Managementplan für das Europäische Vogelschutzgebiet

DE 0916-491 „Ramsar-Gebiet Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und angrenzende Küstengebiete“

1. Fortschreibung für den Teilgebietsbereich „Hauke-Haien-Koog“

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Der Managementplan wurde vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume im Auftrag des Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein (MELUND) erarbeitet und wird bei Bedarf fort- geschrieben.

Als Maßnahmenplan aufgestellt (§ 27 Abs. 1 LNatSchG i. V. mit § 1 Nr. 9 NatSchZVO)

Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein Mercatorstraße 3 Postfach 7151 24106 Kiel 24171 Kiel

Kiel, den 10.10.2019 gez. Hans-Joachim Kaiser

Titelbild: Blick von Westen auf das südliche Speicherbecken (W. Sach)

3 Inhaltsverzeichnis

0 Vorbemerkung ...... 6 1 Grundlagen ...... 6 1.1 Rechtliche und fachliche Grundlagen ...... 6 1.2 Verbindlichkeit ...... 6 2 Gebietscharakteristik ...... 7 2.1 Geltungsbereich des Managementplanes ...... 7 2.2 Gebietsbeschreibung ...... 7 2.2.1 Naturräumliche und standörtliche Situation ...... 7 2.2.2 Entwicklung der Wasserwirtschaft und aktuelle Situation ...... 8 2.2.3 Vegetation ...... 9 2.2.4 Vögel ...... 10 2.3 Einflüsse und Nutzungen ...... 10 2.3.1 Landwirtschaftliche Nutzung...... 10 2.3.2 Wasserwirtschaft ...... 10 2.3.3 Fischerei und Angelsport ...... 11 2.3.4 Jagd ...... 11 2.3.5 Freizeitnutzung und Sport ...... 12 2.3.6 Siedlungen und Infrastruktur ...... 12 2.3.7 Betreuung des Gebietes ...... 12 2.4 Eigentumsverhältnisse ...... 12 2.5 Regionales Umfeld ...... 13 2.6 Schutzstatus und bestehende Planungen ...... 13 3 Erhaltungsgegenstand ...... 13 3.1 Brutvogelarten nach Anhang I und Art. 4 (2) Vogelschutz-Richtlinie ...... 16 3.2 Rastvogelarten nach Anhang I und Art. 4 (2) Vogelschutz-Richtlinie ...... 17 3.3 Flora-Arten ...... 18 4 Erhaltungsziele ...... 19 4.1 Erhaltungs- und ggf. Wiederherstellungsziele...... 19 4.2 Sonstige Erhaltungs- und Entwicklungsziele aus anderen Rechtsgründen ...... 19 5 Analyse und Bewertung ...... 19 5.1 Rastvogelarten ...... 20 5.1.1 Greifvogelarten...... 21 5.1.2 Wasservogelarten ...... 21 5.1.3 Watvogelarten ...... 22 5.1.4 Küstenvogelarten ...... 23 5.2 Brutvogelarten der Seen und Küsten ...... 24 5.2.1 Spießente, Löffelente, Krickente, Pfeifente, Stockente ...... 24 5.2.2 Knäkente ...... 25 5.2.3 Brandgans ...... 25 5.2.4 Flussseeschwalbe und Küstenseeschwalbe ...... 25 5.2.5 Trauerseeschwalbe ...... 26 5.2.6 Zwergseeschwalbe ...... 26 5.2.7 Sandregenpfeifer ...... 26 5.2.8 Säbelschnäbler ...... 27 5.3 Brutvogelarten des (Feucht-)Grünlandes und der Niedermoore ...... 28 5.3.1 Kiebitz ...... 28 5.3.2 Rotschenkel ...... 29 5.3.3 Bekassine ...... 29 5.3.4 Kampfläufer ...... 29 5.3.5 Uferschnepfe ...... 30 5.3.6 Austernfischer ...... 31 5.3.7 Feldlerche, Wiesenpieper, Wiesenschafstelze ...... 31

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5.4 Brutvogelarten der Röhrichte und der Sukzessionsflächen...... 32 5.4.1 Rohrdommel ...... 32 5.4.2 Tüpfelsumpfhuhn ...... 33 5.4.3 Rohrweihe ...... 34 5.4.4 Schilfrohrsänger und Rohrammer ...... 34 5.4.5 Blaukehlchen ...... 34 5.4.6 Bartmeise ...... 35 5.5 Verteilung der Arten im „Hauke-Haien-Koog“ ...... 35 5.6 Wasserwirtschaft ...... 36 5.7 Reetmahd und ungenutztes Röhricht ...... 38 5.8 Grünlandwirtschaft ...... 39 5.9 Fischerei und Angelsport ...... 41 5.10 Jagd und Prädation ...... 41 5.11 Freizeitnutzung ...... 43 5.12 Wassersport ...... 44 5.13 Straße und Deichbaumaßnahmen ...... 45 5.14 Ziele und mögliche Zielkonflikte...... 46 6 Maßnahmenkatalog ...... 48 6.1 Bisher durchgeführte Maßnahmen ...... 48 6.1.1 Regulierung des Wasserstandes in den Speicherbecken ...... 48 6.1.2 Jagd auf jagdbare Wasservogelarten ...... 48 6.1.3 Jagd auf Rotfuchs ...... 48 6.1.4 Verbesserung der Brutinsel ...... 48 6.1.5 EU-Projekt „LIFE Limosa“ ...... 49 6.2 Notwendige Erhaltungs- und ggf. Wiederherstellungsmaßnahmen ...... 49 6.2.1 Keine Jagd auf jagdbare Vogelarten ...... 49 6.2.2 Erhaltung der permanenten Wasserflächen ...... 49 6.2.3 Einstellen hoher Wasserstände in den Speicherbecken zur Brutsaison ...... 49 6.2.4 Erhaltung der Brutinsel im nördlichen Speicherbecken ...... 49 6.2.5 Fortgesetzter Verzicht auf Freizeitnutzung im Nord- und Südbecken ...... 49 6.2.6 Einhalten eines Mindestabstandes von Booten zum Ufer im Mittelbecken ...... 49 6.2.7 Erhaltung des Röhrichts ...... 50 6.2.8 Nichtnutzung von Randstreifen bei der Reeternte ...... 50 6.2.9 Erhaltung des kurzrasigen Grünlandes ...... 50 6.2.10 Entfernen von Gehölzen ...... 50 6.2.11 Fortsetzung der Bejagung von Prädatoren ...... 50 6.2.12 Kein Betrieb von unbemannten Luftfahrtsystemen ...... 50 6.2.13 Dauerhafte Sperrung eines Weges für die Öffentlichkeit ...... 50 6.2.14 Keine Intensivierung des Wassersports ...... 51 6.3 Weitergehende Entwicklungsmaßnahmen ...... 51 6.3.1 Verbessertes Fluten der Speicherbecken ...... 51 6.3.2 Verzicht von Wassersport im Mittelbecken ...... 51 6.3.3 Errichtung von Kunstbauen zur Bejagung von Prädatoren ...... 51 6.3.4 Bruthilfen für die Fluss- und Küstenseeschwalbe ...... 51 6.3.5 Bruthilfen für die Trauerseeschwalbe ...... 51 6.3.6 Errichtung einer zweiten Brutinsel ...... 51 6.3.7 Verbesserung des Grünlandes für Brut-, Mauser- und Rastvögel ...... 51 6.3.8 Wiederherstellung des Grünlandes als Habitate für Offenland-Vogelarten ...... 52 6.3.9 Umwandlung von Röhricht in Grünland ...... 52 6.3.10 Verbesserung der Zaunanlagen ...... 52 6.3.11 Anlage von Wasserflächen im Grünland ...... 52 6.3.12 Anlage von Wasserflächen im Röhricht ...... 52 6.3.13 Vergrößerung von Flachwasserbereichen durch Uferterrassierung ...... 52

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6.3.14 Verringerung des Binnenabflusses zur kleinräumigen Vernässung ...... 53 6.3.15 Kontrolle der L191 und des Außendeiches zum Schutz von Jungvögeln ...... 53 6.3.16 Verringerung der maximalen Geschwindigkeit auf der Straße L 191 ...... 53 6.3.17 Entwicklung von Konzepten zur Verringerung des Verkehrsaufkommens ...... 53 6.3.18 Störungsarmut durch eingeschränkte Nutzung von Wanderwegen ...... 53 6.3.19 Einstellen höherer Wasserstände in den Speicherbecken zur Brutsaison ...... 53 6.3.20 Gebietsbetreuung mit Vogelmonitoring ...... 53 6.4 Sonstige Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen ...... 54 6.4.1 Errichtung weiterer Aussichtspunkte ...... 54 6.5 Schutzinstrumente, Umsetzungsstrategien ...... 54 6.6 Verantwortlichkeiten ...... 54 6.7 Kosten und Finanzierung ...... 54 6.8 Öffentlichkeitsbeteiligung ...... 55 7 Erfolgskontrolle und Monitoring der Maßnahmen ...... 55 8 Literatur ...... 55 9 Anhang ...... 57

6 0 Vorbemerkung

Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind über die Auswahl und Meldung von Natura 2000-Gebieten hinaus gem. Art. 6 der FFH-Richtlinie und Art. 2 und 3 Vogel- schutz-Richtlinie verpflichtet, die notwendigen Erhaltungsmaßnahmen festzulegen, um in den besonderen Schutzgebieten des Netzes Natura 2000 eine Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und Habitate der Arten zu vermeiden. Dieser Verpflichtung ist das Land Schleswig-Holstein im Rahmen der föderalen Zuständigkeiten mit dem Wat- tenmeerplan 2010 auch für das besondere Schutzgebiet DE-0916-491 „Ramsar-Gebiet S-H Wattenmeer und angrenzende Küstengebiete“ nachgekommen. Der Plan erfüllt auch den Zweck, Klarheit über die Möglichkeiten und Grenzen der Nut- zung von Natura 2000-Gebieten zu schaffen. Er ist daher nicht statisch, sondern kann in Abhängigkeit von der Entwicklung des Gebietes bzw. der jeweiligen Schutzobjekte fort- geschrieben werden. Mit der vorliegenden 1. Fortschreibung für den Teilgebietsbereich „Hauke-Haien-Koog“ werden insoweit die bislang eher unspezifischen Maßnahmenvorschläge des Watten- meerplanes für den Teilgebietsbereich „Hauke-Haien-Koog“ konkretisiert.

1 Grundlagen

1.1 Rechtliche und fachliche Grundlagen

Das Europäische Vogelschutzgebiet „Ramsar-Gebiet S-H Wattenmeer und angrenzende Küstengebiete““ (Code-Nr: DE-0916-491) wurde der Europäischen Kommission im Jahr 2004 als Vogelschutzgebiet benannt und unterliegt dem gesetzlichen Verschlechte- rungsverbot des § 33 Abs. 1 BNatSchG i. V. mit § 24 Abs. 1 LNatSchG. Die nationalen gesetzlichen Grundlagen ergeben sich aus § 32 Abs. 5 BNatSchG in Ver- bindung mit § 27 Abs. 1 LNatSchG in der jeweils gültigen Fassung. Folgende fachliche Grundlagen liegen der Erstellung des Managementplanes für den Teilgebietsbereich „Hauke-Haien-Koog“ zu Grunde:  Standarddatenbogen für das Vogelschutzgebiet in der Fassung von Mai 2017  Gebietsspezifische Erhaltungsziele für das Vogelschutzgebiet (Amtsblatt. Schleswig- Holstein 2007: 311) (Anlage 1)  Gebietsabgrenzung im Maßstab 1:25.000 (Karte 1, Anlage 2)

1.2 Verbindlichkeit

Dieser Teilmanagementplan ist nach intensiver, möglichst einvernehmlicher Abstimmung mit den Flächeneigentümern/innen und/oder den örtlichen Akteuren aufgestellt worden. Neben notwendigen Erhaltungs- und ggf. Wiederherstellungsmaßnahmen werden hier- bei ggf. auch weitergehende Maßnahmen zu einer wünschenswerten Entwicklung des Gebietes dargestellt. Die Ausführungen des Teilmanagementplan dienen unter anderem dazu, die Grenzen der Gebietsnutzung (Ge- und Verbote), die durch das Verschlechterungsverbot (§ 33 Abs. 1 BNatSchG, ggf. in Verbindung mit § 24 Abs. 1 LNatSchG) in Verbindung mit den gebietsspezifischen Erhaltungszielen rechtverbindlich definiert sind, praxisorientiert und allgemein verständlich zu konkretisieren (siehe Ziffer 6.2). In diesem Sinne ist der Teilmanagementplan in erster Linie eine verbindliche Handlungs- leitlinie für Behörden und eine fachliche Information für die Planung von besonderen Vorhaben, der für die einzelnen Grundeigentümer/-innen keine rechtliche Verpflichtung zur Umsetzung der dargestellten Maßnahmen entfaltet. Da der Plan in enger Koopera- tion und weitgehendem Einvernehmen mit den Beteiligten vor Ort erstellt wurde, kann der Plan oder können einzelne Maßnahmen durch schriftliche Zustimmung der betroffe- nen Eigentümer und Eigentümerinnen oder durch eine vertragliche Vereinbarung mit

7 diesen als verbindlich erklärt werden. Darüber hinaus bieten sich Freiwillige Vereinba- rungen an, um die im Plan ggf. für einen größeren Suchraum dargestellten Maßnahmen flächenscharf mit den Beteiligten zu konkretisieren. Die Darstellung von Maßnahmen im Teilmanagementplan ersetzt nicht ggf. rechtlich er- forderliche Genehmigungen, z.B. nach Naturschutz-, Wasser- oder Forstrecht. Bei der Umsetzung der Maßnahmen sollen verschiedene Instrumente wie Vertragsnatur- schutz, Flächenkauf, langfristige Pacht und die Durchführung von konkreten Biotopmaß- nahmen zur Anwendung kommen. Sollte in Ausnahmefällen kein Einvernehmen bei notwendigen Erhaltungs- oder Wieder- herstellungsmaßnahmen (siehe Ziffer 6.2) erzielt werden können, ist das Land Schles- wig-Holstein verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu deren Umsetzung zu ergreifen. Hier- bei können die Eigentümer oder sonstige Nutzungsberechtigte von Grundstücken ver- pflichtet werden, die Maßnahmendurchführung durch die Naturschutzbehörde zu dulden (§ 65 BNatSchG i. V. mit § 48 LNatSchG).

2 Gebietscharakteristik

2.1 Geltungsbereich des Managementplanes

Siehe Karte 1 Der Teilgebietsbereich „Hauke-Haien-Koog“ weist eine Größe von 545 ha auf. Es ist Be- standteil des Vogelschutzgebietes DE-0916-491 „Ramsar-Gebiet Schleswig-Holsteini- sches Wattenmeer und angrenzende Flächen“, welches über eine Größe von insgesamt 463.907 ha verfügt. Der „Hauke-Haien-Koog“ umfasst das Nordbecken (rund 157 ha Größe), den Hauptteil des Mittelbeckens (rund 30 ha Größe) und das Südbecken (rund 358 ha Größe). Das Mittelbecken wird vom Neuen Bongsieler Kanal durchflossen. Der Kanal sowie seine Deiche und der nördliche Streifen des Mittelbeckens gehören nicht zum Vogel- schutzgebiet. Die Deiche des Bongsieler Kanals mit den Stauanlagen bilden die Grenze zum Nord- und zum Südbecken. Der Neue Bongsieler Kanal und die Wasserfläche des Mittelbeckens liegen innerhalb der Kulisse des Flora-Fauna-Habitat-Gebietes (kurz: FFH-Gebiet) DE 1219-391 „Gewäs- ser des Bongsieler Kanalsystems“ bzw. des Teilgebietes „Linnau, Soholmer Au, Bott- schlotter See“. Deshalb werden große Bereiche des Mittelbeckens sowohl von der Ku- lisse des FFH-Gebietes als auch von jener des Vogelschutzgebietes abgedeckt. Das Mittelbecken des Hauke-Haien-Kooges wurde – ebenso wie der Neue Bongsieler Kanal bis zur Schleuse - im Managementplan für das FFH-Teilgebiet „Linnau, Soholmer Au, Bottschlotter See“ (genehmigt im Jahr 2015) bearbeitet.

2.2 Gebietsbeschreibung

2.2.1 Naturräumliche und standörtliche Situation

Der Hauke-Haien-Koog liegt im Naturraum der Nordfriesischen Marsch. Dieser Koog wurde 1958/59 durch einen in der Nordsee errichteten Außendeich von der Nordsee ab- getrennt. Eingedeicht wurden Vorländereien mit Lahnungen und Küstenschutzeinrich- tungen sowie Wattflächen. Durch den Einbau des Schlüttsiels, das bei Hochwasser im Allgemeinen geschlossen wird, wurden die Flächen dem Einfluss der Tide und des Salz- wassers weitgehend entzogen. Vom Bongsieler Kanal aus wurde der Neue Bongsieler Kanal durch den eingedeichten Hauke-Haien-Koog geführt. Dieser endet mit dem Mittelbecken und dem Schlüttsiel am

8 Außendeich. Nördlich und südlich des Bongsieler Kanals und des Mittelbeckens wurden zwei Speicherbecken mit jeweils einem Fluttor angelegt. Die drei Becken des Hauke-Haien-Kooges sind auf der Westseite vom Außendeich zur Nordsee umgeben. Auch der Bongsieler Kanal wird durch einen Deich begrenzt. Auf der Ostseite der Speicherbecken wurde ein flacher Deich zur Abgrenzung zum landwirt- schaftlichen Areal des Hauke-Haien-Kooges errichtet. Der Teilgebietsbereich reicht im Westen nicht bis zum Außendeich. Zwischen Außen- deich und Speicherbecken verläuft die die Orte Dagebüll und Ockholm verbindende Straße L19; sie bildet die Westgrenze des „Hauke-Haien-Kooges“. Die Entfernung von Schlüttsiel nach Dagebüll beträgt rund 7,5 km, jene nach Ockholm ebenfalls rund 5 km. Nach Niebüll sind es etwa 23 km.

2.2.2 Entwicklung der Wasserwirtschaft und aktuelle Situation

Die Marsch entsteht durch die Ablagerung von mit dem Meereswasser mit geführten Se- dimenten am Rand der Flutwelle. Mit dem nacheiszeitlichen Meeresspiegelanstieg ab etwa 2500 vor der Zeitenwende konnte eine mächtigere Sedimentschicht aufgebaut wer- den. Aus dem Hinterland kommendes Wasser staute sich zunehmend im Binnenland vor der allmählich in die Höhe wachsenden Marsch. Durch den ansteigenden Meeresspiegel und den steigenden Grundwasserstand bildeten sich in den tiefliegenden Bereichen erst flache Seen, dann großflächige Moore. Der Abfluss des Oberflächenwassers aus dem Binnenland in die Nordsee und das Eindringen des Meereswassers ins Binnenland sind natürlicher Weise unmittelbar an den Meeresspiegel gekoppelt. Seit dem Mittelalter wurden Deiche errichtet, um landwirtschaftlich nutzbare Flächen dem Einfluss des Meeres zu entziehen. Sturmfluten führten zu Deichbrüchen und damit zu erneuten Überflutungen des Landes. Nicht nur Salzwasser, auch Süßwasser kann die Nutzbarkeit beeinträchtigen, deshalb wurden die Methoden des Deichbaus als Hoch- wasserschutz und die Methoden zur Entwässerung des Binnenlandes im Laufe der Jahr- hunderte auch dank technischer Errungenschaften verbessert. Der Bongsieler Kanal wurde geschaffen, um vor allem das aus dem Einzugsgebiet der Geest und über die Lecker Au und die Soholmer Au kommende Wasser bei Bongsiel in die Nordsee zu leiten. Größere Bereiche des Einzugsgebietes werden über Schöpf- werke entwässert. Der Einfluss von Hochwasserereignissen im Binnenland wurde verrin- gert. Die Hochwasserereignisse der Nordsee wirkten sich jedoch weiterhin auf das Bin- nenland aus. Zudem führten Sedimentablagerungen vor der Einmündung des Bongsie- ler Kanals in der Nordsee zu einem verschlechterten Abfluss und damit zu einem Stau des Süßwassers im binnenländischen Einzugsgebiet. Zur Verbesserung dieser Situation für das 72.000 ha große Einzugsgebiet der Lecker Au und der Soholmer Au wurde 1958/59 die vor Fahretoft, Bongsiel und Ockholm liegende rund 1.200 ha große Meeresbucht eingedeicht. Der Bongsieler Kanal wurde abgedämmt und an den neu geschaffenen Unterlauf, den Neuen Bongsieler Kanal, angeschlossen. Dieser wurde durch den Hauke-Haien-Koog gezogen. Sein Auslauf in die Nordsee er- hielt ein Siel, Schlüttsiel. Vom Neuen Bongsieler Kanal und dem Mittelbecken aus bestehen Verbindungen zum Nordbecken (von rund 157 ha Größe) und zum Südbecken (rund 358 ha Größe). Sperr- anlagen zu den Speicherbecken können geöffnet werden, um Wasser in das jeweilige Becken zu leiten oder um Wasser aus den Becken abzuleiten. Schlüttsiel wird im Allgemeinen bei Ebbe geöffnet und bei Flut geschlossen. Infolgedes- sen gelangt meistens wenig Meereswasser in den Neuen Bongsieler Kanal bzw. in die benachbarten Speicherbecken.

9 2.2.3 Vegetation

Die dauerhaft offenen Wasserflächen werden nur von sehr wenigen Tauchblatt- oder Schwimmblattpflanzen-Arten besiedelt. Im Jahr 2019 war Kamm-Laichkraut (Potamoge- ton pectinatus) verbreitet. Jedoch sterben die oberirdischen Organe mit dem sinkenden Wasserstand des Kooggewässers ab. In die Flachwasserzonen wachsen bei entspre- chenden Bedingungen Arten der Flutrasen sowie des Röhrichts hinein. Im Wasser wachsendes Schilf-Röhricht war im Jahr 2019 nur kleinflächig ausgeprägt. Der breitere Graben auf der Ostseite des Südbeckens ist abschnittsweise mehr oder we- niger dauerhaft wassergefüllt und darüber hinaus auch gut belichtet, so dass hier Arten wie Krebsschere (Stratiotes aloides) vorkommen. Das beweidete Grünland wird auf den trockneren Standorten und den Deichen von Ar- ten des Wirtschaftsgrünlandes wie von Weidelgras (Lolium perenne), Kammgras (Cyno- surus cristatus), Rotem Straußgras (Agrostis tenuis), Rotschwingel (Festuca rubra), Wol- ligem Honiggras (Holcus lanatus), Mäusegerste (Hordeum murinum), Weißklee (Trifo- lium repens), Gänseblümchen (Bellis perenne) und Gemeinem Hornkraut (Cerastium ho- losteoides) geprägt. Auf den feuchteren Flächen dominieren Flutrasen-Arten, besonders Weißes Straußgras (Agrostis stolonifera), Kriechender Hahnenfuß (Ranunculus repens) und Gänse-Fingerkraut, (Potentilla repens). Aber es sind auch Arten wie Gewöhnliche Sumpfbinse (Eleocharis palustris), Hainsegge (Carex otrubae) oder Rasenschmiele (Deschampsia cespitosa) vorhanden. Ins Grünland eingestreut sind Areale mit einem höheren oder hohen Anteil an Nitrophyten wie Gewöhnliche Kratzdistel (Cirsium vul- gare), Acker-Kratzdistel (Cirsium arvense) und Brennnessel (Urtica dioica). Land-Röhrichte herrschen großflächig auf der Ostseite des Hauke-Haien-Kooges vor. Auf der Westseite kommen sie in geringerer Ausbreitung vor. Schilf (Phragmites austra- lis) ist die dominierende Art. Es wächst dicht bis etwas lichter. Auf diese Weise werden vor allem in den Schilfmahd-Arealen niedrigwüchsige Arten ausreichend belichtet. Ne- ben den Flutrasen-Arten kommen unter anderem Wasserminze (Mentha aquatica), Wie- sen-Schaumkraut (Cardamine pratensis), Beinwell (Symphytum officinale), Sumpfhaar- strang (Peucedanum palustre), Berle (Berula erecta), Brennnessel (Urtica dioica),) und Sumpfreitgras vor. In den langjährig nicht gemähten Bereichen ist die Krautschicht meist artenärmer und mit geringerer Deckung ausgebildet. Erste Gehölze, vor allem Weiden (Salix spec.), aber auch Fliederbeere (Sambucus nigra), Hundsrose (Rosa canina) und Schwarze Johannesbeere (Ribes nigrum), etablieren sich an Rändern oder Störstellen. Seit der Eindeichung gelangt kein Meereswasser in die Speicherbecken. Im Neuen Bongsieler Kanal vermischen sich Salz- und Süßwasser, so dass mit dem Flutungswas- ser eine sehr geringe Salzkonzentration in die Speicherbecken gelangen kann. Qualm- wasser (auch während der langen niederschlagsfreien Zeit im Sommer 2019 austretend) sorgt für eine Erhöhung der Salinität. Die Böden oberhalb des austretenden Qualmwas- sers süßen deshalb aus. Rund um die Speicherbecken kommen typische Arten der Salzwiesen wie Salzschwa- den (Puccinellia distans), Salzwiesen-Rotschwingel (Festuca rubra ssp. litoralis), Bod- denbinse (Juncus gerardii), Milchkraut (Glaux maritima) und Erdbeerklee (Trifolium fra- giferum) in schmalen Bändern oder auch in größeren Beständen vor. Das Auftreten von Andelgras, Salzschwaden, Salzwiesen-Rotschwingel und Boddenbinse hängt von den kleinräumigen edaphischen und hydrologischen Verhältnissen ab. In den weniger oder nicht mehr beweideten Bereichen kommen typische Arten der Brackwasser-Röhrichte wie Meerstrandbinse (Juncus maritimus) und Strandsimse (Bolboschoenus maritimus) mit unterschiedlicher Deckung vor. Die salzwassergeprägten Biotope werden von klei- nen Abflussrinnen und kleinen Reliefunterschieden strukturiert. Unterhalb von ihnen wird die obere Wechselwasserzone zwischen den Weide- und den Wasserflächen gelegent- lich von schütteren bis besser entwickelten Pionierrasen mit Dominanz von Weißem Straußgras (Agrostis stolonifera) und Gänse-Fingerkraut (Potentilla anserina) besiedelt. Diese salzwasserbeeinflussten Biotope (Biotopkartierung des Landes Schleswig-Hol- stein, 2018) gehören alle zum Lebensraumtyp 1330, Atlantische Salzwiesen.

10 2.2.4 Vögel

Karte 2 Der „Hauke-Haien-Koog“ ist Rast-, Nahrungs-, Mauser- und Brutgebiet für eine Vielfalt an Vogelarten. Vertreten sind vor allem Rast- und Brutvogelarten der Gewässer sowie Wiesen- und Küstenvogelarten, aber auch Vogelarten der Röhrichte, Weidengebüsche und Hochstaudenfluren. Einige Zugvogelarten wie Nonnengans, Pfeifente und Al- penstrandläufer rasten in sehr großer Anzahl im Gebiet. Das genutzte offene Grünland wird von den Wiesenvogelarten Kiebitz und Rotschenkel sowie von Feldlerche, Wiesenpieper und Wiesenschafstelze als Brutrevier genutzt. In den Röhrichten brüten Bartmeise, Schilfrohrsänger und Blaukehlchen sowie Rohrweihe, und Rohrdommel. Neben vielen jährlich durchziehenden Vogelarten gibt es gelegentlich außergewöhnliche Gäste wie Wüstenregenpfeifer, Wilson-Wassertreter und Weißbürzel-Strandläufer. Das Gesamtgebiet ist als Lebensraum zahlreicher Brut- und Rastvögel der Feuchtge- biete besonders schutzwürdig.

2.3 Einflüsse und Nutzungen

2.3.1 Landwirtschaftliche Nutzung

Die Deiche und die angrenzenden Ländereien werden von Schafen zumeist ganzjährig beweidet. Im Nordbecken werden bzw. wurden gelegentlich während des Sommers zu- sätzlich Rinder gehalten. Die Weidetiere halten die meisten Flächen ausreichend kurz; gleichwohl werden kleinere und größere Areale von ihnen sehr extensiv aufgesucht, so dass sich hier hochwüchsige Vegetation etabliert. - Die Beweidung begann mit der Ein- deichung des Areals. Im Einzelfall werden Deichabschnitte gemulcht, um den Bewuchs kurz zu halten. Auf der Ostseite der Speicherbecken wurden große Bereiche von der Beweidung ausge- nommen. Hier etablierten sich großflächige Schilfflächen. Diese werden im Winter zur Gewinnung von Reet gemäht.

