LANDESUMWELTAMT d

Heft 4/1995 n Einzelverkaufspreis 4,50 DM NLu NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 2NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 4, 1995

Neuer Präsident des Landesumweltamtes Brandenburg

Dr. Matthias Freude ist neuer Präsident des Landschaftsräume als Modellregionen zu Landesumweltamtes in Brandenburg. Er entwickeln und dies für einen Naturschutz trat am 3.4.95 die Nachfolge des altersbe- durch naturverträgliche Nutzung im Sinne dingt ausscheidenden Dr.-Ing. Walter eines optimalen Miteinander von Mensch Haase an. und Natur. Dieses Programm wurde von Dr. Haase baute nach Bildung der neuen den Regierungen der neuen Länder nach Länder das Landesamt mit dem Ziel auf, der deutschen Einheit in vollem Umfang alle Umweltmedien vom Immissionsschutz übernommen. Für Dr. Freude war die Um- bis zum Naturschutz unter einem Dach zu setzung des Nationalparkprogrammes zur vereinen und eine Integration zwischen Aufgabe geworden. Er ging nach Bran- bislang getrennt agierenden Bereichen des denburg und arbeitete im Umweltministe- technischen Umweltschutzes und des Na- rium am Aufbau der Landesanstalt für turschutzes auf Landesbehördenebene zu Großschutzgebiete mit. Diese leitete er seit erreichen. 1992. Dr. Freude, zuvor als Direktor der bran- Zuvor arbeitete er über ein Jahr im Bun- denburgischen Landesanstalt für Groß- desumweltministerium. Von hier aus wirk- schutzgebiete tätig, übernimmt das Amt te er für den Naturschutz in den neuen mit der Zielstellung, diese Aufgabe fortzu- Ländern, insbesondere am Aufbau der führen und neue Akzente zu setzen für die Großschutzgebiete sowie im Rahmen des praktische und modellhafte Umsetzung ei- UNESCO-MAB-Programmes für Biosphä- nes naturschutzintegrierenden Umwelt- renreservate. schutzes in Brandenburg. Seit seinem 14. Lebensjahr engagierte sich Als engagierter Naturschützer in der Wen- Matthias Freude im Naturschutz. Er stu- dezeit hat Matthias Freude zusammen mit dierte Biologe und Ökologie in Leipzig so- dem World Wide Fund For Nature (WWF) Prof. M. Succow, Dr. L. Jeschke und H.-D. wie Berlin. Danach arbeitete er 12 Jahre in an Nationalparkprojekten für Georgien Knapp entscheidenden Anteil an der Kon- Forschung und Lehre an der Humboldt- und der Mongolei mit. zeption und Umsetzung des „National- Universität zu Berlin. Spezialgebiete waren Für das Landesumweltamt als Schnittstelle parkprogrammes der DDR“. In nur neun hierbei Verhaltensbiologie, Ökologie und zwischen Ministerialverwaltung, Wissen- Monaten wurden im Osten Deutschlands Wirkungen von Umweltstreß auf den schaft und Praxis bietet der Amtsantritt fünf Nationalparks, sechs Biosphärenreser- Menschen. Neben der beruflichen Tätig- von Dr. Freude Chancen für ein gemeinsa- vate und drei Naturparks endgültig unter keit unterstützte er die Naturschutz- mes praxisorientiertes Agieren aller Um- Schutz gestellt. bemühungen im Kaukasus und auf der weltdisziplinen im Land Brandenburg. Damit war der Grundstein gelegt, im dicht- Halbinsel Kola. Mit Prof. Succow wirkte er besiedelten Deutschland unzerschnittene nach der Wende in Zusammenarbeit mit Dr. Matthias Hille

Hans-Klose-Preis für Matthias Platzeck

Matthias Platzeck ist diesjähriger Träger lungsraum gilt sein Konzept zur Gliede- des Hans-Klose-Preises. Er wird damit rung und Nutzung des Berliner Umlan- für seine weit über die Grenzen Bran- des als beispielhaft, indem er den Ar- denburgs - einschließlich aller Partei- tenschutz wie auch die Erfordernisse grenzen - anerkannte Arbeit für Um- des Erholungsraumes berücksichtigt.“ welt- und Naturschutz ausgezeichnet. Geehrt wird M. Platzeck, so das Kurato- Der Hans-Klose-Preis wurde von der rium der den Preis vergebenden Alfred- Stiftung am 3. Oktober 1990 aus Anlaß Toepfer-Stiftung (Hamburg), für seinen der Wiedervereinigung zur Auszeich- unermüdlichen Einsatz als Umwelt- nung beispielhafter Leistungen im Na- schützer und Politiker. „Er hat es ver- turschutz in den fünf neuen Bundeslän- standen“, so der Urkundentext, „im dern zur Verfügung gestellt. Er ist dem Kontakt mit der Basis den Naturschutz Andenken des Berliner Dr. Hans Klose im Bundesland Brandenburg vorbildlich gewidmet, der zwischen den beiden und zukunftsweisend in die Praxis um- Weltkriegen maßgeblich am Aufbau zusetzen. Angesichts des wirtschaftli- des märkischen Naturschutzes beteiligt chen Druckes aus dem Berliner Bal- war. NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 4, 1995 3

Impressum Naturschutz und Herausgeber: Landesumweltamt Brandenburg (LUA) Landschaftspflege Referat Öffentlichkeitsarbeit/ Berichte (ÖA/B) Schriftleitung: LUA/Abteilung Naturschutz in Brandenburg Dr. Matthias Hille Barbara Kehl Beirat: Dietrich Braasch Dr. Martin Flade Dr. Bärbel Litzbarski Dr. Annemarie Schaepe 4. Jahrgang Heft 4, 1995 Dr. Thomas Schoknecht Dr. Dieter Schütte Dr. sc. Friedrich Manfred Wiegank Dr. Frank Zimmermann Anschrift: Landesumweltamt Brandenburg Abt. N, PF 601061, Inhaltsverzeichnis des Heftes 14410 Tel. 0331/277 62 16 Fax 0331/277 61 83 Autoren werden gebeten, Manuskripte in Maschinen- Neuer Präsident des Landesumweltamtes 2 schrift (wenn möglich auf Diskette - WP-Fließtext) an die Schriftleitung zu senden. Fotos nach Absprache. Autoren erhalten einige Exemplare des betreffenden Heftes. Die Redaktion behält sich eine Überarbeitung TORSTEN RYSLAVY eingesandter Beiträge in Abstimmung mit den Auto- ren vor. Bereits in anderen Zeitungen veröffentlichte unter Mitarbeit von Dietrich Ruhle, Andreas Stein und Michael Zerning Beiträge können nur in besonderen Fällen berücksich- Zur Bestandssituation ausgewählter Vogelarten in Brandenburg - tigt werden. Jahresbericht 1994 4 Redaktionsschluß: 20.10.1995 Titelgestaltung: Rohde/Zapf Gesamtherstellung, Anzeigen, Vertrieb: UNZE-Verlagsgesellschaft mbH TORSTEN LANGGEMACH, MATHIAS BERNHARDT, JENNY SCHULZ Wollestraße 43 14482 Potsdam Zur Bedeutung des Kolkraben (Corvus corax L.1758) für die Freilandhaltung Tel. 0331/74 75 60 von Schafen 14 Fax 0331/70 88 31 ISSN: 0942-9328

Bezugsbedingungen: Jährlich erscheinen 4 Hefte. RALF KNERR, CHRISTIAN LEUCKERT Bezugspreis im Abonnement: 16,- DM pro Jahrgang Bemerkenswerte Flechtenstandorte im Umfeld des NSG Dubrow bei Groß Köris 19 Abonnementsbestellungen sind an den Verlag zu rich- ten. In loser Folge erscheinende Sonderhefte sind nicht Be- standteil des Abonnements. Der Einzelpreis wird je- weils gesondert festgesetzt. Er schließt die Zustellko- HARTWIG VIETINGHOFF, ROLF SCHARF sten ein. Bestellungen sind an den Verlag zu richten. Hydrographische Charakteristik, trophischer Zustand und Entwicklung Die Lieferung erfolgt nach Zahlung einer Vorausrech- nung. ausgewählter Seen in Ostbrandenburg 26

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. WERNFRIED JASCHKE Titelbild: Pseudevernia furfuracea auf einer Birke Foto: R. Knerr Zur Ausbreitung und Etablierung von Feldspitzmaus (Crocidura leucodon Rücktitel: Lebensraum für Flechten [HERMANN 1780]) und Gartenspitzmaus (Crocidura suaveolens Foto: F. Zimmermann [PALLAS 1811]) im westlichen Brandenburg 33

Diese Zeitschrift ist auf chlorfrei gebleichtem Papier MICHAEL WEIDLICH, HARTMUT KRETSCHMAR gedruckt. Die gegenwärtige Verbreitung des Schwarzblauen Ameisenbläulings Auflage: 5 000 (Maculinea nausithous [Bergsträsser 1779]) in Brandenburg 36

ROLAND HEIGEL Künstlich geschaffene Brutmöglichkeiten in Liebenwalde-Bischofswerda „dankend“ angenommen 42

NEUE NATURSCHUTZGEBIETE IN BRANDENBURG Frank Zimmermann Naturschutzgebiet (NSG) „Stintgraben“ 43

LITERATURSCHAU Standörtlich-naturräumliche Grundlagen ökologiegerechter Forstwirtschaft 45 4NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 4, 1995; 4-13

FÜR DIE VIELEN EHRENAMTLICH UND HAUPTAMTLICH TÄTIGEN FELDORNITHOLOGEN UND NATURSCHÜTZER DES LANDES IST EIN INFORMATIONSRÜCKLAUF MIT AKTUELLEN ANGABEN ZUR BESTANDSSITUATION GEFÄHRDETER VOGELARTEN GRUNDLAGE UND ZUGLEICH AUCH MOTIVATION FÜR WEITERE FREILANDARBEITEN.

TORSTEN RYSLAVY UNTER MITARBEIT VON DIETRICH RUHLE, ANDREAS STEIN UND MICHAEL ZERNING Zur Bestandssituation ausgewählter Vogelarten in Brandenburg – Jahresbericht 1994

Dieser Jahresbericht enthält hauptsächlich das Jahr 1994 von den entsprechenden Angaben zu Brutbeständen vom Ausster- Programmnutzern wieder als ARTDAT-Da- ben bedrohter, stark bestandsgefährdeter teien für das Landesartenkataster zur Ver- sowie sonstiger seltener Vogelarten im fügung gestellt. Dies minimiert den Ver- Land Brandenburg, während detaillierte waltungsaufwand sowohl für den Pro- Angaben zu Zuggeschehen, Überwinte- grammnutzer als auch für das LUA und die rung, Übersommerung sowie zum Brutge- ABBO. schehen anderer Arten im Jahresbericht Die Bestandsangaben erfolgen wieder auf 1994 der Arbeitsgemeinschaft Berlin- Regional- bzw. Landesebene (Tabellen- Brandenburgischer Ornithologen (ABBO) form), wobei zur Region Frankfurt (Oder) in der „Otis“-Schriftenreihe erscheinen die Altkreise Templin und Prenzlau und zur (BRÄUNLICH, MÄDLOW u. HAUPT i. Region Potsdam der Altkreis Perleberg ge- Vorb.). zählt wurden. Zwischen den Datensammlungen der Für das Übermitteln von relevanten Anga- ABBO und des Landesumweltamtes Bran- ben für den Jahresbericht des Jahres 1995 denburg (LUA) besteht ein Austausch der (zzgl. Raubwürger, Dohle und Rothalstau- jeweils zur Verfügung stehenden Anga- cher) bis zum 1.3.96 möchten wir uns ben, die in erster Linie von vielen ehrenamt- schon jetzt bei allen Mitstreitern bedan- lichen Ornithologen und Naturschützern ken. Der jährliche Datenaustausch mit der gemeldet wurden. Es gingen sowohl Ein- ABBO ist gewährleistet, so daß keine Dop- zelmeldungen, gesammelte Beobachtun- pelmeldungen erfolgen müssen. Nachmel- Abb. 1 gen aus Altkreisen von Fachgruppen und dungen aus den vergangenen Jahren sind Das Land Brandenburg beherbergt 157 Paare des Fischadlers (Pandion hiliaetus), wovon bereits Arbeitskreisen, als auch aus den haupt- ebenfalls erwünscht. 57 % auf Hochspannungs-Gittermasten brüten amtlichen Naturschutzbereichen (Untere (Erstbesiedlung um 1969). Naturschutzbehörden, Revierförster, PEP- 1. Adlerarten und Foto: H. Litzbarski Gruppen, Naturwacht der Großschutz- Schwarzstorch gebiete, Naturschutzstationen, Vogel- bicilla) scheint sich mit 70 Paaren (davon schutzwarte des LUA u.a.) ein. Für diese Arten ergab sich für das Jahr 57 nachgewiesene Brutpaare) und einer Allen Mitarbeitern sei an dieser Stelle herz- 1994 die in Tabelle 1 dargelegte Situation guten Fortpflanzungsziffer (Anzahl flügger lich gedankt. (Ergebnisse von ca. 60 Horstbetreuern). Jungvögel pro anwesendes Brutpaar mit Teilweise wurden Beobachtungsdaten für Der Bestand des Seeadlers (Haliaeetus al- bekanntem Bruterfolg) von 0,87 weiter zu

Tabelle 1: Bestandssituation, Reproduktion und Siedlungsdichte von See-, Schrei-, Fischadler und Schwarzstorch im Land Brandenburg 1994

1994 Potsdam Cottbus Frankfurt Land gesamt (Oder) P BPm BPo BPnb HP/TP/BV Juv FPFZ SD Seeadler 24 P 10 P 36 P 70 33 21 3 13 47 0,87 0,24 Schreiadler 12 P - 20 P 32 17 3 1 11 17 0,85 0,11 BZF (6) - - BZF (6) Fischadler 63 P 44 P 50 P 157 104 30 1 22 219 1,63 0,53 Schwarzstorch 22 P 11 P 16 P 47 24 9 7 9 55 1,67 0,17 Legende: P = Paare; BPm = Brutpaare mit flüggen Jungvögeln; BPo = Brutpaare ohne flügge Jungvögel; BPnb = Brutppare mit unbe- kanntem Bruterfolg; HP/TP/BV = Horstpaare ohne Brut/Territorialpaare (Revierpaare; Horst nicht bekannt)/Brutverdachtspaare; Juv = Anzahl flügger Jungvögel; FPFZ = Fortpflanzungsziffer (Anzahl flügger Juv. pro Brutpaar mit bekanntem Bruterfolg); SD = Siedlungsdich- te (Anzahl anwesender Paare pro 100 km2; Landesfläche = 29 640 km2); BZF (x) = Brutzeitfeststellung in x Gebieten TORSTEN RYSLAVY: ZUR BESTANDSSITUATION AUSGEWÄHLTER VOGELARTEN IN BRANDENBURG – JAHRESBERICHT 1994 5

stabilisieren. Allerdings muß berücksichtigt Auch in diesem Jahr fanden sich unge- aue der Westprignitz, im Spreewald mit werden, daß auch die Erfassungsintensität wöhnlich viele Einzeltiere an traditionellen der Malxe-Niederung sowie im Rhinluch weiter zugenommen hat. Der Bestand ent- Horstplätzen (n=10) ein. befinden. spricht einer Siedlungsdichte (Anzahl an- Trotz dieser erfreulichen Tatsachen muß wesender Paare [P] pro 100 km2 bei einer 2. Weißstorch berücksichtigt werden, daß bei dem zu Landesfläche von 29 640 km2) von 0,22 verzeichnenden Bestandsanstieg der letz- P/100 km2. Trotz der weiterhin leicht pro- Die Erfassungen führten ca. 40 überwie- ten Jahre wahrscheinlich ein populations- gressiven Entwicklung muß der Seeadler in gend ehrenamtliche Kreisbetreuer des Ar- genetisch bedingter, in den osteuropäi- Brandenburg aufgrund von Nistplatzman- beitskreises Weißstorchschutz im Natur- schen Kernpopulationen wirksamer Auf- gel, Störungen an Brutplätzen sowie einer schutzbund Deutschland (NABU) durch wärtstrend wirkt, der sich über den dort er- sehr hohen anthropogen bedingten Ver- (Landesbetreuer und Regionalbetreuer höhten Populationsdruck und vermehrte lustrate immer noch als eine vom Ausster- Potsdam: B. LUDWIG; Regionalbetreuer Dispersion positiv u.a. auf die ostziehen- ben bedrohte Großvogelart angesehen Cottbus: W. KÖHLER; Regionalbetreuer den deutschen Bestände auswirkt (H. werden. Letztes wird durch 24 Totfunde Frankfurt [Oder]: R. FRIEDRICH). Auf die- SCHULZ 1994). Entscheidend bleibt, ob seit 1992 sehr deutlich belegt (NaSt Wob- ser Grundlage ergibt sich für den Weiß- eine Weißstorchpopulation sich auch ohne litz 1995, briefl.). storch (Ciconia ciconia) in Brandenburg Zuzug von außen (in diesem Fall vor allem Mit 32 Paaren (davon 21 nachgewiesene eine Bestandssituation für 1994, wie in Ta- aus Polen) selbständig erhalten kann, d.h. Brutpaare) ergibt sich beim Schreiadler belle 2 aufgeführt. daß jährlich eine durchschnittliche Repro- (Aquila pomarina) ein erfassungsbeding- Mit 1 270 BP (+ 3% gegenüber dem Vor- duktionsrate von mindestens 2,0 juv./HPa ter Anstieg des Bestandes. Neue bzw. bis- jahr) und einer Reproduktionsrate von 2,4 durch den eigenen Brutbestand erzielt her nicht bekannte Brutplätze zu finden, juv./HPa war das Jahr 1994 das erfolg- werden müßte. In Brandenburg wird die- gestaltet sich mitunter sehr langwierig bei reichste „Storchenjahr“ seit Beginn der ses „Soll“ bei Betrachtung der letzten 3 dieser nach der Balzzeit sehr heimlichen landesweiten Erfassung. Anfang der 60er Jahre mit einer durchschnittlichen Repro- Art, so daß der tatsächliche brandenburgi- Jahre (LUDWIG 1995, mündl.). Seit dem duktionsrate von 2,0 juv./HPa (1,9; 1,5 sche Brutbestand vorerst unbekannt Vorjahr ist Brandenburg mit dem o.g. Brut- bzw. 2,6 juv./HPa) knapp erreicht. bleibt. In der Region Potsdam erfolgten bestand und einer Siedlungsdichte von zudem in weiteren 6 Gebieten Brutzeitbe- 4,28 BP/100 km2 das storchenreichste 3. Großtrappe obachtungen von Einzeltieren. Mit einer Bundesland in Deutschland. Fortpflanzungsziffer von 0,85 war das Jahr Bedingt durch das nasse Frühjahr war aus- Die Bestandszählungen werden von der 1994 diesbezüglich überdurchschnittlich reichend Nahrung für den Weißstorch so- Naturschutzstation (NaSt) Buckow organi- erfolgreich. wohl zur Ankunftszeit als auch zu Beginn siert. Die Großtrappenbestände in den 10 Ein weiterer Bestandssprung auf 157 Paa- der Jungenaufzucht vorhanden, so daß noch existenten Einstandsgebieten, erfaßt re (davon 135 nachgewiesene Brutpaare) deutlich mehr Jungvögel aufgezogen wer- durch ca. 20 überwiegend ehrenamtliche war beim Fischadler (Pandion haliaetus) den konnten als in den Vorjahren. Trappenzähler, sind der Tabelle 3 zu ent- zu verzeichnen (+ 18% gegenüber dem Mittlerweile existieren landesweit 8 „Stor- nehmen (nach LITZBARSKI 1994, briefl.). Vorjahr), was einer Siedlungsdichte von chendörfer“ mit mehr als 5 BP. Dies sind Die mit Abstand stärksten Vorkommen der 0,53 P/100 km2 auf Landesebene ent- die Ortschaften Mödlich - 6 BP; Peitz und Großtrappe (Otis tarda) befinden sich in spricht. Somit liegt der Brutbestand über Lübbenau - je 7 BP; Lübben - 8 BP; Schlep- den Einstandsgebieten Belzig mit 27 und dem des gewässerreicheren Mecklenburg- zig und Dissen - je 9 BP; Linum - 17 BP; Buckow mit 24 Trappen. Alle anderen 8 Vorpommern (104 BP [KÖHLER 1995]), Rühstädt - 38 BP (H. u. F. SCHULZ, HAP- Einstandsgebiete beherbergen inzwischen zumal durch das Land Brandenburg noch PATZ, WEINGARDT, H.-P. KRÜGER 1994, jeweils nur noch maximal 7 Trappen. die südwestliche Arealgrenze des Fischad- schriftl.). Diese Aufzählung zeigt zugleich Im Buckower Gebiet erfolgten mindestens lers (Baruther Urstromtal/südliche Nieder- die Verbreitungsschwerpunkte des bun- 5 Brutnachweise, wobei bei 2 Bruten 3 lausitz) verläuft (vgl. RUHLE 1995). Mit desweit vom Aussterben bedrohten Weiß- Jungvögel im halbwüchsigen Alter nach- 1,63 lag die Fortpflanzungsziffer über dem storches in Brandenburg, die sich in der Elb- gewiesen werden konnten, von denen je- Durchschnittswert von 1,46 für die letzten 3 Jahre in Brandenburg (vgl. SÖMMER 1995). Der Anteil der Horstpaare auf Git- Tabelle 2: Bestandssituation, Reproduktion und Siedlungsdichte des termasten (i.d.R. 110 bzw. 220 kV, teilwei- Weißstorches im Land Brandenburg 1994 se 380-kV-Leitungsmasten) liegt mittler- 1994 Potsdam Cottbus Frankfurt (Oder) Brandenburg weile bei 57 %, während die restlichen Brutpaare Baumbrüter sind (92 % auf Kie- HPa 551 357 362 1270 fer), wobei für letztgenannte Dunkelziffer HPm 461 310 312 1083 HPo 90 52 45 187 anzunehmen ist. Juv 1312 852 899 3063 Der empfindliche Bestandseinbruch im Juv/HPm 2,8 2,7 2,9 2,8 Vorjahr konnte in diesem Jahr beim Juv/HPa 2,4 2,4 2,5 2,4 Schwarzstorch (Ciconia nigra) teilweise SD 4,51 3,91 4,36 4,28 ausgeglichen werden (+ 7 % gegenüber Legende: HPa = anwesende Horstpaare; HPm = Horstpaare mit Jungvögel; HPo = dem Vorjahr). Dazu wird auch die relativ Horstpaare ohne Jungvögel; Juv. = Anzahl der Jungvögel; Juv/HPm = durchschnittliche gute Fortpflanzungsziffer von 1,67 beitra- Jungenzahl pro Horstpaar mit Jungen; Juv./HPa = durchschnittliche Jungenzahl pro an- 2 gen, obwohl infolge des nassen Frühjahres wesendes Horstpaar; SD = Siedlungsdichte (Anzahl anwesender Horstpaare pro 100 km ; Landesfläche = 29 640 km2) lokal Jungvogelverluste auftraten. 6NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 4, 1995 doch nur einer flügge wurde (NaSt 4. Wiesenbrüter Nachdem Brutnachweise für den Wachtel- BUCKOW 1994, briefl.). Im Belziger Ein- könig in der Unteren Oderniederung von standsgebiet gab es ebenfalls mehrere Der Bestand des Wachtelkönigs (Crex mehreren Jahren vorliegen (SADLIK 1995, Brutnachweise. Dort erlangte mindestens crex) lag mit mindestens 302 rufenden Tie- mündl.), ebebso aus dem Havelländischen ein Jungvogel das flugfähige Alter (NaSt ren (rT) auf ähnlich hohem Niveau wie im Luch bei Buckow zumindest für das Jahr BAITZ 1994, briefl.). Im Angermünder Ein- Vorjahr. Herausragend war dabei das Er- 1991 (noch nicht flügge Junge von 2 Bru- standsgebiet (2 Hähne und 3 Hennen zur gebnis der Erfassung im deutschlandweit ten bei Wiesenmahd aufgegriffen) (NaSt Balzzeit) wurde eine Brut registriert. Im bedeutendsten Brutgebiet im Unteren BUCKOW 1991, mündl.). In diesem Jahr weiteren Verlauf konnte dort jedoch kein Odertal mit ca. 70 rT Mitte Mai und 167 rT gelang auch in der Unteren Havelniede- Jungvogel beobachtet werden (BR Schorf- Mitte Juni (SADLIK, KRUMMHOLZ, rung bei der Grünlandmahd ein direkter heide-Chorin 1995, briefl.). Somit ist nur in MÄDLOW, W. DITTBERNER, HAFER- Brutnachweis einer Familie mit mindestens den beiden Einstandsgebieten Buckow LAND 1995, briefl.). Hier erfolgten durch 4 Tieren. und Belzig eine erfolgreiche Reproduktion das großflächige Auflassen von Polderwie- Im Unteren Odertal, dem einzigen Brutge- mit zusammen mindestens 2 flüggen sen (wechselfeuchtes Auengrünland) teil- biet des Seggenrohrsängers (Acrocephalus Jungvögeln nachgewiesen worden. weise Verlagerungen der Rufergruppen in- paludicola) in Brandenburg, konnte in die- Der weitere Bestandsrückgang liegt ge- nerhalb des Unteren Odertales (SADLIK sem Jahr ein weiterer Bestandsanstieg auf genwärtig hauptsächlich in der extrem ho- 1995, briefl.). Indirekte Brutnachweise er- 26 singende Männchen - gegenüber 20 hen Abundanz des Rotfuchses begründet, brachten in diesem Gebiet die von J. SAD- sM bzw. 17 sM in den beiden Vorjahren - was mittlerweile auch aus anderen Trap- LIK durchgeführten Untersuchungen, bei registriert werden (KRUMMHOLZ, MÄD- pen-Einstandsgebieten mitgeteilt wurde. denen Mitte Juni u.a. 19 Wachtelkönige LOW, W. DITTBERNER, HAFERLAND, Im Belziger Gebiet fielen beispielsweise in mit Brutfleck beringt werden konnten, SADLIK 1995, briefl.). Neben diesem all- diesem Jahr 1 Bruthenne und 2 adulte während ein direkter Brutnachweis (halb- jährlich besetzten Brutgebiet gelang am Hähne (NaSt BAITZ 1994, briefl.) und im wüchsige Jungvögel) bei der Wiesenmahd ca. 30 km entfernten Uckerseen-Gebiet Buckower Gebiet sogar 4 adulte Trappen gelang (SADLIK 1995, briefl.). Weitere gut Mitte Juni die Beobachtung eines singen- dem Fuchs zum Opfer (NaSt BUCKOW besetzte Großräume waren die Untere Ha- den Männchens (BLOHM 1995, briefl.). 1994, briefl.). Dies entspricht etwa 15% velniederung/Unteres Rhinluch mit min- Das lokal bis in den Mai anhaltende Früh- des Frühjahrsbestandes beider Einstands- destens 36 rM (NaSt PAREY, HELLWIG jahrshochwasser wirkte sich insgesamt gebiete. 1994, briefl., RYSLAVY) sowie der Spree- günstig auf die Brutbestände der wiesen- In der Naturschutzstation Buckow wurden wald einschließlich Malxe-Niederung mit brütenden Limikolen in den Flußniederun- in diesem Jahr 6 Trappenküken aufgezo- mindestens 18 rM (NOAH, F. SCHRÖDER, gen aus. So kam es in der Unteren Havel- gen. Eier kamen ausschließlich nur noch S. WEISS, NaSt LAKOMA 1994, briefl.). niederung wieder zu Bruten des aus dem Buckower und Belziger Raum, InderRegelwerdenbeimWachtelkönignur Kampfläufers (Philomachus pugnax), da wobei in beiden Gebieten darauf orientiert die rufenden Tiere erfaßt. Daß es sich da- hier lokal noch im Juni überschwemmte wurde, daß nur gefundene Maigelege auf- bei nicht nur um Männchen handeln muß, Gebiete vorhanden waren, was für diese genommen werden, da zum Schlupfzeit- bekräftigen interessante Untersuchungen spätbrütende Art eine wichtige Vorausset- raum dieser frühen Gelege in beiden Ge- von SADLIK, bei denen Vögel mit Brutfleck zung zu sein scheint. Neben dem Nach- bieten - durch entsprechende Untersu- (Weibchen?) ebenfalls riefen und auch auf weis von jeweils einem Weibchen mit fast chungen belegt - nicht ausreichend Nah- Klangattrappe reagierten. Es wäre ebenso flüggen Jungvögeln in zwei Bereichen (P. rung für die Küken vorhanden ist (NaSt denkbar, daß auch männliche Wachtelkö- HAASE 1994, briefl.; RYSLAVY) bestand in BUCKOW, NaSt BAITZ 1994, briefl.). nige brüten (SADLIK 1995, mündl.). drei weiteren Bereichen der Unteren Ha- velniederung jeweils Brutverdacht (NaSt Parey 1994, briefl.). Tabelle 3: Bestandssituation der Großtrappe im Land Brandenburg im Mit 91 bis 95 BP fiel der Brutbestand der Frühjahr 1994 Uferschnepfe (Limosa limosa) relativ hoch 1994 Potsdam Cottbus Frankfurt (Oder) Brandenburg aus, insbesondere durch die gute Besied- lung der Schwerpunktgebiete Untere Ha- Tiere 86 - 6 92 velniederung/Unteres Rhinluch mit 45 BP (NaSt PAREY 1994, briefl.), Malxe-Niede- rung mit ca. 23 BP (ZECH, LITZKOW Tabelle 4: Bestandssituation vom Aussterben bedrohter Wiesenbrüter im 1994, briefl.) sowie Untere Oder mit 9 BP Land Brandenburg 1994 (KRUMMHOLZ, W. DITTBERNER 1995, 1994 Potsdam Cottbus Frankfurt (Oder) Brandenburg briefl.),- im Oderbruch bildete sich in ei- nem Auengebiet eine Brutkolonie mit 7 BP, Rotschenkel 39 BP 5-6 BP 21 BP 65-66 BP in welcher erstaunlicherweise 6 BP Jung- Brachvogel 105-107 BP 34-37 BP 21-23 BP 160-167 BP Kampfläufer 2 BW+ 3 BV - - 2 BW + 3 BV vögel führten (H. HAUPT 1994, briefl.). Uferschnepfe 51-55 BP 23 BP 16-17 BP 91-95 BP Dagegen ließ - nachweislich - der Fuchs in Wachtelkönig 1 BW - >1 BW >2 BW den Schwerpunktgebieten kaum Gelege >68 rT >25 rT >207 rT >300 rT bzw. Küken übrig. So führte in der Malxe- Spießente >1 BV - 1 BV >2 BV Seggenrohrsänger - - 27 sM 27 sM Niederung lediglich 1 von 23 BP 1-2 Jung- vögel (ZECH, LITZKOW 1994, briefl.). Legende: BP = Brutpaar; BW = Brutweibchen; BV = Brutverdacht; rT = rufende Tiere; Beim Rotschenkel (Tringa totanus) waren sM = singende Männchen einige Brutgebiete des Vorjahres nicht be- TORSTEN RYSLAVY: ZUR BESTANDSSITUATION AUSGEWÄHLTER VOGELARTEN IN BRANDENBURG – JAHRESBERICHT 1994 7

Abb. 2 Karte Wiesenbrütergebiete im Rahmen des „Artenschutzprogrammes Wiesenbrüter“ 8NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 4, 1995

