen: Hainlattich- Der durchschnittliche Totholzvorrat im Bereich des Naturwaldreser- Buchen- B- vates ist mit 5,6 m3/ha noch sehr gering. Außerhalb des NWR fin- Tannenwälder den sich sogar nur 2,7 m3/ha Totholz. Mehrschichtige, ungleichaltrige Bestände schaffen: Grundsätzliche Zielsetzung des waldbaulichen Handelns in diesen Beständen ist das Erzielen von langfristigen, dauerwaldartigen Strukturen. Auf ein großflächiges, abschließendes Räumen der Alt- bestände ist künftig in jedem Fall zu verzichten. Wildschäden an LRT-typischen Baumarten reduzieren: Der Wildverbiss spielt jedoch für die zwei kleineren Blaugras-Bu- chenwälder im Staatswaldbereich (innerhalb des Naturwaldreser- Blaugras- C vats) derzeit keine Rolle, während die südöstliche Teilfläche (nicht Buchenwälder Staatswald) dadurch stark beeinträchtigt ist. Der starke Verbiss- druck soll deshalb mit Hilfe von erhöhten Schwerpunktabschüssen reduziert werden.

FFH-Gebiete, für die ein Managementplan derzeit in Bearbeitung ist

Eine Übersicht über die gelisteten Wald-Lebensraumtypen in den FFH-Gebieten, deren Ma- nagementplanung derzeit in Arbeit ist, gibt nachfolgende Tabelle 25.

Tabelle 25: Waldlebensraumtypen der FFH-Gebiete, für die derzeit ein Managementplan erstellt wird Wald -Lebensraumtypen FFH-Gebiet lt. Standarddatenbogen Waldmeister-Buchenwälder Kempter Wald mit oberem Moorwälder* Rottachtal Erlen-Eschen-Auenwälder montane bis alpine bodensaure Fichtenwälder Waldmeister-Buchenwälder Leiblach und Lindauer Ach Schlucht- und Hangmischwälder* Erlen-Eschen-Auenwälder subalpine Buchenwälder Waldmeister-Buchenwälder Allgäuer Hochalpen Schlucht- und Hangmischwälder* Erlen-Eschen-Auenwälder montane bis alpin bodensaure Fichtenwälder Waldmeister-Buchenwälder Oberes Weißachtal mit Lan- Schlucht- und Hangmischwälder* zen-, Katzen- und Mittelbach Erlen-Eschen-Auenwälder montane bis alpine bodensaure Fichtenwälder * prioritär

68 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

• Der Managementplan für das FFH-Gebiet „Kempter Wald“ wurde fachlich fertiggestellt, aber noch nicht bekanntgegeben. Ein abschließender Runder Tisch ist noch nicht ter- miniert. • Zum FFH-Gebiet „Leiblach und Lindauer Ach“ existiert seit 2004 ein Managementplan von Frau Dipl. Geogr. Sibylle Hofmann, der aber nur den Südteil des Gebietes (in dem die beiden Staatswaldteile liegen) behandelt. Die im Zuge der Nachmeldung weiter nördlich dazugekommenen Flächen wurden zwischenzeitlich kartiert, ebenso gibt es einen fertigen Fachbeitrag. Ein Termin für einen Runden Tisch ist jedoch noch nicht bekannt. Der Managementplan weist im Entwurf im Staatswalddistrikt Zechwald einen mit „A“ bewerteten edellaubholzreichen Waldgersten-Buchenwald aus. Die Forstein- richtung 2011 hat diesen Bestand mit rd. 5 ha über die FFH-Gebietsgrenze hinaus der naturschutzfachlichen Klasse 3 zugeordnet. Dieser steht aktuell in Hiebsruhe, lediglich Maßnahmen zur Verkehrssicherung sind vorgesehen. Kleinere nicht näher bezeich- nete Teilflächen des Staatswaldes in der Abteilung Dunkelbuch an der Lindauer Ach sind dem Lebensraumtyp Waldmeister-Buchenwald zugeordnet. • Die Kartierung der Wald-Lebensraumtypen im FFH-Gebiet „Allgäuer Hochalpen“ ist noch in Bearbeitung. Mit einer Bewertung der Schutzgüter ist erst im Winter 2014/2015 zu rechnen. Ein Runder Tisch ist frühestens 2015 zu erwarten. Der Forstbetrieb Sont- hofen hat einen Anteil von 2.395 ha an dem 21.227 ha großen FFH-Gebiet. Der Offen- landteil des Managementplans für das FFH-Gebiet „Allgäuer Hochalpen“ liegt dem Forstbetrieb in einer noch nicht abgestimmten, unvollständigen Entwurfsfassung mit Stand November 2012 vor. • Der Managementplan für das Gebiet „Oberes Weissachtal“ ist seitens der Forstverwal- tung fertig. Erste Ergebnisse wurden im Mai 2014 am Forstbetrieb Sonthofen vorge- stellt. Danach werden 435 ha des 712 ha großen FFH-Gebiets (Staatswaldanteil 366 ha) von montanen Buchen- und/oder Tannenwald-Lebensraumtypen eingenom- men, deren Erhaltungszustand überwiegend mit A- bewertet wurde.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 69

Abbildung 26: Schutzgüter im FFH-Gebiet „Oberes Weissachtal“, einschließlich NWR Achrain

Als notwendige Erhaltungsmaßnahmen sieht der Entwurf die Förderung lebensraumtypischer Baumarten, die Erhaltung einer Dauerbestockung sowie totholz- und biotopbaumreicher Be- stände und die Erhaltung bedeutender Einzelbestände im Rahmen der natürlichen Dynamik vor.

Im Rahmen der Erarbeitung des Regionalen Naturschutzkonzeptes wurden im FFH-Gebiet auf einer Fläche von 205 ha alte naturnahe Waldbestände mit konkreten naturschutzfachlichen Zielen ausgewiesen, darunter 52 ha ältere Bergmischwälder der Klasse 2, 36 ha jüngere Bergmischwälder der Klasse 3 und 112 ha der Klasse 1 (NWR Achrain).

Der Zeitpunkt der Offenland-Kartierung ist noch offen.

70 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

FFH-Gebiete, in denen mit der Managementplanung noch nicht begonnen wurde

In neun FFH-Gebieten wurde mit der Managementplanung noch nicht begonnen. Eine Über- sicht über die dort gelisteten Wald-Lebensraumtypen gibt nachfolgende Tabelle 26.