2.3.2 Wasserwirtschaft

Für die Eindeichung des Hauke-Haien-Kooge wurden die Landgewinnung, die Siche- rung des Hinterlandes vor Hochwasser sowie die Ableitung des Oberflächenwassers aus dem Hinterland als Ziele formuliert. So wurde 1958/59 ein rund 1.200 ha großes Ge- biet durch den Bau eines neuen Deiches von der Nordsee abgetrennt. Das vor dem ehe- maligen Schutzdeich gelegene höhere Vorland, etwa 500 ha, wurde für landwirtschaftli- che Zwecke frei gegeben. Die tiefer liegenden Wattflächen, etwa 700 ha, wurden für die Errichtung von zwei Speicherbecken genutzt. Das Nordbecken und sein Umland weisen eine Größe von rund 160 ha auf. Das Südbecken und sein Umland sind rund 360 ha groß. Zwischen ihnen wurde das Mittelbecken mit einer ungefähren Größe von 50 ha in- stalliert. Durch das Mittelbecken verläuft der Neue Bongsieler Kanal. Zuvor nahm der Bongsieler Kanal die Lecker Au und die Soholmer Au auf und leitete sie bei Bongsiel in die Nordsee. Der Bongsieler Kanal wurde abgedämmt und der Zufluss in den Neuen Bongsieler Kanal geführt. Dessen Mündung in die Nordsee erhielt das Schlüttsiel, mit dem bei Flut und bei Hochwasserereignissen der Einstrom des Meeres ins Binnenland verhindert werden kann. Um bei geschlossenem Siel das Binnenland vor Hochwasser zu schützen, kann zusätz- lich das aus dem 720 km² großen Einzugsgebiet strömende Wasser in das Nord- und das Südbecken als temporäre Reservoire geleitet werden. Das Wasser fließt durch steu- erbare Öffnungen in die oder aus den Becken. Zusammen mit dem Mittelbecken, dem Neuen Bongsieler Kanal und dem oberhalb gelegenen Bottschlotter See können bis zu

11 11 Mio m³ Niederschlagswasser aufgenommen werden, wenn das Schlüttsiel wegen un- günstiger Bedingungen geschlossen bleibt. Der Neue Bongsieler Kanal ist mit Deichen versehen. Die Speicherbecken sind im Osten durch einen Deich mit vorgelagerten Gräben vom landwirtschaftlichen Areal des Hauke- Haien-Kooges abgetrennt. Westlich der Speicherbecken findet sich der neue Landes- schutzdeich zur Nordsee. Fließgewässer, Sielzüge und Deiche werden unterhalten und gepflegt. Der Bewuchs der Deiche wird von Schafen abgeweidet oder gemäht. Wenige Gehölze kommen an den Deich begleitenden Gräben vor. Das Volumen des Nordbeckens umfasst rund 1,1 Mill. m³, rund 2,5 Mill. m³ Wasser kann das Südbecken aufnehmen, sofern die Becken bei Staubeginn aus Sicht des DHSV „normal entleert“ sind. Aus naturschutzfachlichen Gründen werden das Nord- und das Südbecken im zeitigen Frühjahr geflutet. Es wird versucht, die Becken bis zu einem Wasserstand von circa 5,40 m über PNP zu befüllen. Zum Fluten der Becken wird das Schlüttsiel über einen länge- ren Zeitraum nicht geöffnet, so dass der Wasserstand im Neuen Bongsieler Kanal steigt. Dann werden die Schütztafeln der Schließanlagen gezogen, damit das Wasser in die Becken fließen kann. Die Staudauer ist begrenzt, da andernfalls eine Durchfeuchtung der Deiche und damit eine Gefährdung der Deichsicherheit drohen. Auch führt längerer Überstau zu einem Absterben des Pflanzenbewuchses. Folglich hängt die Flutung der Becken von den aus dem Hinterland kommenden und vor allem niederschlagsbedingten Wassermengen sowie der Staudauer ab. Zuständig für die Wasserwirtschaft ist der Deich- und Hauptsielverband Südwesthörn- Bongsiel (kurz: DHSV).

2.3.3 Fischerei und Angelsport

Angeln ist im Gewässersystem Bongsieler Kanal bzw. im Mittelbecken erlaubt. Die Er- laubnisscheine gibt die Fischereigenossenschaft Südwesthörn-Bongsiel aus. Nord- und Südbecken dürfen nicht beangelt werden. Ein entsprechendes Verbot gilt auch für den vor dem Außendeich liegenden Auslauf des Neuen Bongsieler Kanals. Im Gewässersystem des Bongsieler Kanal werden ausschließlich mit der Handangel hauptsächlich Aal, Aland, Brassen, Döbel, Flussbarsch, Flunder, Forelle, Güster, Hecht, Karpfen, Rotauge, Rotfeder, Schleie und Zander gefangen. Sofern im fischereilichen Hegeplan erfasst, dominieren anzahlmäßig Aal und Rotauge. Bezogen auf den dokumentierten Ertrag erreichen Aal, Hecht, Zander, Rotauge und Karpfen die höchsten Entnahmemassen. Das Gewässersystem, vor allem der Unterlauf des Bongsieler Kanals, ist stark von Chi- nesischer Wollhandkrabbe besiedelt. Die Fischereigenossenschaft Südwesthörn-Bongsiel besetzt den Bongsieler Kanal und seine Nebengewässer mit Schleie zur Stabilisierung ihres Bestandes und mit Meerfo- relle zur Wiederansiedlung dieser Spezies. Die im Hegeplan gemäß § 21 Landesfischereigesetz Schleswig-Holstein abgestimmte fischereiliche Nutzung wurde im Rahmen des Genehmigungsverfahrens einer FFH-Vor- prüfung unterzogen. Im Ergebnis wird die Nutzung als FFH-verträglich angesehen. Er- hebliche Beeinträchtigungen der FFH-Zielarten und Ziel–LRT sind für das FFH-Gebiet „Gewässer des Bongsieler Kanalsystems, Teilgebiete Linnau, Soholmer Au Bottschlotter See“ nicht zu erwarten.

2.3.4 Jagd

Die Flächen des Deich- und Hauptsielverbandes Südwesthörn-Bongsiel (kurz: DHSV) bilden ein Eigenjagdrevier im Hauke-Haien-Koog. Mit den jagdlichen Aufgaben wurden

12 mehrere Jäger der Landesjägerschaft Schleswig-Holstein im Rahmen von entgeltlichen Jagderlaubnisscheinen betraut. Zu den jagdlich interessanten Arten gehören neben Haar- und Rehwild vor allem Raub- säuger und Arten, die Erdbaue im Deich anlegen, sowie Wasservogelarten. Jagdberechtigungsscheine für Schalenwild werden nur nach Bewilligung ausgegeben.

2.3.5 Freizeitnutzung und Sport

Einige Deiche sind für Spaziergänger und Wanderer ausgewiesen, so dass das Gebiet von hier aus erlebbar ist. Gelegentlich nutzen Radfahrer die Deiche, obwohl diese keine befestigten, sondern grasbewachsene Oberflächen aufweisen. Die Wasserflächen des Nord- und Südbeckens sind nicht für eine Freizeitnutzung frei gegeben. Auf der Nordseite des Mittelbeckens (außerhalb der Natura 2000-Kulisse) be- treibt der örtliche Yacht- und Segelverein, der Yacht-Club Dagebüll-Schlüttsiel e.V., ein Vereinsgelände. Hier starten und landen Boote, die entweder zum Angeln auf dem Neuen Bongsieler Kanal oder zum Segeln im Wattenmeer eingesetzt werden. Darüber hinaus wird das Mittelbecken zu Ausbildungszwecken genutzt. Eine Nutzung als Re- gatta-Revier oder zu weitergehender Freizeitnutzung findet nicht statt. An mehreren Standorten innerhalb des Teilgebietsbereiches sowie in seinem touristisch genutzten Umfeld wurden Tafeln errichtet. Diese informieren über Natura2000, Einzelge- biete, über gebietsübergreifende (Entstehung der Marsch, Entwicklung des Hochwasser- schutzes, etc.) wie über gebietsspezifische Ereignisse (Marsch von Gänsefamilien aus dem Vorland in den Hauke-Haien-Koog) und über den Nationalpark Wattenmeer.

2.3.6 Siedlungen und Infrastruktur

Die Köge erfüllen Aufgaben der Wasserwirtschaft bzw. des Küstenschutzes. Folglich sind die Deiche mit Stautoren und die Speicherbecken des Hauke-Haien-Kooges we- sentliche Bestandteile dieser Aufgaben. Im „Hauke-Haien-Koog“ liegen keine Siedlungen. Die Sielanlage samt benachbarter baulicher Anlagen, das Anwesen des Vereines Jordsand zum Schutz der Seevögel und der Natur e.V. sowie die Straße L191 liegen außerhalb des Vogelschutzgebietes. Ledig- lich ein kleiner Bereich östlich der Siedlung ragt in die Kulisse hinein; dieser wird vom Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz als Lagerfläche ge- nutzt.

2.3.7 Betreuung des Gebietes

Der Flächeneigentümer DHSV Südwesthörn-Bongsiel übertrug 1967 die naturschutz- fachliche Betreuung des „Hauke-Haien-Koog“ dem Verein Jordsand zum Schutz der Seevögel und der Natur e.V. (kurz: Verein Jordsand). Eine Koordinierungsgruppe mit Vertretern des DHSV, des Vereines Jordsand, des Lan- desjagdverbandes, der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises und der Integrierten Station Westküste des Landes Schleswig-Holstein trifft sich alle zwei Jahre, um die Ent- wicklung des Gebietes und um zukünftige Maßnahmen zu besprechen.

2.4 Eigentumsverhältnisse

Siehe Karte 4 Die als Vogelschutzgebiet ausgewiesenen Flächen des „Hauke-Haien-Kooges“ sind im Eigentum des Deich- und Hauptsielverbandes Südwesthörn-Bongsiel. Am Rande ragt eine Kleinstfläche des Landes Schleswig-Holstein in die Kulisse.

13 2.5 Regionales Umfeld

Das Vogelschutzgebiet „Hauke-Haien-Koog“ grenzt auf der Ostseite an eine landwirt- schaftlich geprägte Region, in der Ackerbau und Grünlandwirtschaft betrieben werden. Auf der Westseite schließt der Außendeich mit Vorland, Watt und Wasserflächen der Nordsee an, ausgewiesen als Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer.

2.6 Schutzstatus und bestehende Planungen

Siehe Karte 1 Biotopverbundsystem Der Hauke-Haien-Koog stellt einen Schwerpunktbereich des Biotopverbundsystems des Landes Schleswig-Holstein. Von ihm gehen Verbundachsen über den Fahretofter Wes- terkoog nach Norden, über den Neuen Bongsieler Kanal und über den Bongsieler Kanal nach Nordosten und über die Ockholmer Vordeichung nach Süden. Auf der Westseite schließen der Nationalpark Wattenmeer und das Biosphärenreservat Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und Halligen an. Biotope Der Teilgebietsbreich „Hauke-Haien-Koog“ weist nach Landes- und Bundesnaturschutz- gesetz geschützte Biotope auf. Dazu zählen Pflanzengesellschaften folgender Katego- rien: Fließgewässer, Stillgewässer, Röhrichte, Grünland unterschiedlicher Feuchtestu- fen, Salzwiesen sowie Gebüsche. Naturschutzgebiet Das Vogelschutzgebiet „Hauke-Haien-Koog“ erfüllt aufgrund seiner Lage und seiner na- turräumlichen Ausstattung die Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung als Natur- schutzgebiet; es wurde als Vorschlag in die Landschaftsrahmenplanung aufgenommen.

3 Erhaltungsgegenstand

Der veröffentlichte Standarddatenbogen bezieht sich mit seinen Angaben auf das ge- samte Vogelschutzgebiet „Ramsar-Gebiet Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und angrenzende Flächen“, DE-0916-491. Die Standarddatenbögen werden regelmäßig an den aktuellen Zustand des Gesamtgebietes angepasst und der Europäischen Kommis- sion zur Information übermittelt. Aufgrund der großen Heterogenität bildet der Standarddatenbogen für das „Ramsar-Ge- biet Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und angrenzende Flächen“ nur bedingt die Situation in den Teilgebietsbereichen ab.

Tabelle 1: Im Vogelschutz-Teilgebietsbereich „Hauke-Haien-Koog“ häufiger vorkom- mende Vogelarten nach Anhang I und Art. 4 (2) gemäß Standarddatenbogen (Stand: Mai 2017). Die Angaben zur Populationsgröße und zum Erhaltungszustand beziehen sich je- doch nicht auf den Teilgebietsbereich, sondern auf das gesamte Vogelschutzgebiet „Ramsar-Gebiet S-H Wattenmeer und angrenzende Küstengebiete“.

Art Populations- Erhaltungs- größe zustand1) Schilfrohrsänger (Acrocephalus schoenobaenus) B 2.500 B Feldlerche (Alauda arvensis) B 1.001 - 10.000 A Spießente (Anas acuta) W 1.883 A Spießente (Anas acuta) B 15 B

14

Art Populations- Erhaltungs- größe zustand1) Spießente (Anas acuta) R 4.322 A Löffelente (Anas clypeata) W 523 A Löffelente (Anas clypeata) B 350 B Löffelente (Anas clypeata) R 2.238 A Krickente (Anas crecca) W 2.680 A Krickente (Anas crecca) R 8.225 A Pfeifente (Anas penelope) W 99.502 A Pfeifente (Anas penelope) B 25 B Pfeifente (Anas penelope) R 107.654 A Stockente (Anas platyrhynchos) W 40.012 A Stockente (Anas platyrhynchos) R 21.199 A Knäkente (Anas querquedula) B 6 B Schnatterente (Anas strepera) R 250 B Wiesenpieper (Anthus pratensis) B 1.001 – 10.000 A Graureiher (Ardea cinerea) W 179 A Graureiher (Ardea cinerea) R 436 A Steinwälzer (Arenaria interpres) W 603 A Steinwälzer (Arenaria interpres) R 3.404 A Sumpfohreule (Asio flammeus) B 3 A Rohrdommel (Botaurus stellaris) B 24 A Ringelgans (Branta bernicla) W 1.177 A Ringelgans (Branta bernicla) R 109.729 A Nonnengans (Branta leucopsis) W 31.672 A Nonnengans (Branta leucopsis) B 279 A Nonnengans (Branta leucopsis) R 101.716 A Alpenstrandläufer (Calidris alpina) W 68.329 A Alpenstrandläufer (Calidris alpina) R 440.171 A Knutt (Calidris canutus) W 27.041 A Knutt (Calidris canutus) R 295.955 A Sichelstrandläufer (Calidris ferruginea) R 20.964 A Berghänfling (Carduelis flavirostris) W 8.500 A Seeregenpfeifer (Charadrius alexandrinus) W 251 A Seeregenpfeifer (Charadrius alexandrinus) R 180 C Sandregenpfeifer (Charadrius hiaticula) R 14.877 A Trauerseeschwalbe (Chlidonias niger) B 9 C Rohrweihe (Circus aeruginosus) B 50 A Kornweihe (Circus caneus) W 51 A Wiesenweihe (Circus pygargus) R 0 A Zwergschwan (Cygnus columbianus bewickii) R 500 A Singschwan (Cygnus cygnus) R 550 A Merlin (Falco columbarius) W 50 A Wanderfalke (Falco peregrinus) R 4 A Bekassine (Gallinago gallinago) W 688 A Bekassine (Gallinago gallinago) B 11 B Bekassine (Gallinago gallinago) R 1.397 A Austernfischer (Haematopus ostralegus) W 149.983 A Austernfischer (Haematopus ostralegus) R 130.026 C

15

Art Populations- Erhaltungs- größe zustand1) Austernfischer (Haematopus ostralegus) B 8.800 A Seeadler (Haliaeetus albicilla) W 6 – 10 A Seeadler (Haliaeetus albicilla) B 1 B Stelzenläufer (Himantopus himantopus) B 0 k.A. Silbermöwe (Larus argentatus) W 28.635 A Silbermöwe (Larus argentatus) R 45.026 A Sturmmöwe (Larus canus) W 14.785 A Sturmmöwe (Larus canus) R 26.902 A Heringsmöwe (Larus fuscus) W 6.500 A Mantelmöwe (Larus marinus) W 1.377 A Mantelmöwe (Larus marinus) R 1.211 A Zwergmöwe (Larus minutus) W 100 A Zwergmöwe (Larus minutus) R 700 A Lachmöwe (Larus ridibundus) B 37.000 B Lachmöwe (Larus ridibundus) R 79.597 A Lachmöwe (Larus ridibundus) W 3.884 A Uferschnepfe (Limosa limosa) B 600 A Pfuhlschnepfe (Limosa lapponica) W 6.074 A Pfuhlschnepfe (Limosa lapponica) R 130.617 A Uferschnepfe (Limosa limosa) B 600 A Blaukehlchen (Luscinia svecica cyanecula) B 265 A Mittelsäger (Mergus serrator) B 25 B Großer Brachvogel (Numenius arquata) W 48.574 A Großer Brachvogel (Numenius arquata) R 52.739 A Regenbrachvogel (Numenius phaeopus) R 523 A Bartmeise (Panurus biarmicus) W 251 – 500 A Kormoran (Phalocrocorax carbo) R 3.065 A Kampfläufer (Philomachus pugnax) B 10 C Kampfläufer (Philomachus pugnax) R 5.747 A Löffler (Platalea leucorodia) B 127 A Schneeammer (Plectrophenax nivalis) W 4.000 A Goldregenpfeifer (Pluvialis apricaria) W 1.750 A Goldregenpfeifer (Pluvialis apricaria) R 31.152 A Kiebitzregenpfeifer (Pluvialis squatarola) W 9.739 A Kiebitzregenpfeifer (Pluvialis squatarola) R 34.259 A Schwarzhalstaucher (Podiceps nigricollis) B 11 - 50 A Tüpfelsumpfhuhn (Porzana porzana) B 16 A Säbelschnäbler (Recurvirostra avosetta) B 4.200 A Säbelschnäbler (Recurvirostra avosetta) R 7.175 A Zwergseeschwalbe (Sterna albifrons) B 250 A Flussseeschwalbe (Sterna hirundo) B 2.550 A Küstenseeschwalbe (Sterna paradisaea) B 3.300 A Küstenseeschwalbe (Sterna paradisaea) R 10.199 A Brandgans (Tadorna tadorna) W 48.579 A Brandgans (Tadorna tadorna) B 2.200 B Brandgans (Tadorna tadorna) R 216.280 A Dunkler Wasserläufer (Tringa erythropus) R 12.403 A

16

Art Populations- Erhaltungs- größe zustand1) Grünschenkel (Tringa nebularia) R 4.596 A Rotschenkel (Tringa totanus) W 2.253 A Rotschenkel (Tringa totanus) B 4.100 A Rotschenkel (Tringa totanus) R 12.452 A Kiebitz (Vanellus vanellus) W 1.006 A Kiebitz (Vanellus vanellus) B 4.650 A Kiebitz (Vanellus vanellus) R 35.502 A fett: Vogelart des Anhang I der Vogelschutzrichtlinie 1) Erhaltungszustand: A: hervorragend; B: gut; C: ungünstig; k.A.: keine Angabe W: Überwinternder Vogel; B: Brutvogel; R: Rastvogel

3.1 Brutvogelarten nach Anhang I und Art. 4 (2) Vogelschutz-Richtlinie

Tabelle 2: Im Vogelschutz-Teilgebietsbereich „Hauke-Haien-Koog“ vorkommende Brutvo- gel-Arten aus Anhang I der EU-Vogelschutzrichtlinie und der Roten Liste Schleswig-Hol- stein sowie weitere Brutvogel-Arten (Quelle: VEREIN JORSAND 2012, 2013, 2017, 2018).

Brutvogel-Art RL Bestand 1 SH / Nat 2012 2013 2017 2018 Ver2 Schilfrohrsänger (Acrocephalus schoeno.) - 51 172 153 239 Feldlerche (Alauda arvensis) 3 26 35 25 11 Spießente (Anas acuta) x 0 1 0 0 Löffelente (Anas clypeata) x 12 18 11 15 Krickente (Anas crecca) - 2 7 0 13 Stockente (Anas platyrhynchos) - 68 26 34 40 Knäkente (Anas querquedula) V 2 2 0 6 Schnatterente (Anas strepera) x 28 20 5 30 Wiesenpieper (Anthus pratensis) V 0 6 41 8 Rohrdommel (Botaurus stellaris) - 1 2 2 Sandregenpfeifer (Charadrius hiaticula) 2 0 2 2 1 Trauerseeschwalbe (Chlidonias niger) 1 2010: 1 BP 0 0 Rohrweihe (Circus aeruginosus) - 4 3 3 5 Rohrammer (Emberiza schoeniclus) - k.A. 105 165 400 Bekassine (Gallinago gallinago) 2 10 0 0 0 Austernfischer (Haematopus ostralegus) x 23 33 21 27 Stelzenläufer (Himantopus himant.) - 2010: 1 BP 0 Lachmöwe (Larus ridibundus) - 14 0 6 4 0 Uferschnepfe (Limosa limosa) 2 13 10 2 0 Blaukehlchen (Luscinia svecica cyan.) - 0 8 2 4 Mittelsäger (Mergus serrator) - 1 0 0 0 Wiesenschafstelze (Motacilla flava) - 0 12 11 6 Bartmeise (Panurus biarmicus) - 4 17 24 39 Kampfläufer (Philomachus pugnax) 1 5 BZF 0 0 0 Tüpfelsumpfhuhn (Porzana porzana) 3 0 0 0 0 Säbelschnäbler (Recurvirostra avoset.) - 11 40 164 198 Zwergseeschwalbe (Sterna albifrons) 2 0 0 2 1 Flussseeschwalbe (Sterna hirundo) - 0 0 0 58*

17

Brutvogel-Art RL Bestand 1 SH / Nat 2012 2013 2017 2018 Ver2 Küstenseeschwalbe (Sterna paradisaea) - 6 0 2 58* Brandgans (Tadorna tadorna) x 0 15 5 12 Rotschenkel (Tringa totanus) V 10 11 10 11 Kiebitz (Vanellus vanellus) 3 55 57 71 58 fett: Vogelart des Anhang I der Vogelschutzrichtlinie 1) RL SH: Rote Liste Vögel Schleswig-Holstein 2010 1: vom Aussterben bedroht; 2: stark gefährdet; 3: gefährdet; V: Vorwarnliste; -: ungefährdet 2) Nat Ver: Nationale Verantwortung: >1/3 des deutschen Brutbestandes in Schleswig-Holstein: x BZF: Brutzeitfeststellung mit Weibchen *: Gesamtanzahl der Brutpaare für die Kolonie aus Flussseeschwalbe und Küstenseeschwalbe

3.2 Rastvogelarten nach Anhang I und Art. 4 (2) Vogelschutz-Richtlinie

Tabelle 3: Im Vogelschutz-Teilgebietsbereich „Hauke-Haien-Koog“ vorkommende Rast- vogel-Arten aus Anhang I der EU-Vogelschutzrichtlinie und der Roten Liste Schleswig- Holstein sowie weitere Rastvogel-Arten mit der jährlich maximal gleichzeitig beobachte- ten Anzahl (Quelle: VEREIN JORSAND 2012, 2013, 2017, 2018).

Rastvogel-Art RL Bestand 1 SH / 2012 2013 2017 2018 Nat Ver2 Spießente (Anas acuta) x 364 7.29 2.160 1.549 Löffelente (Anas clypeata) x 378 567 836 1.689 Krickente (Anas crecca) - 2.070 1.200 3.677 929 Pfeifente (Anas penelope) x 5.131 6.693 5.400 40.362 Stockente (Anas platyrhynchos) - 1.400 5.872 2.437 3.215 Schnatterente (Anas strepera) x 301 831 980 5.183 Graureiher (Ardea cinerea) - 18 11 65 41 Steinwälzer (Arenaria interpres) 1 15 10 28 23 Sumpfohreule (Asio flammeus) 2 1 0 3 2 Ringelgans (Branta bernicla) - 433 920 3.900 822 Nonnengans (Branta leucopsis) - 2.054 7.343 5.700 11.000 Alpenstrandläufer (Calidris alpina) 1 2.818 16.702 6.591 9.546 Knutt (Calidris canutus) - 550 1.470 1.000 409 Sichelstrandläufer (Calidris ferruginea) - 31 70 1.000 8 Berghänfling (Carduelis flavirostris) - 15 200 150 200 Seeregenpfeifer (Charadrius alex.) 1 3 0 1 1 Trauerseeschwalbe (Chlidonias niger) 1 0 0 28 3 Kornweihe (Circus cyaneus) 2 5 7 2 3 Wiesenweihe (Circus pygargus) 2 0 1 1 1 Zwergschwan (Cygnus colum. bewickii) - 88 26 19 36 Singschwan (Cygnus cygnus) - 17 k.A. 17 29 Merlin (Falco columbarius) - 0 1 1 1 Wanderfalke (Falco peregrinus) - 2 1 2 2 Bekassine (Gallinago gallinago) 2 8 47 93 26 Austernfischer (Haematopus ostralegus) x 1.175 3.640 2.700 2.391 Seeadler (Haliaetus albicilla) - 1 3 2 3

18

Rastvogel-Art RL Bestand 1 SH / 2012 2013 2017 2018 Nat Ver2 Silbermöwe (Larus argentatus) - 1.500 550 139 379 Sturmmöwe (Larus canus) V 400 360 169 751 Heringsmöwe (Larus fuscus) x 42 42 140 86 Mantelmöwe (Larus marinus) x 27 34 43 48 Zwergmöwe (Larus minutus) 0 2 14 46 25 Lachmöwe (Larus ridibundus) - 1.626 2.714 1.417 2.580 Pfuhlschnepfe (Limosa lapponica) - 480 91 164 288 Uferschnepfe (Limosa limosa) 2 56 56 115 89 Isländ. Uferschnepfe (Limosa lim. island.) - 48 0 72 44 Mittelsäger (Mergus serrator) x 7 6 3 27 Großer Brachvogel (Numenius arquata) V 1.038 1.500 980 1.239 Regenbrachvogel (Numenius phaeopus) - 0 7 56 16 Kormoran (Phalocrocorax carbo) - 56 25 67 115 Kampfläufer (Philomachus pugnax) 1 140 542 720 1.021 Löffler (Platalea leucorodia) R 297 200 230 344 Schneeammer (Plectrophenax nivalis) - 70 200 17 59 Goldregenpfeifer (Pluvialis apricaria) - 2.468 2.108 2.147 2.353 Kiebitzregenpfeifer (Pluvialis squatarola) - 650 1.079 1.400 1.396 Schwarzhalstaucher (Podiceps nigricollis) V 2 0 5 9 (B)Säbelschnäbler (Recurvirostra avo.) - 330 403 290 370 Brandgans (Tadorna tadorna) x 5.289 7.669 2.200 4.236 Dunkler Wasserläufer (Tringa erythropus) - 61 600 863 1.410 (R)Grünschenkel (Tringa nebularia) - 40 210 2 592 Rotschenkel (Tringa totanus x 750 624 129 1.011 Kiebitz (Vanellus vanellus) 3 6.000 5.557 5.050 2.335 fett: Vogelart des Anhang I der Vogelschutzrichtlinie 1) RL SH: Rote Liste Vögel Schleswig-Holstein 2010 1: vom Aussterben bedroht; 2: stark gefährdet; 3: gefährdet; V: Vorwarnliste; R: geografische Restriktion oder extrem selten; -: ungefährdet 2) Nat Ver: Nationale Verantwortung: >1/3 des deutschen Brutbestandes in Schleswig-Holstein: x

3.3 Flora-Arten

Tabelle 4: Im Vogelschutz-Teilgebietsbereich „Hauke-Haien-Koog“ unter anderem vor- kommende Pflanzen-Arten der Roten Liste Schleswig-Holstein.

Name Schutzstatus/ Bemerkung Gefährdung Kuckucks-Lichtnelke (Silene flos-cuculi), Krebsschere RL-SH 3 Sach 2019 (Stratiodes aloides) Sumpfdotterblume (Caltha palustris), Wiesen- RL-SH V Sach 2019 Schaumkraut (Cardamine pratensis), Sumpfvergiss- meinnnicht (Myosotis scorpioides agg.), Sumpf-Haar- strang (Peucedanum palustre) RL-SH: Rote Liste Pflanzen Schleswig-Holstein 2006 1: vom Aussterben bedroht; 2: stark gefährdet; 3: gefährdet; R: extrem selten; V: Vorwarnliste; -: ungefährdet

19 4 Erhaltungsziele

4.1 Erhaltungs- und ggf. Wiederherstellungsziele

Die im Amtsblatt für Schleswig-Holstein veröffentlichten Erhaltungs- und Wiederherstel- lungsziele für das Europäische Vogelschutzgebiet DE 0916-491 „Ramsar-Gebiet Schles- wig-Holsteinisches Wattenmeer und angrenzende Flächen“ ergeben sich aus Anlage 1 und sind Bestandteil dieses Planes. Für den „Hauke-Haien-Koog“ sind diejenigen Vogelarten von gemeinschaftlichem Inte- resse, die für das Teilgebiet „Köge“ als Erhaltungsziel benannt wurden und die regelmä- ßig im „Hauke-Haien-Koog“ vorkommen, in Tabelle 1 aufgeführt. Diese Liste ergänzend sind die im „Hauke-Haien-Koog“ vertretenen Brutvogel-Arten Wiesenschafstelze (Motacilla flava) und Tüpfelsumpfhuhn (Porzana porzana) in den Er- haltungszielen für das Teilgebiet „Köge“ genannt. Sie sollten in den Standarddatenbo- gen aufgenommen werden. Einige als Erhaltungsziel klassifizierte Brutvogel-Arten wie Trauerseeschwalbe und Zwergseeschwalbe werden mehr oder weniger häufig im Teilgebietsbereich gesichtet, rastend oder Nahrung suchend, sie brüteten jedoch nicht. Weitere in den Erhaltungszielen genannte Brut- oder Rastvogel-Arten kommen verein- zelt und für zumeist sehr kurze Aufenthalte wie Eiderente (Somateria mollissima), Oh- renlerche (Eremophila alpestis), Braunkehlchen (Saxicola rubetra), Lachseeschwalbe (Gelochelidon nilotica) und Steinschmätzer (Oenanthe oenanthe) im „Hauke-Haien- Koog“ vor, den sie somit als Rastvogel, aber nicht als Brutvogel nutzen. Inwieweit der heimlich lebende und unregelmäßig auftretende Wachtelkönig (Crex crex) im Gebiet als Rastvogel anzutreffen ist, ist unbekannt. Rufende Männchen wurden in den letzten Jahren nicht gehört. Diese Spezies gehört als Brutvogel-Art zu den Erhal- tungszielen für das Teilgebiet „Köge“.

