196. Spielzeit Grußwort Liebes Bremer Publikum, ich habe die Ehre und das Vergnügen, Sie heute zu unse- rem 3. Philharmonischen Konzert begrüßen zu dürfen. Ich freue mich sehr, nach über acht Monaten endlich wie- der ein Konzert in unserer Glocke gemeinsam mit Ihnen zu erleben. Grußwort 3 Programm 4 Normalerweise spiele ich mit meinem Orchester vor al- Dirigent 6 lem großbesetzte Spätromantik auf dieser Bühne. Auf- Solistin 8 grund der Beschränkungen und Abstandsregelungen Werkeinführung 10 mussten wir jedoch unser ursprünglich für das heutige Im Gespräch 24 Konzert geplante Programm etwas umstellen. So darf ich Phil Einblicke 30 heute aber ein ganz besonderes kammermusikalisches prophil 32 Werk mit meinen Kollegen und unserem Generalmusikdi- Vorschau 34 rektor Marko Letonja auff ühren. «Deux Danses» von Clau- Impressum 35 de Debussy, einem meiner Lieblingskomponisten, hat mich im Jahr 2015 gewissermaßen nach geführt, weil es ein Pfl ichtstück bei dem Probespiel für meine Stel- le hier im Orchester war.

In dieser besonderen Zeit, mit besonderen Konzertforma- ten und besonderen Werken, merken wir Musiker noch mehr als sonst, wie unverzichtbar Sie, unser Publikum, sind und wie sehr uns intime Konzerterlebnisse gefehlt haben und zum Leben dazugehören.

Danke für Ihre Treue, bleiben Sie gesund!

Eine Konzerteinführung kann auf Grund der behördlich angeordneten Hygienebestimmungen zur Eindämmung des Corona-Virus nicht stattfi nden.

Fotografi eren sowie jegliche andere Form von Bild- und Tonaufzeichnungen des Konzertes sind aus urheberrechtlichen Gründen verboten. 3 Programm Romantisch

Marko Letonja, Dirigat Amandine Carbuccia, Harfe

Charles E. Ives (1874–1954) Tōru Takemitsu (1930–1996) The Unanswered Question Rain Coming '8 '9

Urauff ührung 11. Mai 1946 in New York Urauff ührung: 26. Oktober 1982 in London

Claude Debussy (1862–1918) (1833–1897) Deux Danses für Harfe Serenade Nr. 2 in A-Dur op. 16 und Streicher L.103 '29 '10 Allegro moderato Scherzo. Vivace – Trio Danse sacrée Adagio non troppo Danse profane Quasi Menuetto – Trio Rondo. Allegro Urauff ührung: 6. November 1904 in Paris Urauff ührung: 10. Februar 1860 in Hamburg

Igor Strawinsky (1882–1971) Konzert in Es für Kammerorchester „Dumbarton Oaks“ '16

Tempo giusto Allegretto Con moto

Urauff ührung: 8. Mai 1938 in Washington

4 5 Dirigat Marko Letonja Seit Beginn der Spielzeit 2018/2019 ist Marko Letonja Generalmusikdirektor und Chefdirigent der Bremer Philharmoniker. Zudem ist er seit 2012 Chefdirigent des Orchèstre Philharmonique de Strasbourg, mit dem er international durch Tourneen und Gastspiele u.a. in Deutschland und Südkorea für Aufsehen sorgte und 2019 den Grand Prix für die beste Opernproduktion des Syndicat Professionel de la Critique gewann.

Marko Letonja ist außerdem Artistic Director des Tasmanian Symphonie Orchestra, an dem er zuvor von 2011 bis 2018 Chefdirigent war. Unter seiner Amtszeit gelang es ihm, das Tasmanian Orchestra auf ein neues künstlerisches Niveau zu bringen und ihm zu neuem Glanz zu verhelfen. So gewann er 2017 den Helpman Award für das beste Konzert eines Symphonieorchesters.

Als Gastdirigent arbeitet Letonja mit den Wiener Symphonikern, den Münchner Philharmonikern, dem Orchestre de la Suisse Romande, den Hamburger Sym- phonikern, dem Orchester Filamonica della Scala in Mailand und dem Berliner Radio-Symphonieorchester zusammen sowie mit dem Seoul Philharmonic, dem Mozarteum Salzburg, dem Stockholmer Opernorches- ter, dem Staatsorchester Stuttgart und dem Orchester Sinfonica di Milano Giuseppe Verdi und ist regelmäßig u.a. an den Opernhäusern in Wien, Genf, Rom, Dres- den, Berlin, München und Lissabon. Zudem ist er gern gesehener Gast in Australien und Neuseeland und wur- de 2008 zum Principal Guest Conductor des Orchestra Victoria Melbourne ernannt.

Letonja begann sein Studium als Pianist und Dirigent an der Musikakademie von Ljubljana und schloss es 1989 an der Akademie für Musik und Theater in Wien ab. Schon zwei Jahre später wurde er Musikdirektor der Slowenischen Philharmonie in Ljubljana, die er bis zu seiner Ernennung zum Chefdirigenten und Musik- direktor des Sinfonieorchesters und des Theaters Basel leitete. In dieser Zeit begann auch seine internationale Laufbahn als Konzertdirigent. 7 Harfe Amandine Carbuccia Die französische Harfenistin Amandine Carbuccia wurde 1990 in Nizza geboren und begann mit sieben Jahren ihre musikalische Ausbildung am Conservatoire de Nice. Anschließend studierte sie am CNSMD de Lyon, wo sie ihr Masterstudium mit Auszeichnung absolvierte. Mit dem Konzertexamen schloss sie 2017 ihr Studium an der HfMDK in Frankfurt am Main ab. Sie gastierte bei namhaften Orchestern wie dem NDR Elbphilharmonie Orchester Hamburg, den Münchner Philharmonikern, dem Gewandhausorchester Leipzig, an den Staatsopern Hamburg und Hannover. Sie spielte bereits unter Diri- genten wie Lorin Maazel, Zubin Metha, Daniel Harding, Christoph Eschenbach, Valery Gergiev, Gustavo Dudamel, François-Xavier Roth und trat auf Konzertreisen in der weltbekannten Carnegie Hall in New York, der Berliner Philharmonie und dem Wiener Musikverein auf.