Abb. 3 a und b Auf den Feuchtwiesen ist eine hohe Wasserhaltung bis in den Mai wichtig für wiesenbrütende Limikolen und Entenarten, wie beispielsweise für die in Brandenburg extrem seltene Spießente (Anas acuta). Foto: P. Haase (3a), T. Hellwig (3b) setzt, z.B. der gesamte Spreewald (infolge burgischen Brutlimikolen durch intensive schaftswiesen (VICSKO, BURZYNSKI u.a offengelassener Brutflächen) und Teilbe- Landnutzung in der Vergangenheit bereits 1994, briefl.). reiche der Unteren Havelniederung. So lag stark dezimiert wurden. Diese Ausgangssi- Ohne Bruterfolg blieb das einzige aus den der Gesamtbestand mit 65 bis 66 BP deut- tuation macht sie - wie auch die Großtrap- Vorjahren bekannte Brutpaar des Wander- lich unter dem des Vorjahres. In den pe - zum jetzigen Zeitpunkt um so anfälli- falken (Falco peregrinus) 1994 (SÖM- Schwerpunktgebieten Untere Havelniede- ger gegenüber solch hohen Abundanzen MER, SASS 1994, briefl.). Die Ansiedlung rung und Untere Oder waren 25 BP (NaSt von Prädatoren. Wird in diesen Prozeß eines weiteren Paares (ohne Brut) - eben- PAREY 1994, briefl.) bzw. 15 BP weiterhin nicht lenkend eingegriffen, ist falls auf einem Schornstein (Gebäude) - (KRUMMHOLZ, W. DITTBERNER 1994, ein Erlöschen dieser Restvorkommen sehr wurde im Havelland entdeckt (KEHL 1994, briefl.) ansässig. Auch beim Rotschenkel wahrscheinlich. briefl.). Beide Partner waren beringt, wo- bildete sich im Oderbruch nach mehreren Für die Spießente (Anas acuta) bestand je- bei das Weibchen 1993 auf einem polni- Jahren wieder eine Brutkolonie mit 5 BP, weils Brutverdacht in der Unteren Havel- schen Feuerwachturm ausgewildert wurde von denen sogar 4 BP Junge führten niederung (BORGES, WIEDRICH, HAUPT (NaSt WOBLITZ 1994). Außerdem gab es (HAUPT 1994, briefl.). Andere, zuvor wie- u.a. 1994, briefl.) und im Unteren Odertal mehrere Brutzeitbeobachtungen (Mai bis derbesiedelte Gebiete blieben weiterhin (W. u. H. DITTBERNER 1995, briefl.). Juni) im Stadtgebiet von Neuruppin besetzt, wie z.B. die Malxe-Niederung mit (SCHIELE 1994, briefl.) und in der Umge- 3 bis 4 BP (ZECH, LITZKOW 1994, briefl.), 5. Weitere vom Aussteben bung von Brandenburg (ALEX 1994, das Havelländische Luch bei Buckow mit 2 bedrohte Greifvögel briefl.). BP (B. BLOCK, LITZBARSKI 1995, mündl.) und Eulen An der Naturschutzstation Woblitz wur- bzw. das NSG Talsperre Spremberg mit 2 den 19 Jungfalken ausgewildert, womit BP (BESCHOW 1994, briefl.). Für die Kornweihe (Circus cyaneus) be- seit Beginn des Wiederansiedlungsprojek- Annähernd konstant ist der brandenburgi- stand lediglich im Havelland Brutverdacht tes im Jahre 1990 insgesamt 59 Jungvögel sche Bestand des Brachvogels (Numenius für ein Paar (ALEX 1994, briefl.). Zur Brut- auf Plattformen in Baumkronen ausgewil- arquata) mit 160 bis 167 BP. Lediglich ein zeit gelangen außerdem Beobachtungen dert wurden (SÖMMER 1994, mündl.). flügger Jungvogel bei 21 bis 22 BP in der eines Weibchens in der westlichen Ucker- Während in der Schorfheide ein Weibchen Malxe-Niederung (ZECH, LITZKOW mark (LANGGEMACH 1995, briefl.), je ei- des Uhus (Bubo bubo) auf einem unbe- 1994, briefl.) oder 5 BP ohne flügge Junge nes Männchens auf einem Truppen- fruchteten Vierergelege brütete (THIERE in den Teschendorfer Wiesen (H. SEEGER übungsplatz (TÜP) im Vorfläming (ALEX, u.a. 1995, briefl.), bestand in einem Gebiet 1995, briefl.) belegen - leider stellvertre- KURJO 1994, briefl.) und bei Straußberg des Fläming nunmehr das dritte Jahr in tend für viele Brutgebiete -, daß die Zahl (SCHROETER 1995, briefl.). Es gab keinen Folge Brutverdacht für ein balzendes Paar der in Brandenburg flügge gewordenen Brutnachweis für diese Art in Brandenburg. (NaSt BAITZ, SCHUBERT, HELLWIG, Jungvögel extrem niedrig ist. Bei der Wiesenweihe (Circus pygargus) FLESCHNER u.a. 1994, briefl.). Einen Brut- Gegenüber dem Vorjahr wurde nun auch konnte im Havelland ein direkter Brut- nachweis gab es allerdings noch nicht. An aus anderen Wiesenbrütergebieten der nachweis erbracht werden. Die 4 ge- mindestens 7 weiteren Stellen des Landes Fuchs als Hauptursache für die sehr gerin- schlüpften Jungen wurden allerdings alle wurden Einzeltiere (i.d.R. rufende Tiere) gen Nachwuchsraten gemeldet. Die nach- Opfer des Fuchses (KOLBE 1994, briefl.). registriert. weislich extremen Gelege- und Jungvogel- Außerdem bestand Brutverdacht für je 2 Im seit etwa 1985 besetzten Brutgebiet verluste der Wiesenbrüter dürfen durch die Paare am Randow-Welse-Bruch (MUNDT, des Rauhfußkauzes (Aegolius funereus) in infolge Tollwutimmunisierung auf das U. KRAATZ 1995, briefl.) und in der Nie- der Rochauer Heide konnten mindestens 7 Vier- bis Zehnfache des Niveaus (vor 1991) derlausitz (REUSSE u.a. 1994, mündl., Reviere (rM) ermittelt werden, wobei 4 angewachsene Fuchspopulation (GO- GIERACH 1995, briefl.) sowie jeweils für 1 Brutnachweise zu verzeichnen waren RETZKI 1995, mündl.) natürlich nicht dar- Paar im Havelland (KOLBE u.a. 1994, (MÖCKEL, K. ILLIG u.a. 1994, briefl.). Die über hinwegtäuschen, daß die branden- briefl.) und im Bereich der Belziger Land- Fortpflanzungsziffer betrug 2,75 bei 4 aus- TORSTEN RYSLAVY: ZUR BESTANDSSITUATION AUSGEWÄHLTER VOGELARTEN IN BRANDENBURG – JAHRESBERICHT 1994 9

verbandes den ersten Teilerfolg (BEELITZ Tabelle 5: Bestandssituation vom Aussterben bedrohter Greifvögel und u.a. 1994, mündl.). In diesem Raum ka- Eulen im Land Brandenburg 1994 men 16 Jungkäuze zur Auswilderung 1994 Potsdam Cottbus Frankfurt (Oder) Brandenburg (ESCHHOLZ 1994, mündl.), während es im Havelländischen Luch in der Unteren Wiesenweihe 1 BP - - 1 BP 3 BV 2 BV 2 BV 7 BV Havelniederung 13 Jungtiere waren (HAA- Kornweihe 1 BV - - 1 BV SE 1994, mündl.). Interessant erscheint die Wanderfalke 1 BP/1 TP - - 1 BP/1 TP Tatsache, daß sich ein im Herbst 1993 im BZF (5) - - BZF (5) Raum Belzig ausgewilderter Steinkauz im Uhu - - 1 BVS 1 BVS 1 BV - - 1 BV Frühjahr an der Unteren Havel (ca. 70 km 5 ET - 2 ET 7 ET entfernt) ansiedelte (HAASE, ESCHHOLZ Rauhfußkauz - 6 BP - 6 BP 1994, mündl.). 2 rM 6-8 rM - 6-8 rM In der Niederlausitz bestand in der Neiße- Sperlingskauz - 2 rM - 2 rM Sumpfohreule 3 BV - 1 BV 4 BV Niederung (RUHLE 1994, briefl.) sowie BZF (2) - - BZF (2) bei Bad Liebenwerda (K. ULRICH 1994, Steinkauz 3 BP - - 3 BP mündl.) jeweils Brutverdacht für ein Paar. 1 BV 2 BV - 3 BV 6 rM - - 6 rM 6. Seltene Brutvögel aqua- Legende: BP = Brutpaar; BVS = Brutversuch; TP = Territorialpaar; BV = Brutverdacht; BZF (x) = Brutzeitfeststellung in x Gebieten; rM = rufende Männchen tischer Lebensräume

Leicht rückläufig stellt sich die Bestandssi- wertbaren Bruten (MÖCKEL 1994, tua), wurden in diesem Jahr lediglich 2 tuation der Großen Rohrdommel (Botau- mündl.). Das seit dem Vorjahr bekannte Bruten (zzgl. eines Paares ohne Brutnach- rus stellaris) dar, wenngleich für diese Art Vorkommen bei Calau bestand aus minde- weis) festgestellt. 4 Reviere waren nur mit Erfassungs- und Informationsdefizite vor- stens 3 Revieren (rM). Hier konnte ein er- Männchen besetzt. Im Herbst kamen 2 liegen. So waren am Gülper See - infolge ster Brutnachweis erbracht werden (RA- weitere Männchenreviere in der Unteren frostbedingten Zusammenbrechens des DEN, MÖCKEL u.a. 1994, briefl.). Eben- Havelniederung hinzu (Neuansiedlungen Altschilfes im Winter - nur noch 3(-4) rM falls mit einem Brutnachweis sowie einem außerhalb von Ortschaften). Offensicht- gegenüber 7 rM in den Vorjahren anwe- Reviernachweis (rM) verliefen Kontrollen lich gab es im Winterhalbjahr 1993/94 send (M. KÜHN, HAUPT, NaSt PAREY in der Niederlausitz auf brandenburgischer eine hohe Verlustrate an weiblichen Tieren 1994, briefl.). Konzentriertes Auftreten Seite bei einem stabilen Vorkommen, das (vermutlich Verkehrsopfer), was für eine wurde aus den havelländischen Gebieten hauptsächlich auf sächsischer Landesseite Restpopulation besonders gravierend ist Lötz mit 6 rM (KOLBE, HELLWIG u.a. besteht (REUSSE, WALTER u.a. 1995, (alle Angaben HAASE 1994, briefl.). Im 1994, briefl.) dem Ferbitzer Bruch mit 5 rM mündl.). Des weiteren erfolgten Feststel- Raum Belzig gab es mit dem ersten Brut- (HEIN, W. SCHULZE u.a. 1994, mündl.) lungen von Einzelrufern im Fläming nachweis seit Beginn des künstlichen Wie- sowie dem Tonstichgebiet Zehdenick/Mil- (DENTLER 1994, mündl.) sowie im Havel- deransiedlungsprojektes des NABU-Kreis- denberg mit ebenfalls 5 rM (BECKER 1994, land (BLOCK 1994, mündl.), wobei das briefl.) bekannt. letztgenannte Vorkommen bisher nicht Brutzeitnachweise der in Brandenburg sehr bekannt war. seltenen Zwergrohrdommel (Ixobrychus Im Süden konnten im minutus) gelangen in 6 Gebieten, davon je Herbst 2 revieranzeigende Sperlingskäuze ein direkter Brutnachweis in der Unteren (Glaucidium passerinum) festgestellt wer- Havelniederung (BP mit 2 Jungen) (FEDT- den, womit zugleich der erste Nachweis KE u.a. 1994, mündl.), in der für diese Art in Brandenburg gelang bei Templin (KLAWES 1994, briefl.) sowie (MÖCKEL u. ILLIG 1995). bei Eberswalde (W. BAUER, FG Eberswal- Bei der Sumpfohreule (Asio flammeus) be- de 1995, briefl.). Brutverdacht (Beobach- stand in der Uckermark - nach zwei Jahren tung beider Partner) bestand im Unteren mit mehreren Brutnachweisen - Brutver- Odertal (W. DITTBERNER 1995, briefl.) so- dacht für ein Paar in einer seit 1993 aufge- wie im Lötz (Havelland) (HAUPT 1994, lassenen Grünlandfläche (BR Schorfheide- briefl., RYSLAVY) - hier insgesamt sogar 2 Chorin 1995, briefl.). Im Havelland wur- rM (KOLBE, HELLWIG u.a. 1994, briefl.). den in zwei Niederungsgebieten jeweils Außerdem gab es eine Brutzeitbeobach- balzende Tiere beobachtet (ALEX, A. tung an einem See im Ruppiner Raum (JA- LANG 1994, briefl.), während auf einem COBSEN 1994, mündl.). TÜP Brutverdacht bestand (PUTZE 1994, Für die Kleine Ralle (Porzana parva) konn- mündl.). ten durch intensive Kontrollen in 5 Gebie- Abb. 4 Je eine Brutzeizbeobachtung erfolgte im Für den Steinkauz (Athene noctua) war das Jahr ten der Uckermark Brutnachweise erbracht Havelländischen Luch (TÖNS 1995, 1994 ein sehr schlechtes Brutjahr. Eine relativ werden - herausragend ist dabei eine Brut- mündl.) sowie auf einem TÜP im Vorflä- hohe Anzahl unverpaarter Männchen läßt auf konzentration von ca. 10 BP (W. H. DITT- Weibchenverluste im Winterhalbjahr schließen. ming (ALEX 1994, briefl.). Gute Erfahrungen wurden im Havelland mit BERNER 1995, briefl.). Im Havelland er- Im Havelländischen Luch, dem Hauptvor- mardersicheren künstlichen Niströhren gemacht. folgten Rufnachweise einzelner Männ- kommen des Steinkauzes (Athene noc- Foto: P. Haase chen in insgesamt 6 Gebieten (HAUPT, 10 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 4, 1995

KOLBE, RUDOLPH, ALEX, HEIN 1994, briefl., RYSLAVY), während ein Rufnach- weis in der Elbtalaue erfolgte (KÖNIG- Abb. 5 STEDT 1994, mündl.). Auch im Spreewald Seit mehreren Jahren ist nur ein einziges konnte die Art wieder nachgewiesen wer- und regelmäßig den - im Unterspreewald mit 1 rM (NOAH besetztes Brutgebiet 1994, briefl.) und im Oberspreewald mit der Kolbenente (Netta rufina) in mindestens 1 rM und 1 rW (HAUPT, S. Brandenburg WEISS 1994, briefl., RYSLAVY). bekannt. Analog zum Wachtelkönig war auch bei Brutzeitbeobach- tungen in anderen der Tüpfelralle (Porzana porzana) ein wie Gebieten lassen auf im Vorjahr hohes Bestandsniveau mit min- eine langsame destens 145 rM zu verzeichnen. Die mit Ausbreitung dieser seltenen Tauchente Abstand größten Rufer-Konzentrationen hoffen. bestanden im Mai infolge der bis in den Foto: T. Hellwig Mai anhaltenden Flutung der Polder im Unteren Odertal mit ca. 50 rM (HAFER- 800 BP für Brandenburg, wobei die Ucker- Initiativen eines wirkungsvolleren Kranich- LAND, SADLIK, KRUMMHOLZ, W. DITT- mark mit über 200 BP (FG Templin, HEN- schutzes ergriffen werden können. Er- BERNER, MÄDLOW 1994, briefl.) sowie NE, FREYMANN, HAFERLAND u.a. 1994, wähnt sei in diesem Zusammenhang das in im Spreewald mit 45 rM (HAUPT, NOAH, mündl.) die bedeutendste Brutregion in diesem Jahr im Raum Angermünde erst- S. WEISS 1994, briefl.). Es muß dabei je- Brandenburg darstellt. Infolge des Popula- mals in Brandenburg begonnene Kranich- doch berücksichtigt werden, daß der An- tionsdruckes in den Siedlungszentren wur- Beringungsprogramm (9 Jungvögel), wo- teil der tatsächlichen Brutvögel bei der den inzwischen zunehmend Kleingewässer bei mit 2 Ablesungen am herbstlichen Kra- Tüpfelralle völlig unbekannt ist. Rufer- der Offenlandschaft (Feldpfuhle, Sölle nich-Schlafplatz bei Nauen bereits die er- gruppen in hochwasserbeinflußten Fluß- u.ä.) besiedelt. Für das Jahr 1996 wird zu sten Erfolge zu verzeichnen waren (HA- auen können nach Rückgang des Hoch- einer landesweiten Kranich-Brutbestands- FERLAND 1994, mündl.). wassers völlig verschwunden sein (z.B. im erfassung aufgerufen (Landeskoordinator: Der Bestand der Trauerseeschwalbe (Chli- Unteren Odertal in den meisten Jahren). Dr. Henne), so daß auf fundierter Grundla- donias niger) lag mit 345 bis 350 BP in 16 Eine Bestandsschätzung des Kranichs ge vergleichende Aussagen zur Situation Brutkolonien (überwiegend durch die (Grus grus) beläuft sich mittlerweile auf ca. der Jahre getroffen sowie lokal mögliche Landesarbeitsgruppe Trauerseeschwal- benschutz erfaßt) wieder im Rahmen des Vorjahres. Die stärksten Kolonien bildeten Tabelle 6: Bestandssituation seltener Brutvögel aquatischer Lebensräume sich am Gülper See mit 75 bis 80 BP auf im Land Bandenburg 1994 künstlichen Nisthilfen (NaSt Parey 1994, 1994 Potsdam Cottbus Frankfurt (Oder) Brandenburg briefl.) und in mehreren Teilkolonien im Unteren Odertal mit ca. 120 BP (KRUMM- Gr. Rohrdrommel 1 BP - - 1 BP HOLZ, W. DITTBERNER, MÄDLOW, >40 rM 7 rM >29 rM >76 rM GRIMM 1995, briefl.). Zwergrohrdrommel 1 BP/ 1 BV - 2 BP/ 1 BV 3 BP/ 2 BV 1 rM + BZB (1) - - 1 rM + BZB (1) Von der Flußseeschwalbe (Sterna hirun- Kleine Ralle - - 15-16 BP 15-16 BP do) wurden 18 Brutkolonien mit insgesamt 8 rM 3 rM / 1 rW - 11 rM / 1 rW 349 bis 353 BP gemeldet. Herausragend ist Tüpfelralle >28 rT >53 rT >64 rT >145 rT dabei wiederum die Brutkolonie im Teich- Kranich 350 BP 110 BP 340 BP 800 BP (*) Trauerseeschwalbe 112-117 BP 1 BP 232 BP 345-350 BP gebiet Peitz mit 105 BP (LITZKOW 1995, Flußseeschwalbe >37-39 BP 146-148 BP >166 BP 349-353 BP briefl.). Des weiteren bildeten sich größere Zwergseeschwalbe - - 2 BP 2 BP Kolonien im Teichgebiet Altfriedland mit Silbermöwe 2 BP 58 BP 15-16 BP 75-76 BP 41 BP (HAUPT 1994, briefl.), am Restloch Weißkopfmöwe - 6 (3#) BP 6 (2#) BP 12 (5#) BP Sturmmöwe - 16-19 BP 6-7 BP 22-26 BP Skado mit 39 bis 40 BP (KAMINSKI, Schwarzkopfmöwe - >3 BP - >3 BP MICHAELIS 1994, briefl.), am Trebowsee Schwarzhalstaucher >65-66 BP >20 BP >13-18 BP >98-104 BP mit ca. 35 BP (T. MÜLLER, KRAATZ 1995, Gänsesäger 1-2 BP 1-3 BP >38-42 BP >40-47 BP Brandgans >17 BP - >5 BP >20 BP briefl.) sowie am Gülper See mit 30 BP Austernfischer 5 BP - 1 BP 6 BP (NaSt Parey 1994, briefl.). Kolbenente >2 BV - - >2 BV Zwei erfolglose Brutversuche der Zwerg- Singschwan - - 1 BP 1 BP seeschwalbe (Sterna albifrons) gab es in - BZF (2) - BZF (2) Rotdrossel - 1 BV - 1 BV einem Polder des Unteren Odertales Blaukehlchen 1 BP - - 1 BP (MÄDLOW 1995, briefl.), wo sich zuvor >18 sM >2sM >18 sM >38 sM (Anfang Mai) 12 Paare angesiedelt hatten. Karmingimpel - - 1 BP 1 BP (W. DITTBERNER 1995, briefl.). Mit dem >14 sM > 8 sM >48 sM >70 sM Abpumpen des Polders verließen sie je- Legende: BP = Brutpaar; BV = Brutverdacht; rM = rufende Männchen; rW = rufende doch dieses Gebiet. Die Ansiedlung ist im Weibchen; rT = rufende Tiere (Männchen bzw. Weibchen); sM = singende Männchen; Zusammenhang mit der Brutkolonie im BZF (x) = Brutzeitfeststellung in x Gebieten; (#) = Anzahl der Mischpaare Weißkopf- polnischen Kiesabbaugebiet an der Oder möwe/ Silbermöwe; (*) = geschätzt bei Bielinik zu betrachten, deren Bestand in TORSTEN RYSLAVY: ZUR BESTANDSSITUATION AUSGEWÄHLTER VOGELARTEN IN BRANDENBURG – JAHRESBERICHT 1994 11

diesem Jahr mit ca. 25 BP unerwartet hoch bis 104 BP an 14 Brutplätzen gemeldet. fen isoliert gelegene neue Brutvorkommen lag (KRAATZ, MUNDT, UHLIG 1995, Herausragend ist dabei wiederum die Brut- an den Nauener Rieselfeldern mit 3 BP briefl.). Interessant erscheinen Brutzeit- kolonie am Rietzer See mit 32 BP, davon 26 (SCHREIBER 1994, mündl.). nachweise adulter Zwergseeschwalben jungeführende Paare (HAUPT, MANZKE Vom Austernfischer (Haematopus ostrale- (1 bis 4 Individuen) aus 7 weiteren Gebie- u.a. 1994, briefl.). Bemerkenswert ist eine gus) konnten in Westbrandenburg ledig- ten im Havelland, an der Oder und an der große Brutkolonie in der Niederlausitz, wo lich in der Elbtalaue 5 BP ermittelt werden, Talsperre Spremberg, die auf einen Einflug im Teichgebiet Kathlow mindestens 18 die jedoch aufgrund der Hochwassersitua- im Juni hindeuten. Paare brüteten (NaSt LAKOMA). In der tion der Elbe nur Brutversuche unternah- Weiterhin progressiv ansteigend verläuft Havelniederung bei Hennigsdorf bildeten men (H. u. F.SCHULZ 1994, mündl.). Einen die Bestandsentwicklung bei der Silber- sich - nach zwei Ausfalljahren - wieder 2 weiteren Brutversuch gab es an der Unte- möwe (Larus argentatus) mit nunmehr 75 Brutkolonien mit insgesamt 12 BP (SASS ren Oder (MÄDLOW 1995, briefl.). bis 76 BP an 12 Brutplätzen (davon 8 Ein- 1994, briefl.). In mindestens 6 hochwas- Im einzigen regelmäßig besetzten Brutge- zelbrutplätze) und bei der Weißkopfmöwe serbeeinflußten Brutkolonien blieb es in- biet der Kolbenente (Netta rufina) wurden (Larus cachinnans) mit 12 BP (davon 5 folge Hochwasserrückganges nur bei Brut- 1994 keine Brutnachweise erbracht, ob- Misch-BP Larus cachinnans/Larus argen- versuchen. wohl bis zu 5 Männchen und 3 Weibchen tatus) an 2 Brutplätzen (vgl. auch HAUPT Mit 40 bis 47 BP stellt der angegebene Be- zur Brutzeit anwesend waren und nur u. KAMINSKI 1995). Größere Brutkolonien stand des Gänsesägers (Mergus mergan- Brutverdacht für mindestens 2 Paare der Silbermöwe existierten am Kleinko- ser) den Mindestbestand für Brandenburg geäußert werden kann (HIELSCHER 1994, schener See mit 31 BP - Bruterfolg hier 1,7 dar (vgl. auch MIZERA, UHLIG, KALISINS- mündl., RYSLAVY). Weitere Brutzeitbeob- fast flügge juv./BP -, am Restloch Sedlitz KI, MUNDT u. CZERASZKIEWICZ 1995). achtungen betreffen zwei Teilgebiete der mit 23 BP (KAMINSKI, MICHAELIS 1994, Den Verbeitungsschwerpunkt bildet die Unteren Havelniederung (SCHMIDT, OH- briefl.) sowie im Teichgebiet Altfriedland Mittlere Oder zwischen Eisenhüttenstadt NESORG 1994, briefl.; RYSLAVY). mit 9 BP (HAUPT 1994, briefl.), während und Lebus mit ca. 30 BP, was insbesonde- Nachdem sich bereits über mehrere Jahre die Weißkopfmöwe am Kleinkoschener re durch die Verbesserung des Nistplatzan- bis zu 4 übersommernde, immature Sing- See mit 6 BP bei 3 Misch-BP (KAMINSKI, gebotes (Nistkästen) erreicht werden schwäne (Cygnus cygnus) im Raum Lie- MICHAELIS 1994, briefl.) und im Teichge- konnte (G. SCHULZE, J. BECKER 1995, berose aufhielten und im Vorjahr bereits biet Altfriedland mit 6 BP bei 2 Misch-BP briefl.). An der seit Anfang der 80er Jahre Balzzeremonien eines Paares stattfanden, (HAUPT 1994, briefl.) ansässig war. besiedelten Neiße konnten 1 bis 3 BP regi- gelang in diesem Jahr den ersten Brut- Auch die Sturmmöwe (Larus canus) breitet striert werden (RUHLE 1994, brief.). Die nachweis des Singschwanes in Branden- sich in Brandenburg weiter aus. Gegen- seit wenigen Jahren besiedelte Elbtalaue burg (DEUTSCHMANN i.Dr.). Beide Part- wärtig sind 7 Brutplätze mit insgesamt 22 bei Wittenberge war mit 1 bis 2 BP besetzt ner führten nach erfolgreicher Brut ein bis 26 BP bekannt, wobei sich diese auf (H. u. F. SCHULZ 1994, mündl.). Küken, das jedoch nach wenigen Tagen Ostbrandenburg und die Niederlausitz be- Von der Brandgans (Tadorna tadorna) verschwunden war. Parallel dazu hielt sich schränken. Erwähnenswert sind eine wurden mindestens 22 BP gemeldet. In der Ende Mai jeweils ein adulter Singschwan Neuansiedlung am Stoßdorfer See mit 1 BP Elbtalaue waren mindestens 10 BP anwe- im Spreewald (HAUPT, S. WEISS 1994, (K. ILLIG 1994, briefl.) und ein Ansied- send - hier mittlerweile auch im Deichhin- briefl.) sowie im Borcheltsbusch bei Luck- lungsversuch an der Oder bei Genschmar terland brütend - (H. u. F. SCHULZ 1994, au auf (K. ILLIG, P. SCHONERT 1994, mit 2 BP (HAUPT 1994, briefl.). Die stärk- mündl.), während an der Unteren Havel 4 briefl.). ste Brutkolonie befindet sich am Restloch BP mit Jungen (BRUCH, HAUPT, u.a. Als seltener Brutgast tritt die Rotdrossel Skado mit 10 bis 11 BP (KAMINSKI, 1994, briefl.) sowie an der Unteren und (Turdus iliacus) in Brandenburg auf. In die- MICHAELIS 1994, briefl.). Mittleren Oder mindestens 5 BP mit Jun- sem Jahr bestand westlich von Cottbus Die Schwarzkopfmöwe (Larus melanoce- gen nachgewiesen werden konnten Brutverdacht, wo im Mai ein warnender phalus) war mit mindestens 3 BP am Rest- (MÄDLOW, MUNDT, UHLIG, SCHROE- Altvogel (MÖCKEL 1994, briefl.) und Ende loch Skado vertreten. Hiervon zogen 2 BP TER, M. MÜLLER 1995, briefl.). Interes- Mai ein singendes Männchen (RASE- 4 Jungvögel auf, wobei zwei der Altvögel sant erscheint das von den großen Flußläu- HORN 1994, briefl.) festgestellt wurden. zuvor an der nordfranzösischen Küste farbberingt worden waren (KAMINSKI in BARTHEL 1994). Außerdem gelangen mehrmalige Brutzeit- beobachtungen (Paar oder Einzeltier; teil- Abb. 6 weise mit Balz in Lachmöwenkolonien) im Brandenburg hat für Teichgebiet Altfriedland (HAUPT 1994, den Singschwan briefl)., am Rietzer See (HAUPT, KÜHN (Cygnus cygnus) nicht nur Bedeutung 1994, briefl., RYSLAVY), am Landiner See als Durchzug-, Rast- (MÄDLOW, NOAH, S. WEISS u.a.) sowie und Überwinterungs- im Unteren Odertal (W. DITTBERNER, gebiet (vor allem Untere Oder, Untere KRUMMHOLZ, SADLIK, BRÜHN 1995, Havel, Elbaue), son- briefl.). Die Beobachtungen belegen je- dern nun auch als doch nur kurzzeitige Aufenthalte und be- Brutgebiet und bildet zugleich die neue ziehen sich auf rastende Tiere. südwestliche Vom Schwarzhalstaucher (Podiceps nigri- Arealgrenze. collis) wurde ein Mindestbestand von 98 Foto: T. Ryslavy 12 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 4, 1995

