18. Wahlperiode Plenarprotokoll 18/121

HESSISCHER LANDTAG 21. 11. 2012

121. Sitzung

Wiesbaden, den 21. November 2012

Amtliche Mitteilungen ...... 8371 Einzelplan 04 ...... 8420 Entgegengenommen ...... 8371 Heike Habermann ...... 8420 Günter Schork ...... 8421 Vizepräsident Lothar Quanz ...... 8371 Mathias Wagner (Taunus) ...... 8422 Mario Döweling ...... 8424 16. a) Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Barbara Cárdenas ...... 8426 Landesregierung für ein Gesetz über die Ministerin ...... 8427 Feststellung des Haushaltsplans des Lan- des Hessen für die Haushaltsjahre 2013 Einzelplan 05 ...... 8429 und 2014 – Drucks. 18/6515 zu Drucks. 18/5926 – ...... 8371 Heike Hofmann ...... 8429 Stefan Müller (Heidenrod) ...... 8430 Beratung beendet ...... 8479 Mürvet Öztürk ...... 8432 b) Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Hartmut Honka ...... 8433 Landesregierung für ein Gesetz zur Ände- Dr. Ulrich Wilken ...... 8434 rung des Finanzausgleichsgesetzes und Minister Jörg-Uwe Hahn ...... 8434 des Hessischen Besoldungsgesetzes – Drucks. 18/6516 zu Drucks. 18/6034 – ...... 8371 Einzelpläne 06, 17 und 18 ...... 8436 Beratung beendet ...... 8479 Norbert Schmitt ...... 8436 Wolfgang Decker ...... 8371 Gottfried Milde (Griesheim) ...... 8437 Sigrid Erfurth ...... 8438 Alexander Noll ...... 8439 Einzelplan 02 ...... 8371 Willi van Ooyen ...... 8439 Thorsten Schäfer-Gümbel ...... 8371 Minister Dr. Thomas Schäfer ...... 8440 Ministerpräsident Volker Bouffier ...... 8379 Tarek Al-Wazir ...... 8389 Einzelplan 07 ...... 8441 Wolfgang Greilich ...... 8396 Willi van Ooyen ...... 8401 Uwe Frankenberger ...... 8441 Dr. Christean Wagner (Lahntal) ...... 8404, 8411 Jürgen Lenders ...... 8443 Dr. Thomas Spies ...... 8410 Karin Müller () ...... 8444 Dr. Walter Arnold ...... 8445 Janine Wissler ...... 8447 Einzelplan 01 ...... 8411 Minister Florian Rentsch ...... 8449

Einzelplan 03 ...... 8411 Einzelplan 08 ...... 8451 Nancy Faeser ...... 8411, 8419 Dr. Thomas Spies ...... 8451 Alexander Bauer ...... 8412 Dr. Ralf-Norbert Bartelt ...... 8452 Jürgen Frömmrich ...... 8414 Kordula Schulz-Asche ...... 8453 Dr. Frank Blechschmidt ...... 8415 René Rock ...... 8454 Hermann Schaus ...... 8416, 8417 Marjana Schott ...... 8455 Dr. Walter Arnold ...... 8417 Minister Stefan Grüttner ...... 8458 Minister Boris Rhein ...... 8418, 8419

Ausgegeben am 11. Dezember 2012 Hessischer Landtag, Postfach 3240, 65022 Wiesbaden 8370 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Einzelplan 09 ...... 8459 Günter Rudolph ...... 8465 Minister Dr. Thomas Schäfer ...... 8466 Timon Gremmels ...... 8459 Mathias Wagner (Taunus) ...... 8467, 8473 Peter Stephan ...... 8460 Günter Schork ...... 8469 Angela Dorn ...... 8461 Willi van Ooyen ...... 8470 Frank Sürmann ...... 8462 Dr. Frank Blechschmidt ...... 8470, 8473 Marjana Schott ...... 8463, 8481 Norbert Schmitt ...... 8472 Ministerin Lucia Puttrich ...... 8464

Einzelplan 15 ...... 8473 Einzelplan 10 ...... 8465 Gernot Grumbach ...... 8474 Daniel May ...... 8475 Einzelplan 11 ...... 8465 Dr. Matthias Büger ...... 8476 Janine Wissler ...... 8476 67. Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD be- Ministerin Eva Kühne-Hörmann ...... 8478 treffend Landesrechnungshof ist kein partei- politischer Selbstbedienungsladen – Drucks. 18/6524 – ...... 8465 Aussprache beendet ...... 8473 71. Dringlicher Entschließungsantrag der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Unabhängigkeit des Rechnungshofs wahren – Drucks. 18/6530 – ...... 8465 Aussprache beendet ...... 8473

Im Präsidium: Präsident Norbert Kartmann Vizepräsident Lothar Quanz Vizepräsident Heinrich Heidel Vizepräsidentin Ursula Hammann Auf der Regierungsbank: Ministerpräsident Volker Bouffier Minister der Justiz, für Integration und Europa Jörg-Uwe Hahn Minister und Chef der Staatskanzlei Axel Wintermeyer Minister des Innern und für Sport Boris Rhein Minister der Finanzen Dr. Thomas Schäfer Kultusministerin Nicola Beer Ministerin für Wissenschaft und Kunst Eva Kühne-Hörmann Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung Florian Rentsch Ministerin für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Lucia Puttrich Sozialminister Stefan Grüttner Staatssekretär Michael Bußer Staatssekretär Dr. Rudolf Kriszeleit Staatssekretärin Dr. Zsuzsa Breier Staatssekretär Werner Koch Staatssekretär Horst Westerfeld Staatssekretär Prof. Dr. Alexander Lorz Staatssekretär Staatssekretär Steffen Saebisch Staatssekretär Mark Weinmeister Staatssekretärin Petra Müller-Klepper Abwesende Abgeordnete: Marcus Bocklet Michael Boddenberg Kai Klose Judith Lannert Dieter Posch Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8371

(Beginn: 9:03 Uhr) Änderungsbeschlüssen. Diese finden Sie in der Drucks. 18/6515. Vizepräsident Lothar Quanz: Wie gewünscht, darf ich auch gleich die Beschlussempfeh- Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, werte Besuche- lung und den Bericht des Haushaltsausschusses zu dem rinnen und Besucher! Ich darf Sie alle herzlich zur 121. Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Gesetz zur Än- Plenarsitzung am heutigen Mittwoch begrüßen. derung des Finanzausgleichsgesetzes und des Hessischen Besoldungsgesetzes, Drucks. 18/6034, verlesen: Der Haus- Ich darf die Beschlussfähigkeit des Hauses feststellen. haltsausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen Zur Tagesordnung. Erledigt sind die Punkte 1 bis 8, 13 bis der CDU und der FDP gegen die Stimmen der SPD, des 15, 21 und 66. BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung unverändert anzuneh- Eingegangen und an Sie verteilt worden ist zu Tagesord- men. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. nungspunkt 19 ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP, Drucks. 18/6531, zu dem Gesetzent- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der wurf der Landesregierung für ein Gesetz zur Neuregelung CDU, der FDP und der LINKEN) des Archivwesens und des Pflichtexemplarrechts, Drucks. 18/6512 zu Drucks. 18/6067. Vizepräsident Lothar Quanz: Zum Ablauf der Sitzung. Wir tagen heute bis zum Ende Vielen Dank, Herr Kollege Decker. der Beratung der Einzelpläne bei einer Mittagspause von einer Stunde, die nach der Beratung zum Einzelplan 02 Einige Hinweise zum weiteren Ablauf. Meine Damen und eingelegt werden soll. Der heutige Tag gehört also ganz Herren, wie Sie der Tagesordnung sowie der Anlage zu der Haushaltsdebatte. Tagesordnungspunkt 16 entnehmen können, werden ver- schiedene Tagesordnungspunkte mit den Einzelplänen auf- Ich darf vermerken, dass entschuldigt fehlen: Herr Staats- gerufen werden. Die Abstimmungen über die Einzelpläne minister Boddenberg, ganztägig, und der Kollege Dieter finden allerdings vereinbarungsgemäß erst nach Ende der Posch, ebenfalls den ganzen Tag. Beratungen über alle Einzelpläne statt. Dann steigen wir in die Beratung zum Haushalt ein, zweite Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, die General- Lesung des Haushalts 2013/2014. Ich rufe Tagesord- debatte und die Beratung der Einzelpläne heute abzuschlie- nungspunkt 16 auf: ßen und die Abstimmung über die Einzelpläne sowie die a) Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregie- Abstimmung in zweiter Lesung und über die dazu aufgeru- rung für ein Gesetz über die Feststellung des Haus- fenen Tagesordnungspunkte am morgigen Donnerstag zu haltsplans des Landes Hessen für die Haushaltsjahre Beginn der Sitzung um 9 Uhr vorzunehmen. 2013 und 2014 – Drucks. 18/6515 zu Drucks. 18/5926 – Der Anlage zu Tagesordnungspunkt 16 können Sie eben- falls entnehmen, dass sich die Fraktionen im Ältestenrat Berichterstatter ist Herr Kollege Decker. auf eine Redezeit von 90 Minuten je Fraktion ohne Be- Herr Kollege Decker, ich darf Sie bitten, auch gleich Be- grenzung für die einzelnen Rednerinnen und Redner bei richt zu erstatten zu: der Aussprache über den jeweiligen Einzelplan verständigt haben. – Um uns in der Sitzungsleitung hier das Geschäft b) Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregie- etwas zu erleichtern, haben die Fraktionen für die jeweili- rung für ein Gesetz zur Änderung des Finanzaus- gen Einzelpläne eine Redezeit angemeldet. Die Gesamtre- gleichsgesetzes und des Hessischen Besoldungsgesetzes dezeitliste liegt uns ebenfalls vor. – Drucks. 18/6516 zu Drucks. 18/6034 – Jetzt rufe ich, wie vereinbart, Einzelplan 02 – Hessischer Ministerpräsident – Wolfgang Decker, Berichterstatter: auf und darf dem Fraktionsvorsitzenden der SPD als Ers- Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! tem das Wort erteilen. Herr Schäfer-Gümbel, Sie haben Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschus- das Wort. ses zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Ge- setz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Hessen für die Haushaltsjahre 2013/2014, Drucks. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): 18/5926, hierzu die Änderungsanträge der Fraktionen der CDU und der FDP, Drucks. 18/6380 bis 18/6384, 18/6385 Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine neu und 18/6386, die Änderungsanträge der Fraktion sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich mit ei- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 18/6401 bis 18/ ner kleinen Vorbemerkung zu dieser Generaldebatte begin- 6480, 18/6481 neu und 18/6482 bis 18/6486, sowie die Än- nen. derungsanträge der Fraktion DIE LINKE, Drucks. 18/6327 Im Vorfeld dieser Debatte haben mich mehrere Hinweise bis 18/6371 sowie 18/6373 bis 18/6376 und 18/6487. auf „Twitter“ erreicht, die sich mit einem Thema beschäfti- Die Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses lautet gen, das unser gemeinsames Anliegen sein sollte, da diese wie folgt: Der Haushaltsausschuss empfiehlt dem Plenum Debatte auch im Fernsehen übertragen wird. Insbesondere mit den Stimmen der CDU und der FDP gegen die Stim- die Vertreter der Gehörlosenorganisationen haben mich im men der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Vorfeld dieser Debatte darauf hingewiesen, dass auch sie der LINKEN, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung unver- dieser Debatte gerne folgen würden, dies jedoch naturge- ändert anzunehmen. Der Haushaltsausschuss empfiehlt mäß nicht können, da es bisher keine Gebärdendolmet- dem Plenum zu den Einzelplänen eine ganze Reihe von scher und keine Untertitel für solche Debatten gibt. Mein 8372 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Vorschlag zu Beginn dieser Debatte ist, dass wir gemein- nicht der Eindruck entsteht, dass wir nicht entschlossen sam zwischen Landesregierung und Landtag, aber auch mit sind, den braunen Spuk dem Hessischen Rundfunk, über Wege diskutieren und be- (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das ist raten, damit wir vielleicht ab dem nächsten Jahr eine sol- doch unglaublich, Ihre Belehrungen brauchen wir che Dolmetschung für wichtige Debatten erreichen. nicht!) (Allgemeiner Beifall) gemeinsam zu bekämpfen. Das ist bisher unser gemeinsa- Dies ist natürlich auch ein Aspekt der Teilhabe, und es mes Anliegen. muss unser gemeinsames Interesse sein, dass Menschen, (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- die derartige Zugangsbarrieren haben, auch beteiligt sein NEN und der LINKEN – Zurufe von der CDU und können. der FDP) Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kollegin- Herr Wagner, deswegen bin ich mir mit dem Bundesinnen- nen und Kollegen, im Vorfeld dieser Debatte hatte ich bei minister und vielen anderen Landesinnenministern völlig mancher Vorberichterstattung den Eindruck, dass heute einig, hier so etwas wie eine Schlammschlacht oder ein Box- kampf stattfinden soll. (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sie brau- chen uns nicht zu belehren!) Mein entscheidender Punkt, den ich gerne zu Beginn ma- chen will, ist: Dazu will ich keinen Anlass geben. dass unser gemeinsames Ziel nach wie vor ist, diesen brau- nen Spuk zu beenden. Das heißt auch, ein NPD-Verbots- (Wolfgang Greilich (FDP): Sehr schön!) verfahren erfolgreich zu beenden. Es gäbe zwar hinreichend Anlass, über Skandalgeschichten (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- aller Art zu reden. Es wird auch hinreichend Anlass geben, NEN und der LINKEN) im Hessischen Landtag immer wieder dazu zu reden. Mir war diese Bemerkung vor der Generaldebatte wichtig, (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das machen wir doch!) weil es Dinge gibt, die uns nicht trennen sollten. Ich will sie heute aber ausdrücklich nicht ins Zentrum die- Nun will ich aber in der Tat zum Kern unserer Debatte ser Debatte stellen, denn ich glaube, in dieser Generalde- kommen. Ich will den ersten Satz aufnehmen: Man hat den batte muss es um andere Themen gehen. Eindruck gewinnen können, dass in den letzten Tagen eine Allerdings will ich gerne einen Punkt vor die Klammer zie- Inszenierung stattgefunden hat nach dem Motto: Es geht hen, der mir in dieser Debatte wichtig ist. Herr Bouffier, um Volker Bouffier und mich. – Diesem Eindruck will ich ausdrücklich widersprechen. (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Herr Mi- nisterpräsident!) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU und der FDP) wir haben als Fraktion ganz bewusst entschieden, dass wir, nach dem aus unserer Sicht weit überwiegend erfolgreich Es geht in dieser Generaldebatte ausdrücklich nicht um Sie arbeitenden Untersuchungsausschuss zum Thema NSU in und mich. Es geht in dieser Generaldebatte um die Grund- Berlin, in diesem Landtag keinen Untersuchungsausschuss linien. beantragen werden. Das hat viele Gründe. Ein wesentlicher (Unruhe bei der CDU und der FDP) ist, dass wir gerade bei diesem Thema aufpassen müssen, dass nicht der Eindruck entsteht, es würden bei einem so ernsten Thema parteipolitische Spiele gespielt. Vizepräsident Lothar Quanz: (Zurufe von der CDU und der FDP) Meine Damen und Herren, ich bitte um Ruhe, damit alle – Herr Wagner, Herr Greilich, ich empfehle Ihnen drin- Herrn Schäfer-Gümbel verstehen können. gend Entspannung. Es könnte sein, dass ich etwas in unse- rem gemeinsamen Interesse sage. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Meine Vermutung ist, dass es gar nicht die Absicht ist, mich verstehen zu wollen. Dazu kommen wir gleich. Bisher habe ich es zumindest so verstanden, dass die Be- kämpfung des Rechtsterrorismus, gerade nach dieser un- (Peter Beuth (CDU): So ein Maß an Selbstüberschät- säglichen Mordserie in Deutschland durch den NSU, ein zung, das ist unfassbar!) gemeinsames Anliegen aller demokratischen Fraktionen Diese Grundsatzdebatte dient dazu, die Grundlinien der so- und Parteien ist, damit sich so etwas nie wieder in diesem zialen, der ökologischen, der ökonomischen und der gesell- Land wiederholt. schaftlichen Entwicklungen des Landes zu beschreiben. (Allgemeiner Beifall) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE Deswegen würde ich zu Beginn dieser Debatte gerne einen GRÜNEN) Punkt kritisch in Richtung des stellvertretenden Minister- Es geht um die Frage von Gerechtigkeit und Ungerechtig- präsidenten sagen: Jenseits davon, dass Ihre Hinweise auf keit. Es geht um Miteinander, und es geht um Ellenbogen. eine Mahnung zu einem möglichen NPD-Verbotsverfahren Es geht um reale Probleme realer Menschen statt um den in der Sache richtig sind, dürfen wir ein Scheitern dieses reinen Machterhalt. Es geht in dieser Generaldebatte um Verfahrens keinesfalls akzeptieren. Wir müssen in allen öf- Standpunkte, Haltungen und Entscheidungen. Das zieht fentlichen Bemerkungen, die dazu fallen, aufpassen, dass sich durch eine Vielzahl von Themen. Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8373

Ich will mit dem wichtigsten landespolitischen Thema be- (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Wollen Sie die SchuB- ginnen, nämlich der Bildungspolitik. Für uns ist klar, dass Klassen, oder wollen Sie sie nicht? Sie müssen dazu Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit nach wie vor Stellung nehmen!) unser zentraler Anspruch ist. Dann gibt es Förderschulen, dann kommt G 8, dann kommt (Peter Beuth (CDU): Damit sind Sie ziemlich allein! G 8/G 9 im Y-Modell, dann kommen die Turboklassen, – Ulrich Caspar (CDU): Siehe Unterrichtsausfall dann kommen die selbstständigen Schulen, und dann während der SPD-Regierung!) kommt Hansenberg. Ich will zu Beginn dieser Debatte noch einmal darauf ver- (Unruhe bei der CDU und der FDP) weisen, was wir hier immer und immer wiederholen, was Herr Irmer, statt ständig zu chaotisieren – – wir seit der ersten PISA-Studie, die sich mit dem Bildungs- erfolg in den OECD-Ländern beschäftigt, immer und im- (Unruhe bei der CDU und der FDP) mer wieder ins Stammbuch geschrieben bekommen: dass es nahezu kein anderes Land gibt, in dem die soziale Her- kunft so sehr über den Bildungserfolg entscheidet wie in Vizepräsident Lothar Quanz: Deutschland. Meine Herren aus der CDU-Fraktion, ich darf um etwas (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Deswegen brauchen wir mehr Ruhe bitten. Es ist zu laut. die Einheitsschule!) Ja, ich akzeptiere und konstatiere, dass Sie viele Lehrerin- Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): nen und Lehrer eingestellt haben. Aber diesen Kernum- stand, dass die soziale Herkunft den Bildungsabschluss be- Ich kann das ja verstehen, dass Sie unruhig sind. stimmt, haben Sie bis heute nicht geändert. (Lachen bei der CDU) (Beifall bei der SPD und der LINKEN – Peter Beuth Sie sind von dem hessischen Schulfrieden, den Sie propa- (CDU): Sagen Sie die Wahrheit, sagen Sie, was Sie gieren, meilenweit entfernt. Ihr Gesetzentwurf zu G 8 ist in wollen! – Weitere Zurufe von der CDU) der Anhörung durchgerauscht. Das Bildungssystem in Hessen ist durchlässig, aber nur (Beifall bei der SPD und der LINKEN – Zuruf des nach unten. In einer aktuellen Untersuchung der Bertels- Abg. Mario Döweling (FDP)) mann Stiftung wird Ihnen doch dokumentiert, dass die Durchlässigkeit nach unten entschieden größer ist als nach Lassen Sie mich ein paar Überschriften vorlesen. „Wiesba- oben. Einer von zehn steigt auf, neun von zehn steigen ab. dener Kurier“: Verriss für schwarz-gelbe Schulpläne. Das ist doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt. „Frankfurter Rundschau“: Großes Interesse an Rückkehr zu G 9. „Frankfurter Allgemeine Zeitung“: Kritik an (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Deswegen brauchen wir G-8-Reform überwiegt. „HNA“: Nur wenige sprechen für die integrierte Gesamtschule!) G 8. „Darmstädter Echo“: Schulversuch fällt bei Experten Deswegen sage ich Ihnen: In Hessen geht die Durchlässig- durch. „Frankfurter Neue Presse“: Rufe nach Aus für G 8 – keit nur in eine Richtung, und zwar nach unten. Meine sehr viel Kritik an Bouffiers Schulplänen. verehrten Damen und Herren, das ist Absicht. Ich sage Ihnen: Ziehen Sie die Konsequenzen, und kehren (Beifall bei der SPD) Sie zur sechsjährigen Mittelstufe zurück. Das ist die einzi- ge richtige Konsequenz aus der Anhörung. Anders ist Ihre G-8-Positionierung in der Vergangenheit auch nicht zu verstehen gewesen. G 8 ist ein Thema, das (Beifall bei der SPD) uns in den letzten Monaten rauf und runter beschäftigt hat. Noch einmal: Sie sind vom Schulfrieden meilenweit ent- (Peter Beuth (CDU): Sie stehen völlig allein da mit fernt. Sie sind Lichtjahre davon entfernt. Ihrer Position!) (Peter Beuth (CDU): Damit stehen Sie ganz allein!) Die Positionierung zu G 8, die Sie in den letzten Tagen Ich will daran erinnern, dass die Angebote der Opposition versuchen zu entwickeln, ist nicht der Erkenntnis geschul- zu einem hessischen Schulfrieden von Ihnen ausdrücklich det, sondern einzig und allein taktischen Überlegungen, ausgeschlagen wurden. weil Sie wissen, dass Sie in Hessen mit G 8 gescheitert sind. Sie sollten die Kraft haben, das endlich einzuräumen. (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Einheitsschule!) (Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Peter Beuth Wir werden nicht nachlassen, in der Debatte um G 8 auf (CDU)) Vielfalt zu setzen. Wir wollen Vielfalt in der Schule. Herr Irmer, wir wollen, dass das Kind endlich in das Zentrum G 8 war und ist Murks. G 8 bleibt Murks, daran ändern Ih- gerückt wird. Wir wollen, dass die persönliche Leistungs- re Vorschläge überhaupt nichts. fähigkeit gefördert wird, statt Kinder ständig in Schubla- (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Deswegen machen Sie den einzuteilen. die Einheitsschule!) (Beifall bei der SPD – Dr. Christean Wagner (Lahn- Frau Beer steht heute vor dem Scherbenhaufen, den ihr der tal) (CDU): So ein Unsinn!) Ministerpräsident angerichtet hat. Sie treiben das Herr Irmer, die Frage, ob ein Kind nach zwölf, nach 13 Schulchaos in Hessen konsequent weiter. Sie erfinden für oder nach 14 Jahren Abitur macht, darf keine Frage von jedes Problem eine neue Schule. Da gibt es z. B. SchuB- vier Schubladen sein, sondern es muss eine Frage der indi- Klassen. viduellen Leistungsfähigkeit sein. Jedes Kind entscheidet das einzig und allein durch seine eigene Leistungsfähig- 8374 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 keit. Das ist das Gebot der Stunde, und nicht die erneute Ich will beim Thema Bildung einen zweiten Punkt anspre- Einteilung in Schubladen, die Sie schon wieder vorschla- chen, der mir mindestens genauso wichtig ist wie die Frage gen. G 8 und sechsjährige Mittelstufe, nämlich das Thema Ganztagsschule und Ganztagsbildung. Wenn uns die Bil- (Beifall bei der SPD – Dr. Christean Wagner (Lahn- dungsforschung nach den Ergebnissen der PISA-Studien tal) (CDU): Sie haben das „Systemwechsel“ ge- sagt, dass die ersten zehn Lebensjahre eines Kindes die nannt!) entscheidendste Phase für die Entwicklung sind, dann müs- Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Minister- sen wir dieser Phase besondere Aufmerksamkeit zuwen- präsident, das ist der Paradigmenwechsel, den wir meinen. den. Deswegen wird in einem Programmentwurf der Sozi- Wir meinen in der Tat, dass es möglich ist, dass nicht mehr aldemokratischen Partei ein absoluter Schwerpunkt auf die die Schulform entscheidet, sondern dass das einzelne Kind frühkindliche Bildung gelegt. Dieser Teil betrifft das The- in das Zentrum der Entscheidungen gerückt wird. Schuler- ma Ganztagsschule. Ich will Sie mit der Wirklichkeit kon- folg hat eben auch etwas mit der Persönlichkeitsentwick- frontieren: Nur 29 der über 1.150 Grundschulen in Hessen lung von Kindern zu tun. sind echte Ganztagsschulen. Deswegen ist das Modell, das wir vorschlagen, nicht ein- (Alexander Bauer (CDU): Wie viele gab es denn bei fach die Rückkehr zu G 9. So führen wir diese Debatte der SPD?) nicht. Wir wollen die Rückkehr zu einer sechsjährigen Mit- 2,47 % der hessischen Grundschulen sind Ganztags- telstufe, weil wir auch wollen, dass Kinder, die die Puber- schulen. Der Betreuungsknick, den viele Eltern beim Über- tät durchlaufen, die zu jungen Erwachsenen werden, gera- gang ihres Kindes vom Kindergarten zur Grundschule erle- de in dieser schwierigen Phase Zeit und Raum für ihre Ent- ben, bereitet vielen von ihnen sehr viel Kopfzerbrechen. wicklung bekommen. Das ist echte Wahlfreiheit, um die es geht, statt die Kinder in Schubladen zu packen. (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der SPD – Peter Beuth (CDU): Sie sind ganz allein mit Ihrer Position! – Weitere Zurufe von Statt hier entschieden zu handeln, bieten Sie ein Placebo der CDU und der FDP) nach dem anderen an. Ihre „Wahlfreiheit“ ist ein Etikettenschwindel. Die Eltern (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das sehen der Viertklässler haben in der Frage G 8 oder G 9 nichts zu die Eltern ganz anders!) melden, wie Sie es hier gerade wieder vorgetragen haben. Unser Anspruch ist klar: Wir wollen die Zahl der Ganz- Das ist nicht nur in der Anhörung deutlich geworden, son- tagsschulen erhöhen. Das heißt für uns: Wir wollen jähr- dern es wird auch in vielen Briefen dokumentiert, die uns lich 100 Grundschulen zu echten Ganztagsschulen ent- derzeit erreichen. Aber gerade in der Mittelstufe brauchen wickeln. Das ist eines unserer zentralen Versprechen für die Kinder Zeit und Raum. Deshalb frage ich Sie, Herr die nächste Legislaturperiode, wenn wir die Regierungs- Bouffier: Warum wollen Sie den Kindern diese Zeit ei- verantwortung übernehmen. gentlich verweigern? Herr Bouffier, warum lassen Sie zu, dass Kinder gerade in dieser Zeit derart unter Druck ge- (Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU und der setzt werden? Auf welche Frage ist G 8 eigentlich die Ant- FDP) wort? – Es gibt keine Frage, auf die G 8 die Antwort ist – außer, dass man weiterhin die Durchlässigkeit des Bil- Wir halten das für finanzierbar, wie wir in den Haushalts- dungssystems verhindern will. Deshalb sage ich: Die anträgen zur dritten Lesung deutlich machen werden. Rückkehr zur sechsjährigen Mittelstufe ist das Gebot der Beim Thema frühkindliche Bildung in den ersten zehn Le- Stunde. bensjahren geht es aber nicht nur um das Thema Schule. Es (Beifall bei der SPD – Peter Beuth (CDU): Sie ste- geht auch um die Betreuung der unter Sechsjährigen. Es hen mutterseelenallein! – Weitere Zurufe von der geht um einen frühen Zugang zu Bildung und Sprache. Es CDU) geht auch um „soziale Geschwister“, gerade angesichts der Tatsache, dass es viele Ein-Kind-Familien gibt. Auch da – Herr Beuth, die Qualität Ihrer Zwischenrufe wird im geht es um echte und nicht um suggerierte Wahlfreiheit. Es Laufe der Debatte nicht besser. – Damit auch das deutlich geht vor allem – und insbesondere mir – um die Chancen wird: Ihr Versuch, in diesen Tagen den Eindruck zu er- von Alleinerziehenden, die ich für die eigentlichen Heldin- wecken, die Sozialdemokratische Partei wolle die Gymna- nen des Alltags halte. sien abschaffen, ist nichts als eine Lüge. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der SPD – Dr. Christean Wagner (Lahn- tal) (CDU): Das ist aber doch so! Sie wollen die Ein- Der Betreuungsknick, den viele Väter und Mütter erleben, heitsschule! – Weitere Zurufe von der CDU und der ist real. Wenn uns das Statistische Bundesamt sagt, dass FDP) wir in Hessen zum Stichtag 1. März letzten Jahres bei der U-3-Betreuung eine Quote von 23,7 % hatten, dann ist mit Herr Beuth, Sie können das in den Protokollen des Hessi- Blick auf die Betreuungsquote von 35 %, die im nächsten schen Landtags nachlesen. Die SPD-Landtagsfraktion hat Jahr zu erreichen ist, noch ziemlich viel zu richten. Wie vor eineinhalb Jahren den Entwurf für ein Schulgesetz ein- lautet in diesen Tagen Ihre Antwort darauf? Ihre Antwort gebracht. Sie können nachlesen, dass es darin eine Be- ist das Betreuungsgeld. Ich sage ausdrücklich, dass Peer standsgarantie für alle Schulformen gibt, weil wir nicht Steinbrück völlig recht mit seiner Bemerkung hat, dass das über die Schulformen, sondern über die Pädagogik reden. Betreuungsgeld Schwachsinn ist. Es ist die falsche Ant- Wenn Sie das begreifen würden, dann wären wir ein gan- wort. Es ist eine Scheinlösung. zes Stück weitergekommen. (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des (Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU) BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Clemens Reif Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8375

(CDU): Er hat es doch mit beschlossen! – Weitere schmidt, darüber rede ich jetzt gern mit Ihnen; denn wir Zurufe von der CDU) verhindern das, indem wir Regeln schaffen, die solche Sauereien unterbinden. Das sehe nicht nur ich so. Deswegen will ich gern einen Beschluss des Landesparteitags der hessischen FDP vom (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE 12. Mai dieses Jahres zitieren. GRÜNEN) Die FDP lehnt die Einführung eines Betreuungsgel- Deswegen ist ein Mindestlohn geboten. Deswegen wollen des ab. Die Auszahlung eines Betreuungsgeldes setzt wir ein Tariftreuegesetz, das funktioniert. Wir wollen ein ein falsches Signal für Frauen, die in der Regel eine Tariftreuegesetz, das diesen Namen auch verdient; denn stärkere Teilhabe in allen gesellschaftlichen, politi- die öffentliche Hand ist hier Vorbild. Die öffentliche Hand schen und wirtschaftlichen Bereichen anstreben. Die muss dafür sorgen, dass es bei öffentlichen Aufträgen eben Wahlfreiheit soll selbstverständlich den Familien nicht zu einem Lohndumping kommt. selbst überlassen bleiben. Was machen Sie? Herr Bouffier, Sie haben dem Deutschen Recht hat die FDP. Gewerkschaftsbund vor zwei Jahren ein Tariftreuegesetz versprochen. (Beifall bei der SPD) (Ministerpräsident Volker Bouffier: Das haben wir Ich hätte mir gewünscht, dass die FDP einmal in einer Sa- doch!) che stehen bleibt – und zwar nicht nur dann, wenn es um Taktik geht. – Genau. Das haben wir jetzt. Nach zwei Jahren haben wir letzte Woche ein Tariftreuegesetz bekommen. Ich sage Ih- (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des nen: Das ist die Bäume nicht wert, die zu dem Papier ver- BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) arbeitet wurden, auf dem das jetzt steht. Beim Thema frühkindliche Bildung ist es wie bei G 8. Sie (Beifall bei der SPD) kümmern sich überwiegend um sich selbst und weniger um die realen Menschen mit ihren realen Problemen, mit de- Eine Tariftreueregelung, die im Kern keine Sanktionsme- nen diese jeden Tag konfrontiert sind. Wissen Sie eigent- chanismen und keine Kontrolle enthält, ist nämlich nichts lich, was da draußen los ist? wert. Sie können sich das Papier, auf dem sie steht, an die Wand nageln und sich daran freuen; aber die Lebenswirk- (Karin Wolff (CDU): So eine Arroganz! – Weitere lichkeit wird dadurch nicht verändert. Zurufe von der CDU und der FDP) Ich frage Sie noch einmal: Wissen Sie eigentlich noch, was – Ich habe mit dieser Reaktion gerechnet. Das hat mit Ar- draußen auf den Baustellen los ist? Wir haben letzte Wo- roganz nichts zu tun, Frau Wolff. che mit Vertretern der IG BAU zusammengesessen. In (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Aber mit Frankfurt gibt es inzwischen eine Anwaltskanzlei, die dar- Selbsttäuschung!) auf spezialisiert ist, mit Blick darauf tarifliche Mindest- standards zu unterlaufen, und dafür sorgt, dass der einzelne Ich will Ihnen auch sagen, warum nicht. Ich habe hier eine Bauarbeiter eine Anmeldung als GbR – also als Gesell- Gehaltsabrechnung – nicht von irgendjemandem aus schaft bürgerlichen Rechts – erhält. Mecklenburg-Vorpommern, Herr Bouffier, sondern aus unserer gemeinsamen Heimatstadt Gießen. Es handelt sich (Zuruf von der CDU: Welche Kanzlei soll das denn um die Gehaltsabrechnung eines jungen Mannes. Sein sein? Was ist das für eine Behauptung?) Großvater kam vor einigen Tagen bei einer Veranstaltung Wir haben in Frankfurt mittlerweile Baustellen, auf denen völlig verzweifelt auf mich zu, weil sein Enkel bei einer man, um die Tarifstandards zu unterlaufen, sozusagen Leiharbeitsfirma als Fahrer beschäftigt ist und dort den mehrere Hundert GbRs arbeiten lässt. ganzen Tag Rufbereitschaft hat, um seiner Arbeit nachzu- gehen. Er hat mir dessen Lohnzettel gegeben und hat mich (Zuruf von der CDU: Welche Kanzlei soll das denn gefragt: Herr Schäfer-Gümbel, was machen wir damit? – sein?) Ich will Ihnen vorlesen, was auf diesem Zettel steht, damit Deswegen fordern wir, dass wir ein Tariftreuegesetz be- Sie wissen, worüber ich rede. Der junge Mann hat für seine kommen, dessen Einhaltung anschließend kontrolliert Rufbereitschaft unter der Woche bei einem tatsächlichen wird, damit solche Sachen nicht mehr passieren. Wir wol- Einsatz von 28 Stunden im Monat ein Gehalt von 261,35 € len, dass die Leute anständig bezahlt werden. bekommen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE (Zuruf von der SPD: Das ist ein Skandal!) GRÜNEN – Zurufe von der CDU) – Der Skandal kommt erst noch. – Da der junge Mann vom Ich will ausdrücklich einen auch für uns kritischen Punkt Disponenten ein einziges Mal nicht erreicht wurde, hat er ansprechen. Die Mindestlohnregelungen, über die wir im eine Konventionalstrafe auf dieses Gehalt in Höhe von Moment diskutieren, sind alle richtig und notwendig. Aber 129,48 € bekommen. Es wurden ihm 49,68 % abgezogen, ich will offen sagen: Mit einem Lohn von 8,50 € pro Stun- weil er einmal telefonisch nicht erreichbar war. Ich sage de werden wir am Ende nicht sehr weit kommen. Ihnen: Das sind Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt, die wir nicht wollen. (Ministerpräsident Volker Bouffier: So ist das! – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Aha!) (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN – Zurufe von der CDU und Ein Lohn von 8,50 € bei einer 40-Stunden-Woche bedeutet der FDP) etwa 1.450 € pro Monat. Ich habe mir heute Morgen auf dem Weg hierher noch einmal die Mieten in Frankfurt an- – Genau, Herr Blechschmidt. Deswegen müssen wir dar- geschaut. 50-m2-Wohnungen werden dort für 690 € kalt über reden, wie wir so etwas verhindern. Herr Blech- 8376 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 angeboten. Es gibt Drei-Zimmer-Wohnungen mit 70 m2, Sie grenzen die Jugendlichen aus, die keinen guten oder die 950 € kalt kosten. Allein mit Mindestlöhnen in der Hö- gar keinen Bildungsabschluss haben, und Sie grenzen he, über die wir im Moment diskutieren, werden wir dieses Männer und Frauen aus, die arbeiten wollen, aber es nicht Problem nicht lösen. können, weil die Rahmenbedingungen nicht stimmen. Herr Bouffier, die Antwort ist aber nicht die, die Sie vor ei- Ich will Sie noch einmal fragen: Was antworten Sie all de- nigen Wochen im Bundesrat zu geben versucht haben, nen eigentlich? Ihre Antwort ist das Betreuungsgeld. Jetzt nämlich dass wir gar keine Mindestlöhne brauchen, weil folge ich gedanklich einmal eine Sekunde lang der Logik wir z. B. die Lebensverhältnisse in Mecklenburg-Vorpom- der Union: 100 € ist Ihnen die Erziehungs- und Betreu- mern nicht mit denen in Frankfurt vergleichen können. Wir ungsarbeit der Eltern wert. Das sind – Sie wissen, dass brauchen in der Tat dynamische Mindestlöhne, die eventu- Kinder 24 Stunden am Tag da sind – ell regional nach oben angepasst werden müssen. (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das ist eine ganz neue (Beifall bei der SPD) Erkenntnis!) Damit die Debatte nicht ganz so einfach wird, will ich 14 Cent pro Stunde. So viel ist Ihnen die Erziehungs- und noch einen draufsetzen. Betreuungsarbeit von Eltern wert. Eine Wahlfreiheit geste- hen Sie ihnen aber nicht zu. Deswegen sage ich Ihnen: Das (Peter Beuth (CDU): Es wundert uns nicht, dass Sie Gesetz zum Betreuungsgeld muss das Gesetz mit der kür- einen draufsetzen wollen!) zesten Geltungsdauer in der Bundesrepublik Deutschland Wir diskutieren im Moment munter über die Rente und werden. über die Alterssicherung in der Zukunft. Ein Lohn von (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE 9,43 € ist das Mindeste, um nach 45 Beitragsjahren das GRÜNEN) Grundsicherungsniveau zu erreichen. Es wäre ein großer Vorteil, wenn Sie dieses Geld – das (Peter Beuth (CDU): Damit sind Sie immer noch un- sind, wenn Sie die Summen herunterbrechen, für Hessen ter den 10 € von den Kommunisten!) immerhin rund 135 Millionen € – an die Städte und Ge- – Das mag sein, Herr Beuth. – Das sind die Probleme, mit meinden weitergeben würden, damit die Vereinbarkeit von denen wir konfrontiert sind. Das spricht nicht – Herr Bouf- Familie und Beruf im Rahmen der Infrastruktur gewähr- fier, ich wiederhole mich da – gegen die Einführung von leistet werden kann. Mindestlöhnen, sondern es spricht dafür, dass sie konse- Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kollegin- quent gestaltet und im Übrigen dynamisiert werden, damit nen und Kollegen, es geht, wie ich schon einmal gesagt ha- sie den Unterschieden in den Lebensverhältnissen gerecht be, nicht um Sie oder um mich, sondern um ein grundsätz- werden können. lich anderes Verständnis von Verantwortung und Mitein- (Beifall bei der SPD) ander. Wir schauen nicht weg, wenn man anpacken muss, und wir befähigen Menschen da, wo Sie sie stigmatisieren. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Gerechtigkeit bedeutet, dass das Land mit gutem Beispiel vorangeht. Unser Anspruch als Partei der Arbeit ist es, nicht nur gute Deswegen brauchen wir eine Tariftreueregelung. Deswe- Arbeitsplätze zu schaffen, von denen Menschen leben kön- gen möchte ich aber auch einen Hinweis zum Umgang mit nen, ohne zum Sozialamt oder zum Jobcenter gehen zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Landesdienst ge- müssen, und unser Anspruch ist es auch, soziale Sicherheit ben. Uns verwundert es nach wie vor, dass Hessen das ein- zu gewährleisten; denn wir sind davon überzeugt, dass Un- zige Land ist, in dem es die 42-Stunden-Woche noch sicherheit und Angst schlechte Ratgeber sind. Unser An- durchgängig gibt. spruch ist, dass der Verkehr bezahlbar ist, damit die Men- schen von A nach B kommen können. Das bedeutet am (Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD)) Ende auch eine intakte Infrastruktur. Wir erinnern uns an viele Debatten darüber. Deswegen will (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE ich klar sagen: Wir wollen eine Rückkehr in die TdL, und GRÜNEN) wir wollen, dass – bei allen Stufenprozessen, die wir dabei erleben müssen – die dort mit den Gewerkschaften verein- Im Zusammenhang mit dem Thema Infrastruktur muss ich barten Standards umgesetzt werden. Wir wollen, dass ins- doch zu einem der zentralen Konfliktthemen der letzten besondere für diejenigen, die einen schweren Schichtdienst Jahre einige Bemerkungen machen. Ich bleibe dabei: Sie bei der Polizei, im Justizvollzug und an anderen Stellen ha- haben Vertrauen zerstört, Sie haben beim Wie des Ausbaus ben, die 42-Stunden-Woche so schnell wie möglich fällt. des Frankfurter Flughafens versagt, und Sie haben einen Schaden angerichtet, der nicht mehr zu reparieren ist. (Beifall bei der SPD) (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Tibetani- Liebe Kolleginnen und Kollegen, Hessen ist in der Tat ein sche Gebetsmühle!) tolles Land. Darauf werden wir alle immer hinweisen. Es ist ein liberales und erfolgreiches Land. – Ja, Herr Wagner, ich trage das gebetsmühlenartig vor. Sie werden sich das auch noch ganz oft anhören müssen, (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Weil Sie in weil Sie mit Ihrem Wortbruch die Menschen in der Region der Opposition sind, ist es so gut!) hintergangen haben. Aber, Herr Wagner, Sie grenzen mit Ihrer Politik eine (Beifall bei der SPD – Dr. Christean Wagner (Lahn- Vielzahl von Menschen aus. Sie grenzen die Verkäuferin- tal) (CDU): Beim Wortbruch sind Sie federführend! nen und die Polizisten aus, wenn Sie die Vereinbarkeit von Was war denn 2008?) Familie und Beruf nicht sicherstellen können. (Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU)) Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8377

Das Fundament der Landebahn ist nicht der Beton, sondern um die Verursacher stärker an den notwendigen Sanie- das Vertrauen an das gegebene Versprechen zur Nachtru- rungen der Straßen zu beteiligen. Wir haben das vorge- he, rechnet. Das sind natürlich Entscheidungen, die man tref- fen muss. (Petra Fuhrmann (SPD): So ist es!) (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Wer denn?) zum aktiven und passiven Schallschutz und zum regiona- len Dialog. 350 Millionen € würden dem Land jährlich zur Straßensa- nierung zur Verfügung stehen. Das ist notwendig, weil wir (Dr. Walter Arnold (CDU): Das haben wir doch al- im Moment von der Substanz leben. Ein Transitland wie les!) Hessen kann nicht akzeptieren, dass wir von der Substanz Sie haben geschlafen, Sie haben verschlafen, und Sie ha- leben, weil dieser Substanzverzehr zu groß ist, um das ben es hintertrieben. Land dauerhaft zukunftsfähig zu halten. (Holger Bellino (CDU): Nein! – Zuruf des Abg. Dr. (Beifall bei der SPD – Zurufe der Abg. Dr. Christean Walter Arnold (CDU)) Wagner (Lahntal) und Hans-Jürgen Irmer (CDU)) Deswegen ist der Vertrauensbruch in der Region so ver- Mit Blick auf die Zeit werde ich jetzt leider einige Punkte heerend. Er holt uns bei allen zukünftig anstehenden Infra- kürzen müssen. strukturmaßnahmen ein. Es verwundert doch niemanden – (Zurufe von der CDU: Oh! – Gegenruf der Abg. Pe- Herr Bouffier, Sie haben es gerade dieser Tage beim Vor- tra Fuhrmann (SPD)) lesetag selbst erlebt –: Die Frustration und der Zorn der Menschen sind nach wie vor groß. Es ist unendlich schwer, Das gilt für das Thema Finanzplatz, das Thema Energie die Menschen in dieser Situation überhaupt abzuholen, und manch anderes. Mir ist wichtig, noch einige Bemer- weil sie kein Vertrauen haben, dass irgendjemand von uns kungen zu den Kommunen zu machen. auch nur den Anspruch hat, wirklich eine neue Balance am Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie werden sich Frankfurter Flughafen herzustellen. Das ist das Paket, das in den nächsten Wochen für Ihren Schutzschirm feiern las- Sie zu verantworten haben, das aber alle anderen genauso sen, für diesen Schutzschirm, der eigentlich ein Knirps ist. betrifft, weil wir alle in Mithaftung genommen werden. (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Auch von Auch im Vorfeld dieser Debatte gab es wieder unzählige den sozialdemokratischen Bürgermeistern! Auch so- Mails und unzählige Beiträge über Facebook und anderes zialdemokratische Bürgermeister feiern das!) mehr darüber, wie wir uns zukünftig aufstellen. Wir wer- den darüber nachzudenken haben, wie eine neue Balance – Herr Wagner freut sich darüber, dass auch sozialdemo- am Frankfurter Flughafen aussehen kann. Ich sage das sehr kratische Bürgermeisterinnen und Bürgermeister den offen: Wir diskutieren im Moment konkret über eine Ein- Schutzschirm unterschreiben. führung von Lärmobergrenzen, die verhindern sollen, dass bei einer steigenden Zahl von Flugbewegungen der Lärm- (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Und lo- teppich größer wird. Es ist eine enorme Herausforderung, ben!) dies konkret umzusetzen. Aber ich glaube, dass wir in der Herr Wagner, was sollen sie anderes machen? Die Städte Verantwortung sind, auch nach dem Vertrauensverlust, den und Gemeinden stehen wegen Ihrer Politik mit dem die Menschen in der Region erlitten haben, uns mit solchen Rücken an der Wand. Fragen intensiv zu beschäftigen. (Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU) Das ist exemplarisch für das, was wir bei all dem anstehen- den Infrastrukturausbau für notwendig halten. Es ist völlig Herr Wagner, ich korrigiere mich: Sie stehen nicht mit egal, ob es um Straßen oder Schienen geht. Ehrlich gesagt, dem Rücken an der Wand. Viele sind schon durch die Herr Dr. Arnold, es ist doch lächerlich, was wir gerade im Wand durch. Deswegen können sie doch gar nicht anders, Landeshaushalt an Mitteln für die Sanierung und Moderni- als diesen Strohhalm zu nehmen. Aber wissen Sie, wie sierung von Straßen und Schienen in Hessen diskutieren. man den Schutzschirm in Nordhessen bezeichnet? Das Das ist lächerlich. mag nicht ganz parlamentarisch sein, ich sage es trotzdem, mit Erlaubnis des Präsidenten. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Minister Flori- an Rentsch: Das sagt der Richtige! – Lebhafte Zuru- (Heiterkeit) fe von der CDU – Glockenzeichen des Präsidenten) – Herr Wagner, ich baue vor, weil das Bild vom Präsiden- – Ich hatte fest damit gerechnet, dass Sie darauf einsteigen; ten selbst stammt. Deswegen glaube ich, das sagen zu dür- denn auch dort können wir doch keine Placeboantworten fen. geben. Wir haben ein Gutachten machen lassen, das uns (Zurufe: Oh!) klar sagt, dass der Sanierungs- und Modernisierungsbedarf von Straßen und Schienen in Hessen in den nächsten zehn In Nordhessen sagt man zu dem Schutzschirm: Das ist un- Jahren etwa 5 Milliarden € beträgt. gefähr so, als wenn man einem die halbe Sau klaut und ein Pfund Gehacktes zurückkriegt. – So ist das mit dem (Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP)) Schutzschirm. Sie glauben doch nicht, dass Sie mit Ihren Aufwendungen (Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Christean im Landeshaushalt weiterkommen. Deswegen haben wir Wagner (Lahntal) (CDU)) klar gesagt: Wir wollen die Übertragung der Lkw-Maut auf alle Straßen, Sie nehmen den Städten und Gemeinden strukturell jedes Jahr 344 Millionen €, geben ihnen anschließend ein Drittel (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Wer bezahlt das? Der über den Schutzschirm, also nur zum Teil, zurück und tun Bürger! – Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU)) so, als seien Sie die Helden. Herr Wagner, es bleibt dabei: 8378 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Sie haben die Städte und Gemeinden mit Ihrer Politik an Streit entziehen, sonst wird das mit der Staatsmodernisie- einen Punkt gebracht, wo die Handlungsfähigkeit bei- rung und den Herausforderungen der nächsten Jahre nichts. spielsweise für einen funktionierenden Sozialstaat am (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des Rand der Möglichkeiten ist. Das ist Ihr Versäumnis. BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der SPD) Einen kleinen Seitenausflug kann ich mir jetzt doch nicht Es gibt das Gerücht, dass Sie mit Geld umgehen könnten. ersparen; denn Sie sparen doch an bestimmten Stellen. In den letzten 13 Jahren haben Sie zumindest zweimal bewie- (Heiterkeit bei der SPD) sen, wo Sie Mehreinnahmen hereinholen und wo Sie spa- Ich will das einmal dokumentieren, damit Sie es verstehen. ren. Sie haben einmal bei der „Operation düstere Zukunft“ gespart. Da haben Sie den Sozialstaat in Hessen einmal (Der Redner hält ein Schriftstück hoch.) richtig rasiert, 96 % plus: Das ist Ihre Verschuldungsbilanz der letzten 13 (Petra Fuhrmann (SPD): Mit der Sense!) Jahre. mit allen Spätfolgen, die wir bis heute überall sehen kön- (Günter Rudolph (SPD): Mehr Schulden! Fast ver- nen. Es ist ein Segen, dass die Städte und Gemeinden ver- doppelt!) sucht haben, das auszugleichen. Die Landesverschuldung ist unter Ihrer Verantwortung in (Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) 13 Jahren um 96 % gewachsen. Da soll mir noch einmal (CDU)) jemand erzählen, Schwarz kann mit Geld umgehen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das genaue Gegenteil Aber ich sage Ihnen: Landessozialpolitik erschöpft sich ist der Fall. nicht darin, es nur an das Türschild eines Ministeriums zu schreiben, sondern man muss es auch in der Substanz ma- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE chen. Beim Thema Bildung habe ich das exemplarisch GRÜNEN – Lebhafte Zurufe von der CDU) durchdekliniert. Ich will noch eine Bemerkung machen. Sie fangen jetzt (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des wieder an, ein bisschen über den Länderfinanzausgleich zu BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) fabulieren. Wir sind es vom Flughafen gewohnt – das wird beim Länderfinanzausgleich auch kommen –, dass Sie ge- Sie haben in der Tat einmal Mehreinnahmen hereingeholt, gen das klagen, was Sie vorher selbst versprochen und ge- nämlich als Sie Studiengebühren eingeführt haben. Ich sa- feiert haben. ge Ihnen: Einer der segensreichen Momente der sogenann- ten hessischen Verhältnisse war, dass es im Landtag eine (Günter Rudolph (SPD): Da haben sie Übung!) Mehrheit gab, die die Studiengebühren abgeschafft und da- Aber sehr redlich ist das nicht. Sie wissen auch: Eine Ent- durch für mehr Bildungsgerechtigkeit gesorgt hat. Darauf scheidung wird irgendwann 2016/2017 kommen, falls Sie bin ich bis heute stolz. überhaupt klagen. Danach müssen Sie ohnehin verhandeln, (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- da der LFA 2018/2019 ausläuft. Insofern ist gar nichts ge- NEN und der LINKEN – Dr. Christean Wagner wonnen. Das Einzige, was Sie damit gewinnen, sind ein (Lahntal) (CDU): Die hessischen Verhältnisse will paar Schlagzeilen. keiner mehr!) Es ist richtig, dass wir alle ein Interesse daran haben, dass Im Übrigen haben wir zur Kenntnis genommen, dass be- ein bisschen mehr von dem Steuergeld in Hessen bleibt. stimmte Parteien der Regierungskoalition die Einführung Aber das entbindet Sie nicht davon, an die eigenen Haus- von Studiengebühren für diese Legislaturperiode ausge- aufgaben zu gehen. In Ihrem Haushalt gibt es dazu keiner- schlossen haben. Wir werden mit großer Aufmerksamkeit lei Hinweise. Das gilt für das Thema der Staatsmodernisie- darauf achten, wie Sie sich da verhalten. rung genauso wie für notwendige Kooperationen. Wo sind eigentlich Ihre Initiativen – um ein einziges Thema zu nen- Herr Wagner, ich will zum Schluss kommen. nen, in dem wirklich extrem viel Musik ist, gerade im Hin- (Zurufe von der CDU: Bravo!) blick auf bessere Bildung, bessere Zukunftsfähigkeit, bes- serer Staat – zur Kooperation von Schule und Jugendhilfe? – Das dachte ich mir. Alle Fachleute sind sich einig, dass es ein richtig dickes (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Welchen Brett ist, dass man einmal richtig herangehen müsste und Wagner meinen Sie jetzt?) dass es unendlich viele Möglichkeiten gibt, in dieser Ko- operation dazu beizutragen, dass man mit demselben Geld – Sie, Herr Wagner. Ich wollte Ihnen einmal zustimmen, viel mehr erreichen kann. Aber stattdessen gefallen Sie weil Sie bei Ihrer Pressekonferenz zu unseren Haushaltsan- sich in der Beibehaltung von Kirchtürmen. Das ist die trägen völlig zu Recht erkannt haben: Wir wollen mehr falsche Antwort. Geld für Bildung, für soziale Gerechtigkeit und für Infra- struktur ausgeben. Auch unter dem Gesichtspunkt der Schuldenbremse wer- den wir an die Struktur gehen müssen. Deswegen wieder- (Beifall bei der SPD – Dr. Christean Wagner (Lahn- hole ich das, was ich im Zusammenhang mit dem Thema tal) (CDU): Aber finanzieren können Sie es nicht!) Regionalreform und Regionalkreis gesagt habe: Ich glaube, wir brauchen auch hier einen Neustart. Ich bin fest davon Dann hat Herr Wagner gesagt: Und im Übrigen wird das überzeugt, dass am Ende eines solchen Prozesses ein drei- nur durch Mehreinnahmen durch Bundesentscheidungen stufiger Verwaltungsaufbau stehen muss und wird. Das finanziert. – Herr Wagner hat auch hiermit zumindest in werden wir aber gemeinsam miteinander entwickeln müs- Teilen recht. sen, denn solche Fragen müssen wir dem parteipolitischen (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Ja!) Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8379

In der Tat haben wir bei den Themen Lkw-Maut und Be- Hessen ist ein Erfolgsland, und wir stehen an der Spitze al- treuungsgeld sogar Bundesentscheidungen mit angemahnt ler europäischen Regionen. – völlig zu Recht. (Beifall bei der CDU und der FDP – Lachen bei dem (Günter Rudolph (SPD): Das ist nicht verboten!) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Im Übrigen ist die Bundespolitik kein Themenfeld, das Diese Feststellung kann man mit Fakten belegen, aus- man hier außen vor lassen kann, weil man Entscheidungen schließlich mit Fakten. schon auch als Land trifft. (Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE Ich erinnere mich, dass diese Koalition im Bundesrat die GRÜNEN: Ah!) Hand aktiv gehoben hat, als man den Mövenpicks dieser Meine Damen und Herren, seit dem Bestehen des Landes Welt Millionen – 60 Millionen € für den Landeshaushalt – Hessen waren noch nie so viele Menschen in Arbeit wie hinterhergeschmissen hat, obwohl uns das Geld für Bil- zurzeit, und das ist gut. dungsausgaben fehlt. (Beifall bei der CDU und der FDP) (Beifall bei der SPD und des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) Die Arbeitslosigkeit ist auf einem so tiefen Stand, wie sie es seit 20 Jahren nicht mehr war, und das ist gut. Deswegen sage ich Ihnen: Ja, es ist richtig, dass es auch et- was mit bundespolitischen Entscheidungen zu tun hat. Es (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): So ist es!) ist übrigens aufgrund unserer gemeinsamen Vereinbarung zum Thema Schuldenbremse in der Hessischen Verfassung Wir haben mehr Ausbildungsplätze als Bewerber. Es gab ein Gebot, sich damit zu beschäftigen. Dort steht etwas von in diesem Land noch nie so viele Lehrer und so wenige Einnahmen- und Ausgabenverantwortung. Schüler. Es gab noch nie so viel Unterricht, und noch nie ist in diesem Land so viel für Bildung ausgegeben worden (Beifall bei der SPD und des Abg. Tarek Al-Wazir wie unter dieser Regierung von CDU und FDP. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) (Beifall bei der CDU und der FDP) Ich weiß, dass Sie damit ein Problem haben, aber wir wer- den nicht müde, auch den zweiten Teil, nämlich den der Meine Damen, meine Herren, Hessen gehört auch zu den Einnahmenverantwortung, immer wieder ins Zentrum zu sichersten Bundesländern. Wir haben die höchste Aufklä- stellen. Deswegen kann man diese Debatten nicht losgelöst rungsquote, die es in Hessen je gab. Wir haben heute weni- von Berlin führen. ger Straftaten als vor 20 Jahren. Wir hatten noch nie so viele Staatsanwälte und Polizisten in Hessen: 1.400 mehr Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kollegin- als unter rot-grünen Zeiten. Das sind Erfolge. nen und Kollegen, ich habe am Anfang gesagt, dass das heute keine Debatte über Sie und mich ist, sondern dass es (Beifall bei der CDU und der FDP) um die Frage von Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit und Herr Schäfer-Gümbel, ich will das gerne aufgreifen: Ja- von Zukunft und Vergangenheit geht. wohl, es kann unter Demokraten überhaupt keinen ernst- (Peter Beuth (CDU): Um Sie geht es schon mal gar haften Streit darüber geben, dass wir dem Ungeist und dem nicht! So eine Selbstüberschätzung!) Terror des Rechtsextremismus entgegentreten müssen, und zwar mit allen Mitteln, vor allen Dingen gesellschaftlich Wir haben in dieser Debatte über Standpunkte und über und politisch, und dort, wo es Erfolg versprechend ist, Haltungen zu diskutieren. Am Ende sage ich: Unser Ziel auch juristisch. Es muss aber Erfolg versprechend sein. ist klar. Wir wollen eine andere Politik; wir wollen eine an- dere Regierung; wir wollen, dass Rot-Grün in Berlin und (Beifall bei der CDU, der SPD, der FDP und dem in Hessen regiert. Das ist unser Ziel für die nächsten Mo- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) nate. – Herzlichen Dank. Wenn ich über die hessische Erfolgsbilanz spreche, dann (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE passt genau hierher, dass Hessen das Land ist, das seit etli- GRÜNEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): chen Jahren die geringste Anzahl an Straftaten des politi- Wolkenkuckucksheim!) schen Extremismus. hat. Das gilt insbesondere für den Rechtsextremismus. Das ist Ausdruck einer aktiven Sicher- heits- und Bekämpfungspolitik. Das ist ein großer Erfolg, Vizepräsident Lothar Quanz: meine Damen und Herren. Vielen Dank, Herr Schäfer-Gümbel. – Es spricht jetzt der (Beifall bei der CDU und der FDP) Ministerpräsident Bouffier. Noch niemals in der Geschichte des Landes haben die Ge- meinden und die Kreise vom Land so hohe Zuschüsse be- kommen wie in diesem Jahr. Volker Bouffier, Ministerpräsident: (Beifall bei der CDU und der FDP) Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Schäfer-Gümbel, Ein Blick in den Kommunalen Finanzausgleich belegt dies. die Aussprache zum Haushalt des Ministerpräsidenten ist Herr Kollege Schäfer-Gümbel, wann hat es ein Hilfspro- traditionell eine gute Gelegenheit, eine Positionsbestim- gramm in Höhe von über 3 Milliarden € für die hessischen mung über die gesamte Politik vorzunehmen, auch um dem Kommunen gegeben? – Niemals zuvor. Das ist eine groß- Bürger klarzumachen: Was wollen die einen, was wollen artige Sache. die anderen? Wo steht Hessen, und wo wollen wir hin? (Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf von der (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Richtig!) SPD) 8380 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass eine solche für uns die Konsolidierung des Haushalts. Wir nehmen die Debatte eine gute Gelegenheit ist, politische Grundlinien Aufgabe ernst, ab dem Jahr 2020 keine neuen Schulden deutlich zu machen. machen zu wollen. Wir verschieben es aber nicht auf ir- gendwann, sondern wir handeln jetzt. Wenn Sie einmal (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Auch Un- schauen: Im Jahr 2010 sind wir mit einer geplanten Neu- terschiede!) verschuldung von 3,5 Milliarden € in die Debatte gegan- Wir setzen in vielen Dingen auf Freiheit und auf Wahlfrei- gen. heit, auch bei den Kommunen. Die Frage, ob eine Kommu- (Zuruf von der SPD) ne diesen Schutzschirm in Anspruch nimmt oder nicht, verordnen wir nicht, sondern es ist die freie Entscheidung 2013 haben wir einen Haushaltsplan, der mit einer Neuver- dieser Kommunen. schuldung von 1,38 Milliarden € abschließt, (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Jawohl!) (Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) Wenn von 106 Kommunen, die in Betracht kommen, 102 Kommunen teilnehmen und alle Kommunalen Spitzenver- und 2014 mit etwas über 1 Milliarde €. – Meine Damen bände gemeinsam mit dem Finanzminister ein einvernehm- und Herren, in zweieinhalb Jahren solche Wege zurückzu- liches Ergebnis erzielen, dann ist das kein Anlass zur Kla- legen ist eine riesige Anstrengung, es ist aber auch ein Er- ge, sondern ein Anlass dafür, dankbar zu sein, dass das ge- folg. lingt. (Beifall bei der CDU und der FDP – Tarek Al-Wazir (Beifall bei der CDU und der FDP) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das gibts doch gar nicht!) Herr Kollege Schäfer-Gümbel, Sie haben viele Fragen auf- geworfen, aber aus meiner Sicht die meisten nicht beant- Wir bauen 1.900 Stellen ab. wortet. (Norbert Schmitt (SPD): Wo denn?) (Hans-Jürgen Irmer (CDU): So ist es!) Das fällt uns nicht leicht. Aber wir tun es, weil wir der fes- Aber pünktlich zu unserer Haushaltsdebatte gab es in der ten Überzeugung sind, dass, wenn Hessen finanziell hand- „Frankfurter Rundschau“ vom 20.11. einen interessanten lungsfähig bleiben soll – und das kann man doch nur wol- Artikel mit der schönen Überschrift: „Die Hessen verdie- len –, wir diesen Schritt auch gehen müssen. nen am meisten“. Sie verdienen mehr als die Menschen in Haushaltskonsolidierung und Zukunftsgestaltung schließen Bayern, in Baden-Württemberg und in Hamburg. sich nicht aus. Es geht vielmehr darum, welche politischen (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE Prioritäten man setzt. Bei einem Blick in den Haushalt GRÜNEN): Das liegt nicht an dieser Regierung!) können Sie das sehr leicht nachvollziehen. Ich will nur ein paar Beispiele erwähnen. Meine Damen und Herren, eine Politik, die zu dem Ergeb- nis kommt, dass die Bürgerinnen und Bürger in diesem Erste Priorität: Bildung. Die Ausgaben sind so hoch wie Land am meisten verdienen, ist eine Erfolgsbilanz. noch nie, ganz bewusst, weil wir nicht darüber streiten, dass unsere Zukunft bei gut ausgebildeten jungen Men- (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE schen liegt. Aber wir streiten nicht nur und fordern – in un- GRÜNEN): Aber nur im Durchschnitt!) serem Haushaltsentwurf liefern wir den Beweis dafür, dass Das ist eine Politik, die den Bürgern nützt, und das ist eine wir auch handeln. Erfolgsbilanz von 13 Jahren CDU- und CDU/FDP-Politik. (Beifall bei der CDU und der FDP) (Anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP) Schauen Sie sich den Schwerpunkt für Hochschulen und Damit wir uns richtig verstehen: Viele Fragen sehe ich die Forschung an. Das ist die höchste Summe, die es dafür durchaus noch keineswegs als befriedigend gelöst an. Sie jemals gab. Wir richten einen Zukunftsfonds ein – Sie wol- haben manche angesprochen. Aber eines darf man doch len ihn komplett streichen, auch eine sehr schöne Zu- nicht unterschlagen: Wenn wir darüber reden, debattieren kunftsgestaltung. und ringen, welchen Weg Hessen gehen soll und was wir (Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Weitere klug oder unklug gemacht haben, und wenn ausgerechnet Zurufe) in einer Zeitung, die uns normalerweise kritisch begleitet, eine Aufstellung kommt, in der als Ergebnis steht, die Hes- Wir bleiben bei dem Schwerpunkt der Sicherheit der Bür- sen verdienten in Deutschland am meisten, dann ist das ger. Wir investieren in die Infrastruktur dieses Landes. Ausdruck einer erfolgreichen Politik, für die wir dankbar Herr Kollege Schäfer-Gümbel, Sie haben einige Ausführen sein können. Wir freuen uns für die Menschen, und das ist zur Frage von Straßenerhalt und Ähnlichem gemacht: Ja, in Ordnung, meine Damen und Herren. das ist eine große Herausforderung. Aber wissen Sie, worin der Unterschied zwischen uns und Ihnen besteht? (Beifall bei der CDU und der FDP – Norbert Schmitt (SPD): Was hat das mit der Landesregierung zu tun? (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ich bekomme es sicherlich gleich erklärt!) Eine solche Erfolgsbilanz ist Anlass zur Freude, aber kein Anlass, die Hände in den Schoß zu legen. Unsere Aufgabe Sie beklagen etwas, machen Vorschläge, die in diesem ist es, die Zukunft so zu gestalten, dass Hessen auch künf- Haus keiner beschließen kann – selbst wenn er es für rich- tig ein Erfolgsland bleibt. tig hielte –, und wir handeln. Wenn Sie sich den Haushalt anschauen, sehen Sie, dass die Mittel für den Landesstra- Der Entwurf des Doppelhaushalts für die Jahre 2013/2014 ßenbau auf einen Rekord von 100 Millionen € gestiegen ist Ausdruck des Willens dieser Koalition und dieser Re- gierung, Zukunft zu gestalten. Die Richtschnur ist dabei Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8381 sind. Das ist viermal so viel wie unter Rot-Grün, meine (Norbert Schmitt (SPD): Das ist die Unwahrheit!) Damen und Herren. Diese Geisteshaltung ist einmal eindrucksvoll beschrieben (Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe) worden. Herr Präsident, dieses Zitat möchte ich dem Haus nicht vorenthalten. Wir betreiben eine aktive Klimaschutz- und Energiepolitik. Nirgendwo aber – von der Linken einmal abgesehen (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): – wird mit so gutem Gewissen über die eigenen Ver- Oje!) hältnisse gelebt wie bei der SPD. Der Grund dafür Sie werden dort für die nächsten Jahre 160 Millionen € für liegt in dem altruistischen Selbstverständnis der So- die energetische Sanierung der landeseigenen Gebäude fin- zialdemokratie: Die Schulden sind gerechtfertigt, den, Herr Al-Wazir. weil mit dem Geld ja nur Gutes für die Armen und Schwachen getan werde. (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die, die Sie noch nicht verkauft haben!) (Zuruf von der SPD) Das ist vernünftig, das ist richtig. Genau an diesen Beispie- Zwei Sätze weiter heißt es: len lässt sich zeigen, wie wir Zukunft gestalten. Da in der Regel bei erhöhten Ausgabewünschen nie- Wir wollen unsere höchst erfolgreiche und aktive Integrati- mand Einsparvorschläge an anderer Stelle macht, onspolitik fortsetzen, die vielfach zu Recht gelobt worden führt die Finanzierung politischer Projekte bei SPD- ist. Aber wir ruhen uns nicht aus. Wenn Sie in den Haus- Politikern regelmäßig zu erhöhter Schuldenaufnah- halt schauen, finden Sie weitere Millionenbeträge für neue me oder „Einnahmeverbesserungen“, sprich: Steuer- Projekte. Wir wollen beispielsweise die Integrationskoor- erhöhungen, die selbstverständlich zuvorderst den dinatoren fortsetzen – das ist aktive Zukunftsgestaltung. starken Schultern aufgeladen werden sollen. Das kann man im Haushalt sehen. Wir haben den An- (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): spruch, die Zukunft Hessens zu gestalten, und wir zeigen Peer Steinbrück! – Zurufe von der SPD – Weitere in diesem Haushalt auch, wo und wie wir es machen wol- Zurufe) len, meine Damen und Herren. – Ja, das wollen wir einmal dem ganzen Haus sagen. Diese (Beifall bei der CDU und der FDP) Bezeichnung – nirgends werde mehr über die Verhältnisse Was setzt die Opposition eigentlich dagegen? Schauen wir gelebt als bei der SPD – finden wir beim Kanzlerkandida- uns zunächst einmal ihr Zahlenwerk an. Herr Kollege ten der SPD „Steinbrück – Die Biografie“ von Daniel Schäfer-Gümbel, es ist schon eindrucksvoll: Sie wollen Goffart, S. 226. 700 Millionen € mehr ausgeben. (Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der (Zuruf von der CDU: Luftschlösser!) SPD) Zur Finanzierung starten Sie ein Feuerwerk an Steuererhö- Nun muss jeder mit dem Kanzlerkandidaten glücklich wer- hungen, Belastungen der Bürger und Scheinrechnungen, den, den er sich ausgesucht hat. Das ist das Problem der die keiner ernsthaften Betrachtung standhalten. SPD. Aber recht hat er: Das Verhalten, das Sie an den Tag legen, ist nicht nur verantwortungslos, es ist auch eine (Zuruf von der CDU: Das sind wirklich Scheinrech- falsche Denke. nungen!) Nehmen wir das Beispiel gesetzlicher Mindestlohn/politi- Drei Viertel Ihrer sogenannten Gegenfinanzierung können scher Lohn. Das ist eine Debatte, die wir an vielen Ecken Sie überhaupt nicht beschließen – das ist alles Sache des führen. Damit Sie mich richtig verstehen: Ich bin auch für Bundes. Es ist aber nicht nur falsch, weil Sie nicht zustän- verbindliche Lohnuntergrenzen. Ich will sie aber tariflich dig sind. Es ist auch inhaltlich falsch. Man muss es sich haben. einmal auf der Zunge zergehen lassen: Sie haben auch heu- te wieder gesagt, das würde alles nur gehen, wenn Sie auch (Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD)) im Bund die Mehrheit hätten und im Bund alles Mögliche Sie rechnen uns bei dem gesetzlichen politischen Lohn für beschlossen würde. Hessen zig Millionen € Einnahmen vor. Dabei lassen Sie (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Nein, nicht alles, komplett weg, dass Sie z. B. in einem Parlament wunder- nur manches!) bar einen Lohn beschließen können. Der ist völlig unab- hängig von konjunkturellen Verhältnissen, der ist völlig Seien Sie gemach – das klappt auch im Bund nicht. Aber unabhängig von regionalen Verhältnissen, der ist völlig un- das Ergebnis Ihrer grandiosen Finanzpolitik kann man abhängig von Branchenverhältnissen. Sie haben unter Be- auch so zusammenfassen: Sie wollen 2013 schon Geld aus- zugnahme auf meine Ausführungen im Bundesrat heute geben, obwohl Sie es nicht haben. Sie wissen auch nicht, selbst eingeräumt, die 8,50 € würden nun gar nichts an ob Sie es jemals bekommen. dem Problem lösen. (Norbert Schmitt (SPD): Das ist nicht wahr, und das (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Die Antwort ist wissen Sie! – Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann aber nicht, nichts zu tun!) (SPD)) Wenn Sie wirklich etwas bewegen wollten, müssten Sie Es gibt Leute, die nennen so etwas Voodoo-Ökonomie. mindestens auf 11,50 € gehen. Ich sage Ihnen: Ein gesetzli- (Beifall bei der CDU und der FDP) cher Mindestlohn, der im Parlament beschlossen wird, am Ende noch im Wettkampf der Parteien vor der Wahl, löst Was aber viel spannender ist: Das ist Ausdruck einer Geis- sich aus dem notwendigen Zusammenhang dessen, was ein teshaltung. Lohn eigentlich ist – der Lohn ist die Anerkennung für die 8382 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Arbeit der Menschen. Aber er ist nicht völlig von seinen hängt bei mir nicht mehr im Wohnzimmer, sondern Grundlagen loszulösen. im Besucherraum meines Betriebs. Es wäre auch mit dem Gleichheitsgebot nur schwer zu vereinbaren, (Zurufe der Abg. Petra Fuhrmann (SPD) und Willi wenn eine Gruppe von der Steuer ausgenommen van Ooyen (DIE LINKE)) würde und dann ausgerechnet diejenige, die am Man kann doch nicht ernsthaft bestreiten, dass ein einheit- meisten hat. Große Vermögen haben erfahrungsge- licher Mindestlohn zwischen Frankfurt am Main und der mäß nicht Arbeitnehmer, sondern Unternehmer. Uckermark Unsinn ist. Das führt dazu, dass in der Ucker- Das können Sie in der „FAZ“ vom 24. Oktober 2012 nach- mark bald gar keine Arbeitsplätze mehr sind und in Frank- lesen. Recht hatte er, meine Damen und Herren. Was hat furt am Main zu wenig gezahlt wird. Deshalb wollen wir sich an diesem Befund geändert, außer dass Herr Stein- das nicht. brück jetzt anderer Meinung ist? (Beifall bei der CDU und der FDP – Torsten War- (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das ist ja nicht necke (SPD): In den USA geht das! Da gibt es einen ganz unwesentlich!) Mindestlohn!) Ihre Politik und Ihre Vorschläge sind nicht nur rechtlich Ich will ein anderes Beispiel Ihrer angestrebten Finanzpoli- höchst bedenklich, sondern auch ungerecht. Sie wissen tik ansprechen: die berühmt-berüchtigte Vermögensteuer. doch ganz genau, selbst wenn Sie eine solche Steuer be- Auch da haben Sie errechnet, dass das viele Millionen für schließen sollten: Das Ganze muss bewertet werden. Wer das Land bringt. soll das machen? Die Leute dafür haben wir nicht. Es wür- (Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE de Jahre dauern, bis dabei irgendetwas herauskommt. GRÜNEN) Wenn es in der Kasse klingeln soll, dann geht es nicht nur um die drei da oben, sondern dann müssen Sie in den Mit- Meine Damen und Herren von Rot und Grün, verehrter telstand gehen. Herr Kollege Schmitt, wir verstehen uns doch sonst prima. (Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Was?) 90/DIE GRÜNEN)) Eine spannende Frage: Warum haben Rot und Grün, als sie Ich will es so zusammenfassen, meine Damen und Herren: in Berlin regiert haben und die Chance hatten, die Vermö- Ihre finanzpolitischen Vorschläge gensteuer einzuführen, diese nicht beschlossen? (Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD)) (Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) basieren darauf, dass Sie heute Geld ausgeben in der Hoff- nung, morgen jemanden zu finden, der Ihre Rechnung be- Weil Sie seinerzeit schon wussten, dass der Aufwand in zahlt. Genau das ist das Problem. keinem vernünftigen Verhältnis zum Ertrag steht. Daher gibt es das auch so gut wie nirgendwo in Europa. Sie wis- (Beifall bei der CDU und der FDP – Jürgen Frömm- sen doch: Die Probleme der Bewertung sind bis heute nicht rich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Schulden- annähernd gelöst. könig!) Ich möchte eine Frage an die Sozialdemokraten und an die Bei diesem Grundverständnis wundert es nicht, dass Sie GRÜNEN stellen: Was heißt das eigentlich, wenn ein Be- bei der Vorstellung Ihres Programms trieb überhaupt keinen Gewinn macht? Muss er dann auch (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE Steuern bezahlen? Wollen Sie dann in dessen Substanz ge- GRÜNEN): Steinbrücks Oppositionsrede! Wo sind hen? Was macht ein großes Immobilienunternehmen, wenn wir hier eigentlich? – Unruhe – Glockenzeichen des es keinen Gewinn erzielt? Verkauft es dann die Häuser? Präsidenten) Antwort der Sozialdemokraten – das kann man nachle- sen –: Dafür werden wir eine Lösung finden. – Ich wüsste kein einziges Wort zur mittelfristigen Finanzplanung ge- gerne, welche. sagt haben, kein einziges Wort zur Einhaltung der Schul- denbremse. Das alles kommt in Ihrem Programm gar nicht (Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- vor. NIS 90/DIE GRÜNEN)) (Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS Bei den GRÜNEN sieht es noch besser aus. 90/DIE GRÜNEN) – Mathias Wagner (Taunus) (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wer regiert hier ei- Immer!) gentlich?) Die GRÜNEN schlagen vor, das betriebliche Vermögen Einen finanzpolitischen Knaller der Sozialdemokratie, ganz auszuklammern. Dazu hat der Kollege Peer Stein- Kollege Wagner, möchte ich Ihnen nicht vorenthalten; das brück – da war er noch nicht Kanzlerkandidat – etwas ist wirklich etwas ganz Tolles. Schönes gesagt. (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ihr Programm sollten Sie uns mal nicht GRÜNEN): Oppositionsrede, Herr Ministerpräsi- vorenthalten! Was ist denn Ihr Programm, Herr Mi- dent! – Petra Fuhrmann (SPD): Schön, dass Sie da- nisterpräsident?) für unseren Kanzlerkandidaten brauchen!) – Ich zitiere, Herr Kollege. Ich zitiere: (Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsiden- Ich weise darauf hin, dass man damit auf einen Ver- ten) schiebebahnhof gerät nach dem Motto: Der Picasso Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8383

