Menschen und Denkmale Denkmalpflege in Niederösterreich

Band 36

Menschen und Denkmale Denkmalpflege in Niederösterreich

Vorwort

Die Initiative von engagierten Menschen dieses Landes macht es möglich, dass das unvergleichlich reiche baukulturelle Erbe Niederösterreichs erhalten bleibt, unsere Gegenwart bereichert wird und auch die kommenden Generationen auf ihre kulturellen Wurzeln zurückblicken können sowie sich der Pflege dieser Werte widmen werden.

Menschen, die sich um die Erhaltung, Renovierung und Revitalisierung der Denkmale kümmern, zeichnen viele Eigenschaften aus: historisches Interesse, persönliche Anteilnahme, Verantwortungs- und Wertebewusstsein, Gemeinschaftssinn und Begeisterungsfähigkeit.

Die Eigentümer, Bewohner, Nutzer, Erhalter und Beschützer der Kulturdenkmale sind nicht nur bereit, einen großen Teil ihres Geldes für die Denkmalpflege zu verwenden, sondern leisten auch unzählige Arbeitsstunden, sorgen für eine adäquate, zeitgemäße Nutzung und nehmen nicht selten auch Einschränkungen und Entbehrungen in Kauf. Dafür sage ich ein herzliches „Danke“!

Der Lohn für diese Leistungen ist weder mess- noch bezahlbar, aber er ist sichtbar und begreifbar in unserem ganzen Land: in einfachen, alten Häusern und prächtigen Schlössern, in bescheidenen Wegkapellen und mächtigen Kirchen, Stiften und Klöstern, in romantischen Ruinen und weit aufragenden Burgen, in kleinen, historischen Handwerksbetrieben und imposanten Fabriken und an allen Orten, wo Menschen sich um die Erhaltung unserer Baudenkmale kümmern.

In den 20 Jahren, in denen ich für die Förderung der Denkmalpflege in Niederösterreich verantwortlich bin, sind nicht nur die Finanzierungsbeiträge des Landes stetig gestiegen, sondern hat auch das private Engagement und öffentliche Interesse für die Denkmalpflege enorm zugenommen.

Dieser Sonderband der Schriftenreihe „Denkmalpflege in Niederösterreich“, in dem stellvertretend und beispielgebend einige um die Denkmalpflege verdiente Menschen in Niederösterreich mit ihren Denkmalen vorgestellt werden, ist einerseits als Dank zu verstehen, andererseits auch als Ermunterung und Bitte, weiterhin gemeinsam mit dem Land Niederösterreich und dem Landeskonservatorat für Niederösterreich des Bundesdenkmalamtes Verantwortung für unser kulturelles Erbe zu übernehmen.

Dr. Erwin Pröll

Landeshauptmann von Niederösterreich Inhalt

3 Vorwort 34 Mailberg Nr. 161 Erwin Pröll – Schritt für Schritt 6 Denkmalschutz und Denkmalpflege 36 Windmühle Retz in Niederösterreich – Für Windmühlen kämpfen Peter König 38 Schloss Buchberg 11 Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen – Malewitsch am Dach Martin Grüneis 40 Pfarrkirche Laxenburg 14 Zeitgemäß Bauen am historischen Ort – Brautkleid & Doppeladler Gerhard Lindner 42 Turmhof Retz 18 Privates Engagement in der – Gelebte Integration niederösterreichischen Archäologie 44 Eybl-Hammer in Christa Farka und Franz Humer – Wo das Feuer regiert 46 Pfarrkirche Mödring – Fingerzeig Gottes Menschen und Denkmale 48 Schloss Viehofen Mella Waldstein (Autorin) Robert Herbst (Fotograf) – Phoenix aus der Asche 50 Stift Herzogenburg 24 Schwedenkreuz Niederrußbach – Erdverbundenes Kloster mit Himmelsturm – Engagement beginnt im Kleinen 52 Konzertsaal Ziersdorf 26 Schloss – Ein Ballsaal zwischen Wien und Prag – Wohnen mit Ambiente 54 Schüttkasten Harmannsdorf 28 Ehemaliger Liechtenstein’scher – Bertha von Suttners Schüttkasten Weinkeller Hohenau an der March 56 Mauthaus in Stein an der Donau – Kartoffel im Fürstenkeller – „Das bissl Arkadenhof“ 30 Hoffmann-Mühle in Laa an der Thaya 58 Kaiserin-Elisabeth-Gedächtniskirche – Dame mit Mühle – Zwischen Himmel und Erde 32 Stift Melk 60 Jüdischer Friedhof Ybbs – Seelsorge am Gerüst – Ort der Versöhnung 62 Ekamp-Hof in Ybbsitz 90 Schloss Prinzendorf – In der Gegend – Jubelrausch 64 Schloss Ebenfurth 92 Stift Neukloster in Wiener Neustadt – Drei Damen Unverzagt – Betrachtungen eines Hochaltars 66 Mausoleum in Purkersdorf 94 Raabs an der Thaya – Jugendstil-Juwel – Die Bücherburg 68 Evangelische Kirche Mitterbach 96 Schloss Schrattenthal – Die Orgel – Lebensaufgabe und Leidenschaft 70 Dorfkapelle Asparn im Tullnerfeld 98 Galgenkogelkapelle in Gresten – Gemeinschaft, von Anfang an – Schwarze Engel 72 Walzengravieranstalt Guntramsdorf 100 Alpengasthof am Kreuzberg – Spinnenpapier & Stanniolfolien – „Baue nicht malerisch“ 74 Feistritz am Wechsel 102 St. Gotthard bei Texing – Einkehrgasthof für die Gemeinde – Die Legende vom blinden Pferd 76 Schloss Hof 104 Schlossberg Hainburg – Tusculum rurale – Herrenpartie 78 Kalvarienberg Maria 106 Schüttkasten Primmersdorf – Auf Knien den Berg hinauf – Der Kulturkasten 80 Stadttheater Berndorf – Krupp & Kaiser 82 Schloss Salaberg Epilog – Barocke Badelust 109 Ideen, Menschen und ihre Denkmale 84 Herrenhaus Gutenstein Friedrich Grassegger – Gründerzeit am Wiesengrund 86 Gotische Lichtsäule Hof am Leithaberge – Ins Jenseits leuchten 88 Ruine Dobra – Der Baum am Bergfried Denkmalschutz und Denkmalpflege in Niederösterreich Peter König

Denkmalschutz und Denkmalpflege widmen sich der Erhal- unbeweglichen und beweglichen Gegenstände von geschicht- tung und Erforschung des kulturellen Erbes unseres Landes. licher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung. Das Bundesdenkmalamt ist mit dieser Aufgabe betraut. Für Diese Eigenschaften allein sind aber noch nicht ausschlag- jedes Bundesland ist ein eigenes Landeskonservatorat einge- gebend für den Denkmalschutz; erst wenn ein „öffentliches richtet. Zentrale Abteilungen in Wien umfassen neben dem Interesse“ an der Erhaltung hinzukommt, ist die Voraus- Präsidium (Amtsleitung) die Rechtsabteilung, die Architektur- setzung für den Denkmalschutz gegeben. abteilung, die Abteilungen für Bodendenkmale, für technische und wirtschaftsgeschichtliche Denkmale, für Klangdenkmale, Denkmale, die Zeugnis der historischen Leistungen der Men- für historische Gärten, für Denkmalforschung und für Inven- schen geben, sind vielfältig. Sie umfassen prähistorische Funde tarisation. Außerdem befinden sich in Wien und Mauerbach und römische Ausgrabungen, die in den Aufgabenbereich der die Restaurierwerkstätten für Kunst- und Baudenkmale, wel- Bodendenkmalpflege fallen. An Bauwerken wie Wohnhäusern, che die praktischen Bereiche der Denkmalpflege abdecken. Handelsgewölben, Kommunalbauten, Befestigungsanlagen, Burgen und Schlössern, Kirchen und Klöstern, aber auch Gesetzliche Grundlage für die Aktivitäten des Bundesdenk- an Industriebauten der jüngeren Vergangenheit lässt sich ein malamtes ist das Denkmalschutzgesetz von 1923, das in den ­wichtiger Teil der Geschichte von Dörfern und Städten ablesen. Jahren 1978, 1988, 1990 und 2000 novelliert wurde. Dieses Wichtige Zeugen von Kultur- und Kunstgeschichte sind betrachtet als Denkmal alle von Menschenhand geschaffenen auch Werke der Malerei, Plastik und des Kunsthandwerkes.

Melk, Luftbild mit Stift und Stadt

 Der dokumentarisch-historische Wert der Denkmale ist Baurechtsberechtigte Parteienstellung, wodurch örtliche bzw. ­wichtiger als der praktische Nutzen eines solchen Objektes. regionale Interessen Beachtung finden können.

Im Zuge der Novellierung des Denkmalschutzgesetzes wurde Die rechtskräftige Unterschutzstellung wird im Grundbuch ein- der Denkmalbegriff durch den Ensembleschutz erweitert. Auch getragen. Objekte, die sich im Eigentum öffentlich-rechtlicher Gruppierungen von Baulichkeiten, Platzanlagen und Straßen- Körperschaften (Staat, Kirche, Gemeinden usw.) befinden, züge finden hier in ihrer Gesamtheit Berücksichtigung. stehen Kraft gesetzlicher Vermutung unter Denkmalschutz, solange nicht über Antrag oder von Seiten des Bundesdenk- Sammlungen beweglicher Gegenstände, deren Erhaltung als malamtes das Gegenteil festgestellt wird. Einheit im öffentlichen Interesse gelegen ist, fallen auch un- ter den Begriff „Denkmal“. Der Landeshauptmann hat überdies das Recht, beim ­Bundesdenkmalamt Anträge auf Feststellung des Vorliegens Die Unterschutzstellung eines Denkmals, das sich in Privat- des öffentlichen Interesses an der Erhaltung von Denkmalen eigentum befindet, setzt ein Ermittlungsverfahren seitens (einschließlich Ensembles und Sammlungen), aber auch des Bundesdenkmalamtes voraus, bei dem die Denkmalei- – soweit sie bereits unter Denkmalschutz stehen – auf deren genschaften umfassend erhoben werden. Mittels Bescheid Veränderung, Zerstörung oder Aufhebung der Unterschutz- wird der Eigentümer hievon in Kenntnis gesetzt. Gegen stellung zu stellen. einen solchen Bescheid kann eine Berufung an das Bun- desministerium für Bildung, Wissenschaft und Kunst Oberstes Ziel des Denkmalschutzes ist die Erhaltung der eingebracht werden. Im Unterschutzstellungsverfahren un- ­Substanz des Objektes, wobei man aber bestrebt ist, den beweglicher Objekte haben neben dem Eigentümer auch Bedürfnissen der heutigen Zeit gerecht zu werden. Der Landeshauptmann, Gemeinde, Bürgermeister sowie allfällige ­Eigentümer eines Denkmals ist verpflichtet, etwaige anstehende

Bad Deutsch Altenburg, Pfarrkirche

 ­Veränderungen dem Bundesdenkmalamt bekannt zu geben. Jedem sind die bedeutenden Kirchenbauten wie der Dom von Die Unterschutzstellung eines Objektes sollte vom Eigentü- St. Pölten, der Wr. Neustädter Dom, die Wallfahrtskirchen mer nicht nur negativ gesehen werden. Die Zusammenarbeit von Maria Taferl und , die großen landschafts- mit dem erfahrenen Denkmalpfleger/Denkmalpflegerin bietet bestimmenden Klosteranlagen, aber auch die zahlreichen kostenlose fachliche Beratung, die hilfreich ist in der Zu- wahrzeichenhaften Burgen und Schlösser bekannt. sammenarbeit mit Bauleuten und Restauratoren. So können adäquate Kostenschätzungen und Kostenvorschläge vorge- Es sind die etwa 2000 Kirchenbauten, die ca. 450 Burgen, nommen werden, die in möglichen Fördermaßnahmen der Burgruinen und Schlösser, die zahlreichen bürgerlichen öffentlichen Hand, welche helfen, die eventuellen denkmal- Wohnbauten, die zahllosen Bildstöcke, kleinen Kapellen und pflegerischen Mehrkosten zu tragen, Berücksichtigung finden. Marterln, volkskundlich bedeutenden bäuerlichen Objekte, technischen Denkmale, deren Erfassung und Erhaltung die Der Denkmalbestand in Niederösterreich: Als größtes Bundes- tägliche Arbeit des Denkmalpflegers ausmachen. Insgesamt land Österreichs birgt Niederösterreich nicht nur die höchste ergeben sich – hochgerechnet – für Niederösterreich etwa Anzahl an Kulturgütern mit Denkmalcharakter, sondern auch 30.000 Denkmalobjekte. Vor allem durch die Dichte an Klös- die größte Dichte an Denkmalen, die durch den historischen tern und Stiften sowie Burgen und Schlössern erweist sich Siedlungsraum und die geographischen Bedingungen gegeben Niederösterreich als historisches Kernland, das die Hauptstadt ist. In allen Kategorien von Denkmalen führt Niederösterreich eines ehemals großen Reiches umgibt. die österreichische Denkmalstatistik an. Besonders charakteristisch für die Kulturlandschaft Nieder- österreichs sind, wie erwähnt, die vielen Klöster und Stifte. Die 10 „großen“ sind wohl allgemein bekannt. Es sind dies die Augustiner-Chorherrenstifte Klosterneuburg und Herzogen- burg, die Benediktinerstifte Göttweig, Melk, Altenburg und , die Zisterzienserstifte Heiligenkreuz, Zwettl und Lilienfeld und die Prämonstratenser Stifte Geras/Pernegg. An all diesen Stiften wurden in den letzten Jahrzehnten umfangreiche Restaurierungsarbeiten durchgeführt. Neuerdings sind in Heiligenkreuz, Klosterneuburg und Herzogenburg sowie in Melk und Altenburg denkmalpflegerische Arbeiten im Gange. Die Planung der Innenrestaurierung der Stiftskirche von Zwettl, deren letzte Restaurierung schon 70 Jahre zurückliegt, ist nahezu abgeschlossen.

Eine wichtige Etappe der Instandsetzung von Stift Klos- terneuburg wurde im heurigen Jahr mit der Restaurierung der unvollendeten barocken, kunsthistorisch besonders

Maria Taferl, Wallfahrtskirche, rechtes Querhaus Gaming, Kartause, mit Kirchenfassade und Hofarkaden

 ­interessanten Sala terrena abgeschlossen. Mit der Öffnung schäden potenziert worden. Es gibt hier noch erschütternde dieses Raumes hat man für die Besucher einen neuen Zugang Zustände fast aussichtslosen Ausmaßes. Andererseits werden zum Stift ermöglicht und im Zusammenhang damit eine von Eigentümern, deren Schlösser schon seit Generationen in Neuaufstellung und Neustrukturierung der Kunstsamm- Familienbesitz sind, aber auch von engagierten neuen Besit- lungen erreicht. In konkreter Planung befinden sich die zern Investitionen, auf die man schon gar nicht mehr zu hoffen Restaurierung der prunkvollen barocken Kaiserzimmer und gewagt hat, getätigt. Mitunter werden hier völlig neue, zeitge- der Schatzkammer, in welcher der österreichische Erzherzogs­ mäße und künstlerisch interessante Strukturen geschaffen, die hut aufbewahrt wird. für die Zukunft Bestand haben. So seien etwa die ehemaligen Kartausen Aggsbach und Gaming, Schloss Buchberg, Schloss Im Stift Altenburg läuft die archäologische Erschließung des Wildberg, Schloss Oberhöflein und Schloss Salaberg als Bei- mittelalterlichen Stiftes unterhalb der Altane, die sich östlich spiele genannt. der barocken Bibliothek, der Apsis der Stiftskirche sowie des Kaisertraktes befindet. Die in der Barockzeit durch Abtragen Dem Bundesdenkmalamt sind freilich auch die Instandhaltungs­ reduzierten und verschütteten mittelalterlichen klösterlichen kosten, die z.B. Schloss Schallaburg, Schloss Rosenau oder Bauteile wurden freigelegt, statisch gesichert und mit einer Schloss Eckartsau abverlangen, bekannt. begehbaren Bedachung, durch die das überkommene äußere Erscheinungsbild nicht verändert wird, versehen. Um eine Stei- Zu neuen Ufern brechen die Marchfeldschlösser Schloss gerung der touristischen Nutzung zu erreichen, ist man dabei, Hof und Niederweiden, aber auch Schloss Orth auf. Eine eine Verbindung zwischen den neu erschlossenen mittelalter- lichen Bauteilen und den barocken Prunkräumlichkeiten zu schaffen. Diese umfassenden, architektonisch anspruchsvollen Baumaßnahmen beinhalten neue Infrastrukturen und volle behindertengerechte Zugänglichkeit.

Aus der Reihe der zahlreichen aufgehobenen Klöster ist die ehemalige Kartause von Gaming hervorzuheben, die über ­private Initiative ein Universitätscolleg geworden ist und so wieder mit Leben erfüllt ist.

Pro Jahr werden an die 100 kirchlichen Objekte in den beiden Diözesen Wien und St. Pölten restauriert und instandgesetzt. Als Beispiel der mittelalterlichen Baukunst seien die Pfarr- kirchen von Bad Deutsch-Altenburg, Eggenburg und Tulln genannt. Hauptthema der Restaurierungen ist hier die In- standsetzung der steinernen Architekturoberflächen.

In Wolkersdorf hat sich bei der jüngst erfolgten Außenres- taurierung das charakteristische Bild des breiten Spektrums der anfallenden Arbeiten manifestiert, wo umfassende Tro- ckenlegungsarbeiten, Stein- und Putzrestaurierungen sowie Fenster- und Torinstandsetzungen zu bewältigen waren.

War in Maria Dreieichen die Wiedergewinnung des barocken äußeren Erscheinungsbildes durch befundgetreue Farbgebung Ziel der Arbeiten, so ist es in Maria Taferl die vollständige In- nenrestaurierung der barocken Wallfahrtskirche, deren lange Bau- und Ausstattungszeit ein Abbild des gesamten Spektrums der österreichischen Barockkunst des 17. und 18. Jahrhunderts bietet.

Im profanen Bereich ergeben sich die schwierigsten Aufgaben bei den Restaurierungen von Burgen und Schlössern. Hier sind in vielen Fällen die Schäden des 2. Weltkrieges noch nicht Eggenburg, Pfarrkirche beseitigt; vielmehr sind diese durch die aufgelaufenen Zeit-  ­wirtschaftlich besonders interessante Konstellation hat sich Über die Grenzen des Landes hinaus bekannt sind die für die Gesamtrestaurierung von Schloss Hof und Nieder- ­UNESCO-Weltkulturerbestätten Niederösterreichs: nämlich weiden ergeben. Die Wiederherstellungsarbeiten, die von den die Semmeringbahn und die Kulturlandschaft der Wachau mit ­Aspekten der Denkmalpflege getragen werden, umfassen nicht den Stiften Melk und Göttweig. nur das Schloss-Hauptgebäude in seiner äußeren und inneren Erscheinung, sondern vor allem die europaweit bedeutende, Die konstruktive Tätigkeit im Bereich der niederösterrei- sieben Terrassen umfassende Gartenanlage mit ihren Wasser- chischen Denkmalpflege ist durch die gute Zusammenarbeit spielen und der rekonstruierten gärtnerischen Ausgestaltung. des Bundesdenkmalamtes mit der Kulturabteilung des Landes Der große, weitläufige Meierhof bildet eine herausragende tou- möglich. So sind etwa die niederösterreichischen Landes- ristische Attraktion, vor allem für Familien und Tierliebhaber. austellungen immer wieder Motor für die Instandsetzung gefährdeter Objekte. Die jährlich anfallenden etwa 350 Res- Die spätmittelalterliche Burganlage von Schloss Orth ist mit taurierungsfälle sind in der angestrebten und von der Fachwelt der Widmung als Verwaltungssitz Nationalpark-Donau-Auen geforderten Qualität nur mit Hilfe und in Kooperation mit und als Gemeindezentrum denkmalpflegerisch und architek- dem Land Niederösterreich zu bewältigen; wofür Freude und tonisch beispielhaft neu strukturiert worden. Dank zum Ausdruck gebracht werden darf.

In den zahlreichen Städten und Dörfern des Landes sind die Aktivitäten der betreffenden Hauseigentümer von enormer Bedeutung; ohne sie wäre die Kulturlandschaft schon völlig verarmt. Durch die Fassadenrestaurierungsaktionen, die ab den Siebzigerjahren ganz massiv betrieben wurden und die von Land, Bund, Gemeinden zu gleichen Teilen und den Eigentü- mern finanziert wurden, konnten Plätze und ganze Straßenzüge in ihrer historischen Schönheit neu erstehen. Die Fassadenak- tionen tragen wesentlich dazu bei, Interesse und Verständnis für die Denkmalpflege bei der Bevölkerung zu wecken.

Eine neue Dimension eröffnete die Möglichkeit der Revitalisie- rung des „Grätzels“ im Stadtzentrum von Eggenburg, wo vier historische Bürgerhäuser unter einheitlicher architektonischer Planung und von einem Bauträger nach streng denkmalpfle- gerischen Richtlinien für eine in jeder Weise hochwertige und qualitätvolle Nutzung revitalisiert werden.

Schallaburg, Schloss Orth, Schloss

10 Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen Martin Grüneis

Niederösterreich ist reich an kulturellem Erbe. Die Bürde Die Bundesländer beteiligen sich an der Erhaltung des baukul- der Erhaltung und Pflege der Denkmale des Landes trifft in turellen Erbes. Das Engagement der Länder betrifft vorrangig erster Linie deren Eigentümer. Für private Eigentümer von die Denkmalpflege, somit die Unterstützung von Maßnahmen Denkmalen bieten die öffentlichen Stellen vielfältige Unter- zur Konservierung, Sanierung und Restaurierung des kultu- stützungsmöglichkeiten. rellen Erbes. Die Bundesländer werden im Rahmen der so genannten Privatwirtschaftsverwaltung tätig, also in der frei- Die österreichische Verfassung bestimmt in Artikel 10 Abs willigen Förderung von Maßnahmen, die im Interesse der 1 Z 13 B-VG, dass Denkmalschutz in Gesetzgebung und Länder gelegen sind. In Niederösterreich sind die Grundlagen Vollziehung Bundessache ist. Die zuständige Behörde ist das für Förderungen im Bereich der Denkmalpflege sowie von Bundesdenkmalamt (BDA). Für die einzelnen Bundesländer Kunst und Kultur insgesamt im NÖ Kulturförderungsgesetz sind Landeskonservatorate als regional verantwortliche Behör- und den dazu erlassenen Richtlinien zu finden. den eingerichtet. Diese vollziehen das Denkmalschutzgesetz und nehmen die Agenden des Denkmalschutzes im engeren Oft wird der Begriff Förderung auf den Aspekt der materiellen Sinne wahr. Auch dem Landeshauptmann kommen dabei in Unterstützung eingeengt, doch steht am Beginn jeder Res- vielerlei Hinsicht Antrags- und Parteienrechte zu. taurierung die Beratung über die Art, den Umfang und den

11 zeitlichen Ablauf von Sanierungsmaßnahmen. Diese oft unter- auch die Städte und Gemeinden Maßnahmen der Denkmal- schätzte Dienstleistung wird in erster Linie von den Experten pflege mit. Als ein besonders gelungenes Förderinstrument ist des Bundesdenkmalamtes wahrgenommen. Zwar sind mit den in diesem Zusammenhang die Fassadenaktion als eine Koo- letztlich durch die Behörde zu treffenden und verantwortenden peration zwischen Gemeinde, Bund, Land Niederösterreich Festlegungen oftmals Einschränkungen verbunden, doch kön- sowie den jeweiligen Eigentümern zu nennen. Gefördert wird nen durch gute Planung mitunter Kosteneinsparungen erzielt die Sanierung von Fassaden im weiteren Sinne, einschließ- werden. lich Maßnahmen zur Trockenlegung und zur Erneuerung des Daches. Durchschnittlich werden je 10 % der anerkennbaren Zentraler Ansatzpunkt in der Unterstützung von Projekten Kosten und damit insgesamt rund 30 % von den öffentlichen ist für das Land Niederösterreich die mit dem Begriff Sub- Stellen aufgebracht. Dass die restlichen Kosten von den Haus- sidiarität gemeinte Bestärkung privater Kulturförderung. eigentümern selbst zu tragen sind, zeigt wiederum die hohe Ziel ist es somit, das Engagement von Privatpersonen (aber Bedeutung von privatem Engagement für die Denkmalpflege ebenso von anderen Denkmaleigentümern) für Projekte der im Land Niederösterreich. Denkmalpflege durch den Einsatz eines angemessenen Finan- zierungsbeitrages des Landes Niederösterreich zu bestärken, Im Auftrag des Landes Niederösterreich vergibt die Abteilung unter Beachtung eines sparsamen Umgangs mit begrenzt vor- Kultur und Wissenschaft für Projekte der Denkmalpflege handenen budgetären Mitteln. jährlich bis zu 5 Millionen Euro an nicht zurückzuzahlenden Zuschüssen. Zwar kennt das NÖ Kulturförderungsgesetz wei- Ein bedeutendes Argument für den Einsatz öffentlicher Mittel tere Finanzierungsformen wie Darlehen und Zinsenzuschüsse, bietet das Denkmalschutzgesetz selbst. Schließlich sind Denk- doch wird von diesen Möglichkeiten kaum Gebrauch ge- male von Menschen geschaffene unbewegliche und bewegliche macht. Der Grund mag in den derzeit günstigen Konditionen Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger am Kreditmarkt liegen, doch auch in den oftmals fehlenden kultureller Bedeutung, deren Erhaltung im öffentlichen In- Rückflüssen (wie beispielsweise Mietzahlungen) im Verhältnis teresse liegt. Die Erhaltung ist dann im öffentlichen Interesse zu den getätigten Investitionssummen, etwa bei der Restaurie- gelegen, wenn der Verlust des Denkmals eine Beeinträchtigung rung von sakralen Denkmalen oder Kleindenkmalen. des österreichischen Kulturgutbestandes in seiner Gesamtheit hinsichtlich Qualität sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt Das seit 1. Jänner 2006 geltende neue Modell der Wohn- und Verteilung bedeuten würde. bauförderung des Landes Niederösterreich berücksichtigt Denkmalschutz als Startvorteil. Das auch als 100 -Punkte - Neben der Würdigung der geschichtlichen, künstlerischen Modell bezeichnete Förderprogramm zielt klar auf die und sonstigen kulturellen Bedeutung von Denkmalen und Unterstützung von energiesparenden Maßnahmen ab. Doch der Feststellung von öffentlichem Interesse ist in der Praxis angesichts der Unvereinbarkeit mancher Energiesparmaßnah- das Wissen um die Mehrkosten von denkmalgerechten Erhal- men mit den Regelungen des Denkmalschutzes werden als tungs- und Sanierungsarbeiten eine Grundlage für den Einsatz Ausgleich denkmalgeschützte Objekte, bei denen kein Energie­ von öffentlichen Mitteln. Da mit einer Unterschutzstellung ausweis beigebracht werden kann, mit einem Startvorteil eine denkmalspezifische Erhaltungspflicht verbunden ist (um von 25 Punkten bedacht. 25 Punkte entsprechen 25 % von Schäden hintanzuhalten), aber keine Verpflichtung zu aktiven insgesamt maximal möglichen 100 Punkten bzw. 100 %. Wer- Verbesserungen am Denkmal begründet wird, sollen die den neben der Grundförderung von (weiteren) 50 Punkten ­Fördermaßnahmen der öffentlichen Stellen für den Eigentü- (= 50 %) noch Maßnahmen wie der Einbau einer Heizungs- mer einen Anreiz zur Sanierung des Denkmals schaffen. Ohne anlage für erneuerbare Energie bzw. der Anschluss an biogene die Bereitschaft zum persönlichen Einsatz durch die Denk- Fernwärme ergriffen, so können bis zu 100 % der Gesamtbau- maleigentümer können Bewahrung und Pflege des kulturellen kosten als Fördergrundlage anerkannt werden. Wird dieser Erbes nicht gelingen. Betrag als Kredit mit einer Laufzeit über 10 Jahre finanziert, so wird der Kredit mit einem jährlichen Zuschuss von 5 % über In der Praxis hat sich erwiesen, dass Restaurierprojekte oft die Dauer der Laufzeit von 10 Jahren gefördert. nur im Zusammenwirken mehrerer Finanzierungsquel- len realisierbar sind. So leisten für die Denkmaleigentümer Die Durchführung von Landesausstellungen ist häufig mit in Niederösterreich besonders die Fördermittel des Landes der Restaurierung und Adaptierung von baukulturellem Niederösterreich und des Bundesdenkmalamtes (bzw. des Erbe verbunden. 2007 wird die Landesausstellung in Schlös- Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kunst) sern in Waidhofen an der Ybbs und Sankt Peter in der Au bedeutende Beiträge zur Durchführung von Projekten. beheimatet sein, 2009 wird Schloss Raabs ein zentraler Ort Für Pfarren sind die Mittel der Diözese St. Pölten bzw. der der Ausstellung sein. Die damit verbundenen massiven ­Erzdiözese Wien oft ein entscheidender Faktor. Je nach Investitionen in das historische Erbe können nur unter ­Finanzkraft und Bereitschaft der kommunalen Gremien tragen der Einbindung weiterer Finanzierungsstellen ermöglicht 12 ­werden. Die Wirtschaftsagentur des Landes Niederösterreich Zuletzt haben insbesondere die von den großen Medien des „Eco Plus“ kann auf Grundlage von Machbarkeitsstudien Landes getragenen Spendenkampagnen (beispielsweise „Öff- touristische Maßnahmen unterstützen. Durch die Auswahl nen Sie ein Fenster“ [Stift Herzogenburg], „Engel für Engel des Ortes einer Landesausstellung werden zudem regional- für Engel“ [Stift Altenburg], „Niederösterreich hilft der politische Aspekte berücksichtigt, wodurch Förderungen Basilika Maria Taferl“) entscheidende Beiträge aus der Wirt- auch unter diesem Gesichtspunkt möglich werden. schaft aber auch von vielen am kulturellen Erbe interessierten Privaten zur Restaurierung der Denkmale des Landes Nieder- Für den Eigentümer eines Denkmals sind neben der mög- österreich aufgebracht. lichen Zuerkennung von Förderungen auch die steuerlichen Erleichterungen interessant. So ist der Einheitswert für unter Der Nutzen aus den vielfältigen Fördermaßnahmen der Denkmalschutz stehende Gebäude mit 30 % des an sich maß- Denkmalpflege reicht weit über den primären Effekt einer gebenden Wertes gemäß § 28 Bewertungsgesetz festzustellen, Sicherung, Konservierung oder Restaurierung des kulturellen wenn die durchschnittlichen Erhaltungskosten die erzielten Erbes hinaus. Einnahmen und sonstigen Vorteile übersteigen. Dies verringert die Grund-, die Erbschafts- und die Schenkungssteuer. Ganz unmittelbar sind die Auswirkungen im Bau- und Baunebengewerbe zu erkennen, denn Projekte der Denkmal- Im Falle einer Vermietung kann ohne Berücksichtigung der pflege sind an handwerklichen Techniken eher orientiert als an Kategoriemietzinse der Mietzins frei vereinbart werden, wenn ­industrieller Fertigung und daher überaus arbeitsintensiv. das Objekt unter Denkmalschutz steht und der Vermieter zur Erhaltung des Objekts erhebliche Eigenmittel aufgewendet hat Für den Tourismus gehören die Denkmale des Landes zu den (§ 16 Abs 1 Z 3 Mietrechtsgesetz). wichtigsten Attraktionen, um die Ausflugs- und Urlaubsdesti- nation Niederösterreich zu bewerben und um Gäste aus Nah Bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung kann der und Fern ins Land zu bringen. Herstellungsaufwand aufgrund des Denkmalschutzgesetzes über Antrag gemäß § 28 Abs 3 Einkommenssteuergesetz Natürlich bedeuten die aus Projekten der Denkmalpflege gleichmäßig über 15 Jahre verteilt abgeschrieben werden. geschaffenen Mehrwerte in der Beschäftigung und in den Be- sucherzahlen auch Rückflüsse aus Steuern für die öffentliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die für denkmal- Hand. Dabei hat eine im Auftrag des Bundesministeriums geschützte Betriebsgebäude im Interesse der Denkmalpflege für Bildung, Wissenschaft und Kunst erstellte Studie erst aufgewendet werden, können gemäß § 8 Abs 2 Einkommens- vor kurzem nachgewiesen, dass gezielte Entlastungen für steuergesetz gleichmäßig über 10 Jahre verteilt abgeschrieben Projekte der Denkmalpflege bei Umsatz- und Einkommens- werden. steuer in Summe zu einer höheren Wertschöpfung führen und den Steuerentfall (über-) kompensieren könnten. Leider Förderungen sind übrigens von der Einkommenssteuer befreit. ist diese Erkenntnis noch nicht in der Steuergesetzgebung umgesetzt worden. Zur Realisierung von Restaurierprojekten bedarf es ergänzend zur Aufbringung eines eigenen Anteils durch den Eigentümer Es sind allerdings die über Finanzierungsfragen hin- und zum Einsatz von öffentlichen Mitteln häufig zusätzlicher ausreichenden Aspekte, die den besonderen Wert von Leistungen durch freiwillige Helfer, durch Sponsoren und Denkmalschutz und Denkmalpflege ausmachen und zugleich Spender. Da Spenden an das Bundesdenkmalamt steuerlich wichtiger Motor für die Arbeit der Verantwortungsträger des absetzbar sind, wird heute bereits ein bemerkenswerter Anteil Landes sind: Denkmale sind gebaute Geschichte, Identitäts- von privaten Geldmitteln durch diese Regelung im Einkom- träger und prägendes Element der Kulturlandschaft. Sie sind menssteuergesetz aufgebracht. Zu beachten ist, dass Spenden unverzichtbare Bestandteile des eigenständigen und unver- für ein bestimmtes Objekt (nicht für einen Eigentümer) nur wechselbaren Charakters des Landes Niederösterreich. Die als Vorschlag und nicht als definitive Zweckwidmung for- Bewahrung und die Pflege des kulturellen Erbes sind nur muliert werden dürfen, um eine steuerliche Absetzbarkeit zu in Kooperation zwischen den öffentlichen Stellen und vor erlauben. Konkret muss es daher „Bundesdenkmalamt Spende, allem durch die Einsatzbereitschaft der Menschen für ihre vorgeschlagen für Objekt xy“ heißen. Denkmale zu erreichen.