Von Blaukehlchen (Luscinia svecica) und ca) und Moorente (Charadrius hiaticula) lich nicht vollständig - mindestens 9 Brut- Karmingimpel (Carpodacus erythrinus) zu verzeichnen. Die Moorente konnte im kolonien mit 1 300 bis 1 400 BP angege- liegen nur unvollständige Angaben vor. In Mai am Pritzerber See (ALEX 1994, briefl.) ben wurden (TWELKMEYER in RUTSCHKE den beiden Vorkommenszentren des Blau- und im Juni an den Stolper Fischteichen 1983), täuscht auf den ersten Blick einen kehlchens Mittlere Havelniederung und (DREIER, GRÜNDEL 1995, briefl.) mit je ei- gleichbleibenden bzw. positiven Bestand- Unteres Odertal wurden 12 sM (RU- nem Paar sowie an der Elbe bei Wittenber- strend vor. Tatsächlich jedoch erfolgten in DOLPH, KÜHN, KIRCHNER, KEHL u.a. ge (H. SCHULZ 1995, mündl.) zur Brutzeit vielen Brutkolonien z.T. drastische Be- 1995, briefl.) bzw. 10 sM (W. DITTBER- nachgewiesen werden. standsabnahmen (vor allem in den achtzi- NER, KRUMMHOLZ, MÄDLOW 1995, Von der Pfeifente (Anas penelope) liegen ger Jahren) bei nur teilweiser Kompensati- briefl.) registriert, was jedoch nur auf Teil- mehrere Mai- und Juni-Nachweise aus on durch Neugründung von Kolonien bzw. erfassungen beruht. Einen direkten Brut- dem Havelland (5 Gebiete) und der Ucker- Umsiedlung in andere Brutkolonien. Belegt nachweis gab es im Gebiet der Unteren mark (2 Gebiete) vor, die vermutlich über- sind solche Bestandsrückgänge für die Havelniederung bei Rathenow für ein BP sommernde Tiere betreffen. Vor dem Hin- uckermärkischen Brutkolonien in Passow mit Jungen (FEDTKE u.a. 1994, mündl.). tergrund, daß für Brandenburg bisher kein von damals 330 BP auf aktuell 74 BP Vom Karmingimpel konnten im Unteren Brutnachweis der Pfeifente vorliegt, sind (KRAATZ 1995, briefl.), in Angermünde Odertal, dem Verbreitungszentrum in mögliche Brutverdachtsäußerungen, die in von 258 BP auf 5 BP (W. DITTBERNER Brandenburg, mindestens 30 sM erfaßt erster Linie die Untere und Mittlere Havel- 1995, briefl.) oder in Gerswalde mit ehe- werden (KRUMMHOLZ, W. DITTBERNER, niederung sowie das Untere Odertal be- mals ca. 200 BP (LAMBERT in KLAFS u. MÄDLOW, SCHRECK 1995, briefl.). All- träfen, besonders kritisch zu betrachten. STÜBS 1987) bis zum völligen Erlöschen der jährliche Nachweise besetzter Reviere lie- Kolonie. Im Angermünder Raum konzen- gen inzwischen aus dem Spreewald vor, 7. Seltene Brutvögel terri- trierte sich das Brutgeschehen weitgehend wo mindestens 5 sM festzustellen waren strischer Lebensräume auf die sich herausbildende Großkolonie in (WEINGARDT, F. SCHRÖDER, NOAH u.a. Pinnow (s.o.). Im Bereich der Mittleren 1994, briefl.). In Westbrandenburg wur- Wenngleich unvollständig, so wurden im- Oderaue erfolgten Bestandsrückgänge in den Reviere singender Männchen in der merhin mindestens 129 Reviere des Wie- Neuzelle von 135 BP auf 26 BP (HAUPT Elbtalaue - hier sogar mindestens 7 sM - dehopfes (Upupa epops) in Brandenburg 1994, briefl.) und in Frankfurt (Oder) von (H. u. F. SCHULZ), an der Unteren Havel ermittelt. Dabei muß berücksichtigt wer- 81 BP auf 13 BP (A. STEIN, W. WEISS bei Hohennauen (KÜHN 1995, briefl.), an den, daß bei der Art der Anteil unverpaar- 1994, briefl.) bei einem gleichzeitigen Ko- Beetzsee und Havel bei Brandenburg ter Männchen sehr hoch sein kann, wie es lonieaufbau (Umsiedlung) in Eisenhütten- (ALEX 1994, briefl., RYSLAVY) sowie an intensive Untersuchungen von FIDDICKE stadt mit gegenwärtig 63 BP (HAUPT der Nieplitz bei Körzin (SCHUBERT u.a. (1993) im Raum Wriezen belegen, bei de- 1994, briefl.). Unbedingt muß jedoch 1995, briefl) registriert, so daß mittlerwei- nen z.B. 1984 von 17 revierbesetzenden berücksichtigt werden, daß mit der Ge- le die Linie Spreewald/Baruther Urstrom- Männchen nur 40 % verpaart waren. Bei bietsreform starke Kolonien im Altkreis tal/Untere Havel/Elbtalaue die südwestli- 19 auswertbaren Bruten (inkl. 4 Zweitbru- Prenzlau in Dedelow (s.o.) und im Altkreis che Verbreitungsgrenze des Karmingim- ten) ergibt sich für dieses Jahr eine Repro- Perleberg in Wittenberge mit gegenwärtig pels in Brandenburg bildet. duktionsrate von 2,3 flüggen juv./BP (PHI- 254 BP (H. u. F. SCHULZ 1994, mündl.) Keine Brut- bzw. Brutverdachtsnachweise LIPPS, FIDDICKE, P. THIELE, S. WEISS u.a. zum Land Brandenburg hinzukamen. waren für Sandregenpfeifer (Aythya nyro- 1994, briefl.). Mit 15 BP und 18 besetzten Revieren be- Beim Grauspecht (Picus canus) gab es le- findet sich das Schwarzkehlchen (Saxicola diglich Anfang März im Fläming einen torquata) weiterhin in Ausbreitung. Die Nachweis (SCHUBERT, ALEX, FLESCHNER Vorkommen verteilen sich auf mindestens u.a. 1994, briefl.). 18 gemeldete Gebiete (davon 10 TÜP). Im Raum Fürstenwalde gelang der zweite Kolonieartiges Brüten (mindestens 3 Re- Brutnachweis des Tannenhähers (Nucifra- viere auf engerem Raum) erfolgte am PCK ga caryocatactes) für Brandenburg, wobei Schwedt mit 9 BP (W. DITTBERNER 1995, das BP mindestens 2 Jungvögel aufzog briefl.), auf dem Truppenübungsplatz (PAWLOWSKI 1995, i.Dr.). (TÜP) Altranft mit 3 BP (FIDDICKE, Mit mindestens 12 Brutkolonien und 1 630 HAUPT u.a. 1994, briefl.) sowie auf dem BP ist die Saatkrähe (Corvus frugilegus) im TÜP Riesenbruch (Rathenow) mit 3 be- Land Brandenburg vertreten, wobei die setzten Revieren (RIEP, HAUPT, RYSLAVY Uckermark mit mindestens 1 117 BP in 6 u.a. 1994, briefl.). Brutkolonien den Verbreitungsschwer- Das Birkhuhn (Lyrurus tetrix) konnte in punkt bildet (keine Angabe für Kolonie Ca- den 3 bekannten Einstandsgebieten auch sekow vorhanden). Die mit Abstand größ- in diesem Jahr nachgewiesen werden, ten Kolonien befinden sich dabei in Pinnow wenngleich es sich hierbei um Zufallsbeob- Abb. 7 mit ca. 500 BP (W. DITTBERNER 1995, achtungen von Einzeltieren handelt und Weiterhin in Ausbreitung begriffen ist in briefl.) und Dedelow mit ca. 430 BP (I.-D. der tatsächliche Landesbestand nur als Brandenburg das Schwarzkehlchen (Saxicola torquata), insbesondere auf LEMBKE 1995, briefl.). Die restlichen Brut- Schätzung mit ca. 10 Tieren angegeben Truppenübungsplätzen. Das tatsächliche kolonien verteilen sich auf die Prignitz, die werden kann. Balzgeschehen (mindestens gegenwärtige Verbreitungsbild ist nicht bekannt, Mittlere Oderaue und das Berliner Umland. 1 balzender Hahn) konnte bei einem der da mit einer Reihe von bisher nicht entdeckten Vorkommen zu rechnen ist. Ein Vergleich der heutigen Bestandssituati- Lausitzer Vorkommen registriert werden Foto: K. Hielscher on mit der in den 70er Jahren, wo - sicher- (Bundesforst 1995, mündl.). TORSTEN RYSLAVY: ZUR BESTANDSSITUATION AUSGEWÄHLTER VOGELARTEN IN BRANDENBURG – JAHRESBERICHT 1994 13

RYSLAVY, T. 1994: Zur Bestandssituation ausgewähl- Tabelle 7: Bestandssituation seltener Brutvögel terrestrischer Lebensräume ter Vogelarten in Brandenburg - Jahresbericht 1993. -Naturschutz und Landschaftspflege in Brandenburg im Land Brandenburg 1994 3(3): 4-13

1994 Potsdam Cottbus Frankfurt (Oder) Brandenburg SCHULZ, H. 1994: Zur Bestandssituation des Weiß- storchs - Neue Perspektiven für den „Vogel des Jahres Wiedehopf >38 BP/Rev. >23 BP/Rev. >68 BP/Rev. >129 BP/Rev. 1994“?. -Berichte zum Vogelschutz 32 Grauspecht 1 rM - - 1 rM SÖMMER, P. 1995: Zur Situation des Fischadlers (Pan- Tannenhäher - - 1 BP 1 BP dion haliaetus) in Brandenburg. -Vogelwelt 116: 181- Saatkrähe 410 BP - 1229 BP 1630 BP 186 Schwarzkehlchen - 2 BP 13 BP 15 BP 12 Rev. 2 Rev. 4 Rev. 18 Rev. TWELKMEYER, J. 1983: Saatkrähe - Corvus frugilegus Birkhuhn 1 VK 2 VK - 3 VK L., 1758. -In RUTSCHKE, E. (Hrsg.): Die Vogelwelt Brandenburgs. Avifauna der DDR Bd.2: 335-337 Auerhuhn 1 VK 1 VK - 2 VK Haselhuhn 1 VK - - 1 VK

Legende: BP = Brutpaar; Rev. = besetzte Reviere (rM bzw. sM); rM = rufendes Männ- Verfasser chen; VK = Vorkommen Torsten Ryslavy Landesumweltamt Brandenburg Nachweise des Auerhuhnes (Tetrao uro- nation durch den Leiter der Landesarbeits- PF 601061 gallus) gelangen für das autochtone Vor- gruppe Kranichschutz: Dr. Henne), der 14410 Potsdam kommen in der Niederlausitz mit lediglich Bartmeise (Landeskoordinator: G. Sohns/T. einer Beobachtung eines Hahnes sowie im Dürr) sowie nach der Zählung 1993 zu ei- Havelland (aus Aussetzung 1992/93 resul- ner erneuten Erfassung des Kiebitzes als Korrekturen zum Jahresbericht 1993 tierend), wo im April insgesamt 1 Hahn dem „Vogel des Jahres 1996“ (Landesko- (RYSLAVY 1994): und 2 Hennen nachgewiesen wurden ordinator: P. Haase) aufgerufen werden. (ALEX 1994, briefl.). Im Herbst 1996 wird zu den Kiebitz-Erfas- S.6, Tab.2 (Weißstorch): Im Rahmen eines mehrjährigen Wiederan- sungen 1993 und 1996 eine detaillierte Der Brutbestände der Region Frankfurt siedlungsprogrammes des Haselhuhns Auswertung in dieser Schriftenreihe erfol- (Oder) und des Landes Brandenburg wer- (Bonasa bonasia) in der Prignitz wurden im gen. den auf 333 BP bzw. 1 231 BP korrigiert. Frühjahr und Herbst insgesamt 50 Hasel- S.5, unten bei „Weißstorch“ wird wie folgt hühner ausgesetzt. Im Frühherbst konnte Für die Manuskriptdurchsicht sowie für korrigiert: dort eine jungeführende Henne nachge- kritische Hinweise sei T. Dürr (Nauen), Dr. ... Bestandszuwachs von mindestens 262 wiesen werden (SCHOLZ 1994, mündl.). M. Flade (Brodowin), H. Haupt (Beeskow), BP (27%) beim Weißstorch ... Es bleibt abzuwarten, ob die zur Ausset- K. Hielscher (Ziethenhorst), Dr. T. Langge- zung gewählten Waldgebiete nicht zu mach (Lychen) und G. Sohns (Damsdorf) S.9, Tab.5 (Seltene Greifvögel und Eulen): klein für die Existenz dieser Art sind und herzlich gedankt. Beim Uhu wurden in der Region Potsdam der gegenwärtig vorhandene hohe Präda- nur 3 ET registriert (Land Brandenburg 5 torendruck abgepuffert werden kann. Literatur ET). Keine Anzeichen für Bruten oder Brutver- Beim Rauhfußkauz wurde in der Region BARTHEL, P. 1994: Bemerkenswerte Beobachtungen dacht konnten in diesem Jahr bei Triel Brutzeit 1994. -Limicola 8: 278 Potsdam 1 rM festgestellt (Land Branden- (Burhinus oedicnemus), Blauracke (Cora- burg 14-15 rM). BRÄUNLICH, A.; MÄDLOW, W. u. HAUPT, H. (in cias garrulus) und Bienenfresser (Merops Vorb.): Avifaunistischer Jahresbericht für Brandenburg S.10, oben bei „Uhu“ ist folgendermaßen und Berlin 1994. -Otis apiaster) erbracht werden, obwohl Einzel- zu korrigieren: tiere gesehen wurden. Es gab Beobachtun- DEUTSCHMANN, H. (im Druck): Erste Brut des Sing- ... konnten an zwei weiteren Stellen des schwans (Cygnus cygnus) in Brandenburg. -Otis gen von möglicherweise durchziehenden Fläming Einzeltiere verhört werden (RY- oder umherstreifenden Einzeltieren beim HAUPT, H. u. KAMINSKI, K. 1995: Sind Silbermöwen SLAVY), was ... Triel Mitte Mai auf einem TÜP bei Fürsten- und Weißkopfmöwen eigene Arten? -Falke 42: 68-73 walde (ALEX 1994, briefl.) sowie Ende Juli KÖHLER, W. 1995: Der Brutbestand des Fischadlers S.10, unten bei „Rauhfußkauz“: auf einem TÜP im Havelland (A. BRÄUN- (Pandion haliaetus) in Mecklenburg-Vorpommern. - ... nachgewiesen werden (ALEX 1993, Vogelwelt 116: 177-179 LICH 1994, briefl.), ebenso beim Bienen- briefl.), während im Fläming ein neues fresser Mitte Mai am Unter-Uckersee (H. LAMBERT, K. 1987: Saatkrähe - Corvus frugilegus L., Rufrevier entdeckt wurde (DENTLER 1758. In: KLAFS u. STÜBS (Hrsg.): Die Vogelwelt SCHONERT 1995, briefl.) sowie Anfang Mecklenburgs. Avifauna der DDR. Bd.1: 279-280 1994, mündl.). Ein Totfund ... August an den Behnitzer Seen (KOLBE MIZERA, T.; UHLIG, R.; KALISINSKI, M.; MUNDT, J. u. S.10, Tab.6 (Seltene Brutvögel aquatischer 1994, briefl.). Da kleinere Brutkolonien CZERASZKIEWICZ 1994: Brutverbreitung, Mauser, Lebensräume): bzw. Einzelbruten dieser mediterranen Art, Nichtbrüter- und Winterbestand des Gänsesägers (Mergus merganser) im Odereinzugsgebiet. -Vogel- Beim Karmingimpel ist in der Region Pots- die sich offensichtlich weiter ausbreitet ha- welt 115: 155-162 dam 1 BP zu streichen und die Angabe von ben, auch für Brandenburg nicht ausge- MÖCKEL, R. u. ILLIG, K. 1995: Der Sperlingskauz >5 sM durch >13 sM zu ersetzen, so daß in schlossen werden können, sollten Kies- (Glaucidium passerrinum) in der Rochauer Heide - Bio- der Region Potsdam >13 sM und im Land logische Studien Luckau 24: 33-41 und Sandgruben in den nächsten Jahren Brandenburg >64 sM vorhanden waren. genauer kontrolliert werden. PAWLOWSKI, H. (im Druck): Die Brut des Tannen- hähers (Nucifraga caryocatactes) im Gebiet von Für- S.12, oben bei „Karmingimpel“: stenwalde. -Otis Für das Jahr 1996 soll an dieser Stelle in ... Ausbreitung begriffen, wie es minde- Abstimmung mit der ABBO zu einer lan- RUHLE, D. 1995: Bestandsentwicklung und Schutz des stens 13 sM aus zehn Gebieten der Region Fischadlers (Pandion haliaetus) in der Niederlausitz, desweiten Erfassung des Kranichs (Koordi- Brandenburg. -Vogelwelt 116: 187-190 Potsdam ... 14 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 4, 1995; 14 - 18

„WER IN FREIER LANDSCHAFT PRODUZIERT, MUSS DIE DAMIT VERBUNDENEN UNTERNEHMERISCHEN RISIKEN SELBER TRAGEN UND SEIN EIGENTUM IN GEEIGNETER WEISE SCHÜTZEN.“ (ZITIERT NACH WIESNER U. KÜHN 1995)

TORSTEN LANGGEMACH, MATHIAS BERNHARDT, JENNY SCHULZ Zur Rolle des Kolkraben (Corvus corax L. 1758) bei der Freilandhaltung von Schafen

1. Einleitung fensichtlich Probleme mit dem Kolkraben - Schäfer berichtet über Rabenschwärme gab, schlossen sich eigene Freilandbeob- in Stall- und Weidenähe, im Vorjahr sol- Während in verschiedenen Gebieten achtungen an. len auch größere Lämmer attackiert Westeuropas Wiederansiedlungsprojekte Darüber hinaus wurden die Schäfer darum worden sein, ebenso Kühe während des den ausgestorbenen bzw. ausgerotteten gebeten, im Falle von Verlusten durch Kalbens Kolkraben wieder heimisch machen sollen, Kolkraben umgehend die Naturschutzsta- - tote Tierkörper und Nachgeburten wer- häufen sich dort, wo er inzwischen wieder tion Woblitz zu benachrichtigen. Es war den eingesammelt brütet, Forderungen nach Abschuß bzw. beabsichtigt, Schafe, bei denen der Ver- - bei den drei Besuchen gab es keine Kolk- „Regulation“ der Art, häufig verursacht dacht bestand, daß sie von Kolkraben rabenbeobachtung. durch wirtschaftliche Schäden, die dem getötet worden waren, der veterinärmedi- Schäfer B: Raben zur Last gelegt werden. Ebenso dra- zinischen Obduktion zuzuführen. Dies ge- - guter Gesundheits- und Allgemeinzu- matisch wie medienwirksam sind insbe- lang bisher allerdings nur bei 4 Lämmern. stand der Herde sondere Meldungen, die Übergriffe von Gründe für die geringe Zahl finden sich im - Wanderschäfer, Herde folgt ständig ge- Kolkraben auf Lämmer, Kälber, erwachse- Ergebnisteil. Parallel zu den Untersuchun- eigneten Futterflächen ne Schafe und selbst Rinder wiedergeben. gen erfolgte die Recherche von Literatur - Je nach Weidegebiet sind Unterstell- Dies führt auch bei Personen, die nicht zu und Zeitungsmeldungen. möglichkeiten vorhanden, neugeborene den potentiell Betroffenen gehören, zu Lämmer werden zusammen mit den Aversionen. 3. Ergebnisse Mutterschafen für die erste Zeit in Stiet- Regelmäßige Konfrontation mit diesen zen untergebracht. Vorbehalten und Ängsten war der Anlaß 3.1 Besuch und Befragung der - Einzelne Verluste durch Raben sollen in für die vorliegenden Untersuchungen an Schäfer den letzten Jahren aufgetreten sein, bei Schafherden durch die Naturschutzstation Die ersten Gespräche mit den Schäfern genauerem Nachfragen wird präzisiert: Woblitz. In Abstimmung mit dem Schaf- fanden zwischen Januar und Februar 1995 Lebende Lämmer wurden noch nicht zuchtverband Berlin-Brandenburg standen statt; zwei Herden wurden im April erst- durch Kolkraben verloren, die Raben imZentrumdesInteresses folgende Fragen: malig aufgesucht. Gespräche und Beob- waren nur an Kadavern, sind aber nicht 1. Welche Bedingungen führen zu An- achtungen erfolgten vor allem durch M. gern gesehen. sammlungen von Kolkraben in der Bernhardt, der selbst Schäfer von Beruf ist. - Bei der diesjährigen Lammung wurde nächsten Umgebung von Muttertier- Schäfer A: zur Zeit des ersten Gespräches von eini- herden? - guter Gesundheits- und Allgemeinzu- gen erfrorenen Lämmern berichtet. 2. Durch welche Konstellationen entste- stand der Herde - Tote Tierkörper und Nachgeburten wer- hen der Tierhaltung Schäden? - Stallanlage mit angrenzender Weide- den eingesammelt. 3. Welcher Art und welchen Umfangs fläche Schäfer C: sind solche Verluste? - Schafe verlassen erst den Ablammstall, - Herde in mäßigem Gesundheits- und 4. Wie und wodurch lassen sich Schäden wenn die Lämmer größer sind Allgemeinzustand in der Tierhaltung durch Kolkraben in praktikabler Weise verhindern? Tabelle 1: Struktur der untersuchten Schafherden

2. Material und Methoden Schäfer Rasse Herdengröße Ablammung Ablammzeit

Insgesamt wurden 8 Schafhalter im Früh- A Merino, Schwarzkopf 1 000 im Stall April bis Mai B Merino, Schwarzkopf 1 000 im Freien März bis Mai jahr 1995 im Norden Brandenburgs aufge- C Merino, Moor- sucht und nach einheitlichem Schema die und Heidschnucken 1 000 im Freien Dezember bis April verschiedenen Herden-Parameter erfragt, D Merino, Schwarzkopf, die in Tabelle 1 wiedergegeben sind. Aus Heidschnucken 800 im Stall Mai E Merino 800 im Stall Mai Gründen des Datenschutzes erfolgte die F Merino 500 im Stall Anfang April Bezeichnung der Schäfer mit A bis H. Wei- G Merino 1 500 im Stall Winterlammung tere Details zu den Schafherden sind im Er- H Merino 180 im Freien Mai gebnisteil wiedergegeben. Dort, wo es of- TORSTEN LANGGEMACH, MATHIAS BERNHARDT, JENNY SCHULZ: ZUR ROLLE DES KOLKRABEN BEI DER FREILANDHALTUNG VON SCHAFEN 15

dem 25. April insgesamt 52 Stunden. Es liegen detaillierte Protokolle vor, von de- nen hier nur eine Zusammenfassung wie- dergegeben ist. Daneben wurde an meh- reren Tagen im März und April bei Schäfer E beobachtet. Im Beobachtungszeitraum wurden bis zu 300 Kolkraben beobachtet, häufig jedoch nur kleinere Gruppen, einzelne Exemplare oder gar keine. Auffallend war, daß sich Abb. 1 größere Schwärme von Raben nur im Wei- Geduldig warten degebiet auf dem Truppenübungsplatz die Kolkraben auf zeigten, während im zweiten Weidegebiet die sich lösende Nachgeburt. in einer Niederung zwar regelmäßig ein Foto: B. Dittrich nichtbrütendes Paar, sonst jedoch nur ein- zelne vorüberfliegende Raben gesehen - Wanderschäfer ohne Stallanlage, ganz- - Stallwirtschaft, Weide in Niederungsge- wurden. Dies hing offenbar damit zusam- jährige Weidehaltung (Koppeln, Hüten) biet, Ablammung im Stall men, daß das erste Weidegebiet wenige auf einem Truppenübungsplatz, wech- - Reaktion des Schäfers auf beobachtete hundert Meter von einer Müllkippe ent- selweise auch in Niederungsgebiet an ei- Kolkraben in der Nähe: Ablammung fin- fernt lag, zu dem die Raben eine besonde- nem größeren See det im Stall statt, somit keine Probleme re Affinität hatten. Beim Umtrieb zum - Ablammung im Freien mit Verlusten, Verletzungen etc. zweiten Weidegebiet, das weiter entfernt - Ende März 1995 wurden ca. 300 Kolk- - Daneben wird die ständige Überwa- lag, folgten die Raben nicht der Herde, raben in der Umgebung gezählt (Müll- chung und Kontrolle während der sondern verweilten in der Nähe der Depo- deponie 600 m entfernt), 300 tote Scha- Lammzeit sowie die Absammlung der nie. fe (Lämmer, Muttertiere) werden dem Nachgeburten und toter Tierkörper als Die Raben waren beim Kreisen, bei Sturz- Kolkraben von 1994 bis Anfang 1995 wirksame Prävention angesehen. flügen und Verfolgungsspielen zu beob- angelastet. Schäfer G: achten und bewegten sich im Schwarm oft - Tierkörper werden z.T. liegengelassen, - guter Gesundheits- und Allgemeinzu- paarweise. Eine besondere Bedeutung der damit die Raben nicht an noch lebende stand der Herde Schafherde für die Kolkraben war bei die- Tiere gehen. - Stallanlage mit angrenzenden Weidege- sen Flugspielen nicht zu erkennen, eher Schäfer D: bieten in einem Niederungsgebiet das Ausnutzen guter thermischer Bedin- - guter Gesundheits- und Allgemeinzu- - Winterlammung im Stall gungen. Bei Raben, die auf umliegenden stand der Herde - Schäfer gibt 5 Verlustfälle im Vorjahr Bäumen saßen, war gelegentlich deutli- - Stallanlage mit Weideflächen und zu- durch Kolkraben zu Protokoll (2 Muttern ches Interesse an der Herde zu bemerken sätzliche wechselnde Weidegebiete im und 3 Lämmer), sieht die Sache aber (aufmerksames Beobachten der Schafe), Umkreis, Ablammung im Stall, erst spä- nicht als großes Problem, da der größte teilweise wurden die Bäume auch zum Ru- ter Weidehaltung Teil kranke oder festliegende Schafe wa- hen sowie als Schlafplatz genutzt. Die Her- - Schäfer berichtet über Verlust mehrerer ren; trotz unverzüglicher Bergung wur- de wurde teils von den Bäumen aus ange- Lämmer in den letzten Jahren durch Ra- den die Tiere z.T. angehackt. flogen; nicht selten kamen aber auch Vö- ben, 30 allein im Vorjahr, Raben traten Schäfer H: gel von weiter her und landeten direkt bei paarweise in Stallnähe und am Weide- - guter Gesundheits- und Allgemeinzu- den Schafen. standort auf. stand der Herde Daneben gab es regelmäßig auch Stippvi- - Der Schäfer hält die Verluste in der - ganzjährige Freilandhaltung, Nacht- siten und Überflüge, ohne daß die Herde Lammzeit bei entsprechender Vorsorge pferch und tagsüber Hutung in zwei angeflogen wurde. Bei trübem Wetter und für vermeidbar. Schichten mangelnder Thermik war ein größerer Teil - Tote Tierkörper und Nachgeburten wer- - keine Probleme mit Kolkraben trotz Frei- der Raben bei der Schafherde, entweder den eingesammelt. landlammung und anwesender Raben. am Boden oder auf den umliegenden Bäu- Schäfer E: men. - guter Gesundheits- und Allgemeinzu- 3.2 Freilandbeobachtungen Folgende Verhaltensweisen, die mit der stand der Herde Nach den mündlichen Vereinbarungen mit Ernährung zusammenhängen, wurden be- - Stallanlage mit Weideflächen, zusätzli- den Schäfern war davon auszugehen, daß obachtet: Picken, Stochern, Wühlen im che Weidegebiete mit Unterbringungs- jegliche Probleme im Zusammenhang mit Boden (teilweise in Maulwurfshaufen), möglichkeiten vorhanden, Ablammung Kolkraben sofort der Naturschutzstation Aufsammeln verschiedener Partikel, Fres- erfolgt im Stall Woblitz mitgeteilt werden. Da sich ledig- sen von Wollresten, Abreißen von Vegeta- - Einzelverluste in den letzten Jahren lich ein einziger Schäfer meldete (Schäfer tion am Boden, Aufklauben und Fressen (5 Tiere) C), ist anzunehmen, daß es bei den übri- von Nachgeburten. Mehrfach ließen sich - Tote Tierkörper und Nachgeburten wer- gen - im Gegensatz zu den Vorjahren - kei- die Raben an Schafkadavern nieder, teil- den weitestgehend eingesammelt. ne Verluste gab. Dies konnte durch weite- weise waren dies Tiere, die in Phasen naß- Schäfer F: re Besuche und Befragungen bestätigt kalter Witterung verendet waren. Der Zu- - guter Gesundheits- und Allgemeinzu- werden. Die Beobachtungszeit beim Schä- stand der Tiere ließ eine Sektion meist nicht stand der Herde fer C betrug zwischen dem 21. März und mehr zu. Bei einem eben geborenen Lamm 16 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 4, 1995

hatte sich eine der Vordergliedmaßen hin- von Lämmern, die schon weitgehend leer- ter dem Kopf verschränkt; wenn dieses gefressen oder aber in Fäulnis übergegan- Lamm zur Zeit der Geburt noch gelebt hat, gen waren, belegt aber auch, daß die Her- war es doch zumindest am Aufstehen ge- de trotz der potentiellen Gefahr durch den hindert. Kolkraben immer wieder längere Zeit ohne Aktionen von Kolkraben an noch lebenden Kontrolle war. Die Beteiligung weiterer Schafen ließen sich nur an 2 von 13 Beob- Kommensalen bei der Verwertung toter achtungstagen nachweisen. Der erste Fall Lämmer wurde nicht beobachtet, ist aber betrifft ein festliegendes Mutterschaf, das für die Nachtstunden nicht auszuschlie- von etwa 9 Kolkraben bedrängt wurde ßen. (Picken an Kopf und am After, ab und zu Die beabsichtigte Stichprobengröße für Versuche, sich auf das Schaf zu setzen). die veterinärpathologische Untersuchung Das Jährlingsschaf hatte Zwillinge gesetzt wurde nicht erreicht. Aus 2 der 4 vorlie- und war wahrscheinlich unter den Schmer- genden Befunde geht hervor, daß sich die zen der Geburt des ersten Lammes weg- Tierkörper im Stadium fortgeschrittener gelaufen, und bei der zweiten Geburt zum Fäulnis befanden, demnach nicht frisch Festliegen gekommen. Während das erste übergeben wurden, sondern schon länger Lamm ohne Mutter, aber lebend, bei der Abb. 2 am Fundort gelegen hatten. Auch ange- Herde lag, war das zweite, in der Nähe des Flugbild des Kolkraben sichts der weitestgehend fehlenden Orga- Foto: T. Langgemach Mutterschafes liegende, zum Zeitpunkt ne sind keine befriedigenden Befunde des Beobachtungsbeginns bereits tot und möglich. Bei einem dritten Tier waren die teilweise von Raben verzehrt worden. Kolkraben kann einem jeden empfohlen meisten Organe vorhanden, an pathomor- Nachdem das Schaf wieder auf die Beine werden, der bereit ist, sich mit dieser Tier- phologischen Auffälligkeiten erschien dem gekommen war, ließen die Raben von ihm art tiefgründiger auseinanderzusetzen. untersuchenden Tierarzt eine nur unvoll- ab. Die sofortige Kontrolle des Tieres ließ ständig beatmete Lunge erwähnenswert. leichte Hautverletzungen erkennen. Die 3.3 Sektionsbefunde Diese ist, wenn sie auch nicht direkt den weiteren Beobachtungen von Raben an le- Das Angebot, kostenlose Sektionen toter Tod des Lammes erklärt, zumindest ein In- benden Schafen betreffen Vögel, die ver- Lämmer zu organisieren, wurde von den diz für unvollständige Entfaltung der Lun- suchten, den Schafen bzw. Lämmern auf Schäfern mit Interesse zur Kenntnis ge- ge nach der Geburt, somit bestand einge- den Rücken zu springen. In einem Fall wa- nommen, da bisher aus finanziellen Grün- schränkte Vitalität des Tieres. Das vierte ren es 2 Raben, in einem anderen bis zu 5. den solche Untersuchungen gescheut Lamm schließlich zeigte sowohl zahlreiche Im allgemeinen erfolgte die Flucht des worden waren. Neben der Klärung der To- Krankheitsmerkmale als auch ausgeprägte Schafes mit nachfolgendem Abspringen desursache ist die Obduktion geeignet, Kachexie (d.h. vollständige Abmagerung). der Raben. Mehrmals gelang es ihnen, an weitere Fragen zu beantworten, die für die Ob die Kolkraben hier vor oder nach dem Kruppe und Ohren zu zupfen und zu Schäfer interessant sein dürften (Auftreten Verenden eingegriffen hatten, ließ sich picken. faktorenbegünstigter Krankheiten, Erre- nicht ermitteln, da das Tier ebenfalls nicht An Herde E konnte in keinem Fall ein di- gerspektrum, Prophylaxe- und Therapie- mehr frisch war. rekter Angriff auf ein Lamm oder ein Mut- möglichkeiten usw.). Als Schlußfolgerung läßt sich ableiten, daß terschaf beobachtet werden. Die 10 bis 15 Da Verluste im Untersuchungsjahr nur bei die Unterstützung seitens betroffener (?) Kolkraben, die meist gesichtet wurden, einem Schäfer auftraten, wurde hier be- Schäfer nur gering war, aber für eine Be- waren gegenüber dem Menschen recht sonderer Wert darauf gelegt, an die Tier- stätigung des Verdachtes, Raben könnten scheu und näherten sich auch den Schafen körper zu gelangen. Dennoch konnte trotz direkt den Tod der Jungtiere verursacht ha- eher behutsam. Gesteigertes Interesse regelmäßiger Besuche nur eine geringe ben, unverzichtbar ist. Dem Vorhaben zeigten die Raben, wenn sich ein Schaf auf Zahl frischtoter Lämmer übernommen weiterer Untersuchungen wäre über den das Ablammen vorbereitete, aber solange werden. Trotz Absprache erfolgte keine Schafzuchtverband eine größere Breite zu sich das Tier in Gesellschaft anderer Scha- Benachrichtigung der Naturschutzstation geben, wenn Handlungsbedarf im Zusam- fe befand, waren sie recht zurückhaltend. Woblitz durch den Schafhalter beim Auf- menhang mit dem Kolkraben gesehen Nur eine Beobachtung wurde übermittelt, treten von Verlusten; diese wurden meist wird. bei der 3 bis 4 Raben auf dem Boden bei erst beim nächsten Besuch beschrieben einem Schaf bzw. auf dessen Rücken wäh- und waren somit nicht nachvollziehbar. 4. Diskussion rend des Säugens saßen, doch auch hier Die Tierkörper waren dann zumeist schon waren keine Attacken zu beobachten (K. an die Hütehunde verfüttert worden, was Es konnte einmal mehr bestätigt werden, CONRAD, schriftl.). darauf hindeutet, daß offensichtlich Ver- daß Schafherden in der Zeit des Ablam- Daneben ließen sich bei den Kolkraben wertungskreisläufe bestehen, bei denen mens einen besonderen Anziehungspunkt verschiedene interessante Verhaltenswei- ein gewisses Maß an Verlusten durchaus für Kolkraben darstellen. Das Angebot an sen beobachten: gegenseitiges Kraulen einkalkuliert ist. Bei den vorhandenen to- Abprodukten der Schafproduktion (Nach- des Gefieders, Raufen und Streiten um ten Tieren waren durch das Wirken der Ra- geburten, tote Lämmer) bietet einem Al- Wollreste, ausgiebiges Baden in Pfützen, ben meist keine Innereien mehr vorhan- lesfresser und Nahrungsopportunisten wie teils sich auf dem Rücken wälzend. Ein den. Corvus corax über einen gewissen Zeit- Rabe ließ sich einen Erdhügel hinunterrol- Insgesamt deutet dies alles darauf hin, daß raum ein attraktives Futterangebot. Dies len und strampelte mit den Füßen in der auf eine Aufklärung der Verluste kein Wert entspricht seiner ökologischen Nische. Luft. Das aufmerksame Beobachten von gelegt wurde. Das regelmäßige Auffinden Über innerartliche Kommunikationsme- TORSTEN LANGGEMACH, MATHIAS BERNHARDT, JENNY SCHULZ: ZUR ROLLE DES KOLKRABEN BEI DER FREILANDHALTUNG VON SCHAFEN 17