Parallell zu ihrer Orchesterkarriere konzertiert Amandine Carbuccia regelmäßig als Solo- und Kammermusikerin. Recitals brachten sie bereits ins Concertgebouw Amster- dam, Künstlerhaus München und Auditori Barcelona. Als Solistin trat sie mit verschiedenen Orchestern wie den Bremer Philharmonikern, dem Orchestre Philharmonique de Nice, der Kammerphilharmonie Dacapo München, der Nieuwe Philharmonie Utrecht, dem Orchestre Lamoureux und dem Philharmonischen Orchester Gießen auf.

Amandine Carbuccia ist Preisträgerin zahlreicher inter- nationaler Wettbewerbe. Im Jahr 2009 gewann sie den 3. Concours International de Nice und im März 2012 die International Dutch Harp Competition (sowie den Audience Award) in Utrecht. Beim renommierten Lily Laskine International Harp Competition in Paris erhielt sie 2014 den 3. Preis (1. Preis wurde nicht vergeben). Sie war Stipendiatin der Yehudi Menuhin Live Music Now Stiftung, der ADAMI und der Academie musicale de Villecroze.

9 Werkeinführung Holzbläser ein und scheinen eine Antwort auf die Frage der Trompete geben zu wollen. Aber ihr Spiel Charles E. Ives klingt zunehmend chaotisch, erratisch und bricht nach kurzer Zeit ab. Sechsmal wiederholt sich The Unanswered Question dieser Ablauf. Die siebte Frage der Trompete bleibt schließlich ohne Resonanz und die Streicherakkorde verklingen im Nichts.

„Frage nach dem Warum“

Das Signal der Trompete ist für Ives „die ewige Frage der menschlichen Existenz“, die dahinfließenden lei- sen Streicherakkorde repräsentieren nichtssagende Floskeln, mit denen man die Frage zu beantworten sucht. Die vier Holzbläser stehen für die wenigen Menschen, die sich durch die Frage in Unruhe ver- setzen lassen - aber ihre Antwortversuche scheitern. Die Frage nach dem Sinn des Lebens, die Frage nach dem „Warum“ steht weiter im Raum. Für immer.

Was kann einen Menschen zur Verzweiflung trei- „musikalischer Visionär“ ben? Eine schier unüberwindliche Hürde etwa? Ein Cliffhanger am Ende einer neuen Folge der Mit diesem 1906 geschriebenen Stück und anderen Lieblingsserie? Oder eine unbeantwortete Frage? Werken wie etwa „Central Park In The Dark“ oder Die Ungewissheit, das Warten und das Wissen, dass vierteltönigen Kompositionen hat Ives, der ausgebil- die Antwort unter Umständen zum Greifen nahe dete Versicherungsvertreter und kompositorische wäre, wenn man sie denn bekäme, das kann in der Autodidakt, immer wieder für Furore gesorgt. Kolle- Tat kaum auszuhalten sein. In seinem Stück „The giale Anerkennung erfuhr er zeitlebens selten, seine Unanswered Question“ wirft der amerikanische Wirkung auf die Musikgeschichte jedoch war im- Komponist Charles Ives genau so eine Frage auf. Er mens. Die Verwendung von Bitonalität (die gleichzei- stellt diese Frage, musikalisch ausgedrückt durch ein tige Verwendung völlig unterschiedlicher Tonarten) von der Trompete gespieltes Motiv, immer wieder. und Polyrhythmen (dito in rhythmischer Hinsicht) Beantwortet wird sie jedoch nie. Jahrzehnte bevor sie in die Standardwerkzeugkiste für Kompositionen des 20. Jahrhunderts übernom- men wurden, machen ihn zu einem musikalischen „fünf fragende Visionär. und klagende Töne“

Im Pianissimo beginnen zunächst die Streicher, die das harmonische Terrain mit sich immer wiederho- lenden Akkorden abstecken. Diese Monotonie wird plötzlich von einem Trompetensignal durchbrochen: fünf fragende und klagende Töne, mehr nicht. Zu den beruhigenden Streicherklängen setzen anschließend 10 11 Werkeinführung Durch diese Kreuzung etwa in der Mitte der Saiten konnten beide Reihen von beiden Seiten erreicht Claude Debussy werden, man muss dazu allerdings über und unter Deux Danses für Harfe den Kreuzungspunkt greifen. Erard und Pleyel gaben 1904/05 Werke in Auftrag, und Streicher L.103 um die neuen Möglichkeiten ihrer Instrumente auch vorführen zu können. Erard wandte sich an Maurice Ravel, Pleyel an Debussy. Der schrieb daraufhin seine „Deux Danses“, für Harfe, Flöte, Klarinette und Streichquartett, zwei attacca (ohne Pause) mitein- ander verbundene Tänze: einen „geistlichen“ (sacrée) und einen weltlichen (profane). Beide Tänze sind in gemäßigtem Tempo gehalten, wobei es in der welt- lichen Danse profane durch häufigere Tempowechsel und raschere Bewegungen deutlich weniger gezie- mend und erhaben zugeht. Danse sacrée