13 Zeitgemäß Bauen am historischen Ort Gerhard Lindner

Denkmalpflege ist ein irreführender Begriff, zumindest, wenn in Perchtoldsdorf von Hans Hollein bis hin zu Objekten wie es ums Bauen geht. Womit wir meistens konfrontiert sind, sind der Straßenmeisterei in Pottenstein oder manch weitläufigen nicht Denkmale als Versatzstücke der Erinnerung, sondern Schloss- und Gartenanlagen. Ihnen gemeinsam ist neben der Bauten als Teil unserer Geschichte, die zu ihrer Zeit Ausdruck Nutzung an sich die Neuinterpretation eines historischen des Könnens und Wollens einer Gesellschaft waren, heute als Ortes. Teil unseres kulturellen Erbes selbstverständlich genutzt, ge- braucht, und in diesem Sinne vielleicht auch gepflegt gehören. Die Zahl der unter Denkmalschutz gestellten Objekte wächst Was aber eine Voraussetzung für den Erhalt des Objektes dar- jährlich an. Ebenso ist die Diskussion über Anpassung und stellt, ist die Forderung nach einer lebendigen Nutzung, und Einfügung in historische Ensembles seit Jahren mit dem damit einem wirtschaftlich vertretbaren Aufwand für Umbau, Problem der Kopie alter Bauformen belastet. Das gewohnte, Ausbau und Erhaltung. Da Niederösterreich den höchsten überlieferte Bild soll also weitgehend ungestört erhalten Denkmalbestand aller Bundesländer aufweist, ist hier die bleiben. Der Wunsch nach Harmonie, Unauffälligkeit und Dichte architektonisch anspruchsvoller Umbauten und Um- Gleichförmigkeit steht oft im Vordergrund und verdeckt damit nutzungen historischer Bauten besonders groß. Sie reichen das eigentliche Grundbedürfnis: jenes nach Identifikation mit von kleinen Innenräumen wie dem Gemeinderatssitzungssaal einem Ort, nach emotionaler Sicherheit in aus der Geschichte

Reichenau an der Rax, Schloss

14 stammender Umgebung. Dieses Wissen nach dem mensch- große Bedeutung zu. Die öffentliche Verwaltung hat erkannt, lichen Grundbedürfnis, nach einem Ort der Zugehörigkeit dass ihre Rolle hier eine sehr aktive sein muss. Wenn die für verlangt vom Planer eine Auseinandersetzung mit diesem Ort. unsere Gesellschaft bedeutenden Orte erhalten werden sol- Und es verlangt eine Achtung vor den Objekten, die diesen len, dann müssen sie auch mit uns wichtigen und langlebigen Ort bilden. Jeder Umbau, jeder Zubau darf daher keine Zer- Funktionen besetzt werden. Spekulative Projekte haben hier störung, sondern nur ein Weiterbauen am historischen Bestand nichts verloren. bedeuten. Wieviel an historischer baulicher Substanz dabei zu erhalten oder abzubrechen ist, kann nur im Einzelfall entschie- Ein Bürger ist Teil einer Gesellschaft, lebt in einer gebauten den werden und wird immer einer subjektiven Beurteilung Umgebung und wird von dieser genauso definiert, wie er sie ausgesetzt sein. Es ist jedoch legitim, diese Frage nicht im Vor- mitdefiniert. Es werden daher Bauten nicht nur errichtet, son- hinein apodiktisch mit einem uneingeschränkten Erhalten zu dern sie bestimmen das menschliche Handeln. So wie man beantworten. Die Geschichte der Architektur zeigt uns, dass so nicht davon sprechen kann, dass Gebäude das Ziel des Bauens manche großartige Lösung nur durch eine Überformung mit sind, sondern dass das Bauen an sich, als aktive Komponen- „modernen“ Elementen möglich war. Die barocke Stiftskirche te einer Gesellschaft, das Wichtigste am Bauen ist. Durch die in Altenburg ist ein Beispiel dafür. Die verwendeten gotischen Wahl der Mittel, der Konstruktion, der Baustoffe, der Fest- Baustrukturen sind zwar vorhanden, wieder verwendet, aber legung der erlaubten Dimensionen, Zuordnung von Flächen, so eingehüllt, dass sie nicht wahrgenommen werden können. der Art des Entscheidens und Errichtens formuliert die Gesell- schaft ihre Ansprüche an die Umwelt. Jedes Produkt daraus ist Dieser maßvolle Umgang mit dem Erbe verlangt aber auch, als ernsthafte Antwort anzusehen. Dies ist bei der Beurteilung dass die richtige Aufgabe am richtigen Ort gestellt wird. historischer Objekte zu berücksichtigen, aber auch als Maxime Nicht jedes Objekt eignet sich für jede Nutzung und damit für „Neues Bauen“ an diesen Objekten zu fordern. Mit dem beginnt die Suche nach der richtigen Funktion oft Jahre vor Bauen werden Prozesse in Gang gebracht, deren Ergebnisse, einer Revitalisierung. Nicht jeder bedeutende Ort sollte durch Gebäude, Räume und Objekte als sichtbare und bewertbare kommerzielle Nutzung entstellt werden. Daher kommt der Manifeste übrig bleiben. öffentlichen Nutzung bei wesentlichen Revitalisierungen eine Dass all diese Handlungen in einem meist kontinuierlichen Entwicklungsprozess stehen, und somit als Teil der Geschichte verstanden werden können, verlangt von ihnen eine auf der Höhe der Zeit stehende und somit zeitgemäße Formulierung. ­Gerade mit dem Bekenntnis im öffentlichen Bauen zu diesen stets modernen Aussagen, zu den für heute aktuellen Antwor- ten auf die Anforderungen des Bauens setzt das Bundesland Niederösterreich beachtenswerte Akzente.

Damit ist auch klar, dass jede Form der Anpassung, sei es an Vorhandenes und vor allem an Historisches, nicht positiv bewertet werden kann. Es geht im qualitätvollen Bauen nie um Kopie, sondern immer um eine technisch, funktionell und formal auf der Höhe der Zeit stehende Lösung. Und da wir uns alle in einem geschichtlichen Kontext befinden, sind gute Lösungen immer auch in der Tradition stehend anzu- sehen. Tradition im Bauen meint aber nicht die scheinbar leicht verständliche formale Geste, sondern meint die Art des Herangehens an die städtebaulichen und von der Land- schaft vorgegebenen Strukturen, und an die Lösungen der bautechnischen Details. Wenn man dies berücksichtigt, dann ist verständlich, dass Holzbauten des Mostviertels anders aus- sehen, als jene in Japan, und dass trotz aller Globalisierung und Vereinheitlichung der Materialien auch weiterhin Unter- schiede bestehen werden. Mit einer Kopie historischer Formen unter veränderten konstruktiven Bedingungen wird man nicht weit kommen im Planungsprozess, sondern nur touristisch verwertbare Bilder herstellen. Das zeigen die hier aufgezählten Krems, Kunsthalle Beispiele ganz deutlich. Die spannendsten Lösungen im Sinne 15 des Weiterbauens sind jene, die neue formale Antworten ohne Das Schloss Reichenau hatte schon lange seine herrschaft- auffallende Abgrenzung in den historischen Kontext stellen liche Funktion verloren, war dann für Wohnungen genutzt und sich als selbstverständlicher Teil von Neu und Alt sehen. und wurde von der letzten Erbin der Gemeinde zur Nutzung übergeben. LindnerArchitektur plante eine Rückführung Der geplante Freiluftpavillon (-bühne) im Schlosspark von der historischen Räume mit samt ihren Wand- und Decken- Grafenegg von der Architektengruppe the next ENTERpri- oberflächen im Schloss und eine Ergänzung mit einem Saal se ist so ein Beispiel. Als Ort der Tradition und Geschichte für kulturelle Nutzungen. Damit entstand ein um einen Hof ist Schloss Grafenegg vom gesellschaftlichen Leben Nieder- gruppiertes Ensemble aus einem sehr intensiv erlebbaren österreichs nicht wegzudenken. Nun erfolgt ein Ausbau mit Biedermeiergebäude und einem maßstäblich und mit den Ma- einem Konzertsaal und der Freiluftbühne, die während der terialien Holz, Glas und Stein präzise eingefügten Zubau als Festivalsaison im Sommer als Bühne, zu anderen Zeiten als Fortführung des alten Wirtschaftstraktes. Anziehungspunkt für Ausflügler und Spaziergänger dient. Der Pavillon ist Teil eines größer angelegten Bezugsfeldes: mit Neben Schlössern, Gärten, Bürgerhäusern sind auch Indus- Schloss, Reitschule, Schwarzes Tor, große Senke usw. Er ordnet trieobjekte erhaltenswürdige Denkmale der Entwicklung sich in dieses System aus Perspektiven und Blickbeziehungen Niederösterreichs. Die meist sehr großen Objekte verlangen ein, wird aber eine eigenständige Interpretation für die ge- aber spezielle Nutzungen. So auch die beiden ehemaligen plante Nutzung bleiben. Tabakfabriken in Krems-Stein und in Hainburg. Für Krems- Stein bot sich mit dem großen, zentral gelegenen Objekt und Waidhofen an der Ybbs ist eine vom Bürgertum und ursprüng- dem weitläufigen Areal eine städtebauliche Chance, die zur lich der Eisenverarbeitung verwandten Gewerbe bestimmte Entwicklung eines Kulturbezirkes geführt hat. Ausgangspunkt Stadt. Der historische Stadtkern wurde in den letzten Jahren war die leer stehende Tabakfabrik, für die ein Architekturwett- durch einige wesentliche Eingriffe aufgewertet. Architekt Ernst bewerb mit dem Ziel der Nutzung als Kunsthalle ausgelobt Beneder entwickelte einen Masterplan, baute für private Zwe- wurde. Architekt Adolf Krischanitz gewann ihn mit einem cke einen Wehrturm um, schuf mit dem Umbau des Rathauses sehr zurückhaltenden, den Bestand nutzenden Projekt. Heu- ein Paradebeispiel für ein öffentliches Gebäude in einer sehr te ist die Kunsthalle Krems mit ihren industriell wirkenden, heterogenen, über Jahrhunderte geprägten Baustruktur, und vereinheitlichte den öffentlichen Raum durch die Neugestal- tung der Plätze und Straßen des Zentrums. Mit der Wahl des Steinpflasters als historisches Baumaterial und einer ruhigen, zurückhaltenden Anordnung der Beläge, Beleuchtung und der gewünschten technischen Einbauten schuf er jene Textur, die nun den Stadtraum wieder als Ganzes erlebbar macht. Mit dem Umbau von Schloss Waidhofen im Rahmen der Vorbereitung für die NÖ Landesausstellung 2007 durch Architekt Hans Hollein liefert Waidhofen einen weiteren Beitrag zum Thema Alt-Neu, der bereits im Vorfeld zu intensiven Diskussionen in der Stadt geführt hat. Der weithin sichtbare Glasaufsatz auf dem Turm wird ein Zeichen setzen als Bekenntnis für eine le- bendige Nutzung und für ein aufgeschlossenes Bürgertum.

Konzerthaus Weinviertel und Schloss Reichenau von Lind- nerArchitektur sind zwei Beispiele für eine weitgehende Rückführung des Originalbestandes und moderne Ergänzung für neue Zwecke. Das Konzerthaus Weinviertel in Ziersdorf entstand aus einem ehemals einem Gastbetrieb zuzurechnenden und verwahrlosten Jugendstilsaal, der nun mit Café, Garderoben und Seminarräumen ergänzt für die Gemeinde als Veranstal- tungszentrum zur Verfügung steht. Es ist ein Beispiel für eine möglichst originalgetreue Restaurierung des historischen Be- standes, hier mit der weißen Stuckoberfläche, einerseits und einer kompromisslosen Ergänzung mit neuen Funktionen in sparsamen, modernen Hüllen andererseits. Damit ist das Origi- nal mit all seinen Qualitäten erhalten und mit den räumlichen Ergänzungen eine heute sinnvolle Nutzung ermöglicht. Krems, Minoritenkirche 16 historischen Räumen und dem mit einem Glasdach über- Auch die Tabakfabrik in Hainburg hat ihre Funktion als Pro- deckten Hof, sowie den inszenierten Wegen durch das Haus duktionsstätte verloren. Die großen Räume des Gebäudes im ein international renommierter Platz für Kunstausstellungen. Kontext zur Stadt boten aber die Chance für eine Nutzung Durch die später vorgenommene Erweiterung mit einem Glas- als Kunstdepot und Ausstellungs- bzw. Veranstaltungsfläche. pavillon als Gastraum, der scheinbar zufällig vor der Fassade Rainhard Gallister hat dies mit großzügigen Gesten für sei- positioniert ist, wird die unspektakuläre, aber rücksichtsvolle ne Einbauten genützt und schafft damit ebenfalls ein sehr und minimalistische Haltung des Architekten auch nach au- schönes Beispiel für eine Umnutzung und Weiterverwen- ßen transportiert. dung eines alten Gebäudes. Große Flächen im Inneren, dem Zentraldepot für Archäologie, bleiben der Archivierung und Das weitläufige Areal der Tabakfabrik ist heute Standort der Bearbeitung archäologischer Fundstücke vorbehalten. Im Donau-Universität Krems. Dazu wurde das alte Hauptge- zweiten Obergeschoss gelangt der Besucher ebenerdig aus bäude sparsam adaptiert und mit dem anschließenden, von der Stadt kommend in den Veranstaltungsbereich, von wo Feichtinger Architectes geplanten Neubau ein deutliches Zei- aus er einen Ausblick auf die Donaulandschaft hat und mit chen im Sinne einer international geltenden Nutzung gesetzt. einem Lift zur Uferpromenade hinunter fahren kann. Der Neubau nimmt städtebaulich Rücksicht auf die verblie- benen historischen Bauten, ist aber eine weitläufige moderne Im Stift Altenburg laufen seit Jahren bauhistorische Un- Architektur ohne jede Form der Anbiederung oder zitathafter tersuchungen, Ausgrabungen und Restaurierungen. Ein Übernahme von Baudetails. Die Kunsthalle Krems als Im- unerwarteter und beachtlicher Fund waren die Reste des plantat bzw. neue Nutzung im historischen Bestand und die vorbarocken Kreuzganges, der nun mit einer Überdachung, Neubauten zur Donau-Universität Krems sind zwei verschie- geplant von den Architekten Jabornegg und Pallfy geschützt dene Wege zur Neuinterpretation eines historischen Ortes. wird. Mit einer sehr transparenten, die heutigen Möglich- keiten ausreizenden Konstruktion ist eine spannende Lösung In unmittelbarer Nähe zur Kulturmeile liegt das ehemalige zu erwarten. Kloster Und. Es wird heute als gastronomischer Betrieb mit Weinverkauf und als Veranstaltungsbetrieb geführt. Die von Das Stift Klosterneuburg hat mit seinen Umbauten der letz- den Architekten eichinger oder knechtl adaptierten Räumlich- ten Jahre ebenfalls einen beachtlichen Weg eingeschlagen. keiten eignen sich ideal für viele Veranstaltungen und bieten ein Mit der von driendl*architects geplanten Freilegung der im sehr ursprüngliches Ambiente im Gastronomiebetrieb. Eben- Zeitalter des Barock zwar begonnenen, aber nie vollendeten falls nicht unweit davon ist die ehemalige Minoritenkirche. Sie sala terrena ist ein überzeugendes Besucherzentrum entstan- wird heute für kulturelle Veranstaltungen, vorwiegend für Mu- den, das ein sehr schönes, zeitloses Beispiel für die nahtlose, sikveranstaltungen genutzt und wurde durch die Architekten kaum abzugrenzende Verbindung von Alt und Neu ist. Fritz Göbl / Rainhard Gallister adaptiert. Die weitgehend variabel einzusetzenden Akustik-, Beschallungs- und Licht- Es gibt aber auch Beispiele aus dem geförderten Wohn- elemente lassen den Kirchenraum in all seiner Größe und bau (Revitalisierung von Schloss Würmla durch Architekt Vielschichtigkeit nach wie vor zu einem räumlichen Erlebnis Johannes Zieser), aus dem Kirchenbau (Erweiterung Pfarr- werden. kirche St. Pölten-Viehhofen durch Architekt Richard Zeitlhuber und Wolfgang Zehetner), oder aus dem Mu- seumsbau (Museum „FeRRUM“ in Ybbsitz von Architekt Wolfgang Hochmeister, historisches Haus Kremayr). Eine lange Liste qualitätvoller Arbeiten würde sich hier noch an- bieten. Städte und Dörfer in Niederösterreich sind nach wie vor durch den historischen Gebäudebestand bestimmt. Diese lebendig zu erhalten, sie als Identifikationsort zu bewahren, und mit zeitgemäßen Ergänzungen weiter auszubauen, ist die große Aufgabe der Architektur und der Politik. In den letzten Jahrzehnten wurden die Chancen vielfach genutzt und damit auch international beachtete Zeichen gesetzt. Die anstehenden, und die bereits laufenden Projekte führen diesen Weg fort, sowohl im öffentlichen wie auch im priva- ten Bereich. Damit bleibt Niederösterreich ein kulturell sehr ­lebendiges Land, seinen historischen Wurzeln verpflichtet und der Moderne weiterhin offen. Krems, Donau-Universität

17 Privates Engagement in der niederösterreichischen Archäologie Christa Farka und Franz Humer

Archäologische Denkmale sind ein wesentlicher Bestandteil die größte archäologische Landschaft Mitteleuropas. Denn des gemeinsamen kulturellen Erbes in Niederösterreich. Die die antike Metropole erstreckte sich auf einer Fläche von über überwiegend im Boden verborgenen Geschichtsquellen geben 10 km². Da es nach dem Ende der Antike keine kontinuier- Auskunft über Leben und Wirken der Menschen aus längst ver- liche Weiterbesiedlung gab, ist der Großteil der römischen gangenen Zeiten und sind daher unverzichtbar für die eigene Stadt nicht überbaut. Aus Sicht von Archäologie und Denk- kulturelle Identität. Es bedarf eines besonders verantwortungs- malpflege ein absoluter Glücksfall. Daher wird dort seit 150 vollen Umganges mit diesen Geschichtsquellen im Boden, da sie Jahren geforscht und ausgegraben. Einige Bereiche der antiken weder unbegrenzt vorhanden noch wiederherstellbar oder erneu- Stadt sind heute als Freilichtmuseum im Archäologischen Park erbar sind. Daher steht auch in Niederösterreich die dauerhafte Carnuntum zu sehen. Erhaltung der archäologischen Denkmale als einmalige histo- rische Quellen und Träger unserer eigenen Geschichte an erster Vor einigen Jahren wurde in Petronell-Carnuntum bei Bau- Stelle. Mit dieser Erhaltung eng verbunden ist die nachhaltige arbeiten zufällig eine unterirdische römische Wasserleitung Pflege, also Konservierung und Restaurierung, der jeweiligen Be- entdeckt. Carnuntum verfügte wie alle römischen Ansied- funde. Angesichts der Fülle an Denkmalen in Niederösterreich lungen über eine ausgezeichnete Versorgung mit Trinkwasser. ist für die öffentlichen Institutionen (Bund, Land, Gemeinden) Diese vom Westen aus dem „Ellender Wald“ kommende ge- natürlich jegliches privates Engagement im Sinne des nationalen mauerte, antike Leitung ist auch Ableitung einer großen Denkmalschutzgedankens zu begrüßen. Zwei kurze Beispiele aus neuzeitlichen Drainage, welche die Entwässerung der so ge- Carnuntum und Altenburg sollen dies verdeutlichen. nannten Witzelsdorfer Felder im Westen der Gutsherrschaft Petronell bewältigt. Da sich die Konstruktion zur Gänze auf Das Gebiet der einstigen römischen Stadt Carnuntum in Privatgrund befindet, wurden die Zugänge zur Leitung nach den heutigen Orten Bad Deutsch-Altenburg und Petronell- ihrer Auffindung bald wieder zugeschüttet. Diese römische Carnuntum (Verwaltungsbezirk Bruck an der ) ist heute Wasserleitung war in den letzten Jahren durch diverse Einbrü- che und auch Verstopfungen akut gefährdet. So war ein Auslauf im Tiergarten bis oben hin verfüllt und ein das Bauwerk schä- digender Wasserrückstau ist entstanden. Diese Verstopfung war sogar an der Oberfläche sichtbar.

Auf Initiative des Grundeigentümers Carl Abensperg-Traun, dessen Familie in einer langen Tradition mit dem römischen Erbe Carnuntums steht, wurde im Einvernehmen mit der Abteilung für Bodendenkmale des Bundesdenkmalamtes und dem Archäologischen Park Carnuntum eine Reinigung und schonende Konservierung der Konstruktion durchgeführt. Die Arbeiten wurden in einem Zeitraum von mehreren Mona- ten auf Kosten des Grundeigentümers durchgeführt. Nach der Freilegung des antiken Befundes auf einer Länge von 300 m und der technischen Instandsetzung wurde eine behutsame Konservierung von Mauern und Abdeckungen durchgeführt. Zwecks späterer Reinigung wurden drei Reinigungsschächte eingebaut, die aber, um weder das Gesamtbild zu stören noch einen öffentlichen Zugang zu ermöglichen, mit Erde abgedeckt wurden. Damit wurde die Möglichkeit für eine zukünftige Be- gehung und Reinigung für den dauerhaften Erhalt geschaffen.

Bei diesem Beispiel privater Initiative in Carnuntum wur- de ausschließlich vorhandene Bausubstanz gereinigt und in einen Zustand versetzt, der das historische Bauwerk sichert Petronell - Carnuntum, unversehrte römische Steinmauerung mit rückversetzter und damit in Zukunft sowohl eine weitere Durchführung von Steinplattenabdeckung, im Hintergrund ein neu angelegter Wartungsschacht Wartungsarbeiten als auch eine genauere wissenschaftliche 18 ­Untersuchung ermöglicht. Darüber hinaus ist durch die Vor allem Prälat Mag. Bernhard Naber, schon seit seiner frühes- Initiative von Carl Abensperg-Traun eine weitere vertrauens- ten Jugend an der Archäologie interessiert, wurde als Abt des bildende Maßnahme zwischen den oftmals divergierenden Stiftes zu einem Mentor der Klosterarchäologie Österreichs. Interessen von Denkmalpflege einerseits und ortsansässiger Besondere Meilensteine seiner Tätigkeit im Stift Altenburg sind Bevölkerung andererseits ermöglicht worden, da er schon die Freilegung des mittelalterlichen Kreuzganges, die Erschlie- im Vorfeld der geplanten Maßnahmen den Kontakt zu den ßung der anliegenden Konventräume, die Untersuchungen dafür verantwortlichen Stellen der Behörde gesucht hat und auf der Altane, in der Veitskapelle und in der Stiftskirche. dadurch einen wesentlichen Schritt zur Konfliktvermeidung Darüber hinaus war er maßgeblich daran beteiligt, dass seit gesetzt hat. Dafür sei an dieser Stelle der gebührende Dank 1993 sämtliche im Zuge von Restaurierungs- und baulichen ausgesprochen! Sanierungsmaßnahmen erforderlichen Bodeneingriffe durch archäologisch-bauhistorische Untersuchungen begleitet wer- Niederösterreich besitzt auch ein reiches Erbe bedeutender bis den konnten, die wesentliche Ergebnisse zur mittelalterlichen ins frühe Mittelalter zurückreichender Klöster, die als Zentren Baugeschichte erbrachten. Durch die in den Jahren 2000 und von Bildung und Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft die 2001 ermöglichten Ausstellungen „Fundort Kloster, Archäo- ­Geschichte des Landes entscheidend geprägt haben. logie im Klösterreich“ und „Fundort Stephansdom“ hat Abt Naber sehr wesentlich dazu beigetragen, überregional die Für die Geschichte mittelalterlicher Klöster und Stifte sind Bedeutung archäologischer Quellen für die Geschichte der die archäologischen Quellen von unverzichtbarer Bedeutung. Klöster Österreichs in den Blickpunkt der Öffentlichkeit zu Sie allein liefern Kenntnisse zur Gründungsanlage und Bau- rücken. geschichte sowie zu Kultur und Alltagsleben monastischer Gemeinschaften. Vor allem das 2002 begonnene kostenintensive Projekt zur statischen Sanierung und Sicherung der im Barock überschüt- Das Benediktinerstift Altenburg hat sich seit vielen Jahren teten mittelalterlichen Klosterbauten durch einen Schutzbau als besonderer Partner der archäologischen Denkmalpflege im Bereich der Altane stellt für den Konvent eine große Her- erwiesen. Die von großem Verständnis und Interesse für die ausforderung dar, die gebührenden Dank und besondere Arbeit der Archäologie getragene kooperative Zusammen- Anerkennung verdient. arbeit hat maßgeblich dazu beigetragen, die Interessen der archäologischen Denkmalpflege mit den baulichen Interessen in Einklang zu bringen.

Neben der aufwändigen Restaurierung von Bausubstanz und Ausstattung hat das Stift nicht nur die archäologische Erfor- schung des mittelalterlichen Klosters gefördert, sondern auch erhebliche finanzielle Mittel in die sichtbare und erlebbare ­Erhaltung der ergrabenen Befunde investiert.

Altenburg, Stift, restaurierter Kreuzgang Altenburg, Stift, Freilegung des mittelalterlichen Kreuzganges, 1984

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Schwedenkreuz Niederrußbach – Engagement beginnt im Kleinen

Georg Karner, Josef Wolf und Franz Höfinger kennen jede Pore ­sofortigen Restaurierung in eine Steinmetzwerkstatt abtrans- auf diesem Stein. Ihnen ist es zu verdanken, dass das Schwe- portiert. Der Abtransport konnte mit Hilfe der Freiwilligen denkreuz auf einem Feldweg, der als Kirchensteig zwischen Feuerwehr Niederrußbach und ihrem Kranwagen bewerkstel- Tiefenthal und Niederrußbach bekannt ist, noch steht. Dass ligt werden. Bei der Restaurierung wurde auch aufgrund der es nicht umgekippt ist und von Steinsammlern weggeschleppt übermalten Inschriften festgestellt, dass dieses Wegkreuz älter wurde, dass es sich nicht neigte, um dann im Kukuruz zu ver- als die Jahreszahl 1646 ist. schwinden. Die Patronanz über das Schwedenkreuz und weitere Kleindenk- Das Schwedenkreuz steht südlich der B4 und leuchtet weithin male und die Vorfinanzierung übernahm der Österreichische hell und makellos aus dem wogenden Getreide. Nein, nicht Kameradschaftsbund. „Wir engagieren uns für soziale und ganz makellos. Herr Karner stellt eine kleine Lackspur an der kulturelle Belange und so haben wir beschlossen, uns der Säule fest. „Die landwirtschaftlichen Geräte werden immer Kleindenkmale anzunehmen“, erklärt Georg Karner. größer“, seufzt er. Ein weiterer Bildstock in der Gemeinde ist das Wegkreuz der Die Schweden besetzten während des Dreißigjährigen Krieges Bäckerzunft, welches ebenfalls an der B4 steht. Es wurde von unter ihrem Feldherr Lennart Torstensson in der Zeit vom der Bäckerzunft im Jahre 1559 erbaut. An der rechten Seite 15. März 1645 bis September 1646 weite Gebiete von Nie- der Säule befindet sich das alte Zunftzeichen – zwei gekreuzte derösterreich. Sie wollten Wien einnehmen, was ihnen jedoch Stangerl. Sie sind aber schon sehr verwittert. Links neben nicht gelang. Ihr Hauptquartier war den gekreuzten Stangerln ist ein „O“ die Burg Kreuzenstein. Beim Rückzug und rechts ein „T“ eingemeißelt. Ober- aus dem Donaugebiet sprengten sie die halb der Stangerln befindet sich die Zahl Burg Kreuzenstein. Am 4. August 1646 1559. Zwischen den Zahlen sind Punkte befreite der Feldherr von Puchheim mit eingemeißelt. Andere Schriftzeichen oder seinem Heer die Stadt Korneuburg von Figuren kann man nicht mehr feststellen. den Schweden. Ende der 90er-Jahre verletzte sich bei Kaiser Ferdinand III. ließ am Hof in Feldarbeiten mit einer drehenden Welle Wien zum Dank für die überstandene ein Landwirt schwer. Aus Dankbarkeit Gefahr eine Mariensäule errichten. Das für seine Genesung wurde eine Tafel an war auch der Grund für viele Gemeinden der Vorderseite der Säule mit der Inschrift in Niederösterreich, ebenfalls in ihren „Danke Herr du warst uns gnädig“ und Gebieten Wegkreuze zu Ehren der Got- eine Welle angebracht. Das zeugt davon, tesmutter aufzustellen. Diese Wegkreuze dass Bildstöcke nicht nur Kulturgut sind, bekamen vom Volke den Namen „Schwe- sondern auch in heutiger Zeit Bedeu- denkreuze“. tungsinhalte transportieren. In der Gemeinde Niederrußbach wurden Das Dreifaltigkeitsdenkmal steht auf dem zwei solche Schwedenkreuze aufgestellt. höchsten Punkt in Niederrußbach und Das zweite Kreuz steht auf der Groß-Wei- war früher von Lindenbäumen umgeben. kersdorfer-Straße. Der Größe der noch verbliebenen Linde Die linke Seite und die hintere Seite des nach zu schließen könnte diese nach der Bildkastens sind geschlossen. An der rech- Aufstellung des Denkmals oder einige ten Seite des Bildkastens befindet sich Jahre später gepflanzt worden sein. An der ein Fenster. Die Jahreszahl 1646 ist am vorderen Seite der Säule ist im unteren ­unteren Teil der Säule eingemeißelt. Teil die Jahreszahl 1838 eingemeißelt. Im September 2003 beschlossen Josef Wolf, Franz Höfinger Angeblich sollen vor der Aufstellung der Dreifaltigkeitssäule an und Georg Karner das Wegkreuz zu restaurieren. Das Denk- dieser Stelle Pestopfer begraben worden sein. Diese Angaben mal neigte sich schon so stark zur Seite, dass man befürchten sind von der Bevölkerung überliefert. Da aber kein Pestzei- musste, dass es im nächsten Frühling nicht mehr steht. Auch chen (Fackel) und auch keine Pestheiligen eingemeißelt sind, das gotisierende Fenster an der rechten Seite war defekt. wird die Errichtung dieses Flurdenkmals wohl einen anderen Mit Unterstützung des Bundesdenkmalamtes wurde es zur Grund gehabt haben.

24 25 Schloss Ebergassing – Wohnen mit Ambiente

Im Hintergrund des dunklen Parks wirkt das Schloss mit wei- Die Installationen der Heizungs- und Wasserrohre wurden in ßer Fassade und graublauer Gliederung kühl und sehr elegant. die alten Kaminstränge gelegt. Geblieben ist der Charme der Eine Brücke führt über den Wassergraben. Dahinter liegt die welligen Linie, wenn Fensterstöcke schief sitzen oder Türen ihr ehemalige offene Reitschule des Fürsten Liechtenstein. Eigenleben führen. Ebergassing wird 1136 erstmals im Zusammenhang mit einem Die Mietwohnungen strahlen herrschaftliches Ambiente Hetzilo von Ebergozzingen in Erwähnung gebracht. Die Burg aus. „Wir haben eine einschlägige Hausordnung. Wir ent- war wie viele Festungsanlagen in der Gegend eine schwer zu- schuldigen uns immer für die Mietverträge“, sagt Dr. Georg gängliche Wasserburg mit Ringmauern und Ecktürmen. Die Aichelburg, „denn sie klingen merkwürdig: Gartenzwergver- erste Türkenbelagerung überstand die Burg ohne Schaden, bot, keine Fußabstreifer vor den Türen, keine Wäscheständer denn in einem Bericht aus dieser Zeit heißt es: „Wegen des im Garten. Keine Plastikmöbel. Was man im Voraus nicht re- Morastes konnte man der Burg nicht beikommen.“ gelt, kann man im Nachhinein nicht einfordern.“ Die Mieter „Wenn wir unsere Wohnungen vermieten, könnten wir sie danken es, „dass das Schloss nicht in die Nähe eines Gemein- mit 600 m Swimmingpool anbieten“, meint einer der bei- debaus kommt.“ den Schlossherren lachend und zeigt auf den Wassergraben. Für eine funktionierende Hausgemeinschaft sorgen ein ge- Dr. Georg Aichelburg-Rumerskirch und seine Partner, das meinschaftlicher Grillplatz und ein Kräuterbeet. Im Garten ist Ehepaar Lux, erwarben Schloss und Parkanlage 1998. Da genügend Raum, dass jeder sein Plätzchen findet. Der üppige stand das Haus bereits 50 Jahre leer. „Alles war original Rosengarten und das Hochbeet werden von den Eigentümern russisch. Die sowjetische Kommandantur war im Schloss gemeinsam betreut. Im Wassergraben wurde für die Kinder untergebracht. Auf den Türen stand noch in kyrillischen des Hauses eine seichte Einstiegstelle angelegt. Für festliche Buchstaben ‚­Eintritt verboten‘ oder‚­ Küche‘. Die Namen wa- Zwecke, sei es nun ein Kindergeburtstag oder eine Hochzeit ren noch unter den Nägeln zu lesen, auf denen die Soldaten steht der Festsaal des Hauses zur Verfügung. ihre Kleidung hängten In der Schlosskapelle und am Dachboden werden zurzeit Fresken war das Strohlager“, aus der Gotik freigelegt. erzählt Dr. Aichel- In der Grabkammer der burg-Rumerskirch. Zu Kapelle ruhten bis nach den ersten Aufgaben dem Zweiten Weltkrieg zählte es, den Park zu die Brüder Thomann durchforsten. Büsche und Wilhelm vom Wal- und Unterholz wurden de, die im 15. Jahrhun- gerodet und es trat die dert mit der Herrschaft Parkstruktur mit ihren Ebergassing belehnt großen Bäumen zutage. wurden. „Bei der Gartenarbeit Historisch große Bedeu- finden wir immer wie- tung erfuhr Ebergassing der Lusterteile und unter der Familie Liech- Porzellanscherben“, so tenstein. Fürst Josef Christiane Aichelburg- Wenzel Liechtenstein Rumerskirch. führte die Kavallerie Die Infrastruktur des unter dem Kommando Schlosses war denk- des Prinzen Eugen im bar primitiv – nichts außer zwei Plumpsklos. Mittlerweile Kampfe gegen die Türken, war am französischen Hof und 1747 sind ein Dutzend Wohnungen zwischen 70 m² und 150 m² Kommandant von Wien. Die Hauptsorge des Fürsten Liech- entstanden. „Eigentlich ist ein Schloss als Mehrgenerationen- tenstein galt der Modernisierung des Heeres. In Ebergassing Haus und nicht als Mehrfamilien-Haus konzipiert“, erklärt ließ er die Kavallerie ausbilden. „Die Ruinen der geschlossenen Frau Aichelburg-Rumerskirch. Aber in Schloss Ebergassing Reitschule sind im Wald noch zu sehen“, sagt Dr. Aichelburg- ließen sich Wohnungen gut installieren. Von den zweige- Rumerskirch. Ebenso ließ er mithilfe seines Privatvermögens schossigen Arkaden im Innenhof ist jede Wohnung begehbar. und der Wasserkraft der Fischa Kanonenrohre ausbohren.