Tabelle 26: Waldlebensraumtypen von FFH-Gebieten in denen mit der Managementplanung noch nicht begonnen wurde Wald -Lebensraumtypen FFH-Gebiet lt. Standarddatenbogen Waldmeister-Buchenwälder Allgäuer Molassetobel Schlucht- und Hangmischwälder* Erlen-Eschen-Auenwälder Werdensteiner Moos Moorwälder* Waldmeister-Buchenwälder Nagelfluhkette Hochgrat- subalpiner Buchenwald Steineberg Schlucht- und Hangmischwälder* montane bis alpine bodensaure Fichtenwälder Wildflusssystem Bolgenach Waldmeister-Buchenwälder, Erlen-Eschen-Auenwälder Piesenkopfmoore subalpine Buchenwälder subalpine Buchenwälder Hörnergruppe Schlucht- und Hangmischwälder* montane bis alpine bodensaure Fichtenwälder Schönberger Ach Schlucht- und Hangmischwälder Waldmeister-Buchenwälder subalpine Buchenwälder Schlucht- und Hangmischwälder* Hoher Ifen Erlen-Eschen-Auenwälder Moorwälder* montane bis alpine bodensaure Fichtenwälder Waldmeister-Buchenwälder Engenkopfmoor Moorwälder* * prioritär

Für die im Standarddatenbogen gelisteten Schutzgüter gilt seit Inkrafttreten der FFH- Richtlinie im Jahr 1992 ein Verschlechterungsverbot.

3.6.4. Natura 2000: Vogelschutz-Gebiete (SPA-Gebiete)

Der Forstbetrieb ist an zwei Vogelschutzgebieten im Hochgebirge mit einer Gesamtfläche von 2.883 ha beteiligt

Für keines der Gebiete gibt es einen veröffentlichten Managementplan. Nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Gebietskulisse und die Schutzgüter in den zwei Gebieten.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 71

Tabelle 27: Planungsstand, Gebietsausdehnung und die waldrelevanten Schutzgüter von SPA-Gebie- ten Stand der Relevante Schutzgüter SPA-Gebiet Manage- Reviere und Distrikte (Wald und damit zusammen- (Fläche FB) ment- FB Sonthofen hängendes Offenland) planung Revier Sonthofen Ost: 8528-401 Natur- Distr. Retterschwanger Uhu, Weißrückenspecht, Zwerg- schutzgebiet All- Wald, Hintersteiner Wald, schnäpper, Steinadler, Wander- 2010 be- gäuer Hochalpen Blattenalper Wald falke, Raufußkauz, Grauspecht, gonnen (2.396 ha von Revier Sonthofen West: Schwarzspecht, Birkhuhn, Dreize- 20.799 ha gesamt) Distr. Haldenwang und henspecht, Auerhuhn Warmatsgund Uhu, Steinadler, Wanderfalke, 8626-401 Hoher Ifen Raufußkauz, Grauspecht, Alpen- und Piesenkopf Noch nicht Revier Sonthofen West: schneehuhn, Sperlingskauz, Birk- (487 ha von begonnen Distr. 25 Eubele huhn, Haselhuhn, Dreizehen- 4.533 ha gesamt) specht, Weißrückenspecht, Auer- huhn, Schwarzspecht

Für das SPA-Gebiet „NSG Allgäuer Hochalpen“ liegt dem Forstbetrieb ein erster Entwurf des Managementplans in einer noch unvollständigen Fassung vor.

Für das Birkwild liegen erste Ergebnisse vor. Synchronzählungen im Jahr 2010 ergaben einen Bestand von 134 Birkhähnen an 50 Balzstellen. Dies entspricht bis zu 17 % des bayerischen Birkhuhn-Gesamtbestandes. Der Gesamterhaltungszustand des Birkhuhns wurde mit „C“ („mittel bis schlecht“) bewertet.

Als notwendige Maßnahmen zugunsten des Birkhuhns schlägt der Managementplan u. a. vor:

1. Vermeidung von anthropogen verursachten Störereignissen in Birkhuhnhabitaten durch:

• Nutzungsentflechtung (in der Zeit der Überwinterung, Balz, Brut und Aufzucht). • Lenkung der Skitourennutzung (Sonnenköpfe, Erzbergtal, Schnippenkopf, Oytal). • Lenkung von Variantenabfahrten (Kanzelwand, Fellhorn, Nebelhorn, Doismenalpe). • Rückbau von Wegen und Pfaden in besonders empfindlichen Birkhuhn-Kernhabitaten (Herausnahme aus Karten, Wegnahme der Beschilderung). • Lenkung von Flugaktivitäten über empfindlichen Birkhuhn-Kerngebieten (Hubschrau- ber, Motorsegler, Gleitschirm). • Anleinpflicht von Hunden im Vogelschutzgebiet Allgäuer Hochalpen. • Konsequente Freihaltung wichtiger Balzplätze von Störungen durch Fotografen, Fil- mer, Naturbeobachter.

72 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

2. Erhalt des Offenlandanteils (Zwergstrauch-, Alp- und Sukzessionsflächen) mit Baumgrup- pen und Einzelbäumen innerhalb von Birkhuhn-Habitatkomplexen

• Entfernung/Auslichtung von Gehölzen • Förderung extensiver Offenlandbewirtschaftung durch angepasste Beweidung

3. Optimierung der Alpwirtschaftlichen Nutzung:

• geeignete (maßvolle) Durchführung von Schwendmaßnahmen • Extensivierung, Verzicht auf Intensivierung der Alpen • Wiederherstellung, Erhaltung strukturreicher Weide- und Waldränder

4. Sicherung geeigneter Winternahrungsflächen für Birkhühner (nicht eingeschneite Grüner- len- und Latschenstandorte); moderates Schwenden dieser Überwinterungsgebiete

5. Vermeidung von Aufforstungen in Birkhuhn-Habitatkomplexen

6. Förderung möglichst strukturreicher Waldränder mit geeigneter Strauch- und Krautschicht

7. Erhalt alter Bergwaldstadien mit Nutzungsverzicht

8. Sichtbarmachung möglicher Kollisionsgefahren für Birkhühner

Der Managementplanentwurf schlägt eine Erweiterung des SPA-Gebietes um rd. 1.350 ha im Bereich dreier bedeutender Birkhuhnhabitate vor: Zipfelsalpe, Sonnenkopf-West und Schlappold-Sölleralpe. Auf das unter Kapitel 3.8.1 aufgeführte Raufußhuhn-Management des Forstbetriebs wird verwiesen.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 73

Abbildung 27: Typische Alplandschaft nahe der Balderschwanger Alm (1.369 m ü. NN) (Foto: K. Huschik)

3.6.5. Naturpark Nagelfluhkette

Flächen des Forstbetriebs Sonthofen (rund 4.500 ha, mehr als 10 % der Naturparkfläche) lie- gen im einzigen Naturpark im bayerischen Hochgebirgsraum, dem ersten grenzüberschreiten- den Naturpark zwischen Deutschland und Österreich. Das Gebiet des Naturparks umfasst 14 Gemeindebereiche 5 rings um die langgestreckte Nagelfluhkette westlich von Sonthofen.

Auf der Grundlage eines Pflege- und Entwicklungsplans wurden Leitbilder für die weitere Ar- beit des Naturparks entwickelt. Zu ihren wesentlichen Punkten gehören u. a. der Schutz, die Pflege und die Entwicklung von Natur und Landschaft sowie eine nachhaltige Land-, Alp- und Forstwirtschaft als Schlüsselbeitrag zur Erhaltung der Kulturlandschaft.