4.2 Sonstige Erhaltungs- und Entwicklungsziele aus anderen Rechtsgründen

Im Vogelschutzgebiet sind gesetzlich geschützte Biotope (§30 BNatSchG in Verbindung mit §21 LNatSchG, 2016) entwickelt. Neben Kooggewässern sind Landröhrichte, Brack- wasserbeeinflusste Röhrichte, Sümpfe, Mesophiles Grünland, Brackwasser beeinfluss- tes Grünland und Obere Salzwiese geschützt. Es sind alle Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung oder sonstigen erheblichen Beeinträchtigung der gesetzlich geschützten Biotope führen können. Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (kurz: WRRL) widmet sich dem Schutz und der Verbesserung von Fließgewässern, Seen und Meeren. Ziel ist das „Erreichen eines gu- ten ökologischen Zustandes“. Für das Einzugsgebiet des Bongsieler Kanals wurden Konzepte entwickelt. Diese werden entsprechend ihrer Möglichkeiten umgesetzt.

5 Analyse und Bewertung Siehe Karte 2 Der Vogelschutz-Teilgebietsbereich „Hauke-Haien-Koog“ ist als Lebensraum zahlreicher Brut-, Mauser-, Rast- und Überwinterungsvogelarten besonders schutzwürdig. Auch wird es als Nahrungsrevier aufgesucht. Das übergreifende Schutzziel ist die Erhaltung der Habitate für die wertgebenden Vogel- arten. Bei ihnen handelt es sich um Arten des Feuchtgrünlandes, der Röhrichte und Sukzessionsflächen sowie um Wasser- und Watvogelarten. Zählungen der Brut- und Rastvögel im Teilgebietsbereich „Hauke-Haien-Koog“ werden seit vielen Jahren vom betreuenden Verband, dem Verein Jordsand zum Schutz der

20 Seevögel und der Natur e.V., durchgeführt (siehe jährliche Betreuungsberichte sowie Zeitschrift „Seevögel“ des Vereines Jordsand). Das Land Schleswig-Holstein nutzt diese Daten für das Vogelmonitoring. Die Anzahl der dokumentierten Brutvogelarten schwankt im Verlauf der Jahre. Erfasst werden außerdem Haus- und Gartenvogelarten auf dem Grundstück des Vereines Jord- sands, das unmittelbar am Vogelschutz-Teilgebietsbereich liegt. Für den Zeitraum von 1992 bis 2018 wurden minimal 25 (Jahr 2004) und maximal 62 (Jahr 2005) Brutvogelar- ten registriert. Bei Betrachtung de Jahre von 2012 bis 2018 wurden minimal 32 (Jahr 2012) und maximal 49 (Jahr 2018) Brutvogelarten notiert. Der Erhaltungszustand der Vogelarten (siehe Standarddatenbogen bzw. Tabelle 1) wurde nicht für den „Hauke-Haien-Koog“, sondern für das gesamte Vogelschutzgebiet „Ramsar SH-Wattenmeer und angrenzende Küstengebiete“ ermittelt. Insofern können abweichende Situationen in den Teilgebietsbereichen herrschen. Den weitaus meisten Arten wurde ein „hervorragender“ Erhaltungszustand (Erhaltungszustand A) zu geschrie- ben. Wenige Brutvogel-Arten, wie Schilfrohrsänger, Spießente, Löffelente, Pfeifente, Knäkente, Schnatterente, Bekassine, Seeadler, Lachmöwe, Mittelsäger und Brandgans, befinden sich in einem „guten“ Erhaltungszustand (Erhaltungszustand B); nicht alle die- ser Spezies brüten im „Hauke-Haien-Koog“. Einen „ungünstigen“ Erhaltungszustand (Er- haltungszustand C) zeigen die nicht im „Hauke-Haien-Koog“ brütenden Arten Al- penstrandläufer, Sandregenpfeifer und Trauerseeschwalbe. Für alle Rastvogel-Arten ist ein „hervorragender“ Erhaltungszustand angegeben.

5.1 Rastvogelarten

Der Vogelschutz-Teilgebietsbereich „Hauke-Haien-Koog“ wird von vielen Zugvogelarten zum kürzeren oder längeren Halt genutzt. Andere Arten, gegebenenfalls im Umfeld brü- tend, suchen phasenweise oder ganzjährig Nahrung im Gebiet. Andere Arten verbringen die Mauser an den Speicherbecken. Die in größeren zeitlichen Abständen erfolgenden Zählungen erfassen die Arten mit kur- zer oder kürzerer Verweildauer im „Hauke-Haien-Koog“ nicht unbedingt in maximaler Stärke. Ein Rückschluss auf die Entwicklung der einzelnen Arten ist deshalb nicht mög- lich. Dafür bedarf es der Daten aus dem gesamten Vogelschutzgebiet „Ramsar-Gebiet SH Wattenmeer und angrenzende Küstengebiete“ bzw. noch größerer räumlicher Ein- heiten. Hinzuzuziehen sind meteorologische Daten, da das Rastverhalten bei vielen Ar- ten witterungsabhängig ist. In Wintern mit gefrorenen Wasserflächen und wenig verfüg- barer Nahrung ziehen viele Vögel in wärmere Gefilde (BLEW et al. 2005). Die in den Kap. 5.1.1 bis 5.1.4 genannten Daten der Jahre 2007 bis 2018 stammen vom Verein Jordsand. Rastende Vögel, unabhängig davon, ob sie im Offenland, im Röhricht oder in anderen Habitaten ruhen oder Nahrung suchen, brauchen störungsarme Areale. Jedes Auf- scheuchen bedeutet einen Verlust an Reservestoffen, dieser muss anschließend wieder kompensiert werden. Die Anzahl der die Straße passierenden Fahrzeuge sowie die An- zahl der auf dem Deich und der Straße wandernden Menschen sollte deshalb möglichst gering sein. Durch den „Hauke-Haien-Koog“ verläuft ein ausgewiesener Wanderweg. Auch die anderen Deichabschnitte sind für die Öffentlichkeit frei gegeben. Die rund um die Wasserflächen rastenden, äsenden oder ruhenden Vögel, häufig hunderte bis tau- sende Individuen, fliegen auf, wenn Menschen nahen. Sollte die Anzahl der Erholungs- suchenden und ihre Störfrequenz dazu führen, dass die Vögel keine längere Ruhe an den Speicherbecken finden, sind die Deiche einschließlich des ausgewiesenen Wander- weges für die Öffentlichkeit während der Rast- und Brutzeit oder dauerhaft zu sperren. Das Futterangebot für die weidenden Vogelarten kann über das Offenhalten des Grün- landes und der Deiche gewährleistet werden. Eine Vergrößerung der Weideflächen zu Lasten des Röhrichts böte weitere Nahrungsflächen. Ein feuchter bis nasser Boden ist

21 für die Nahrungssuche vielen Arten günstig, andere Arten benötigen eine ausgedehnte Flachwasserzone. Das Futterangebot für tauchende, seihende oder stochernde Wasservögel ist unter- schiedlich. Die etablierten floristischen und faunistischen Arten sind auf Süßwasser an- gewiesen, Brackwasser mit geringer Salinität wird von den meisten toleriert. Folglich be- steht beim Einleiten großer Mengen an Meerwasser die Gefahr, dass viele Organismen absterben.

5.1.1 Greifvogelarten

Im Winterhalbjahr nutzen mehrere Greifvogelarten das Gebiet zur Nahrungssuche. Ge- legentlich bis regelmäßig werden Sumpfohreule, Kornweihe und Wiesenweihe sowie Raufußbussard und Merlin registriert. Ganzjährig werden regelmäßig oder selten bis gelegentlich Seeadler, Mäusebussard, Sperber, Turmfalke, Habicht und Wanderfalke beobachtet. Alle genannten Arten werden jeweils in geringer Anzahl gesichtet.

5.1.2 Wasservogelarten

Vor allem Enten- und Gänsearten rasten oder mausern im Hauke-Haien-Koog, aber auch Schwäne, Säger und Taucher kommen vor. Die Graugans hält sich ganzjährig mit wenigen Dutzend Tieren bis zu einigen Hundert Brutpaaren im Gebiet auf. Zur Mauser sammeln sich zwischen 8.000 und 11.000 Grau- gänsen an den drei Speicherbecken. Die Anzahl der Nonnengänse erhöhte sich im Ver- lauf der Jahre von 3.000 bis 4.000 Individuen (Jahre 2007 – 2010) bis auf 11.000 im Jahr 2018. Jedoch unterlagen die Maximalzahlen von 2011 bis 2018 größeren Schwan- kungen. Innerhalb eines Jahres wurden die größten Ansammlungen im Frühjahr festge- stellt. Auch während der Brutsaison veränderte sich die Anzahl der beobachteten Non- nengänse; so wurden an einigen Erfassungstagen keine Nonnengänse, an anderen über 1.000 Tiere gezählt. Die Ringelgänse äsen hauptsächlich im Vorland. Im Frühjahr halten sie sich jedoch auch in kleineren oder größeren Gruppen innerhalb des Kooges auf. So wurden verein- zelte, aber auch mehrere Hundert Ringelgänse beobachtet. Mit 3.900 Ringelgänsen wurden im Jahr 2017 eine ungewöhnlich hohe Anzahl ermittelt. Die Nilgans hält sich besonders in der zweiten Jahreshälfte mit inzwischen mehreren Hundert Vögeln am Ende des Südbeckens auf. Von der Kanadagans werden im Som- mer wenige Tiere bis maximal wenige Dutzend Tiere auf. Die Rostgans trat bis vor we- nigen Jahren mit einem Exemplar auf; seit 2013 nahm ihre Anzahl zu, so wurden im Spätsommer 2017 insgesamt 14 Individuen und im Spätsommer 2018 insgesamt 36 In- dividuen erfasst. Die Brandgans kommt das ganze Jahr im Hauke-Haien-Koog vor. Im Winterhalbjahr fin- den sich mehrere Tausend Vögel ein. Rund elf Entenarten werden jährlich dokumentiert; weitere kommen mit wenigen Tieren oder nur gelegentlich mit Einzeltieren als Gast vor. Zu den häufigen Enten gehört die Stockente. Sie kommt ganzjährig in kleineren oder größeren Gruppen in den Speicher- becken vor. Die Höchstwerte mit mehreren Tausend Exemplaren werden häufig im frü- hen Herbst erreicht. Meistens lagen die Maximalwerte zwischen 1.000 und 2.600 Stock- enten, im Jahr 2013 waren es maximal 5.900. Die Pfeifente, ganzjährig im Hauke-Haien-Koog präsent, rastete in den Jahren von 2007 bis 2010 in sehr großer Anzahl im Hauke-Haien-Koog. So wurden im Herbst 2008 mini- mal 16.000 und im Herbst 2010 maximal 37.000 Pfeifenten dokumentiert. Es folgten mehrere Jahre mit nur wenigen Tausend Rastvögeln. Im September 2010 waren es 2.000 Enten. 2018 wurden deshalb mit 40.000 extrem viele Pfeifenten beobachtet. Diese Art verließ im Jahr 2012 als letzte Spezies die gefrierenden Wasserflächen.

22 Die Schnatterente ist mehr oder weniger ganzjährig im Gebiet anwesend, sie kommt allerdings zu Jahresbeginn häufig nicht oder nur in sehr geringer Anzahl vor. Meistens sind im September/Oktober mehr Tiere vorhanden als im Frühsommer. Es werden im Allgemeinen wenige Hundert Schnatterenten gezählt. Ausnahmsweise sammelten sich 1.100 Individuen im Jahr 2010 und 5.200 im Jahr 2018. Die Krickente nutzt die Gewässer des „Hauke-Haien-Kooges“ ganzjährig. Sie ist mit we- nigen bis vielen Exemplaren präsent, dabei schwanken die Zahlen sowohl innerhalb ei- nes Jahres als auch zwischen den Jahren. Die Maximalanzahl wurde meistens im Herbst gesichtet. Im Jahr 2010 handelte es sich minimal um 350 und im Jahr 2017 maxi- mal um 3.700 Krickenten. Die Löffelente ist ganzjährig mit zumeist wenigen Tieren präsent. Im Frühjahr und im Herbst fallen kleinere oder größere Gruppen ein. Die jährlichen Vorkommen variieren sehr. Die höchste Anzahl an Rastvögeln wird zwischen September und Ende Dezember ermittelt. Die Höchstwerte liegen zwischen 380 (Jahr 2012) und 2.100 (Jahr 2015). Die Spießente hält sich zur Zugzeit im Gebiet auf. Die Maximalwerte lagen in den meis- ten Jahren erheblich unter 1.000 Vögeln. Im September 2010 waren es 200 Spießenten. Mit mehr als 2.000 wurden im März 2017 die meisten Spießenten nachgewiesen. Die Tafelente wurde besonders im Herbst auf den Wasserflächen der drei Becken be- obachtet. 2013 wurden über die fünf Brutpaare hinaus keine weiteren Tafelenten er- kannt. Um die 110 Tafelenten wurden als Höchstwert in den Jahren 2001 und 2010 er- fasst. In den anderen Jahren lag der Maximalwert unter 630 (März 2008). Im September 2014 fanden sich mit 1.400 Tafelenten außergewöhnlich viele Exemplare ein. Die Reiherente hält sich ganzjährig in wechselnder Anzahl auf den Gewässern auf. Die Höchstwerte reichen von 90 im August 2013 bis 770 im Mai 2017. Die Schellente ist ganzjährig im Gebiet, häufig in geringer Anzahl. Im Frühjahr und Herbst handelt es sich um wenig Dutzend (die meisten Jahre) bis zu 400 (Maximalwert im September 2018) Schellenten. Weitere Entenarten wie Kolbenente, Trauerente, Bergente, Eisente, Samtente, Schwarz- kopfruderente und Mandarinente wurden meistens als Einzeltiere registriert. Die Anzahl der rastenden Blässhühner unterlag starken Schwankungen. 2007, 2008 und 2015 wurden mehr als 2.000 Tiere erfasst. Von 2009 bis 2014 sowie 2018 lag die Anzahl bei wenigen Hundert. Mittelsäger sind häufig auf den Wasserflächen zu beobachten. Die jährlichen Höchst- zahlen reichen von drei bis sieben Individuen. Im Jahr 2018 wurden jedoch gleichzeitig 27 Mittelsäger gezählt. Zwergsäger werden nicht in jedem Jahr und zumeist in geringer Anzahl beobachtet. Ausnahmsweise wurden im Jahr 2018 mit 36 Zwergsägern sehr viele Exemplare gesichtet. Auch 2018 wurden 77 Gänsesäger registriert, diese Anzahl liegt ebenfalls weit oberhalb der in der Vergangenheit beobachteten Anzahl, sie variiert zwischen 5 und 15 Vögeln. Der Haubentaucher ist ein regelmäßiger Brutvogel, jedoch schwankt die Anzahl der Brutpaare erheblich (von 15 bis 46; 19 Brutpaare im Jahr 2018). Auch die Höchstzahl der ganzjährig auf den Gewässern schwimmenden Vögel reicht von 37 (Jahr 2015) bis zu 200 (Jahr 2009); 2018 waren es 80 Haubentaucher. Von Rothals-, Schwarzhals-, Zwerg-, Ohren- und Sterntauchern wurden meistens Einzeltiere dokumentiert.

5.1.3 Watvogelarten

Der Alpenstrandläufer kommt während des Frühjahrs- und Herbstzuges in sehr großer Anzahl bei Tide-Hochwasser im „Hauke-Haien-Koog“ vor. Während in manchen Jahren weniger als 5.000 Vögel (Minimum 1.600 Vögel im Jahr 2010) gezählt wurden, rasten in anderen bis zu 10.000, gelegentlich auch mehr Alpenstrandläufer; von 2007 bis 2018 waren es maximal fast 17.000 Vögel im Jahr 2013. Im Jahr 2018 wurden rund 9.500 Al- penstrandläufer notiert, dieser Maximalwert ist mit jenem des Jahres 2007 vergleichbar.

23 Der Kiebitz zieht in Schwärmen. Meistens handelt es sich um 2.000 bis 6.000 rastende Individuen, minimal waren es 800 (Jahr 2010) und maximal 11.000 (Jahr 2015). Von Pfuhlschnepfe und Kiebitzregenpfeifer werden häufig nur wenige Individuen, manchmal jedoch auch bis zu 1.500 (Pfuhlschnepfe im Jahr 2017) bzw. bis zu 2.000 (Kiebitzregenpfeifer im Jahr 2008) registriert. Die Uferschnepfe ist mit wenigen Dutzend bis wenigen Hundert (maximal 330 im Jahr 2010) Exemplaren im „Hauke-Haien-Koog“ anwesend. In manchen Jahren fällt auch die Isländische Uferschnepfe mit einigen Dutzend Exemplaren ein. Die Höchstzahl der Kampfläufer ist relativ konstant, sie liegt zwischen 250 und 500. Mit 1.000 Kampfläufern wurden im Jahr 2018 ungewöhnlich viele Exemplare gesichtet. Der Goldregenpfeifer rastet vor allem auf den Wattflächen sowie auf den abgeernteten Feldern im Hauke-Haien-Koog. Seine jährliche Maximalzahl schwankt von rund 1.000 (Jahre 2010 und 2014) bis 6.500 (Jahr 2016). Knutt und Kiebitzregenpfeifer rasten in kleineren oder größeren Schwärmen im Koog, so dass maximal im Frühjahr oder Herbst wenige Exemplare (weniger als 50) bis wenige Tausend (maximal 2.500) Individuen gesichtet werden. Durchziehende Steinwälzer werden mit wenigen Tieren bis zu maximal rund 100 im Hauke-Haien-Koog registriert. Ganzjährig oder während weniger Monate des Jahres sucht die Bekassine die Feucht- bereiche des „Hauke-Haien-Kooges“ auf. Während der Zugzeiten werden bis zu 100 Vö- gel gleichzeitig erfasst. Im Jahr 2016 lag die Höchstzahl jedoch bei 200.

5.1.4 Küstenvogelarten

Die Säbelschnäbler suchen jährlich in größerer Anzahl das Gebiet auf. Mit 80 Indivi- duen wurden im Jahr 2015 die wenigsten und mit 700 im Jahr 2007 die meisten kartiert. Im Oktober 2018 waren es 370. Löffler suchen vor allem von Anfang April bis Ende September das Nordbecken auf. Vor allem bei Hochwasser der Nordsee rasten sie im Flachwasser. Die höchsten Ansamm- lungen werden im August beobachtet. Die jährliche maximale Anzahl verdoppelte sich von 2007 bis 2018 bis auf rund 340 Individuen. Der Seeregenpfeifer ist ein seltener und kurzzeitiger Gast im „Hauke-Haien-Koog“. We- nige Tiere werden beobachtet, zudem gibt es nicht in jedem Jahr Sichtungen. Flussregenpfeifer suchen ebenfalls in zumeist geringer Anzahl das Gebiet auf. Nach- weise für einzelne Mornellregenpfeifer liegen aus wenigen Jahren vor. Sandregenpfei- fer hingegen fallen jährlich in großen Schwärmen ein, so dass mehrere Hundert bis 1.000 Tiere gezählt werden. Die Trauerseeschwalbe nutzt den „Hauke-Haien-Koog“ gelegentlich zur Nahrungssu- che. Es gibt nicht für jedes Jahr dokumentierte Sichtungen. Die beobachtete Höchstzahl schwankt von einzelnen Tieren bis zu 28 (Jahr 2017) bzw. 60 (Jahr 2009). In wenigen Jahren brütete diese Spezies mit wenigen Paaren im Nordbecken. Die maximal beobachtete Anzahl anderer Seeschwalben-Arten ist ebenfalls nicht kon- stant. Die Küstenseeschwalbe verringerte von 2007 bis heute sowohl die Anzahl der Brutpaare als auch die Anzahl der Nahrungsgäste. Wurden in den Jahren 2007 und 2009 mehr als 200 bzw. 300 Vögel notiert, waren es in den vergangenen Jahren weni- ger als 25.Die Flussseeschwalbe tritt mit unregelmäßiger Dichte im „Hauke-Haien- Koog“ auf. Mit 66 Individuen wurde die maximale Anzahl im Jahr 2018 erfasst. Die Zwergseeschwalbe kommt regelmäßig mit wenigen bis mehreren Dutzend Exemplaren vor. Von Weißflügelseeschwalbe, Brandseeschwalbe, Lachseeschwalbe und Raubseeschwalbe werden selten wenige rastende Vögel entdeckt.

24 Die Zwergmöwe wurde nicht in jedem Jahr im „Hauke-Haien-Koog“ gesehen. In weni- gen Jahren wurden einzelne Tiere notiert, in den meisten Jahren handelte es sich um Gruppen von 25 bis 100 Zwergmöwen, sie wurden im Sommer kartiert. Ganzjährig ist die Sturmmöwe im Koog anzutreffen. Die beobachteten Höchstzahlen liegen zwischen 100 und 1.300 Exemplaren. Ganzjährig, aber mit größerer Anzahl (99 bis 2.600 Individuen) hält sich die Lachmöwe im Gebiet auf; daneben sind Brutpaare etabliert. Auch Silbermöwe (maximal 1.500 Tiere) und Mantelmöwe (maximal 70 Tiere) rasten während des gesamten Jahres im Gebiet. Die Heringsmöwe (maximal 500 Vögel) ist bis auf das Winterquartal regelmäßi- ger Gast. Von Dreizehenmöwe, Skua, Schwarzkopfmöwe, Steppenmöwe und Eismöwe wur- den Einzeltiere an einzelnen Tagen registriert.

5.2 Brutvogelarten der Seen und Küsten

Als im „Hauke-Haien-Koog“ brütende Arten der Seen sind Spießente, Löffelente, Kri- ckente, Pfeifente, Stockente, Knäkente und Brandgans in den Erhaltungszielen für die Köge der Westküste genannt. Die Brutvogelarten der Küsten Flussseeschwalbe, Trauer- seeschwalbe, Zwergseeschwalbe, Sandregenpfeifer und Säbelschnäbler sind ebenfalls relevant für den Vogelschutz-Teilgebietsbereich „Hauke-Haien-Koog“. Zu den sehr seltenen Brutvogelarten gehören Mittelsäger (vereinzelte Bruten) und der Schwarzhalstaucher (eine Brutzeitfeststellung im Jahr 2009).

5.2.1 Spießente, Löffelente, Krickente, Pfeifente, Stockente

Bei den Entenarten unterliegt die Anzahl der Brutpaare starken Schwankungen. So brü- tete die häufigste Entenart, die Stockente, mehrere Jahre mit rund 30 Paaren, sie er- reichte in den Jahren 2007 und 2016 jedoch rund 130 Paare. Die Löffelente besiedelt die Bereiche um die Speicherbecken mit 11 bis 23 Paaren (für zwei Jahre gibt es keine Angaben). Die Krickente wurde in einigen Jahren nicht als Brutvogel erfasst, in anderen wurden bis zu einem Dutzend Brutpaare gezählt. Die Spießente wird nur in wenigen Jahren mit wenigen Paaren als Brutvogelart nachgewiesen. Sie legt ihre Nester jedoch auch in gewisser Entfernung zum Gewässer in Schilfröhrichten an, so dass auch Paare unentdeckt bleiben können. Die Pfeifente wird ebenfalls selten als Brutvogel oder mit Brutverdacht registriert. Der „Hauke-Haien-Koog“ liegt südlich ihres Hauptbrutgebietes. Gleichwohl bietet er dieser ernährungsphysiologisch anpassungsfähigen Ente mit dem Grünland eine gewisse Nah- rungsgrundlage. Bei allen genannten Entenarten ist im Zeitraum von 2007 bis 2018 keine Tendenz hin- sichtlich eines zunehmenden oder abnehmenden Brutbestandes zu erkennen. Das Ver- hältnis von Grünland zu Schilfröhricht verschob sich vielleicht etwas, dies dürfte doch für keineder genannten Arten ein beeinträchtigender Faktor sein. Alle Arten finden geeig- nete Brutplätze, entweder an der Wasserkante oder in größerer Entfernung zu ihr, so- fern sie mit der Auswahl an Pflanzenarten und mit den Vegetationsstrukturen zurecht- kommen. Die dokumentierte Lage der Bruthabitate wechselt auch bei steten Arten. Gewässer und Grünland bieten tierische und pflanzliche Nahrung. Über das Ausmaß der Unterwasservegetation gibt es wenig Hinweise. Dies kann das Vorkommen von Spieß- ente und Pfeifente begrenzen. Der Krickente mangelt es vermutlich an ausreichenden Schlamm- und Flachwasserflächen. Für die meisten Arten ist ein Absinken des Wasserstandes während der Brutsaison un- problematisch. Ein Befüllen der Speicherbecken zum Zwecke des Hochwasserschutzes kann wegen knapp oberhalb des Wasserspiegels befindlicher Nester bei mittleren Men- gen zum Verlust von Gelegen führen.

25 5.2.2 Knäkente

Die Knäkente zählt zu den unregelmäßigen Brutvögeln. Die Anzahl der pro Jahr erfass- ten Brutpaare schwankt darüber hinaus. Häufig brütet sie in den kleineren Röhrichten auf der Westseite des Nord- und Südspeicherbeckens. Hier findet sie deckungsreiche Bruthabitate und Flachwasserbereiche als Nahrungshabitate. Darüber hinaus wählte sie auch Brutreviere am Graben der Ostseite. Ob die die Anzahl der Brutpaare mit dem aktuellen Wasserstand in den Speicherbecken korreliert, ist ungewiss. Je größer die Flachwasserbereiche, desto mehr Nahrungsfläche steht dieser nicht gründelnden und nicht tauchenden Art zur Verfügung. Diese Spezies sollte auch geeignete Habitate im „Hauke-Haien-Koog“ finden.

5.2.3 Brandgans

Die Brandgans brütet regelmäßig im „Hauke-Haien-Koog“. Die Anzahl der Brutpaare liegt meistens zwischen einem und zwei Dutzend, davon abweichend gibt es mehrere Jahre mit nur einem bis fünf Brutpaaren. Diese Art brütet bevorzugt in Höhlen. Jedoch leben in diesem Koog mit einem hohen Grundwasserstand kaum Erdbaue anlegenden Arten wie Fuchs, Dachs, Kaninchen oder Bisam; diese werden zudem bejagt. Deshalb ist nur von sehr wenigen Erdbauten in den Deichen auszugehen. Den Lagekarten des Vereines Jordsand zufolge wechseln die Brutplätze der Brandgans sehr stark, ebenfalls ein Hinweis auf einen sehr hohen Anteil oberirdischer Bruten im „Hauke-Haien-Koog“. 2007 wurden die meisten Reviere in den Reetmahdbereichen er- mittelt. Dort bauten sie Gänge in die Haufen aus Reeternteresten. 2018 hatte keine Schilfmahd stattgefunden: Es wurden keine Brutpaare in den nicht gemähten Schilfröh- richten entdeckt. Sie siedelten vor allem in den kleinen schütteren Röhrichten auf der Westseite der Speicherbecken. Die Anzahl der Brutpaare war dabei etwas geringer als im Jahr 2007. Sollte die Mahd der großen Schilfröhrichte zukünftig aufgegeben werden, findet die ort- streue Brandgand vermutlich Ersatzbrutplätze im „Hauke-Haien-Koog“. Die Verfügbarkeit von Nahrung in den Speicherbecken kann nicht beeinflusst werden. Der Weg ins Wattenmeer ist kurz. Der „Hauke-Haien-Koog“ wird nicht als Mauserquar- tier von Brandgänsen aufgesucht.

5.2.4 Flussseeschwalbe und Küstenseeschwalbe

Flussseeschwalbe und Küstenseeschwalbe brüten auf der Insel im Nordbecken. Diese erodierte und verringerte damit die Brutfläche für die rotfüßigen Seeschwal- ben. Mit der Erosion der Insel brach der Brutbestand im Jahr 2003 zusammen. In den Folgejahren siedelten gelegentlich einzelne Paare. Häufig handelte es sich um Paare mit einem späten Brutbeginn, sie hatten vermutlich andernorts ihre Brut verlo- ren. Nach der Wiederherstellung der Brutinsel im Jahr 2016 gab es im Jahr 2018 mit rund 60 Seeschwalben-Paaren erstmals wieder einen hohen Brutbestand. Dieser übertraf zudem jenen aus den 1990er Jahren. Die Insellage bietet einen guten Schutz vor Bodenprädatoren, sofern ausreichend Wasser im Speicherbecken ist. 2018 war die Insel auf dem Landweg erreichbar. Über das Nahrungsangebot der Speicherbecken gibt es kaum Hinweise. Mit dem einströmenden Wasser gelangen auch Fische in die Speicherbecken. Diese können die vorhandenen Bestände ergänzen. Jedoch werden in den Jahren ohne Brutpaare nur selten bis gelegentlich fischende Seeschwalben gesichtet. Vermutlich ist das Nahrungsangebot im Wattenmeer leichter zugänglich.