chanismen kann die Bildung größerer An- chologische Komponente des Konfliktes: mer schätzen gelernt haben, gefährdet. sammlungen die Folge sein. Die Beobach- „Wir sehen die Raben nicht gern“. Im Un- Das erhöhte Risiko von Mehrlingslämmern tungen deuten darauf hin, daß auch indi- tersuchungszeitraum wurden auch bei den bestätigt auch WIESNER (1994). rekte Begünstigungen der Raben durch die Schäfern, die frühere Verluste beklagt hat- Neben der Situation der Herde selbst ist Schafe geschaffen werden. Einerseits wer- ten, keine aktuellen Vorkommnisse festge- das Umfeld entscheidend für Auftreten den verschiedene Wirbellose durch die stellt. Lediglich die Herde C weicht davon und Verhalten von Kolkraben. Die Attrak- Herde angezogen (Ektoparasiten, Kopro- ab. Auch seitens des Schafzuchtverbandes tivität von Müllkippen für Raben ist zur phagen usw.), andererseits scheuchen die Berlin-Brandenburg, der sofortigen Infor- Genüge bekannt und wurde unter ande- Schafe durch Tritt und Beweidung bereits mation der Naturschutzstation bei Scha- rem durch SCHEVEN (1955) sehr ein- anwesende Tiere (Insekten, Mäuse u.a.) densfällen zugesagt hatte, gab es keine drucksvoll beschrieben. Im Problemfall C auf und machen sie den Raben besser ver- Meldungen. begünstigte die Nähe einer offenen Müll- fügbar. Unabhängig vom Töten der Schafe wurde halde die Ansammlung von bis zu 300 Offensichtlich sind die einzelnen Herden durch mehrere Schäfer vom „Attackieren“ Kolkraben. Eine entscheidende Feststel- von sehr unterschiedlicher Attraktivität für der Tiere (auch älterer Lämmer und sogar lung war, daß die Raben beim Verlegen der die Raben. Geringe Probleme (tatsächliche Mutterschafe) berichtet. Die eigenen Be- Herde zu anderen Weidegründen nicht oder psychologische) haben Schäfer, deren obachtungen zeigen, daß diese „Attak- den Tieren folgten, sondern in der Nähe Herden im Stall ablammen. Stallammung ken“ mitunter als Teil spielerischen Verhal- der Deponie verweilten. Vorhandene wurde von mehreren der befragten Schä- tens zu werten sind. Teilweise gehen die Strukturen, wie mehrere kleine Kiefern- fer als wirksame Prävention gegen Verlu- Vögel aber auch auf den Schafen der Nah- gehölze, sind hier zudem als Sitzwarten in- ste durch Kolkraben (und andere potenti- rungssuche nach, ähnlich wie Stare oder teressant und dienen als Schlafplätze. Dar- elle Prädatoren) angesehen. Aber auch Madenhacker. Die Bewegungen sind zu- über hinaus sind die thermischen Bedin- Unterstellmöglichkeiten sowie das nächtli- meist als Picken oder Herausklauben (Wol- gungen günstig. che Pferchen haben eine nicht zu unter- le, evtl. Insekten) anzusehen, selten als Es zeigte sich, daß eine ganze Reihe schätzende Schutzfunktion. Die ständige Hacken. Daß dieses bei vitalen Tieren der von Faktoren die Ansammlung von Kolk- Überwachung und Kontrolle der Herde Tötung dient, kann mit Sicherheit ausge- raben zu mehr oder weniger großen während der Lammzeit wurde von einem schlossen werden. Hierzu liegen Videoauf- Schwärmen begünstigen. Von weiteren Schäfer als wichtigste Maßnahme angese- nahmen vor. Dennoch wurden vereinzelt Faktoren hängt es ab, ob von diesen hen. leichte Wunden bei den Schafen festge- Schwärmen eine Gefährdung für Viehher- Ein weiteres Haltungskriterium ist der Um- stellt. Ein in der Geburt festliegendes Jung- den ausgeht. Während das Umfeld (Relief, gang mit Nachgeburten und verendeten schaf wurde durch 9 Raben bedrängt, bis Thermik, Vegetation, Nahrungsquellen Tieren. Das Einsammeln und Entsorgen es von selber wieder hochkam. Kranke wie Mülldeponien usw.) durch den Schäfer derselben beugt der Ansammlung von oder geschwächte Tiere unterliegen offen- nicht zu beeinflussen ist, kann er über das Kommensalen vor. Darüber hinaus wird ei- bar einem gewissen Risiko, sich der Raben Haltungsregime, vor allem durch die Be- nem Lernvorgang seitens der Raben von nicht wirksam erwehren zu können. Da die treuung während des Ablammens, Risiken der Aufnahme von Nachgeburten über beobachtete Herde während der Lamm- durch den Kolkraben fast vollständig aus- den Verzehr tot geborener bis zur Tötung zeit zum Winterausgang in geschwächter schließen. Diese Risiken sind als Teil eines lebensschwacher Lämmer vorgebeugt. Kondition war, und die Betreuung durch komplexen Geschehens anzusehen, bei Entscheidend ist die Häufigkeit des Ab- den Schäfer eher als mangelhaft bezeich- dem der Rabe erst in der Endphase eine sammelns, da gerade Kolkraben sehr net werden muß, wurden hier Konflikte Rolle spielt. Welcher Anteil der so getöte- schnell auf das Angebot zu reagieren ver- mit dem Kolkraben begünstigt. ten Tiere durch Pneumonien, Mißbildun- mögen. Die regelmäßige und unverzügli- Aus der Sicht des Tierverhaltens ist interes- gen oder andere Krankheiten ohnehin ver- che Beseitigung von Resten der Ablam- sant, daß Ziegen, welche die Schafherden enden würde, kann nicht gesagt werden. mung ist aus veterinärhygienischer Sicht begleiten, offensichtlich gar nicht von In der vorliegenden Beobachtungsreihe unverzichtbar und als Bestandteil „ord- Kolkraben angegangen werden. Es wur- konnte nicht in einem einzigen Fall bewie- nungsgemäßer Landwirtschaft“ anzuse- den weder bei alten noch bei jungen oder sen werden, daß der Kolkrabe direkt das hen. frisch geborenen Ziegen Aktivitäten der Verenden von Schafen bewirkt hat. Ergän- Auch bei günstigen Haltungsbedingungen Kolkraben festgestellt oder gemeldet. Die zend sei erwähnt, daß auch aus mehrjähri- gaben einige der aufgesuchten Schäfer Abwehrreaktion von Ziegenlämmern - lau- gen eigenen Berufserfahrungen in der Probleme mit dem Kolkraben zu Protokoll. tes Schreien - ebenso wie Abwehrbewe- Landwirtschaft (M. Bernhardt als Schäfer, Zurückliegende Verluste wurden ohne zu gungen bei alten und jungen Ziegen konn- T. Langgemach als Tierarzt) keinerlei Kon- zögern von der Mehrzahl der Schäfer be- ten bei Schafen nie so eindrucksvoll beob- flikte zwischen Kolkraben und Haustieren nannt. Bei genauerem Nachfragen wurde achtet werden. Die direkte Verteidigung in Freilandhaltung bekannt wurden. nur noch von einem einzigen Schäfer (C) der Lämmer scheint bei den meisten Mut- DITTRICH (1995) kommt beim Verfolgen daran festgehalten, daß gesunde Lämmer terschafen weitestgehend reduziert zu von Pressemeldungen zu nahezu densel- durch Kolkraben getötet wurden. In ande- sein. Besonders Jungschafe, die das erste ben Erkenntnissen. Die durch ihn im Auf- ren Fällen reduzierte sich das Problem auf Mal lammen, lassen einen ausgeprägten trag einer Zeitung zu recherchierenden den Verzehr toter Lämmer, oder aber es Fürsorgetrieb vermissen. Bei Zwillingsge- Verluste an Kälbern konnten in keinem Fall wurden kranke Lämmer getötet. Von burten wird nicht selten das erste Lamm einem Raben angelastet werden, sondern Schäfer G wurde das als Bestandteil oh- verlassen, um das zweite an einer anderen waren ausschließlich katastrophalen Be- nehin auftretender Verluste betrachtet. Stelle zu werfen. Alleingelassene frisch ge- dingungen bei der Weidehaltung zuzu- Schäfer B, der noch keine lebenden Schafe borene Lämmer sind natürlich durch Kolk- schreiben. Die solcherart entstandene „Fo- durch Raben verlor, verdeutlicht die psy- raben, die Nachgeburten oder tote Läm- tostory unter falschen Voraussetzungen“ 18 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 4, 1995 wurde vom Auftraggeber nicht gedruckt. quantifiziert werden können), keinerlei 6. Zusammenfassung Auch GRÜNKORN (1991) berichtet von rechtliche Ansprüche. Ein Urteil des einer Pressekampagne zu Kolkrabenüber- Oberverwaltungsgerichtes Schleswig- Anhand von Befragungen und eigenen Be- griffen, die sich bei genauerer Betrachtung Holstein besagt: „Wer in freier Land- obachtungen wurde versucht zu klären, als nicht haltbar erwiesen. Er erwähnt eine schaft produziert, muß die damit ver- welche Bedingungen dazu führen, daß Anzeige wegen Tierquälerei, die zeitgleich bundenen unternehmerischen Risiken Kolkraben Verluste an Schafherden verur- gegen einen der Landwirte, die als Ge- selber tragen und sein Eigentum in ge- sachen. Während zunächst die Mehrzahl währsmänner fungiert hatten, ergangen eigneter Weise schützen.“ (zitiert nach der 8 befragten Schäfer Probleme mit dem war. Angriffe auf lebende und gesunde WIESNER u. KÜHN 1995). Raben zu Protokoll gab, traten im Beob- Lämmer oder gar Kälber konnten bisher 2.Aus populationsökologischer Sicht sind achtungsjahr nur bei einer Herde Verluste von unbefangenen Personen nicht festge- Eingriffe dieser Art unsinnig. Die Selbst- auf. Hier zeigte sich, daß diese Verluste als stellt oder bestätigt werden (GRÜNKORN regulation der Tiere (dichteabhängige Resultat eines Faktorenkomplexes anzu- 1991). Untersuchungen von Hennig erga- Reproduktionsleistung), die in verschie- sehen sind, bei dem der Kolkrabe erst in ben, daß Kolkraben in Einzelfällen in der denen Untersuchungsgebieten sehr „letzter Instanz“ eingreift. Hauptursache Lage sind, ein Lamm zu töten. Es handelte deutlich zu beobachten sind, werden der Verluste sind die Haltungsbedingun- sich jedoch in dieser Untersuchung um gestört (insbesondere in der gegenwär- gen. Somit liegt es in der Hand des Schä- stark geschwächte bzw. kranke Tiere, die tigen Phase der Bestandssättigung nach fers, Abhilfe zu schaffen. Es war nicht zu kaum Überlebenschancen gehabt hätten einem längeren Tief). bestätigen, daß gesunde, vitale Tiere durch (ARBEITSGEMEINSCHAFT WANDERFAL- 3.Der große Anteil jener Schäfer, die Pro- Raben getötet werden, selbst bei kranken KENSCHUTZ 1994). Stets derselbe Befund blemen durch den Kolkraben mit geeig- Tieren konnte in keinem Fall der Einfluß also, der in einem anderen Bereich der neten Haltungsbedingungen zuvorkom- des Kolkraben als Todesursache sicher Landwirtschaft ein Analogon hat: auf ei- men zeigt, daß ein entsprechendes Her- nachgewiesen werden. nem Kartoffelacker gemeldete „Wildschä- den-Management möglich ist. Somit den“ durch den Kolkraben waren primär wäre an die Regeln einer ordnungs- Literatur auf Raupen der Gamma-Eule zurückzu- gemäßen Landwirtschaft zu erinnern. ARBEITSGEMEINSCHAFT WANDERFALKENSCHUTZ führen. Diese richteten den eigentlichen Ausführlich dargestellt sind diese für den 1995: Kolkraben - oder die Mär von „Killerraben“. Schaden an und wurden ihrerseits durch Bereich der Schafhaltung in einer Emp- Jahresbericht 1994 (unveröff.) die Raben gezehntet (CLAUSSEN 1986). fehlung des Europarates (1992). CLAUSSEN, C. 1986: Kolkraben als „Wildschadensver- Außerhalb von Deutschland haben sich 4.Zu den Empfehlungen für die Haltung ursacher“. -Wild und Hund 16: 51 NEWTON et al. (1982) mit den Beziehun- zählen: DITTRICH, B. 1995: „Mord im Morgengrauen“ oder gen zwischen Raben und Schafhaltung in - Verwendung ausschließlich solcher eine Fotostory unter falschen Voraussetzungen. -Foto- grafie draußen 6/95: 7-8 Wales befaßt. Die Untersuchungen, die Rassen, die für die Freilandlammung unter anderem Korrelationen zwischen Be- (bzw. -kalbung) geeignet sind. Hierzu EUROPARAT 1992: Europäisches Übereinkommen zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhal- standsdichte und Gelegegröße der Raben zählt auch das Vorhandensein von tungen. Empfehlungen für das Halten von Schafen auf der einen und Anzahl der Schafkada- Mutterinstinkten und Schutzverhal- GLANDT, D. u. JANSEN, M. 1991: Zusammenfassung ver auf der anderen Seite ergaben, bein- ten, das rassebedingt variieren kann der Diskussionsbeiträge des Kolkrabensymposiums in halten keinen Hinweis auf Prädation von - intensive Betreuung während der Ab- Metelen. -Metelener Schr. R. Naturschutz 2: 113-116 Schafen durch Raben. lammung/Abkalbung GRÜNKORN, T. 1991: Bestandsentwicklung und Re- - Überdachung bzw. Windschutz in den produktion des Kolkraben in Schleswig-Holstein. -Me- telener Schr.R. Naturschutz 2: 9-15 5. Schlußfolgerungen Kernzeiten der Reproduktion - regelmäßige Beseitigung von Nachge- HEINRICH, B. 1994: Die Seele der Raben. Fischer Ta- schenbuch Verlag. 1.Eine fachlich schlüssige Begründung für burten und tot geborenen Jungtieren - sowie ein guter Ernährungs- und Ge- NEWTON, I.; DAVIS, P.E. u. DAVIS, J.E. 1982: Ravens „Bestandsregulation“ von Kolkraben and Buzzards in Relation to Sheepfarming and Forestry nach § 22 BJG und § 32 LJagdG Bran- sundheitszustand. in Wales. -Journal of Applied Ecology 19: 681-706 denburg durch Abschuß läßt sich aus der 5.Für weitere Untersuchungen zu den Be- SCHEVEN, J. 1955: Ein Kolkrabenschwarm. -Vogelwelt vorliegenden Untersuchung nicht ablei- ziehungen des Kolkraben zu landwirt- 76: 212- 216 ten. Diese haben nach bisherigem schaftlichen Nutztieren sind veterinär- WIESNER, J. 1994: Bejagung von Rabenvögeln - drin- Kenntnisstand nur kurzfristig eine ge- pathologische Untersuchungen an Tie- gende Notwendigkeit nach mehrjähriger Unterschutz- wisse psychologische Wirkung. Sie lau- ren, die getötet worden sein sollen, un- stellung oder ökologisch unsinnige Maßnahme? Land- schaftspflege und Naturschutz in Thüringen 31: 93- fen den naturschutzstrategischen verzichtbar. Fehlende Kooperation sei- 101 Bemühungen um Akzeptanz zuwider. tens der Schäfer (bzw. Rinderhalter) bei WIESNER, J. u. KÜHN, I. 1995: Verbreitung und Be- Überdies geht die Wirkung von Einzel- angebotener Untersuchungskapazität standsentwicklung des Graureihers in Thüringen. abschüssen über den Vertreibungseffekt kann nur zugunsten des Kolkraben in- Landschaftspflege und Naturschutz in Thüringen 32: 3-8 von nicht tötenden Abschreckungsme- terpretiert werden. thoden nicht hinaus. Auch aus dieser 6.Es ist zu befürchten, daß die rein emo- Sicht sind Abschüsse keine geeignete tional und nicht selten auf niedrigstem Verfasser Maßnahme zur Verhinderung von Schä- Niveau geführten Pressekampagnen Dr. Torsten Langgemach den. Daß eine dauerhafte Wirkung er- von der Bevölkerung zumeist kritiklos Mathias Bernhardt zielt wird, ist zu bezweifeln. Unabhängig aufgenommen werden. Eine offensive Jenny Schulz vom Resultat der vorliegenden Untersu- und seriöse Öffentlichkeitsarbeit auf der Landesumweltamt Brandenburg chung gibt es auch für Ausgleichszah- Grundlage wissenschaftlicher Erkennt- Naturschutzstation Woblitz lungen (auch wenn Schäden glaubhaft nisse ist dringend notwendig. 16798 Himmelpfort NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 4, 1995; 19 - 25 19

IN FLECHTENREICHEN GEBIETEN SOLLTEN FÜR DEN SCHUTZ DIESER ORGANISMENGRUPPE BESONDERE PFLEGEKONZEPTE ENTWICKELT WERDEN, DIE Z.B. IN EINER AUSWEISUNG VERSCHIEDENER, MÖGLICHST KLEINRÄUMIG DIFFERENZIERTER „ZONEN“ (TOTALRESERVATE, VERJÜNGUNGSZONEN, PUFFERZONEN) IHREN AUSDRUCK FINDEN KÖNNTEN.

RALF KNERR, CHRISTIAN LEUCKERT Bemerkenswerte Flechtenstandorte im Umfeld des NSG Dubrow bei Groß Köris

1. Einleitung daß heute in Mitteleuropa kaum noch Re- (NSG) Dubrow und des in der Nähe gele- gionen vorhanden sind, deren Flechten- genen NSG Radeberge vorgestellt und dis- Flechten sind Doppelorganismen, die aus flora als unbeeinflußt gelten könnte. kutiert. einem Pilz (dem Mycobionten) und einer Vor diesem Hintergrund wurde in den Jah- oder mehreren Algen (den Photobionten) ren 1990 bis 1992 im Rahmen einer Di- 2. Das Untersuchungs- - zumeist aus der Gruppe der Grünalgen plomarbeit an der Freien Universität (FU) gebiet (Chlorophyceae) bzw. der Blaualgen (Cya- Berlin/Fachbereich (FB) Biologie die Flech- nophyta) - bestehen, welche in enger tenflora in einem nahe dem Verdichtungs- Die Dubrow ist ein nahezu vollständig be- Wechselwirkung miteinander agieren. raum Berlin gelegenen Naherholungsge- waldeter Endmoränenzug des Branden- Man spricht bei dieser Lebensgemein- biet, dem Landschaftsschutzgebiet „Teu- burger Stadiums der Weichselvereisung schaft gern von einer Symbiose, auch weil pitz-Köriser Seen“, untersucht (KNERR mit Höhen zwischen 45 und 60 m über die Leistungen dieser Partnerschaft in mor- 1992). Dabei stand die Ermittlung des vor- NN, dem östlich und nördlich Talsand- phologischer, physiologischer und ökolo- handenen Artenspektrums und der Ver- flächen mit postglazial aufgewehten Bin- gischer Hinsicht weit über das hinausrei- gleich dieser Daten (Brandenburg betref- nendünen vorgelagert sind. Sie liegt inmit- chen, was die einzelnen Partner für sich al- fend) mit der in der Literatur gut doku- ten der gewässer- und waldreichen Land- lein vermögen. Dazu gehört, daß die mentierten Situation in der ersten Hälfte schaft des Dahme-Seengebietes nur weni- Flechten für die meisten anderen Organis- unseres Jahrhunderts (vgl. SCHULZ- ge Kilometer südöstlich von Berlin. Das men unerreichbare ökologische Nischen - KORTH 1931, KRIEGER 1937; HILLMANN Gebiet wird von einer schmalen, sich in nacktes Gestein, Baumborke oder sehr u. GRUMMAN 1957) im Vordergrund. Im Nord-Süd-Richtung erstreckenden Seen- saure, trockene und nährstoffarme Böden vorliegenden Aufsatz werden als Beispiel kette durchgezogen, wobei es sich eben- - besiedeln können. für die derzeitige Situation in diesem Ge- falls um ursprünglich glaziale Formen (Ent- Flechten weisen eine hohe Empfindlichkeit biet die Ergebnisse einer Bestandsaufnah- wässerungsrinnen) handelt (vgl. Abb. 2). gegen rasch ablaufende Veränderungen me der Flechten des Naturschutzgebietes Als bekannteste Seen seien von Nord nach ihrer Lebensräume auf. Dazu zählen forst- liche Eingriffe wie Kahlschlag, Veränderun- gen des Baumartenspektrums und das An- legen von Monokulturen, die über eine Veränderung des Substratangebotes und des Mikroklimas zu einer starken Reduzie- rung der Flechtenvielfalt führen können (WIRTH 1976). Weiter stellt die Belastung der Atmosphäre mit Schadgasen, insbe-

sondere SO2, einen wesentlichen Grund für das Sterben vieler vor allem borkenbe- wohnender Arten dar. Epiphytische Flech- ten werden deshalb als Bioindikatoren für Luftverunreinigungenherangezogen,denn zwischen dem Zustand des Flechtenbe- wuchses und der Schadstoffbelastung ei- nes Gebietes bestehen Zusammenhänge (vgl. z.B. HAWKSWORTH u. ROSE 1970, KIRSCHBAUM u. WIRTH 1995). Besonders dramatisch ist die Situation in urbanen und industriellen Ballungszentren, wo teilweise nur noch sogenannte „Flechtenwüsten“ existieren. In den letzten Jahrzehnten hat Abb. 1 Laub- und Strauchflechtengemeinschaft auf Birke, rechts im Vordergrund Usnea hirta, links unten sich diese Tendenz aber auch auf industrie- Hypogymnia physodes, darüber Cetraria chlorophylla (grünlich), rechts oben Bryoria fuscescens und stadtferne Gebiete ausgedehnt, so Foto: R. Knerr 20 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 4, 1995

3. Methoden

Viele kritische Sippen, so z.B. besonders die zahlreichen sehr variablen Erdflechten aus der Gattung Cladonia, wurden zum Zwecke der Bestimmung nicht nur mor- phologisch untersucht, sondern auch mit den Mitteln der Dünnschichtchromatogra- phie auf ihre Inhaltsstoffe hin überprüft. Zum Zwecke einer Kartierung wurde die Punktraster- oder Gitternetzmethode an- gewendet, bei der das Untersuchungsge- biet durch ein Gitternetz in gleichgroße Grundfelder eingeteilt wurde. Kommt eine Flechte wenigstens einmal im Bereich eines Rasterfeldes vor, so wird dies durch einen Punkt im entsprechenden Feld auf der Kar- te dokumentiert. Der Rasterschnitt orien- tierte sich am Kartenschnitt der Topogra- phischen Karte 1 : 25 000 (Meßtischblatt). Die Nomenklatur der Taxa richtet sich nach WIRTH (1995).

4. Ergebnisse und Diskussion

Im Gebiet der Dubrow konnten insgesamt etwa 70 Sippen an epigäischen und epi- phytischen Flechten nachgewiesen wer- den (vgl. Tab. 1). Dies muß vor dem Hin- tergrund der Stadtnähe und der Immissi- onsbelastung des Gebietes als eine ver- hältnismäßig hohe Zahl angesehen wer- den. Zur Verdeutlichung der Seltenheit bzw. der Gefährungssituation vieler Taxa wurden in der Tabelle die aktuellen Roten Listen benachbarter oder vergleichbarer Bundesländer (SA - Sachsen-Anhalt, NS - Niedersachsen, SH -Schleswig-Holstein), von Westberlin (B, vgl. LEUCKERT u. RUX 1991) und der früheren Bundesrepublik (D, vgl. WIRTH 1984) synoptisch ausge- wertet (vgl. SCHOLZ 1992). Für das Land Abb. 2 Brandenburg existiert zur Zeit bedauerli- Lage des Untersuchungsgebietes cherweise noch keine Rote Liste der Flech- ten. Es fällt besonders der hohe Anteil Süd vor allem die Schmölde, der Hölzerne im Kernbereich der Dubrow (von slaw. dub mehr oder weniger stark gefährdeter Taxa und der Klein-Köriser See genannt. - Eiche). Seit 1961 ist das Gebiet der Rei- im Gebiet auf: 49 Arten werden in minde- Klimatisch ist das Gebiet schwach subkon- herhorste westlich der Schmölde zum stens einer der ausgewerteten Roten Li- tinental geprägt. Das Jahresmittel der Luft- Schutz letzter Reste natürlichen, subkonti- sten als gefährdet eingestuft (Tab. 1). temperatur beträgt 8,5°C, die mittlere nentalen Traubeneichenwaldes (Pino- Die meisten Flechtenarten bevorzugen be- Jahresschwankung 19,1°C (Monatsmittel Quercetum) unter Naturschutz gestellt stimmte Substrate oder Standorte. Je etwa Januar:-1,1°C,MonatsmittelJuli:+10,8°C). (vgl. FISCHER, GROSSER u. MANSIK 1982; die Hälfte der gefundenen Arten kommen Die mittlere jährliche Niederschlagssumme MÜLLER-STOLL u. KRAUSCH 1968.) auf den Substraten Erde (epigäisch) und erreicht etwa 540 bis 550 mm (Daten aus Aus seiner räumlichen Nähe zu Berlin wird Borke bzw. Holz (epiphytisch) vor. Nur we- MD/DDR 1987 für die Periode 1951 bis deutlich, daß das Gebiet als wichtiges Nah- nige Sippen, darunter einige Vertreter der 1980). erholungsgebiet für die Berliner Bevölke- Gattung Cladonia finden sich etwa gleich Abgesehen von schmalen Erlenbrüchern, rung unter intensivem touristischen Nut- häufig sowohl auf Erdboden als auch auf welche in größerer Zahl die Ufer der ver- zungsdruck steht. Seine Lage innerhalb ei- Bäumen, wobei sie dann normalerweise landenden Seen begleiten, hat sich nur an ner 45-km-Zone um die historische Berli- die Stammbasis bzw. vermorschte Holzre- wenigen Stellen Laubwald erhalten kön- ner Mitte läßt außerdem auf eine nicht ste oder Baumstümpfe bevorzugen. nen, der meist aus Eichen besteht, wie z.B. unerhebliche SO2-Belastung schließen. Die Flechtenarten können mehr oder we- RALF KNERR, CHRISTIAN LEUCKERT: BEMERKENSWERTE FLECHTENSTANDORTE IM UMFELD DES NSG DUBROW BEI GROß KÖRIS 21

Tabelle 1: Liste der in der Dubrow in den Jahren 1990-1992 nachgewiesenen Flechtenarten mit Angaben zum Substrat und zum Gefährdungsgrad (Rote Listen)

Name Substrat Rote Listen SA NS SH B D

Amandinea punctata (HOFFM.) COPPINS u. SCHNEIDEG. P 2 [= Buellia punctata (HOFFM.) MASSAL.] Bryoria fuscescens (GYELNIK) BRODO u. HAWKSW. P 21212 Candelariella aurella (HOFFM.) ZAHLBR. P Cetraria arculeata (SCHREBER) FR. G 33P3 [= Coelocaulon aculeatum (SCHREBER) LINK] Cetraria chlorophylla (WILLD.) VAINIO P 3 3 2 Cetraria muricata (ACH.) ECKFELDT G 2 2 [= Coelocaulon muricatum (ACH.) LAUNDON] Cetraria sepincola (EHRH.) ACH. P 1 1 0 2 Chaenotheca ferruginea (TURNER u. BORRER) MIGULA P 3 Cladonia arbuscula (WALLR.) FLOTOW ssp. mitis (SANDST.) RUOSS G 3 P Cladonia cervicornis WALLR.) FLOTOW ssp. cervicornis G3 ssp. verticillata (HOFFM.) AHTI G 3 2 P 3 Cladonia coccifera (L.) WILLD. G 3 (inkl. Cl. diversa ASPERGES) Cladonia ciliata Stirton var. tenuis (FLÖRKE) AHTI G 3 3 Cladonia coniocraea auct. G/P (inkl. Clad. ochrochlora FLÖRKE) Cladonia cornuta (L.) HOFFM. G 2 1 2 Cladonia deformis (L.) HOFFM. G 2 0 1 Cladonia digitata (L.) HOFFM. G/P Cladonia fimbriata (L.) FR. G/P Cladonia foliacea (HUDSON) WILLD. G 2 P 1 Cladonia furcata (HUDSON) SCHRADER ssp. furcata G Cladonia glauca FLÖRKE G/P Cladinia gracilis (L.) WILLD. G P Cladonia grayi MERR, EC SANDST. G 2 Cladonia macilenta HOFFM. ssp. macilenta G/P ssp. floerkeana (FR.) V. WIRTH G/P Cladonia merochlorophaea ASAH. G/P Cladonia phyllophora HOFFM. G 31P3 Cladonia pleurota (FLÖRKE) SCHAERER G 3 Cladonia portentosa (DUFOUR) COEM. G P Cladonia pyxidata (L.) HOFFM. ssp. pyxidata G/P ssp. chlorophaea (FLÖRKE EX SOMMERF.) V. WIRTH G/P Cladonia rangiferina (L.) WEBER ex WIGG. G 320P3 Cladonia rei SCHAERER G 2 Cladonia squamosa (SCOP.) HOFFM. G/P 3 2 Cladonia subulata (L.) WEBER ex WIGG. G Cladonia uncialis (L.) WEBER ex WIGG. G 3 P Evernia prunastri (L.) ACH. P 2 3 1 Hopocenomyce anthracophila (NYL.) P. JAMES u. G. SCHNEIDER P Hypocenomyce scalaris (ACH. ex LILJ.) CHOISY P Hypogymnia physodes (L.) NYL. P 3 Hypogymnia tubulosa (SCHAERER) HAVAAS P 3 3 3 3 Imshaugia aleurites (ACH.) S.F. MEYER P 3 4 2 [= Parmeliopsis aleurites (ACH.) NYL.] Lecanora conizaeoides NYL. ex CROMBIE P Lecanora dispersa (PERS.) SOMMERF. P Lecanora expallens ACH. P Lecanora hagenii (ACH.) ACH. P 3 3 3 Lecanora saligna (SCHRADER) Zahlbr. var. saligna P33 Lepraria incana (L.) ACH. G/P Micarea denigrata (FR.) HEDL. P Ochrolechia microstictoides RÄSÄNEN P 0 1 Parmelia glabratula (LAMY) NYL. P 2 Parmelia saxatilis (L.) ACH. P 2 Parmelia sulcata TAYLOR P 1 Parmeliopsis ambigua (WULFEN) NYL. P 3 Parmeliopsis hyperopta (ACH.) ARNOLD P 2211 Pertusaria amara (ACH.) NYL. P 3331 Pertusaria coccodes (ACHE.) NYL. P 2 3 22 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 4, 1995