Die südlich von Oberstaufen gelegenen Teile des Reviers Oberstaufen-Lindau im Gebiet der Gemeinden Oberstaufen und sowie große Teile des Reviers Sonthofen-West in- nerhalb der Gemeinden , und Balderschwang fallen in den Bereich des Naturparks.

5 http://www.nagelfluhkette.info 74 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

3.6.6. Landschaftsschutzgebiete

Der Forstbetrieb Sonthofen hat mit einer Fläche von über 6.428 ha Anteil an 14 Landschafts- schutzgebieten. Die entsprechenden Schutzgebietsverordnungen sehen in der Regel keine Einschränkungen der Waldbewirtschaftung vor.

Tabelle 28: Landschaftsschutzgebiete im Forstbetrieb Sonthofen Gebiets- Größe FB- Bezeichnung nummer Fläche [ha] Schutz des Grüntengebietes, des Großen Waldes, der Deutschen LSG-00249.01 1795,1 Alpenstraße und des Wertachtales LSG-00450.01 Weißensberger Weiher 0,4 Schutz des nördlich Hochgreut in den Gemarkungen Wildpolds- LSG-00080.01 79,1 ried, und Kraftisried gelegenen Bruckmooses LSG-00319.01 Sulzschneider Moore 89,6 Schutz von Landschaftsteilen im Bereich der Allgäuer Hochalpen- LSG-00248.01 kette mit Einschluß der Oberstdorfer Täler und des Hintersteiner 1856,8 Tales im Landkreis Oberallgäu LSG-00285.01 Werdensteiner Moos 90,4 LSG-00355.01 Waltenhofener Moor 25,9 LSG-00379.01 Eschacher Weiher 4,3 LSG-00421.01 Schwarzenberger Weiher mit Wintermoos und Sennenmoos 32,0 LSG-00467.01 Hörnergruppe 1910,4 LSG-00468.01 Nagelfluhkette 472,8 LSG-00359.01 Großer Alpsee 13,5 LSG-00183.01 Niedersonthofener See 30,9 LSG-00132.01 Illerschleife oberhalb Martinszell und unteres Rottachtal 27,1 Summe Landschaftsschutzgebiete 6428,3

3.6.7. Geschützte Landschaftsbestandteile

Im Forstbetrieb Sonthofen ist in der Stadt Lindau der Landschaftsbestandteil „Zechwald“ mit einer Größe von 4,2 ha geschützt. Der geschützte Landschaftsbestandsteil liegt innerhalb des bereits beschriebenen FFH-Gebietes „Leiblach und Lindauer Ach“. Die zugrundeliegende Ver- ordnung erlaubt im geschützten Landschaftsbestandteil eine ordnungsgemäße Forstwirtschaft in Form einer einzelstammweisen oder femelartigen Holznutzung. Der Bestand ist der natur- schutzfachlichen Klasse 3 zugeordnet und steht aktuell in Hiebsruhe. Lediglich Maßnahmen zur Verkehrssicherung sind vorgesehen.

3.6.8. Naturdenkmale und Geotope

Auf den Flächen des Forstbetriebes gibt es mehrere flächige sowie punktuelle Naturdenkmale, von denen einige auch gleichzeitig als Geotope im Kataster des Bayerischen Landesamtes für

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 75

Umwelt 6 geführt werden. Als besonders bekannte flächige Naturdenkmäler im Landkreis Oberallgäu seien beispielhaft genannt:

Breitachklamm

Die Breitach verengt sich am Talausgang des Kleinen Walsertals zu einer in Helvetikum- Schichten eingeschnittenen Klamm. Der von senkrechten Schrattenkalkwänden umschlos- sene untere Teil der Klamm ist als flächiges Naturdenkmal ausgewiesen. Die südwestlichen Teile der Breitachklamm liegen auf Staatsforstgrund (2,3 ha). Die Breitachklamm ist durch einen gut gesicherten Weg erschlossen und wird als ein äußerst attraktives touristisches Ziel ganzjährig von zahlreichen Besuchern begangen.

Täschlefall

Der Bärgündlesbach ist einer der Quellbäche zur Ostrach im Hintersteiner Tal. Er vereinigt sich am Giebelhaus mit dem Oberthalbach zur Ostrach. Der Täschlefall ist ein beeindrucken- der Wasserfall an dessen permanent luftfeuchter felsiger Umgebung Felsspaltengesellschaf- ten siedeln. http://www.lfu.bayern.de/geologie/geotope_daten/geotoprecherche/doc/780r008.pdf

Als punktuelles Naturdenkmal im Landkreis Oberallgäu sei genannt:

ND-5082 Alpenrosen im Schönleitenmoos

6 http://www.lfu.bayern.de/geologie/geotope_daten/geotoprecherche/780/index.htm 76 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

3.7. Management von Offenlandflächen und Artenschutzmaßnahmen an Gebäuden

3.7.1. Management von Offenlandflächen

Eng verzahnt mit dem Wald kommen zahlreiche zumeist vom Wasser geprägte Offenlandflä- chen vor, die keine oder nur eine spärliche Bestockung aufweisen. Dabei handelt es sich, wie bei den offenen Hochmooren zum einen um Flächen, die aufgrund der standörtlichen Verhält- nisse nicht oder nur bedingt vom Wald besiedelt werden können und häufig Lebensräume für seltene und bedrohte Tier- und Pflanzenarten darstellen. Zum anderen können aber auch durch menschlichen Einfluss künstlich waldfrei gehaltene Flächen wie extensiv bewirtschaftete Alpen, Grünland, sonstiges Feuchtgrünland, Staudenfluren und Feuchtgebüsche, sowie Streu- wiesen wertvolle Sekundärbiotope darstellen.

Diese Flächen bilden am Forstbetrieb Sonthofen mit fast 1.000 ha eine wertvolle naturschutz- fachliche Ergänzung zu den Waldflächen und einen Schwerpunkt der aktiven Naturschutzar- beit mit der Alpwirtschaft im Mittelpunkt.

Insgesamt wurden fast 800 ha dieser Offenlandflächen von der Forsteinrichtung als gesetzlich geschützte Biotope nach § 30 BNatSchG in Verbindung mit Art. 23 BayNatSchG (vormals 13 d) erfasst.

Ziele und Maßnahmen der Alpwirtschaft am Forstbetrieb Sonthofen

Leitsatz des Alp-Nutzungskonzepts im Forstbetrieb Sonthofen ist eine Alpwirtschaft in exten- siver Form. Die Erhaltung und Förderung seltener, oft bedrohter Tier- und Pflanzenarten und deren Lebensräumen stehen dabei im Fokus. Sie finden Berücksichtigung bei der Ausgestal- tung der Pachtverträge zwischen dem Forstbetrieb und den Bewirtschaftern (Pächtern) der 14 Alpen auf Staatsgrund.