– Warum sind Sie denn so aufgeregt? Zu Ihnen komme ich Schauen wir uns Ihr Vorhaben einmal an, Stichwort „fi- noch. nanzpolitische Solidität“. Ich will zwei Beispiele heraus- greifen: Sie möchten die Menschen mit einem Wassercent (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE erfreuen. GRÜNEN): Was ist denn Ihr Programm?) (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE Die SPD-Landtagsfraktion GRÜNEN): Ja!) (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE Dieser soll 80 Millionen € bringen. Das ist eine völlig un- GRÜNEN): Die SPD! Aha!) realistische Zahl. Ist Ihnen eigentlich völlig entgangen, hat am 5. November 2012 eine Pressemeldung verschickt. dass mit der Stilllegung von Biblis und der künftigen Still- legung von Staudinger zwei große Verbraucher weg sind (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist Ihr Programm?) (Timon Gremmels (SPD): Das stimmt doch gar nicht!) Da steht unter anderem – ich zitiere –: und dann nur noch der Mittelstand und der Bürger als Zah- „…Politik ist auch in schwierigen Zeiten handlungs- ler übrig bleiben? Wollen Sie den Bürgern, die heute schon fähig – man muss es nur wollen und mutig sein“, er- die hohen Strompreise bezahlen, allen Ernstes – politisch gänzte die schulpolitische Sprecherin. motiviert – auch einen höheren Wasserpreis auferlegen? Dann geht es weiter: Wir wollen das nicht, meine Damen und Herren. Denn die mobilisierten Mittel könne auch die SPD (Beifall bei der CDU und der FDP) natürlich nicht einfach „drauflegen“. Vielmehr wür- Ein anderes Beispiel: Sie versprechen den hessischen Be- de der Löwenanteil der zusätzlichen Mittel durch diensteten die Rückkehr zur 40-Stunden-Woche. Nicht Optimierungen und Umschichtungen bereitgestellt. ganz so deutlich, aber so ähnlich hat sich auch Herr Schä- Im ersten Jahr seien dies rund 50 Millionen € und im fer-Gümbel geäußert. Großartig. Wir hätten nur gern ge- zweiten Jahr sogar 108 Millionen €. wusst, wie Sie das finanzieren wollen. Da lohnt sich ein Meine Damen, meine Herren, optimieren und umschichten, genauer Blick. Für das Jahr 2013 haben Sie zusätzlich 10 das ist der allergrößte Knaller. Sie können so viel um- Millionen € im Haushalt stehen schichten und optimieren, hin- und herschieben, wie Sie (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): wollen, daraus wird nicht mehr Geld. Das ist das Entschei- Erster Schritt!) dende. und für das Jahr 2014 20 Millionen €. (Unruhe bei der SPD) (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn Sie auf einen Schlag 50 oder 100 Millionen € ausge- Zweiter Schritt!) ben wollen, Dann kann man in Ihrer Verlautbarung noch finden: „Im (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das ist Ihre so- Übrigen soll die Beihilfe sinken“, also die Zahlung im ziale Attacke?) Krankheitsfall. dann wird man doch erwarten dürfen, dass Sie auch eine (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Antwort darauf geben, wo Sie es herholen, wem Sie es Des Bundes!) nehmen oder wo Sie es dazutun. Darauf gehen Sie in Ihrer Pressemeldung überhaupt nicht ein. Also handelt es sich Das sind Ihre beiden Überlegungen. Schauen wir uns ein- um leere Versprechungen oder die Hoffnung auf weitere mal an, was das praktisch bedeutet, meine Damen und Her- Schulden. Meine Damen und Herren, das ist nicht unsere ren. Politik. (Zuruf von der CDU: Hören Sie sich das ruhig an!) (Beifall bei der CDU und der FDP) Wenn Sie die 40-Stunden-Woche in Hessen einführen und Herr Kollege Wagner, gerne ein Blick auf die GRÜNEN: nicht sofort z. B. einen massenhaften Unterrichtsausfall produzieren wollen, dann müssen Sie die Lehrerstellen so- (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE fort ersetzen. GRÜNEN): Was machen Sie denn? Was ist Ihr Pro- gramm?) (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Richtig!) Es gibt ein interessantes Zitat. Eine Überschrift in der Das macht 1.600 Lehrer und kostet 87 Millionen €. Das „Frankfurter Rundschau“ vom 7. November lautete: „Mehr gleiche Problem haben Sie bei der Polizei. ausgeben und doch sparen“. – Donnerwetter, habe ich mir (Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- gedacht. Die Finanzkünstler der GRÜNEN müssen Wege NIS 90/DIE GRÜNEN)) gefunden haben, die sonst noch niemandem aufgegangen sind. Dort fehlen rechnerisch auf einen Schlag 550 Leute, und Sie brauchen 23 Millionen €. Beim Justizvollzug fehlen Ih- (Michael Siebel (SPD): Ja, darauf kommen Sie nen auf einen Schlag 90 Leute, da brauchen Sie 3 Millio- nicht!) nen €. Für alle anderen rund 760 Stellen brauchen Sie 37 2013 wollen Sie 258 Millionen € mehr ausgeben, Millionen €. 2014 211 Millionen € und – das ist bemerkenswert – im (Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir ersten Jahr 230 Millionen € sparen sowie im zweiten Jahr machen das in Stufen!) 285 Millionen €. Sie wollen also rund eine halbe Milliarde bewegen. Alle Achtung. 8384 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Meine Damen und Herren, wenn Sie die Zahlen zusam- (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE menrechnen, dann brauchen Sie, wenn Sie nicht überall GRÜNEN): Nein, zu Ihrer Lesekompetenz! – Beifall Löcher produzieren wollen, 150 Millionen € mehr. Ihre bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Antwort im Haushalt sind 10 Millionen € und 20 Millio- – Meine Damen und Herren, die Zahlen haben den Vorteil, nen €. – So viel zur Solidität Ihrer Finanzpolitik. sie sind unbestechlich. Sie sind alle aus dem Haushalt. (Beifall bei der CDU und der FDP) Schauen wir uns die Inhalte an. Ich bin völlig mit Ihnen ei- Es kommt aber noch viel besser. Ich weiß nicht, wer Sie ner Meinung, Herr Kollege Schäfer-Gümbel: Bildung hat beraten hat und ob Sie das ernsthaft wollen. Sie sagen: Priorität. Weil das so ist, gibt es in diesem Land so viele Dann streichen wir eben Lehrer wie noch nie, und das bei sinkenden Schülerzahlen. Auf rund 800.000 Schüler kommen heute über 50.000 Leh- (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE rer. GRÜNEN): Was wollen Sie denn? Was ist Ihr Vor- schlag?) (Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Hört, hört!) – Herr Wagner, Sie merken, es wird gefährlich für Sie – 1998, im letzten Jahr rot-grüner Verantwortung, sah es so aus: Wir hatten 50.000 Schüler mehr, aber 7.000 Lehrer (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE weniger. Das ist die praktische Bilanz Ihrer Politik. GRÜNEN): Überhaupt nicht!) (Zurufe von der CDU und der FDP: Hört, hört! – das Krankengeld für die Bediensteten zusammen. – Jetzt Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS schütteln Sie den Kopf. Das steht in Ihrer Meldung. 90/DIE GRÜNEN)) Schauen wir uns einmal an, was wir in Hessen bezahlen: Wir haben in dieser Legislaturperiode versprochen, 2.500 Im Jahre 2013 geben wir für die Krankenbeihilfe rund 568 Lehrer zusätzlich einzustellen. Im kommenden Schuljahr Millionen € aus, davon 266 Millionen € für aktive und – werden weitere 250 Lehrer eingestellt. Das ist Teil dieser eine interessante Zahl – weitaus mehr für die Ruheständler, 2.500. Das können Sie im Haushalt nachlesen. Das haben nämlich 302 Millionen €. Wenn ich Ihrem Vorschlag fol- wir den Bürgern versprochen, und das haben wir gehalten. gen würde, dann bräuchte ich sofort 150 Millionen €, da- Darauf sind wir stolz. mit ich die Löcher, die Sie durch Ihre 40 Stunden aufrei- ßen, wieder ausgleichen kann. Dann müsste ich den Be- (Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP) schäftigten rund ein Drittel ihrer Krankenbeihilfe streichen. Dass das auch anders geht, kann man z. B. im grün-rot re- Das ist eine relativ einfache Rechnung. gierten Baden-Württemberg oder im rot-grün regierten Wenn die Beihilfe etwa 550 Millionen € beträgt und Sie Rheinland-Pfalz sehen. In beiden Ländern sind Sie in die 150 Millionen € brauchen und sonst nichts anderes anzu- Wahl gezogen und haben den Menschen mehr Lehrer ver- bieten haben, dann müssen Sie den hessischen Beschäftig- sprochen. Was ist dabei herausgekommen? 11.600 Stellen ten sagen: Ihre Politik führt dazu, dass sie im Krankheits- werden in Baden-Württemberg abgebaut, entgegen dem fall rund ein Drittel der Beihilfe gestrichen bekommen. – Wahlversprechen. Das wollen wir aber nicht. (Zurufe von der CDU und der FPD: Hört, hört!) (Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf 2.000 sind es in Rheinland-Pfalz, entgegen dem Wahlver- der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE sprechen. GRÜNEN)) Meine Damen und Herren, der Unterschied ist doch klar: Das wird noch doller, wenn man genau hinschaut. Ich habe CDU und FDP halten das, was sie versprechen. Rot und jetzt die Gesamtzahl genommen. Schauen Sie sich einmal Grün versprechen viel vor der Wahl und machen anschlie- die Ruheständler an. Die haben von der Arbeitszeitverkür- ßend das Gegenteil. zung gar nichts. Wenn Sie denen dann aber die Beihilfe zu- sammenstreichen wollen, werden sie sich bedanken. Sie (Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP) kriegen nichts dafür, sie zahlen nur. Schauen wir uns unsere bildungspolitischen Vorstellungen Wenn Sie es dann gerecht machen wollen – Sie sind doch ein bisschen näher an. Ich finde es gut, dass wir die Chance immer für Gerechtigkeit –, dann müssten Sie ein Gegen- nutzen, herauszuarbeiten, worin die Unterschiede bestehen. satzpaar bilden. Sie müssten sagen: Weniger Arbeitszeit, Dem soll eine solche Debatte dienen. aber dafür muss ein Beitrag beim Krankengeld geleistet werden. Das bedeutet bei den Zahlen, um die es geht – ich Meine Damen und Herren, wir haben offenkundig sehr habe es Ihnen vorhin vorgerechnet: für die Aktiven 266 grundlegende Unterschiede, jedenfalls zu sozialdemokrati- Millionen €, und 150 Millionen € brauchen Sie –, dass Sie schen Vorstellungen. Wir gehen die Schul- und Bildungs- nach Ihrer Rechnung das Krankengeld der Beamtinnen und politik vom Kind her an. Wir nehmen die Menschen, wie Beamten um 60 % zusammenstreichen müssten. sie sind, und nicht, wie sie sein sollen. Für uns ist jeder Mensch gleich viel wert. Aber nicht alle Menschen sind (Minister Boris Rhein: Das ist unsozial!) gleich. Wer diese fundamentale Erkenntnis missachtet und alle zwangsweise gleich machen will, der tut den Men- Meine Damen und Herren, das ist nicht nur falsch, das ist schen und den Schülerinnen und Schülern nichts Gutes. ungerecht, und es ist unsinnig. Deshalb wird es mit uns z. B. auch keine Einheitsschule (Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP) geben. So viel zu Ihrer Finanzmathematik. (Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8385

Herr Kollege Schäfer-Gümbel, Sie haben eben wortreich belehrbar ist. Das kann ich Ihnen nicht nehmen, meine Da- erklärt, Sie möchten vom Kind her denken – dann tun Sie men und Herren, aber seien Sie versichert: Die Bürgerin- es doch. nen und Bürger werden Ihnen dazu keinen Freibrief geben. (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das machen wir (Beifall bei der CDU und der FDP) doch! Deshalb wollen wir auch die Wahlfreiheit!) In Ihrem Programm kommen verschiedene Angebote nir- – Aber Sie wollen etwas anderes. – Ihre bildungspolitische gends vor. Das Wort „Wahlfreiheit“ gibt es bei Ihnen gar Sprecherin ist gelegentlich so freundlich, uns zu erklären, nicht. Im Gegenteil, Sie haben erkannt, was richtig ist, und was Sie eigentlich meinen. Sie sprach wiederholt davon, alle anderen – das ist so ähnlich wie mit dem Falschfahrer das seien jetzt Durchgangsstadien. Ich finde, wir sollten auf der Autobahn – müssen falsch liegen. ernst nehmen, was Sie beschließen oder beschließen wol- (Holger Bellino (CDU): Zwangsbeglückung!) len. Da dient ein Blick in den Programmentwurf 2014 – 2018 der Sozialdemokratischen Partei. Dort können Sie in Wenn sie es nicht erkennen, dann muss man eben mit Zeile 4 ff. Folgendes lesen: Zwang und Bürokratie nachhelfen. – Herr Kollege Schä- fer-Gümbel, genau das ist Ihre Position auch bei G 8 und Wir wollen längeres gemeinsames Lernen aller Kin- G 9. der und Jugendlichen. (Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD)) (Norbert Schmitt (SPD): Sehr gut! – Michael Siebel (SPD): Dann sind wir uns dabei einig?) Können Sie mir einmal sagen, was dagegen spricht, dass die Schulen und die Schulträger es selbst entscheiden? Jetzt kommt es: (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Weil Sie Verant- Daher streben wir eine Schulstruktur an, in der alle wortung loswerden wollen!) weiterführenden Schulen bis zur Klasse 10 eine ge- meinsame Mittelstufe anbieten. Warum muss man den Menschen sagen, dass es nur eine einzige Lösung gibt? Ihre Antwort ist: Es gibt nur G 9. Meine Damen und Herren, das heißt nichts anderes, als dass Sie genau in dieser Zeit von Klasse 5 bis Klasse 10 al- (Zuruf von der SPD: Sie sind doch die G-8-Ideolo- le Schüler undifferenziert in einen Sack packen wollen, in gen! – Weitere Zurufe von der SPD) eine Schule. Aber genau das halten wir für falsch. Meine Damen und Herren, auch das gehört heute dazu: Ich (Lebhafter Beifall der CDU und der FDP – Kopf- habe schon mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass die schütteln bei der SPD) Fraktion der GRÜNEN hier eine andere Position ein- nimmt. Sie haben angekündigt, in dieser Frage der Landes- Das ist der sichere Tod der Gymnasien. Sie werden auf regierung zu folgen. Darüber freue ich mich. diese Weise die erfolgreichste Schulform kaputt machen. Was noch viel schlimmer ist: Das ist ein Rückfall in die (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE schulpolitische Steinzeit in Hessen. GRÜNEN): Sie sind uns gefolgt! – Lachen bei der CDU) (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Von Steinzeit verstehen Sie viel!) Aber, Herr Kollege Wagner, aus dieser einen richtigen Er- kenntnis bei Ihnen wird noch lange keine gemeinsame Sie riskieren wieder den totalen Schulkampf. Dann steht Schulpolitik. Das wollten Sie sicher auch nicht. das in grobem Gegensatz. Wer von Schulfrieden spricht, der darf nicht von vornherein – Sie brauchen nur Ihr eige- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) nes Programm zu lesen – die gesamte Schullandschaft um- pflügen, weil nur er erkannt hat: Es gibt nur eine richtige Entscheidend ist für mich aber Folgendes, und das ist Schule. Wer diese Erkenntnis nicht teilt, der muss zwangs- schon ein fundamentaler Unterschied. Sie bekennen sich weise belehrt werden. zur Wahlfreiheit. Meine Damen und Herren, das ist eine Politik, die wir (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): grundsätzlich ablehnen. Ja!) (Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP – Mari- Für diese Regierung ist es eine große Freude, dass zwei us Weiß (SPD): Immer nur die Opposition be- Drittel des Hessischen Landtags in dieser Frage hinter der schimpfen!) Regierung stehen. Im Übrigen habe ich den Eindruck, das, was Sie wollen, ist (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE keine neue Erkenntnis bei Ihnen. GRÜNEN): Das hätten Sie früher haben können!) (Andrea Ypsilanti (SPD): Sie haben gar keine!) Das konterkariert gelegentlich das öffentliche Bild, dass al- le anderen es anders sähen. Wenn zwei Drittel der gewähl- Schauen Sie sich das Wahlprogramm von 2008 an. Damals ten Abgeordneten des Hessischen Landtags hier für die haben Sie die Verantwortung getragen, Frau Ypsilanti. Wahlfreiheit stimmen, dann ist das richtig und eine deutli- Dort finden Sie wortgleich genau dieselbe Formulierung. che Unterstützung unseres Kurses. (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Da sehen Sie ein- (Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP) mal, wie konstant wir sind! – Lachen bei der CDU und der FDP) Die Einzigen, die abseits stehen, sind die Sozialdemokra- ten. Ihnen ist offensichtlich auch noch nie die Idee gekom- Deshalb darf man ruhig sagen: Auf dieser Welt kann pas- men, dass zur Freiheit der Menschen auch gehört, die sieren, was will, die SPD ist so ideologisch gefestigt, dass Chance zu haben, auszuwählen. Dieser Gedanke ist Ihnen sie rundum nichts mehr zur Kenntnis nimmt und auch un- völlig fremd. 8386 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Ihre Politik ist nicht nur ideologiegetrieben, (Petra Fuhrmann (SPD): Och, bei Schwarzgeld!) (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Was haben Sie Wir haben in Hessen eine Familienkarte. Von der profitie- die letzte Zeit gemacht?) ren viele Tausend Familien, insbesondere einkommens- schwache und Familien mit mehreren Kindern. Diese Mit- sie ist auch ungerecht. Ich will Ihnen das an zwei Beispie- tel wollen Sie streichen. Darf ich einmal fragen, wieso? len demonstrieren. Können Sie mir einmal sagen, warum Was kann man denn dagegen haben, dass mit relativ gerin- Sie ausgerechnet die Mittel für die qualifizierte Schulvor- gem Aufwand des Landes durch die Partnerschaft mit vie- bereitung streichen wollen? Das, was vor wenigen Wochen len Firmen viele Tausend Familien finanzielle Vergünsti- erfolgreich begonnen wurde? Für wen ist denn das? – Das gungen in allen möglichen Bereichen haben? Was kann ist für die Schülerinnen und Schüler, die besondere Hilfe man dagegen haben? brauchen, die Förderungsbedarf haben, insbesondere natür- lich auch für Migrantenfamilien. Warum wollen Sie das (Zurufe von der SPD) streichen? Warum wollen Sie die Osterferiencamps strei- Dazu habe ich bis heute keine vernünftige Antwort gehört. chen? Was sind die Osterferiencamps? Das sind zusätzli- che Angebote an diejenigen, die besondere Hilfe brauchen. (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Dann haben Sie nicht zugehört!) (Zurufe von der SPD und der LINKEN) Dass Sie mit der Familie offenkundig nicht mehr viel im Wer ständig die Gerechtigkeit im Munde führt und ausge- Sinn haben, mag Ihre Sache sein. Aber Sie reden von Ge- rechnet das, was den Schwächsten hilft, streichen will, der rechtigkeit, und ausgerechnet denen, denen mit einem sol- treibt nicht nur eine falsche Politik, sondern der ist unlau- chen Angebot besonders geholfen wird – das sind einkom- ter. Und das kann man nur mit ideologiegetriebener Politik mensschwache Familien –, erklären. (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Sie helfen sich (Beifall bei der CDU und der FDP – Thorsten Schä- damit doch nur selbst!) fer-Gümbel (SPD): Ei, ei, ei!) nehmen Sie dieses weg. Das ist nicht nur falsch. Das ist Mit Ihren Streichungsanträgen treffen Sie die Schwächs- ungerecht, und aus meiner Sicht ist es auch unsinnig. ten, nicht die Kinder der Wohlhabenden. (Beifall bei der CDU und der FDP) (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Genau so ist es, sozial ungerecht!) Wir wollen Zukunft gestalten. Deshalb haben wir einen Zukunftsfonds eingerichtet. Den wollen Sie streichen. Meine Damen und Herren, eines der eindrucksvollsten Beispiele Ihrer ideologischen Verklemmung kann man an (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja! – Norbert dem Umgang mit dem einzigen Hochbegabteninstitut und Schmitt (SPD): Wie haben Sie den denn finanziert?) -internat in Hessen, Hansenberg, sehen. Um was geht es da? Wunderbar. Wie wollen Sie dann Zukunft machen? Wol- len Sie allen Ernstes die Mittel für die Nachhaltigkeitsof- (Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- fensive, die Mittel für die Förderung von Forschungsinitia- NIS 90/DIE GRÜNEN)) tiven streichen? Hansenberg ist eine Einrichtung, in der hochbegabte Schü- Ich will Ihnen ein Beispiel geben, eines, wo ich dachte, da ler aus Hessen besondere Förderung erfahren. sind wir uns wenigstens einig. Im kommenden Jahr begin- nen wir mit der für uns sehr beachtlichen Förderung von (Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD)) 30 Millionen € für das Fraunhofer-Institut für Windenergie Das Land zahlt dort sehr wenig, weil es sehr viele Sponso- und Energiesystemtechnik in Kassel. Warum machen wir ren gibt, die sich dort die Kosten mit uns teilen – also auch das? Weil wir einen Schwerpunkt auch und gerade in For- ökonomisch sinnvoll. schung setzen. (Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD)) Die Mittel zu streichen, wäre das falscheste Signal im in- ternationalen Wettbewerb. Wir müssen auch in Zukunft Warum wollen Sie das eigentlich streichen? Warum wollen spitze sein. Wer auch in Zukunft spitze sein will, muss Sie denn, dass hessische Schülerinnen und Schüler, die be- heute bereit sein, in diesen Bereichen zu investieren. Wenn sonders begabt sind – die gibt es Gott sei Dank in unserem Sie das alles streichen wollen, dann ist das nicht nur falsch. Lande –, in Hessen nach Ihren Vorstellungen kein Angebot Das ist eine Politik rückwärts. Vor allen Dingen ist es kei- mehr haben? ne Antwort auf die Fragen von morgen. Und das unter- (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das stimmt scheidet uns, meine Damen und Herren. nicht!) (Beifall bei der CDU und der FDP) Ihnen ist es offenkundig lieber, wenn diese Schülerinnen Vielleicht ist es eine gute Gelegenheit, einmal darauf hin- und Schüler in andere Bundesländer gehen. Hauptsache, zuweisen, wo wir einen ganz besonderen Schwerpunkt le- die Ideologierichtung stimmt. Eine solche Politik schadet gen, wenn es um Zukunft geht. Bei dem Thema Hoch- den Menschen, und sie darf nie und nimmer in Hessen eine schulen ist Ihnen nichts anderes eingefallen als die Stu- Mehrheit haben. diengebühren. Die haben wir gemeinsam abgeschafft. Das (Beifall bei der CDU und der FDP – Thorsten Schä- Thema ist erledigt. fer-Gümbel (SPD): Ei, ei, ei!) (Lachen und Zurufe von der SPD und dem BÜND- Ein anderes Beispiel, bei dem man deutlich sehen kann, wo NIS 90/DIE GRÜNEN) die Unterschiede liegen. Es sind manchmal gar nicht die Aber wenn gerade Sie sich feiern, dann ist es gut, dass wir großen Beträge, sondern es ist der Geist, der dahintersteht. einmal Folgendes in Erinnerung rufen. Als CDU und FDP Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8387 in diesem Land die Verantwortung übernommen haben, (Günter Rudolph (SPD): Ohne die Farbe zu wech- haben wir vorgefunden, dass Sie für alle Hochschulen des seln!) Landes lediglich 967 Millionen € zur Verfügung gestellt Bau der Bahn und keine geplanten Flüge zwischen 23 und haben. 5 Uhr. Genau das haben wir heute. Deshalb können wir (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- durchaus und klar sagen, wir haben das Mediationsergeb- NEN): Im letzten Jahrtausend war das!) nis umgesetzt. Und das ist entscheidend. Dann schauen wir einmal, wo wir heute, nach 13 Jahren, (Beifall bei der CDU und der FDP – Lachen des sind. Wir liegen heute 40 % höher – bei 1,4 Milliarden €. Abg. Günter Rudolph (SPD)) Noch nie gab es so viel für die Hochschulen wie unter die- Herr Kollege Schäfer-Gümbel, wir haben das größte Lärm- ser Regierung und unter dieser Koalition. schutzprogramm aufgelegt, das es jemals in Deutschland (Beifall bei der CDU und der FDP) und wahrscheinlich in Europa gab, mit einer Fülle von Maßnahmen. Wir arbeiten mit den Partnern – wir können Wir haften gemeinsam mit dem Bund für 870 Millionen € das zum großen Teil nicht allein, denken Sie nur an die für die Hochschulen, damit sie eine verbesserte Struktur Deutsche Flugsicherung – mit höchster Energie daran, dass haben, und für Schnellbauten, um den Ansturm der vielen es auch leiser wird. Studierenden besser zu bewältigen. Wir zahlen 92 Millio- nen € – das ist nämlich auch eine Konsequenz – für die Wir wollen zwei Dinge erreichen. Wir müssen diesen Verbesserung der Lehre, jedes Jahr. Wir sind das einzige Flughafen als Weltflughafen erhalten, damit wir attraktiv Land, das einen Hochschulbaupakt hat – HEUREKA mit bleiben, und es muss leiser werden. Meine Damen und 3 Milliarden €. Wo gibt es das überhaupt noch einmal in Herren, das geht. Genau das ist unsere Position. Deutschland? – Wir sind das einzige Land, das eine eigene (Beifall bei der CDU und der FDP) Forschungslinie hat, Stichwort: LOEWE, das erfolgreichs- te Programm überhaupt. Über 400 Millionen € geben wir Wir sagen den Menschen aber auch, z. B. in Flörsheim und dafür in der Legislaturperiode aus. nicht nur hier: Wir können diesen Weltflughafen, der die Grundlage auch zukünftigen Wohlstands in diesem Land Ich hatte gerade letzte Woche Gelegenheit, mit dem wis- ist, nicht in Zukunft behalten, wenn wir solchen Forderun- senschaftlichen Chef von LOEWE zu sprechen – keiner gen wie der Schließung der Bahn oder noch weiterer zeitli- aus Hessen, keiner von uns, sondern der Chef der Charité, cher Einengung der Betriebszeiten nachkommen würden. ein hoch angesehener Wissenschaftler. Der hat uns gesagt: Passen Sie auf, das sind die besten Investitionen, die Sie Meine Damen und Herren, ich kann jeden verstehen. Aber machen können. Das ist Zukunftsgestaltung. – Das, was die Bürgerinnen und Bürger haben Anspruch darauf, dass wir vorgestellt haben, haben wir unter der Marke „Hessen wir ihnen deutlich unsere Überzeugung sagen. Unsere schafft Wissen“ vorgestellt. Wissen ist die Grundvoraus- Überzeugung ist: Diesen Weg können und dürfen wir nicht setzung für Erfolg von morgen. Die Forschung heute mitgehen. schafft die Arbeitsplätze von morgen. Genau das ist unsere Politik: Zukunftsgestaltung konkret mit Zahlen im Haus- Es muss dabei bleiben: Dieser Flughafen muss eine Per- halt ablesbar. Und das ist unsere Antwort. spektive für die Zukunft haben. Er muss ein Weltflughafen bleiben. Es muss leiser werden. Die konkretesten Maßnah- (Beifall bei der CDU und der FDP) men dazu sind unter dieser Regierung und der sie tragen- den Koalition getroffen worden. Meine Damen und Herren, wer Hessen regieren will, muss auch hessische Interessen vertreten. Schauen wir uns ein- (Beifall bei der CDU und der FDP) mal an, wo der Unterschied zwischen uns liegt. Es gilt, hessische Interessen zu vertreten. Da gibt es ein (Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ger- zweites Thema. Hessische Interessen zu vertreten, heißt ein ne!) klares Bekenntnis zum Finanzplatz Frankfurt/Rhein-Main. Für unsere Entwicklung, für unseren wirtschaftlichen (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja!) Wohlstand, für die Arbeitsplätze, für die Attraktivität die- ses Standorts gibt es keine wichtigere Einrichtung als den Wir haben den einzigen Finanzplatz von Gewicht auf dem Frankfurter Flughafen. Kontinent, (Willi van Ooyen (DIE LINKE): Ei, ei, ei!) (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja!) Deshalb ist es für diese Regierung und die sie tragenden der nicht nur 70.000 Menschen Arbeit gibt, sondern der ein Fraktionen völlig klar: Wir stehen zu diesem Flughafen. – einmaliger Standortvorteil für unser Land ist, Meine Damen und Herren, Sie haben sich lange aufgehal- (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja!) ten. Aber ein paar Fakten muss man schon einmal sagen. Wir haben das Mediationsergebnis umgesetzt. Wir haben der internationaler Knotenpunkt und Leuchtturm für dieses endlich dafür gesorgt. Land ist. (Beifall bei der CDU und der FDP – Lachen und Zu- (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja!) rufe von der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Jetzt muss man sich fragen: Wie nutzt man diesen Stand- NEN und der LINKEN – Thorsten Schäfer-Gümbel ortvorteil aus? Tut man dies, indem man ständig auf die (SPD): Mann, Mann, Mann! – Glockenzeichen des Banken eindrischt, indem man sich 90 % seiner Kampagne Präsidenten!) damit beschäftigt, zu rufen: „Holt es euch bei den Ban- – Wenn Sie glauben, dass zwanghaftes Gelächter Fakten ken“, oder sonst irgendwas? wegspült, dann ist das Ihr Problem. – Die Mediation hatte Hessische Interessen vertritt man klug, wenn man feste Re- zwei Ergebnisse: geln für die Finanzwirtschaft fordert. Da könnten wir uns 8388 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 vielleicht noch einig sein. Das wollen wir. Aber wir wollen Jetzt schauen Sie sich einmal diesen Haushaltsentwurf an. z. B. keine Finanztransaktionssteuer als isolierte Lösung, Wir werden knapp 1,4 Milliarden € Schulden machen und bei der dann Folgendes passieren würde: zwischen 1,8 und 2 Milliarden € an die anderen Länder zahlen. Richtig wäre es doch, dass wir zunächst einmal da- (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Herr Bouffier, für sorgen würden, dass wir keine neuen Schulden machen. das haben Sie doch mit beschlossen!) (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Richtig!) Hier würde sie eingeführt werden. Die Geschäfte würden dann in Luxemburg gemacht. Die Geschäfte würden dann Dann würden 1,4 Milliarden € abgehen. Die anderen 600 in London gemacht. Alle Probleme würden bleiben. Frank- Millionen €, die wir dann noch hätten, würden wir geben furt würde diese Geschäfte verlieren. Wir würden den Um- wollen. Aber es kann doch nicht sein, dass wir Schulden satz und die Einkünfte verlieren. Anschließend würden wir machen, damit andere mit unserem Geld Wohltaten in ih- auch noch die Arbeitsplätze verlieren. Eine solche Politik ren Ländern verteilen. wäre falsch. (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und der (Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP) FDP – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Herr Bouffier, wenn das die Argumentations- Wer Hessen regieren will, muss hessische Interessen ver- linie vor dem Verfassungsgericht wird, werden Sie treten. verlieren!) Schauen wir uns einmal das nächste Thema an. Das haben – Herr Al-Wazir, das Einzige, was ich von Ihnen hören Sie selbst angesprochen. Das betrifft den Länderfinanzaus- will, ist die Antwort auf die Frage: Vertreten Sie hessische gleich. Interessen oder nicht? – Schauen wir uns einmal an, wie Das ist sehr bemerkenswert. Ich dachte, wir wären uns ei- die Mitglieder der Opposition das sehen. Ich zitiere aus der gentlich darin einig, dass ein Land, das sich besonders an- „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 7. November strengt, von diesen Anstrengungen auch etwas haben muss. 2012. Da lautet die Überschrift: (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja!) SPD gegen Reform des Finanzausgleichs Ein System, bei dem der, der sich anstrengt, nichts davon Alle Achtung. Dazu kann man dann Folgendes lesen – ich hat, weil das alles an andere weggeht, ist ein falsches Sys- zitiere –: tem. Derzeit gebe es keinen Anlass, am bestehenden Sys- (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Sie haben es doch tem des Solidarausgleichs etwas zu ändern, sagten unterschrieben!) die beiden Fraktionsvorsitzenden Thorsten Schäfer- Gümbel und Hendrik Hering gestern in Wiesbaden. Genau diese Position vertreten wir in Hessen, in Baden- Württemberg und Bayern. Das sind die drei Geberländer. (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das gibt es Hamburg zahlt nur einen sehr kleinen Betrag. Alle anderen doch nicht!) sind Nehmerländer. Wer Hessen regieren will, muss hessische Interessen ver- Lieber Herr Wagner, beruhigen Sie sich. treten. Das ist doch etwas völlig anderes. (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE (Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. GRÜNEN): Ich bin ganz ruhig!) Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das ist aber peinlich!) Es gibt da eine relativ einfache Aussage: Wer Hessen re- gieren will, muss hessische Interessen vertreten. Sie weisen darauf hin, dass im Jahr 2020 das jetzt beste- hende System ausläuft. Soll das bedeuten, dass wir acht (Beifall bei der CDU und der FDP) Jahre lang noch so weitermachen? Was heißt das? – Hessen ist, bezogen auf die Einwohner- Berlin hat beschlossen, dass dort alle Kindergärten und zahl, mit Abstand das Land, das am meisten allen anderen Kindertagesstätten kostenfrei sind. Dort muss niemand Ge- Ländern gibt. bühren bezahlen. Ich finde, das ist schön für die Leute dort. (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE Wir haben das dritte Kindergartenjahr kostenfrei gestellt. GRÜNEN): Weil Sie es so beschlossen haben!) Wir würden gerne mehr tun, was wir aber aus finanziellen Gründen nicht können. Nach Rheinland-Pfalz gehen 240 Millionen €. Es geht Geld nach Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Herr Es kann doch nicht sein, dass andere Wohltaten mit unse- Kollege Schmitt, unser „bester Kunde“ ist Berlin. Es erhält rem Geld vornehmen und ein Mitglied der SPD erklärt: Bis 3 Milliarden €. zum Jahr 2020 gibt es keinen Anlass, zu handeln. – Das ist doch keine Politik für dieses Land. (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Weil Sie es so beschlossen haben!) (Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das ist un- Jetzt schauen wir uns einmal an, wie man das anders ma- glaublich!) chen könnte. Da bin ich mir mit Herrn Kollegen Kretsch- mann und Herrn Kollegen Seehofer völlig einig. Wir wol- Ich habe irgendwo noch gelesen, wir würden nicht ernst- len solidarisch sein. Aber es kann doch nicht sein, dass wir haft verhandeln. Das sollte ich in diesem Hause auch ein- deswegen Schulden machen müssen. Da hat sich etwas mit mal sagen: Seit eineinhalb Jahren verhandeln wir. der Aufnahme der Schuldenbremse in die Verfassung ge- Herr Kollege Kretschmann hat einen Vorschlag zur Güte ändert. Wir müssen Schulden machen, damit wir anderen gemacht. Er hat alle anderen gefragt: Passt einmal auf, Geld schicken. können wir uns darauf verständigen, dass es nicht ständig Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8389 mehr wird, dass wir die Höhe dessen, was wir bezahlen, Vizepräsident Lothar Quanz: einfrieren? Wenn wir dann mehr erwirtschaften, haben wir Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. – Als Nächster auch etwas davon. – Selbst das ist nicht gelungen. spricht Herr Al-Wazir, Fraktionsvorsitzender von BÜND- Jetzt im Dezember 2012 ist die letzte Runde der Minister- NIS 90/DIE GRÜNEN. präsidenten in diesem Jahr. Wahrscheinlich werden wir auch dort zu nichts kommen. Aber dann ist die Klage der Ausdruck politischer Notwehr für die hessischen Bürgerin- Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): nen und Bürger. Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP) Herr Ministerpräsident, was war das denn? Ich wünsche mir da schon sehr, dass diejenigen, die Hes- (Heiterkeit bei der Opposition – Dr. Frank Blech- sen regieren wollen, hessische Interessen vertreten und uns schmidt (FDP): Das war eine sehr gute Rede!) bei diesem Vorhaben unterstützen und uns nicht in den Jetzt endlich habe ich verstanden, was all diese auf Le- Rücken fallen. Das kann doch so nicht sein. benszeit verbeamteten Jung-Unionisten in der Staatskanz- (Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP) lei so tun: Sie lesen die Programme der SPD von 2008. Ich will es im Interesse der fortgeschrittenen Zeit, und weil (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPD wir noch die Einzelpläne diskutieren, damit gut sein lassen. und Zurufe: Bravo!) Ich will eine Aussage des Kommentators der „Hessen- Herr Ministerpräsident, das waren interessante Anmerkun- schau“ vom 12. November 2012 zitieren. Herr Kollege gen zum Programm der SPD, es waren auch ein paar inter- Schäfer-Gümbel, anlässlich der Vorstellung Ihres Pro- essante Anmerkungen zu den Haushaltsvorschlägen der gramms begann er seinen Schlusskommentar wie folgt – GRÜNEN. Dazu muss ich nachher einiges zurechtrücken, ich zitiere –: darum streiten wir uns gerne. Aber eine Frage haben Sie Ja, nach so vielen Jahren in der Opposition ist da bei nicht beantwortet: Was wollen Sie eigentlich? der SPD ganz gewiss ein bisschen Saharafeeling, sa- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – ge ich einmal – trocken, trocken. Holger Bellino (CDU): Das steht im Haushalt!) (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der FDP) Herr Ministerpräsident, was wollen Sie eigentlich? Wohin Meine Damen und Herren, dieses Gefühl der Dürre muss wollen Sie eigentlich? Ihnen auch den Blick vernebelt haben. Die Umsetzung Ih- Das war eine Oppositionsrede nach dem Motto: Ich bin rer Vorschläge würde dem Land schaden. Deshalb muss Ministerpräsident, aber ich weiß selbst nicht mehr, warum. man sie ablehnen. CDU und FDP haben in den letzten 13 – Herr Bouffier, das reicht am Ende nicht. Jahren eine Erfolgsgeschichte geschrieben. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zu- (Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜND- rufe von der FDP) NISSES 90/DIE GRÜNEN) Hoffentlich war das keine Bewerbungsrede für die Rolle Das können wir belegen. Das wissen die Menschen. Eine des Oppositionsführers in der nächsten Legislaturperiode – Überschrift ausgerechnet vom gestrigen Tage, die lautet: denn das wissen Sie selbst, Herr Bouffier: Abgewählte Mi- „Die Hessen verdienen am meisten“, belegt das mehr als nisterpräsidenten werden nicht mehr Oppositionsführer. sämtliche Propaganda, die Sie hier gebracht haben. Schauen Sie sich Stefan Mappus an – ich weiß nicht, was (Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP) er jetzt macht, aber Sie können ihm dann Gesellschaft leis- ten. Wenn Sie solche Reden auch im Wahlkampf halten, Diese Erfolgsgeschichte wollen wir fortführen. Herr Kolle- dann freue ich mich ganz besonders auf den Wahlkampf ge Schäfer-Gümbel, Herr Al-Wazir, wir wollen eine andere im nächsten Jahr. Politik als Sie. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sehr gut! – bei Abgeordneten der SPD) Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ist das in der Demokratie!) Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir ziehen heute Bilanz, das stimmt. Wir beraten den Doppelhaushalt 2013/2014. Die Richtschnur unseres Handelns und unserer Arbeit Das werden also die letzten Haushaltsberatungen vor der bleibt: Wir setzen praktische Vernunft gegen ideologischen Landtagswahl sein. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen und bürokratischen Zwang. von Schwarz-Gelb, und Ihre Landesregierung haben so (Lachen des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD)) viel Angst vor der Wahl, dass Sie es bis heute nicht ge- schafft haben, einen Termin dafür festzulegen. Es gibt Ge- Das unterscheidet uns grundlegend. Für uns gilt auch in rüchte, wonach es in der FDP Wünsche gibt, dass über- diesem Jahr – das wird auch in der Zukunft so sein –: Für haupt nie wieder gewählt werden soll. uns kommt erst der Mensch, dann das Land und dann die Partei. (Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN) (Lachen bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN) Aber diese Landtagswahl wird stattfinden. Damit waren wir erfolgreich. So machen wir weiter. – Vie- (Zuruf von der CDU: Tolle Erkenntnis!) len Dank. Dann lassen Sie uns Bilanz ziehen. (Lang anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP) 8390 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Wir sind in der Haushaltsdebatte, fangen wir also mit der Niemand sollte denken, das sei im letzten Jahr ein Ausrut- Finanzlage des Landes an. scher gewesen. Wir haben uns einmal in den Haushaltsent- würfen der anderen Bundesländer für das nächste Jahr um- Meine Damen und Herren, noch befinden wir uns in einer geschaut. Wissen Sie, was wir da feststellen? Wir sind wie- Phase guter Wirtschaftsentwicklung. Das drückt sich auch der auf einem unrühmlichen Siegertreppchen. Wir sind in den Steuereinnahmen aus. Gleichzeitig muss das Land nämlich jetzt auf Platz 3 der Flächenländer; nur das Saar- Hessen – wie die anderen Länder der Bundesrepublik und land und Rheinland-Pfalz wollen einen noch größeren An- der Bund – so wenig Geld für seine Zinsen zahlen wie teil ihres Haushalts im nächsten Jahr schuldenfinanzieren. noch nie. Da profitieren wir von der Krise in Südeuropa. Und da stellen Sie sich hierhin und sagen, Sie machen soli- Herr Ministerpräsident, trotzdem wollen Sie und Ihre Re- de Finanzpolitik? – Liebe Kolleginnen und Kollegen, das gierung auch in den beiden nächsten Jahren 2,5 Milliar- kann doch nicht Ihr Ernst sein. den € zusätzlicher Schulden machen – und das, obwohl Sie die Grunderwerbsteuer erhöhen und nächstes Jahr kein (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Geld mehr in die Versorgungsrücklage stecken. – Wo ist Wir wollten Bilanz ziehen. Wir ziehen jetzt Bilanz. Im Ja- denn eigentlich Karlheinz Weimar? Der war immer so nuar 2014, wenn der neue Landtag zusammentritt, werden stolz auf diese Versorgungsrücklage. Nächstes Jahr keine Sie knapp 15 Jahre regiert haben. In dieser Zeit werden Sie Zuführung mehr in diese Rücklage, obwohl Sie in der Ver- die Schulden des Landes Hessen fast verdoppelt haben. Ich gangenheit – – will Ihnen das einmal zeigen, so sieht das aus. (Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Einmalig!) (Der Redner hält ein neues Schaubild hoch.) – Einmalig? Das ist das Jahr 1998: 23 Milliarden € Schulden. Am Ende (Norbert Schmitt (SPD): Das ist wirklich einmalig!) des Jahres sind wir schon über die 43 Milliarden € Schul- den. Laut Ihrem Finanzplan sind wir im Jahr 2016 bei 45,4 Lieber Gottfried Milde, das ist wirklich einmalig. Eine Milliarden € Schulden, beinahe eine Verdoppelung in Versorgungsrücklage zu schaffen und zu sagen, wir wollen schlappen 15 Jahren. So sieht die Bilanz von Schwarz- jetzt, dass in Zukunft für die Beamtinnen und Beamten Gelb in der Finanzpolitik aus. Das ist eine Bilanz, für die nicht mehr nichts zurückgelegt wird, sondern dass es zum man sich schämen sollte, die sollte man nicht feiern. Prinzip erhoben wird, dass man für jeden, den man ein- stellt, etwas zurücklegt – dann aber zu sagen: „Im Jahr vor (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- der Wahl setzen wir das aus“, das ist wirklich einmalig. wie der Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel und Norbert Schmitt (SPD)) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Herr Ministerpräsident, wie groß muss eigentlich die Not Aber bitte sehr. sein, wenn sich ein amtierender Ministerpräsident in der (Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) Haushaltsdebatte, in der Generaldebatte zum Haushalt des (CDU)) nächsten Jahres, hinstellt und über die Vorschläge der Op- position dermaßen die Unwahrheit erzählt wie über die Das alles tun Sie, obwohl Sie in der Vergangenheit den Vorschläge, die die GRÜNEN-Fraktion zur Beihilfe der Kommunen Geld entzogen haben, und zwar nicht in einem Beamtinnen und Beamten eingebracht hat? Wie groß muss einmaligen Akt vor der Landtagswahl, nicht in einem ein- eigentlich die Not bei Ihnen sein? maligen Ausrutscher, sondern als ein Markenzeichen von Schwarz-Gelb: Meine sehr verehrten Damen und Herren, (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Sie können schlicht nicht mit Geld umgehen. Ministerpräsident Volker Bouffier: Sie können es doch selbst vorlesen!) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Herr Ministerpräsident, ich lese das selbst vor. Das wird besonders deutlich, wenn man Hessen mit ande- ren Bundesländern vergleicht. Ich will Ihnen einmal zei- Wir haben gesagt, wir wollen, dass die Beamtinnen und gen, wie sich das entwickelt hat. Beamten – so wie in den anderen Bundesländern und beim Bund auch; inzwischen ist es fast überall wieder so – 40 (Der Redner hält ein Schaubild hoch.) Stunden in der Woche arbeiten. Wir wissen, das kostet Das ist das letzte Jahr, 2011. Es ist schon abgeschlossen. Geld. Wir wissen, das geht nicht auf einmal. Deswegen ha- Das sind die Anstiege der Verschuldung der Bundesländer, ben wir gesagt, wir wollen im ersten Jahr damit bei denen inklusive der Verschuldung der Kommunen, im letzten anfangen, die im Schichtdienst arbeiten. Jahr. Es gibt Bundesländer, die haben im letzten Jahr ins- (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): So ist es!) gesamt Schulden reduziert. Es gibt Bundesländer, die sind so bei plus/minus null. Es gibt welche, die haben Schulden Das ist z. B. im Justizvollzug und bei der Polizei. Das wol- gemacht. – Wissen Sie, wo Hessen ist? Hier unten. Es gibt len wir dann schrittweise ausweiten. kein Bundesland, das inklusive seiner Kommunen seine Wir wissen, wir brauchen dann mehr Personal; und wir Schulden im letzten Jahr derart erhöht hat wie das Bundes- wissen, das Personal gibt es teilweise gar nicht. Man muss land Hessen. Sie aber stellen sich hierhin und sagen, Sie das erst ausbilden. Deswegen sagen wir: Jahr für Jahr machen solide Finanzpolitik. – Herr Milde, wovon träumen wächst das auf – im ersten Jahr sind es 10 Millionen €, im Sie eigentlich nachts? zweiten Jahr 20 Millionen €. Am Ende werden wir zu einer (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Summe kommen, die an die 100 Millionen € heranreicht. bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Ministers Das wissen wir. Boris Rhein) Wir haben uns aber auch die Mühe gemacht, zu überlegen, Wir haben einen Spitzenplatz: Hessen ist spitze – beim wo es auf der anderen Seite Einsparmöglichkeiten gibt. Da Schuldenmachen. Aber darauf sollte man nicht stolz sein. sind wir auf die Beihilfe gestoßen. Denn im Bundesland Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8391

Hessen existieren als inzwischen fast einzigem Bundesland einen Neuanfang. Dazu muss diese Regierung abgewählt noch Leistungen, die es beim Bund und in den anderen werden. Ländern schon längst nicht mehr gibt. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Wenn Sie jetzt sagen, wenn man die Wahlleistung Chef- der SPD) arztbehandlung und die Wahlleistung Einzelzimmer Wir haben schon vor drei Jahren ein Konzept vorgelegt, streicht, so ist das ein Eingriff in das Menschenrecht der wie man durch Einsparungen, durch Effizienzsteigerungen Beamtinnen und Beamten, dann wissen Sie überhaupt und durch Einnahmeerhöhungen einen Neuanfang hinbe- nicht, was in der Gesellschaft los ist, und beweisen eher, kommen könnte und gleichzeitig in die wichtigsten Zu- wie weit Sie von der Realität entfernt sind. kunftsausgaben investieren könnte. Dazu braucht es politi- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) schen Willen. Dazu braucht es Mut. Dazu braucht es ein Ziel. Dazu braucht es die Abwahl einer Regierung, die gar Ich lese es Ihnen jetzt einmal vor. Übrigens haben wir die- nicht mehr weiß, weshalb sie eigentlich regiert. se Zahlen aus dem hessischen Innenministerium unter Bo- ris Rhein erhalten; denn der hatte das selbst vor, sich dann (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und aber nicht mehr getraut. Das ist eine einmalige Ersparnis der SPD) von 32 Millionen € – und zwar im ersten Jahr, im zweiten Herr Ministerpräsident, ich bin dankbar, dass Sie den Län- Jahr und im dritten Jahr. Das wird nicht mehr, das kann derfinanzausgleich angesprochen haben. Es ist richtig, das man nur einmal machen. Genauso steht es auch in unseren gegenwärtige System ist leistungs- und anreizfeindlich. Es Haushaltsanträgen. gibt sowohl bei den Geberländern als auch bei den Neh- Herr Bouffier, wenn Sie sich jetzt hierhin stellen und einen merländern keinen Anreiz dafür, mehr Geld in die Kasse solchen Unsinn erzählen, sollten Sie sich dafür schämen. zu bekommen. Wenn die Geberländer mehr Geld in die Kasse bekommen, müssen sie mehr an die anderen zahlen. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Wenn die Nehmerländer mehr Geld einnehmen, bekom- des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) – Zuruf men sie weniger von den anderen. So weit, so richtig. des Ministerpräsidenten Volker Bouffier) Was Sie vergessen haben, ist, dass der gegenwärtig gelten- – Herr Ministerpräsident, was heißt denn das, das sei Un- de Länderfinanzausgleich unter Vorsitz von fug? Sie stellen sich hierhin und sagen, die SPD – ich weiß in der Ministerpräsidentenkonferenz im Jahr 2000 in Wies- nicht, ob das stimmt, Sie behaupten das so – wolle Fraun- baden im Nassauer Hof von Ihnen beschlossen wurde. hofer IWES Geld streichen. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Weil er nur über der SPD – Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Das die eine Seite geredet hat, über die andere Seite war ein Kompromiss! – Präsident Norbert Kartmann nicht!) übernimmt den Vorsitz.) Wer hat denn mit der „Operation düstere Zukunft“ dem Es ist völlig richtig, dass wir eine Veränderung brauchen. Vorgänger von Fraunhofer IWES, nämlich dem ISET, das Die spannende Frage ist doch: Was versprechen Sie sich Geld gestrichen? Das waren doch Sie. eigentlich von einer Klage, wenn Sie gleichzeitig kein (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Konzept haben, wohin Sie eigentlich wollen? der SPD) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und An diesem Punkt können Sie nicht ablenken. Sie haben die der SPD) Finanzen des Landes Hessen in den letzten 15 Jahren rui- Glauben Sie denn ernsthaft, dass das Bundesverfassungs- niert. Sie werden Ihren Nachfolgern eine gewaltige Erblast gericht Ihnen einen neuen Länderfinanzausgleich machen hinterlassen. In Hessen ist der endgültige Beweis erbracht: wird? – Im Gegenteil, wenn wir Glück haben, lautet die Schwarze und Gelbe können nicht mit Geld umgehen. – Entscheidung, es gibt neue Grundsätze, die uns im Zweifel Wer das noch glaubt, der glaubt auch an den Weihnachts- helfen. Wenn wir Pech haben, wird einer dieser Grundsät- mann und daran, dass er die Ostereier bringt, Herr Kollege ze sein, dass in Zukunft auch die Finanzkraft der Gemein- Krüger. den einbezogen wird. Wenn die Frankfurter Gewerbesteuer (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und auf die Finanzkraft des Landes Hessen angerechnet würde, der SPD) könnte das Ende vom Lied sein, dass wir mehr zahlen und nicht weniger. Allein diese Bilanz wäre schon Grund genug, diese Regie- rung endlich abzuwählen. Wir brauchen dringend ein Konzept, damit wir entscheiden können, ob eine Klage überhaupt Sinn macht. Selbst wenn (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das haben sie Sinn macht und wenn sie erfolgreich ist, muss man wis- Sie vor zehn Jahren schon gesagt!) sen, wohin man will; sonst endet man genauso wie Roland Sie haben in dieser Zeit nichts, aber auch gar nichts struk- Koch im Nassauer Hof. turell verändert. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Herr Finanzminister Schäfer, es gab eine Haushaltsstruk- der SPD) turkommission. Es gab bei Ihnen Vorschläge zur Verände- Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch und gerade rung des Kommunalen Finanzausgleichs. Schon bei Ihrem in der Bildungspolitik brauchen wir einen Neuanfang. Wir Vorgänger gab es diese. Am Ende passiert immer nichts. wollten Bilanz ziehen. Was wurde uns im April 1999 alles Diese Regierung ist verbraucht, sie ist erschöpft, sie hat von Roland Koch und Karin Wolff versprochen: Schwarz- keine Ideen mehr, was sie eigentlich will. Hessen braucht Gelb wird Hessen zum Bildungsland Nummer eins ma- 8392 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 chen. – Das war das Mantra. Davon habe ich schon lange (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) nichts mehr gehört; Sie wissen, warum. Ich spreche an dieser Stelle auch die erneute G-8-Reform 14 Jahre später – einen Ministerpräsidenten und drei Kul- an. Die Wahlfreiheit ist richtig. Der Versuch, beides tusminister später – ist eine ganze Schülergeneration unter gleichzeitig an einer Schule zu machen, wird unter den ge- Ihrer Verantwortung für die Bildungspolitik von der Ein- genwärtigen Bedingungen scheitern. Sie müssen entweder schulung bis zum Abitur durch das hessische Schulsystem die Bedingungen ändern oder sich von diesem Versuch gegangen. Das Ergebnis jedes Schultests, egal in welcher verabschieden. Schulform, egal in welchem Fach, zeigt, dass wir nicht Bil- Dass man den Schulen die Rückkehr zu G 9 ermöglicht, ist dungsland Nummer eins sind, sondern Mittelmaß, wenn ausdrücklich richtig. Aber Sie müssen dann den Elternwil- wir Glück haben, manchmal sogar deutlich darunter. len auch wirklich ernst nehmen. Deswegen sage ich Ihnen: Soziale Herkunft bestimmt weiter den Bildungserfolg, viel Richten Sie regionale Konferenzen ein, und sorgen Sie da- stärker als in anderen Industriestaaten und als in anderen für, dass die Eltern, die G 9 für ihre Kinder wollen, auch Bundesländern. Deswegen sage ich: Schwarz-Gelb ist in die G-9-Schulen finden. Das ist wahre Wahlfreiheit, wenn der Bildungspolitik schlicht gescheitert. Sie sind geschei- man wirklich für Wahlfreiheit sorgt und kein Wahlfrei- tert, und das hat Gründe, nämlich Ideologie und Arroganz. heitsverhinderungsprogramm macht. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) der SPD) Es kann ausdrücklich nicht sein, dass Kinder, deren Eltern Die Ideologie hat Ihnen nicht erlaubt, die Anforderungen G 9 wollen, im nächsten Schuljahr zwangsweise in G 8 von heute zu erkennen. Wenn die Eltern die Hauptschule eingewiesen werden. Wahlfreiheit bedeutet, dass es auch nicht mehr wollen, dann kann man diese Schulform, durch wirklich eine Wahl gibt. welche Maßnahmen auch immer, nicht künstlich am Leben Ich sage Ihnen ausdrücklich: Wir wollen ein Ende der erhalten, auch wenn Christean Wagner und Hans-Jürgen ideologischen Debatten. Wir wollen uns in der Schulpolitik Irmer es Alfred Dregger geschworen haben sollten. Das endlich an der Sache orientieren. Wir haben zu Beginn die- funktioniert dann einfach nicht mehr, meine sehr verehrten ser Legislaturperiode gesagt, dass wir uns auf die Inhalte Damen und Herren. konzentrieren und uns egal ist, von wem eine Idee kommt, Fast alle Bundesländer haben den ideologischen Kampf um wenn wir sie für richtig halten. die Schulformen beendet und befinden sich auf dem Weg Ich muss Ihnen sagen, ich habe mich über manche Radio-, zur Zweigliedrigkeit: auf der einen Seite das Gymnasium Zeitungs- und Fernsehberichte in den vergangenen Tagen und auf der anderen Seite eine leistungsfähige Schulform, ein wenig gewundert, um es einmal vorsichtig auszu- die längeres gemeinsames Lernen und alle Abschlüsse an- drücken. Wir waren immer für Wahlfreiheit und gegen bietet. Beide Schulformen mit mehr individueller Förde- Zwangsbeglückungen in der Bildungspolitik. Wenn man rung, beide Schulformen mit der Konzentration auf das ei- das konsequent durchhält, dann entstehen aus der Sache gentlich Wichtige in der Schule, nämlich das Lehren und heraus sofort Koalitionsspekulationen, die bei Journalisten das Lernen, und nicht auf das Türschild, mit dem Sie im- offensichtlich eine größere Erotik haben als der Inhalt des mer noch die ideologischen Schlachten des vergangenen Schulgesetzes. Jahrhunderts führen. (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das sehe (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ich auch so!) Wir stehen für die Wahlfreiheit der Eltern statt für die – Das sehen Sie auch so. Da bin ich ja beruhigt, Herr Wag- Zwangsbeglückungen aus Wiesbaden. Herr Ministerpräsi- ner. dent, ich habe mich sehr darüber gefreut, dass Sie gestern den Ausdruck „Zwangsbeglückungen aus Wiesbaden“, den Ich erinnere aber einmal daran – manche können sich ja meine Fraktion seit zehn Jahren verwendet, in einer Presse- noch erinnern –: Es war ein Gesetzentwurf von BÜNDNIS konferenz selbst gebraucht haben. Sie haben nur nicht ver- 90/DIE GRÜNEN, der dazu geführt hat, dass es im Jahr standen, dass Sie in den vergangenen 13 Jahren einer Lan- 2008 den kooperativen Gesamtschulen ermöglicht wurde, desregierung angehört haben, die eine Zwangsbeglückung zu G 9 zurückzukehren. Wir haben sie nicht zur Rückkehr nach der anderen beschlossen hat. Sie haben sich also gezwungen; wir haben sie aber auch nicht zwangsweise bei gestern selbst kritisiert. G 8 gehalten. Wir haben ihnen eine Wahlfreiheit gegeben. Die eine Hälfte hat sich für die Rückkehr entschieden, die (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) andere Hälfte dagegen, und man hat aus den kooperativen Vielleicht findet eine neue Generation von CDU-Abgeord- Gesamtschulen keine Klagen mehr gehört. Das ist der Weg neten die Kraft, sich vom Erbe Alfred Dreggers zu emanzi- der Zukunft: wirkliche Wahlfreiheit zu ermöglichen, die pieren. Ich wünsche es der hessischen Bildungspolitik. Bedingen zu schaffen, dass das auch funktioniert, und die Schulen sich ansonsten auf ihre Aufgaben konzentrieren zu Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie müssen sich lassen. auch von der Arroganz Ihrer Bildungspolitik emanzipieren. Sie haben immer nur verfügt, Sie haben nie hingehört. Was (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. die Eltern wollten, war Ihnen egal. Was die Schulen woll- Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Dann müssen ten, war Ihnen auch egal. Sie haben Ihre Vorstellungen Sie die SPD aber noch überzeugen!) brutalstmöglich durchgesetzt. Sie haben eine ganze Schü- Manche Sozialdemokraten waren in den letzten Tagen ein lergeneration mit einer schlecht umgesetzten G-8-Reform bisschen mürrisch. Liebe Kolleginnen und Kollegen von gequält. Sie haben erst verfügt, dann nachgefragt und dann der SPD die Antworten auf die Nachfragen ignoriert. So kann man Bildungspolitik nicht machen. Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8393