Fortsetzung Tabelle 1 Name Substrat Rote Listen SA NS SH B D

Phaeophysica orbicularis (NECKER) MOBERG P Physcia adscendens (FR.) OLIV. P g Physcia tenella (SCOP.) DC. P 2 Physconia grisea (LAM.) POELT P 3331 Platismatia glauca (L.) W. CULB. u. C. CULB. P 2 1 Pseudevernia furfuracea (L.) ZOPF P 3 3 Saccomorpha icmalea (ACH.) CLAUZ. u. ROUX G/P Saccomorpha oligotropha (LAUNDON) CLAUZ. u. ROUX G/P 2 Scoliciosporum chlorococcum (STENH.) VEZDA P 3 Trapeliopsis flexuosa (FR.) COPPINS u. P. JAMES P Trapeliopsis granulosa (HOFFM.) LUMBSCH G/P 3 Usnea hirta (L.) WEBER ex. WIGG. P 1 1 0 3 Xanthoria candelaria (L.) TH. FR. P 3 Xanthoria parietina (L.) TH. FR. P 3 3 g Xanthoria polycarpa (HOFFM.) RIEBER P 1 1 0 Legende G - epigäisch P - epiphytisch 0 - ausgestorben oder verschollen 1 - vom Aussterben bedroht 2 - stark gefährdet 3 - gefährdet 4 od. P - potentiell gefährdet g - gefährdet (ohne Angabe eines Gefährdungsgrades) Berlin, vgl. LEUCKERT u. RUX 1991 Deutschland, vgl. WIRTH 1984

Tabelle 2: Liste der laut Literatur verschollenen Arten zum Substrat und zum Gefährdungsgrad (Rote Listen)

Name Substrat Rote Listen SA NS SH Berlin D

Calicium adspersum PERS P 11112 Cetraria ericetorum*) OPIZ P 210- - Chaenotheca brunneola (ACH.) MÜLL.ARG. P 310-2 Chrysothrix candelaris*) (L.) LAUNDON P 112-3 Cladonia crispata (ACH.) FLOTOW G - 2 2 - 3 Cladonia scabriuscula (DELISE) NYL. G - 2 2 P- Cladonia zopfii*) VAINIO G - 2 1 - - Dibaeis baeomyces*) (L.f.) RAMBOLD u. HERTEL G 3322- (=Baeomyces roseus PERS.) Lecanora varia**) (HOFFM.) ACH. P 222- - Parmelia acetabulum*) (NECKER) DUBY P 333- 3 Parmelia caperata (L.) ACH. P 111- 2 Parmelia subaurifera NYL. P 112- 3 Peltigera praetextata*) (FLOERKE ex SOMMERF.) ZOPF P - 3 2 - - Peltigera rufescens*) (WEISS) HUMB. P - 332- Pertusaria flavida (DC.) LAUNDON P - 1 2 - 3 Phlyctis argena*) (SPRENGEL) FLOTOW P 3 3 - 1 - Ramalina farinacea*) (L.) ACH.s.l. P 323- -

Zeichenerklärung s. Tabelle 1 Zum Teil handelt es sich um Flechten, die zumindest im näheren Umkreis des Untersuchungsgebietes noch vorkommen*), oft aber auch um Arten, die zur Zeit im weiteren Umkreis als verschollen gelten müssen. Die Identität von Lecanora varia**)ist nicht gesichert, wahr- scheinlich wurde die Art nicht von Lecanora conizaeoides geschieden. Die Rote-Liste-Angaben zeigen außerdem, daß es sich bei den ver- schollenen Sippen meist um überregional stark zurückgehende Arten handelt. niger deutlich bestimmten Habitatgruppen ten konzentrieren sich auf die nährstoffar- standenen, dunkleren Waldareale werden zugeordnet werden. Bezüglich der epiphy- men, trockenen und meist etwas lichteren gemieden, lichte Waldtypen, Wald- und tischen Taxa sind die flechtenreichsten Sandstandorte, wobei allerdings zwischen Wegränder, Lichtungen und Schonungen Standorte die charakteristischen wegbe- humusarmen „nackten“ Sandstandorten sowie freistehende Einzelbäume hingegen gleitenden Birkenwäldchen der Kiefernfor- und eher humusreichen, meist etwas be- bevorzugt. sten, freistehende alte Eichen der Kiefern- schatteten Standorten unterschieden wer- Schließlich sei noch eine Tabelle aller epi- Traubeneichenwälder sowie verschiedene den sollte. Allen Habitaten gemeinsam ist phytischen und epigäischen Flechtensip- Laubbäume der Gewässerufer (vor allem eine ausreichende Verfügbarkeit des Stand- pen angefügt, die aufgrund alter Literatur- Erle, Weide und Pappel). Epigäische Flech- ortfaktors Licht. Die dicht mit Bäumen be- angaben (SCHULZ-KORTH 1931, KRIE- RALF KNERR, CHRISTIAN LEUCKERT: BEMERKENSWERTE FLECHTENSTANDORTE IM UMFELD DES NSG DUBROW BEI GROß KÖRIS 23

noch wenigen Exemplaren und auf weni- gen Bäumen anzutreffen, doch stellt be- reits die Tatsache ihrer Existenz in solch ge- ringer Distanz zum Ballungsraum Berlin eine erfreuliche Überraschung dar. Ein ent- sprechend artenreicher Standort am süd- östlichen Hangfuß des Sauberges (Jagen 3420) sei an dieser Stelle besonders her- vorgehoben; er zeichnet sich im übrigen durch eine bemerkenswerte Vielfalt an epi- gäischen Taxa aus.

Abb. 3 4.1.2 Alte Traubeneichen Wegbegleitende Birkenwäldchen, Ein besonderes Charakteristikum der NSG Radeberge Pflanzenwelt der Dubrow sind die vielen, Foto: R. Knerr z.T. mehrhundertjährigen Traubeneichen (Quercus petraea), die als Überständer op- GER 1937, HILLMANN u. GRUMMANN liopsis ambigua, P. hyperopta, Imshaugia tisch die Wälder beherrschen; die älteste, 1957) für das Gebiet als belegt gelten kön- aleurites und Vulpicidia pinastri), die die sogenannte „Kaisereiche“, hat ein ge- nen. Es handelt sich fast ausschließlich um außerdem in den tief zerklüfteten Borken- schätzes Alter von etwa 700 Jahren. Da Großflechten (Strauch- und Blattflechten). rissen im unteren Stammbereich der Bäu- viele dieser Bäume von Insekten, Pilzen Das weitgehende Fehlen von Krusten- me besonders gute mechanische Anhef- oder Bakterien befallen sind, befinden sich flechten läßt die Vermutung zu, daß noch tungsmöglichkeiten finden. auch morsche Exemplare darunter, was bei deutlich mehr (dort nicht genannte) Arten Bei der Betrachtung der Artenliste fällt ins- heftigen (Winter-)Stürmen immer wieder in der Zwischenzeit verlorengegangen sein besondere eine Reihe von relativ immissi- zum Absturz von Kronenteilen führt. Die- dürften (Tab. 2). onsempfindlichen Sippen aus den Grup- sem Umstand ist es zu verdanken, daß ne- pen der Bartflechten (Bryoria fuscescens ben einer Untersuchung der bodennahen 4.1 Standorte epiphytischer und Usnea hirta) und Strauchflechten Stammbereiche auch hin und wieder Ein- Flechten (Pseudevernia furfuracea und Cetraria blicke in die Flechtenvegetation der Baum- sepincola) sowie der Blattflechten (Vulpi- kronen möglich waren. Gerade die in etwa 4.1.1 Wegbegleitende cidia pinastri, Imshaugia aleurites, Parme- 10 bis 20 m Höhe ansetzenden, weit aus- Birkenwäldchen liopsis hyperopta) auf. ladenden Äste im Kronenbereich erwiesen Die Birke, namentlich die Hänge-Birke (Be- Zwar sind alle diese Arten meist in nur sich als besonders flechtenreich, wohinge- tula pendula), ist eine Lichtholzart, die sich den meisten Kieferforsten im Gebiet von allein als unausrottbares „Unkraut“ beige- sellt. Doch wird der Baum in der Dubrow wie auch andernorts in schmalen, wenige Meter breiten Streifen entlang der Forst- wege in lichten Baumreihen aus Gründen des Brandschutzes angepflanzt (Abb. 3). Solche Birkenbestände können gute Flech- tenstandorte darstellen. Besonders reich ist die Flechtenflora dann, wenn die Bäume ein gewisses Mindestalter (etwa 20 bis 30 Jahre) erreicht haben und zwischen den Bäumen ausreichende Abstände (nicht un- ter 2m) vorliegen. Die Birke ist unter allen untersuchten Baumarten mit mehr als 35 Taxa der mit Abstand flechtenreichste Phorophyt der Dubrow. Der pH-Wert ihrer Borke schwankt etwa um den Wert 4, so daß man sie als sehr sauer bezeichnen kann (WIRTH 1980). Dementsprechend finden sich auf ihr vor allem azidophile Flechten- arten, namentlich Arten des Pseudevernie- Abb. 4 tum furfuraceae (Hypogymnia physodes, Junge Evernia prunastri Bryoria fuscescens, Pseudevernia furfura- (Strauchflechte) und Parmelia sulcata (Blatt- cea, Platismatia glauca, Hypogymnia tu- flechte) auf einer alten bulosa und Usnea hirta) sowie des Parme- Eiche, NSG Dubrow liopsidetum ambiguae (vor allem Parme- Foto: R. Knerr 24 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 4, 1995

gen die stärker beschatteten Stammberei- spec., Physcia spec., Xanthoria spec.). Auf auf Kahlschlägen nach dem Abräumen des che oft nur wenigen Spezialisten (z.B. den Weide ist vor allem der intensive Bewuchs Holzes, in Sandgruben, als Erosionsfolge beregnungsempfindlichen und schatten- mit Vertretern der Gattung Parmelia - vor- an Hangabbruchkanten, an Windrissen toleranten Sippen Chaenotheca ferruginea an Parmelia glabratula und P.sulcata - cha- und entlang trockengefallener Bäche und und Lepraria incana) oder den Generali- rakteristisch. Eine bemerkenswerte Art der auch im Bereich der Binnendünen. An die- sten (Hypogymnia physodes, Lecanora co- in der Regel nur spärlich mit Flechten be- sen Standorten entwickeln sich Sand- nizaeoides) unter den Flechten zuträglich wachsenen Erlen stellt Imshaugia aleurites trockenrasen (Kl. Koelerio-corynephore- waren. dar. Diese Art gilt als ziemlich immissions- tea), oft in Form einer Silbergrasflur (Sper- Es zeigte sich, daß die Eichen der Dubrow empfindlich (WIRTH 1991), scheint aber gulo-corynephoretum). Es handelt sich um zum Teil noch einen beachtlichen Flech- die ausgleichende Wirkung erhöhter Luft- Pflanzengesellschaften, die neben dem oft tenbewuchs (bis 14 Arten pro Baum) auf- feuchtigkeit in Gewässernähe für sich nut- dominierenden Silbergras (Corynephorus weisen (Abb. 4). Insgesamt fanden sich 25 zen zu können. canescens) zunächst nur wenige höhere Flechtensippen an den etwa hundert un- Pflanzen (z.B. Carex arenaria, Cerastium tersuchten Bäumen. Die Eichen der Du- 4.2 Standorte epigäischer Flechten arvense, Festuca ovina, Rumex tenuifoli- brow beherbergen einige, im weiten Um- us, Spergula morisonii, Teesdalia nudicau- kreis sonst nicht mehr aufzufindende Spe- Die erdbewohnenden (epigäischen) Flech- lis, Thymus serpyllum, Trifolium arvense) zies der Gesellschaften des Chaenothece- ten des Untersuchungsgebietes stellen und einige spezialisierte Moose umfaßt. tum ferrugineae BARKMAN 1958 und des eine auch bei flüchtiger Betrachtung auf- Die Vegetationsdecke bleibt in der Regel Pertusarietum amarae HILITZER 1925, wie fällige Gruppe von Organismen dar. Insbe- sehr lückenhaft und erreicht nur selten z.B. Chaenotheca ferruginea, Ochrolechia sondere Strauchflechten-Gesellschaften eine Bodenbedeckung von mehr als 50 %. microstictoides, Pertusaria amara und P. sind sowohl in den Kiefern-Forsten als Solange die offene Sandfläche durch Ver- coccodes. Beim Vergleich der heutigen auch in den Sandtrockenrasen des Unter- wehungen noch in Bewegung ist, können Flechtenvegetation auf Eiche mit der von suchungsgebietes recht häufig und fehlen sich keine Flechten ansiedeln. Erst nach- SCHULZ-KORTH (1931) vorgefundenen nur auf feuchteren Standorten (Bruchwäl- dem der Boden durch die schon genannten Situation zeigt sich, daß ca. 11 Arten, d.h. der u.ä.). Auch wenn sie physiognomisch wurzelintensiven Phanerogamen etwas etwa ein Drittel aller früher vorhandenen nicht so dominierend in Erscheinung treten festgelegt ist, folgen sie nach. Pioniere un- Taxa, zur Zeit als verschollen gelten müs- wie in weiter nördlich gelegenen Regionen ter den Flechten sind dabei unscheinbare, sen. Dabei handelt es sich nahezu aus- Europas (z.B. in Teilen Skandinaviens), tra- schwarzbraune Krustenflechten (vor allem schließlich um solche Sippen, die gegenü- gen sie doch auch bei uns in den Sandge- Saccomorpha uliginosa und Trapeliopsis ber sauren Luftverunreinigungen sehr bieten zum allgemeinen Landschaftsbild granulosa), die den Boden, oft aber auch empfindlich sind, wie z.B. Parmelia cape- bei. niederliegende Gräser oder Moose und rata. Vegetationsreste mit ihrem dünnen Lager 4.2.1 Humusarme, lichtoffene überziehen und so der weiteren Erosion 4.1.3 Laubbäume der Seeufer Sandstandorte entgegenwirken können. Erst später fol- Hierbei sind vor allem die schmalen Gale- Offene, unbeschattete Sandflächen sind in gen Flechten mit komplizierter gebauten riewälder am Ufer der Schmölde und des der Dubrow nicht selten. Sie entstehen z.B. Thalli nach. Charakteristische Flechtensip- Hölzernen Sees gemeint, die aufgrund kleinräumig am Rande von Waldwegen pen der offenen Sandflächen sind z.B. starker touristischer Nutzung (Bade- und und Straßen, in größerem Maßstab auch Strauchflechten der Gattungen Cetraria Campingbetrieb, Angelsport) einen erheb- lich degradierten Eindruck machen. Die in- tensive Nutzung der Gewässerufer führt zu starken Erosionserscheinungen, so daß viele Bäume trotz intensiver Wurzelbil- dung ihren Halt verlieren und ins Wasser stürzen. Viele der untersuchten Bäume im Uferbereich erwiesen sich außerdem als stark mechanisch belastet (Abrieb, Borken- verlust), da sie als Kletterbaum, Sprung- brett, Boots- und Angelsteg oder ähnliches „mißbraucht“ wurden. Dennoch stellte sich heraus, daß die Uferbereiche noch ei- ner ganzen Reihe von Flechtenarten eine Existenzmöglichkeit bieten, was wohl auch mit der erhöhten Luftfeuchtigkeit in See- nähe zusammenhängt. So konnten auf den hier hauptsächlich verbreiteten Bäu- men noch zahlreiche Flechtensippen ge- funden werden, auf Pappel z.B. 28, auf Weide 23 und auf Erle 13 Flechten-Taxa.

Typische Arten der Pappeln und Weiden Abb. 5 sind Vertreter des Xanthorion parietinae Cladonia arbuscula ssp. mitis (Rentierflechte) unter Birken, NSG Radeberge OCHS. 1928 (Buellia spec., Candelariella Foto: R. Knerr RALF KNERR, CHRISTIAN LEUCKERT: BEMERKENSWERTE FLECHTENSTANDORTE IM UMFELD DES NSG DUBROW BEI GROß KÖRIS 25

(C. aculeatum und - seltener - auch C. mu- nur in wenigen, spärlich entwickelten Ex- der Bezirke Potsdam, Berlin, Frankfurt (Oder) und Cottbus. -Leipzig, Jena, Berlin (Urania) 2. -223 S. ricatum) und Cladonia (vor allem C. ar- emplaren. Die Hauptmasse der Bodenve- buscula [s. l.] - im Gebiet fast ausschließ- getation wird vielmehr von den Moosen HAWKSWORTH, D.L. u. ROSE, F. 1970: Qualitative scale for estimating sulphur dioxide air pollution in lich die ssp. mitis - und C. uncialis [Abb. (und einigen Phanerogamen, vor allem England and Wales using epiphytic lichens. -Nature 5]). Sie besitzen mehr oder weniger stiel- Gräsern) gestellt, wobei den Bodenver- 227: 145-148 runde, dünne und reich verzweigte Thalli, hältnissen entsprechend überwiegend azi- HILLMANN, J. u. GRUMMANN, V. 1957: Flechten die am Ende meist dornig zugespitzt sind. dophytische Vertreter zu nennen wären (Kryptogamenflora der Mark Brandenburg und an- grenzender Gebiete, Bd. VIII). -Berlin (Gebr. Bornträ- Diese liegen im Regelfall dem Boden locker (z.B. Dicranum scoparium, D. undulatum, ger). -898 S. auf und werden von anderen Pflanzen, Hypnum cupressiforme, Leucobryum KIRSCHBAUM, U. u. WIRTH, V. 1995: Flechten er- z.B. Moosen, nicht etwa überwachsen, glaucum, Pleurozium schreberi sowie Po- kennen - Luftgüte bestimmen. -Stuttgart (E. Ulmer). - sondern „emporgehoben“ und können lytrichum formosum, P. juniperinum und 128 S. sich so der drohenden Überwehung mit Ptilidium ciliare). Die Flechten entwickeln KNERR, R. 1992: Epiphytische und epigäische Flechten Flugsand entziehen. Eine ähnliche Strate- erst in älteren, hochwaldartigen Kiefern- im Landschaftsschutzgebiet Teupitz-Köriser Seen (Di- plomarbeit). -Berlin: FU/FB Biologie. -248 S. gie verfolgen Blattflechten mit ihren fla- forst-Beständen größere Vorkommen. Be- chen Thalli (z.B. C. foliacea und C. cervi- sonders typische Arten in diesen flechten- KRIEGER, H. 1937: Die flechtenreichen Pflanzengesell- schaften der Mark Brandenburg. -Botanisches Cen- cornis ssp. cervicornis). Auch sie liegen reichen Kiefernforsten sind die verschiede- tralblatt VII, B, 1/2: -76 S. dem Substrat auf, sind aber raschwüchsig nen Rentierflechten (C. arbuscula ssp. mit- LEUCKERT, C. u. RUX, K.-D. 1991: Die Flechtenflora und können somit ebenfalls in begrenztem is-, C. portentosa und selten auch C. cilia- von Berlin (West) mit besonderer Berücksichtigung Maße flexibel auf drohende Überwehung ta). Dazu gesellen sich stets auch in wech- epiphytischer und epigäischer Sippen (Rote Liste). -In: AUHAGEN, A.; PLATEN, R. u. SUKOPP, H. (Hrsg.): reagieren. Als weitere Pionierflechten auf selnder Menge die schon erwähnten Rote Listen der gefährdeten Pflanzen und Tiere in Ber- Sand müssen u.a. verschiedene Becher- Flechten halbschattiger und die Arten hu- lin. -Landschaftsentwicklung und Umweltforschung 5 6: 119-124 flechten (v.a. C. coccifera inkl. C. diversa) musreicher Standorte. angesehen werden. KRIEGER (1937) hat diesem Typus des MD/DDR 1987: Meteorologischer Dienst der DDR (Hrsg.): Klimadaten der Deutschen Demokratischen flechtenreichen Kiefern-Forstes einen ei- Republik, Reihe B, Bd.14: Klimatologische Normalwer- 4.2.2 Humusreichere, meist etwas genen Namen („Pinus sylvestris-Cladonia te 1951/80. -Potsdam MD/DDR. -111 S. beschattete Standorte arbuscula-rangiferina-Assoziation“) gege- MÜLLER-STOLL, W.R. u. KRAUSCH, H.-D. 1968: Der Einen besonderen Stellenwert bezüglich ben und weist darauf hin, daß er im Gebiet azidophile Kiefern-Traubeneichenwald und seine Kon- taktgesellschaften in Mittel-Brandenburg. -Mitt. Flo- ihrer Flechtenvegetation nehmen die südlich und südöstlich von Berlin einen sei- rist. Soziol. AG, N. F. 13: 101-121 schon erwähnten wegbegleitenden Bir- ner Verbreitungsschwerpunkte habe. Er- SCHOLZ, P. 1992: Synopse der Roten Listen Flechten. kenwäldchen entlang der Forstwege ein. wähnt werden auch Standorte aus dem -Schr.-R.f.Vegetationskunde 23: 73-111 An diesen meist etwas humusreicheren Forst Dubrow. Die entsprechenden Be- SCHULZ-KORTH 1931: Die Flechtenvegetation der Stellen erreicht die Vegetation der Boden- stände sind noch vorhanden, wenn auch Mark Brandenburg (=Feddes Repertorium, Bd. LXVII). schicht erheblich höhere Deckungsgrade leider nicht mehr in der von ihm geschil- -Berlin-Dahlem: 192 S. (bis 100 %). Dadurch, daß sich Arten der derten Größe („Flechten ... überziehen oft WIRTH, V. 1976: Veränderungen der Flechtenflora Sandflächen und der Wälder an dieser mehrere Quadratkilometer große Strecken und Flechtenvegetation in der Bundesrepublik Deutschland. -Schr.-R.f.Vegetationskunde 10: 177- Stelle durchmischen, ist auch die Artenviel- ohne Unterbrechung“, KRIEGER 1937 S. 202 falt und die Konkurrenz der Höheren 41). Ursachen für diesen Rückgang dürf- WIRTH, V. 1984: Rote Liste der Flechten (Lichenisier- Pflanzen in der Krautschicht größer. Bei ten die heute intensive Bodenbearbeitung te Ascomyceten). -In: BLAB, J.; NOWAK, E.; TRAUT- den Flechten ersetzen zunehmend höher- sowie eine raschere Umbruchzeit des MANN, W. u. SUKOPP, H. 1984 (Hrsg.): Rote Liste der gefährdeten Tiere und Pflanzen in der Bundesrepublik wüchsige Taxa die lichtbedüftigen Arten Baumbestandes sein, denn die Bäume Deutschland. -Greven (Kilda): 152-162 der Sandtrockenrasen; namentlich zu er- werden heute in der Regel bereits in einem WIRTH, V. 1992: Zeigerwerte von Flechten. -In: EL- wähnen sind hierbei Strauchflechten wie Alter zur Holzgewinnung eingeschlagen, LENBERG, H.; WEBER, H.; DÜLL, R.; WIRTH, V.; WER- Cladonia furcata ssp. furcata und C. graci- das eine Bildung hochstämmiger Kiefern- NER, W.; PAULISSEN, D.: Zeigerwerte von Pflanzen in Mitteleuropa. -Scripta Geobotanica, Bd. XVIII. -Göttin- lis neben den schon genannten Rentier- Forste nicht zuläßt. gen: E. Goltze: 215-237 flechten, sowie Becherflechten wie C. ma- WIRTH, V. 1995: Die Flechten Baden-Württembergs. cilenta [s. l.], C. phyllophora, C. pyxidata Danksagung -2 Bde. - Stuttgart (E. Ulmer). -1 006 S. s.l. und C. cervicornis ssp. verticillata. Wir danken Frau Dr. H. Kümmerling und In diesem Zusammenhang seien auch die Herrn Dr. H. Sipman, beide Berlin, für die Kiefernforsten erwähnt, die heute auf- Nachbestimmung einiger Flechtenproben, grund der einseitigen forstlichen Bevorzu- letzterem zudem für die Überlassung des gung der Kiefer im Untersuchungsgebiet Erstfundes von Hypocenomyce anthraco- die bei weitem verbreitetste Vegetations- phila in Brandenburg (auf Eiche im NSG Verfasser einheit darstellen. In der Mehrzahl der Fäl- Radeberge, Sept. 1994). Dipl.-Biol. Ralf Knerr le ist der Bestand zu jung oder der Baum- Simon-Dach-Str. 9 besatz zu dicht, als daß sich ein nennens- 10245 Berlin werter Flechtenbestand entwickeln könn- Literatur te. Lediglich einige schattentolerante BIERMAN, R.; BREDER, C.; DANIELS, F.J.A. u. KIFFE, Prof. Dr. Christian Leuckert Pflanzen, wie z.B. C. coniocraea, C. defor- K. 1995: Flechten und Moose als Indikatoren bei der Freie Universität (FU) Berlin mis, C. digitata, C. filmbriata, C. furcata Bewertung von Heiden. -Natur und Landschaft 70 (6): 247-251 Institut für Systematik, ssp. furcata, C. rangiferina und C. squa- Botanik und Pflanzengeographie mosa vermögen unter diesen Lichtverhält- FISCHER, W.; GROSSER, K.-H. u. MANSIK, K.-H. 1982: Handbuch der Naturschutzgebiete der Deut- Altensteinstr. 6 nissen zu gedeihen, aber auch diese meist schen Demokratischen Republik. Naturschutzgebiete 14195 Berlin 26 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 4, 1995

CHARAKTERISTISCH FÜR DEN OSTEN BRANDENBURGS SIND GROSSE UND KLEINE RINNENSEEN. AUSGEWÄHLTE GEWÄSSER DIESES TYPS WERDEN BESCHRIEBEN.