26 27 Ehemaliger Liechtenstein’scher Weinkeller Hohenau an der March – Kartoffel im Fürstenkeller

Manche sammeln Briefmarken, Herr Bartosch sammelt Wein- ­ehemalige Werkstatt des Liechtenstein’schen Fassbinders. Der keller. „Alles hat seine Geschichte“, erzählt der pensionierte dritte Keller von Herrn Bartosch wartet noch auf die Reno- Landwirt. Die Geschichte von Johann Bartosch beginnt nicht vierung. „Mit 50.000 Euro muss ich da schon rechnen.“ Und mit Briefmarken, auch nicht mit Wein, der üblicherweise wenn der Keller dann fertig ist, wird er wie die beiden ersten in Weinkellern vermutet wird. Die Geschichte beginnt mit an die Kinder vererbt. Erdäpfeln. „Können Sie Erdäpfel kochen“, befragt er sein Vis- Die großen Presshäuser sind zweistöckig. In den Giebeln sind à-vis streng, wiewohl seine Augen immer schelmisch lachen. beidseitig je drei exakte Löcher, die für die Belüftung des Dach- Herr Bartosch ist trotz fortgeschrittenen Alters immer rührig, stuhles sorgen. Denn mit Feuchtigkeit ist immer zu rechnen. hatte vom Gemeinderat über die Feuerwehr bis hin zum Hei- Die Keller werden mit Dampfröhren entlüftet. Über ein Dut- matmuseum über ein Dutzend Funktionen. Er begann mit zend ragen aus der Wiese oberhalb des Kellers heraus. Johann einer Kleinlandwirtschaft und sein Sohn bewirtschaftet bereits Bartosch musste sie neu aufmauern, da der Vorbesitzer Cham- einiges über 200 Hektar Grund – die Lagerung der Ernte von pignons züchtete und sie abriss. „Drinnen war’s so feucht, dass fünf Hektar Speisekartoffeln braucht eben ihren Platz. Da war die Türen regelrecht verschimmelt sind.“ Also musste die Tür der Keller am Hohenauer Kellerberg zu klein und die Wege vom Presshaus zum Keller neu gemacht werden. „Der Tischler zwischen den Kellern zu eng. „Hinten hab’ i aufgepasst, dass hat sie aus Eichenstaffeln gezimmert – und nach wenigen Wo- ich mit dem Traktor die Ecke vom Presshaus nicht mitnehm’, chen hat’s sie zerrissen.“ Man lernte dazu. Eine Kellertür darf derweil ich vorn in den Akazi’baum g’fahren bin“, so Johann nicht aus gelagertem, luftgetrocknetem Holz stammen. Dann Bartosch. Ein großer Keller sollte her. Dieser fand sich abseits nimmt sie die Feuchtigkeit des Raums auf und zerbirst. „Man des bäuerlichen Kellerbergs: der ehemalige Keller der Domäne kann sich die Kraft nicht vorstellen, die das Holz entwickelt. Liechtenstein. Jetzt wiss’ ma: In den Keller gehört eine frisch geschnittene Die ersten Mitteilungen über einen Besitz der Familie Liechten- Eiche. Sie stammt aus dem Weinviertel.“ stein in Niederösterreich „linksseitig der Donau zur mährischen Keller sind zeitlos: Archaische Architektur ohne Aufputz, mit Grenze“ stammen aus dem Klosterneuburger Saalbuch aus den strenger Linienführung und keinem Detail zu viel. In ihr Inne- Jahren 1194–1196. 1383 verlieh Herzog Albrecht Johann von res hat die Zeit keinen Eintritt. Ein Keller kennt keine Tageszeit Liechtenstein alle zu und keine Jahreszeit. Es Mistelbach gehörigen ist immer dunkel, im Güter. 1385 wurde Sommer empfinden wir die Feste Rabensburg das Klima als kühl und und 1391 bis 1416 die im Winter warm. Güter in Wetzelsdorf, In den Presshäusern Katzelsdorf, Eibesthal, des Herrn Bartosch ste- Poysdorf, Hausbrunn hen keine Weinpressen. als Liechtenstein’scher Eine alte Wasserpumpe Besitz genannt. 1457 ist geblieben. „Vielleicht wird Hohenau erwor- haben sie sich nach der ben und in all diesen Bibel gerichtet und Herrschaften entstan- Wasser zu Wein gewan- den mit der Zeit große delt“, ist der Landwirt Weinkeller. Mit der immer auf ein Scherz- Bauernbefreiung im chen aus. Auf den alten Jahr 1848 wurden die Eichenstämmen ist die Zehent- und Robotobjekte abgegeben. Jahreszahl eingeschnitzt und „Rote Armee Mai 14. April LD – „Liechtenstein Domäne“ – steht auf der weiß verputzten 1945“. Die wird sich hier einen gewaltigen Rausch geholt Mauer des großen Presshauses und die Jahreszahl 1788. Zwei haben. weitere Keller nebenan kamen hinzu: der Keller der Pfarre Bei Bartosch gab’s dann keinen Wein mehr. Die Keller waren von Hohenau und 1982 der des großen Volksschauspielers bis zur Tür voll mit Kartoffeln und die Hohenauer Bevölkerung und Hohenauers Oskar Sima. „Jetzt hab ich fast eine gan- wurde damit versorgt. „Aber mit den Supermärkten haben die ze Kellergass’n“, sagt der Landwirt nicht ohne Stolz. Das Frauen verlernt, Erdäpfel zu kochen.“ Wer mag, kann sich bei zu einem Wohnhaus umgebaute Gebäude nebenan war die Herrn Bartosch gute Tipps holen. 28 29 Hoffmann-Mühle in Laa an der Thaya – Dame mit Mühle

Die alte Dame steht auf einem einsamen, stillen Platz. Hinter Straße von Mähren nach Laa wählten immer mehr Bauern die ihr der über und über mit Wein bewachsene Wohntrakt der Hoffmann-Mühle und zur Erntezeit war der große Platz vor Mühle. Daneben der Garten, fast schon ein Park. „Der Platz der Mühle voll mit Fuhrwerken. Die Bauern warteten vor Ort war früher voll mit Fuhrwerken, als die Bauern auf Mehl und auf das fertige Produkt, kamen sie von weit, konnten sie ihre Schrot warteten.“ Frau Irmgard Berger ist die Besitzerin der Pferde einstellen und im Mühlengebäude übernachten. 1880 größten Mühle entlang der Thaya. übernahm Sohn Julius Hoffmann die Mühle. Er ließ nun, weil Laa liegt genauso genommen nicht an der Thaya. Laa liegt an es häufig Probleme mit dem Wasser gab, die Handelsmühle einem Thaya-Mühlbach. Das alte Stadtgebiet von Laa wur- mit einer Dampfmaschine betreiben. Bald kam ein hauseigenes de von zwei Thayaarmen, dem heutigen Mühlbach und dem Kleinelektrizitätswerk hinzu und die Stadtbeleuchtung wurde ehemaligen Wehrgraben umflossen, die immer wieder zu Über- mit diesem Strom gespeist. Ein Inserat bewirbt die Mühle: schwemmungen führten, bis die Thaya im 19. Jahrhundert „Durch vorteilhafte maschinelle Einrichtung unserer Mühle reguliert wurde. Trotz der Sorgen, die das Wasser bereitet, hat sind wir in der Lage, der ungarischen Konkurrenz die Spitze sich über die Jahrhunderte die Laaer Mühle zu der größten an zu bieten und vermahlen wir nur schönen und guten Weizen, der Thaya entwickelt. Der beeindruckende Gebäudekomplex der an Qualität den ungarischen noch übertrifft.“ der „Kunstmühle Günther Hoffmann“ dies- und jenseits des Seit 1989 steht die Mühle still. Lager und Hallen stehen leer Mühlbaches, das Neben- und Miteinander der Baustile durch und sind besenrein gefegt. „Darauf legt die Chefin großen sechs Jahrhunderte, die mächtige Kulisse des Silos, der die Wert“, sagt eine ehemalige Angestellte. 1955 übernahm Frau Stadt mit seiner Silhouette prägt, macht die Mühle zu einem Irmgard Berger nach dem Tod ihres Vaters gemeinsam mit Handwerks- und Industriedenkmal. Als die Mühle 1992 unter ihrem Mann die Mühle. Dr. Josef Berger war Altphilologe Denkmalschutz gestellt wurde, ist im Bescheid des Bundes- und Verlagsleiter, sie studierte Zeitungswissenschaften, beide denkmalamtes über den in den 1930er-Jahren gebauten Silo zu mussten sich in einem neuen Metier zurechtfinden. „In den lesen: „Die Putzstruktur, die unregelmäßig gesetzten wenigen letzten Jahren hatte ich die Mühle allein geführt – und das Fenster und das der Gesamtachse der Anlage folgende Walm- mit Erfolg“, sagt die Dame. Sie weist auf einen Holztram im dach mit zwei Treppengiebeln verleihen dem Nutzbau den Mahlwerk in den das Jahr 1589 geschnitzt ist. Daneben ist ein trutzig-kubischen Charakter eines mittelalterlichen Turmes in eiserner Ring. „Hier wurden einst die Gesellen an den ,Müh- der expressiven Stilsprache seiner lenpranger’ gekettet, die Mehl Entstehungszeit. Der Silo bildet gestohlen hatten.“ somit den würdigen Abschluss Für zwei Handelsketten lieferte des Mühlenensembles.“ die Hoffmann-Mühle das Man darf annehmen, dass hier berühmte „Herzerl-Mehl“. Man- bereits im 12. Jahrhundert eine chen wird das weiße Mehlpackerl Mühle in Laa stand, das da- mit den roten und blauen Herz- mals noch ein Dorf war. Die aufdrucken noch in Erinnerung erste urkundliche Erwähnung sein. Ein paar Dutzend Mehlpa- der Mühle war 1436. Dabei ckungen stehen fein säuberlich genehmigte Kaiser Ferdinand in eine Ecke geschlichtet. „Denn dem Erbauer die Stadtmauer zu eine Mühle ohne Mehl ist keine durchbrechen, doch das „Mühl- Mühle.“ Auf einem steht „Kirtag- türl“ sollte „wohlversichert und mehl 480“. „Das war das feinere bewahret sein“. Die Mühle Mehl als die Type 700 und wur- wurde in die Stadtmauer einge- de zum Backen von Mehlspeisen baut, da die Stadtmauer entlang des Thayaarmes führte. Die genommen. Aber heute ist Mehl Mehl und keiner weiß mehr Stadtmühle Laa wurde, wie die meisten Herrschaftsmühlen, recht um Unterschiede.“ auch „in Bestand gegeben“, also an einen Müller verpachtet Seit Jahren sucht die alte Dame nach einem Konzept, wie und im 19. Jahrhundert verkauft. Mit dem Eintritt der Familie das imposante Mühlenareal, dieser einzigartige Handwerks- Hoffmann in die Laaer Mühle, nimmt diese einen weiteren und Industriebau, sinnvoll genützt werden könnte. Ein Aufschwung. Wilhelm Hoffmann errichtet einen gedeckten Mühlenmuseum würde sich anbieten, damit ein bisschen Verbindungsgang zwischen der stadtseitigen „Bauernmühle“ was von der Mühlenluft, die nach Wasser, Holz und Mehl und der rechtsufrigen „Handelsmühle“. Mit dem Ausbau der riecht, erhalten bleibt. 30 31 Stift Melk – Seelsorge am Gerüst

Abt Burkhard eilt durch die Gangfluchten, fliegt Wendel- man den lieben Gott heruntergeholt und ihm eine grandiose treppen rauf und runter, balanciert auf den Bretterstegen der Audienzhalle gebaut. Diese konnte nicht glänzend genug sein.“ Dachböden, kennt jeden Lichtschalter und weiß, welcher Und die Altane des Stiftes ist das Entree in diese Audienzhalle, Schlüssel in welches Schloss passt. Er kennt das „Haus“ mit sie ist der Übergang zwischen der Donaulandschaft und der 1365 Fenster und 2,2 ha Dachfläche besser als seine eigene barocken Architektur. Abt Burkhard blickt auf die eingerüstete Westentasche. Kuppel: „Ich wollt’ eh schon die längste Zeit auf die Kuppel. Dr. Burkhard Ellegast ist seit 56 Jahren im Stift. Der gebürtige Das ist das einzige worauf ich mich freu’, dass ich noch einmal Melker kletterte „als Bub verbotenerweise in den Dachböden hinaufkomme.“ des Stiftes herum.“ In den „Erinnerungen und Gedanken eines Als Abt hatte er den größten Teil seiner Zeit mit der Res- geplagten ‚­Bauherren‘ wider Willen“ hat er über die Erfah- taurierung zugebracht. „Ich hab das Glück gehabt, den rungen der Renovierung geschrieben: Dombaumeister Ing. Johann Kräftner an meiner Seite zu ha- „Dem Abt kamen seine Erfahrungen, die er als Bub auf den ben, und das G’spür für Menschen. Das war unser Geheimnis: Dächern des Stiftes gemacht hatte, zustatten. Es gab kein Wenn die Handwerker sehen, dass man selber oben ist, dann Gerüst, das er nicht erstiegen, wo er nicht mit Arbeitern ge- sind sie ganz anders dahinter.“ sprochen hätte. Die Abenteuerlust des Buben wandelte sich Aus den veranschlagten sechs Jahren wurden siebzehn Jahre. in echtes Interesse an der Bausubstanz und deren baulichem Der katastrophale Zustand des Kircheninneren führte zu neuen Zustand, aber dahinter auch deren baugeschichtlichen Zusam- Wegen in der Restaurierung. Die hohe Luftfeuchtigkeit setzte menhängen. Mauern, deren Putz abgeschlagen werden musste, dem Stein, dem Kunstmarmor, den Gemälden, dem Stuck zu. begannen zu sprechen, Ziegel gaben Rückschlüsse auf die Bau- Mit dem computergesteuerten „Melker System“ wird feuchte zeit, Farbreste ließen der Phantasie die Zügel schießen.“ Luft abgesaugt und von draußen trockene hereingeholt. 17 Jahre dauerte die Renovierung des Benediktinerstiftes. Über die Farbgestaltung der Fassade wurde viel diskutiert. An einem Ende fer- Man entschied sich tig geworden, eröffnet für Goldocker bei den sich am anderen Ende ­Gliederungen und Lise- wieder eine Baustelle. nen und gebrochenem Derzeit ist die Kuppel Weiß für die Nullflä- der Kirche eingerüstet. chen. Die ursprüngliche Die Westfront der Kir- Farbe war wahrschein- che ist als Wetterseite lich ein Orangeton. „Ich besonders den Umwelt- ­hätte den Mut gehabt es einflüssen ausgeliefert. orange zu streichen.“ Vor allem die großen Für die Seelsorgearbeit Sandsteinfiguren und blieb in diesen Jahren Vasen leiden. „Wahr- nicht viel Zeit; so hat scheinlich muss man der Abt Seelsorgearbeit Letzere einmal durch am Gerüst geleistet. Kopien ersetzten“, „Eine ganz liebe Bege- meint Abt Burkhard. benheit ereignete sich „Als junge Kleriker auf den Stiftstürmen. haben wir uns immer Jahre später kam ein wieder gedacht, am ge- junger Mann zu mir scheitesten wäre es, dieses Haus zu verkaufen und irgendwo mit der Frage, ob ich ihn nicht trauen könnte. Auf meine ein Haus zu bauen, wo man halbwegs normal leben kann, wo ­erstaunte Frage, warum er gerade auf mich komme, erzählte nicht so viel Fremde sind, wo Ruhe herrscht und wo man ein er mir von seinen Arbeiten an unseren Türmen. Eines Tages klösterliches Leben leben kann.“ Nachsatz: „Gott sei Dank ha- sei er dort oben gestanden, habe in die Lande hinunter ge- ben wir es nicht gemacht!“ Denn das barocke Ambiente strahlt schaut. Dabei sei ihm die Größe des Lebens und die seiner auf dem Menschen aus, bringt die Seele zum Schwingen. Abt Existenz so richtig bewusst geworden. Er habe sich damals Burkhard: „Den Prunk bin ich gewöhnt. Aber Barock ist mehr. gedacht: Wenn ich einmal heiraten werde, würde ich gerne Es ist Ausdruck für die Auferstehung Christi. Im Barock hat in Melk heiraten …“ 32 33 Mailberg Nr. 161 – Schritt für Schritt

Wahre Schönheiten drängen sich nicht auf. Sie sind zurückhal- ­unsere Familie seit dem 18. Jahrhundert auf dem Haus drauf tend. So auch das nördliche Weinviertel. Das Land will genau ist. Sie hatten Landwirtschaft und betrieben Gewerbe. Einer angesehen werden. Oft versteckt sich der Zauber hinter den der Ahnen war Seifensieder. Vorher gehörte das Haus einer lang gezogenen Ortschaften, im „Hint’aus“ wie die Rückseiten mährischen Familie.“ Geschichten über Haus und Familie der Dörfer heißen. Ab und zu schwingt sich das Land zu einer wurden mündlich weitergegeben. Vieles ging im Laufe der sanften Welle auf. Ab und zu zeichnet ein Bach Falten in das Generationen verloren, schien unwichtig. Vieles wurde wegge- Gesicht der Landschaft. schmissen. „Man hat das ja für altes Glumpert gehalten.“ Mailberg ist nicht nur ein Weindorf mit einer denkmalge- Mit der Renovierung des Daches wurden die Rauchfänge neu schützten Kellergasse, das Mailberger Schloss ist im Besitz der aufgemauert. Dann musste der Landwirt eine Pause einlegen: Malteser. Der älteste Ritterorden wurde 1099 in Jerusalem Geld sparen und dann mit der nächsten Etappe beginnen. gegründet. Das Museum im Schloss zeigt die Geschichte des „Ich hab eine gemischte Landwirtschaft. Felder, Wein und weltlichen Ordens. Schweine. Da schaut nicht viel heraus.“ Im Haus riecht es ver- Wirken die Straßenansichten der Weinviertler Dörfer streng führerisch. Die Eltern von Herrn Binder rühren Grammeln. und zurückhaltend, so zeigt sich das spätbarocke Haus des Er lebt mit ihnen und der alten Hündin Bella alleine. Herrn Binder mit seiner ganzen Schönheit. Es steht nahe der Der nächste Schritt war die Trockenlegung der Mauern. „Ver- Kirche, einstöckig, einladend und freistehend. Ein sonniges mutlich war der Grundwasserspiegel früher tiefer“, erzählt der Gelb zeichnet sich gegen den Sommerhimmel ab. „Warum wir Landwirt. Bei der Drainage bin ich draufgekommen, dass die bei den ersten waren, weiß ich nicht“, rätselt Gottfried Bin- alten Fußböden tiefer lagen und mit der Zeit aufgeschüttet der. „Vielleicht war es schon sehr baufällig.“ Jedenfalls wurde wurde.“ sein Haus in der Zwischenkriegszeit bereits 1923 unter Denk- 17 Fenster hat das Gebäude. Eine teure Angelegenheit, wenn malschutz gestellt. Baufällig und feucht war es auch, als sich man auf Qualität Wert legt und Kastenfenster einbauen lässt. der Landwirt 1998 entschloss, das Haus gründlich zu reno- Gottfried Binder hat fünf, sechs Fenster pro Jahr eingebaut. vieren. Begonnen hat Herr Dann musste er wieder Binder mit dem Dach. Es Luft schnappen. „Das Re- wurden neue Latten auf- novieren macht mir Spaß, genagelt, der Dachstuhl sonst hätt’ ich mir das aber zeigte sich für ihn nicht angefangen“, meint in einer überraschenden er. Die Fenster, die in den Qualität. „Früher hat man südseitigen Hof schauen, überdimensional inves- haben weiße Fensterlä- tiert“, sinniert er. „Einem den. Früher waren überall Einfamilienhaus wird ein Fensterläden. Im Frühjahr Dachstuhl aufgesetzt, der hat man die äußeren Fens- mit 10/8 cm Staffeln aus- terflügel ausgehängt und gestattet ist. Wie lang wird die Holzläden eingehängt. das wohl halten? Die alten Das hielt das Haus luftig Dachstühle sind für Jahr- und kühl. Doch das ist in hunderte gebaut.“ Was heutigen Zeiten ein fast viele barocke Dachstühle unbezahlbarer Luxus. bis heute beweisen. Abschließend hat Gott- Der Dachstuhl des Hauses fried Binder die Fassade Mailberg Nr. 161 stammt nicht aus dem 18. Jahrhundert. Im gemacht. Natürlich hat er die Mauern selbst abgeklopft, ver- Jahre 1821 haben die Vorfahren von Herrn Binder das Haus putzt und gestrichen. Was er selber tun kann, bringt ihm um aufgestockt. War es eine wirtschaftliche Blütezeit? War für viele kleine Schritte weiter. die Familie zu wenig Platz? War das Erdgeschoss zu feucht? Hinter der Hofmauer blickt die sanfte Landschaft herein. Es gibt viele Vermutungen, aber wenige Anhaltspunkte. „Mei- Ordentlich gekämmte Weinzeilen wechseln sich mit wild ne Großmutter hat mir einiges erzählt, manches habe ich ­lockigem Gebüsch ab. Und rund um den runden Berg läuft aus den Pfarrmatrikeln herausgefunden. So weiß ich, dass die Kellergasse wie ein weißes Band.

34 35 Windmühle Retz – Für Windmühlen kämpfen

Theresa Bergmann hat die Baskenmütze tief in ihr fröhliches – mit der Spitze nach unten – die Mühle durch alle Ebenen und wettergegerbtes Gesicht gezogen. Der Wind reißt daran. ­durchläuft. „So lässt sich die Kraft besser übertragen“, erklärt Es ist gut, dass der Wind bläst. Hier steht die letzte betriebs- Frau Bergmann, die persönlich die zahlreichen Besucher durch fähige Windmühle Österreichs. Sie ist das Wahrzeichen von die Mühle führt. Unter dem Dachboden liegt die Mahlstube, Retz und Frau Bergmann ist Motor, Herz und Seele dieses in der die Mahlsteine liegen. Sandsteine wurden zum Schro- Wahrzeichens. ten verwendet, Quarz und Granit zum Mahlen. Später kamen Oberhalb der Weinstadt zwischen den Hausbergen Golitsch Kunststeine aus Zement und Naxosschmirgel, die die Epoche und Kalvarienberg breitet sich eine südliche Landschaft aus. der Steinvermahlung ablöste. Zwischen Weingärten liegen Trockenrasen und Felsen; Kräu- In der Eingangsebene ist der Mehlboden. Hierher kam das ter und Heckenrosen, Schlehen und Quitten verströmen ihr vermahlene Korn mit dem Beutelelevator und wurde in die Aroma. Am Kalvarienberg stand 1772 die erste Windmühle, Mehlsäcke abgefüllt. Alles steht an seinem Platz, als ob der damals noch der gängige Typ einer hölzernen Bockmühle. letzte Müller Leopold Bergmann die Windmühle soeben für Später verbreiteten sich in den Kronländern der Monarchie kurze Zeit verlassen hätte. Die mit Monogrammen bestick- die gemauerten Turmwindmühlen. 1857 baute Windmüller ten Mehlsäcke sind aufgespannt, auf den hölzernen Balken Johannes Tobias Bergmann die Turm- anstelle der Bockmühle sind mit blauer Kreide Ziffern vermerkt, einst die Maß- und diese ist seit nun bald 150 Jahren im Familienbesitz. Bei- einheit des Metzen, später dann Kilogramm. Die unterste de Mühlentypen müssen ihre Flügel Ebene ist der Keller der Mühle, in der in den Wind halten. So lassen sich bei Werkzeug verstaut wurde. Heute ist den gemauerten Mühlen die Flügel hier eine Vinothek. Die Windmüller samt der Schindel gedeckten Dachhau- betrieben ein kleines Gewerbe. Ihre be drehen. Mit einem Tram wird die Kunden waren die Bauern der Um- drehbare Dachkonstruktion im Boden gebung, die zum Hausgebrauch ihr verankert. Bei der leichten Bockwind- Getreide vermahlen ließen. Denn die mühle drehte sich der ganze hölzerne Windmüller waren im hohen Maße Kasten, der auf einem gemauerten von den Launen des Windes abhän- Bock saß. gig. Alte Lehrbücher klagen: „Der Auf der Spitze des Dachs ließ der Wind ist in seiner Arbeit je zu weilen erste Müller der Familie Bergmann der gestalt saumselig, das man sich eine Wetterfahne anbringen, die auf seine Beständigkeit wenig verlas- die Windrichtung anzeigt. The- sen kann.“ Trotzdem war es nicht die resa Bergmann schreibt in einer einzige Windmühle auf dem Retzer ihrer zahlreichen Publikationen: Kalvarienberg. Eine zweite gesellte „Die Wetterfahne war aber nicht nur sich dazu, die durch Blitzschlag 1893 Hilfsmittel, sondern er verband mit abbrannte. Der gemauerte Rumpf ihr auch Wunsch und Hoffnung. Er steht bis heute und wird als Wohn- wollte seine neue Mühle vor kom- haus genützt. menden Unbill schützen und griff Das zweite Standbein der Müllerfamilie auf die Symbolik der Romanik und Bergmann war seit jeher die Landwirt- Gotik zurück. Damals wurden außen schaft und der Wein. Als 1925 der an den Kirchen dämonische Gestal- Mahlbetrieb eingestellt wurde, blieb ten, auch Drachen angebracht. Sie die Familie im Wohnhaus unterhalb sollten das Böse abwenden. In diesem Sinne setzte der der Mühle, wo auch der Windmühlenheurige geführt wird. Windmüller Johannes Tobias Bergmann die drachenge- Mit dem Ende des Gewerbes begann die Zeit des Denkmals. sichtige Windfahne an die Dachspitze.“ Seit 1925 steht die Windmühle unter Denkmalschutz. There- Über vier Ebenen stiegen Müller und Gehilfen ständig sa Bergmann hat als Tochter des letzten aktiven Windmüllers ­treppauf, treppab. Unter dem Dach sind die hölzernen Zahn- nicht nur die Geschichte der Windmühlen dokumentiert und räder, die die Kraft von etwa 15 PS auf die Welle übertragen. am Leben erhalten. Sie selbst hat durch ihr Engagement längst Die Welle ist der Stamm einer Tanne, die verkehrt herum Geschichte geschrieben.

36 37 Schloss Buchberg – Malewitsch am Dach

„Es riecht wie früher“, sagen die, die ihre Kindheit im Ewigkeit installiert wurden. Neben dem Entree liegt das „his- Schloss Buchberg verbrachten, ehe die Familie Croy den Be- torische Zimmer“. Es ist mit dem verbliebenen Mobiliar des sitz verkaufen musste. „Durch die Totalrestaurierung wird Hauses eingerichtet, wie den zwei Sesseln aus einer belgischen die Geschichte, vor allem die kleine Geschichte, zugedeckt“, Jugendstilwerkstatt. So wie Gerüche in einem alten Haus blei- sagen Dr. Dieter und Dr. Gertraud Bogner bei einem Rund- ben, bleiben auch die Namen. In den „Fürstinnenzimmern“ gang durch die organisch gewachsene Wohnburg. lebten unverheiratete Tanten der ehemaligen Besitzer. Das Buchberg liegt abseits der Straße durchs Kamptal, dort wo „blaue Zimmer“ besticht durch den gleichwohl zarten wie die Waldlandschaft in die des Weins übergeht, wo das Ge- kräftigen Leimanstrich. Die in Buchberg arbeitenden Künst- fühl der alten Sommerfrische in wackligen Bootsstegen, ler haben den Raum „unter Schutz“ gestellt, damit er – trotz hölzernen Badeanstalten und verwachsenen Gartenpavillons Renovierungsbedarfs – nicht seine Aussage verliert. „Kunsthis- weiterlebt. torische Renovierung treibt das Leben heraus“, so Dr. Bogner Die Burg Buchberg und ihre Kapelle sind seit der Mitte des und so wird nur renoviert, was nötig ist. Die Spuren des tag- 12. Jahrhunderts urkundlich erwähnt. Das heutige Aussehen täglichen Lebens sollen nicht verschwinden, so wie der Körper ist das Ergebnis der im frühen 17. Jahrhundert durchgeführ- durch den Lauf des Lebens Narben abbekommt. ten Umbauten durch Hans Ludwig von Kuefstein zu einem Für die Schlosskapelle hat Dieter Bogner an einem Prototyp für repräsentativen Schloss. 1585 wird es noch als „inwendig Solaranlagen gebastelt. Denn der streitbare Kunsttheoretiker, gleichwohl mit schlechten und wenigen Zimmern versehen“, Kurator und Sammler setzt sich seit Jahrzehnten für Ökologie beschrieben. 40 Jahre später steht in einem Schätzgutachten, und die Erhaltung der Vielfalt im Kamptal ein. Unter dem dass das Schloss „auf einem harten Felsen gelegen und neben Glas der Solarheizung sind Pflanzen heimisch geworden – fast einer ansehnlichen, zierlichen und gelegensamen Wohnung wie in einer Installation von Lois Weinberger. an die vierzig Gemächer, eine schöne Schlosskapelle, Altane Die letzte große Renovierung in Buchberg war das Dach. Da und kleine Lustgärten“ aufweist. für so große Dachflächen alte Dachziegel nicht zu bekom- 1979 begann Dieter Bogner mit der Gruppe „Exakte Ten- men sind, entschied man sich – schweren Herzens – für neue. denzen“ Künstler einzuladen, um Rauminstallationen zu Und arbeitete dafür gleich ein Konzept aus. „Unser geistiger verwirklichen. Dora Maurer übertrug Linien des in eine Großvater“, erklärt Dieter Bogner „ist Kasimir Malewitsch“. ­Ebene übertragenen Raum- Geometrische Kunst stammt plans in den gewölbten Raum nicht aus dem Vokabular der des Bergfrieds und schuf so ein Technik, vielmehr durch Abs- „Quasi-Raum-Bild“. Konstruk- traktion von der individuellen tive Künstler wie Christoph Vielfalt der Natur durch ihre Rhis, Hartmut Böhm, Ro- Reduktion auf grundlegende land Goeschl, Peter Weibl Ordnungssysteme. So sah der und Heimo Zobernig schufen russische Künstler Malewitsch über die Jahre in und um das den Kreis, das Kreuz – und das Schloss Rauminstallationen. berühmte „Schwarze Quadrat“ Zobernig ersetzte die verfallene als Ursymbole. Kreuz, Kreis und Pergola im Rosengarten durch Quadrat wurden am Dach von ein Stahlkonstrukt, dessen Ver- Buchberg aus den verbliebenen strebungen Typografien sind, alten dunklen Ziegeln gelegt. die nichts anderes aussagen, als Sie treten hervor und lassen die dass das Stahlkonstrukt eine hellen, neuen Ziegel als Un- Pergola ist. Die Künstler arbeiten als „Artist-in-residence“ in tergrund zurücktreten. Das Dach trägt die Botschaft hinaus. einer Wohnung im Schloss. „Das Wappen der Familie Collalto im Durchgang zum zweiten „Restaurieren heißt vor allem Staubsaugen“, erklärt Gertraud Hof bildet sich aus weißen und schwarzen Quadraten“, weist Bogner. Im Jahresverlauf schafft man gerade einen Rundgang das Ehepaar Bogner auf die Verbindung zum Schloss hin. durchs Haus. Was funktionierte, haben die Schlossbesitzer Der Rundgang durch Buchberg endet auf der Altane. belassen, wie etwa alte Lichtleitungen, viele Holzböden, die Zu Füßen des Schlosses windet sich der Kamp um natur­ nur einer kräftigen Waschung bedurften oder auch die Bade- belassene Wiesen. Der Blick verliert sich in den grünen zimmer, die Anfang des 20. Jahrhunderts scheinbar für die Schlingen des Tals. 38 39 Pfarrkirche Laxenburg – Brautkleid & Doppeladler

Die Pfarrkirche von Laxenburg steht nicht etwa am Haupt- „kayserlichen Stuckgiesser zu Wienn“ Johann Kippo. Sie wur- platz, wo sie eigentlich hingehört. In Laxenburg gibt es keinen den in Kriegszeiten niemals eingeschmolzen. Aber durch ihr Hauptplatz im herkömmlichen Sinne. Laxenburgs historisches Alter waren sie ausgeschlagen und sie drohten zu zerbrechen. Zentrum ist das kaiserliche Schloss und sein weitläufiger Park. In Deutschland wurden die Sprünge in den drei Glocken mit Und diesem Schloss gegenüber steht die barocke Pfarrkirche einer speziellen Schweißtechnik gekittet. Das Aus- und Ein- zur Kreuzerhöhung. bauen der Glocken war Millimeterarbeit und Spektakel. Die Unter Kaiser Leopold I. wird der Kirchenbau 1693 begonnen. Feuerwehr kam mit dem Kranwagen, um die Glocken durch Die alte Kirche war von den Türken beschädigt worden und das Turmfenster zu holen. „Der Ausblick vom Turm war früher wenn der kaiserliche Hof in Laxenburg weilte, war sie stets zu schöner“, so der Monsignore. „Angeblich hat man von hier aus klein. Die treibende Kraft für den Neubau der Pfarrkirche, die in der gedachten Achse bis nach Schönbrunn gesehen.“ zugleich auch immer Schlosskirche war, so wie der Pfarrer von In den kommenden Jahren soll die Terrasse vor der Kirche res- Laxenburg gleichzeitig der Schlosskaplan der Habsburger war, tauriert werden. Sie wird von den Figuren der vier Evangelisten war eben dieser Josephus Haller. beherrscht. Auch der Platz zwischen Schloss und Pfarrkirche Das Kuppelfresko geht auf einen Entwurf von Johann Micha- wartet noch auf ein Konzept. Derweil ist er Parkplatz, der das el Rottmayr zurück. Die ursprünglichen Altäre und Heiligen Ensemble eher trennt denn verbindet. wurden ausgetauscht, da es sich vor allem um Heilige handel- Draußen herrscht Kaiserwetter und in der Sakristei eröffnet te, deren Verehrung durch die Jesuiten sich imperialer Glanz. Die Messornate forciert wurde. Mit der Regentschaft sind mit dem kaiserlichen Wappen be- von Josef II. wurde der Jesuitenorden stickt. So wie das rote, das das Wappen aufgehoben und die Einrichtung der Kaiser Ferdinands I. zeigt. Der Traum Laxenburger Pfarrkirche ausgetauscht. aus cremweißem Taft, Pailletten, Strass Besonders eindrücklich im feinen Ba- und Steinen sowie Perlen und Silberspi- rockbau ist der dunkle und strenge ralen war ein Brautkleid. Es schimmert Hochaltar. Der Hochaltar zeigt kein zart, als ob der Mond sich darin spie- Bild, sondern ein Kruzifix vor dunklem gelte. Aber Brautkleid bleibt – nicht Grund. Der Entwurf stammt von Fer- immer – Brautkleid und Eheglück nicht dinand von Hohenberg; dieser ist in Eheglück. Jenes Brautkleid von Kron- der Albertina aufbewahrt. Die frühere prinzessin Stephanie wurde zu einem Kanzel wurde verkauft und eine künst- Messornat. Fronleichnam des vergan- lerisch besonders kostbare aus einer genen Jahres hat Monsignore Hahn es aufgehobenen Kirche in der Schwarzspa- getragen. „Aber sehr vorsichtig“, sagt nierstraße in Wien installiert. Der große Monsignore Hahn und getraute sich mit Luster, der die kreuzförmige Kirche ak- dem historischen Stück kaum zu gehen. zentuiert, und die Bestuhlung stammen Die Fronleichnamsprozession führt von aus den Beständen des k. k. Hofmobili- der Kirche durch den Schlosspark von endepots. Die Restaurierung der Kirche Laxenburg und zurück in die Ortschaft. ist im Großen und Ganzen abgeschlos- Und es gibt noch eine Besonderheit in sen. Für die Farbgebung der Fassade hat der Pfarrkirche, die an die Zeit erin- man auf das barocke System der Duali- nert, wo sie gleichzeitig habsburgische tät – weltliche und himmlische Macht Schlosskirche war: das Tantum ergo – zurückgegriffen. Das Gelb-Weiß des („Leib des Herrn sei hoch verehrt“) wird Schlosses dreht sich im Weiß-Gelb der Kirche um. nach der Melodie der Kaiserhymne gesungen. Die Noten zu Einer der letzten Arbeiten war die Instandsetzung der Glocken. „Gott erhalte“ sind mit Handschrift ins Messbuch eingelegt Die drei Glocken sind aus dem Jahre 1687 und stammen vom – sie sind so durch Generationen weitergegeben worden.