Als Danse sacrée lässt der erste Tanz einen sakralen, weihevollen Eindruck entstehen. Die Melodik wirkt Der Anlass war in jeder Hinsicht profan: Es war ein archaisch, zugleich geht von den weich perlenden Kompositionsauftrag des Pariser Instrumentenbauer Akkordketten der Harfenstimme ein besonderes Pleyel, der Claude Debussy dazu brachte, sich solis- klangliches Flair aus. Immer wieder hat Debussy in tisch mit der Harfe zu befassen. seiner Musik die Antike und die geheimnisvolle Aura eines mit der Natur verbundenen, archaischen Ritus beschworen. In die anfangs statische musikalische „Konkurrenzkampf zwischen Entwicklung kommt erst nach und nach Bewegung. Pariser Klavierbaufirmen“ Die Tonart ist dorisch, eine alte Kirchentonart, die eine deutliche harmonische Patina verströmt. Auslöser dafür war ein Konkurrenzkampf zwischen Mit einer schlichten Pendelbewegung klingt der den beiden führenden Pariser Klavierbaufirmen Weihetanz langsam aus und geht unmittelbar in die Pleyel und Erard. Beide hatten Ende des 19. Jahrhun- Danse profane über. derts neue Harfentypen entwickelt - Pleyel eine chromatische Harfe mit gekreuzten Saiten, Erard Danse profane eine Doppelpedalharfe. Bei diesem Harfentyp konn- ten die Saiten durch Fußpedale in zwei Stufen je um Hier wirkt die Rhythmik impulsiver und entschie- einen Halb- und einen Ganzton nach oben gestimmt dener. Die Streicher bilden mit einem sanften werden. Bei Pleyels Harfe waren die Saiten dagegen Walzer-Rhythmus einen wogenden Klangteppich, gekreuzt in zwei Reihen angeordnet. Dies entsprach darüber entfaltet die Harfe sanfte Melodien und in etwa der Anordnung einer Klaviertastatur mit glanzvolle Kaskaden. Der Gestus der Musik bleibt den diatonischen Saiten (was den weißen Tasten jedoch auch in diesem Satz weitgehend den leisen entspricht) auf der einen und pentatonisch gestimm- Tönen vorbehalten. ten Saiten (schwarze Tasten) auf der anderen Seite. 12 13 An Debussys Musik lag es sicher nicht, dass sich von dem Pianisten Jan Paderewski, einem Freund der nicht der Harfentyp Pleyels durchgesetzt hat. Heute Familie, signierte Flügel. ist die Doppelpedalharfe, für die Ravel komponiert hatte, der Standard. Aber auch auf diesem Instru- ment klingen Debussys Danses ausgezeichnet. „kleines Konzert im Stil der 'Brandenburgischen Konzerte'“

Zur Feier ihres dreißigsten Hochzeitstages schenkte sich das Ehepaar Bliss etwas Besonderes. Man Igor Strawinsky erteilte keinem geringeren als Igor Strawinsky den Auftrag, ein Werk für Kammerorchester zu schreiben, Konzert in Es das in Dumbarton Oaks uraufgeführt werden sollte. Bevor er mit dem Komponieren begann, besuchte für Kammerorchester Strawinsky Dumbarton Oaks 1937 und benannte das dreisätzige Werk dann auch direkt nach dem Ort der „Dumbarton Oaks“ Uraufführung. Später auf dieses Werk angesprochen, nannte er es „ein kleines Konzert im Stil der Branden- burgischen Konzerte Johann Sebastian Bachs.“ „unverschämte Anleihen“

„Ich spielte Bach sehr regelmäßig während der Kom- position des Konzerts“, erinnerte sich Strawinsky später, „und ich fühlte mich sehr zu den Brandenbur- gischen Konzerten hingezogen. Ob das erste Thema meines ersten Satzes eine bewusste Anleihe aus dem dritten Satz der Brandenburgischen Konzerte ist, weiß ich allerdings nicht. Was ich sagen kann, ist, dass Bach es mir mit Sicherheit gerne geliehen hätte; eine solche Anleihe war genau das, was er gerne gemacht hätte.“ Nur bei einigen Zeitgenos- Vom Potomac aus muss man nur die Wisconsin sen stieß Strawinsky damit auf Kritik. Der Dirigent Avenue hinaufschlendern, einmal quer durch George- und Komponist René Leibowitz warf Strawinsky town laufen und dann eine scharfe Rechtskurve öffentlich „unverschämte Anleihen“ bei Bach vor. nehmen. Nach einem Aufstieg über längliche Hügel Doch für Strawinsky war dieses Vorgehen absolut kommt man schließlich zu dem Anwesen Dumbarton gängig. Die Beschäftigung mit Bach gab ihm zudem Oaks. Das prächtige Haus im föderalen Stil thront auch persönlich Halt in einer schwierigen Zeit. Als auf dem Kamm eines bewaldeten Tals in Washing- er das Konzert zu Hause in Europa komponierte, ton D.C.. 1933 kaufte der Industrielle und Diplomat waren seine älteste Tochter Ludmilla und Strawinsky Robert Woods Bliss das Anwesen und machte es zum selbst an Tuberkulose erkrankt. Ludmilla überlebte Schauplatz regelmäßiger musikalischer Gesellschaf- die Krankheit nicht, zudem starb Strawinskys Frau ten. Glanzstück des repräsentativen Ensembles, das Katja im folgenden Jahr. Die Uraufführung dirigierte heute ein Museum beherbergt, war der große Musik- deshalb auch in Abwesenheit des sich noch erholend- saal mit wertvollen Wandteppichen und Gemälden en Strawinsky Nadia Boulanger. (darunter El Grecos „Die Heimsuchung“) und dem 14 15 „erinnert an ein barockes Tōru Takemitsu Concerto grosso“ Rain Coming