Hauptaspekte dieses naturverträglichen Weidemanagements sind:

• Anpassung der Beschlagszahlen und der Beweidungsdauer an die Standortsverhält- nisse: Die Alpen treten sowohl in feuchter als auch in trockener Ausbildung, oft auch in mosaikartiger Verzahnung auf. Eine daran angepasste Beschlagszahl trägt zu einer Minimierung der Viehtrittschäden bei. Bei sehr nassen und labilen Standorten wie auf der Prinscher Alpe kann dies auch einen Verzicht auf die Beweidung bedeuten. Eine

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 77

bereits extensive Beweidung kann auf solchen Teilflächen trotzdem Trittschäden nach sich ziehen.

Abbildung 28: Schottische Hochlandrinder im Distr. Ostertal (Foto: H. Heinl)

• Auf moorigen Alpflächen: Pflegeweide mit definierten Einschlägen und Wechselweide möglichst durch anspruchslose leichte Rinderrassen. • Beispiel Birkach: Beweidung mit Schottischem Hochlandvieh, da alternative heimische Rassen wie das Original Allgäuer Braunvieh heute kaum zur Verfügung stehen. • Belassen von Solitärbäumen auf den offenen Alpflächen als wichtige Strukturelemente, kein flächiges Schwenden. • Verzicht auf Mulchen und mineralische Düngung der Flächen. • Berücksichtigung der Lebensraumansprüche des Birkhuhns: o Beweidung von Kernlebensräumen erst nach Ende der Brut- und Aufzucht- zeit, somit nicht vor Anfang Juli. o Das Schwenden von Sukzessionsflächen mit Grünerle, Heidelbeere und Al- penrose bedarf der Genehmigung des Verpächters um eventuelle Ansprü- che des Birkhuhns mit berücksichtigen zu können.

78 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

Das Birkhuhn benötigt eng verzahnte Deckungs- und Freiflächen. Eine gesteuerte Alpnutzung ist Voraussetzung für den Erhalt und die Pflege der Birkhuhnhabitate in den Übergangsberei- chen von den Freiflächen zu den Hochlagenbeständen. Nachdem 80 % aller waldfreien Feuchtflächen des Forstbetriebs im Revier Sonthofen West liegen, liegt hier auch ein Schwer- punkt im naturschutzfachlichen Umgang mit diesen Flächen.

Am Forstbetrieb gibt es noch drei Weiderechte, wovon zwei nicht ausgeübt werden. Das Wei- derecht zugunsten der Alpe Kindsbanget (Gemeinde Obermaiselstein) wurde auf eine Licht- weidefläche im Ziebelemoos (Gemeinde Balderschwang mit rd. 21 ha) übertragen. Ein Moor- Beweidungskonzept (A. Ringler) soll zu einer Verbesserung der aktuell moorschädigenden Beweidung führen.

3.7.2. Artenschutzmaßnahmen an Gebäuden

An Betriebsgebäuden werden vorhandene Einflugmöglichkeiten in Dachstühle für Fleder- mäuse oder Schleiereulen erhalten und bei sich anbietenden Gelegenheiten geschaffen.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 79

3.8. Spezielles Artenschutzmanagement

Der naturnahe Waldbau trägt dazu bei, die Vielfalt an Lebensgemeinschaften, Arten und ge- netischen Ressourcen in unseren Wäldern zu sichern. Für bestimmte Arten ist dies nicht im- mer ausreichend, da sie sehr spezifische Habitatansprüche haben. So sind beispielsweise für den Schwarzstorch großflächige, geschlossene Wälder in Verbindung mit eingestreuten Nah- rungsgewässern notwendig. Andere Arten wie der Hochmoor-Gelbling benötigen spezielle Ha- bitatstrukturen und Requisiten. Über den naturnahen Waldbau hinaus kann daher ergänzend ein spezielles Artenschutzmanagement notwendig oder sinnvoll sein. Dies gilt insbesondere auch für Arten, die im Offenland oder in Übergangsbereichen zum Wald leben.

Abbildung 29: Frisch angelegtes Feuchtbiotop im Revier Kürnach Süd (Foto J. H. Mayr)

80 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

3.8.1. Vögel

Raufußhühner

Von den in Deutschland vorkommenden Raufußhühnerarten kommen im Bereich des Forst- betriebs Sonthofen Auer-, Birk-, Hasel- und Alpenschneehuhn vor. Das Verbreitungsgebiet dieser vier in Deutschland seltenen und in ihrem Bestand gefährdeten Vogelarten ist weitest- gehend durch unterschiedliche Höhenzonen gekennzeichnet. Nachfolgend einige Hinweise zu deren Vorkommen sowie zu Zielen und Maßnahmen zum Erhalt und zur Verbesserung der Habitatqualität:

Alpenschneehuhn

Das Vorkommen des Schneehuhns liegt in den alpinen Bereichen des Forstbetriebs (Hinter- steinertal, Retterschwangertal und Oberstdorfer Täler). Der Lebensraum ist ganzjährig ober- halb der Baumgrenze im Bereich der Latschen und Matten. In diesem Lebensraum finden keine forstlichen Maßnahmen statt. Die praktizierte Form der Alpbewirtschaftung beeinträch- tigt den Lebensraum nicht.

Birkhuhn

Das Birkhuhn kommt im Bereich der hochmontanen Waldgrenze und der subalpinen Latschen- und Grünerlenbereiche mit den darin liegenden Alpweideflächen vor. Allerdings nutzen insbe- sondere die Birkhennen die oberen montanen, Nadelholz dominierten Bergmischwaldbereiche zur Brut und Jungenaufzucht.

Bei der Sicherung der noch stabilen Bestände der Birkhühner kommt der Alpwirtschaft eine Schlüsselrolle zu. Strukturreiche, extensiv genutzte Alpflächen mit weichen Übergängen in die angrenzenden lichten Bergwaldbestände bieten dem Birkhuhn optimale Lebensraumbedin- gungen. Durch eine entsprechende Gestaltung der Pachtverträge kann der Forstbetrieb auf seinen 14 Alpen die Habitatqualität erhalten und fördern. Unsachgemäßes Schwenden, Ent- fernen der Altfichten auf den Weideflächen und Mulchen von Altgras und Beerkrautbeständen schädigen den Lebensraum nachhaltig. In den dichten Grünerlenbereichen mit übermannsho- hem Farnbewuchs im Gunzesrieder Tal kann durch eine punktuelle manuelle Auflockerung oder sehr extensive Beweidung die Habitatqualität deutlich verbessert werden.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 81

Die stark zunehmenden ganzjährigen menschlichen Störungen haben einen wesentlichen Ein- fluss auf die Stabilität der vorhandenen Birkhuhnbestände. Durch die Mitarbeit bei der geziel- ten Besucherinformation und -lenkung im Rahmen des DAV-Projektes „Skibergsteigen um- weltfreundlich“ sowie des Naturparkes Nagelfluhkette „Respektiere deine Grenzen“ wird ver- sucht die Störungen so weit wie möglich zu lenken und zu minimieren. Neben der Ausweisung und Markierung naturverträglicher Sommer- und Winterwanderwege sowie Skitourenrouten wird es punktuell auch notwendig sein, Wanderwege zu verlegen und zugewachsene Skitou- renabfahrten aufzusägen.