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Jetzt keine dass viele Mütter – es sind ja meist die Mütter – ihren Ar- Entschuldigung!) beitsplatz kündigen oder ihre Arbeitszeit drastisch reduzie- ren müssen, der weiß: Hierin liegt ein riesengroßes gesell- – ich entschuldige mich nicht –, wenn die bildungspolitisch schaftliches Problem, das man eben nicht mit einem Be- blinden Hühner von der CDU auch einmal ein Korn finden treuungsgeld, sondern nur mit einer besseren Betreuung bis und dieses Korn zudem noch grün ist, dann sage ich trotz- zum Ende der Grundschulzeit lösen kann. dem: Es ist nur ein Korn. So viel Ehrlichkeit muss schon sein. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE Auch hier gilt: Man muss ein Ziel haben. Man muss den GRÜNEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Mut haben, es anzugehen. Man muss wissen, wo man hin Aber ein dickes Korn! – Zuruf des Ministerpräsiden- will, und darf nicht immer nur über die Vergangenheit re- ten Volker Bouffier) den. Herr Ministerpräsident, das ist die Aufgabe der Poli- tik. – Herr Bouffier, ich muss überhaupt nichts erklären. Das ist kein schwarz-grüner Flirt, sondern ein Flirt der GRÜ- Zu diesen Zukunftsaufgaben gehört auch die Energiewen- NEN mit den Wünschen der Schulen und der Eltern. Es ist de. Wir haben in der letzten Woche in der Staatskanzlei ei- sozusagen eine Entdeckung der Wirklichkeit. Wenn auch ne zum Teil skurrile Veranstaltung erlebt. Herr Minister- Sie jetzt da ankommen, dann herzlichen Glückwunsch. präsident, Sie haben in Ihrem Eingangsstatement ungefähr dieselben Worte gebraucht, die Sie vor eineinhalb Jahren (Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE in der allerersten Veranstaltung des Energiegipfels verwen- GRÜNEN – Ministerpräsident Volker Bouffier: Da det haben. waren wir aber schon!) (Ministerpräsident Volker Bouffier: Die sind auch Ich habe gestern gesehen, dass Frau Beer Angst bekommen richtig!) und in der Pressekonferenz ungefragt gesagt hat, dass sie sich mit Ihnen in einer „stabilen Zweierbeziehung“ befin- Ich stelle schlicht fest: Die Gelben wollen die Energiewen- det. de nicht, und viele Schwarze wollen sie auch nicht. (Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): Wer sagt das?) Wir erleben gerade sehr lustige Zeiten in der hessischen – Wer das sagt? Ihr Landesvorsitzender und stellvertreten- Politik. Die Sache allerding ist ziemlich ernst. Wir hielten der Ministerpräsident hat das im September hier im Land- es für eine Katastrophe, wenn auf die Zwangsbeglückun- tag von der Regierungsbank aus gesagt. gen durch Schwarz-Gelb in den letzten Jahren nach der (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und nächsten Landtagswahl erneut Zwangsbeglückungen erfol- bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der FDP) gen würden. Die Schulen sind es leid, bevormundet zu werden. Wir wollen den Schulkampf in Hessen endlich be- Ich finde es gut, Herr Greilich, dass jetzt auch die FDP enden. Herrn Hahn nicht mehr in dem ernst nimmt, was er sagt. Es besteht also selbst bei Ihnen noch Hoffnung, (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ministerpräsident Volker Bouffier: Das finde ich (Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE gut! GRÜNEN) Lieber Thorsten Schäfer-Gümbel, im Zweifel werden wir Herr Ministerpräsident, Sie klagen, dass alles so schwierig befreundete Volksparteien dann davon abhalten, sich un- sei. Ich dachte eigentlich, die Klagemauer stehe woanders. glücklich zu machen – vor allem dann, wenn wir mit ihnen Am Ende der Veranstaltung in der letzten Woche war aber regieren wollen. klar: Seit Volker Bouffier in der Staatskanzlei in Wiesba- den regiert, gibt es auch dort eine Klagemauer. (Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Ministerpräsident Volker Bouffier: Ach Gott! Er- zählen Sie doch mal was zur Sache!) Wir haben aber auch noch andere große Baustellen, bei de- nen wir dringend vorankommen müssen. Die Kinderbe- Sie sollten sich einmal ein bisschen damit beschäftigen, treuung – ob bei den ganz Kleinen oder bei den Grund- worüber wir in den letzten Wochen, Monaten und Jahren schulkindern – ist weiterhin unzureichend. Wir brauchen und auf dem Energiegipfel eigentlich gesprochen haben. daher zur Erfüllung des Rechtsanspruchs für die unter Wir haben Ihnen prophezeit, dass der Block 6 am Standort Dreijährigen dringend ein Notprogramm Kinderbetreuung. Staudinger niemals kommen wird, weil nämlich unflexible Kohlekraftwerke nicht mehr in eine völlig veränderte Ener- Wir brauchen aber auch den Mut, in den nächsten Jahren gielandschaft, zu den erneuerbaren Energien passen. Das die letzte große Baustelle in der Kinderbetreuung in der war völlig klar. Wer sich ein bisschen mit der Sache be- Bundesrepublik Deutschland anzugehen, nämlich die Be- schäftigt, der weiß, so etwas wird in Zukunft nicht mehr treuung der Grundschulkinder. Wir wollen, dass das Land gebaut. Wir brauchen eine andere Form der Energieerzeu- und die Kommunen zusammenarbeiten, um in Zukunft je- gung. Wir brauchen flexible Gaskraftwerke und keine Di- dem Grundschulkind einen Betreuungsplatz zu garantieren. nosaurier-Kraftwerke aus dem letzten Jahrtausend. Das wird ein großes Projekt. Das geht nicht von einem Tag auf den anderen. Das wird für die Eltern übrigens nicht (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und beitragsfrei sein, aber wir wollen jetzt damit beginnen. bei Abgeordneten der SPD) Wer sich anschaut, welch einen Zuwachs an Ganztagsbe- treuungsplätzen für Drei- bis Sechsjährige es in den letzten Man hätte es wissen können. Herr Ministerpräsident, Sie Jahren gegeben hat, und wer sich anschaut, welche Proble- schienen mir in der letzten Woche aber ernsthaft über- me die Eltern haben, deren Kinder eingeschult werden, rascht zu sein, als mitten in die Sitzung die Nachricht platzte, dass sich E.ON von Staudinger 6 verabschiedet 8394 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 hat. Herr Ministerpräsident, wenn alles so schwierig ist, Nichts gebaut: ohne Anschluss nach rechts oder links an ir- wenn Sie nicht so genau wissen, wo Sie hin wollen, wenn gendeine andere Autobahn. Wir sind das Schlusslicht. Sie gar nicht so genau wissen, wie man die Probleme ei- (Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD)) gentlich lösen soll, und immer sagen, die anderen seien schuld, dann lassen Sie doch einfach diejenigen die Ener- – Ich beklage mich an der Stelle nicht. Ihr habt eine andere giewende machen, die sie wollen und die sie auch umset- Position dazu. Aber wenn man sich anschaut, was in einem zen können. Zeitraum von 14 Jahren geschafft worden ist, muss man schon sagen: Autobahnen bauen muss man nicht nur wol- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und len, man muss es auch können. bei Abgeordneten der SPD – Ministerpräsident Vol- ker Bouffier: Ich lache mich tot! Was können Sie (Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE denn – außer Preiserhöhungen?) GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD) – Ich höre von halbrechts hinter mir den Satz: „Ich lache Wir sind auch bei den Investitionen in die Schieneninfra- mich tot“. Ich hoffe, das ist nicht wahr geworden. struktur das Schlusslicht unter den Bundesländern. Be- schleunigung der Bahnstrecke Hanau – Fulda: nichts pas- (Ministerpräsident Volker Bouffier: Natürlich nicht! siert. Neubau und Beschleunigung der Bahnstrecke Frank- Aber ich warte auf Ihre Vorschläge!) furt – Mannheim: nichts passiert. Der öffentliche Perso- Die Wende ist eine Herausforderung, eine Anstrengung, nennahverkehr in Hessen steuert auf eine dramatische Fi- aber auch eine Chance für Hessen – für mehr Arbeitsplät- nanzlücke zu. ze, für eine größere Unabhängigkeit von Rohstoffimporten, (Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP)) für mehr Wertschöpfung im ländlichen Raum, für Gewinne bei Kommunen, nicht bei Energiekonzernen. Sie sind aber – Herr Müller, Sie kennen sich da ausnahmsweise sogar schon wieder im Blockade- und Klagemodus angekommen ein bisschen aus. – Maßnahmen aus Frankfurt RheinMain – falls Sie ihn jemals verlassen haben. plus: nichts passiert. (Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD) Wenn Sie sich das anschauen und sich dann vergegenwär- Herr Ministerpräsident, Sie haben gesagt: Wir ziehen heute tigen, was für ein Transitland wir auch beim Schienenver- Bilanz. – Auch ich ziehe jetzt Bilanz und stelle fest: Hes- kehr sind, können Sie wahnsinnig werden. sen ist bei den erneuerbaren Energien im Vergleich aller Flächenländer weiterhin auf dem letzten Platz. Sie haben (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vorhin den Satz gesagt, Sie würden eine erfolgreiche Kli- bei Abgeordneten der SPD) maschutzpolitik betreiben. Können Sie sich erinnern, dass Ich habe gesagt, der ÖPNV in Hessen steuert auf eine dra- Ihr Vorgänger im Jahre 2008 an diesem Pult gestanden und matische Finanzlücke zu. Es gibt keinerlei Ideen, wie die erklärt hat, das Land Hessen werde jetzt eine Nachhaltig- Mobilität im ländlichen Raum für Leute ohne Auto – das keitsstrategie in Gang setzen? Vier Jahre später stellen wir werden im Zuge des demografischen Wandels immer mehr fest: viele Stellen, viele hauptamtliche Mitarbeiter, viele sein – sichergestellt werden soll. Das Jahr 2015 rückt für Konferenzen, viele Broschüren. Ich kann mich sogar an diejenigen bedrohlich nah – nicht für uns –, die das Projekt einen Nachhaltigkeitssong erinnern, der bei der Zweitplat- „Staufreies Hessen 2015“ beschlossen haben. Ich empfeh- zierten irgendeiner Castingshow in Auftrag gegeben wur- le, eine Umfrage bei Autofahrern auf der A 5 vorzuneh- de. men. (Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ich würde mich und der SPD) beteiligen!) Schauen Sie einmal in den Haushaltsplan. Leider haben Sie Meine sehr verehrten Damen und Herren, Ihre Verkehrspo- so viel Öffentlichkeitsarbeit gemacht und so viel Personal litik ist von vorgestern. Wir brauchen endlich eine Mobili- zur Verfügung gestellt, dass für die Umsetzung der Maß- tätspolitik, die diesen Namen auch verdient. Wenn Sie sich nahmen im Haushalt für die nächsten zwei Jahre kein Cent fragen, warum Sie in Umfragen so schlecht dastehen und vorgesehen ist. Das nennen Sie eine „erfolgreiche Klima- warum die Hessische Landesregierung die bei ihrem Volk schutzpolitik“. Man könnte verrückt werden. unbeliebteste in der Bundesrepublik Deutschland ist, könn- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und te ich Ihnen hiermit ein Paradebeispiel für Ihre arrogante bei Abgeordneten der SPD) Politik nennen, die die Leute so auf die Palme bringt. Auch in der Verkehrs- und Wirtschaftspolitik sprechen Sie (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) von einer „erfolgreichen Klimaschutz- und Nachhaltig- Verkehrsminister Florian Rentsch hat zum Jahrestag der keitspolitik“. In der letzten Woche flatterte uns – ich neh- Inbetriebnahme der Nordwestbahn im hr ein Interview ge- me an, auch Ihnen – der „Bundesländerindex Mobilität geben und dort gesagt, dass der Flughafenausbau ein Er- 2012“ ins Postfach. Sie dürfen einmal raten, welchen Platz folg sei und dass es wegen des Nachtflugverbots auch lei- Hessen belegt: den 16. unter 16 Bundesländern. Die Über- ser geworden sei. schrift lautet: „Rote Laterne im Fach ‚nachhaltige Mobili- tät‘“. Ich stelle fest: Erstens. Sie mussten erst von dem höchsten deutschen Verwaltungsgericht zur Einhaltung des von Ih- Wir wollten heute Bilanz ziehen. Seit 1999 haben wir eine nen selbst gegebenen und dann gebrochenen Versprechens Landesregierung, die bei der Verkehrspolitik nur an Auto- eines Nachtflugverbots gezwungen werden. Glauben Sie bahnen und Flughäfen denkt. Im Ergebnis haben Sie, was eigentlich, die Leute haben das vergessen? die A 44 betrifft, eine Strecke von ungefähr 6 km ins Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8395

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Ich finde es toll – vielleicht war das auch eine Form der der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Wirtschaftsförderung –, dass Sie in Ihrer Rede zweimal aus der „Frankfurter Rundschau“ zitiert haben. Aber als Sie die Zweitens – Stichwort: Erfolgsgeschichte Ausbau –: Die Überschrift „Die Hessen verdienen am meisten“ zitiert ha- Nordwestbahn ist selbst für diejenigen, die immer für den ben, haben Sie die Unterzeile vergessen. Herr Ministerprä- Ausbau waren, an der falschen Stelle geplant worden. Sie sident, „im Durchschnitt“ hieß es da. haben ein Chemiewerk übersehen und deshalb die für einen Flughafen dieser Größenordnung teuerste Landebahn (Ministerpräsident Volker Bouffier: Ja, was denn gebaut, die es jemals gegeben hat. Sie haben damit die sonst?) längsten Rollzeiten auf einem europäischen Flughafen pro- – Natürlich, was denn sonst? Aber Sie können nicht sagen, duziert. Die versprochenen Arbeitsplätze sind in weite Fer- das Land Hessen blüht, und die Hessen verdienen im ne gerückt. Schauen Sie sich einmal die Statistiken an. Le- Durchschnitt am meisten. Das ist zwar richtig, aber es hilft sen Sie den Winterflugplan, und Sie werden erkennen, dass weder den entlassenen Schlecker-Mitarbeiterinnen noch die Zahl der Flugbewegungen sogar zurückgeht. den Mitarbeitern von Manroland oder denen von Necker- Ich will das nicht beklagen. Aber sich hierhin zu stellen mann. Ich sage Ihnen: Wenn Sie nicht sehen, was im Nied- und zu sagen: „Das ist eine Erfolgsgeschichte“, zeugt an- riglohnsektor los ist, sind Sie nicht nah bei den Menschen, gesichts der Tatsache, dass man damit eine ganze Region sondern das Gegenteil davon: Dann sind Sie völlig abgeho- verlärmt und 100.000 Menschen zusätzlich zu vom Flug- ben. lärm Betroffenen gemacht hat, von einer Arroganz und ei- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und ner Ahnungslosigkeit, was die realen Verhältnisse im bei Abgeordneten der SPD – Ministerpräsident Vol- Rhein-Main-Gebiet betrifft, die ihresgleichen suchen. ker Bouffier: Das ist geradezu abenteuerlich!) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Nein, nein. – Ihre Leuchttürme stürzen ein. Ich stelle mir Deshalb sage ich immer wieder nicht nur an Schwarz- vor, was man alles machen könnte. Wenn ich mir nur den Gelb, sondern auch an die hessische Sozialdemokratie ge- Flughafen Kassel-Calden anschaue – es tut mir leid; ich sa- richtet ge das jetzt nicht, um die Abgeordneten der SPD zu ärgern, die da ebenfalls auf der falschen Spur sind –: Wir stecken (Holger Bellino (CDU): Sie vernichten Arbeitsplät- fast 300 Millionen € in einen Flughafen, auf dem jetzt je- ze!) der Flug nach Nordzypern gefeiert wird, als ob er das achte – ach, Herr Bellino –: Die Belastungen durch den Frank- Weltwunder wäre. Die Mitglieder armer nordhessischer furter Flughafen haben ein erträgliches Maß überschritten. Kegelklubs werden mit dem Lasso eingefangen, damit in Wir brauchen eine Begrenzung der Zahl der Flugbewegun- den Flugzeugen endlich jemand sitzt. gen. Wir brauchen einen Lärmschutz, der seinen Namen (Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) wirklich verdient. Wir brauchen auch ein echtes Nachtflug- verbot. Die Nacht dauert in Deutschland übrigens nicht Wenn wir die Hälfte dieses Geldes in die Breitbandversor- von 23 bis 5 Uhr, sondern von 22 bis 6 Uhr. gung des ländlichen Raums gesteckt hätten, hätten inzwi- schen alle in Hessen einen schnellen Internetanschluss. Die (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Leute wären glücklich, und wir hätten im ländlichen Raum Walter Arnold (CDU): Dann haben wir einen Regio- Tausende von Arbeitsplätzen geschaffen bzw. gesichert. nalflughafen!) Die Menschen würden freiwillig und freudig Gebühren Die Interessen der Bewohner des Rhein-Main-Gebiets zahlen, und wir müssten diesem Nonsens-Flughafen nicht müssen endlich Vorrang bekommen vor denen der Lobby- auch noch Subventionen hinterherwerfen. Das ist doch ei- isten der Luftverkehrswirtschaft, die hier auf der Regie- ne abenteuerliche Wirtschafts- und Verkehrspolitik, die Sie rungsbank sitzen. da betreiben. Wir wollten heute Bilanz ziehen. Auch die schwarz-gelbe (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Wirtschaftspolitik ist gescheitert. Roland Koch wollte 1999 bei Abgeordneten der SPD) Hessen zum Land des Südens machen. Ein Jahr später ha- Ihre Leuchttürme stürzen ein – Stichwörter: Flughafen ben wir gedacht, dass er damit vielleicht etwas anderes ge- Kassel-Calden, European Business School, Universitätskli- meint hat. Er hat offiziell an die Arbeitslosenstatistiken der nikum Gießen-. In dem Zusammenhang will ich Länder Bayern und Baden-Württemberg anknüpfen wol- Ihnen sagen: Man kann über Investitionsförderung reden. len. Aber, Herr Ministerpräsident, wenn ein Betreiber gekauft Ich kann Ihnen 14 Jahre später sagen: Sogar das Land und zunächst gesagt hat: „Wir brauchen das nicht“, jetzt Rheinland-Pfalz, ein damals hoffnungsloser Fall, hat uns aber auf einmal erklärt: „Wir wollen vom Land zusätzli- inzwischen, was die Arbeitslosenquote betrifft, überholt. ches Geld“, muss man zumindest über die grottenschlech- Im Oktober 2012 betrug die Arbeitslosigkeit in Bayern ten Verträge nachverhandeln, die Sie abgeschlossen haben. 3,4 %, in Baden-Württemberg 3,8 %, in Rheinland-Pfalz (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und 5 % und in Hessen 5,5 %. Herr Ministerpräsident, eine Ar- bei Abgeordneten der SPD) beitslosenquote von 5,5 % ist nicht schlecht; aber um ein- schätzen zu können, ob man gut oder schlecht war, muss Ihre G-8-Reform ist gescheitert; sonst würden Sie jetzt kei- man sich das im Vergleich zu den anderen anschauen. Die ne Reform der Reform machen. Die neue Verwaltungs- aber haben uns inzwischen abgehängt. steuerung ist gescheitert. Da haben wir Milliarden von Euro verbrannt, mit dem Ergebnis, dass jetzt keiner mehr (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und durchblickt und es übrigens auch nicht effizienter gewor- bei Abgeordneten der SPD) den ist. 8396 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Wir haben zu diesem Haushaltsentwurf knapp 90 Ände- sen ist ein Bildungsland. Dazu komme ich noch im Einzel- rungsanträge eingebracht, in denen präzise beschrieben nen, weil Herr Schäfer-Gümbel dort bemerkenswerte Posi- wird, was wir anders machen wollen: wo wir einsparen tionen für seine Partei vertreten hat. wollen, wo wir die Einnahmen erhöhen wollen und wo wir (Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS zusätzlich investieren wollen. Wir haben uns in den letzten 90/DIE GRÜNEN)) Jahren in der Opposition nicht ausgeruht, sondern wir ha- ben hart an unseren alternativen Konzepten gearbeitet. Zunächst einmal sollten wir uns mit den Grundlagen be- schäftigen, auf denen wir hier arbeiten. Ein klares Anzei- Wir wissen, was diese Regierung falsch gemacht hat. Mei- chen für die Stärke unseres Landes ist die letzte Steuer- ne sehr verehrten Damen und Herren, wir trauen uns zu, es schätzung, welche für das Jahr 2012 ein Rekordaufkom- besser zu machen. men erwarten lässt. Diese Landesregierung hat keine Ideen mehr. Dieser Mi- (Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): nisterpräsident hat keine Ideen mehr. Schwarz-Gelb ist er- Dafür können Sie aber doch nichts! – Zuruf des schöpft. Schwarz-Gelb ist verbraucht. Abg. Marius Weiß (SPD)) (Zuruf des Ministerpräsidenten Volker Bouffier) Verglichen mit der Steuerschätzung vom Mai dieses Jahres Nach dann 15 Jahren brauchen wir einen Neuanfang für werden die Mehreinnahmen voraussichtlich 200 Millio- dieses Bundesland – einen Neuanfang, auf den viele Men- nen € höher ausfallen, als von uns richtigerweise vorsichtig schen hoffen, die sich eine solide Finanzpolitik, eine besse- geschätzt. Mit diesen Zahlen werden die politischen Wett- re Bildungspolitik, eine bessere Kinderbetreuung, eine an- bewerber in diesem Hause, die immer davon reden, wir dere Wirtschafts- und Verkehrspolitik wünschen und die hätten ein Einnahmenproblem, Lügen gestraft. eine Landesregierung wollen, die noch Ziele hat, die nicht (Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): nur von der Macht und den Posten zusammengehalten Grunderwerbsteuer!) wird, sondern die Politik machen will, die nicht arrogant über die Köpfe der Menschen hinweggeht, sondern mit den Wir beweisen wieder einmal: Dieser Staat hat kein Einnah- Menschen und für die Menschen gemacht wird. Herr Mi- menproblem. Dieser Staat hat ein Ausgabenproblem. nisterpräsident, wenn man sich überlegt, was wir heute Nachmittag bei dem Haushalt des Rechnungshofs diskutie- (Zurufe der Abg. Marius Weiß (SPD) und Jürgen ren: Dass bei Ihnen erst der Mensch, dann das Land und Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) dann die Partei kommt, darüber müssen Sie doch selbst la- Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb machen chen. wir mit dem vorgelegten Doppelhaushalt 2013/2014 einen (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und weiteren Schritt auf dem von uns eingeschlagenen Pfad, der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – der uns zu dem Ziel führt, die Verfassungsvorgabe zu er- Zuruf des Ministerpräsidenten Volker Bouffier) füllen, die von uns verlangt, spätestens im Jahr 2020 die Nettoneuverschuldung auf null zurückzufahren. Herr Ministerpräsident, wir ziehen heute Bilanz von Schwarz-Gelb. Das Ergebnis dieser Bilanz ist: Das wird (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU der letzte Haushalt von Schwarz-Gelb sein, und das ist – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- auch gut so. NEN): Sie haben die Grunderwerbsteuer erhöht! Sie Steuersparer! – Zuruf des Abg. Frank-Peter Kauf- (Anhaltender lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS mann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE)) Wir liegen mit diesem Haushaltsplan sogar deutlich unter dem ursprünglich geplanten linearen Abbaupfad. Die Lücke zwischen Ausgaben und Einnahmen schließt sich Präsident Norbert Kartmann: immer schneller. Das Wort hat der Vorsitzende der Fraktion der FDP, Herr Ich sage das sehr deutlich: Ich bin den hessischen Bürge- Kollege Greilich. rinnen und Bürgern sehr dankbar, dass sie sich mit einer breiten Mehrheit dafür ausgesprochen haben, die Schul- denbremse in der Hessischen Verfassung zu verankern. Wolfgang Greilich (FDP): Mit diesem Abstimmungsergebnis wurde ein deutliches Si- gnal an alle politisch Verantwortlichen gesetzt. Dieses Zei- Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! chen haben wir angeregt. Das haben wir gewollt. Daher In knapp eineinhalb Wochen ist der 1. Advent, und dann werden wir es konsequent umsetzen. steht schon fast Weihnachten vor der Tür. Wenn wir eine Lehre für die Weihnachtszeit aus den Reden der beiden (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der Oppositionsvorsitzenden mitnehmen können: Leute passt CDU) auf, traut nicht allen, die im roten Gewand vor der Tür ste- Meine sehr geehrten Damen und Herren, die hessischen hen und Geschenke versprechen, vor allem dann nicht, Bürgerinnen und Bürger können sich darauf verlassen: Wir wenn sie von kleinen grünen Helferlein begleitet werden. haben mit unserem Koalitionspartner verabredet, diesen (Beifall bei der FDP und des Abg. Gottfried Milde Weg konsequent fortzusetzen, damit wir nicht erst 2020, (Griesheim) (CDU) – Jürgen Frömmrich (BÜND- sondern schon 2019 eine Nettoneuverschuldung von null NIS 90/DIE GRÜNEN): Gelben Schnee soll man erreichen. Ich füge hinzu: Wir werden uns im Haushalts- auch nicht essen!) vollzug und bei der Aufstellung der folgenden Haus- haltspläne anstrengen, das Ziel der schwarzen Null schon Hessen ist ein starkes Land mit einer starken Wirtschaft. im Jahr 2018, vielleicht sogar schon 2017 zu erreichen. Hessen ist ein liberales und ein weltoffenes Land, und Hes- Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8397

Deswegen haben wir bereits einige strukturelle Konsolidie- den muss. Ich verspreche Ihnen: Wir arbeiten mit ganzer rungsmaßnahmen umgesetzt, die es uns erlauben, auch Kraft daran, Hessens Schüler vor den GRÜNEN und ihren künftig den Handlungsspielraum zu haben, den man für die Helfern von der Einheitsschulpartei zu bewahren. Gestaltung der Landespolitik braucht. Weitere Konsolidie- (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der rungsmaßnahmen werden folgen. CDU) Das war und ist nicht leicht und musste auch gegen teil- Unsere Kultusministerin Nicola Beer arbeitet unermüdlich weise erheblichen Widerstand durchgesetzt werden. So ha- daran, dass wir nicht nur die ohnehin schon hervorragende ben wir die Straßenverkehrsverwaltung modernisiert und Versorgung unserer Schulen mit Lehrern noch weiter ver- umstrukturiert und dabei rund 300 Stellen eingespart, ohne bessern, sondern auch dafür, dass die Eltern in Hessen dass Standorte geschlossen worden wären. Wir haben die auch die Wahl haben, für ihre Kinder das passende Schul- Gerichte neu organisiert, und wir werden auch die Schul- angebot zu finden, ob hinsichtlich der Schulform oder des verwaltung umstrukturieren. Lerntempos. Für uns ist Freiheit und damit auch Wahlfrei- (Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD)) heit nicht nur ein Wort. Das zeigen wir. Dafür danke ich an dieser Stelle Nicola Beer ausdrücklich. Im vorliegenden Haushaltsplan können Sie, wenn Sie lesen können, nachlesen, dass wir damit bereits im ersten Anlauf (Beifall bei der FDP und der CDU) in der Schulverwaltung 115 Stellen einsparen. Insbesonde- Die Investitionsausgaben für Hessen werden von uns im re – auch das sei zum wiederholten Male erwähnt – sparen Doppelhaushalt 2013/2014 mit insgesamt über 4 Milliar- wir hoch dotierte Leitungsstellen ein. Das ist vernünftig. den € auf dem hohen Niveau der Vorjahre gehalten. Was Die SPD-Ankündigung, solch vernünftige Maßnahmen besonders wichtig ist: Die Mittel für den Straßenbau wer- rückgängig zu machen, richtet sich selbst. den mit jeweils 100 Millionen € in beiden Jahren auf ei- (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der nem hohen Stand gehalten, um in Hessen die erforderliche CDU) Mobilität weiter zu gewährleisten und sogar noch zu erhö- hen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, seit 2009 haben wir über 2.300 Stellen im Land eingespart, ohne die Quali- Herr Al-Wazir, es geht halt nicht alles nur mit dem Bus, tät der staatlichen Leistungen einzuschränken. Im Gegen- man muss auch Straßen bauen. Das wollen die in Baden- teil, sie ist besser geworden. Sie werden keine Beschwer- Württemberg nicht mehr, wie wir an den Haushalten se- den in dieser Richtung hören. Es hat, so gesehen, kaum ei- hen; das passiert in Nordrhein-Westfalen nicht. Wir geben ner gemerkt, dass 2.300 Stellen eingespart wurden. im Übrigen daneben gleichwohl weiterhin jedes Jahr 600 Millionen € für den öffentlichen Personennahverkehr aus. Auf diesem Weg gehen wir mit dem vorliegenden Doppel- Wir sind eben nicht so einseitig gepolt wie Sie. haushalt weiter. Auch zukünftig werden wir intelligent sparen, ohne dabei wichtige Zukunftsinvestitionen zu ver- (Beifall bei der FDP und der CDU – Tarek Al-Wazir nachlässigen. Deshalb bleiben wir bei unseren Schwer- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das sind Bundes- punkten Familie, Bildung, Hochschule, Forschung und In- mittel!) frastruktur. Dort wird nicht gespart. Dagegen heben wir Meine Damen und Herren, unterstützt werden unsere Be- zielgerichtet Einsparpotenziale in Bürokratie und Verwal- mühungen, das Autobahnnetz in Hessen weiter auszubau- tung. en, durch den Bund. In Berlin haben die Parteien der Re- Die Zukunftsfelder der hessischen Landespolitik spiegeln gierungskoalition vereinbart, für 2013 den Verkehrsetat um sich auch in dem vorgelegten Doppelhaushalt wider. Wir 750 Millionen € zu erhöhen. schaffen, wie versprochen, weitere 200 Lehrerstellen und (Mario Döweling (FDP): Sehr gut!) erreichen damit unser Ziel, wie angekündigt, 2.500 zusätz- liche Lehrerstellen in dieser Legislaturperiode zu schaffen. Wir ermuntern Florian Rentsch, unseren Verkehrsminister, Schon heute haben wir die beste Lehrerversorgung, die es ausdrücklich, für Hessen ein möglichst großes Stück aus in Hessen jemals gab. diesem Kuchen herauszuschneiden; denn die Infrastruktur, die Möglichkeit möglichst schnell von einer Stelle zur an- (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der deren zu kommen, ist eine unverzichtbare Grundlage für CDU) unseren Wohlstand. Ein Blick auf die Alternativangebote der Opposition, die Lieber Herr Kollege Schäfer-Gümbel, es ist schlicht un- man im Feldversuch bestaunen kann, lohnt sich, damit je- glaubwürdig, wenn Sie sich hier mit der Forderung nach der klar sieht. Auf der anderen Rheinseite in Rheinland- einer Verbesserung der Infrastruktur präsentieren, wenn Pfalz baut Rot-Grün 2.000 Lehrerstellen ab, wir 2.500 auf. wir auf der anderen Seite die Feldversuche in den Nachbar- In Baden-Württemberg jubeln die GRÜNEN, weil sie der ländern sehen. Ich habe schon Baden-Württemberg, Rhein- SPD noch mehr Bildungsabbau abgetrotzt haben. Verspro- land-Pfalz und Nordrhein-Westfalen erwähnt; der Abbau chen hatte man einen echten Bildungsaufbruch. Auch in der Investitionen in diesem Bereich spricht für sich. Davor Hessen machen die GRÜNEN immer gern große Verspre- müssen wir Hessen bewahren. chungen. Geliefert wird dagegen knallharter Bildungsab- bau. 11.600 Lehrerstellen – das wurde schon erwähnt – (Beifall bei der FDP und der CDU) werden abgeschafft. Sollen die Schüler doch sehen, wie sie zu gutem Unterricht kommen. Das ist doch den GRÜNEN Ich will Ihnen ein Beispiel nennen, wie sich das in der Pra- egal. xis auswirkt. Vorgestern habe ich ein erfolgreiches mittel- ständisches Unternehmen in Alsfeld besucht, das hoch spe- Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir halten die zialisierte Produkte von höchster Qualität produziert und Bastion gegen grün-rote Praxis. Die Feldversuche in unse- weltweit vertreibt. 80 Beschäftigte arbeiten dort, davon ren Nachbarländern zeigen, wovor Hessen geschützt wer- weniger als die Hälfte in der Produktion. Der Rest arbeitet 8398 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 in engem Kontakt mit den Kunden im Bereich Forschung, lärm. Deshalb haben wir das Nachtflugverbot durchgesetzt. Entwicklung und im Vertrieb, und das Ganze weltweit. Herr Al-Wazir, man kann es nicht oft genug sagen, auch wenn Sie schon wieder meinen, sich amüsieren zu lassen: Warum berichte ich Ihnen das? – Weil ein zentrales Thema Ohne den Flughafenausbau gäbe es kein Nachtflugverbot neben dem akuten Fachkräftemangel das Gespräch be- in Frankfurt. herrschte, und das war die existenziell wichtige Notwen- digkeit einer guten Verkehrsanbindung. Wenn wir ländlich (Beifall bei der FDP und der CDU) geprägten Räumen wie dem Vogelsberg eine Chance ge- Deswegen sollte man auch festhalten: Der Flughafenaus- ben wollen, dann brauchen wir nicht schöne Worte, son- bau war für die Wirtschaft richtig, er war für die Region dern gute Straßen und auch sonst eine gute Infrastruktur, richtig, und er hat das Nachtflugverbot überhaupt erst er- damit die engagierten Mitarbeiter der erfolgreichen Unter- möglicht. nehmen schnell zu ihren Kunden und zum Frankfurter Flughafen kommen und wieder schnell in die Firma zu- Meine Damen und Herren, im Zusammenhang mit Wirt- rückkehren können. schaft und Bildung halte ich noch ein wesentliches Faktum fest: Die hessischen Hochschulen verfügen bereits im Jahr (Beifall bei der FDP und der CDU) 2012 über das höchste Budget in der Geschichte des Lan- Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist die Not- des und werden wiederum in den Jahren 2013 und 2014 je- wendigkeit, deshalb bauen wir Straßen, deshalb verbessern weils darüber verfügen, nämlich über 1,75 Milliarden €, wir in Hessen die Autobahnen. Wir sind der Überzeugung, abgerundet. Wir vergessen dabei nicht, dass die Studieren- dass wir die Menschen damit dazu bewegen, auch in struk- denzahlen einen Höhepunkt erreicht haben. Dies ist nicht turschwächeren Gebieten zu bleiben. Wir teilen die Auf- nur der Aussetzung der Wehrpflicht und den doppelten fassung der geschätzten Kollegin Müller der GRÜNEN- Abiturjahrgängen aufgrund G 8 und G 9 geschuldet, viel- Fraktion nicht – dort hinten sitzt sie –, dass es offensicht- mehr sind Hessens Hochschulen für Studierende aus ande- lich so wäre, dass die Menschen, wenn sie ordentliche Au- ren Bundesländern sehr attraktiv, und darauf sind wir stolz. tobahnen haben, schneller aus den Räumen verschwinden. (Beifall bei der FDP und der CDU) – Nein, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind für Reisefreiheit – auch in Hessen. Was wir aber nicht einsehen, ist, dass wir in Hessen die Rechnung allein bezahlen und dazu noch über den Länder- (Beifall bei der FDP und der CDU) finanzausgleich an andere, weniger erfolgreiche Länder Deshalb bleiben wir dabei: Der Ausbau der Autobahnen über das Vertretbare hinaus zahlen müssen. Die FDP for- A 44 und A 49 ist eine zentrale Aufgabe; wir sind auf der dert deshalb schon lange einen gerechten finanziellen Aus- Seite der hessischen Bürgerinnen und Bürger. Der Ver- gleich zwischen den Bundesländern, aus denen Studieren- kehrsminister kann sich darauf verlassen, dass wir weiter- de kommen, und denen, die Studierende aufnehmen. Mein hin gemeinsam für die Zukunft Hessens kämpfen. Kollege Dr. Büger hat deshalb ein tragfähiges Konzept ent- wickelt, welches auf dem Prinzip basiert: Geld folgt Stu- Lieber Florian Rentsch – dort, auf der anderen Seite ist dent. Für dessen Umsetzung werden wir uns auf Bundes- er –, bitte nicht nachlassen ebene auch weiterhin einsetzen. (Minister Florian Rentsch: Auf nach Berlin!) Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir tun auch et- – „auf nach Berlin“ –, her mit den Geldern, die von den was für die jungen Mütter und Väter, die nach der Geburt linken Regierungen anderer Bundesländer liegen gelassen ihrer Kinder den Wunsch haben, Beruf und Familie mitein- werden müssen, weil man noch nicht einmal kofinanzieren ander zu vereinbaren. kann. Wir können die Gelder gut gebrauchen, also bitte (Günter Rudolph (SPD): Ja, mit dem Betreuungs- herholen. geld!) (Beifall bei der FDP und der CDU) Weil wir diesen jungen Familien helfen wollen, aber auch Eines muss an dieser Stelle auch erwähnt werden, nämlich weil wir auf diese hoch qualifizierten Menschen in Wirt- die Bedeutung des Frankfurter Flughafens. Er hat heute schaft und Gesellschaft nicht verzichten wollen und kön- schon mehrfach eine Rolle gespielt. Wir haben mit dem nen, setzen wir ein umfangreiches U-3-Sonderinvestitions- Ausbau des Frankfurter Flughafens eine wichtige und rich- programm um. Hiermit wollen wir die notwendigen zu- tungsweisende Infrastrukturmaßnahme für die Metropolre- sätzlichen Betreuungsplätze schaffen, und, was hier auch gion Frankfurt/Rhein-Main umgesetzt. Der Flughafen und einmal gesagt werden darf, von diesem Gesamtvolumen sein Umfeld strahlen weit in die angrenzenden Regionen von 100 Millionen € kommen 55,5 Millionen € aus Hes- aus. sen. Es kommen aber auch 44,5 Millionen € aus dem Bun- deshaushalt. Ich stehe nicht an, mich dafür zu bedanken, Ich erinnere an das schon geschilderte Unternehmen in dass der Bund auch hier die Möglichkeiten des Landes un- Alsfeld, das seine Geschäfte ohne die direkte Anbindung terstützt. an diesen Flughafen so nicht gestalten könnte. Mit dem Ausbau des Flughafens wurden Tausende von Arbeitsplät- Die Situation der Kommunen wurde schon erwähnt. Auf- zen geschaffen, und es wurden Tausende bestehende gesi- grund unserer erfolgreichen wirtschaftsfreundlichen Politik chert. Nicht nur der Flughafen selbst, sondern auch die Un- konnten die Kommunen schon aus eigener Kraft ein Ein- ternehmen, die sich in der Region aufgrund der weltweit nahmeplus verzeichnen. Das Gewerbesteueraufkommen ist guten Bedingungen ansiedeln, bringen weitere Beschäfti- deutlich angestiegen. Die hessischen Kommunen gehören gungsmöglichkeiten und tragen zur Prosperität bei. zu den steuerstärksten in ganz Deutschland. Darüber hin- aus haben sie zu keiner Zeit mehr Geld vom Land erhalten Wir wissen, dass auch diese Erfolge nicht zum Nulltarif zu als heute. Der Kommunale Finanzausgleich wird in den haben sind. Mit dem Flugbetrieb sind Störungen verbun- Jahren 2013/2014 wiederum insgesamt um 250 Millio- den, teilweise leiden Anwohner unter erheblichem Flug- Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8399 nen € ansteigen und damit über 3,8 Milliarden € erreichen. Ihren bunten Strauß von Mehrausgaben wollen Sie im Jah- Auch das stellt ein absolutes Rekordhoch dar. re 2014 zu mehr als drei Vierteln aus der Erhöhung von Steuereinnahmen des Bundes finanzieren. Diese erfolgen (Beifall bei der FDP und der CDU) bundesgesetzlich. Dennoch ist die Ertragslage sehr unterschiedlich. Wir ha- (Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD)) ben daher für die 106 finanzschwächsten Kommunen in Hessen einen bundesweit einmaligen Schutzschirm aufge- Wenn man einmal genau nachrechnet – rechnen hilft spannt. Mit insgesamt 3,2 Milliarden € unterstützen wir manchmal, Herr Kollege Rudolph –, sind das exakt diese Kommunen bei der Entschuldung und handeln dabei 76,7 %, die Sie dort decken wollen. Das sind schlicht Luft- nach dem Grundsatz Hilfe zur Selbsthilfe. Die Kommunen buchungen. Sie machen keine realistischen Deckungsvor- müssen ihrerseits dafür sorgen, einen klar definierten Kon- schläge – das ist schlicht unseriös. solidierungsplan aufzustellen. Es bleibt in der Hoheit der (Beifall bei der FDP und der CDU) Kommunen, auf welchem Wege sie ihre Haushalte konso- lidieren. Da machen wir keine Vorschriften. Insofern haben Sie offensichtlich auch mit Ihrem Beispiel von der halben Sau und dem Pfund Hackfleisch etwas ver- Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein großer Ausga- wechselt. Das ist nicht die Frage, wie wir Kommunalen Fi- beposten – das wurde heute schon erwähnt – ist die Zah- nanzausgleich betreiben. Das ist SPD-Steuerpolitik: den lung des Landes in den Länderfinanzausgleich. Hessen Menschen eine halbe Sau wegzunehmen und dann ein wird voraussichtlich 2013 knapp 2 Milliarden € und 2014 Pfund Hackfleisch zurückzugeben mit der Ankündigung, sogar über 2 Milliarden € in den Länderfinanzausgleich das sei eine tolle Sache. einzahlen. Damit werden wir vermutlich wieder das Geber- land sein, welches den höchsten Pro-Kopf-Beitrag leistet. (Beifall bei der FDP und der CDU) Nun könnte man sagen: Das ist doch hervorragend, zeigt es doch, wie groß die wirtschaftliche Stärke Hessens gegen- Ich kann nur sagen: Das Gleiche gilt für die GRÜNEN, die über anderen Bundesländern ist. – Auf die Leistungen kön- auch gerne an der Steuerschraube drehen wollen. Wir ha- nen wir auch tatsächlich stolz sein. ben am Wochenende wieder hören dürfen, was Herr Trittin mit seiner kommunistischen Vergangenheit und Tradition Ich betone in diesem Zusammenhang auch gern immer auf Ihrem Bundesparteitag entsprechend deutlich gesagt wieder und neu, dass wir uns nicht aus der Solidarität der hat: Abkassieren wird zum grünen Prinzip erhoben, und Bundesländer verabschieden wollen und werden. Der Län- die hessischen GRÜNEN sind da nicht besser. derfinanzausgleich hat ganz klar seine Daseinsberechti- gung. Es muss zwischen strukturell sehr unterschiedlich (Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe der Abg. aufgestellten Bundesländern einen Ausgleich geben. Thorsten Schäfer-Gümbel und Nancy Faeser (SPD)) Jedoch darf das nicht dazu führen, dass das System des Fi- Die hessischen GRÜNEN sind da nicht besser. Ich wieder- nanzausgleichs den Nehmerländern überhaupt keinen An- hole es: Der von Rot-Grün geforderte Wassercent – um reiz gibt, aus eigener Kraft die für Staatsausgaben notwen- auch einmal auf etwas zurückzukommen, was wir in Hes- digen Mittel zu erwirtschaften. sen zu entscheiden haben, Herr Schäfer-Gümbel ist ja der- jenige, der sein Geld in Berlin holen möchte – belastet (Beifall bei der FDP und der CDU) auch wieder die Schwächsten in unserer Gesellschaft deut- lich stärker als diejenigen, bei deren Einkommen es auf Das jetzige System verleitet dazu, mit fremdem Geld 10 € mehr oder weniger nicht ankommt. Das ist das gleiche leichtfertig wirtschaftlich unsinnige Großprojekte zu finan- Schema wie bei dem von den GRÜNEN immer noch so zieren. Das hat uns Kurt Beck auf der anderen Rheinseite hoch gelobten – früher berechtigten, heute antiquierten – mit seinem Nürburgring-Projekt eindringlich vor Augen EEG. geführt: Wir zahlen, und Kurt Beck verbrennt das Geld – das können wir gegenüber den hessischen Bürgerinnen und (Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE Bürgern nicht vertreten. GRÜNEN)) (Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe der Abg. Die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen werden ab- Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und gezockt, damit die einkommensstarke grüne Anhänger- Hermann Schaus (DIE LINKE)) schaft Vermögen bilden kann. Das Bemerkenswerte daran ist, wie sich die angeblich so soziale SPD damit abgefun- Aus diesen Gründen muss der Länderfinanzausgleich im den hat. Sie haben längst akzeptiert, dass die grüne Klien- Interesse aller hessischen Bürgerinnen und Bürger auf eine tel eine klare Rollenverteilung in den Städten anstrebt: neue und gerechte Grundlage gestellt werden. Deshalb un- GRÜNEN-Wähler kaufen Häuser, SPD-Wähler werden als terstreiche auch ich für die Regierungsfraktionen das, was Mieter begrüßt. der Ministerpräsident schon gesagt hat: Wir werden kla- gen, wenn im Dezember keine Einigung erzielt wird. (Beifall bei der FDP und der CDU – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ha, ha! Und die (Beifall bei der FDP und der CDU) FDP hat bald keine Wähler mehr!) In aller durch die mangelnde inhaltliche Substanz der Op- Kommen wir zu dem anderen gigantischen Umverteilungs- positionsanträge ermöglichten Kürze noch ein paar Worte system, für das die Lobbyisten der Solarindustrie auch hier hierzu: Die SPD hat mit ihren vorgelegten Änderungsvor- im Hause unverdrossen werben. Die SPD redet davon, un- schlägen in erster Linie gezeigt, dass sie weder willens ist, vorstellbare 120 Millionen € zur Steigerung der Energieef- Maß zu halten, noch dazu in der Lage, ihre alten sozialde- fizienz und Energieeinsparung sowie zur Schaffung der mokratischen Strickmuster zu überwinden. Für sie ist das Grundlagen für den Ausbau der dezentralen erneuerbaren Prinzip der Hoffnung auf Wahlergebnisse mit dem Drang Energien zur Verfügung zu stellen. Damit sind die Sozial- zu immer neuen Steuererhöhungen gekoppelt. Sie bleiben demokraten endgültig der Gigantomanie ihres Anführers eben beim Alten, beim „Weiter so“. 8400 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 verfallen, sogar die selbst ernannten Energiepäpste bei den Herr Rudolph, ich würde mir wünschen, dass Sie sich so GRÜNEN wollen hierfür schließlich nur 30 Millionen € etwas in Zukunft verkneifen, wenn es um solche Fragen mehr ausgeben. Ich könnte und würde jetzt eigentlich gern geht, zumal Ihre Fraktion in diesem Jahr – richtigerweise, noch einiges zum Thema EEG und Energiepolitik sagen, das betone ich – zu einem Besuch in Brüssel war, wenn ich will es aber hier so stehen lassen, weil ich den Kollegen richtig informiert bin. Ich kenne zwar das Programm nicht, noch Zeit zum Reden geben möchte. das Ihr parlamentarischer Geschäftsführer Ihnen zusam- mengestellt hat, aber ich hoffe doch, dass auch Sie gearbei- Klar aber ist, dass das Beispiel der Energiepolitik ganz be- tet und keine Lustreise unternommen haben. sonders eines zeigt, nämlich wie wichtig Europa auch für uns in Hessen ist. In Europa werden nicht nur Schutzschir- (Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf von der me für schwächelnde Eurostaaten gespannt, sondern be- CDU: Ein Besuch der Brüsseler Automatengesell- reits viele Regelungen erlassen, die sich unmittelbar auf schaft war das!) Hessen und unseren Haushalt auswirken. Mit dem stellver- Ich darf zusammenfassen: Die Opposition in diesem Hause tretenden Ministerpräsidenten Jörg-Uwe Hahn wird nicht zeigt wieder einmal, dass sie weder willens noch in der La- nur die hessische Justiz effizienter gestaltet und die Inte- ge ist, die von den hessischen Bürgerinnen und Bürgern er- gration im Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger veran- wirtschafteten Steuereinnahmen mit Augenmaß und Weit- kert, sondern vor allem werden auch unsere Interessen in blick einzusetzen. Die Forderungen nach immer mehr Geld Europa nachhaltig vertreten. der Bürger sind ein untrügliches Zeichen, dass vor allem (Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf des Abg. die SPD unter Thorsten Schäfer-Gümbel jeglichen Bezug Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE zur Realität verloren hat. GRÜNEN)) (Beifall bei der FDP und der CDU) – Es ist wieder einmal typisch, dass Herrn Wagner nichts Wer Mittel verplant, auf die er keinen Zugriff hat, beweist, Besseres einfällt, als – ich will es nett ausdrücken – freund- dass er auf der Oppositionsbank am besten aufgehoben ist. lich zu lachen. – Die klaren Worte, die die Opposition Mit lautem Poltern und dem Bauen von noch so schönen nicht gerne hört, sind wichtig für Hessen, für unser Land. Luftschlössern ist auch das wirtschaftsstärkste Land nicht Gerade der klare Kurs für Europa, aber gegen die Aufwei- zu regieren. Hessen braucht eine Regierung, wie unser chung der Verträge, insbesondere durch die Politik des Bundesland sie hat: besonnen, aber entschieden bei der EZB-Chefs, ist im Interesse unseres Landes zwingend. Durchsetzung einer richtigen Politik zum Wohle unserer (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE Bürger. GRÜNEN): Der EZB-Chef zittert, wenn Herr Hahn (Beifall bei der FDP und der CDU) kommt!) Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Haushalts- Auch wenn Sie wieder zum Lautsprecher werden, Herr beratungen haben es wieder deutlich gemacht: Hessen Wagner: Es muss dabei bleiben, dass Recht vor Macht geht braucht mehr denn je eine Regierung der bürgerlichen Mit- und dies nicht gegen den Geist und Wortlaut der Europäi- te, die nicht ohne Not, aus Unkenntnis oder ideologischer schen Verträge ins Gegenteil verkehrt wird. Dafür vielen Verblendung die wirtschaftliche Prosperität unseres Lan- Dank an Jörg-Uwe Hahn. des aufs Spiel setzt. (Beifall bei der FDP und der CDU) Wir werden deshalb auch in der kommenden Legislaturpe- Europa bestimmt zunehmend auch unsere Tagesordnung riode Sorge dafür tragen, dass Hessens Wirtschaft gut im Hessischen Landtag. Gestern wurden uns wieder Doku- durch die europäische Staatsschuldenkrise kommt und die mente von erheblicher landespolitischer Bedeutung – wie Wirtschaft trotz schwieriger Rahmenbedingungen einen es im Parlamentsdeutsch heißt – von der Brüsseler Bühne Boden findet, auf dem sie wachsen kann. Nur so können zugeleitet, heute erneut. Ich sage es sehr deutlich – auch auch zukünftig immer mehr Hessinnen und Hessen kraft wenn es noch nicht jeder Beobachter der Landespolitik be- ihrer eigenen Leistung ihr Leben selbstbestimmt führen, griffen hat –: Es ist von enormer Bedeutung, dass sich die ohne auf öffentliche Hilfe angewiesen zu sein. Abgeordneten des Hessischen Landtags vor Ort informie- (Beifall bei der FDP und der CDU) ren, was gerade in Brüssel diskutiert und entschieden wird, um sich neben dem Alltagsgeschäft zu sensibilisieren, dass Ich sage es sehr deutlich, speziell an Herrn Kollegen Al- man in Hessen eben nicht mehr alle wesentlichen Entschei- Wazir, der sehr komfortabel auf seinem Oppositionssitz dungen trifft. Platz genommen hat und dort bitte auch bleiben soll: Wir haben viel erreicht, und wir haben noch viel mehr vor. Aller unberechtigter Kritik zum Trotz erkläre ich: Wir als Deshalb trägt die Koalition die Landesregierung. Damit FDP-Fraktion werden auch in Zukunft unsere Pflicht wahr- bleibt Hessen ein starkes Land mit einer starken Wirt- nehmen, Arbeitsbesuche in Brüssel durchzuführen. Wir schaft, ein liberales und weltoffenes Land sowie das lassen uns auch nicht davon stören, wenn bei einem dich- Bildungsland. ten Gesprächsprogramm über zwei Tage auch eine Stunde auf den Besuch des Jahresempfangs des Landes Hessen (Anhaltender Beifall bei der FDP und der CDU) entfällt.

(Beifall bei der FDP und der CDU) Präsident Norbert Kartmann: Herr Kollege Rudolph, Ihre wie immer qualifizierten Kom- Meine Damen und Herren, ich erteile dem Vorsitzenden mentare durften wir damals in der Zeitung nachlesen. der Fraktion DIE LINKE, Herrn van Ooyen, das Wort. (Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD)) Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8401

Willi van Ooyen (DIE LINKE): Einnahmen nicht einzuhalten ist. Das ist das deutliche Si- gnal. Aus diesem Grund wird jetzt die Steuersenkungspar- Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Haushalts- tei FDP vorgeführt, und die Landesregierung schließt sich beratungen in diesem Jahr kommen mir vor, als würden unserem Vorschlag an, die Grunderwerbsteuer zu erhöhen. sich CDU und FDP schon darauf einstellen, dass sie dem- nächst nicht mehr in Hessen regieren. (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN – Janine Wissler (DIE LIN- (Lachen bei der CDU und der FDP – Dr. Frank KE) zur CDU gewandt: Wieso gibt es jetzt von Ih- Blechschmidt (FDP): Wie originell! – Vizepräsiden- nen keinen Beifall? Er lobt die Landesregierung!) tin Ursula Hammann übernimmt den Vorsitz.) Meine Damen und Herren, dass wir an dieser Stelle ge- Einige Abgeordnete nehmen jetzt noch die letzte Ausfahrt meinsam den Weg gehen, die Grunderwerbsteuer zu erhö- und wechseln vom Landtag auf einen gut dotierten Versor- hen, ist richtig, aber das wird nicht ausreichen, um die Fi- gungsposten. Auch sonst wirkt das Kabinett Bouffier amts- nanzsituation wirklich zu verbessern. Mit der Grunder- müde und unambitioniert. Während man unter Roland werbsteuer haben wir die einzige Landessteuer bereits er- Koch jedes Jahr aufs Neue ein Leuchtturmprojekt präsen- höht. Dabei kann es aber nicht bleiben. Um jetzt für dauer- tiert bekam, haft höhere Einnahmen zu sorgen, ist die Bundespolitik ge- (Hermann Schaus (DIE LINKE): Gott behüte uns fragt. Die SPD hat in ihren Anträgen ebenfalls darauf hin- vor Leuchtturmprojekten!) gewiesen, dass jetzt auch auf Bundesebene sehr schnell Veränderungen eingeleitet werden müssen. zu dessen Finanzierung der soziale Kahlschlag vorange- trieben werden musste, verzichten Sie dieses Jahr einfach (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): So ist es!) darauf, große Veränderungen im Doppelhaushalt einzupla- Die Schultern, die mehr tragen können, sollen dies endlich nen. Der Finanzminister betätigt sich lediglich als Rechen- tun, damit die Schwächsten in der Gesellschaft entlastet künstler, um die Nettoneuverschuldung auf dem Papier werden. sinken zu lassen, allerdings nur auf dem Papier. Aus dem Parlament heraus kommt nicht viel von CDU und FDP. (Beifall bei der LINKEN) Herr Milde als finanzpolitischer Sprecher hat sich viel- Wenn wir das nicht erreichen, dann werden uns die Men- leicht schon in seine neue Tätigkeit verabschiedet, obwohl schen zu Recht fragen, warum die kleinen Häuslebauer er noch da ist. Aber mental? Man weiß es nicht. mehr Steuern zahlen sollen, die Vermögenden und Ein- (Holger Bellino (CDU): Überlassen Sie das mal kommensmillionäre aber ausgenommen werden. ihm!) Ein Blick nach Europa signalisiert mir, dass Europa so Zumindest haben die Regierungsfraktionen erklärt, dass sie reich ist wie noch nie. Zwischen Monaco und Mailand le- weitgehend auf Änderungsanträge zum Haushalt verzich- ben heute 3,2 Millionen Millionäre. ten werden. Und so scheint es, als wenn die verbliebenen (Holger Bellino (CDU): Die kennen Sie alle persön- Politiker von CDU und FDP die Zeit bis zur nächsten lich?) Landtagswahl einfach aussitzen. Offensichtlich hofft man in der CDU, dass die Strategie der Bundeskanzlerin aus- Der private Reichtum Westeuropas umfasst gigantische 27 reicht – einfach stillzuhalten und staatstragend in die Ka- Billionen €. Das Eldorado der europäischen Reichen ist meras zu lächeln. Deutschland. Wie die gesamte Landesregierung schaut sich auch der Fi- (Peter Beuth (CDU): Sind das alles Ihre Nachbarn, nanzminister einiges bei der Bundesregierung ab. Auch die von denen Sie sprechen?) Bundesregierung rechnet sich ihren Etat schön in der Hoff- nung, damit bis zur Wahl keine Bruchlandung zu erleiden. Die Albrechts, Quandts und Ottos dieser Republik – die In Hessen sieht das dann so aus, dass Sie, Herr Schäfer, 100 reichsten Deutschen – besitzen ein Vermögen von 307 120 Millionen € dort kürzen, wo es keiner merken soll, Milliarden €, ein Plus von 6 % allein im letzten Jahr. Alle nämlich bei der „Weimar-Rücklage“, die heute schon an- deutschen Reichen und Superreichen sitzen auf einem 7,2 gesprochen wurde. Mit diesem und ähnlichen Rechentricks Billionen € hohen Vermögensberg – Sach- und Geldver- schaffen Sie es – scheinbar –, die Nettoneuverschuldung zu mögen abzüglich Verbindlichkeiten. reduzieren. Ohne Ihre Rechentricks würde die Neuver- Der private Reichtum ist sehr ungleich verteilt. Von Ma- schuldung mit mehr als 300 Millionen € deutlich höher drid bis Athen konzentriert sich immer mehr Vermögen in ausfallen, als jetzt öffentlich geplant wird. immer weniger Händen. Hierzulande besitzt das reichste (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Promille – etwa 70.000 Personen – 23 % des gesamten Das ist richtig! Aber normalerweise seid ihr doch Nettovermögens. Dies entspricht einem Vermögen von dafür, dass Schulden gemacht werden!) 1.600 Milliarden €. Dem reichsten Prozent gehört mehr als ein Drittel. In Italien und Spanien verfügen die reichsten – Ich will es nur festhalten, damit wir es analytisch richtig 10 % über mehr als zwei Fünftel des Gesamtvermögens. haben. Dazu, wo wir das Geld herholen müssen, kommen Die schiefe Vermögenslage wird gespeist aus der unglei- wir noch. chen Einkommensverteilung. Wir hatten das Beispiel schon: Der durchschnittliche Verdienst in Hessen ist eine (Holger Bellino (CDU): Herholen müssen?) Schimäre, was die reale Situation angeht. Im Vergleich zum Vorjahr wäre das, gemessen an der im- Von Paris bis Rom ist das Kuchenstück der abhängig Be- mer noch vorsichtig optimistischen Annahme, dass die schäftigten seit der Jahrtausendwende kleiner geworden. Einnahmeentwicklung so bleibt, wie sie angedacht ist, ein deutlicher Anstieg. In diesem Haushalt wird das Einge- (Holger Bellino (CDU): Wann kommt er denn zum ständnis erkennbar, dass die Schuldenbremse ohne höhere Haushalt?) 8402 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Die Lohnquoten sanken. Zudem stiegen die Einkommens- genteil. Statt die Entwicklung in diesen Ländern z. B. mit unterschiede – am stärksten übrigens in Deutschland. Wäh- einem internationalen Marshallplan zu unterstützen, wird rend wenige immer reicher werden ein moderner Sklavenmarkt organisiert, indem man junge, möglichst gut ausgebildete Menschen für die hessischen (Holger Bellino (CDU): Wann kommen Sie zu Hes- Bedürfnisse im Billiglohnsegment aus Spanien und Grie- sen und dem Haushalt?) chenland abwirbt. – ich finde, das, was ich sage, ist hessisch, das spiegelt die (Holger Bellino (CDU): Unverschämtheit! Das sind hessische Situation wider –, doch keine Sklaven, das ist doch freiwillig!) (Peter Beuth (CDU): Sie sprechen noch nicht einmal Aus dem Elend müssen sie sich selbst erlösen. Warum hel- hessisch, Sie sprechen hochdeutsch! – Holger Belli- fen Sie den Spaniern nicht, dass die auf die Beine kom- no (CDU): Was hat das mit den Reichen in Mailand men? Das wäre die richtige Antwort. Stattdessen kommen zu tun?) sie hierher und sollen im Billiglohnsektor arbeiten. Das ist bluten die Staaten und ihre Institutionen aus. Überall in der Zug der Zeit dieser Regierung. Europa wächst die öffentliche Armut. Die europäischen So spart man sich die Ausbildungskosten. Herr Greilich hat Kassenwarte stehen mit über 10 Billionen € in der Kreide. vorhin davon gesprochen, dass das Geld den Studenten Städten und Gemeinden fehlt das Geld für Kitas und nachfolgen soll, wenn es sich um innerdeutsche Positionen Schulen. Europaweit werden Theater und Jugendzentren handelt. geschlossen. (Lebhafte Zurufe von der CDU) Beim Regelsatz für Hartz-IV-Empfänger feilscht die deut- sche Politik um jeden Cent. Wenn man 1 Million € Sank- tionen gegen Hartz-IV-Bezieher verhängt, im Durchschnitt Vizepräsidentin Ursula Hammann: 106 €, dann signalisiert das einen Rassismus gegen Arme in diesem Land, und das auch institutionell. Bitte, meine Damen und Herren, lassen Sie den Redner zu Wort kommen. (Beifall bei der LINKEN – Clemens Reif (CDU): Erzählen Sie doch mal, wie Honecker die armen Ar- beiter ausgequetscht hat! – Gegenruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE): Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Tragen Sie das beim Rotwein aus, dann ist es gut!) Herr Bellino, wir müssten dann wenigstens den Spaniern die Ausbildungskosten ersetzen. Das wäre ein Hinweis, In Griechenland schließt man inzwischen öffentliche Kran- wie es laufen könnte. kenhäuser und kann notwendige Medikamente nicht mehr bezahlen, während vor der eigenen Haustür – in Offenbach (Clemens Reif (CDU): Altkommunist!) – gerade das nächste kommunale Klinikum privatisiert – Alt bin ich. Im Rentenalter bin ich. wird, als ob Gesundheit eine Ware wäre, die den freien Kräften des Marktes preisgegeben werden dürfte. (Janine Wissler (DIE LINKE): Wer hat den Willi alt genannt? – Heiterkeit bei der LINKEN, der SPD und (Holger Bellino (CDU): Ist doch Quatsch!) dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Öffentliche Armut und privater Reichtum sind zwei Seiten So spart man sich die Ausbildungskosten und braucht sich der gleichen Medaille. Schulden spiegeln immer auch das auch nicht mehr um die Arbeitslosen und Langzeitarbeits- Vermögen wider. Im letzten Jahrzehnt mehrten die Rei- losen bei uns zu kümmern. Hier will man im Grunde ge- chen ihr Vermögen auf Kosten der Allgemeinheit. Daran nommen immer mehr Menschen aus den sozialen Zusam- trägt die Politik Schuld. menhängen ausgrenzen. Das ist die Politik dieser Landes- Die Ursache dieser Situation ist aber nicht, dass der Staat regierung. oder gar diejenigen über ihre Verhältnisse gelebt haben, Wie gesagt, Offenbach konnte die Kosten für sein Klini- die auf einen handlungsfähigen Staat angewiesen sind, kum nicht schultern, weil Offenbach über viel zu geringe sondern das genaue Gegenteil. Ursache der Krise, die auch Einnahmen verfügt und jetzt nicht mehr in der Lage ist, das uns in Hessen weiter in Atem hält, ist, dass einige immer Notwendigste, nämlich ein kommunales Krankenhaus, zu der Meinung waren, dass der Staat mit einer Rosskur ge- finanzieren. schrumpft werden müsse. Oder, wie es der designierte Vi- zepräsident des Hessischen Rechnungshofes hier im Haus Statt den Kommunen nachhaltig eine bessere Finanzaus- wie ein Mantra zu sagen pflegt: Das Geheimnis des Spa- stattung zu gewähren, fällt dieser Landesregierung nichts rens ist der Verzicht. Besseres ein, als das Rezept, das gerade anderswo ganze Staaten an die Wand fährt, hier im Kleinen den Kommu- Nur, Herr Noll, sehen Sie sich doch einmal die Resultate nen zu verordnen. Denn der Kommunale Schutzschirm, an, die eine solche Politik vorzuweisen hat: Hier in unter den sich die ärmsten Kommunen jetzt begeben dür- Deutschland sind die Löhne nicht gestiegen, die Sozialleis- fen, ist doch nichts anderes als das, was gerade in Grie- tungen sind zusammengestrichen worden, und in Ländern chenland passiert. Auch hier bekommen die Kommunen wie Griechenland führt brutale Kürzungspolitik gerade im- Finanzhilfen nur, wenn sie gleichzeitig öffentliche Leistun- mer tiefer in die Wirtschaftskrise. Eine solche Politik zu gen kürzen und Gebühren erhöhen. forcieren und zu wollen, das kann nicht Sache der hessi- schen Politik sein. Herr Schäfer, so schafft man aber keine Akzeptanz für eine falsche Politik, und so erreichen Sie auch das Ziel ausge- (Beifall bei der LINKEN) glichener Haushalte für die Kommunen nicht. Auch den Auch wenn sich die Hessische Landesregierung rühmt: Kommunen predigt Schwarz-Gelb doch bereits seit Jahr- „Wir helfen den Spaniern, Griechen usw.", tut sie das Ge- zehnten, dass mit Privatisierung und PPP alles gut wird Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8403 und dass Ausgaben gekürzt werden müssen. Genützt hat (Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD)) dies alles nichts – und das liegt ganz sicher nicht daran, – Der lag nicht vor. Wir hatten nicht die Chance, darüber dass die Kommunen über ihre Verhältnisse gelebt hätten, zu diskutieren. Deshalb hatte ich gedacht, dass wenigstens sondern daraus, dass die Einnahmen der Kommunen zu solchen Positionen eine gemeinsame Zustimmung nicht niedrig sind. Hier, Herr Finanzminister, bieten Sie aber versagt geblieben wäre. nichts außer einem Knirps von Schutzschirm. Im Regen lassen Sie die stehen, die in ihrer Kommune nicht in Ihr Selbst das steht für die SPD in Oppositionsverantwortung Streichkonzert auf Kosten der kleinen Leute einstimmen schon unter Finanzierungsvorbehalt, hatten wir gehört. wollen. (Norbert Schmitt (SPD): Nein, das stimmt nicht! – Was in Offenbach noch passieren soll, ist in Gießen und Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Marburg schon geschehen: Mit zum Teil verheerenden Er- Jetzt nicht wieder den alten Streit zwischen SPD und gebnissen für die Beschäftigten und die Patienten hat man USPD!) dort ein Uniklinikum privatisiert. Die Sorgen und Ängste der Beschäftigten und der Menschen in der Region müssen Herr Schäfer-Gümbel, wenn das Ihre Politikaussage schon aber ernst genommen werden. Über 47.000 Unterschriften vor der Wahl ist, dann brauchen Sie nicht weiter herumzu- sind gegen den Stellenabbau zusammengekommen. Die laufen und zu behaupten, dass DIE LINKE im Westen ih- Landesregierung muss das Scheitern ihrer Privatisierung ren Zenit überschritten hat. Wenn die SPD sich schon vor eingestehen und die Kliniken zurück zum Land überfüh- der Wahl nicht traut, wenigstens auch nur ein bisschen so- ren. zialdemokratisch zu tun, dann wird sie so nicht gebraucht. (Beifall bei der LINKEN) Auch in Hessen selbst werden z. B. keine zusätzlichen Steuerfahnder eingestellt, um den Standortfaktor für die Das wäre eine notwendige, wenn auch nicht hinreichende Reichen nicht zu gefährden. Die weitere Privatisierung be- Bedingung, Mittelhessen als attraktiven Ort zum Leben sonders im Bildungsbereich wie die Beispiele der EBS und und Arbeiten weiterzuentwickeln. die angedachte – das kriegen wir dann im Folgejahr – stär- kere Förderung des Privatschulbereiches sind eindeutig der Immerhin muss man dieser Landesregierung lassen: Was falsche Weg in der hessischen Politik. den Haushalt angeht, lässt sie die großen Kürzungsorgien vor der Wahl bleiben, vielleicht auch, weil der eine oder Wir treten nach wie vor für eine Gesamtschule ein, die in andere Versorgungsposten, der jetzt schnell noch geschaf- öffentlicher Hand bleibt, und sind natürlich der Meinung, fen werden muss, sonst deutlicher auffallen würde. dass eine ausreichende Bildung gemeinsames Lernen vor- aussetzt. Diese Position will ich hier doch noch einmal Es könnte aber wahrlich Schlimmeres geben: eine Landes- klarstellen. regierung, die selbst vor einem Wahljahr den Kurs der letz- ten Jahre fortsetzt, als Frauenhäuser geschlossen wurden (Beifall bei der LINKEN) und Flughäfen als Prestigeprojekte neu gebaut wurden. Schlimmer wäre eine rot-grüne Koalition, die nach dem Darüber hinaus beglückt die Politik von CDU und FDP die Vorbild von Baden-Württemberg Lehrerstellen streicht Reichen mit üppigen Steuergeschenken. Hierzulande senk- oder, wie sie das euphemistisch nennt, die demografische te die Schröder- und Merkel-Regierung kräftig die Steuern. Rendite nutzt. Für Spitzenverdiener, Unternehmer, Vermögende und Er- ben gab es mehr Netto vom Brutto. Topverdiener zahlen Meine Damen und Herren, machen wir uns nichts vor: Die heute effektiv 30 %, Kapitalbesitzer 25 % und die DAX- Landesregierung ist am Ende, und die selbst ernannten Op- Konzerne nur noch 24 % Steuern. Die Gewinnsteuern ma- positionsführer haben jetzt schon Angst, bald selbst den chen weniger als ein Fünftel des gesamten Steueraufkom- Menschen erklären zu müssen, wieso zwischen schwarz- mens aus. Dass das reichste Zehntel der Steuerpflichtigen – gelber und rot-grüner Schuldenbremse kein Unterschied das höre ich immer wieder aus der CDU – über die Hälfte besteht. der Einkommensteuer zahlt, ist hierzu kein Widerspruch. Ihm gehört schließlich auch zwei Fünftel des zu versteu- (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ach, Willi!) ernden Einkommens. Von daher ist es nur gerecht. Denn das ist doch der Kern, um den Sie alle herumgeeiert Die niedrigeren Steuern zündeten nicht das angeblich er- sind: Ein handlungsfähiges Hessen oder gar einen echten hoffte Investitionsfeuerwerk. Trotz höherer Nettogewinne Politikwechsel wird es mit der Schuldenbremsenkoalition blieb die Investitionsquote historisch niedrig. Die Betriebe nicht geben. häuften lieber Geldvermögen an. Durch die Steuergeschen- (Beifall bei der LINKEN) ke wuchs der öffentliche Schuldenberg um insgesamt rund 380 Milliarden €. Das entspricht fast der Hälfte der gesam- Die SPD hat es ja sogar geschafft, lieber Thorsten Schäfer- ten Neuverschuldung des letzten Jahrzehnts. Bei vielen Gümbel, in der letzten Sitzung des Haushaltsausschusses europäischen Nachbarn ergibt sich ein ähnliches Bild: Von alle unsere Anträge im Bereich Soziales mit der pauscha- Rom bis Athen purzelte die Steuerlast für Spitzenverdie- len Begründung abzulehnen, dass diese nicht seriös finan- ner, Unternehmer und Vermögende. ziert seien. Doch damit nicht genug: Die sogenannten deutschen Ar- (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Genau!) beitsmarktreformen verursachten eine chronische Lohn- Meine Damen und Herren von der SPD, Sie hätten sich schwäche. Niedriglöhne, Leiharbeit und Minijobs drückten wenigstens die Mühe machen können, unsere Anträge et- das allgemeine Lohnniveau. Die Tarifflucht der Arbeitge- was deutlicher zu lesen. Die GRÜNEN waren da schon ein ber tat ein Übriges. Dank der Lohnflaute kletterten die Ge- wenig weiter und haben immerhin den Anträgen zur Ver- winne in die Höhe. Die milliardenschweren Einnahmeaus- besserung der Finanzierung der Frauenhäuser und zur Prä- fälle in den Steuer- und Sicherungssystemen vergrößerten vention sexueller Gewalt zugestimmt. die öffentliche Armut. 8404 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Kurzum: Der Anstieg der Staatsverschuldung ist nicht das hungen, Theaterschließungen und verschlechterten Unter- Ergebnis laxer Haushaltspolitik. Die Legende von der richtsbedingungen treffen breite Bevölkerungsschichten. Staatsschuldenkrise entpuppt sich bei näherer Betrachtung Die Schulden- und Verteilungsfrage wird ein zentrales als ökonomisches Märchen. Hierzulande sind die realen Thema der nächsten Bundestagswahl sein. DIE LINKE Staatsausgaben vor der Krise sogar gesunken. Der Schul- wird in den nächsten Monaten zusammen mit Gewerk- denanstieg resultierte allein aus politischer Reichtumspfle- schaften, der außerparlamentarischen Opposition und ge und den Folgen der Finanzmarktkrise. Das Gemeinwohl Wohlfahrts- und Umweltverbänden die Mittel einer ge- schrumpfte zugunsten steigender Vermögen. Und jetzt sol- rechten Verteilungspolitik öffentlich machen und sie auf len die Schuldenberge dadurch abgetragen werden, dass die Straße tragen. Das ist unsere Aufgabe. – Vielen Dank. abhängig Beschäftigte, Rentner und Arbeitslose den Gürtel enger schnallen. Damit muss Schluss sein. (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der LINKEN) Die Schuldenfrage ist eine Verteilungsfrage. Der private Vizepräsidentin Ursula Hammann: Reichtum muss jetzt zum Abbau der Staatsschulden heran- Vielen Dank, Herr Kollege van Ooyen. – Als nächster gezogen werden. In diesem Zusammenhang hat das Akti- Redner hat sich Kollege Dr. Wagner von der CDU-Frakti- onsbündnis UmFairTeilen aus Gewerkschaften, Wohl- on zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Dr. Wagner, Sie fahrtsverbänden und NGOs eine Vermögensabgabe und ei- haben das Wort. ne Vermögensteuer ins Spiel gebracht. Eine einmalige Vermögensabgabe auf Geld-, Immobilien- und Betriebsvermögen könnte ein wichtiger Beitrag sein, Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): um den milliardenschweren Schaden der Finanzmärkte zu Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! beheben. Historisches Vorbild ist der Lastenausgleich nach Hessen geht es richtig gut: Gründung der Bundesrepublik. Dazu brauchen wir aber auch eine Vermögensteuer, die dauerhaft dafür sorgt, dass (Beifall bei der CDU und der FDP) Reiche einen angemessenen Anteil zur Finanzierung des auf dem Arbeitsmarkt, in der Wirtschaft, in der Bildung Staates beitragen. und in der inneren Sicherheit. Das ist weder der Sozialismus per Gesetz, noch ist es ein- (Norbert Schmitt (SPD): Mit uns geht es besser!) malig in der Geschichte der Bundesrepublik: Unter Ade- nauer gab es den Lastenausgleich und bis unter Helmut Meine Damen und Herren, das ist nicht nur eine Feststel- Kohl noch die Vermögensteuer. lung aus dem Munde des Vorsitzenden der CDU-Landtags- fraktion, sondern ich belege das auch mit Fakten. Auf dem Mit der Millionärsabgabe lässt sich aufgrund der starken Arbeitsmarkt haben wir die niedrigsten Arbeitslosenzahlen Vermögenskonzentration ein geschätztes Aufkommen von seit 20 Jahren. Ich verstehe eines nicht, an die Opposition insgesamt über 250 Milliarden € erzielen. Mit den Einnah- gewandt: Warum nehmen Sie das nicht wenigstens zur men könnten Schulden abgebaut und notwendige Bil- Kenntnis? Sie müssen uns ja nicht loben, so weit wollen dungs-, Gesundheits- sowie Infrastrukturinvestitionen fi- wir nicht gehen. Aber Sie müssen doch wenigstens Fakten nanziert werden. zur Kenntnis nehmen und auf der Grundlage von Fakten Die Millionärsabgabe verursacht keinen wirtschaftlichen mit uns die politische Auseinandersetzung führen. Schaden. Aktuelle Investitionspläne trifft es nicht, da nur In der Wirtschaft haben wir 3,2 % Wachstum – das höchste Altvermögen besteuert wird. Der Konsum wird nicht abge- seit vielen Jahren und deutlich über dem Bundesdurch- würgt, da Reiche viel sparen. Mittelständische Betriebe mit schnitt. Wir haben 2,3 Millionen sozialversicherungs- geringem Betriebsvermögen berührt die Abgabe nicht. Da pflichtige Arbeitsplätze – so viele wie noch nie. Hessen, die Abgabe rückwirkend erhoben wird, droht auch keine der Ministerpräsident hat es heute Vormittag bereits sehr Kapitalflucht. Umzug oder Vermögensverlagerung sind al- eindrucksvoll in seiner Rede gesagt, ist das Land, in dem so zwecklos. die Bürgerinnen und Bürger mit Abstand am meisten ver- Da der Staat aufgrund der Folgen der Finanzmarktkrise dienen einen besonderen Finanzbedarf hat, ist eine solche Abgabe (Beifall bei der CDU und der FDP – Norbert Schmitt auch verfassungsgemäß. Dies untermauert ein aktuelles (SPD): Der Milde trägt dazu bei und der Noll!) Rechtsgutachten von dem Staatsrechtler Joachim Wieland. – von 16 Bundesländern einsame Spitze. Ich will schon sa- Eine Millionärsabgabe löst natürlich nicht alle Schulden- gen, ich finde es ungewöhnlich, dass wir eindeutig vor und Verteilungsprobleme. Die Abgabe ersetzt weder eine Hamburg liegen, weil in aller Regel in den Stadtstaaten neue Ordnung auf dem Arbeitsmarkt noch eine gute Tarif- besser verdient wird. Hessen ist hier einsame Spitze. Das politik, noch eine gerechte Steuerpolitik. Sie ist lediglich hat auch etwas mit Politik zu tun. Es hat etwas mit dem Teil eines Gesamtkonzeptes. Fleiß der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu tun. Es Die Millionärsabgabe kann eine wichtige Rolle in der Mo- hat aber auch etwas mit den Rahmenbedingungen zu tun, bilisierung für einen verteilungspolitischen Kurswechsel in für die diese christlich-liberale Koalition seit 13 Jahren Deutschland und Europa spielen. In den nächsten Monaten sorgt. wird die wirtschaftliche Krise unserer europäischen Nach- (Beifall bei der CDU und des Abg. Wolfgang Grei- barn auch zu unserer Krise werden. lich (FDP)) Sobald die Steuereinnahmen nicht mehr sprudeln, stehen in In der Bildung gab es seit dem Zweiten Weltkrieg noch nie Bund, Ländern und Kommunen neue Kürzungspläne auf so viele Lehrerstellen wie jetzt – über 50.000. der Tagesordnung. Die dann anstehenden Gebührenerhö- (Beifall bei der CDU und der FDP) Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8405