40 41 Turmhof Retz – Gelebte Integration

Wo vor wenigen Jahren noch eine hohe Mauer das Haus von Gefechten während der Franzosenkriege 1809 diente der der Straße abschirmte, steht nun ein durchlässiger und leichter Turmhof als Notspital. 1874 wird darin das Frauenkloster der Zaun. Dahinter liegt der Turmhof und an ihn angebaut ein ehrwürdigen Schwestern vom armen Kinde Jesu gegründet. freier, luftiger Wohntrakt mit großzügigen Terrassen, viel Glas Die Schwestern ziehen ein und eröffnen ein Internat für Of- und warmen Farben. Seit der Restaurierung des historischen fizierswaisen, später eine Volksschule. Mit der Zeit wird der Gebäudes und dem Anbau der neuen Trakte strahlt das Haus Schlosstrakt aufgestockt und ein Schulhaus angebaut. Im Jahre Signale der Offenheit und Kommunikation aus. „Das ist ge- 1910 gibt es einen Kindergarten, die Volks- und Bürgerschule, nau das, was wir damit aussagen wollen“, sagt Otto Lambauer. ein KindergärtnerInnenseminar. HandarbeitslehrerInnen- und Das Areal wird seit 1950 von der Caritas als Behindertenein- Sprachkurse werden abgehalten. Große Häuser werden in richtung genutzt. Die Caritas ist der größte Arbeitgeber der Kriegszeiten häufig für militärische Zwecke genutzt. Während Stadt Retz und seit Jahren wird hier selbstverständlich gelebt, des Ersten Weltkrieges ist der Turmhof wieder ein Lazarett, was in vielen anderen Orten immer nur eingefordert wird: die in der Zwischenkriegszeit ein Lehr- und Erziehungsheim für Integration von Menschen mit besonderen Bedürfnissen in die Mädchen, im Zweiten Weltkrieg eine Kaserne. Nach dem Strukturen einer Kleinstadt. Retzer Wirtschaftsbetriebe be- Krieg ziehen russische Soldaten in das Haus, die Schwestern schäftigen Bewohner des Caritas-Heimes, Werkstätten bilden nehmen den Betrieb in Retz nicht wieder auf. Lehrlinge aus, die Bewohner des Caritas-Heimes sind in die Im Jahre 1950 bezieht die Caritas das Haus, zunächst als Son- Stadtpfarre integriert. derschule für Buben und nach der Psychiatriereform 1979 Im Turmhof von Retz werden über 200 Jugendliche und erwach- übersiedeln rund 100 Personen von Gugging nach Retz. Mit sene Menschen mit Lernschwäche, geistiger oder mehrfacher dem Beginn der Sanierung des Altbestandes, dem Abriss der Behinderung betreut. Über 100 ArbeitnehmerInnen, im Laufe der Jahrhunderte angebauten Schulen und dem Neu- zehn Zivildiener und MitarbeiterInnen des freiwilligen bau der Wohntrakte hat die Caritas „Standards für heute und ­sozialen Jahres sind morgen geschaffen“, im Tageszentrum, dem wie Caritasdirektor Mi- Wohnheim und dem chael Landau betont. Seniorenwohnheim, Einerseits wurde die in den neun Werkstät- historische Bausubstanz ten, der ambulanten erhalten und für die Betreuung und am Bedürfnisse adaptiert, Bauernhof tätig. So andererseits wurde der wie die historische Neubau so gestaltet, Bausubstanz des Turm- dass Selbstbestimmung, hofes instand gesetzt Integration und Nor- wurde, so wurde auch malität gelebt werden die ehemalige Propstei kann. Die Planung des in Unternalb bei Retz, neuen Hauses übernah- in der der hauseigene men die Architekten Landwirtschaftsbetrieb des „Ateliers Albert- untergebracht ist, sa- platz“, Wien. niert. Seit 20 Jahren Der Umbau in den Jah- wird die Landwirt- ren 2002 bis 2006 war schaft von der Caritas eine Herausforderung: bewirtschaftet. In Unternalb wurden 60 Wohnplätze und 20 „Der Umbau während des laufenden Betriebes gleicht einer Arbeitsplätze in Werkstätten geschaffen. Operation ohne Narkose.“ Die Aussicht auf die wesentliche Der Turmhof von Retz wird erstmals 1409 erwähnt und da- Verbesserung sowohl der Lebens- als auch der Arbeitssituation mit beginnt die vielfältige Geschichte des Hauses. Ein Brand der BewohnerInnen und MitarbeiterInnen hat hier aber über in der Altstadt von Retz im 17. Jahrhundert zerstört das An- manche Improvisation hinweggeholfen. Viele BewohnerInnen wesen der Grafen Trautson. Der Turmhof wird in den Jahren leben zum Teil ein ganzes Leben im Retzer Turmhof und dem- nach 1718 in seiner heutigen Form wieder aufgebaut. Bei den entsprechend wichtig ist ein Umfeld zum Wohlfühlen.

42 43 Eybl-Hammer in Ybbsitz – Wo das Feuer regiert

Sie nennen es Musik, die in ihren Ohren klingt. Ding-dang- wurden sie geschliffen, gebürstet oder lackiert. Zum Schluss dang-dang-ding-dong-dong. Es ist das Schlagen der Hämmer, wurde der Stiel angesetzt und die Ware für den Versand her- das Dengeln der Sensen, unterlegt vom Rauschen des Wassers, gerichtet.“ verzerrt vom Schleifen der Messer und angeheizt vom Blasebalg Die beiden großen Schwanzhämmer beherrschen die Schmie- der Esse. Es war eine laute Landschaft zwischen den sanften de. „Mir ist es wichtig, dass man hier in eine andere Welt Hügeln des Voralpenlandes und den verträumten Blüten der eintaucht“, sagt Sepp Eybl. Die Schwanzhämmer sind 300 Mostbirnbäume. Dang-dang-dong-dang-dang-dong. bis 400 Jahre alt. Der Hammerkopf wird „Bär“ genannt und „In der Noth“ heißt das schmale Tal, in dem bis ins 20. Jahr- wiegt bis zu 1500 kg. Der Bär saust auf die Schabotte nieder. hundert noch 13 Schleifer und 2 Hämmer in Betrieb waren. Dieser Metallblock fängt die Wucht der Schläge auf und sitzt Das Eisen lieferte der Erzberg und rundum in den Eisenwurzen auf einem Eichenstamm, der drei Meter tief in die Erde ein- wurde das Rohmaterial verarbeitet. Die Voraussetzungen dazu gegraben wurde. Damit die Schabotte nicht verrutscht, wird waren optimal. Die ausgedehnten Ötscherwälder lieferten das sie von einem Eisenring umgürtet, der mit Akazienholz ausge- Holz für die Köhler und das bergige Voralpenland die richtige keilt ist. Sepp Eybl hat die Maschinen restauriert und wieder Menge an Wasser, um Hämmer, Blasebalg und Turbinen anzu- in Betrieb gesetzt. Auch die Küche des Hammerwerks hat er treiben. Das fruchtbare Land an der Donau versorgte hungrige im originalgetreuen Zustand rekonstruiert. Knappen im Erzberg, die rußigen Gesellen in den Hammer- Obwohl das Holzkohlenfeuer das reinere und bessere ist, werken und die draufgängerischen Holzknechte ausreichend muss man aus finanziellen Gründen mit Steinkohle die mit Getreide. Nebenbei produzierte die Landschaft Most in Essen beheizen. „Nur für besondere Arbeiten und beim ausreichenden Mengen, herb oder Schmieden von Buntmetallen süß, der den gewaltigen Durst nehme ich Holzkohle“, erklärt nahe dem Feuer löschte. Herr Eybl. „Das Feuer regelt Sepp Eybl, Metallkünstler und mir ein Ventilator. Einst wurde Schmied, hat 1999 das Ham- das Feuer vom Heizer geführt.“ merwerk gekauft, es vor dem Große Blasbälge wurden mit Verfall gerettet und ihm das lo- Wasserkraft betrieben und Schu- dernde Herz zurückgegeben. ber regulierten die Luftzufuhr, Bis zu sechs Essen werden in der kleinere Blasbälge wurden mit Schmiede unterhalten, die erst Muskelkraft betätigt.“ Je nach Leben bekommt, wenn das Feu- Werkstück konnte der Heizer das er seine huschenden Schatten auf Feuer gestalten, heiß oder weni- Werkzeug und Transmissions- ger heiß; ein längliches oder ein riemen, auf die dunklen Wände tiefes Feuer erzeugen. und Schwanzhämmer wirft. „Der Jedes Hammerwerk in den Ei- Hammer ist mein Atelier und senwurzen war auf bestimmte hier halte ich Schmiede-Kurse ab. Produkte spezialisiert. „Obwohl Deswegen die vielen Feuerstel- die Schmiede ein freies Gewerbe len – und wenn’s zu wenig sind, war, hatte das Stift Seitenstetten werden draußen Feldessen aufge- als Grundeigentümer der Wälder stellt.“ Sepp Eybl ist ein Schmied großen Einfluss auf das Gewerbe. wie aus dem Bilderbuch: lachende Dafür schauten sie, dass der Fluss Augen und Muskel wie Stahlseile. des Eisens vom Erzberg zu den Das Wasser kam über die Fluder (hölzerne Rinnen), um die Hammerwerken aufrecht blieb und die politischen Verhält- Schaufelräder anzutreiben. Die Energie wurde über Trans- nisse für das Gewerbe sich positiv gestalteten.“ Die Region missionen auf Blasbalg und Hammer übertragen. „In diesem prosperierte, was an den Herrenhäusern der „Schwarzen Hammerwerk wurden Schaufeln und Hauen hergestellt“, er- Grafen“ deutlich zu sehen ist. zählt Sepp Eybl. Nicht nur Männer arbeiteten als „schwarze Wie damals hinterlassen im Eyblhammer in Ybbsitz Gesellen“, auch Frauen waren in den Produktionsablauf ein- Schmiedekollegen und fahrende Gesellen aus aller Welt gebunden. „Frauen haben auf die Schaufeln, die fertig aber einen Nagel im Stock. Die kunstvoll geschmiedeten Nägel unförmig waren, Schablonen aufgelegt und beschnitten, dann sind die Visitenkarte der Zunft. 44 45 Pfarrkirche Mödring – Fingerzeig Gottes

Am Rande des Horner Beckens steigt eine wuchtige, grüne zur 500-Jahr-Feier statt. Ein großes Stück Arbeit war die Masse an. Der Wald wird hier „die Wild“ genannt und in Erneuerung des Kirchendaches. Das gesamte Dach wurde ihr liegen verstreut ein paar Dörfer. Aus der grünen Masse etappenweise abgedeckt, der Dachstuhl instand gesetzt, die des Waldes ragt der Turm der Kirche von Mödring. Wie ein Lattung erneuert und mit neuen Tonziegeln gedeckt. Um spä- knöcherner Finger leuchtet er im Abendlicht. Der gemauer- tere Reparaturen am spitz zulaufenden und hohen Dach zu te Pyramidenhelm wirkt streng und klar, da der spätgotischen erleichtern, wurden im gesamten Dachstuhl begehbare Holz- Architektur keine barocken Zwiebeln aufgesetzt wurden. Auf ebenen eingezogen. Beim Abschlagen des alten Verputzes am der Spitze trägt der Turm ein vergoldetes Kreuz. Bei den Reno- Turm kam auf der Süd-Ost-Seite eine Sonnenuhr zutage. Das vierungsarbeiten wurde das Kreuz entfernt und neu vergoldet. Engagement der Bevölkerung für die Renovierung der Kirche In der hohlen Kugel am Fuße des Kreuzes fanden sich zwei ist groß. So hat zum Beispiel die Adventmarkt-Bastelrunde die Urkunden. Auf der einen sind alle Häuser von Mödring auf- Kosten für die drei neuen funkgesteuerten Turmuhren samt gelistet und von den Hausbesitzern unterzeichnet. Die andere Läutwerk übernommen. Mit der Renovierung der Kirche wur- berichtet von der Geschichte des Kirchturmkreuzes. Demnach de auch der daneben stehende barocke Pfarrhof saniert. Er ist das Kreuz seit 1766 mehrmals herabgestürzt. Zuletzt wurde hat seinen ursprünglichen lindengrünen Anstrich bekommen, es im Sommer 1909 von einem Blitz getroffen und im Herbst von dem sich die weißen Faschen frisch und fröhlich abhe- desselben Jahres wieder auf die Spitze gesetzt. ben. Die Eingangshalle ist mit großen Steinplatten belegt, in Mesnerin Anna Lochner verwaltet die Schlüssel und hütet die den Räumlichkeiten im ersten Stock finden sich Stuckarbeiten Kirche wie ihren Augapfel. „Die Diebstähle in den Kirchen häu- und gemütliche Kachelöfen. Hintaus liegt der Garten und der fen sich“, erklärt Anna Lochner besorgt. Gestohlen werden vor Blick schweift durch Obstbäume hinauf bis zur Wild. allem vergoldete Kerzenleuchter und kleine Statuetten. Bemer- Frau Anna Lochner arbeitet seit 15 Jahren für die Pfarrei. „Kein kenswert ist die barocke Mensch tut sich so was Kanzel auf einem spät- mehr an“, seufzt sie, gotischen Fuß, sowie „viel Arbeit und wenig der Katharinenaltar, der Geld.“ Ihre Tätigkeiten ein Flügelaltar aus der reichen vom Messen Werkstatt Caspar Leu- einschreiben bis zum sering aus 1673 ist. Koordinieren von Tau- Die Pfarrkirche zum fen und Begräbnissen, hl. Johannes dem Täu- sie kümmert sich um fer wird vom Friedhof den Blumenschmuck umgeben. Der Grund- in der Kirche ebenso riss des Langhauses wie um den Garten im ist – eine weitere Be- Pfarrhaus. Sie sitzt im sonderheit – beinahe Pfarrgemeinderat und quadratisch und der Pfarrkirchenrat und Kirchenraum wird von verwaltet die Finanzen einem Netzrippenge- der Kirche, erledigt wölbe getragen. 1288 Bankgeschäfte so wie wird die Pfarre von sie die Renovierungsar- Mödring erstmals ur- beiten überblickte. Eine kundlich erwähnt. In Auszeichnung um ihre den folgenden Jahrhunderten leidet der Ort immer wieder Verdienste als Mesnerin steht seit einiger Zeit ins Haus. „Hab’ unter feindlichen Einfällen. 1430 wurde die Kirche von den noch keine Zeit gehabt, sie mir überreichen zu lassen“, sagt sie, Hussiten zerstört und 1499 neu aufgebaut. Die Bevölkerung „so werden wir’s halt auf später verschieben.“ floh in Höhlen oder gelangte durch einen Gang unter dem Noch gibt es in der Kirche mehr Mesner als Mesnerinnen, Kirchturm in Erdställe, die relative Sicherheit boten. doch idealerweise „übernimmt das ein Ehepaar. Die Frau Die Kirchenchronik vermerkt, dass die Kirche in jedem Jahr- macht die Kirche, der Mann die Mesnerei.“ Anna Lochner ist hundert einmal renoviert wurde. Die letzte Renovierung fand beides in einem.

46 47 Schloss Viehofen – Phoenix aus der Asche

In Nachschlagwerken wird es bereits als „Schlossruine“ geführt. Nach 300 Jahren Leben im Schloss, Kriegsschäden, Zerstörun- Nach dem Einsturz des Daches war Schloss Viehofen akut im gen durch die Rote Armee und Vandalismus entschloss sich Bestand gefährdet. Die Kamine stakten in den Himmel und Franziska Kuefstein für einen zeitgemäßen Bau. kaum jemand in der Umgebung von St. Pölten dachte dar- Vom Renaissancetrakt des Schlosses blieb einzig ein runder an, dass dieses Schloss jemals gerettet, geschweige denn wieder Turm erhalten. Das Areal wurde zum Wirtschaftshof mit viel bewohnbar gemacht werden könnte. Doch dann kam Josef Raum für Werkstätten und Lagerhallen. Figl. „Ich werd’ ganz wurlert, wenn ich alte Gebäude sehe.“ Das Altschloss mit dem kleinen Innenhof stammt aus dem 16. Der Altwarenhändler krempelte die Ärmel hoch und ehe man Jahrhundert, Josef Figl hat die bereits fertig restaurierten Räume sich’s versah, hatte Schloss Viehofen ein Dach. eingerichtet. Natürlich stammt das Mobiliar aus seinem großen Ende der 1990er-Jahre erwarb Josef Figl das Schloss aus ei- Fundus. „Das Haus steht am Hang und um die Fundamente ner Konkursmasse. Ein unerwarteter Glücksfall für die Ruine, gut zu verankern, wurde es doppelt unterkellert“, erklärt Herr denn Josef Figl hatte zuvor bereits Schloss Totzenbach vor Figl. Die stabile Substanz half dem Schloss – trotz Jahrzehnten dem Verfall gerettet, er ist von seiner Profession her zudem ein ohne Dach – zu überleben. „Die Mauern haben bis zum Dach echter Fachmann. hinauf eine Stärke von 1,60 Meter.“ Die Wohnräume im ers- Seit dem Jahr 2003 arbeitet Josef Figl nun mit Leidenschaft, ten Stock werden über den Festsaal betreten. Ein Zimmer Fachkenntnis und viel Fingerspitzengefühl an der Revitalisie- reiht sich an das andere und mit einer Hackschnitzelheizung rung des einstigen St. Pöltner Wahrzeichens. Der Schlossherr werden die Räume beheizt werden. Alle Arbeiten an der In- arbeitet selbst an der Baustelle, unterstützt von zwei, drei frastruktur sind abgeschlossen. „In diesem Haus war nicht ein ­Arbeitern. Brett mehr da.“ Nun stehen schon Betten und Kästen, Tische Noch gleicht der Vorhof des Schlosses einem Bauhof. Mit und anderes Mobiliar in den Räumen. In die Ofennischen hat einem Blick hat Herr Figl den Baufortschritt überprüft. Es ist Josef Figl Kachelöfen und Mariazeller Gussöfen setzen lassen. nicht das erste Haus, Türen und Böden sind das er restauriert. „Das ausschließlich aus Alt- ist mein Hobby, in dem materialien gefertigt. ich seit 30 Jahren Erfah- In einem Zimmer liegt rung gesammelt habe“, ein Weichholzboden, erklärt Josef Figl. Doch dessen Bretter sternför- die anderen Gebäude mig zusammenlaufen. hat er nach Substanzsi- „Das ist ein Tanzboden cherung und meist nur aus einem ehemaligen teilweiser Fertigstellung Gasthof in Mank“, er- wieder verkauft. Mit zählt Herr Figl „und Schloss Viehofen wird hier steht ein Ofen aus das anders: „Das wird meinem Elternhaus mein Alterssitz und das – mehr als ein Erinne- Haus der Familie.“ rungsstück.“ Teile der Schlossanlage Am Viehofner Kogel von Viehofen wurden – ein paar Schritte un- in den 1960er-Jahren terhalb des Schlosses abgetragen. Mit dem – steht die gotische, Baumaterial errichteten dem hl. Jakob geweihte die Besitzer neben dem Schloss einen der damaligen Zeit ent- Kapelle. Sie ist eine Gründung der Passauer Bischöfe. Parallel sprechenden Bungalow. Der Komfort von Schlössern hält sich zu den Restaurierungsarbeiten am Wohntrakt arbeitet Josef bei mangelndem Dienstpersonal, fehlender Zentralheizung Figl an der baulichen Sanierung der kostbaren Kapelle mit und Sanitäranlagen in Grenzen. Küchen liegen weit abseits ­ihren teilweise noch recht gut erhaltenen Seccomalereien, die der Wohnräume, durch die Fensterritzen pfaucht der Wind. in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts zu datieren sind.

48 49 Stift Herzogenburg – Erdverbundenes Kloster mit Himmelsturm

Der Turm fängt den Himmel ein. Je nach Wetter ändert er das aus Vertretern von Bund, Land und Stift besteht. Im sein Erscheinungsbild: Vor heiterem Sommerhimmel scheint Arbeitsausschuss sind die Fachleute der Institutionen einge- der Turm der Stiftskirche Herzogenburg zu schweben, dunkle bunden und Mitbruder Ulrich führt die Koordination von Wolkenbänke, die an den Öffnungen vorbeiziehen, verankern Baumeistern, Restauratoren und Stiftsarbeitern. die bemerkenswerte Architektur zurück an den Klosterbau. Die Außenfassaden sind fertig gestellt, der große Hof ist in Der Turm ist ohne Dachkonstruktion, stattdessen bildet der Arbeit, die Bibliothek wird in Angriff genommen, die Gärten Herzogshut einen Abschluss, der auf einem Polster ruht. Er werden rekonstruiert. „Orden kommt von Ordnung. So hat ist von Johann Bernhard Fischer von Erlach entworfen und auch ein Klostergarten seine festen Strukturen.“ Rund um das von Franz Munggenast ausgeführt worden. Das Augustiner- Stift gab es einen eigenen Kosmos an Gärten; den Prälaten-, Chorherrenstift ist ein intaktes und jung gebliebenes Kloster. den Dechants- und Kapitelgarten, einen Hofrichtergarten, Hier wird ein Klosterleben abseits der religiösen Vermarktung Nutz- und Wäschegärten, Baumschule und Gärtnerei. Unter gelebt. Die 14 Pfarren rundum gilt es zu betreuen, die „Her- dem Festsaal liegt der Prälatengarten. Es ist eine barocke An- zogenburger Gespräche“ führen Wirtschaft, Politik und Kunst lage, die durch Farben akzentuiert wird. Drei verschiedene zusammen und nicht zu vergessen das größte österreichische Kiesfarben – rosa, weiß und grau führen das Farbkonzept der Kinderfest, das alljährlich im August stattfindet. Festsaalfassade fort. Von einem Bach getrennt liegt dahinter Propst Maximilian Fürnsinn empfängt im Prälatenzimmer. Ein der Obstgarten; auch dieser wird wieder seine barocke Struk- Portrait des jungen Erzherzogs Franz Joseph erinnert daran, tur erhalten. Kleinwüchsige Nussbäume und alte Apfelsorten dass dieser in dieser Räumlichkeit nächtigte, als Kaiser Ferdi- werden gepflanzt, mit gemähten Graswegen dazwischen. nand mit seinem Hof im Revolutionsjahr 1848 nach Olmütz „Wichtig ist uns auch die Instandsetzung der Gartenmauern. flüchtete. In diesem Zimmer wurde „An meine Völker“ verfasst, Denn im 18. Jahrhundert legte man Wert darauf, Garten- worin die Abdankung Ferdinand des Gütigen kundgemacht räume zu schaffen und sie von der ungezähmten Natur wurde. Am nächsten Mor- abzugrenzen“, so Propst gen ging die Reise über Maximilian Fürnsinn. die noch nicht zerstörte Die Gärten sollen ihre Brücke von Stein weiter in historisch überlieferten Richtung Norden. Funktionen beibehalten, Herzogenburg ist eine „denn ich will daraus wohl proportionierte ba- nicht einen Garten der rocke Anlage. 1714 wurde Religionen machen.“ mit dem Bau des Stiftes Durch die Gärten be- begonnen, von der spät- kommt das Stift räumliche gotischen Architektur Weite. Auf der Herzo- blieb das Altstift mit dem genburger Prunkfassade freskierten Refektorium. trifft die Architektur Ja- „Jakob Prandtauer unter- kob Prandtauers auf die schrieb sich bei uns als ­Fischer von Erlachs, der Maurermeister“, erzählt den Festsaal im Mittel- Propst Fürnsinn über die teil erbaute. „Johann Bescheidenheit des baro- Bernhard Fischer von Er- cken Meisterarchitekten. lach hat als kaiserlicher Er führt durch lange Gän- ­Architekt nur an einem ge zur Sala Terrena, zur Bibliothek und zum Festsaal. „Das Kloster in Niederösterreich gearbeitet“, erklärt der Propst Haus wirkt groß, aber man muss bedenken, dass ein Drittel nicht ohne Stolz. Die Fassaden werden in der ursprünglichen davon Gänge sind. Damals hatte man eben noch einen Sinn ­Farbgebung und im Sinne des italienischen Barock restauriert. für Proportionen.“ Zug um Zug wird das Stift restauriert. Hier kommen gedeckte Farben zum Einsatz. Das klassizieren- „Die Arbeit liegt in den bewährten Händen des Chorherren de Weiß und Grau Fischer von Erlachs trifft auf die warmen Ulrich“, erklärt der Prälat. „Ich bin vor allem für’s Geld Sandtöne Jakob Prandtauers. Gestaltung und Farbigkeit der zuständig.“ Die aufwändige Restaurierung wird in zehn umgebenden Gärten bringen das barocke Gesamtkunstwerk ­Jahresetappen geplant. An der Spitze steht das Kuratorium, zu besonderer Geltung. 50 51 Konzertsaal Ziersdorf – Ein Ballsaal zwischen Wien und Prag

Der Ziersdorfer Friedrich Damköhler hat die glanzvolle Zeit gestalteten Gänge geschoben und mit viel Getöse und Geheule des Saals nur mehr als Bub erlebt. Er schreibt: „In meinem erschreckt, bespritzt und mit weiß noch was sekkiert. Meist jungen Denken eingeprägt haben sich aber besonders die mit endete diese Darbietung mit einem Tumult, wobei die Er- Jugendstilornamenten umrahmte Bühne, der breite Stiegen- wachsenen die Flucht ergriffen und der Hausherr bitterböse aufgang zur Galerie, der wundschöne Saalluster, deren einst auf uns war. Aber man sieht, auch wir hatten ohne Tanzmusik zwei waren. Da waren riesige Spiegel, WC-Anlagen, die man und Kapelle unseren Spaß in diesem Saal.“ ihresgleichen sonst nirgends mehr fand. Ein herrliches Tanz- „Vor zehn Jahren hab ich gesagt, der ist nicht mehr zu reno- parkett, die unter der Galerie befindliche erhöhte Fläche für vieren. Die Decke war heruntergebrochen und wir standen Tisch und Sessel, ein ‚­Clubzimmer‘ mit großer Bar, die mir hüfthoch im Schutt. Da lebt nur mehr die Illusion“, dachte als Knirps unverständlich hoch erschien, dekorative Vorhänge Bürgermeister Johann Gartner. Dank der Investitionen im bei Eingang und Bühne und vieles mehr.“ Als Besonderheit ist Zuge der Landesausstellung am benachbarten Heldenberg Herrn Damköhler der Schuhputzer am linken Eingang zum glänzt seit dem Jahr 2005 der Saal wieder: die Luster, die Saal in Erinnerung geblieben. Spiegel, das Parkett. Die Jugendstilornamentik wurde restau- Staub an den Schuhen gab es um die Jahrhundertwende in riert und rekonstruiert, die Treppe in die Galerie ist großzügig Ziersdorf sicherlich genug. Die Straßen waren nicht asphal- wie in alten Zeiten. „Die alten Menschen haben immer ein tiert und Staub kam auch von den zahlreichen Ziegelöfen, die Leuchten in den Augen bekommen, wenn sie vom Saal er- in der Umgebung von Ziersdorf standen. Einer Ziegelei ist es zählt haben. Sie haben hier ihre ersten Bälle erlebt“, so der auch zu verdanken, dass der „schönste Ballsaal zwischen Wien Bürgermeister. und Prag“ – so wie es seinerzeit hieß – gebaut wurde. Denn der Der Konzertsaal spielt auch technisch alle Stücke. Rollos lassen Ziegelofenbesitzer hatte so viel Schulden im Gasthof Fröhlich, sich auf Knopfdruck steuern, ebenso die Türen. Die Licht- und dass er seine Schulden mit Ziegeln abzahlte. Draus ließ der Tonanlage ist bestens ausgestattet. Dort, wo die Stallungen Wirt den Saal erbauen. des Gasthofes standen, ist in zeitgenössischer Architektur ein Errichtet wurde der Ballsaal vom Ziersdorfer Baumeister Ludwig ­Cafébetrieb eingerichtet, es gibt auch zwei Seminarräume. Der ­Streicher (1858-1932) im Jah- ehemalige Gasthof wurde ab- re 1910. Der Baumeister war gerissen. Die Umrisse sind auf der Großvater des berühmten der Mauer des Nebenhauses zu Kontrabassisten Ludwig Strei- sehen. „Eigentlich dachten wir cher (1920 - 2003), nach dem an Stelle des Gasthofes einen der glanzvoll wieder auferstan- modernen Hotelbetrieb zu dene Saal nun benannt ist. installieren. Doch leider fand An die 50 Jahre war der Saal sich noch kein Interessent“, Rumpelkammer, Flaschen- erklärt Bürgermeister Gartner. waschanlage, Getreidelager Der neue, alte Konzertsaal und Abenteuerspielplatz der wird in der ganzen Region des Ziersdorfer Kinder. Friedrich Schmidatals gut angenom- Damköhler erzählt: „Eine men: Vom Kabarett bis zum ganz besondere Attrakti- traditionellen Rosenball, vom on war die Geisterbahn im Konzert bis zur Lesung, von Saal. Mit Kisten, Tischen und der Talkshow bis zur Oper Sesseln bauten wir Tunnels bietet das Programm in Ziers- und Grotten, bestückten sie dorf eine bunte Vielfalt. Nicht mit allerhand ,Grauslichem‘. Die zahlenden Besucher (fünf- zu vergessen sind die Hochzeitsgesellschaften. Schließlich sol- zig Groschen), die auf eisernen Kistenwagen auf einem dort len auch die Augen der jungen Ziersdorfer leuchten, wenn sie befestigten Sessel Platz nahmen, wurden durch die von uns ­dereinst vom Ballsaal erzählen …

52 53 Schüttkasten Harmannsdorf – Bertha von Suttners Schüttkasten

Prof. Dr. Erich Glawischnig war Vorstand der 2. Med. Klinik Das ehemalige Schreibzimmer der Friedensnobelpreis­ für Erkrankungen der landwirtschaftlichen Nutztiere Rind, trägerin Bertha von Suttner führt auf die Gartenterrasse. Schwein, Schaf und Ziege. Vor 30 Jahren suchte er geräumige Sie war Erzieherin in der Familie Suttner und lernte hier Stallungen und wurde in Harmannsdorf fündig – nur waren ihren Mann Alfred kennen. Gerne spielte sie Theater auf der eben auch noch ein Schloss, ein großer Park, eine Orangerie Terrasse und im Schüttkasten. Der Schüttkasten liegt am und ein Schüttkasten dabei. hinteren Ende des Parks. „Er ist der schönste Schüttkasten, Prof. Dr. Erich Glawischnig: „Um zu sehen, was sich in land- den wir kennen, denn in den unteren Räumen befinden sich wirtschaftlichen Betrieben wirklich abspielt, ist es zweckmäßig, ausgedehnte Landschaftsmalereien. Hier wurde der Theater­ einen eigenen Betrieb zu haben. Zwar hat die Universität ein saal eingebaut“, erklärt Eva Glawischnig. Die Malereien Lehr- und Forschungsgut, aber dort forscht man nicht allein. aus Bergls Werkstatt werden zurzeit restauriert. Sie stellen Wir hatten uns einen mittelgroßen Betrieb vorgestellt, in dem romantische Landschaften mit antiken Ruinen, Palmen meine Studenten forschen können. Meine Frau hat eines Ta- und exotischen Vögeln dar. Alles naturnah und wohl nach ges gesagt, dass sie etwas in Aussicht hat. Ich hab’ ihr gesagt: ­Vorlagen von Stichen gemalt. „Was machen wir mit einem Schloss? Ein Schloss wäre doch Auf Antrag der vorhergehenden Besitzer Abensperg-Traun Hochstapelei.“ Das Ehepaar Glawischnig besichtigte das Ob- wurde der Schüttkasten im Jahre 1944 unter Denkmalschutz jekt und erwarb es 1976 mit fünf Hektar Land. „Die Idee, nur gestellt. Geholfen hat es nicht viel; es gibt Fotos, auf denen die Wirtschaftstrakte zu erwerben, war nicht durchführbar, da Soldaten zu sehen sind: Nägel in die bemalten Wände ge- die gesamte Anlage unter Denkmalschutz steht.“ schlagen und Gewehre am Boden. „Auch das „Lagerhaus“, Das einzige, was damals funktionierte, war eine kleine Woh- welches den Schüttkasten danach mietete, hat hier nicht viel nung im Verwalterhaus. geschont.“ Im Untergeschoss ist eine Wohnung, wo der ge- Zuerst wurden die Ställe saniert. „Wir haben mit Firmen ko- mauerte Mantel der offenen Feuerstelle zu sehen ist und ein operiert und bekamen von ihnen Zuchttiere.“ Gute Betreuer alter Backofen. Professor Glawischnig hatte Pläne, hier ein für die Ställe mussten auch gefunden werden – und diese fan- Postgraduierten-Zentrum für Veterinärmediziner zu etablie- den sich im Verwalterehepaar des Gutes von Stift Altenburg. ren. Diese Ideen ließen sich nicht verwirklichen. „Mit der „Sie zogen in die Verwal- Pensionierung habe ich terwohnung und haben begonnen, mich intensiv unsere Tiere 20 Jahre mit Bertha von Suttner lang mitbetreut.“ auseinander zu setzen. Über eine Brücke ge- Wir wollen eine Infor- langt man zum Tor des mationsstelle über die Schlosses. Der Turm ist Friedensnobelpreisträge- der ehemalige Bergfried. rin hier einrichten. Auch Von einem gemütlichen, einen Suttner-Friedens- kleinen Innenhof geht es preis will ich anregen in die Wohnräume der und habe darüber mit Familie Glawischnig und Bundespräsident Heinz in die Zimmer, die von Fischer gesprochen.“ den Studenten bewohnt Ein paar Schautafeln waren, als Univ.-Prof. sind bereits in der nahe Glawischnig noch ak- gelegenen, historischen tiv war. „Beim Sanieren Orangerie zu sehen. habe ich alle Arbeiten gemacht, die man so als Hilfsarbeiter Die zweite Ebene des Schüttkastens soll zum Dachboden tut. Dabei habe ich mir Konzepte für meine Lehrtätigkeit hin geöffnet werden, um daraus einen Veranstaltungssaal zu überlegt. Das funktioniert ganz wunderbar, während man so ­machen. eine Mauer abklopft …“ Um Geld für die Instandsetzung zu Als Bertha von Suttners Mann 1902 starb, musste der Besitz lukrieren, wurde geschickt mit Pharmafirmen kooperiert. Für versteigert werden. Von der Friedensnobelpreisträgern blieb eine Spende wurden die Studentenzimmer nach den Konzer- hier nichts als die Erinnerung, der Geist – und die Grabsteine nen benannt. „Das Bayer-Zimmer gibt’s noch immer.“ ihrer Hunde.