Eine Reduktion des Beutedruckes durch Räuber mittels jagdlicher Maßnahmen ist vernach- lässigbar.

Auerhuhn

Das Vorkommen des Auerwildes beschränkt sich auf hochmontane Lagen im Gebirgsteil. Die oft über 100 Jahre alten Waldbestände sind geprägt von einem hohen Nadelholzanteil. Be- stände mit guter Lebensraumeignung sind gekennzeichnet durch einen lichten Schlussgrad sowie durch eine hohe Strukturvielfalt. Derartige Bestände weisen auch für viele weitere Arten hochmontaner Lebensräume günstige Strukturen auf. Daher kann das Auerhuhn als wichtige „Schirmart“ betrachtet werden.

Ein großes Entwicklungspotential bieten jüngere Waldbestände mit hohen Fichtenanteilen in der montanen Bergmischwaldstufe. Hier erfolgen gezielte Eingriffe um Bestandeslücken zu schaffen.

In den Vorausverjüngungen ist allerdings bereits heute ein zunehmender Anteil an Laubholz festzustellen, insbesondere der Buche. Die Habitateignung dieser Bestände für das Auerhuhn wird, außer im Winter, damit in Zukunft ungünstiger sein.

Gute Habitate werden sich deshalb zukünftig auf die von Nadelholz dominierten Bestände oberhalb 1.300 m ü. NN, auf die Sonderstandorte (Moor- und Moorrandwälder) sowie auf feuchte Standorte im Flysch beschränken. Eine Schlüsselrolle kommt auf diesen Standorten der Behandlung der Altbestände zu.

82 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

Zielsetzung bei der Waldbewirtschaftung muss daher sein:

• Auswahl von Trittsteinflächen und Verbundkorridoren • Sicherung lichter und strukturreicher nadelholzbetonter Waldbestände • Konzentration von Maßnahmen auf zuwachsschwache Standorte • Förderung des Beerkrautes

Zur Umsetzung dieser Ziele sind in den einzelnen Waldentwicklungsstufen folgende Maßnah- men geeignet:

1. Jungbestände

Förderung vorhandener Strukturen und Schaffung offener Übergänge in Altbestände. Ausfor- men von Lücken. Anfallendes Reisig konzentrieren. Überhälter erhalten und direkten Bereich unter diesen von Verjüngung freihalten.

2. Durchforstungsbestände

Keine schematischen Durchforstungseingriffe, sondern stark aufgelichtete mit dichteren Be- reichen abwechseln. Gut geeignet sind Bringungsschlitze im Zusammenhang mit Seilhieben. Zuwachsschwache Sonderstandorte sind besonders stark aufzulichten. Ebenso sind Misch- baumarten wie Tanne oder Vogelbeere stark zu fördern.

3. Altbestände

Eine vorsichtige Femel- bzw. Plenternutzung führt hier zu einer Erhöhung der Strukturvielfalt, sowohl innerhalb der Baum-, wie auch der Beer- und Krautschicht. Zwingend dichtere Berei- che oder tief beastete Bäume ohne Bewuchs am Boden erhalten. Die Bestände nahe der Waldgrenze sollten in Hiebsruhe gestellt werden.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 83

Abbildung 30: Auerhuhngerechter Waldbau im Revier Sonthofen West (Foto: H. Heinl)

4. Strukturförderung

Sonderstandorte wie etwa Felsgebilde, Tobelränder oder Moore freistellen. Tief beastete Na- delbaum-Solitäre entwickeln und erhalten.

5. Besucherlenkung und Prädatorenbekämpfung

Analog der Maßnahmen für das Birkhuhn.

Weitere Vogelarten mit Waldbezug

An wertbestimmenden Waldarten kommen als regelmäßige Brutvögel im Forstbetrieb u. a. Schwarzstorch, Uhu, Roter und Schwarzer Milan, Raufuß- und Sperlingskauz sowie alle Spechtarten (außer dem Wendehals) vor.

Durch das Biotopbaum- und Totholzkonzept sowie den Schutz der alten und seltenen Wald- bestände wird langfristig das Vorkommen von strukturreichen, alten und totholzreichen Laub- und Bergmischwäldern gesichert. Ziel ist dabei, dass u. a. für die vorgenannten Waldarten (v. a. die Höhlenbrüter) optimale Brut- und Nahrungshabitate erhalten werden. Eine Gefähr- dung dieser anspruchsvollen Arten durch die Bewirtschaftung im Forstbetrieb ist nicht zu er- warten.

Die an Wasser oder Feuchtstandorte gebundenen Arten wie bspw. Eisvogel, Graureiher, Schwarzstorch oder Wasseramsel werden durch den Schutz der Feuchtstandorte, die Anlage von Nahrungsbiotopen oder den unter 3.2.1 genannten speziellen Horstbaumschutz beson- ders gefördert und bewahrt.

84 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

3.8.2. Reptilien

Kreuzotter

Im Bereich des Forstbetriebs Sonthofen kommen großflächig bedeutende Moore und Moor- wälder vor. Da intakte Moore, lichte Moorwälder und daran anschließende Streuwiesengürtel als klassische Kreuzotterlebensräume gelten, kommt dem Forstbetrieb Sonthofen eine wich- tige Rolle beim Schutz dieser Art zu. Im Rahmen des Artenhilfsprogramms „Kreuzotter im All- gäu“ untersuchte der bayernweit tätige Amphibien- und Reptilienexperte Dr. W. Völkl 2007 in ausgewählten Moorgebieten im Sulzschneider Forst und im Buchenberger Bereich das Vor- kommen und die Bestandessituation der Kreuzotter. Im Breitenmoos bei Buchenberg und in den Mooren des Sulzschneider Forstes konnte die Kreuzotter in relativ hoher Dichte nachge- wiesen werden. Ihr Vorkommen im Allgäu wird im Vergleich mit anderen Schwerpunktvorkom- men in Bayern trotz eines wahrscheinlichen Rückgangs noch als hoch eingeschätzt.

Die Kreuzotter nutzt die Moore und deren Randbereiche als zentralen Lebensraum. Darüber hinaus scheinen auch lichte Waldlebensräume und dazugehörige lichte Waldwege eine Be- deutung als Winterquartier und als Dauerlebensraum zu haben.