26 In den letzten Jahrzehnten entwickelten sich beide Spezies in Schleswig-Holstein e- her rückläufig. Hinzukamen Verlagerungen von Brutplätzen: Ursachen konnten dafür nicht benannt werden (LANU 2008: 90). Vor diesem Hintergrund sollten in den Spei- cherbecken des „Hauke-Haien-Kooges“ mit sehr kurzer Entfernung zum Wattenmeer weitere Brutmöglichkeiten angeboten werden. Die Anlage einer weiteren Insel ist mit dem Einsatz von entsprechenden Maschinen verbunden; auch ist dafür Bodenmaterial in direkter Umgebung erforderlich. Kosten- günstiger sind Flöße. Ein gewisser Pflegeaufwand ist bei beiden Brutmöglichkeiten zu berücksichtigen.

5.2.5 Trauerseeschwalbe

Trauerseeschwalben werden selten im „Hauke-Haien-Koog“ bei der Nahrungssuche be- obachtet. Bis zum Jahr 2010 wurden gelegentlich Revierpaare registriert. Im Jahr 2010 zog ein Paar im Nordbecken zwei Jungvögel groß. Seitdem gibt es nur noch Sichtungen von nahrungssuchenden Individuen, einzeln oder in Gruppen bis zu acht Vögeln. Landesweit gibt es inzwischen vermutlich erheblich weniger als 100 Paare. Sie belegen Brutplätze auf , im Eiderstedter Vorland, in und besonders im deutsch-dänischen Grenzgebiet. Es mangelt an geeigneten natürlichen Bruthabitaten. Hier können Brutflöße zusätzliche Angebote darstellen. Sinkende Wasserstände und das Trockenfallen von Gewässer be- drohen jedoch Gelege und Küken. Diese werden zudem Opfer von Prädatoren, die die Nester watend, schwimmend oder fliegend erreichen. Hinzu kommt die geringe Nah- rungsverfügbarkeit in Gräben und Flachgewässern. Die Nachbarschaft zu Flussseeschwalben, wie im Vogelschutzgebiet „Gotteskoog-Ge- biet“ beobachtet, wirkt sich positiv auf den Bruterfolg von Trauerseeschwalben aus, da die Flussseeschwalben aggressiver Greifvögel und Möwen attackieren (TOFFT 2016). Das Ausbringen von Brutflößen für die Trauerseeschwalbe in unmittelbarer Nähe der In- sel könnte zur Brutsaison passierende Vögel anlocken. Jedoch sollte eine ausreichend große Wassertiefe gewährleistet sein (sofern in niederschlagsarmen Jahren nicht gege- ben, könnte sie gegebenenfalls im Zusammenhang mit der Entnahme von Bodenmate- rial für die Sanierung der Insel geschaffen werden).

5.2.6 Zwergseeschwalbe

Die Zwergseeschwalbe gehört zu den regelmäßigen Gästen, aber zu den sehr seltenen Brutvögeln im „Hauke-Haien-Koog“. 2011 und 2018 gab es jeweils ein Brutpaar. 2018 war der Wasserstand im Nordbecken so niedrig, dass der abgetrocknete Gewässerbo- den ein geeignetes Bruthabitat darstellte. Diese Art legt ihre Nester häufig nur wenig oberhalb der mittleren Tidehochwasserlinie an Nord- und Ostsee an. Den Speicherbecken fehlen natürliche Wasserstandsschwan- kungen. Das Absenken des Wasserstandes in den Becken vor Beginn der Brutsaison zum Schaffen von vegetationsfreien Brutplätzen für die Zwergseeschwalbe steht im Ge- gensatz zu den Ansprüchen vieler anderer Vogelarten, denn für sie ist ein möglichst ho- her Wasserstand erforderlich. Natürliche Bruthabitate wie vegetationsarme Muschelschill-, Kies- und Sandflächen an Küsten kommen in den Speicherbecken nicht vor. Geeignete Brutplätze auf vegetations- freien oder –armen Böden wie auf der vorhandenen Brutinsel im Nordbecken - wären mithin künstlich zu erhalten bzw. zu schaffen.

5.2.7 Sandregenpfeifer

Der Sandregenpfeifer rastet regelmäßig im „Hauke-Haien-Koog“, brütet jedoch nicht jährlich hier. In den letzten Jahren handelte es sich um maximal zwei Brutpaare.

27 Als Bruthabitat werden vegetationsarme Bereiche ausgewählt. Die Sicht darf durch hochwüchsige Pflanzen nicht eingeschränkt werden. Solche Flächen finden sich vor al- lem am Übergang vom Wasser zum Grünland sowie in Flutmulden des etwas höher ge- legenen Grünlandes. Jedoch verringert sich das Angebot an geeigneten Möglichkeiten durch häufige Störungen von weidenden Schafen, Rindern oder Gänsen weiter. Gleich- wohl werden bei weiterer Weidenutzung auch zukünftig Brutmöglichkeiten im kurzrasi- gen Grünland des „Hauke-Haien-Kooges“ vorhanden sein. Ein verbessertes Angebot an Bruthabitaten auf Schlammflächen ist durch das Absenken eines zuvor über längere Zeit erhöhten Wasserstandes im Speicherbecken zu erreichen. Dies ist jedoch wegen der Anforderungen an die Wasserwirtschaft nur ausnahmsweise zu realisieren. Eine solche wasserwirtschaftliche Situation (sehr hoher Wasserstand vor der Brutsaison mit folgendem Ablassen von Wasser) hatte im Jahr 2018 jedoch keine erhöhte Anzahl an Brutpaaren des Sandregenpfeifers zur Folge.

5.2.8 Säbelschnäbler

Die Säbelschnäbler brüten auf der Insel im Nordbecken. Die Anzahl der Brutpaare reicht von keinem Brutpaar im Jahr 2010 über um die zehn Brutpaare bis zu mehre- ren Dutzend. 2008 und 2016 waren es jeweils 68. Nach der Wiederherstellung und Vergrößerung der Brutinsel erhöhte sich der Brutbestand erheblich, so wurden 164 Paare im Jahr 2017 und 198 im Jahr 2018 gezählt. Die Insellage im flachen Wasser in geringer Entfernung zum Wattenmeer ist günstig für diese Spezies. Auch ist die Erreichbarkeit für Bodenprädatoren geringer. Die In- sel ist deshalb zu erhalten und gegebenenfalls zu verbessern. Auf ihr wachsende hochwüchsige Pflanzen sind regelmäßig zu entfernen, um die Eignung als Bruthabi- tat nicht zu verschlechtern, sondern zu erhalten. Dank eines ungewöhnlich hohen Wasserstandes im Frühjahr 2018 wurden auch in- selartige Strukturen des überfluteten Grünlandes, zwischen Wasserfläche des Nord- beckens und Straße gelegen, von fast 60 Paaren als Bruthabitat genutzt. Ein sehr hoher Wasserstand im Speicherbecken bietet also weitere Brutmöglichkeiten als jene auf der Insel. Ein hoher Wasserstand hat eine Vergrößerung der Flachwasser- bereiche und damit eine potenzielle Vergrößerung des Nahrungsangebotes für die seihenden Säbelschnäbler zur Folge. Der Einfluss des Wasserstandes auf die Nahrungsverfügbarkeit wurde im Jahr 2018 deutlich: Das Ablassen von Speicherwasser aus dem Becken, ausbleibende Nieder- schläge und starke Verdunstungsraten verringerten die Flachwasserbereiche derartig, dass die Elterntiere im Verlauf der Brutsaison zu wenig Nahrung fanden und viele Jung- vögel an Nahrungsmangel starben. Ein guter Bruterfolg setzt deshalb während der Brut- saison ausreichend große und ergiebige Flachwasserbereiche rund um die Brutstätte voraus. Die größeren Jungvögel werden von den Elterntieren ins Wattenmeer geführt. Der Weg dorthin quert erst die Straße und dann den Deich. Auf der Straße wurden 2018 mindes- tens 20 Jungvögel überfahren. Weitere verendeten an der Deichbaustelle. Der Repro- duktionserfolg fiel deshalb im Jahr 2018 insgesamt gering aus. Die Straße wird jedoch auch zukünftig von ins Watt laufenden Säbelschnäbler-Familien passiert werden. Eine deutliche Verringerung der aktuell zugelassenen Maximalge- schwindigkeit von 80 km/h auf maximal 30km/h im Bereich des Wanderkorridors kann den Anteil der von Fahrzeugen getöteten Vögel erheblich reduzieren. Eine Alternative stellen menschliche Lotsen dar. Diese müssen möglichst ganztägig die Kolonie und Wanderbewegungen beobachten, um die Straße für eine Passage kurzfristig sperren zu können.

28 Die Anlage einer zweiten Brutinsel im Hauke-Haien-Koog ist nur dann zu empfehlen, wenn sie außerhalb der direkten Nahrungszone der bestehenden Insel in ausrei- chend großen Flachwasserbereichen errichtet wird und wenn gleichzeitig eine si- chere Wanderung der Küken ins Wattenmeer gewährleistet ist.

5.3 Brutvogelarten des (Feucht-)Grünlandes und der Niedermoore

Relevante Brutvogelarten des (Feucht)Grünlandes und der Niedermoore sind im „Hauke-Haien-Koog“ mit mehreren Arten vertreten. Neben Kiebitz, Rotschenkel, Aus- ternfischer, Bekassine. Uferschnepfe und Kampfläufer kommen mit Feldlerche, Wiesen- schafstelze und Wiesenpieper weitere wertgebende Arten dieser Gilde vor. Als in den Erhaltungszielen genannte Brutvogelart ist das Braunkehlchen nicht im Gebiet vertreten.

5.3.1 Kiebitz

Der Kiebitz kommt mit jährlich wechselnder Anzahl von Revierpaaren vor. Im Jahr 2008 wurden mit 95 Paaren die absolut meisten Kiebitze erfasst. Von 2007 bis 2018 ließen sich von 35 bis 71 Paaren im „Hauke-Haien-Koog“ nieder. Im Jahr 2018 war es mit 58 ein durchschnittliches Vorkommen. 17 Jungvögel wurden anschließend beobachtet. Kar- tierungen von Jungvögeln fanden nicht flächendeckend statt; sie sind schwierig, zumal sich die Küken im Bewuchs verstecken. Über den jährlichen Bruterfolg des Kiebitz im „Hauke-Haien-Koog“ gibt es somit keine Erkenntnisse. Die Verteilung der Brutreviere zeigt, dass Kiebitze alle offenen Bereiche um das Nord- und Südbecken besiedeln. Dazu zählen auch die schmalen Streifen zwischen Speicher- becken und Straße. Die im Gebiet liegenden Deiche und deren angrenzende Areale werden jedoch ausgespart. Sie nutzen das offene und kurzrasige Grünland; zu höheren Strukturen wird ein Abstand eingehalten. Die Qualität der Brutplätze hängt von der Kurz- rasigkeit zu Beginn der Brutsaison ab. Diese ergibt sich aus dem Zusammenwirken von Weidetieren und von Gänsen. Wenn die Beweidungsleistung der Weidetiere zu gering ist, breiten sich hochwüchsige Arten wie Sumpfreitgras und Schilf aus. Diese Pflanzen werden von Gänsen nur während des Austreibens gefressen. Die Ausbreitung von hoch- wüchsigen Arten auf der Ostseite des „Hauke-Haien-Kooges“ beeinträchtigt den Kiebitz (noch) nicht, da das Grünland eine ausreichende Breite bietet. Auf der Westseite, im schmalen Streifen zwischen Wasserfläche und Straße hingegen, verengen vergrö- ßernde Röhrichte das Offenland, so dass es für Kiebitze an Übersichtlichkeit und damit an Attraktivität verliert. In den auf der Ostseite außerhalb des „Vogelschutz-Teilgebietsbereiches angrenzenden Ackerflächen besetzen jedes Jahr Brutpaare Reviere. Hier ist eine gute Weitsicht gege- ben. Außerdem stören weder Schafe noch andere Vögel das Brutgeschehen. Diese Kie- bitze fliegen das Grünland des Vogelschutzgebietes zur Nahrungssuche an. Der Kiebitz brütet ebenfalls in den Schilfmahd-Bereichen. Diese präsentieren sich zu Be- ginn der Balz als weiträumige Stoppelfelder. Das Schilf treibt während der Brutzeit aus und führt deshalb nicht zum Verlassen des Geleges. Hier finden darüber hinaus auch Brutpaare ein Revier, die ihre Brut im Umfeld der Speicherbecken aufgegeben. Wie der Bruterfolg in den Schilfmahd-Bereichen einzuschätzen ist, kann mangels Erreichbarkeit von Ornithologen nicht beurteilt werden. Das genutzte Grünland bietet den Kiebitzen Nahrung. Sie ernähren sich hauptsächlich von Wirbellosen. Diese finden Habitate in floristisch unterschiedlich zusammengesetzten Grünlandbeständen mit einem hohen Anteil an blühenden Kräutern. Im „Hauke-Haien- Koog“ ist der Blühaspekt nicht optimal ausgebildet, dafür ist auch die starke Beweidung der Gänse verantwortlich. Zu einer vielfältigen Lebensgrundlage für verschiedene Le- bensformen tragen neben einer hohen Wassersättigung des Bodens sowie dem nicht wasserbedeckten schlammigen Gewässerboden die Exkremente der Weidetiere, beson- ders von Rindern, bei.

29 5.3.2 Rotschenkel

Der Rotschenkel ist im „Hauke-Haien-Koog“ seit 2007 mit 8 bis 14 Brutpaaren vertreten. Ausnahmsweise waren es drei Paare im Jahr 2011 und 29 im Jahr 2016. Somit sind die Verhältnisse auf recht niedrigem Niveau relativ konstant, denn bis zum Jahr 2006 brüte- ten deutlich mehr Rotschenkel im Schutzgebiet. Dies spiegelt die landesweite Bestan- desentwicklung wider. Diese Art hat ihr Hauptbrutgebiet in den letzten Jahren im beweideten Bereich zwischen den Wasserflächen und der Straße. Vereinzelt wurde östlich der großen Schilfröhrichte oder in den Schilfmahdflächen gebrütet. Als Bruthabitate wählt der Rotschenkel offene Standorte mit feuchten bis nassen Boden- verhältnissen. Das Gelege wird meistens auf leichten Erhöhungen angelegt, im einseh- baren Bereich können krautige Pflanzen einen gewissen Sichtschutz für das Nest bilden. Solche Situationen findet diese Art im westlichen Grünland an den Übergängen von den intensiv beweideten Zonen zu den sich ausbreitenden Röhrichten und auf den leicht wasserzügigen Hängen. Nahrung findet der Rotschenkel stochernder Weise im feuchten bis nassen Boden und in der Flachwasserzone. In Phasen mit geringen Niederschlägen kann er aus dem trock- nen Marschboden nicht ausreichend Nahrung gewinnen und muss zur Nahrungssuche den „Hauke-Haien-Koog“ häufiger verlassen.

5.3.3 Bekassine

Die Bekassine war in den 1990er Jahren mit sieben (Jahr 1996) bis 26 (Jahr 1999) Re- vierpaaren präsent. Seit dem Jahr 2002 verringerte sich deren Anzahl erheblich. 2011 gab es ein Brutpaar, im Jahr 2012 wurden ausnahmsweise 10 erfasst. Seit 2013 gelang kein Brutnachweis für die Bekassine. Somit ist sie als Brutvogel aus dem „Hauke-Haien- koog“ verschwunden. Die rückläufige Entwicklung dieser Art im gesamten Land Schleswig-Holstein auf unter 1.000 Brutpaare ist mit dem Verlust von feuchten bis leicht überstauten deckungsreichen Grünland- und anderen offenen Standorten verbunden. Dies trifft nicht für den „Hauke- Haien-Koog“ zu. Weder wurde das Wasserregime wesentlich verändert, noch wurde die Nutzung des Offenlandes oder der Röhrichte stark verändert. Die Kleinstrukturen im Übergang von beweideten zu unbeweideten Bereichen sowie Bereiche mit unterschiedli- cher Wuchshöhe, kleine Wasserläufe und Senken blieben erhalten. Für die Nahrungssu- che sind feuchte bis nasse Böden erforderlich. Deren Fläche verringert sich bei lange ausbleibenden Niederschlägen wie im Jahr 2018. In niederschlagreichen Jahren wie im Jahr 2017 waren auch im „Hauke-Haien-Koog“ die Böden wassergesättigt oder über- staut und somit als Nahrungshabitat für die Bekassine geeignet. Entsprechendes galt für die nicht überstauten Bereiche der Speicherbecken bei nicht maximalem Wasserstand. Potenziell ist der „Hauke-Haien-Koog“ bei ausreichender Bodenfeuchtigkeit auch zukünf- tig ein Lebensraum für die Bekassine.

5.3.4 Kampfläufer

Der Kampfläufer war bis zum Jahr 2002 nicht jährlicher, aber gelegentlicher Brutvogel im „Hauke-Haien-Koog“. Meistens handelte es sich um ein oder zwei Brutpaare, im Jahr 1999 wurden acht Brutpaare dokumentiert. In den folgenden Jahren wurden meistens keine Beobachtungen zum Brutverhalten von Kampfläufern gemacht. In den Jahren 2006, 2007 und 2008 sowie 2012 hingegen gab es ein oder mehrere Weibchen mit Brut- verdacht. Der „Hauke-Haien-Koog“ hat folglich nur noch eine geringe Bedeutung für den Kampfläufer. Dessen Populationsstärke umfasste im ausgehenden 20. Jahrhundert we- niger als hundert Weibchen in Schleswig-Holstein. In den letzten Jahren gab es nur we- nige Brutnachweise in Schleswig-Holstein. Im Rahmen des LIFE Limosa-Projektes wur-

30 den in den Jahren 2013 bis 2018 zwischen 18 und 60 Weibchen mit Brutverdacht (bezo- gen auf eine Brutsaison und alle an der Westküste und im Binnenland liegenden Projekt- flächen) beobachtet (THORUP 2018). Angesichts einer sehr kleinen Population in Schleswig-Holstein ist die Erhaltung der Bruthabitate im „Hauke-Haien-Koog“ sehr wichtig für diese Spezies. Im Jahr 2012 lag die Balzarena auf der Westseite des Nordbeckens. Hier befindet ein ausgedehntes Pla- teau mit kurzrasiger Vegetation, es ist von ehemaligen Prielen durchzogen und mit fla- chen Senken und leicht wasserzügigen Arealen durchsetzt. Solche Strukturen beschrei- ben das potenzielle Habitat des Kampfläufers, sofern der Boden neben großflächig über- stauten oder wassergesättigten auch trocknere Areale aufweist. Während niedrigwüch- sige Strukturen oder Bulte Versteckmöglichkeiten bieten, schränken vertikale Strukturen, wie Bestände hochwüchsiger Grasarten, den Lebensraum für diese Art ein. Folglich ist die intensive Beweidung durch Schafe, Rinder und Vögel fortzusetzen. Bei zu geringem Verbiss sollten hochwüchsige Pflanzenarten durch Mahd oder durch gesteuerte Bewei- dung mit Schafen und Rindern an einer Ausbreitung gehindert werden. Zu Beginn der Brutsaison muss der Wasserstand im Nordbecken so hoch eingestellt sein, dass der Bo- den ausreichend stocherfähig ist.

5.3.5 Uferschnepfe

Die Uferschnepfe kam zu Beginn der 2000er Jahre bis zum Jahr 2007 mit bis zu 15 Brutpaaren vor. In den folgenden vier Jahren sank ihre Anzahl auf unter 10. In den Jah- ren 2012 und 2013 erhöhte sie sich auf 12 bzw. 10 Paare. 2014 bis 2017 wurden vier bzw. zwei Brutpaare gezählt. 2018 wurde kein Brutpaar im „Hauke-Haien-Koog“ beo- bachtet. Ungewiss ist, ob die 2019 im Gebiet vorkommenden Uferschnepfen brüteten. Diese Entwicklung spiegelt den überregionalen Rückgang dieser Art wider. Als Ursa- chen werden landesweit sowohl abnehmende Habitatqualitäten als auch Verluste von Gelegen und Küken durch Prädation genannt. Geeignete Bruthabitate liegen im Allgemeinen im offenen Grünland mit einem weiten Abstand zu hochragenden Strukturen wie Röhrichten, Gehölzen oder Gebäuden. Im „Hauke-Haien-Koog“ bevorzugten Uferschnepfen Reviere westlich der Wasserflächen, sie wählten aber auch Brutplätze auf der Ostseite. Auf der Ostseite des Südbeckens wurden Brutplätze sowohl in den Stoppelfeldern der Röhrichte als auch im östlich davon gelegenen Grünland angelegt. Die Weiträumigkeit beider Lebensräume war für die Re- vierwahl ausreichend. Im Gegensatz zu erwachsenen Vögeln suchen Küken Schutz in höherwüchsigen Strukturen. Um den „Hauke-Haien-Koog“ weiterhin als potenzielles Bruthabitat zu erhalten, ist weit- räumig offenes Grünland ohne Sichtbarrieren erforderlich. Vor allem auf der Westseite der Becken vorhandene größere Bestände von hochgewachsenen Pflanzen sollten nach Abschluss der Brutsaison abgemäht und somit an einer Ausbreitung gehindert werden. Sollte zukünftig auf eine Reeternte verzichtet werden, könnten über die Umwidmung etablierter Röhrichtbestände in Weidegrünland geeignete Ersatzbrutplätze geschaffen werden. Dieses sollte zum Schutz von Küken jedoch nicht flächendeckend kurzrasig sein, Bereiche mit aufwachsenden typischen Arten des Wirtschaftsgrünlandes und der Flutrasen gewähren den Küken Deckung. Ob sich in den nächsten Jahren wieder brutwillige Uferschnepfen im „Hauke-Haien- Koog“ ansiedeln werden, ist ungewiss. Diese Spezies hat zwar eine hohe Lebenserwar- tung, aber sie ist ihren bisherigen Brutplätzen gegenüber sehr treu. Ein Ausbleiben von brutwilligen Vögeln weist auf eine hohe Verlustrate der standorttreuen Individuen hin. Folglich muss der „Hauke-Haien-Koog“ von Brutpaaren, deren angestammter Brutplatz verloren ging, „entdeckt“ werden. Nach JONAS (1979; zit. nach MOIN 2016) brüten 75% der Paare im Abstand von weni- ger als 150 m vom letztjährigen Brutplatz, nach GROEN (1993; zit. nach MOIN 2016)

31 über 90 % im Abstand von weniger als 700 m vom Vorjahresplatz. Die Wahrscheinlich- keit, dass andere geeignete Brutgebiete gesucht und besiedelt werden, ist deshalb bei nicht wachsenden Populationen gering. Für den Verlust von Uferschnepfen-Gelegen und -Küken durch Prädation war in den ver- gangenen Jahren an der Westküste vor allem der Fuchs verantwortlich (MOIN 2017), daneben wurden weitere Säugetier-, Greif- und Rabenvogelarten als Beutegreifer doku- mentiert. Brutaufgabe, landwirtschaftliche Arbeiten und Viehtritt waren nur für wenige Verluste verantwortlich. Eine strenge Bejagung von Landraubtieren ist deshalb notwen- dig. Eine Verringerung von Kleinströhrichten, vor allem auf der Westseite, mindert die Versteckmöglichkeiten für diese Arten; die großen Schilfröhrichte auf der Ostseite wer- den dennoch ausreichend Raum bieten. Raben- und Greifvögel sollten möglichst keine Ansitzmöglichkeiten im „Hauke-Haien-Koog“ finden; das Aufkommen von Gehölzen sollte rechtzeitig unterbunden werden. Pfähle und Posten sollten möglichst so geformt sein, dass sie nicht als Ansitz genutzt werden können.

5.3.6 Austernfischer

Der Brutbestand des Austernfischers entwickelte sich trotz jährlicher Schwankungen rückläufig. Nach dem Höchstwert von 55 Brutpaaren im Jahr 2008 lag die Anzahl der Brutpaare bei 40, seit dem Jahr 2012 wurden maximal 33 erreicht. Im Jahr 2014 gab es nur sieben Brutpaare. Somit vollzieht sich der landesweit beobachtete starke Rückgang dieser Spezies auch im „Hauke-Haien-Koog“. Dafür ist der äußerst geringe Bruterfolg mit verantwortlich, neben Hochwasserereignissen wurde die Prädation durch Landsäuge- tiere als wesentliche Ursache an der schleswig-holsteinischen Westküste nachgewiesen (MOIN 2017). Über den Bruterfolg des Austernfischers im Hauke-Haien-Koog ist nichts bekannt. Als weitere Prädatoren kommen hier Möwen und Greifvögel in Frage. Auffällig ist, dass sich die Brutreviere des Austernfischers auf den schmalen Bereich westlich der Wasserflächen konzentrieren. Das breitere Grünland im östlichen Bereich des Schutzgebietes beherbergte seit 2007 nur wenige bis gar keine Brutreviere. Die Erhaltung der Bruteignung für den Austernfischer kann über eine niedrigwüchsige Vegetation des Grünlandes auf der West- und der Südseite erreicht werden. Es sollte weiterhin beweidet werden, um eine möglichst hohe Dichte an Regenwürmern und an- deren Lebewesen als Nahrung für Austernfischer zu gewährleisten. Eine zusätzliche Mahd hochwüchsiger Bereiche außerhalb der Brutzeit ist möglich. Warum das Grünland auf der Ostseite des Nordbeckens nicht mehr besiedelt wird, ist unklar. Die Bodenfeuchtigkeit korrespondiert mit jener auf der Westseite. Das Röhricht hat sich vermutlich nicht wesentlich in seiner Ausdehnung verändert, möglicherweise hat es sich an den Gräben ausgebreitet. Das Entfernen dieser vertikalen Strukturen vor al- lem im Bereich der Deiche bedeutet eine Vergrößerung des Offenlandes: Ob dies zur Wiederansiedlung von brutwilligen Austernfischer führt, ist unsicher. Auch Rotschenkel und Kiebitz zogen sich aus diesem Bereich zurück. Gleichwohl sollte dieser Bereich wei- terhin ein geeignetes Bruthabitat für Revier suchende Vögel bleiben. Der Weg ins Wattenmeer und damit zu anderen Nahrungsquellen aus dem Hauke- Haien-Koog ist kurz. Der Flug der Eltern und die Wanderung der Jungtiere dorthin füh- ren über die Straße. Hier kollidieren auch Austernfischer mit Fahrzeugen oder werden von ihnen überfahren. Folglich sind Maßnahmen zu Verringerung der Geschwindigkeit und der Anzahl von motorisierten Fahrzeugen wünschenswert.

5.3.7 Feldlerche, Wiesenpieper, Wiesenschafstelze

Die Brutbestände der Feldlerche zeigten in der Vergangenheit große Schwankungen. Im Jahr 2016 brüteten mit 45 Paaren zehn Paare mehr als in den Vorjahren. Mit zehn bzw. elf Paaren wurden in den Jahren 2008, 2011 und 2018 sehr wenige erfasst. Dennoch ist keine Tendenz in Bezug auf einen zu- oder abnehmenden Brutbestand erkennbar.

32 Der Wiesenpieper ist mit einer geringeren Anzahl an Brutpaaren im Gebiet präsent. Von 2007 bis 2018 variierte die Anzahl von sechs bis 22. Im Jahr 2018 gab es mit 41 Revier- paaren ungewöhnlich viele, damit wurde der langjährige Höchstwert aus dem Jahr 2004 erreicht. Bis zum Jahr 2007 war der Wiesenpieper häufiger als nach dem Jahr 2007. Bei der Schafstelze fehlen Angaben für einige Jahre, vermutlich wurden keine Reviervö- gel entdeckt. Folglich reicht die Spanne von keinem (Jahre 2011 und 2012) bis zu 36 (Jahr 2007) Paaren. Im Durchschnitt brüteten von 2007 bis 2012 jährlich mehr Schafstel- zen als in den Folgejahren. Die jährliche Anzahl der Brutpaare entwickelte sich bei den drei Arten nicht synchron. Für Begründungen fehlen Daten zu konkreten Lebensraumstrukturen im „Hauke-Haien- Koog“ in den einzelnen Jahren, aber auch zur Witterung im nordfriesischen Sommer- wie im südlichen Winterquartier. Alle drei Arten wählen ihr Brutrevier bevorzugt auf der Ostseite des „Hauke-Haien-Koo- ges“, sowohl im beweideten Grünland als auch in den Schilfmahdflächen. Der schmale Streifen zwischen Wasserflächen und Straßen wird selten besiedelt. Möglicherweise sind hier die Störungen von weidenden Wasservögeln größer als auf der Ostseite. Vor allem Gänse äsen im Westen regelmäßig in sehr großen Gruppen; von hier aus haben sie freien Zugang zum Wasser. Das Grünland auf der Ostseite wird nur von wenigen Gänsen aufgesucht, da der direkte Zugang zu den Wasserflächen fehlt. Je nach Beweidungsintensität und Wuchsverhalten der Vegetation ist das Grünland hier kurzrasig bis etwas höherwüchsig. Der Übergang zum Schilfröhricht ist fließend, da die Schafe den Bereich mit austreibenden Schilfhal- men seltener aufsuchen, die Gänse meiden ihn vollständig. Somit finden die drei Vogel- arten unterschiedliche Bedingungen als Brut- und Nahrungshabitat vor. Zur Erhaltung dieser Strukturen ist die Beweidung mit Schafen oder Rindern fortzuset- zen. Im Nordbecken unterteilen sich ausbreitende Röhrichte die Weide in mehrere Ein- heiten. Durch das Zurückdrängen des Röhrichts können Sichtbarrieren entfernt und wie- der größere Offenlandbereiche für die Feldlerche geschaffen werden. Der Ausbreitung des Röhrichts auf der gesamten Ostseite kann durch eine gelegentliche Mahd (außer- halb der Brutsaison und zeitlich gestaffelt) begegnet werden.