54 55 Mauthaus in Stein an der Donau – „Das bissl Arkadenhof“

Stille Plätze mit prunkvollen Fassaden reihen sich in Stein Im Jahr 2003 wurde die Fassade restauriert. „Das war eine aneinander. Auf der einen Seite ziehen die Schiffe vorbei, turbulente Zeit“, erinnern sich die Haberls. Die erste Reno- auf der anderen Seite ist es nicht mehr weit bis zu den ersten vierung fand im Zweiten Weltkrieg statt. „Meine Mutter sagte Weingärten. Am Ende des Schürerplatzes steht das ehemalige immer: ,Draußen könnt’s ihr tun was ihr wollt, aber drinnen kaiserliche und landfürstliche Mauthaus. Die Donaumaut war leben wir.“ So halten es Frau und Herr Haberl auch. In den ein einträgliches Geschäft, denn Stein lebte nicht nur vom gewölbten Vorräumen haben sie mit Liebe alte Gegenstände Wein, sondern vor allem vom Handel. Die großen Salzstadeln gesammelt. Besonders schön machen sich schmiedeeiserne an der Lände zeugen von dieser Zeit. Die farbenfrohen Fres- ­Türbeschläge aus, die als Schmuck an den weiß gekalkten ken an der Fassade des Mauthauses zeigen Blumendekor und Wänden hängen. Portraits. In den Voluten des Blendgiebels sind Medaillons Das Ehepaar Haberl ist ein sportliches Pensionistenpaar – er ist von Königin Anna und König Ferdinand zu sehen. Über dem bei den internationalen Tennissenioren, beide gehen Skifahren Erker im zweiten Obergeschoss ist der Reichsadler mit der und Wandern. Frau Haberl lernte das Eislaufen an den Lacken Kaiserkrone und der Herzschild mit Bindenschild und dem der Donau und ihr Vater brachte ihr bereits im Alter von vier ungarischen Wappen. Zwei Putti halten einen weiteren Schild, Jahren das Schwimmen bei. „Einmal bin ich auch über die der möglicherweise das Mautnerwappen darstellt. Die Jahres- Donau ans Mauterner Ufer geschwommen. Der größte Spaß zahl 1536 verrät das Jahr der Errichtung des Hauses, wiewohl für uns Kinder war es aber, wenn das Transportschiff ‚­Wotan‘ es im Hausinneren ältere Bauteile vorbeikam. Sobald wir es Tuten gibt. Im ersten Obergeschoss ist gehört haben, sind wir g’schwind das Wappen von Ferdinand I. und raus und in seine großen Wellen die Inschrift „Verbum domini ma- gehüpft.“ Sportlich muss das Paar net aeterum es“ zu sehen. Fische, sehr wohl leben, denn in den zwei- Wolfsköpfe und Blumendekor ten Stock führt eine steile Treppe. schmücken weiters die Fassade. „Im ersten Stock haben wir uns eine Das Eingangstor wird von zwei Wohnung hergerichtet; wenn wir Säulen flankiert. Das Ehepaar Ha- nicht mehr raufkraxeln können.“ berl bittet ins Haus. Durch einen Aber in einem Reihenhaus wollten kargen, weißen Gang gelangt man die Haberls nicht leben, sie wür- in einen kleinen Innenhof, in dem den das Gemäuer und vor allem der Winter lange wohnt, auch wenn die schöne Aussicht vermissen. schon längst die Schwalben eingezo- „Wenn es so weit ist, möchte ich gen sind. Sorgsam sind die Stiegen aus diesem Haus mit den Füßen mit Zeitungspapier abgedeckt, voran hinausgetragen werden“, denn Schwalben will niemand aus sagt Frau Haberl. Die enge Treppe seinem Heim vertreiben. Sie brin- mit den hohen Stufen musste sie gen Glück, hinterlassen aber Dreck. allerdings schon einmal hinaufge- „Die Leute wundern sich immer tragen werden, als sie einen Gips wie klein der Arkadenhof ist, die am Bein hatte. Da hat sie ihr Mann meisten stellen sich weiß Gott was huckepack genommen, denn die vor“, erklärt Herr Haberl. Es ist das Sanitäter weigerten sich hinauf- Elternhaus von Margarethe Haberl. zugehen. „Und manche Besucher Ihre Mutter führte eine Greißlerei gehen die Treppe rückwärts hinun- und ein Bäcker hatte im Haus seinen Betrieb. Nachdem der ter, weil sie sich vor ihr fürchten …“, ergänzt Herr Haberl. Kaufladen schloss, war das Geschäftslokal an einen Friseur ver- Das Tor des ehemaligen Mauthauses lassen sie geschlossen, pachtet. Mittlerweile steht auch dieses leer. Ein paar hundert denn sonst würden die Leute bis ins Schlafzimmer gehen. Meter abseits der turbulenten Kremser Flaniermeile ist das „Deutsche Touristen fragen dann schon manchmal, ob wir Leben sehr still und viele Geschäftslokale sind verwaist. auch ein Klo haben“, empört sich das Ehepaar.

56 57 Kaiserin-Elisabeth-Gedächtniskirche – Zwischen Himmel und Erde

Der Zug pfeift und zuckelt gemütlich aus dem Bahnhof. und einmal gründlich die Kirche gefegt. „Diese Kirche ist Tag Hochwürden Pfarrer Spreitzhofer und Herr Johann Haushofer und Nacht, Winter und Sommer offen“, sagt Hochwürden haben ihre Rucksäcke unter die Bank geschoben und zur Be- und offen liegt auch das Gästebuch am Altar, in dem Besucher grüßung ein Stamperl ausgeschenkt. Die Zahnradbahn fährt und Bergsteiger das Wort an Gott richten oder ihre Eindrücke von Puchberg auf den Schneeberg. Sie verlässt die Wiesen- niederschreiben. Oft liegen auch Blumen am Altar – mit einer und Waldgründe, zieht über gemauerte Trassen, Matten und rot-weiß-grünen Schleife, erzählt Pfarrer Spreitzhofer. Ungarn Felsen, schnauft durch den Tunnel und spuckt auf 1800 Meter legen hier die Blumen im Gedenken an ihre geliebte Königin die Gäste bei Fernsicht und frischer Luft auf dem Hochschnee- nieder. Für Ungarn ist der Schneeberg mehr als ein Berg. Nicht berg aus. Die Bahn wurde 1898 eröffnet, im selben Jahr, in dem nur wegen dem Gedenkkirchlein. Er ist der Berg, von dem das Attentat an Kaiserin Elisabeth das Land erschütterte. Das aus bei klarem Wetter bis weit in die ungarische Tiefebene zu war der Anlass, auf dem Hochplateau des Schneebergs wenige sehen ist und der damit früher die Sehnsucht nach Freiheit Schritte von der Bergstation und dem Hotel Hochschneeberg, symbolisierte. die Kaiserin-Elisabeth-Gedächtniskirche zu bauen. Johann Haushofer fährt jede Woche auf den Schneeberg, um Die Absicht, an dieser Stelle ein gemauertes Haus zu bauen, in der Kirche nach dem Rechten zu sehen. Es gibt auch Lok- gab es schon früher. Bereits 1840 war ein Observatorium führer, die nachschauen, ob alles in Ordnung ist. Die Kirche geplant und bei der Eröffnung der Zahnradbahn wurde musste wegen der exponierten Lage immer wieder restau- ein Denkmal für Leo Arnoldi, den riert werden. 2004 wurden der Verputz ­Erbauer der Bergbahn errichtet. Der und der Fugenmörtel des Bruchstein- „Club der Schneebergfreunde“ setzte mauerwerks entfernt und durch einen sich nach dem Tod der Kaiserin für atmungsaktiven Mörtel ersetzt, um die eine „Elisabeth-Hochwarte“ ein – mit Mauerfeuchtigkeit zu verringern. ­Aussichtsturm und Votivraum, in Die Steine für das Mauerwerk stam- welchem am Todestag der Kaiserin men aus der unmittelbaren Umgebung. alljährlich eine Seelenmesse gefeiert Beim Eintritt grüßt der mit Alpenblu- werden sollte. men verzierte Psalm „Ihr Berge und Die im wahrsten Sinne des Wortes hoch Hügel lobet den Herrn“. Das Inne- liegenden Pläne scheiterten an der Fi- re der Jugendstilkirche ist mit einem nanzierung. Deshalb entschied sich der Sternmosaik aus venezianischem Glas Club vorerst dafür, ein Kirchlein zu verziert, die Statuen des hl. Landespat- errichten und erst in weiterer Folge ei- rons Leopold von Babenberg und der nen Aussichtsturm. Doch der „Club der hl. Elisabeth stehen an den Seiten. Schneebergfreunde“ löste sich auf, die Manchmal wird in der Kirche gehei- Pläne des Architekten Rudolf Goebel ratet. Manchmal pfeift nicht nur die waren aber fertig. Ein Damenkomitee Windorgel um die Laterne, sondern unter dem Vorsitz des Puchberger Pfar- aus der Kirche ertönt der Gesang der rers Anton Falk übernahm das Sammeln Wanderer. Die Bergmesse wird am der Geldmittel. ersten Sonntag im August gefeiert. Ein immer wieder früh einsetzender Traditionell wird danach der Proviant Winter unterbrach die Bauarbeiten, so- geteilt. dass die Kirche erst am 4. September Heinz Eggerth schrieb eine Hommage 1901, dem Todestag der Kaiserin, einge- an die Kirche am Hochschneeberg. weiht werden konnte. Kaiser Franz Joseph besuchte die Kirche „Doch das Kirchlein ist ein Bergkirchlein. Es ist gemüt- am Hochschneeberg ein Jahr nach der Eröffnung, um vor dem lich, kennt die Menschen und sagt zu jedem schon nach ein Marmoraltar zum Gebet niederzuknien. bisserl Verschnaufen und nach dem ersten Vaterunser: Geh Pfarrer Josef Spreitzhofer und Pfarrgemeinderat Johann Haus- schon, geh hinaus und schau dich um! Ich bin nur gemacht hofer haben aus ihren Rucksäcken Kerzen ausgepackt und aus Menschenhand. Die Pracht rundum aber hat Gott ge- ausgewechselt; Broschüren hervorgeholt, welche sie in der baut. Das ist die Welt, die er dir gegeben hat. Du sollst dich ­Kirche auflegen. Hinter dem Altar wird der Besen hervorgeholt daran freuen.“

58 59 Jüdischer Friedhof Ybbs – Ort der Versöhnung

„Die Region hat keine Geschichte.“ Dr. Johannes ­untergebracht. Die Gemeinde reichte von der steirischen ­Kammerstätter, pensionierter Religionslehrer der renom- Grenze bis ins südliche Waldviertel. Um von jeder Familie zu- mierten landwirtschaftlichen Schule Francisco Josephinum mindest einen Überlebenden zu finden, suchten die Schüler streicht die sich selbständig machenden Locken aus dem und Schülerinnen in Archiven von 50 politischen Gemein- Gesicht. Der Wind bläst über die Friedhofsmauer, schau- den, in denen teilweise die Akten verschwunden sind oder kelt die üppig blühende Wiese, zieht durch die Reihen der entsorgt wurden. Jüdische Standesbücher, Meldelisten und die Grabsteine. Der jüdische Friedhof von Ybbs an der Donau Opferlisten des Dokumentationsarchivs (DÖF) dienten der war ein verdrängter und vergessener Fleck in der Geschichte. Recherche. Die vorläufigen Ergebnisse sind auf einer CD-Rom Eine terra prohibita. Die Stadtgemeinde hatte im Zuge der verarbeitet. Arisierung die Grabsteine widerrechtlich an einen Steinmetz Es fand sich weit mehr als Geschichte. Es fanden sich Ge- verkauft. So verschwanden zwei Drittel der Grabsteine, die schichten von Menschen. Paul Peter Porges, Cartoonist des von Namen und Erinnerung abgeschliffen, weiterverkauft Kult-Magazins „Mad“ ist gebürtiger Scheibbser. Er lebt in wurden. Ein Zwangsvergleich rettete den Raub an jüdischem New York, der Grabstein seines Großvaters Adolf Porges – eine ­Eigentum. Ironie in sich – gestorben am 2. Juni 1927, steht am Ybbser Die Geschichte, die Namen, die Schicksale und die Kontakte Friedhof. Die Familie Mahler ist die Keimzelle der jüdischen zu Überlebenden in aller Welt zurück ins Mostviertel zu tra- Gemeinde im Mostviertel. Sie waren Papierindustrielle und gen, ist die Aufgabe von Johannes Kammerstätter und seinen lebten in Kemmelbach. Schülern, die sich dafür mit großem Engagement an die Arbeit „Die Überlebenden haben uns Fragen gestellt, die uns schwer machten. fallen zu beantworten.“ Wie kommt es zum Beispiel, dass „Es ist ein besonderer Ort“, meint Dr. Kammerstätter bei der ein Feuerwehrmann eines Tages im Jahre 1938 zu seinem jü- Fahrt zum reichlich versteckten Gedenkort. „Das Gebäude dischen Vereinskameraden sagt, dass er die Uniform abgeben wird bewohnt, vielleicht wird gerade Holz geschnitten. Vor muss? Was war Tage vorher? Woher gewinnt er seine innere Jahren weideten noch die Ziegen der Familie im Friedhof.“ Sicherheit, so etwas zu machen? Wie fand der Ausschluss im Und die Hunde pissten auf verbliebene Grabsteine. alltäglichen Leben statt? Von Nachbar zu Nachbar? Zwischen der ehemaligen Zere- Positive Seiten will der „Garten der monienhalle und den Grabsteinen Versöhnung“ zeigen. Auf einem flattert die Wäsche im Wind. Da- Stück Wiese neben dem Friedhof neben ein kleiner Kartoffelacker, sind Skulpturen aufgestellt. Sie Gemüsebeete entlang der Mauer. wurden in der Metallwerkstatt des Unter einer Thuja ein Stapel von Francisco Josephinums von den Grabsockeln. „Fast ein Kunst- Schülern hergestellt. Sie zeigen die werk, wir werden sie so lassen“, Portraits von mutigen Menschen sagt Johannes Kammerstätter. Im der Umgebung, die sich in ihrer hinteren Teil der Ruhestätte ein Art dem Regime widersetzten. quirliger Ameisenhaufen. Wie etwa Franz Sitter aus Ybbs, Vor vier Jahren begannen die der als Krankenpfleger abgelehnt Schüler mit den Arbeiten auf dem hat, im Todesheim der Psychia- Friedhof. Im Zuge des landwirt- trie Schloss Hartheim zu arbeiten. schaftlichen Praktikums wurden Oder Dr. Erwin Leder, der als La- Bäume gefällt, Gebüsch gerodet, gerleiter in Weißrussland durch Fundamente für die Grabsteine bessere Verpflegung und gefälschte betoniert. Die Plätze der zurückgegebenen Grabsteine waren Dokumente vielen Menschen nachweislich das Leben rettete. nicht mehr zu rekonstruieren. So entschied man sich für eine Und Theresa Rager aus Feichsen bei Purgstall (1882 -1973), ungewöhnliche Lösung. Sie stehen Rücken an Rücken in der die wegen eines Verses eingesperrt wurde. Sie reimte: Mitte des lang gestreckten Areals, nach Größe geordnet. Eine zufällige Nachbarschaft, ein Mahnmal. „Wir wollen keinen Krieg Die jüdische Gemeinde des Mostviertels war weit verstreut Wir brauchen keinen Sieg und schwach strukturiert. Es gab keine Synagoge und nur Wir wollen unser freies Österreich zeitweise einen Rabbiner. Beträume waren in Privathäusern Und freun uns auf die Hitlerleich“ 60 61 Ekamp-Hof in Ybbsitz – In der Gegend

Das Land um Ybbsitz gleicht einem Guckkasten. Hügel um empört sich Frau Hofmarcher und muss dann herzlich lachen: Hügel wölben sich gegen den Himmel. Obenauf thront jeweils „Hab’ ihm nachgerufen, dass wir blau-geblümte Bettwäsche ein Hof und sein Königreich ist die Wiese, die Heugabel das haben, damit er’s weiß!“ Zepter und die Birne der Reichsapfel. Diese runde Welt wird Beim Tag der offenen Tür in Ybbsitz war die Küche der Hof- von Obstbäumen geschützt. Sie bringen nicht nur die Frucht marchers voll mit Leuten. „Die haben alle geschaut, weil wir für den Most, sie spenden im Sommer Schatten und Feuch- eine Mikrowelle in der Küche haben und an Elektroherd gibt’s tigkeit und schützen im Winter vor eisigen Stürmen und die a, haben sie gerufen. Das sind Momente, die sind wirklich steilen Wiesen vor Erosion. Im Frühjahr versinken die Wirt- schrecklich.“ schaften in einer Wolke aus weißen Blüten. Schon in den 1960er-Jahren begann der Zuckerbäcker, Der Hof der Familie Hofmarcher ist der älteste der Gemeinde ­Fotograf und Sammler Karl Piaty aus Waidhofen an der Ybbs, Ybbsitz. Kein wuchtiger Vierkanter, es ist ein Doppel-T-Hof, die letzten Mostviertler Höfe mit Strohdächern zu dokumen- wie es die Volkskundler nach der Form seines Grundrisses be- tieren. Eternit hieß die Lösung. Der Ekamp-Hof blieb davon nannten. Schon im 12. Jahrhundert wurde der Hof erwähnt, verschont. Das Roggenstroh fürs Dach wurde selbst angebaut. der Rüstbaum des Hauses ist mit dem Jahr 1651 datiert. Zum letzten Mal wurde es 1978 mit Roggenstroh gedeckt Unter dem Schopf aus Schilf duckt sich ein Holzhaus. Die und hielt immerhin fast 30 Jahre. „Das Dach war schon sehr ­dunklen Balken sind gekalkt. Die Fenster sind klein, kaum dünn“, so Frau Hofmarcher. Als vor einigen Jahren nächtens größer als ein Schnäuztuch, das die ein Sturm tobte, hat er am Dach Bauern einst in ihren Hosentaschen Schaden angerichtet. „Als wir die stecken hatten. Man ist versucht, Haustür aufgemacht haben, ist uns durch die Guckfenster ins Inne- nur Stroh entgegengekommen. Wir re – in eine vergangene Welt – zu haben geglaubt, das ganze Dach ­blicken. Doch die Tür steht offen, ist weg.“ Danach kam der Regen die Bretter im Flur knarren, die und das Dach musste schnell mit Holzdecke ist in den Jahrhunderten Planen abgedeckt und mit Blech- dunkel geworden. platten ausgebessert werden. Nun Anna Hofmarcher ist in diesem ist es mit Schilf neu eingedeckt. Haus geboren. Mit ihrem Mann Mit den Jahren wird es nachdun- bewirtschaftet sie die Bio-Land- keln und flacher werden. Darunter wirtschaft mit 35 Stück Milchvieh, liegt als Eingeständnis an die Zeit Schafen und natürlich Most. Als eine wasserdichte Folie. Das Schilf sie Kind war, hatte ihr Vater große kommt vom Neusiedlersee, die Fenster getischlert, um in die Küche Arbeiten haben Ungarn gemacht. mehr Licht zu lassen. „Aber ich hab’ Denn im Mostviertel ist das Wissen die schon damals nicht wollen.“ So um Strohdeckung verloren gegan- sind die Fenster niemals eingebaut gen. Die Zäune für Gemüse- und worden und liegen heute noch ir- Blumengärten werden von den gendwo auf einem Dachboden. Von Hofmarchers nach alter Tradition der Küche aus blickt man durch die geflochten. Dazu werden die pas- kleinen Fenster auf ein Stückchen senden Fichtenäste ausgesucht, die Wiese dort, auf ein Stückchen Stall dann im Wasser eingeweicht wer- da, auf ein Stückchen Himmel, ein den. Über dem Feuer lassen sich die Stückchen Welt. „Habt ihr euch nicht einmal gewünscht, in Äste dann biegen. „Natürlich macht das mehr Arbeit als ein einem ganz normalen Haus zu wohnen“, fragt man die Kin- Drahtzaun“, sagt Anna Hofmarcher und die Betonung liegt der. „Eigentlich nicht, für uns ist das eh normal“, antwortet auf dem ersten Wort. ­Marlene, die jüngste Tochter. Für viele Wanderer, Besucher Dann geht sie zur Stallarbeit. Unten im Tal läuten die und Radfahrer, die hier vorbeikommen ist’s aber nicht „nor- Glocken von Ybbsitz. Irgendwo im Haus piepst ein mal“. „Manche wollen bis ins Schlafzimmer reingehen“, Handy. Gott sei Dank.

62 63 Schloss Ebenfurth – Drei Damen Unverzagt

Die Psychotherapeutin Bärbel Langer hat das Schloss entdeckt. und Steckdosen montieren. Jetzt ist schon viel geschehen. Der Es war von ihm schon nichts mehr zu sehen. Der Park wucher- größte Teil des Daches ist fertig, der Rest wird noch dicht te rund um das ehemalige Wasserschloss, die Natur eroberte ­gemacht. Danach kommen die Fenster an die Reihe. Noch die Dächer, nistete sich in die Fensterhöhlen ein und erfüllte sind sie mit Planen verhängt, was den Vorteil hat, dass man den Innenhof mit undurchdringlichem Grün. Bis heute steht nicht ständig lüften und bei Schlechtwetter laufen muss, um der Park wie eine Mauer vor dem Gebäude, doch nun blitzt die Fenster wieder zu schließen. Zimmer um Zimmer wird er- ein solid gedecktes Dach hervor, die Türme behaupten sich obert und wenn dann wieder eines fertig ist, sitzen wir darin wieder. Ein Vorhangschloss schließt das schmiedeeiserne Tor, und staunen die schönen Räume an. Kübelkolonien zeugen von unermüdlicher Bautätigkeit und Das Schloss war im Besitz des Geschlechtes der Pottendor- der Weg über den Graben ist mit Brettern stabilisiert. In der fer und Matthias Corvinus wohnte hier. Über 250 Jahre war offenen Eingangshalle werden zwischen Kreissäge und Som- es im Besitz der Familie Unverzagt. Es ist ein wegweisender merküche unermüdlich Kaffee und Kuchen kredenzt. Bärbel Name. Dann kam es als Mitgift an die Familie Suttner. Nach Langer und ihre beiden Töchter erzählen: dem Krieg wurde es verkauft und das Gebäude verfiel. Dem Es ist mir passiert. Nachdem ich 15 Jahre lang – erfolglos – Schloss ist viel angetan worden. Hier haben sich alle mög- ­einen renovierungsbedürftigen Bauernhof gesucht hatte, lichen Gruppen selbst verwirklicht und ihrer Zerstörungswut dachte ich mir: Jetzt hör’ ich auf mit der Suche. Dann habe freien Lauf gelassen. Seitdem wir Hunde haben, haben die ich alle Unterlagen weggeschmissen und nächtlichen Aktivitäten in dem großen nur eine Zeitung mit einer aufgeschla- Haus aufgehört. Als wir nach Eben- genen Inseratenseite blieb übrig. Wie so furth kamen, hielt uns ein Teil der meine Blicke darüber schweiften, blieb Bevölkerung für verrückt: drei Frauen ich an einem „Schloss zu verkaufen“ und ein baufälliger Kasten! Der ande- hängen … Und dann bin ich heimlich re Teil bewundert und unterstützt uns. nach Ebenfurth gefahren, ohne meinen Alljährlich gibt es den Schlossheurigen, Töchtern zu berichten. Ich habe mich der in der ganzen Gegend beliebt ist. durch den Urwald gekämpft und über- Ausstellungen und Konzerte finden legt, ob man überhaupt hinein kann in dem eindrucksvollen Ambiente des oder gleich von herabfallendem Mauer- Schlosses statt. Und Führungen: Denn werk erschlagen wird. Wieder in Wien, so ein Schloss bekommt man nicht alle erzählte ich meiner Familie davon und Tage zu sehen. Die meisten Schlösser natürlich wollten sie auch das Schloss sind zu besichtigen, wenn sie fix und ansehen. So war es um uns geschehen. fertig restauriert sind und die Wunden Vier Millionen Schilling kostete das geschlossen und verheilt sind. Haus mit einem Pferdefuß, der sich Mir schwebt vor, ein Zentrum für „baupolizeiliche Auflagen“ nennt. Wir Körper, Geist und Seele zu machen, gingen zum Denkmalamt und nach eine Anlaufstelle für den Umgang einigen Gesprächen dort, fragte ich: mit Heilkräutern. Ideen gibt es viele. „Sagen Sie mir von Mensch zu Mensch: Doch mit Unternehmensberatern ha- Was soll ich machen?“ Nun ja – dann ben wir schon Schiffbruch erlitten. Die habe ich mich bei der Vertragsunter- Fachhochschule für europäische Wirt- zeichnung wieder gefunden. schafts- und Unternehmensführung, Vor sechs Jahren haben wir die Ärmel die meine Tochter absolviert hat, macht hochgekrempelt und sind es angegangen. Wir haben gerodet nun als Projektarbeit einen Nutzungs- und Finanzierungsplan und Schutt geschaufelt, aber die Mutti lassen wir lieber nicht für das Haus. an die Motorsäge! Wir haben wie die Ameisen gearbeitet, kön- Wie immer unsere Wege auch weitergehen, die Faszination nen mit Kreissäge und Mörtel umgehen, Fenster instandsetzen von alten Gemäuern hat uns alle drei im Griff …

64 65 Mausoleum in Purkersdorf – Jugendstil-Juwel

„Der Gedanke abzutreten ist schon furchtbar“, sinniert technischen Zusammensetzung vorerst unbekannt. Es ist Kommerzialrat Heimlich, wie er so vor seinem Mausoleum eine spezielle Natursteinimitation, welche vor 100 Jahren steht. Das Mausoleum wurde um 1900 für die Familie Jop- verwendet wurde. Die Fachleute haben sie analysiert und pich erbaut. Als Künstler wird Wilhelm Knepper genannt. rekonstruiert. „Man muss den Putz intensiv verdichten, Die Ineinanderschachtelung von kubischen Elementen so- ­polieren und nochmals fein nachschleifen.“ wie die pylonenartige Erhöhung der Ecken erinnern an die Zuerst wurde das Mausoleum mit Kupfer gedeckt, doch nach architektonische Sprache eines Josef Olbrich. Als 1965 das Recherchen über den Originalbestand wurde es durch Zink- Benützungsrecht erloschen war, war die Gruft längere Zeit blech ersetzt. „Es bestand die Gefahr, dass das Kupfer durch dem Verfall preisgegeben. 1975 fand sich ein Käufer und das das Regenwasser grüne Streifen auf dem neuen ‚­Steinputz‘ Mausoleum wurde zum ersten Mal restauriert. Zwei Jahre hinterlassen könnte.“ Mit der ersten Vergoldung der Jugend- später wurde das Mausoleum von der Gemeinde Purkersdorf stilornamente hatte Kommerzialrat Heimlich auch nicht so zurückgekauft und der Beschluss gefasst, es als Beingruft zu viel Glück. Der Goldstaub wurde heruntergewaschen. Beim nutzen. Doch im Laufe der Jahre wurde das Mausoleum zweiten Anlauf mit einer Mixtionvergoldung klappte es. beinahe zur Ruine. Dach und Gläser waren zerstört und es Wer wöchentlich zu seiner Gruft geht, kommt ins Sinnieren. hatte jahrelang hineingeregnet. „Ich hab’ so viel erreicht und habe kaum Zeit es zu genießen. Das obere Ende des Friedhofs grenzt an den Wald, und Wie viele Jahre bleiben einem noch? Der Gedanke abzutreten wenn es dunkel ist, liegt dem ist schon furchtbar.“ Jedenfalls Mausoleum ein Kerzenmeer zu will der Geschäftsmann das Füßen. Herr Leopold Heim- Mausoleum auf „Heimlich- lich kam schon als Kind in Gruft“ umbenennen lassen. diese Ecke des Friedhofs „um Als die Restaurierungsarbeiten meine Tante zu besuchen“. Sie abgeschlossen waren, gab es liegt im Grab schräg gegen- ein Einstandsfest. Feuerwehr, über. „Was ich als Kind nie Gemeinde, Rettung und Blas- wahrgenommen habe, ist mir musik wurden eingeladen. „In eines Tages aufgefallen: Da der Ansprache habe ich gesagt: verfällt ja ein Jugendstil-Juwel. Das Mausoleum habe ich nicht Ich bin Kunstsammler und in- restauriert, weil ich gedenke teressiere mich vor allem für so bald einzuziehen, sondern Barock.“ „Wie im Museum weil ich es schade finde, so schaut’s aus“, klagt meine Frau ein Kulturdenkmal verfallen immer wieder. Das Mauso- zu lassen. Leider findet meine leum habe ich der Gemeinde Familie die Idee mit der Gruft um einen symbolischen Schil- makaber. Aber früher hat man ling abgekauft.“ sich auch Pyramiden erbauen Kommerzialrat Heimlich schal- lassen.“ tet sein Mobiltelefon aus. Original ist die schön gearbei- Hier ist eine geschäftsfreie tete und beschlagene Tür, die Zone. „Als patriotischer Pur- in den Innenraum des Mau- kersdorfer muss ich so etwas soleums führt. „Ein Wunder, erhalten“, dachte er und enga- dass sie nicht im Laufe der gierte Restauratoren. „Zuerst wurde die Gruft trockengelegt Zeit gestohlen wurde.“ Jetzt fehlt noch das Glasdach über und danach zum Teil neu aufgebaut. „Ich hätte am liebsten dieser kleinen Halle. Leopold Heimlich hat einen Künstler alles neu gemacht. Doch existierende Altbestände müssen damit beauftragt, das Auge Gottes darzustellen. „Fernseher erhalten bleiben.“ Der zu restaurierende Putz war in seiner und Bar werde ich auch einbauen lassen“, scherzt er.

66 67 Evangelische Kirche Mitterbach – Die Orgel

Zwischen der evangelischen und der katholischen Kirche von weniger als die Hälfte vom Augsburger Bekenntnis. Die junge Mitterbach liegt eine saftige Wiese, Linden beschatten den Pfarrerin betreut mit Mitterbach zwei weitere Kirchen in Reith Kirchvorplatz und ringsum hebt Alpenidylle an. Idylle war und Ulreichsberg. In Lackenhof und Hinterwildalpen wird nicht immer. Pfarrer Franz Honegger berichtet in der Chronik in der katholischen Kirche der Gottesdienst gefeiert und Dr. über die aus dem Steirischen und Oberösterreich eingewan- Lusches Gemeinde reicht bis über Mariazell in die Steiermark derten Holzfäller: „Was war wohl den Leuten aus Gosau, hinein. Sie studierte in Wien und Zürich und ist in Mitterbach Goisern und Schladming an dieser Einsamkeit und Abgeschie- die zweite Pfarrerin. Ihr Mann – ebenfalls Pfarrer – betreut die denheit, an dem entlegenen Ötschergraben so anziehend, dass Nachbargemeinde St. Ägyd. sie gerade hier ihr Heim aufschlugen? Gewiss war es einesteils Die evangelische Kirche von Mitterbach wurde 1785 einge- die Aussicht auf weite Zeit hinaus Arbeit und Verdienst zu weiht. Damals durfte sie einer katholischen Kirche keinesfalls haben, was in ihrer Heimat wegen Überbevölkerung nicht ähnlich sehen und musste ohne Turm und Glocke errichtet möglich war. Denn lange würde es dauern, bis die Baumrie- werden. Der hölzerne Kirchturm, der mit Blech gegen die sen alle gefällt, zum Ötscherbach zugebracht und auf diesem Witterungseinflüsse beschlagen ist, kam erst nach 1848, als und dann weiterhin auf der Erlauf getriftet sein würden. Aber die politischen Ereignisse Gleichberechtigung statt Toleranz noch etwas anderes machte ihnen diese nicht bereits besiedel- möglich machten. An die Kirche „St. Anna in der Wüste“ und te, von jeder Straße abliegende Gegend zu einem willkommen die Zeiten als die Geheimprotestanten in katholische Kirchen Zufluchtsort. Sie waren hier in ihrem gezwungen wurden, erinnern die persönlichen Leben nicht so über- zwei vergoldeten Engel im Altar- wacht wie an den Verkehrsadern und raum, die die Pfarrgemeinde in ihre in den Ortschaften. Ihre Vorfahren Kirche übersiedelte. Die Gemeinde am Dachstein waren ja Gottes Wort war arm und lebte von Spenden. Die und Luthers Lehre treu geblieben.“ Pfarrchronik zu Beginn des 19. Jahr- Doch die Geheimprotestanten zu hunderts berichtet: „Die Kirche in Zeit der Gegenreformation hatten es Mitterbach war mehr als einfach; auf auch in den abseitigen Wäldern rund dem Altare stand ein vergilbtes, altes um Annaberg und Josefsberg nicht Bild, das heilige Abendmahl darstel- leicht. Man munkelte so einiges über lend. Die Orgel war klein und befand sie, dass sie nicht so recht den Gottes- sich auf einer rohen Empore.“ dienst in Annaberg besuchen wollten, Die neue Orgel wurde 1854 gebaut dass sie sich in ihren Häusern heim- und wird derzeit Schritt für Schritt lich mit der Lutherbibel in der Hand restauriert. Sie ist ein Unikat, denn zusammentrafen. So beschloss das sie ist das einzige vom Orgelbauer Stift Lilienfeld, den zugezogenen Thaddäus Koblith bekannte Instru- Holzfällern das Kirchlein „St. Anna ment. in der Wüste“ zu errichten, damit die Dafür setzt sich Kurator Peter Größ- Ausrede des weiten Kirchgangs nicht bacher ein. „Wort und Lied haben in mehr gelte. der evangelischen Kirche die gleiche 1781 wird von Josef II. das Toleranz- Gewichtung“, erklärt der Kurator. patent erlassen. „Am Anfang war es „Die Orgel ist ein Dokument ih- nicht sicher, ob das Bekennen nicht rer Epoche. Das Instrument hat 14 eine Falle ist“, erzählt die Pfarrerin Register und ein eingebautes Har- Dr. Birgit Lusche. „Meld’s euch nur, hat es immer wieder ge- monium.“ Durch unsachgemäße Instandsetzungen wurden heißen. Und dann bekamen sie Schwierigkeiten.“ Bis 1920 Harmoniumstimmen vom Spieltisch entfernt und vier Register war in der Gegend um Mitterbach 80 % der Bevölkerung gänzlich entnommen. Es ist ein großer Restaurierungsaufwand evangelisch. Zuzug, Mischehen und erhöhte Mobilität ha- für eine Gemeinde, die wenig mehr als 800 Mitglieder zählt. ben die Verhältnisse geändert. Heute ist in der zu den ältesten Doch Beharrlichkeit und Standfestigkeit zeichnet auch die evangelischen Pfarren Niederösterreichs zählenden Gemeinde Nachkommen der Holzfäller in den Ötscherwäldern aus.