Wie die meisten Bach-Konzerte hat auch Strawin- skys Konzert drei Sätze in der üblichen Anordnung schnell-langsam-schnell. Die Sätze folgen ohne Pause aufeinander, verbunden nur durch ruhige akkordische Kadenzen. Anklänge an die Brandenbur- gischen Konzerte sind überall zu hören, angefangen mit barock wirkenden Figurationen, einer lichten Satzstruktur und einem Kontrapunkt wie aus dem Lehrbuch. Die formale Struktur erinnert an ein barockes Concerto grosso, bei dem eine Gruppe von solistischen Musikern einem Orchester gegenüber- gestellt wird. Filigrane thematische Arbeit bestimmt den Mittelsatz, während die Ecksätze von Fugati „Auf seinem Weg in das Meer der Tonalität unter- gekennzeichnet sind. nimmt das Stück Metamorphosen, ganz wie die Zirkulation des Wassers im Universum.“ So erklärte „wandlungsfähiges der japanische Komponist Tōru Takemitsu sein Stück Rain Coming. Er skizziert hier die eigenartige Stim- Chamäleon“ mung und den ganz besonderen Duft, welchen man wahrnimmt, wenn ein Regenschauer in der Luft liegt, Strawinsky erweist sich mit Dumbarton Oaks einmal aber noch nicht begonnen hat. mehr als ein äußerst wandlungsfähiges Chamäleon. Vielleicht ähnelt deshalb das Hauptthema des zweiten Satzes nicht ohne Grund in verblüffender „Geschehnisse aus der Natur“ Weise einer Phrase aus Verdis Falstaff, in der dieser besingt, wie er sein Aussehen ändern würde, wenn er Zusammen mit Werken wie Garden Rain, Rain Tree nicht mehr er selbst wäre. und Rain Spell ist Rain Coming Teil des Zyklus Wa- terscape, der sich - wie viele Werke Takemitsus – mit Das Konzert war das letzte Werk, das Strawinsky in der Natur auseinandersetzt. Takemitsu gelang es auf Europa vollendet hat. Im September 1939 verließ er ganz besondere Weise, Geschehnisse aus der Natur Europa und emigrierte in die Vereinigten Staaten. in seine Musik zu übersetzen. Seine delikate Schreib- weise ist durch äußerstes Raffinement geprägt, im Hinblick auf die Wahl der Klangfarben, ebenso wie im Hinblick auf die zarte, fast schon zerbrechlich wir- kende rhythmische Struktur und die subtile Harmonik.

„Rhythmus der Natur und Zeit des Geistes“

Was Takemitsu als „Meer der Tonalität“ bezeichnet, ist eine kompositorische Metapher für einen harmo- 16 nischen Fluss, der nicht zuletzt von Komponisten wie 1993 in Wien. Er war einer der Komponisten, die beim Claude Debussy und Olivier Messiaen beeinflusst ist, diesjährigen Festival für Neue Musik Wien Modern sich aber doch einen ganz eigenen Weg durch das vertreten waren. (Das war nur drei Jahre vor seinem Gebirge der Tradition sucht. In einer Notiz zu einer Tod 1996, im Alter von 65 Jahren.) Oliver Knussen seiner Kompositionen aus den frühen 1960er Jahren dirigierte die London Sinfonietta, und Takemitsu war schrieb der Komponist: „Wenn ich fließendes Wasser selbst anwesend, eine wohlwollende Präsenz trotz sehe und höre, erinnert es mich an ein altes japanis- seiner Meinungsverschiedenheit mit Knussen über ches Wort: Tao (der Weg). Mein Bild des Tao ist nicht Brahms' Orchestrierung. „Von Brahms würde man ein kontinuierlicher Weg, sondern viele unverbundene keine Orchestrierung lernen wollen“, sagte Knussen, Punkte. Die Zuhörer werden ein Gefühl von Stille, oder Worte in diesem Sinne. Takemitsu antwortete: Bewegung, Zeit und Raum erleben. Diese Räume und „Ich wünschte, ich könnte wie Brahms orchestrier- Zeiten sind nicht dasselbe wie in der Physik. Sie sind en.“ Da sie von zwei Komponisten kommen, die so Rhythmus der Natur und Zeit des Geistes.“ sensibel für die Feinheiten der instrumentalen Farben sind, müssen beide Recht gehabt haben, aber es „faszinierende Schlichtheit“ war Takemitsus Musik, die auf mich den stärkeren Eindruck machte.“ Grundmotiv des Stückes ist ein Dreiklang, der zuerst in der Altflöte auftaucht, dann durch die Stimmen wandert und dabei vielfältig variiert wird. Blockhafte Klangballungen stehen immer wieder unvermittelt fragilen Klanggespinsten gegenüber. „Rain coming“ Johannes Brahms ist wie viele von Tōru Takemitsus Orchesterwerken von einer geradezu eigentümlich faszinierenden Serenade Nr. 2 Schlichtheit. Das kammermusikalisch besetzte Werk, erreicht eine außerordentliche orchestrale Klangfülle. in A-Dur op. 16 Die poetische Stilistik mutet zeitlos an, das klangliche Ergebnis ist ungeheuer faszinierend. Als einer der produktivsten Komponisten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hinterließ Takemitsu ins- gesamt über 180 Konzertstücke, 93 Filmmusiken und mehrere Werke für Theater und Tanz. Als Komponist war er weitgehend Autodidakt. „Ich wünschte, ich könnte wie Brahms orchestrieren.“

Ebenso legendär wie seine Produktivität war auch seine Bescheidenheit. Der britische Musikautor Tom Service erinnerte sich in einem Artikel im britischen Guardian an eine Begegnung mit dem Komponisten: „Ich kann mich daran erinnern, wie ich zum ersten Brahms würde es vermutlich verkraften, wenn man Mal den japanischen Komponisten Tōru Takemit- Zweifel an seiner Instrumentationskunst anmelden su gehört habe. Es war sein Stück Archipelago S, sollte, auch wenn der knorrige Hamburger des Öfte- geschrieben für ein großes Ensemble, und es war ren durchaus große Selbstzweifel hegte. Viele Werke 18 überarbeitete er mehrfach, zufrieden war er selten. Clara, zu der Brahms ein enges Verhältnis hatte, war An manchen Gattungen, wie etwa der Symphonie, die erste Person, der Brahms seine neue Serenade laborierte er ewig herum, bis er zu einem für ihn schickte. Ihre Reaktion – nachdem Brahms ihr in den zufriedenstellenden Ergebnis fand. Anders dagegen vergangenen Monaten immer wieder einzelne Sätze verhielt es sich bei der Komposition zweier Serenaden, der Serenade hatte zukommen lassen – war enthusi- die er während seiner Zeit als Dirigent der Detmolder astisch. Hofkapelle (1857-1859) angeregt durch das dortige Bläserensemble schrieb. 1. Satz