5.4 Brutvogelarten der Röhrichte und der Sukzessionsflächen

Brutvogelarten der Röhrichte und der Sukzessionsflächen wie Röhrichte, Weidengebü- sche und Hochstaudenfluren sind im Vogelschutz-Teilgebietsbereich „Hauke-Haien- Koog“ trotz der ausgedehnten Schilfröhrichte nur mäßig bis gut vertreten. Es kommen folgende wertgebende Vogelarten vor: Rohrdommel, Rohrweihe, Bartmeise, Blaukehlchen, Rohrammer und Schilfrohrsänger. Daneben sind Teichrohrsänger jährlich sowie Tüpfelsumpfhuhn und Rohrschwirl gelegentlich als Brutvogel im Gebiet vertreten.

5.4.1 Rohrdommel

Die Rohrdommel wird jährlich im „Hauke-Haien-Koog“ verhört. Die Anzahl der Brutpaare unterliegt größeren Schwankungen. Jedoch entwickelte sie sich der Brutbestand rück- läufig. 2004 wurden acht rufende Männchen registriert. In den folgenden Jahren waren es zumeist fünf Rufer. Seit 2010 wurden maximal vier, häufig weniger Rufer dokumen- tiert. Nach den strengen Wintern rief im Jahr 2012 nur ein Männchen. Im Jahr 2018 rie- fen vier und im Jahr 2019 drei Männchen. Angesichts der landesweit vergleichbaren Entwicklung gehört der „Hauke-Haien-Koog“ mit Anteilen von rund 5 % des Landesbe- standes zu den wichtigen Schutzgebieten für die Rohrdommel. Im Südbecken bilden sich genauso viele oder mehr Reviere als im Nordbecken, in dem es in manchen Jahren keinen Rufer gab. Die Reviere beschränken sich im Nordbecken zwischenzeitlich auf die Ostseite; bei höherem Bestand rief in den Jahren 2007 und 2008 jeweils ein Männchen von der Nordwestseite des Nordbeckens. In diesen beiden

33 Jahren war auch im Südbecken der rund 20 ha große Schilfbestand, der südlich des Richtung Bongsieler Kanal verlaufenden Priels liegt, besetzt. Für diesen Bereich gibt es aus anderen Jahren keinen Nachweis. Die Rohrdommel lebt in ausgedehnten Altschilfbeständen. Ihre Nahrung sucht sie in de- ckungsreichen Wasserflächen und Gräben. Der buchtenreiche Übergang vom Schilf zur großen Wasserfläche sowie zu den ehemaligen Prielen bietet dieser Art gute Bedingun- gen. Eine Verlängerung dieser Grenzlinien, das Abflachen von Ufern oder die Anlage von Flutmulden oder ähnlichen Strukturen kann mehr Nahrungshabitate für die Rohrdommel bedeuten. Da die Nester im Flachwasser oder in überstauten Arealen angelegt werden, spielt der Frühjahrswasserstand in den Brutrevieren eine große Rolle. Bei einem geringen Was- serstand erhöht sich außerdem die Wahrscheinlichkeit von Brutverlusten durch die bes- sere Zuwegung für Prädatoren. Gleichzeitig verringert sich die Nahrungsverfügbarkeit mit dem sinkenden Wasserstand. Fische und andere Organismen konzentrieren sich auf die tieferen Seebereiche, so dass die Rohrdommel gegebenenfalls für die Futtersuche den Schutz der Röhrichte verlassen muss. Insofern ist ein hoher Wasserstand vor Be- ginn der Reviersuche und während der Brutsaison in den anthropogen beeinflussbaren Speicherbecken anzustreben. Offene Wasserflächen wie Priele oder Flutmulden, innerhalb der Röhrichte tragen zu ei- nem verbesserten Nahrungsangebot bei. In Wintern mit anhaltenden Frosttemperaturen und lange zugefrorenen Flachgewässern verhungern Rohrdommeln. Eisgang kann Altschilfbereiche derartig zerstören, dass in der folgenden Saison geeignete Sommerhabitate deutlich kleiner ausfallen. Diese natür- lichen Prozesse lassen sich jedoch nicht beeinflussen. Sie sind jedoch teilweise Ursache der Populationsschwankungen. Die gemähten Schilf-Röhrichte präsentieren sich zur Balz als Stoppelfeld und sind des- halb für die deckungssuchende Rohrdommel ungeeignet. Die Rohrdommel wählt das Altschilf mit Knickhalmen und mit weiteren Strukturelementen. Deshalb ist sicherzustel- len, dass bei der winterlichen Schilfernte ausreichend breite Streifen (mindestens 25 m) mit Altschilf an den Gewässerrändern nicht geschnitten werden.

5.4.2 Tüpfelsumpfhuhn

Das Tüpfelsumpfhuhn hatte bis zum Ende des 20. Jahrhunderts einen Verbreitungs- schwerpunkt im Hauke-Haien-Koog (OAG. 2004). Im Jahr 2000 wurden 25 rufende Männchen dokumentiert. In den Folgejahren des 21. Jahrhundert wurden weniger Rufer vernommen. In den Jahren 2008 und 2016 wurde jeweils ein Brutpaar und in den Jahren 2010 und 2011 jeweils ein Paar mit Brutverdacht erfasst. 2009 gab es drei Brutpaare. Angaben zu den Brutplätzen gibt es nicht. Die Jahre 1999 bis 2001 gelten als starke Ein- flugjahre in Schleswig-Holstein; für den „Hauke-Haien-Koog“ wurden 20, 16 und 18 Brut- paare angegeben. Im Jahr 2000 wurden auch im benachbarten Bottschlotter See Tüpfel- sumpfhühner nachgewiesen (Managementplan für das FFH-Gebiet „Gewässer des Bongsieler Kanalsystems“, Teilgebiet Bottschlotter See). Der Lebensraum dieser Art umfasst seichte offene Wasserflächen in Verbindung mit überstauter Vegetation. Im „Hauke-Haien-Koog“ sind die tiefliegenden Schilfbereiche bei maximalem Einstau im Frühjahr feucht bis nass. Sie sollten es auch während der Brut- saison sein, dies ist jedoch von der Verdunstung und den Niederschlägen abhängig. Flu- tungen sollten nur mit geringem Anstieg des Wasserstandes verbunden sein, da andern- falls Gelege und Nestlinge Schaden nehmen können.

34 5.4.3 Rohrweihe

Die Rohrweihe war mit einer leicht schwankenden Anzahl von Brutpaaren vertreten, diese bewegte von 2007 bis 2018 zwischen 3 und 6 (Jahr 2008). Nach mehreren Jahren mit nur drei Brutpaaren wurden im Jahr 2018 fünf Brutpaare gezählt. Der Blick auf die kartierten Brutplätze zeigt, dass diese häufig wechselten. Sie wei- sen meistens einen geringen Abstand zu den Rändern auf. Die Rohrweihe legt ihr Nest fast ausschließlich im Altschilf an. Bei flächenhafter Reetmahd verringern sich deshalb die potenziellen Möglichkeiten. Folglich entstehen durch das Aussparen breiter Ränder an den Gewässern bei der Schilfernte mehr po- tenzielle Bruthabitate. Insofern kann die Zunahme von zwei Brutpaaren im Jahr 2018 als direkte Folge der nicht erfolgten Reetmahd im Februar 2018 und damit einem vergrößerten Angebot an geeigneten Brutplätzen gedeutet werden. Die Nahrung setzt sich vor allem aus Wasser- und Singvögeln zusammen. Kleinsäu- ger und andere Tiere werden ebenfalls erbeutet, auch Aas wird verspeist. Die rück- läufige Entwicklung von Insekten und Kleinsäugern auf den Deichen und in der Ag- rarlandschaft wirkt sich deshalb auch auf das Nahrungsangebot der Rohrweihe aus.

5.4.4 Schilfrohrsänger und Rohrammer

Schilfrohrsänger und Rohrammer sind im „Hauke-Haien-Koog“ die häufigsten der in den Erhaltungszielen genannten Brutvogelarten. Die Angaben der Brutpaare zeigen eine sehr starke Dynamik; sie reichen von wenigen bis zu mehreren Hundert. Vermutlich wur- den diese beiden Spezies in den einzelnen Jahren mit unterschiedlicher Genauigkeit er- fasst, so dass die Angaben nicht unbedingt die realen Häufigkeiten abbilden. Im Jahr 2018 wurden für beide Arten sehr hohe Werte ermittelt. Mit 239 Paaren waren es mehr als doppelt so viele Schilfrohrsänger wie in den vier Jahren zuvor. Auch die Rohrammer erreichte mit 400 Paaren ein Mehrfaches der Vorjahre, jedoch wurden ge- nauso viele singende Rohrammern im Jahr 2005 gezählt. Wesentliche Ursache für einen so starken Anstieg an Brutrevieren dürfte die nicht erfolgte Mahd des Schilfröhrichts zu Beginn des Jahres 2018 bzw. die daraus resultierende größere Fläche an Altschilf sein. Beide Arten verteilen sich flächig in den terrestrischen Schilf-Beständen. Nester werden auch in Röhrichten mit einzelnem Gehölzvorkommen angelegt. Folglich gibt es im Hauke-Haien-Koog sehr viele potenzielle Brutplätze. Eine Stabilisierung der hohen Populationsdichten ist innerhalb des „Hauke-Haien-Koo- ges“ möglich, wenn bei der Schilfmahd große und besiedelbare Bereiche ausgespart werden. Ein dauerhafter Verzicht auf Reetnutzung sollte ebenfalls mit einer hohen Be- siedlungsdichte dieser beiden Spezies verbunden sein.

5.4.5 Blaukehlchen

Das Blaukehlchen wird seit dem Jahr 2000 im „Hauke-Haien-Koog“ nachgewiesen. Auf ein Brutpaar im Jahr 2000 folgten ein weiteres im Jahr 2005 und zwei Brutpaare im Jahr 2010. Seit 2013 werden jährlich mehrere Brutreviere nachgewiesen. Diese Art besiedelt hauptsächlich die Ränder der Schilfröhrichte zu den Wasserflächen. Diese sind für sie im „Hauke-Haien-Koog“ vermutlich nicht optimal, denn sie ist in ande- ren Schutzgebieten, wie im Vogelschutzgebiet „Gotteskoog-Gebiet“, erheblich häufiger. In letzterem hat sie ihre Reviere vor allem in der Übergangszone von Röhrichten, einzel- nen Gehölzen und Offenland in Verbindung zu nahe gelegenen Wasserflächen. Möglich- erweise sind die Vegetationsstrukturen im „Hauke-Haien-Koog“ in der Nähe der Wasser- flächen, seien es die Speicherbecken, die Priele oder der Ringgraben, insgesamt zu ein- heitlich. Die etwas besser strukturierten Übergänge vom Röhricht zu den beweideten Grünlandflächen werden nicht angenommen. Dafür mag die große Entfernung zu Was- serflächen verantwortlich sein.

35 5.4.6 Bartmeise

Die Bestände der Bartmeise schwanken von einzelnen Brutpaaren bis zu mehreren Dut- zend. Der Einfluss von anhaltend schneereichen sowie nahrungsarmen Wintern auf die Entwicklung dieser Spezies ist an den langjährigen Daten des Vereines Jordsand er- kennbar. 2018 wurden 39 Paare gezählt. Damit wurde der langjährige Höchstwert von 32 Paaren des Jahres 2005 überschritten. Die hohe Brutdichte stand auch im Zusam- menhang mit der nicht erfolgten Mahd des Schilfröhrichts. Schilfsamen bilden im Winter die Hauptnahrungsquelle. Üblicherweise produzieren die Schilfpflanzen viele Samen, so dass den Bartmeisen ausreichend Winterfutter zur Verfü- gung steht. Jedoch verringert sich dieses bei Halmbruch, Bedeckung durch Schnee und Eis sowie durch die Reeternte. Letztere bedeutet einen totalen Nahrungsverlust. Folglich sind das Belassen von breiten Altschilfstreifen an den Rändern sowie das Aussparen von inselartigen Bereichen innerhalb des Röhrichts erforderlich, um die im Gebiet wei- lenden Bartmeisen zu ernähren. Ein Verzicht auf die Schilfernte böte über eine verbes- sere Nahrungssituation hinaus mehr potenzielle Brutplätze. Diese werden in sehr dich- tem Altschilf bodennah und meistens in geringer Entfernung zum Wasser angelegt.

5.5 Verteilung der Arten im „Hauke-Haien-Koog“

Tab.7: Verteilung der Brutvögel im Vogelschutz-Teilgebietsbereich „Hauke-Haien-Koog“ im Jahr 2018 (Quelle: VEREIN JORSAND 2018).

Art Becken gesamt

Nord Mittel Süd

Schilfrohrsänger (Acrocephalus schoen.) 49 0 190 239 Feldlerche (Alauda arvensis) 4 0 7 11 Löffelente (Anas clypeata) 14 0 1 15 Krickente (Anas crecca) 4 0 9 13 Stockente (Anas platyrhynchos) 14 5 21 40 Knäkente (Anas querquedula) 5 0 1 6 Schnatterente (Anas strepera) 20 1 9 30 Wiesenpieper (Anthus pratensis) 7 0 1 8 Rohrdommel (Botaurus stellaris) 1 0 3 4 Rohrweihe (Circus aeruginosus) 2 0 3 5 Sandregenpfeifer (Charadrius hiaticula) 1 0 0 1 Rohrammer (Emberiza schoeniclus) 95 0 305 400 Austernfischer (Haematopus ostralegus) 10 6 11 27 Blaukehlchen (Luscinia svecica cyan.) 0 1 3 4 Wiesenschafstelze (Motacilla flava) 3 0 3 6 Bartmeise (Panurus biarmicus) 13 0 26 39 Säbelschnäbler (Recurvirostra avoset.) 198 0 0 198 Zwergseeschwalbe (Sterna albifrons) 1 0 0 1 Flussseeschwalbe (Sterna hirundo)/ 58 0 0 58 Küstenseeschwalbe (Sterna paradisaea) Brandgans (Tadorna tadorna) 7 4 1 12 Rotschenkel (Tringa totanus) 5 0 6 11 Kiebitz (Vanellus vanellus) 22 3 33 58

Die jährlichen Brutvogel-Erfassungen des Vereins Jordsand dokumentieren auch die Verteilung der jeweiligen Reviere. Das nördliche Speicherbecken zeichnet sich durch die einzige im Gebiet vorhandene Brutinsel aus. Diese bietet Säbelschnäbler, Zwerg-,

36 Fluss- und Küstenseeschwalbe sowie Möwen-Arten als Vogelarten der Küsten geeig- nete Brutplätze, denn sie ist vegetationsarm. Das nördliche Becken beherbergt somit mehr Brutvogelarten als Mittel- und Südbecken. Die Arten des Grünlandes wie Feldlerche, Austernfischer, Wiesenschafstelze und Rot- schenkel verteilen sich – bezogen auf ihre gesamte Anzahl - mehr oder weniger gleich- mäßig auf die Grünländereien der beiden großen Speicherbecken, auch wenn jene des Südbeckens deutlich ausgedehnter sind. Auch die Verteilung von Rohrdommel und Rohrweihe spiegelt nur in wenigen Jahren die absolute Größe der Röhrichte in den bei- den Becken wider; in den meisten Jahren, wie im Jahr 2018, spielt die Lebensraum- größe eine geringere Rolle gegenüber anderen Faktoren. Die Lebensraumgröße macht sich jedoch bei Schilfrohrsänger, Rohrammer und Blaukehlchen bemerkbar; sie sind in den ausgedehnten Röhrichten des Südbeckens wesentlich stärker repräsentiert. Das Mittelbecken hingegen beherbergte im Jahr 2018 wenige Brutvögel. In seinen sehr schmalen Röhricht- und Hochstaudenfluren gab es ein Blaukehlchen-Revier. Ansonsten fanden sich trotz vorhandenen Grünlandes wenige Arten des Offenlandes.

5.6 Wasserwirtschaft

Die beiden Speicherbecken werden bei Hochwasserereignissen mit dem aus dem Bin- nenland kommenden Süßwasser gefüllt. Dies setzt aus wasserwirtschaftlicher Sicht Speicherkapazitäten in den Reservoiren und damit möglichst geringe Wasserstände vor zu erwartenden Starkregenereignissen voraus. Für das Fluten der Becken muss Wasser im Neuen Bongsieler Kanal bei geschlossenem (auch bei Niedrigwasser) Siel in Schlütt- siel aufgestaut werden. Das Aufstauen und das Fluten hängt von den zu strömenden Wassermengen ab. Dieser Vorgang ist zeitlich begrenzt, da die Deiche nicht aufweichen dürfen und das Hinterland nicht überschwemmt werden soll. Die Becken sollen aus avifaunistischer Sicht vor Beginn der Brutsaison maximal geflutet sein, damit nicht Brutplätze in noch zu überstauenden Bereichen angelegt werden. Vo- gelarten wie Rohrdommel und Tüpfelsumpfhuhn, Bekassine und Rotschenkel sind an Bruthabitate mit flach überstauten Röhrichten bzw. an Bruthabitate in feuchtem bis nas- sem Offenland gebunden. Sie sollten in einem sogenannten „Naturschutzkoog“ wie dem „Hauke-Haien-Koog“ möglichst optimale Bedingungen finden. Innerhalb der Brutsaison können sich Wasserstandsanhebungen um wenige Zentimeter Höhe, niederschlagsbedingt oder aus Gründen der Wasserwirtschaft, negativ auf Ge- lege und eventuell auch auf Küken auswirken. Deshalb sollten während der Brutzeit nur der Verdunstung entsprechende Wassermengen in die Speicherbecken geleitet werden. Beide Becken wurden in der Vergangenheit im Frühjahr bis auf 5,40 m Höhe über PNP angestaut, soweit dies möglich war. Es ist davon auszugehen, dass in einigen Jahren mehr Wasser eingeleitet wurde, vermutlich wurde häufiger ein eher geringer Wasser- stand erzielt. Gelegentlich wird Wasser wieder abgelassen, oder es fließt aus techni- schen Gründen wieder ins Mittelbecken. Die Wasserstände in den Speicherbecken wer- den vom DHSV mittels Pegelsonden dokumentiert, sie sind jedoch nicht öffentlich ein- sehbar. Nicht unbedingt für die Wasserstände des Nord- und Südbeckens aussagekräf- tige Anhaltspunkte bieten öffentlich zugängliche Daten des Landesbetriebes für Küsten- schutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein; dieser installierte eine Pe- gelsonde im Neuen Bongsieler Kanal. Eine maximale Flutung ist nicht in jedem Jahr zu realisieren. Während des Winters wer- den nach Hochwasserereignissen die Wasserstände in den Becken abgesenkt, um für das nächste Ereignis Speicherkapazitäten bereit zu halten. Auch wird die Reeternte durch niedrige Wasserstände und trocknen Boden erleichtert. Die Mahd muss laut Bun- desnaturschutzgesetz bis zum 1. März abgeschlossen sein. In der Vergangenheit wur- den die häufig weitgehend leeren nach dem Abtransport der Reetbunde befüllt. Wenn im März nur wenig Wasser aus dem Binnenland strömt, reichen die Mengen nicht

37 für eine Befüllung der Becken bis auf 5,40 m Höhe aus. Wegen der anhaltend ausblei- benden Niederschläge ließen sich deshalb die leeren Becken in den Jahren 2018 und 2019 nur teilweise füllen. In Verbindung mit einer hohen Verdunstungsrate und weiterhin sehr geringen Niederschlägen sank im Jahr 2018 der Wasserstand so früh, dass die Sä- belschnäbler-Kolonien nicht mehr von Wasser umgeben und deshalb für Landraubtiere erreichbar waren. Auch fehlten dieser Art Flachwasserbereiche für die Nahrungssuche. Es starben vor allem sehr viele Jungtiere. Bei ähnlichen Bedingungen kam 2019 im Nordbecken eine Pumpe zum Einsatz, es wurde Wasser aus dem Neuen Bongsieler Ka- nal eingeleitet. Von der Trockenheit war ebenfalls die Rohrdommel betroffen, ihr Habitat im Röhricht war in den Jahren 2018 und 2019 während der Brutzeit auch kleinflächig nicht überstaut, sondern vollständig abgetrocknet. In Jahren ohne Reeternte sollte zukünftig früher mit dem Befüllen der Becken begonnen werden, zumal sich dieser Vorgang etappenweise realisieren lässt. In Jahren mit einer Reeternte sollte diese so frühzeitig wie möglich durchgeführt und mit dem Abtransport der Bunde abgeschlossen werden, damit umgehend Niederschläge für das Fluten der Speicherbecken verwendet werden können. Für die Speicherbecken besteht selbst nach maximalen Flutung die Gefahr des frühzeiti- gen Trockenfallens, wenn in niederschlagsarmen Frühjahren und Sommern die Nieder- schläge erheblich geringer als die Verdunstung sind. Dann sinkt der Wasserstand im Röhricht und im Offenland, aber auch in den Gewässern, in denen sich aufgrund ihrer Morphologie die Flachwasserzonen verkleinern. Mehreren Vogelarten mangelt es dann an Nahrung. Prädatoren erreichen die Nester bodenbrütender Arten besser, auch jene auf der Brutinsel. In solchen Jahren ist der Reproduktionserfolg vieler Arten geringer als sonst. Die hohen Verluste der Säbelschnäbler im Jahr 2018 sind ein Zeugnis dafür. Zu geringe Wasserstände im Frühjahr und im Sommer verschlechtern die Bedingungen für die Nahrungssuche und verringern Schlupfrate und Reproduktionserfolg bei Vogelar- ten der Küsten, des Offenlandes und der Röhrichte. Insofern ist der langjährig im Früh- jahr angestrebte Wasserstand von 5,40 m über PNP auch zukünftig in beiden Becken zu realisieren, sofern dies möglich ist. Im Hinblick auf prognostizierte Frühjahre und Frühsommer mit weniger Niederschlagser- eignissen und einem möglicherweise rascheren Absinken des Wasserstandes in den Speicherbecken, ist vor allem für einen Überstau der Röhrichte ein höherer Soll-Wasser- stand vor Brutbeginn anzustreben. Bei zu geringen Wasserständen vor Brutbeginn sollten Pumpen eingesetzt werden. Auch während der Brutsaison sollte Wasser in die Becken geleitet werden, wenn die Li- mikolen bei anhaltender Trockenheit zu wenig stocherfähigen Boden vorfinden oder wenn die Brutinsel trocken zu fallen droht. Ein Absenken des Wasserstandes im Spätsommer und Herbst zur Erhöhung der was- serwirtschaftlichen Speicherkapazitäten verbreitert die Schlammzonen, die eine große Bedeutung besonders für die nahrungssuchenden Limikolen haben. Diese wasserwirt- schaftliche Maßnahme kommt somit etlichen Vogelarten zu Gute. Die Veränderungen des Klimas lassen sowohl längere niederschlagsarme wie auch kräf- tige Hochwasserspitzen erwarten. Beide Ereignisse wirken sich negativ auf die wertge- benden Vogelarten im Gebiet aus. Die Möglichkeit, gezielt Wasser in die Becken zu lei- ten, wird eine zunehmende Bedeutung erlangen, um eine Verschlechterung des Erhal- tungszustandes von einzelnen Vogelspezies abzuwenden. Die Wasserwirtschaft befürchtet, dass die Speicherkapazitäten den prognostizierten Nie- derschlagsmengen und ihrer veränderten Verteilung nicht mehr gerecht werden.

Der Neue Bongsieler Kanal und einige Uferabschnitte der Speicherbecken sind befes- tigt, mit Steinen oder organischen Materialien, um der wasserbedingten Erosion Wider-

38 stand zu bieten. Gleichwohl kommt es in den befestigten wie den unbefestigten Uferab- schnitten zu unterschiedlich starken Ausspülungen und Abbrüchen. Diese Materialien lagern sich entsprechend der Wasserbewegungen in den Systemen ab. Im Mittelbecken werden außerdem Sedimente aus dem Hinterland eingetragen und führen hier zu einer Verlandung der Hauptdurchflussrinne. Ein geringer Teil gelangt mit dem einströmenden Wasser in die beiden Speicherbecken. Diese allmähliche Deponierung von Bodenmaterial in die Hohlformen der Gewässer be- deutet eine schleichende Verfüllung. Diese ist wegen der Wasserstandsänderungen durch Niederschläge und Einleitung schwer erkennbar. Jedoch erfolgt dieser Prozess über einen langen Zeitraum. Das Verhältnis von Flachwasserbereichen zu Tiefenzonen verändert sich deshalb. Dies wird in absehbarer Zeit jedoch keine dauerhafte Habitatver- schlechterung für die vorkommenden Vogelarten bedeuten.

5.7 Reetmahd und ungenutztes Röhricht

Reetmahd stellt eine sehr traditionelle Nutzung von Schilfbeständen dar. Im „Hauke- Haien-Koog“ werden die Röhrichte östlich der Wasserflächen mit einer Größe von rund 175 ha (Angabe des DHSV) geschnitten. Geerntet wird im Winter auf möglichst trocke- nem oder gefrorenem Boden. Das Entfernen der oberirdischen Biomasse führt beim Schilf zu einer erhöhten Anzahl der Triebe, die jedoch einen geringeren Halmdurchmes- ser und zumeist eine geringere Festigkeit aufweisen. Dadurch entsteht ein relativ gleich- mäßiger Bestand, dem Bereiche mit Knickschilf oder aufkommenden Gehölzen fehlen. Kleinflächige Strukturen werden von Reliefunterschieden, Streuhaufen, kleinflächiger Krautschicht gebildet. Sie bereichern die gemähten Flächen. Diese werden im Frühjahr von den kurzen Stoppeln geprägt. Sie sind je nach Relief und Wasserstand in den Spei- cherbecken feucht bis leicht überstaut und bieten Vögeln eine gute Übersicht. Deshalb werden sie von bodenbrütenden Arten wie Kiebitz, Rotschenkel und Graugans als Brut- habitat ausgewählt. Schilfrohrsänger und Rohrammer brüten im Schilf-Röhricht. Sie bevorzugen innere Grenzlinien, die bei der Reetmahd von den genutzten zu den ungenutzten Arealen ent- stehen. Nach einem Jahr ohne Ernte präsentierte sich das Röhricht im Frühjahr 2019 in den Mahdarealen flächenhaft als recht lichter Bestand. Innerhalb der Mahdareale sowie an den fließenden Übergängen des Schilfröhrichts zum genutzten Grünland war die Halmdichte so gering, dass sich im Unterwuchs niedrigwüchsige Pflanzen etablierten. Schilfrohrsänger und Rohrammer besetzten Reviere in weiten Bereichen des Röhrichts. Die Rohrdommel hingegen ist auf ausgedehnte Altschilfbestände angewiesen. Im „Hauke-Haien-Koog“ kam sie in den letzten Jahren mit zwei bis vier Rufern vor. Der lan- desweite Bestand wurde im Jahr 2008 mit rund 200 Rufern (JEROMIN & KOOP 2008) angegeben. Dieser Spezies und ihren Habitatansprüchen ist deshalb eine sehr hohe Be- deutung bei der Abwägung von Schutzzielen im „Hauke-Haien-Koog“ einzuräumen. Um der Rohrdommel gute Lebensbedingungen zu bieten, braucht sie Reviere mit direk- tem Zugang zu Wasserflächen. Dafür sollte zum einen der Wasserstand nach der Reet- ernte sofort so hoch eingestellt werden, dass die Röhrichte zu Beginn der Brutzeit über- staut sind. Außerdem sollte im Röhricht ein mindestens 25 m breiter Streifen an den Wasserflächen der Speicherbecken und Gräben bei der jährlichen Schilfmahd ausge- spart werden. Eine weitere Möglichkeit stellt das Herstellen von Flutmulden und Blänken dar. Auch tiefere Terrassen am wasserseitigen Rand der terrestrischen Röhrichte, sie sind in Verbindung zu den bestehenden großen Wasserflächen, zu den Gräben und zu den ehemaligen Prielen anzulegen, schaffen mehr Flachwasserbereiche als Nahrungs- habitat, damit den Rohrdommeln bei nicht maximalen Wasserständen im Frühjahr sowie bei absinkenden Wasserständen im Verlauf der Brutsaison mehr Nahrungsflächen zur Verfügung stehen. Es steht zu befürchten, dass in den Jahren 2018 und 2019 die Tro- ckenheit des Röhrichts und der angrenzenden Flachwasserbereiche mangelnden Brut- erfolg bedeutete.