Wir haben so gut wie keinen Unterrichtsausfall mehr. Wir alition regieren, die für Wachstum und Wohlstand für die haben eine schwere Hypothek übernommen. Bürger sorgt. Das ist es mit einem Satz gesagt. (Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS (Beifall bei der CDU und der FDP) 90/DIE GRÜNEN)) Unser Doppelhaushalt für die Jahre 2013 und 2014 wird Die Genossen haben damals gesagt: 85 % sind 100 %. – diese Erfolgsgeschichte fortschreiben. Grundlage für unse- Bei uns sind 100 % 100 %. ren Wohlstand werden weitere Investitionen in der Grö- ßenordnung von 2,1 Milliarden € sein. Allein für Straßen, (Norbert Schmitt (SPD): Wie war das, als Sie Kul- Brücken und den Hochbau sind 55 Millionen € vorgese- tusminister waren?) hen. So wird Hessen weiterhin der Wachstumsmotor in der Das ist das Ergebnis erheblicher Anstrengungen. Wir ha- Mitte der Republik bleiben. ben in unserer Regierungszeit bisher 6.500 zusätzliche (Norbert Schmitt (SPD): Das ist gar nicht wahr!) Lehrerstellen geschaffen. Grundlage für unseren Wohlstand ist eine gute Infrastruk- (Beifall bei der CDU) tur. Das unterscheidet uns insbesondere von den GRÜ- Meine Damen und Herren, es gab noch nie so viele Poli- NEN. zeibeamte wie heute – mit einer Rekordaufklärungsquote (Norbert Schmitt (SPD): Es ist die geringste Investi- von 58,5 %. Hessen ist inzwischen eines der sichersten tionsquote!) Bundesländer in Deutschland geworden. Das war in Ihrer Zeit nicht der Fall, und das hätte auch in Ihrer Zeit sein Eine gesunde Infrastruktur bedeutet Straßen, Flughäfen, können – bei entsprechenden Anstrengungen. Krankenhäuser und Schulen. Das kapieren die Mitglieder der GRÜNEN bis zum heutigen Tage nicht. (Beifall bei der CDU – Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Vielleicht schauen Sie ein- (Beifall bei der CDU und der FDP) mal in die Bundesrangliste!) Man kann das sehen. Wie schon seit 30 Jahren wollen die Meine Damen und Herren, das sind klare Fakten, die man GRÜNEN wiederum, ihren haushaltspolitischen Vorstel- nicht wegreden kann. lungen entsprechend, einen Großteil der Mittel für den Straßenbau einfach streichen. Sie kapieren nicht, dass der (Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): notwendige Ausbau der Straßen die Grundlage für die Mo- Und die Erde ist eine Scheibe!) bilität der Menschen und der Wirtschaft im 21. Jahrhundert Wer allerdings der Opposition heute und auch in den letz- ist. So ist das. Das müssen Sie endlich einmal akzeptieren. ten Wochen zugehört hat, der konnte meinen, Hessen gehe Meine Damen und Herren, Sie halten noch immer Ihre Be- es richtig schlecht, und Hessen stehe kurz vor einer Kata- tonreden aus den Siebziger- und Achtzigerjahren. Damit strophe. Ich zitiere aus einer kürzlichen Pressemitteilung kommen Sie nicht mehr zurande. der SPD-Fraktion. Darin steht – man behalte als Hinter- (Beifall bei der CDU und der FDP – Lachen bei Ab- grund im Auge, was ich eben an Fakten vorgetragen habe – geordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Das Land lebt von der Substanz, … [Es] herrscht Überall kleben die GRÜNEN ihre Kampfparole „Nein dan- Stillstand. ke!“ Wir sagen: Wachstum und Wohlstand – „Ja bitte!“ (Norbert Schmitt (SPD): Richtig! – Demonstrativer Das ist unser Gegenvorschlag. Beifall des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS (Beifall bei der CDU und der FDP) 90/DIE GRÜNEN)) Ich nehme als Beispiel den Flughafen Kassel-Calden. Im Zum Glück glaubt Ihnen das in der Öffentlichkeit keiner. nächsten Jahr werden wir dort 100.000 neue Passagiere ha- Meine Damen und Herren, es ist eher Ausdruck einer be- ben. In der kommenden Dekade werden es bis zu 600.000 sorgniserregenden Realitätsverweigerung. Die Qualität Ih- Passagiere pro Jahr werden können. rer Politik hängt auch davon ab, dass Sie Realitäten zur Kenntnis nehmen und sie nicht einfach ignorieren und aus- (Lachen der Abg. Tarek Al-Wazir und Jürgen blenden, weil sie Ihnen nicht passen. Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) (Beifall bei der CDU und der FDP – Jürgen Frömm- Das ist eine Erfolgsgeschichte für Nordhessen. Das sehen rich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das sagt der übrigens Ihre sozialdemokratischen Freunde aus Nordhes- Richtige!) sen völlig anders als Sie. Die Opposition redet Hessen schlecht. Sie hofft, daraus po- (Beifall bei der CDU und der FDP) litischen Vorteil zu gewinnen. Dieses kurzsichtige Spiel Wäre es nach Rot-Grün gegangen – – wird Ihnen aber erneut nicht gelingen. (Zuruf) Unser Land steht heute besser da als jemals zuvor. – Ja, damals haben Sie sich bedauerlicherweise geeinigt. (Frank Lortz (CDU): Sehr richtig!) Das will ich gerade vortragen. Es steht selbstverständlich besser da, als es jemals zu rot- Wäre es nach Rot-Grün gegangen, wäre Kassel-Calden ein grünen Zeiten der Fall war. Wir werden diese erfolgreiche Luftlandeplatz für Zeppeline geworden. So war es im rot- Arbeit fortsetzen. rot-grünen Koalitionsvertrag im Jahre 2008 vorgesehen. Warum geht es Hessen gut? – Dies ist so, weil nicht grüne Das ist das Gegenmodell, das wir ablehnen. Wir werben Wirtschafts- und Fortschrittsfeindlichkeit und sozialisti- beim Bürger dafür, dass Kassel-Calden zu einem erfolgrei- sche Gleichmacherei, sondern eine christlich-liberale Ko- chen nordhessischen Flughafen wird. 8406 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

(Beifall bei der CDU und des Abg. Stefan Müller Sie wollen einen Wassercent haben. Ich habe es gar nicht (Heidenrod) (FDP)) geglaubt, dass es den in Ihren Köpfen noch gibt. Ihr Was- sercent ist nur ein Beispiel aus der rot-grünen Mottenkiste. Noch vor wenigen Tagen haben die GRÜNEN auf ihrem Allein in den nächsten zwei Jahren wollen Sie den Bürgern Parteitag die Investitionen für den Bau des Flughafens 160 Millionen € aus der Tasche ziehen, und zwar nur des- Kassel-Calden als „Schwachsinnsausgaben“ bezeichnet. halb, weil die Bürger Leitungswasser benutzen wollen. (Demonstrativer Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE Meine Damen und Herren, Sie wollen den hessischen Bür- GRÜNEN und bei Abgeordneten der LINKEN) gern 160 Millionen € wegnehmen. – Vielen Dank. Sie sind da völlig im Verein mit der Links- Das ist eine Vorstellung, die Sie vor 20 Jahren entwickelt partei. – Ich sage: Wer Finanzmittel für Arbeitsplätze, Mo- haben. Sie haben das während der acht Jahre rot-grüner bilität und Wachstum als „Schwachsinnsausgaben“ be- Regierung leider auch praktiziert. Als eine der ersten Maß- schimpft, darf für dieses Land niemals Verantwortung tra- nahmen, als im Jahr 1999 die Regierung aus FDP und gen. Dafür werden wir weiterhin kämpfen. CDU angetreten ist, haben wir den Wassercent gestrichen. Den wird es mit uns auch weiterhin nicht geben. Denn das (Beifall bei der CDU und der FDP) ist eine unsoziale Maßnahme, die außerdem wirtschafts- Die GRÜNEN stehen für Stillstand statt Mobilität, für feindlich ist. Rückschritt statt Fortschritt und für Vergangenheit statt (Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP) Zukunft. Meine Damen und Herren, das machen Sie mit Ihren Änderungsanträgen zu diesem Haushaltsplanentwurf Sie lernen nicht dazu. Morgens fordern Sie preiswerten auch immer wieder deutlich. Strom, und abends bitten Sie den Bürger mit dem Wasser- cent zur Kasse. Lassen Sie mich Weiteres sagen. Herr Kollege Schmitt von der SPD hat laut einer kürzlich vorgelegten Pressemittei- Lassen Sie mich ein weiteres Beispiel anführen. Das wurde lung gesagt: bereits von dem Ministerpräsidenten angesprochen. Dabei geht es um die Frage, wie man in unserem Land Leistung „Wir zeigen mit unseren Änderungsanträgen, dass fördert. Sparen … möglich ist …“ Ich will das hier einmal sagen. Unsere Gesellschaft kann Herr Schmitt, gleichzeitig fordern Sie für diesen Doppel- nicht leben, wenn wir nicht leistungsfähige und leistungs- haushalt Mehrausgaben in Höhe von 700 Millionen €. Mei- willige Mitstreiter haben. Wir können den Schwachen in ne Damen und Herren, Ihr Verhalten ist nicht nur wider- unserer Gesellschaft nicht helfen, wenn es nicht Starke sprüchlich, es ist auch unredlich. gibt, denen wir nicht in den Arm fallen dürfen und die ih- (Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP) ren Beitrag leisten, damit Schwachen eine Unterstützung des Staates zuteilwerden kann. Es ist unredlich. Sie behaupten, Sie wollten sparen, und wollen 700 Millionen € obendrauf tun. (Norbert Schmitt (SPD): Redet jetzt eigentlich Hän- sel oder Gretel?) Ich komme auf eine weitere Unrichtigkeit zu sprechen. Sie sprechen von Ihren Änderungsanträgen. Herr Schmitt, darf Ich spreche vom Internat Hansenberg. Unser Land braucht ich einmal fragen, warum Sie bis zu dieser Minute keinen Hochqualifizierte. Wir kämpfen gegen die Abwanderung einzigen Änderungsantrag zu dem Entwurf des Doppel- der Spitzenkräfte ins Ausland nicht nur in Hessen, sondern haushaltsplans eingebracht haben? – Nichts liegt vor. Sie bundesweit. Sie wollen aber einer der anerkanntesten Bil- reißen den Mund auf. Aber es gibt in diesem Parlament dungseinrichtungen unseres Landes das Geld streichen. keine Änderungsanträge von Ihnen. Das ist pure Ideologie. Leistungseliten sind bei Rot-Grün in Hessen unerwünscht. Ich empfehle Ihrem Fraktionsvorsitzenden, mit Ihnen ein Gespräch zu führen. Er sollte dafür Sorge tragen, dass Sie (Beifall bei der CDU und der FDP) sich im Rahmen der Haushaltsberatungen endlich ord- Herr Al-Wazir, die bürgerliche Mitte sieht anders aus. Bür- nungsgemäß parlamentarisch verhalten. gerliche Mitte bedeutet, dass Anstrengung belohnt wird, (Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP – dass Leistung für das Ganze, für sich selbst und für die Lachen der Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel und Nor- Schwachen in unserer Gesellschaft belohnt wird. Das ha- bert Schmitt (SPD)) ben Sie immer noch nicht verstanden. Die GRÜNEN sind da eindeutig solider. Das will ich aus- Bei der SPD galt immer schon das Motto: Nehmen ist seli- drücklich sagen. Denn sie haben wenigstens Änderungsan- ger als Geben. träge mit ihren Ansichten eingereicht. (Heiterkeit des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (Lachen des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS (CDU)) 90/DIE GRÜNEN)) Wem es noch nicht aufgefallen ist, der weiß es, seitdem – Sie können ruhig lachen. Ich bin mit einem Teil Ihrer Kanzlerkandidat Peer Steinbrück seine Nebeneinkünfte of- Änderungsanträge überhaupt nicht einverstanden. Da la- fengelegt hat. Mehr als 1 Million € Honorar erhielt er für chen Sie zu Recht. Aber wenigstens haben Sie sich an dem Vorträge von Banken, und noch mal 1 Million € erhielt er formalen Verfahren korrekt beteiligt. für Bücherlesungen. (Norbert Schmitt (SPD): Sie haben nicht einmal Ah- Herr Schäfer-Gümbel, wie passt das eigentlich in Ihr linkes nung vom parlamentarischen Verfahren!) Weltbild hinein? – Morgens kritisieren Sie Seite an Seite für den demokratischen Sozialismus das Verhalten der Rot-Grün will die Bürger unseres Landes ohne Not belas- Bank und prangern die hohen Managergehälter an, abends ten. Sie würden das Wachstum zum Stillstand bringen. kassieren Sie von denselben Banken üppige Honorare. Das Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8407 nenne ich Doppelmoral. Das muss beim Namen genannt Herren, das ist so kurzsichtig und so kurzschlüssig, dass werden. ich glaube, mit dieser Argumentation werden Sie keinen Erfolg haben. (Beifall bei der CDU und der FDP) (Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der Nehmen ist seliger denn Geben, das ist auch das Motto Ih- FDP) rer Haushaltsankündigungen. Es sind ja noch keine Ände- rungsanträge vorhanden. Sie wollen Mehrbelastungen bei Herr Schäfer-Gümbel, für eines muss ich Sie allerdings lo- der Einkommensteuer, eine Erhöhung der Erbschaftsteuer, ben, und zwar für Ihre Ehrlichkeit in der Bildungspolitik. eine flächendeckende Erhöhung der Lkw-Maut, die Ab- Sie sagen es ganz unverhohlen: Sie wollen den System- schaffung des Betreuungsgeldes und die Einführung des wechsel im Schulwesen. Die Vokabel „Systemwechsel“ ist Wassercents. Ihre Vokabel. Ich habe Sie hier korrekt zitiert. Sie wollen Gymnasien und Förderschulen abschaffen. Ich will noch auf einen weiteren Punkt zu sprechen kom- men, der die Unaufrichtigkeit der SPD in besonderer Wei- (Norbert Schmitt (SPD): Das ist unwahr! – Thorsten se verdeutlicht. Schäfer-Gümbel (SPD): Das ist unseriös und un- wahr!) Die SPD wird nicht müde, die umfangreichen Maßnahmen und Geldmittel zur Verbesserung des Lärmschutzes am Sie wollen zurück zur Bildungspolitik der Siebzigerjahre. Frankfurter Flughafen klein- und schlechtzureden. Ich zi- Meine Damen und Herren, Sie wollen das umsetzen, wo- tiere Ihren Fraktionskollegen Grumbach, von die SPD seit 40 Jahren träumt: Einheitsschule, Ein- heitslehrer, Einheitsschüler. (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Wo ist er denn?) (Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Un- der kürzlich gesagt hat, das Programm der Landesregie- wahr, unwahr, unwahr!) rung sei unzureichend. Herr Schäfer-Gümbel hat erst vor wenigen Wochen anlässlich des Jahrestags der Inbetrieb- – Die Opposition ruft: „Unwahr!“ nahme der neuen Landebahn gesagt: (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Man soll nicht Die nun angekündigten Entlastungen kommen nicht nur falsches Zeugnis ablegen!) sehr spät, sie sind auch bei Weitem nicht umfassend genug. Ich will Ihnen jetzt wörtliche Zitate aus Ihrem Programm (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja!) vorlesen, dann werden Sie Ihren Vorwurf „unwahr“ zu- rücknehmen müssen. – Gut, Herr Schäfer-Gümbel. Dann aber frage ich Sie und auch Herrn Grumbach: Wenn das alles unzureichend und (Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD)) nicht umfassend genug sein soll – warum sehen Sie in Ih- Ich zitiere aus Ihrem Fraktionspapier vom 31. Oktober rem 700-Millionen-€-Zusatzpaket keinen einzigen Euro für 2012. Das ist drei Wochen her, das gilt doch wahrschein- den Lärmschutz vor? Das ist doch eine weitere Unaufrich- lich noch. tigkeit. Draußen machen Sie den Mund weit auf, und hier handeln Sie nicht. (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das weiß man nie!) (Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der Wörtliches Zitat: FDP) Durch Aufhebung der schulformbezogenen Ausbil- Seien Sie doch bitte konsequent – dann wären Sie wenigs- dungsgänge für das Lehramt werden Hierarchien im tens glaubwürdig. Lehrerberuf abgebaut. Nein, Herr Schäfer-Gümbel, so geht das nicht. Sie können (Alexander Noll (FDP): Einheitslehrer!) sich nicht morgens hinstellen und höhere Geldmittel für den Lärmschutz fordern, Meine Damen und Herren, was heißt das denn? Das heißt doch, dass es künftig keinen Gymnasiallehrer, keinen (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Jetzt bin ich be- Hauptschullehrer, keinen Realschullehrer, keinen Volks- eindruckt!) schullehrer und auch keinen Lehrer im Berufsschulwesen gibt, sondern den Einheitslehrer. dann aber, wenn Sie hier in der Haushaltsberatung Farbe bekennen müssen, nichts, aber auch gar nichts beantragen. (Beifall bei der CDU und der FDP) Das halte ich für unseriös. Wenn Sie es noch immer nicht kapiert haben, dann lese ich (Hans-Jürgen Irmer (CDU): So ist es! Sehr richtig! – es nochmals vor: Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Schauen wir uns doch einmal Ihren Frankfurter Wahlkampf an!) (Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD)) Zu Ihren ungewöhnlichen Gegenfinanzierungen ist schon Durch Aufhebung der schulformbezogenen Ausbil- ausreichend viel gesagt worden. Meine Damen und Herren, dungsgänge für das Lehramt werden Hierarchien im das kann doch der mitdenkende Bürger in Hessen nicht Lehrerberuf abgebaut. glauben: dass eine Opposition sagt, 700 Millionen € oben- Im Übrigen will ich hier einmal sagen: Was heißt denn hier drauf – gleichzeitig sagen Sie, wir müssen sparen; schon Hierarchien? das passt nicht zusammen –, (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Für uns gibt es (Norbert Schmitt (SPD): Wieso?) gar keine Lehrer mehr!) und auf die Frage, wie Sie das gegenfinanzieren wollen, Für uns gibt es bei den Lehrerberufen kein Oben und Un- sagen Sie: Dafür nehmen wir Steuern vom Bund, das Ent- ten. Uns sind der Grundschullehrer und der Hauptschulleh- scheidende machen wir im Bund. – Meine Damen und rer genauso wichtig wie der Gymnasiallehrer. Wo leben 8408 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Sie denn? Das ist kein Oben und Unten, das ist ein Neben- Meine Damen und Herren, in der praktischen Alltagspoli- einander mit unterschiedlichen Verantwortungen. tik lassen wir die Lehrer, Eltern und Schüler nicht im Re- gen stehen. (Beifall bei der CDU und der FDP – Norbert Schmitt (SPD): Und wieso bezahlen Sie sie unterschiedlich?) (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Nein, überhaupt nicht!) Ich zitiere Sie weiter, damit Sie nicht dazwischenrufen und behaupten, ich würde hier Unwahres vortragen. Ich trage In dieser Legislaturperiode haben wir 2.500 zusätzliche nur aus Ihrem Programm vor. Lehrerstellen geschaffen. Wir erhöhen die Mittel für die Schulen um 100 Millionen €. Wir sorgen schon jetzt für (Norbert Schmitt (SPD): Wieso bezahlen Sie sie un- die kleinsten Grundschulklassen in ganz Westdeutschland, terschiedlich?) in allen westlichen Bundesländern. Ein weiteres Zitat vom 31.10.2012: Meine Damen und Herren, ich will noch auf einen anderen (Norbert Schmitt (SPD): Das ist Unsinn, was Sie Sachverhalt hinweisen, der mir dauerhaft Sorge macht. Sie, hier vortragen!) Herr Schäfer-Gümbel, betonen immer wieder, dass Sie – wenn es das Wahlergebnis erfordern würde – auch mit der Im Bereich der weiterführenden Schule strebt die Linkspartei gemeinsame Sachen machen würden. SPD … eine Schulstruktur an, in der sich alle wei- terführenden Schulen bis zur Klasse 10 zu einer Ge- (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): meinschaftsschule weiterentwickeln. Noch schlimmer: sogar mit Ihnen! – Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD)) (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Aha! – Gerhard Merz (SPD): Das hatten wir schon!) Das ist fast nicht verwunderlich, denn auch die Linkspartei kämpft für den demokratischen Sozialismus. – Wir haben – Ja, sehr gut: Das hatten wir schon. Das hatten wir vor al- es immer kritisiert. len Dingen zu Zeiten von Herrn von Friedeburg; hervorra- gend. Vor 40 Jahren haben Sie das schon versucht. (Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD)) (Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Das hat aber auch Ihr heutiger Kanzlerkandidat Peer Stein- Abg. Norbert Schmitt (SPD)) brück seinerzeit gesagt. Genau zu Ihren Vorstellungen von einer Zusammenarbeit mit der Linkspartei hat er wörtlich Meine Damen und Herren, wenn ich mir vorstelle, dass wir Folgendes gesagt: im Rahmen des von Ihnen propagierten Systemwechsels Ich halte die Risiken der politischen Szenarien … (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ei, ei, ei!) für unvertretbar. alle Schulformen abschaffen wollen: Das ist Sozialismus (Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS pur. 90/DIE GRÜNEN)) (Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der Wir stehen zwischen Pest und Cholera. FDP) Meine Damen und Herren, als Steinbrück das an die Dafür werden Sie bei der Bevölkerung keine Mehrheit be- Adresse der Genossen aus Hessen sagte, kommen. (Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD)) (Norbert Schmitt (SPD): Eine solche Diffamierung ist unglaublich!) haben die Genossen aus Hessen wie folgt geantwortet, wörtliches Zitat: Herr Schäfer-Gümbel, Sie stehen hier in einer bemerkens- werten Tradition der Bildungsideologie von von Friede- Steinbrück benutzt „eine Sprache des populistischen burg der Siebzigerjahre und der Frau Ypsilanti des Jahres Aufwiegelns dumpfer Ressentiments, die ab- 2008. schreckend und abstoßend wirkt und nicht in eine demokratische Kultur der Aufklärung passt“ … Er (Zurufe und Unruhe) hat „damit die Grenze des Zumutbaren im politi- schen und persönlichen Umgang überschritten“. Vizepräsidentin Ursula Hammann: Meine Damen und Herren, das sage nicht ich Ihnen, son- Bitte ein wenig mehr Ruhe. dern Herr Steinbrück sagt Ihnen das – und wo er recht hat, da hat er recht. (Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): – Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD)) Herr Schäfer-Gümbel, Sie sind und bleiben Anhänger sozi- Ich werde nicht müde, von diesem Platz aus immer wieder alistischer Gleichmacherei. Wir aber wollen Schulvielfalt zu sagen: Es ist Aufgabe der Opposition in einer Demokra- und Wahlfreiheit, tie, konstruktive Gegenvorschläge zu machen und den (Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE Menschen Alternativen aufzuzeigen, damit sie die Wahl GRÜNEN)) haben, welche Ideen und Konzepte aus ihrer Sicht die bes- seren sind. weil wir ein völlig anderes Verständnis von der Freiheit des Bürgers haben als Sie. Das unterscheidet uns funda- (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): mental. Ja, welche haben Sie denn? Sie haben kein Einziges genannt!) (Beifall bei der CDU und der FDP) Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8409

– Herr Al-Wazir, das sagen Sie jedes Mal. Schauen Sie ich habe nachgefragt – sehr zutreffend das Gespräch zwi- sich doch den Haushaltsplan an. Das ist in Form gegossene schen dem BdV und Herrn Schäfer-Gümbel wiedergeben Zukunftsprogrammatik dieser Regierung für die nächsten hat. zwei Jahre. Herr Schäfer-Gümbel fragt in diesem Treffen, ob der Bund (Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP der Vertriebenen bereit sei, die SPD in der Landtags- und – Zurufe von der Opposition) der Bundestagswahl zu unterstützen, indem er erklärt: Wir brauchen Steuererhöhungen, einen höheren Spitzensteuer- Sie lesen ja den Haushaltsplan mit seinen vielen Akzenten satz, eine Vermögensteuer und die Erbschaftsteuerreform. und zusätzlichen Programmen gar nicht. – Dann wird der BdV gefragt – das finde ich ziemlich (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): dreist –, ob er an der Seite der SPD öffentlich Position be- Regierung kritisiert Opposition!) ziehen werde. – Meine Damen und Herren, das ist ein ein- maliger Vorgang, dass eine politische Partei in einem sol- Ich werde also nicht müde, Ihnen immer wieder zu sagen: chen Gespräch versucht, einen parteipolitisch neutralen Demokratie lebt vom Wettbewerb. Mit dem aber, was Sie Verband parteipolitisch zu vereinnahmen. Das ist unerhört. heute hier präsentiert haben – und zwar sowohl mündlich als auch mit Ihren Änderungsanträgen; da kann ich nur die (Beifall bei der CDU und der FDP – Lachen bei der GRÜNEN ansprechen, weil die SPD noch immer keine SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Änderungsanträge vorgelegt hat –, machen Sie es den Herr Schäfer-Gümbel, ich frage Sie: War das Ihr Versuch, Menschen leicht, sich zu entscheiden, denn Sie haben kei- den BdV Hessen politisch unter Druck zu setzen, nach dem ne Alternativen. Motto: „Wer sich nicht parteipolitisch für Sie positioniert, (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Oi, oi, oi!) dem werden die Mittel gestrichen“? – Meine Damen und Herren, mit so einer Attitüde dürfen Sie niemals ein Regie- Das, was Sie hier im Einzelnen vortragen – ich nenne nur rungsamt in diesem Land übernehmen. die Schulpolitik –, sind abschreckende Beispiele. (Beifall bei der CDU und der FDP – Mathias Wag- Ich kann es Ihnen nicht ersparen: Sie sind schlichtweg, ner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Siehe auch im Bundesvergleich, eine schlechte und innovations- !) arme Opposition. Ich habe das Gefühl, man kann sich auch in 13 Jahren Opposition nach und nach so abschleifen, dass Ich spreche einen zweiten Sachverhalt an. Die Landesre- jegliche Konturen und jeglicher Leistungswille zu vermis- gierung hat den fachlich hoch qualifizierten Kollegen Mil- sen sind. de der Helaba zur Ernennung als Geschäftsführers der WI- Bank vorgeschlagen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU – Günter Ru- dolph (SPD): Müder Beifall, müder Beifall!) (Zurufe der Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) und Günter Rudolph (SPD)) Meine Damen und Herren, das sage nicht nur ich. Vor we- nigen Tagen, es ist genau neun Tage her, wurde das von ei- Herr Schäfer-Gümbel, stimmt es, dass Sie versucht haben, nem angesehenen hessischen Journalisten geschrieben. Im Druck auf die Helaba auszuüben, um die Berufung von Hinblick auf den Auftritt der GRÜNEN sagt er: Herrn Milde zu verhindern? Mit erstaunlich leisen Tönen haben die hessischen (Zurufe von der SPD) GRÜNEN … ihren Landtagswahlkampf eröffnet. Ich frage Sie, weil ich dazu Vermutungen in der Zeitung Mehr routiniert als inspiriert wirkten die Reden … gelesen habe. Vielleicht können Sie dazu Stellung nehmen. [von] Tarek Al-Wazir ... Es war eben das, was man vom Spitzenmann einer Oppositionspartei bei einer (Unruhe bei der SPD) Parteitagsrede erwarten darf, aber auch nicht mehr. Dann möchte ich Folgendes auf die aus Ihren Reihen vor- Der Beifall … fiel dementsprechend höflich, aber getragene Kritik entgegnen: Im Jahr 2006 hat die damalige kurz aus. Landesregierung Koch einen hochqualifizierten Geschäfts- Meine Damen und Herren, das ist auch unser Eindruck von führer vorgeschlagen. Er ist es dann auch geworden. Er dem, was Sie heute hier vorgetragen haben. war Mitglied der SPD. Da habe ich von Ihnen keine negati- ven Kommentierungen gehört. Ich bitte Sie, sich an der Sa- (Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der che zu orientieren und nicht am Parteibuch. FDP) (Beifall bei der CDU und der FDP – Thorsten Schä- Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich fer-Gümbel (SPD): Ganz dünnes Eis!) auf einige ungewöhnliche Sachverhalte, die viel über das Selbstverständnis der SPD verraten, zu sprechen kommen. Herr Schäfer-Gümbel ruft dazwischen: „Ganz dünnes Eis!“ Herr Schäfer-Gümbel tritt in völliger Verkennung seiner – Das sehe ich genauso. Da sind wir uns sehr einig. Das ist Rolle so auf, als besitze er im Landtag eine parlamentari- ganz dünnes Eis, auf dem Sie sich hier bewegen. sche Mehrheit. Lassen Sie mich einen dritten und einen vierten Vorgang (Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE ganz kurz ansprechen. Er passt aber in die Vorstellung von GRÜNEN)) Sozialdemokraten im Umgang mit dem Staat. Wie anders kann man das eigentlich bei folgendem Sach- (Zurufe von der SPD) verhalt deuten? Im Oktober, also vor knapp vier Wochen, Der Landtagsabgeordnete Dr. Spies lädt zu einer SPD-Ver- gab es ein Gespräch zwischen dem Landesvorsitzenden der anstaltung am zum Thema Vermögensteuer 7. November SPD Hessen und Vertretern des Bundes der Vertriebenen. in Marburg ein. Da er aber die Befürchtung hat, dass nicht Nach dieser gemeinsamen Sitzung hat der Bund der Ver- triebenen eine Presseerklärung herausgegeben, in der er – 8410 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 genügend Leute kommen, lädt er einen nicht geringen Teil Die christlich-liberale Koalition hat einen grundsoliden von Universitätsangehörigen ein. Haushaltsplan mit klaren Zukunftsperspektiven vorgelegt. Mit unserem Haushalt unterscheiden wir uns deutlich von (Günter Rudolph (SPD): Das ist nicht verboten!) Rot-Grün. Rot will Gymnasien und Förderschulen abschaf- – Das ist nicht verboten. Jetzt geben Sie mir auch recht. – fen. Grün will Straßenbau behindern. Rot-Grün fordert ei- Aber wie hat er es gemacht? Über die Hauspost der Uni- ne unverantwortliche Aufblähung der Staatsaufgaben und versität Marburg. veranstaltet als Gegenfinanzierung Luftbuchungen. (Zurufe von der CDU) Meine Damen und Herren, die Alternativen sind klar und liegen offen zutage. Weil diese Alternativen offen zutage Da sind Sie sprachlos. Das geht nicht an, dass sozialdemo- liegen, sage ich: Das beruhigt mich im Interesse unseres kratische Abgeordnete öffentliche Institutionen missbrau- Landes. Und es beruhigt mich im Interesse unserer Bürger chen, um zu parteipolitischen Veranstaltungen einzuladen. in Hessen. – Vielen Dank. (Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der (Anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP) SPD) Eine Woche später lädt der SPD-Bundestagsabgeordnete Bartol zu einer SPD-Veranstaltung ein. Vizepräsidentin Ursula Hammann: (Günter Rudolph (SPD): Wir sind im Hessischen Vielen Dank, Herr Dr. Wagner. – Herr Dr. Spies hat sich Landtag!) zu einer Kurzintervention gemeldet. Herr Dr. Spies, Sie ha- ben zwei Minuten. – Das hat etwas mit hessischen Institutionen zu tun. Es geht hier um eine allgemeinpolitische Aussprache. Sie ha- ben sich auch nicht nur an den Haushaltsplanzahlen orien- Dr. Thomas Spies (SPD): tiert. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrter (Unruhe bei der SPD) Herr Kollege Wagner, ich habe allerdings mit großem In- teresse festgestellt, welche Heiterkeit die CDU in Marburg Der SPD-Bundestagsabgeordnete Bartol lädt zu einer SPD- auszulösen bereit ist. Veranstaltung ein, wiederum lädt er eine ganze Reihe von Universitätsangehörigen über die Hauspost der Uni Mar- (Zurufe von der CDU) burg ein. Meine Damen und Herren, das geht nicht. Wenn ich das höre, habe ich die Befürchtung, dass Sie, wenn Sie Wir stellen fest: Es gelingt mir, einen Wissenschaftler von jemals Verantwortung in der Regierung übernehmen wür- internationalem Rang für eine Veranstaltung nach Marburg den, sich an staatlichen Einrichtungen parteipolitisch be- zu holen. In einer Universitätsstadt ist es nicht nur üblich, dienen würden. Das geht nicht. sondern meines Erachtens auch dringend geboten, in einer Frage, die die Gesellschaft insgesamt betrifft, auch den (Beifall bei der CDU und der FDP – Anhaltende Zu- sich mit dieser Frage beschäftigenden Fachwissenschaft- rufe des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD)) lern die Gelegenheit anzubieten, sich an dieser Debatte zu beteiligen. Meine Damen und Herren, ich will hier klar und deutlich sagen – – Verehrter Herr Kollege Wagner, eine Vorschrift, die vor- schreibt, dass Briefe von der Biegenstraße 33 in andere Gebäude in der Biegenstraße in Marburg ausschließlich Vizepräsidentin Ursula Hammann: durch Verwendung der Post oder eines anderen Unterneh- Herr Kollege, einen Moment bitte. – Bitte ein wenig mehr mens transportiert werden und keinesfalls von Hand in Ruhe im Raum, man muss auch den Redner verstehen kön- einen Briefkasten gebracht werden dürfen, eine solche nen. Vorschrift wäre mir neu. Deswegen habe ich mit großer Ir- ritation zur Kenntnis genommen, welche Aufregung es bei (Unruhe) der CDU auslöst, dass man Briefe in einen Briefkasten ein- Bitte ein wenig mehr Ruhe, bitte weniger Zwischenrufe. werfen kann, ohne die Post zu beschäftigen. Das gilt auch für die SPD-Fraktion. Wenn Sie hier kundgetan hätten, dass die schwierige Lage der Deutschen Post es erforderlich gemacht hätte, Porto zu verwenden, um einen Brief in ein Gebäude der Universität Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): zu befördern, so hätte ich Ihr Argument zwar nicht geteilt, Ich verstehe die Aufregung der SPD-Fraktion nicht. Herr aber nachvollzogen. Herr Kollege Wagner, dass Sie aber Dr. Spies, es geht nicht so, wie Sie das denken. Dieser hieraus einen Skandal machen wollen, dass ich Briefe bei Vorgang ist inzwischen längst in der heimischen Presse der Universität von Hand einwerfe, das ist allenfalls Ge- publik geworden. genstand von Heiterkeit. – Vielen Dank. (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE Na so was!) GRÜNEN – Zurufe von der CDU und der FDP) Deswegen sage ich Ihnen nochmals: Unterlassen Sie es, staatliche Einrichtungen und universitäre Einrichtungen Vizepräsidentin Ursula Hammann: auf diese Weise zu nutzen und zu parteipolitischen Veran- staltungen einzuladen. Unterlassen Sie es. Vielen Dank, Herr Dr. Spies. – Herr Dr. Wagner, Sie ha- ben die Möglichkeit, zwei Minuten zu erwidern. (Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8411

Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann es kurz machen: Erstens bedanke ich mich bei Herrn Dr. Spies da- Meine Damen und Herren, ein sehr schwieriges innenpoli- für, dass er meinen Vorwand eingestanden hat. Zum Zwei- tisches Jahr liegt hinter uns. Im November vergangenen ten muss ich feststellen: Er hat nichts, aber auch gar nichts Jahres kam die Wahrheit über eine mordende rechte Terro- begriffen. Sie sind offensichtlich weiter bereit, die Haus- ristengruppe ans Licht. Im Zuge der Aufklärung der Taten post der Universität Marburg für Ihre parteipolitischen des Nationalsozialistischen Untergrundes wurde eine Reihe Veranstaltungen zu nutzen. von Aufklärungspannen und unzulässigen Vernichtungen von Akten offenbar, die leider kein gutes Licht auf die Si- (Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. cherheitsbehörden in der gesamten Bundesrepublik werfen. Dr. Thomas Spies (SPD)) Der Deutsche Bundestag leistet mit seinem überparteilich arbeitenden Untersuchungsausschuss zum NSU – ich glau- Vizepräsidentin Ursula Hammann: be, das können wir hier gemeinschaftlich feststellen – eine sehr gute Aufklärungsarbeit. Vielen Dank, Herr Dr. Wagner. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist der Einzelplan 02 gelesen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Es wurde vereinbart, dass wir eine Stunde Mittagspause einlegen. Wir sehen uns um 14 Uhr wieder. Der Untersuchungsausschuss hat sehr große Defizite in der Aufklärung der Fälle festgestellt – unter anderem bei dem (Unterbrechung von 13:00 bis 14:03 Uhr) furchtbaren Mord an Halit Yozgat in Kassel. Auch hier sind Fehler geschehen, wie der Untersuchungsausschuss herausgefunden hat. Bedauerlich ist in diesem Zusammen- Vizepräsident Heinrich Heidel: hang insbesondere – das beschäftigt uns heute –, dass die Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir setzen die Hessische Landesregierung nach wie vor die Haltung hat, unterbrochene Sitzung fort. dass sie, obwohl sie mit einem der Fälle befasst war, als einzige der Landesregierungen keine Fehler gemacht hat. Ich rufe jetzt den Das ist ein sehr fataler Weg, denn es gilt für uns alle, ge- Einzelplan 01 – Hessischer Landtag – meinsam daran zu arbeiten, das verloren gegangene Ver- trauen in die Sicherheitsbehörden zurückzugewinnen. Da- auf. Es wurde vereinbart, dass zu diesem Einzelplan keine zu gehört aber auch das Eingestehen von Fehlern. Aussprache stattfindet. (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des Ich rufe jetzt den BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Einzelplan 03 – Hessisches Ministerium des Innern und Ich möchte hier einen Satz von Thomas Carlyle zitieren, für Sport – der hier, wie ich finde, in ausgezeichneter Weise passt und auf. Ich erteile das Wort in der vorgesehenen Reihenfolge der uns allen – damit meine ich insbesondere den Minister- zuerst Frau Faeser für die SPD-Fraktion. präsidenten, der dieser Debatte leider nicht zuhört – zu denken geben sollte: Der schlimmste aller Fehler ist, sich keines solchen Nancy Faeser (SPD): bewusst zu sein. Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, Das trifft hier leider sehr deutlich zu. Was leider auch liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich sehe, dass die Einzel- stimmt: An keiner Stelle in diesem Doppelhaushalt ist zu pläne in der Haushaltsdebatte wie immer „große“ Auf- erkennen, was aus diesen Vorgängen für Folgerungen ge- merksamkeit genießen. zogen wurden. Es ist kein Geld für eine verstärkte Arbeit (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem gegen den Rechtsextremismus vorgesehen. Ich halte das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) angesichts der Vorfälle, die wir auch hier in Hessen zu be- klagen haben, für skandalös. Dabei gibt es doch vieles zu bereden. Herr Innenminister, dazu haben zumindest wir jetzt Gelegenheit. (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Eines will ich vorweg sagen. Der Haushaltsplanentwurf für das hessische Innenministerium dient einem sicher nicht, Wir werden deshalb beantragen, die Mittel für lokale Hil- nämlich der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit. fen gegen rechts und für das „Beratungsnetzwerk Hessen – Mobile Intervention gegen Rechtsextremismus“ aufzu- (Beifall bei der SPD) stocken. Es gibt in Hessen – auch das muss man leider Von Jahr zu Jahr – das muss man leider so sehen – werden festhalten – für diese Bereiche viel zu geringe Mittel aus die Produkte immer mehr zusammengefasst. Es wird im- dem originären Landeshaushalt; man verlässt sich viel zu mer intransparenter. Eines ist dabei leider sicher – deshalb sehr auf Bundeszuschüsse. sollte man sich dieses Themas einmal annehmen –: Das (Ulrich Caspar (CDU): Dann wird es demnächst also Vertrauen der Bevölkerung in die Politik gewinnt man so einen Erhöhungsantrag geben?) mit Sicherheit nicht zurück, weil die Menschen nämlich wissen wollen, was für ihre innere Sicherheit getan wird, – Das wird es. – Wir wollen auch das Netzwerk gegen Ge- wofür das Geld ausgegeben wird, wie hoch die Mittel für walt stärker fördern. Ich glaube, dass das auch in Ihrem In- den Sport sind, wie viel Geld für die Feuerwehren aufge- teresse liegt, denn das Netzwerk gegen Gewalt bekämpft bracht wird. Insofern appelliere ich an Sie, diesen Haushalt sehr frühzeitig und präventiv jegliche Formen der Gewalt, endlich transparenter zu gestalten. d. h. auch in linksextremistischen und islamistischen Er- 8412 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 scheinungsformen. Ich glaube, dass wir hier gemeinsam Neuverschuldung. Es liegt jetzt auch an der FDP, die sehr viel früher und sehr viel mehr Mittel einsetzen sollten, Union nicht den Versuchungen der süßen Verschul- um den Ausbruch von Gewalt rechtzeitig zu verhindern. dung erliegen zu lassen, sondern die Neuverschul- dungshexe in den Ofen zu stecken und den Haushalt (Beifall bei der SPD) fit für ein freies Hessen zu machen“, Knell weiter. Wir beantragen, hierfür zusätzlich 240.000 € im Haushalt „Es scheint, als habe sich die CDU vom Arbeiten vorzusehen. Das sollte uns diese enorm wichtige Arbeit verabschiedet. Sie präsentiert bisher nur leere Ver- vor Ort wert sein. Es wäre ein gutes und verbindendes Zei- sprechungen, aber nur wenig Konzept ...“ chen dieses Hauses, wenn Sie sich dazu entschließen könn- Dem haben wir nicht viel hinzuzufügen. ten, diese Anträge zu unterstützen. (Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Frank (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des Blechschmidt (FDP)) BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Herr Innenminister, einen falschen Weg gehen Sie leider weiterhin in der Personalentwicklung bei der hessischen Vizepräsident Heinrich Heidel: Polizei. Es werden 2013 erneut zu wenige, nämlich nur Vielen Dank, Frau Faeser. Ich weise darauf hin: Das waren 460 Polizeianwärter ausgebildet. Erst 2014 wird es wieder eine Redezeit von 7:19 Minuten. – Für die CDU-Fraktion 530 Anwärterstellen geben. Das reicht aber längst nicht hat Herr Bauer das Wort. Hier sind siebeneinhalb Minuten aus, um das in der „Aktion düstere Zukunft“ abgebaute Redezeit angemeldet. Kontingent von 1.200 Stellen auszugleichen. Ich erinnere noch einmal daran, dass in den Jahren 2004, 2005 und 2006 lediglich 200 neue Anwärter eingestellt wurden – Alexander Bauer (CDU): statt der tatsächlich benötigten 850 Anwärter. Das ist übri- gens ein Grunddefizit, das aus den Jahren 1999 und 2000 Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! stammt, also aus der Zeit Ihres Vorgängers Volker Bouf- Den Stellenwert, den die innere Sicherheit für die SPD hat, fier. Es ist also ein hausgemachter Personalmangel, dem kann man schon daran ablesen, dass Sie ursprünglich fünf Sie sich stellen müssen. Da hilft auch die Umverteilung bei Minuten Redezeit vorgesehen hatten. der Bereitschaftspolizei nicht, und da helfen auch Presse- (Günter Rudolph (SPD): Das ist ziemlich albern!) konferenzen nicht. – Wenn Sie so viel dazu zu sagen haben, räumen Sie Ihrer (Beifall bei der SPD) Sprecherin doch mehr Redezeit ein. (Günter Rudolph (SPD): Sie können eine Stunde re- Vizepräsident Heinrich Heidel: den, und es kommt nichts dabei herum!) Frau Faeser, ich will darauf hinweisen: Die vereinbarte Re- Es geht in diesem Einzelplan um 2 Milliarden €. Daher dezeit ist abgelaufen. kann man sich schon einmal die Zeit nehmen, um darzule- gen, wofür dieses Geld in Hessen gebraucht wird.

Nancy Faeser (SPD): (Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD) Ich komme gleich zum Schluss. – Die innere Sicherheit hat Nur ein sicheres Hessen kann auch ein erfolgreiches Hes- bei Ihnen offensichtlich nicht den Stellenwert, den Sie im- sen sein. Eines darf ich feststellen: Hessen ist beides. Wir mer nach draußen darstellen. Deswegen werden wir hier sind nämlich sicher und erfolgreich. eine Aufstockung der Mittel beantragen. (Günter Rudolph (SPD): Ein konzentrierter Blöd- Sparvorschläge machen wir bezüglich der Stellen, die Sie sinn!) bei den Regierungspräsidien aufstocken wollen. Wir finden Der Einzelplan 03 weist Ausgaben in Höhe von 2 Milliar- es nämlich sehr spannend, dass plötzlich neue Mitarbeite- den € aus. Traditionell sind sie sehr personallastig. 2013 rinnen und Mitarbeiter mit Aufgaben des Schutzschirms werden erstmals über 1 Milliarde € zur Deckung der Perso- und mit der Umsetzung der Beschlüsse des Energiegipfels nalkosten bereitgestellt. Die Sachausgaben bleiben mit befasst werden sollen. Herr Finanzminister, beim Schutz- rund 400 Millionen € relativ stabil, und die Bauausgaben schirm sind wir bislang davon ausgegangen, dass die Ver- für Gebäude fallen mit rund 10 Millionen € kaum ins Ge- handlungen schon sehr weit fortgeschritten sind. Eine Fra- wicht. ge an die Kommunalaufsicht: Was sollen die neuen Mitar- beiterinnen und Mitarbeiter eigentlich tun? Die Absenkung der Investitionsausgaben um 17 Millio- nen € und um weitere 11 Millionen € im Jahr 2014 resul- Herr Innenminister, Sie haben auch im Ministerium selbst tiert hauptsächlich aus dem Abschluss des Projekts Digital- viel zu viel Personal. Die Stellenzahl des Jahres 1999 ist funk. Das Projekt Digitalfunk kommt 2013/2014 in seine inzwischen verdreifacht worden. Zu Ihrem Einsparpotenzi- Schlussphase und kann daher kaum Mehrausgaben verur- al darf ich Ihnen etwas aus dem „fuldainfo“ vom heutigen sachen, und das bei einem Großprojekt, für das immerhin Tage vorlesen. Auch Ihr Koalitionspartner scheint damit insgesamt 350 Millionen € veranschlagt worden sind. nämlich nicht ganz einverstanden zu sein. Die Jungen Li- beralen haben heute Folgendes veröffentlicht – ich darf Wichtig ist mir, an dieser Stelle hervorzuheben, dass die Elias Knell, den neuen Vorsitzenden, zitieren –: Kommunen vom Land Hessen – das ist einmalig im Bun- desvergleich – einen Zuschuss für die Anschaffung der „Die CDU benimmt sich dabei wie Hänsel und Gre- Endgeräte in Höhe von 30 % erhalten. Dafür werden im tel. Überall schmeißt man mit leeren Versprechun- Haushalt 5 Millionen € bereitgestellt. gen mal einen Brocken hin, steht auf der Suche zum Ziel aber am Ende vor der Hexe mit dem Namen (Beifall bei der CDU) Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8413

Wenn man die Schuldenbremse einhalten will, kann man Das ist in Hessen ein Erfolgsmodell; denn hier arbeiten auch in diesem Bereich keine großen Sprünge machen. Mitarbeiter der vier Institutionen Staatsanwaltschaft, Poli- Deshalb muss das Innenministerium ebenfalls einen Spar- zei, Jugendgerichtshilfe und Täter-Opfer-Ausgleich erfolg- beitrag leisten. Der Haushaltsplan weist deshalb für die reich unter einem Dach zusammen. nächsten Jahre einen Wegfall von 245 Stellen aus. Aber – Über 18.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizei das ist entscheidend – wir setzen klare Prioritäten: Wegfall sorgen täglich dafür, dass wir das gute Gefühl haben dür- der Stellen bei gleichzeitiger Schonung der Polizei, des fen, in Hessen sicher zu sein. Sie tun das unter erheblichen Verfassungsschutzes und der Landesfeuerwehrschule. Gefährdungsrisiken, unter großen Belastungen und auch (Beifall bei der CDU) unter Entbehrungen. Ich denke z. B. an die Belastungen der Familien. Deshalb nutze ich die Gelegenheit gern, um Die Hauptlast des Stellenwegfalls tragen folglich die Re- ihnen Dank zu sagen: Ich danke allen Polizeibeamtinnen gierungspräsidien. Aber auch das Ministerium selbst trägt und Polizeibeamten in Hessen für diese hervorragende Ar- mit dem Wegfall von 50 Stellen erheblich zur Einsparung beit. bei. Die Mehrstellen in den Regierungspräsidien – die 150 Stellen, die allerdings zum Haushaltsjahr 2017 mit einem (Beifall bei der CDU) kw-Vermerk versehen sind – werden für die Bereiche Die Polizei in unserem Land ist stark belastet. Deshalb Lärmschutz am Flughafen, Energiewende und Umsetzung wird im Haushalt auch ein Betrag von 500.000 € zur Abfi- des Schutzschirms gebraucht. Nach meiner Erinnerung nanzierung der von den Beamtinnen und Beamten geleiste- geht nämlich bei den Schutzschirmkommunen die Haus- ten Mehrarbeit bereitgestellt. Wir werden uns auch dafür haltsaufsicht auf die Regierungspräsidien über. einsetzen, durch weitere Strukturveränderungen den beruf- Bei der inneren Sicherheit wird der Leistungsstand gehal- lichen Aufstieg innerhalb der Polizei zu verbessern. ten oder sogar verbessert. Im Laufe der letzten Jahre haben Meine Damen und Herren, jeder, der unsere freiheitlich- wir die Ausgaben für die Sachmittel der Polizei kontinuier- demokratische Grundordnung bedroht, muss mit einem lich gesteigert. Unseren Beamten in Hessen fehlt es an wehrhaften Staat rechnen. Deshalb werden wir laut Haus- nichts; denn nur ein gut ausgerüsteter Polizist kann auch haltsplan den Verfassungsschutz weiter stärken. Die Fein- ein guter Polizist sein. de unseres Staates werden nämlich nicht mit Sparschwei- (Beifall bei der CDU) nen bekämpft, sondern nur mit starken Sicherheitsbehör- den. Nicht nur die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger, son- dern auch die Sicherheit der Beamtinnen und Beamten ist Selbstverständlich werden wir die Arbeit unserer Sicher- uns wichtig. Die Polizei in Hessen gehört zu den am besten heitsbehörden auch kritisch hinterfragen und weiter opti- ausgestatteten Polizeien in unserem Land. Das war, ist und mieren. Es darf nicht sein – darin sind wir uns einig –, dass bleibt unser Ziel. In dem neuen Haushalt stehen beispiels- Mörder viele Jahre lang unbehelligt bleiben. Hier werden weise weitere 1,7 Millionen € für die Anschaffung von wir äußerst sorgfältig aufklären müssen und auch Struktu- neuen Polizeifahrzeugen zur Verfügung. ren hinterfragen, so, wie es Innenminister Boris Rhein zu- gesagt und mittlerweile begonnen hat. Auch die Personalsituation ist so gut wie nie zuvor. Wir haben in den letzten Jahren neue Polizeianwärter einge- (Beifall bei der CDU) stellt. Andere Bundesländer haben Stellen abgebaut oder Im Innenministerium gibt es jetzt eine Arbeitsgruppe, die haben es noch vor, da sie bei der Polizei sparen wollen. eine Reform vorantreiben soll und Kooperationsaspekte Die hohe Zahl an Polizeikräften, die wir in Hessen haben, mit anderen Ländern aufgreift. Als Projektverantwortli- bleibt auch in Zukunft erhalten. Dafür steht die CDU. chen stellte Boris Rhein kürzlich den erfahrenen Juristen, Auch in Zukunft werden wir neue Kommissaranwärter ein- Richter und Verwaltungsfachmann Wilhelm Kanther vor. stellen, um die aus Altersgründen ausscheidenden Beamten zu ersetzen. Wir haben bei der Polizei 13.764 Stellen. Da- Wenn der braune Mob erstarkt, kann die Schlussfolgerung bei soll es auch bleiben; das ist eine auskömmliche Stärke. nicht lauten: „Schwächt den Verfassungsschutz“, oder: „Schafft den Verfassungsschutz ab“. Aber einige scheinen (Günter Rudolph (SPD): Herr Bellino hat einmal ge- zu vergessen, dass das Problem nicht so sehr der Verfas- sagt, es seien 20.000! So daneben lag ich noch nie!) sungsschutz, sondern der Extremismus in unserem Land Wir werden deshalb auch in den nächsten Jahren den Be- ist, insbesondere der Rechtsextremismus. darf abdecken – Sie haben es erwähnt –: 460 Stellen im (Beifall des Abg. Wolfgang Greilich (FDP)) Jahr 2013 und 530 Stellen im Jahr 2014. Noch nie gab es so viele Polizeibeamte auf Hessens Straßen, und noch nie Deshalb wollen wir nicht den Verfassungsschutz, sondern war die hessische Polizei so erfolgreich wie heute. Die die extremistischen Bestrebungen in unserem Land ab- Zahl der begangenen Straftaten ist so gering wie nie zuvor, schaffen. Das ist das Entscheidende; darauf kommt es an. und die Aufklärungsquote ist so hoch wie nie zuvor. (Beifall bei der CDU) (Hermann Schaus (DIE LINKE): Darauf haben wir gewartet! Das konnte nicht ausbleiben!) Liebe Kolleginnen und Kollegen, zur Sicherheit tragen auch die zahlreichen freiwilligen Feuerwehren in unserem Hessen gehört unter der Regierungsverantwortung von Land bei. Auch in diesem Punkt bleibt es in Hessen bei der CDU und FDP zu den sichersten Ländern in der Bundesre- Wertschätzung des Ehrenamts. Sie drückt sich z. B. in der publik Deutschland. Anerkennungsprämie für langjährig Aktive aus, für die auch in dem neuen Haushaltsplan Mittel hinterlegt sind. (Beifall bei der CDU und der FDP) Die Förderung des Baus von Feuerwehrhäusern und der Damit das so bleibt, ist in dem neuen Haushaltsplan ein Anschaffung von Feuerwehrfahrzeugen ist eine zentrale zweites Haus des Jugendrechts in Frankfurt vorgesehen. Aufgabe des Brandschutzes in Hessen. Sie wird auch in 8414 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Zukunft auf hohem Niveau ausgeführt. Bei uns in Hessen Wenn man über Rechtsextremismus und NSU redet, dann wird das Aufkommen aus der Feuerschutzsteuer nicht muss man auch die Projekte zur Bekämpfung des Rechts- zweckentfremdet. extremismus unterstützen. Wir brauchen im Bereich der Prävention eine Verstärkung der Mittel. Meine Fraktion Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist auch in Zukunft ein hat das angesprochen und auch beantragt. Die Studie der wichtiges Ziel der hessischen Politik, den Sport in unserem Friedrich-Ebert-Stiftung von letzter Woche stellt fest, dass Land zu fördern. Die Sportförderung ist bekanntlich im In- seit 2006 die Gruppe von Menschen, die ein rechtsextre- nenministerium beheimatet. Es sollen Menschen aller Be- mes Weltbild haben, von 6,6 auf 15,8 % gestiegen ist. Das völkerungsschichten und aller Altersgruppen Chancen und ist erschreckend und muss uns zum Handeln zwingen. Anreize für eine sportliche Betätigung gegeben werden. Deshalb bleiben im Sportland Hessen die bisherigen För- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und derprogramme erhalten, und es werden Mittel auf dem ge- bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Willi van wohnten Niveau, nämlich 11 Millionen €, für die Sportför- Ooyen (DIE LINKE)) derung zur Verfügung stehen. Der Erhebung der Friedrich-Ebert-Stiftung zufolge sind in Dieser Haushaltsplanentwurf belegt in jeder Hinsicht, dass Deutschland in hohem Maße auch antisemitische und anti- trotz Einsparungen gilt: Am Geld wird die Sicherheit in islamische Einstellungen vorhanden. Antisemitische Ein- Hessen nicht scheitern. Das garantieren diese Koalition, stellungen seien bei mindestens knapp einem Drittel, also dieser Innenminister und dieser Ministerpräsident wie nie- 28 %, in der einen oder anderen Form festzustellen. Dane- mand sonst. CDU und FDP gestalten die Zukunft mit Si- ben gebe es ein enormes Potenzial an antiislamischen Hal- cherheit. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. tungen. So seien 36,2 % islamfeindlich und 60,8 % islam- kritisch. Auch das muss uns zum Handeln zwingen. Des- (Beifall bei der CDU) wegen wollen wir die Präventionsprojekte in dem Bereich deutlich verstärken. Vizepräsident Heinrich Heidel: (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- Schönen Dank, Herr Kollege Bauer. – Das waren 8:16 Mi- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN) nuten. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Meine Damen und Herren, in der Debatte heute Morgen, jetzt Herr Frömmrich das Wort. Herr Kollege, vorgesehen auch in der Rede des Innenministers, habe ich ein bisschen sind fünf Minuten Redezeit. vermisst, Herr Kollege Bauer: Wenn man über Haushalts- fragen und Haushalte diskutiert, muss man auch darüber diskutieren, dass wir einen Haushalt vorgelegt bekommen Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): haben, der immer noch neue Schulden macht. Ich hätte mir Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! gewünscht, dass Sie sagen, wie von Ihrer Seite die Zukunft Ich glaube, wenn wir über die Sicherheit reden, müssen wir aussieht, wie der Bereich des Personals aussieht. am Anfang die Gemeinsamkeiten betonen. Das heißt, die Wenn Sie einen Blick in die Eröffnungsbilanz werfen, die Sicherheit zu gewährleisten ist eine der wichtigsten Aufga- wir 2009 vorgelegt bekommen haben, dann werden Sie ben für den Staat. Ich glaube, darin sind wir alle uns sehr feststellen, dass wir dort allein für Pensionen und ähnliche schnell einig. Verpflichtungen 38 Milliarden € zurückgelegt haben. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- Wenn Sie dann in die neueren Erhebungen schauen, stellen wie bei Abgeordneten der CDU, der SPD und der Sie fest, dass wir schon im Jahr 2010 40 Milliarden € und FDP) im Jahr 2011 42 Milliarden € Rückstellungen hatten. Man muss daher darüber reden, und ich finde, eine Regierung Wir sollten uns auch sehr schnell darüber einig sein, dass muss Vorschläge vorlegen, wie man in diesem Bereich zu die besten Investitionen in die innere Sicherheit Investitio- Einsparungen und Verbesserungen der Haushaltslage nen in eine gute Bildung, in eine gute Betreuung, in soziale kommt. Das bleiben Sie uns schuldig. Das ist auch ein Teil Projekte und in die Prävention sind. Denn wenn wir dort des Einzelplans 03, über den wir reden. investieren, brauchen wir nachher nicht Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte, die die Probleme auf der Straße auf- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sammeln. Auch darüber sollten wir uns einig sein. Sie reden aber nicht darüber, wie man diese Lawine von (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Kosten, die auf die zukünftigen Generationen zulaufen, in bei Abgeordneten der SPD) den Griff bekommt, sondern Sie legen auf das, Herr Innen- minister, was wir an Personalbestand haben, noch einmal Frau Kollegin Faeser hat zum Themenkomplex NSU das 179 Stellen drauf: 70 Stellen beim Regierungspräsidium in Nötige gesagt. Ich glaube, dass wir dem Beispiel folgen Darmstadt, 47 Stellen beim Regierungspräsidium in Gie- sollten, von dem wir in der Anhörung des Innenausschus- ßen, 34 Stellen beim Regierungspräsidium in Kassel und ses gehört haben. Da hat uns der Kollege der CSU – ich 28 Stellen bei Polizeibehörden. betone: der Kollege der CSU – aus Bayern erzählt, wie sie seinerzeit die parlamentarische Kontrolle verbessert haben, (Alexander Bauer (CDU): Die kw-Vermerke haben nämlich in Zusammenarbeit aller Fraktionen. Das ist auch Sie übersehen!) die Aufforderung in Richtung der Regierungsfraktionen: Wenn man weiß, dass die Personalkosten in der Zukunft so Wenn wir die parlamentarische Kontrolle des Verfassungs- aus dem Ruder laufen, dass die Pensionskosten und die schutzes verändern und verbessern wollen, dann sollten Beihilfekosten so aus dem Ruder laufen, dann muss man wir das gemeinsam tun. Das sollte ein Anliegen sein, das wenigstens zeigen, in welche Richtung man ungefähr will. wir alle vertreten. Meine Damen und Herren, das tun Sie nicht. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nancy Faeser (SPD)) Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8415