Der erste Satz wird ein von einem choralartigen, in „von Anfang an Gefallen an Sexten geführten Hauptthema geprägt. Das in Terzen, dem Werk“ dem Komplementärintervall der Sexte, geführte pointier te zweite Thema fehlt in der Durchführung, Durch die Besetzung für fünf Bläserpaare, Bratschen, dem Hauptteil des Satzes, ganz und kommt erst in der Violoncelli und Streicherbässe (ohne Violinen!) ent- leise verklingenden Coda richtig zur Geltung. steht in der Serenade Nr. 2 eine gewisse klangliche Nähe zu den Bläserserenaden Mozarts. Und ganz 2. Satz untypisch für ihn, fand Brahms sogar von Anfang an Gefallen an dem Werk. Er unterzog es zwar 1860 Das kurze Scherzo folgt einer Dacapo-Form (Scherzo– einer Revision, die aber vergleichsweise milde ausfiel. Trio-Scherzo). Rhythmisch lebt dieser Satz von der be- Insgesamt sind die beiden Serenaden auch als eine wussten Verschleierung der üblichen Schwerpunkte: Art Übung für seine Symphonien anzusehen. Denn die Ein zweiteiliger Rhythmus wird in einen Dreiertakt Auseinandersetzung mit der größten aller klassischen gepresst. Damit kontrastiert die weiche, wieder in Formen war für viele Komponisten nach Beethoven Sexten geführte Melodik des Trios. eine große Hürde. Eine Symphonie zu schreiben, sagte Brahms einmal, das sei für ihn eine Frage auf Leben 3. Satz und Tod. Auch das Adagio ist dreiteilig. Das emotionale Herz- Erst nachdem er 1857 die Anstellung in Detmold stück der Serenade wird von einer Bläserkantilene angenommen hatte, wo er zum ersten Mal die G e- über einem achtmal in verschiedenen Tonarten wieder- legenheit hatte, regelmäßig mit einem Orchester zu holten Bassthema eröffnet. Der Teil ist somit eine freie arbeiten, begann Brahms auch Orchestermusik zu Passacaglia, bei der über einer sich wiederholenden komponieren. Doch war er zunächst zurückhaltend: Basslinie Variationen ablaufen. Clara Schumann Seine erste Serenade war ursprünglich als Nonett für urteilte über das Adagio: „Es ist wunderbar schön! Bläser und Streicher geplant und wurde erst später Mir ist dabei, als könnte ich kein Wort finden für die für Kammerorchester arrangiert. Wonne, die mir dies Stück schafft. Das ganze Stück hat etwas Kirchliches, es könnte ein Eleison sein.“ „Clara Schumanns Reaktion 4. Satz war enthusiastisch“ Auch der vierte Satz, ein Menuett, folgt einer Daca- Die zweite Serenade ist das erste Stück, das Brahms po-Form (ein Menuett rahmt ein Trio, beide jeweils mit dem Klang eines Orchesters im Hinterkopf zweiteilig) mit kurzer Coda. Allerdings bezeichnet schrieb. Zeitgleich arbeitete er an seinem ersten, 1859 Brahms den Satz ausdrücklich mit „Quasi Menuet- vollendeten Klavierkonzert. Robert Schumanns Witwe to“: Hier handelt es sich also nicht einfach um ein 20 reguläres Menuett, sondern um eine romantische Adaption desselben. „Sehr anmutig“ und „etwas „Brahms war mit sich Haydnsch“ fand Clara Schumann diesen Satz, der in im Reinen“ den streng paarweise geführten Bläsern ein Schema der klassischen Harmoniemusik übernimmt. Brahms Wie auch immer, wenigstens der sonst so skrupulöse gestattete ausdrücklich, die innige Oboenmelodie Brahms war mit sich im Reinen. Anlässlich der Fertig- des Trios auch auf der Geige oder Bratsche zu spie- stellung des Arrangements für Klavier zu vier Händen len, doch nur auf der Oboe kommt diese „eigentüm- schrieb er 1860 an den Geiger Joseph Joachim: lich schwebende Melodie“, so Clara Schumann, so „Lache nicht! Mir war ganz wonniglich dabei zu Mute. richtig zur Geltung. Mit solcher Lust habe ich selten Noten geschrieben; die Töne drangen so liebevoll und weich in mich, dass 5. Satz ich durch und durch heiter war.“

Der Auftakt des Finales, eine signalartige Quarte, schlägt den Bogen zum Beginn der Serenade. Der Refrain dieses Rondos ist ein stilisierter Marsch.