68 69 Dorfkapelle Asparn im Tullnerfeld – Gemeinschaft, von Anfang an

Flaches Land und Agrarflächen so weit das Auge blickt. Da drinnen sitzen und die Männer draußen vor der Tür stehen. werden Kirchtürme zu Orientierungspunkten. In Ortschaften, Rosenkranzbeten ist allerdings Frauensache. in denen keine Pfarrkirche steht, gibt es eine Dorfkapelle. So Wer die Ebene besucht, muss neu schauen lernen. Nichts auch in Asparn bei Langenrohr. Um 1880 wurde im Ortskern wird ihm aufgedrängt. Keine Schwünge und Bögen, keine – auf einem zur Verfügung gestellten Grundstück der Familie Rundungen. Die Landschaft verliert sich zwischen Zucker- Liebl – von der Bevölkerung eine Holzkapelle mit Holzturm rübenfeldern. Der Horizont ist ein endloser Strich, der von gebaut. Man muss annehmen, dass es ein schlichter, einfacher der vertikalen Akzentuierung der Windschutzgürtel unterbro- Bau war. Niemals wurde davon eine Postkarte gedruckt, chen wird. Die Weite vermittelt eine Portion Unendlichkeit. vielleicht findet sich in einem alten Fotoalbum noch eine Man bekommt die Freiheit, zwischen vier Himmelsrichtungen Aufnahme. Im Jahre 1921 wurde die Holzkapelle abgetragen, zu wählen. Kein Bergesgipfel lockt, kein See drängt unsere von der heute einzig blau gestrichene Bretter blieben. Alles an- Schritte. Die Ebene ist eine wahre Landschaft; nicht lieblich, dere diente als Brennmaterial. „Eine gemauerte Kapelle mit nicht verspielt, nicht verträumt. Sie täuscht nicht, sie tarnt Turm und Glocke konnte unter großer Hilfe der gesamten nicht. Akzentuiert wird die Landschaft von Kleindenkmalen. Einwohner daraufhin gebaut werden und wurde dem hl. Flo- Bildstöcke, Kreuze und Kapellen strukturieren die Ebene und rian geweiht“, steht in der Gemeindechronik zu lesen. Und sie erzählen Geschichten. In der Gemeinde Langenrohr gibt es weiter: „Im Zweiten Weltkrieg fiel auch diese Glocke dem 25 Kleindenkmale. Einschmelzen für Kriegsmaterial zum Ein Kapellenbildstock wurde zur Opfer. Laut Chronik der Pfarre Lan- Sühne errichtet. Hier sollen Langen- genrohr konnte am Pfingstmontag, rohrer während der Napoleonischen dem 10. 6. 1946 eine neue Glocke mit Kriege drei französische Offiziere nie- 110 kg mit dem Bild des hl. Florian dergemetzelt haben, da sie von ihnen geweiht werden.“ drangsaliert wurden. Die Bevölkerung hat von Beginn an Die Pestsäule ist aus dem Jahr 1683. die Dorfkapelle gebaut, betreut und Von hier pilgerte die Langenrohrer instandgehalten. 1991 wurde der Bevölkerung nach Maria Anzbach im Innenraum renoviert: Die Schab- Wienerwald und gründete somit die lonenmalerei erneuert und neue Wallfahrtsstätte. Ein weiteres Geden- Holzbänke installiert. Auf die Elek- ken an die Pest ist ein Kreuz, unter troheizung unter den Sitzbänken ist dem sich Pestgräber befinden sollen. man stolz. Man ist von Haus zu Haus Unglücksfälle waren oft Anlass, ein gegangen, hat gesammelt und sich für Marterl zu errichten. Das „Hetsch- Arbeitseinsätze zusammengeredet. Die kreuz“ steht zur Erinnerung an den Familie Liebl – jene, die seinerzeit den 1928 ertrunkenen Vinzenz Hetsch, Grund zur Verfügung stellte – hat den der bei der Überschiffung von Holz Schlüssel zur Kapelle. Die Nachbarin ertrank. Die Große Tulln führte oft- hat – bis das elektrische Läutwerk mals Hochwasser. eingebaut wurde – das abendliche Das Marienbild erinnert an einen Angeliläuten übergehabt. Doch auch Ortsbewohner, der bei der Rosstränke ein elektrisches Läutwerk kann sei- mitgerissen wurde und in letzter ne Tücken haben. Der kalte Winter ­Minute einen rettenden Strauch zu 2005/2006 hat den Mechanismus zer- fassen bekam. stört. Nun ist auch das Äußere der Kapelle fertig. „Die älteren Aber auch einer anderen glücklichen Rettung wurde gedacht. Leute haben unten gearbeitet, die jüngeren am Gerüst“, er- Das „Hahnkreuz“ erinnert an zwei Burschen, die sich in einer zählt Frau Liebl. Und ihr Mann hat das Kreuz am Turm selbst eisigen Winternacht in der Ebene des Tullnerfeldes verirrten. geschmiedet. In der Kugel, auf der das Kreuz steht, ist eine Durch das Krähen eines Hahnes fanden sie zum nächsten Urkunde eingelegt mit den Namen aller Mitwirkenden. Dorf. Das „Weidekreuz“ erzählt von einem Blitzschlag im Messen werden in der Kapelle selten gefeiert. Aber bei den Bet- 17. Jahrhundert: Die Kühe und der Kuhhirte starben dabei. stunden vor einem Begräbnis, bei der Maiandacht und beim Auch 1989 wurde in der Nähe des Kreuzes starker Blitzschlag Kreuzweg ist die Kapelle immer voll. So voll, dass die Frauen beobachtet, der im weiten Umkreis alles verbrannt hat. 70 71 Walzengravieranstalt Guntramsdorf – Spinnenpapier & Stanniolfolien

Der schönbrunngelbe Bau döst in einer ruhigen Seiten- die Türkei, den Balkan und Spanien.“ Hier wurden auch die gasse in Guntramsdorf. Über den Hof, der die Werkstatt Walzen für das Spinnenpapier hergestellt. Das Spinnenpapier mit der bescheidenen ehemaligen „Direktorenvilla“ verbin- und die Plastikumschläge mit dem einprägsamen Spinnen- det, betritt der Besucher eine andere Welt. Es riecht nach netzmuster sind den meisten älteren Österreichern noch in Schmieröl und dem Staub der Jahrzehnte. Die Walzengra- guter – oder weniger guter Erinnerung: Damit wurden bis in vieranstalt wurde 1911 erbaut. Voraussetzung dafür waren die 1970er-Jahre die Schulhefte eingebunden. Das Spinnen- neben der technischen Weiterentwicklung die Aufträge der muster wurde 1948 für die Papierfabrik Ortmann entworfen. Guntramsdorfer Druckfabrik. Vor dem Walzdruck druck- „Ich glaube ansonsten nicht ans Schicksal. Aber hier hat mich te man Textilien und Papier mit Handmodeln, dann mit das Schicksal hinten herum erwischt. Als ich ein kleiner Bub der Perotine – einer hölzernen Model, die über den Tisch war, ging ich über den Hof in die Werkstatt und Großvater gerollt wurde. In der Walzengravieranstalt wurden jene sagte, ‚­Du wirst einmal ein guter Graveur.‘ Ich wollte das Muster auf Walzen übertragen, die dann in der Papier- und nicht. Ein Graveur muss eine schöne Handschrift haben und Textilindustrie zum Einsatz kamen. Die Graveure – ihre Ar- ich habe schon in der Volksschule unbewusst so miserabel beitsplätze sind an der Fensterreihe – übertrugen das Muster geschrieben, dass ich Nachhilfeunterricht in Schönschreiben auf einen kleinen, metallenen Zylinder, die Molette. In der bekommen habe. Releviermaschine (Molettenpresse) wird das Muster der Aus familiären Rücksichten habe ich dann die Gesellen­ Muttermolette auf eine Gegenmolette gepresst, indem die prüfungen abgelegt, aber dann nicht lange im Betrieb gear- beiden Moletten unter hohem Druck aneinander abgerollt beitet, man muss die Ruhe dafür haben. Über das Museum werden. Nachdem eine Walze in der Walzen-Aufspindel- hat’s mich wieder erwischt – jetzt bin ich verantwortlich für maschine mit einem Rohrfutter versehen wird, kann sie in die Walzengravieranstalt!“ die Molettiermaschine eingespannt werden. Dort wird die Dr. Peter Keschmann kehrte hintenherum in den elterlichen Molette mit einem Druckhebel mit verstellbaren Gewichten Betrieb zurück. Der stand seit 1986 still und es stellte sich die auf die Walze gepresst, sodass Frage, was damit geschehen das Muster der Molette auf wird. Dr. Keschmann: „Ich die Walze übertragen wird. bin hier aufgewachsen und Die Patrize wurde durch hab’ mir gedacht: So gehört’s Pressen und Ätzen auf das sich. Dass der Betrieb schon Endprodukt, die Druck- bzw. lang museal war, war mir nicht Prägewalze abgedrückt. In der bewusst. Aber bereits in der Werkstatt arbeiteten in den Handelsakademie wusste ich, besten Jahren bis zu 25 Per- dass sich die Werkstatt nicht sonen auf engstem Raum mehr rentieren kann.“ zusammen. Über all den Die Maschinen und das Ge- Werkbänken läuft entlang der bäude standen zum Verkauf. Decke eine in Mitteleuropa Doch dann schritt Frau Kesch- einzigartig erhaltene Trans- mann ein. „Ich bin nicht der missionsanlage, die mit einer Retter. Die wirklich wichtigen Vielzahl von herabgespannten Leute stehen im Hinter- Lederriemen die Maschinen grund“, konstatiert Dr. Peter antreibt und auf Knopfdruck Keschmann. Es wurde Ing. bis heute funktioniert. Janitschek vom Technischen Einzigartig auch das Archiv des Hauses. Seit der Gründung Museum Wien kontaktiert. Und man kam auf die Idee, nicht im Jahre 1911 sind alle Auftragsbücher vorhanden sowie die einzelne Maschinen dem Museum zu übergeben, sondern die Muster. Muster für Wachstücher, die in Wirtshäusern und auf ganze Werkstatt zu belassen. Küchentischen Verwendung fanden, und die falschen Was- Ein Verein wurde gegründet und 1989 wurde das Museum serzeichen für Zigarettenpapiere wurden in Guntramsdorf eröffnet. Die Mitglieder arbeiten ausschließlich ehrenamtlich entworfen und auf die Walzen übertragen. „Die österrei- und wechseln einander im Museumsdienst ab. An chische Papierfabrik hat eine Unmenge an Zigarettenpapier ­Wochenenden, Feiertagen und gegen Voranmeldung führen hergestellt“, erzählt Dr. Peter Keschmann. „Für Griechenland, sie durch die Werkstatt der Walzengravieranstalt. 72 73 Feistritz am Wechsel – Einkehrgasthof für die Gemeinde

„Bei uns ist das Dorfleben noch intakt“, sagt Bürgermeister Le- Und er fand Feistritz.“ Hier kaufte er Burg und Gasthof und opold Korntheuer: Um den Dorfplatz gruppieren sich Kirche, ließ sie sanieren. Aus dem ehemaligen Einkehrgasthof wurde der Nahversorger und Bäcker, der Pfarrhof und der stattliche „Burgkeller“, in dem auch die Schlossgäste von Henry Reich- Einkehrgasthof. Das Haus beherbergt Gemeindeamt, Musik hold bewirtet wurden. „Er war ein großzügiger Mäzen unserer und ein Gasthaus mit einem jungen, engagierten Team. Gemeinde“, erklärt der Bürgermeister. 1968 vermachte Mister Joseph Freiherr von Dietrich war wohlhabender Wiener Groß- Reichhold den Gasthof der Gemeinde als Amtshaus. Es war fuhrwerker und Fabrikant, dessen Besitzungen von Wien nicht die einzige Tat, die der gebürtige Österreicher in Feistritz bis Rumänien reichten. Aus eigenen Mitteln baute Dietrich setzte. Beim Kartenspiel mit dem damaligen Pfarrer und Bür- die Straße von Wanghof nach Kirchberg am Wechsel „zur germeister wurde die Idee geboren, ein Gemeindezentrum zu Beförderung der Industrie, des Handels und Producten Ver- bauen. Der Pfarrer stellte das Grundstück zur Verfügung, die äußerung der Bewohner dieses Thales“ und er erfüllte sich Gemeinde verpflichtete sich, für die Erhaltung aufzukommen seinen Lebenstraum mit dem Kauf der Burg Freistritz. Er er- und Henry Reichhold baute ein Haus, in dem bis heute Volks- warb damit auch das Gebäude am Hauptplatz, dessen Kern tanzgruppe, Jugend und Laientheater untergebracht sind. aus dem 16. Jahrhundert stammt. Freiherr von Dietrich ließ Die Revitalisierung des Gemeindeamts im Einkehrgasthof wur- darin den Burggasthof und im Jahre 1869 die Poststation de 2002 in Angriff genommen. Man entschied sich für eine einrichten. Da seine einzige Tochter sich mit dem polnischen multifunktionale Lösung. So sind im Haus Musik und Ge- Fürsten Joseph Maria Ludwig von Sulkowski, 6. Herzog von meindeamt untergebracht, der Gasthof wurde in den Gewölben Bielitz, verheiratete, trug die Gaststätte bald den Titel „Fürst- der ehemaligen Stallungen eingerichtet, sowie im modernen lich Sulkowski’scher Einkehrgasthof zur Weintraube“. Durch Zubau. „Kultur, Verwaltung und Kommunikation sind unter die Einfahrt rumpelten Fuhrwerke und Postkutschen, in den einem Dach“, schwärmt Herr Korntheuer. Für den modernen großen Stallungen konnten die Pferde untergebracht werden, Zubau mussten sich die Feistritzer erst erwärmen. „Doch das im ersten Stock nächtigten Reisende. Ein Reiseführer aus dem Bundesdenkmalamt riet uns zu einem modernen Anbau, der Jahre 1874 beschreibt es sich vom Altbestand als „ansehnliches, recht deutlich abgrenzt. Auch gutes Gasthaus, das ein Laie muss erkennen, so genannte ,Herr- dass es sich um verschie- schafts-Gasthaus’ mit dene Epochen handelt.“ schattigem Vorgarten“. Der Innenhof wurde Der sagenumwobene mit Glas überdacht, Besitz des polnischen im Holzstöckel ein gut Fürsten wurde vom ausgestatteter Sitzungs- Sohn durchgebracht, raum eingebaut. „Leider Burg und Gasthof sieht man am Glasdach, wechselten in Folge oft wie schmutzig das Re- seine Besitzer, bis zu genwasser ist“, weiß der dem Tag, als der „On- Bürgermeister, doch der kel aus Amerika“ in Vorteil ist ein sonniger Feistritz auftauchte. Saal, der im Winter bei Bürgermeister Leopold Schneefall anheimelnd Korntheuer: „Henry und romantisch ist. Reichhold war vor dem „Die Tradition lebt bei Krieg nach Übersee ausgewandert. Der gebürtige Österreicher uns. Nach dem Kirchgang stehen die Leut’ am Dorfplatz un- war ein einfacher Maler, der das Glück gehabt hat, in Ame- ter den schattigen Bäumen beisammen und wechseln dann ins rika Henry Ford kennen zu lernen. Mister Reichhold hat Gasthaus“, so Korntheuer. Autolacke entwickelt, sie patentieren lassen und mit den Jetzt fehlt nur der doppelköpfige Postadler, der noch beim Res- Ford-Werken zusammen gearbeitet. 1950 war Reichhold ein taurator ist. Es überlegt die Gemeinde, wo er montiert werden gemachter Mann. Er suchte in Österreich ein entsprechend soll. Wahrscheinlich wird er den modernen Zubau schmücken repräsentables Anwesen, um Geschäftspartner einzuladen. – um den Kontrast zwischen alt und neu zu unterstreichen.

74 75 Schloss Hof – Tusculum rurale

Die Vorbereitungen zum Fest laufen auf Hochtouren. Noch als eine Ebene zu sehen sind“, erklärt Direktor Farasin. Die sind die Luster verhängt, die Tische aber schon gedeckt. Die eindruckvollsten Darstellungen der barocken Anlage zeigen Herrschaften werden bald eintreffen. Einstweilen können wir, die drei Gemälde Bernardo Bellottos, genannt Canaletto, von das Fußvolk, durch die Räume schweifen. Was in Schloss Hof 1760. Unlängst wurden originale Gartenpläne von Schloss geboten wird, ist mehr als eine Besichtigung. Es ist eine In- Hof gefunden, die die Rekonstruktionsarbeiten weiter voran- szenierung. Barocke Lebenslust kehrt in die Räume zurück, treiben bzw. bestätigen. die über 100 Jahre leer standen, beginnt zu blühen, wo sich 30.000 Sommerblumen blühen im Garten, 34.000 Gestrüpp und Wildnis auf den Gartenterrassen einnisteten. Buchsbäumchen – das sind 80 Prozent der europäischen Direktor Kurt Farasin von der Marchfeld Schlösser Betriebs- Jahresproduktion – wurden eingepflanzt, was eine Hecken- gesellschaft führt durch die Appartements. Die Rückkehr des länge von 3,4 km ergibt, die auch gepflegt werden will. Der Mobiliars wird präsentiert, als ob es Vorbereitungen für ein kanadische Gartenhistoriker Mark Laird hat Gemälde und Ar- Fest wären. Schloss Hof wurde von Prinz Eugen als tusculum chive studiert, um jene Pflanzen zu bestimmen, die zu Zeiten rurale angekauft und durch die größten Barockmeister in Ar- von Prinz Eugen und danach von Regentin Maria Theresia in chitektur, Malerei, Plastik und Gartenkunst ausgebaut und Schloss Hof blühten. Auch die Meierei lebt wieder: In der Ex- erweitert. Schloss Hof sowie das nahe Schloss Niederweiden positur des Tiergartens Schönbrunn werden vom Aussterben liegen an den Marchauen, wo die vom berühmten Feldherren bedrohte Haustierrassen, wie der Weiße Esel gezüchtet. In den gesuchte „Jagdbarkeit“ den Vorstellungen eines barocken Fürs- Nutzgärten wachsen Kräuter, liebevoll nach dem Mittagstisch ten entsprach. Der Savoyer war 62 Jahre alt, als er Schloss Hof angeordnet. Da gibt es ein Schweinsbraten-Beet ebenso wie erwarb. Zehn Jahre später starb er. Sechs Jahre dauerten die eines für die italienische Küche. Handwerker werden dem- Arbeiten im und um das Schloss, der Ankauf von Mobiliar, nächst in die Gebäude einziehen und in der Gärtnerei können das Abstimmen der wertvollen Stoffe. Die kunstvoll bestickten Besucher Pflanzen und Sämereien erwerben. Textilien stammen vor allem aus China und Indien, wobei der In Schloss Hof wurde auf allen Ebenen gleichzeitig restauriert. blaue, „indianische“ Damast zu erwähnen ist. Das Mobiliar, Die Gebäude, die Gärten und die Inneneinrichtung. Die ver- das in den Räumlichkeiten stand, kommt uns aus heutiger bliebene Inneneinrichtung wurde Ende des 19. Jahrhunderts, Sicht spärlich vor. Doch wirkliche Privaträume hatte eine „öf- ins Hofmobiliendepot abtransportiert. Damit wurden andere fentliche Person“ nicht – und so mussten die Prunkzimmer kaiserliche Schlösser ausgestattet, in republikanischer Zeit Re- rasch für größere Empfänge und Gesellschaften adaptiert wer- präsentationsräume und Botschaften. Für die Revitalisierung den können. von Schloss Hof wurden Für die „kosmische Fülle“, mehr als 150 Ausstattungs- die die Gartenanlagen zu stücke zurückerworben. präsentieren hatten, zog Dafür war die Pedanterie Prinz Eugen das bewährte der k.u.k. Bürokraten hilf- Team – Architekt Johann reich, die beim Abtransport Lucas von Hildebrandt, den der Möbel ins Depot genaue Wasserkünstler Dominique Inventarlisten führten. Girard und Garteninspek- Die Herrschaften werden tor Anton Zinner heran. bald eintreffen. Sie werden Die Gartenkunst soll drei sich an einem Fest erfreu- Naturen in sich aufnehmen en, in dem hunderte bunte – die Kunstnatur; die Na- Glasprismen im Licht der turlandschaft der agrarisch Kerzen in allen Farben des kultivierten Flächen und die Natur an sich – die Wildnis. Regenbogens schillern. Hinter den Hecken wartet ein Chor Letztere Natur bildeten die Marchauen im Hintergrund. Die von 200 Bauern, Bäuerinnen und Kindern, die die Schlusssze- agrarisch genutzte Natur wurde durch die Meierhofachse von ne der Oper mitgestalten und „in welcher Sprache so klar und Schloss Hof besonders hervorgehoben. Dem Element Wasser deutlich“ zu singen wissen. Im Herbst 1754 wurde auf Schloss wurde ein wichtiger Platz eingeräumt, wie der kürzlich res- Hof nach langer Vorbereitung für Maria Theresia und Gemahl taurierte Neptunbrunnen, der dem Ehrenhof vorgesetzt ist, Franz Stefan von Lothringen das letzte Barockfest Österreichs verdeutlicht. „Die Gartenterrassen sind architektonisch so raf- gefeiert. finiert angelegt, dass sie, von oben aus gesehen, immer nur Dieser Tradition fühlt sich das neue Schloss Hof verpflichtet. 76 77 Kalvarienberg – Auf Knien den Berg hinauf

Sie ist die Seele des Kalvarienberges. Isabella Reinbacher kennt ein Stein aus Jerusalem angebracht, der durch die vielen Be- jeden Stein, jedes Labyrinth, das den Berg auf geheimnisvolle rührungen der Pilger glatt und glänzend geworden ist. 1701 Weise durchschlingt. Dass die Pilgerstätte renoviert wurde, ist war der Kalvarienberg fertig gestellt. An die 50 Holzfiguren auch 8000 Kochbüchern zu verdanken, die von Maria Lanzen- aus der Franziskaner-Werkstatt stellen die Leidensgeschichte dorferinnen zusammengestellt, verlegt und verkauft wurden. ­Christi dar. „Wir nehmen an, dass die Figuren bereits vor- Der Reinerlös kam dem Kalvarienberg zugute. handen waren, denn insgesamt haben wir sieben verschiedene Weil sich die wenigsten Pilger eine Reise in das Heilige Christus-Typen“, erklärt Frau Reinbacher bei einer Führung. Land leisten konnten und die Gefahren dieser nicht auf sich 1709 kam die „Heilige Stiege“ dazu, die von Pilgern auf Knien nehmen wollten, entstanden in der Zeit des Barock Kalvari- begangen wird. Es setzte bald eine große Pilgerschar ein. Am enberge in Europa. Die Leidensstätte wurde so zu den Pilgern 17. August 1709 kam die Kaiserin-Witwe Eleonora mit den gebracht. Der Kalvarienberg von Maria Lanzendorf war von Erzherzoginnen aus Andacht zur Gnadenstätte. Kaum hatte sie Anfang an mit dem Bau des Franziskanerklosters und der ba- von der Sache Kenntnis erhalten, bestieg sie frommen Herzens rocken Kirche mitgeplant. Die Klosterchronik berichtet zum kniend als Erste die Heilige Stiege, die Erzherzoginnen folgten Jahre 1699: ihrem Beispiel. Fürst Esterhazy kam und engagierte Felix „Weil P. Franziskus Caccia, damals Provinzial unserer Provinz, Niering, um einen Kalvarienberg in Eisenstadt zu errichten. zugleich auch das Amt und die Obliegenheiten eines Gene- „Dieser ist viel größer als unserer, er hatte auch mehr Geld“, ralkommissärs des Heiligen Landes ergänzt Frau Reinbacher. im Römischen Reich und in den Erb- Die Chronik berichtet immer wieder provinzen versah, beabsichtigte er auf von Verwüstungen. Im Jahre 1739 göttliche Eingebung, einen Kalvari- diente der Kalvarienberg in unru- enberg und das Grab Christi, unseres higen Zeiten allerlei zwielichtigen Herrn, nach dem Maße des Kalvarien­ Gestalten als Unterschlupf. 1743 berges und des Grabes in Jerusalem wurde ein Dieb im Schlaf überrascht im Heiligen Lande, wie es heute noch und von der Wache abgeführt. Weil steht, zur Ehre der schmerzhaften dadurch das kirchliche Asylrecht ver- Mutter und des bitteren Leidens ihres letzt worden war, musste der Dieb eingeborenen Sohnes Jesu Christi zu dem Kloster übergeben werden, wo erbauen. Gott war diesem sehnlichen er im Garten beschäftigt war, bis er Verlangen gnädig. Er würdigte sich, sich aus dem Staub machte. In der dem geplanten Werke Patrone und Aufklärungszeit ging der Sinn für sol- Wohltäter zuzuführen, welche für che Pilgerstätten verloren. dieses Werk ganz großzügig Almosen Die lebensgroßen Holzfiguren wur- zur Verfügung stellten.“ den in einer Restauratorenwerkstatt Den künstlichen Berg baute der geputzt und ausgebessert. „Die Fi- Franziskaner Laienbruder Felix guren passen nur in die Höhle oder Niering nach einer Studienreise nach Nische, die Felix Niering für sie extra Jerusalem. Er war seines Zeichens gemacht hat. Wir hatten versucht, Bogner und somit kundig im Bau den Kreuzweg chronologisch anzu- von Gewölben. Die Steine und Fel- legen. Das ging nicht.“ Besonders sen kamen vom Laaer Berg. Isabella beeindruckend ist die Grotte der Gei- Reinbacher: „Niering hat mit Intuiti- ßelung. Das liebende Gesicht Jesu auf on gebaut. Denn Studenten haben den Berg vermessen und der einen Seite, die Soldaten, die im Begriffe sind, die Peitsche sind zu dem Schluss gekommen, dass man so was nicht planen zu knallen auf der anderen, sowie ein Fenstergucker, der aus kann. Das muss man im Kopf haben.“ Der Berg, auf dem die der Höhle rausschaut und das spottende Volk symbolisiert. Im vierzehn Stationen des Kreuzwegs nicht der Reihenfolge nach Inneren des Berges ist das Haus des Pilatus dargestellt sowie angeordnet sind, sondern kreuz und quer gehen, ist innen die leere Grabkammer. hohl. Labyrinthe und Höhlen durchziehen ihn. Am Gipfel „Ich kenne jeden Winkel, jede Ecke hier“, sagt Isabella Rein­ steht die Kreuzigungsgruppe. Unter den Füßen Christi ist bacher, „denn ich habe mich in diesen Berg verliebt.“

78 79 Stadttheater Berndorf – Krupp & Kaiser

„Meine Intention war es und ist es auch noch heute, Bern- und andererseits die Hauptstraße verlegen lassen. Doch der dorf so zu heben und dadurch so lukrativ zu machen, dass Bauer, dem das Grundstück gehörte, legte sich quer und bot ich einmal mit Befriedigung an meine Thätigkeit zurückden- dem in Berndorf beinahe allmächtigen Industriellen die Stirn. ken kann“, schrieb Arthur Krupp an seinen Cousin im Jahre Die Eröffnung des Theaters wurde – bedingt durch die Ermor- 1894. Dazu gehörte auch das Stadttheater, das 1899 eröffnet dung Kaiserin Elisabeths – um ein Jahr auf 1899 verschoben. wurde. Arthur Krupp (1856 -1938) übernahm die von seinem Dem Kaiser wurde nicht nur eine Loge eingerichtet, sondern Vater gegründete Berndorfer Metallwarenfabrik. Mithilfe neu- ein separater Stiegenaufgang und zwei Toiletten gebaut. Ein er Techniken wurde Besteck hergestellt und dieses für große Gemälde im Foyer zeigt den denkwürdigen Augenblick. „Der Teile der Bevölkerung erstmals erschwinglich. Aber auch in Finanzier Arthur Krupp durfte allerdings nicht im Parkett Hotels, auf Luxusdampfern und bei Hof wurde das Berndorfer sitzen, das war den adeligen Herren vorbehalten“, erklärt Besteck geschätzt und die Metallwarenfabrik zum k. u. k. Hof- der Berndorfer Bauamtsleiter Ing. Johann Mauser. Nach drei lieferanten. Kaiserin Elisabeth ließ sich für ihr Achilleion auf Jahren Spielzeit vernichtete ein Brand große Teile der Innen- Korfu ein Besteck mit Kaiserkrone und Delfin anfertigen. einrichtung und Fabrikant Krupp kam zur Gänze für die Berndorf wuchs innerhalb von 60 Jahren von einem Dorf (1843, Wiederherstellung auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg wur- 300 Einwohner) zu einer Stadt (1910, 13.000 Einwohner). Nach de das Haus eine Zeit lang als Kino umfunktioniert und die einem Gesamtkonzept des Architekten Ludwig Baumann sollte Stadtgemeinde übernahm das ehemalige Krupp’sche Arbei- eine Idealstadt entstehen, die alles hat, was eine Stadt braucht. tertheater. Um die Kasse zu füllen, wurden im Theater viele Nur eben stilvoller. Schulen, Kirchen, Arbeiterhäuser, Kon- Werbefilme gedreht, da Wiener Theatern keine Dreherlaubnis sumanstalt, Bäder, Gärten und ein eigenes Theater. 1897– 98 gestattet ist. „Es hat mehr Schaden angerichtet, als es letzten ließ Krupp anlässlich des fünfzigjährigen Regierungsjubiläums Endes Geld gebracht hat“, so Bauamtsleiter Mauser. von Kaiser Franz Joseph I. das Arbeitertheater errichten. Die Nach der Außenrenovierung ist nun auch der Innen- bewährten Theaterarchitekten Helmer und Fellner wurden bereich abgeschlossen. „Die Bestuhlung der Galerie ist noch beauftragt und das Bern- original, ebenso die dorfer Theater erinnert Lüftung des Hauses, die in der Erscheinungs- ausgeklügelt fast ohne form an das Wiener Technik auskommt“, Volkstheater – nur eben erklärt Bürgermeister kleiner. Das Weinrot Hermann Kozlik. Die der Stofftapeten, das Bühnentechnik wur- Weiß des Stucks und de erneuert und die der goldene Zierrat ver- Bretter, die die Welt binden sich zu einem bedeuten, sind in Bern- unbeschwerten Roko- dorf recht abschüssig. kotheater. Das Theater Der Bürgermeister: fasst 500 Zuschauer und „Christoph Fälbl hat in der Galerie schmü- hier das erste Mal ge- cken Portraits von spielt und musste als Volksschauspielern die Besoffner mit dem Rad Wand: Marie Geis- auf der Bühne erschei- tinger und Charlotte nen. Weil das Rad Wolter, die Wessely und keine Bremsen hatte, die Gallmeier, Alexander Giradi, Nestroy und Raimund. ist er in das Parkett gestürzt und hatte damit seine ersten Das Haus steht verkehrt. Hauptfront und Eingang liegen nicht ­Lacherfolge.“ an der Straße, sondern im Park zwischen großen Platanen und Seit nunmehr bald 20 Jahren haben sich im Stadttheater die zwei Kandelabern, die von komödiantischen Zwergen ge- „Berndorfer Festspiele“ und Felix Dvorak etabliert. Aber auch schmückt sind. Denn Arthur Krupp wollte von seinem (nicht Vereine, Laiengruppen und Schulen spielen im Haus Theater. mehr existenten) Herrenhaus am Brand auf das Theater sehen Ganz im Sinne von Arthur Krupp.