Als Ursachen für einen Rückgang werden u. a. angesehen:

• Streu- und Feuchtwiesen können nicht mehr als Jagdrevier genutzt werden, da sie von den Hauptlebensräumen der Kreuzotter durch eine intensivierte Grünland-, aber auch Waldnutzung in den Randbereichen der Moore zunehmend isoliert werden. Der Le- bensraumtyp „Waldrand“ oder „magerer Saum“ zum Moor hin schwindet und damit auch die Wanderungsmöglichkeiten für die Kreuzotter. • Die Entwässerung der Moore.

Für den Erhalt und die Förderung der Kreuzotterpopulationen in den Mooren des Forstbetriebs Sonthofen wird eine Vernetzung der Kreuzotter-Lebensräume durch entsprechende Gestal- tung von Waldrand- und Übergangsbereichen von Mooren hin zu extensiv genutztem Grün- land und zu lichten Moorwaldbereichen im Rahmen mehrerer Projekte vorgeschlagen. Auch die Renaturierung entwässerter Moore wirkt sich in diesem Zusammenhang positiv auf den Bestand der Kreuzotter aus.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 85

3.8.3. Fledermäuse

Am Forstbetrieb kommen mehrere Fledermausarten vor (z. B. bei Oberstdorf), darunter die Arten mit Rote-Liste-Status (Bayern):

• Großes Mausohr ( Myotis myotis ): Kategorie V (Vorwarnstufe) • Großer Abendsegler ( Nyctalus noctula ): Kategorie 3 (gefährdet) • Rauhautfledermaus ( Pipistrellus nathusii ): Kategorie 3 (gefährdet) • Wasserfledermaus ( Myotis myotis ): keine aktuelle Gefährdung

Ziele und Maßnahmen

Eine naturnahe Waldbewirtschaftung auf der Basis der Waldbaugrundsätze und des vorlie- genden Naturschutzkonzeptes gewährt auch künftig den Erhalt zusammenhängender Laub- und Mischwälder als Jagdgebiet für die vorkommenden Fledermäuse im Umfeld ihrer Quar- tiere. Insbesondere der Erhalt alt- und totholzreicher Laub- bzw. Mischwälder sichert die Som- merhabitate der stark gefährdeten Mopsfledermaus und des Großen Mausohrs.

3.8.4. Pflanzen

Torf-Segge ( Carex heleonastes )

Die Torf-Segge ist eine Art der borealen Nadelwald- und Birkenwaldgebiete. Ihre kleinen und rückläufigen Bestände in Bayern werden auf unter 20 rezente Wuchsorte beziffert. Die Art ist in Bayern vom Aussterben bedroht. In einem montanen Moorkomplex des Forstbetriebs Sont- hofen kommt Carex heleonastes noch vor. Renaturierungs- und Pflegemaßnahmen auf diesen Mooren kommen auch dieser Art zugute.

3.9. Kooperationen

Zusammenarbeit

Der Forstbetrieb steht grundsätzlich allen, die sich für die Belange des Natur- und Artenschut- zes einsetzen, offen gegenüber. Wissenstransfer und gegenseitige Unterstützung in natur- schutzfachlichen Fragen stehen im Mittelpunkt einer intensiven Zusammenarbeit mit lokalen und überregionalen Verbänden, dem amtlichen Naturschutz, der Bayerischen Forstverwal- tung, mit Vertretern aus Lehre und Forschung, mit Planungsbüros und interessierten Einzel- personen mit Spezialwissen.

86 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

Kooperationen bestehen mit dem Bergwaldprojekt, dem DAV, dem Bund Naturschutz (Moore) und dem LBV (Managementmaßnahmen für den Schutz der Fledermäuse, des Schwarz- storchs, der Raufußhühner) sowie mit allen einschlägigen staatlichen Einrichtungen.

Die bestehenden Kontakte zu Vertretern dieser Institutionen werden gepflegt und nach Mög- lichkeit ausgebaut. Die Zusammenarbeit der BaySF und der Forstverwaltung in Forschungs- projekten (insbesondere Flächenbereitstellung) und bei der Umsetzung von Natura 2000 ist durch Vereinbarungen geregelt.

Abbildung 31: Anlage von Sonderbiotopen mit Unterstützung der (Foto: H. Mayr)

Öffentlichkeitsarbeit

Die Öffentlichkeitsarbeit des Forstbetriebs Sonthofen ist ausgerichtet auf das Verständnis und die Akzeptanz der praktizierten naturnahen Waldbewirtschaftung, die Maßnahmen des Natur- schutzes integriert. Bei zahlreichen Exkursionen und Führungen sowie durch Pressearbeit werden die Naturschutzleistungen und die naturschutzfachliche Kompetenz des Forstbetriebs dargestellt. Die aktive Einbindung der Revierleiter als Ansprechpartner vor Ort – auch in Na- turschutzfragen – ist wichtiger Bestandteil der strategischen Öffentlichkeitsarbeit.

Zu Printmedien, Rundfunk und Fernsehen bestehen Verbindungen. Diese greifen Natur- schutzthemen immer wieder gerne auf.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 87

3.10. Interne Umsetzung

Ziele

• Die dauerhafte Anerkennung der Bayerische Staatsforsten als Institution und des regi- onal agierenden Forstbetriebs Sonthofen als kompetenter Partner im Natur- und Arten- schutz. • Hohe Sensibilität aller Beschäftigten für Belange des Natur- und Artenschutzes. • Vorbildliche Einhaltung der rechtlichen Anforderungen an den Natur- und Artenschutz.

Praktische Umsetzung

• Verbesserung der Kenntnisse von Lebensräumen und Arten bei den Beschäftigten durch Fortbildungen. • Förderung von Mitarbeitern mit besonderen Natur- und Artenkenntnissen. • Überprüfung einzelner Naturschutzziele im Zuge des „Naturalen Controllings“. • Intensive Zusammenarbeit mit den Naturschutzspezialisten der Bayerischen Staats- forsten .

Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Forstbetriebes sind bei der Umsetzung der Natur- schutzziele gefordert. Die Handlungsverantwortung bei konkreten Maßnahmen liegt bei den jeweils planenden oder ausführenden Beschäftigten, vom Forstbetriebsleiter bis zum Waldar- beiter.

Der Servicestellenleiter, die Revierleiter und die Forstwirtschaftsmeister werden ständig über aktuelle Themen im Bereich Naturschutz im Forstbetrieb informiert. Darüber hinaus finden an- lassbezogen Schulungsveranstaltungen – auch für Waldarbeiter – zur Umsetzung natur- schutzfachlicher Themen statt.

Finanzierung bzw. ökonomische Auswirkungen

In ökonomischer Hinsicht sind vor allem die Nutzungs- und Verwertungsverzichte (im Wesent- lichen Belassen von Totholz und Biotopbäumen) von Bedeutung. Daneben entsteht ein Mehr- aufwand für planerische bzw. organisatorische Maßnahmen, um die naturschutzfachlichen Be- lange im Zuge der integrativen Waldbewirtschaftung zu berücksichtigen. Die ökonomischen Auswirkungen vorstehender Aspekte tragen ausschließlich die Bayerischen Staatsforsten .