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und mir auch dieses Jahr –, wie vormals Rot-Grün oder andere der Abg. Nancy Faeser (SPD)) Bundesländer. Sie beschimpfen sogar noch die, die dazu wenigstens einen (Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vorschlag vorgelegt haben. Unsere Fraktion hat zur Beihil- Sagen Sie noch einmal, in welchem Jahrhundert das fe einen Vorschlag vorgelegt. Wir wissen, dass es keine war!) vergnügungsteuerpflichtige Veranstaltung ist, sich darüber – Ja, Herr Frömmrich, die Zeit vergeht. Aber man darf es mit den Interessenvertretungen auseinanderzusetzen. Aber nicht vergessen und muss es bei der Debatte immer wieder wir haben vorgeschlagen, die Beihilfe dahin gehend anzu- erwähnen, damit es nicht vergessen wird. Sonst wird eine passen, was in anderen Bundesländern und im Bund heute Haushaltsdebatte in diesem Bereich etwas einseitig. Man üblich ist. muss immer wieder einmal daran erinnern, auch wenn Sie Aber Sie stellen eben nicht den Haushalt auf Zukunft. Sie meinen, dass das Jahrhunderte zurückliegen würde, was stellen den Haushalt eben nicht in die Richtung, dass Sie Rot-Grün damals gemacht hat. So lange liegt das gar nicht sagen, wie wir konsolidieren und wie wir von zusätzlichen zurück. Schulden herunterkommen, sondern bei Ihnen ist angesagt: (Beifall bei Abgeordneten der FDP und des Abg. „Weiter so“. Meine Damen und Herren, ich finde, das ist Alexander Bauer (CDU) – Alexander Bauer (CDU): der falsche Weg. Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Zukunft (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) gestalten! – Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD)) Wir haben nämlich Polizistinnen und Polizisten auf die Vizepräsident Heinrich Heidel: Straße gebracht – das liegt nach Ihrer Auffassung auch Jahrhunderte zurück; aber so kurz ist das gar nicht her –, Schönen Dank, Herr Kollege Frömmrich. – Für die Frakti- statt in die Amtsstuben, wie vormals Rot-Grün, oder sie on der FDP hat jetzt Herr Dr. Blechschmidt das Wort. nur als Planstellen vorzuhalten, ohne Menschen dahinter zu sehen. Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Für uns gilt weiter: Hessen ist im Bereich der Sicherheit unverändert gut aufgestellt. Dafür haben wir vor allem un- Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! seren Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten zu danken. Der Innenhaushalt betrifft einen der Schwerpunkte der Ar- Das möchte ich ausdrücklich im Landtag für die FDP- beit dieser Koalition. Das kann man auch an der Entwick- Fraktion anführen. lung der Zahlen erkennen. Ich möchte das eingangs fest- stellen, weil ich glaube, dass das Bekenntnis, das heute alle (Beifall bei der FDP und der CDU) zum Extremismus, zur Bekämpfung des Extremismus, des Ich möchte auch kurz auf die Kriminalstatistik eingehen. Rechtsextremismus abgelegt haben, unisono Auffassung Auch das gehört zur Haushaltsdebatte. Diese lässt unverän- des Innenausschusses und auch dieses Landtags ist und dert Fortschritte erkennen. Ich gehe davon aus, dass der In- weiterhin bleiben sollte. Ich sage das eingangs, habe den nenminister in seinem Beitrag darauf vielleicht auch noch Vorspann allerdings auch so gewählt, weil wir in der Haus- einmal eingeht. haltsdebatte sind. Aber ich glaube, dass das heute auch von meiner Person für die FDP zum Ausdruck gebracht werden Wo Probleme offenbar werden, steuern wir entschieden sollte, weil das die Klammer ist, die Demokraten zusam- nach, während die Opposition, so meine Auffassung, auch menhalten sollte, wo wir mit einer Stimme reden müssen. am heutigen Tage ein bisschen – ich will es einmal so aus- drücken – konzeptionelle Selbsterfindung betreibt. Wir (Beifall) machen praktische Arbeit, praktische Innenpolitik, und die Die Sicherheit unserer Bevölkerung hat für die bürgerliche ist mit Menschen, mit Polizeibeamten verbunden. Koalition aus CDU und FDP oberste Priorität. Deshalb Wir reagieren überdies auf den administrativen Mehrbe- leisten wir auch im Innenressort durch Personalkonsolidie- darf bei den Regierungspräsidien. Auch das ist im Haushalt rung einen Beitrag zum allgemeinen Sparkurs, ohne jedoch ersichtlich. Der Kollege Bauer hat darauf hingewiesen. Wir die Kernbereiche, insbesondere Polizei und Feuerwehr, schaffen dort notwendige Kapazitäten – die sind ganz ent- personell zu schwächen. Der Kollege Bauer hat das schon scheidend –, und zwar in den Regierungspräsidien in ausgeführt. Darmstadt, in Gießen und in Kassel, damit die Bürgerinnen Hessen hat über Jahre hinweg mehr Polizeianwärterinnen und Bürger eine effiziente Aufgabenerfüllung bekommen, und Polizeianwärter ausgebildet, als für den Erhalt der Per- die sie – auch das erlaube ich mir – zu Recht erwarten dür- sonalstärke eigentlich notwendig gewesen wäre. fen und erwarten können. (Holger Bellino (CDU): Sehr richtig!) Sehr geehrte Damen und Herren, wir investieren weiterhin in die Sicherheit unseres Landes, in die Sicherheit der Bür- Wir führen dies nun langsam auf den tatsächlichen Bedarf gerinnen und Bürger. Die Landesfeuerwehrschule in Kas- zurück, ohne jedoch eine Stelle – nicht eine Stelle, sondern sel wird bis Ende 2014 modernisiert. Über die Landesju- gar keine Stelle – bei der Polizei einzusparen. Wir bauen gendfeuerwehrschule in Marburg-Cappel werden – auch diesen Bereich vielmehr weiter aus und stärken ihn. das wurde schon erwähnt – derzeit Gespräche geführt. (Beifall bei der FDP und der CDU) Die Einführung des BOS-Digitalfunks wird über den Ver- Wir setzen damit unseren Kurs fort, Polizei dort einzuset- lauf des Doppelhaushalts abgeschlossen sein. Damit verfü- zen, wo sie am wirkungsvollsten ist. Wir haben, wo not- gen die hessische Polizei und die Feuerwehr künftig flä- wendig, Beamtinnen und Beamte eingestellt, statt bloße chendeckend – auch das wurde schon erwähnt und soll Planstellen zu schaffen – diesen Zungenschlag erlaube ich noch einmal wiederholt werden – über die neue, verbesser- te Funktechnologie. Auch die Kommunen werden durch 8416 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 die Landesregierung bei der Einführung des Digitalfunks (Janine Wissler (DIE LINKE): Nur wir haben zehn maßgeblich unterstützt. Minuten!) Auch diesen Hinweis erlaube ich mir: Es ist im Einzelplan 03 ersichtlich, dass die Kommunen unter Schwarz-Gelb Hermann Schaus (DIE LINKE): mehr Einnahmen als jemals zuvor in der Geschichte dieses Landes erhalten. Wir haben die Gemeindeverfassung refor- Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn Herr miert und führen eine rechtssichere Möglichkeit zur Erhe- Bauer den Reigen damit eröffnet, wie wichtig Innenpolitik bung wiederkehrender Straßenbeiträge ein. Am gestrigen ist, darf ich sagen, dass unsere Redezeit 30 % höher liegt Abend haben wir das so beschlossen. als die der CDU zu diesem Thema. Insofern, Herr Bauer, haben Sie, was den Stellenwert der Innenpolitik angeht, Moderne, bürgernahe und effiziente Verwaltung wird von vorhin eine falsche Debatte angefangen. uns auch weiterhin als Thema im Landtag begleitet. Durch den Rettungsschirm des Landes zur Entschuldung der (Zurufe von der CDU: Oh!) Kommunen, den mehr und mehr Kommunen nutzen wol- „Ist Hessens Innenminister Boris Rhein (CDU) zum Au- len, tragen wir dazu bei, auch in der Fläche vor Ort, die ßenminister aufgestiegen?“, lautete angesichts der geball- Handlungsfähigkeit der kommunalen Ebene für die Zu- ten Anzahl der jüngsten Auslandsreisen die Überschrift un- kunft zu erhalten, und das ist auch wichtig, hier festgestellt serer Presseerklärung von letzter Woche. Denn betrachtet zu werden. Heute Morgen war bei der Opposition der Zun- man die letzten Arbeitswochen von Herrn Rhein, könnte genschlag anders; ich vertrete sehr selbstbewusst, dass wir man den Eindruck gewinnen, er wäre zum Außenminister die kommunale Ebene gestärkt haben und weiterhin stär- aufgestiegen oder – vielleicht besser formuliert – ausge- ken werden. stiegen. Herr Minister, publizistisch aufbereitete Auslands- (Beifall bei der FDP und der CDU) reisen zu acht deutschen Polizisten in Afghanistan, dann gleich in den Kosovo und nach einem kurzen Zwischen- Wir setzen auch auf bewährte Projekte. Wir haben Mittel stopp in Mühlheim aus dem Innenbereich für das zweite Haus des Jugend- rechts in Frankfurt bereitgestellt. Auch aus Sicht der Poli- (Zuruf des Ministers Boris Rhein) zei sind die Häuser des Jugendrechts ein Erfolgsmodell, – hören Sie doch einmal zu – gleich weiter nach Israel: das sich langfristig auszahlen wird. Wir heben auch dort, Dieses atemberaubende Tempo von Auslandsreisen kann wo es vertretbar erscheint, Synergien, etwa durch eine ver- selbst Guido Westerwelle nicht mehr toppen. stärkte Kooperation mit unserem Nachbarland Rheinland- Pfalz auf dem Gebiet der Wasserschutzpolizei auf dem Herr Minister, umso mehr freue ich mich, dass Sie wohlbe- Rhein. Auch hier werden wir dafür Sorge tragen, dass es halten in die Niederungen der hessischen Landespolitik zu- für alle Beteiligten zu einer vorteilhaften und vertretbaren rückgefunden haben, denn hier gibt es für Sie eigentlich Lösung kommt. Weitere Beispiele für Kooperationsmög- ganz viel zu tun. lichkeiten, auch im Haushalt ersichtlich, betreffen das Lan- (Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Günter despolizeiorchester, die polizeiliche IT, DNA-Untersu- Schork (CDU)) chungen, die Fort- und Weiterbildungen, Ausbildung und weitere Themen. Ich erinnere daran, dass die wichtige Stelle der LKA-Präsi- dentin seit Langem unbesetzt ist. Ebenso ist die Stelle des Auch die geplanten Baumaßnahmen im Haushalt sorgen Landeswahlleiters immer noch vakant, und dies, obwohl für Abhilfe bei dringenden Raumproblemen. Angegangen Hessen unmittelbar vor dem Beginn eines Superwahljahrs werden z. B. Liegenschaften in Butzbach, in Melsungen steht. Die Dienstrechtsreform, auf die mehr als 120.000 und – darüber bin ich auch erfreut – in Usingen, in meinem Beamtinnen und Beamte in Hessen schon seit Langem Wahlkreis, wo ein Gebäude für die Polizeistation genutzt warten, wird seit über drei Jahren geschoben und gescho- wird. Was wir auch angegangen haben, ist nämlich, dort ben und soll jetzt, so ist aus den Koalitionsfraktionen zu das Amtsgericht zu schließen, und dies mündet in eine hören, endlich im Dezember, allerdings als CDU- und auch für die Polizei sehr sinnvolle und für den Steuerzahler FDP-Antrag, eingebracht werden. nützliche Lösung, nämlich die Polizei vor Ort zu stärken und hier weitere Polizeipräsenz auszubauen. (Wolfgang Greilich (FDP): Es sind doch meistens CDU/FDP-Anträge!) Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen, der vorliegende Haushalt zeigt speziell für den Innenbereich als einen der Keine andere Landesregierung hat bei den öffentlich Be- Schwerpunkte der Arbeit dieser Landesregierung, dass schäftigten einerseits derartig brachial gekürzt und ande- nach wie vor die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger, rerseits auch noch die Arbeitszeit der Beschäftigten so weit ich hatte es mehrfach erwähnt, bei uns, der CDU und der heraufgesetzt. Nur hessische Beamte arbeiten 42 Stunden FDP, in guten und verantwortungsvollen Händen ruht. Ich in der Woche, und zwar bis zum 67. Lebensjahr. Dafür gehe davon aus, dass dies auch die nächsten Jahre der Fall werden sie dann auch noch mit sechs- oder siebenmonati- sein wird, und danke für Ihre Aufmerksamkeit. ger Verzögerung ihrer Besoldungserhöhung belohnt. Die öffentlich Beschäftigten sollen weiterhin das ausbaden, (Beifall bei der FDP und der CDU) was die Politik angerührt hat, und so bleiben Sie, Herr Mi- nister, Ihrer Linie treu, wenn Sie trotz der bevorstehenden Vizepräsident Heinrich Heidel: Tarifverhandlungen für die Landesbediensteten nur die Hälfte der Tarifsteigerung bei Bund und Kommunen in den Schönen Dank, Herr Dr. Blechschmidt. – Für die Fraktion Haushaltsplan einplanen. Hier fordern wir selbstverständ- DIE LINKE hat Herr Schaus das Wort. Ihnen wurden zehn lich eine vollständige Einstellung der Beträge. Minuten genehmigt. Um dem weiteren Rückgang an Polizeibeamtinnen und Po- lizeibeamten, insbesondere auf dem Land und bei der Be- Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8417 reitschaftspolizei, entgegenzuwirken, brauchen wir mehr Dr. Walter Arnold (CDU): Anwärter. Hier fordern wir erneut, die Einstellungen auf Vielen Dank für die Möglichkeit einer Frage. Herr Kolle- 600 pro Jahr zu erhöhen. Herr Minister, in diesem Zusam- ge, würden Sie mir zustimmen, dass PPP mit Privatisie- menhang möchte ich Sie auch persönlich mit allem Nach- rung überhaupt nichts zu tun hat? druck auffordern, die Absprachen mit dem Land Rhein- land-Pfalz über die Schließung der Wiesbadener Wasser- (Lachen der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE)) schutzpolizeidienststelle unverzüglich rückgängig zu ma- chen. Es kann doch nicht sein, dass eine leistungsfähige Denn dieses Beschaffungsverfahren sieht ja ausdrücklich und gut arbeitende hessische Polizeidienststelle den Inter- vor, dass das Eigentum im Eigentum des Landes bleibt. essen von Rheinland-Pfalz gerade mal geopfert wird. Herr Minister, das geht so nicht. Hermann Schaus (DIE LINKE): (Beifall bei der LINKEN) Herr Dr. Arnold, ich bin Ihnen für diese Frage unendlich Ein trauriges Beispiel ist zudem die Einführung des Digi- dankbar, weil es mir die Möglichkeit eröffnet, endlich ein- talfunks bei Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten. Die- mal darzulegen, dass PPP nach unserer Ansicht noch viel se war zwar bereits für das Jahr 2006, zugegeben von Ih- schlimmer als Privatisierung ist. Hier werden Verträge mit rem Vorgänger im Amt des Innenministers, angekündigt, privaten Anteilseigentümern geschlossen, die den öffentli- ist aber immer noch nicht umgesetzt; von den Vergabe- chen Dienst knebeln und letztendlich die Verantwortung skandalen in diesem Bereich mal ganz zu schweigen. Die dafür sozusagen an die öffentliche Hand zurückgeben. Die Interessen der Kommunen vertreten Sie, Herr Rhein, als Beispiele dafür – seien es die Schulen in Offenbach oder zuständiger Minister sowieso nie. Da ist von Ihnen gar das Justizzentrum – beweisen und belegen doch gerade, nichts zu hören und zu sehen, weder in der Diskussion über dass es bei PPP so ist, dass das Risiko bei der öffentlichen deren finanzielle Situation um einen gerechten Kommuna- Hand verbleibt, während die Privaten den Profit machen – len Finanzausgleich und schon gar nicht bei der Energie- und all das nur, weil die öffentliche Hand nicht genug fi- wende. Ich erinnere nur an die HGO-Novellierung, als Sie nanzielle Mittel hat, um ihre eigentlichen Aufgaben zu er- die FDP einfach gewähren ließen und dadurch den von den füllen. Somit sehe ich PPP noch viel kritischer als Privati- Kommunen nachdrücklich geforderten Einstieg von Stadt- sierung. werken in die Energieerzeugung aus Windkraft vereitelten. (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der LINKEN) Unzulänglichkeiten – das ist hierbei eine zurückhaltende Hessische Kommunen stehen mit bald 20 Milliarden € im Formulierung – müssen wir im Übrigen auch bei der Saldo, Tendenz steigend. Dazu kommen noch Milliarden € lückenlosen Aufklärung der NSU-Morde feststellen. Zu Schulden der öffentlichen Unternehmen. In jedem Fall ist nennen ist hierbei die Aufarbeitung der Rolle von Mitar- klar: Wir brauchen eine grundlegende Verbesserung der beitern des hessischen Geheimdienstes. Hier wird weiter Finanzausstattung aller Kommunen statt einen löchrigen gemauert, und statt öffentliches Licht und öffentliche Luft sogenannten Rettungsschirm für einige. Der löst nämlich an die Arbeit des Verfassungsschutzes zu lassen, wird das überhaupt nichts. Gegenteil gemacht. Wenn die Stadt Rüsselsheim nun mit der Begründung aus- Derzeit erhält die Öffentlichkeit einen kleinen Einblick in steigt, sie könne die Sparauflagen in den nächsten Jahren die Arbeit der Inlandsgeheimdienste, erzwungen durch die nicht erfüllen, bestätigt dies unsere Einschätzung, dass der Medien und die Untersuchungsausschüsse in Bund und sogenannte Rettungsschirm nur den Zweck verfolgt, weite- Ländern. Was wir dort sehen, ist erschreckend und eines re Leistungsverschlechterungen für die Bevölkerung vor- demokratischen Staates unwürdig. Schon seit Jahren for- zunehmen. dern wir als LINKE, die Mittel des Inlandsgeheimdienstes umzuschichten, um ein eigenes Landesprogramm gegen Keine andere Regierung hat einen derartig brachialen Aus- rechte Strukturen und Gewalt aufzulegen. Die derzeitigen verkauf öffentlichen Eigentums vorgenommen und ÖPP- Erkenntnisse lassen deshalb nur einen Schluss zu: Der In- Projekten das Wort geredet. Dabei ist es Ihnen ganz egal, landsgeheimdienst ist aufzulösen und durch eine öffentlich ob die privaten Leistungen – wie etwa in der JVA Hünfeld zugängliche, vor allem aber wissenschaftlich und präventiv – teurer sind oder die Fenster aus dem neuen Justizzentrum arbeitende Informations- und Dokumentationsstelle zu er- in Wiesbaden fallen: Es wird unbeeindruckt weiter privati- setzen, die mit den Bürgern und für die Bürger statt gegen siert. Wir hingegen sagen: Es muss Schluss mit dem Priva- sie tätig ist. tisierungswahn sein. Deshalb fordern wir auch die Um- wandlung des PPP Kompetenzzentrums in eine Unterstüt- Auf dieser Grundlage basieren unsere Haushaltsanträge, zungs- und Beratungsstelle zur Rekommunalisierung. die gleichzeitig zu einer erheblichen Kosteneinsparung bei- tragen. Zu unseren Vorschlägen gehört auch, einem eigen- (Beifall bei der LINKEN) ständigen Landesprogramm gegen Rassismus mindestens 2 Millionen € zur Verfügung zu stellen. Die 150.000 €, die Hessen derzeit ausschließlich für die Aufstockung von Vizepräsident Heinrich Heidel: Bundesprogrammen ausgibt, sind angesichts der Gefahren Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage? durch rechte Gewalt zu wenig. (Hermann Schaus (DIE LINKE): Gerne!) Den von den Regierungsfraktionen vorgelegten Entwurf lehnt die LINKE ab. Er macht überhaupt keine Vorschläge, – Herr Kollege Arnold. wie der enormen Unterfinanzierung des Landes und der Kommunen begegnet werden soll. Im Gegenteil: Er ist ein nur für die Wahlen zusammengeschustertes Flickwerk. Selbst dort, wo Spielräume verteilungspolitisch genutzt 8418 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 werden, erfolgt dies mit Schwerpunkten, die die Fraktion (Beifall bei der CDU) der LINKEN unmöglich mittragen könnte. Das soll auch so bleiben. Während andere Bundesländer – Herr Minister Rhein, Sie sehen also: Die Rolle des Weltpo- in der Regel sind es SPD-regierte Länder, im Falle von Ba- litikerklärers, der gleichzeitig über große Probleme vor der den-Württemberg grün geführt, aber wir beziehen uns mal eigenen Haustür hinwegsieht, ist unangemessen. Sie soll- insbesondere auf Rheinland-Pfalz – bei der Polizei kürzen ten Ihre verbleibende Amtszeit nutzen, um endlich Innen- und sparen, was das Zeug hält, wird bei der hessischen Po- politik in und vor allen Dingen für Hessen zu betreiben. – lizei keine einzige Stelle gestrichen. Das Gegenteil ist der Vielen Dank. Fall: Ich habe mit dem Finanzminister eine – wir nennen es einmal so – Stellengarantie für die durch die Einstellungs- (Beifall bei der LINKEN – Holger Bellino (CDU): offensive erreichte Top-Zahl von 13.764 bei der hessischen Er macht beides! – Gegenruf des Abg. Willi van Polizei vereinbaren können. Das heißt, dass jede Stelle, die Ooyen (DIE LINKE): Das glauben Sie doch selber bei der hessischen Polizei durch Ruhestand oder andere nicht!) Umstände frei wird, unmittelbar wieder besetzt wird; na- türlich im Rahmen von Prognosen. Wenn die Prognose un- Vizepräsident Heinrich Heidel: terschritten wird, wird durch Mehreinstellungen nachge- steuert. Das ist ganz anders als beispielsweise in Rhein- Schönen Dank, Herr Schaus. – Für die Landesregierung land-Pfalz, wo einfach einmal 500 Stellen bei der Polizei spricht Herr Innenminister Rhein. Bitte sehr. gestrichen wurden. Das ist die Realität in anderen Bundes- ländern, wenn die SPD für die innere Sicherheit Verant- wortung trägt. Boris Rhein, Minister des Innern und für Sport: (Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Nancy Faeser Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! (SPD)) Ich glaube, dass ich ausgerechnet von Herrn Schaus keine Nachhilfe in Sachen innere Sicherheit brauche – das nur Aber wir tun noch viel mehr als nur das. Denken Sie ein- vorweg. mal an die halbe Million €, die wir für die Mehrarbeitsver- gütung in den Haushalt gestellt haben. Denken Sie an die (Beifall bei Abgeordneten der CDU) 18,7 Millionen € für Ersatzbeschaffungen für Fahrzeuge Insgesamt sind im Einzelplan 03 Ausgaben in Höhe von im Jahr 2013 und an die 18,8 Millionen € für Ersatzbe- knapp 2 Milliarden € veranschlagt. Der große Brocken sind schaffungen im Jahr 2014. Oder denken Sie an die Verbes- – das ist im Innenhaushalt traditionell so – die Personalaus- serung der Schutzausstattung. Ich könnte das noch weiter gaben, die mit 1,02 Milliarden € erstmals die Grenze von 1 ausführen, will es aber mit Blick auf die Zeit unterlassen. Milliarde € knacken. Stabil sind nach wie vor die Sachaus- Sie haben mit dem Thema Prävention begonnen und uns gaben mit 400 Millionen € und die 10 Millionen € bei Bau- vorgeworfen, wir würden dafür nichts tun – das ist voll- ausgaben. Das sind die „trockenen“ Eckdaten dieses Haus- kommener Unsinn angesichts der Zahlen im Haushalt: 1,1 halts. Aber viel weniger trocken sind ein paar andere Zah- Millionen € stehen auch in diesem Haushalt für das Thema len, die eines unmissverständlich deutlich machen, nämlich Prävention bereit. Ein Projekt, das dem sehr geschätzten dass das Thema innere Sicherheit – auch in diesem Haus- Kollegen Hahn und mir besonders am Herzen liegt, ist ein halt ist es einer der umfangreichsten Sicherheitshaushalte in Wiesbaden und Frankfurt-Höchst begonnenes Projekt, überhaupt – das Erfolgsthema Nummer eins dieser nämlich die Häuser des Jugendrechts. Wir wollen ein drit- schwarz-gelben Landesregierung ist. 58,5 % Aufklärungs- tes Haus des Jugendrechts und haben dafür natürlich auch quote sind ein Rekord seit Einführung der Polizeilichen in diesem Haushalt die entsprechenden Gelder veran- Kriminalstatistik im Jahre 1971. Interessant ist auch: Das schlagt und Vorsorge getroffen. sind 10,8 Prozentpunkte mehr gegenüber der Zeit, als Sie Verantwortung für die innere Sicherheit getragen haben, Thema Feuerwehr, ein sehr gutes Projekt, ist ja auch ein meine Damen und Herren. Projekt von uns. (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Ach nein, (Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD)) das ist ja unglaublich!) – Machen Sie sich nicht lächerlich, Frau Faeser; das muss Die registrierte Gesamtkriminalität haben wir ein weiteres ich wirklich einmal so sagen. Dieses Thema haben Sie hier Mal um 1,3 Prozentpunkte deutlich nach unten und unter noch nie angepackt und umgesetzt. Das haben wir umge- die magische Grenze von 400.000 gedrückt. Die Häufig- setzt, Christean Wagner war Justizminister, ich war rechts- keitszahl liegt bei 6.541 – auch das ist ein Rekordwert, politischer Sprecher. Ich erinnere mich also sehr gut an nämlich der niedrigste Wert seit 1981. das, was ich hier sage. (Beifall bei der CDU) (Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD)) Das sind Erfolge, die nicht einfach so vom Himmel gefal- An etwas anderes erinnere ich mich noch viel besser, näm- len sind. Das sind vielmehr Erfolge, die Resultat einer sehr lich wie es früher bei der Feuerwehr und dem Katastro- konsequenten und entschlossenen Sicherheitspolitik sind. phenschutz gewesen ist. Niemand in Hessen konnte sich Genau in dieser Tradition steht auch der Haushalt 2013/ bei Wagen, Fahrzeugen und Häusern auf irgendeine Förde- 2014. rung des Landes verlassen. Frau Faeser, wir haben Jahre der Ausbildung- und der Ein- (Beifall bei der CDU – Günter Rudolph (SPD): stellungsoffensive gehabt, in denen wir bei der hessischen Wann war das? Vor dem Ersten Weltkrieg?) Polizei Anwärter weit über Bedarf eingestellt haben. Wir Rot-Grün hat das mit der volatilen Feuerschutzsteuer be- haben jetzt eine Stellenzahl bei der hessischen Polizei er- gründet. Die Feuerschutzsteuer ist in der Tat mal oben und reicht, die die höchste Stellenzahl seit jeher ist. mal unten – das ist überhaupt keine Frage –, aber das ist Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8419 doch kein Grund, die Feuerwehrleute, die das freiwillig Boris Rhein, Minister des Innern und für Sport: leisten, darunter leiden zu lassen, so wie Sie von Rot-Grün Wer hat jetzt schon wieder eine Frage? – Lassen Sie mich es getan haben. einfach zu Ende reden, dann können wir sehen, wie wir (Beifall bei der CDU) weiter verfahren. Deswegen haben wir festgelegt, dass Feuerwehr und Kata- Mit dem gleichen Tempo investieren wir in den hessischen strophenschutz Jahr für Jahr mit 30 Millionen € fest geför- Sport. Hessen ist das Sportland Nummer eins in Deutsch- dert werden. Mit diesem Haushalt wird das auch in Zu- land. Mit Blick auf die Zeit will ich gar nicht auf die Zah- kunft so bleiben, meine Damen und Herren. len eingehen. Es ist schon enorm, was wir leisten. Denken Sie allein an das Hallenbadinvestitionsprogramm. 50 Mil- lionen € haben wir in den hessischen Schwimmsport, in die Vizepräsident Heinrich Heidel: hessischen Hallenbäder investiert. 100 Projekte sind geför- Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage? dert worden. Das Programm läuft in diesem Jahr aus. Wir ersetzen es durch ein Programm für herausragende Sport- (Minister Boris Rhein: Von Frau Faeser sehr gerne!) anlagen mit jährlich 10 Millionen €. Das soll uns mal ir- – Bitte schön. gendein Landtag, irgendeine Landesregierung nachma- chen. Das macht kein Land so erfolgreich wie Hessen. (Beifall bei der CDU) Nancy Faeser (SPD): Ich könnte auch noch auf die 150 Stellen bei den Regie- Herr Innenminister, können Sie benennen, wie hoch die rungspräsidien eingehen, die wir zusätzlich für Lärm- Feuerschutzsteuer aktuell ist und was die Landesregierung schutz, für den Kommunalen Schutzschirm und den Ener- dann – weil Sie gerade sagten, dass Sie die Ausfälle ausge- giegipfel bekommen. Das will ich aber gar nicht machen, glichen haben – obendrauf gelegt hat? Das heißt, wie viele Mittel sind in diesem Haushalt noch obendrauf gekom- (Nancy Faeser (SPD): Dann würde ich gern wissen, men? was Sie da machen!) weil mich der Antrag der GRÜNEN – die SPD hat zu die- Boris Rhein, Minister des Innern und für Sport: sem Haushalt, glaube ich, gar keinen Antrag gestellt – sehr verlockt. Aber selbstverständlich kann ich Ihnen das sagen, verehrte Frau Kollegin Faeser. Wir haben in den vergangenen Jah- (Zuruf von der CDU: Einen einzigen!) ren originäre Haushaltsmittel in Millionenhöhe draufge- – Einen einzigen. Der Antrag sieht vor, die Wochenarbeits- legt, zeit der Beamtinnen und Beamten schrittweise auf 40 (Beifall bei der CDU – Nancy Faeser (SPD): In die- Stunden zu reduzieren. Das ist ein interessanter Vorschlag. sem Jahr!) Selbst wenn man von zwei Schritten im Jahresabstand zwi- schen 2013 und 2014 ausgeht, die Sie vorhaben, um die Ausfälle der Feuerschutzsteuer auszugleichen. Ich bedanke mich ausdrücklich für diese freundliche Frage. Ich (Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): will Ihnen auch sagen, was wir ausgegeben haben: Mehr als zwei Schritte!) (Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ist nicht nachvollziehbar, wie Sie das 2013 mit 10 Millio- In diesem Jahr!) nen € und 2014 mit 20 Millionen € hinbekommen wollen. Der Vorschlag ist ja geradezu lächerlich. Wir haben die Zahl der Katastrophenschutzfahrzeuge von 278 auf über 500 nahezu verdoppelt. (Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) (Beifall bei der CDU – Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Wie hoch waren die Zahlen Ich will es Ihnen einmal vorrechnen: Wenn wir ganz rich- in diesem Jahr?) tig rechnen, nämlich ohne die Weiterführung des Lebens- arbeitszeitkontos – das haben Sie in Ihrem Antrag auch au- Wir haben allein im Jahr 2012 fast 100 Feuerwehrfahrzeu- ßer Acht gelassen –, dann hätten wir jährliche Kosten von ge und über 40 bauliche Maßnahmen aus originärem Haus- rund 150 Millionen €, wenn wir es so machten, wie Sie haltsgeld und nicht nur aus Mitteln der Feuerschutzsteuer vorschlagen. Das würde 3.000 Vollzeitäquivalenten ent- gefördert. sprechen. Das ist die Realität, von der wir ausgehen. Mit (Nancy Faeser (SPD): Das hilft aber nicht für dieses Ihren 10 Millionen €, die Sie in den witzhaften Antrag – so Jahr!) muss man ihn fast nennen – geschrieben haben, könnte man im Haushaltsjahr 2013 ca. ein Fünfzehntel der 150 Das ist die Realität, und das wird auch so weitergehen, ge- Millionen € finanzieren. Das wäre rein rechnerisch das nauso wie ein anderer ganz wichtiger Punkt, nämlich: Wir Fünfzehntel einer Stunde. Sie würden den hessischen Be- modernisieren die Hessische Landesfeuerwehrschule mit amtinnen und Beamten also vier Minuten schenken. Mit 6,2 Millionen € zusätzlich. den 20 Millionen € im Haushalt 2014 könnte man die Re- duktion entsprechend verdoppeln. Vizepräsident Heinrich Heidel: (Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Angefangen mit der Schichtarbeit!) Herr Minister, es gibt noch eine Frage. Wenn man schrittweise so vorgehen würde, wie Sie es vor- schlagen, und zwar je Haushaltjahr 10 Millionen € oben- drauf legen würde, dann könnte man rein rechnerisch ab 8420 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 dem 15. Jahr alle Stellen, um die es hier geht, kompensie- Das wars auch endgültig mit dem Wahlversprechen einer ren. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das hat doch 105-prozentigen Lehrerversorgung. 1.600 Stellen fehlen nichts mit seriösen Anträgen, mit seriöser Haushaltspolitik zur Erfüllung dieser Zusage an die Schulen, die seit Jahren zu tun. Das ist doch lächerlich und ein witzhafter Antrag, darauf warten. Richten soll es auch hier einmal mehr die den Sie gestellt haben. demografische Rendite. In der Antwort auf meine Kleine Anfrage vom 2. November 2012 heißt es allerdings: „Auf- (Beifall bei der CDU) grund der ‚demografischen Rendite‘ werden voraussicht- Sie streuen den Menschen Sand in die Augen. Das ist lei- lich ca. 250 Stellen bereitstehen.“ Darüber hinaus stellt die der die Realität. So funktioniert keine verantwortungsvolle Landesregierung fest, dass wegen der Umstellung von G 9 Haushaltspolitik. Wie es besser geht, können Sie dem vor- auf G 8 voraussichtlich weitere 630 Lehrerstellen an den gelegten Haushalt entnehmen, insbesondere dem Einzel- Gymnasien zur Verfügung stehen. Diese, meine Damen plan 03. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. und Herren, werden jedoch keinesfalls zugunsten einer 105-prozentigen Lehrerversorgung auf andere Schulen ver- (Beifall bei der CDU und der FDP) teilt werden können, zumal die Rückkehrmöglichkeit nach G 9 die Rechnung ohnehin obsolet werden lässt. Wie auch Vizepräsident Heinrich Heidel: immer, es bleibt ein erhebliches Delta an Stellen zu den versprochenen 105 %. Schönen Dank, Herr Innenminister. – Damit sind wir am Ende der Rednerliste zu Einzelplan 03. Die Abstimmung Sie sind ohnehin ein Jahr im Verzug, Frau Kultusministe- ist für morgen früh vereinbart. rin, denn die 105 % wurden bereits zum Schuljahresbeginn 2012/2013 versprochen, wie man einer Elterninfo Ihrer Ich rufe den Vorgängerin vom Mai 2009 entnehmen kann. Darin ist Einzelplan 04 – Hessisches Kultusministerium – wörtlich als Information an alle Eltern zu lesen: Bis zum Schuljahr 2012/2013 steigern wir dann die Unterrichtsver- auf. Dazu erteile ich Frau Kollegin Habermann für die sorgung auf 105 % und vergrößern gleichzeitig Möglich- SPD-Fraktion das Wort. keiten, aus Stellen Geld zu machen. Ich glaube, hier kann man mit gutem Gewissen sagen: ver- Heike Habermann (SPD): sprochen, gebrochen; aus den 105 % wird hier in Hessen nichts mehr. Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das wars, wir haben fertig. – Diese Botschaft vermittelt der Einzel- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE plan 04 des Kultusministeriums. Es gibt keine neuen Im- GRÜNEN) pulse, noch nicht einmal den Versuch, angeblich selbst ge- Meine Damen und Herren, das wars auch beim Thema In- wünschte Projekte weiterzuführen. Getroffene Zusagen klusion. Zusätzliche Lehrerstunden für die inklusive und gegebene Wahlversprechen werden gebrochen. Bei Schule gehen zulasten der bisherigen Klassengrößen im dieser Leistungsbilanz der Bildungspolitik bleibt Ernüchte- gemeinsamen Unterricht. Die Standards des gemeinsamen rung zurück. Unterrichts werden sukzessive abgebaut und weichen einer (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE völlig unzureichenden Zuweisung für inklusive Pädagogik. GRÜNEN) Sie zerstören damit die Bereitschaft von Regel- und För- derschulen, engagiert daran mitzuarbeiten, dass Inklusion Lassen Sie mich dies in der Kürze der Zeit anhand von vier gelingt und gesellschaftlich akzeptiert wird. Punkten verdeutlichen: (Beifall bei der SPD) Das wars zum Thema „Ganztagsschulentwicklung in Hes- sen“. Das Ganztagsschulprogramm der Landesregierung Der Verdacht, Inklusion sei in Wirklichkeit von dieser mit jeweils 115 neuen Lehrerstellen pro Schuljahr läuft im Landesregierung unerwünscht, hat sich für viele bereits zur Sommer 2013 aus. Erklärtes Ziel der Hessischen Landesre- Gewissheit entwickelt. Wer inklusive Schule will, muss gierung war es, bis 2013 ein wohnortnahes Angebot für al- auch in seinen Haushaltsplänen erkennen lassen, dass sie le Schülerinnen und Schüler zu schaffen. Dieses Ziel ist gefördert wird. Wer das nicht tut, lässt Eltern und Schulen weit verfehlt worden. Insbesondere in Grundschulen su- allein und verhindert letztlich die Akzeptanz für gemeinsa- chen Eltern oft verzweifelt nach einem Betreuungs- und mes Lernen von Kindern mit und ohne Förderbedarf in der Bildungsangebot am Nachmittag. Gesellschaft. Im Haushalt 2014 findet sich kein zusätzlicher Stellenan- (Beifall bei der SPD) satz für die Fortführung des Ganztagsschulprogramms. Es Mein letzter Punkt. Das wars auch mit der Zusage an die gibt die Absichtserklärung aus der kursorischen Lesung, freien Träger der Ersatzschulen, dass zum 1. Januar 2013 auch zum Schuljahr 2013/2014 115 Stellen zur Verfügung ein neues Ersatzschulfinanzierungsgesetz in Kraft treten zu stellen. Leider wurde die Frage, woher die zusätzlichen sollte, mit dem dem Ungleichgewicht in der Finanzierung Stellen kommen sollen, nicht beantwortet. Es bleibt einmal gegenüber staatlichen Schulen ein Ende gesetzt werden mehr der Rückgriff auf die sogenannte demografische Ren- sollte. dite, die allerdings schon dafür herhalten soll, eine 105- prozentige Lehrerversorgung zumindest auf dem Papier Gemeinsam mit den Trägern wurde einvernehmlich ein Fi- darzustellen. Es gibt offensichtlich weder ein Konzept nanzierungsmodell verhandelt. Der Kabinettsentwurf des noch den politischen Willen, endlich Ganztagsschulen in Gesetzes liegt wohl vor. Was fehlt, ist der Gesetzentwurf Hessen zu ermöglichen, die diese Bezeichnung auch ver- in der parlamentarischen Beratung. Was vor allem fehlt, ist dienen. eine Finanzierung dieses Gesetzentwurfs in den Haushalts- planentwürfen für 2013 und 2014. Die Steigerung des An- (Beifall bei der SPD) satzes für Ersatzschulen beruht lediglich auf dem Anstieg Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8421 der Schülerzahlen. Kein Gesetz und kein Geld, und das (Beifall bei der CDU und der FDP) nach einem Vorlauf von acht Jahren, in denen regelmäßig Auch da sage ich: Es ist eine große Leistung, insbesondere die Zusagen an die freien Träger erneuert wurden. wenn man in die Nachbarländer sieht, wo jetzt nicht zu- Frau Kultusministerin, ich bin sehr gespannt: Sie können sätzliche Lehrerstellen aufgebaut werden, sondern wo al- dem Haus gegenüber darlegen, wie ein Gesetz, das noch lein in Baden-Württemberg 11.900 Lehrerstellen von nicht da ist, ab dem nächsten Jahr finanziert werden kann, Grün-Rot gestrichen werden. obwohl im Haushalt dafür kein Geld ist. Wir warten ge- (Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD)) spannt auf die Initiativen der Regierungsparteien. Das Nachbarland Rheinland-Pfalz ist ebenfalls ein Beispiel (Beifall bei der SPD – Günter Schork (CDU): Sie für Bildungsabbau. Wir gehen den anderen Weg. haben nicht zugehört!) (Gerhard Merz (SPD): „Das machen die alles von Meine Damen und Herren, dieser Haushaltsplan ist ein unserem Geld“!) Vermächtnis an eine neue Landesregierung, das viele zu- geschüttete Baugruben enthält, die mit aller Eile mit ein – Es ist schön, dass Sie das sagen, Herr Merz. Endlich ha- paar Fuhren Sand aufgefüllt wurden. Er ist genau wie die ben Sie es verstanden. Bildungspolitik der vergangenen Jahre mutlos, kraftlos, perspektivlos und ein Zeugnis für gebrochene Wahlver- (Gerhard Merz (SPD): Ich zitiere nur aus Ihren Re- sprechen. den!) (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des Damit sind in Hessen 50.394 Lehrerstellen vorhanden und BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. besetzt. Die Lehrer-Schüler-Relation ist auf einem histori- Günter Schork (CDU)) schen Höchststand und beträgt einen Lehrer auf 16 Schü- ler. Die Unterrichtsversorgung liegt über 100 %, und wir sind auf dem Weg zu den angestrebten 105 %. Auch dies Vizepräsident Heinrich Heidel: können Sie nicht leugnen. Schönen Dank, Frau Habermann. – Für die CDU-Fraktion (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- spricht der Herr Kollege Schork. NEN): Auf dem Weg, aber Sie kommen nie an!) Wir haben – auch ein Ergebnis der Politik in dieser Legis- laturperiode – wesentlich kleinere Klassen. Wir haben die Günter Schork (CDU): Sternchenregelung abgeschafft, die Rot-Grün eingeführt Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! und womit es die Klassen erheblich vergrößert hat. Allein Der vorgelegte Haushaltsplan für die Jahre 2013 und 2014 die Abschaffung der Sternchenregelung hat in der Summe zeigt im Einzelplan 04 erneut, welch hohen Stellenwert die 1.600 Lehrerstellen bedeutet. Inzwischen haben wir es er- Bildungspolitik für diese Landesregierung und für die reicht, dass in der Grundschule weniger als 20 Schüler in CDU- und die FDP-Fraktion in diesem Hause hat. jeder Klasse sitzen. (Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP Die Ganztagsangebote hat Frau Kollegin Habermann ange- – Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜND- sprochen. Wir haben in den letzten Jahren jedes Jahr 115 NIS 90/DIE GRÜNEN)) Stellen zusätzlich für Ganztagsangebote zur Verfügung ge- stellt. Mit dem Haushaltsansatz für die Jahre 2013 und 2014 steigt der Bildungsetat im Lande Hessen auf einen histori- (Beifall bei der CDU und der FDP) schen Höchststand. Im Jahr 2013 werden die Mittel um Wir werden – das wissen Sie ganz genau, auch wenn Sie es weitere 100 Millionen € erhöht zu einem Gesamtetat von jetzt anders dargestellt haben – auch zum Schuljahresbe- über 3,4 Milliarden €. In keinem der 13 deutschen Flächen- ginn 2013 und zum Schuljahresbeginn 2014 jeweils weite- länder wird mehr pro Kopf für Bildung ausgegeben als in re 115 Stellen für die Ganztagsangebote bereitstellen. Da- Hessen. Nirgendwo sind diese Ausgaben höher. Die Stei- mit haben wir erreicht, dass in über 850 Schulen ein Ganz- gerungsraten im hessischen Bildungsetat sind mit die tagsangebot zur Verfügung steht. höchsten in der Bundesrepublik Deutschland. Darauf kön- nen wir stolz sein, insbesondere dann, wenn wir uns vor Heute Morgen wurde es angesprochen, jetzt nochmals: Wir Augen führen, woher wir kommen. wollen keine verpflichtenden Ganztagsangebote. (Beifall bei der CDU und der FDP) (Beifall bei der CDU und der FDP) 1999 hatten wir einen Bildungsetat von 2,3 Milliarden €, Wir wollen, dass die Eltern die Wahlmöglichkeit haben, im Jahr 2013 von über 3,4 Milliarden €. Das sind mehr als dass ihre Kinder entweder Ganztagsangebote wahrnehmen 45 % Steigerung. oder die Nachmittage bei ihren Eltern verbringen können. Das unterscheidet uns von der SPD. (Beifall bei der CDU und der FDP) (Beifall bei der CDU und der FDP) Das schlägt sich auch sehr konkret in den Schulen nieder. Ich nehme das Beispiel der Unterrichtsversorgung. Wir ha- Wir wollen die Wahlfreiheit, Sie wollen verpflichtende ben zu Beginn der Legislaturperiode versprochen, dass wir Angebote. Dann müssen Sie den Widerspruch auflösen, in dieser Legislaturperiode 2.500 zusätzliche Lehrerstellen wieso denn bei G 8 ein Unterricht an drei bis vier Tagen schaffen. Mit dem Haushalt 2012 haben wir 2.300 Stellen am Nachmittag die große Katastrophe ist, Sie aber gleich- neu geschaffen. Im Haushaltsentwurf für 2013 sind weitere zeitig sagen: In den Grundschulen können wir das den 200 Stellen. Damit sind die 2.500 Stellen erfüllt. Ich stelle Sechs- bis Zehnjährigen bei einem verpflichtenden Ganz- fest: Versprechen gehalten, die Koalition löst ihre Verspre- tagsangebot zumuten, dass sie jeden Nachmittag an der chen ein. Schule sind. 8422 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

(Beifall bei der CDU und der FDP – Heike Haber- und darauf hinarbeiten, das bewährte Modell der SchuB- mann (SPD): Da braucht man Schmerzensgeld!) Klassen in den Hauptschulen abzuschaffen. Wir glauben, dass dies ein Erfolgsmodell ist. Das Thema Ersatzschulfinanzierung – Frau Habermann, auch da sprechen Sie wider besseres Wissen. (Holger Bellino (CDU): Es ist eines!) (Heike Habermann (SPD): Nein!) Wir sind dabei, in den Verhandlungen über die finanziellen Mittel aus dem ESF zu erreichen, dass diese auch in Zu- Sie waren gemeinsam mit dem Kollegen Wagner, mit mir, kunft über die Förderperiode 2013, wo die Mittel bis 2015 mit dem Kollegen Döweling und mit der Kollegin verausgabt werden können, weiter für dieses Erfolgsmodell Cárdenas bei der Podiumsdiskussion bei dem Verband der zur Verfügung stehen. Privatschulen. Unter dem Strich ist festzustellen: Wir, die CDU-geführte (Zuruf der Abg. Heike Habermann (SPD)) Landesregierung, die CDU-Fraktion und auch die FDP- Da hat der Herr Kollege Wagner von den GRÜNEN – er Fraktion in diesem Hause, stehen für Wahlfreiheit und sehe es mir nach, Schulvielfalt. Und das werden wir auch in Zukunft so handhaben. So wird es auch in Zukunft bleiben. – Vielen (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Ich nicht!) Dank. wenn ich es jetzt darstelle – gesagt, er sagt uns, wie wir es (Beifall bei der CDU und der FDP) machen müssen. (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn ihr mal auf mich hören würdet!) Vizepräsident Heinrich Heidel: Er hat damit genau das gesagt, was ich vorher auch gesagt Schönen Dank, Herr Kollege Schork. Das war jetzt aller- habe: Wir machen im Jahr 2013 ein Gesetz zur Ersatz- dings drei Minuten überzogen. Ich weise nur darauf hin. schulfinanzierung. Das kann rückwirkend zum 1. Januar Die Redezeit geht am Ende den nachfolgenden Rednern 2013 in Kraft treten. Und in dieses Gesetz schreiben wir verloren. die Finanzierung. – Das ist gesetzesmäßig absolut korrekt, (Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU): Ich bin der und damit ist auch klar, dass im Jahr 2013 – – Letzte, das ist kein Problem! – Allgemeine Heiter- (Zuruf der Abg. Heike Habermann (SPD)) keit) – Auch haushalterisch absolut korrekt. Wenn Sie es nicht Herr Wagner, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Fünf Minu- glauben, dann unterhalten Sie sich mit dem Kollegen Wag- ten waren angemeldet. ner. Der Kollege Wagner hat dies so vorgetragen und mich bestätigt. Damit ist es ein Leistungsgesetz. Damit können die erforderlichen Zahlungen im Jahr 2013 fließen. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da sind wir mal gespannt!) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Haushaltsbera- tungen im Hessischen Landtag sind dafür da, Alternativen Wir haben versprochen, dass wir dies tun. Sie werden im aufzuzeigen und zu diskutieren. Genau das haben wir hier ersten Halbjahr 2013 erleben, dass wir auch dieses Ver- beim Einzelplan 04. Es gibt die Alternativen. Es gibt ein- sprechen halten. mal den Haushaltsplanentwurf der Landesregierung. Den beschreibe ich einmal mit einem „Weiter so“ mit der Poli- (Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- tik der vergangenen 13 Jahre. NIS 90/DIE GRÜNEN)) (Mario Döweling (FDP): Die waren auch erfolg- Noch zwei Bemerkungen. Zum Thema G 8/G 9 werden reich!) wir sicher im weiteren Fortgang um den Gesetzentwurf Diskussionen führen. Sie haben heute Morgen und auch in Und es gibt die Alternativen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ihrer Rede, Frau Habermann, gesagt, es gäbe ein großes NEN. Interesse an der Rückkehr zu G 9. Ich stelle hier fest, das ist nicht feststellbar. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Nancy Faeser (SPD): Wie bitte?) Es gibt die Wahl zwischen „Weiter so“ und einem neuen Aufbruch für unsere Schulen. Es gibt die Wahl zwischen Sehen Sie sich die Rückmeldungen der Gymnasien zu dem „Weiter so“ mit der gescheiterten Bildungspolitik der letz- Thema Wechsel G 8/G 9 an, und dann werden Sie feststel- ten 13 Jahre und neuen pädagogischen Konzepten. Es gibt len, dass der überwiegende Teil – mehr als zwei Drittel der die Entscheidung zwischen „Weiter so“ mit dem alten Gymnasien – bei G 8 bleiben will, weil G 8 eben im Ge- Schulkampf, der unser Bundesland seit Jahrzehnten lähmt, gensatz zu Ihrer Meinung ein Erfolgsmodell ist, das sich und dem Angebot für einen Schulfrieden, für den BÜND- bewährt hat. NIS 90/DIE GRÜNEN in diesem Haus steht. (Beifall bei der CDU und der FDP) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Heute Morgen hat der Kollege Schäfer-Gümbel gesagt, wir Schwarz-Gelb hatte 13 Jahre Zeit, die Dinge an unseren würden viel machen, und er hat unter anderem kritisiert, Schulen zu ordnen. Mir fällt kein Zacken aus der Krone, zu dass es SchuB-Klassen gibt. sagen: Es war nicht alles schlecht, was Sie gemacht haben. (Holger Bellino (CDU): Nicht zu fassen!) (Mario Döweling (FDP): Oh!) Ich frage Sie in aller Deutlichkeit, liebe Kolleginnen und Aber wo stehen wir mit unseren Schulen? Sind wir wirk- Kollegen von der SPD, ob Sie allen Ernstes daran glauben lich gut genug mit unseren Schulen? Haben wir tatsächlich Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8423 die bestmögliche Förderung für alle Schülerinnen und dass man sich gleich von Anfang an um die optimale För- Schüler? Das haben wir nach 13 Jahren eben nicht, meine derung der Kinder kümmern kann. Damen und Herren. (Zuruf des Abg. Mario Döweling (FDP)) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Meine Damen und Herren, das bedeutet, dass wir, wenn Nach 13 Jahren sind wir meilenweit vom Bildungsland wir zuhören, was die Eltern wollen, uns endlich um das Nummer eins entfernt. Alle Studien bescheinigen uns, Hes- Bildungs- und Betreuungsangebot in der Schule kümmern, sen ist bestenfalls im Mittelfeld. Nach 13 Jahren schwarz- weil hier Eltern riesige Probleme haben. Das haben Sie 13 gelber Schulpolitik haben wir nach wie vor ein Fünftel al- Jahre lang schlicht und ergreifend völlig verpennt. ler Schülerinnen und Schüler, die unsere Schulen verlassen (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und vermutlich erhebliche Probleme auf ihrem weiteren Lebensweg haben werden. Man kann doch nicht sagen: Wenn wir von einem Schulfrieden reden, dann kann man „Weiter so“, sondern da muss man sich einmal etwas Neu- diesen Schulfrieden nicht mit sich selbst machen, meine es überlegen. Damen und Herren von Schwarz-Gelb. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – (Frank Lortz (CDU): Na, na, na!) Alexander Bauer (CDU): Das war früher noch viel mehr!) Ich weiß, Sie haben alle Hände voll zu tun, um sich in der Koalition auf eine Bildungspolitik zu verständigen. Aber Es ist nach 13 Jahren schwarz-gelber Bildungspolitik nicht Schulfrieden bedeutet nicht, dass man nur das macht, was gelungen, den extrem starken Zusammenhang zwischen die Eltern wollen, die Sie gewählt haben, sondern dass man sozialem Hintergrund des Elternhauses und dem Bildungs- endlich auch die Eltern ernst nimmt, die ein anderes päd- erfolg der Schülerinnen und Schüler zu entkoppeln. Da agogisches Konzept für die Mittelstufe wollen. Deshalb kann man nicht „Weiter so“ sagen, wenn nach wie vor der brauchen wir endlich das Angebot für längeres gemeinsa- Geldbeutel der Eltern entscheidet, wie erfolgreich ein Kind mes Lernen in der Mittelstufe als Angebot und nicht als an der Schule ist, und nicht das, was ein Kind im Kopf hat. Pflicht. Es ist doch ein Skandal in unserem Land, dass sich daran nach 13 Jahren nichts getan hat. (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das haben wir doch!) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN) Solange Sie den Elternwillen ignorieren, können Sie für sich nicht den Schulfrieden in Anspruch nehmen. Wir haben immer noch keine 105-prozentige Lehrerversor- gung, wie sie von der Koalition versprochen wurde (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Brigitte Hofmeyer (SPD)) (Alexander Bauer (CDU): Sie hatten einmal 85 %!) Wenn wir den Schulfrieden wollen, für den wir GRÜNE und wie sie für unsere Schulen so wichtig wäre. Meine Da- stehen, dann müssen wir endlich inklusive Schulangebote men und Herren, was wäre jetzt also zu tun, um Hessen haben, damit auch die Eltern mit Kindern mit Behinderun- besser zu regieren, um diese verbrauchte und erschöpfte gen eine entsprechende Schule für ihr Kind finden. Bildungspolitik von Schwarz-Gelb endlich abzulösen? (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Zulasten (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) der Kinder!) Wir brauchen einen Schulfrieden. Wir müssen endlich mit Es kann doch im Jahr 2012 nicht sein, dass immer noch Ih- den ideologischen Schlachten aufhören. re Antwort für Eltern mit behinderten Kindern darin bes- teht, dass die Kinder in der Regel auf die Förderschule (Lachen des Abg. Mario Döweling (FDP)) müssen und dass sie nicht an der wohnortnahen Schule ge- Wir müssen endlich damit aufhören, dass die jeweilige meinsam mit anderen Kindern beschult werden können. Mehrheit im Landtag glaubt, ihr Weltbild, ihr Schulbild ins (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das wollen Gesetzblatt zu schreiben und allen vorzuschreiben, egal ob die Eltern!) sie es wollen. Meine Damen und Herren, das kann im Jahr 2012 doch (Mario Döweling (FDP): Landen wir jetzt bei der nicht die Gesellschaft sein, in der Sie leben wollen. SED?) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Wir brauchen endlich einen Respekt vor den hessischen der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LIN- Eltern, dass einzig der Wille der Eltern entscheidet, wie KE)) Schulen in Hessen organisiert werden, und nicht schwarze, rote oder gelbe Ideologien, meine Damen und Herren. Die Alternativen liegen vor: Weiter so mit der erschöpften und verbrauchten schwarz-gelben Bildungspolitik, (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Frank Lortz (CDU): Na, na, na! – Dr. Christean Wenn wir endlich zuhören, was die Eltern wollen, dann Wagner (Lahntal) (CDU): Es wird auch nicht wahr, geht es eben nicht um ein Entweder-oder zwischen geglie- wenn Sie es wiederholen!) dertem Schulsystem und längerem gemeinsamen Lernen, sondern es geht darum, unseren Schulen endlich Verände- oder ein neuer Anfang und ein Schulfrieden mit BÜND- rung zu ermöglichen. NIS 90/DIE GRÜNEN, bei dem einzig der Elternwille zählt. Die Alternativen liegen vor. Dafür ist Parlamentaris- (Beifall der Abg. Heike Habermann (SPD)) mus da. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. Das bedeutet eben, dass wir endlich den Grundschulen die (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Möglichkeit geben, den flexiblen Schulanfang einzuführen, der Abg. Brigitte Hofmeyer (SPD)) 8424 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Vizepräsident Heinrich Heidel: Das ist eine Statistik, die bis 1996 zurückreicht. Wir sehen deutlich: Es gibt jetzt mehr Lehrer und weniger Schüler. Herr Kollege Wagner, vielen Dank. – Für die FDP-Frakti- Die Schüler-Lehrer-Relation ist so gut, wie sie noch nie in on erhält jetzt Herr Döweling das Wort. Bitte schön. diesem Land war. (Beifall des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP)) Mario Döweling (FDP): Rund 788.000 Schülerinnen und Schüler und rund 50.400 Herr Präsident, vielen Dank. – Ich möchte eine kleine Vor- Lehrerstellen gibt es. Das ist doch eine beachtliche Leis- bemerkung machen. Ich fand es schon drollig, wie die tung. GRÜNEN jetzt doch mehr oder weniger verzweifelt versu- chen, sich von ihrem Wunschkoalitionspartner SPD zu dis- (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der tanzieren. Offensichtlich hat die Führung der SPD-Fraktion CDU) aus Protest schon den Saal verlassen. Ich kann das irgend- Dazu kann ich nur sagen: versprochen, gehalten. Das gilt wie nachvollziehen, dass jetzt die Absetzbewegungen von auch für das Versprechen, in dieser Legislaturperiode Ihnen kommen. 2.500 zusätzliche Lehrerstellen zu schaffen. Das kommt Wir wollen über den Haushaltsentwurf sprechen. Über den noch zu dem, was wir ohnehin an Lehrern immer wieder Schulfrieden und Ähnliches können wir morgen früh noch einstellen, weil andere in die wohlverdiente Pension gehen. einmal sprechen. Der Rest von dieser Tranche ist in dem Plan für die beiden Haushaltsjahre dargelegt. Das werden wir tun. Sie haben gesagt: weiter so. Dazu kann ich nur rufen: ja- wohl, weiter so. Wir wollen weitermachen, damit das ge- Wir haben alle Klassen signifikant verkleinert. Wir haben schieht, was wir in den letzten Jahren gemacht haben, näm- in keiner Grundschule in diesem Land eine Klasse mit lich dass das Prinzip gilt, dass Bildung in Hessen auch in mehr als 25 Schülerinnen oder Schülern. Zeiten der Haushaltskonsolidierung eindeutig Priorität ge- Wir haben, aufwachsend, die Klassen an den weiterführen- nießt und dass wir das auch mit den entsprechenden Haus- den Schulen signifikant verkleinert. Inzwischen sind wir haltsmitteln hinterlegen. bei Klasse 9. Das sind Erfolge, die lassen sich nicht wegre- (Beifall bei der FDP und des Abg. Hans-Jürgen Ir- den. Die wollen wir auch nicht wegreden. Das ist richtig, mer (CDU)) das ist gut. Das haben wir für Hessen gemacht. Schauen Sie sich den Bildungsetat seit 1999 an. Da muss (Beifall bei Abgeordneten der FDP sowie der Abg. man doch ganz klar sagen: Er wurde deutlich erhöht, näm- Hans-Jürgen Irmer und Armin Schwarz (CDU)) lich um 1,1 Milliarden € seit 1999. Von 1999 bis zum Jahr Es gibt eine weitere Erfolgsgeschichte. Das ist ganz klar 2014 wird er von 2,4 Milliarden € auf 3,5 Milliarden € stei- das Thema Ganztagsschule. Ihnen geht das natürlich alles gen. Das ist die Entwicklung im Ausgabenansatz. Das ist nicht schnell genug. Ich sage Ihnen: Jedes Jahr gibt es zu- doch ein deutliches Zeichen dafür, dass Bildung bei uns ei- sätzlich noch einmal 115 Stellen obendrauf. Das ist in Zei- ne klare Priorität genießt. Denn das liegt über den üblichen ten der Haushaltskonsolidierung eine beachtliche Leistung. Steigerungen zum Ausgleich der Inflation. Das muss man erst einmal übertreffen. Wir finden für die beiden nächsten Jahre keinen Sparhaus- Das Wichtige daran ist: Wir sagen nicht von oben herunter, halt im Sinne von hohen Konsolidierungsbeiträgen vor, wo diese Stellen eingesetzt werden sollen. Vielmehr über- wie es bei den letzten beiden Haushaltsplänen der Fall war. lassen wir es den Menschen vor Ort, das zu entscheiden. Das war richtig und notwendig, auch wenn es sehr Wir überlassen das den Schulträgern im Rahmen der schmerzhaft war. Das sage ich als Bildungspolitiker ganz Schulentwicklungsplanung. Das ist der einzig richtige und klar. vernünftige Weg. Aber man muss eben das große Ganze sehen. Das ist der (Beifall bei der FDP sowie der Abg. Hans-Jürgen Ir- Unterschied, wenn man regiert und in diesem Land gestal- mer und Armin Schwarz (CDU)) tet. Da gibt es einen Unterschied zur Opposition, die schö- ne Forderungen formulieren kann. Ich komme jetzt zum Thema Inklusion. Natürlich kann man sich auch da immer wieder fragen: Geht das alles Sie sollten sich die Zahlen einmal anschauen. Das kann schnell genug? Müssen wir ein höheres Tempo einlegen? – man Ihnen gar nicht oft genug sagen. Da muss man sagen: Da sage ich ganz klar: Da gilt es schon, mit Sorgfalt und Wir haben bei einer leider sinkenden Schülerzahl – daran Bedacht zu arbeiten. kann die Politik sehr wenig ändern – in Hessen eines getan. Wir haben das heute auch schon gehört. Anders als in den Wir haben die Weichen über das neue Hessische Schulge- Nachbarländern, die von Ihnen mit regiert werden, haben setz und über die entsprechende Verordnung gestellt. Nun wir die Zahl der Lehrer permanent erhöht. Wir hatten noch gilt es erst einmal, dafür zu sorgen, dass wir gleiche Bedin- nie so wenige Schüler. Ich sage aus meiner Sicht heraus: gungen und gleiche Startchancen vorfinden. Von da aus leider. Wir hatten in der Relation dazu aber auch noch nie müssen wir dann das Netz über Hessen spannen und die in- so viele Lehrer. Herr Präsident, mit Ihrer Erlaubnis zeige klusiven Angebote weiter ausbauen. ich Ihnen das gerne noch einmal anhand einer Grafik. Wir haben dazu allein in diesem Schuljahr über 1.600 För- (Der Redner hält eine Grafik hoch.) derschullehrerstellen an die allgemeinbildenden Schulen in den gemeinsamen Unterricht gegeben. Das werden mit Si- Schauen Sie sich einmal an, wie die Schere auseinander- cherheit nicht die Letzten sein. Wir sind da erst ganz am klafft. Das Grüne, das nach unten zeigt, ist die Schülerkur- Anfang. ve. Die blaue Linie zeigt die Zahl der Lehrer. Wenn Sie ehrlich sind, sagen Sie selbst: Das ist ein Pro- zess, der wird mehrere Jahre, wenn nicht sogar über zehn Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8425

Jahre, dauern. Von daher, denke ich, sollte man da nicht al- aus. Sie haben sogar Gegenfinanzierungsvorschläge ge- les schlechtreden. Vielmehr sollte man gerade bei diesem macht. wichtigen und sensiblen Thema etwas Muße walten lassen, (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE um das entsprechend würdigen zu können. Meine sehr ver- GRÜNEN): Sehen Sie einmal!) ehrten Damen und Herren, Sie sollten lieber schauen, wie Sie diesen Prozess mitgestalten können. Schauen wir uns die doch einmal an. Was ist das denn? – Wenn wir hineinschauen, sehen wir wieder, dass das zum Wir haben bis jetzt zum Haushaltsplanentwurf unter ande- Teil pure Ideologie ist. Sie wollen den Etat der Internats- rem einen Änderungsantrag vorgelegt. Wir wollen die Zu- schule Schloss Hansenberg um eine halbe Million € kür- wendungen an den Hessischen Volkshochschulverband um zen. Das ist der einzige Leuchtturm, den wir bei der Förde- 65.000 € erhöhen. Unserer Ansicht nach ist das eine wich- rung der Hochleistenden in der Form einer Internatsschule tige Maßnahme, um die dort geleisteten Arbeiten hinsicht- in Hessen haben. Da wird anerkanntermaßen gute Arbeit lich der Weiterbildung und des lebenslangen Lernens zu geleistet. fördern. Dabei geht es um die Beratung und Koordination der Projekte. Es ist schon ein immenser Aufwand, der dort Ich glaube nicht einmal, dass das Ihre persönliche Meinung betrieben wird. Das hat diese Koalition, also die Fraktio- ist. Sie waren mit mir gemeinsam auch schon da und haben nen der CDU und der FDP, so gesehen. Deswegen haben gesehen, was dort gemacht wird, und dann haben Sie da wir diesen Änderungsantrag gestellt. wieder diese Kürzung vorgesehen. Das geschieht nicht zuletzt auch, um Maßnahmen zu för- Dann haben Sie, wie die SPD-Fraktion, noch so einen dern, die hinsichtlich der nationalen Strategie zur Alphabe- schönen Posten: effizienterer Mitteleinsatz für Sachausga- tisierung erforderlich geworden sind. Auch das ist ein sehr ben. Im Jahr 2013 sollen das 28 Millionen € sein, im Jahr wichtiges Thema. Das ist eigentlich schlimm genug. Wir 2014 sollen es 42 Millionen € sein. Es ist schön, das so haben in Deutschland immer noch eine sehr hohe Analpha- pauschal zu sagen. Sie könnten aber auch einmal genau sa- betenquote. Daran müssen wir arbeiten. Dazu wollen wir gen, bei welchen Produkten im Haushaltsplan Sie kürzen in Hessen unseren Teil beitragen. wollen. Auch da bleiben Sie herrlich unkonkret. Jetzt könnte man sich natürlich fragen: Was ist denn mit Mein persönlicher Liebling ist die „demografische Divi- den tollen Konzepten der Opposition, von denen Sie hier dende“. 9 Millionen € sollen es im Jahr 2013 und 31 Mil- so viel gesprochen haben? lionen € im Jahr 2014 sein. (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Welche Opposition?) (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das sind die Zahlen aus dem Kultusmi- Dazu muss ich sagen: Frau Habermann hat hier zehn Mi- nisterium!) nuten lang eine Philippika gehalten, die zum Inhalt hatte, was wir alles schlecht machen und was wir alles besser Das ist etwas, was gerne für verschiedenerlei Sachen ver- machen könnten. Ich sage einmal ganz klar: Außer den plant wird. Auch hier bleiben Sie die Antwort auf die Fra- verschwurbelten Ausführungen, die Herr Schäfer-Gümbel ge schuldig, wie Sie es denn machen wollen. Wollen Sie heute Morgen gemacht hat, bleibt zu fragen, wo denn die etwa Schulen schließen? – Ich weiß nicht, wie Sie das mit Vorschläge der SPD-Fraktion sind. Ich habe in diesen zehn der demografischen Dividende vorhaben. Minuten keinen einzigen substanziellen Änderungsvor- schlag gehört, was wir am Haushaltsplanentwurf anders (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE machen sollen und was denn besser wäre. GRÜNEN): Das sind die Zahlen Ihrer eigenen Mi- nisterin!) (Zuruf von der FDP: Es gibt doch keinen!) Herr Kollege Wagner, ich schaue in den Main-Kinzig- Wir haben das heute Morgen schon während der General- Kreis, wo Ihr Schuldezernent gerade einen Sturm der Ent- debatte gehabt. Es gibt ominöse Ausführungen hinsichtlich rüstung ausgelöst hat, weil er fleißig Grundschulstandorte genereller Effizienzeinsparungen und Ähnlichem. Sie wol- zumachen wollte. Dazu kann ich nur sagen: Wenn das Ihre len da Millionen € generieren. Gegenfinanzierung sein soll, dann wird mir angst und ban- ge. Ich bin froh, dass Sie angesichts der ländlichen Räume Aber ich frage: Was sind konkret die Vorschläge für den in Hessen nicht die Verantwortung tragen. Denn das ist Einzelplan des Kultusministeriums? – Frau Habermann hat keine solide Art und Weise der Gegenfinanzierung. keinen einzigen vorgetragen. Das ist keine seriöse Politik. Das ist es nicht einmal für eine Oppositionsfraktion. Man (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU muss schon sagen, was man will, wie man es will und wie – Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So man es finanzieren will. ein Unsinn!) (Beifall bei der FDP sowie der Abg. Hans-Jürgen Ir- – Ja, solch ein Unsinn. Da gebe ich Ihnen völlig recht, Herr mer und Armin Schwarz (CDU)) Kollege Frömmrich. So ist das. Schauen wir uns jetzt einmal an, was die Fraktion der Zu guter Letzt natürlich noch die LINKEN. Die LINKEN GRÜNEN vorgelegt hat. bleiben, wie immer, herrlich konsequent in ihren Forderun- gen. Sie gehen gleich in die Vollen: eine halbe Milliarde (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE Euro mehr in mehreren Jahren. 7.350 Lehrerstellen mehr GRÜNEN): Ja!) wollen sie in den Kultusetat packen und das natürlich mit – „Ja“, sagt Herr Kollege Wagner. – Sie haben eine Menge ihrem alten Steckenpferdchen, der Vermögensteuer, und Änderungsanträge gestellt. Die kommen auch alle ganz was sie da alles in petto haben, gegenfinanzieren. Dazu nonchalant daher. Hier wollen Sie einmal ein Milliön- kann ich nur sagen: Das glauben Sie doch eigentlich selbst chen € mehr haben, da wollen Sie einmal ein Milliön- nicht. Ich zumindest glaube es Ihnen nicht. Das ist ja an chen € mehr haben. Das sieht eigentlich so weit ganz gut Absurdität gar nicht zu überbieten. 8426 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Fassen wir zusammen: Was kommt von der Opposition? – vorantreiben, sondern sie gar nicht wollen. Auch dieser Nicht viel. Ein paar Vorschläge, aber keine solide Gegenfi- Landeshaushalt bestätigt das. Das ist nicht nur beschä- nanzierung. mend, sondern es verletzt eingegangene Verpflichtungen. Die Quittung dafür werden Sie bekommen, da bin ich si- (Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS cher. Aber bis dahin werden viele Kinder, Eltern und Leh- 90/DIE GRÜNEN)) rer unter genau diesen schlechten Voraussetzungen, unter Es bleibt dabei: Es gibt keine vernünftige Alternative zu ei- Ihrer Politik leiden müssen. ner Schulpolitik, wie sie CDU und FDP hier in Hessen be- Herr Döweling, Ihre Art, hier Bedachtsamkeit zu fordern, treiben. Das ist gut so, und das wird auch nach der nächs- ist völlig fehl am Platz. Das ist nur ein weiteres Hinauszö- ten Wahl so bleiben. – Meine sehr verehrten Damen und gern eingegangener Verpflichtungen, die Sie nicht erfüllen Herren, vielen Dank. wollen. (Beifall bei der FDP und der CDU – Der Redner Für Sie ist Bildung längst zur Ware verkommen. Was Sie verlässt das Rednerpult.) mit Ihrem Landeshaushalt aufstellen, stellt die Weichen so, dass Sie die Bildung weiterhin dem Markt überlassen. Vizepräsident Heinrich Heidel: Für uns ist Bildung Menschenrecht. Bildung ist das, was Herr Kollege Döweling, der Kollege Frömmrich wollte Ih- wir unseren Kindern für die Zukunft auf den Weg geben, nen eigentlich noch eine Frage stellen. das, was diese für die Bewältigung ihrer Zukunft in hoher Qualität benötigen. (Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich stelle sie gleich Frau Beer, das ist noch besser!) Dieses Land ist wohlhabend. Wie kann es sein, dass so we- nig in gute, in gerechte und in inklusive, also gemeinsame, Für die Fraktion DIE LINKE Frau Cárdenas, bitte. Bildung, in Bildung von Anfang an, investiert wird? Bei Ihnen liegen die Prioritäten in der stetigen Ökonomi- Barbara Cárdenas (DIE LINKE): sierung und Privatisierung von Gütern und Aufgaben, für die unseres Erachtens aber der Staat die Verantwortung Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dieses Jahr war tragen muss. ein Jahr weiterer Verschlechterungen im hessischen Bil- dungswesen. Zwei neue, völlig absurde Gesetze wurden (Horst Klee (CDU): Das haben wir gesehen!) bzw. werden noch verabschiedet: eines zum Landesschul- Frau Kultusministerin, Herr Döweling, wir haben natürlich amt, das niemand braucht und keiner will; und eines zu einen Gegenentwurf. Sie haben recht: Wir sind da in die dem G-8/G-9-Gewurschtel, das Sie den Schulen, Eltern Vollen gegangen. Unser Gegenentwurf tastet sich nicht an und Lehrerinnen und Lehrern unter dem Euphemismus Sparanforderungen entlang, sondern er fordert das an Mit- „Wahlfreiheit“ nun zumuten wollen. Der breite Widerstand teln ein, was unseres Erachtens für eine gute Bildung für dagegen ist berechtigt, und wir werden ihn auch weiter un- alle erforderlich ist. terstützen. (Zuruf der Abg. (CDU)) (Beifall bei der LINKEN) Mit unseren bildungspolitischen Haushaltsforderungen set- Wenn sich ein schlechtes Jahr dem Ende zuneigt, schaut zen wir uns explizit für die flächendeckende Einrichtung man eigentlich hoffnungsvoll nach vorne, frei nach dem von wirklichen Ganztagsschulen ein. Motto: „Es kann ja nur besser werden.“ Aber mit diesem Landeshaushalt für die nächsten beiden Jahre wird nichts (Zuruf des Abg. Günter Schork (CDU)) besser, rein gar nichts. Das ist unsere Meinung. Insbesondere im Grundschulbereich – darauf sind auch Da wird gegen die breiten Proteste beschlossen, ein Lan- schon meine Vorredner eingegangen – ist die Situation desschulamt einzurichten, in dem hoch dotierte Posten aus skandalös, also dort, wo die schulischen Grundlagen für den Reihen der FDP besetzt werden – aber Geld zur Ein- Bildungserfolg überhaupt gelegt werden. Sie wissen, wie stellung von Lehrerinnen und Lehrern wird im Sparmodus alle Studien zeigen, ist dieser in unserem Land in hohem zur Verfügung gestellt. Nur je 115 Lehrerstellen sind für Maße abhängig von der Möglichkeit, dass Eltern Hausauf- 2013 und 2014 für Ganztagsschulen vorgesehen, ganze gaben beaufsichtigen, ihre Kinder fördern und unterstützen 115. Darauf sind schon andere eingegangen. In Hessen – oder aber teure Nachhilfe bezahlen. In wirklichen Ganz- existieren rund 1.700 Schulen, und davon sind die wenigs- tagsschulen, in denen Hausaufgaben Schulaufgaben sind, ten echte Ganztagsschulen. Für diese wollen Sie, um das wird dieser Zusammenhang entkoppelt. Ganztagsangebot auszubauen, je 115 Stellen schaffen? Das (Beifall bei der LINKEN) ist nach unserer Meinung blanker Hohn. Davon aber gibt es in Hessen leider nur eine verschwin- Und den haben wir nicht nur hier entdeckt. In Ihrem Haus- dend kleine Anzahl. halt lässt sich an keiner Stelle ein Posten finden, der darauf hindeutet, dass die Landesregierung ihre Verpflichtung Dazu fällt mir nochmals das Wort ein, das Sie, meine Da- wahrnimmt und endlich ein inklusives Schulwesen schafft, men und Herren von der Landesregierung, in den letzten wie in der UN-Behindertenrechtskonvention versprochen, Wochen ausgiebig in die Welt hinausposaunt haben: die die von der Bundesrepublik ratifiziert wurde. Vielmehr be- Wahlfreiheit. Welche Wahl haben denn Eltern, die ihre rufen Sie sich auf die unsägliche Gesetzgebung im letzten Kinder nicht ausreichend unterstützen können, weil sie Jahr, in der alle Bemühungen in diese Richtung unter einen arm, alleinerziehend oder in der deutschen Sprache nicht Mittelvorbehalt gestellt wurden. ausreichend heimisch sind? Sie können sich diese ganztä- gig arbeitenden Schulen nicht schnitzen. Meine Damen und Herren, nicht nur aus dem Hessischen Schulgesetz geht hervor, dass Sie Inklusion nicht nur nicht Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8427