80 81 Schloss Salaberg – Barocke Badelust

Wären Schlossmauern nicht so dick, das durchdringende Schloss Salaberg war ein intaktes und komplett eingerichtetes Schreien der Pfaue wäre überall zu hören. So aber ist in den Schloss, das 1940 unter Denkmalschutz gestellt wurde. Die weitläufigen Fluchten des Hauses nur ihr schönes Gefieder russischen Soldaten und nachfolgende Einquartierungen ha- allgegenwärtig, welches die Kinder gerne verkaufen, um ihr ben das Haus arg in Mitleidenschaft gezogen. „Um sich zu Taschengeld aufzubessern. Die Pfauenpopulation im Schloss- sonnen, haben die Besatzer über diesem Zimmer ohne wei- park Salaberg hat sich aus dem daneben gelegenen Tierpark tere Vorkehrungen die Dachziegel entfernt“, erzählt Hausherr Haag entwickelt. Auch jede Menge Hasen hoppeln zutraulich DI Christian von Mylius im darunter liegenden, nun wieder durch die barocke Gartenanlage und verstecken sich hinter hergestellten „Mohrenzimmer“. Das Zimmer bekam seinen mythologischen Figuren. Namen, weil ein Schwarzer auf der Szenerie eines der Gemälde Salaberg ist ein Schloss mit drei Höfen, wobei die künstlerisch hervorlugt. „Früher war es ein Gästezimmer und es sollen hier bemerkenswerte Bautätigkeit unter Franz Ferdinand Graf von auf geheimnisvolle Weise immer Kerzen aus- und angegangen Salburg im späten 17. Jahrhundert getätigt wurde. sein.“ Wahrscheinlich maß man Hausgeistern und auch ihm Den Venezianischen Saal ließ Graf Salburg bauen und er besondere Kräfte zu. ist durch seine dortigen Dienste geprägt. Dieser Festsaal „Als die Großeltern nach dem Krieg 1955 wieder einzogen, ist mit dem Löwen von San Marco geschmückt, die großen lebten sie in zwei Zimmern – im Salon und dem nachfolgenden Portraits zeigen Dogen, sowie die zehn besten Freunde des Raum“, so der Schlossherr. Der Rest war unbewohnbar, die Grafen. Vom Saal aus betritt man Fensterhöhlen waren zugenagelt, es den Garten. Die Pfaue schreien fehlte an Mobiliar, die zahlreichen und im Schatten des Lindenplatzes Gemälde waren beschädigt und zer- liegt das barocke „Sommerhaus“. stört. Die junge Familie Mylius zog Hinter der giebelgekrönten bunten 1993 in das Schloss und arbeitete sich Stuckfassade wölbt sich eine Mu- langsam vor. „Wir haben zu renovie- schelgrotte, die mit Glassplittern, ren begonnen und natürlich nicht Tuff- und Kieselsteinen ausgestaltet gewusst, was auf einen zukommt.“ ist. Das anschließende Badehaus Nachsatz: „Das war sicherlich besser diente nicht so sehr der Körperreini- so.“ Christian von Mylius hat sich gung, vielmehr war es ein luxuriöses über das Instandsetzen eine Theorie Lusthaus. Wellness für alle Sinne, zurechtgelegt. „Es ist wahrscheinlich würden wir heute sagen. Die teurer das ganze Haus durchzureno- Aufenthaltsräume neben dem Bade- vieren und es dann zu erhalten, als becken sind mit Malereien aus dem jedes Jahr – je nach Dringlichkeit 19. Jahrhundert geschmückt. Das – einen Teil anzugehen.“ Peu à peu eine Zimmer ist im Stile Delfter wurden Dächer und Fundamente Kacheln ausgemalt, das andere zeigt instandgesetzt, die 97 Gemälde im chinesische Motive. In das Marmor- Festsaal restauriert, sowie die barocke becken wurde Warmwasser gelassen, Schlosskapelle komplett wiederherge- welches im angebauten Heizturm stellt. Ein nettes Detail in der Kapelle erwärmt wurde. Im Wasser saßen ist das Guckloch in der Wand, das die Herrschaften – nicht nach Ge- dem Mesner erlaubte, genau auf den schlechtern getrennt wie in späteren Altar zu blicken, um rechtzeitig zur Jahrhunderten – auf Bänken und Wandlung die Glocke zu läuten. ließen sich’s wohl gehen. Die Wandmalerei im Baderaum Für die Zukunft wird die Restaurierung der großen Galerie stellt eine antike Thermenarchitektur dar. Zwischen den angestrebt. Noch steht unter der bemalten Holzdecke ein illusionistischen Säulen lugt ein fremder Betrachter vor. Billardtisch. Auch wartet die Freilegung und Restaurierung „Das lass ich mir nicht entgehen, was hier vorgeht“, wird er der Fassadenmalerei im Inneren Hof. Christian von Mylius: sich wohl gedacht haben und hat dabei vor lauter Schauen „Wenn wir die Fassaden weiß putzen würden, wird niemand auch prompt seine Malutensilien vergessen … Wiewohl das mehr auf die Idee kommen, die ursprüngliche architektonisch Schloss in Privatbesitz ist, ist das „Sommerhaus“ vom Tier- gegliederte, geritzte und bemalte Fassade der 2. Hälfte des park Haag aus zu besichtigen. 17. Jahrhunderts freizulegen.“ 82 83 Herrenhaus Gutenstein – Gründerzeit am Wiesengrund

Die Felsen rücken dicht zusammen, die Straße schlüpft dar- herangemacht, es waren keine Fußböden drinnen und die unter hindurch und daneben ist immer noch Platz für klares Türfüllungen waren eingetreten.“ Und dennoch: Die Substanz Gebirgswasser. Am Rande von Gutenstein erwarb der Koh- zeigte Qualität. Die Wandvertäfelungen und Kassettendecken lengrubenbesitzer und Großhändler David Berl (1838–1903) waren trotz Regenwasser und Vandalenakten zum großen Teil ein Tal und die Wälder ringsum. Er schuf sich einen eigenen erhalten. Dafür verantwortlich war die Kunsttischlerei des Kosmos. Autark und abgeschieden. Das Ensemble ist eines der k. u. k. Hoflieferanten Bernhard Ludwig, der unter anderem wenigen vollständig erhaltenen Landsitze der späten Grün- auch das Parlament ausstattete. Der Kunsttischler Ludwig derzeit: Herrenhaus und Gästehaus, Portiershaus, Forsthaus, entwarf mit der Pyrotypie ein Verfahren zur Herstellung von Meierei, das Mausoleum am Talschluss und eine Orangerie; Reliefornamenten aus Holz mittels hohen Druckes und Hitze. dort wurden die eigenen Zitrusfrüchte gezogen. Der Altös- Ein Verfahren, das – so wie im Herrenhaus zu sehen ist – län- terreicher David Berl war mit bekannten Architekten seiner ger haltbar ist als Handarbeit, da das Holz verdichtet wird. Zeit in Verbindung. Seine Wiener Wohnung ließ er vom Se- Das Holz im Inneren des Hauses, die schweren Vorhänge und cessionisten Joseph Maria Olbrich einrichten, das Landhaus die Butzenscheiben lassen die Außenwelt draußen. Hier ist wurde von Julius Deininger im Jahre 1887 erbaut. Als ty- Lärm und Stress weit weg und er beginnt irgendwo hinter dem pischer späthistoristischer Architekt verfügte Deininger über Tal. „Das Haus ist ein wehrhafter Organismus“, schwärmt die gesamte Stilpalette der Vergangenheit. Julius Deiningers Karl Fuss. traditionelle Ausbildung fand in der bevorzugten Wahl von Nach liebevoller Restaurierung dieses Gesamtkunstwerkes Formen der Früh- oder Hochrenaissance sowie der deutschen haben die Herren Matysik und Moldaschl das Haus samt Mo- Renaissance ihren Niederschlag. Seinen Villenbauten verlieh biliar und „ohne Zahnbürstel“ an den jetzigen Eigentümer Karl er durch schlichte Renaissanceformen repräsentative Qualität. Fuss verkauft. Er will sich nun des Palmenhauses annehmen. Es ­Zugleich gewährleistete er aber auch durch Holzbalkone, Erker stammt aus der „k. k. Eisenconstructions-Werkstätte, Schlosserei und reiche, mit Türm- und Brückenbau-An- chen aufgelockerte stalt Ing. Gridl“. Diese ­Dachlandschaften das baute unter anderem damals gefragte male- das Palmenhaus von rische Erscheinungsbild. Schloss Schönbrunn Der Herrensitz sollte im und die Kolonnaden in Einklang mit der um- Marienbad/Mariánské gebenden „malerischen Lázně, Tschechien. Aus Hochgebirgslandschaft“ dem Palmenhaus soll ein stehen. Hier vereinen Vier-Jahreszeiten- sich Stilelemente der Badehaus werden – mit deutschen Renaissance Haman, Frühstücks- mit Anklängen des pavillon und anderen „Heimatstils“. Einrichtungen zum Als Karl Matysik und Wohlfühlen. Dort, wo Helmut Moldaschl die Kegelbahn von vor über 20 Jahren das ­David Berl stand, Herrenhaus erwarben, schwebt Herrn Fuss war das Haus „ein ein Stück moderner Selbstbedienungsladen. ­Architektur vor. Jeder ist hier herein gegangen, hat einen Kachelofen genom- Kaffee und Süßes aus dem Hause Demel – ganz wie zu men – und ist marschiert“, erinnert sich Helmut Moldaschl. früheren Zeiten – werden aufgetragen. Karl Fuss erklärt seine Karl Matysik: „Es hat permanent hereingeregnet. Den Bun- Beziehung zum Herrenhaus: „Das Haus hat gesagt: ,Nimm’ desforsten als Besitzer lag nicht viel daran, sich um ein Haus mich!’ Ich habe das Gefühl, als wäre ich seit immer hier. Keine mitten im Jagdgebiet zu kümmern.“ Helmut Moldaschl: „Wir Sekunde habe ich einen Fremdcharakter gespürt. Es ist wie die haben uns mit dem Enthusiasmus des jüngeren Menschen Rückkehr in meine Kindheit.“

84 85 Gotische Lichtsäule Hof am Leithaberge – Ins Jenseits leuchten

Unter dem Schutz eines Lindenbaumes steht hinter der Bildstöcke und Lichtsäulen wurde im letzten Jahrhundert mit Pfarrkirche die gotische Lichtsäule. Sie steht am ehemaligen 4000 beziffert, die meisten stehen in Niederösterreich und im Friedhof, der in früheren Zeiten um die Kirche angelegt Burgenland. worden war und gibt wie jede Lichtsäule ein Licht, das den Die gotische Lichtsäule von Hof am Leithaberge ist mit der Toten tröstlich leuchtet. Jahreszahl 1417 versehen. Die großen Totenleuchten – so Der k. k. Baurat und Konservator Anton Weber beschreibt wie jene von Hof – waren so hoch, dass es nicht möglich die Lichtsäule detailliert: „In Hof fand ich noch bei der war, das Lichthäuschen zu erreichen. Im Standardwerk über Pfarrkirche ein sehr schönes goth. Bildstöckl von ziemlich „Totenleuchten und Bildstöcke in Österreich“ (Franz Hula) bedeutenden Dimensionen, ca. 150 cm im Quadrat und ist das System beschrieben, wie es auch in Hof angewendet 8-9 m Höhe, es hatte gute Proportionen, späthgotische Formen, wurde: „Die Lampe wurde daher durch eine zylindrische und ist in seinen architekt. Teilen gut erhalten. Eine Aufnahme Öffnung, die senkrecht durch den Schaft lief, mittels einer in Maß und Bild wäre zu empfehlen; der figurale Teil fehlt über ein Rädchen laufenden Schnur hochgezogen. Im vollkommen, wenn er überhaupt je zur Ausführung kam.“ unteren Teil des Schaftes befand sich eine Öffnung, durch Der Totenkult ist ein grundlegendes Element von Religion die man das Licht in die Höhlung einschieben konnte.“ Der und Kultur. Die ersten Kirchen und Altäre wurden über Steinpfeiler ist auf allen vier Seiten von Dreiviertelsäulen dem Grab von Heiligen gebaut. In diesem Kontext sind die umgeben. Unter dem aufgesetzten Tabernakelteil wurden Gräber im Kirchhof rund um an den vier Ecken Konsolen das Gotteshaus zu verstehen. angebracht, die für kleine Die frühen Friedhöfe waren Statuen oder weitere Lichter mit einer bunten Mischung bestimmt waren. Der Tabernakel von Obstbäumen bepflanzt, erhöht die große Erscheinung der in einer Art Paradiessinnbild. Lichtsäule. An jeder Seite öffnen Besonders beliebt waren dabei sich Fenster und darüber liegt Apfel- und Nussbäume, die auch jeweils ein Dreiecksgiebel mit als Ewigkeitssymbol galten. Ein Maßwerkverzierung. Betont wird markantes steinernes Element von das Lichthaus oder Tabernakel Friedhöfen ist die Totenleuchte durch einen turmartigen Aufbau oder Lichtsäule. Das Licht, das mit Krabbenverzierung und ins Jenseits scheint, wurde von einem Kreuz an der Spitze. der christlichen Religion von Die Säule ist aus grauem Kalkstein vorchristlichen Totenkulten gehauen. Das Leithagebirge übernommen. Es diente zum ist schon seit römischen Vertreiben von Dämonen und Zeiten berühmt für seinen bösen Geistern. Die Totenleuchte Stein. Der Leithakalk wurde hatte ständig zu brennen wie das aus 16 Millionen Jahre alten ewige Licht und drückte das Meeresablagerungen gebildet. Gedächtnis an die Verstorbenen In Mannersdorf, aus, so wie das Licht Symbol war und Kaisersteinbruch wird seit für die ständigen Fürbitten. Die dem 14. Jahrhundert Kalkstein Totenleuchte war in der Regel ein gebrochen. Der Reichtum an steinerner Freipfeiler von über Stein und Steinmetzen hinterlässt 1,5 m Höhe, der in seinem Gehäuse eine Öllampe aufnahm. seine Spuren, die sich in Dutzenden Bildstöcken manifestieren. Die ältesten Lichtsäulen sind in Frankreich angesiedelt; sie Insgesamt liegen im Leithagebirge 113 Steinbrüche. Nach verbreiteten sich über den süddeutschen und österreichischen einer Schätzung wurden insgesamt 20 Millionen Kubikmeter Raum. Wobei Österreich ein an Totenleuchten besonders abgebaut. So wurden für den Bau der Wiener Ringstraße reiches Land ist. Die Zahl der in Österreich erhaltenen eigens zahlreiche Steinbrüche eröffnet.

86 87 Ruine Dobra – Der Baum am Bergfried

„Hoch oben am Turm und doch mitten im Wald“, scherzt Die Sicherung des südlichen Bergfrieds und der Einbau Bürgermeister Ing. Johann Müllner. Auf dem Bergfried der einer Metalltreppe waren die ersten großen Projekte der Ruine Dobra steht ein halbwüchsiger Kiefern- und Fichten- Freunde Dobras. Mauern wurden mit Schließen gefestigt, bestand. Dazu gibt’s auch eine Sage, in der der Teufel einen die Kronen abgemauert. Hier ist der Trend der Zeit zu Schatz hüten soll. Dieser aber kann nur von einem Menschen sehen: die zuerst renovierten Mauern haben einen geraden gehoben werden, dessen Wiege aus dem Stamm einer Föhre, Abschluss, heute sehen renovierte Mauern „abgerissen“ die oben am Bergfried wuchs, stammt … aus, passen sich organisch an den Ruinencharakter an. Die Der Bürgermeister und Obmann des Vereins „Pölla aktiv“ hegt nächsten Arbeiten an den Mauerkronen werden in Dobra aber offensichtlich keine Ambitionen, an den Schatz zu kom- in einer neuen Technik gemacht: Nur noch die äußeren men, vielmehr will er das Turmwäldchen abholzen, damit es Kanten sollen abgemauert werden, auf den inneren Flä- nicht allzu mächtig wird. Allerdings denkt er darüber nach, chen kann die Natur zurückkehren. Gras, Kräuter und wieder Bäumchen zu setzen, damit die Sage nicht ihre Wurzeln Moos absorbieren das Regenwasser und verhindern, dass es verliert und der Bergfried nicht sein romantisches Wäldchen. im Sturzbach an den Mauern herabfließt und mit der Zeit Rund um die Ruine Dobra breitet sich der stillste aller drei den Mörtel ausschwemmt. Kamptalstauseen aus, das Grün der Wälder steht gegen das An den äußeren Mauern des Wohntraktes sind die Reste von geheimnisvolle Grün des Wassers. In den Fluten des Stausees kräftigem Rot zu sehen. „Es muss schon sehr prächtig gewesen versunken sind die Dobramühle und sein“, räsoniert der Bürgermeister bei eine Produktionsstätte für Schultafeln, einem Rundgang und die Malereien als die Kinder ihre ersten Buchstaben beweisen, dass das Mittelalter nur noch auf Tafeln kritzelten. uns als dunkel und finster übermit- Die Burg Dobra ist im 12. Jahrhundert telt wird. Die Gratwanderung des der Sitz des Ministerialiengeschlechts Bürgermeisters und Vereinsobmanns der Herren von Dobra. Nachfolgend Johann Müllner auf den Mauern wird die Burg von den Kuenringern symbolisiert auch die Gratwande- belehnt und ist im Besitze bedeutender rung, die eine Gemeinde mit einem Familien wie die der Liechtensteins solchen Objekt auf sich nimmt. und Kuefsteins. Die Burg reiht sich in ­Alljährlich wird die Ruine von die Festungskette entlang des Kamps einem Bausachverständigen kont- ein. Ab 1725 ist die Anlage nicht rolliert und geprüft, neu renovierte mehr bewohnt, da ihr letzter Be- Teilstücke können danach für die wohner Freiherr von Ehrmanns, den Besucher freigegeben werden. „Aber Meierhof von Wetzlas zum Schloss eine 100 % Sicherheit für Ruinen ausbaut und in ein komfortableres, gibt es nicht“, so Johann Müllner, moderneres Haus umzieht. Damit „es ist immer ein Kompromiss zwi- beginnt der Verfall von Dobra. Steine schen Machbarkeit, Sicherheit und der Burg werden für die Erweiterung denkmalpflegerischen Auflagen.“ der Dorfkirche von Franzen abtrans- Für den zweiten Bergfried haben die portiert. Vereinsmitglieder ein Gerüst gezim- 1996 hat „Pölla Aktiv – Verein zur mert und werden im Sommer an der Erhaltung der Ruine Dobra“ die Ru- weiteren Instandsetzung arbeiten. ine gepachtet und sich die Sicherung Installationen werden verlegt, um und Erhaltung der Ruine zum Ziel gesetzt. Buschwerk roden, die Ruine als Veranstaltungsplatz zu nutzen. In zwei bis drei Mauern sichern, Schutt schaufeln, Steine schlichten, um damit Jahren sollen die Arbeiten – vorerst – einmal abgeschlossen Baumaterial zu gewinnen – das waren und sind bis heute die sein. Die Arbeit an der Burg schweißt die Helfer zusammen. vordringlichsten Aufgaben der Freiwilligen. 700 - 800 Stunden Jeder hat seinen Anteil an dem alten Gemäuer und seine pro Jahr wenden die Vereinsmitglieder für ihre Burg auf. eigene Geschichte dazu.

88 89 Schloss Prinzendorf – Jubelrausch

Der Name des Weinviertler Bauerndorfs ist in den Kunstzir- verdunstet. ein geruch entsteht, der in den rausch zieht. in den keln von Madrid, New York und Tokio geläufig. Prinzendorf wein- und obstgärten sind tische und bänke, die spielteilnehmer steht für österreichischen Aktionismus, für das Orgien-Myste- sitzen bei den tischen, essen in der milden herbst- und früh- rien-Theater (o.m.), für Prof. Hermann Nitsch. jahrssonne oder erwarten, vom wein begeistert, die dämmerung das drama wird zum fest. die von den asketischen religionen der juli- und augustabende und singen heurigenlieder in der verleugnete körperliche fleischliche schöpfung wird nicht als warmen mond- oder sternenhellen sommernacht. schuldfaktor abgetan, als leidreiches schauspiel begriffen, sondern Das Schloss wurde von Rita und Hermann Nitsch im Jah- wird zum fest. unser hiersein, der umstand unseres hierseins, das re 1971 gekauft. Die vorhergehende, mittelalterliche Anlage sein des weltalls wird gefeiert. eine heitere schule des empfindens stand vermutlich an anderer Stelle. Das Schloss wurde ur- und der erlebnisfähigkeit entsteht. ein fest der sinne wird gefeiert. kundlich 1631 vom Camaldulenser-Orden übernommen im klang und musik umdrungenden sinnlichen gepränge der le- und während der Schwedenkriege schwer beschädigt. So kam bensliturgie tönen die gestirne, das weltall. das dasein wird zum es zu einem Neubau im Barock und bis zum Ankauf durch daseinsfest verklärt. essen und trinken, die weinberauschung, das Ehepaar Nitsch war es im Besitz des Augustiner Chorher- sind inniger bestandteil des spieles. geschmacks- und geruchs- renstiftes Klosterneuburg. Rita Nitsch ist die treibende Kraft empfindungen werden zu motiven zerlegt und zusammengestellt. in der Instandsetzung des Schlosses. Mit der Neudeckung synästhetische bezüge werden ausgekostet. die bahnen der gestir- der Dächer ist ein wesentlicher Abschnitt abgeschlossen. ne werden beobachtet. leben steigert sich im prunk und in der „Wir verlassen uns auf unser ästhetisches Gefühl“, sagt Prof. fülle der jahreszeiten zum jubelrausch. ­Nitsch in einem Interview, „um das Schloss in jenen Zustand Schloss Prinzendorf ist eine großzügige Anlage, die sich in die zu verwandeln, in dem es einmal war.“ Zu Pfingsten 1973 wellige Landschaft einfügt. Der dreigeschossige Bau mit zwei wurde erstmals das o.m.theater im Schloss abgehalten. in den Hof ragenden Seiten- die anlage des schlosses trakten ist monumental. Er prinzendorf ist als idealer aus- wurde 1730 von Franz Anton tragungsort des o.m. theaters Pilgram – ein Schüler des Ba- vorgegeben. überall ereignen sich rockarchitekten Johann Lucas die erlebnisrituale des aktions- von Hildebrandt – erbaut. Im theaters. im schlossgebäude, in Hof schnattern die Gänse, in den stallungen, in der unter- den Stallungen sind Artefakte kellerung, in unterirdischen der Aktionen ausgestellt, die gängen, im schlosshof, im obst- blutgetränkten Leintücher, die garten, im von einer mauer Sautröge, die Prozessionsstan- umfriedeten grossen schlosspark gen. An diesen Hof schließen und ausserhalb in der umge- die Wirtschaftsgebäude an, bung. nach der katastrophe des deren klare, archaische Ar- dramas, der nacht, des exzesses chitektur im Hintaus sich an des todes, dem grundexzesser- die bäuerliche Architektur lebnis wird der spielteilnehmer des Dorfes angleicht und mit ins helle bewusstsein des daseins der sinnlichen Landschaft des entlassen. das ich verblasst im Weinviertels verschmilzt. kosmischen licht des selbst. das ein geäder von kellergassen, selbst als mittelpunkt des alls, strassen der lust, der daseins- des kosmos sollte im herzen des überhöhung, durchziehen das weinviertel. die weiss gekalkten, spielteilnehmers strahlend aufgehen. nun ist das spiel zum aus- einfach gebauten presshäuser entlang der kellergasse bilden dör- schiesslichen fest geworden. die spielteilnehmer sind auferstanden, fer der ekstase, der tiefen seinstrunkenheit. das ernste grün der sind in die transzendenz und hiesigkeit des daseins voll erwacht. die hügel bedeckenden weingärten. wege durch getreidefelder jubel und ausgelassenheit sind überall. das festspielhaus und der und weingärten führen zum schloss. aus den weinkellern rie- ort prinzendorf liegen inmitten von feldern, waldstreifen und chen die gärende maische und verschütteter wein. weinfässer weingärten. zwei kellergassen gehören zum dorf. werden ausgewaschen. das von den spülungen mit wein ver- mischte wasser wird auf den asphalt der strasse geschüttet und (kursive Texte: hermann nitsch, 1999, www.nitsch.org) 90 91 Stift Neukloster in Wiener Neustadt – Betrachtungen eines Hochaltars

Als Friedrich III. in Aachen zum Römischen König gewählt Die Restaurierung der Kirche ist so weit abgeschlossen. Bei wurde, kam er voller Ideen in seine Wiener Neustädter den Arbeiten entdeckten die Restauratoren, dass der Hochal- Residenz zurück. Er hatte nicht nur den Ehrgeiz die Burg tar aus Mahagoni ist. Das Holz ist feuchtigkeitsresistent und auszubauen, dem frommen Fürsten lag auch viel daran, Prior Johannes Vrbecky vermutet, dass das Holz aus Brasi- durch Klostergründungen das religiöse und dadurch auch lien stammt. Das Altarbild hatte Blasen und war verzogen, das kulturelle Leben zu fördern. Besonderes Ansehen ge- ein Riss lief durch die Mitte; es wurde in situ restauriert. Die nossen ob ihrer strengen Ordensregeln die Zisterzienser. Arbeiten dafür beliefen sich auf 25.000 Euro. „Gut, dass die Doch eine Zisterziensergründung innerhalb von Stadt- Bewohner von Wiener Neustadt Patriotismus zeigen“, meint mauern schien ungewiss. Die Ordensregeln schrieben vor, Prior Pater Johannes. „Wir haben Sammlungen gemacht die Klöster weitab von städtischen Siedlungen in einsamen und ich habe ein Buch über Stift Neukloster herausgegeben, Wäldern – so wie wir es aus Zwettl im Waldviertel oder dessen Erlös der Kirche und dem Kloster zugute kam.“ Heiligenkreuz im Wienerwald kennen – zu bauen. Fried- Bei der Instandsetzung des Hochaltars waren Vergolder, rich III. bemühte sich beim Ordensoberen, dem Abt von Tischler und Bildhauer am Werk. Der Altar zeigt überle- Citeaux, darum und erhielt 1443 die Zustimmung. Die mit bensgroße Figuren der Heiligen Familie, die vom Wiener einer Goldbulle König Friedrichs III. versehene deutsche Neustädter Bildhauer Andreas Schellauf geschaffen wurden. Fassung des Dokuments befindet sich im Stiftsarchiv von Bemerkenswert sind auch die Cherubine, die den Taberna- ­Neukloster. kel bewachen. Es sind Figuren mit Schon ein Jahr später zogen zwölf edlen, griechischen Gesichtszügen Zisterziensermönche in das nahe der – gar nicht so barock, wie es an- Burg gelegene Kloster. Ursprüng- sonsten zu sehen ist. Der Hochaltar lich waren Kloster und Kirche die schimmert und strahlt. der Dominikaner. Sie wurden in das Muss er eigentlich geputzt werden? Wiener Neustädter Kloster St. Peter „Nein, lieber nicht!“, antwor- an der Sperr übersiedelt, die dort tet Pater Johannes. Muss man lebenden Dominikanerinnen ohne nicht Staubwischen? „Nein, lieber Umschweife in andere Klöster ihres nicht“, antwortet Pater Johannes Ordens aufgeteilt. Dem stiftungs- sorgenumwölkt allein beim Ge- freudigen Friedrich III. mangelte danken daran. „Es gehört schon ab es an Geld, so dass das Kloster nur und zu trocken abgewischt“, wirft wenig Grund hatte, von dem es Pater Petrus ein, „aber man kommt sich ernähren konnte. Es wurde nicht hin.“ – „Gott sei Dank“, re- dafür mit Privilegien ausgestattet. pliziert Pater Johannes, „man sah Das Gewölbe im Mittelschiff zeigt nämlich, bis wohin der Mesner gemalte Wappenschilde der habs- früher gewischt und geputzt hatte burgischen Erblande, die die Macht – dort war manches abgewetzt.“ verdeutlichen sollen. „Manche da- Schlussresümee: „Lieber ein biss- von sind Phantasiewappen, um die chen mehr Staub, als ein bisschen Bedeutung zu verstärken“, erzählt weniger Gold.“ Prior Pater Johannes. Die früh ver- Das Chorgestühl ist der älteste storbenen Kinder Friedrichs III. erhaltene Teil der beweglichen Kir- und seine Frau Eleonore liegen hier chenausstattung und stammt aus ­begraben. Friedrich III. stiftete für sein Lieblingskloster ei- der Renaissance. Komplettiert wird der Altarraum durch ei- nen prachtvollen gotischen Flügelaltar, der bis zum Barock in nen neuen, schlichten Volksaltar von Prof. Oskar Höfinger. der Kirche stand. Dieser wurde verkauft und ist der berühmte Der edle Sandstein stammt aus Vicenza. „Wiener Neustädter Altar“ im Stephansdom zu Wien. Bei näherer Betrachtung des Altarraums bemerken die In der Kirche von Neukloster zeigt das barocke Altarbild die ­beiden geistlichen Herren, dass ein Lichtstrahler hoch oben Himmelfahrt Mariens. Der Maler Anton Schoonjans aus Ant- im Gewölbe ausgefallen ist. „Den werden wir wohl erst bei werpen war Hofmaler Kaiser Leopold I. und ein Enkel von der nächsten Renovierung auswechseln können“, seufzt Rubens, woher sich sein bewegter Stil ableitet. ­Pater Petrus. 92 93 Raabs an der Thaya – Die Bücherburg

Richard Pils ist Verleger. Die „Bibliothek der Provinz“ gibt Die Grafen von Puchheim ließen im 14. und 15. Jahrhundert zahlreich prämierte Bücher heraus. Pils, der den Verlag mit das „Feste Haus“ mit einer Ringmauer umgeben und gotisch Familienanschluss in seinem Haus in Großwolfgers führt, ist erweitern. In der Renaissance erfolgte der Umbau zu einem aber weit mehr als Verleger. Er ist Lehrer, Künstler, Geschich- Wohnschloss, wovon der Innenhof und die Brüstungsmauer tenerzähler und Retter. im ersten Schlosshof ein schönes Zeugnis abgeben. Mit dem Kauf der Burg Raabs wollte er eine der frühesten Die Bedeutung der Burg, die als Bollwerk gegen alle Einfälle Steinburgen auf österreichischem Gebiet der Region zurück- aus dem Norden herhalten musste, beweist die tschechische geben: die Burg für Ideen und Träume, Versuche und Taten Sprache. Um 1100 wird das „Castrum Ragkoz“ erwähnt. Dieses öffnen. Beim alljährlichen Poetenfest im August steht die Li- „Castrum Ragkoz“ war für Böhmen eine so wichtige Grenzfes- teratur im Mittelpunkt und die Bücher türmen sich in den tung, dass sie dem Land dahinter ihren Namen gab. Der Name Räumen. Erst hier sieht man, was der kleine Verlag an Qualität leitet sich von einem früheren Grundherren der Burg ab, der und Quantität gleichermaßen produziert. Ein weiterer wich- „Ragkoz“ hieß. Die mährischen und böhmischen Nachbarn tiger Schritt für die Burg Raabs und somit die ganze Region ist nannten die Grafschaft deshalb „Rakoza“, eine Bezeichnung, die Landesausstellung 2009, welche auf der Burg und grenz- die bald auch für die hinter dieser Grafschaft liegenden Ge- überschreitend auch in Telč (Tschechien) und Horn stattfinden biete verwendet wurde. So wurde Österreich, das überall wird. In der Nähe der Renaissancestadt Telč entspringt die auf der Welt und so ähnlich heißt, in Tschechien zu Mährische Thaya. In Raabs vereint sie „Rakousko“ und die Österreicher sind sich mit der Deutschen Thaya. die „Rakouskany“. Über dem Zusammenfluss der bei- Ein Buch, das in Richard Pils’ Verlag den Thayas thront die Burg Raabs noch nicht erschien, ist die tragische auf einem steilen Felsen und überragt Liebesgeschichte, die sich auf der Burg die kleine Stadt. Jeden Vorsprung des Raabs in den 1920er-Jahren zugetra- Felsens hat die Burg okkupiert und gen hat. Baron Hugo von Klinger, über die Jahrhunderte ist sie mit dem Industrieller, Besitzer der Burg und lei- Gestein zusammengewachsen. Vom denschaftlicher Jäger, reiste mit seiner Söller hat man einen Ausblick, als zarten und musischen Frau Sybille auf stünde man am Bug eines Schiffes, das Kur nach Meran. Dort lernte die – auf in die Vergangenheit segelt. der Waldviertler Burg wahrscheinlich Karlstein, Raabs, Kollmitz, Eibenstein, einsame Frau – den jüngeren, hübschen Drosendorf und Hardegg sind Wehr- russischen Prinzen und Pianisten Cyril anlagen entlang der Thaya. Ihre Orlow kennen. Sie verliebten sich Hals erste Burganlage ließen die Herren von über Kopf. Die Dame versteckte den ­Raabs auf dem östlichen Burgfelsen russischen Emigranten in einer entle- errichten, ein quer über den Felsen ge- genen Kammer – in der Zinnkammer bautes „Festes Haus“ und eine auf der wie es heißt. Sybille gab ihrem Gelieb- höchsten Felsspitze gelegenen Kapelle. ten den Rat, den Baron zu treffen und Gegen die Angriffseite war die erste ihn zu bitten, sie freizugeben. Es kam Burganlage durch den auf der Felsstu- zu einem Treffen im Wald. Schüsse fie- fe gelegenen Bergfried gesichert. Das len. Beide Männer waren verletzt und Wasser holte man aus einem 72 Me- wurden in das nächste Krankenhaus ter in den Fels geschlagenen Brunnen. in Waidhofen an der Thaya gebracht. Schweickhardt schreibt in seiner „Topographie“ aus dem Jahre Orlow starb im Krankenhaus, Klinger überlebte, die Baronin 1840: „Der Burgbrunnen ist so tief in den Felsen gehauen, dass erschoss sich. Sie liegt gemeinsam mit ihrem Mann in einem man einige Minuten zählt, bevor man den hinab gefallenen Mausoleum hoch über der Thaya begraben. Cyril Orlows Grab Stein plätschern hört.“ findet sich aber am Friedhof von Waidhofen.

94 95 Schloss Schrattenthal – Lebensaufgabe und Leidenschaft

Ein gotischer Schafstall, ein Hungerturm, Kirche und Keller- den Wehrgang der Schlosskapelle, die in ihrer Größe mehr ei- anlagen, Schüttkasten, Stöckl, Stadtmauer und jede Menge ner Kirche gleicht. Erbaut wurde die dem hl. Martin geweihte Schloss: Die Anlage von Schrattenthal ist eine der größten in Wehrkirche in den Jahren 1436 bis 1438. Der Wehrgang war Niederösterreich und Teil der zweitkleinsten Stadt des Landes ursprünglich offen. Der rote Salzburger Marmorboden stammt (270 Einwohner). Hinter den weitläufigen Wirtschaftsgebäu- aus der Zeit der Erbauung und gehört „zu unseren Kostbarkei- den und den Stadtmauern liegt eine Landschaft, die von Wein ten, wie natürlich das spätgotische Sakramentshäuschen“, erklärt und Weizen geprägt ist. Erst eine Luftaufnahme macht die Frau Mag. Schubert. Da die Orgel fehlte, hat die Familie Schu- ­Dimensionen des Areals sichtbar. bert eine Orgel aus dem Wiener Servitenkloster erworben. Der Aufschwung von Schrattenthal begann mit der Familie Neben der tonnengewölbten Durchfahrt liegt der Südflügel des Eitzing im 15. Jahrhundert. Die Freiherren von Eitzing waren Schlosses. Derzeit wird dieser Trakt für die nächste Generation ein begütertes Geschlecht und Ulrich von Eitzing einer der be- restauriert. Eine bemalte Kassettendecke aus der Spätrenaissance deutendsten Politiker seiner Zeit. Er wählte Schrattenthal zu wird bearbeitet, unterhalb liegt friesartig eine gemalte Galerie, seinem Hauptwohnsitz und begann mit dem Bau einer Was- die eine durchaus gesellige Runde von verschiedenen Ständen serburg. In der trockenen Landschaft des Weinviertels ist es uns darstellt. Mag. Brigitte Schubert: „Wir haben uns entschlos- schwer vorstellbar, dass bis ins ausgehende Mittelalter und in sen diese Malerei zu restaurieren. Darunter liegt als eine ältere die Neuzeit hinein Sümpfe und Teiche die Landschaft prägten. Schichte eine Renaissancemalerei, die einen Tierfries zeigt. Diese Heute erinnern nur mehr Flurnamen daran. wird konserviert, und durch kleine „Zeitfenster“ Die Fenster im Innenhof stehen offen und wird auch sie in Teilen sichtbar sein.“ sind vom Veitschilaub umrahmt. Die Rosen Nach dem Niedergang der Eitzinger durch duften, eine Katze liegt auf der Bank. Jeder das Einziehen von protestantischen Gütern Stein hat seinen richtigen Platz, jedes Detail an verschenkte die Gemahlin Kaiser Ferdinands den Gebäuden wurde bedacht und behutsam III. Schloss und Gut Schrattenthal an ihre restauriert. Frau Ing. Mag. Brigitte Schubert Kammerfrau Gräfin Strozzi. Die barocken hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, das Umbauten wurden unter den Freiherrn Putz Schloss von Schrattenthal peu à peu instand von Adlersthurm durchgeführt. Die Fami- zu setzen und zu halten. Als Hoch- und Tief- lie Schubert hat das Gut Schrattenthal 1932 bauingenieurin und Betriebswissenschaftlerin käuflich erworben. bringt sie auch das richtige Rüstzeug mit. Außerhalb des ehemaligen Wassergrabens lie- „Meine Liebe gilt der Kunstgeschichte und als gen die weitläufigen Wirtschaftsgebäude. Der ich meine technische Ausbildung abgeschlos- Schüttkasten, der mit großer Liebe instandge- sen hatte, wollte ich mit dieser Männerdomäne setzt wurde, die Kelleranlagen – so groß, dass nicht so viel zu tun haben. Dann aber kam ich ein Sattelschlepper darin Platz fände, die zahl- nach Schrattenthal und die technischen Gene reichen Gärtner- und Dienstwohnungen, die haben wieder durchgeschlagen.“ Seit über nun allesamt als schmucke Wochenendhäus- 20 Jahren beschäftigt sich Frau Schubert mit chen genutzt werden. Der gotische Schafstall der Restaurierung der Anlage. Wenn andere dient einem Künstler als Atelier und rundum abends Romane und Krimis lesen, „las ich Bü- läuft die Stadtbefestigung. An der südöstlichen cher über Putze und Putztechniken. Ebenso Ecke liegt der Hungerturm mit fünf Meter habe ich viel von den Restauratoren gelernt, ­dicken Mauern aus Bruchstein. Von seiner mit die hier arbeiten.“ Gras bewachsenen Aussichtsplattform blickt Das Ehepaar Schubert bittet zu Beginn der man über die sanften Hügel des Weinviertels. Führung die Gäste in ein Arbeitszimmer, in dem die Bücher- Mag. Brigitte Schubert: „Meine Motivation dazu ist nicht nur regale bis zur Decke reichen. Es riecht nach Leder, Holz – und die Verantwortung, es für die nächsten Generationen zu erhalten, vom Hof weht der Rosenduft. sondern auch die Liebe zur Architektur, vor allem zu alten Ge- Der gotische Wohntrakt wurde im Barock erweitert und dem mäuern, die etwas Besonderes ausstrahlen. Lebensaufgabe und schmalen Haus wurde ein weiteres Haus quasi „angeklebt“. Leidenschaft bilden eine wunderbare Symbiose. Es ist unglaub- Hier befinden sich die repräsentativen Räume, die für Kon- lich spannend, bei der Restaurierung eines Objektes in andere zerte und Lesungen genutzt werden. Von der Speisekammer Jahrhunderte einzutauchen, sich auf das Ursprüngliche einzulas- hinter der Schubert’schen Küche führt eine schmale Treppe in sen und sich dann über das Ergebnis zu freuen.“ 96 97 Galgenkogelkapelle in Gresten – Schwarze Engel

Begonnen hat alles mit dem Dach. Bekannte waren bei Familie Die Freskomalerei spiegelt das „Gerechtigkeitsempfinden“ Schornsteiner auf Besuch und es war ein fröhlicher Abend. Man dieser Epoche wider: 20 schwarze Engel mit Geißeln, Drei- erzählte sich dies und das und plötzlich kam die Idee, dass man zack und Zangen. Nach damaliger Sicht sollten die Putti die Kapelle, die neben dem Haus steht, herrichten wolle. Und mit Passionswerkzeugen den Erlösungsgedanken den zu da der Bekannte bei einer Baustofffirma tätig ist, spendierte er Tode Verurteilten nahe bringen. die Ziegel dafür. „Er hatte richtig geschätzt: es war kein Ziegel Als die Gerichtsbarkeit bei der örtlichen Herrschaft lag, zu viel und keiner zu wenig“, sagt Karl Schornsteiner. So be- gingen die Verurteilten den Weg hinauf zum Galgen, der auf gann im Jahre 2002 das Projekt „Galgenkogelkapelle“. der Höhe hinter den Häusern stand. Der Galgen bestand aus Jeder Verein in Gresten hat es sich zur Aufgabe gemacht, eine zwei gemauerten Säulen auf denen ein Balken lag. Dort nahm Kapelle herzurichten; die Feuerwehr etwa oder der Kamerad- sich der „Freymann“, wie der Henker bezeichnet wurde, der schaftsbund. Um die Galgenkogelkapelle kümmern sich die Verurteilten an. Bei der Galgenkogelkapelle sprachen sie das „Hunnenstraßler“, wie die Bewohner der Hunnenstraße ge- letzte Gebet. nannt werden. „Mit der Hunnenstraße ist das so“, sagt Herr Die Kapelle wurde 1739 errichtet. Sie hat ein Schornsteiner, „früher glaubte man da hinten sei der Grab- quadratisches Kreuzgratgewölbe, das schmiedeeiserne hügel eines Hunnen. Vermutlich ist es eher ein Hünengrab, Tor ist mit aufwändigem Laubwerk verziert, über dem das im Laufe der Zeit zu einem Hunnengrab wurde …“ Altar hängt ein ausdrucksstarkes Kruzifix und eine zarte Die Barockkapelle fristete lange Zeit ein Statuette der Maria auf der Weltkugel vergessenes Dasein. Da sie der Straße zu vervollständigt die Ausstattung. Dabei abgewandt steht, beachtete das Bauwerk entspricht das Formenvokabular der niemand genauer. Die Vorbesitzer wollten künstlerischen Ausschmückung, wie daraus eine Garage machen. Doch der die spielerische Bewegung der Putti Torbogen war Gott sei Dank zu schmal. in den Wolkensphären oder das durch So lagerte man darin Baumaterial. Als einen Windstoß erfasste Gewand dann das Wurzelwerk der daneben stehen- der Maria auf der Weltenkugel, den Bäume die Fundamente in die Höhe sowie die expressive Darstellung des trieb, handelten die „Hunnenstraßler“ ­Gekreuzigten signifikant den Stil- rasch. 31 Helfer hat Karl Schornsteiner merkmalen des Barock. in seinen Heften notiert. Vier Stück li- Die Kapelle zeigt einerseits die religiös nierte Schulhefte sind mittlerweile mit geprägte Stiftungskultur einiger wohl­ Eintragungen voll; Spenden und Tele- habender Bevölkerungsschichten zur fonnummern notiert er darin, Skizzen Zeit der Gegenreformation, anderer­ der Schalungen, Maße, Terminvereinba- seits den Brauch der Hinrichtungs­ rungen, Erinnerungen. Alle Anrainer sind praxis im 18. Jahrhundert. Der Stifter an der Renovierung beteiligt. „Sogar eine war ein Hammerherr, der mit der alte Frau mit Ausgleichszulage hat 100 ­Eisenverarbeitung wohlhabend wurde. Euro für die Kapelle gespendet. Und bei Die Initialen des „Schwarzen Grafen“ Arbeitseinsätzen kommt es vor, dass der sind auf dem Balken oberhalb des Pizzawirt uns alle zum Essen einlädt.“ Tores zu sehen. Eine bemerkenswerte Entdeckung Die Engel haben schwarze Flügel. Das machten die beiden Nachbarn Leopold mutet merkwürdig an, scheint aber in Tanzer und Karl Schornsteiner: Nach Anbetracht der grausamen Werkzeuge, dem Abtragen von sieben verschiedenen Farbschichten kamen die sie in den Händen halten durchaus passend. Allerdings Putti zum Vorschein. Die Putti zeigten sich nicht mit gewun- waren die Engel früher nicht schwarz; chemische Reaktionen denen Blumenkränzen, sie führten keine Spruchbänder mit machen Bleiweiß im Laufe der Zeit dunkel. Das gibt den „Gloria In Excelsis Deo“ mit sich. Nein, sie halten Folterwerk- ansonsten so friedlichen Putti zusätzlich ein martialisches zeuge in ihren niedlichen Händchen. Aussehen.