HARTWIG VIETINGHOFF, ROLF SCHARF Hydrographische Charakteristik, trophischer Zustand und Entwicklung ausgewählter Seen in Ostbrandenburg

1. Einleitung 1992 konnten mehr als 1 300 Seen erfaßt ein Charakteristikum darstellen, sind die und in ihrem trophischen Zustand bewer- hochgelegenen Flächen als substratbe- Zu einem wichtigen Gegenstand gewäs- tet werden. In der Auswertung der Projek- dingt vorflutarm anzusprechen. In den serökologischer Betrachtungen hat sich tergebnisse können, über die Beschrei- süd- bis südwestlich verlaufenden Quer- seit den 30er Jahren das Problem der Eu- bung einzelner Seen hinaus, Aussagen aus verbindungen, die zumeist den Lobennäh- trophierung stehender und langsam räumlicher, überschauender Sicht gebracht ten1 des weichseleiszeitlichen Inlandeises fließender Gewässer entwickelt (OHLE und Fragen der Verteilung, Differenzie- folgen, ist die oftmals über viele Kilometer 1953). Nach EUTROSYM (1976, S. 7) wird rung und Typisierung der Gewässer ge- im Landschaftsbild zu verfolgende, perlen- darunter „analog zur Seenalterung im wei- bracht werden. In der vorliegenden Arbeit schnurartige Aneinanderreihung von Seen testen Sinne die Erhöhung der Versorgung wird für 13 Rinnenbeckenseen in Ostbran- kennzeichnend. In der Mehrzahl handelt von Gewässern mit Pflanzennährstoffen denburg, dem charakteristischen Seentyp es sich dabei um Rinnenbeckenseen. Die durch menschliche Aktivitäten und die da- dieser Region, ein Überblick über die hy- fehlende Gleichsinnigkeit des Gefälles und durch gesteigerte Produktion von Algen drographischen und limnochemischen große Übertiefungen in den Rinnen wur- und Wasserpflanzen“ verstanden. Ursache Verhältnisse sowie den trophischen Zu- den früher als Indizien einer subglaziären ist der erhöhte Eintrag essentieller Nähr- stand gegeben. Aus Sicht der Eutrophie- Anlage in sogenannten „Tunneltälern“ ge- stoffe aus diffusen und punktuellen Quel- rungsproblematik wird die Entwicklung deutet (u.a. WAHNSCHAFFE 1901, len. Die Folgen für den Stoffhaushalt der der Gewässer in den letzten 25 bis 30 Jah- WOLDSTEDT 1926, vgl. auch MARCINEK betroffenen Gewässer sind vielfältig, wer- ren und, soweit möglich, auch darüber 1987). Eine Modifikation erfuhr diese An- den aber aus Sicht verschiedener Nut- hinaus betrachtet. Die Grundlage des Ver- sicht u.a. durch BEHRMANN (1949/50). zungsansprüche unterschiedlich bewertet. gleiches bilden die Untersuchungen der Es wurde angenommen, daß in den Ein- Der landschaftliche, touristische, ökono- damaligen Wasserwirtschaftsdirektion kerbungen des Inlandeises an der Grenze mische und ökologische Wert eines Sees Spree-Oder-Neiße in den sechziger Jahren zweier Eisloben das Wasser auf dem Eis nimmt insgesamt mit zunehmender Eutro- (SCHARF 1969, 1971) sowie die Arbeiten fließender Schmelzwasserströme in gro- phierung ab (VOLLENWEIDER 1971), zu- von MÜLLER (1952) und VIETINGHOFF ßen Wasserfällen niederstürzte und dabei mindest, wenn ein schwach eutropher Zu- (1995). die heutigen Seewannen herausarbeitete. stand deutlich überschritten wird. Einmal Man müßte zur Erklärung der z.T. sehr eingetretene eutrophierungsbedingte Ver- 2. Untersuchungsgebiet großen Hohlformen allerdings enorme änderungen sind nur schwer und unter ho- und -gewässer Wassermengen und -fälle annehmen, die hen Kosten zu korrigieren. in keinem Verhältnis zur Größe der Eine wichtige Grundlage des präventiven Der zentrale Teil Ostbrandenburgs zwi- Schmelzwasserabflußbahnen stehen. Da- Gewässerschutzes im Land Brandenburg schen dem Eberswalder und dem Baruther her wird heute die Genese der Rinnensy- besteht daher im Aufbau eines Seenkata- Urstromtal gehört nach MARCINEK & steme und der in ihnen gelegenen Seen sters. Ziel und Inhalt ist eine Ersterfassung NITZ (1973) zur Großlandschaft der Plat- primär auf Wirkungen des Inlandeises und der stehenden Gewässer des Landes be- ten und Urstromtalungen, die sich west- sekundär auf die Schmelzwässer zurückge- züglich ihrer Anzahl, Größen und Volumi- lich, über das betrachtete Gebiet hinaus, führt (LIEDTKE 1981; MARCINEK 1993, na sowie ihrer hydrologischen und Ein- bis an die Elbe erstreckt. Dieser Ausschnitt mündl.). zugsgebietscharakteristik. Im Rahmen des der brandenburgischen Jungmoränen- Die betrachteten Gewässer sind der Abbil- ganzheitlichen Ansatzes der Untersuchun- landschaft wird durch die im wesentlichen dung 1 (s.a. Tabelle 2) zu entnehmen. Sie gen besteht die zentrale Aufgabe in der west-östlich ausgerichteten, eng zusam- lassen sich unter Berücksichtigung ihrer limnochemisch-physikalischen Beprobung mengedrängten Urstromtäler und die in Tiefenverhältnisse und von geomorpholo- und der trophischen Bewertung der Seen etwa nord-südlich verlaufenden, rinnenar- gischen Karten sowie in Kenntnis der Ar- (MIETZ et al. 1993). Die Arbeiten werden tigen Querverbindungen gegliedert. Es beiten von LIEDTKE (1958, 1975) und im Auftrag des Ministeriums für Umwelt, sind dadurch Reihen relativ hochgelegener MARCINEK (1966) dem genetischen Typ Naturschutz und Raumordnung des Lan- Platten (z.B. Barnim, Lebus, Beeskower des Rinnenbeckensees zuordnen. Natur- des Brandenburg (MUNR) durchgeführt und Lieberoser Platte) herausgeschnitten räumlich ist das betrachtete Gebiet dem und bilden die Grundlage für Entscheidun- (LIEDTKE & MARCINEK 1994). Während Ostbrandenburgischen Heide- und Seen- gen und Planungen im Bereich der Was- für die breiten, gefällearmen Niederungs- gebiet und der Ostbrandenburgischen serwirtschaft und der Raumordnung. Seit Urstromtalbereiche große, flache Flußseen Platte zuzuordnen (SCHOLZ 1962). H. VIETINGHOFF, R. SCHARF: HYDROGRAPHISCHE CHARAKTERISTIK, TROPHISCHER ZUSTAND UND ENTWICKLUNG AUSGEW. SEEN IN OSTBRANDENBURG 27

3. Methoden 3.1 Hydrographische Größen Die wasserhaushaltlichen Parameter der Seen wurden aus den hydrologischen Ei- genschaften ihrer Einzugsgebiete mit Hilfe des Programmes RASTER’84 (GLUGLA et al. 1986) abgeleitet. Die Erstellung von Isobathenkarten (Abb. 2) erfolgte mit ei- nem Echographen der Fa. LAWRENCE (X- 16). Vom Scharmützelsee, Peetzsee, Werl- see und dem Schwarzen See bei Falkenha- gen lagen ältere Karten der Tiefenverhält- nisse vor. Für den Spring- und den Großen Glubigsee konnten die Angaben von MÜLLER (1952) durch neue Lotungen im wesentlichen bestätigt werden. 3.2 Beprobung und limno- chemische Analytik Die Beprobung der Untersuchungsgewäs- ser erfolgte im Rahmen des Seenkataster- programmes im Spätsommer und Herbst 1992 sowie im Frühjahr und Sommer 1993. Die Wasserproben wurden während stagnativer Phasen als Epi- (0,5 m), Meta- und Hypolimnionproben entnommen. Zur Frühjahrs- und Herbstvollzirkulation wur- den Mischproben gezogen. Der Entnahme Legende 3 Bötzsee 7 Schwarzer See 11 Springsee des Wassers diente ein 1 l-Schöpfer nach 4 Schermützelsee 8 Großer Müllroser See 12 Wirchensee 1 Ihlandsee 5 Peetzsee 9 Scharmützelsee 13 Pinnower See RUTTNER. Für die Ermittlung der Chloro- 2 Straussee 6 Werlsee 10 Großer Glubigsee phyll-a-Gehalte wurden separate Proben aus einer Tiefe von 0,5 m entnommen. Die Abb. 1 Bestimmung der Parameter Temperatur, Hydrographischer Überblick über den mittleren Teil Ostbrandenburgs und die Untersuchungsgewässer Sauerstoffgehalt und -sättigung, pH-Wert und Leitfähigkeit sowie die Aufnahme ent- sprechender Tiefenprofile erfolgte mit Sonden aus der WTW-Reihe (OXI 196, pH 196 T und Lf 196). Die chemischen Analysen wurden nach folgenden Methoden vorgenommen: Die Untersuchungen aus den 60er Jahren (1965 bis 1969) wurden nach den damals üblichen Standards (Müller 1952, AMT F. WASSERWIRTSCHAFT1965,1973)durch- geführt.

4. Hydrographische und limnochemische Charakteristik der Seen Die Flächengrößen der betrachteten Ge- wässer (Tabelle 1) variieren zwischen 14,4 und 1 209 ha (Ihlandsee, Scharmützelsee). Als typische Rinnenbeckenseen sind sie langgestreckt und weisen zum Teil knick- artige Biegungen im Längsverlauf auf. Ihre Becken sind vorrangig wannenförmig und für norddeutsche Verhältnisse mäßig tief Abb. 2 Tiefenverhältnisse bis tief. Der Schermützelsee in der Märki- ausgewählter Seen schen Schweiz reicht bei einer maximalen Tiefe von 38,5 m und einer Wasserspiegel- 28 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 4, 1995

höhe von 26,5 m ü.N.N. etwa 12 m unter Tabelle 1: Untersuchte Parameter und Methoden der Analytik den Meeresspiegel. Parameter Methode Quelle Entsprechend der geologischen und hy- drographischen Gegebenheiten ist das Alkalinität [1],[2] maßanalytisch mit HCl DIN 38409, Teil 7, 1979 Säurebindungsvermögen (bzw. die Alkali- Ortho-Phosphat [1],[2] Molybdänblau DIN 38405, Teil 11, 1983 Gesamt-Phosphat [1],[2] Molybdänblau DIN 38405, Teil 11, 1983 nit) der Untersuchungsgewässer als mäßig Chlorophyll-a [1] photometrisch DIN 38412, Teil 16, 1985 bis hoch zu bezeichnen. Die mittleren epilimnischen Alkalinitswerte erreichen im Mittel 2,4 mmol/l und charakterisieren die betrachteten Gewässer als typische Hart- Tabelle 2: Ausgewählte hydrographische Parameter und trophische Bewer- wasserseen des norddeutschen Jungmorä- tung der Untersuchungsgewässer nenlandes. Lediglich der Ihlandsee befin- det sich mit einem Säurebindungsvermö- Seename Seefläche mittlere maximale Volumenver- Verweil- Trophie gen von 1 mmol/l entsprechend der Fest- (ha) Tiefe (m) Tiefe (m) hältnis Hypo- zeit (a) (KLAPPER legungen von KOSCHEL (1994) im Über- zu Epilimnion 1992) gangsbereich zwischen Weich- und Hart- Pinnower See 47,3 4,05 10,50 0,13 1,90 eutroph wasserseen. Das homogene Säurebin- Wirchensee 35,3 5,20 11,50 0,26 3,30 polytroph dungsvermögen des gesamten Wasserkör- Großer Müllroser See 126,0 4,00 7,60 *** 0,30 polytroph pers zur frühjährlichen Vollzirkulation wird Springsee 58,0 8,45 19,00 1,24 2,15 eutroph Großer Glubigsee 54,4 5,70 12,00 0,16 0,95 eutroph während der sommerlichen Stagnation Scharmützelsee 1 209,0 8,20 29,00 0,64 7,45 eutroph durch eine Zunahme mit der Tiefe ab- Peetzsee 61,8 7,90 25,10 0,71 1,30 eutroph gelöst. Als Ursache ist die Calziumkarbo- Werlsee 58,0 4,90 20,90 0,26 0,95 eutroph Bötzsee 84,8 6,50 12,50 0,34 0,50 eutroph natverarmung des Epilimnions durch bio- Straussee* 133,1 9,95 20,00 0,53 1,20 eutroph gene Kalkfällung und die hypolimnische Ihlandsee 14,4 2,95 5,60 *** 0,65 eutroph Rücklösung durch die Atmungskohlensäu- Schermützelsee* 132,8 15,80 38,50 1,32 4,30 eutroph re anzusprechen. Schwarzer See 32,3 6,50 14,00 0,57 0,65 eutroph Legende: 5. Ergebnisse *** Auf Grund der geringen Tiefe dieser Gewässer entwickelt sich keine ausgeprägte Schichtung. 5.1 Sauerstoffverhältnisse * Die maximal gemessenen Tiefen des Straus- und des Schermützelsees betragen nach neueren Untersuchungen 20,46 m und 37,83 m, wobei die Unterschiede im Für die untersuchten Gewässer, die eine wesentlichen durch eine unterschiedliche Meßtechnik bedingt sein dürften. stabile sommerliche Schichtung aufwei- sen, ist im Anschluß an die frühjährliche Vollzirkulation eine relativ schnelle Abnah- me der hypolimnischen Sauerstoffkonzen- trationen zu verzeichnen. Anaerobe Ver- hältnisse im gesamten Hypolimnion wur- den in den meisten Seen bereits Ende Juni bis Mitte Juli vorgefunden. Im Vertikalpro- fil konzentriert sich der Sprung des Sauer- stoffgehaltes auf etwa 2 m. Lediglich der Scharmützelsee weist einen geringeren metalimnischen Gradienten auf. Im Scher- mützelsee tritt eine weitgehende Zehrung des Sauerstoffes im Tiefenwasser erst im Oktober, unmittelbar vor dem Ende der sommerlichen Stagnationsphase ein. Schwefelwasserstoff ist im Hypolimnion aller geschichteten Gewässer nachweisbar, wiederum mit Ausnahme des Schermüt-

zelsees. Am Straussee bleibt die H2S-Bil- dung begrenzt. Die hypolimnischen Sauerstoffverhältnisse stellen ein wichtiges orientierendes Merk- mal der Beurteilung der trophischen Situa- tion stehender Gewässer dar (THIENE- MANN 1928, ELSTER 1955, OHLE 1958 u.a.), können aber nur bedingt zu ihrer Quantifizierung genutzt werden, da die Abhängigkeit von weiteren Faktoren zu Abb. 3 groß ist. Wesentlich sind dabei die mor- Sommerliche Nährstoffverhältnisse ausgewählter Seen phometrischen Bedingungen, insbesonde- H. VIETINGHOFF, R. SCHARF: HYDROGRAPHISCHE CHARAKTERISTIK, TROPHISCHER ZUSTAND UND ENTWICKLUNG AUSGEW. SEEN IN OSTBRANDENBURG 29

re die Größe und Konfiguration des Hy- polimnions in Relation zum Epilimnion. THIENEMANN (1928) kam in der Betrach- tung einer Vielzahl von Seen der gemäßig- ten Breiten zu der Aussage, daß für den oli- gotrophen See ein Volumenverhältnis des Hypo- zum Epilimnion größer 1 typisch sei. Dies sichere einen Restsauerstoffgehalt von 50 bis 60 % des Sättigungswertes im Tiefenwasser zum Ende der Sommersta- gnation. Bei einem Volumenquotienten Hypo- zu Epilimnion von 1,32 wären nach dieser Darstellung im Hypolimnion des Schermützelsees und des Springsees (1,24) allerdings noch spätsommerliche Sauer- stoffsättigungen von mindestens 50 bis 60 % zu erwarten. Für die geschichteten Seen mit einem Volumenquotienten weit unter 1 wäre dagegen Sauerstoffzehrung bis hin zu anaeroben Verhältnissen gegen Ende der Stagnationsphase auch ohne an- thropogene Eutrophierung typisch. Der Sauerstoffschwund und die durch Sulfatat- mung hervorgerufene Anreicherung von Schwefelwasserstoff haben, wie OHLE be- reits 1953 ausführte, eine große Bedeu- tung für den Verlauf des Prozesses der Eu- trophierung. Mit weitgehendem Auf- brauch des hypolimnischen Sauerstoffvor- rates werden durch spezialisierte Mikroor- ganismen verstärkt Nitrat und Nitrit, mit steigendem Redoxpotential auch Sulfatio- nen als Sauerstoffquellen genutzt. Es ent- steht Schwefelwasserstoff, bei alkalischer Reaktion des Wassers fällt Eisen als Eisen- sulfid aus. Dadurch wird die Bindung der Phosphationen an Eisen(III)-Ionen stark eingeschränkt. Diese bleiben während der Abb. 4 nachfolgenden herbstlichen Zirkulation Mittlere sommerliche Chlorophyll-a-Konzentrationen und Sichttiefen des Wasserkörpers ungebunden und wer- den zum Teil aus dem Sediment rückgelöst Prozesse, Momentaufnahmen mit be- hypolimnischenSauerstoffverhältnisseeine (Abb. 3). Es kommt daher mit dem Auftre- grenztem Aussagewert dar (KOHL & große Rolle. Für den Schermützelsee wa- ten von Schwefelwasserstoff zu einer NICKLISCH 1988). Die mittleren oPO4-P- ren im Sommer 1993 (28.6., 28.7. und schlagartigen Erhöhung der autotrophen Werte schwanken bei einem Durchschnitt 30.8.) annähernd orthograde Tiefenkur- Produktivität im Gewässer, die von OHLE von 0,056 mg/l relativ wenig. In vielen Ge- ven der Orthophosphatkonzentrationen

(1953) als „rasante Eutrophierung“ be- wässern sinkt die oPO4-P-Konzentration nachzuweisen. Eine leichte Zunahme stellt zeichnet wurde. am Ende des Sommers stark, z.T. bis unter sich erst nach weitgehender Aufzehrung die Nachweisgrenze ab. Hier dürften, so- des hypolimnischen Sauerstoffvorrates 5.2 Nährstoffverhältnisse bald 0,01 mg/l unterschritten werden, ein, wobei der Unterschied mit 0,011 zu Die frühjährlichen Konzentrationen des Phasen echter Phosphorlimitation des 0,044 mg/l (8.10.92) vergleichsweise klein Gesamtphosphors (Ptot) im Gewässer cha- phytoplanktischen Wachstums vorliegen bleibt. Der Straussee, der Bötzsee und der rakterisieren die Startsituation der Vegeta- (SAS 1989). Die Unterschiede der epi- und Peetzsee sowie mit Einschränkungen auch tionsperiode und sind daher ein wichtiges hypolimnischen Orthophosphatgehalte der Große Glubigsee nehmen eine Zwi- Kriterium der Seenbewertung (STRAS-ˇ nehmen naturgemäß von der Frühjahrs- schenstellung zwischen dem Schermützel- KRABA 1976, KLEIN 1989 u.a.). Die Wer- vollzirkulation bis zum Ende der sommerli- see und der erstgenannten Gruppe ein. te schwanken für die Untersuchungsge- chen Stagnationsphase deutlich zu. In eini- 5.3 Chlorophyll-a-Gehalte und wässer von 0,019 mg/l (Ihlandsee) bis zu gen Gewässern differieren die Werte um Sichttiefen 0,247 mg/l am Wirchensee. Im Mittel wer- das 10fache und mehr (z.B. Springsee, den etwa 0,115 mg/l erreicht. Die aktuel- Werlsee). Für den Wirchensee wurde am Die sommerlichen Chlorophyll-a-Konzen- len sommerlichen Konzentrationen des 25.8.1993 in der Hypolimnionprobe das trationen und Sichttiefen, als Mittelwerte

Orthophosphatphosphors (oPO4-P) stel- 51fache des Oberflächenwertes bestimmt. von 3 (Chl-a) bzw. 5 (Sichttiefen) Bepro- len, auf Grund des Wirkens verschiedener Hier spielen, wie bereits ausgeführt, die bungen sind in Abbildung 4 dargestellt. Sie 30 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 4, 1995

kennzeichnen die Seen als schwach eutro- phischen Zustandes stehender Gewässer Sauerstoff-, Sichttiefen- und Trübungsver- phe (Schermützelsee, Schwarzer See, herangezogen werden. Im folgenden wer- hältnisse in den 60er Jahren sind in den Bötzsee, Straussee, Pinnower See, Peetz- den einige ausgewählte Seen betrachtet. Abbildungen 5 und 6 dargestellt. see, Werlsee) bis polytrophe (Wirchensee, Die in folgendem diskutierten Veränderun- Der Scharmützelsee zeigte in den Som- Großer Müllroser See) Gewässer. Als ty- gen vollzogen sich innerhalb des eutro- mern der Jahre 1993, 1994 und 1995 ein pisch eutroph sind der Springsee, der phen Bereiches. sehr uneinheitliches Verhalten (SEENKA- Große Glubigsee, der Scharmützelsee so- TASTER, NIXDORF pers.), so daß Aussa- wie der Ihlandsee anzusprechen. Der Tro- 6.2 Entwicklung des trophischen gen zur Entwicklung des Sees problema- phiegrad der Gewässer korreliert eng mit Zustandes ausgewählter Seen tisch sind. den morphometrischen Bedingungen und 6.2.1 Scharmützelsee 6.2.2 Großer Glubigsee der Nutzung der See-Einzugsgebiete sowie der Seen selbst. Der Wirchensee wurde Mit der Sichttiefe sommerlicher Mittel von In den Sichttiefen zeigt der Große Glubig- beispielsweise durch Fischzucht mit Zufüt- 1,25 m (1993) gegenüber 2,50 m (1968/ see 1993 mit einem sommerlichen Mittel terung stark eutrophiert, während der 69) und 2,85 m (1949/50 nach MÜLLER von 1,79 m gegenüber 2,15 m (1949/50 Große Müllroser See über die Schlaube 1952) wird für den Scharmützelsee eine nach MÜLLER 1952) eine gewisse Verstär- und die Einleitung von Abwässern belastet deutliche Verschlechterung des trophi- kung der Trübung des Wassers durch das wurde. schen Zustandes sichtbar. Die von MÜL- Phytoplankton. Für die hypolimnischen Für den Scharmützelsee sind neben der Er- LER (1952) beobachtete Abnahme der Sauerstoffverhältnisse des Sees würden die holungsnutzung und der intensiven Land- Sichttiefen vom Mai bis zum September Angaben von MÜLLER (1952) für 1949 wirtschaft im Einzugsgebiet ebenfalls Ab- war aus den Daten von 1968/69 nicht auch auf das Jahr 1993 zutreffen. Die Be- wassereinleitungungen als Ursache des re- mehr zu ersehen und wurde im Jahr 1993 dingungen im Sommer 1950 waren dem- lativ schlechten Zustandes anzusprechen. durch eine gegenläufige Entwicklung ab- gegenüber noch wesentlich ungünstiger gelöst. Die Eutrophierungstendenz wird (Abb. 7). auch in der Veränderung der hypolimni- 6. Entwicklung des 6.2.3 Springsee trophischen Zustandes schen Sauerstoffverhältnisse sichtbar. Eine und Möglichkeiten weitgehende Zehrung des Sauerstoffs war Für den Springsee ist eine deutliche Ver- bereits Ende Juni 1993 zu beobachten. Im schlechterung des trophischen Zustandes der Restauration Vergleich zu 1968/69 und auch 1949 zu erkennen. Gab Müller (1952) für 1949 6.1 Grundlagen (MÜLLER 1952) trat diese Situation etwa 5 noch Sichttiefen von durchschnittlich Wochen früher ein. Dabei wurden große 2,95 m an, so konnten im Sommer 1993 Ein Vergleich des trophischen Zustandes Sättigungsdefizite und Gradienten bereits lediglich 1,25 m gemessen werden. Eben- der betrachteten Gewässer aufgrund älte- im unteren Teil des Epilimnions (unterhalb so groß sind die Unterschiede bei Betrach- rer Untersuchungen ist nur für einige Seen der euphotischen Tiefe, ab 4 bis 5 m) und tung des hypolimnischen Sauerstoffdefizi- möglich. Neben den Untersuchungen von im Metalimnion festgestellt, während die- tes. 1949 war noch Ende August bis in SCHARF (1971) stehen hier die Angaben se Veränderungen Ende der 60er Jahre erst 17 m Tiefe Sauerstoff nachweisbar. Schwe- von MÜLLER (1952) zu Verfügung. Be- in größerer Tiefe beobachtet wurden. Die felwasserstoffbildung trat verstärkt erst rücksichtigt werden in der Interpretation primär die mittleren sommerlichen Sicht- tiefen und die hypolimnischen Sauerstoff- verhältnisse. Für die Sichttiefen ist die Si- cherheit der Aussage zur Entwicklung des trophischen Zustandes innerhalb eines Rahmens, der durch den subjektiven Feh- ler der Messung und der normalen Varia- bilität der Werte zwischen verschiedenen Jahren vorgegeben wird, eingeschränkt. Die Problematik der Bewertung des trophi- schen Zustandes stehender Gewässer auf- grund ihrer hypolimnischen Sauerstoffver- hältnisse wurde bereits genannt. Man kann allerdings davon ausgehen, daß von den verschiedenen Faktoren, die Einfluß auf die Sauerstoffverhältnisse nehmen, die Trophie die variable Größe ist. Die Becken- gestalt eines Sees, die von der Nutzung des Einzugsgebietes abhängigen hydrologi- schen Verhältnisse und die allochthone Zu- fuhr sauerstoffzehrender Substanzen blei- ben zumeist über längere Zeiträume ver- gleichsweise konstant. Die hypolimnischen Sauerstoffverhältnisse können daher gut Abb. 5 zur Beschreibung der Entwicklung des tro- Scharmützelsee - Sichttiefen und Trübung 1967 bis 1969 H. VIETINGHOFF, R. SCHARF: HYDROGRAPHISCHE CHARAKTERISTIK, TROPHISCHER ZUSTAND UND ENTWICKLUNG AUSGEW. SEEN IN OSTBRANDENBURG 31

drographischen Gegebenheiten, insbeson- dere der meist günstigen wasserhaushaltli- chen Verhältnisse, ist die sommerliche Ab- leitung des Tiefenwassers vorrangig in Be- tracht zu ziehen. Das Sauerstoffdefizit,

Nährstoffe und, falls vorhanden, auch H2S werden exportiert, und die interne Bela- stung sowie der Prozeß der „rasanten Eu- trophierung“ werden eingedämmt. Die Kosten dieses restaurativen Eingriffes sind vergleichsweise gering, da die Förderung des Tiefenwassers zumeist nach dem Prin- zip der kommunizierenden Röhren erfolgt (OLSZEWSKI-Rohr). Natürlich sind die Gegebenheiten eines je- den Gewässers zu beachten. Gegen eine Ableitung des Tiefenwassers spricht insbe- sondere die im Einzelfall zu prüfende, Abb. 6 mögliche Belastung unterhalb gelegener Scharmützelsee - Sauerstoffverhältnisse 1968 Seen und Fließgewässer. Projektiert wurde eine solche Tiefenwasserableitung in den 80er Jahren für den Schermützelsee (KLAPPER 1992; PGF Waldsieversdorf 1988 unveröff.). Das geförderte nährstoff- reiche Tiefenwasser sollte dabei, soweit dies möglich ist, zur Beregnung landwirt- schaftlicher Nutzflächen verwandt wer- den. Die Möglichkeit der Anwendung an- derer Methoden der Restauration soll da- mit keineswegs negiert werden. Die Fra- gen der Nutzung der Gewässer und ihrer Einzugsgebiete sind auch weiterhin im Sin- ne einer umfassenden Extensivierung zu klären.

7. Zusammenfassung

Große und kleine Rinnenbeckenseen, zu- meist in Seenketten perlenschnurartig an- einandergereiht, sind ein charakteristisches Abb. 7 landschaftliches Merkmal für den östlichen Sauerstoffverhältnisse des Spring- und des Großen Glubigsees Teil Brandenburgs. Für ausgewählte Ge- wässer diesen Typs wird der aktuelle tro- zum Ende der Sommerstagnation auf. Am polimnische Sauerstoffsättigungen von phische Zustand und seine Entwicklung in 11.8.1993 herrschten bereits ab 12 m Tie- durchschnittlich 40 bis 45 % auf. Dieser den letzten 30 Jahren diskutiert. Den fe anaerobe Verhältnisse (Abb. 7). Wert wurde im Sommer 1993 bereits Ende Schwerpunkt bilden dabei die hypolimni- Juni erreicht und am 27.7. mit ca. 30 % schen Sauerstoffverhältnisse, die Phos- 6.2.4 Straussee und Schermützelsee deutlich unterboten. phor- und Chlorophyll-a-Konzentrationen Für den Straussee zeigen die mittleren sowie die Sichttiefen. Die zumeist poten- sommerlichen Sichttiefen mit 3,30 im Ver- 6.3 Diskussion tiell oligo- bis schwach eutrophen Gewäs- gleich zu 2,65 m (1966) eine Erhöhung, Trotz günstiger hydrographischer Bedin- ser befinden sich heute durch anthropo- die für den Nachweis einer Oligotrophie- gungen sind einige der betrachteten Seen gene Eutrophierung in einem eutrophen rung des Sees nicht ausreicht, wohl aber bereits stärker eutrophiert. Die ungünsti- bis polytrophen Zustand. Die angespann- als Indiz für die Stabilität seines schwach gen hypolimnischen Sauerstoffverhältnisse ten hypolimnischen Sauerstoffverhältnisse eutrophen Zustandes gewertet werden führen dabei zu einer Beschleunigung die- führten in einigen Seen zum Prozeß der ra- kann. Dies wird durch die, aus verschiede- ses Prozesses. santen Eutrophierung im Sinne OHLES nen Jahren vorliegenden, turnusmäßigen Strebt man eine Restauration dieser Ge- (1953). Der Vergleich der heutigen trophi- Untersuchungen der Badewasserqualität wässer an, muß man daher, nach einer Be- schen Situation ausgewählter Gewässer durch die Hygienebehörden, die auch seitigung der Belastungsquellen innerhalb mit dem Zustand der 60er Jahre erbringt Sichttiefenmessungen in Ufernähe be- der Einzugsgebiete vor allem zu einer Ver- allerdings nur für den Spring- und den inhalten, gestützt (ÖNU 1992). besserung der hypolimnischen Sauerstoff- Scharmützelsee Indizien für eine deutliche Der Schermützelsee wies am 3.8.1965 hy- verhältnisse kommen. Aufgrund der hy- Verschlechterung, die sich innerhalb des 32 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 4, 1995

eutrophen Bereiches vollzogen. Die Stabi- lität der Ökosysteme entspricht den hy- drographischen Gegebenheiten der Seen, die durch eine günstige Beckengestalt und einen hohen Anteil an Waldflächen in den Einzugsgebieten gekennzeichnet werden.

Danksagung Die vorliegende Arbeit entstand im Rah- men der Erarbeitung eines Seenkatasters für das Land Brandenburg und der regio- nalen Auswertung erster Ergebnisse. Die Förderung des Projektes durch das MUNR, Abteilung Gewässerschutz und Wasser- wirtschaft ermöglichte die Durchführung dieser Untersuchungen. Den Mitarbeitern des Institutes für ange- wandte Gewässerökologie gGmbH und dessen Leiter, Dr. O. Mietz, danken die Verfasser für die vielfältige Unterstützung, den Mitarbeitern der Abteilung Hauptla- Abb. 8 bor des Landesumweltamtes Brandenburg Ihlandsee für die Analytik der Wasserproben. Die Abbildungen 1 und 2 wurden dankens- LIEDTKE, H: 1958: Jungglaziale Seentypen, dargestellt SCHOLZ, E. 1962: Die naturräumliche Gliederung werterweise von Herrn Dipl.-Inform. St. am Beispiel Norddeutschlands. -Geogr. 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AM BEISPIEL DER CROCIDURA-ARTEN WIRD DIE NOTWENDIGKEIT KONTINUIERLICHER ARBEIT ZUR ERFASSUNG UND DEUTUNG POPULATIONSDYNAMISCHER VORGÄNGE SICHTBAR.