Meine Damen und Herren, was brauchen wir, um in Hes- es die Ungerechtigkeit doch nur auf die Spitze treiben, sen flächendeckend echte Ganztagsschulen zu ermögli- wenn Sie so etwas verteidigen würden. Unseres Erachtens chen? Wir brauchen nicht 115 Lehrerinnen und Lehrer pro ersetzt Rechentrickserei keine Politik. Jahr, wir brauchen 2.500 zusätzliche Lehrerstellen, um dies (Beifall bei der LINKEN) zu erreichen. Aber mit den Lehrerstellen allein ist es noch nicht einmal getan: Für den notwendigen Aufbau von Schaut man sich die reale Lehrerversorgung an – ich bezie- ganztägig und inklusiv arbeitenden Schulen sind zusätzli- he mich hier auf Daten der GEW –, so sind wir selbst von che Fachkräfte einzustellen. In einem ersten Schritt halten einer 100-prozentigen Abdeckung weit entfernt. wir daher 2.500 Schulsozialarbeiter- und Schulsozialarbei- terinnen- sowie Schulpsychologenstellen für erforderlich. (Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU)) Dies war auch ein deutliches Signal auf unserer Tagung am Allein um dies zu verwirklichen, brauchen wir de facto Anfang dieses Monats hier im Landtag. Experten hielten 2.000 neue Lehrerstellen. für die Entwicklung des geforderten und ratifizierten inklu- (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Die GEW hat wahr- siven Schulsystems – also für die flächendeckende Einrich- scheinlich wieder diese Rede geschrieben!) tung inklusiver Schulen; und sie meinten, man müsse von diesen Bedarfen vor Ort ausgehen – multiprofessionelle Alles in allem machen unsere bildungspolitischen Haus- Teams an den flächendeckend ganztägig arbeitenden haltsforderungen eines deutlich: Schulen für notwendig. Wir sehen das genauso. (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Herr Nagel steht Ihnen (Beifall bei der LINKEN) besonders nah! – Gegenruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE): Näher als Ihnen!) Eine weitere, dringend notwendige Aufgabe ist die Herstellung der tatsächlichen Lernmittelfreiheit. Sie erin- Die 200 Lehrerstellen, die die Landesregierung in den nern sich: Im September haben wir einen solchen Gesetz- nächsten zwei Jahren laut Haushaltsplanentwurf vorsieht, entwurf eingebracht. Die Lernmittelfreiheit ist bereits im bzw. die 115 Lehrerstellen für die Ganztagsschulen jedes Hessischen Schulgesetz verankert, doch sie wird per Ver- Jahr, sind nichts als ein schlechter Witz. ordnung derart eingeschränkt, dass von wirklicher Lern- Abschließend möchte ich noch auf einen eher kleineren mittelfreiheit nicht mehr die Rede sein kann. Vielmehr ist Haushaltsposten eingehen, der uns aber wirklich sehr am es eine Frechheit, was in der Verordnung über die Durch- Herzen liegt. Erfreulich ist, dass das Projekt JeKi – Jedem führung der Lernmittelfreiheit geregelt ist: Die meisten Kind ein Instrument – weiter fortgesetzt wird. Wenn man notwendigen und für den Schulbesuch nicht entbehrlichen es aber schon beschließt, sollte der Name des Projekts we- Lernmaterialien sind von der Lernmittelfreiheit ausgenom- nigstens annähernd Programm sein. Wir fordern eine Aus- men. weitung von JeKi, um irgendwann möglichst wirklich je- Frau Ministerin, ich habe Ihnen diese Frage schon in der dem hessischen Kind zu ermöglichen, an der Schule kos- ersten Lesung unseres Gesetzentwurfs im Plenum gestellt: tenlos das Spielen eines Instruments zu erlernen. Was sollen Eltern denn machen, die es sich nicht leisten (Beifall bei der LINKEN) können, mehrere Hundert Euro für Stifte, Hefte, Turnschu- he, Schultaschen, im weiteren Verlauf des Jahres für Ko- Warum das so notwendig ist, haben wir gestern Abend auf pierpauschalen usw. auszugeben? dem parlamentarischen Abend der Musikschulen ein- drucksvoll erfahren können. – Danke schön. Wir fordern erst einmal 12 Millionen € für die tatsächliche Umsetzung der Lernmittelfreiheit, die Sie gesetzlich fest- (Beifall bei der LINKEN) gelegt haben und wie sie in unserem Gesetzentwurf defi- niert ist. Dieser Betrag ist geschätzt und hängt von den Vizepräsident Heinrich Heidel: Summen ab, die die Schulträger vom Land als Ausgleich fordern werden. Vielen Dank, Frau Cárdenas. – Das Wort hat die Kultusmi- nisterin, Frau Beer. Eine weitere Forderung ist die Verkleinerung der Klassen. Dies ist nicht allein im Rahmen der Umsetzung eines in- klusiven Schulsystems notwendig – nicht allein, aber dann Nicola Beer, Kultusministerin: natürlich unbedingt. Klassenverbände von 30 Kindern – durch bestimmte Schlupflöcher können es sogar noch mehr Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Für FDP werden – lassen eine individuelle Förderung, auf die jedes und CDU hat Bildung Priorität. Das kann man an dem Ein- Kind einen Anspruch hat, nicht nur die Kinder mit Behin- zelplan für das Kultusministerium ablesen. Das ist richtig derungen, nicht zu. Um die Klassen um 20 % zu verklei- so, denn Investitionen in die Bildung und in eine Schulpo- nern, müssen weitere Lehrerstellen geschaffen werden, und litik mit Herz und Verstand sind Zukunftsinvestitionen. zwar ungefähr 1.000. Ich habe mich, als ich der Debatte gelauscht habe, ein Lassen Sie mich – wie auch die anderen – noch kurz auf bisschen gewundert, weil die eigentliche Frage, um die es die versprochene 105-prozentige Lehrerversorgung einge- wirklich gehen muss, nämlich dass die Kinder im Mittel- hen. Frau Ministerin, nach Ihrer Klarstellung soll die jetzt punkt stehen. – Kinder müssen qualitätsvollen Unterricht nicht mehr überall erreicht werden, sondern, nach Ihren bekommen, individuell gefördert werden, Potenziale ent- Worten, nur „im Durchschnitt“. wickeln können, ihre Neugier aufrechterhalten können, motiviert werden, nachzufragen und mehr wissen und Bitte schön: Welche Schulen haben denn eine Versorgung mehr lernen zu wollen, damit werden auch Lernerfolge ge- von 110 %, sodass Sie bei einer Versorgung von knapp schaffen, die wiederum die Lernmotivation steigern – in 100 % bei den anderen Schulen auf diese knapp 105 % dieser Debatte heute keine Rolle gespielt hat. kommen können? Wenn es tatsächlich so wäre, so würde 8428 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE tieren: 70 Millionen € jetzt, 75 Millionen € im Jahr darauf, GRÜNEN): Das stimmt überhaupt nicht!) 80 Millionen € im weiteren Jahr darauf. Es ist nur eine Strukturdebatte geführt worden. Wenn ich Frau Habermann, das ist mehr, als Sie mit Ihren Plänen auf die Tribüne sehe und immer wieder beobachte, dass vorgelegt haben. Wenn Sie davon sprechen, dass Sie 20 % Schulklassen da sind, die diese Debatten verfolgen, dann mehr Zuweisungen machen wollen, kann ich Ihnen nur sa- meine ich, das ist der falsche Akzent. Es geht um die Zu- gen: Nach der aktuellen Erlasslage sind das bis zu 30 %. kunft dieser jungen Menschen, die oben auf der Tribüne Unsere Grundschulen haben 27,5 % mehr Zuweisung im sitzen. Es geht darum, dass sie qualitätsvollen Unterricht Profil 3. bekommen. (Heike Habermann (SPD): Wir haben sechs Grund- (Beifall bei der CDU und der FDP) schulen!) Deswegen stehen diese Landesregierung und die Koaliti- Das bedeutet, wir würden bei Ihren Plänen Zuweisungen onsfraktionen dafür, dass in Hessen Qualität in der Bildung verlieren. Meine Damen und Herren, das gilt nicht nur für Vorrang hat, und wir diese Qualität mit Freiheit und Viel- das Profil 3, sondern wir haben in der Erlasslage schon im falt in unserem Schulsystem abstützen. Profil 2 die 20 % plus. Es ist also eine reine Mogel- packung, die Sie aufstellen. Qualitätsvoller Unterricht, individuelle Förderung, das braucht eine Vielfalt an Schulen. Das hat hier manch einer, (Beifall bei der CDU und der FDP) insbesondere auf den Oppositionsbänken, noch nicht ver- Vor allem wundere ich mich über die Zwangsfantasien, die standen. Frau Habermann, wenn wir eine Vielfalt von Sie immer wieder präsentieren. Eltern wollen aussuchen Schulen haben, dann können wir Wahlfreiheit für Eltern können. Es gibt Eltern, die möchten die gebundene Ganz- möglich machen. Eltern müssen die Auswahl haben, wel- tagsschule, deswegen wird das Profil 3 ausgebaut. Der weit che Schule zu ihrem Kind passt. Schulen müssen sich ein überwiegende Anteil der Eltern sagt uns: Wir möchten Profil geben und Schwerpunkte setzen. Diese Landesregie- selbst entscheiden, an welchem Tag und wie lange unser rung wird immer dafür sein, dass Eltern die Wahlfreiheit Kind zur Schule geht. Unser Kind nimmt vielleicht auch haben, für ihre Kinder den Bildungsgang zu wählen, die andere Angebote außerhalb der Schule wahr, in Vereinen, Schulform zu wählen und auch die Dauer der Beschulung im Sport, in der Feuerwehr, in der Kirche oder schlicht mit zu wählen. Frau Habermann, das gilt durch das gesamte seinen Freunden. – Genau das ermöglichen wir Schulen so- Bildungssystem. Das ist eine ganz deutliche Absage an die wohl im Profil 1 als auch im Profil 2, nämlich eine Ab- Einheitsschule und die Zwangsjacke, die Sie mit der SPD deckung bis in den Nachmittag hinein für die Eltern, die den Kindern verpassen wollen. das auswählen. Das können sie sich bei uns Halbjahr für (Beifall bei der CDU und der FDP) Halbjahr flexibel aussuchen. Das ist richtig so. Selbstverständlich umfasst das auch die Privatschulen und (Beifall bei der CDU und der FDP) die freien Träger. Das ist von Herrn Döweling und Herrn 3,5 Milliarden € – für mehr selbstständige Schulen. Das ist Schork ausgeführt worden. Sie wissen ganz genau, dass die ein Erfolgsmodell. Das ist ein Modell, das gerade dafür da Verhandlungen andauern. Das nächste Gespräch des run- ist, mehr Qualität, mehr individuelle Förderung in Schulen den Tisches findet am 30.11. statt. Die Ergebnisse werden zu ermöglichen: Schulen mit einem eigenen Budget, wir sowohl in dem entsprechenden Gesetz als auch im Schulen, die die Möglichkeit haben, selbst Personalent- Haushalt absichern. wicklung und Personaleinstellungen zu machen, Schulen, In diesem Einzelplan haben wir 3,5 Milliarden € – für die die Möglichkeit haben, andere pädagogische Konzepte mehr Lehrer, und zwar solide finanzierte Lehrer. Es ist auszuprobieren. Wir werden diese Schulen weiter voran- nicht wie in dem Konzept der GRÜNEN, bei denen über bringen und nicht wie die GRÜNEN mit Kürzungen von das Einkassieren der demografischen Rendite hinten wie- 2 Millionen € bei Fortbildung, bei Lernmitteln, bei Schul- der rausgenommen wird, was vorne reingesteckt wird, lie- sport, bei Schule und Gesundheit – – ber Herr Kollege Wagner. (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist falsch!) GRÜNEN): Das sind doch Ihre eigenen Zahlen!) – Ja, Entschuldigung, lieber Herr Wagner, genau in dem Wir werden schon zum 1. Februar 2013 den selbstständi- Etatposten, den Sie um 2 Millionen € kürzen wollen, ist gen Schulen 103 % Lehrerversorgung zuweisen und zum jenseits der bereits festen Verpflichtungen nur noch dieser 01.08.2013, also zu Beginn des nächsten Schuljahres, eine variable Bereich enthalten. Das wird an die Fortbildungs- weitere deutliche Erhöhung der Zuweisung für alle programme der Schulen gehen, das wird auf die Lernmittel Schulen in unserem Land vornehmen. gehen, die im kleinen und großen Schulbudget enthalten sind. Das sind die Posten, die dort zu streichen sind. Wenn 3,5 Milliarden € – für kleinere Klassen: 1.170 Lehrerstel- Sie das nicht wollen, müssen Sie diesen Änderungsantrag len, Stand heute, ohne diese in die 105 % einzurechnen. zurückziehen. Man könnte an dieser Stelle auch anders rechnen. (Beifall bei der FDP) 3,5 Milliarden € – für mehr Ganztagsschulen. Frau Cárdenas, es ist wichtig, da haben Sie recht, dass wir diese 3,5 Milliarden € – auch für mehr Inklusion: allen Unkenru- Möglichkeiten eröffnen. Wir haben aber bereits 95 % unse- fen zum Trotz, Stand heute, 1.604 Förderschullehrerinnen rer Grundschulen mit einem Betreuungsangebot. Es sind und -lehrer in den Regelschulen. Jedes Jahr werden weitere bereits 50 % der infrage kommenden Schulen im Ganz- 40 dazukommen. Aber wir setzen, anders als mancher hier tagsprogramm des Landes. Wir wollen aber weiter fortfah- im Raum, vor allem auch auf Prävention. Wir haben allein ren. Wir werden trotz der Unkenrufe der SPD jedes Jahr im präventiven Bereich, also ohne Feststellung des An- wieder 115 Stellen zusätzlich in Ganztagsangebote inves- spruchs auf sonderpädagogische Förderung, rund 26.000 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8429

Schülerinnen und Schüler, die von Förderschullehrern in (Beifall bei der CDU und der FDP) den Regelschulen betreut werden, damit diesen jungen Es gibt viele Menschen in diesem Lande, die einen Haupt- Menschen frühzeitig geholfen wird und sie ihre Benachtei- oder Realschulabschluss gemacht haben, die anschließend ligungen ausgleichen können, bevor sie sich zu wirklichen eine berufliche Ausbildung durchlaufen haben. In unseren Behinderungen ausprägen. Reihen sitzen zahlreiche solcher Menschen: Wir haben Meine Damen und Herren, von daher kann man mit Fug Bankkaufleute, Landwirtschaftsmeister, Schreinermeister, und Recht sagen: ein Schulsystem, das auf Qualität setzt, Erzieherinnen in diesen Reihen. Das sind doch keine „Bil- auf individuelle Förderung, das Kind in den Mittelpunkt dungsabsteiger“. Diese Menschen erwirtschaften die Basis stellt und in einem Rahmen von Freiheit und Wahlfreiheit unseres Wohlstandes. und Vielfalt agiert. Das ist wirklich ein Kontrastprogramm (Beifall bei der CDU und der FDP) zu dem, was die Opposition anbietet, insbesondere zu den Zwangsfantasien, die Frau Habermann bzw. heute Morgen Das sind unsere Fachkräfte. Früher war die SPD einmal Herr Schäfer-Gümbel unter dem Anspruch der Gleichma- stolz darauf, dass ein Maurermeister aus Kassel, Holger cherei angeführt haben. Börner, Ministerpräsident dieses Landes wurde. (Beifall bei der CDU und der FDP) (Lothar Quanz (SPD): Er war kein Maurermeister!) Meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD- Wir werden weiterhin dafür kämpfen, dass sich jedes Kind Fraktion, Ihr Haus der Bildung ist wie ein Kartenhaus zu- seine Zukunft erschließen kann. Wir bieten ein durchlässi- sammengestürzt, denn es ist auf Sand gebaut. Heute konnte ges, ein anschlussfähiges Schulsystem. Wir setzen auf die man hier hören, dass Sie sich zur Abschätzung des Eltern- Wirkkraft aller Bildungsgänge und aller Schulformen. Des- willens allen Ernstes auf die Studie eines Matschhosen- wegen wird es für die FDP und die CDU dabei bleiben: ein herstellers stützen, der in Hessen gerade einmal 216 Leute Schulsystem mit Qualität, Freiheit und Vielfalt. Dafür steht befragt hat. Ich hatte gedacht, dass wenigstens Ihre Grund- dieser Einzelplan. lagen etwas solider wären. (Anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP) (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Erwischt!) Vizepräsident Heinrich Heidel: Lassen Sie mich zum Schluss Ihre Ausführungen zu einem Thema ansprechen, die mich heute Morgen in der General- Schönen Dank, Frau Kultusministerin. – Ich sehe keine aussprache wirklich erschreckt haben. Ich glaube, man weiteren Wortmeldungen zu Einzelplan 04. kann daran sehr deutlich machen, was der Unterschied Dann kommen wir zu zwischen der Bildungspolitik, die von dieser Regierung, von FDP und CDU vorangetrieben wird, und zumindest Einzelplan 05 – Hessisches Ministerium der Justiz, für dem ist, was die SPD-Fraktion in diesem Hause offenkun- Integration und Europa – dig unterstützt und vorantreiben will. Wir als bürgerliche Das Wort hat Frau Hofmann für die SPD-Fraktion. Regierung machen eine Bildungspolitik über die gesamte Bandbreite, über alles, was Bildung bedeuten kann. Für uns fängt der Mensch nicht erst mit dem Abitur an. Für uns Heike Hofmann (SPD): ist es wichtig, dass unser Schulsystem Anschlussfähigkeit und Durchlässigkeit garantiert. Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der hessi- schen Justiz ist das Ende der Fahnenstange erreicht. Die (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der Justiz ist an der Grenze der Belastbarkeit angekommen. – CDU) Das sind keine Worte der Opposition, wie Sie vielleicht Dafür werden wir uns, dafür werde ich mich ganz persön- meinen oder erwarten würden. Das sind O-Töne aus der lich immer wieder mit aller Kraft einsetzen. Wir erzielen Mitgliederversammlung des Deutschen Richterbundes in hier auch sehr gute Ergebnisse. der vergangenen Woche. (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE (Marius Weiß (SPD): Recht haben sie!) GRÜNEN): Was?) Hintergrund dieser klaren Worte ist, dass in der Justiz auch 40 % der Hochschulzugangsberechtigungen in diesem in den nächsten Jahren weiter Personal abgebaut werden Land werden an beruflichen Schulen erworben. 59 % der soll. Bis 2016 sollen 11 Millionen € an Personalkosten ein- Schülerinnen und Schüler mit einem Realschulabschluss gespart werden. Was bedeutet das? Das sind 30 Richters- gehen anschließend auf eine Oberstufe, sei es in einem be- tellen in der ordentlichen Justiz. Dazu kommen 40 ruflichen oder an einem sonstigen Gymnasium. Der Richterstellen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Beson- „Chancenspiegel“ der Bertelsmann Stiftung bescheinigt ders schwer trifft es aber die Folgedienste mit 280 Stellen. uns, dass Kinder aus bildungsfernen Schichten in Hessen Auch die Auszubildendenstellen erwischt es: 70 Auszubil- mit die besten Möglichkeiten haben, aufs Gymnasium zu dendenstellen werden nach dem Willen der Landesregie- kommen. rung in den nächsten Jahren abgebaut. (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der Meine Damen und Herren, das ist umso schmerzlicher, als CDU) bereits in den letzten Jahren im Rahmen der „Operation düstere Zukunft“ in der Justiz über 800 Stellen abgebaut Wenn Herr Schäfer-Gümbel heute Morgen im Zusammen- worden sind. Angesichts dieser Fakten ist es zynisch, wenn hang mit Hauptschülern und Schülern mit Realschulab- der Justizminister behauptet, die Justiz sei im Vergleich zu schluss oder einem beruflichen Abschluss von „Bildungs- anderen Ressorts „geschont“ worden; dafür habe er sich als absteigern“ spricht, dann ist das eine Frechheit. stellvertretender Ministerpräsident persönlich verwendet. 8430 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Im Vergleich zu anderen Bundesländern sei die Richter- tet zu werden. Ich bin mir sicher, dass in diesem Bereich dichte in Hessen ja sehr gut. Gelder effizienter eingesetzt werden können und dass die Justiz besser organisiert und verwaltet werden kann. (Günter Rudolph (SPD): Er kann viel behaupten!) (Beifall bei der SPD) Das ist purer Zynismus angesichts der Tatsache, dass nach den PEBB§Y-Zahlen die Belastungsquote bei den Richte- Letzter Aspekt. Auch im Strafvollzug gibt es einiges zu be- rinnen und Richtern bei weit über 100 % und bei den mängeln. Es liegt einiges im Argen. Staats- und Amtsanwaltschaften bei ca. 140 % liegt. (Marius Weiß (SPD): Das ist wohl wahr! – Vizeprä- Angesichts dieser Zahlen fühlen sich die Betroffenen auch sident Lothar Quanz übernimmt den Vorsitz.) deshalb hinters Licht geführt, weil Sie damals, als Sie die Gerade im AVD – das sind die Strafvollzugsbediensteten – Gerichte geschlossen haben, gesagt haben: Wir schließen sind jetzt schon 5 % Stellen zu wenig ausgewiesen. Bis lieber Gerichte, als dass wir Personal abbauen. – Meine 2015 sollen noch einmal 80 bis 100 Stellen abgebaut wer- Damen und Herren, heute ist klar: Wir werden weniger den. Was bedeutet das? Jeder, der sich im Strafvollzug aus- Gerichte und weniger Personal haben. kennt, weiß doch, wie wichtig es ist, dass wir genügend Der Justizminister behauptet immer: So schlimm ist das al- Personal für die Behandlung des einzelnen Gefangenen ha- les ja gar nicht, weil wir Synergien durch den Einsatz von ben. Nur so kann die Wiedereingliederung des Einzelnen IT erzielen. – Moderne Technik soll also Personal ersetzen. in die Gesellschaft gelingen, und nur so kann vor allen Herr Minister, was Sie dabei übersehen: Der Einsatz von Dingen die Sicherheit unserer Bevölkerung gewährleistet IT und die Umwandlung in IT-Prozesse erfordert erst ein- werden. mal mehr Personal. Außerdem übersehen Sie, dass die bes- (Beifall bei der SPD und der LINKEN) te und modernste Technik die Entscheidung eines Richters nicht ersetzen kann. Nein, auch da sind Sie auf dem Holzweg. Sie sparen an der falschen Stelle. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der SPD und der LINKEN) Wir kritisieren zudem, dass die Justiz bei der Modernisie- rung der Arbeitsabläufe keine Mitspracherechte hat und die Lassen Sie mich abschließend sagen: Im Justizressort wer- Personalvertretungen unter dieser Landesregierung mund- den völlig falsche Akzente gesetzt. Sie sind auf dem Holz- tot gemacht worden sind. weg, und Sie hinterlassen darüber hinaus einen Scherben- haufen. (Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): Das ist eindeutig falsch!) (Beifall bei der SPD und der LINKEN) Herr Kollege Müller, das wird dieser Landesregierung noch auf die Füße fallen. Vizepräsident Lothar Quanz: (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LIN- Vielen Dank, Frau Hofmann. – Als Nächster spricht Herr KEN – Zurufe von der FDP) Kollege Müller für die FDP-Fraktion. Auf der einen Seite bauen Sie Personal ab. Auf der anderen (Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD)) Seite ist für die Ausweitung der IT immer Geld da. Ein Blick in den Haushalt zeigt: Für IT stehen 2012 round – Das ist offensichtlich so vereinbart worden. – Herr Mül- about 29 Millionen € zur Verfügung; 2014 sollen es bereits ler, Sie haben das Wort. 31 Millionen € sein. Meine Damen und Herren, eine gute (Marius Weiß (SPD): Sagen Sie einmal, wie sich die und effiziente Justiz braucht aber vor allen Dingen einen 700.000 € bei der JVA Hünfeld zusammensetzen!) auskömmlichen Personalbestand. Deshalb lehnt die SPD- Fraktion den weiteren Personalabbau in der Justiz ab. (Beifall bei der SPD) Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): Damit ist es aber nicht genug. Ich habe schon darauf hinge- Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! wiesen, dass in der jüngeren Vergangenheit hier in Hessen Frau Hofmann, ich glaube, Sie sollten nicht, wie es eben mehr als zehn Gerichte geschlossen worden sind. Gerichte der Fall war, der Justiz unrecht tun. Die Justiz in Hessen kann man aber nicht wie eine überflüssig gewordene Grill- funktioniert hervorragend. Ich bitte Sie, hier nicht ständig hütte schließen. Es gibt den Justizgewährungsanspruch zu versuchen, die Justiz in Hessen schlechtzureden. Das nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes. Sie erschweren mit hat die Justiz in Hessen mit ihren hervorragenden Leistun- diesen Gerichtsschließungen, die Sie sukzessive vollzogen gen nicht verdient. haben, den Zugang des Bürgers zum Recht. Das ist absolut (Beifall bei der FDP) kritikwürdig und wird von uns nicht mitgetragen. Mir ist auch aufgefallen, dass Sie, wie schon in den letzten (Beifall bei der SPD und der LINKEN) Jahren, kein Wort zum Thema Europa und auch kein Wort Auch die Verwaltung der Justizgebäude, die im Moment zum Thema Integration verloren haben. Ich muss ganz ehr- durch das Hessische Immobilienmanagement vorgenom- lich sagen, ich finde das ein bisschen bedauerlich; denn das men wird, ist aus unserer Sicht – freundlich formuliert – sind zwei nicht unwichtige Politikbereiche, die ebenfalls in verbesserungsbedürftig. Die Verwaltung der Justizgebäude diesem Ressort angesiedelt sind. durch das HI verschlingt allein 2012 über 80 Millionen €. Ich glaube, insgesamt ist dieser Einzelplan hervorragend Aus vielen Gesprächen mit Mitarbeitern von Gerichten und aufgestellt. Jedenfalls liegt seitens der Opposition kein ein- Behörden wissen wir aber, dass man sich in der Justiz ziger Änderungsantrag vor, über den wir hier zu entschei- wünscht, vor Ort, also dezentraler, organisiert und verwal- den hätten. Das spricht sehr deutlich dafür – – Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8431

(Heike Hofmann (SPD): Das stimmt doch gar nicht! Mit der Einrichtung der Schwerpunktstaatsanwaltschaft – Marius Weiß (SPD): Die kommen noch!) Wirtschaftskriminalität in Frankfurt verfolgen wir bei der Wirtschaftskriminalität einen hervorragenden Ansatz. – Ach, es kommen noch welche? Dann lassen Sie sich aber Zeit. Es ist schade, dass wir nicht in der heutigen Sitzung, Wir werden in den nächsten Jahren weiter an der Moderni- sondern erst beim nächsten Mal darüber sprechen können, sierung arbeiten. Das Thema E-Justice hatten wir gerade. wenn keine Beratung mehr möglich ist. Aber gut. Daran führt kein Weg vorbei. Das ist selbstverständlich. Wenn Sie die Debatte auf der Tagung des Richterbunds am (Beifall bei der FDP – Marius Weiß (SPD): Das ist letzten Freitag weiterverfolgt hätten, hätten Sie gemerkt, ein ganz normaler Vorgang!) wie wichtig dieses Feld ist, dass es einhellig unterstützt Ich will zunächst in Bezug auf die Integrationspolitik sa- wird und dass sehr wohl die Absicht besteht – das wird gen, dass hier weiterhin ein Schwerpunkt unserer Arbeit auch schon umgesetzt –, gemeinsam mit Praktikern die liegen wird. Das Projekt Modellregionen Integration wird entsprechenden Konzepte zu erarbeiten. Wenn wir dafür im Moment ausgewertet. Wir werden die Mittel, die wir zusätzliche Mittel einstellen, sind auch das Investitionen in bislang dort investiert haben, aufstocken und sie für die Fi- die Zukunft. nanzierung kommunaler Projekte verwenden, um die Kom- (Beifall bei der FDP) munen in ihrer Arbeit zu unterstützen. Künftig werden wir 1,8 Millionen € dafür bereitstellen. Wir werden die Aufgabe im Zusammenhang mit der Siche- rungsverwahrung lösen. Auch hierfür sind entsprechende (Beifall bei der FDP) Mittel in den Haushalt eingestellt worden. Wir werden ge- Wir finanzieren niederschwellige Sprachkurse für Erwach- rade bei der Betreuung der Sicherungsverwahrten zu deut- sene, und wir fördern und qualifizieren die ehrenamtlichen lichen Verbesserungen kommen, so, wie es auch in den Ur- Integrationslotsen. Das ist ein ganz wichtiger Bereich, in teilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte dem sehr erfolgreich gearbeitet wird. Das werden wir auch und des Bundesverfassungsgerichts vorgesehen ist. fortsetzen. Die Enquetekommission hat ihre Beratungen Wir haben mit den Häusern des Jugendrechts wichtige Ein- abgeschlossen. Herr Mick, der Berichterstatter, wird dem- richtungen aufgebaut, die gut funktionieren und Vorbild- nächst den Bericht vorlegen. Auch dann werden wir hier funktionen haben. Aus anderen Bundesländern kommen noch einmal intensiv über dieses Thema diskutieren. viele, um sich das anzuschauen. Auch da sind wir in der Was die Europapolitik betrifft: Ich bin froh, dass wir einen Prävention aktiv. Das ist richtig, und deswegen verfolgen Konsens darüber haben, dass die Europapolitik für das wir dieses Konzept in den nächsten Jahren weiter. Das gilt Land Hessen von erheblicher Bedeutung ist, und auch dar- auch für das zweite Haus des Jugendrechts in Frankfurt. über, dass wir in Brüssel neue Räumlichkeiten brauchen. Das ist ein weiterer Punkt, dem wir uns in den nächsten Hier werden wir erhebliche Investitionen tätigen, bzw. wir Jahren intensiv widmen werden. sind bereits dabei, zu investieren. Ich glaube, das sind rich- Ja, es ist richtig: Wir haben auch mit Einsparungen zu tige und wichtige Zukunftsinvestitionen; denn in Brüssel kämpfen. Aber, Frau Hofmann, Sie machen es sich in der werden immer mehr Entscheidungen getroffen. Daher ist SPD immer recht einfach. Sie legen einfach immer mehr es wichtig, dass wir Hessen in Brüssel dabei sind. Das wird Geld drauf. Finanzierungsvorschläge kommen von Ihnen auch künftig mit der neuen Europastaatssekretärin Frau Dr. nicht. Breier und dem Europaminister Jörg-Uwe Hahn der Fall sein. (Heike Hofmann (SPD): Das stimmt doch gar nicht!) Den größten Bereich nimmt die Justiz ein. Wenn ich sehe, Sie erhöhen für alles und jedes die Steuern. Sie wollen mit mit welch modernen Arbeitsmitteln und welch guten Ar- diesen Geldern einen Haushaltsausgleich erreichen und beitsplätzen die Richterinnen und Richter, die Staatsanwäl- wesentlich mehr in die Bildung sowie in die Kindertages- tinnen und Staatsanwälte sowie die Amtsanwältinnen und stätten investieren. Sie wollen 50 Millionen € mehr in den Amtsanwälte und alle anderen im Vergleich zu vor zehn Verkehr investieren. Auch ich finde das super; aber es oder 15 Jahren ausgestattet sind, muss ich ganz ehrlich sa- muss finanziert werden. Es gibt eine Schuldenbremse. gen: Ich kann das, was die Kollegin Hofmann hier eben er- Ich darf Sie daran erinnern, dass die SPD-Fraktion die Ein- zählt hat, fast nicht glauben. führung der Schuldenbremse mitgetragen hat. Dann müs- (Beifall bei der FDP) sen Sie dieser Schuldenbremse aber auch gerecht werden, indem Sie eine entsprechende Haushaltspolitik auf den Die Arbeitsbedingungen haben sich in einem Ausmaß ver- Weg bringen, und Sie dürfen nicht ständig irgendwelche bessert, wie man es kaum zu hoffen gewagt hätte. Wir ha- Wolkenkuckucksheime aufbauen und den Menschen etwas ben mittlerweile ganz hervorragende Bedingungen für die versprechen, was Sie später nicht halten können. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Justiz. (Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD)) (Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was hat denn der Richterbund erzählt?) Insofern glaube ich, dass wir – das machen wir nicht aus Vergnügen; Sie können mir glauben, wir würden gern dar- Wir haben in der Justiz viel erreicht, und wir haben noch auf verzichten – in allen Bereichen der Landesverwaltung viel vor. Wir haben die Ausstattung verbessert, und wir ha- Einsparungen vornehmen müssen, auch beim Personal. ben Vollzugsgesetze des Landes geschaffen: für den Straf- vollzug, den Jugendstrafvollzug und die Untersuchungs- haft. Wir haben einen sicheren Strafvollzug. Verglichen Vizepräsident Lothar Quanz: mit den Neunzigerjahren ist er deutlich sicherer. Wir haben einen Rückgang bei den Verurteilungen, wie die Strafver- Herr Müller, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin folgungsstatistik zeigt. Das bedeutet auch, dass die präven- Faeser? tive Arbeit, die wir machen, Früchte trägt. 8432 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): müssten im Haushalt maßgebliche zukunftsweisende und innovative Projekte zu finden sein. Ein Blick in den Haus- Nein, wir haben jede Menge Möglichkeiten, um uns zu un- halt zeigt aber ganz deutlich: Fehlanzeige. Sie machen wei- terhalten. – Daran führt leider kein Weg vorbei. Wir erar- ter wie bisher. Sie lassen nach wie vor die Kommunen, die beiten zusammen mit den Betroffenen – den Gerichtsbar- zahlreichen ehrenamtlichen Initiativen, die Vereine und die keiten – Konzepte dafür, wie wir das umsetzen müssen. Landkreise arbeiten. Was Sie machen, ist, mit Projektgel- Das ist der Unterschied zwischen der Arbeit der Hessi- dern den einen oder anderen sehr gut gemeinten und vor schen Landesregierung und z. B. der Arbeit der rot-grün Ort funktionierenden Auftrag zu unterstützen. Aber Sie geführten Landesregierung von Nordrhein-Westfalen. Sie machen klar, für Sie ist Integration immer noch ein Pro- stülpen den Betroffenen die Konzepte über und sagen: Was jekt. Es ist nämlich keine nachhaltige und keine strukturel- wollen denn die nachgeordneten Behörden? Wir sagen de- le Aufgabe der Landesregierung. Sie schieben das von sich nen, wo es langgeht. – Das ist O-Ton Ministerpräsident weg. Das finden wir nicht in Ordnung. Kurt Beck in Rheinland-Pfalz gegenüber den Mitarbeitern der dortigen Justiz. So geht es bei uns nicht. Wir erarbeiten (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und diese Konzepte zusammen mit den Kolleginnen und Kolle- bei Abgeordneten der SPD) gen aus den verschiedenen Bereichen. Sie sind hier als Integrationsminister angetreten, der gern (Zurufe von der SPD) die Integration als Querschnittsaufgabe durch die verschie- denen Ministerien durchdeklinieren möchte. Sie haben bei Ich darf anmerken, dass wir auch hier Schwerpunkte bil- den Leuten sehr viele Erwartungen geweckt, dass Sie end- den. Wir haben in Hessen so viele Staatsanwälte wie noch lich versuchen wollen, mit Überzeugung und einer neuen nie. Das ist auch wichtig; denn die Staatsanwaltschaft ist innovativen Art die Integration nach vorne zu bringen. Lei- außerordentlich belastet. Das zeigt sehr genau, dass wir der müssen wir aber sagen, dass sowohl die vorherige Lan- nicht blind irgendwelche Stellen streichen, sondern dass desregierung als auch die jetzige Landesregierung in Ko- wir uns das Punkt für Punkt anschauen und dann mit den operation mit der FDP seit 13 Jahren beim Thema Integra- Betroffenen über die entsprechenden Entscheidungen dis- tion keine innovativen Schritte nach vorne gegangen ist kutieren. und stattdessen Stillstand zeigt und andere arbeiten lässt. Wir haben – das möchte ich noch einmal betonen – eine Im Jahr 2011 – ich schaue in die Zahlen – hatten Sie hervorragend arbeitende Justiz. An der Stelle kann man 1,2 Millionen € für Integration angesetzt. Im Jahr 2013 sol- einmal allen danken, die in der Justiz daran mitarbeiten: len das 1,3 Millionen € und im Jahr 2014 3,1 Millionen € herzlichen Dank für den großartigen Einsatz, den Sie zei- sein. Sie meinen, mit mehr Geld können Sie mehr machen. gen. – Natürlich haben wir eine hohe Auslastung. Die gibt es in allen Bundesländern, in anderen Bundesländern ist sie (Lachen des Ministers Jörg-Uwe Hahn) sogar noch höher als in Hessen. Deswegen ist der Einsatz Aber ich finde, das ist fatal; denn mit mehr Geld und ohne besonders zu würdigen. Wir, die FDP, arbeiten daran, dass Ideen und ohne Konzepte macht man noch lange keine In- der Rechtsstaat als Grundlage unserer Gesellschaft und novation. auch unserer Wirtschaft weiter so funktioniert wie bislang. – Vielen Dank. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Ministers (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der Jörg-Uwe Hahn) CDU) – Nein, wir haben von Ihnen nie gefordert, dass Sie immer nur mehr Geld einstellen sollen, sondern wir haben von Ih- Vizepräsident Lothar Quanz: nen Konzepte gefordert. Wir haben von Ihnen eine Idee Vielen Dank, Herr Kollege Müller. – Für BÜNDNIS 90/ gefordert. Wir haben von Ihnen eine Schwerpunktsetzung DIE GRÜNEN spricht jetzt Frau Kollegin Öztürk. gefordert. Herr Hahn, die fehlt bis heute. Das müssen Sie sich schon anhören. So einfach geht das auch nicht. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Mürvet Öztürk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wahllos Geld ausgeben: Das ist das, was diese Landesre- Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kollegin- gierung kann. Nach außen hin möchte sie immer suggerie- nen und Kollegen! Ich möchte gern für BÜNDNIS 90/DIE ren, sie sei die Regierung, die wirtschaften könne, sie sei GRÜNEN den Schwerpunkt unserer Rede auf den Integra- die Regierung, die mit Zahlen umgehen könne. Was stellen tionsteil und die Integrationsarbeit der Landesregierung wir stattdessen fest? Sie ist erschöpft. Sie ist ideenlos. Sie setzen. Denn das ist genau der Teil, in dem, wie auch der möchte abgewählt werden. Das werden wir hoffentlich im Kollege Müller gerade ausgeführt hat, Herr Hahn alles er- Jahr 2014 erreichen. ledigen und alles gut machen würde. Wir sind anderer Meinung. Das möchte ich hier auch gleich kundtun. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Es ist nicht alles schlecht, was Sie angefangen haben. bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Willi van (Zurufe von der CDU und der FDP: Ah!) Ooyen (DIE LINKE) – Zurufe von der CDU: Ei, ei, ei!) Wir haben es begrüßt, als Sie im Jahr 2009 die Integrati- onskonferenz einberufen haben. Wir als GRÜNE haben es – Nicht direkt „ei, ei, ei“. Hören Sie sich das Ganze einmal begrüßt, dass Sie gesagt haben: „Wir möchten den islami- an. schen Religionsunterricht einführen.“ Wir haben es auch Wir haben den Doppelhaushalt 2013/2014 vorliegen. begrüßt, dass Sie gesagt haben: „Wir möchten mit Modell- Wenn die Landesregierung die Arbeit, die Integrationspoli- regionen vor Ort schauen, was die besten Projekte sind.“ tik oder auch ihre Europapolitik ernst nehmen würde, dann Wir haben aber auch von vornherein gesagt: Wenn Sie Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8433 ernsthaft erfolgreich sein wollen, dann müssen Sie vorle- eröffnen können. Meine Damen und Herren, wenn das al- gen, was z. B. die Kommunen vor Ort brauchen, wie sie les so schlimm ist, dann müssten Sie eigentlich genau das unterstützt werden können. – Wir haben bald das Jahr Gegenteil davon hineinschreiben. Ansonsten kann ich nur 2013. Sie wollen immer noch nicht sagen, wie Sie die gewisse Schlüsse aus dem ziehen, was Sie dort schreiben. Kommunen vor Ort unterstützen wollen, damit eine inter- (Marius Weiß (SPD): Das ist doch Unsinn!) kulturelle Öffnung stattfinden kann. Sie haben immer noch keine Antwort darauf, wie beispielsweise mehr Menschen Wir setzen Schwerpunkte in der Justiz. Wir denken auch mit Migrationshintergrund in der öffentlichen Verwaltung an unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ein Schwer- angestellt werden können. punkt dabei ist z. B. das Thema Sicherheit, gerade in den kleineren Amtsgerichten oder den Staatsanwaltschaften. Integration durch Arbeit und Integration durch Bildung, Wir werden für über eine halbe Million Euro neue Detek- das sind wichtige Themen, die Sie in Ihrer Integrationskon- torrahmen anschaffen, damit überall dort eine vernünftige ferenz selbst genannt haben. Was Sie aber nicht nennen, Sicherheit gewährleistet werden kann, wo sie im Einzelfall ist, wie Sie dieses Ziel erreichen können. Meine Damen erforderlich ist. und Herren, das kann doch nicht ernst gemeinte Integrati- onspolitik sein. Auch das Thema Sicherungsverwahrung ist bereits ange- sprochen worden. Das ist ein nicht gerade günstiges Thema (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) für die Haushaltspolitiker im Hause. Wer sich das vorstellt: Zu der Einführung des islamischen Religionsunterrichts Wir müssen dort einen zweistelligen Millionenbetrag in- haben wir von vornherein gesagt: „Wer den Willen hat, vestieren, wie Sie vielleicht wissen, für einen Neubau. Wir muss auch handeln.“ Wir sind bald im Jahr 2013 angekom- machen einen Umbau in der bestehenden Justizvollzugsan- men. Sie kündigen ständig die Einführung des islamischen stalt in Schwalmstadt und damit an dem Standort, der der Religionsunterrichts an, aber wir sehen noch keine konkre- gewünschte Standort der Beschäftigten für die neue Siche- ten Schritte. Sie bewerten noch immer die Gutachten der rungsverwahrung in Hessen ist. Gutachter und können uns immer noch nicht sagen, wann Gleichzeitig zeigen wir durch unsere Zusammenarbeit mit wir endlich damit beginnen können. Ich muss sagen, Sie dem Freistaat Thüringen, dass wir in der Lage sind, nicht sind kein Integrationsminister, sondern Sie sind ein Inte- nur das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung und die The- grationsbehauptungsminister. rapieangebote für die Sicherheitsverwahrten, sondern auch (Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Oh!) die finanzpolitische Verantwortung in Übereinstimmung zu bringen, und zwar indem wir verantwortungsvoll mit Damit können Sie die Menschen draußen nicht hereinle- dem Steuergeld umgehen und dafür sorgen, dass zwei Bun- gen. Das ist ein Für-dumm-Verkaufen der Wählerinnen desländer eine Einrichtung gemeinsam betreiben werden, und Wähler. Das muss ich leider so sagen. Wenn diese was damit auf Dauer für beide günstiger ist, als hätten sie Landesregierung keine eigenen Ideen hat, wenn sie er- zwei Einrichtungen gebaut. schöpft ist, wenn sie verbraucht ist, dann wünschen wir uns, dass sie den Laden endlich verlässt, damit es andere (Beifall bei der CDU und der FDP) machen können, die es wollen und die es auch besser kön- Auch das Thema moderne IT ist bereits angesprochen wor- nen. Die Wählerinnen und Wähler werden es Ihnen zeigen. den. Wir haben nicht nur die GIT geschaffen, wie sie so – Herzlichen Dank. schön heißt, die Gemeinsame IT-Stelle der hessischen Jus- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und tiz, sondern wir haben bei dieser Gemeinsamen IT-Stelle bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Willi van auch die Gemeinsame elektronische Überwachungsstelle Ooyen (DIE LINKE)) der Länder angesiedelt, die mit der Aufenthaltsüberwa- chung der Fußfesselträger – so will ich es kurz zusammen- fassen – beauftragt ist. Vizepräsident Lothar Quanz: (Zuruf des Abg. Marius Weiß (SPD)) Danke sehr, Frau Öztürk. – Für die CDU-Fraktion hat sich Herr Kollege Honka zu Wort gemeldet. Herr Honka, auch Wir haben den wunderschönen Zustand, dass im Moment für Sie sind fünf Minuten vorgesehen. 14 von 16 Bundesländern mitmachen. Das heißt, 13 andere außer Hessen, und damit auch SPD-geführte Landesregie- rungen, sind der Meinung: Wir Hessen machen das Ge- Hartmut Honka (CDU): schäft an der Stelle gut und richtig. Wir haben die Kompe- tenz dafür. – Von daher scheinen wir in Hessen dort auf Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! dem richtigen Weg zu sein. Glücklicherweise hat der Kollege Müller darauf hingewie- sen, dass der Geschäftsbereich des Einzelplans 05 nicht nur (Beifall bei der CDU und der FDP) die Justiz betrifft, sondern noch zwei weitere Bereiche. Das weitere Haus des Jugendrechts ist bereits in der Dis- Von daher gestatten Sie mir, dass ich meine Rede, deren kussion sowohl über das Innenressort als auch über das Redezeit knapp bemessen ist, in die drei Bereiche einteilen Justizressort angesprochen worden. Deswegen überspringe möchte. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Justiz, die in ich das. Hessen mit ausreichend Gerichtsstandorten auch weiterhin flächendeckend gut aufgestellt ist. Als Letztes will ich noch die Jugendarrestanstalt Geln- hausen nennen, die wir erweitert haben und umbauen. So- (Beifall bei der CDU und der FDP) weit wir das wissen, wird die Eröffnung dieser neuen Ein- Auch wenn die Zeit knapp ist: Ein Blick in das Wunschre- richtung Anfang des kommenden Jahres sein, sodass wir gierungsprogramm der SPD lohnt sich. Denn darin bekennt auch dort richtig aufgestellt sind. sie sich ausdrücklich dazu, dass sie die von der Landesre- gierung geschlossenen Gerichtsstandorte nicht wieder wird 8434 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Zur Integration. Frau Kollegin Öztürk, auch ich wollte hier lich anders einsetzen. Wofür müssen die anders eingesetzt beispielhaft das Thema islamischer Religionsunterricht an- werden? – Sie sparen dort nämlich kein Geld, sondern ge- führen. Der Weg, auf den wir uns als Hessen gemacht ha- ben noch mehr Geld aus und haben Haft- und Arbeitsbe- ben, ist sicherlich nicht der einfachste Weg, um einen ech- dingungen in der Anstalt verschlechtert. Es gibt nicht nur ten islamischen Religionsunterricht einzuführen. Andere nach wie vor das Problem, mit einer 42-Stunden-Woche Bundesländer haben es sich – ich erlaube mir, das so zu sa- einen Schichtplan aufstellen zu können, sondern auch, dass gen – einfacher gemacht. Mitarbeiterinnen z. B. in der Werkstatt, so sie im Justiz- vollzugsdienst sind, auf einmal allein dastehen, weil um sie (Zuruf des Abg. Marius Weiß (SPD)) herum nur noch private Mitarbeiter sind und sie in gefähr- Sie haben es an der Stelle aber sicherlich auch verfassungs- lichen Situationen keinen Rückhalt mehr von Kollegen be- rechtlich bedenklich gemacht. Von daher ist der Weg, den kommen können. All diese Probleme können Sie lösen, wir gehen, wie ich eben gesagt habe, zwar nicht der ein- wenn Sie Geld anders ausgeben, wenn Sie dazu zurückkeh- fachste, aber er ist der richtige Weg. Ich bin mir sicher, ren, dass eine Haftanstalt auch in Hessen nicht teilprivati- dass wir, wenn alle Gutachten endgültig erstattet sind, auch siert geführt werden darf. zu einem entsprechenden Beschluss kommen werden, bzw. (Beifall bei der LINKEN) dann ist es nur noch eine Entscheidung der Landesregie- rung. Von daher sind wir dort richtig aufgestellt. Meine Damen und Herren, mein Vertrauen in Ihre ohnehin eingeschränkte Fähigkeit, Fakten wahrzunehmen, ist sehr Bereich Europa. Es ist angesprochen worden: Wir bauen gering. Ich möchte Sie trotzdem daran erinnern, ein neues Mehr-Regionen-Haus in Brüssel. Damit ist unse- re Darstellung, wie wir uns als Land präsentieren, einzigar- (Minister Jörg-Uwe Hahn: Das wäre ein Lob!) tig, weil wir uns nicht nur als Land Hessen präsentieren, dass es bei den Betroffenen und in der Bevölkerung kein sondern zusammen mit unseren Partnerregionen. Es ist ab- einhelliges Lob gegeben hat, dass Sie, nachdem Sie Ge- sehbar, dass unsere neue Partnerregion Bursa in unser neu- richtsstandorte geschlossen haben, jetzt auch noch weiter es Mehr-Regionen-Haus einziehen möchte, sodass wir in den Gerichten und bei den Richtern fleißig Personal ab- auch dort die Menschen wieder zusammenbringen und zei- bauen wollen. gen: An Hessen führt auch in Brüssel kein Weg vorbei. Der Richterbund, insbesondere die Vorsitzende des Rich- (Beifall bei der CDU und der FDP) terbundes, hat Ihnen das richtig um die Ohren gehauen. Al- Schlussendlich möchte ich, um noch für die nachfolgenden so behaupten Sie hier doch nicht, alle wären damit einver- Kollegen Zeit übrig zu lassen, und damit der Kollege Mül- standen, dass Sie die Gerichtsstandorte in Hessen weiterhin ler am Ende auch noch etwas hat, all den Mitarbeiterinnen schwächen und damit die Möglichkeit von Bürgerinnen und Mitarbeitern im Geschäftsbereich des Justizministeri- und Bürgern, in Hessen Recht zu bekommen, deutlich er- ums danken, in den Gerichten, in den Staatsanwaltschaften schweren. Sie müssen nicht nur weiter fahren, um zu ei- und in den Justizvollzugsanstalten. Allen, die wir dort im nem Gericht zu kommen, sondern müssen auch noch län- Angebot haben, möchte ich für ihren Dienst danken, weil ger warten, bis Recht gesprochen wird. Das ist nicht hin- sie den nicht für sich selbst erbringen, sondern für die nehmbar. Menschen in unserem Land. Dafür einen herzlichen Dank (Beifall bei der LINKEN) von dieser Stelle. Eine letzte Bemerkung an den Europa- und Integrationsmi- (Beifall bei der CDU und der FDP) nister. Vielleicht setzen Sie sich in Zukunft auch etwas mehr für das ein, was alltagsweltlich in unseren Städten Vizepräsident Lothar Quanz: nach wie vor gebraucht wird. Als Querschnittsaufgabe In- tegration mit Blick auf Europa wünsche ich mir, dass wir Vielen Dank, Herr Honka. – Als Nächster spricht Herr Dr. nicht nur internationale Schulen haben, wo amerikanisch Wilken für die Fraktion DIE LINKE. akzentuiertes Englisch gesprochen wird, sondern dass wir endlich einmal wieder dahin kommen, dass in unseren hes- sischen Schulen genügend muttersprachlicher Unterricht Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): möglich wird. – Danke sehr. Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Minister, (Beifall bei der LINKEN) der Sie jetzt als „Behauptungsminister“ diffamiert worden sind, (Minister Jörg-Uwe Hahn: Verteidigen Sie mich!) Vizepräsident Lothar Quanz: ich will einmal schauen, wie Sie sich auf den Feldern be- Danke, Herr Dr. Wilken. – Ich darf Herrn Staatsminister haupten. Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich Ih- Hahn das Wort erteilen. nen nicht Vorschläge mache, wie Sie in Ihrem Ministerium Geld einsparen sollen. Es wäre wohl auch sehr vermessen, Jörg-Uwe Hahn, Minister der Justiz, für Integration da Sie als Landesregierung in den nächsten zwei Jahren im und Europa: Saldo sowieso 1,1 Milliarden € mehr ausgeben werden, als vorgesehen war. Von daher will ich mich darauf konzen- Sehr verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kol- trieren, Ihnen Vorschläge zu machen, was man mit dem legen! Ich bedanke mich sehr für die Unterstützung, wel- Geld, das Sie ausgeben, denn Sinnvolleres tun könnte. che uns im vergangenen Jahr, auch bei der Aufstellung des Haushalts für die Jahre 2013 und 2014, die uns tragenden Der Rechnungshof hat Ihnen vorgerechnet, dass die Teil- Fraktionen von CDU und FDP gegeben haben. Ich bedan- privatisierung der Haftanstalt in Hünfeld viel Geld kostet. ke mich sehr bei all denjenigen, die außerhalb des Parla- Wir haben gesagt, wir könnten dort 5,5 Millionen € jähr- Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8435 ments die Arbeit sowohl im Bereich der Justiz als auch im mer nur erzählen würde, und es würde nicht umgesetzt Bereich der Integration und Europa unterstützt haben. werden. Ich jedenfalls erlebe eine Wirklichkeit, in der unsere Arbeit Ich darf Ihnen zusagen, dass der thüringische Justizminis- von der Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte Hessen ter, ein wie ich in Kassel geborener Jurist, mit dem Land bis hin zu einer Vielzahl von Gewerkschaften im Justizbe- Hessen, mit mir, noch in diesem Jahr einen entsprechenden reich im Großen und Ganzen als positives Zeichen gesehen Staatsvertrag unterzeichnen wird. Also auch hier war es wird. Ich bedanke mich dafür; wir machen weiter, und wir wieder einmal Oppositions…; es hatte mit den Fachlich- hoffen, dass mit diesem Haushalt die Akzente auch für die keiten aber nichts zu tun. Ich bin dafür dankbar, dass wir nächsten zwei Jahre positiv gesetzt werden. diese Zusammenarbeit mit Thüringen organisieren können, weil sie effektiver ist und weil wir darüber hinaus in erheb- (Beifall bei der CDU und der FDP) lichem Maße hessische Steuergelder einsparen können. Es würde den Rahmen von fünf Minuten sprengen, wenn (Beifall bei der CDU und der FDP) ich Ihnen aufzählen würde, was in diesem Jahr getan wur- de und was in den beiden anderen Jahren, was eigentlich Ich würde Ihnen gerne noch zusätzlich sagen, dass wir im die Aufgabe einer Haushaltsdebatte ist, getan werden soll. Strafvollzug natürlich eine personelle Aufstockung vorge- Ich will nur schwerpunktmäßig herausnehmen, dass wir ei- nommen haben und auch weiterhin vornehmen werden, ne eigenständige IT-Organisation für die Justiz eingeführt denn wenn man eine zusätzliche Anlage wie die Siche- haben. Da sind wir bundesweit führend. Wir wissen, dass rungsverwahrung hat, dann muss man auch zusätzliche es einen Unterschied zwischen E-Governance auf der einen Personalstellen einrichten. Seite und E-Justice auf der anderen Seite gibt. Für die Ich sage Ihnen genauso deutlich, dass ich die Äußerung Feinschmecker: Es kann nicht sein, dass die Unabhängig- von Frau Goedel für falsch halte. Ich hatte bereits, ich keit der Justiz im Bereich der technischen Verarbeitung glaube, es war am vergangenen Freitag, die Möglichkeit, aufgehoben wird. unverzüglich darauf zu replizieren. Liebe Kolleginnen und Ich würde Ihnen gern darüber hinaus noch einmal in Erin- Kollegen, ich sage auch hier von diesem Pult: Jeder hat in nerung rufen, dass wir in Hessen die Arbeit bei der Verfol- der hessischen Justiz eine Rolle, und natürlich hat auch die gung der elektronischen Fußfessel so gut durchführen, dass Interessenvertretung der Staatsanwälte und Richter eine alle 16 Bundesländer eine Vereinbarung abgeschlossen ha- Rolle. Nur haben wir alle die Verantwortung, den Bürge- ben und dass bundesweit jede, aber auch jede Maßnahme rinnen und Bürgern einen einigermaßen wahren Blick über über die Verwaltung, über den Server und über die ausge- die Justiz in Hessen zu vermitteln. Es ist schlicht falsch, bildeten Persönlichkeiten der hessischen Justiz abgewickelt und es hat mit der Lebenswirklichkeit an hessischen Ge- wird. richten nichts zu tun, dass in irgendeiner Weise überhaupt eine Fahnenstange gesehen wird, geschweige denn, dass Ich möchte Sie daran erinnern, dass wir mit zwei Häusern das Ende bereits da ist. Das sage ich hier sehr deutlich, des Jugendrechts sowohl in Frankfurt am Main wie auch auch in Verantwortung gegenüber meinen Mitarbeitern. hier in Wiesbaden einen sehr guten Lauf nehmen. Ich sage hier in der Landeshauptstadt sehr bewusst: Ich bin sehr (Beifall bei der CDU und der FDP) dankbar, dass unsere Strategie, auf die Konflikte hinzuwei- Lassen Sie mich zum Thema Europa schlicht und ergrei- sen, in Wiesbaden dazu geführt hat, dass jetzt auch eine fend sagen: Wir machen das, was Sie uns vor drei Jahren viel engere Zusammenarbeit zwischen der Landeshaupt- in einem Grundsatzbeschluss als Auftrag gegeben haben, stadt Wiesbaden, den Polizeibehörden und den Justizbe- nämlich die Interessen des Landes Hessen in Brüssel zu hörden organisiert ist. Wir möchten noch ein weiteres Haus vertreten – sowohl im Bereich der Lobbyarbeit, aber auch, des Jugendrechts im Norden von Frankfurt einrichten und wenn es um Gesetzgebung bzw. Rechtsetzung geht. Bo- haben deshalb Ihnen gegenüber auch entsprechende Haus- denverkehrsdienste sind eines der Themen, bei denen Lob- haltsanträge in Höhe von 100.000 € gestellt. byarbeit in letzter Zeit erfolgreich durch die Hessische (Beifall bei der CDU und der FDP) Landesvertretung in Brüssel betrieben wurde, und zwar in enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften am Frank- Ich würde gern darauf hinweisen, dass die Arbeit im Be- furter Flughafen sowie der Luftverkehrswirtschaft und der reich dessen, wie man mit Tätern häuslicher Gewalt um- Fraport AG. Dafür, dass wir uns dort endlich repräsentativ geht, erfolgreich ist und wir ab dem Jahre 2013 z. B die aufstellen, habe ich überhaupt kein schlechtes Gewissen, JUKO in Marburg unterstützen. Das ist eine Herzensange- sondern ich freue mich sehr, wenn wir am 5. oder 6. Juni legenheit einer Vielzahl von Abgeordneten, nicht nur von des nächsten Jahres unsere Landesvertretung, unser Mehr- denen, die aus Marburg kommen, aber auch von ihnen. Regionen-Haus, in Brüssel eröffnen werden. Seien Sie Das haben wir zusätzlich zu den Maßnahmen, die wir bis- herzlich eingeladen, es ist eine Reise, gegen die der Bund her auf der einen Seite zur Prävention und auf der anderen der Steuerzahler sicherlich nichts einwenden kann. Seite zur Nachsorge durchführen, einbringen können. (Norbert Schmitt (SPD): Das weiß man nicht!) Ich bedanke mich beim Herrn Kollegen Honka genauso wie beim Kollegen Müller, dass beide auf das Thema der – Das ist richtig, das weiß man nicht genau. Sicherungsverwahrung eingegangen sind. Frau Kollegin Lassen Sie mich zum Thema Integration schlicht und er- Hoffmann, ich kann mich noch daran erinnern, dass Sie greifend sagen: Frau Kollegin Öztürk, die Rede, die Sie hier einmal eine bemerkenswerte Rede gehalten und mir eben gehalten haben, halten Sie erschöpft und ideenlos seit vorgeworfen haben, ich würde immer nur ankündigen, weil drei Jahren. Ich kenne keinerlei Initiative der GRÜNEN es eine Phase gab, in der Hessen diese Organisation alleine auf Landesebene zum Thema Integration. Ich kenne nur durchzuführen schien. Damals standen Sie hier und haben die kritische bis nölende Begleitung der Arbeit der Regie- mit ganzer Frauenmacht erklärt, dass ich doch wirklich im- rungsfraktionen von CDU und FDP und in der Landesre- gierung. 8436 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

(Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS (Zuruf von der SPD) 90/DIE GRÜNEN)) Der Ministerpräsident ist gerade nicht anwesend, auch der Das macht mich aber nicht kirre, weil ich weiß – nach ei- CDU-Fraktionsvorsitzende nicht, aber Sie geben verdammt nem Gespräch, das ich eben mit der Geschäftsführerin der viel mehr Geld aus als in diesem Jahr. Da können Sie an- Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte Hessen gehalten deren wohl nur schlecht vorwerfen, dass diese zu viele habe –, dass das in Hessen offensichtlich alle anders sehen, Mittel ausgeben wollen. wie auch der Kollege von der SPD immer eine andere Re- (Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU) de hält als Sie. Bleiben Sie bitte dabei, dass Sie nicht mehr aktiv in der Integrationsarbeit in Hessen tätig sein wollen. Ihre Ausgaben explodieren, während notwendige Ein- schnitte und wirkliches Sparen in die Zukunft verschoben (Zuruf der Abg. Mürvet Öztürk (BÜNDNIS 90/DIE werden. Wir haben uns schon in der ersten Lesung ausge- GRÜNEN)) tauscht. Die Schulden steigen deshalb auf über 43 Milliar- Das ist ja auch typisch für die GRÜNEN, weil sie gemeint den € am Ende von 2014, und die Neuverschuldung 2013 haben, das sei ihr Thema – da kam ein Liberaler, der macht wird 1,4 Milliarden € betragen – und dies, obwohl – das das Thema auch nicht so schlecht, jetzt sind sie beleidigt. Abschiedsgeschenk der FDP an ihre Wähler – die Grund- Bleiben Sie bitte beleidigt, wir brauchen Sie nicht mehr da- erwerbsteuer erhöht wird und die Rücklagen geplündert zu. werden. (Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf der Abg. Die Frage der Seriosität im Finanzplan ist heute Morgen Mürvet Öztürk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) angesprochen worden. Eine halbe Milliarde €, also 500 Millionen €, sind als globale Minderausgaben bzw. Mehr- Eines sage ich zum Schluss, meine sehr verehrten Damen einnahmen in der mittelfristigen Finanzplanung eingeplant und Herren: Ich wehre mich von diesem Pult aus dagegen, – völlig unbelegt. Die Tarifsteigerungen sind überhaupt dass mir vorgeworfen wird, wir würden die Bürgerinnen nicht im Finanzhaushalt eingeplant. Und da reden Sie von und Bürger für dumm verkaufen. seriöser Haushaltspolitik? Das Gegenteil ist hier der Fall. (Mürvet Öztürk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des Doch!) BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Das zeigt, dass Sie von diesem Thema leider ganz, ganz Wir haben heute Morgen den Ministerpräsidenten und wenig Ahnung haben. – Ich bedanke mich für Ihre Unter- Herrn Dr. Wagner mit einer Diffamierungs- und Verleum- stützung. dungskampagne gegenüber SPD und GRÜNEN erlebt, die (Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf) eigentlich unglaublich ist – (Zuruf von der SPD: Er kann nicht anders!) Vizepräsident Lothar Quanz: unglaublich dünn, und wahrscheinlich kann er auch nicht Danke, Herr Staatsminister Hahn. – Zum Einzelplan 05 anders. Aber er kann lesen. Ich würde dem Ministerpräsi- gibt es keine weiteren Wortmeldungen. denten nicht vorwerfen, dass er nicht lesen kann, er kann lesen. Und wenn er lesen kann; dann ist der Vorwurf, den (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): er uns heute Morgen gemacht hat, wir hätten keine Spar- Wir haben leider keine Zeit mehr!) vorschläge unterbreitet, schlicht unredlich. Wir haben Ich darf dann aufrufen: Sparvorschläge in Höhe von 318 Millionen € für das Jahr 2013 und von 420 Millionen € für das Jahr 2014 gemacht. Einzelplan 06 – Hessisches Ministerium der Finanzen – Darüber kann man natürlich diskutieren. Aber die Vor- in Verbindung mit schläge sind von uns gekommen. Einzelplan 17 – Allgemeine Finanzverwaltung – Sie betreffen z. B. die explodierenden sächlichen Verwal- tungsausgaben, insbesondere weiterhin wegen der IT-Aus- und stattung. Oder den Umstand, dass mit der Bilanzierung ein Einzelplan 18 – Staatliche Hochbaumaßnahmen – Ballon aufgeblasen wurde, der 1,4 Millionen € kostet; al- lein das Attest, das wir darauf für die einzelnen Haushalte Erste Wortmeldung vom Kollegen Schmitt, SPD-Fraktion. bekommen. Wir haben eine deutliche Rückführung bei- Vorgesehen sind fünf Minuten. spielsweise der Stellen in den Ministerien vorgeschlagen. Wir haben als Kürzungsvorschlag eine Rückführung der Personalaufstockung bei den RPs aufgenommen – allein Norbert Schmitt (SPD): der Schutzschirm wird 14 Stellen bei den Regierungspräsi- Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ausgerechnet dien fressen, weil Sie die Aufsicht verlagern. Das ist doch der Herr Ministerpräsident und der CDU-Fraktionsvorsit- eine irre Geschichte. Dazu haben wir alle Kürzungsvor- zende werfen anderen Unseriosität vor. Dieser Vorwurf schläge gemacht. kommt ausgerechnet von einer Koalition und von einer Re- Wir haben auch Umschichtungen vorgeschlagen, z. B. im gierung, die den Haushalt wahrlich nicht im Griff haben Kultusbereich. Wir sagen ja gar nicht, dass Sie in diesem und deren Haushalt man sicherlich nicht als seriös bezeich- Bereich zu wenig Geld ausgeben. Aber das Geld, das Sie nen kann. Ausgerechnet diese Koalition wirft anderen vor, ausgeben, geben Sie falsch aus – mit der Folge, dass wir mehr Mittel ausgeben zu wollen. – Meine Damen und Her- eine ungeheure Fehlentwicklung im Bildungsbereich ha- ren, schauen Sie doch einmal in den Haushaltsplan hinein: ben, Chancengleichheit nicht garantiert ist und andere Län- Die Ausgabensteigerungen nach KFA und LFA betragen der längst an uns vorbeigezogen sind, die an dieser Stelle von diesem Jahr auf 2013 700 Millionen € und von diesem weniger Geld ausgeben. Jahr auf 2014 1,1 Milliarden €. Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8437

(Beifall bei der SPD) Ich will kurz auf ein paar Dinge eingehen, die in den Ein- zelplänen 06, 17 und 18 für mich entscheidend sind. Sie behaupten, dass wir die eingestellten Einnahmen nicht beeinflussen könnten. Wir haben 2013 bei den Einnahmen Wir fangen einmal mit den Investitionen an. Es ist für die- den Wassercent vorgesehen. Die Frage der Rhön-Kliniken ses Land schon eine zukunftsträchtige Entscheidung, dass ist übrigens auch noch immer ungeklärt – was machen Sie wieder 2,1 Milliarden € in Investitionen für die Infrastruk- eigentlich mit den nicht getätigten Investitionen? Gibt es tur des Landes gesteckt werden. Dazu gehören 100 Millio- da eine Rückforderung? Wir haben vorgesehen, dass mehr nen € für den Landestraßenbau; das entlastet die Menschen Steuerfahnder und Betriebsprüfer eingestellt werden. Das und bringt Arbeitsplätze in die Region. Damit sollten wir sind unsere Einnahmevorschläge; die sind beeinflussbar, alle zufrieden sein, anstatt wie die GRÜNEN zu versuchen, Herr Minister. Aber Sie beeinflussen sie nicht, das ist an Zahlen zu erreichen, die wir vor 13 Jahren vorgefunden ha- dieser Stelle Ihr Problem. Deshalb ist der heute Morgen ben. Damals war es nämlich ein Drittel von dem, was wir vom Ministerpräsidenten hierzu erhobene Vorwurf schlicht heute haben. falsch und unwahr, meine Damen und Herren. Die SPD möchte den Zukunftsfonds abschaffen. Auch dar- (Beifall bei der SPD) in sind Mittel, die für Forschung und Hochschulen, aber auch für den Landesstraßenbau dringend notwendig sind. Dafür haben wir null Verständnis, meine Damen und Her- Vizepräsident Lothar Quanz: ren. Herr Schmitt, die fünf Minuten sind erreicht. Wichtig im Einzelplan 17 ist z. B. der Kommunale Finanz- ausgleich. Von der SPD und auch von den GRÜNEN wird teilweise versucht zu instrumentalisieren, dass es auch in Norbert Schmitt (SPD): der Vergangenheit Kürzungen gab. Wir wollen einmal Ich komme zum letzten Satz. – Ja, meine Damen und Her- festhalten: Es handelt sich um den höchsten Kommunalen ren, wir wollen die Einnahmen erhöhen, weil es so in die- Finanzausgleich, den es je in der Geschichte des Landes ser Gesellschaft nicht weitergehen darf, dass die Reichen gegeben hat. Mit 3,8 Milliarden € können die Kommunen immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Des- über so viel Geld des Landes verfügen wie noch nie in der wegen müssen wir an die Vermögensteuer und die Spitzen- Geschichte. Darüber sind sie froh und wollen nicht von Ih- steuersätze ran. Da sind wir uns mit der Bundes-SPD einig, nen beschimpft werden. und dafür kämpfen wir bei der Landtags- und der Bundes- (Beifall bei der CDU und der FDP) tagswahl gemeinsam. Wir haben dafür gesorgt, dass mit der Reform des Kom- (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des munalen Finanzausgleichs – woran sich die SPD im Prin- BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) zip nicht beteiligt hat, sie wollte ein bisschen Opposition machen – ein Stück mehr Gerechtigkeit in die Frage Vizepräsident Lothar Quanz: kommt: Wie findet der Ausgleich untereinander statt? Das ist ein guter Einstieg in die Frage: Wie kann man dem Danke, Herr Schmitt. – Für die CDU-Fraktion spricht jetzt ländlichen Raum stärker helfen? Wie kann man die demo- Herr Kollege Milde. grafische Entwicklung im Kommunalen Finanzausgleich abbilden? Hier werden 72 Millionen € zugunsten des länd- lichen Raums umgeschichtet. Auch die SPD hätte solch Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): vernünftige Vorschläge für den Kommunalen Finanzaus- Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! gleich machen können, meine Damen und Herren. Ich will gleich mit dem anfangen, was der Kollege Schmitt Ähnlich ist es mit dem Kommunalen Schutzschirm. Ich bin zum Schluss gesagt hat: Wollen allein reicht nicht, man richtig entsetzt, dass jetzt schon wieder die Forderung kam, muss es am Ende auch können. Sie haben wieder den Be- die Stellen in den Regierungspräsidien abzuplanen. weis dafür erbracht, dass Sie es nicht können. Deswegen ist die zukünftige Politik in Hessen bei dieser Landesregie- (Nancy Faeser (SPD): Was sollen die denn ma- rung in den besten Händen. chen?) (Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD)) Natürlich geht es um die Aufsicht. Aber wir brauchen die Stellen grundsätzlich, wenn wir den Kommunalen Schutz- Weil immer wieder die Behauptung vorneweg getragen schirm wollen. wird, man könne das alles mit Steuererhöhungen erreichen: (Nancy Faeser (SPD): Warum denn?) (Willi van Ooyen (DIE LINKE): Das stimmt auch!) Ich will Ihnen sagen: 2,8 Milliarden € Schuldenabnahme in Wir haben ein Grundprinzip in unserer Gesellschaft, nach den ärmsten Kommunen in Hessen, 400 Millionen € weite- dem starke Schultern mehr tragen als schwache Schultern. rer Zuschuss über Zinszuschüsse. Das sucht seinesgleichen Die starken Schultern müssen in Deutschland viel tragen; in Deutschland, meine Damen und Herren. Die hessischen das wurde heute Morgen diskutiert. Natürlich kann man Kommunen können froh sein, dass sie die Landesregierung immer mal wieder versuchen, noch etwas auf die starken haben. Schultern draufzulegen. Wenn aber der Punkt erreicht ist, dass die starken Schultern zusammenbrechen, dann sind (Zurufe von der SPD – Holger Bellino (CDU): Sehr nur noch die schwachen da, und eine solche Zukunft wol- richtig!) len wir wohl nicht. Es ist schlicht unzumutbar, dass Sie den Schutzschirm für (Beifall des Abg. Manfred Pentz (CDU)) die Kommunen abschaffen wollen. (Norbert Schmitt (SPD): Das ist unglaublich!) 8438 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Dazu gehört, dass wir über die Frage der Neuverschuldung die Neuverschuldung nur um 160 Millionen € zurückzu- diskutieren. Natürlich wurde das Thema angesprochen, der nehmen. Weg ist auch nicht einfach. Aber die Neuverschuldung Unsere Vorschläge, die die Nettoneuverschuldung um 230 liegt gegenüber dem Planansatz 2010 im Jahr 2013 bei ei- Millionen € reduziert hätten, haben Sie abgelehnt. Wenn nem Drittel. Der Abbaupfad wird strikt und konsequent Sie noch einen Beweis gebraucht hätten, dann könnte man eingehalten. diesen wenigen Zahlen entnehmen: Schwarz-Gelb kann (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 3 nicht mit Geld umgehen, die Regierung ist erschöpft, ver- Milliarden € Schulden!) braucht, ihr fällt nichts Gutes für Hessen ein. Den Vorschlägen der SPD konnte ich übrigens nicht ent- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und nehmen – ich bin noch bei der SPD –, der SPD) (Marius Weiß (SPD): Sehr interessant!) Wie sieht es mit einem anderen großen Projekt der Landes- regierung aus? Die Reform des Kommunalen Finanzaus- dass in Richtung Schuldenbremse irgendetwas anderes un- gleichs ist die Geschichte von der Reform zum Reförm- ternommen werden soll, als es die Landesregierung macht. chen. Mit großem Getöse wurde eine umfassende Neuord- Insofern kann das, was die Landesregierung vorgelegt hat, nung angekündigt. Das war allerdings schon im Mai 2006, nur gut sein. damals noch unter Ihrem Vorgänger, Herr Dr. Schäfer, (Nancy Faeser (SPD): Wir stellen nicht 150 neu im Herrn Weimar. Die Vorschläge haben einige besonders Regierungspräsidium ein!) eklatante Fehlentwicklungen des Finanzausgleichs aufge- zeigt. Es wurde versprochen, man wolle an den Problemen Die Ausgabenerhöhungen, die Sie eben der Landesregie- arbeiten und sie lösen. Dann wurde recht werbewirksam ei- rung vorgeworfen haben, die im Wesentlichen in Infra- ne überparteiliche Mediatorengruppe eingesetzt, die lange struktur und in Bildung gehen, vor sich hinarbeitete. Der Abschlussbericht wurde – im- (Marius Weiß (SPD): Stimmt doch überhaupt nicht!) merhin – am 6. Oktober 2011 an den Ministerpräsidenten übergeben. Dann wurde eine Facharbeitsgruppe eingesetzt, nehmen Sie einfach mit. Die 700 Millionen €, die Rot- die versucht hat, politische Einigkeit über die Reformvor- Grün an zusätzlichen Ausgaben ohne jede Deckung ge- schläge der Mediatorengruppe zu erzielen. wünscht hat, kommen noch obendrauf. Von Ihnen brau- chen wir nun wirklich keine Vorschläge, wie man mit der Ich muss sagen, Herr Finanzminister, der Gedanke, im Neuverschuldung im Lande umgeht. Vorfeld mit allen Beteiligten über die Reform zu reden, war gut. Es ging um Fragen wie: Wo können wir uns eini- (Marius Weiß (SPD): Ach! So ein Quark!) gen? Wo finden wir Schnittmengen? Wo können wir über- Als letzten Punkt will ich das Steuerabkommen mit der zeugen? – Was dabei am Ende herauskam, ist gemessen an Schweiz ansprechen. Mit einer einfachen Zustimmung der den Erwartungen, die Sie geweckt haben, aber vergleichs- Bundesländer, in denen Sie regieren, könnten wir Millio- weise bescheiden. Aus der Reform wurde das Reförmchen. nen € Mehreinnahmen für das Land erreichen. Das wäre (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und gerecht und richtig und würde dem Land helfen. – Vielen der SPD) Dank. Hier fehlte schlicht und einfach die Kraft zur Umsetzung. (Beifall bei der CDU und der FDP) (Norbert Schmitt (SPD): So ist es!)