„gemischtes Echo“

Nach der 2. Serenade sollten sage und schreibe nicht weniger als vierzehn Jahre vergehen, bis Brahms ein weiteres Orchesterwerk vollendete, die Variationen über ein Thema von Haydn. In der Zwischenzeit arbeitete er schon an seiner ersten Symphonie, die 1876 uraufgeführt wurde. Das Echo auf die 2. Serenade war gemischt. „Die Serenade des Herrn Brahms erstens ist ein zähes, ewig zwischen Wollen und Nichtkönnen umherschwankendes, und vor allen Dingen urlangweiliges Product. Die Erfindung darin ist mager und dürftig, und die Arbeit macht verzwei- felte Anstrengungen, um polyphon und gelehrt zu er- scheinen – es bleibt aber leider nur bei den Anstren- gungen und Anläufen. Herr Brahms muss sich immer Guido Krawinkel vergegenwärtigen, dass guter Wille und tüchtige Gesinnung allein noch kein Kunstwerk ausmachen“, studierte in Bonn Musik- so urteilte ein Rezensent. Ein anderer lobte dagegen wissenschaften, Französisch, „die reizende Einfachheit der ganzen Behandlung, Kommunikationsforschung welche die zweite Serenade so besonders auszeichnet und Philosophie. und die Präzision und Klarheit des Ausdrucks.“ Als freier Musikjournalist arbeitet er u.a. für den Bon- ner Generalanzeiger, NMZ, Crescendo, Klassik-Heute, die Bamberger Symphoniker und die Elbphilharmonie. 22 Marko Letonja Im Gespräch Barbara Klein: Ursprünglich sollte es beim 3. Philhar- monischen Konzert ein reines Brahms-Programm mit den Symphonien Nr. 2 und 3 geben. Warum hast Du gerade diese beiden ausgewählt? Marko Letonja: Johannes Brahms ist dafür bekannt, dass seine Symphonien extrem anspruchsvoll sind. Carlos Kleiber hält die 3. sogar für die schwierigste Symphonie der Welt. Ich habe sie übrigens erst ein einziges Mal dirigiert, lange Zeit her, in den 90ger Jahren. Eine Erfahrung habe ich damals mitge- nommen: Um sich an die Symphonien von Brahms und vor allem an seine 3. heranzuwagen und sie so zu präsentieren, dass man seinen eigenen An- sprüchen gerecht wird, sollte man das Orchester gut kennen. In meinen ersten zwei Jahren hier in Bremen ist zwischen dem Orchester und mir ein sehr gutes und enges Vertrauensverhältnis ent- standen. Wir sind nun soweit, bereit für Brahms. Ich bin mir sicher, dass wir das gemeinsam sehr gut hinbekommen hätten. Mit dem heiteren Charakter und den hellen Klangfarben der beiden Dur-Sym- Marko Letonja über Brahms, phonien wollte ich in diesen teilweise doch etwas unbeantwortete Fragen und bedrückenden Zeiten auch etwas Fröhlichkeit und weshalb Programmänderungen Optimismus in den Konzertsaal transportieren. nicht immer ein Dilemma sein müssen Und wieso hattest du das Programm nicht chronolo- gisch vorgesehen, sondern die 3. vor die 2. Symphonie gesetzt? Das hat einen sehr einfachen dramaturgischen Grund: Die 3. endet eher ruhig und getragen, die 2. dagegen mit einem mitreißendem Orchestertutti – für mich der ideale Abschluss eines erfüllenden Konzertabends.

Brahms gilt seit der Urauff ührung seines Deutschen Requiems im Bremer Dom in Bremen quasi als „eingebürgert“ – fühlt man sich als Bremer Philhar- moniker deshalb seinem Werk besonders verpfl ichtet? Ich habe den Eindruck gewonnen, dass Brahms für Bremen eine sehr wichtige Rolle spielt – egal mit wem ich darüber in Bremen, Frankreich, Australien 25 oder Asien im Gespräch bin. Selbst für den korea- ich mich bei der Frage, wie lange diese Situation nischen Konzertveranstalter ist es außerordentlich wohl noch andauern würde … eine nicht zu beant- wichtig, dass wir zu unseren dortigen Gastspielen wortende Frage. Da schoss mir „The unanswered mit Brahms im Gepäck anreisen. Brahms und Bre- question“ von Charles Ives in den Kopf. Er zielte in men sind international also untrennbar verbunden. seinem Werk natürlich auf eine andere Frage ab, Sich seinem Werk zu widmen, scheint in Bremen aber sie lässt sich sehr plakativ auf unseren heuti- einerseits also eine Selbstverständlichkeit zu sein, gen Corona-Alltag übertragen: Es gibt Fragen, die andererseits ist es aber auch ein kulturelles Erbe, lassen sich nicht beantworten, wie z.B. wie lange dass nicht ohne ist – Brahms ist immer eine große dieser Ausnahmezustand noch dauern soll. Ein Herausforderung und stellt Musiker vor eine wirk- passender Opener für ein vollkommen umgestelltes lich schwierige Aufgabe. Aber umso mehr Freude Programm. Und auch wenn wir manchmal glauben, macht es ja auch, sich in großer Besetzung mit rund wir könnten kaum noch etwas auf die Bühne brin- 80 Musikerinnen und Musikern mit so anspruchs- gen, zeigt sich doch gerade in diesem Programm vollen Werken dem heimischen Publikum oder auf die unglaubliche Vielfalt der Musik. Und das ist einer Tournee zu präsentieren. Leider lässt sich auf etwas durch und durch Positives. Grund der Corona-Pandemie dies nun nicht wie geplant realisieren. Du siehst es also nicht unbedingt nur als Dilemma, dass auf Grund von Abstands- und Hygieneregelun- Das stimmt, denn nach den Pandemie-bedingten gen große symphonische Werke nicht auf die Bühne Programmänderungen stehen nun also nicht zwei gebracht werden können und stattdessen Werke für großbesetzte Symphonien von Johannes Brahms auf kleinere Besetzungen gespielt werden? dem Programm, sondern seine Serenade Nr. 2. Wieso Jede Medaille hat zwei Seiten. Natürlich sind wir gerade dieses Werk? derzeit bei der Werkauswahl limitiert, aber mit Mal davon abgesehen, dass es sehr schöne Musik diesem Handycap müssen wir nun mal jetzt für eine ist, die Brahms mit seiner Serenade komponiert Weile leben. Da hilft kein Lamentieren, sondern hat, ist sie vor allem wegen ihrer besonderen Beset- eher der Blick auf die vielen ungeahnten Entde- zung äußerst ungewöhnlich: keine Geigen und mit ckungen, die wir gerade auf unserer Suche nach Ausnahme vom Horn auch keine Blechinstrumente. spielbaren Werken machen. Strawinskys Dumbar- Es hat durch diese Besetzung einen außerordent- ton Oaks zum Beispiel, ein höllisch schwieriges lichen Reiz, liegt es doch irgendwo im Niemandsland Werk, das wir sonst vielleicht nie auf den Spielplan zwischen Kammermusik und großer Symphonik und gesetzt hätten, da es wie die Serenade von Brahms steht deshalb auch nur selten auf den Spielplänen im Grenzgebiet zwischen Kammermusik und gro- von Kammer- oder Philharmonischen Orchestern. ßer Symphonik liegt. Man braucht schon einen trif- tigen Grund, so ein Werk als Bremer Philharmoni- Neben diesem Werk von Brahms werden Kompo- ker ins Programm aufzunehmen, Corona bietet ihn. sitionen von Charles Ives, Igor Strawinsky, Claude Ich möchte nichts schönreden, aber unter diesem Debussy und Tōru Takemitsu präsentiert. Auf den Gesichtspunkt man kann es auch als Gewinn sehen. ersten Blick eine Zusammenstellung über drei Konti- nente und zwei Jahrhunderte – was hat das mit dem Und wie begeistert man ein Publikum, das uns ja vor ursprünglich geplanten Brahms-Programm zu tun? allem für den großen Orchesterklang liebt, für eher Gibt es Anknüpfungspunkte, die gerade zu dieser kleinbesetzte Konzerte mit vielleicht unbekannteren Auswahl geführt haben? Werken? Vielleicht eher eine spontane Eingebung. Als klar In dem wir unserem Publikum nichts vormachen, war, dass wir auch weiterhin erst einmal nicht in sondern es mitnehmen auf eine auch für uns großer Besetzung konzertieren können, ertappte wagemutige Entdeckungsreise in ungewohntes 26 27 Repertoire. Diese Konzerte werden für uns eine spannende neue Erfahrung, aber das Publikum ist eingeladen, uns in diese Terra Incognita zu beglei- ten. Wir gehen off en mit dieser Situation um und zeigen unsere Wandlungsfähigkeit.