WERNFRIED JASCHKE Zur Ausbreitung und Etablierung von Feldspitzmaus (Crocidu- ra leucodon [HERMANN 1780]) und Gartenspitzmaus (Croci- dura suaveolens [PALLAS 1811]) im westlichen Brandenburg

1. Einleitung DÜRR et al. (1989, 1991) legen den Buckow und Garlitz bestätigen die Befun- Kenntnisstand über die Verbreitung der de der Gewöllanalysen, sollen aber in die- Verbreitungsgrenzen haben natürlicher- beiden Crocidura-Arten im ser Arbeit nicht näher betrachtet werden. weise eine gewisse Dynamik, soweit sie bis 1989 dar. Die Autoren vertreten bereits nicht durch unüberwindbare Hindernisse die Meinung, daß es sich bei den Neufun- 3. Ergebnisse bestimmt sind (Meeresküsten, Gebirgsket- den der Feldspitzmaus im ehemaligen ten usw.). Die Kartierung von Pflanzen- Kreis Rathenow um eine Arealerweiterung Die Ergebnisse sprechen für eine echte und Tierarten sowie die Beobachtung ihrer handelt. Arealerweiterung (s. Tabelle). Außerdem Bestands- und Arealveränderungen gehö- Nach DOLCH et al.(1994) bleibt die Frage zeigen sie sowie ein Vergleich mit Gewöll- ren in unserer anthropogen überformaten offen, ob diese Neufunde die Erkenntnis- analysen aus dem angestammten Verbrei- Landschaft zu den vorrangigsten Aufga- lücken schließen oder als aktive Ausbrei- tungsgebiet, daß sich die Feldspitzmaus im ben der Freilandbiologie. Zwei Arten, de- tung zu werten sind. neubesiedelten Raum in den vergangenen nen die Säugetierkundler nicht nur des 10 Jahren fest etabliert hat. Seit 1990 ent- Landes Brandenburg zur Zeit ihr besonde- hielt jede Gewöllprobe mit mehr als 17 res Interesse entgegenbringen, sind die 2. Methodik Spitzmäusen mindestens eine Feldspitz- Feld- und die Gartenspitzmaus. Die Ver- maus. Die im folgenden genannten eige- breitungsgrenzen beider Arten verlaufen Ab 1990 wurden von mir aus 10 Dörfern nen Neufunde (1992) in der Prignitz deu- durch Brandenburg, und ihre derzeitigen rund um Nennhausen (Kreis Havelland) re- ten auf eine fortschreitende Arealauswei- mehr oder weniger starken Veränderun- gelmäßig neue Schleiereulengewölle mit terung hin: gen gaben schon mehrfach Anlaß zu Ver- insgesamt 8 659 Beutetieren untersucht (s. - Sieversdorf (MTB 3140/3) 8 Feldspitz- öffentlichungen und Diskussionen. Tabelle). Schlagfallenfänge im Gebiet mäuse von 500 Beutetieren

Legende Verbreitungsgrenze der Feldspitzmaus nach WEBER, B. (1983) Nachweise bei ERFURT u. STUBBE (1986) Nachweise bei DÜRR, JASCHKE u. THIELE (1989) Nachweise bei DÜRR, JASCHKE u. THIELE (1991) Nachweise bei DOLCH et al. (1994) letzte eigene Neufunde Untersuchungsgebiet um Nennhausen (siehe Tabelle)

Abb. 1 Abb. 2 Meßtischblatt-Rasterkarte mit Nachweisen der Meßtischblatt-Rasterkarte mit Nachweisen der Feldspitzmaus (Crocidura leucon) Gartenspitzmaus (Crocidura suaveolens) 34 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 4, 1995

Tabelle 1: Zusammenfassung der Nachweise von Feld- und Gartenspitzmäusen in Schleiereulengewöllen aus Dörfern im Kreis Havelland (Buschow, Barnewitz, Mützlitz, Nennhausen, Damme, Kotzen, Gräningen, Bamme, Buckow bei Nennhausen und Garlitz)

Jahre Beutetiere Spitzmaus Feldspitzmäuse Gartenspitzmäuse Exem- % von % von Exem- % von % von gesamt gesamt plare Beutetieren Spitzmäusen plare Beutetieren Spitzmäusen

1978 - 81 894 181 0 0 0 0 0 0 1982 - 85 1 963 308 2 0,1 0,65 0 0 0 1986 - 89 3 581 629 46 1,28 7,31 4 0,11 0,64 1990 - 93 7 596 1 525 140 1,84 9,18 29 0,38 1,90 1994 u. 95 1 063 211 23 2,16 10,90 13 1,22 6,16 1983 - 90* 2 907 194 24 0,83 12,37 - - -

* und Vergleichszahlen aus dem alten Verbreitungsgebiet der Feldspitzmaus im Kreis Potsdam-Mittelmark

Abb. 3 Der in Abb. 1 und 2 dargestellte Raum WERNFRIED JASCHKE: ZUR AUSBREITUNG UND ETABLIERUNG VON FELDSPITZMAUS UND GARTENSPITZMAUS IM WESTLICHEN BRANDENBURG 35

- Kampehl (MTB 3140/2) 1 Feldspitzmaus Arealgrenze ausgehend, zu beobachten, Die Gründe für Arealveränderungen kön- von 39 Beutetieren was für eine rein aktive Ausbreitung nen sicher nur selten endgültig geklärt - Zernitz (MTB 3140/1) 1 Feldspitzmaus spricht. Sie könnte eine Art sein, für die die werden. Am Beispiel der beiden Crocidu- lebend am Bahndamm. Theorie zutrifft, daß die Wiederausbrei- ra-Arten wird die Notwendigkeit kontinu- Die Gartenspitzmaus besiedelte etwa fünf tung der Arten nach der letzten Eiszeit ierlicher Arbeit zur Erfassung und eventu- Jahre nach der Feldspitzmaus den Nenn- noch nicht abgeschlossen ist (HEINICKE ellen Deutung derartiger Phänomene hausener Raum und ist inzwischen eben- 1986). deutlich. falls regelmäßig in Gewöllen nachzuwei- Im Gegensatz zu den rotzähnigen Spitz- sen (s.Tabelle). In diesem Fall ist eine Areal- mausarten meidet die Feldspitzmaus in Literatur erweiterung in Richtung West aus der ihrem nördlichen Verbreitungsgebiet Dolch, D.; LABES, R. u. TEUBNER, J. 1994: Beiträge zur Feuchtlebensräume. Die großen Flußnie- Säugetierfauna der Prignitz. -Veröffentl. Potsdam-Mu- schon lange besiedelten Nauener Platte seum 31. Beiträge zur Tierwelt der Mark XII: 30-68 anzunehmen. Im Zuge der Ausbreitung derungen der Elbe und Havel mit kilome- beider Arten überschneiden sich ihre Are- terweiten Überflutungsgebieten mögen DÜRR, T.; JASCHKE, M. u. THIELE, K. 1989: Neue Er- kenntnisse über die Verbreitung der Feldspitzmaus ale in den Gemarkungen Barnewitz, Buk- über Jahrtausende eine unüberwindbare (Crocidura leucodon) und der Gartenspitzmaus (Croci- kow, Buschow, Garlitz und Kotzen inzwi- Barriere gewesen sein. Den trockenheitlie- dura suaveolens) im Bezirk Potsdam. -Veröffentl. Pots- dam-Museum 30. Beiträge zur Tierwelt der Mark XI: schen deutlich. Möglicherweise besteht benden Feldspitzmäusen wird es kaum 104-112 keine ernsthafte Konkurrenz zwischen möglich gewesen sein, durch die großen DÜRR, T.; JASCHKE, M. u. THIELE, K. 1991: Zur Ver- Crocidura leucodon und Crocidura sua- nassen Niederungen bis an das Flußufer zu breitung der Garten- (Crocidura suaveolens) und Feld- veolens, da unterschiedliche Vorzugshabi- gelangen, um von dort mit abreißender spitzmaus (Crocidura leucodon) im Bezirk Potsdam. In: Populationsökologie von Kleinsäugearten. Wiss. Beitr. tate genutzt werden. Ufervegetation, Treibholz oder anderem Univ. Halle 1990/34 (P 42): 33-37 Material hinübergetrieben zu werden. Das HEINICKE, W. 1996: Zu Arealveränderungen bei Eu- immer engere Eindeichen der Flüsse und lenfaltern. Vortrag, Magdeburger Entomologentag die Trockenlegung großer Niederungsge- 4. Diskussion SPITZENBERGER, F. 1985: Die Weißzahnspitzmäuse biete in den sechziger und siebziger Jahren (Crocodurinae) Östereichs. -Mitt. At. Zool. Landesmu- Das plötzliche Auftreten der Gartenspitz- unseres Jahrhunderts mit Pumpstationen, seum Joanneum 35: 1-40 maus an Orten, die von bisherigen Vor- die auch im Winter die Flächen entwässer- WEBER, B. 1983: Zur nördlichen Verbreitungsgrenze kommen weit entfernt liegen, deutet auf ten und zum Teil Ackernutzung auf den der Feldspitzmaus (Crocidura leucodon) auf dem Ge- biet der DDR. -Säugetierkundliche Information 7: 69- eine nicht nur aktive, sondern auch passi- ehemaligen Feuchtwiesenflächen ermög- 73 ve Ausbreitung durch Verschleppung le- lichten, veränderten die Situation. Damit bender Tiere dieser Art hin (A. Schmidt, war den Feldspitzmäusen die Besiedelung Verfasser mündl., 1988 zur Ausbreitung der Garten- der flußnahen Bereiche möglich und die Wernfried Jaschke spitzmaus in Brandenburg). Bei der Feld- Chancen, eine der wenigen Brücken zu Landesumweltamt Brandenburg, spitzmaus ist eher eine langsame, aber ste- überwinden oder zufällig hinüberzudrif- Naturschutzstation Buckow tige Ausbreitung, von der ehemaligen ten, stiegen an. 14715 Buckow

Europäisches „Naturschutz außerhalb von Schutzge- Naturschutzjahr 1995 bieten“ begangen wird. Rotbauchunken zählen zu den vom Die Rotbauchunke - Aussterben bedrohten Amphibienarten. Projekt des Monats Knapp 5 cm messen diese kleinen Oktober Froschlurche, die in weiten Teilen des Bundesgebietes nahezu ausgestorben sind, in Brandenburg jedoch noch in nen- Norbert Schneeweiß, der Leiter der Na- nenswerten Beständen vorkommen. turschutzstation Zepernick/Niederbar- Im „Artenschutzprogramm Rotbauch- nim erhielt am 25. Oktober für das unke“ werden aktuelle landesweite Be- „Artenschutzprojekt Rotbauchunke“ standsaufnahmen, Sanierung und Neu- die Urkunde des Bundespräsidenten. schaffung von Lebensräumen sowie po- Aus über 500 Beiträgen wurde das Ge- pulationsbiologische Untersuchungen meinschaftsprojekt von Naturschutz- und Ökosystem-Monitoring konzipiert bund und Landesumweltamt Branden- und umgesetzt. Die Wanderausstellung burg als „Projekt des Monats Oktober“ mit dem Titel „Die Rotbauchunke - eine ausgewählt. Prof. Dr. Martin Uppen- Art auf dem Rückzug“ wurde erstmals in brink, Präsident des Bundesamtes für aktualisierter Form vorgestellt. Mit der Naturschutz, übergab die Urkunde im Filmpremiere „Unkenrufe“ (Norbert Rahmen einer Präsentationsveranstal- Schneeweiß/Axel Grambow) konnten tung anläßlich des Europäischen Natur- neue Erkenntnisse zur Bedrohung dieser schutzjahres, das unter dem Motto Art vorgestellt werden. 36 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 4, 1995; 36 - 41

DIE IN DEN LETZTEN JAHREN TEILWEISE STARK VERÄNDERTEN NUTZUNGSFORMEN, INSBESONDERE DER GRÜNLÄNDEREIEN, FÜHRTEN EUROPAWEIT ZU EINER STARKEN GEFÄHRDUNG DER SEHR SENSIBLEN ART.

MICHAEL WEIDLICH, HARTMUT KRETSCHMER Die gegenwärtige Verbreitung des Schwarzblauen Ameisenbläulings (Maculinea nausithous [BERGSTRÄSSER 1779]) in Brandenburg 1. Einleitung und Pflanzenarten von gemeinschaftli- aber insgesamt die Nachweise an und chem Interesse“ geführt. denkt an eine Verwechslung mit der Durch seine hohe Spezialisierung, insbe- Diese europaweite Tendenz war auch ak- Schwesternart Maculinea teleius (BERG- sondere die enge Bindung an den Großen tueller Anlaß, die Verbreitung und Gefähr- STRÄSSER 1779). Wiesenknopf als einzige Futterpflanze dung in der Mark Brandenburg herauszu- Auch FRIESE (1956) konnte keine neuen (s.3.), kommt Maculinea nausithous in arbeiten und somit wichtige Grundlagen märkischen Funde veröffentlichen und er- Mitteleuropa nur begrenzt und in deutlich für ein brandenburgisches Artenschutz- wähnt nur die alten bekannten Fundorte, voneinander isolierten Arealen vor. Wie programm zu erarbeiten. wobei andererseits die Berliner Funde auf alle fünf anderen Arten der Gattung Ma- seiner Verbreitungskarte fehlen. culinea ist auch M. nausithous in seiner 2. Historische und aktuel- HAEGER (1968, 1976) konstatierte bei sei- Raupenentwicklung eng an die Nester sei- le Vorkommen in der nen Recherchen für die Mark Branden- ner Wirtsameisen (Myrmica laevinodes, Mark Brandenburg burg, daß die Art nur bis um die Jahrhun- Myrmica scabrinodes) gebunden. Nähere dertwende mehr oder weniger regelmäßig Einzelheiten zur Biologie und Ökologie Obwohl die Art bereits seit der Mitte des an einzelnen, isolierten Fundorten beob- sind in der Fachliteratur der letzten Jahre vorigen Jahrhunderts aus der Mark be- achtet wurde und dann bis zur Entdeckung umfassend publiziert worden (z.B. EBERT kannt ist (Berlin nach SPEYER u. SPEYER in Südbrandenburg an der Schwarzen El- u. RENNWALD 1991, WEIDEMANN 1986) 1858) und sie später von mehreren Auto- ster in den 60er Jahren offenbar spurlos und brauchen an dieser Stelle nicht näher ren jeweils aus Finkenkrug und Berlin-Jo- verschwunden war. Die Berliner Vorkom- erläutert zu werden. hannistal genannt wird (vergleiche PFÜTZ- men waren etwa um 1908 erloschen, und Die in den letzten Jahren teilweise stark NER 1891; BARTEL u. HERZ 1902; CLOß es handelte sich zusammen mit denen von veränderten Nutzungsformen, insbeson- u. HANNEMANN 1919), waren die Nach- Finkenkrug-Brieselang offenbar um Reste dere der Grünländereien, führten europa- weise damals immer nur sporadisch. von Inselpopulationen. weit zu einer starken Gefährdung der sehr CHAPPUIS (1942) nennt ebenfalls die bei- REINHARDT (1983) verweist in seiner zu- sensiblen Art. Während sie in der Roten Li- den letztgenannten Fundorte, fügt noch sammenfassenden Übersicht für die DDR ste Deutschlands 1984 noch als „Gefähr- Angaben für Rahnsdorf hinzu, zweifelt neben je einem Fund in den ehemaligen det“ eingestuft ist (PRETSCHER 1984), wird sie jetzt in der neuen Roten Liste von 1994 in die Kategorie „Vom Aussterben bedroht“ geführt (Pretscher 1994, mdl. Mitt.). Auch in den einzelnen Ländern der Bun- desrepublik läßt sich diese Tendenz verfol- gen, z.B. Niedersachsen Kategorie 1, Bran- denburg Kategorie 1, ostdeutsche ehema- lige Länder Kategorie 1, Baden-Württem- berg Kategorie 2. Als Ergebnis der Integration der Roten Li- ste Europas (HEATH 1981), wonach M. nausithous vom Aussterben bedroht ist, wird sie neuerdings auch in der FFH-Richt- linie der Europäischen Gemeinschaft in der 2. Fassung vom März 1993, Anhang II, un- ter den „Tier- und Pflanzenarten von ge- meinschaftlichem Interesse, für deren Er- haltung besondere Schutzgebiete ausge- Abb. 1 wiesen werden müssen“ und in Anhang IV Lebensraum an der Schwarzen Elster (Juli 1994) unter den „Streng zu schützende(n) Tier- Foto: M. Weidlich MICHAEL WEIDLICH, HARTMUT KRETSCHMER: DIE GEGENWÄRTIGE VERBREITUNG DES SCHWARZBLAUEN AMEISENBLÄULINGS IN BRANDENBURG 37

sen. In den 70er Jahren wurde er dann auch an der Spree bei Spremberg nachge- wiesen (HAEGER 1976, Fritsch, Kwast mündl.). Auch heute liegt der Schwer- punkt der Verbreitung in Brandenburg in den Flußauen der Schwarzen Elster (vgl. GELBRECHT et al. 1993). REINHARDT (1985) nennt weiterhin noch einen Nachweis aus Mecklenburg: Groß Quassow bei Neustrelitz als nördlichsten Fund in Ostdeutschland. Offenbar ist die- se Angabe aber nicht als gesichert anzuse- hen, weshalb sie hier nicht weiter diskutiert werden soll. Nun gab es 1994 auch mehrfach Funde in den Oderauen bei Neuzelle. Die Stellen mit Wiesenknopfvorkommen (hier jeweils im Deichbereich) sind erst seit wenigen Jahren bekannt und erstrecken sich nur über eine Länge von ca. 1 km. Bemerkenswert sind auch die neu ent- deckten, zum Teil starken Populationen östlich Berlins, die von Kretschmer 1994 zwischen Altlandsberg und Werneuchen sowie bei Berkenbrück gefunden wurden, nachdem bereits 1986 eine erste Popula- tion in diesem Talmoorbereich bei Neuen- hagen entdeckt wurde (Kretschmer). Nachfolgend sind alle Nachweise für Berlin und Brandenburg nach Meßtischblättern (MTB) gegliedert zusammenfassend auf- gelistet (siehe auch Abb. 3): (1) MTB: 3344 Finkenkrug/Brieselang (Landkreis Potsdam-Mittelmark) (PFÜTZNER 1891, BARTEL u. HERZ 1902, CLOSS u. HANNEMANN 1919), 1 Ex. von 7.(19)08 in coll. Belling Zool. Mus. Berlin (FRIESE 1956) (2) MTB: 3348 Wegendorf bei Werneuchen (Land- kreis Märkisch-Oderland) 8 Ex. am 18.7.1994 (Kretschmer) (3) MTB: 3448 Neuenhagen (Landkreis Märkisch- Oderland) ab 1986 jährlich 15 bis 30 Ex. (Kretschmer) (4) MTB: 3448 Umg. Altlandsberg (Landkreis Mär- kisch-Oderland) Abb. 2 ca. 50 Ex. am 18. und 30.7.1994 Verbreitungskarte Sanguisorba officinalis mit Arealgrenzen von Maculinea nausithous (Kretschmer) (5) MTB: 3449 Bezirken Potsdam und Frankfurt auf 6 ließen sich auch nicht nachprüfen. Aus Wahl meldet die Art 1968 und 1971 Fundorte in der Lausitz (ehemals Bezirk dem gesamten Bereich Westbrandenburgs für Strausberg Cottbus), wovon 2 heute im Land Sachsen (ehemaliger Bezirk Potsdam) gibt es keine (6) MTB: 3546 liegen. Diese Populationen im Gebiet der gesicherten M. nausithous - Funde (Küh- Berlin - Johannistal (BARTEL u. HERZ Schwarzen Elster und an der Spree sind ge- ne, 1995 mdl. Mitt.). 1902, CLOSS u. HANNEMANN genwärtig recht stabil. M. nausithous er- In der Lausitz an der Schwarzen Elster da- 1919) reicht in der Mark Brandenburg seine rela- gegen wurde M. nausithous seit der Ent- (7) MTB: 3548 tive Arealnordgrenze. Alte Angaben für die deckung im Jahre 1968 regelmäßig und in Berlin - Rahnsdorf (CHAPPUIS 1942) Stadt Brandenburg sind nicht belegt und umfangreichen Populationen nachgewie- (8) MTB: 3650 38 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 4, 1995

Plessa - Elsteraue, häufig am 20.7.1991 (Gelbrecht); Kahlaer Brücke - Elsteraue (Landkreis Elbe-El- ster) 2 Ex. am 20.7.1994 (Weidlich) (16) MTB: 4548 Lauchhammer - Elsteraue (Landkreis Oberspreewald-Lausitz) sehr häufig am 20.7.1991 (Gelbrecht), 4 weitere Fundorte in den Elsterauen (Land- kreise Oberspreewald-Lausitz und Elbe-Elster) stellenweise bis 30 Ex. am 20.7.1994 (Weidlich) (17) MTB: 4549 Ruhland - Elsteraue, häufig am 20.7.1991 (Gelbrecht), Lauchham- mer-Süd nach 1981 (Hiebert), 6 wei- tere Fundorte in den Elsterauen (Landkreis Oberspreewald - Lausitz) häufig am 20.7.1994 (Weidlich) (18) MTB: 4550 Groß Koschen - Elsteraue (Landkreis Oberspreewald-Lausitz) 1976 (Kwast), 6 Ex. am 20.7.1994 (Weid- lich) 3. Bewertung der gegenwärtigen Verbreitungssituation

Die Verbreitung von M. nausithous in der Mark Brandenburg ist im engen Zusam- menhang mit dem Vorkommen des Großen Wiesenknopfes (Sanguisorba offi- cinalis L.), der einzigen Futterpflanze des Bläulings zu betrachten. Sanguisorba officinalis erreicht im Süden des Landes Brandenburg im Tal der

Abb. 3 Schwarzen Elster bzw. im Spreetal bis etwa Die bekannten Fundorte von Maculinea nausithous in der Mark Brandenburg Cottbus die Nordgrenze seines mehr oder weniger geschlossenen Verbreitungsge- Umg. Berkenbrück (Landkreis Oder- wald-Lausitz) 1967, 29. und bietes nördlich der Mittelgebirge (siehe Spree) 6 Ex. am 25.7.1994 (Kretsch- 30.7.1968 (Krombholz, Strobach), Abb. 2). Weiter nördlich ist diese Charak- mer) häufig am 1.8.1968 (Krombholz, Ha- terart extensiver Feuchtwiesen noch auf- (9) MTB: 3954 eger, 1968, 1976) häufig am fallend häufig entlang des Elbtales bis ca. NSG „Oder-Neiße“ bei Neuzelle 1.8.1972 (Salpeter), Kleinkoschen - Wittenberg, an der Unteren Havel zwi- (Landkreis Oder-Spree) 1 Ex. am Elsteraue (Landkreis Oberspreewald- schen Rathenow und Havelberg (FISCHER 18.7., 4 Ex. am 19.7.1994 (Weidlich) Lausitz) 1957) sowie im Berliner Raum zu finden. (10) MTB: 4446 1 Ex. am 20.7.1994 (Weidlich) Vereinzelte Vorkommen gibt es darüber Neumühl bei Wahrenbrück - Elster- (13) MTB: 4452 hinaus im mittleren Brandenburg beson- wiesen (Landkreis Elbe-Elster) Spremberg (HAEGER 1976), 1974 bis ders zwischen Luckenwalde und Zossen, 27.7.1977 (Weise) ca. 20 Ex., 1983 (Fritsch, Kwast), Schwarze entlang der Oder sowie bei Eberswalde. 28.7.1990 (Weidlich) Pumpe, mehrere Ex. am 1.8.1972 Während SUKOPP (1957) noch annimmt, (11) MTB: 4449 (Salpeter) von 1973 bis 1976 noch daß die Art in die nördlichen Gebietsteile Freienhufen - Elsteraue an der Auto- Nachweise durch HAEGER (1976), eingeschleppt wurde, deutet die Verbrei- bahn (Landkreis Oberspreewald- Fritsch und Kwast tungskarte zumindest entlang der größe- Lausitz) ca. 15 Ex. am 18.7.1991 (14) MTB: 4546 ren Flüsse Elbe, Spree, Schwarze Elster und (Gelbrecht), Niemtsch - Elsteraue an Elsterwerda/West - Elsteraue, häufig Oder eher auf eine natürliche Verbreitung der Brücke (Landkreis Oberspree- am 20.7.1991 (Gelbrecht), Haida - entlang der Flußauen hin. Für einige wech- wald-Lausitz) 50-60 Ex. am Elsteraue an der Brücke (Landkreis selfeuchte Überschwemmungswiesen an 20.7.1994 (Weidlich) Elbe-Elster) 1 Ex. im Spinnennetz am Elbe und Havel sowie der südlichen Mittel- (12) MTB: 4450 20.7.1994 (Weidlich) mark wird Sanguisorba officinalis sogar als Senftenberg (Landkreis Oberspree- (15) MTB: 4547 häufig und z.T. bestandsbildend beschrie- MICHAEL WEIDLICH, HARTMUT KRETSCHMER: DIE GEGENWÄRTIGE VERBREITUNG DES SCHWARZBLAUEN AMEISENBLÄULINGS IN BRANDENBURG 39

ben (HUDZIOK 1964, BENKERT 1981). Maculinea nausithous jedoch ist seiner einzigen Futterpflanze offenbar nur teil- weise über das geschlossene Verbreitungs- gebiet (bis Südbrandenburg) hinaus nach Norden gefolgt. Die Analyse der Literatur, verbunden mit den neuen Erkenntnissen, läßt derzeit fol- gende Interpretation zu: Die Verbreitung von M. nausithous in Mit- teleuropa wie in der Mark Brandenburg ist zerstreut. Von einem ehemals geschlosse- nen Areal bis Berlin (oder noch weiter nördlich) haben sich einige Inselpopulatio- nen bis um die Jahrhundertwende (Finken- krug - Brieselang, Johannistal, Rahnsdorf) bzw. bis heute (Altlandsberg, Neuenha- gen, Werneuchen) erhalten. FRIESE (1956), dem wir eine Gesamtver- Abb. 4 breitungskarte für M. nausithous in Mittel- Lebensraum an der Oder (Juli 1994) europa verdanken, bezeichnet die relative Foto: M. Weidlich Arealnordgrenze zu dieser Zeit mit Fund- punkten am Oberlauf der Lausitzer Neiße, Zobten und Trebnitz (WOLF 1927, siehe über das Spreetal. Eine Ausbreitung in am Oberlauf der Spree und an der Elbe bei auch FRIESE 1956). Richtung Osten (Berkenbrück) könnte hier Dresden (alle Nachweise auf sächsischem Eine andere Zuwanderungsmöglichkeit ebenfalls erfolgt sein. Gebiet) (vergleiche auch Abb. 2). Die besteht über die Lausitzer Neiße, die als Weiterhin war im Raum Altlandsberg be- Fundorte im Berliner Raum sind bei ihm Verbindungselement der Populationen in dingt durch die monophage Bindung von auf der Verbreitungskarte nicht dargestellt. ihrem Oberlauf zu den Oderfunden fun- M. nausithous an den Großen Wiesen- Wir müssen sie heute wohl als reliktäre In- gieren könnte. Nachweise stammen aus knopf immer wieder die hohe Migrations- selpopulationen deuten. dem Oberlauf der Neiße (WOLF 1927, fähigkeit der Art dadurch auffallend, daß 1968 gelang der Nachweis im Gebiet der FRIESE 1956, REINHARDT 1983, Liebig sich Falter auch auf Einzelpflanzen des Schwarzen Elster. Ältere Nachweise aus 1994, mdl. Mitt.). Für den Mittellauf der Großen Wiesenknopfes relativ weit ent- diesem Gebiet existieren nicht, und es Neiße liegen nur alte Funde von Niesky vor fernt von den Hauptflugplätzen fanden. Es könnte sich hier um den Beginn einer Aus- (WOLF 1927). ist deshalb zu erwarten, daß bei weiterer breitungsperiode wieder nach Norden Diesem Einwanderungsweg spricht aber intensiver Kontrolle noch vorhandener handeln. Durch Beobachtungen in den der Fakt entgegen, daß neuere Nachweise Sanguisorba-Wiesen weitere Flugplätze siebziger, achtziger und neunziger Jahren aus dem mittleren und unteren Neißebe- der Art neu gefunden werden können. konnten stabile Populationen in weiten reich fehlen, obwohl diese Region in den Trotzdem scheint es für M. nausithous eine Bereichen der Schwarzen Elster und auch letzten Jahrzehnten als relativ gut durch- nördliche Arealgrenze zu geben, die nicht an der Spree bei Spremberg nachgewiesen forscht gilt (Weidlich, Elsner 1994, mdl. mit der Verbreitung von Sanguisorba offi- werden. Die Vielzahl dieser neueren Nach- Mitt.). cinalis identisch ist. Weder an der Unteren weise sowie ältere Fundortangaben aus Unter einem anderen Gesichtspunkt, dem Havel noch an der mittleren Elbe, wo sich diesem Gebiet (REINHARDT 1983) lassen der vorhandenen Inselpopulationen, ste- umfangreiche Bestände der Futterpflanze im Zusammenhang mit der Verbreitungs- hen die Vorkommen in und um Berlin. Es befinden, wie auch zwischen Eberswalde karte des Großen Wiesenknopfes vermu- ist hier anzunehmen, daß die relativ große und Schwedt, konnten trotz gezielter Kon- ten, daß M. nausithous sich in den letzten Zahl neuer Fundorte in den letzten Jahren trollen bisher Populationen der Art nach- Jahren in verstärkter Ausbreitung nach eher auf verstärkte und gezielte Gelände- gewiesen werden. Norden befindet. kontrollen, z.B. im Rahmen von Land- Mögliche Gründe hierfür sind in dem nach Für die Ausbreitungstheorie könnten auch schaftsgutachten, zurückzuführen ist. Die- Norden hin zunehmenden Einfluß des at- die neuen Funde 1994 in der Oderaue im se These wird zumindest für die Neufunde lantischen Klimas zu sehen, das entweder Naturschutzgebiet „Oder/Neiße“ bei östlich Berlins unterstellt, da es sich in die- arealbegrenzend auf die Tagfalterart selbst Neuzelle durch Weidlich sprechen. Trotz sem Fall um sehr umfangreiche und ver- oder auf die ansonsten weit verbreitete gezielter Nachsuche wurde der Falter 1992 mutlich auch relativ alte Sanguisorba-Be- Wirtsameise wirken könnte. Ähnliche Ver- und 1993 dort nicht beobachtet. Wahr- stände mit zum Teil individuenstarken Po- hältnisse zeigen auch die Verbreitungs- scheinlich ist hier die Zuwanderung aus pulationen (bis zu 50 Tieren) in Gebieten areale von Sanguisorba officinalis und Ma- polnischen Teilen der Oderaue. Zumindest handelt, die auf Grund ihrer Abgeschie- culinea nausithous in Niedersachsen. sind auch aus dem Crossener Oderbereich denheit bisher nicht gründlich entomolo- Nicht auszuschließen ist jedoch, daß im Vorkommen der Futterpflanze bekannt gisch untersucht wurden. Außerdem be- Rahmen der zunehmenden Erwärmung geworden (WEIDLICH). Bekannte Popula- steht zwischen den neuen Fundorten im unseres Klimas sich in den kommenden tionen gibt es am polnischen Bober Erpetal bei Neuenhagen und Altlandsberg Jahren auch die Arealgrenze von M. nau- (Löwenberg) und im Bereich der Oder bei und den alten Fundorten im Berliner Raum sithous noch weiter nach Norden ver- Breslau sowie der näheren Umgebung von eine deutliche naturräumliche Verbindung schiebt. 40 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 4, 1995

4. Zur Lebensraum- Auch könnte dies ein weiterer Grund dafür ist ihr in Verbindung mit entomologi- bindung in der Mark sein, daß M. nausithous auf großen zentral schen Beobachtungen seitens der Natur- gelegenen Niedermoorflächen im Ha- schutzstation Wirchensee seit 1992 Brandenburg velländischen Luch mit guten Beständen größere Aufmerksamkeit geschenkt Auf die Beziehung zwischen dem Vorkom- der Futterpflanze bisher nicht gefunden worden. men der einzigen Wirtspflanze Sanguisor- wurde. - Um das Wiesenknopf-Vorkommen zu ba officinalis und dem Vorkommen von Der Typ der Pflanzengesellschaft, in der sichern und vor der Überweidung durch M. nausithous in Brandenburg wurde be- Sanguisorba officinalis vorkommt, ist hin- die Deichpflege mit Schafen zu schüt- reits im vorhergehenden Kapitel Bezug ge- gegen für den Falter weniger von Bedeu- zen, wurde das Vorkommen als Trans- nommen. tung, da es sich bei den aktuellen Vorkom- sekt mit einer Länge von 150 m und Von allen Arten der Gattung Maculinea ist men in Brandenburg sowohl um versaum- Breite von 10 Metern ausgekoppelt. die Bindung an nur eine Wirtspflanze bei te Glatthaferwiesen (Arrhenatherion) oder - Der Zeitraum für die Schutzmaßnahmen M. nausithous und M. teleius am stärksten Sumpfdotterblumenwiesen (Calthion) (z.B. wurde wie folgt realisiert: ausgeprägt, da der Große Wiesenknopf östlich von Berlin) als auch um verschilfte · Einzäunung im Frühjahr 1993 nicht nur als Eiablageplatz, sondern zu Mädesüß-Hochstaudenfluren (Filipenduli- · Mahd im Spätherbst 1993 mindestens 90 % auch als Kommunika- on) (bei Werneuchen) oder andere z.T. eu- · Mahd für 1994 wurde im Frühjahr tionsplatz für die Imagines dient. Dabei trophierte Hochstaudenbereiche am Ran- 1995 realisiert. können sich manchmal schon an kleinsten de der Flußtäler (z.B. Schwarze Elster) han- In der Literatur ist bisher mehrfach darge- Beständen der Futterpflanze (weniger als delt. stellt worden, daß über Pflegekonzepte die 100 Exemplare) relativ stabile Populatio- In der Zukunft sollte insbesondere bei den Bestände der Art langfristig gesichert wer- nen ausbilden, wie dies z.B. im Erpetal bei Fundorten zwischen Neuenhagen und den können. So gibt es Erfahrungen in der Neuenhagen der Fall ist. Werneuchen sowie am Oderlauf in Ver- Schweiz, wonach eine sechsjährige Rota- An den Flugplätzen der Art fällt auf, daß in bindung mit regelmäßiger Kontrolle der tionsmahd (jedes Jahr eine der 6 der Regel die Futterpflanzen im Randbe- Sanguisorba officinalis-Vorkommen auf Teilflächen) optimale Lebensbedingungen reich der Talauen bevorzugt werden. Da- die weitere Bestandsentwicklung (Popula- garantiert (AUTORENKOLLEKTIV 1987) bei steht Sanguisorba officinalis oft an tionsdichten) des Bläulings geachtet wer- Wesentlich für die Schutz- und Pflegekon- Standorten mit ausgeprägten Feuchtegra- den. zepte sind die Phänologie und die ökologi- dienten, wie z.B. Gräben, Deichen oder im schen Besonderheiten der Art. Phänolo- Übergangsbereich zwischen Niedermoor 5. Schutz- und Pflege- gisch wurden die Tiere in Brandenburg im und Mineralböden an den Talrändern. maßnahmen für die Art Zeitraum vom 12.7. bis zum 11.8. beob- MALICKY (1968) sieht in dieser Konzen- in Brandenburg achtet. tration von M. nausithous auf Sanguisor- Im einzelnen sollten künftige Pflegekon- ba-Bestände im ausgesprochen wechsel- Etwas näher soll an dieser Stelle auf das zepte folgende Aspekte berücksichtigen: feuchten Wiesenbereich den wesentlichen Vorkommen an der Oder und bereits ge- * Der Zeitraum der Eiablage und der Jung- Unterschied zu der sehr nah verwandten leistete Pflegemaßnahmen eingegangen raupenphase in den Blütenknospen des Art Maculinea teleius, die in Süddeutsch- werden: Großen Wiesenknopfes ist ohne Eingriff land oft auf den gleichen Feuchtwiesen, - Die Stellen mit Wiesenknopfvorkom- in den Vegetationsbestand zu sichern. aber dann eher im zentralen feuchten Be- men (hier jeweils im Deichbereich) sind * Eine Mahd der Sanguisorba-Bestände reich vorkommt. seit wenigen Jahren bekannt und ge- sollte nicht vor Mitte September erfol- Möglicherweise hängt dies mit den unter- genwärtig nur in einem Deichbereich gen, da die Jungraupen in der Regel erst schiedlichen Lebensraumansprüchen der von etwa 1 km Länge vorhanden. Anfang September die Blütenköpfe ver- beiden Wirtsameisen Myrmica laevinodes - Als Gefäßpflanzenart der Roten Liste lassen und durch die Wirtsameisen in die und Myrmica scabrinodes zusammen. Brandenburgs (Kategorie 3 = Gefährdet) Ameisennester gebracht werden.