98 99 Alpengasthof am Kreuzberg – „Baue nicht malerisch“

„Baue nicht malerisch. Überlasse solche Wirkung den Mauern, instandgehalten ohne „große Schandtaten zu vollziehen“. So den Bergen und der Sonne. Der Mensch, der sich malerisch blieb die Originaleinrichtung über die Jahre erhalten. Über kleidet, ist nicht malerisch, sondern ein Hanswurst. Der Bauer schmale Stiegen, die an ein Schiff erinnern, gelangt man über kleidet sich nicht malerisch. Aber er ist es. die Galerie, die die Halle umläuft, in die Gästezimmer. Auch Achte auf die Formen, in denen der Bauer baut. Denn sie die Inneneinrichtung – Platz sparend und funktional – erinnert sind der Urväterweisheit geronnene Substanz. Aber suche den an Kajüten. Familie Steiner ließ in die Zimmer „Duschkästen“ Grund der Form auf. Haben die Fortschritte der Technik es einbauen, denn, so der Wirt: „Auch der größte Loos-Fan will möglich gemacht, die Form zu verbessern, so ist immer diese sich einmal erfrischen.“ Verbesserung zu verwenden. Der Dreschflegel wird von der Das Holzhaus ist solide gebaut. Akzentuiert wird es durch Maschine abgelöst.“ die grünen Fensterläden, die sich seitlich oder nach unten Das Haus öffnet sich der Landschaft durch seine großen Fens- schieben, die sich falten und wegklappen lassen. Das Land- ter, die Berge und Wetter hereinlassen. Und gleichermaßen haus war als Sommersitz konzipiert, sodass es sich im Winter beschützt das Haus seine Bewohner durch das weit vorkragende mit den massiven Läden vor Wetter und Einbrechern ver- Dach und die großen, flächigen Fensterläden, die alle Unbill schließen lässt. „Wir haben die Läden fixiert, denn wenn ein abwehren. Architekt Adolf Loos baute das Landhaus Khuner Gast die wuchtigen Läden in der Nacht schließen wollte, in den Jahren von 1928 bis 1930. Das Herz des Hauses ist würde er das ganze Haus wecken“, so Norbert Steiner. die zentrale Halle nach englischem Zum Vorplatz führen Stufen, die Vorbild. Es verbindet die Stockwer- durch Wendungen und Podeste ke miteinander. Auf den Stirnseiten den Besucher zwingen zu verweilen sind die beiden Pole des Hauses: Die und die Landschaft zu schau- Glasfront, die sich zur Terrasse öffnet en. Der dreiviertelrunde Vorplatz und die Landschaft hereinlässt, und wirkt von unten betrachtet wie auf der gegenüberliegenden Seite der eine Befestigungsanlage, die von Kaminplatz, wo man sich in das In- Stammgästen auch „Aussichtsbasti- nere zurückziehen kann. „Der Raum on“ genannt wird. ist so perfekt, dass ich davon nicht „Die Generation der Stammgäste genug bekommen kann – und im- stirbt aus“, sagt Herr Steiner. „Früher merhin verbringe ich 60 % meiner hatten wir Gäste, die hier überwin- Zeit hier“, schwärmt der Wirt Nor- terten oder übersommerten. Ein Paar bert Steiner. verbrachte 13 Jahre seinen Lebens- Die Geschwister Hanna und Nor- abend hier.“ Heute wird das Haus als bert Steiner führen das Looshaus Geheimtipp weitergeflüstert, in das am Kreuzberg als Pension und Res- man sich, nur eine gute Stunde von taurant. „Unsere Großmutter hat Wien, in Ruhe zurückziehen kann. das Haus 1959 gekauft. Sie führte Die Präzision, die Zeitlosigkeit und vormals ein Schutzhaus im Salzkam- Radikalität schätzte der Bauherr Paul mergut und als ihr Mann im Krieg Khuner, der auch seine Wiener Woh- fiel, wollte sie näher bei ihrer Wiener nung von Loos einrichten ließ. Er Verwandtschaft sein und fand dieses schrieb Adolf Loos nach Paris: „Da- Haus“, erzählt Norbert Steiner. „Der gegen habe ich in diesen 20 Jahren Verkäufer hat nicht gewusst, was in meiner Wohnung nichts geändert er veräußert und die Großmutter nicht, was sie eingekauft und habe noch heute eine Freude an der Einrichtung … Ich hat. Das war ein Glück. Wer weiß, ob sie sich sonst so ein habe deshalb das Gefühl, dass das Honorar, das ich Ihnen sei- geschichtsträchtiges Haus zugetraut hätte.“ In der Nach- nerzeit zahlte, viel zu klein war und dass ich Ihnen noch eine kriegszeit war Adolf Loos, der Feind des Ornaments und des Ergänzung schuldig bin. Gestatten Sie, dass ich mein Gewissen Jugendstils, weithin unbekannt. Nur Architekten aus aller Welt durch Übersendung des beiliegenden Schecks über Fr. 10 000 kannten das Baujuwel. Allerdings wurde das ehemalige Land- erleichtere.“ Über das Leben des Fabrikanten Paul Khuner ist haus Khuner bereits 1960 unter Denkmalschutz gestellt. Wie wenig bekannt. Ein Produkt aus seinem Haus überdauerte bis in einem Familienbetrieb üblich, wurde immer ein bisschen heute – die Khuner Mayonnaise! 100 101 St. Gotthard bei Texing – Die Legende vom blinden Pferd

Weithin sichtbar steht St. Gotthard auf einem runden Hügel Nach seinem Tod wurde das Wasser zu einem Heilwasser und im Mostviertel. „Die alte Wallfahrtskirche ist vorübergehend Pilger kamen vom 13. Jahrhundert bis ins 18. Jahrhundert nach gesperrt“, bedauert die pensionierte Oberschulrätin Marga- Texing. reta Thöndel, „obwohl die Diözese Wert auf offene Kirchen Es setzte ein intensiver Wallfahrerstrom ein. In der Chronik ist legt. Aber unlängst sind Kerzenleuchter gestohlen worden.“ zu lesen, dass bis zu fünf Priester da waren, die die Wallfahrer St. Gotthard ist die älteste Kirche der Gemeinde. Frau Thön- betreut haben. Die Pilger haben viel Geld dagelassen. Damit del und Pfarrkirchenrat Franz Karner kümmern sich um die wurde im Jahre 1460 die einschiffige Kirche vergrößert und Belange der Kirche. Sie betreut die Pfarrkanzlei und die orga- reich ausgestattet. Auch Votivgaben brachten die Pilger, von nisatorische Abwicklung der Kirchenrestaurierung, er war für denen die meisten aber in späteren Zeiten veräußert wurden, das Handwerkliche zuständig. Als Auszeichnung und Dank manche befinden sich heute im St. Pöltner Diözesanmuseum. wurde Frau Thöndel der Hyppolit-Orden überreicht. Die an die Kirche angebaute Grablege wurde nach einem Die gotische Hallenkirche ist mit freundlichem neugotischen, Brand geöffnet und die Kirche mit der Katharinenkapelle er- floralen Dekor ausgemalt. Das ist nicht nach jedermanns Ge- weitert. Der gotische Flügelaltar dieser Kapelle ist ebenfalls im schmack. „Unlängst kam eine Besucherin und rief entsetzt aus: St. Pöltner Dommuseum zu sehen. Margareta Thöndel: „Wir ,So eine kitschig ausgemalte Kirche!’“ 1876 wurde das Kirche- wissen nur, dass ein Vergolder den Katharinenaltar anläss- ninnere mit der für diese Zeit üblichen Schablonenmalerei lich der Museumseröffnung im 19. Jahrhundert gestiftet hat. ausgeschmückt. Da aber Schablonen- Wahrscheinlich war es so, dass Fachleute, malerei bereits Seltenheitswert besitzt, die in der Kirche gearbeitet haben, nicht entschied man sich, diese in der go- bezahlt werden konnten. Man hat sie mit tischen Kirche zu erhalten. Das rote und Inventar entlohnt. In unserem Fall mit gelbe Glas im barocken Hochaltar taucht einem gotischen Flügelaltar!“ diesen und den gesamten Apsisbereich in Heute werden noch zwei Wallfahrten buntes Licht. „Kunstliebhaber wollten nach Texing geführt und immer mehr die nachträglich in den Altar eingesetz- Besucher kommen, die restaurierte Kir- ten Gläser entfernen. Doch die Pfarre che inmitten der schönen Landschaft wollte die Gläser behalten.“ Aufzeich- zu besichtigen. Die Besonderheit ist nungen über den ursprünglichen Aufbau das Brunnenhaus im westlichen Bereich des Altars wurden in keinem Archiv der Kirche neben der Eingangstür. Das gefunden. So fand sich ein Kompro- Wasser soll gegen Wundverletzungen miss: Hinter dem Hochaltar wurden die und Augenleiden geholfen haben. Doch bunten Scheiben mit weißen Rollos ab- der Brunnen ist trocken. Dazu gibt es gedeckt und das warme Licht flutet nun eine Legende: Einst kam ein Mann mit gedämpft in die Kirche. Am Hochaltar seinem blinden Pferd. „Wenn’s den Men- stehen die überlebensgroßen Statuen des schen hilft, wird auch mein Ross wieder hl. Gotthard, des hl. Nikolaus, des hl. sehend werden“, dachte sich der Mann. Leonhard und sel. Hartmann. Gotthard So war es auch. „Dafür gab er ein Votiv- war Abt in Niederaltaich und Bischof bild mit silbernen Augen – doch dieses von Hildesheim, er war ein Reformer des gibt es auch nicht mehr“, seufzt Frau Klosterlebens und Kirchenbauer. Seine Thöndel. Das Pferd war geheilt – aber Attribute sind der Bischofsstab und eine das Wasser im Brunnen versiegte. Es trat Kirche,“ erklärt Frau Thöndel. „Und unterhalb des Kirchenberges wieder zu Leonhard ist ein beliebter Heiliger in bäuerlichen Gegenden, Tage, wo 1773 die Gotthardi-Brunnenkapelle errichtet wurde. denn er ist der Schutzpatron der Landwirte.“ Dieser Brunnen aber versiegt nun nicht einmal bei großer Tro- Die Mönche von Niederaltaich in Bayern haben die Gegend ckenheit. Als alle Hausbrunnen trocken fielen, floss das Wasser missioniert und auch Gotthard soll hier gewesen sein und sich unterhalb der Wallfahrtskirche weiter und der Brunnen wurde mit dem Brunnenwasser bei der Kirche gewaschen haben. dadurch zum Dorfbrunnen.

102 103 Schlossberg Hainburg – Herrenpartie

Die Herren treffen sich am Fuße des Berges. Das Dienst- Die Herren stehen zwischen der wieder aufgebauten Kapelle fahrzeug knattert startbereit: Ein alter Dodge aus dem und dem Wohnturm. Frisch gemähte Wiesen und gepflegte Jahre 1943. Nur mit diesem lässt sich der Schlossberg be- Bäume stehen im Areal, die Mauern sind gesichert und be- wältigen. Die Herren steigen ein: Rudolf Wenighofer, Ing. gehbar. Rudolf Simoncsis begann seinerzeit mit Hilfe einer August Rihs, Mag. Hanns Karl Mayer, Ing. Arnulf Haderer, ebenfalls nicht mehr jungen Raupe, den Schutt abzutragen Dr. Bernhard Puhl, DI Georg Eder, Friedrich Karches, Josef und bis auf die Fundamente zu graben. Das war Vorausset- Hartberger, Otto Staritz – und der Doyen der „Arbeitsgruppe zung für das wieder Sichtbarmachen der vielen überlagerten ­Schlossberg Hainburg“ Rudolf Simoncsis. Bauphasen, die bis in das 11. Jh. zurückreichen. Der be- Seit über 30 Jahre treffen die Herren einander, um die deutendste Baukörper aus 1225 ist der in drei Geschossen Burgruine und andere historische Gebäude in und um erhaltene Wohnturm. Der Eingang im Erdgeschoss wurde Hainburg zu schützen und zu bewahren. „1975 waren wir später ausgebrochen. Über einen Hocheinstieg an der Ost- junge Hupfer und nannten uns Burgknappen“, erklärt seite des Turmes gelangt man durch eine einfach abgestufte Lehrer Friedrich Karches, „und nun sind unsere Bärte Rundbogentür mit leider nur mehr einem erhaltenen sehr grau!“ Die uneingeschränkte Autoritätsperson ist der weit schönen Knospenkapitell in das erste Geschoss. Der etwa in den Achtzigern stehende Rudolf Simoncsis, von allen 7 m hohe Raum wird von einem interessanten Kreuzrippen- längst nur mehr mit „Vogt“ angesprochen. gewölbe (vermutlich später unter König Ottokar eingezogen) „Von Beginn an war klar, dass ein überdeckt, hat einen Kamin und ­Erfolg nur dann eintreten wird, wenn zwei Fensteröffnungen mit tiefen die Burg für die Bevölkerung wieder Sitznischen. Außen erkennt man den zugänglich gemacht werden kann. schön gearbeiteten kleeblattbogigen Diese Wiederbelebung ließ hier ei- Abschluss und beim stadtseitigen nen Ort der kulturellen Begegnung Fenster ist noch der Mittelsteher entstehen, der über Hainburg hinaus erhalten. Eine Treppe in der Südwest- bekannt geworden ist. Die „Burgspiele mauer führt ins Obergeschoss mit Hainburg“ und Feste sind im Lauf drei Sitznischen. Die zentrale und der Jahre zu fixen Bestandteilen des dominante Stellung des Turmes lässt Hainburger Kulturlebens geworden. ihn als repräsentativen, die landes- Die Qualität dieser Veranstaltungen fürstliche Macht symbolisierenden macht es notwendig, die Burg für Wohn- und Verwaltungsbau er- Besucher und Veranstalter mit einer scheinen, für den staufische und entsprechenden Infrastruktur auszu- französische Vorbilder herangezogen statten, was eine große Aufgabe für werden können. die Zukunft sein wird“, schreibt die „Ein Sakrileg haben wir hier an- ­Arbeitsgruppe in ihrer Homepage. gebaut“, sagt Herr Karches, „Das Geschaffene ist nur in einer „natürlich hatte der Hocheinstieg Gruppe zu erreichen. Wenn wir vor keine gemauerte Treppe, vielmehr 30 Jahren nicht angepackt hätten, eine hölzerne. Wir aber wollten wäre der Schlossberg ein Steinhaufen ­Sicherheit für unsere Besucher.“ Im geblieben“, räsoniert Herr Simonc- Turm ist die Dokumentation der sis. „Natürlich gab es manchmal Arbeitsgruppe ausgestellt. Schwierigkeiten, aber das Unange- Damit die Herren in ihrer Freizeit nehme ist nicht maßgebend zu dem, was wir geleistet haben.“ nicht arbeitslos werden, haben sie neue Gemäuer gefun- Jeden zweiten Mittwoch trifft sich die Gruppe, die sich aus den, die es zu konservieren gilt. Burg Röthelstein liegt Professoren und Baumeistern, Lehrern, Mechanikern und stromabwärts von Hainburg auf einem Felsvorsprung über anderen Honoratioren der Stadt zusammensetzt, zu Arbeits- der Donau. „Eine hochinteressante Geschichte. Die Burg besprechungen. „Das Problem ist, dass Mittwoch der Tag der wurde teilweise mit Steinen aus Carnuntum erbaut. Als sie Championsleague ist“, seufzen nicht wenige Herren, „Fern- aufgelassen wurde, verkaufte Hainburg die Steine als Bau- bleiben gibt es nur mit einer handfesten Entschuldigung.“ Vogt material für Bratislava“, so Friedrich Karches. Die Reste Rudolf Simoncsis tut, als ob er das jetzt gar nicht gehört hätte. werden die Herren aus Hainburg nun tatkräftig sichern. 104 105 Schüttkasten Primmersdorf – Der Kulturkasten

Die Straße folgt den Schlingen der Thaya. Mal rücken die ­einmaligen Kunstwerk zu verweben. Dafür sorgt die reduzierte Felsen nahe heran, mal weiten sich Wiesen. In der Stille des Architektur des Nutzbaus, die Steinsäulen im Erdgeschoss und Tals liegt ein Schloss im Park, eine Hand voll Häuser in der der mächtige Eichentram und eine einmalige Holzpfeilerkon- Landschaft, alles überragt von einem Schüttkasten. Schütt- struktion im oberen Stockwerk. kästen sind Getreidespeicher. Auf zwei oder drei Ebenen Rechtzeitig zum 300-jährigen Bestandsjubiläum wurde der wurde auf den Bretterböden das Korn aufgeschüttet. Eine Schüttkasten von Primmersdorf innen und außen renoviert Reihe kleiner, parallel angelegter Fensteröffnungen sorgten und mit der notwendigen Infrastruktur ausgestattet. Erdwärme für den richtigen Luftzug, um das Getreide zu trocknen und sorgt für die Heizung, sodass das Gebäude auch im Winter of- zu lagern. Mit Schaufeln, die mit Knoblauch bestrichen wa- fen sein kann, eine Bühne wurde eingebaut, eine großzügige ren, wurde das Korn umgeschüttet, um es schädlingsfrei und Bar und viele Laufmeter weiße Wände für Bilder und Objekte, trocken zu erhalten. unterbrochen von den Fensteröffnungen in die dunkelgrüne Der Schüttkasten ist ein erratischer Block: massiv, geschlos- Landschaft des Thayatals. Das Ensemble von Primmersdorf sen, resistent. Und doch ist er in seinen Proportionen luftig wurde im 12. Jahrhundert erstmals erwähnt, nach mehrma- und fein. Barocke Voluten schmücken die Giebel, der dreige- ligem Besitzerwechsel war es von 1696 -1851 ein Wirtschaftsgut schossige Bau ist durch ein Kordongesims gegliedert und die des Stiftes Herzogenburg. Alphons Zák, Geraser Chorherr und Fenster sind mit Steingewandungen gerahmt, das Wappen Historiker, publizierte im Jahre 1895 sein Werk „Eibenstein und eines geistlichen Herrn ist über Primmersdorf. Zwei Schlösser und dem eisernen Tor. Orte an der Thaja“: „Draußen an Durchlässig und offen ist der der Straße, außerhalb des Schloss- Schüttkasten geworden, seitdem tores ist auch der große, schöne die Textil- und Lebenskünstlerin Kernerkasten, fest und zwei Stock- Vesna Schloss und Schüttkasten werke hoch, mit Ziegeldachung vor beinahe 20 Jahren erwarb. Im (erbaut 1706), bemerkenswert. Schüttkasten standen landwirt- Über dem Eingang erblickt man schaftliche Geräte und Gerümpel, noch heute das Doppelwappen die Gebäude waren herunterge- seines Urhebers, des Prälaten Maxi- wirtschaftet – doch die Vision von milian Herb, Propst des regulierten der mittelalterlichen Wohn- und Chorherrenstiftes Herzogenburg.“ Werkstättengemeinschaft blieb Aus dem Gutshof wurde ein über alle Jahre aufrecht. „Warum Schloss, Land- und Forstwirtschaft kaufen Künstler um ihr ganzes gehörten dazu, sowie der Abbau Hab und Gut solche verwahrlos- des schwarzen Granitsteins und ten Gebäude“, fragt Vesna, um die eine Mühle. Die wirtschaftliche Antwort zu formulieren: „Es war, Stärke repräsentierte der Schütt- als würde man einen toten Körper kasten mit seiner überragenden wieder zum Leben bringen. Jeden Größe. Dass er von Jakob Prand- Tag eine neue Entdeckung, eine tauer (1660 -1726) gebaut wurde, neue Möglichkeit, Ideen, unend- ist anzunehmen, da der Barock- liche Phantasien … Nun, es ist baumeister zu dieser Zeit auch in nicht ganz so geworden, wie wir Herzogenburg tätig war. geträumt haben. Aber es lebt.“ Im Schüttkasten wurde der Zehent Der Schüttkasten wurde zum Kulturkasten. Konzerte und aufbewahrt. Nach der Aufhebung der Leibeigenschaft wurde Modeschauen, Ausstellungen und Feste, Kabaretts und er an adelige Herren verkauft. Happenings. Nichts, was der Schüttkasten nicht in sich auf- Das 300-jährige Bestandsjubiläum des Schüttkastens wurde nehmen könnte, um es mit seinem eigenwilligen Flair zu einem mit einem barocken Fest gebührend gefeiert.

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Ideen, Menschen und ihre Denkmale Friedrich Grassegger

Wodurch bleibt Niederösterreich auch in Zukunft ein Land ­erhaltens- und schützenswert beurteilten Bauten wächst weiter. mit einem so umfangreichen und unvergleichlichem kultu- Dies betrifft nicht nur über 1000 Kirchen, Klöster und Stifte rellen Erbe? Durch den gesetzlichen Schutz von erhaltens- oder 450 Burgen, Schlösser und Burgruinen, sondern unzählige werten Denkmalen? Durch öffentliche Förderungen? Ja, auch private Wohnbauten, sozial- und wirtschaftsgeschichtliche Ge- dadurch, aber vor allem durch die Initiative vieler Bürgerinnen bäude wie Industrieanlagen und landwirtschaftliche Bauwerke und Bürger. und die prägnanten Kleindenkmale und wertvollen Zeugnisse Würden sich nicht die Eigentümer und Nutzer dieser Bauten anonymen Bauens in ganz Niederösterreich. verantwortlich fühlen, den Wert des ihnen anvertrauten Das physische, materielle Leben eines Denkmals ist zu einem Kulturgutes erkennen, sich mit diesen Werten identifizieren, hohen Maß von seinem psychischen, immateriellen Leben ab- ­Enthusiasmus aufbringen, die Hauptlast in der Erhaltung ihrer hängig. Daher ist weiterhin neben der materiellen Erhaltung Bauten tragen und Ideen für eine zeitgemäße Nutzung umset- vor allem eine zeitgemäße, schonende und wertvolle Nutzung zen, wäre jedes öffentliche Engagement des Staates, des Landes von Bauwerken eine wesentliche Aufgabe, für die großes Enga- und der Gemeinden umsonst. Aber Nutzungsbeschränkungen gement und Verständnis notwendig sind. und zusätzliche finanzielle Belastungen werden nur dann hinge- Dass es möglich ist, einem Gebäude eine neue Nutzung zu nommen, wenn die vielfältigen, bereichernden Aspekte im Um- geben, die den Wert, das immaterielle Leben des Baudenk- gang mit der Erhaltung historischer Bauten erkannt werden. males, nicht beschädigt, beweist – um ein gelungenes Bei- Bei den Bauten der Religionsgemeinschaften ist dieser ideelle spiel herauszugreifen – die Minoritenkirche in Krems. Eine Hintergrund einem breiten Kreis bekannt. Bei vielen anderen ­säkularisierte Klosterkirche, die lange Zeit eine äußerst schäbige Kulturdenkmalen ist das Bewusstsein für diese kulturellen Wer- Nutzung erdulden musste, wurde zwar nicht mehr zu einem te aber oft nur dann vorhanden, wenn man die Öffentlichkeit im ursprünglichen Kontext stehenden Sakralraum, aber etwas auch kontinuierlich darüber informiert. von der feierlichen Würde ist in die Mauern des „Klangraumes Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll, der im Mai 1986 die Verant- Minoritenkirche“ zurückgekehrt. wortung für die Landesdenkmalpflege übernommen hat, war es Andere Bauwerke, etwa die Tabakfabrik mit dazugehörigem daher immer ein Anliegen, möglichst viele Bürger laufend und Verwaltungsgebäude und dem ehemaligen Kesselhaus in Krems kompetent zu informieren. wurden durch die neue kulturelle Nutzung als Kunsthalle, Die Schriftenreihe „Denkmalpflege in Niederösterreich“, die es Universität und Filmgalerie aufgewertet. Durch sensible, aber seit 1987 gibt, in der bisher 35 Bände erschienen sind und in der mutige, zeitgemäße architektonische Umbauten und Erweite- mittlerweile pro Ausgabe 20.000 Exemplare kostenlos an Inter- rungen entstand hier ein Mehrwert, der nicht nur eine moder- essenten versandt werden, ist als ein wichtiger Beitrag dafür zu ne und nachhaltige Nutzung ermöglicht, sondern für sich als verstehen, dieses Bewusstsein um die Werte des baukulturellen Kunstwert in die Zukunft wirken wird. Erbes zu stärken. Auch die kontinuierliche Berichterstattung Die Forderung, dass die Denkmale nicht Teil eines Potemkin- des ORF und anderer Medien über unser Kulturerbe ist mitver- schen Dorfes werden dürfen, es hinter allen Fassaden auch Le- antwortlich dafür, dass Denkmalpflege in Niederösterreich von ben geben muss, ist entscheidend für die Zukunft. einer so breiten Basis von Bürgerinnen und Bürgern getragen Denkmale sind Spuren der Vergangenheit, die in unsere Gegen- wird und das Verständnis für die Erhaltung weiter wächst. wart hineinreichen und uns auf unserem Weg in die Zukunft Auch die Landesausstellungen Niederösterreichs haben einen leiten können. Diese Spuren sind oft kaum erkennbar, führen wesentlichen Beitrag dafür geleistet, das Verständnis der Bür- uns manchmal auf verschlungene, geheimnisvolle Wege oder ger für die Erhaltung des baukulturellen Erbes zu erhöhen. prächtige Straßen, in dunkle Verliese und strahlende Hallen, Denn in Landesausstellungen werden nicht nur interessante führen uns zurück zu Lebenswelten unserer Vorfahren. Themen vermittelt, sondern immer auch vorbildliche Sanie- In den subtil gestalteten Fotografien von Robert Herbst und rungen bedeutsamer historischer Gebäudes präsentiert. Gerade den Texten von Mella Waldstein ist viel von der Begeiste- diese Projekte bieten auch die Möglichkeit, die Verbindung von rung der Menschen für ihre Denkmale und deren Geschichte Denkmalpflege und zeitgemäßer Architektur mustergültig dar- ­nachvollziehbar. Aber vor allem auch viel Begeisterung für das zustellen. Es war und ist ein wesentliches Anliegen des Landes gegenwärtige und künftige Leben der Denkmale. Gesichter zu vermitteln, dass Tradition und Fortschritt durchaus neben- und Geschichten geben uns Aufschluss darüber, was es heißt, einander bestehen können. sich für ein Leben für und mit einem Denkmal zu entschei- Die Probleme in der Denkmalpflege sind nicht weniger den, darüber, dass das Denkmal selbst ein Leben hat, das es zu ­geworden. Der Zahn der Zeit nagt weiterhin mit unvermin- respektieren gilt, aber auch, wie neues Leben in alten Mauern derter Intensität an unseren Denkmalen, und die Zahl der als entstehen kann. 109 Autoren Impressum

Mella Waldstein Herausgeber und Verleger freie Journalistin Amt der NÖ Landesregierung Abteilung Kultur und Wissenschaft Mag. Friedrich Grassegger Leiter: HR Dr. Joachim Rössl Amt der NÖ Landesregierung, Landhausplatz 1, 3109 St. Pölten stellv. Leiter der Abt. Kultur und Wissenschaft Redaktionskomitee Mag. Martin Grüneis Edith Bilek-Czerny Amt der NÖ Landesregierung, Hermann Dikowitsch Abt. Kultur und Wissenschaft, Friedrich Grassegger Fachbereich Kulturelles Erbe Martin Grüneis Axel Hubmann Mag. Franz Humer Werner Kitlitschka Amt der NÖ Landesregierung, Margit Kohlert Archäologischer Park Carnuntum Peter König Andreas Lebschik HR Dr. Peter König Gerhard Lindner Bundesdenkmalamt, Christine Pennerstorfer Landeskonservator für Niederösterreich Elizabeth Umdasch

Arch. Dipl.Ing. Gerhard Lindner Koordination Architekturbüro in Baden Edith Bilek-Czerny Martin Grüneis HR Dr. Christa Farka Dieter Rabl Bundesdenkmalamt, Elizabeth Umdasch Leiterin der Abt. für Bodendenkmale Layout David M Peters, Wien Fotograf Hersteller Dipl.Ing. Robert Herbst Druckerei Berger, Horn

Fotoassistenz St. Pölten, Oktober 2006 Johannes Mautner

Bildnachweis Seiten 7, 8, 9: BDA, Archiv

Seite 10 links: Schallaburg, KulturbetriebsGmbH

Seite 18: F. Humer

Seite 19: BDA, Bodendenkmale, Archiv sämtliche weitere Fotos: R. Herbst

110 Bisher sind erschienen: Nachbestellungen/Bezug

Band 1 Stift Dürnstein * Wenn Sie die Broschüre der Reihe „Denkmalpflege in Niederösterreich“ 2 Kleindenkmäler * noch nicht regelmäßig erhalten haben und die kostenlose Zusendung 3 Wachau * wünschen, senden Sie uns bitte die Antwortkarte ausgefüllt zu. 4 Industriedenkmäler * Verwenden Sie bitte die Antwortkarte auch für allfällige Mitteilungen, 5 Gärten * Anregungen und Adressänderungen. 6 Handwerk * Falls die Karte schon von einem Vor-Leser entnommen wurde, 7 Rückblicke – Ausblicke schreiben Sie bitte an: 8 Sommerfrische * Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll, 9 Denkmal im Ortsbild * Landhausplatz 1, 3109 St. Pölten 10 Verkehrsbauten * 11 Elementares und Anonymes * oder senden Sie uns ein E-Mail an 12 Burgen und Ruinen * [email protected] 13 Kulturstraßen * bzw. senden Sie uns ein Fax unter 02742/9005-13029 14 Zur Restaurierung 1. Teil * 15 50 Jahre danach 16 Zur Restaurierung 2. Teil * 17 10 Jahre Denkmalpflege in Niederösterreich 18 Zur Restaurierung 3. Teil 19 Umbauten, Zubauten * Bitte

20 Leben im Denkmal frankieren ausreichend 21 Speicher, Schüttkästen 22 Der Wienerwald * 23 Die Via Sacra 24 Blick über die Grenzen 25 Die Bucklige Welt 26 Die Wachau, UNESCO Weltkultur- und Naturerbe 27 Südliches Waldviertel 28 Most- und Eisenstraße 29 Semmering UNESCO Weltkulturerbe

30 St. Pölten An Herrn Landeshauptmann Erwin Pröll Dr. Landhausplatz 1 3109 Pölten St. Landeshauptstadt und Zentralraum 31 Waldviertel 32 Archäologie 33 Weinviertel 34 Gemälde 35 Holz

Die mit * versehenen Titel sind bereits vergriffen. Kein Nachdruck vorgesehen.

111 Ich habe die Broschüre „Denkmalpflege in Niederösterreich“ noch nicht erhalten und ohne und kostenlos Zukunft in diese möchte zugesandtjedeVerpflichtung bekommen. Absender bitte in Blockbuchstaben Telefon