Als Solistin wird die Harfenistin der Bremer Philhar- moniker, Amandine Carbuccia, Claude Debussys Deux Danses für Harfe und Streicher interpretieren. Wie ist das für dich als Dirigent mit einer Musikerin solistisch zu arbeiten, die du normalerweise in den Orchester- reihen vor dir hast? Ich könnte mir vorstellen, dass es etwas anderes ist als mit Künstlern, die ausschließlich solistisch unterwegs sind. Ich freue mich, dass wir so großartige Musikerin- nen und Musiker in unseren Orchesterreihen haben, die den Vergleich mit denen nicht scheuen müssen, die ausschließlich als Solist bekannt sind. Die Entscheidung für eine Orchesterstelle oder eine Solo-Karriere hat weniger mit dem Talent oder den Fähigkeiten des Einzelnen zu tun, sondern viel- mehr mit der Frage, wo ich mich am wohlsten fühle: Liebe ich das Konzertieren in einer festen Gemein- schaft , oder reizt es mich mehr, vor den Orchester- reihen zu stehen? Das schöne ist, dass das eine das andere nicht ausschließen muss, sondern wir als Philharmoniker unseren Musikerinnen und Musi- kern immer wieder Gelegenheiten bieten, sich auch solistisch zu zeigen. In dem Sinne mache ich bei der Arbeit auch keine Unterschiede, ob es sich um jemanden handelt, der von Konzertsaal zu Konzert- saal jettet, oder um jemanden, mit dem ich regel- mäßig zusammenarbeite.

Ein Zeitsprung: Corona ist vorbei, das Kulturleben blüht wieder auf, nichts ist unmöglich, alles ist spiel- bar – gibt es einen musikalischen Herzenswunsch, den du dir dann erfüllen möchtest? Oh ja, ein Werk, dass das Bremer Publikum von uns noch nie gehört hat und live vielleicht auch noch mit keinem anderen Orchester: die Symphonie Nr. 8 von Mahler. Das wäre wirklich ein Fest!

28 29 Phil Einblicke Violinistinnen Katja Osovitski und Marina Miloradovic erstmals als Violinen-Duo zusammen. Vor ihrem ersten Mit Kontrabass und Konzert im Rahmen der beliebten „Kammermusik am Sonntagmorgen“ im Goldenen Saal des Atlantic Grand Fagott beim Stift ungstag Hotel Bremen durften sich bereits die Orchesterkol- leginnen und -kollegen bei der Generalprobe im Orches- terprobensaal in der Findorff er Plantage von der Qualität des Duos überzeugen. Einstimmiges (Experten-)Urteil: Super!

Was macht eigentlich die Musikwerkstatt ???