88 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

Für spezielle Naturschutzprojekte, die aktive Maßnahmen erfordern und die über die Anforde- rungen einer naturnahen vorbildlichen Waldbewirtschaftung hinausgehen, werden finanzielle Mittel aus dem Budget der Bayerischen Staatsforsten und Zuwendungen des Freistaats Bay- ern im Rahmen der „besonderen Gemeinwohlleistungen (bGWL)“ sowie sonstige Fördermittel und Zuschüsse eingesetzt.

Auswirkungen des Regionalen Naturschutzkonzepts auf den Betriebsablauf

Um die Ziele des Naturschutzkonzepts zu erreichen, müssen sich alle Mitarbeiter damit iden- tifizieren und sie bei der täglichen Arbeit im Forstbetrieb berücksichtigen.

Die Arbeiten in naturnahen Beständen mit stehendem Totholz und Biotopbäumen bergen er- höhte Gefahren. Die größte Gefahr geht dabei vom Kronentotholz aus. Der Forstbetrieb nutzt alle Möglichkeiten um diese Gefahren zu vermindern, bspw. durch hohe Sicherheitsstandards und durch die Schulung des Risikobewusstseins aller Mitarbeiter. Die Bayerischen Staatsfors- ten haben deshalb in ihr Fortbildungsprogramm eine Schulung zum Thema „Arbeitssicherheit, Biotopbäume und Totholz“ aufgenommen.

Doch nicht nur für die Mitarbeiter der Bayerischen Staatsforsten geht vom Totholz eine Gefahr aus. Auch Waldbesucher und Verkehrsteilnehmer, die Wege und öffentliche Straßen im oder entlang des Staatswaldes nutzen, sind dieser Gefahr ausgesetzt. Der Waldbesitzer ist daher im Rahmen seiner Möglichkeiten und in Abhängigkeit von der Verkehrsbedeutung der jeweili- gen Wege für die Verkehrssicherung verantwortlich. Es ist daher notwendig, dass entlang viel frequentierter Wege sowie öffentlicher Straßen die Sicherheit der Menschen absoluten Vor- rang vor allen anderen Interessen hat.

Die große Herausforderung für den Forstbetrieb ist die Synthese von Ökonomie, Ökologie und den Ansprüchen der Gesellschaft bei der Waldbewirtschaftung. Dabei gilt es, die vielfältigen und teilweise auch in Konkurrenz zueinander stehenden Ansprüche an den Wald (z. B. Trink- wasserspender, CO 2-Senke, Biotopbäume, Erholungsraum für Menschen) bestmöglich zu be- rücksichtigen.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 89

4 Glossar

ABZ 100+ (50) Besondere Gemeinwohlleistungen (bGWL) Das Allgemeine Bestockungsziel (ABZ) um- schreibt die langfristig anzustrebende Zielbe- Die BaySF erbringen über ihre vorbildliche Be- stockung eines Forstbetriebes und wird zahlen- wirtschaftung hinaus besondere Gemeinwohl- mäßig in Flächenprozenten der vorgesehenen leistungen, kurz bGWL, im Bereich der Erho- Baumarten angegeben. Es wird unterschieden lung wie auch des Naturschutzes. Die Kosten in ein über mehrere Jahrzehnte (rd. 50 Jahre) dieser Maßnahmen werden bis zu 90 % durch erreichbares Leitziel (ABZ 50) und in ein lang- den Freistaat Bayern (Forstverwaltung) bezu- fristig (über 100 Jahre hinaus) anzustrebendes schusst, den Rest trägt die BaySF . strategisches Idealziel (ABZ 100+). Biozide Das ABZ 100+ wird anhand der gegebenen Standortverhältnisse, der regionalen Klimaver- Sind Mittel zur Schädlingsbekämpfung oder hältnisse und der prognostizierten Klimaverän- auch Holzschutzmittel. derungen sowie der Waldfunktionen festgelegt. Ökonomische und ökologische Ziele sowie ge- Bestand sellschaftsbezogene Gegebenheiten werden in die Herleitung angemessen einbezogen. Die Ist die Bezeichnung für einen homogenen aktuelle Bestockung sowie die zu erwartende Waldteil, der sich hinsichtlich Form, Alter und Verjüngungsdynamik der bestehenden Be- Baumart von seiner Umgebung abhebt. Er stellt stände bleiben bei der Herleitung unberück- zugleich die kleinste Einheit des waldbaulichen sichtigt. Handelns für einen längeren Zeitraum dar. Man unterscheidet Reinbestände (nur eine Baum- Auszeichnen art) und Mischbestände (mehrere Baumarten).

Ist das Markieren von Bäumen, die bei einer Borkenkäfer Durchforstung entnommen werden sollen. Wei- terhin werden die zu begünstigenden Elite- Ist eine weltweit verbreitete Käferfamilie mit bäume, Biotopbäume sowie der Gassenverlauf 4.600 Arten, wovon etwa 95 in Deutschland beim Auszeichnen markiert. vorkommen. Einige Arten neigen zur Massen- vermehrung und können forstlich große Schä- den anrichten. Von forstlicher Bedeutung sind in Bayern vor allem Kupferstecher (Pityogenes chalcographus) und Buchdrucker (Ips typo- graphus).

90 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

Brusthöhendurchmess er (BHD) Jungbestandspflege

Der Brusthöhendurchmesser ist der Durchmes- So wird die Behandlung junger Waldflächen bis ser eines Baumes in 1,30 Meter Höhe. Er wird zum Eintritt in das Stangenholzalter bezeich- zur Berechnung des Holzvolumens des jeweili- net. In dieser Phase geht es vor allem darum, gen Baumes benötigt. Mischbaumarten zu sichern und Konkurrenz- pflanzen zurückzuhalten. Durchforstung Kalamität Die Durchforstung ist eine waldbauliche Pflege- maßnahme, bei der aus einem Bestand eine Als Kalamität werden massive Forstschäden, bestimmte Anzahl von Bäumen entnommen welche z. B. durch Witterungsextreme, Wald- wird, um den wuchs-kräftigsten Bäumen oder brand oder Insekten hervorgerufen werden, be- seltenen Baumarten im Bestand mehr Stand- zeichnet. raum zu geben. Dadurch wird der Wert-/Zu- wachs auf diese Elitebäume gelenkt. Vor allem Nachhaltigkeit im Nadelholz ist die Durchforstung auch für die Stabilität des Bestandes äußerst wichtig. Der klassische forstliche Nachhaltigkeitsbegriff umfasst vor allem die Holzmassennachhaltig- Festmeter (Fm) keit. D. h., dass nicht mehr Holz genutzt wird, als nachwächst. Der heutige Ansatz beinhaltet Ist eine Maßeinheit für Holz. Ein Festmeter zudem ökologische und soziale Aspekte. ohne Rinde entspricht einem Kubikmeter reiner Holzmasse. Natura 2000

Forsteinrichtung Natura 2000 ist ein europäisches Netz von Schutzgebieten zum länderübergreifenden Ist die mittelfristige, in der Regel 10-jährige Be- Schutz wildlebender heimischer Pflanzen und planung des Waldes. Dazu werden zunächst Tierarten und deren Lebensräumen. Die Na- über eine Inventur im Wald Holzvorrat und Zu- tura 2000-Gebiete setzen sich aus den Fauna- wachs nach Beständen und Baumarten ermit- Flora-Habitat-Gebieten (FFH) und den Vogel- telt. Danach werden die betrieblichen sowie schutzgebieten (SPA) zusammen. waldbaulichen Ziele geplant und der Hiebssatz festgelegt. Der Hiebssatz gibt die flächenbezo- Naturwaldreservat gene nachhaltige jährlich einschlagbare Holz- menge an. Naturwaldreservate sind Waldbestände, die der natürlichen Entwicklung überlassen wer- den. In ihnen finden keine regulären forstlichen Nutzungen mehr statt.

Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen 91

Pestizide Standort

Ist die Bezeichnung für Pflanzenschutzmittel. So wird die Gesamtheit der Umwelteinflüsse Sie sollten nur im äußersten Notfall eingesetzt am Wuchsort einer Pflanze, wie bspw. Klima, werden. Boden, Wasserhaushalt und Relief bezeichnet.

Potentielle natürliche Vegetation (pnV) Totholz

Als pnV wird die Pflanzengesellschaft bezeich- Unter Totholz versteht man das Holz stehender net, die sich ohne menschlichen Einfluss, nach- oder liegender abgestorbener Bäume, Äste o- dem der Mensch die Bewirtschaftung einer Flä- der Baumkronen. Totholz hat erhebliche Be- che aufgegeben hat, entwickeln würde. In gro- deutung als Lebensraum und Nährstoffquelle. ßen Teilen Bayerns wären das Buchenwaldge- sellschaften.

92 Naturschutzkonzept Forstbetrieb Sonthofen

5 Bildnachweise

Abbildung 1: Prinscher Alpe im Revier Sonthofen West (Foto: H. Heinl) ...... 1 Abbildung 2: Wuchsgebietsübersichtskarte (Waldflächen Forstbetrieb Sonthofen dunkelblau) ...... 10 Abbildung 3: Anteile der Standorteinheitengruppen (Hochgebirge) ...... 11 Abbildung 4: Anteile der Standorteinheitengruppen (Flachland) ...... 11 Abbildung 5: Kleinfläche Verjüngungsstrukturen im Bergwald (Foto: K. Kleiter) ...... 14 Abbildung 6: Tannenreicher Bergmischwald der Klasse 3 im Distrikt Innere Scheue (Foto: K. Huschik) ...... 22 Abbildung 7: Laubholzreicher, bewirtschafteter Bergmischwald der Klasse 3 im Distrikt Riedberg (Foto: K. Huschik) ...... 23 Abbildung 8: Eiben-Methusalem im Revier Sonthofen West (Foto: H. Heinl) ...... 25 Abbildung 9: Schwarzstorchhorst mit Jungvögeln im Revier Kürnach Süd (Foto: J. E. Mayr) ...... 27 Abbildung 10: Totholzvorräte nach Totholzkategorien, Stärkeklassen und Baumartengruppen ...... 29 Abbildung 11: Totholzreicher subalpiner Fichtenwald im Distr. 24 Schwarzenberg (Foto: K. Huschik) 29 Abbildung 12: Liegendes Laubtotholz im Revier Kürnach Süd (Foto: J. E. Mayr) ...... 30 Abbildung 13: freigestellter Tannenjungwuchs in üppiger Buchenverjüngung im Dist. Riedberg (Foto: K. Huschik) ...... 32 Abbildung 14: Moorsanierung im Werdensteiner Moos im August 2014 (Foto: K. Huschik) ...... 39 Abbildung 15: Grabenverschluss in den Birkachmooren (Foto: H. Heinl) ...... 40 Abbildung 16: Naturnaher Quellbereich im Revier Kürnach Süd (Foto: J. E. Mayr) ...... 47 Abbildung 17: Subalpiner Karbonat-Fichtenwald der Klasse 2 im Revier Sonthofen West (Foto: K. Huschik) ...... 50 Abbildung 18: Übersichtskarte NSG Allgäuer Hochalpen (Staatswaldflächen blau) ...... 53 Abbildung 19: Übersichtskarte nördlicher Teil des FFH-Gebietes 8228-301 „Kempter Wald mit oberem Rottachtal“ mit NSG „Hochmoore im Kemptener Wald“ und NWR Dürrerbühl (Staatswaldflächen blau) ...... 54 Abbildung 20: Übersichtskarte südlicher Teil des FFH-Gebietes 8228-301 „Kempter Wald mit oberem Rottachtal“ mit NSG „Rottachmoor“ (Staatswaldflächen blau) ...... 54 Abbildung 21: Moorauge im NWR „Dürrerbühl“ (Foto; J. E. Mayr) ...... 56 Abbildung 22: Übersichtskarte FFH-Gebiet 8329-305 „Senkele“ (lila Linie) mit NWR „Senkele“ (grüne Linie, Staatswaldflächen blau) ...... 58 Abbildung 23: NWR „Taufersalpschachen“ (Staatswaldflächen blau) im NSG Allgäuer Hochalpen .... 59 Abbildung 24: Übersichtskarte FFH-Gebietes 8228-301 „Moore im Wierlinger Wald“ mit den NSG „Breitenmoos“ und „Schönleitenmoos“ sowie dem NSG „Rohrbachtobel im Wierlinger Forst“ am östl. Bildrand (Staatswaldflächen blau) ...... 62 Abbildung 25: Naturnahe bachbegleitende Auwälder an der Goldach mit Biber-Fraßspuren (Foto: J. E. Mayr) ...... 65 Abbildung 26: Schutzgüter im FFH-Gebiet „Oberes Weissachtal“, einschließlich NWR Achrain ...... 70 Abbildung 27: Typische Alplandschaft nahe der Balderschwanger Alm (1.369 m ü. NN) (Foto: K. Huschik) ...... 74 Abbildung 28: Schottische Hochlandrinder im Distr. Ostertal (Foto: H. Heinl) ...... 78 Abbildung 29: Frisch angelegtes Feuchtbiotop im Revier Kürnach Süd (Foto J. H. Mayr) ...... 80 Abbildung 30: Auerhuhngerechter Waldbau im Revier Sonthofen West (Foto: H. Heinl) ...... 84 Abbildung 31: Anlage von Sonderbiotopen mit Unterstützung der Bundeswehr (Foto: H. Mayr) ...... 87

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Herausgeber

Bayerische Staatsforsten AöR Tillystrasse 2 D-93047 Regensburg Tel.: 0049 (0) 941 6909-0 Fax: 0049 (0) 941 6909-495 E-Mail: info@ BaySF .de Internet: www. BaySF .de

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