Vizepräsident Lothar Quanz: Herr Milde, Sie sagen, die Kommunen könnten froh sein, dass es die schwarz-gelbe Landesregierung gibt. Wo war Vielen Dank, Herr Milde. – Als Nächste spricht Frau Kol- denn die Landesregierung? Es gab keine Entscheidung, legin Erfurth für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. sondern das Zusammengehen auf dem minimalen Level. Sie haben sich nicht getraut, überhaupt eine Reform anzu- fassen, die den Namen verdient hätte. Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehen wir uns einmal an, welche finanzpolitischen Aufga- Sie haben sich nicht getraut, das Übel an der Wurzel zu ben sich CDU und FDP vorgenommen hatten und was dar- fassen, nämlich die Finanzverteilung zwischen Kommunen aus geworden ist. Die Nettoneuverschuldung sollte vor- und Land. Hier wäre eine Reform nötig gewesen. Das ha- dringlich zurückgefahren werden, höhere Steueraufkom- ben Sie sich nicht getraut anzufassen. Auch da zeigt sich: men sollten zum Abbau des Haushaltsdefizits genutzt wer- Die Regierung ist verbraucht. Sie bringt die nötige Reform den. Wie sieht die Lage aus? – Trotz sprudelnder Steuer- der Kommunalfinanzen nicht zustande. einnahmen, trotz des Griffs in den Kommunalen Finanz- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ausgleich, der sich 2013 auf 379 Millionen € aufgebaut hat, trotz der unterlassenen Zuführung in die Versorgungsrück- Was macht die Landesregierung stattdessen? – Sie greift lage – das sind 100 Millionen € – und trotz der Anhebung zu einer Zeit in den Kommunalen Finanzausgleich ein, da der Grunderwerbsteuer, die 220 Millionen € mehr Landes- die Kommunalfinanzen ohnehin unter Wasser stehen, und einnahmen bringt, soll die Nettoneuverschuldung nur um sie entzieht den Kommunen zusätzlich Geld. Als Sie dann 160 Millionen € zurückgefahren werden. Wer mitgerechnet kurz vor der Kommunalwahl merkten, dass das Ganze so hat, wird feststellen: Ohne die steigenden Steuereinnahmen nicht weitergeht, erfanden Sie das Trostpflaster „Kommu- auf Bundesebene hat sich das Land auf Kosten anderer um naler Schutzschirm“. Wenn Sie die Kraft aufgebracht hät- 699 Millionen € entlastet, die theoretisch mehr in der Lan- ten, die Kommunalfinanzen grundlegend zu ändern, hätten deskasse wären. Dennoch schafft es die Landesregierung, Sie diese Reparaturmaßnahme nicht gebraucht. Unseren Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8439

Antrag, die Kommunen zu entlasten und den KFA um 170 Das schlägt sich auch nieder – im Gegensatz zu dem, was Millionen € anzuheben, haben Sie abgelehnt. Das finde ich Sie, Frau Erfurth und auch Herr Schmitt, geäußert haben – sehr bemerkenswert. in der Unterstützung der Kommunen. Ein Zeichen für die gute Entwicklung dieses Landes und seiner Steuern ist der Das zu Ihren Worten, Herr Milde: Die Kommunen können Aufwuchs des Kommunalen Finanzausgleichs. Herr Kolle- froh sein, dass es Schwarz-Gelb gibt. – Wenn Sie unseren ge Milde hat es bereits in seiner Stellungnahme gesagt: Antrag unterstützt hätten, dann hätten sich die Kommunen Wir werden bald die Grenze von 4 Milliarden € überschrei- vielleicht freuen können. So aber geht es an der Sache vor- ten, wenn die positive Entwicklung im Lande Hessen so bei. weitergeht. Das ist eine Größenordnung, die das Land Hes- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und sen noch nie an seine Kommunen ausgeschüttet hat. des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE)) (Beifall bei der FDP und der CDU) Das ist auch ein Zeichen für diesen gesunden Haushalt. Vizepräsident Lothar Quanz: Das ist im Übrigen auch ein Zeichen dafür, wenn Ausga- Frau Kollegin, der freundliche Hinweis: Die fünf Minuten ben steigen. Herr Schmitt, entscheidend ist am Ende die sind erreicht. Frage, wie sich die Schere zwischen Einnahmen und Aus- gaben schließt. Hier hat die Landesregierung mit dem Dop- pelhaushalt klare Zeichen dafür gesetzt, dass wir mit dem Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): vorgenommenen Abbaupfad zur Reduzierung des Defizits die Schuldenbremse schon vor dem Jahr 2020 einhalten Ich danke Ihnen, Herr Präsident. – Ich kann nur sagen: werden. Auf diesem Weg werden wir konsequent vorange- Von engagierter Finanzpolitik kann man nicht reden. hen. Wenn Sie einen Beweis brauchen, dass man so keine soli- de Haushaltspolitik machen kann, dann hat Schwarz-Gelb Die Leistungsfähigkeit der Kommunen ist nach wie vor ein ihn abgeliefert. Wir können nur hoffen, dass wir die Regie- wichtiger Aspekt für gesunde Wirtschaftsentwicklung im rung 2014 ablösen. – Ich danke Ihnen. Lande Hessen. Dazu zählt der Kommunale Finanzaus- gleich. Dazu zählt aber auch, dass sich die Landesregie- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der rung vollkommen unabhängig von der Frage, wer es denn SPD und der LINKEN – Clemens Reif (CDU): Sie verschuldet hat, der notleidenden Kommunen annimmt und werden Verständnis haben, dass wir diese Hoffnung mit dem Kommunalen Schutzschirm den Kommunen, die nicht teilen!) willens sind, sich selbst an dieser Aktion zu beteiligen, einen Weg aufzeigt, Schulden abzubauen und ihre Haus- Vizepräsident Lothar Quanz: halte wieder in eine gesunde Lage zu bringen. Vielen Dank, Frau Erfurth. – Für die FDP-Fraktion hat sich Das alles ist möglich mit diesem Doppelhaushalt. Das alles Herr Kollege Noll zu Wort gemeldet. sind deutliche Anzeichen dafür, dass wir uns in Hessen auf einem sehr guten Weg zu einem schuldenfreien Haushalt, (Nancy Faeser (SPD): Eine Abschiedsrede? – Nor- zu einem defizitfreien Haushalt befinden. Wir werden die- bert Schmitt (SPD): Und dann die Nachschulung?) sen Weg konsequent fortsetzen, auch über den Tag der Landtagswahlen hinaus in dieser Koalition. Alexander Noll (FDP): (Beifall bei der FDP und der CDU – Günter Rudolph (SPD): Zum Einzelplan 11 hätte ich gerne noch et- Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! was gehört! Alles müssen wir selbst machen! – Ge- Die wesentlichen Bereiche des Haushalts sind bereits in genruf des Abg. Holger Bellino (CDU): Dann macht den grundsätzlichen Stellungnahmen am Anfang zum Ein- es doch!) zelplan 02 dargestellt worden. Deswegen will ich mich nur auf ganz wenige Aspekte beschränken, die sich im Prinzip aus den hier zur Diskussion stehenden Einzelplänen erge- Vizepräsident Lothar Quanz: ben. Vielen Dank, Herr Kollege Noll. – Ich darf Herrn van Zu steigenden Steuereinnahmen, die Grundlage dieses Ooyen für die Fraktion DIE LINKE das Wort erteilen. Doppelhaushalts sind, gehört natürlich auch eine gute Lan- despolitik. Diese Landespolitik sorgt dafür, dass es in Hes- sen boomt, dass wir Wirtschaftswachstum haben und den Willi van Ooyen (DIE LINKE): Jobmotor und Wirtschaftsmotor Frankfurter Flughafen hier Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Haushalt in Hessen am Laufen halten. des Landes Hessen weist wieder einmal eine Neuverschul- (Beifall bei der FDP und der CDU – Norbert Schmitt dung aus. Auch die Verankerung der Schuldenbremse in (SPD): Jobmotor Rechnungshof!) der hessischen Landesverfassung hat nichts daran geändert, aber auch gar nichts. Das wiederum sorgt dafür, dass wir gute Einnahmen ha- ben. Wir stehen in Hessen sehr gut da, was die Steuerein- (Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Natürlich, der nahmesituation betrifft, und vor allem auch, was das Über- Abbaupfad!) winden der Finanzkrise betrifft. Da hat Hessen mit seinen – Ich komme noch auf den Abbaupfad, Herr Milde. – Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gute Voraussetzun- Regierungsfraktionen und insbesondere die Partei der Bes- gen geschaffen und diese Landesregierung gute Zeichen serverdienenden haben hier immer wieder gebetsmühlenar- gesetzt. tig wiederholt, dass das Geheimnis des Sparens der Ver- zicht sei. Herr Kollege Noll, tatsächlich müssen aber auch 8440 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Sie eingestehen, dass selbst eine schwarz-gelbe Landesre- Ich habe eine Frage: Warum die GRÜNEN diese Steuer gierung um Steuererhöhungen nicht herumkommt. Deshalb ablehnen und immer wieder eine Vermögensabgabe wol- folgen Sie unserem Vorschlag und erhöhen die Grunder- len, das ist mir nicht erklärlich, weil diese Vermögensab- werbsteuer. gabe dem Land gar nicht zugutekommen würde. (Beifall bei der LINKEN) Ich will noch kurz einen anderen Punk anschneiden; denn die Hessische Landesregierung hat sich in den letzten Wo- Das ist ein wichtiger, aber eben auch der einzige Punkt, in chen geoutet, was eigentlich ihre Hauptaufgabe ist: Sie ist dem sich die hessische Haushaltspolitik auf dem richtigen für die Durchsetzung der Interessen der Banken und des Weg befindet. Finanzkapitals verantwortlich. Sie hat sich als Finanzplatz- (Norbert Schmitt (SPD), zur CDU gewandt: Kniefall kabinett mit der Mehrheit der Minister zusammengefunden vor der Linkspartei!) und kämpft deshalb als Landesregierung gegen eine Fi- nanztransaktionsteuer und gegen Bankenregulierung. Des- Das ist umso bemerkenswerter, als ohne diese Steuererhö- halb wird vehement für ein Steuerabkommen mit der hung die Nettoneuverschuldung dieses Jahr in Hessen nicht Schweiz geworben und das Verbrechen der Steuerhinter- sinken, sondern ansteigen würde. ziehung vernebelt. Der Ankauf von neuen Steuer-CDs aus (Norbert Schmitt (SPD): Sehr richtig!) den Steueroasen in aller Welt wird in Hessen nicht ange- gangen. Meine Damen und Herren, ich stelle also fest: Ohne Steu- ererhöhungen kann auch Schwarz-Gelb die Neuverschul- Ein letzter Punkt. Wir sind dafür, endlich mit der Privati- dung des Landes nicht senken. sierung Schluss zu machen. Die Leo-I- und Leo-III-Ge- schichten sind Geschichte. Dennoch werden weiter Immo- (Beifall des Abg. Norbert Schmitt (SPD)) bilien als Tafelsilber verscherbelt. Ich habe allerdings wenig Hoffnung, dass diese Landesre- gierung endlich die Konsequenzen zieht und einsieht, dass das Kürzen öffentlicher Leistungen nichts mit Haushalts- Vizepräsident Lothar Quanz: konsolidierung zu tun hat. Herr Kollege van Ooyen, für Sie als Hinweis: Die fünf Mi- Herr Finanzminister Dr. Schäfer, in Ihrem Entwurf ist eini- nuten sind erreicht. ges im Argen. Tatsächlich bedienen Sie sich einiger Tricks, um die Zahlen schön aussehen zu lassen. Zum Willi van Ooyen (DIE LINKE): einen veranschlagen Sie einen Tarifabschluss nur mit der Hälfte dessen, was zu erwarten ist. Wenn die Beschäftigten Ich komme zum Schluss. Auch die PPP-Projekte sind im des Landesdienstes – davon kann man ausgehen – eine Ta- Grunde genommen in der Kritik. Leider wird nur durch öf- rifabschluss erkämpfen wie gegenüber Bund und Kommu- fentlichen Druck das eine oder andere verhindert. Beim nen, dann, Herr Schäfer, rechnet sich Ihr Etat für 2013 um Nachrechnen durch die Rechnungshöfe und die Revisions- 125 Millionen € schön und für 2014 sogar um 225 Millio- ämter wird die Erkenntnis klarer, dass solche Projekte ein- nen €. fach überteuert sind und das Finanzgebaren hinterfragt und abgeschafft werden muss. Das wird ein für alle Mal deut- Dazu kommt, dass die Einzahlungen für die Weimar-Rück- lich, weil auch die Rechnungshöfe inzwischen diese Kritik lage – zwar einmalig für das Jahr 2013, das wird immer teilen. Ich nehme an, dass wir diese PPP-Projekte abschaf- wieder betont – ausgesetzt worden ist. Dafür gibt es noch fen. nicht einmal eine vernünftige Begründung. Allerdings bringt dies schon für das Jahr 2013 noch einmal gut 108 (Beifall bei der LINKEN) Millionen € und für 2014 immerhin weitere 12 Millionen € an Einsparungen, die sozusagen nicht auf dem Kreditwege aufgenommen werden müssen. Vizepräsident Lothar Quanz: Wenn man jetzt noch die Rücklagenbewegung von 133 Vielen Dank, Herr van Ooyen. – Für die Landesregierung Millionen € im Jahr 2013 und 65 Millionen € im Jahr 2014 spricht Herr Staatsminister Dr. Schäfer. hinzunimmt, dann versteht man, was hier wirklich läuft: Durch Rechentricks, die allesamt nichts zur Haushaltskon- solidierung beitragen, schaffen Sie es, dass die Neuver- Dr. Thomas Schäfer, Minister der Finanzen: schuldung auf dem Papier sinkt. Würden Sie aber einen se- Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! riösen Haushalt aufstellen, dann wäre klar, dass die Neu- Wir beraten gerade den Einzelplan 17 und den Einzelplan verschuldung 2013 sogar ansteigt. 06. Ich werte den Umstand, dass ich jedenfalls zum Einzel- Herr Finanzminister Dr. Schäfer, ich stelle fest, Ihre Strate- plan 06 in der Debatte keine besonderen Überpointierun- gie zur Einhaltung der Schuldenbremse ist im Jahr 1 nach gen festgestellt habe – in manchen Redebeiträgen kam er der Verfassungsänderung bereits gescheitert. Ich werte das gar nicht vor –, dass das Haus der Ansicht ist, mit der hes- ausdrücklich als Erfolg derjenigen, die immer deutlich ge- sischen Steuerverwaltung so, wie sie aufgestellt und dotiert macht haben, dass sie eine Schuldenbremse ablehnen, weil ist, zufrieden zu sein. Ich nehme das als ein Kompliment sie nicht einzuhalten ist, die einen handlungsfähigen Staat für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der hessischen brauchen und deshalb gegen die Schuldenbremse aktiv wa- Steuerverwaltung an dieser Stelle. ren. Sie werden um weitere Steuererhöhungen im Bund (Beifall bei der CDU und der FDP) nicht herumkommen; insbesondere die Vermögensteuer wird als Landessteuer sicher entscheidend sein. Die Debatte konzentrierte sich auf den Einzelplan 17, unter dessen Schirm man alle politischen Fragestellungen der (Beifall bei der LINKEN) Haushaltspolitik gut diskutieren kann, weil am Ende dort alle Fäden des Haushalts zusammenlaufen. Lassen Sie Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8441 mich wenige Anmerkungen zu einzelnen Aspekten der De- dessen, dass wir jetzt ein Element aus diesem Paket heraus batte machen. noch in die Gesetzgebung in dieser Legislaturperiode wer- den gießen können. Man kann darüber streiten, ob einem Herr Abg. Schmitt, die innere Logik Ihres Vortrages er- das reicht oder nicht reicht. Die Diskussion will ich gar schließt sich mir an einer Stelle nicht. Sie werfen uns eine nicht führen. Aber es geht jedenfalls ein Schritt voran. zu hohe Ausgabensteigerung vor. Darüber kann man dis- kutieren und streiten. Gleichzeitig aber eine weitere Aus- (Vizepräsidentin Ursula Hammann übernimmt den gabensteigerung über 700 Millionen € anzukündigen, un- Vorsitz.) termauert zumindest nicht die Seriosität der Kritik an der Auf der anderen Seite wurde die Bestandsaufnahme in ei- vorherigen Ausgabensteigerung; nem Paket zusammengeführt, das jedenfalls eine hohe (Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Chance hat, in einer kommenden Legislaturperiode die Alexander Noll (FDP)) Grundlage für einen im Haus weitestgehend konsensualen nächsten Schritt zu gehen. Ich glaube, dass dafür eine gute es sei denn, man ist in der Lage, die eigenen Ausgabenstei- Grundlage gelegt ist. Deshalb war es richtig, diesen Weg gerungen und die, die man den anderen vorwirft, durch se- zu gehen, das Projekt gemeinschaftlich anzugehen und am riöse Gegenfinanzierungsvorschläge zu untermauern. Ende nicht das klassische Spiel von Regierungsvorlage und (Beifall bei der CDU und der FDP) Opposition zu machen. Der Erfolg der Arbeit dieser Ar- beitsgruppe gibt uns recht. – Herzlichen Dank für Ihre Jetzt kenne ich bisher nur Ihre öffentliche Ankündigung Aufmerksamkeit. und Ihre Rede, aber nicht einen einzigen Antrag zur Ände- rung des Haushalts. Üblicherweise ist es so, dass man den (Beifall bei der CDU und der FDP) Versuch unternimmt – die LINKEN und die GRÜNEN ha- ben das ja geschafft –, die Haushaltsanträge jenseits derer, die in der dritten Lesung noch einmal die letzten Punkte Vizepräsidentin Ursula Hammann: zusammenführen, aber das Gros der Haushaltsänderungs- Vielen Dank, Herr Dr. Schäfer. – Es liegt keine weitere anträge rechtzeitig zur zweiten Lesung vorzulegen. Ich Wortmeldung mehr vor. Damit sind die Einzelpläne 06, 17 wundere mich, dass das der Sozialdemokratischen Partei und 18 gelesen. nicht gelungen sein soll. Wir kommen zum nächsten Einzelplan, den ich nun aufru- Herr Schmitt, ich hege hier eine andere Vermutung. Sie fen werde: sind beispielsweise bei der Frage Ihrer verbal vorgetrage- nen Vorschläge noch nicht einmal in der Lage, die in Än- Einzelplan 07 – Hessisches Ministerium für Wirtschaft, derungsanträge zu gießen, weil Sie nämlich dann offenba- Verkehr und Landesentwicklung – ren müssten, welche Milchmädchenrechnung Sie dort an- Als erster Redner hat sich Herr Frankenberger von der stellen. SPD-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kolle- (Beifall bei der CDU) ge, Sie haben das Wort. Ich will das an einem Beispiel deutlich machen. Sie for- dern die Auflösung des Zukunftsfonds und sind der Auf- Uwe Frankenberger (SPD): fassung, da sei ein dreistelliger Millionenbetrag im Jahr zu sparen. Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! An der Spitze des Wirtschaftsministeriums ist es im zu Ende ge- (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das ist henden Jahr zu einem Wechsel gekommen. Zwei vermeint- abenteuerlich!) liche Nachwuchshoffnungen der hessischen FDP drängel- Das ist vordergründig richtig. Wenn Sie ihn aber auflösen ten voller Ungeduld, nun endlich auf Ministerstühlen Platz und die korrespondierenden Ausgaben gleichzeitig in Ab- nehmen zu dürfen. Am 1. Juni 2012 war es dann endlich so gang stellen, müssten Sie den vier Forschungsinstituten, weit. die daraus finanziert werden sollen, erklären: Tut uns (Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP)) fürchterlich leid, das Geld gibt es leider nicht mehr. – Dies scheuen Sie, weil Sie genau wissen, dass das am Ende eine Meine Damen und Herren, die hessische FDP im Umfrage- Diskussion ist, die in die Struktur Ihres Wahlprogramms tief, voller Existenzängste, beschloss eine Doppelstrategie. absolut gar nicht hineinpasst. Deshalb haben Sie nach mei- Auf der einen Seite sollten zwei neue Gesichter den Men- ner Vermutung auf die konkreten Änderungsanträge bisher schen frischen Wind vermitteln. Auf der anderen Seite verzichtet. Am Ende hätte man die Luftbuchungen, die Sie sollten, da man nicht so sicher war, ob der frische Wind dort vornehmen, wirklich sehr deutlich gesehen. auch so richtig ankommt und die FDP damit aus dem Um- fragetief herausbläst, möglichst viele Mitglieder auf attrak- Lassen Sie mich eine weitere Anmerkung machen. Frau tive Posten nach dem Motto versorgt werden: Sicher ist si- Erfurth hat sehr intensiv auf die Diskussion des Kommuna- cher. len Finanzausgleichs rekurriert. Ich habe ausdrücklichen Anlass, mich bei allen Fraktionen des Hauses für die Be- (Günter Rudolph (SPD): Das glaube ich nicht!) reitschaft zur Mitarbeit in der Facharbeitsgruppe zu bedan- Der letzte Teil der Doppelstrategie ist, wie man Pressebe- ken. richten der vergangenen Wochen entnehmen konnte, mitt- Ich sage ausdrücklich, dass uns die Diskussion dort bei al- lerweile in vollem Gang. Die Idee mit dem frischen Wind len Gegensätzen – die in der Sache weniger zwischen den hat dagegen den erhofften Durchbruch noch nicht ge- hier Versammelten, sondern überwiegend zwischen den bracht. Das ist nun wirklich keine große Überraschung, Kommunalen Spitzenverbänden waren – ein ganz entschei- denn wer meint, mit neuen Gesichtern die alte Politik ein- dendes Stück vorangebracht hat: einerseits in der Frage fach so weiterzufahren, 8442 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

(Günter Rudolph (SPD): Das wird nix!) (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Jürgen Frömm- rich, Karin Müller (Kassel) (BÜNDNIS 90/DIE die für schlechte Umfragewerte gesorgt hat, der unter- GRÜNEN) und Willi van Ooyen (DIE LINKE)) schätzt ganz einfach die hessischen Wählerinnen und Wäh- ler. Unser Bundesland braucht neben dem starken Finanzplatz Frankfurt eine aktive Industriepolitik. Diese fordern seit (Beifall bei der SPD) Jahren nicht nur die Sozialdemokraten, sondern auch die Der hessische Wirtschaftsminister ist zwar eifrig im Hes- Vertreter der Wirtschaft erwarten seit Jahren verzweifelt senland unterwegs, zeigt Präsenz, übergibt Förderbeschei- von Schwarz-Gelb ein industriepolitisches Konzept für de. Im Ergebnis ist festzuhalten: viel Wind, aber wenig Hessen. Bisher gibt es da Fehlanzeige. Neues. (Marius Weiß (SPD): Ja, so ist das!) (Jürgen Lenders (FDP): Es geht doch voran!) Ich kann nur feststellen: CDU und FDP haben keinen Plan, Hessen ist ein wirtschaftsstarkes Land. Aber seit Jahren wie dieser Industriestandort langfristig gesichert werden müssen wir Entwicklungen zur Kenntnis nehmen, die uns soll. aufhorchen lassen und Sorgen machen müssen. So hat Hes- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) sen in dem Dynamik-Ranking unter den Bundesländern der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft für 2012 lediglich Es gibt auch keine schlüssige Idee, wie aus dem, was an Platz 13 belegt. Platz 13 von 16 Bundesländern – das ist hessischen Hochschulen erforscht wird, langfristig gute für dieses starke Land blamabel. Produkte für die hessische Wirtschaft werden können. Des- wegen sind wir der Auffassung, dass wir mehr Geld in den (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Technologietransfer stecken müssen, als dies bisher der Als Fortschritt ist festzuhalten: Hessen ist ein starker Fall war. Standort. Aber es wird zu wenig daraus gemacht. – Wie In diesem Zusammenhang ist auch die Elektromobilität zu schreibt die Initiative in ihrer Pressemitteilung am 7. Sep- sehen. Hier vermissen wir eine durchdachte Strategie, die tember 2012? zeigt, wie sich Hessen in diesem wichtigen Feld viel stär- Aufwind für Hessen kommt vor allem aus dem Nor- ker positionieren kann, als es vorher der Fall war. den … Der jetzige Wirtschaftsminister hat bei seinem Amtsantritt Das erfüllt mich als Nordhesse mit Stolz. die Herausforderung des zukünftigen Fachkräftemangels als einen Schwerpunkt seiner Arbeit bezeichnet. Wenn die (Beifall bei der SPD) Schwerpunkte des Ministers genauso wie die Beseitigung Risiken gehen aber vor allem von der Bankenkrise des Fachkräftemangels abgearbeitet werden, dann ist es aus. kein Wunder, warum wir beim Ranking hinsichtlich der Dynamik auf Platz 13 liegen. Meine Damen und Herren, das zeigt auf der einen Seite, Nordhessen ist gut aufgestellt, aber auf der anderen Seite (Beifall bei der SPD) war und ist Hessen in einer Krise viel anfälliger als andere Vielleicht sind Sie mit diesem Platz zufrieden. Wir sind Bundesländer. das nicht. Für Hessen ist das ein blamables Ergebnis. (Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP)) Ohne gut ausgebildete Arbeitnehmer werden wir im Wett- Ich sage das erst einmal ohne Vorwurf. Aber die Struktur bewerb nicht bestehen können. Das Anwerben arbeitsloser in diesem Bundesland ist nun einmal so, wie sie ist. Die spanischer Jugendlicher ersetzt für uns kein Konzept zur jetzige Landesregierung mit CDU und FDP muss sich Sicherung des Fachkräftebedarfs. schon einmal den Vorwurf gefallen lassen, dass es eigent- (Dr. Walter Arnold (CDU): Sagen Sie noch einmal lich kein schlüssiges und tragfähiges Konzept gibt, wie un- etwas zum Haushaltsentwurf?) ser Bundesland die zukünftigen Herausforderungen bewäl- tigen soll und gegen solche Krisen in Zukunft weniger an- Sollte sich jemand vom Wechsel des Ministers nennens- fälliger ist. Hier ist bisher alles Fehlanzeige. werte Impulse versprochen haben, so wurde er schnell ei- nes Besseren belehrt. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP)) (Dr. Walter Arnold (CDU): Sagen Sie noch einmal etwas zum Haushaltsentwurf?) Herr Lenders, sehen Sie, da gibt es einen Unterschied, warum wir beide in der Politik sind. Sie sagen: Da kann Der sogenannte frische Wind ist ein ganz leiser Wind- man eh nichts machen. – Ich sage: Ich mache Politik, weil hauch. – Vielen Dank. ich ein Land gestalten will. – Das ist ein großer Unter- (Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen schied. (DIE LINKE)) (Beifall bei der SPD) Zunächst einmal ist festzustellen, dass sich diese Landesre- Vizepräsidentin Ursula Hammann: gierung extrem schwer damit tut, bei den Verursachern dieser Krise anzusetzen und die Bedingungen so zu gestal- Herr Kollege Frankenberger, vielen Dank. – Als nächster ten, dass solche Krisen nicht mehr so leicht entstehen kön- Redner hat sich Herr Kollege Lenders von der FDP-Frakti- nen. Wer den Finanzplatz Frankfurt erhalten und stärken on zu Wort gemeldet. Herr Kollege Lenders, bitte schön. will, der muss sich für klare Regeln auf den Finanzmärkten einsetzen, anstatt ein einfaches „Weiter so“ zuzulassen. Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8443

Jürgen Lenders (FDP): braucht es irgendwann einen Lkw, der es transportiert, und zwar auf Straßen. Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Einzelplan 07 zeigt eindeutig, wie die christlich-libera- Wer in Zukunft angesichts der begrenzten Ressourcen den le Koalition in Hessen ihre Schwerpunkte setzt. Schwerpunkt auf den Erhalt der Straße legen muss, darf aber Investitionen in neue Straßenbaumaßnahmen nicht (Janine Wissler (DIE LINKE): Ja, das stimmt!) aus den Augen verlieren. Wir sind deshalb froh, dass der Neben der Bildung ist vor allem die Infrastruktur der ent- Etat für den Landesstraßenbau auf einem hohen Niveau scheidende Schwerpunkt für die erfolgreiche Politik dieser von 100 Millionen € gehalten werden kann. Koalition. (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der (Beifall des Abg. Alexander Noll (FDP)) CDU) Ich darf an die Worte meines Kollegen Alexander Noll an- Da ist es schon einmal interessant, auf die Einlassungen schließen. Die Situation guter Steuereinnahmen eines Lan- der SPD und der GRÜNEN zu schauen. Die SPD sagt jetzt des ist das Ergebnis einer guten Wirtschaftspolitik. In die- nicht mehr, woher Sie die 150 Millionen € nehmen will, sem Sinne machen wir in Hessen unter Federführung Flori- wenn sie den Zukunftsinvestitionsfonds plattmachen will. an Rentschs eine hervorragende Wirtschaftspolitik. Die SPD fordert 150 Millionen €, während die GRÜNEN (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der hingegen eine deutliche Absenkung der Mittel für den CDU) Straßenbau fordern. In der Vergangenheit hat sich immer wieder in anderen Bundesländern gezeigt, dass sich die FDP und CDU setzen weiterhin stark auf den Ausbau des GRÜNEN mit ihrer Forderung durchgesetzt haben. Wäh- Breitbandkabels. Das Breitbandkabel stellt die Vernetzung rend sich die GRÜNEN mit den Umweltzonen auf die in der Zukunft dar. Neben den Straßen, den Bahnen und Großstädte konzentrieren, versuchen sie anderenorts, den den Flughäfen ist die digitale Vernetzung durch das Breit- Bau der Umgehungsstraßen zu verhindern. Aber auch die- bandkabel die wichtigste Infrastrukturmaßnahme der Zu- se Menschen haben ein Recht auf weniger Verkehr vor ih- kunft. Wir, die Mitglieder der FDP, sagen ausdrücklich, rer Nase. Beispiele gibt es dazu in Frieda oder in Wöll- dass wir weiterhin einen Schwerpunkt auf diesen Bereich stadt. legen wollen. Hessen ist Vorbild beim Ausbau des Breit- bandkabels. Diesen Weg wollen wir weiterhin gehen. (Beifall bei der FDP sowie der Abg. Dr. Walter Ar- nold und Kurt Wiegel (CDU)) Herr Kollege, aktive Industriepolitik gerade für den ländli- chen Raum hört sich ein bisschen danach an: Wir wollen Wir werden das mit 100 Millionen € auf einem sehr hohen noch ein wenig Subventionen zahlen. – Wir setzen aber ge- Niveau halten. Einer der Schwerpunkte, die wir mit diesem rade auch auf die kleinen und mittelständischen Unterneh- Haushalt setzen werden, betrifft die Sicherung des Fach- men. Wir wollen deshalb den ländlichen Raum nicht ab- kräftebedarfs und die Beseitigung des Fachkräftemangels. hängen. Unser Programm für den Ausbau des Breitbandka- Es geht nicht mehr darum, Ausbildungsplätze für Jugendli- bels setzt gerade da die Akzente. che zu schaffen. Inzwischen gibt es zum Glück genügend Ausbildungsplätze für alle. Deswegen müssen wir die (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU Kräfte, die wir da haben, bündeln und auf die Hauptschul- – Michael Siebel (SPD): Die einen sagen es so, die absolventen konzentrieren. Wir müssen die Fördermaßnah- anderen so!) men darauf gezielt abstimmen. Auch das werden wir mit Die Kollegen der GRÜNEN sind fast schon nicht mehr an- diesem Haushalt tun. wesend. Aber ich darf sagen: Einem Universaldienst, wie Wir beraten heute den Haushaltsentwurf. Wir haben aber die GRÜNEN ihn fordern, geben wir eine deutliche Absa- auch gestern für die Wirtschaftspolitik einen wichtigen Ak- ge. Das würde den Erfolg, den wir hier in Hessen haben, zent gesetzt. Wir haben da einen Gesetzentwurf zur Förde- absolut zunichtemachen. Die privaten Investoren, die sich rung der mittelständischen Wirtschaft eingebracht. Ich darf in Hessen auf einem guten Weg befinden, würden sich so- Ihnen aus den Fördergrundsätzen ein paar Beispiele nen- fort zurückziehen. nen, die zeigen, wie in Hessen eine erfolgreiche Wirt- (Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schaftsförderpolitik aussieht. Nachdem die Investitions- NEN): Ja, natürlich!) bank Hessen und die LTH verschmolzen wurden, hat die WIBank eine hervorragende Arbeit hinsichtlich der För- – Ja, so ist das. Wir hätten das kleine graue Telefon, wenn derpolitik gemacht. Ich möchte an dieser Stelle einmal aus- Ihre Politik in der Vergangenheit Platz gegriffen hätte und drücklich den Mitarbeitern der WIBank Danke sagen. Platz greifen würde. Das wäre der „Erfolg“ davon. Dort haben wir einen Instrumentenkoffer. Da gibt es Darle- (Beifall bei der FDP) hen, Bürgschaften, Rückbürgschaften, Garantien und Ich hätte meinem geschätzten Kollegen Kai Klose dann Rückgarantien, Beteiligungen und rückzahlbare Zuschüsse. nicht per SMS heute die besten Genesungswünsche Das geschieht alles besonders haushaltsschonend mit re- schicken können. Das werde ich gerne von diesem Platz volvierenden Finanzmitteln. aus nachholen. Die besten Genesungswünsche für Kai Klo- Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen einmal ein Bei- se. Er soll möglichst bald wieder auf die Beine kommen. spiel nennen. Wir, die Mitglieder der FDP und der CDU, (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU) haben mit dem Kapital für Kleinunternehmer ein hervorra- gendes Programm auf die Beine gestellt. Was ist der Effekt Das nächste Schwerpunktthema hinsichtlich des Ausbaus davon? – Der Effekt besteht darin, dass in vielen Hausban- der Infrastruktur ist der Straßenbau. Unverzichtbar sind der ken gesagt wird: Wir werden dieses Programm gar nicht in Erhalt und der Neubau der Straßen und Schienen. Denn ei- Anspruch nehmen müssen. Wir, die wir in Sparkassen und nes ist klar: Für jedes Paket, das im Internet bestellt wird, Raiffeisenbanken arbeiten, geben den kleinen Unterneh- 8444 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 mern von uns aus die finanziellen Mittel, die sie nötig ha- Meine Damen und Herren, weniger Verwaltung heißt: ben. – So kann vernünftige und ressourcenschonende Fi- mehr für die Menschen – auch wenn Sie das wahrschein- nanz- und Wirtschaftspolitik aussehen, die wirklich bei den lich niemals begreifen werden. – Vielen Dank für Ihre Unternehmen ankommt, die das brauchen. Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU) CDU) Meine Damen und Herren, um einen Schwerpunkt setzen zu können, muss man natürlich auch einen Beitrag zur Vizepräsidentin Ursula Hammann: Haushaltskonsolidierung leisten. Das Wirtschaftsministeri- um ist hier Vorreiter eines intelligenten Sparens. Man kann Vielen Dank, Herr Kollege Lenders. – Als nächste Redne- intelligent sparen oder aber dumm kürzen. Es geht immer rin hat sich Frau Kollegin Müller von der Fraktion BÜND- darum, intelligent zu sparen. Übersetzt heißt das: Sie müs- NIS 90/DIE GRÜNEN zu Wort gemeldet. Bitte schön, sen in der Verwaltung, in den Strukturen, sparen, nicht in Frau Kollegin, Sie haben das Wort. den Investitionen. Genau das kommt in diesem Haushalt (Dr. Walter Arnold (CDU): Jetzt will ich einmal ein zum Ausdruck. Lob für Kassel-Calden hören!) (Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD)) Wir wollen weniger Bürokratie und schlanke Verwaltung, Karin Müller (Kassel) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): damit wir Schwerpunkte setzen können, Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! – Herr Ar- (Torsten Warnecke (SPD): Schlanke Verwaltung?) nold, das Lob für Kassel-Calden kommt gleich, keine wo sie den Menschen im Land nützen. Insofern ist die Angst. Neustrukturierung von Hessen Mobil ein Paradebeispiel (Dr. Walter Arnold (CDU): Okay!) dafür, wie man diesem Prinzip folgt. Sie werden aber nicht erwarten, dass wir in diesem Jahr (Beifall bei der FDP – Torsten Warnecke (SPD): Na dem Einzelplan 07 zustimmen. Denn genau wie im letzten ja!) Jahr und in den Jahren zuvor ist er ideenlos und rückwärts- Meine Damen und Herren, damit einher geht eine Aufga- gewandt. Sie haben zwar einen neuen, jungen, dynami- benkritik. Da muss man Alternativen prüfen und dann aus- schen Minister, wählen. Damit sparen wir 300 Stellen in der Verwaltung (Zuruf des Abg. Wolfgang Greilich (FDP)) ein. Das ist wirklich eine nachhaltige Einsparung von Haushaltsmitteln, wirklich ein struktureller Beitrag zur aber das war es auch. Die Konzepte bleiben von gestern: Haushaltskonsolidierung. neue Köpfe, aber keine neuen Inhalte. (Beifall bei der FDP und des Abg. Dr. Walter Ar- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) nold (CDU)) Das werden wir morgen gleich wieder erleben, wenn wir Das ist nicht immer einfach zu leisten. 300 Stellen bedeu- wieder einmal das staufreie Hessen bejubeln. Jeder von Ih- ten am Ende immer auch: Personal abbauen. Meine Damen nen aber, der Auto fährt, wird bestätigen, dass wir bei Wei- und Herren, dabei darf man keine ideologischen Brillen tem noch nicht so weit sind, dass wir ein staufreies Hessen aufsetzen. Hier geht es auch um Menschen. Das darf man haben. nicht außer Acht lassen, wenn man in diesem Land Verant- (Wolfgang Greilich (FDP): Woher wollen Sie das wortung tragen will. denn wissen? – Weitere Zurufe) Nur durch intelligentes Sparen kann so etwas erreicht wer- Darüber aber werden wir am Donnerstag reden. den. Damit setzen wir um, was wir vor der Wahl verspro- chen haben. Ansonsten treffen wir in diesem Einzelplan alte Bekannte wieder, etwa Kassel-Calden. Davon allerdings müssen wir Inzwischen haben alle Parteien den Bürokratieabbau in ih- uns im nächsten Jahr in diesem Einzelplan verabschieden, rem Programm. Ihn aber auch konsequent umzusetzen, da- weil er dann in den Einzelplan 17 wandert, denn die Inves- zu fehlt ihnen meistens der Mut. tition ist dann abgeschlossen. Dieses Jahr aber können wir (Beifall bei der FDP und des Abg. Holger Bellino hier nochmals Einsparvorschläge machen. Wir würden ins- (CDU) – Timon Gremmels (SPD): Ihr habt ein neu- gesamt 36,7 Millionen € sparen, wäre dieser Flughafen es Landesschulamt eingerichtet!) nicht gebaut worden. – Auch beim neuen Landesschulamt haben sie eine Struk- (Timon Gremmels (SPD): Der ist schon gebaut!) turveränderung, die am Ende natürlich auch Einsparungen Hätte man ihn vielleicht vor Jahren saniert, wäre man mit mit sich bringen. 30 Millionen € ausgekommen. Jetzt haben wir 274 Millio- (Dr. Matthias Büger (FDP): Genau!) nen € ausgegeben, Wenn Sie mich schon darauf ansprechen: Auch die Um- (Dr. Walter Arnold (CDU): Er ist ein bisschen grö- strukturierung beim ÖPNV wird am Ende dazu führen, ßer geworden!) dass wir in der Verwaltung sparen, nicht aber in der Leis- und das Ende der Fahnenstange ist nicht in Sicht, wenn wir tung. Meine Damen und Herren, genau so geht das. die Verluste ausgleichen müssen. (Beifall bei der FDP – Michael Siebel (SPD): Man Er ist ein bisschen größer geworden, aber ob er notwendig sollte das Landesschulamt einsparen!) war, bleibt dahingestellt. Wir werden es sehen. Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8445

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – (Holger Bellino (CDU): Da stehen Sie doch immer Torsten Warnecke (SPD): Auf jeden Fall ist er stau- in der ersten Reihe!) frei!) – Das werden wir sehen. – Genau. (Holger Bellino (CDU): Ich kenne das!) Sie wollen bis zum Jahr 2018 die Verluste übernehmen. Es Ich kann Ihnen garantieren, dass ich in Kassel-Calden noch bleibt spannend, was Sie danach damit tun werden. Viel- nicht bei einem Spatenstich war. leicht starten Sie schon jetzt einen Ideenwettbewerb. Hen- ner Sattler wird bestimmt etwas einfallen. Er war heute (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und hier – vielleicht führen Sie die ersten Vorgespräche. Wir des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE)) sind gespannt. Wir haben Ihnen unsere Vorschläge unterbreitet, wie wir (Dr. Walter Arnold (CDU): Da oben ist er noch!) uns die Zukunft bei der Mobilität vorstellen. Wir wollen einen Hessen-Takt verwirklichen, wie ihn Rheinland-Pfalz – Oh ja, da ist er noch. Gut. Herr Sattler, Sie sind gefragt: schon längst hat. Wir wollen ein Schülerticket. Wir wollen neue Ideen für Kassel-Calden, wenn niemand fliegen wird. Radabstellanlagen an Bahnhöfen. Wir wollen ein Notpro- Eines ist für uns aber sicher: Demonstrationen wegen Flug- gramm für den lokalen Verkehr. Wir wollen Konzepte für lärms wird es in Kassel-Calden nicht geben. den ländlichen Raum, Genau diese Investitionen in das Millionengrab Kassel- (Holger Bellino und Dr. Walter Arnold (CDU): Ha- Calden und die beiden Autobahnprojekte A 44 und A 49 ben wir doch!) sind der Grund für die rote Laterne, die Herr Al-Wazir damit sich dort auch in zehn Jahren noch etwas bewegt. heute Morgen schon einmal aus der Studie „Nachhaltige Wir brauchen ein Notprogramm für den lokalen Verkehr, Mobilität“ zitiert hat, und wir brauchen intelligente Konzepte statt Beton im (Dr. Walter Arnold (CDU): Na!) Straßenbau. bei der Sie den letzten Platz erhalten haben. Obwohl sämt- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) liche Länder teilgenommen haben und auch Ihre Ministeri- Noch kurz zum Thema Datenautobahn. Herr Lenders hat en die Fragen beantwortet haben, konnte das anscheinend es ausgeführt. Mein Kollege Kai Klose konnte Sie leider nichts herausreißen. nicht überzeugen. Es geht nicht darum, einfach Geld in den (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Breitbandausbau zu stecken, sondern darum, schnell flä- chendeckend technisch angepassten Breitbandausbau vor- Dabei hatten wir extra eine Nachhaltigkeitsstrategie gestar- anzubringen. Das ist der Fehler, den Sie machen. Sie den- tet. Die ist vom Ansatz her auch sehr gut. Auch bei der ken, viel hilft viel. Das tut es aber nicht. Wenn Sie darüber Mobilität sind einige theoretisch sehr gute Ansätze zu ver- nachdenken und sich auch einmal mit dem Kollegen Klose zeichnen – Mobilität 2050 und einiges andere sind da verständigen würden, dann kämen wir beim Breitbandaus- durchaus positiv zu benennen. Aber es scheitert an der bau viel weiter voran. Umsetzung. Da bleibt es bei den Investitionen in Beton statt in intelligente Mobilitätskonzepte. Sie wollen mehr (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zu- Verkehr. Wir wollen mehr Mobilität mit weniger Verkehr. ruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU)) Bei Ihnen ist das nicht zu erkennen. Anscheinend herrscht Zusammenfassend: Sie haben keine neuen Ideen. Sie sind bei Ihnen immer noch das Motto „Freie Fahrt für freie Bür- ideenlos und verbraucht. Sie haben nichts mehr vor. ger“, und Sie glauben, damit Wählerinnen und Wähler ge- winnen zu können. Ich hoffe und weiß, dass die Wählerin- (Lachen der Abg. Holger Bellino und Dr. Walter Ar- nen und Wähler schlauer sind, als Sie denken. Deswegen nold (CDU)) werden Sie damit keinen Erfolg haben. Damit war das leider die letzte Haushaltsrede in dieser Le- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zu- gislaturperiode für den Einzelplan 07. Das nächste Mal ruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP)) würde ich mich wahrscheinlich nicht wiederholen müssen, denn dann ist Kassel-Calden gebaut, und wir müssen ir- Die 35 Millionen €, die Sie zusätzlich in den Straßenbau gendwann über ein Insolvenzverfahren reden. investieren, nennen Sie „Zukunftsfonds“, also Investitio- nen in die Zukunft. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN) (Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU)) Sie stecken das in den Straßenbau. Sinn und Zweck davon ist wahrscheinlich nur, dass Herr Rentsch jede Woche ein Vizepräsidentin Ursula Hammann: neues Bändchen durchschneiden kann. Vielen Dank, Frau Kollegin Müller. – Als nächster Redner (Holger Bellino (CDU): Nein, um die Mobilität zu hat sich Kollege Dr. Arnold von der CDU-Fraktion zu erhöhen! – Zuruf des Ministers Florian Rentsch) Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort. – Diese Spatenstiche machen Sie schon jetzt dauernd, und wir alle erhalten die Einladungen. (Dr. Walter Arnold (CDU): Das ist doch gut!) Dr. Walter Arnold (CDU): – Herr Rentsch, Sie können gleich etwas dazu sagen. Im Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als der Jahr 2015 werden wir das nicht mehr machen. Kollege Frankenberger seine Rede mit der klaren Aussage begonnen hat, Hessen ist ein wirtschaftsstarkes Land, habe ich gesagt: Prima, wir sehen das ganz genauso. Heute ha- 8446 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 ben wir dafür eine ganze Menge an Kennzahlen gehört: 2,3 gionalentwicklung“ mit 4,16 Millionen €, das EU-Pro- Millionen Beschäftigte, ein Wirtschaftswachstum von gramm „ELER“ mit 5,2 Millionen € und im Tourismus ei- deutlich über 3 %, eine Arbeitslosenquote von 5,5 %, unter ne Liquidität von 2,13 Millionen €. Das sind insgesamt 200.000 Arbeitsuchende – auch das ein Rekord für dieses vier Produkte im Produkthaushalt mit 16,4 Millionen € Bundesland. Das hat viel mit Wirtschaft zu tun. Entwicklung für den ländlichen Raum. Da ich von Ihnen zum Haushalt leider gar nichts gehört ha- Ich bin ganz sicher, dass mit dem Teilaspekt des Kommu- be, sondern Sie sich lange mit dem Ministerwechsel in nalen Finanzausgleichs in diesen Programmen eine Stär- zwei Ministerien beschäftigt haben, will ich jetzt versu- kung des ländlichen Raums mit mehr Impulsen stattfindet. chen, doch noch einmal ein paar Informationen über den Herr Minister Rentsch, ich bin dankbar, dass diese Pro- Haushalt zu vermitteln. gramme möglich waren und umgesetzt werden können. Eines aber möchte ich auch deutlich sagen, und das hat (Beifall bei der CDU und der FDP) schon der Kollege Noll hervorgehoben: Mit dem Flughafen Für ein modernes Bundesland, das noch sehr viel Industrie Frankfurt haben wir einen Jobmotor, der seinesgleichen in hat, das mitten in Deutschland dafür sorgt, dass wir sowohl Deutschland sucht. im Straßenverkehr als auch im Flugverkehr und auch auf (Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE)) der Eisenbahn die Zahlen entsprechend bewältigen können, ist die Mobilität in Hessen ein ganz wesentlicher Punkt. Bei der Verkehrsinfrastruktur haben wir mit der A 66, der Der Landesstraßenbau bildet mit 100 Millionen € in den A 44 und der A 49 Jahren 2013 und 2014 einen weiteren Schwerpunkt. Das (Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE)) bedeutet, dass in der gesamten Legislaturperiode über eine halbe Milliarde €, genau 560 Millionen €, originäre Lan- Straßenbauprojekte, die uns voranbringen. desmittel in den Straßenbau hineinfließen. Mit Blick auf Ich möchte meine Ausführungen bewusst damit beginnen, die 27 Millionen € im Jahr 1998 unter der rot-grünen Lan- dass ich sowohl Herrn Minister Posch als auch Minister desregierung ist das eine bedeutende Steigerung und zeigt, Rentsch und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in ih- dass wir verstanden haben, dass zu einer guten Wirtschaft rem Ministerium herzlich für die Arbeit in den abgelaufe- gute Straßen gehören. Zu guten Straßen gehört Mobilität. nen Monaten und auch für die Vorbereitung dieses Haus- Das macht diese Landesregierung von CDU und FDP. haltsplans danke. (Beifall bei der CDU und der FDP) (Beifall bei der CDU und der FDP) Im Bereich der Förderung der Mobilität, hier habe ich Wenn wir an vielen Stellen vorne sind – Breitband ist so HoLM mit 2,5 Millionen € erwähnt, werden wir eine Men- ein Stichwort, ich komme gleich noch einmal darauf –, bei ge an Impulsen bekommen, um dafür zu sorgen, dass das den Infrastrukturmaßnahmen und bei den Zahlen, die da- ein weiterer Schwerpunkt ist. mit zusammenhängen bis hin zu den Steuereinnahmen, Ein anderes Infrastrukturprogramm, bei dem Hessen bei- dann hängt das auch damit zusammen, dass wir im Wirt- spielhaft auf Platz 1 in Deutschland steht, ist die Entwick- schaftsministerium hervorragende Kolleginnen und Kolle- lung einer entsprechenden Infrastruktur für Breitband. Die gen haben, die eine exzellente Arbeit leisten. Strategie wurde im hessischen Wirtschaftsministerium ent- Sicherlich war auch vieles dabei, was Neuanfänge beinhal- wickelt, nicht zuletzt auch aufgrund der Erkenntnisse, die tet hat. Es wurde beispielsweise die Neuorganisation von wir in einer Anhörung in diesem Haus gewonnen und um- Hessen Mobil erwähnt. Wir sind dabei, ein ÖPNV-Gesetz gesetzt haben. Herr Kollege Siebel ist momentan nicht da, zu entwickeln, das unter freiwilliger Beteiligung an neuen wir waren uns eine ganze Weile einig, CDU, SPD und Maßnahmen den Kommunen hilft, wirtschaftlicher zu sein. FDP, dass wir diese Strategie unterstützen. Dabei geht es Wir reden über neue Institutionen, z. B. das House of Lo- um eine zukunftsgerichtete Zusammenarbeit mit den An- gistics and Mobility. Das ist etwas, das wir im Großraum bietern von privaten Aktivitäten, denen der Vorrang gelas- Frankfurt/Rhein-Main bundesweit einmalig darstellen kön- sen wird, wenn ihre Angebote wirtschaftlicher sind, und nen, ein Cluster mit über 110.000 Beschäftigten, von dem mit kommunalem Engagement, das staatlich unterstützt sehr viele Impulse kommen. wird. Mit dieser Strategie können wir dafür sorgen, dass entsprechende Projekte gestartet und durchgeführt werden Herr Kollege, wenn Sie darüber lachen, dann empfehle ich können. Wir sind momentan dabei, eine Grundversorgung Ihnen, einmal nach Frankfurt zu gehen. Sehen Sie sich das von 99,5 % mit einer Grundversorgungsperspektive von an, und lassen Sie sich das einmal zeigen. Dass Sie in Ihren 1 MBit/s in Hessen verwirklicht zu sehen. Haushaltsentwürfen gerade für das HoLM die Mittel strei- chen wollen, zeigt mir persönlich, dass Sie es nicht ver- Wir wollen aus verschiedenen Mitteln aus der Gemein- standen haben. schaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschafts- struktur“, aus GRW-Mitteln und auch aus der Förderung (Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE)) der Verlegung mit insgesamt 6,2 Millionen € jeweils in Ich biete gerne ein Privatissimum an, um Ihnen zu erläu- den beiden Haushaltsjahren dafür sorgen, dass das Breit- tern, was damit verbunden ist. bandprojekt nach vorne getrieben wird. Dazu gehört auch das neue Darlehensprogramm über 200 Millionen €, das (Beifall bei der CDU und der FDP) für den Aufbau von Hochgeschwindigkeitsdatennetzen zur Ich möchte, auch mit Blick auf die Zeit, drei Schwerpunkte Verfügung steht, um gerade auch kommunalen Unterneh- herausarbeiten. Der Einzelplan 07 enthält für das Jahr 2013 men entsprechende Investitionen zu erleichtern. und für das Folgejahr rund 656 Millionen € Produktabgel- Diese Mischung wird im Odenwald bereits umgesetzt tung. Damit wird auch in bedeutender Weise der ländliche wird. Im Kreis Fulda ist mithilfe des lokalen Energiever- Raum gestärkt. Ich erwähne das Programm „Dorferneue- sorgers ein entsprechendes Programm unterwegs. Vom rung“ mit 4,9 Millionen €, das Produkt 94 „Ländliche Re- Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8447