39 In den Wintern 2018 und 2019 wurde kein Reet geerntet. Darauf reagierten Rohrdom- mel, Rohrweihe, Bartmeise, Rohrammer und Schilfrohrsänger mit einer erhöhten Anzahl von Brutpaaren in der Brutsaison 2018. 2019 wurden bei Rohrweihe (drei Rufer) und beim Schilfrohrsänger mehr Revierpaare als in den vergangenen Jahren ermittelt (Erfas- sung ist noch nicht für alle Arten abgeschlossen). Sollte die Reetmahd dauerhaft aufgegeben werden, würden die genannten im Röhricht brütenden Arten von den vergrößerten Altschilf-Bereichen profitieren. In der Saison 2019 gab es keinen Nutzer für die Schilfflächen im „Hauke-Haien-Koog“. Neue Nutzungsinteressierte beurteilen Qualität und Quantität des Schilfes als unwirt- schaftlich. Sie bemängelten den zu niedrigen Überstau; dieser sollte im Frühjahr höher sein, damit austreibende und von einer Wassersäule bedeckte Sprosse vor Spätfrösten geschützt würden. Im Hinblick auf die Qualität von erntbarem Reet ist nach den Erfah- rungen mit der Paludikultur bedeutsam, dass die Produktivität flach überstauter Schilfbe- stände größer ist als von jenen auf Standorten mit im Mittel unter Flur liegenden Was- serständen. In diesem Punkt, Einstellen von möglichst hohen Wasserständen nach der Reeternte und vor der Brutsaison, decken sich somit die Anforderungen von Reetnut- zern und Vogelschützern. Im Röhricht kommen sehr viele Jungpflanzen von Gehölzen (vor allem Weiden) vor. Diese werden sich bei ausbleibender Reetmahd etablieren. Eine Erhöhung des Wasser- standes vermindert die Vitalität von Weiden nicht. Mit der Zunahme an Gehölzen verän- dert sich der Charakter des Röhrichts, es wird für die im „Hauke-Haien-Koog“ zu erhal- tenden Arten ungeeigneter. Mit zunehmendem Alter werden die Gehölze als Ansitz und als Brutplatz von Raben- und Greifvögeln genutzt, was im Hinblick auf die bodenbrüten- den Zielarten nicht erwünscht ist (siehe Kap. 5.10). Gehölze sollten deshalb frühestmög- lich entfernt werden.

5.8 Grünlandwirtschaft

Das Grünland rund um die Wasserflächen der Speicherbecken bietet vielen Vogelarten gute Lebensmöglichkeiten. Dabei stellen Limikolen wie Kiebitz, Rotschenkel, Kampfläu- fer und Großer Brachvogel dieselben Ansprüche an ihr Habitat wie Nonnen- und Grau- gans: feuchtes bis nasses mehr oder weniger kurzrasiges Grünland, das gute Sichtver- hältnisse auf die Umgebung erlaubt. Als einzige der Brutvogelarten des Offenlandes be- setzt die Feldlerche ausschließlich auf der Ostseite Reviere, während sich der Rot- schenkel auf die Westseite beschränkt. Kiebitz, Austernfischer und Wiesenpieper haben beidseits der Wasserflächen Brutplätze. Im „Hauke-Haien-Koog“ entwickelte sich die Anzahl der brütenden Offenlandvögel ins- gesamt rückläufig. Damit vollzog sich hier dieselbe Entwicklung wie im ganzen Land Schleswig-Holstein. Das Grünland rund um die Wasserflächen wird vom Herbst bis in das Frühjahr stark von rastenden Gänsen und im Frühsommer von mausernden Gänsen aufgesucht und abge- weidet. Schafe sind ganzjährig in unterschiedlicher Anzahl vorhanden. Ihre Anzahl ver- ringerte sich mit der Zunahme der rastenden und weidenden Gänse. Im Nordbecken werden bei geeigneten Bedingungen zusätzlich im Sommer Rinder aufgetrieben. Abschnittsweise werden nassere Standorte und Grabenränder schlechter verbissen, so dass sich hochwüchsigere Arten wie Sumpfreitgras und Schilf ausbreiten. Solche Areale wiederum werden auch von Enten und Gänsen kaum zur Äsung aufgesucht, was zu ei- ner Vergrößerung der Bestände führen kann. Dieser Prozess vollzieht sich auf dem schmalen terrestrischen Saum zwischen Wasserfläche und Straßendamm mit der Folge, dass sich die Habitate verschlechtern bzw. nicht mehr nutzbar werden. Auf diese Weise gingen hier einige Bereiche für die Vogelarten des Offenlandes verloren. Auch auf den Ostseiten der beiden Becken führt eine zu geringe Beweidungsleistung zu einer allmählichen Ausbreitung der Hochstauden und Röhrichten zu Ungunsten des

40 Grünlandes. Die Übergangszone weist eine unterschiedliche Breite auf. Durch diese Ku- lissenverschiebung verringert sich die für Wiesenvögel nutzbaren Bereiche des Offen- landes. Diese Grünland-Parzellen des Nordbeckens sind zudem aufgrund ihrer geringen Größe und des mangenden Zugangs zur Wasserfläche auch für rastende Gänse wenig attraktiv. Das Grünland auf der Ostseite des Südbeckens, ebenfalls ohne Zugang zu den Wasserflächen, wird von rastenden Gänsen angeflogen, jedoch meistens von kleinen Gruppen. Eine Rücknahme der hochwüchsigen Vegetation zur Entwicklung von kurzrasigen Grün- ländereien verbessert die Habitatqualitäten für Offenlandvögel. Dies ist durch Mahd mit anschließender intensiver Beweidung durch Weidetiere zu erzielen. Temporäre Zaunan- lagen um solche Bereiche können dem Prozess beschleunigen. Für den Verbiss der fa- serreichen Pflanzenarten eigen sich Rinder deutlich besser als Schafe. Sie sollten des- halb neben den Schafen oder statt der Schafe über einen längeren Zeitraum die von Schafen und Gänsen schlecht oder nicht abgeweideten Bereiche pflegen. Ihr Fraßver- halten kann zudem eine gewisse Erhöhung der Strukturvielfalt des Grünlandes zur folge haben Der Aufwuchs wird neben den landwirtschaftlichen Weidetieren wesentlich von Gänsen und Enten abgefressen. Tausende von rastenden und mausernden Gänsen weiden den Aufwuchs so stark ab, dass den Weidetieren überwiegend faserreicher und bewehrter Aufwuchs bleibt. Die Besatzstärke wurde deshalb reduziert. Sie sollte sich auch zukünf- tig am vorhandenen Aufwuchs ausrichten. Eine Beweidung mit Rindern wirkt sich über die abgesetzten Exkremente positiv auf die Insektenfauna und auch auf die im Bodenlebenden Organismen aus. Proteinhaltige Nahrung ist besonders für Küken wichtig. Blütenbesuchende Insekten sind aufgrund des geringen floristischen Artenspektrums artenmäßig eher gering vertreten. Um die Insek- tenbiomasse durch die Entwicklung von entsprechenden Habitaten im Grünland zu erhö- hen, sollten die Weidetiere nicht innerhalb des „Hauke-Haien-Kooges“ mit Medikamen- ten versorgt werden, da sich beispielsweise Wirkstoffe von Entwurmungsmitteln negativ auf die im Kot der Weidetiere befindlichen Organismen auswirken. Die Anzahl der Weidetiere kann zu Brutbeginn verringert oder ausgesetzt werden. Je- doch ist momentan die Beweidung durch die Gänse so intensiv und die Anzahl der Schafe so gering, dass diese Maßnahme keinen Einfluss zeigen würde. Eine Ausnahme stellt lediglich der Bereich auf der Ostseite des Nordbeckens dar, da hier wenig Gänse äsen. Hier kann auch Mahd mit Abtransport des Aufwuchses eine Möglichkeit darstellen. Zur Verringerung der überständigen Vegetation sowie der sich ausbreitenden Hochstau- den und Röhrichte können Rindern (zusätzlich zu Schafen oder alleine) eingesetzt wer- den. Deren Anzahl kann zudem nach dem Ende der Brutsaison erhöht werden. Die Wassersättigung des Bodens und deren Flächenausdehnung hängt von der Befül- lung der Speicherbecken und von Niederschlägen ab. Letztere werden über Rinnen und Gräben vom äußeren Rand in die Speicherbecken geleitet. Diese können mit Staublö- cken versehen werden. Grabenabflachungen und zusätzliche Flutmulden oder Blänken können zusätzliche Nahrungshabitate bilden. Im Südbecken wird Wasser über den am Deich verlaufenden Graben in den ehemaligen Bongsieler Priel geleitet. Dieses Wasser sollte nicht abgeführt, sondern für die Vernäs- sung von Teilflächen des Gebietes oder zur Befüllung von Flutmulden und Blänken ge- nutzt werden. Allerdings liegt die Grabensohle mehrere Dezimeter unter dem angren- zenden Gelände. Eine Erhöhung der Flachwasserbereiche kann die Nahrungsgrundlage für Limikolen verbessern und damit auch das östliche Offenland aufwerten. Um Greif- und Rabenvögeln keine Brutplätze und wenig Ansitzwarten zu bieten, sollten keine Bäume oder Sträucher in den Grünlandbereichen wachsen. Aus demselben Grund könnten die Spaltpfähle der Zaunanlagen mit Sitzabhaltern versehen werden.

41 5.9 Fischerei und Angelsport

Der Fischbestand im Bongsieler Kanal und im Mittelbecken umfasst im Wesentlichen Süßwasserfischarten. Salzwasserfischarten kommen ebenfalls vor; sie gelangen mit ein- strömendem Nordseewasser in den Kanal. Von dort aus geraten sie mit dem Flutungs- wasser in das Nord- und das Südbecken. Der strukturarme Bongsieler Kanal ist als „extrem naturfern“ eingestuft und bietet weni- gen Fischarten Bedingungen für eine Reproduktion. Jungfische stammen aus dem Ein- zugsgebiet. Darüber hinaus werden Schleie und Forelle in den Oberläufen besetzt. Kleine Fische verschiedener Arten sind beispielsweise für Seeschwalben, Rohrdommel, Löffler, Taucher- und Sägerarten als Futter wichtig. Seeadler und Kormoran wählen große Fische wie Karpfen, Zander oder Aal. Diese kommen in den beiden Speicherbe- cken vor. Besonders um diese Arten bemühen sich auch Angler. Angeln und Fischen ist am Mittelbecken und am Bongsieler Kanal im Rahmen eines Er- laubnisscheines der verantwortlichen Fischereigenossenschaft Südwesthörn-Bongsiel möglich. Es darf vom Ufer sowie vom Boot aus gefischt werden. Die Anzahl der Schein- inhaber ist vergleichsweise gering, auch wenn das Angelrevier weit über das Schutzge- biet hinausgeht. Das Angeln führt nach aktuellem Kenntnisstand nicht zu einer so starken Verringerung des Fischbestandes, dass es über eine Verknappung des Futters zu einer Beeinträchti- gung der Erhaltungsziele im Teilgebietsbereich „Hauke-Haien-Koog“ kommt. Im Auslauf des Neuen Bongsieler Kanals außerhalb des Schlüttsiels werden Fische ge- angelt und mit Senknetzen entnommen. Über das Ausmaß dieser Aktivitäten gibt es keine Aussagen. Folglich kann keine Abschätzung zu den Auswirkungen für den Fisch- bestand im „Hauke-Haien-Koog“ vorgenommen werden. Angeln und Fischen ist ganzjährig möglich. Nur wenige Arten haben eine Schonzeit. In- folgedessen können Angler jederzeit die Gewässer des Angelreviers aufsuchen. Sie scheuchen Vögel auf, auch während der Brut-, Mauser- und Rastzeit. Die aktuell geringe Anzahl an Anglern verursacht nur eine geringe Unruhe im Gebiet. Sollten zukünftig häu- figer Angler am Ufer und auf den Wasserflächen Vögel aufscheuchen, dann sollte dieser Sport im Gebiet untersagt werden. Angeln und Fischerei sind weithin nicht für das Nord- und das Südbecken zu erlauben.

5.10 Jagd und Prädation

Der DHSV vergibt für sein Eigenjagdrevier entgeltliche Jagderlaubnisscheine an meh- rere Jagdausübungsberechtigte. Bejagt werden unter anderem Raubsäuger. Auch auf Wasservögel wird, laut Aussage des DHSV, in geringem Umfang gejagt. Nach den Bestimmungen der Vogelschutzrichtlinie (Artikel 7) sorgen die Mitgliedsstaa- ten insbesondere dafür, dass bei der Jagdausübung auf Vögel, auf die die Jagdvor- schriften Anwendung finden, keine Jagd während der Brut- und Aufzuchtzeiten und des Rückzuges zu den Brutgebieten stattfindet. Entsprechendes gilt für das Zerstören bzw. Beschädigen von Nestern, das Sammeln und den Besitz von Eiern sowie absichtliche gravierende Störungen, vor allem zur Brutzeit. Wie viele jagdbare Wasservögel im Vogelschutzgebiet und wie viele im landwirtschaftli- chen Teil des Kooges innerhalb der nach Jagdrecht festgelegten Schonzeiten erlegt werden, ist unbekannt. Es kann eine Ausnahmegenehmigung zur Schadensabwehr auf gefährdeten Grünland- und Ackerflächen beantragt werden. Die Notwendigkeit zur Ab- wehr erheblicher Schäden muss zuvor von anerkannten Sachverständigen festgestellt und von der Unteren Jagdbehörde des Kreises genehmigt werden. Diese erhielt in den vergangenen Jahren sehr wenige Anträge auf den Abschuss von Gänsen für Flächen im Umfeld des Gebietes „Hauke-Haien-Koog“. Anträge auf die Entnahme von Eiern aus Gelegen wurden nicht gestellt.

42 Auch wenn bestimmte Kulturpflanzen einen hohen Nährwert für Gänsearten aufweisen, bleiben die von Grünland umgebenden Wasserflächen der Speicherbecken attraktiv für sie. Je weniger Störungen die Gänse innerhalb des Schutzgebietes erfahren, desto ge- ringer ist ihr Energiebedarf und desto seltener verlassen sie das Schutzgebiet, um auf das Vorland oder auf landwirtschaftliche Flächen auszuweichen. Schusswaffen sollten möglichst nicht in der Nähe von Brut- und Mauserplätzen sowie von Rastvogel-Ansamm- lungen eingesetzt werden. Nach dreijährigen Untersuchungen (MOIN 2017) ist Prädation ursächlich für den gerin- gen bis fehlenden Schupf- und Bruterfolg von untersuchten Wiesenvogelarten verant- wortlich: Im Beltringharder Koog und im Meldorfer Koog überlebten kaum Gelege und Küken. Die meisten wurden Opfer von Landsäugetieren, vor allem vom Fuchs. Hoch- wasserereignisse waren ebenfalls für den Tod von Eiern und Küken des Austernfischers verantwortlich. Auch im „Hauke-Haien-Koog“ ist mit der Dezimierung von Eiern, Küken und Altvögeln bodenbrütender Vogelarten durch Prädatoren wie Fuchs, Dachs, Marderartigen, Marder- hund und Waschbär zu rechnen. Dokumentiert sind Raubsäuger als Todfunde im Spül- saum und an der Straße (VEREIN JORDSAND 2015, 2017, 2018). Im Jahr 2015 plün- derte ein Fuchs die auf der Brutinsel liegenden Kolonien der Seeschwalben (7 Brut- paare) und der Säbelschnäbler (21 Brutpaare). Es wurde kein Jungvogel flügge. Auch im Jahr 2019 fiel der Nachwuchs der Brutkolonie Landraubtieren zum Opfer. Die von Röhrichten umgebenden Flachgewässer bieten vor allem dem Marderhund her- vorragende Reviere, sie sind aber auch für Fuchs und Dachs geeignet. Deren Erdbaue liegen oberhalb des mittleren Grundwassers und damit eher außerhalb des Vogelschutz- Teilgebietsbereiches „Hauke-Haien-Koog“. Unverpaarte Prädatoren sind ohnehin überall unterwegs. – Die Landbeutegreifer sollten bei Berücksichtigung der Schonzeiten mit al- len geeigneten Methoden intensiv bejagt werden. Dazu zählt die Baujagd von Dezember bis Februar mit einer Kontrolle aller natürlichen Erdbaue innerhalb und außerhalb des Schutzgebietes. Kunstbauten sind besser zu kontrollieren und sollten deshalb rund um das Gebiet installiert werden. Die Ansitzjagd wird ausgeübt und soll auch zukünftig ausgeübt werden. Sie kann durch die Anlage von Luderplätzen zum Abschuss von Füchsen und Marderhunden, erleichtert werden; deshalb wird dies in einem der beiden Jagdreviere praktiziert. Das Auslegen von Ludern ist grundsätzlich eine geeignete Maßnahme zur Verringerung der Prädato- ren, sofern die angelockten Füchse und andere Raubsäugerarten erlegt werden. Proble- matisch ist es, wenn Raubsäuger auf diese Weise ins Gebiet gelockt werden. Insofern ist Luder nur dann auszulegen, wenn tatsächlich Gelegenheit für einen Ansitz besteht. Die ausgedehnten Röhrichte geben Landraubtieren ausreichend Deckung. Um sie bei einer Jagd aufzustöbern, bedarf es folglich vieler Treiber und Jäger. Es sollte möglichst jedes Jahr im Februar eine Drückjagd stattfinden, dann ist die Reviersuche der Füchse weitgehend abgeschlossen (Aussage der Prüfung für das Prädationsmanagementkon- zept des Landes Schleswig-Holstein, MELUND 2018). Die sich ausbreitenden Röhrichte mit ihrer breiten Übergangszone erschweren eine Jagd. Vor diesem Hintergrund sind Schneisen im Röhricht sowie scharfe Grenzen vom Röhricht zum Offenland von Vorteil. Das angrenzende Offenland sollte wegen der bes- seren Sicht ebenfalls kurzrasig sein. Zum Herstellen solcher Verhältnisse und zu ihrer dauerhaften Erhaltung wird die Beweidung mit Rindern empfohlen (Prüfung für das Prädationsmanagementkonzept des Landes S-H). Mehrere Füchse wurden in den letzten Jahren per Fallenjagd im Gebiet gefangen. Die Fallenjagd soll deshalb fortgesetzt werden. Angesichts der Aktions- und Ausbreitungsra- dien der Spezies sollte auch in den angrenzenden nicht zum Schutzgebiet gehörenden Revieren eine intensive Bejagung der Prädatoren betrieben werden.

43 Wanderratten zählen ebenso zu den Prädatoren. Sie sind im Gebiet präsent. Tote Exemplare dokumentierte der Verein Jordsand. Es gibt jedoch keine Nachweise dar- über, dass sich diese Spezies in den letzten Jahren größeren Schaden verursachte. Sollte sich ihre Populationsdichte erhöhen, sind geeignete Maßnahmen zu ergreifen (Prüfung für das Prädationsmanagementkonzept des Landes S-H). Einige der älteren solitär wachsenden Gehölze (hauptsächlich Sträucher) sind so stabil, dass sie nicht nur als Ansitz, sondern auch als Brutbaum von Greif- und Rabenvögeln genutzt werden. So brütet 2019 ein Rabenkrähen-Paar in einer älteren Weide, die am Rand der Schilfmahd-Fläche im Röhricht wächst. Ein an der Vogelwärterhütte wachsen- der Baum, Ulme, beherbergt einen Horst, der von unterschiedlichen Arten bewohnt wird. Um einer Prädation vorzubeugen, sollten Raben- und Greifvögeln möglichst wenig An- sitze und Brutbäume geboten werden. Aufkommende Gehölze sollten möglichst frühzei- tig gekappt oder entfernt werden. Die Reetmahd kürzt einen hohen Anteil an aufkom- menden Gehölzen. Diejenigen, die in den nicht gemähten Arealen und an Grabenrän- dern wachsen, sind ebenfalls zu entfernen. Einen Schutz für Eier und Küken bieten darüber hinaus auch hohe Wasserstände (Prü- fung für das Prädationsmanagementkonzept des Landes S-H). Diese erschweren die Begehbarkeit in überstauten Röhrichten und die Erreichbarkeit der Insel im Nordbecken. Wenn sie trockenfällt, erreichen die Füchse sie auf dem Landweg und töten den Nach- wuchs. Folglich hängt der Bruterfolg der auf der Insel brütenden Arten wie Säbelschnäb- ler und Seeschwalben sowohl von einem hohen Wasserstand bis zum Ende der Brutsai- son als auch von einer möglichst geringen Anzahl an Landraubtieren in Verbindung mit einer guten andersartigen Nahrungsverfügbarkeit ab. Eine Bejagung der Landbeutegreifer ist für den Vogelschutz-Teilgebietsbereich notwen- dig, andernfalls erhöhte sich deren Populationsdichte in diesem störungsfreien Umfeld gegenüber jenem des Umlandes. Unter solchen Bedingungen verringern sich die Repro- duktionsraten von Wiesen- und Küstenvogelarten drastisch.

5.11 Freizeitnutzung

Das Erleben von Landschaft zu Fuß ist auf den Deichen innerhalb des Gebietes ganz- jährig möglich. Mit Ausnahme des Deiches auf der Nordostseite des Nordbeckens, von der Straße L191 bis zum Neuen Bongsieler Kanal, sind alle anderen Deiche für die Öf- fentlichkeit freigegeben. Jedoch sind bei allen Aktivitäten die Ziele des Vogelschutzge- bietes zu berücksichtigen. Der Wanderweg nördlich des Neuen Bongsieler Kanals wird inner- und außerhalb der Brut- und der Rastzeiten genutzt, die anderen Deiche werden weniger häufig begangen. Vom Herbst bis in den Mai hinein rasten sehr große Schwärme von Gänsen (häufig Tau- sende) und anderer Arten rund um das Mittelbecken und auf der Südseite des Nordbe- ckens, so dass auf den Deichen des Neuen Bongsieler Kanals wandernde Personen so- fort Unruhe und damit ein Auffliegen der Vögel verursachen. Dies zehrt an den Reser- vestoffen der Tiere. Auch besteht die Gefahr, dass sie die nicht landwirtschaftlichen Zwecken gewidmeten Offenlandflächen des Schutzgebietes seltener aufsuchen und stattdessen häufiger auf Nutzflächen der Landwirte weiden. Der Deich auf der Südseite des Südbeckens wird von Besuchern wenig genutzt. Die un- terhalb befindlichen Grünländereien und die Wasserfläche sind für die Vögel wichtige Weide- und Rastplätze. Der Deich auf der Ostseite des Südbeckens wird östlich der Vo- gelwärterhütte kaum begangen. Der Abschnitt zwischen Vogelwärterhütte und Neuem Bongsieler Kanal führt durch das Offenland und kann aufgrund eines geringen Abstan- des ebenfalls ein Auffliegen der Vögel auslösen. Jedoch halten sich hier weniger Vögel im Offenland auf. Der Deich auf der Nordostseite des Nordbeckens ist nicht als öffentlicher Wanderweg ausgewiesen. Er grenzt im Gebiet an beweidetes, schmal geschnittenes Grünland, das

44 wegen seines fehlenden Zugangs zum Wasser aktuell unattraktiv für Gänse, Enten und Wiesenvögel ist. Für Radfahrende sind die bewachsenen oder mit Schafspfaden versehenen Deichkup- pen unattraktiv, so dass sie sie wenig nutzen und deshalb selten Vögel aufscheuchen. Reitende und nicht angeleinte Hunde sind auf Deichen verboten (§ 70 Abs. 2 und 8 des LWaG vom 11.02.2008). Sollte die Anzahl der Erholungssuchenden auf den Deichen, besonders auf den Wan- derwegen am Neuen Bongsieler Kanal, zu viel Unruhe bei den Vögeln verursachen, sind sie für Besucher zur Brut- Mauser- und Rastzeit zu sperren. Der Deich auf der Nordost- seite des Nordbeckens kann aus avifaunistischer Sicht als alternativer Wanderweg aus- gewiesen werden, auch wenn es aktuell hier keinen Parkplatz für Fahrzeuge gibt. An der Straße L191 wurden Parkbuchten und Aussichtshütten für Naturbeobachter ge- schaffen. Von dieser westlichen Seite kann Einsicht in das Gebiet genommen werden, ohne die Vögel unmittelbar zu stören. Weitere Aussichtspunkte könnten am Nordbecken straßennah auf der Nordseite, an der Südseite des Nordbeckens und an der Südseite des Südbeckens errichtet werden. Diese Stationen können als Ersatz für zu sperrende Deichwanderwege errichtet werden. Lenkdrachen, Drohnen, Modellflugzeuge und andere Flugkörper können bei Vögeln nicht nur ein Auffliegen sondern auch Brutaufgabe und Verletzungen verursachen. Ihr Einsatz ist im in Natura 2000-Gebieten wie diesem Vogelschutzgebiet sowie im Natio- nalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer seit dem 07.04.2017 nach dem Luftfahrt- recht (§ 21 b Abs. 1 Nr. 6 LuftVO) grundsätzlich verboten.

5.12 Wassersport

Das Mittelbecken des Hauke-Haien-Koog wird vom Yacht-Club Dagebüll-Schlüttsiel e.V. als Übungsgelände genutzt. Während der Saison von April bis Oktober wird besonders von Jugendlichen, aber auch von Erwachsenen Segeln mit Jollen trainiert. Es gibt zwei Trainingseinheiten pro Woche sowie gelegentliche Einzelsegler. Auch können auf dem Vereinsgelände (auf der Nordseite des Neuen Bongsieler Kanals und damit außerhalb der Natura 2000-Kulisse) liegende Boote für einen Segeltörn auf dem Wattenmeer oder zum Angeln auf dem Neuen Bongsieler Kanal eingesetzt werden. Segeln und anderer Bootsbetrieb ist mit dem Aufscheuchen von weidenden, rastenden und schwimmenden Wasservögeln verbunden. Betroffen ist eine unterschiedliche An- zahl von Brut-, Mauser- und Rastvögeln. Rastvögel können die Wasserflächen erst nach Abschluss des Bootsbetriebes wieder aufsuchen. Im Mai 2019 rasteten im Mittelbecken noch Tausende von Nonnengänsen. Der Einfluss auf mausernde Vögel ist erheblich grö- ßer, da sie in ihrer Fluchtbewegung eingeschränkt sind. Bei Brutvögeln besteht die Ge- fahr, dass Gelege oder Küken aufgegeben werden. Der Deutsche Segelverband hat 10 goldene Regeln für das Verhalten von Wassersport- lern in der Natur (Deutscher Seglerverband 1980) aufgestellt. Er empfiehlt ausreichen- den Abstand von 30 m bis 50 m zu Röhricht- und Schwimmblattbereichen zu halten (Re- gel 2). Kies-, Sand- und Schlammbänke sowie seichte Gewässer sollen wegen ihrer Nutzung als Rast- und Aufenthaltsplatz von Vögeln gemieden werden (Regel 1). In “Feuchtgebieten von internationaler Bedeutung” (Regel 4) soll bei der Ausübung von Wassersport besondere Rücksicht genommen werden. Eine naturverträgliche Ausübung des Segelsportes im Mittelbecken des Hauke-Haien- Kooges als Bestandteil eines „Feuchtgebietes von internationaler Bedeutung“ ist nur zu gewährleisten, wenn der Sport sowohl während der Rastzeit als auch während der Brut- und Mauserzeit möglichst selten und möglichst kurz ausgeübt wird. In diesen störungsempfindlichen Phasen kann Wassersport wie Segeln, Surfen oder Standup-Paddeln zur Beunruhigung von brütenden, mausernden oder rastenden Vögeln führen. Brutaufgaben sind nicht auszuschließen. Der Erhaltungszustand einzelner Arten

45 kann sich verschlechtern. Folglich ist auf dem ausreichend breiten Mittelbecken der in den Goldenen Regeln genannten 30 bis 50 m breite Abstand zum Ufer bei wassersport- lichen Aktivitäten einzuhalten. Während der Mauserzeit ist auf die schwimmenden und äsenden Vögel in besonderer Weise zu achten, es sollten größere Abstände als 50 m zu ihnen eingehalten werden. Vor diesem Hintergrund sollte während der von April bis Oktober stattfindenden Brut-, Mauser- und Rastzeiten so wenig und so kurz wie möglich im Mittelbecken und auf dem Neuen Bongsieler Kanal gesegelt oder mit anderen Booten auf den Wasserflächen ge- fahren werden, damit es bei fortgesetztem Wassersport nicht zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes von Vogelarten kommt. Die Anzahl der Brutpaare ist bei den meisten Spezies am Mittelbecken deutlich geringer als an den beiden Speicherbecken. Eine Notwendigkeit zur Einschränkung des Wassersports besteht derzeit nicht. Ein ganzjähriger Verzicht auf Wassersport und Bootsbetrieb im Mittelbecken und auf dem Neuen Bongsieler Kanal wäre aus Naturschutzgründen wünschenswert und würde eine klare Regelung für die Sportler bedeuten. Diese naturschutzfachliche Empfehlung würde mangels Ersatzgewässer nicht nur die vereinseigene Ausbildung unterbinden, sondern auch den Liegeplatz und die Einsatzstelle für Sport- und Angelboote aufheben. Eine Intensivierung des Wassersports durch eine Verlängerung der Trainingseinheiten auf der Wasserfläche, durch zusätzliche Einheiten an weiteren Tagen, eine Regatta oder durch die Aufnahme weiterer Wassersportarten in das Programm des Vereines bedarf deshalb einer Verträglichkeitsprüfung. Das Nordbecken und das Südbecken sind weiterhin nicht von Anglern und Wassersport- lern, auch nicht von Kanuten, zu nutzen.