Abb. 5 Abb. 6 Lebensraum der Inselpopulation bei Altlandsberg (Juli 1994) Falter von Maculinea nausithous im NSG „Oder/Neiße“ (19.7.1994) Foto: H. Kretschmer Foto: M. Weidlich MICHAEL WEIDLICH, HARTMUT KRETSCHMER: DIE GEGENWÄRTIGE VERBREITUNG DES SCHWARZBLAUEN AMEISENBLÄULINGS IN BRANDENBURG 41

Provinz Brandenburg, 83-97: 41-52

FRIESE, G. 1956: Die Rhopaloceren Nordostdeutsch- lands (Mecklenburg und Brandenburg). -Beitr. Ent. 6, 5/6: 625-658

GELBRECHT, J.; WEIDLICH, M.; BLOCHWITZ, O.; KÜHNE, L.; KWAST,E.; RICHERT, A. u. SOBCZYK, T. 1993: Kommentiertes Verzeichnis der Großschmetter- linge (Macrolepidoptera) der Länder Berlin und Bran- denburg. -Berlin: 11-69

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HUDZIOK, G. 1964: Beiträge zur Flora des Flämings und der südlichen Mittelmark. -Verhandlungen des Botanischen Vereins der Provinz Brandenburg 101, 1: 18-58

Abb. 7 MALICKY, K.1968: Freilanduntersuchungen über eine Pflegefläche am Oderdeich bei Neuzelle im Naturschutzgebiet Oder-Neiße (Frühjahr 1995) ökologische Isolation zwischen Maculinea teleius Bgs- Foto: M. Weidlich tr. und M. nausithous Bgstr. (Lepidoptera, Lycae- nidae). -Wiss. Arb. Burgenld. 40: 65-68

PRETSCHER, P. 1984: Rote Liste der Großschmetter- * Im Erpetal bei Neuenhagen hat sich auch ne (Potsdam), W.- H. Liebig (Bad Muskau) linge (Macrolepidoptera). In: Rote Liste der gefährde- ten Tiere und Pflanzen in der Bundesrepublik Deutsch- ein Mahdtermin Ende Mai/Anfang Juni und R. Reinhardt (Mittweida), beim Lan- land. Kilda-Verlag. -Greven: 53-66 bewährt, da zu diesem Zeitpunkt bereits desumweltamt Brandenburg, Abt. Was- PFÜTZNER, J. 1891: Verzeichnis der Schmetterlinge viel konkurrierende Biomasse der Fläche serwirtschaft, bei Frau Schneider, beim der Provinz Brandenburg. -Berlin. -99 S. entzogen werden kann (Aushagerungs- BUND Brandenburg e.V., den Ortsgrup- REINHARDT, R. 1983: Beiträge zur Insektenfauna der effekt) und der Große Wiesenknopf bis pen Eisenhüttenstadt und Neuzelle bedan- DDR (Lepidoptera-Rhopalocera et Hesperiidae). -Ent. Mitte Juli noch eine ausreichende Zahl ken. Nachr. Ber. 26/Beiheft 1: 3-72 blühender Exemplare treibt (gilt beson- Weiterhin sei Herrn Dr. D. Benkert von der REINHARDT, R. 1985: Beiträge zur Insektenfauna der ders für starkwüchsige, bereits eutro- Humboldt-Universität zu Berlin (Institut DDR: Lepidoptera: Rhopalocera et Hesperiidae. -Ent. Nachr. Ber. 29, (6:) 265-270 phierte Flächen). für Spezielle Botanik und Botanische * Auf weniger eutrophen Feuchtwiesen ist Sammlungen) sowie Herrn H. Korsch von SETTELE, J. u. GEIßLER, S. 1988: Schutz des vom Aus- sterben bedrohten Blauschwarzen Moorbläulings auch eine mehrjährige Rotationsmahd der Martin-Luther-Universität Halle/Wit- durch Brachenerhalt, Grabenpflege und Biotopver- im September geeignet, wobei stets tenberg (Institut für Geobotanik und Bota- bund im Filderraum. -Natur Landschaft 63 (11): 467- 470 Teilflächen immer ungemäht bleiben nischer Garten) für die Bereitstellung der sollten (siehe auch AUTORENKOLLEK- Unterlagen zur floristischen Kartierung SPEYER, AD. u. SPEYER, AU. 1858: Die geographische Verbreitung der Schmetterlinge Deutschlands und der TIV 1987). von Sanguisorba officinalis herzlich ge- Schweiz. Teil 1: Die Tagfalter, Schwärmer und Spinner. * Bei der Mahd sind Bodenverdichtungen dankt. -Leipzig. -478 S. wie auch zu tiefer Schnitt zu vermeiden, SUKOPP, H. 1957: Verzeichnis von Neufunden höhe- da hierdurch eventuell die Wirtsameisen Literatur rer Pflanzen aus der Mark Brandenburg und angren- zenden Gebieten. -Verhandlungen des Botanischen Schaden nehmen können. AUTORENKOLLEKTIV 1987: Tagfalter und ihre Le- Vereins der Provinz Brandenburg 83-97: 31-40 * Neben den feuchten Wiesenbereichen bensräume. Arten - Gefährdung - Schutz. -Basel: 1- 516 WEIDEMANN, H.- J. 1986: Tagfalter, Bd. 1, Entwick- sind auch die angrenzenden trockeneren lung und Lebensweise. -Melsungen: 1-288 Wiesenbereiche als Hauptlebensräume BARTEL, M u. HERZ, A. 1902: Handbuch der WOLF, P. 1927: Die Großschmetterlinge Schlesiens. - der Wirtsameise in die Pflegekonzepte Großschmetterlinge des Berliner Gebietes. Berlin: - 1 - 92 Breslau 1. Teil: 1-60 einzubeziehen. * Auf eine Düngung der Flächen muß BENKERT, D. 1981: Floristische Neufunde aus Bran- denburg und der Altmark, 3. Folge. -Gleditschia 8:43- gänzlich verzichtet werden, weil die 75 Verfasser Sanguisorba officinalis-Bestände beson- BLAB, J. u. KUDRNA, O. 1982: Hilfsprogramm für Dr. Michael Weidlich ders empfindlich gegenüber Stickstoff- Schmetterlinge. -Bonn-Bad Godesberg: 1-135 Landesumweltamt Brandenburg, dünger reagieren. CHAPPIUS, U. von 1942: Veränderungen in der Naturschutzstation Wirchensee * Aspekte des Biotopverbunds müssen im Großschmetterlingswelt der Provinz Brandenburg bis 15898 Treppeln zukünftigen Artenschutzprogramm Be- zum Jahre 1938 und Verzeichnis der Großschmetter- linge der Provinz Brandenburg nach dem Stande des rücksichtigung finden. Jahres 1938. -Dtsch Ent. Z. I-IV Berlin: 138-214 Dr. Hartmut Kretschmer

CLOß, A. u. HANNEMANN, E. 1919: Die Schmetter- Zentrum für Agrarlandschafts- und Danksagung linge des Berliner Gebietes. I.Band Die Spinner, Landnutzungsforschung (ZALF) e.V. Für die bereitwillige Unterstützung und die Schwärmer und Tagfalter. -Berlin: 1-73 Müncheberg zur Verfügung gestellten Daten möchten EBERT, G. u. RENNWALD, E. 1991: Die Schmetterlin- Institut für Landnutzungssysteme und wir uns ganz herzlich bei den Herren Elsner ge Baden-Württembergs, Band 2: Tagfalter II. Stutt- Landschaftsökologie gart: 1-535 (Guben), Dr. J. Gelbrecht (Königs Wuster- Eberswalder Str. 84 hausen), E. Kwast (Hoyerswerda), L. Küh- FISCHER, W. 1957: Beiträge zur Prignitzer und Ruppi- 15374 Müncheberg ner Flora. -Verhandlungen des Botanischen Vereins der 42 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 4, 1995

Künstlich geschaffene Brutmöglichkeiten in Liebenwalde-Bischofswerder „dankend“ angenommen

Jedes Jahr im Mai kehren die Uferschwal- des Landes Brandenburg aufgenommen Ufersand. ben aus dem Süden zurück, um an steilen werden. In den darauffolgenden Jahren nahm der sandigen Abschnitten der Seen- und An der Bischofswerder Schleuse bei Lie- Brutbedarf weiter zu, so daß es unter den Flußufer ihre Brutröhren zu graben. Durch benwalde fand ich eine Möglichkeit, Brut- Vögeln zu heftigen Auseinandersetzungen massive Eingriffe in die Uferzonen, beson- plätze zu schaffen. Hier wurden bei den um die begehrten Röhren kam. Es mußten ders der Flüsse, wurden diese natürlichen Abschlußarbeiten an der Schleusenerwei- mehr Nisthilfen geschaffen werden. Lebensräume zerstört oder beseitigt. Die terung im Juli 1992 unter anderem Spund- Um dies zu gewährleisten, waren Abspra- Tiere weichen deshalb heute vielfach auf wände gesetzt, die für die Uferschwalben chen mit den entsprechenden Behörden künstlich geschaffenen „Steilwände“, z.B. eine Brutmöglichkeit boten, indem in die notwendig. Das Wasser- und Schiffahrts- in Kies- und Baugruben, bei Erdaufschüt- Spundwände Löcher mit einem Durchmes- amt Eberswalde sowie dessen Außenstelle tungen von Erschließungsarbeiten u.a. ser von 32 cm gebrannt wurden, die spä- in Zehdenick, ebenso die Untere Natur- Diese potentiellen Brutplätze sind oft nur ter Nistmöglichkeiten für die Uferschwal- schutzbehörde, standen dem Anliegen kurzlebig und werden nicht selten vor, ben bildeten. Der Erfolg ließ nicht lange aufgeschlossen gegenüber. Einer bean- während oder nach der Brutzeit beseitigt. auf sich warten - die Schwalben nahmen tragten finanziellen Unterstützung wurde Durch diesen akuten Brutplatzmangel die Löcher sofort an und gruben hinter den unbürokratisch zugestimmt. mußte die Uferschwalbe in die Rote Liste Spundwänden ihre Brutröhren in den losen Eine Schlosserei aus Lehnitz sowie die Schiffswerft Malz beteiligten sich an der Umsetzung des Vorhabens. Als die Uferschwalben wie jedes Jahr um den 22. Mai aus dem Süden eintrafen, nutzten sie bereits die ersten von den neu geschaffenen Nistangebote und konnten ihren Nachwuchs ungestört aufziehen. Dieser Beitrag soll dazu anregen, anderen- orts ebenfalls Brutmöglichkeiten zu schaf- fen, um dieser Art zu helfen.

Roland Heigel Bischofswerder Weg 17c 16559 Liebenwalde (033 054) 61 476

Das Haus der Naturpflege in Bad Freienwalde blickt auf eine 35jährige Geschichte zurück

Aus diesem Anlaß konnte am 17. Juni 1995 eine neues Vortrags- und Gästehaus eingeweiht werden. Matthias Platzeck, der Minister für Natur, Umwelt und Raumord- nung des Landes Brandenburg würdigte das neue Gebäude als eine „... zukunfts- trächtige ... Investion...“. In den 35 Jahres seines Bestehens war das Am Tage der Haus der Naturpflege seit 1965 stets ein Einweihung des Zentrum praktischer Naturschutzarbeit der neuen Vortrags- und Gästehauses DDR. - (von links nach Die Feierstunde war zugleich auch eine rechts) Minister Anerkennung für die Gründer des Hauses Matthias Platzeck, Erna der Naturpflege und ermutigte, die Tradi- Kretschmann tionen dieser wichtigen Einrichtung fortzu- (stehend) setzen. und Kurt Kretschmann mit Prof. M. Succow Kurt Kretschmann (gekürzt) Foto: R. Behm NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 4, 1995 43

Neue Schutzgebiete in Brandenburg

Naturschutzgebiet (NSG) „Stintgraben“

Lage/Geomorphologie Schutzzweck Rindern beweidete Weißklee-Weidelgras- Die Niederung des Stintgrabens liegt im Schutzzweck ist die Erhaltung und Ent- weiden (Lolio perennis-Cynosuretum cri- Bereich der Gemeinden Groß Köris und wicklung des Gebietes stati) vor. Auf Grund der geringen Moor- Löpten (Topographische Karten 1:10 000 1. als Standort seltener, in ihrem Bestand mineralisation sind diese Flächen jedoch 0909-144, 322). Es weist nur geringe bedrohter wildwachsender Pflanzen- bei einer Extensivierung der Nutzung Höhenunterschiede (35 bis 40 m ü. NN) gesellschaften, insbesondere verschie- größtenteils regenerationsfähig und lassen auf und ist naturräumlich dem Dahme- dener Bruchwaldzonen, Feuchtwie- sich in artenreichere Feuchtwiesen um- Seengebiet zuzuordnen. Das NSG er- senbereiche und Ufergehölze; wandeln. In stärker mineralisierten Berei- streckt sich mit einer Größe von 110,3 ha 2. als Lebensraum bestandsbedrohter chen dominiert artenarmes Saatgrasland als schmales Band von der Oberförsterei Tierarten, insbesondere für Entenvögel wechselfeuchter Standorte des Verbandes Hammer im Südosten in nordwestliche und Säugetiere, als Laichgebiet selte- Deschampsion cespitosae. Höher gelege- Richtung zum Nordrand von Klein Köris. Es ner Fischarten, vornehmlich des vom ne, sandige Flächen werden von artenar- handelt sich um eine flachgründig ver- Aussterben bedrohten Binnenstintes, men Grasnelken-Schafschwingelfluren des moorte, glaziale Schmelzwasserrinne, die sowie als Rückzugsgebiet für be- Verbandes Armerion elongatae eingenom- in die fast ebenen Talsandflächen des Dah- standsbedrohte Amphibien.; men. Abschnittsweise kommen in der megebietes eingebettet ist. Wesentlich für 3. aus ökologischen Gründen zum Erhalt Stintgrabenniederung mehr oder weniger den Wert des Gebietes ist der Stintgraben, und zur Wiederherstellung des Biotop- stark entwässerte Erlen-Bruchwälder (Urti- der zwar als bereits im vorigen Jahrhundert verbundes der Teupitzer Gewässer mit co-Alnetum glutinosae) vor. In der Kraut- künstlich angelegter Entwässerungsgra- der Dahme. schicht überwiegen hier die charakteristi- ben einen über große Abschnitte naturfer- schen Arten Rasenschmiele (Deschampsia nen Verlauf aufweist, jedoch im Unterlauf Flora und Vegetation cespitosa), Große Brennessel (Urtica dioi- eine relativ starke Strömung und naturna- In der Vegetation des Gebietes herrschen ca), Frauenfarn (Athyrium filix-femina) he Wasservegetation besitzt. großflächig relativ artenarme, intensiv mit und Wasserdost (Eupatorium cannabi-

Abb. 1 44 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 4, 1995

Aussterben bedrohte Drahtseggenried (Caricetum diandrae) vorhanden. Ältere, seit längerem verlandete Torfstiche wer- den von bunten Feuchtwiesengesellschaf- ten des Verbandes Calthion mit Sumpfdot- terblume (Caltha palustris), Kohldistel (Cirsium oleraceum), Sumpf-Kratzdistel (Cirsium palstre) und Kuckucks-Lichtnelke (Lychnis flos-cuculi) besiedelt. Ein erst vor wenigen Jahren angelegter Torfstich enthält neben dem Schwimmen- den Laichkraut (Potamogeton natans) be- merkenswerterweise auch das an nähr- stoffarme, etwas kalkhaltige Gewässer ge- bundene Alpen-Laichkraut (Potamogeton Abb. 2 rufescens). Fieberklee (Menyanthes trifoliata) Fauna Foto: F. Der Stintgraben selbst ist einer der letzten Zimmermann Massenlaichplätze des vom Aussterben bedrohten Binnenstintes (Osmerus eperla- nus spirinchus) in Brandenburg. Die Wie- senniederung hat für Vorkommen ver- schiedener Wiesenbrüter und Greifvögel Bedeutung. Detaillierte Untersuchungen zum faunistischen Wert des Gebietes lie- gen noch nicht vor.

Gebietszustand/ Entwicklungsziele Auf Grund der teilweise tiefgründigen Ent- num). Unmittelbar am Graben ist, aller- grostis canescens), Wassernabel (Hydro- wässerung durch das Grabensystem des dings sehr kleinflächig, noch der Was- cotyle vulgaris) und Schmalblättrigem Stintgrabens, insbesondere im südöstli- serfeder-Erlensumpf (Hottonio-Alnetum Wollgras (Eriophorum angustifolium) als chen Teil des Gebietes, stehen oft ober- glutinosae) mit der charakteristischen wichtige Arten. Kleinflächig ist auch das flächig mineralisierte Torfe an. Die Erlen- Wasserfeder (Hottonia palustris) ausgebil- besonders bemerkenswerte, ebenfalls vom brüche sind zum großen Teil ganzjährig re- det. lativ trocken. Vordergründig ist eine stär- In der Flora des durch Moorwasser gespei- kere Wasserhaltung im Südteil durch Anla- sten Stintgrabens dominieren Kanadische ge von Zwischenstauen im Graben anzu- Wasserpest (Elodea canadensis) und Auf- streben. Die Beweidung (derzeit mit Mut- rechte Berle (Berula erecta), die häufig von terkuhherden) darf nur extensiv erfolgen. fädigen Grünalgen überwuchert werden. Größere Teile der Grünlandflächen müssen Die floristisch und vegetationskundlich gemäht werden, um die Regeneration von wertvollsten Bereiche befinden sich im Feuchtwiesen zu fördern. Die Auffor- nordöstlichen Zipfel des Stintgrabengebie- stungsflächen an der Försterei Hammer tes. Hier kommen in ehemaligen Torfsti- gehören zu den entwicklungsbedürftig- chen unterschiedliche artenreiche Zwi- sten Flächen des NSG. Die Erarbeitung ei- schenmoor- und Flachmoorgesellschaften nes detaillierten Pflege- und Entwicklungs- in relativ großer Flächenausdehnung vor. konzeptes für das Gebiet steht noch aus. Dominierend ist das vom Aussterben be- drohte Fadenseggenried (Caricetum lasio- Dr. Frank Zimmermann carpae) mit Fadensegge (Carex lasiocar- pa), Moor-Reitgras (Calamagrostis stric- ta), Fieberklee (Menyanthes trifoliata), Sumpf-Blutauge (Potentilla palustris) und Torfmoos (Sphagnum recurvum) als cha- Berichtigung rakteristische Arten. Ebenfalls flächen- mäßig gut vertreten ist die Hundsstraus- In unserem letzten Heft (3/95) unterlief gras-Grauseggengesellschaft (Carici cane- bedauerlicherweise ein Fehler. Auf Seite scentis-Agrostietum caninae) mit Grau- Abb. 3 37, linke Spalte im letzten Absatz mußte es segge (Carex canescens), Hundstrausgras Kohldistel (Cirsium oleraceum) heißen: „Augenfällig sind die ... Limikolen, (Agrostis canina), Sumpfreitgras (Calama- Foto: F. Zimmermann z.B. Rotschenkel... .“ NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 4, 1995 45

Literaturschau Artengruppen oder der charakteristischen serregulierung und schließlich die Anwen- Artenkombination gebildeten Vegetati- dung auf standortgerechte Waldbautech- KOPP, DIETRICH; onseinheiten (Assoziationen) der Pflan- nologien. SCHWANECKE, WALTHER: zensoziologie. Das letzte Kapitel der Verfahrensgrundla- Die so auf der topischen Ebene erkundeten gen ist der periodischen Fruchtbarkeits- Standörtlich-naturräumliche Standortsformen sind die Bausteine der kontrolle und der Laufendhaltung der Grundlagen ökologie- z.B. in den Wuchsbezirken zum Ausdruck Standortskarten gewidmet. Standortge- gerechter Forstwirtschaft kommenden Standortsmosaike; deren Er- rechte Forstwirtschaft benötigt die Erfolgs- kundung (Mosaikanalyse), also der Über- kontrolle ebenso, wie es nötig ist, die Fol- Deutscher Landwirtschaftsverlag Berlin gang auf die chorische Ebene, ist der zwei- gen der vielseitigen außerforstlichen Ein- GbmH, 1994. 248 S., 95 Tab., 23 Abb., 3 te Schritt der Grundlagenerhebung. Er wirkungen auf den Wald zu dokumentie- mehrfarbige Anlagen. Literatur- und wird an je einem Beispiel aus dem Tiefland ren, seien es die Rückwirkungen der Sachwortverzeichnis. Preis: DM 72,-. (Oranienburger Sandniederung) und dem großflächigen landwirtschaftlichen Melio- ISBN 3-331-00666-1. Hügelland (Treffurter Muschelkalk-Mosa- rationen oder Fremdstoffeinträge aus In- ikbereich) erläutert. Ausführungen zur Er- dustrie, Siedlungszentren und Verkehr. In diesem Band werden erstmals geschlos- kundung technogener und technogen um- Das letzte Kapitel enthält einen geschicht- sen die Grundzüge von Verfahren und Er- gestalteter Standorte (ehem. Rieselfelder, lichen Rückblick, eine Beurteilung des er- gebnissen der forstlichen Standortserkun- Kipp- und Haldenstandorte u.a.) be- reichten Bearbeitungsstandes und Hinwei- dung in Ostdeutschland vorgestellt. Die schließen das Kapitel der Grundlagenerfas- se auf die Erfahrungen bei der Anwendung Autoren präsentieren damit ein innerhalb sung. des Verfahrens außerhalb Deutschlands. der letzten vier Jahrzehnte entstandenes, Die in großer Zahl erhobenen Standorts- Ein Literaturverzeichnis (260 Titel) und ein auf bisher 2,69 Mio ha realisiertes und formen bilden eine äußerst vielseitig inter- angesichts der Fülle neuer, zuweilen etwas praktisch wirksam gewordenes Werk der pretierbare naturwissenschaftliche Grund- eigenwilliger Begriffe eher mager ausge- ostdeutschen Forsteinrichtung, an dessen lage der forstlichen Standortserkundung, fallenes Sachregister beschließen den Entwicklung, Vervollkommnung und prak- die aber unaufbereitet der Mehrzahl der Band. tische Umsetzung sie als Leiter der Ent- Praktiker noch wenig hilfreich ist. Zur prak- Dank ihrer intensiven, an den naturwissen- wicklungsgruppen für die forstliche Stan- tischen Anwendung erfolgt daher eine for- schaftlichen Grunddisziplinen der Stan- dortserkundung in Eberswalde (seit 1951) stökologische Kennzeichnung der Stan- dortskunde (Bodenkunde, Klimakunde, und Weimar (seit 1958) von Anfang an dortsformen, zunächst durch Bildung der Vegetationskunde, Hydrologie, Quartär- maßgeblichen Anteil hatten. Territorial nach Nährkraft und Feuchtstufe geglieder- geologie/Geomorphologie) orientierten geht es um die 42 forstlichen Wuchsgebie- ten (Standortsformgruppen (kurz: Stan- Grundlagenerfassung entstand mit der te der ostdeutschen Bundesländer in den dortsgruppen), weiter durch deren Kenn- forstlichen Standortserkundung in Ost- Standortregionen zwischen der mecklen- zeichnung nach der Fruchtbarkeit (Frucht- deutschland ein weit über die forstlichen burgisch-vorpommerschen Ostseeküste barkeitsziffern), nach dem Einfluß des Belange hinaus nutzbares geoökologisches und der Mittelgebirgsstufe des Erzgebir- Standortes auf die Stabilität der Waldbe- Arbeitsinstrument. Schon die vielseitigen ges, des Thüringer Waldes und des Harzes. stände und nach seiner Reaktion auf forst- Anforderungen der forstlichen Praxis wa- Der Hauptteil der Arbeit gliedert sich in die liche und außerforstliche Eingriffe (Bau- ren stets Herausforderungen an die Ver- Kapitel Grundlagenerfassung, Kennzeich- martenwechsel, Streunutzung, Wald- vollkommnung seiner Anwendbarkeit und nung der Standortsformen und -mosaike, brand, Entwässerung usw.). Dazu kommt an eine ständig erweiterte wissenschaft- Anwendung im Waldbau und Fruchtbar- eine forsttechnologische Kennzeichnung, lich-technologische Durchdringung. Dabei keitskontrolle/ Laufendhaltung der Stan- d.h. eine Aussage über Einsatzmöglichkei- spielten die umfangreichen landschafts- dortskarten. Zentrale Komponente der ten der gängigen Walderneuerungs-, verändernden Maßnahmen zu DDR-Zei- Grundlagenerfassung ist die Standorts- Waldpflege- und Erntetechnologien und ten sicher eine nicht zu unterschätzende form mit den Teilkomponenten Klima, Bo- über deren Rückwirkung auf die Stan- Rolle. Heute sind es mehr und mehr An- den, Grund- bzw. Stauwasser und Relief; dortsfruchtbarkeit. Genau wie die Stan- forderungen an die landeskulturellen Lei- sie findet ihre Widerspiegelung in der Ve- dortsformen sind auch deren Gruppierun- stungen des Waldes und die Belange einer getationsform. Beide Komponentenfor- gen nach Stamm- und Zustandseigen- geoökologisch fundierten Landnutzung, men unterscheiden sich merklich in ihren schaften zu trennen. Für die danach gefer- die auf den Grundlagen der forstlichen von Natur aus vorhandenen „Stammei- tigten Standortskarten wird je ein Beispiel Standortserkundung aufbauen werden. genschaften“ und den durch menschliche vorgestellt. Für Naturschutz und Forstwissenschaft Einwirkung entstandenen „Zustandsei- Sehr umfangreich wird auf die Anwen- gleichermaßen hilfreich sind die Ergebnisse genschaften“. Bei der Grundlagenerfas- dung der Standortskartierung im Waldbau der Standortserkundung auf der chori- sung entfällt der Hauptaufwand wohl auf eingegangen, als dem wohl ursprünglich- schen Ebene, denkt man nur etwa an die die Aufnahme und Kennzeichnung der Bo- sten Feld forstlicher Anforderungen an die angestrebte Qualifizierung der den na- denformen. Menschliche Einflußnahme Bodenkunde und Standortslehre. Einen turräumlichen Gegebenheiten nach Lage manifestiert sich im Humuszustand und in breiten Raum nimmt die Lenkung der Bau- und Größe Rechnung tragende Verteilung der darauf empfindlich reagierenden Ve- martenwahl ein, gerade auch unter dem der Naturwaldreservate. Die Maßnahmen getation. Zu ihrer Charakterisierung wur- Gesichtspunkt von Zielbestockungen für der Landschaftspflege, besonders in den den nach standortbezogenen, also ökolo- die Umwandlung nicht standortgerechter Großschutzgebieten, haben in der forstli- gischen Artengruppen (Standorts-)Vege- Bestockungen; dem folgen die Anforde- chen Standortskarte und ihren Erläuterun- tationsformen gebildet; sie sind nicht zu rungen aus der Sicht der Waldbodenmeli- gen einen überaus reich ausgestatteten In- verwechseln mit den nach soziologischen oration und aus der Grund- und Stauwas- formationsfundus. 46 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 4, 1995

Die stete, sowohl den produktionsökologi- gewollten standortkundlichen Durchdrin- schen bewährten Grundsätzen der forstli- schen und technologischen als auch den gung einer konkreten Aufgabe, um an- chen Standortskartierung fußende Stan- vielseitigen wissenschaftlichen Anforde- hand der Standortskarte und der zugehöri- dortserkundung auf topischer Ebene für rungen Rechnung tragenden Weiterent- gen Tabellen und Erläuterungen Zugang alle Zweige der Landnutzung. wicklung des Sachgebietes und die Vielsei- zu dieser durch ihre Komplexität auch Beiden Autoren gebührt Anerkennung tigkeit des Arbeitsgegenstandes Waldstan- schwierigen Materie zu finden. Auch bei und Dank, das mit Hilfe zahlreicher Stan- dort selbst führten zu einer zeitlich unter- der Anwendung der Standortskarten im dortserkunder erarbeitete Wissen um un- schiedlichen Form in der Präsentation der Gelände werden Fragen nicht ausbleiben, sere Waldstandorte in diesem Band zu- Arbeitsergebnisse und zu einer Vielzahl die sich letztendlich nur im lebendigen sammengestellt und damit einer ökolo- neuer Symbole und Arbeitsbegriffe, die Kontakt mit der Eigenart der betreffenden gisch fundierten Landnutzung einen guten den Außenstehenden zunächst irritieren Naturräume beantworten lassen. Zu wün- Dienst erwiesen zu haben. können. Es bedarf schon der gezielten und schen wäre schließlich eine auf den inzwi- K. H. Großer

Sonderhefte der Biotopkartierung Brandenburg „Naturschutz und Land- Kartierungsanleitung schaftspflege in 2., korr. Auflage Brandenburg“ Herausgegeben vom Landesumweltamt In dieser Reihe erschienen bisher die Son- Brandenburg derhefte Die für alle Biotopkartierungen in Bran- „Niedermoore“ (4,50 DM), denburg verbindliche Anleitung ist für Kar- „Greifvögel und Eulen“ (8,- DM), tierer und fachlich Interessierte gegen Zah- „Naturschutz auf Agrarflächen“ (6,- DM) lung einer Schutzgebühr von 5,- DM er- und hältlich: D. Dolch „Beiträge zur Säugetierfauna des Landes Brandenburg - Die Säugetier- UNZE-Verlag GmbH fauna des ehemaligen Bezirkes Potsdam“ Wollestraße 43, 14482 Potsdam (18,- DM). Landesumweltamt Brandenburg Die Hefte können beim Landesumweltamt Abteilung Naturschutz, Michendorfer Brandenburg (Referat ÖA/B), PF 601061, Chaussee 114, 14473 Potsdam 14410 Potsdam oder bei der UNZE-Ver- lagsgesellschaft mbH, Wollestr. 43, 14482 Referat Öffentlichkeitsarbeit/Berichte Potsdam käuflich erworben werden. Postfach 601061, 14410 Potsdam

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Sonderhefte sind nicht Bestandteil des Das Abonnement verlängert sich um jeweils 1 Jahr, wenn es nicht acht Wochen vor Abonnements. Jahresende gekündigt wird. NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG HEFT 4, 1995 47

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