Beim „Tag der Europäischen Stiftungen in Bremen“ sorgten Kontrabassist Hiroyuki Yamazaki und Fagot- tist Berker Sen am 1. Oktober im Festsaal der Bremer Handelskammer für das musikalische Rahmenprogramm. Die beiden Philharmoniker stießen in dieser Besetzung als außergewöhnliches Duo mit Werken von Mozart und Rossini auf große Begeisterung bei den Teilnehmern, die die Veranstaltung nutzten, um die vielfältige Stiftungsland- schaft sichtbar zu machen. Was Stifterinnen und Stifter durch ihr Engagement so alles bewirken können, zeigte sich am Beispiel dieses stimmungsvollen musikalischen Corona macht es vielen Schulen und Kindergärten Programms auf beeindruckend klangvolle Art und Weise. nahezu unmöglich, Ausfl üge mit öff entlichen Verkehrs- Dank engagierter Unterstützer und Förderer können Kul- mitteln in eine unserer Musikwerkstätten zu veran- turschaff ende, soziale Institutionen und Bildungseinrich- stalten. Doch statt nun auf das Kennenlernen und tungen wertvolle Beiträge für die Gesellschaft leisten. Ausprobieren von klassischen Orchesterinstrumenten zu verzichten, lautet die Devise unserer Musikpädago- gen: „Ihr könnt nicht zu uns kommen? Macht nix, dann Konzertprobe vor Kollegen kommen wir zu Euch!“ Mit dem Philmobil ist das Team nun fast täglich unterwegs und besucht vollgepackt mit Instrumenten – und Desinfektionsmittel! – Schul- klassen und Kindergartengruppen. Pro Besuch können hintereinander zwei Gruppen in jeweils einstündigen Workshops Streicher- oder Bläserwelten erkunden oder mit verschiedenen Percussioninstrumenten asia- tische und afrikanische Klangwelten entdecken. Für nähere Informationen und Buchung steht David Gutfl eisch, Koordinator der Musikwerkstatt, gern zur Verfügung: [email protected], Als Orchesterkolleginnen kennen und schätzen sie sich Tel. 0421 / 6267314. schon lange, doch Ende Oktober spielten die beiden 30 31 GmbH und Quartiersentwickler des Kellogg-Areals auf Posaunen im Gemüse: der Überseeinsel, deren Reden von der Bundestagsab- Flowin IMMO und die Bremer Philharmoniker geordneten Kirsten Kappert-Gonther durch das Pro- Michael Scheer, Geschäftsführer gramm moderiert wurden. Unsere Klimaschutz-, Umwelt-, G.i.B. Gesellschaft für integrative Beschäftigung mbH Mobilitäts- und Stadtentwicklungssenatorin Dr. Maike Schaefer verstärkte uns bei allen Pressegesprächen. Seit langem wünschen wir uns musikalische Veranstaltun- Daniela Buchholz dokumentierte das Event fotografi sch. gen in unseren Gärten. Am Mittwoch den 23.09. fand nun erstmalig ein musikalisches Event der sehr besonderen Mit Anne Lüking von prophil e.V. und Christian Kötter-Lix- Art statt. Mit 'Posaunen im Gemüse' gelang uns trotz aller feld, dem Geschäftsführer und Intendanten der Bremer Pandemieeinschränkungen eine musikalische Eröff nung an Philharmoniker, haben wir das Event gemeinsam geplant unserem neuen Standort an der Weser. Open Air, zwischen und veranstaltet. Unser Dank gilt auch und insbesondere Hopfen und Radieschen. unseren Förderern von der SWB AG, der Karin und Uwe Hollweg-Stiftung, der Überseeinsel GmbH, der Sparkasse Das 12-köpfi ge Bläserensemble der Bremer Philharmoniker Bremen und der Initiative Stadtbremische Häfen e.V., spielte mitsamt Alphörnern bei uns an der Weser auf, un- ohne deren Zutun es so nicht hätte kommen können. plugged und in transdisziplinärer Mission mit dem Bremer HipHop-Künstler Flowin IMMO, den wir für einen Tag von Die Veranstaltung ist Auftakt einer jährlich wiederkehren- seiner Bremer Karibik, die „Komplette Palette“ fl ussauf- den Kooperation. wärts, loseisen konnten. So fusionierte klassische Musik mit Rap zu – so nennen wir es mal – Trompeten-Hop. Neben drei Solos der Bremer Philharmoniker und drei Sooper Loopern, bei denen Flowin IMMO auf Wortzuruf der Gäste spontan textete und mit allerhand bizarren Gartenwerkzeu- gen musizierte, entstanden drei gewaltige Hymnen im Ver- bund, die uns selbst und unseren etwa einhundert Gästen Werden auch Sie Mitglied, verschenken Sie eine Mitgliedschaft oder spenden Sie. ins Gemüt und unter die Haut gingen (Audiofi les gibt es auf Wir würden uns freuen. Schreiben Sie uns an: unserer Website www.gib-bremen.info). [email protected] Nähere Informationen zu unserem vielfältigen Programm mit Probenbesuchen, Empfängen, Dazu unsere starken GastrednerInnen, namentlich unser Filmen und Vorträgen fi nden Sie unter Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte, die Bundes- www.prophil.de. tagsabgeordnete und ehemalige Bundesministerin für Ihr Vorstand prophil Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Renate Freundeskreis der Künast sowie Dr. Klaus Meier, Inhaber der Überseeinsel Bremer Philharmoniker e.V. 32 33 Vorschau So 13.12. 11:00 So 29.11. 11:30 Mo 14.12. 19:30 Atlantic Grand Hotel Bremen Di 15.12. 19:30 Musikalische Halluzinogene Kammermusik am Sonntagmorgen

Ludwig van Beethoven Fidis Quartett: Winterzauber 4. Philharmonisches Konzert (1770–1827): : Reinhold Heise, Violine Streichquartett D-Dur op.18/3 : Ines Huke-Siegler, Violine : Annette Stoodt, Viola Ludwig van Beethoven : Claude Debussy : Ulf Schade, Violoncello (1770–1827): Valda Wilson, Sopran (1862–1918): Streichquartett Symphonie Nr. 2 John Nelson, Dirigat d-Moll op.10 D-Dur op.36 Ah, perfi do op.65 Symphonie Nr. 8 Es-Dur op.93

Karten-Vorverkauf Ticket-Service in der Glocke 6–8, 28195 Bremen Mi 19:00 Öff nungszeiten 9.12. Mo–Fr 10:00–18:00, Schuppen Eins Sa 10:00–15:00 Impressum Tel. 0421/336699 Herausgeber [email protected] Bremer Philharmoniker GmbH Idyllische Schlittenfahrt Plantage 13, 28215 Bremen Schuppenkonzert Nordwest-Ticket [email protected] Kartenshop im Pressehaus Bremen www.bremerphilharmoniker.de Werke von: : Martinistraße 43, 28195 Bremen Intendant Christian Kötter-Lixfeld Robin McKelle, Öff nungszeiten Grafi k und Layout Sarah Volz Richard Wagner (1813–1883), Gesang Mo–Fr 9:00–18:00, Texte Guido Krawinkel, Pjotr Iljitsch Tschaikowsky Brandon Keith Brown, Dirigat Sa 9:30–14:00 Barbara Klein (1840–1893) und Wolfgang Tel 0421/363636 Redaktion Barbara Klein [email protected] Fotos Marina Schell (S.3, S.8), Amadeus Mozart (1756–1791) Gregory Massat (S. 6), privat (S.23), sowie jazzige Christmas-Songs Weitere Vorverkaufsstellen Caspar Sessler (S.24), Jannis Dirk- KPS Tickets, sen (S.30), Bremer Philharmoniker TSC Ticket & (S. 30, 31, 34), Daniela Buchholz Touristik-Service-Center GmbH (S.32), Brandon Keith Brown (S.34), Marco Borggreve (S.35) Platzgenau online buchen und Karten einfach selbst Wir danken den beteiligten ausdrucken Künstleragenturen und Fotografen www.bremerphilharmoniker.de für die freundliche Unterstützung. 34 35 Wir investieren in Ethik. Die neue nachhaltige Geldanlage aus Bremen.