5.13 Straße und Deichbaumaßnahmen

Die Straße zwischen den Speicherbecken und dem Außendeich wird von Einheimischen und Versorgungsunternehmen sowie von Gästen und Urlaubern genutzt. Deren Anzahl unterliegt deshalb im Laufe des Jahres großen Schwankungen. Die Brutsaison der Vö- gel fällt jedoch in die Zeit mit dem höchsten Verkehrsaufkommen. Die auf und neben dem Straßenkörper liegenden Verkehrsopfer erfassen die Teilneh- menden des Freiwilligen Ökologischen Jahres gelegentlich und meist abschnittsweise, aber nicht täglich auf der gesamten Strecke (siehe Betreuungsberichte des VEREIN JORDSAND). Zu den Opfern zählen neben Amphibien auch Säugetiere (wie Hase, Ka- ninchen, Marderhund, Wanderratte) und Vogelarten ohne besonderen gesetzlichen Schutz (wie Mäusebussard, Turmfalke, Habicht, Rotkehlchen, Star) auch naturschutzre- levante Vogelarten. Jährlich kollidieren viele von ihnen mit motorisierten Fahrzeugen. Auf dem Asphalt sitzend oder über die Straße wandernd werden Jung- und Altvögel überfahren. Totfunde wurden unter anderem von Großem Brachvogel, Kampfläufer, Kie- bitz, Rotschenkel, Austernfischer, Wiesenpieper, Steinschmätzer, Flussseeschwalbe, Trauerente, Spießente sowie von Sumpfohreule dokumentiert. Möwen bilden eine stark betroffene Gruppe. Einige Arten fliegen relativ bodennah vom Speicherbecken auf oder über den Deich ins Wattenmeer. Andere Arten sitzen auf dem Deich und werden von passierenden Fahrzeugen aufgescheucht, häufig starten sie Richtung Osten und kolli- dieren an der Straße mit Fahrzeugen. Nicht flugfähige Gössel von Graugänsen und Sä- belschnäblern werden vom Nest laufend zu ergiebigeren Nahrungsquellen über die Straße geführt. 20 tote Säbelschnäbler-Pulli wurden 2018 auf der Straße registriert. Die Verkehrsopfer dienen anderen Vögeln und Säugetieren als Nahrungsquelle. Sie sind häufig verspeist, aufgezehrt oder abtransportiert, ehe sie als Totfund vom Verein Jord- sand erfasst werden. Es ist deshalb von einer weitaus höheren Anzahl nicht registrierter Opfer auszugehen. In den letzten Jahren wurden 45 (Jahre 2016 und 2017), 70 (Jahr 2015) und 105 (Jahr 2018) tote Vögel am Straßenkörper gezählt. Der Anteil der für den „Hauke-Haien-Koog“

46 relevanten Arten, Arten des Anhangs I, der Roten Liste Schleswig-Holsteins und der Er- haltungsziele, lag zwischen 63 % und 70 %. Eine erhebliche Verringerung dieser Verluste zwischen zwei Teilgebietsbereichen des Vogelschutzgebietes „Ramsar-Gebiet S-H Wattenmeer und angrenzende Küstengebiete ist mit allen zur Verfügung stehenden Maßnahmen anzustreben und zu realisieren. Eine vollständige Sperrung der Straße L191 ist nicht möglich. Jedoch sollten Maßnah- men zur Eindämmung des Verkehrsaufkommens (wie z.B. Pendelbus von Dagebüll, Umleitung des nicht lokalen Dagebüller Fährverkehrs) angestrengt werden. Vorrangig sollten Maßnahmen zur Verringerung der Geschwindigkeit von Fahrzeugen ergriffen werden. Sie ist besonders in der Brut- und in der Rastsaison wichtig. Die aktuell vorge- schriebene Höchstgeschwindigkeit von abschnittsweise 80 km/h ist für die niedrig flie- genden Vögel zu hoch und führt direkt oder indirekt über Sogwirkungen zu Verletzungen und zum Tod. Die maximale Höchstgeschwindigkeit sollte dauerhaft abgesenkt werden. Zu Zeiten der wandernden Vogelfamilien sollte darüber hinaus in den betroffenen Ab- schnitten temporär nur mit sehr geringem Tempo (30 km/h) gefahren werden. Eine ver- ringerte Geschwindigkeit bedeutet zudem kürzere Bremswege und eine bessere Auf- merksamkeit gegenüber nahenden Vögeln, was den Tod weiterer Vogelleben vermeiden kann. Freiwilliges Engagement, zum Beispiel durch die Teilnehmenden am Freiwilligen Ökolo- gischen Jahr des Vereins Jordsand, ist deshalb auch zukünftig zum Schutz junger Vo- gelfamilien auf der Wanderschaft erwünscht: Die jungen Leute sammeln auf der Wande- rung befindliche Jungtiere ein und tragen sie über den Gefahrenbereich (Straße und Deichbaustelle), sofern sie rechtzeitig aktiv werden können. Im Bereich des Nordbeckens wird der Deich seit 2017 verstärkt. Dies ist mit erhöhtem Verkehr (An- und Abfahrt der dort Tätigen, Transport von Material und Maschinen), mit Lärm und Staub sowie mit einer räumlichen Beeinträchtigung der über die Baustelle flie- genden oder durch diese wandernden Vögel verbunden. Die Umgestaltung des Deiches wandert von Norden nach Süden. Mit vergleichbaren Beeinträchtigungen ist für den Um- bau des südlich anschließenden Deichabschnittes zu rechnen. Die Sicherung des Außendeichfußes erfolgt mit großen Steinen, die mit Material in unre- gelmäßiger Stärke befestigt werden. Dadurch entstehen zum Teil sehr tiefe Rinnen, Rit- zen und Lücken. Ob diese Strukturen von allen Jungvögeln bewältigt werden können, ist zu bezweifeln. Wenn es keine andere bauliche Lösung gibt, sollten diese Steinsicherun- gen des Außendeiches zu Zeiten der Jungvogel-Wanderungen ausreichend häufig durch Beauftragte kontrolliert werden.

5.14 Ziele und mögliche Zielkonflikte

Übergreifendes Ziel im Vogelschutz-Teilgebietsbereich „Hauke-Haien-Koog“ ist die Er- haltung von Schilf- und Verlandungsbereichen für Vogelarten der Röhrichte sowie die Erhaltung von Grünland für Vogelarten des Offenlandes. Hohe Wasserstände mit tem- porärem Überstau von Grünland und Röhrichten zu Beginn der Brutsaison ist für Vogel- arten der Röhrichte sowie für einige Wiesenvogelarten notwendig. Ein Absenken des Wasserstandes in den Becken nach Beendigung der Brutsaison zur Erhöhung der auf- nehmbaren Wasservolumina bei größeren Niederschlagsereignissen bedeutet für die Vogelarten keine Verschlechterung. Im Gegenteil, die Nahrungssituation kann sich für Limikolen und weitere Vogelarten verbessern. Die Brutvogelarten der Röhrichte und Hochstaudenfluren sind auf die großflächigen Land- und Wasser-Röhrichte angewiesen. Zwischen 2 % und 5 % des Landesbestandes der Rohrdommel (OAG 2008, 2014) brütet im „Hauke-Haien-Koog“. Rohrweihe, Bart- meise und Blaukehlchen erreichen weniger als 1 % des Landesbestandes. Das Tüpfel- sumpfhuhn wurde in den letzten zehn Jahren jedoch nicht mehr nachgewiesen. Schilf- rohrsänger und Rohrammer sind mit sehr vielen Brutpaaren präsent.

47 Die Schilfmahd verhindert die großflächige Ausbildung von Altschilfbeständen, die von den im Röhricht brütenden Arten bevorzugt werden. Insofern kann der Verzicht auf eine Reeternte eine Zunahme von Revieren für diese Arten bedeuten.

Die Brutvogelarten des Offenlandes sind überwiegend an kurzrasiges oder leicht struktu- riertes Grünland gebunden. Auch rastende oder mausernde Vogelarten wie Enten und Gänse wählen kurzrasige Bestände, weiden nur junge, proteinreiche, aber nicht faserrei- che Organe ab. Die Ausbildung dauerhaft höherwüchsiger Pflanzenbestände ver- schlechtert und verkleinert ihren Lebensraum. Dadurch reduzierte sich ihr potenzieller Lebensraum in der Vergangenheit etwas, dieser Anteil ist angesichts der gesamten Größe des Offenlandes jedoch als gering einzuschätzen. Sowohl im „Hauke-Haien-Koog“ als auch überregional entwickelten sich die meisten Wiesenvogelarten rückläufig. Als häufigere Arten kommen Kiebitze, Austernfischer, Rot- schenkel, Feldlerche, Wiesenpieper und Schafstelze vor. Ihr Anteil am Landesbestand ist gering. Die Uferschnepfe zählt inzwischen zu den seltenen gewordenen Brutvogelar- ten im „Hauke-Haien-Koog“; landesweit geht das LIFE-Limosa-Projekt von rund 850 Brutpaaren aus (mdl. Aussage zur Situation im Jahr 2019). Kampfläufer waren zwar in den letzten Jahren während der Brutzeit im „Hauke-Haien-Koog“ anwesend, jedoch be- stand kein Brutverdacht. Entsprechendes gilt für die landesweit selten gewordene Be- kassine (weniger als 1000 Brutpaare in Schleswig-Holstein, siehe https://eider-treene- sorge.de/de/natur-landschaft/arten/voegel-bekassine.php). Gründe für diese negative Entwicklung im „Hauke-Haien-Koog“ sind kaum zu benennen, da sich die Qualität der Lebensräume und ihre Ausdehnung nicht gravierend änderten.

Das Gebiet ist überwiegend räumlich klar getrennt in die Lebensräume Wasserflächen, Grünland und Röhricht (auf der Ostseite gelegen). Die Habitate werden von unterschied- lichen Vogelgilden bewohnt. Deshalb treten grundsätzlich keine Zielkonflikte zwischen den Gilden und ihren verschiedenen Ansprüchen auf, zumal für alle ein möglichst hoher Wasserstand in den Speicherbecken von Vorteil (oder nicht von Nachteil) ist. Die Situation für die Vogelarten des Offenlandes kann dennoch durch ein Entfernen der hochwüchsigen Vegetationsbestände auf der Westseite des Gebietes verbessert wer- den. In ihnen sind Schilfrohrsänger und Rohrammer präsent, sie wurden bislang nicht von Rohrweihe oder Rohrdommel besiedelt. Auf der Ostseite des Nordbeckens sind die von den Gräben ausgehenden Röhrichte sowie die Ausbreitungszonen wieder in niedrig- wüchsiges Grünland umzuwandeln, um diesen Bereich als Habitat für Offenlandvögel zu erhalten. Entsprechend kann mit den Übergangszonen auf der Ostseite des Südbeckens verfahren werden. Bei der Abwägung der Schutzgüter Vogelarten der Röhrichte gegen Vogelarten des Of- fenlandes wird dem landesweit bedeutsamen Bestand der Rohrdommel eine hohe Be- deutung beigemessen. In den ausgedehnten Röhrichten leben weitere Arten. Die beiden für diese Spezies bedeutsame Lebensräume, der Südostteil des Nordbeckens sowie der nördliche und der mittlere Bereich des Südbeckens, sind deshalb zu erhalten. Eine Um- wandlung großer Röhrichtareale in offenes Grünland, wie vom LIFE Limosa-Projekt vor- geschlagen, bedeutet eine Verschlechterung oder gar eine Vernichtung der langjährigen Lebensräume für die Rohrdommel. Betroffen wären auch Rohrweihe, Schilfrohrsänger, Bartmeise und Rohrammer. Die Aufgabe der Reetmahd wird hingegen eine Habitatver- besserung für diese Spezies durch Vergrößerung der Altschilfbestände bedeuten. Das Grünland wird von brütenden, rastenden und mausernden Vogelarten aufgesucht. Vor allem rastende Nonnengänse und mausernde Graugänse halten sich jeweils über einen längeren Zeitraum im Gebiet auf. Sie äsen das Grünland auf der Süd- und der Westseite ab. Im Nord- und Ostbereich halten sie sich in geringer Anzahl auf. Das ge- eignete Futterangebot wird derartig genutzt, dass die Dichte der Weidetiere abgesenkt

48 wurde. Gänse und Weidetiere sorgen für ein kurzrasiges bis leicht strukturiertes Grün- land, das Bruthabitate für viele Wiesenvogel-Arten bietet. Sollte nach der Rückführung der terrestrischen Röhricht-Säume auf der Ostseite und nach der Rückführung der Hochstauden und Röhrichte auf der Westseite in Grünland weiteres Offenland für spezielle Artenhilfsprogramme, als Beispiel sei das LIFE Limosa- Projekt genannt, entwickelt werden, sind Röhrichte auszuwählen, die in der Vergangen- heit nicht von der Rohrdommel besiedelt wurden. Bei Berücksichtigung der zu erhalten- den großflächigen Röhrichte als Habitat für Rohrdommel und weitere Spezies kämen momentan das streifenartige Röhricht im Norden des Nordbeckens sowie das Röhricht südlich des Bongsieler Priels im Südbeckens in Betracht. Zuvor müssen alle Möglichkei- ten zur Verbesserung des vorhandenen Grünlandes ausgeschöpft und die Erhaltungs- ziele aller Vogelgilden, die jeweilige avifaunistische Situation und die jeweiligen Gege- benheiten sorgfältig abgewogen werden. Die Umwandlung von Röhricht in Grünland setzt zudem den dauerhaften Verzicht von Reetmahd auf einer gleichgroßen Röhrichtflä- che voraus. Damit würden einerseits Altschilf-Areale für Arten der Röhrichte gesichert und andererseits Grünland für Wiesenvögel und Gänse geschaffen werden.

6 Maßnahmenkatalog

Siehe Karte 3 Die Ausführungen zu den Ziffern 6.2. bis 6.4. wurden durch die Maßnahmenblätter in der Anlage 6 konkretisiert.

6.1 Bisher durchgeführte Maßnahmen

6.1.1 Regulierung des Wasserstandes in den Speicherbecken

Der DHSV Südwesthörn-Bongsiel strebt das Einstellen eines möglichst hohen Wasser- standes nach Abschluss der Reeternte und vor Beginn der Brutsaison an. Dieses Ziel wird in den einzelnen Jahren in Abhängigkeit von den Niederschlagsereignissen sowie bei Berücksichtigung technischer Probleme in der zu Verfügung stehenden Zeit unter- schiedlich gut realisiert.

6.1.2 Jagd auf jagdbare Wasservogelarten

An den drei Speicherbecken des Hauke-Haien-Kooges wird auf die Jagd jagdbarer Vo- gelarten weitgehend, aber nicht vollständig verzichtet.

6.1.3 Jagd auf Rotfuchs

Vor einigen Jahren wurden zwei Fuchsfallen von der Integrierten Station Westküste des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume an den Rändern des Vo- gelschutz-Teilgebietbereiches „Hauke-Haien-Koog“ aufgestellt. Sie werden von den Jä- gern des DHSV betreut.

6.1.4 Verbesserung der Brutinsel

Zur Brutsaison 2017 wurde die im Nordbecken liegende durch Erosion stark verkleinerte Brutinsel mit Aushub saniert und vergrößert.

49 6.1.5 EU-Projekt „LIFE Limosa“

Die Europäische Union fördert in den Jahren 2012 bis 2022 das LIFE-Projekt „LIFE-Li- mosa“. Ziel ist es, die Populationen von Uferschnepfe durch Verbesserung des Fort- pflanzungserfolges zu stabilisieren sowie die Populationen von Alpenstrandläufer und Kampfläufer durch geeignete Maßnahmen zu erhalten. Im Hauke-Haien-Koog wurde 2013 eine Strukturkartierung im Hinblick auf eine Eignung als Bruthabitat für die Uferschnepfe durchgeführt. Hier wie in den anderen Untersu- chungsgebieten werden jährlich die brutwilligen Uferschnepfen erfasst. Das Projekt verfügt über Mittel zur Verbesserung der ausgewählten Brutgebiete.

6.2 Notwendige Erhaltungs- und ggf. Wiederherstellungsmaßnahmen

Die notwendigen Erhaltungsmaßnahmen dienen der Konkretisierung des sogenannten Verschlechterungsverbotes (§ 33 Abs. 1 BNatSchG, ggf. i. V. mit § 24 Abs. 1 LNatschG), das verbindlich einzuhalten ist. Bei Abweichungen hiervon ist in der Regel eine Verträglichkeitsprüfung durchzuführen.

6.2.1 Keine Jagd auf jagdbare Vogelarten

Eine Jagd auf jagdbare Vogelarten ist am Nord-, Mittel- und Südbecken ganzjährig zu unterlassen, da sie den Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes widerspricht. Die da- mit verbundene Störungsarmut erhöht die Attraktivität des Schutzgebietes und soll be- sonders äsende Spezies von den landwirtschaftlichen Flächen ablenken.

6.2.2 Erhaltung der permanenten Wasserflächen

In den Speicherbecken sind die permanenten Wasserflächen als Lebensraum zu erhal- ten.

6.2.3 Einstellen hoher Wasserstände in den Speicherbecken zur Brutsaison

Das Nordbecken und das Südbecken werden vom DHSV vor Beginn der Brutsaison (Mitte März) bis auf eine Wasserspiegellage von 5,40 m über PNP gefüllt, sofern dies möglich ist. Unterstützend kann eine Pumpe eingesetzt werden.

6.2.4 Erhaltung der Brutinsel im nördlichen Speicherbecken

Zur Erhaltung der Eigenschaften als Brutplatz für Küstenvogelarten ist der Bewuchs auf der Insel regelmäßig zu kontrollieren. Höherwüchsige krautige Arten und Gehölzjung- wuchs sind möglichst jährlich zu entfernen.

6.2.5 Fortgesetzter Verzicht auf Freizeitnutzung im Nord- und Südbecken

Auf den Wasserflächen des nördlichen und des südlichen Speicherbeckens sind jegliche Form von Angel- und Wassersport weiterhin zu unterlassen.

6.2.6 Einhalten eines Mindestabstandes von Booten zum Ufer im Mittelbecken

Angler und Sportler mit Booten müssen, abgesehen von Notfällen, auf dem Mittelbecken ganzjährig einen ausreichenden Abstand von mindestens 30 bis 50 m (siehe u.a. 10 Goldene Regeln für das Verhalten von Wassersportlern in der Natur, Deutscher Segler- verbandes) zum Ufer und zum Röhrichtgürtel (sofern vorhanden) halten, um eine mög- lichst geringe Scheuchwirkung gegenüber brütenden, weidenden, mausernden und ras- tenden Vögel zu erzeugen.

50 6.2.7 Erhaltung des Röhrichts

Die Röhrichte mit Verlandungsvegetation und Hochstaudenfluren sind als Lebensraum vor allem für brütende, aber auch für rastende Vogelarten zu erhalten.

6.2.8 Nichtnutzung von Randstreifen bei der Reeternte

Bei der Schilfmahd müssen breite Streifen an den Rändern zu angrenzenden anderen Lebensräumen als Bruthabitat für im Schilf brütende Vogelarten gelassen werden. An den Rändern zu den Flachseen müssen die Streifen mit Altschilf für die Rohrdommel mindestens 25 m breit sein.

6.2.9 Erhaltung des kurzrasigen Grünlandes

Das Grünland sowie die Deiche sind weiterhin ohne Einsatz von Dünge- und Pflanzen- schutzmitteln und bei Beachtung der Belange des Vogelschutzes zu nutzen. Ziel sind flächenhaft kurzrasige bis leicht strukturierte Bedingungen für die Vogelarten des Grün- landes wie Kiebitz und Rotschenkel sowie für Enten und Gänse. Flächen, die sich seit der Meldung des „Hauke-Haien-Kooges“ als Vogelschutzgebiet zeitweilig oder dauerhaft zu Hochstaudenfluren oder Röhrichten entwickelten, sind wie- der in Grünland zu überführen. Dafür sollten sie mehrfach gemäht und intensiv von Wei- detieren, bevorzugt von Rindern, beweidet werden.

6.2.10 Entfernen von Gehölzen

Um den Reproduktionserfolg von Vogelarten des Grünlandes und von Vogelarten der Seen und Küsten zu verringern, ist die Ausbreitung von Raben- und Greifvögeln gering zu halten. Höhere Gehölze, die als Ansitz oder als Horstbaum verwendet werden oder als solche zukünftig verwendet werden können, sind sowohl in den Weideeinheiten als auch in den großen Röhrichten auf der Ostseite abzusägen oder zu kappen.

6.2.11 Fortsetzung der Bejagung von Prädatoren

Die Bejagung von Prädatoren (Fuchs, Marderartige, Marderhund, Waschbär, Raben- krähe, etc.) soll im bestehenden Rahmen beibehalten werden. Jedes Jahr im Februar sollte im ganzen „Hauke-Haien-Koog“ Jagd auf Rotfuchs betrie- ben werden.

6.2.12 Kein Betrieb von unbemannten Luftfahrtsystemen

Der Betrieb von unbemannten Luftfahrtsystemen einschließlich Lenkdrachen und Droh- nen sowie von Flugmodellen ist wegen möglichen Aufscheuchens oder möglicher Ge- fährdung von Vögeln innerhalb des Vogelschutzgebietes verboten (§ 21b, Abs. 1, Ziffer 6 der LuftVZO, 2017). Ihr Einsatz für jagdliche, land- und forstwirtschaftliche Zwecke ist an den rechtlichen Vor- gaben unter Beachtung artenschutzrechtlicher Vorgaben auszurichten und bedarf einer Zustimmung durch die zuständigen Behörden.

6.2.13 Dauerhafte Sperrung eines Weges für die Öffentlichkeit

Der Weg auf dem Deich, der das Mittelbecken vom Südbecken trennt, ist besonders we- gen rastenden und mausernden Gänse ganzjährig zu sperren. Betroffen ist der gesamte Abschnitt von der Straße L191 bis zum Deich, der das Speicherbecken nach Osten vom landwirtschaftlich genutzten Koog abgrenzt.

51 6.2.14 Keine Intensivierung des Wassersports

Eine Intensivierung des Wassersports auf dem Mittelbecken durch längere oder weitere Trainingseinheiten, durch weitere Bootsklassen oder durch bisher nicht eingesetzte Wassersportgeräte ist nicht zulässig. (keine kartografische Darstellung)

6.3 Weitergehende Entwicklungsmaßnahmen

Hierbei handelt es sich um Maßnahmen, die über das Verschlechterungsverbot hinaus- gehen und einer Verbesserung des Zustandes der in den Erhaltungszielen genannten Lebensraumtypen oder Arten dienen. Sie werden auf freiwilliger Basis durchgeführt.

6.3.1 Verbessertes Fluten der Speicherbecken

Zur Optimierung anzuhebender Wasserstände in den beiden Speicherbecken zu Brutbe- ginn sowie während der Brutsaison sollten Pumpen zum Einsatz kommen. Mit ihnen ist auch eine gelegentliche Zufuhr von geringen Wassermengen während der Brutsaison möglich.

6.3.2 Verzicht von Wassersport im Mittelbecken

Sportler mit Booten und anderen Wassersportgeräten sollten während der Brut-, Mau- ser- und Rastzeiten keinen Sport auf dem Mittelbecken ausüben, um keinen Vogel von der Wasserfläche oder vom Land aufzuscheuchen.

6.3.3 Errichtung von Kunstbauen zur Bejagung von Prädatoren

Zur besseren Kontrolle und Bejagung von Landraubtieren sollten Kunstbaue rund um den Vogelschutz-Teilgebietsbereich „Hauke-Haien-Koog“ installiert und jagdlich betrie- ben werden.

6.3.4 Bruthilfen für die Fluss- und Küstenseeschwalbe

Der Fluss- und der Küstenseeschwalbe können Brutplätze in Form von artspezifischen Brutflößen angeboten werden.

6.3.5 Bruthilfen für die Trauerseeschwalbe

Der Trauerseeschwalbe können Brutplätze in Form von artspezifischen Brutflößen ange- boten werden.

6.3.6 Errichtung einer zweiten Brutinsel

Für die Vogelarten der Seen und Küste kann eine zweite Brutinsel errichtet werden. Sie sollte von einer breiten Flachwasserzone umgeben sein. Der Bewuchs ist regelmäßig zu kontrollieren und gegebenenfalls zu entfernen, um die Habitateignung zu erhalten.

6.3.7 Verbesserung des Grünlandes für Brut-, Mauser- und Rastvögel

Zur Verbesserung der Lebensbedingungen für charakteristische Vogelarten sollte das Grünland zur Brutzeit mit geringer Intensität beweidet werden. Die Deiche sollten zu ei- nem aus ornithologischer Sicht späten Zeitpunkt gemäht oder gemulcht werden. Sofern vorhanden, sollten in den Weideeinheiten liegende Gräben und Senken ebenfalls beweidet oder genutzt werden, um hochwüchsige Strukturen zu vermeiden.

52 Um die Flächen für Vogelarten des Offenlandes wie Kiebitz und Rotschenkel sowie für rastende Gänse, Enten und Limikolen zu erhalten und zu verbessern, sollten hochwüch- sige Strukturen an den Rändern der Röhrichte und Gräben sowie innerhalb der Nutzein- heiten nach Abschluss der Brutsaison abgemäht werden.

6.3.8 Wiederherstellung des Grünlandes als Habitate für Offenland-Vogelarten

Die auf der Westseite der Wasserflächen liegenden Hochstauden und Röhrichte und die Randbereiche der Röhrichte auf der Westseite der Speicherbecken, sofern diese Be- stände nicht unter die Maßn. 6.2.9 fallen, sollten in Grünland überführt werden. Dafür sollten sie mehrfach gemäht und intensiv von Weidetieren, bevorzugt von Rindern, be- weidet werden.

6.3.9 Umwandlung von Röhricht in Grünland

Sollte nach Verbesserung (Maßn. 6.3.7) und Wiederherstellung (Maßn. 6.3.8) des Grün- landes weiteres Offenland entwickelt werden, sind zuvor die Erhaltungsziele, die avifaunistische Situation und die aktuellen Gegebenheiten zu prüfen (siehe Kap. 5.14). Für eine Umwandlung kämen aktuell die an die westliche Weideeinheit anschließenden Röhrichte im Nordwesten des Nordbeckens sowie die Röhrichte südlich des Bongsieler Priels in Betracht. An beiden Standorten müsste Röhricht bis zur Wasserkante in nied- rigwüchsiges Offenland überführt werden. Die Umwandlung von Röhricht in Grünland setzt voraus, dass eine weitere Röhrichtflä- che derselben Größe dauerhaft von der Reetmahd ausgenommen wird. Somit können sowohl die Vogelarten des Offenlandes als auch jene des Röhrichts profitieren. Diese Maßnahme kann auch im Rahmen von Wiesenvogel-Projekten wie des EU-Pro- jektes LIFE Limosa oder im Rahmen von speziellen Artenhilfsprojekten zur Anwendung kommen. Bei der Umsetzung dieser Maßnahme entfällt die Maßnahme 6.2.8. (Nichtnut- zung von Randstreifen bei der Reeternte)

6.3.10 Verbesserung der Zaunanlagen

Für die dauerhaften Zaunanlagen sollten die Pfähle derartig geformt sein oder mit Sitzabhaltern versehen werden, dass sie nicht als Ansitzwarte von Greif- und Rabenvö- geln verwendet werden können. Zur Vermeidung von Vogelopfern in den Drähten der Zaunanlagen sollten von den Vö- geln optisch gut erkennbare Materialien verwendet werden. (keine kartografische Dar- stellung)

6.3.11 Anlage von Wasserflächen im Grünland

Zur Verbesserung des Nahrungsangebotes besonders für Limikolen sollten weitere Wasserflächen (Priele, Blänken, Flutmulden, etc.) im Grünland geschaffen werden.

6.3.12 Anlage von Wasserflächen im Röhricht

Zur Verbesserung des Nahrungsangebotes für Rohrdommel sollten weitere Wasserflä- chen (Priele, Blänken, Flutmulden, etc.) im Röhricht geschaffen werden.

6.3.13 Vergrößerung von Flachwasserbereichen durch Uferterrassierung

Zur Erhöhung der Flachwasserbereiche im Röhricht und im Grünland können Ränder zu den großen Wasserflächen, zu ehemaligen Prielen und Gräben abgeflacht bzw. terras- siert werden.

53 6.3.14 Verringerung des Binnenabflusses zur kleinräumigen Vernässung

Zur kleinräumigen Vernässung von Röhricht- und Grünlandbereichen sollten Gräben und Abflussrinnen mit Staublöcken versehen werden. Eine Abflachung von Grabenrän- dern, eine Angliederung von Flutmulden und Blänken oder ähnlichen temporären Struk- turen sind möglich.

6.3.15 Kontrolle der L191 und des Außendeiches zum Schutz von Jungvögeln

Zum Schutz von wandernden Jungvögeln sollte die Straße L191 zu den Wanderzeiten regelmäßig kontrolliert werden, damit die Jungvögel über die Straße begleitet oder ge- tragen werden können. Es sollte ebenfalls die Steinsicherung des neuen Außendeiches kontrolliert werden, da sich nicht alle Jungvögel selbstständig aus den Ritzen und Hohlräumen befreien kön- nen. (keine kartografische Darstellung)

6.3.16 Verringerung der maximalen Geschwindigkeit auf der Straße L 191

Zur Verringerung der durch den Straßenverkehr getöteten Vögel sollte die abschnitts- weise maximal erlaubte Geschwindigkeit von 80 km/h auf der Straße L191 auf der ge- samten Länge des Teilschutzgebietes deutlich gesenkt werden. Zur Wanderzeit von Jungvögeln aus oder in den „Hauke-Haien-Koog“ sollte sie im nörd- lichen Bereich des Nordbeckens temporär auf 30 km/h gesenkt werden.

6.3.17 Entwicklung von Konzepten zur Verringerung des Verkehrsaufkommens

Es sollten Konzepte entwickelt werden, um das Aufkommen von Fahrzeugen auf der Straße L191 im Bereich des Schutzgebietes „Hauke-Haien-Koog“ temporär oder dauer- haft zu verringern. (keine kartografische Darstellung)

6.3.18 Störungsarmut durch eingeschränkte Nutzung von Wanderwegen

Sollte die Anzahl der Wandernden und anderer Erholungssuchenden bzw. sollte die von ihnen ausgehende Störung dazu führen, dass brütende, rastende oder mausernde Vö- gel keine längere Ruhe im Schutzgebiet finden, sind die entsprechenden Deiche ein- schließlich des ausgewiesenen Wanderweges für die Öffentlichkeit während der Brut- und Mauserzeit (1. März bis zum 31. Juli) und Rastzeit (1. November bis zum 31. März) oder dauerhaft zu sperren.

6.3.19 Einstellen höherer Wasserstände in den Speicherbecken zur Brutsaison

Im Hinblick auf sich klimabedingt ändernde Niederschlagsverhältnisse sollten für das Nordbecken und das Südbecken im März eher höhere Wasserspiegellagen als 5,40 m über PNP eingestellt werden. Während der Brutsaison ist möglichst nur so viel Wasser in die beiden Becken einzulei- ten, dass die Verdunstungsrate ausgeglichen und der Höchststand des Frühjahres nicht überschritten wird, um ein Überschwemmen von Gelegen und Küken auszuschließen. (keine kartografische Darstellung)

6.3.20 Gebietsbetreuung mit Vogelmonitoring

Die Gebietsbetreuung durch den Verein Jordsand zum Schutz der Seevögel und der Na- tur e.V. sollte in der bisherigen Weise fortgesetzt werden, um die Erfassung der brüten- den, mausernden und rastenden Vögel fortzusetzen und um darüber hinaus den Bruter- folg einzelner Vogelarten zu erfassen. Die weiteren Aufgaben sollten auch den Schutz der die Straße L191 und den Außendeich passierenden Vogelfamilien (Maßn. 6.3.15) beinhalten. (keine kartografische Darstellung)

54 6.4 Sonstige Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen

Hierbei handelt es sich um Maßnahmen, die zur Erhaltung oder Verbesserung von Schutzgütern durchgeführt werden sollen, die nicht in den Erhaltungszielen des Natura 2000-Gebietes aufgeführt sind (z. B. gesetzlich geschützte Biotope, gefährdete Arten), aber dennoch für das betrachtete Gebiet naturschutzfachlich von Bedeutung sind. So- fern es sich um Maßnahmen handelt, für die eine gesetzliche Verpflichtung besteht (z. B. gesetzlicher Biotopschutz) wird hierauf verwiesen.

6.4.1 Errichtung weiterer Aussichtspunkte

Weitere Aussichtspunkte mit Parkmöglichkeiten können an der Straße L191 von Dage- büll über Schlüttsiel nach Ockholm errichtet werden, um das Naturerleben ohne Betreten des Vogelschutzgebietes zu verbessern.

6.5 Schutzinstrumente, Umsetzungsstrategien

Neben dem gesetzlichen Verschlechterungsverbot der Erhaltungszustände von NA- TURA-2000-Gebieten gilt für die gesetzlich geschützten Biotope (§ 30 BNatSchG in Ver- bindung mit § 21 LNatSchG), dass Maßnahmen, die zu einer Zerstörung oder sonstigen erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung der geschützten Biotope führen können, verboten sind. Außerdem sind in diesem Gebiet die Regelungen des Wasserrechts und des Artenschutzrechts zu beachten.

6.6 Verantwortlichkeiten

Die Untere Naturschutzbehörde des Kreises Nordfriesland ist für den Vollzug des BNatSchG und des LNatSchG Schleswig-Holstein zuständig und sorgt für die Umset- zung der in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden notwendigen und weitergehenden Maßnahmen des Managementplanes auf der Grundlage der Maßnahmenblätter. In Abstimmung mit der UNB werden Maßnahmen auf Flächen mit naturschutzfachlicher Widmung umgesetzt oder Entwicklungsziele zur folgenden Umsetzung formuliert.

6.7 Kosten und Finanzierung

Die Unterhaltung der Flächen obliegt grundsätzlich dem jeweiligen Flächeneigentümer. Die bisher rechtmäßig ausgeübten, verträglichen Nutzungen begründen keine Zahlungs- ansprüche gegenüber dem Land. Für die Umsetzung von Maßnahmen in Natura 2000 Gebieten kann eine Finanzierung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel durch das Land Schleswig- Holstein erfolgen. Hierfür kommen nachfolgende Förderrichtlinien in Frage:  Maßnahmen der Flächensicherung (Flächenkauf und langfristiger Pacht)  Biotopgestaltende Maßnahmen  Artenschutzmaßnahmen  Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen (S+E)

Die jeweils aktuellen Förderrichtlinien sowie eine inhaltliche Zusammenfassung sind im Internet auf den Seiten des Landes dargestellt. Als Antragsteller und Zuwendungsemp- fänger kommen Körperschaften des öffentlichen Rechts (Gemeinden etc.), öffentlich- und privatrechtliche Stiftungen sowie gemeinnützig anerkannte Vereine und Verbände in Frage. Bei Artenschutzmaßnahmen grundsätzlich und bei Biotopgestaltenden Maßnah- men sind in begründeten Ausnahmefällen auch sonstige natürliche und juristische Per- sonen des privaten Rechts möglich. Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen werden in Schleswig-Holstein vorrangig über die Kreise und kreisfreien Städte beantragt.

55 Darüber hinaus können auch zwischen dem Flächeneigentümer und dem Land Schles- wig-Holstein Freiwillige Vereinbarungen mit entsprechenden Entschädigungszahlungen abgeschlossen werden. Weitergehende und sonstige Maßnahmen können grundsätzlich als Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen, über Ausgleichsmittel oder über die Anlage von Ökokonten umgesetzt werden. Eine Finanzierung über Spenden, Stiftungen und ehrenamtliches Engagement ist eben- falls nicht ausgeschlossen.

6.8 Öffentlichkeitsbeteiligung

Der Eigentümer, der betreuende Naturschutzverein, die Verwaltung des Kreises Nord- friesland sowie die weiteren Nutzer und Akteure wurden über das Vorhaben informiert. Ergebnis von Gesprächen mit den Beteiligten war der Verzicht auf eine gemeinsame Auftaktveranstaltung mit einer allgemeinen Information. Zu einer Vorstellung des Managementplan-Entwurfes am 12. August 2019 in der Ge- schäftsstelle des DHSV in Risum-Lindholm wurden neben dem DHSV in der Region tä- tige Naturschutz- und Sportvereine, Jäger, die Gemeinden und Amtsverwaltungen sowie weitere Behörden eingeladen. Text und Maßnahmenkarte des Managementplan-Entwur- fes konnten von den Eingeladenen eingesehen werden. Stellungnahmen in mündlicher und schriftlicher Form wurden bedacht, abgestimmt und gegebenenfalls in Text und Maßnahmenkarte eingearbeitet.

7 Erfolgskontrolle und Monitoring der Maßnahmen

Die Vogelschutz-Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten in Art. 11, den Zustand der Schutzobjekte und damit auch den Erfolg ergriffener Maßnahmen durch ein geeignetes Monitoring zu überwachen. Für die Umsetzung des Monitorings sind die Bundesländer zuständig. Schleswig-Holstein erfüllt diese Verpflichtung für den Teilgebietsbereich „Hauke-Haien-Koog“, indem der Verein Jordsand zum Schutz der Seevögel und der Na- tur e.V. mit der jährlichen Erfassung der Brutvögel sowie der mausernden und rastenden Vögel betraut wurde.

8 Literatur

BLEW, J. GÜNTHER, K. & SÜDBECK, P. (2005): Bestandsentwicklung der im deut- schen Wattenmeer rastenden Wat- und Wasservögel von 1987/1988 bis 2001/2002. – Vogelwelt 126: 99 – 125. JEROMIN, K. & KOOP, B. (2008): Untersuchungen zu den verbreitet auftretenden Vogel- arten des Anhangs I der EU-Vogelschutzrichtlinie in Schleswig-Holstein. Rohrdommel. – Unveröff. Gutachten der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft für Schleswig-Holstein und Hamburg (OAG) im Auftrag des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und ländli- che Räume des Landes Schleswig-Holstein, 18 S. LANU, LANDESAMT FÜR NATUR UND UMWELT DES LANDES SCHLESWIG-HOL- STEIN (Hrsg.) (2008): Europäischer Vogelschutz in Schleswig-Holstein. Arten und Schutzgebiete. – Flintbek,358 S. LSV, LANDESPORTVERBAND SCHLESWIG-HOLSTEIN e.V. (2002): Absichtserklärung über „Natura 2000 und Sport“. – geschlossen zwischen dem Landessportverband Schles- wig-Holstein e.V. und dem Ministerium für Umwelt, Natur und Forsten des Landes Schles- wig-Holstein. – Kiel. LSV, LANDESPORTVERBAND SCHLESWIG-HOLSTEIN e.V. (2008): Freiwillige Verein- barung über die Natura 2000-Gebiete, Nordfriesland (15)“. – geschlossen zwischen dem

56 Landessportverband Schleswig-Holstein e.V. und dem Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein. – Kiel. LSV, LANDESPORTVERBAND SCHLESWIG-HOLSTEIN e.V. (2012): Rahmenvereinba- rung über „Natura 2000 und Sport“. – geschlossen zwischen dem Landessportverband Schleswig-Holstein e.V., dem Landessportfischerverband Schleswig-Holstein und dem Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein. – Kiel. MELUND, MINISTERIUM FÜR ENERGIEWENDE, LANDWIRTSCHAFT, UMWELT UND DIGITALISIEURUNG DES LANDES SCHLESWIG-HOLSTEIN & LANDESAMT FÜR LANDWIRTSCHAFT, UMWELT UND LÄNDLICHE RÄUME DES LANDES SCHLESWIG- HOLSTEIN (2018): Prädationsmanagementkonzept Schleswig-Holstein. Kiel, 61 S. MLUR, MINISTERIUM FÜR LANDWIRTSCHAFT, UMWELT UND LÄNDLICHE RÄUME DES LANDES SCHLESWIG-HOLSTEIN (Hrsg.) (2010): Die Brutvögel Schleswig-Hol- steins. Rote Liste. - 5. Fassung, Kiel, 118 S. MOIN, MICHAEL-OTTO-INSTITUT IM NABU (2016): Bericht 2016: Bruterfolg der Ufer- schnepfen in den Projektgebieten (Action D.1). – Unveröff. Bericht für das EU-Projekt LIFE Limosa Schleswig-Holstein, Bergenhusen, 53 S. MOIN, MICHAEL-OTTO-INSTITUT IM NABU (2017a): Bericht 2017: Bruterfolg der Ufer- schnepfen in den Projektgebieten (Action D.1). – Unveröff. Bericht für das EU-Projekt LIFE Limosa Schleswig-Holstein, Bergenhusen, 49 S. MOIN, MICHAEL-OTTO-INSTITUT IM NABU (2017b): Schutzkonzept Austernfischer in Schleswig-Holstein. Untersuchungen 2017. – Unveröff. Endbericht für das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein, Bergenhusen, 42 S. OAG, ORNITHOLOGISCHE ARBEITAGEMEINSCHAFT FÜR SCHLESWIG-HOLSTEIN (2004): Untersuchungen zu den verbreitet auftretenden Vogelarten des Anhangs I der EU-Vogelschutzrichtlinie in Schleswig-Holstein 2004. Bestand und Verbreitung der Tüp- felralle (Porzana porzana) in Schleswig-Holstein. – Unveröff. Gutachten im Auftrag des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig- Holstein. WInnert, 25 S. OAG, ORNITHOLOGISCHE ARBEITAGEMEINSCHAFT FÜR SCHLESWIG-HOLSTEIN (2008): Untersuchungen zu den verbreitet auftretenden Vogelarten des Anhangs I der EU-Vogelschutzrichtlinie in Schleswig-Holstein 2008. Rohrdommel, Rohrweihe, Blau- kehlchen. – Unveröff. Gutachten im Auftrag des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein, Winnert, 17 S. OAG, ORNITHOLOGISCHE ARBEITAGEMEINSCHAFT FÜR SCHLESWIG-HOLSTEIN (2014): Untersuchungen zu den verbreitet auftretenden Vogelarten des Anhangs I der EU-Vogelschutzrichtlinie in Schleswig-Holstein 2014. Singschwan, Zwergschwan, Rohrdommel, Rohrweihe. – Unveröff. Gutachten im Auftrag des Ministeriums für Land- wirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein, Winnert, 53 S. THORUP, O. (2018): Conservation Studies of Ruff (Caldris pugnax – Kampfläufer) and Baltic Dunlin (Caldris alpina – Alpenstrandläufer) in Schleswig-Holstein. Reporting Field Work 2018). – Unveröff. Gutachten im Rahmen des EU-Projektes „LIFE Limosa Schles- wig-Holstein“. VEREIN JORDSAND, VEREIN JORDSAND ZUM SCHUTZ DER SEEVÖGEL UND DER NATUR E.V. (1997 - 2018): Hauke-Haien-Koog Jahresbericht. – Unveröff. Betreuungsbe- richte für das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein. - Ahrensburg.

57 9 Anhang Anlage 1: Gebietsspezifische Erhaltungsziele Anlage 2: Karte 1: Übersicht des Vogelschutzgebietes sowie Sonstige Schutzkategorien Anlage 3: Karte 2: Brutvögel Anlage 4: Karte 3: Maßnahmen Anlage 5: Karte 4: Eigentumsverhältnisse Anlage 6: Maßnahmenblätter der Maßnahmen 6.2 bis 6.4

58 Anlage 1

Erhaltungsziele für das Vogelschutzgebiet DE- 0916-491 „Ramsar-Gebiet S-H Watten- meer und angrenzende Küstengebiete“

Gebietsbeschreibung und Teilgebiete: Das schleswig-holsteinische Wattenmeer ist geprägt durch den ständigen Wechsel zwischen Ebbe und Flut. Wichtige Elemente des Ökosystems sind Flachwasserbereiche der Nordsee, Wattströme, Priele, Watten, Außensande, Sandstrände, Primärdünen, Strandwälle, Nehrungen, Spülsäume, Muschelschillflächen, Salzwiesen, Halligen, Dünen, Heiden, Lagunen und Ästuar-Lebensräume. Einbezogen in das Vogelschutzgebiet sind außerdem einige Natur- schutz-Köge. Auf Grund der Größe des Gebietes mit unterschiedlichen geomorphologischen Eigenschaf- ten, der Besonderheiten der geographisch abgrenzbaren Teillebensräume sowie auf Grund der anthropogenen Historie erfolgt eine Unterteilung der Erhaltungsziele des Gesamtgebie- tes in mehrere Teilgebiete:

4. Köge an der Westküste Schleswig-Holsteins Die Naturschutzköge sind alle nach 1935 durch die Eindeichung von Wattenmeerbuchten entstanden. In den Naturschutzkögen steht der Naturschutz im Vordergrund. Einige dieser Köge haben zusätzlich eine wichtige wasserwirtschaftliche Funktion als Speicherbecken für die Binnenlandentwässerung. Sie beinhalten Süß- und Brackwasserbereiche, Röhrichte, La- gunen, Brackwassermarschen, Schlickflächen, Grünland und Salzwiesen. In Teilbereichen der Köge werden gezielte Managementmaßnahmen zum Zwecke des Artenschutzes betrie- ben, weitere Bereiche werden einer natürlichen Entwicklung überlassen. Es gehören mehrere Köge zum Gebiet 0916-491, unter anderem:  Speicherbecken Hauke-Haien Koog: wurde 1959 in einer Größe von 700 ha einge- deicht und dient als Speicherbecken. Im Ostteil befinden sich große Schilfflächen, im Westteil Grünlandflächen.

1. Erhaltungsgegenstand

Das Gebiet ist für die Erhaltung folgender Vogelarten und die Erhaltung bzw. Wiederherstel- lung ihrer Lebensräume:

Köge Gebiet 4 Von besonderer Bedeutung: (fett: Arten des Anhangs I der Vogelschutzrichtlinie; B: Brutvögel; R: Rastvögel) Acrocephalus schoenobaenus [Schilfrohrsänger] B B Alauda arvensis [Feldlerche] B B Anas acuta [Spießente] R B RB Anas clypeata [Löffelente] R B RB Anas crecca [Krickente] R B RB Anas penelope [Pfeifente] R RB Anas platyrhynchos [Stockente] R B RB Anas querquedula [Knäkente] B B Anthus pratensis [Wiesenpieper] B B Ardea cinerea [Graureiher] R R Arenaria interpres [Steinwälzer] R B R Asio flammeus [Sumpfohreule] R B RB Botaurus stellaris [Rohrdommel] B B

59 Köge Gebiet 4 Branta bernicla [Ringelgans] R R Branta leucopsis [Nonnengans] R B RB Calidris alpina schinzii [Alpenstrandläufer] B B Calidris alpina alpina [Alpenstrandläufer] R R Calidris canutus [Knutt] R R Calidris ferruginea [Sichelstrandläufer] R R Carduelis flavirostris [Berghänfling] R R Charadrius alexandrinus [Seeregenpfeifer] R B RB Charadrius hiaticula [Sandregenpfeifer] R B RB Chlidonias niger [Trauerseeschwalbe] B RB Circus cyaneus [Kornweihe] B R Cygnus columbianus bewickii [Zwergschwan] R R Cygnus cygnus [Singschwan] R R Eremophila alpestis [Ohrenlerche] R R Falco columbarius [Merlin] R R Falco peregrinus [Wanderfalke] R B R Gallinago gallinago [Bekassine] R RB Gelochelidon nilotica [Lachseeschwalbe] B B Haematopus ostralegus [Austernfischer] R B RB Haliaeetus albicilla [Seeadler] R B RB Himantopus himantopus [Stelzenläufer] B B Larus argentatus [Silbermöwe] R B RB Larus canus [Sturmmöwe] R B RB Larus fuscus [Heringsmöwe] R B RB Larus marinus [Mantelmöwe] R B RB Larus minutus [Zwergmöwe] R R Larus ridibundus [Lachmöwe] R B RB Limosa lapponica [Pfuhlschnepfe] R R Limosa limosa [Uferschnepfe] B RB Luscinia svecica [Blaukelchen] B B Mergus serrator [Mittelsäger] B RB Motacilla flava [Schafstelze] B B Numenius arquata [Großer Brachvogel] R R Numenius phaeopus [Regenbrachvogel] R R Oenanthe oenanthe [Steinschmätzer] B B Panurus biarmicus [Bartmeise] B R RB Phalacrocorax carbo [Kormoran] R R Philomachus pugnax [Kampfläufer] R B RB Platalea leucorodia [Löffler] B R Plectrophenax nivalis [Schneeammer] R R Pluvialis apricaria [Goldregenpfeifer] R R Pluvialis squatarola [Kiebitzregenpfeifer] R R Podiceps nigricollis [Schwarzhalstaucher] B B

60 Köge Gebiet 4 Recurvirostra avosetta [Säbelschnäbler] R B RB Somateria mollissima [Eiderente] R B RB Sterna albifrons [Zwergseeschwalbe] B B Sterna hirundo [Flußseeschwalbe] B B Sterna paradisaea [Küstenseeschwalbe] R B RB Tadorna tadorna [Brandgans] R B RB Tringa erythropus [Dunkler Wasserläufer] R R Tringa nebularia [Grünschenkel] R R Tringa totanus [Rotschenkel] R B RB Vanellus vanellus [Kiebitz] R B RB

Von Bedeutung: (fett: Arten des Anhangs I der Vogelschutz- richtlinie; B: Brutvögel; R: Rastvögel) Circus aeruginosus [Rohrweihe] B B Circus cyaneus [Kornweihe] B R R Circus pygargus [Wiesenweihe] B B Crex crex [Wachtelkönig] B B Gallinago gallinago [Bekassine] B B Porzana porzana [Tüpfelsumpfhuhn] B B Saxicola rubetra [Braunkehlchen] B B

2. Erhaltungsziele

2.1 Übergreifende Ziele

Erhaltungsziele

2.1 Übergreifende Ziele für das Gesamtgebiet

Das Wattenmeer ist Übergangsbereich vom Land zum Meer. Es ist als Drehscheibe für Millio- nen von ziehenden Wat- und Wasservögeln aus skandinavischen und arktischen Brutgebieten sowie Brut-, Mauser- und Überwinterungsgebiet für hunderttausende Wat- und Wasservögel zu erhalten. Der Offshore-Bereich ist als wichtiges Nahrungs-, Mauser- und Rastgebiet für Seevogelarten wie Seetaucher und Meeresenten zu erhalten. Der größte Teil des schleswig-holsteinischen Wattenmeeres ist seit 1985 als Nationalpark ge- schützt. Oberstes Ziel ist hier die Erhaltung einer natürlichen Dynamik. Der Nationalpark und die angrenzenden Küstengebiete bilden eine Einheit, die die wesentli- chen Bestandteile des Ökosystems Wattenmeer umfasst. Das Gesamtgebiet und die engen Beziehungen zwischen den Teilbereichen des Gesamtgebietes sind zu erhalten. Brut- und Rastvögel der Halligen, Inseln und Köge nutzen die Watten und Wasserflächen des National- parks als Nahrungsgebiet. Halligen, Inseln und Köge sowie der Eiderbereich dienen als Brut- gebiete und Hochwasser-Rastgebiete. Brutvögel der angrenzenden Gebiete wandern nach dem Schlupf der Jungvögel ins Wattenmeer und nutzen es als Aufzuchtgebiet. Die Flussmün- dungen bilden den Übergang von limnischen zu terrestrischen Lebensräumen, weisen eine spezielle und vielfältige Vogelfauna auf und sind integraler Bestandteil des Ökosystems Wat- tenmeer. In dem überwiegenden Teil des Gebietes (Nationalpark, Teile der Köge und Fluss- mündungen) hat der Prozessschutz Vorrang. In Bereichen, die stark durch traditionelle menschliche Nutzung geprägt sind, wie Teile der Halligen und der eingedeichten Köge, soll

61 gezieltes Management zu einem günstigen Erhaltungszustand der Vogelbestände führen. Bei- spiele hierfür sind der Erhalt von Feuchtgrünland in den Kögen als Brut- und Rastgebiet für Vögel durch extensive Beweidung und die Gewährleistung hoher Wasserstände sowie die ex- tensive Weide- und Mähwiesen-Nutzung weiter Bereiche der Halligen, um sie dort u.a. als Nahrungsgebiete für die Ringelgans vorzuhalten.

2.5 Teilgebiet Köge an der Westküste Schleswig-Holsteins

2.5.1 Übergreifende Ziele für das Teilgebiet

Die Erhaltung der Brut-, Rast- und Mauserbestände und die Erhaltung der Funktion der Köge als Nahrungsgebiet sind wesentliche Ziele in diesem Teilbereich. In allen Naturschutzkögen sind die weitgehende Ungestörtheit der Flächen und der größeren Gewässer zu erhalten. Insbesondere sind die weitgehend ungestörten Flugbeziehungen zwi- schen den in das Gebiet einbezogenen Naturschutzkögen und den angrenzenden Teilberei- chen des Vogelschutzgebietes, insbesondere des Wattenmeeres zu erhalten. Zum Schutz der vorkommenden (Groß-)Vögel sind alle Naturschutzköge von vertikalen Strukturen, wie Wind- kraftanlagen und Hochspannungsleitungen freizuhalten; ihr unverbauter Zustand und die un- gestörten Ruhezonen sind zu erhalten. Grundsätzlich sind in den Gebieten und in angrenzenden Gebieten eine gute Wasserqualität und eine möglichst naturnahe Gewässerdynamik zu erhalten: Im Hauke-Haien-Koog haben folgende charakteristische Lebensgemeinschaften entwickelt: 1. Sukzessionsflächen im Süßwasser. 2. Feuchtgrünland und Feuchtwiesen. In den Kögen gelten für diese Lebensgemeinschaften unterschiedliche übergreifende Ziele: 1. In den Sukzessionsflächen, die nach der Eindeichung aussüßten, ist eine möglichst natürli- che vom Menschen unbeeinflusste Entwicklung mit einer ganz charakteristischen Dynamik von zunächst offenen Watt- und Vorlandflächen zu Röhrichten, Hochstauden und Gebüsch- und Waldformationen zu erhalten. 2. Im Feuchtgrünland ist das Ziel die Erhaltung einer von ehemaligen Prielen und Grüppen oder anderen Wasserläufen durchzogenen offenen bis halboffenen und von Süßwasser ge- prägten Landschaft, die einzelne Schilfröhrichte und Weidengebüsche aufweist, als Bruthabi- tat für Wiesenvögel und Nahrungshabitat für Schwäne, Enten und Gänse, namentlich Non- nengänse.

2.5.2 Ziele für Vogelarten

Erhaltung eines günstigen Erhaltungszustandes der unter 1. genannten, im Teilgebiet vor- kommenden Arten und ihrer Lebensräume. Hierzu sind insbesondere folgende Aspekte zu berücksichtigen:

Arten der Sukzessionsflächen wie Tüpfelralle, Rohrweihe, Blaukehlchen, Schilfrohr- sänger, Bartmeise Erhaltung  der Sukzession der Vegetation,  der weitgehend unbeeinträchtigten Bereiche,  der möglichst natürlichen geomorphologischen Dynamik,  der möglichst natürlichen hydrophysikalischen und hydrochemischen Verhältnisse und Prozesse.

Arten des Feuchtgrünlandes wie Zwergschwan, Nonnengans, Pfeifente, Spießente, Krickente, Knäkente, Goldregenpfeifer, Kiebitz, Alpenstrandläufer, Kampfläufer, Be- kassine, Uferschnepfe, Großer Brachvogel, Rotschenkel, Trauerseeschwalbe, Feldler- che, Wiesenpieper, Schafstelze, Braunkehlchen

62 Ziel ist, die offene Feuchtwiesenlandschaft mit Management als Bruthabitat für Wiesen- und Küstenvögeln und als Nahrungsflächen sowie Rastflächen für Gänse, Schwäne und Enten zu erhalten, im Einzelnen: Erhaltung  von großen, zusammenhängenden, offenen Grünlandflächen mit ausreichend Wasser gesättigtem Boden (feuchtes Grünland) in extensiver landwirtschaftlicher Nutzung sowie kleinflächigen Bereichen mit Schilf und Hochstaudenfluren als Brut- und Nahrungshabi- tat,  kleiner offener Wasserflächen wie Blänken und Mulden in Verbindung mit dem Grünland,  eines ganzjährigen hohen Wasserstandes in den Gräben und alten Prielen sowie eines hohen Grundwasserstandes, mit im Winter zum Teil überstauten Teilflächen,  von störungsfreien Brutbereichen während der Ansiedlung und Brut.

Arten der Röhrichte wie Blaukehlchen, Schilfrohrsänger, Rohrschwirl, Rohrdommel, Rohrweihe, Tüpfelsumpfhuhn, Bartmeise Erhaltung  von naturnahen Bruthabitaten wie Röhrichten, Weidengebüschen und Verlandungszonen sowie vielfältigen und großen Übergangsbereichen,  ungestörter Brutbereiche während der Ansiedlung und Brut,  von Verlandungszonen, Gewässerflächen und extensiv genutztem Feuchtgrünland als Nahrungsgebiete, insbesondere in der Umgebung der Brutplätze,  eines ausreichend hohen Wasserstands,  lückiger Schilfbestände mit langen Grenzlinien und mit z.T. geringer Halmdichte (Schilf- rohrsänger),  von großflächigen und wasserständigen Altschilfbeständen ohne oder mit nur gelegentli- cher Schilfmahd (Rohrdommel, Bartmeise, Rohrschwirl),  eines möglichst störungsfreien Umfeldes der Brutplätze während der Ansiedlung und Brut (Rohrdommel),  von Brackwasser-Röhrichten und Gewässerverlandungszonen früher Sukzessionssta- dien mit einem Mosaik aus feuchtem Schilfröhricht, Hochstauden, einzelnen Weidenbü- schen sowie vegetationsarmen Flächen (Blaukehlchen).

Rast-, Mauser- und Nahrungsgebiet für Wat- und Wasservögel Erhaltung  der Köge als störungsarme Rast-, Mauser und Nahrungsgebiete für Wasser- und Watvö- gel an der Nordseeküste, u. a. mit störungsarmen Flachwasserbereichen, kurzrasiger Randvegetation sowie Misch- und Schlickwattflächen,  von störungsarmen Schlafplätzen, insbesondere Sandbänke, Überschwemmungsflächen und Flachwasserbereiche,  kurzrasiger Flächen als Nahrungsgebiet mit günstiger Nahrungsverfügbarkeit für Gänse, Schwäne, Enten und andere Wasservögel, sowie als Rastplatz, insbesondere Hochwas- serrastplatz für Watvögel,  einer möglichst natürlichen Gewässerdynamik und geomorphologischen Küstendynamik.

Arten der Seen wie Schwarzhalstaucher, Zwergsäger, Rohrdommel, Singschwan, See- adler, Wat- und Wasservögel Erhaltung  ungestörter Brut-, Rast-, Mauser- und Nahrungsgebiete für Wasser- und Watvögel u. a. mit störungsarmen Flachwasserbereichen, Schilf oder kurzrasiger Randvegetation sowie Misch- und Schlickwattflächen,  von Verlandungszonen, Gewässerflächen und extensiv genutztem Feuchtgrünland als Nahrungsgebiete,  eines ausreichend hohen Wasserstands,  von großflächigen und wasserständigen Altschilfbeständen ohne oder mit nur gelegentli- cher Schilfmahd (Rohrdommel, Schwarzhalstaucher).