Landkreis Gießen wird berichtet, dass er dabei ist, das er- Ich will dazu gar nicht mehr viel sagen, aber noch einmal folgreich umzusetzen. darauf hinweisen, dass die Wohlstandszuwächse, die es in den letzten Jahren durch günstige Wachstumsraten zwei- Es ist nicht möglich, allein mit Steuermitteln eine solche felsohne gegeben hat, bei den Beschäftigten in Hessen Breitbandinitiative entsprechend zu verwirklichen. Wir ha- größtenteils gar nicht angekommen sind. Mittlerweile ar- ben eine geschickte Mischung aus privaten Programmen beiten 23 % der Beschäftigten in Hessen zu Niedriglöhnen. und kommunalen Initiativen. Das sorgt dafür, das Ziel, Vier von fünf Jobs, die geschaffen werden, sind zeitlich möglichst flächendeckend in ganz Hessen die 50 MBit/s befristet, oder sie werden im Bereich der Leiharbeit ge- einzurichten, in einer absehbaren Zeit auch darzustellen. schaffen. Das ist ein Projekt, das in vielen Wettbewerben, auch bun- desweit, sehr erfolgreich war und Beachtung und Nachah- Ich möchte an dieser Stelle auch sagen, dass ich mir ge- mer gefunden hat. Ich möchte den Mitarbeitern, die das be- wünscht hätte, dass der Wirtschaftsminister oder sein Vor- arbeiten, noch einmal herzlich für ihre guten Ideen danken. gänger nicht dazu geschwiegen hätten, als z. B. bei Manro- land oder bei Neckermann Tausende von Arbeitsplätzen (Beifall bei der CDU und der FDP) vernichtet wurden. Da würde ich mir schon einen Wirt- Gerade auch mit dem gestern diskutierten Mittelstandsför- schaftsminister wünschen, der sich mit den Beschäftigten derungsgesetz und mit der Idee eines hessischen Innovati- trifft, der sich der Sorgen und Ängste der Beschäftigten an- onstags, eines hessischen Außenhandelstags, machen wir nimmt. deutlich, dass der Mittelstand viele Impulse erhält, gerade (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): „Frankfurter auch in Zusammenarbeit mit den hessischen Hochschulen Rundschau“!) und Universitäten. Wir sind auf einem sehr guten Weg, dass die Wirtschaft durch die sehr gute Wirtschaftspolitik – Oder beispielweise bei der „Rundschau“, vielen Dank. – von Herrn Minister Rentsch, aber auch durch die Unter- Ich finde, dass wir einen Wirtschaftsminister bräuchten, stützung der beiden Fraktionen, höchst erfolgreich ist. der an der Seite der Beschäftigten steht und klar und deut- lich hörbar seine Stimme erhebt. Dieser Haushalt, zu dem wir keine Änderungsanträge ein- gebracht haben, weil wir in der Vorbereitung sehr intensiv (Beifall bei der LINKEN) darüber gesprochen haben, ergibt für unser Hessenland ei- Uns drohen auch auf europäischer Ebene neue große Risi- ne gute Zukunft. Herr Minister Rentsch, Ihnen und allen ken, weil die schwarz-gelbe Bundesregierung durch die in- anderen, die damit zu tun haben, ein herzliches Glückauf. – ternationale Krise wie durch eine Geisterbahn laviert. Sie Vielen Dank. erschrickt ständig vor irgendwelchen Dingen, die es ei- (Beifall bei der CDU und der FDP) gentlich gar nicht hätte geben sollen. Wenn man sich die heutige Debatte zum Haushalt im Bundestag anschaut, dann sieht man, dass sehr viel Ratlosigkeit angesichts der Vizepräsidentin Ursula Hammann: aktuellen Situation in Griechenland herrscht. Am Ende – Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Arnold. – Die nächste das ist leider schon jetzt absehbar – werden die öffentli- Wortmeldung kommt von Frau Kollegin Wissler, DIE chen Haushalte noch weiter in den roten Zahlen stehen. LINKE. An der Stelle will ich noch einmal sagen, warum wir der Meinung sind, wir bräuchten eine Schuldenbremse für die Banken, aber nicht für den Staat. Es waren nämlich die Janine Wissler (DIE LINKE): Staaten, die die Banken gerettet haben – nicht umgekehrt. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bevor ich auf Deshalb ist es ein Fehler, wenn Milliardepakete für Banken die Einzelheiten des Haushaltsplans eingehe, möchte ich aufgelegt werden, gleichzeitig aber gesagt wird, für alles einige Bemerkungen zur wirtschaftlichen Lage Hessens andere gilt die Schuldenbremse. Es kann nicht sein, dass machen. Diese Lage wird in diesem Haus gerne bejubelt. die Banken die Gewinne einfahren, während der Steuer- zahler die Risiken trägt, für die Risiken haftet. Deswegen Ich möchte an der Stelle darauf hinweisen, dass die deut- finde ich, man muss sich schon anschauen, wie sich die schen Exporte im September so stark eingebrochen sind Staatsverschuldung gerade in der Krise entwickelt hat. wie seit der Krise nicht mehr. Gerade für eine exportorien- Dann sieht man, dass das Defizit weniger mit einer Ausga- tierte Wirtschaft, wie wir sie in Hessen haben, ist das ein benexplosion und mehr damit zu tun hat, dass der Staat in riesiges Problem. dieser Krise die Banken retten musste. Die Krise, die wir jetzt in den südlichen Ländern Europas Meine Damen und Herren, die Landesregierung bejubelt haben, wird wie ein Bumerang nach Deutschland zurück- vielfach die Lage am Ausbildungsmarkt. Die Zahlen am kommen. Die Tatsache, dass diese Länder des Südens ge- Ausbildungsmarkt sehen in diesem Jahr tatsächlich günsti- zwungen werden, Sparprogramme aufzulegen, die jegliche ger aus als in den Jahren zuvor. Ich will aber vor dem Nachfrage nach deutschen Exportgütern abwürgen, weil in Schönreden dieser Situation warnen. Es ist eben nicht so, diesen Ländern die öffentliche Hand nicht mehr investieren dass alle Jugendlichen vernünftig versorgt sind. Zwischen kann und darf, und in den privaten Haushalten auch die der Zahl der Bewerberinnen und Bewerber und der Zahl Nachfrage gedrosselt wird, führt im Umkehrschluss zu ei- der betrieblichen Ausbildungsplätze klafft auch dieses Jahr nem Problem deutscher Exporte. eine Lücke. Die sogenannten doppelten Jahrgänge kom- Deswegen hat meine Fraktion unter anderem im Bundestag men erst noch, und Sie wissen, dass gerade in Hessen be- so stark vor dieser Krisenlösungsstrategie gewarnt, die kei- sonders viele Jugendliche in sogenannten Warteschleifen ne Krisenlösungsstrategie ist. Sie treibt diese Länder weiter unterkommen. in die Krise und bringt die Krise zurück nach Deutschland. Die unbesetzten Ausbildungsplätze werden oft in Branchen angeboten, wo die Qualität der Ausbildung und vor allem 8448 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 das zu erwartende Einkommen sehr gering sind. Das sind Nordhessen braucht eine gute und auch gut getaktete beispielsweise die Gastronomie, das Friseurgewerbe und Bahnverbindung. Nordhessen braucht aber kein Millionen- der Einzelhandel. Die noch offenen Ausbildungsplätze be- grab namens Kassel-Calden. finden sich ganz überwiegend im Rhein-Main-Gebiet. Das (Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Ministers Flo- heißt, wir haben hier auch noch ein lokales Gefälle. rian Rentsch) Die Zahl der hessischen Betriebe, die ausbilden, nimmt ab – Das ist ein Flughafen, für den sich kaum eine Fluglinie – trotz des viel beklagten Fachkräftemangels. Der Minister interessiert, wo aber wahnsinnig viel öffentliches Geld ver- hat sich vorgenommen, den Fachkräftemangel zu bekämp- pulvert wird. Herr Rentsch, bei Kassel-Calden würde ich fen, und hat dazu auch eine Kommission eingerichtet. von Ihnen gerne den Satz „Privat geht vor Staat“ hören. An Auch ich bin der Meinung, dass das ein Thema ist, dem der Stelle haben Sie aber überhaupt kein Problem damit, sich der Minister stellen muss. Ich denke aber, den Fach- dass staatliche Zuschüsse gezahlt werden. kräftemangel bekämpft man in erster Linie dadurch, dass man die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert, (Beifall bei der LINKEN) dass man die Ausbildung fördert, dass man die Anerken- nung ausländischer Berufsabschlüsse verbessert, dass es ei- Wenn wir über den Landeshaushalt reden, müssen wir na- ne bessere Wiedereingliederung von Erwerbslosen gibt. türlich auch noch über den Frankfurter Flughafen reden. Ich denke aber nicht, dass man den Fachkräftemangel in Auch hier geht nämlich privat nicht vor Staat, sondern hier Hessen dadurch bekämpfen kann, dass man beispielsweise gilt: Fraport fährt die Gewinne ein, und für Schäden zahlt gut ausgebildete Spanier anwirbt, sie hier in Hessen arbei- am Ende der Steuerzahler. ten lässt, am Ende noch zu günstigeren Löhnen, und sie am (René Rock (FDP): Frankfurt fährt die Gewinne ein, Ende auch noch als Lohndrücker einsetzt. Ich halte das für wollten Sie sagen!) eine Politik, die überhaupt nicht geht. Sich in den Ländern, die derartig in der Krise stecken, die Rosinen herauszu- – Frankfurt? Der Flughafen Frankfurt fällt mir dazu ein. picken, gut ausgebildete Facharbeiter nach Deutschland zu (René Rock (FDP): Die Stadt Frankfurt fällt Ihnen holen, statt dafür zu sorgen, dass diese Menschen eine Per- dazu nicht ein?) spektive in Spanien haben, ist keine Strategie, um dem Fachkräftemangel in Hessen zu begegnen. – Schön, dass Sie einen konstruktiven Kommentar zu die- ser Debatte geleistet haben, Herr Rock. (Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der FDP und des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE (Beifall bei der LINKEN – René Rock (FDP): Ger- GRÜNEN)) ne! – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) – Nein, Herr Frömmrich, die sollen nicht arbeitslos blei- ben. – Ich sage Ihnen, welche Gefahr ich sehe. Die Gefahr Beim Flughafen Frankfurt haben wir letztendlich das glei- ist, dass diese Arbeitskräfte zu günstigeren Löhnen als ein- che Problem. Fraport streicht die Gewinne ein, und der heimische Arbeitskräfte hierher geholt werden, dass da- Steuerzahler kommt für die Schäden auf. Da Herr Arnold durch die Tarifverträge unterlaufen werden und dass die davon gesprochen hat, dass das ein Jobmotor sei, will ich Jugendlichen aus Spanien auch noch als Lohndrücker noch einmal die Frage stellen: Wo sind denn die 100.000 missbraucht werden. Wenn man schon ein Agreement mit Arbeitsplätze, die Sie der Region versprochen haben? Die Spanien schließt, dann muss man auch einmal zur Kenntnis gibt es nicht. Es gibt nicht einmal 50.000 zusätzliche Ar- nehmen, dass die gesamten Ausbildungskosten dieser beitsplätze. Menschen von Spanien getragen wurden. Daher muss man (Minister Jörg-Uwe Hahn: Es sind 80.000 Ar- überlegen, ob man den spanischen Staat an der Stelle un- beitsplätze!) terstützt. Deswegen ist das natürlich kein Weg, um den Fachkräftemangel in Deutschland zu bekämpfen. Das ist – Die waren aber schon vorher da. Dafür brauchte man kei- auch nicht das, was die Mehrheit dieser Menschen will. Sie ne neue Landebahn. Das Versprechen war, es werde brauchen dort eine Perspektive, wo sie leben. Sie wollen 100.000 neue Arbeitsplätze geben. nicht völlig entwurzelt werden, sondern sie wollen eine (Zurufe von der CDU und der FDP) Perspektive in ihrem Land haben. – Die wären bestimmt alle weggefallen, wenn es die neue (Beifall bei der LINKEN) Landebahn nicht gegeben hätte. Also: Die Behauptung, der Meine Damen und Herren, Sie haben den Entwurf für ein Flughafen sei ein Jobmotor, ist wirklich eine absolute Lüge Vergabegesetz vorgelegt. Er ist nicht viel mehr als ein und ein leeres Versprechen, das gegeben wurde, um die schlechter Witz und schreibt im Wesentlichen Selbstver- Region einzukaufen. Jetzt geben Sie Geld aus, um die ständlichkeiten fest. Schäden zu bezahlen, um die Lärmschutzmaßnahmen zu bezahlen, damit Fraport das nicht bezahlen muss. Ich will noch ein paar Sätze zum Bereich Verkehr sagen. Wir haben immer wieder gesagt, dass wir auch eine Ver- Die Entwicklungszusammenarbeit ist Ihrem Ministerium kehrswende brauchen, eine komplett andere Verkehrspoli- gerade einmal 260.000 € wert. Das halte ich angesichts der tik. Sie setzen weiterhin Prioritäten beim Straßen- und Prioritätensetzung dieser Landesregierung für ein Armuts- beim Flugverkehr. Den ÖPNV vernachlässigen Sie sträf- zeugnis. lich. Die gegenwärtige Finanzierungssituation wird dazu (Beifall bei der LINKEN) führen – das wurde auch in der Anhörung gesagt –, dass es zu Leistungskürzungen kommt, dass es zu Ausdünnungen Wir haben beim Energiegipfel viel über die Energiewende, des Angebots kommt, dass die Infrastruktur gerade im über Energieeinsparungen und über den Umstieg auf er- ländlichen Raum geschwächt wird und manche Regionen neuerbare Energien diskutiert. Am Energieverbrauch in abgehängt werden. Deshalb sage ich an dieser Stelle: Hessen ist der Verkehr zu über 45 % beteiligt. Einen großen Teil davon „liefert“ natürlich der Flugverkehr, aber Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8449 auch alle anderen Verkehrsarten sind hieran beteiligt. Des- einem internationalen Flughafen ist und einen starken Ban- halb denke ich: Wenn wir über die Energiewende reden, kenstandort hat. Irgendwann hat sich Hessen sehr viel müssen wir notwendigerweise auch über die Frage einer schneller und dynamischer entwickelt, als es in Nordrhein- Verkehrswende reden, weil ohne eine Verkehrswende die Westfalen der Fall war. Diese Außenbetrachtung vergessen Energiewende überhaupt nicht möglich ist. Deshalb muss wir gelegentlich, wenn wir in der politischen Klein-Klein- man von der Verkehrspolitik der Sechzigerjahre wegkom- Debatte versuchen, das eine oder andere Argument umzu- men und den ÖPNV fördern, statt weiterhin neue Straßen drehen. Aber das wird von außen wahrgenommen. Hessen zu bauen und den Flugverkehr zu fördern. Das ist nicht nur war nicht von Anfang an reich. Wir haben uns diesen verkehrspolitisch, sondern auch angesichts der klimati- Wohlstand hart erarbeitet. schen Herausforderungen völlig falsch. (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der Der Einzelplan des Wirtschaftsministeriums setzt falsche CDU) Prioritäten. Er ist mit einer zukunftsfähigen Wirtschafts- Dieser Wohlstand hat auch etwas damit zu tun, dass wir und Verkehrspolitik überhaupt nicht vereinbar. Deshalb das zentrale Mobilitätsland in Deutschland sind. Wer in ei- kann man feststellen: Der Minister, Herr Rentsch, ist zwar ner solchen Debatte – auch wenn wir unbestritten Proble- neu, aber die Probleme im Einzelplan bleiben leider die al- me mit dem Frankfurter Flughafen haben, was die Lärmbe- ten. Deshalb werden wir diesem Einzelplan nicht zustim- lästigung und die Umweltbelastung angeht – ernsthaft be- men. streiten will, dass der wirtschaftliche Erfolg dieses Landes (Beifall bei der LINKEN) stark vom Flughafen abhängt, dem muss ich sagen: Ich freue mich auf den Wahlkampf, um mit den Wählerinnen und Wählern darüber zu diskutieren. Vizepräsidentin Ursula Hammann: (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU Danke schön, Frau Kollegin Wissler. – Für die Landesre- – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Jeden Montag um gierung spricht nun Herr Staatsminister Rentsch. Bitte 18 Uhr!) schön, Herr Staatsminister, Sie haben das Wort. Kommen wir noch einmal auf den Haushaltsplan zurück. Ich habe mich gerade von der einen oder anderen Stellung- Florian Rentsch, Minister für Wirtschaft, Verkehr und nahme der Kollegen aus den Fraktionen motivieren lassen. Landesentwicklung: Aber ich glaube, dass, wie es vor allem die Kollegen Len- ders und Arnold gesagt haben, der Haushalt diese Schwer- Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! punkte abbildet. Wir haben zunächst einmal dafür Sorge Zunächst einmal glaube ich – das ist vielleicht etwas, was getragen, dass wir das Geld, das uns die Steuerzahlerinnen die Fraktionen in diesem Haus mit der Landesregierung und Steuerzahler anvertrauen, ordentlich verwenden, und verbindet –, Hessen befindet sich in einer guten wirtschaft- wir haben die Strukturen so gestaltet, dass wir nicht unnö- lichen Situation. Wir haben in den letzten Jahren mit guten tig Geld ausgeben. Wir haben schlanke Strukturen. Die Rahmenbedingungen erheblich dazu beigetragen, dass In- Bürgerinnen und Bürger haben ein Anrecht darauf, dass vestitionen nach Hessen gekommen sind. Dadurch sind Ar- nicht unnötig Geld ausgegeben wird. beitsplätze geschaffen worden, und dadurch ist es über- haupt erst ermöglicht worden, dass wir pro Kopf die Meine Damen und Herren, es ist kein Vergnügen, Verwal- höchsten Durchschnittslöhne haben und dass es den Men- tungsstrukturen umzubauen. Es ist kein Vergnügen, mit schen hier gut geht. Menschen über die Frage zu diskutieren, ob neue Struktu- ren unbedingt notwendig sind. Aber es ist richtig, es zu (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der machen, wenn man weiß, dass man nachher effizientere CDU) Strukturen hat und damit Steuergelder einspart. Was sonst Ich denke, wir können an einem solchen Tag trotz der un- ist richtig? terschiedlichen Einschätzungen – wie wir es sehen und (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der was wir vielleicht anders machen würden – feststellen, CDU) dass wir diese Situation nicht zu bedauern brauchen. Ich hatte vor einigen Wochen ein sehr ausführliches Interview- Diesen Weg sind wir gegangen. Ich darf sagen, dass wir gespräch mit Wolfgang Clement, ehemals SPD. aus meiner Sicht gerade bei der Reorganisation der Hessi- schen Straßen- und Verkehrsverwaltung – heute: Hessen (Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wo Mobil – einen Meilenstein gesetzt haben, was die hessische ist er jetzt noch einmal?) Verwaltung betrifft. Wir haben wirklich alle viel mit Hes- Wolfgang Clement hat in dem Vorgespräch relativ aus- sen Mobil zu tun. Ich kann sagen, dass sich diese Neu- führlich über den Wettbewerb zwischen Nordrhein-West- strukturierung definitiv gelohnt hat: Ohne betriebsbedingte falen und Hessen gesprochen. Nordrhein-Westfalen ist ein Kündigungen wurde ein Stellenabbau erreicht, und die wirtschaftsstarkes Land mit einem großen Industriekern, Strukturen wurden dahin gehend geändert, dass schneller der sich im Lauf der Jahre natürlich anders entwickelt hat. und effizienter gearbeitet werden kann und dass letzten En- des das, was der Bürger von uns verlangen kann, erfüllt (Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD)) wird: dass schneller gute Straßen gebaut werden. Das ha- – Das stimmt, Herr Gremmels. Damals haben die Sozialde- ben wir damit erreicht. mokraten, auch unter Wolfgang Clement, viel für die Wirt- (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der schaft getan. Diese Einschätzung teile ich. CDU) Aber Wolfgang Clement hat noch einmal darauf hingewie- Genauso verhält es sich mit der HLG und der HVBG. Es sen, wie stark sich Hessen aufgrund der Tatsache ent- ist so, wie ich gestern in meiner Antwort auf eine Frage wickelt hat, dass es das einzige Land in Deutschland mit des Abg. Franz gesagt habe: Wir schauen uns diese Sachen 8450 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 an und arbeiten gemeinsam mit den Betroffenen daran, ef- Aber das kann doch nicht dazu führen – das ist der dritte fiziente Strukturen zu schaffen. Das ist doch eine Pflicht- Punkt –, dass wir uns nicht dafür interessieren, was für aufgabe für den Staat. Es ist eine unserer Pflichtaufgaben, Probleme dort bestehen. diese Steuergelder effizient einzusetzen. (Janine Wissler (DIE LINKE): Das habe ich auch Vielleicht wäre es manchmal besser, wenn man die Haus- nicht gesagt!) haltsdebatten – in denen Kollege Schmitt sehr profunde Wir – Frau Kollegin Wissler: Kollege Boddenberg, aber Reden dazu hält, wo Geld einzusparen ist – mit den Über- auch Kollege Grüttner – haben die Vertreter der Regional- legungen der Kollegen verbinden würde, die etwa in Nord- regierung von Madrid konkret gefragt: Wie ist das eigent- hessen Pressemitteilungen herausgeben lich für Sie? Nachdem es schon Probleme mit der Europäi- (Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD)) schen Union gibt, kommen jetzt auch noch Landespolitiker aus Deutschland, die sich für Auszubildende oder für Fach- – das war ein Stück Hoffnung auf die Zukunft – und in den kräfte interessieren. – Die Ministerin, die das dort zu ver- Verwaltungen Panik nach dem Motto „Da werden Stellen antworten hat – die übrigens bis zum Ende dieses Monats abgebaut“ schüren. Wir haben den festen, klaren Auftrag, in einer Region, die von der Größe her mit unserem Bun- dafür Sorge zu tragen, dass die öffentliche Verwaltung ef- desland vergleichbar ist, ein Sparpaket von 950 Millio- fizient arbeitet. Wir werden diese Verwaltungsstrukturen nen € auf den Weg zu bringen hat –, hat gesagt: Mir ist es auch weiterhin überprüfen, ohne von Panik geleitete oder lieber, dass unsere jungen Leute die Chance haben, einen nicht sachgerechte Entschlüsse zu fassen. Ausbildungsplatz zu bekommen, etwas aus ihrem Leben zu Deshalb habe ich eine Bitte an die Opposition: Wer in die- machen oder mit ihrer eigenen Hände Arbeit etwas zu er- sem Land Haushaltsdebatten führt, sollte gelegentlich Vor- wirtschaften, als hier in die Arbeitslosigkeit zu gehen. – schläge dafür einbringen, wie man wirklich Geld spart, Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist gelebtes statt nur Luftbuchungstricks zu empfehlen. Das würde ich Europa. mir wünschen. (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU) CDU) Ich gebe ehrlich zu, dass Sie mit dem, was Sie hier vorge- Wir haben im Ministerium – 20 Stellen – genauso wie bei tragen haben, ein Europa zeichnen, das mir gerade im Hin- der Förderung gespart. Das führt dazu, dass wir auf der an- blick auf die Weltoffenheit unseres Landes Angst macht. deren Seite klare Schwerpunkte setzen können. Ich komme So ein Land will ich nicht haben, und ich hoffe nicht, dass gleich noch zu der Tatsache, dass wir, wie es Kollege Ar- Sie in diesem Bereich einmal Verantwortung tragen wer- nold richtig gesagt hat, einen klaren Schwerpunkt bei der den. Infrastruktur gesetzt haben. Zwei mal 100 Millionen € für (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der den Landesstraßenbau – die Bürger in Baden-Württemberg CDU) träumen davon, dass es dort noch so ist. Deshalb ist das Thema Fachkräfte natürlich nicht nur mit- (Willi van Ooyen (DIE LINKE): „Stuttgart 21“ sage hilfe einer Kooperationsvereinbarung mit Spanien zu lö- ich nur!) sen. Die Fachkräftekommission der Staatskanzlei unter der Aber ich will mit einem anderen Punkt anfangen. Frau Führung des Ministerpräsidenten, die durch den Kollegen Kollegin Wissler, ich will mit dem beginnen, was Sie aus- Grüttner und mich fortgesetzt wird, versucht jetzt, aus die- geführt haben. Ich bin mit dem Kollegen Kaufmann zwar sem Bericht konkrete Schritte herauszuarbeiten. Sie hat nicht immer einer Meinung, aber an der Stelle schon. den klaren Auftrag, die drei großen Bereiche, die in dem Abschlussbericht schon thematisiert werden, zu ordnen. (Zurufe) Unsere erste Aufgabe ist natürlich die Fort- und Weiterbil- Wenn wir über die Krise in Europa reden – wir waren in dung der Arbeitskräfte, die vor Ort leben. Unsere erste den letzten Monaten einige Male in Spanien und haben Aufgabe ist, die Menschen, die wir im Land haben, weiter- sehr intensiv mit den Leuten geredet –, können wir aus zuqualifizieren. Das betrifft auch diejenigen, die nicht er- meiner Sicht dreierlei feststellen: Erstens. Die Krise ist werbstätig sind. nicht durch die Europäische Union verursacht worden, sondern dadurch, dass notwendige Reformen in diesen Der zweite Punkt – da haben Sie völlig recht; das ist eben- Ländern zu lange aufgeschoben worden sind und dass die falls ein Thema – ist die Erwerbsquote von Frauen. Da gibt Staatsschuldenkrise auch auf die Wirtschaft übergreift. es zur Abwechslung keinen Dissens. Wir haben in diesem Bereich massiv investiert und bauen das weiter aus, weil es (Beifall bei der FDP – Zurufe) nicht nur darum geht, für Wahlfreiheit zu sorgen, sondern – Ich sage es ja: Denen hätte eine Agenda 2010, wie Rot- auch darum, das Potenzial an Frauen, die nicht arbeiten Grün sie gemacht hat, gutgetan. können, weil sie sich um ein Kind kümmern müssen, in unsere Gesellschaft zu integrieren. Dieses Potenzial ist rie- Zweitens. Wir stellen weiterhin fest, dass wir keinen euro- sengroß. Wir wollen, dass die Frauen in Hessen eine Chan- päischen Arbeitsmarkt haben. Der Binnenmarkt funktio- ce haben, zu arbeiten. niert nicht. Sonst könnte es nämlich nicht sein, dass wir in Spanien eine Jugendarbeitslosigkeit von 52 % haben. Wor- (Zurufe von der SPD) an liegt das? Die Europäische Union ist eben nicht mit den Drittens. Natürlich kümmern wir uns auch um qualifizierte USA zu vergleichen. Dort ist die Flexibilität deutlich hö- Fachkräfte oder um junge Leute aus anderen Ländern, die her, und man spricht eine Sprache. einen Ausbildungsplatz suchen. Meine Damen und Herren, ich habe noch nie so viel Feed- back auf eine Maßnahme bekommen – ich glaube, Kollege Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8451

Grüttner genauso – wie auf das Engagement zurzeit in Spa- trennen, sondern sorgen Sie dafür, dass hessische Bürge- nien. Es ist wirklich erstaunlich, wenn man sieht, wie viel rinnen und Bürger genauso wie Rheinland-Pfälzer die wir dort an Feedback bekommen. Deshalb ist es richtig, Chance haben, morgens pünktlich ihren Arbeitsplatz zu er- dort so stark zu investieren. reichen und nicht im Stau zu stehen. Ideologie ist nicht die bessere Wirtschaftspolitik. Wir brauchen gute Infrastruk- (Beifall bei der CDU und der FDP) tur; sonst wird das auch mit dem Wirtschaftswachstum Meine Damen und Herren, ich will abschließend noch zwei nichts. – Vielen Dank. weitere Punkte nennen. Das ist zum einen die Energiewen- (Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. de. Natürlich haben wir die Energiewende auch aus wirt- Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schaftspolitischer Sicht dringend auf dem Schirm, wenn es NEN)) darum geht, dafür Sorge zu tragen, dass nicht erhöhte Strompreise Unternehmen aus Hessen vertreiben. Letzter Punkt. Dieser Punkt ist mir besonders wichtig: In- Vizepräsidentin Ursula Hammann: frastruktur. Frau Kollegin Müller, Straßen bestehen nur Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Damit liegen keine selten aus Beton. Häufig war es in der DDR so, dass Be- weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist der Einzelplan 07 tonfertigteile verwendet wurden, um Straßen zu bauen. Das gelesen. konnte man daran merken, dass man 5 m fahren konnte, und dann kam eine Rinne. In Hessen sind das andere Mate- Es folgt der rialien. Ich habe das schon mehrfach gehört. Wir sollten Einzelplan 08 – Hessisches Sozialministerium – wirklich einmal gemeinsam einen Tag bei Hessen Mobil verbringen, wir beide gemeinsam, Frau Müller, Hand in Ich nehme an, dass Herr Dr. Spies von der SPD-Fraktion Hand, und uns anschauen, wie in Hessen Straßen gebaut als Redner vortritt. Bitte schön, Herr Kollege Dr. Spies, Sie werden, weil sie in der Regel nicht aus Beton gebaut wer- haben das Wort. den. – Das ist das Erste. (Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP)) (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU) Dr. Thomas Spies (SPD): Zweitens. Die massiven Investitionen in diesem Bereich unterscheiden uns gerade von den beiden Nachbarländern Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Baden-Würt- Wieder einmal wird die Landesregierung im Einzelplan 08 temberg hat das gemacht, was Rot-Grün oder Grün-Rot den sozialpolitischen Herausforderungen an die Landespo- immer dann macht, wenn die GRÜNEN etwas zu sagen litik nicht gerecht. haben. Sie haben den Landesstraßenbauetat ausgeräubert (Beifall bei Abgeordneten der SPD) und das Geld in andere Projekte gesteckt. Das mag die Ba- den-Württemberger zunächst nicht stören, weil das erst Wieder einmal finden wir Aufgabenentledigung statt Auf- einmal nicht auffällt. Aber das wird mittelbar auffallen, gabenerledigung. Es gibt mehr denn je Preise statt Politik. und das wird die Wirtschaftskraft der ganzen Bundesrepu- Das wird den sozialpolitischen Aufgaben des Landes in blik schädigen. keiner Weise gerecht. (Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS Sparsamkeit ist eine Zier, wenn am rechten Fleck prakti- 90/DIE GRÜNEN) ziert. Aber es ist mehr als deutlich und auch schon mehr als einmal gesagt worden: Schuldenbremse heißt nicht So- Aber in Rheinland-Pfalz erleben wir etwas, was hessische zialabbau, sondern angemessene Aufgabenerfüllung und Bürgerinnen und Bürger unmittelbar betrifft. Das ist die Sicherung der Einnahmen und Ausgaben. Der Sozialhaus- Tatsache, dass dort wesentliche Infrastrukturvorhaben von halt ist der letzte Platz, an dem weitere Einsparungen mög- den GRÜNEN gekippt worden sind. Ich will nur den Aus- lich sind. bau der Schiersteiner Brücke und die anschließende Bun- desautobahn in Rheinland-Pfalz nennen. Tatsächlich aber hat es die Landesregierung in der Vergan- genheit immer wieder versäumt, die nötigen zusätzlichen (Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS Mittel für die anstehenden Aufgaben im hessischen Sozial- 90/DIE GRÜNEN)) haushalt bereitzustellen, die erforderlich wären, jenseits Dort war ein dreispuriger Ausbau vorgesehen, weil sich der Pflichtaufgaben auch tatsächlich positiv gestaltend zu morgens Pendler von Hessen nach Rheinland-Pfalz und wirken. von Rheinland-Pfalz nach Hessen im Stau quälen müssen. Ich glaube, zum Thema Kinderbetreuung muss man gar Herr Lewentz hat heute leider wieder in einem Zeitungsin- nicht mehr viel sagen. Das ist heute Morgen ausführlich, terview zu erkennen gegeben, dass Rheinland-Pfalz die gründlich und umfassend angesprochen worden. Eine sol- 4+2-Lösung favorisiert. Er sagt: Es ist politisch nicht an- che Pleite wie das Urteil des Staatsgerichtshofs zur Konne- ders umzusetzen. – Meine Damen und Herren, zwei Fahr- xität hinsichtlich der Finanzierung der Mindestverordnung spuren plus ein freigegebener Seitenstreifen sind nicht so und eine so unzureichende Weiterreichung, geschweige gut wie drei Fahrspuren plus ein Seitenstreifen. Es ist ein denn Aufstockung der Mittel für den U-3-Ausbau, wie es Minus an Verkehrssicherheit, ein Minus an Transparenz, diese Landesregierung an den Tag gelegt hat: Sie sollten was die Struktur der Straßen angeht, und ein Minus an In- sich wirklich schämen. frastrukturqualität. (Beifall bei der SPD und der Abg. Marjana Schott Deshalb können wir nur an die Kollegen in Rheinland- (DIE LINKE) – Vizepräsident Heinrich Heidel über- Pfalz appellieren: Lassen Sie sich bei wichtigen Projekten nimmt den Vorsitz.) nicht ideologisch von den GRÜNEN von diesen Projekten 8452 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Auch in anderen Fragen, die das Land in besonderer Weise Dr. Ralf-Norbert Bartelt (CDU): fordern und bei denen Aktivität des Landes gefordert wäre, Verehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und sind Sie, was die finanziellen Aufgaben angeht, weit zu- Herren! Zunächst ein paar Anmerkungen zu dem Vorred- rück. Das gilt aber nicht nur für die finanziellen Fragen, ner, dem sehr geschätzten Herrn Kollegen Dr. Spies. Es ist sondern auch für die strukturierenden Aufgaben. Warum schon etwas zynisch, die Leistungen des Pakts zur Si- haben wir dieses Drama in der südhessischen Kranken- cherstellung der ärztlichen Versorgung im ländlichen hauslandschaft, das uns in den letzten Tagen täglich begeg- Raum hier als Beitrag zur Altersversorgung älterer Ärzte net? Das ist nicht vom Himmel gefallen. Dafür gibt es ört- darzustellen. liche Gründe. Aber natürlich hat es auch wesentlich damit zu tun, dass sich das Land seit Jahren aus einer angemesse- (Zuruf des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD)) nen Investitionsfinanzierung und vor allem einer struktu- rierten Krankenhausplanung herausgezogen hat. Innerhalb kurzer Zeit mit wenig Geld wurden acht neue Praxen geschaffen bzw. erhalten, drei davon im Werra- (Zuruf des Abg. René Rock (FDP)) Meißner-Kreis. Das war das am schlechtesten versorgte Gebiet in Hessen, weil nach einer Strukturanalyse der KV Wenn man nicht vernünftig plant und dafür sorgt, dass der sechs Gemeinden gar keinen Kassenarztsitz gehabt haben. Abbau von Überkapazitäten im Gesundheitswesen, insbe- Diese Menschen werden jetzt durch drei Praxen versorgt. sondere im Krankenhauswesen, der durch die richtigen Maßnahmen noch unter rot-grüner Bundesregierung einge- (Beifall bei Abgeordneten der CDU) leitet wurde, durch einen geordneten und strukturierten Rückbau aufgrund einer Landeskrankenhausplanung in die Diese Menschen sind dankbar für die Initiativen der Lan- Praxis umgesetzt wird, dann hat man genau diesen Effekt: desregierung, der Kassenärztlichen Vereinigung und der ein Krankenhaus zu viel, eines wird umfallen. – Meine Da- Krankenkasse, ebenso die Menschen, die in Hersfeld-Ro- men und Herren, das ist keine strukturierte Organisation. tenburg, im Odenwald, in Fulda und in Waldeck-Franken- Das, was die Landesregierung hier an den Tag legt, ist berg mit zwei Praxen versorgt werden. Es war ein Dienst Chaospolitik. an den kranken Menschen im ländlichen Raum, und es war kein Dienst zur Altersversorgung älterer Ärzte. Dies muss (Beifall bei der SPD und der Abg. Marjana Schott einmal klargestellt werden. (DIE LINKE)) (Beifall bei der CDU – Dr. Thomas Spies (SPD): Sie In der mindestens ebenso wichtigen Frage der medizini- machen es ja noch schlimmer!) schen Versorgung im ländlichen Raum sind die Möglich- keiten, die sich das Land selbst herausnimmt, bestenfalls Zweitens. Da Sie gesagt haben, dass Ihr Fraktionsvorsit- Petitessen. Alle wichtigen Fragen sind schon im hessischen zender heute Morgen schon zur Sozialpolitik, gerade zu Pakt nicht angegangen worden. Die Tatsache, dass Sie sich dem Thema der Versorgung mit Kinderkrippenplätzen für jetzt für eine 200.000-€-Praxisverkaufsprämie pro Jahr fei- unter Dreijährige, das Ausreichende gesagt habe, so möch- ern lassen, die letztendlich eine freundlich gemeinte Bei- te ich doch darauf hinweisen, dass der Herr Fraktionsvor- hilfe zur Altersversorgung älterer Kassenärzte im ländli- sitzende noch nicht einmal zwischen der Versorgungs- und chen Raum ist, ist dem Gegenstand unangemessen. der Betreuungsquote differenzieren konnte. Er hat die Zah- len gerade mal etwas durcheinandergeworfen. Das bedarf Nein, was nötig ist, ist eine strukturierte, konsequente Poli- natürlich der sorgfältigen fachlichen Darstellung, die von tik, die sich den Herausforderungen insbesondere bei der Ihnen heute Morgen noch nicht geleistet worden ist; auch Armutsversorgung, der Gesundheitsversorgung, der Kin- nicht von Ihnen, lieber Herr Spies. derbetreuung sowie den anstehenden Aufgaben in diesem Land in der Arbeitsmarkt- und Ausbildungspolitik stellt. (Beifall bei der CDU) Auch die Arbeitsmarktbudgets geben Sie nicht einmal voll- Meine Damen und Herren, die Schaffung von Krippenplät- ständig aus. Das ist angesichts der Arbeitsmarktsituation, zen für unter dreijährige Kinder stellt eine Herausforde- gerade von Langzeitarbeitslosen, ein Hohn. Dass man rung dar. Wir müssen den Rechtsanspruch auf einen Be- meint, man brauche noch weniger, weil man es in der Ver- treuungsplatz ab dem 01.08.2013 umsetzen, und wir wer- gangenheit nicht losgeworden ist, ist inadäquat. den das umsetzen. Wir werden hierbei die kommunale Fa- Zur Ausbildung. Auch bei der beruflichen Qualifizierung milie und die freien Träger unterstützen, weil wir das als wäre Engagement des Landes dringend angezeigt. Nein, Gemeinschaftsaufgabe ansehen, und wir werden so unse- meine Damen und Herren, dieser Einzelplan kommt den ren Beitrag leisten, dass die Eltern selbst entscheiden kön- sozialpolitischen Aufgaben, insbesondere den Herausfor- nen, wie sie die Erziehung ihres Kindes gestalten werden. derungen bei der Armutsbekämpfung, überhaupt nicht Im Haushalt ist dies überzeugend wiederzufinden. Im nach. Es gibt eine Vielzahl von Fragen, denen Sie bislang Haushalt 2012 wurden schon 356 Millionen € für frühkind- in keiner Weise gerecht werden. Dieser Einzelplan zeigt: liche Bildung bereitgestellt. Im Haushalt 2013/2014 sind Hessen braucht eine andere Landesregierung – und be- dies zusammen 868 Millionen € – eine erhebliche Steige- kommt sie in 15 Monaten ja auch. rung. Ein wichtiger Teil ist das Landesinvestitionspro- gramm für beide Jahre mit insgesamt 100 Millionen €. Das (Beifall bei der SPD) sind 8.700 neue Plätze. (Beifall bei der CDU) Vizepräsident Heinrich Heidel: Die Betriebskostenförderung wird von 111 Millionen € im Schönen Dank, Herr Kollege Spies. – Für die CDU-Frakti- Jahr 2012 über 133 Millionen € im Jahr 2013 auf 149,8 on hat jetzt Herr Dr. Bartelt das Wort. Man hat ihm 7,5 Mi- Millionen € im Jahr 2014 erhöht. Weiterhin werden wir für nuten zugebilligt. das kostenfreie dritte Kindergartenjahr 100 € pro Monat bereitstellen. Das sind in diesen beiden Jahren zusammen 124 Millionen €. Im Bonusprogramm für zwischen Mitte Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8453

2012 und 2013 neu geschaffene Plätze werden 8 Millio- Dr. Ralf-Norbert Bartelt (CDU): nen € bereitgestellt, und die Tagespflege – ein ganz wichti- Meine sehr geehrten Damen und Herren, die richtige ger Beitrag – wird hier mit einbezogen. Schwerpunktsetzung im Etat für Sozialpolitik, die hervor- Durch diese finanzielle Kraftanstrengung werden wir Mitte ragenden wirtschaftlichen Daten unseres Landes, insbeson- 2013 die Messlatte eines 35-prozentigen Versorgungsgrads dere die stabil niedrige Arbeitslosenquote, und der konse- sicher nehmen. Wie ist die Entwicklung? – Im Jahr 1998 quente Weg des Schuldenabbaus sind die Grundlagen einer waren es 3 %, 2005 waren es 7 %, vor einem Jahr waren es erfolgreichen Sozialpolitik und für das Zusammenleben 28 %, und heute sind es 31,7 %. Das ist eine beeindrucken- der Menschen in Hessen in Wohlstand. Dafür danken wir de Entwicklung. dieser Landesregierung. Wir werden diesen Weg konse- quent fortsetzen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) (Beifall bei der CDU und der FDP – Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das Wir wissen, dass mit der Deckung des durchschnittlichen ist nicht Ihr Ernst!) Versorgungsbedarfs die Anstrengungen nicht beendet wer- den dürfen, weil es erhebliche regionale Schwankungen gibt; der Bedarf in den Großstädten ist höher. Wir schaffen Vizepräsident Heinrich Heidel: in diesem Doppelhaushalt die Grundlage dafür, dass aus- reichend qualifizierte Betreuungsplätze angeboten werden. Schönen Dank, Herr Dr. Bartelt. – Für BÜNDNIS 90/DIE Das ist eine richtige Prioritätensetzung dieser Landesregie- GRÜNEN Frau Schulz-Asche, bitte. rung und eine große Leistung des Ministerpräsidenten, des Finanzministers und des Sozialministers. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (Beifall bei der CDU) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für den Haus- Ein weiterer Akzent dieses Doppelhaushaltes ist die unge- haltsplanentwurf des Sozialministeriums für die nächsten deckelte Förderung aus Landesmitteln für die Ausbildung beiden Haushaltsjahre ist festzustellen: Diese Landesregie- zum Altenpfleger und Altenpflegehelfer. Für jeden, der rung ist nach 13 Jahren an der Macht verbraucht und er- sich für diesen Beruf motivieren lässt, ist die Finanzierung schöpft. durch Landesmittel gesichert. Der Haushaltsansatz deckt den Bedarf für 5.000 Schüler; heute sind es etwas über (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und 4.000 Schüler. Die Ausbildungszuschüsse sind von 2010 der SPD – Lachen bei der CDU) bis 2014 kontinuierlich von 13 auf 21,5 Millionen € gestie- Wenn ich an die „Operation düstere Zukunft“ denke, muss gen. man darüber fast froh sein, denn da waren Sie sogar bösar- Wir ergreifen Maßnahmen gegen den drohenden Pflege- tig. notstand durch diesen gezielten Mitteleinsatz, durch die (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Anwerbung von Pflegekräften aus dem Ausland, durch die der SPD) Attraktivitätssteigerung des Berufsbildes, indem wir uns auf Bundesebene dafür einsetzen, dass der Pflegeberuf die Angesichts der Herausforderungen an die Sozialpolitik Kranken- und Altenpflege umfasst, und durch entsprechen- durch den gesellschaftlichen Wandel, in dem wir uns voll des Engagement auf europäischer Ebene, indem wir, etwa befinden, ist der Einzelplan des Sozialministeriums, wenn im Gegensatz zu den Sozialdemokraten, nicht dafür sind, man es positiv sehen will, nicht mehr als ein „Weiter so“, dass Hauptschulabsolventen der Eintritt in den Pflegeberuf ohne den erkennbaren Willen der Gestaltung. verwehrt wird. Wir brauchen alle, die sich für diesen Beruf (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) interessieren, auch diejenigen mit einem Hauptschulab- schluss. Dass Bürgerinnen und Bürger und die Träger der sozialen Angebote verunsichert sind, verwundert deshalb nicht. (Beifall bei der CDU und des Abg. René Rock (FDP)) Unser reiches Bundesland kann nicht mit einer guten Bi- lanz bei sozialer Gerechtigkeit aufwarten. Seit 1999 ist die Ein weiterer Punkt. Hessen wird die Investitionen in die Sozialpolitik ein Steinbruch und eine eher gutsherrliche Krankenhäuser weiter steigern. Im Ländervergleich nimmt Restmittelvergabe; das soziale Netz in Hessen ist unter Hessen weiterhin eine Spitzenposition ein. Im Baupro- Schwarz-Gelb immer löchriger geworden. gramm kommen den Krankenhäusern 2012 100 Millio- nen €, 2013 117 Millionen € und 2014 121,5 Millionen € (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und zugute. Der ganz überwiegende Teil wird in Krankenhäu- der Abg. Brigitte Hofmeyer (SPD)) ser in kommunaler Trägerschaft investiert. Diese nachhalti- Sehen wir uns doch einmal genau an, was hier bei uns pas- gen Investitionen und die Vorbereitung eines leistungsfähi- siert: Sie haben die Mittel für die Schuldnerberatung ge- gen, zukunftsfähigen Verbundes kommunaler Krankenhäu- strichen. Wir haben gerade in diesem Bereich Wartezeiten, ser zeigen den Stellenwert der stationären medizinischen wo Prävention so wichtig wäre. Wir schlagen Ihnen vor, Versorgung für das Land und für diese Landesregierung. zusammen mit den Verbraucherzentralen neue Strukturen aufzubauen und mit den noch vorhandenen Strukturen zu kooperieren, um diesen Menschen, die davon bedroht sind, Vizepräsident Heinrich Heidel: in Armut abzurutschen, endlich rechtzeitig zu helfen. Das Herr Dr. Bartelt! ist ein soziales Netz, das Sie völlig zerstört haben. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD) 8454 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Ein zweiter Bereich. Wenn wir uns anschauen, was sich haben nach wie vor einen Mangel an U-3-Plätzen. Wir ha- heutzutage in den Stadtteilen, die man soziale Brennpunkte ben nach wie vor einen Mangel an Plätzen in den Kinder- nennt, abspielt, dann müssen wir konstatieren: Seit dem gärten, und wir haben einen eklatanten Mangel an Plätzen Jahre 2004 ist die Unterstützung für diese kleinen Initiati- an den Grundschulen. In Ihren Konzepten ist nicht zu er- ven, für die vielen Frauen, die sich vor Ort darum küm- kennen, was Sie unternehmen wollen, um tatsächlich Ver- mern, dass das Gemeinwesen funktioniert – auch das sind einbarkeit von Familie und Beruf möglich zu machen. für uns übrigens öffentliche Institutionen –, mit einem (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Schlag völlig weggefallen. Das ist wirklich ein Skandal. Dann bin ich bei den Frauen. Wenn man sich einmal an- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und sieht, was in diesen 13 Jahren mit Blick auf die Gleichstel- der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE)) lung der Frauen passiert ist, kann man sagen: eigentlich Da wird Schwarz-Gelb in Hessen von den Beschlüssen der kaum etwas. Stattdessen erleben wir, wie bei der Operation Bundesregierung sekundiert, genau diese Gemeinwesenar- Abendsonne Posten verteilt und nach Parteibuch vergeben beit im Programm „Soziale Stadt“ zu streichen. Die Haus- werden. In Norwegen war genau das der Grund, die Frau- besitzer und die Banken sind die Nutznießer, aber die enquote einzuführen, um dieses Geschachere mit Posten Menschen in diesen sozialen Brennpunkten haben Sie al- endlich zu beseitigen. Deswegen sehen wir auch hier leingelassen und damit einen Teil des sozialen Netzes zer- Handlungsbedarf. stört. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Zum Bereich Gesundheit. Wir alle wissen, dass hier die des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE)) Unterversorgung in bestimmten Bereichen droht. Wir ha- Was jetzt getan werden muss: Wir GRÜNEN haben unser ben in verschiedenen Versorgungsbereichen, beispielswei- Sozialbudget für 2013/2014 vorgelegt, und zwar als klare se bei der Geburtshilfe, immer wieder darüber diskutiert, Alternative zu dem, was wir hier von Schwarz-Gelb erle- wie die Versorgung im ländlichen Raum, aber auch in so- ben. Wir stärken durch den gezielten und verantwortungs- zialen Brennpunkten erreicht und sichergestellt werden vollen Einsatz von Landesmitteln die soziale Infrastruktur, kann. Sie wissen, dass ich Ihren Pakt nicht für einen Brül- öffentliche Institutionen und machen sie zukunftsfest. Im ler halte, aber immerhin sind darin einige positive Schritte Hinblick auf das Jahr 2020 und die dann umzusetzende zu erkennen. Aber das ist nur ein Tropfen auf den heißen Schuldenbremse brauchen wir auch in Zukunft den not- Stein, meine Damen und Herren. Wir brauchen Versor- wendigen Schutzschirm für eine ermöglichende Sozialpoli- gungskonzepte für alle medizinischen und pflegerischen tik. Bereiche, um die Versorgung im ländlichen Raum dauer- haft sicherstellen zu können, wie wir es Ihnen auch schon Insgesamt werden die Landesmittel um 14,9 Millionen € in einem Konzept vorgestellt haben. und 12,3 % für 2014 erhöht. Wir setzen ein deutliches Zei- chen – auch das habe ich gerade schon erwähnt – hinsicht- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) lich des Ausbaus und der Qualitätsverbesserung in der Es ist durchaus sinnvoll, 100 spanische Pflegekräfte zu en- frühkindlichen Bildung; denn der frühe Zugang zu Bildung gagieren und nach Hessen zu holen. Aber wir haben in ist notwendig für Teilhabe von klein an und die Grundla- Hessen einen Pflegenotstand, der seit Jahren absehbar ist. gen für Chancengerechtigkeit für das ganze Leben. Wir wissen, dass wir nicht genug Pflegekräfte für das ha- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ben werden, was – auch vorausgesagt durch den Hessi- schen Pflegemonitor – ab 2020 an Bedarf besteht. Hier Notwendig ist eine Sozialpolitik, die sich um die brauchen wir eine Aufwertung, wir brauchen eine Ausbil- Schwächsten kümmert und die dafür sorgt, dass den Men- dungsreform, wir brauchen eine vernünftige Finanzierung schen Zukunftschancen eröffnet werden. Wir brauchen ei- der Ausbildung durch eine Umlage usw. Bei Ihnen ist ne Sozialpolitik, die sich ihrer Verantwortung stellt – ge- nichts dazu zu erkennen, dass Sie auf diese Herausforde- gen Armut, Gewalt, Ausgrenzung –; eine Politik für Inklu- rungen vorbereitet wären. sion, die den Bürgern vermittelt, dass soziale Gerechtigkeit gewollt und machbar ist trotz Finanzkrise und Schulden- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) bremse; eine Politik, die jedem und jeder ermöglicht, ein Meine Damen und Herren, die Jugend ist bei Ihnen wirk- selbstbestimmtes Leben zu führen, dass es die gleichen Le- lich die alleingelassene Generation. benschancen für alle in einer inklusiven Gesellschaft gibt, in der jeder Mensch gleich viel wert ist und das Zusam- (Zurufe von der CDU und der FDP: Na, na, na!) menleben in Vielfalt eine Bereicherung. – Ich danke Ihnen. Wir fordern, dass es endlich eine vernünftige Gestaltung (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Übergangs von der Schule zum Beruf gibt; denn alle des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD)) Jugendlichen müssen in Hessen die Möglichkeit haben, ei- ne Ausbildung abzuschließen, um den Rest ihres Lebens auch tatsächlich vernünftig in den Arbeitsmarkt integriert Vizepräsident Heinrich Heidel: werden zu können. Schönen Dank, Frau Schulz-Asche. – Für die FDP-Frakti- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) on hat jetzt Herr Rock das Wort. Bitte schön. Was haben Sie nicht geredet vom „Familienland Nummer eins“ – weit entfernt. Wir mussten den Dilettantismus die- ser Landesregierung bei der Mindestverordnung erleben. René Rock (FDP): Wir wissen seit Jahren, dass es einen Mangel an Erziehe- Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Dr. rinnen und Erziehern geben wird. Wir haben dazu seit Jah- Spies, Frau Schulz-Asche, ich weiß nicht, ob Sie in den ren Aktionsprogramme, Sonderprogramme, Sofortpro- Haushalt hineingeschaut haben, bevor Sie Ihre Reden vor- gramme usw. gefordert, und Sie haben nicht reagiert. Wir Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8455 getragen haben; denn das, was Sie vorgetragen haben, bil- Ich möchte noch einmal ganz deutlich machen, dass in den det sich nicht im Haushalt ab. neuen Produkten, die Sie wiederfinden, auch das bereits er- wähnte Investitionsprogramm für die U-3-Plätze mit 100 (Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS Millionen € auftaucht, wobei der größte Anteil davon Lan- 90/DIE GRÜNEN)) desgeld ist. Wir haben die Umsetzung der UN-Behinder- Sie müssen einfach einmal zur Kenntnis nehmen, dass tenrechtskonvention mit einem Aktionsplan, wofür wir 2012 der Ansatz bei 652 Millionen € lag und 2013 demge- deutlich Geld in die Hand nehmen. Wir haben das Thema genüber 791 Millionen € beträgt. Das ist ein Aufwuchs von Familienhebammen und den Kinderschutz in der Präventi- 20 %. Für einen Einzelhaushalt bzw. einen Einzelplan ist on als neue Produkte. Das ist richtig und wichtig. Das fin- das außergewöhnlich und zeigt, dass hier ein wichtiger den Sie hier im Haushalt. Es müsste einhellige Zustim- Schwerpunkt gesetzt wird. Wenn Sie sich fragen, wo das mung finden, dass hier mehr gemacht wird, und keine Kri- Aufwachsen ist, werden Sie es beim Investitionsprogramm tik. für die U-3-Plätze sehen, weil dort 100 Millionen € zur (Beifall bei der FDP und der CDU) Verfügung gestellt werden, um einen Versorgungsgrad von 39 % in ganz Hessen zu erreichen. Daher verstehe ich Die Dynamik dieses Einzelplans ist ganz klar dem U-3- nicht, über was Sie hier geredet haben oder ob Sie einfach Ausbau geschuldet. Die Landesregierung und die sie tra- nicht in diesen Haushalt geschaut haben. genden Fraktionen haben das als Aufgabe begriffen und wollen sicherstellen, dass die Vereinbarkeit von Familie (Beifall bei der FDP und der CDU) und Beruf ein ganz großer Schwerpunkt ist. Das sage ich Wie kann man behaupten, dass eine Landesregierung und als Sozialpolitiker nicht in Bezug auf den Fachkräfteman- ein Parlament hier keinen Schwerpunkt setzen würden, gel, sondern es geht um die Selbstbestimmtheit, wie Fami- wenn ein Haushalt in einem Jahr um 20 % aufwächst und lie organisiert werden soll. Das ist eine wichtige Sache. Es im Folgejahr immerhin noch um 10 % mit Bezug auf das ist ganz klar richtig, dass hier so viel Geld in die Hand ge- Basisjahr 2012? Wir haben enorme Steigerungen. Diese nommen wird. Ich bin guter Hoffnung, dass es dem Land enormen Steigerungen sind natürlich dem festen Willen zusammen mit den Kommunen gelingt, die Ausbauziele zu geschuldet, gemeinsam mit den Kommunen eine Versor- erreichen und die Versorgungsquote von 39 % spätestens gungsquote in Hessen sicherzustellen. Das blenden Sie 2014 sicherzustellen. völlig aus. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen – die Redezeit Sie blenden außerdem aus, dass in diesem Ministerium für ist gleich zu Ende –, dass ich kein Verständnis für die Än- den entsprechenden Einzelplan, der hier verantwortet wird, derungsanträge der SPD habe. Ich kann nicht verstehen, die Beschäftigten immer mehr administrative Tätigkeiten dass Sie die qualifizierte Schulvorbereitung angreifen und haben, und das bei geringerer Personaldecke. Das heißt, im die Familienkarte streichen wollen. Das sind Erfolgsmo- Ministerium wird effizienter gearbeitet. Ich will nur einmal delle. Die qualifizierte Schulvorbereitung ist essenziell darauf hinweisen: Wir haben ein OFFENSIV-Gesetz ver- wichtig für die Weiterentwicklung der Qualität im Kinder- abschiedet, das Personalmehrbedarf verursacht. Wir haben bereich. Es ist richtig, dass das jetzt angegangen wird und eine Sozialberichterstattung eingeführt, wir haben die Kin- sich im Haushalt wiederfindet. derbetreuung, die zusätzlich administriert werden muss, Ich bin sehr zufrieden mit dem Haushalt und hoffe, dass er die qualifizierte Schulvorbereitung, die frühen Hilfen – je- konsequent umgesetzt wird. Dann sind wir auf einem guten de Menge mehr Aufwand, der im Ministerium geleistet Weg. Ich könnte mir vorstellen, dass der eine oder andere werden muss, bei einer konstanten Personaldecke. Da kann Punkt im Hinblick auf das Kinderförderungsgesetz noch in ich nur sagen: vielen Dank an die Beschäftigten dort, dass der dritten Lesung dazukommt, aber das werden wir sehen. sie das leisten, ohne mehr Personalaufbau notwendig zu Es ist ein guter Haushalt, wir haben die richtigen Schwer- machen. punkte gesetzt. Ich glaube, dass wir einen guten Minister Ich möchte auch noch einmal darauf hinweisen, dass gera- haben, der das Geld auch vernünftig ausgibt. de im Sozialbereich zwei ganz wichtige Punkte angegan- (Minister Jörg-Uwe Hahn: Ich weiß es!) gen und auch mit Geld unterlegt worden sind. – Sie wissen es. – Das kommt allen Hessen zugute. Ich bin Ich will zuallererst das Thema Altenpflege ansprechen. sicher, dass der Haushaltsplan erfolgreich umgesetzt wird. Der Haushalt ist im Bereich der Altenpflege absolut dyna- – Vielen Dank. misch. Dort wird deutlich mehr Geld ausgegeben. Wir ha- ben den Deckel aufgehoben. Das führt dazu, dass jeder, der (Beifall bei der FDP und der CDU) qualifiziert ist und diesen Beruf erlernen kann, das in Hes- sen tun kann. Das hat eine Menge Geld gekostet, das wir aber zur Verfügung zu stellen bereit sind. Vizepräsident Heinrich Heidel: (Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS Schönen Dank, Herr Rock. – Für die Fraktion DIE LINKE 90/DIE GRÜNEN)) Frau Schott, bitte. Es ist wichtig, jedem, der diesen Beruf erlernen möchte, dies auch zu ermöglichen. Das hat enormes Geld gekostet. Marjana Schott (DIE LINKE): (Beifall bei der FDP und der CDU) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Leitlinie Auch die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum der schwarz-gelben Sozialpolitik in Hessen ist die soge- schlägt sich im Haushalt nieder. Auch hier ist ein Schwer- nannte aktivierende Sozialpolitik. Sie besteht im Grundsatz punkt gesetzt worden, der richtig ist. aus zwei ideologischen Bausteinen: Erstens müssen Menschen angeblich grundsätzlich akti- viert werden, um Armut und Bedürftigkeit zu vermeiden. 8456 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Besonders aktiviert werden müssen sie, wenn die Armut Hier hat eine problemorientierte Sozialpolitik anzusetzen. bereits eingetreten ist, also beendet werden soll. Ist die Ar- Aktivierung und Ehrenämter lösen gar nichts, sondern ver- mut eingetreten – im Klartext: sind die Betroffenen im schlimmern die Lage. Die Sanktionen und Leistungskür- Hartz-IV-Bezug –, geht die sogenannte Aktivierung auch zungen im Bereich Hartz IV belegen das. Sie wurden von schnell in Sanktionierung über, was wiederum im Klartext SPD und GRÜNEN – tut mir leid – eingeführt. Mehrere heißt: Kürzung von Leistungen, also Verschlimmerung der Anträge der LINKEN zur Abschaffung wurden im Landtag Armut. Das scheint absurd, hat aber Methode; darauf kom- auch von SPD und GRÜNEN abgelehnt. me ich später. Ich behaupte, es ist gar nicht das Ziel der sogenannten akti- Die zweite Grundlinie der aktivierenden Sozialpolitik läuft vierenden Sozialpolitik von Schwarz-Gelb, die eben skiz- darauf hinaus, verschiedene gesellschaftliche Herausforde- zierten Probleme zu lösen. In den letzten zehn Jahren hatte rungen durch ehrenamtliche Arbeit zu bewältigen. Auch die ärmere Hälfte der Bevölkerung reale Nettoeinkom- hier wieder im Klartext: für lau. Beispiel: Der Fahrdienst mensverluste hinzunehmen, während die oberen 50 % ge- für die medizinische Versorgung älterer Menschen in länd- wonnen haben. Nennenswerte Zuwächse gab es nur in den lichen Gegenden soll nach den Vorstellungen des Ministers oberen 10 %. Den höchsten Zuwachs, nämlich sage und ehrenamtlich erledigt werden. Um es klar zu sagen: Gegen schreibe knapp 50 %, konnte das obere 1 % zu verzeich- eine Stärkung ehrenamtlichen Engagements ist nichts zu nen; mein Kollege van Ooyen ist heute Mittag bereits nä- sagen, sie ist zu begrüßen. DIE LINKE lehnt es aber ent- her darauf eingegangen. schieden ab, Ehrenamt als Füllstoff für die Bresche zu nut- Herr Grüttner, Sie haben mehr oder minder vehement ge- zen, die durch die sozialpolitischen Fehlentscheidungen gen die Umverteilungsabsichten breiter zivilgesellschaftli- und den sozialpolitischen Abriss der letzten 13 Jahre ent- cher Bündnisse gesprochen. Ich erinnere mich an den standen ist. Abend mit der Liga. Ihr Benehmen dort fand ich hart an (Beifall bei der LINKEN) der Grenze dessen, was erträglich ist. Ihr Ziel und das der Landesregierung ist es, den Reichtumszuwachs der oberen Die Ideologie der aktivierenden Sozialpolitik und der da- 10 % abzusichern. Dagegen setzen wir eine aktive und um- mit verbundene Paradigmenwechsel stammen eigentlich fassende Sozialpolitik. von der SPD. In der Friedrich-Ebert-Stiftung gibt es einen Arbeitskreis mit dem Titel „Bürgergesellschaft und Akti- Im Gegensatz zur SPD meinen wir das ernst. Mit Interesse vierender Staat“. Der erste Satz des Oberziels des Haus- habe ich zur Kenntnis genommen, dass die SPD all unsere haltsentwurfs von Minister Grüttner lautet: „Hessen strebt sozialpolitischen Anträge abgelehnt hat. Ich danke Ihnen nach einer aktiven Bürgergesellschaft, in der jeder freiwil- für diese klare Aussage. Jetzt wissen wir, was die SPD lig Verantwortung – auch ehrenamtlich – übernimmt, …“ meint, wenn sie von einem sozialpolitischen Neustart re- Wir sehen, wie sehr sich das sozialpolitische Fundament det. Selbst kleinste sozialpolitische Vorhaben stehen unter der SPD und der CDU gleichen – Aktivierung und Ehren- Finanzierungsvorbehalt. Sie unterliegen den finanziellen amt. Restriktionen, die Sie zusammen mit Ihren enormen Steu- ersenkungen für Kapitalgesellschaften und Spitzenverdie- (Zuruf von der SPD: Was ein Quatsch!) ner erst geschaffen haben. Was ist davon zu halten? Vor wenigen Tagen wies eine Meine Damen und Herren von SPD und GRÜNEN – Sie Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung dar- von Schwarz-Gelb sowieso –, Sie haben folgende Anträge auf hin, dass die SGB-Quoten in den Städten zwar zurück- von uns abgelehnt: die Mittel für Gehörlosengeld – in an- gehen, aber die Armutsgefährdung weiter zunimmt. Zitat: deren Bundesländern gibt es ein solches Gehörlosengeld –; „Die Armut steigt, obwohl die Arbeitslosigkeit sinkt. die Erhöhung des Schulgeldes in der Altenpflege – wir ha- (René Rock (FDP): Sie haben es immer noch nicht ben heute gehört, wie wichtig und zentral dieses Thema ist, verstanden!) aber das geht nur, wenn man die Altenpflegeschulen ver- nünftig ausstattet; DIE LINKE sagt schon immer: Die Menschen müssen nicht aktiviert werden. Kein Mensch gerät freiwillig in Ar- (Beifall bei der LINKEN – Kordula Schulz-Asche mut. Kein Mensch bleibt freiwillig in Armut. Die Eltern (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielleicht schlagt der 22 % Kinder, die in Frankfurt auf Sozialtransfers ange- ihr einfach nur die falschen Sachen vor! – Unruhe) wiesen sind, würden sicher alles tun, um der Armut zu ent- kommen, damit sie ihren Kindern mehr als Nahrung und Kleidung – das Existenzielle – bieten können. Vizepräsident Heinrich Heidel: In ganz Hessen haben wir nach offiziellen Statistiken Einen Moment, Frau Kollegin. – Der Geräuschpegel ist knapp 85.000 erwerbstätige Menschen, die dennoch jetzt in allen Teilen des Raumes so hoch, dass man der Re- SGB II beziehen, weil der Lohn die Existenz nicht sichert. de kaum folgen kann. Ich bitte darum, wichtige Gespräche Der Autor der erwähnten Studie hat zur Ursache wachsen- nach außen zu verlagern, damit wir der Rednerin folgen der Armut trotz sinkender Arbeitslosigkeit Folgendes ver- können. – Bitte. mutet: „Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist nicht mehr so armutsvermeidend, wie sie es früher einmal war.“ Wenn selbst sozialversicherungspflichtige Beschäfti- Marjana Schott (DIE LINKE): gung immer weniger armutsvermeidend ist, dann zeigt das, danke, Herr Präsident –; die Erhöhung der Mittel für die dass wir ein gravierendes Problem haben, das heißt: arm Schwangerenkonfliktberatung auf das alte Niveau; das trotz Arbeit. Rückgängigmachen der CDU-Operation „Düstere Zu- (Beifall bei der LINKEN) kunft“; die Finanzierung der Mehrbedarfe für Frauennotru- fe und Frauenberatungsstellen – dies haben die GRÜNEN Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8457 nicht abgelehnt –; schließlich die bessere Betreuung von Meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, wis- Opfern sexueller Gewalt. sen Sie, ich hätte noch nicht einmal ein Problem, wenn wir darüber reden würden, ob ein Betrieb in der Gründungs- Herr Schäfer-Gümbel, Sie haben heute Morgen ein Bei- phase Menschen zu niedrigen Löhnen beschäftigt, wenn spiel über Ausbeutung übelster Sorte gebracht. Ich habe Ih- ein Betrieb in der Krise Menschen zu niedrigen Löhnen be- nen Beifall geklatscht, als Sie gesagt haben: Das wollen schäftigt. Aber es gibt keine Form der Kontrolle, wie viel wir nicht. – Ich bin froh darüber, dass Sie das auch nicht jemand in seiner Firma verdient und wie wenig er seinen wollen. Aber Ihre Partei ist doch verantwortlich für Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen bezahlt. Jeder Hartz-IV- Hartz IV und die völlige Liberalisierung der Arbeitswelt. Empfänger muss jeden Tag die Hose runterlassen, Sie haben doch die Ursachen für genau diese Situationen geschaffen. Es ist das Ergebnis dessen, was Sie haben (Zurufe von der CDU) wollten. um auch nur dieses geringe Geld zu kriegen. Aber wenn je- (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das ist doch völ- mand ausbeuten kann und will, dann kann er das, ohne liger Unfug!) dass in irgendeiner Form kontrolliert wird, ob das Grund hat oder ob es nur der eigenen Bereicherung dient. Das ist Jetzt bringen Sie hier das traurige Beispiel und sagen, wie eine Sauerei, und das ist eine einseitige Politik. schrecklich es ist und dass Sie das nicht wollen. Wenn Sie es nicht wollen, dann distanzieren Sie sich von dem, was (Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU) Sie damals erfunden haben. Diese Regierung nimmt billigend in Kauf, dass Menschen (Beifall bei der LINKEN – Thorsten Schäfer-Güm- in Armut leben, obwohl sie arbeiten, und dass immer mehr bel (SPD): Ich habe überhaupt keinen Anlass, mich Menschen ihr Alter in Armut verbringen. Ihr Gerede, ein zu distanzieren!) armutsfester Mindestlohn sei nicht möglich, folgt – ich sagte es schon – dem Ziel, die Einkommenszuwächse der – Den haben Sie, wenn Sie das, was Sie heute Morgen ge- oberen 10 % zu sichern und weiter zu erhöhen. Die aktivie- sagt haben, auch nur im Allergeringsten ernst meinen. rende Sozialpolitik und die Sanktionen haben eine ganz (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Sie verstehen es einfache Funktion: die Menschen dazu zu bringen, die Ar- seit acht Jahren nicht und werden es auch in Zukunft mutslöhne zu akzeptieren. Sie haben noch mehr Angst vor nicht verstehen!) der Arbeitslosigkeit. Sie haben die Grundlage für solche Arbeitsbedingungen Gegen diese Politik der Verarmung setzt DIE LINKE eine geschaffen, wie Sie sie heute Morgen tränenreich beschrie- aktive und umfassende Sozial-, Arbeitsmarkt- und Einnah- ben haben. mepolitik. Dazu gehört insbesondere ein armutsfester Min- destlohn. Dazu gehört weiterhin eine aktive Arbeitsmarkt- (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Belehrungen von politik. Denn allein ein armutsfester Mindestlohn würde Ihnen lasse ich sowieso nicht zu!) auch in Hessen nicht ausreichen, alle Menschen, die arbei- Das ist doch der Hohn, da sind Sie sich doch selbst untreu. ten wollen, mit existenzsichernder Beschäftigung zu ver- Entweder Sie wollen solche Arbeitsverhältnisse nicht, dann sorgen. sagen Sie klar, dass Hartz IV ein Fehler war. Oder Sie fin- Deshalb werden wir wie in den letzten Jahren auch in die- den in Ordnung, dass das passiert ist, was Sie eingetütet sem Jahr wieder einen Antrag für ca. 6.000 mehr Erziehe- haben. Aber dann stehen Sie auch dazu. rinnen und Erzieher in den Kitas einbringen sowie einen (Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU) Antrag auf Umwandlung der verbliebenen Ein-Euro-Jobs in sozialversicherungspflichtige und existenzsichernde Wer soll Ihnen Ihre Betroffenheit glauben, wenn Sie Stellen. 330.000 € für Frauennotrufe und Frauenberatungsstellen ablehnen? Wer soll Ihnen das glauben? Ich weiß, dass der Arbeitsmarkt, was die Erzieherinnen be- trifft, leer geräumt ist. Aber dann ist es die Aufgabe, zu (Zurufe von der CDU) schauen, was man da tun kann. Da reicht nicht aus, was – Sie haben es auch abgelehnt. Also brauchen Sie gar nicht hier getan wird. Wir verlieren jedes Jahr 20 % junger, gut so hämisch Beifall zu klatschen. Sie waren nicht die Bohne ausgebildeter Erzieherinnen und Erzieher, weil die Arbeits- besser. bedingungen so sind, dass sie lieber im Supermarkt Regale einräumen gehen. Das weist eine Studie nach. Sorgen Sie (Beifall bei der LINKEN – Lachen bei der CDU) dafür, dass die Arbeitsbedingungen besser werden. Das ist Die Frauen, die dort ihre Arbeit machen, die wirklich enga- ein Teil davon, das Problem zu lösen. Dann gewinnen wir giert ihre Arbeit machen, betreuen doch genau die Frauen, diese Menschen vielleicht zurück und verlieren nicht jedes die Hilfe brauchen. Jahr weitere gut ausgebildete Menschen. Herr Bouffier hat heute Morgen gesagt: Wenn man einen (Beifall bei der LINKEN) armutsfesten Lohn schaffen will, müsste man mindestens Diese Gesellschaft verfügt von Jahr zu Jahr über einen pro 11,50 € fordern. Er hat behauptet, dass sei nicht machbar. Kopf wachsenden Reichtum. Er ist nur immer ungleicher Die Kehrseite der Armut der vielen ist der immense Reich- verteilt. Deshalb ist eine der Leitlinien linker Gesell- tum der wenigen, der oberen 5 % oder des oberen 1 %. Die schafts- und Sozialpolitik: Es ist genug Geld da, um sinn- Kehrseite der um sich greifenden Armut trotz Arbeit ist der volle Arbeit zu schaffen, und es gibt mehr als genug sinn- weiter wachsende Reichtum ohne Arbeit. Statistisch sind volle Aufgaben und Herausforderungen, für deren Bewälti- ca. 80 % der Einkünfte der oberen 5 % Kapitaleinkommen, gung dieses Geld eingesetzt werden muss. also Einkommen, welches ohne jede Arbeitsleistung zu- Meine Damen und Herren von CDU, SPD und GRÜNEN, fließt. sollten Sie unseren beiden noch ausstehenden Anträgen für 8458 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 mehr Erzieherinnen in Kitas und für die Umwandlung von sie zu tun haben. Das ist ein fundamentaler Unterschied in Ein-Euro-Jobs in sozialversicherungspflichtige Vollzeit- der Sozialpolitik. stellen nicht zustimmen, werden wir das sehr bedauern. (Beifall bei der CDU und der FDP) Aber einmal mehr wären dann die sozial- und arbeits- marktpolitischen Fronten geklärt. Das macht sich in jedem Bereich bemerkbar. Das macht sich bei der Gesundheitspolitik bemerkbar. Wenn hier Ver- (Beifall bei der LINKEN) sorgungskonzepte eingefordert werden, muss man erst ein- mal die Kompetenz haben. Solange wir keine Kompetenz Vizepräsident Heinrich Heidel: haben, können wir Konzepte vorlegen, wie wir wollen, wir können sie nicht umsetzen. Deswegen sind wir schon sehr Schönen Dank, Frau Schott. – Für die Landesregierung hat viel weiter gekommen mit den Möglichkeiten, die wir ha- Herr Sozialminister Grüttner das Wort. ben, weil wir die Partner mitgenommen haben. Der Hessi- sche Pakt zur Sicherstellung der gesundheitlichen Versor- gung ist ein wesentlicher Bestandteil, und sicherlich wer- Stefan Grüttner, Sozialminister: den wir auch in Zukunft möglicherweise mehr Kompeten- Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! zen von der Bundesebene bekommen. Dann werden wir sie Normalerweise laufen Haushaltsdebatten nach festgelegten ausfüllen. Ritualen. Dieses Mal haben wir etwas anderes erlebt. Dass Meine sehr verehrten Damen und Herren, jeder Arzt, der sich die Opposition mehr mit sich selbst beschäftigt und sich in einem unterversorgten Gebiet niederlässt, sorgt für gegeneinander geht, statt sich mit dem Haushalt auseinan- die Versorgungssicherheit in diesem Lande und ist nicht derzusetzen, ist sozusagen eine Premiere. Allerdings ist es etwa eine Altersversorgungszulage, wie Herr Spies das an natürlich auch mehr als verständlich; denn viele Aussagen, dieser Stelle tituliert hat. die heute Morgen in der Aussprache zum Einzelplan 02 ge- troffen worden sind, haben nicht gerade von tiefer gehen- Genauso ist es bei der pflegerischen Versorgung und der der Sachkenntnis gezeugt. Altenpflege. Wir haben die Deckelung der Schulplätze auf- gehoben. Es gibt so viele Schulplätze wie noch nie. Wir (Beifall bei der CDU und der FDP) haben einen Zulauf bei den Ausbildungsberufen in den Be- Herr Kollege Dr. Bartelt hat das an dem Beispiel Betreu- reichen Altenpflege und Erzieherinnen. Wir haben Höchst- ungs- und Versorgungsquote festgemacht und verdeutlicht. stände in Hessen. Wir können aber nichts dafür, dass sich Dass Herr Spies nicht weiter darauf eingegangen ist, ist manche Menschen für andere Berufe entscheiden. Deswe- wahrscheinlich der Tatsache geschuldet, dass es morgen gen schauen wir, wo wir an anderer Stelle unseren Fach- noch einen Setzpunkt zu dieser Thematik gibt. Dann kann kräftebedarf decken können. Wir schauen auch ins Aus- man sich noch intensiv damit auseinandersetzen. Gehen land. Sie allerdings davon aus, dass in diesem Haushalt für den Wer in der Altenpflege eine Umlage fordert, weiß nicht, Ausbau der Betreuung von Kindern unter drei Jahren ins- was er sagt, weil es eine verfassungsrechtliche Grenze gibt. gesamt im Investitionsbereich 100 Millionen € zur Verfü- Eine Umlage können Sie bei der Altenpflege nur dann er- gung stehen heben, wenn nicht ausreichend Schulplätze zur Verfügung (Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS stehen und es mehr Bewerber als Plätze gibt. Das haben 90/DIE GRÜNEN)) wir in Hessen aber nicht. Wir haben gerade den umgekehr- ten Fall. Deswegen ist die Erhebung einer Umlage in der und dass insbesondere für Kinderbetreuung und frühkindli- Altenpflegeausbildung verfassungsrechtlich einfach nicht che Bildung im Doppelhaushalt mehr als 860 Millionen € möglich. zur Verfügung gestellt werden. (Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist ein deutli- 90/DIE GRÜNEN)) ches und klares Bekenntnis einer Schwerpunktsetzung in die Zukunft unseres Landes, wenn wir in unsere Kinder in- Aber das ist Recht, Frau Kollegin Schulz-Asche, und man vestieren, und das machen wir. Wir machen das zielgerich- muss ab und zu danach schauen, wie man damit umgeht. tet. (Beifall bei der CDU und der FDP) (Beifall bei der CDU und der FDP) Wenn es um die Krankenhausversorgung geht, finde ich, Was in dieser Debatte auch deutlich geworden ist – das sa- ist das zukunftsweisend, was wir als Landesregierung ge- ge ich immer wieder –: Es gibt einen fundamentalen Unter- meinsam mit den Fraktionen auf den Weg gebracht haben schied in der Sozialpolitik zwischen dem, was die Regie- – auch für die Erhaltung von Kliniken in kommunaler Trä- rungsfraktionen und diese Landesregierung vertreten, und gerschaft. dem, was die Opposition in diesem Landtag vertritt. Die Leider ist es halt so; Herr Dr. Spies, wenn Sie das aufge- Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen sehen nommen und auf ein südhessisches Krankenhaus hinge- die Menschen an. Sie wollen den Menschen helfen. Sie wiesen haben – Sie meinten wahrscheinlich das Klinikum verordnen den Menschen nicht das, von dem sie zu wissen Offenbach –, will ich Ihnen sagen: Rot und Grün tragen glauben, was besser ist, sondern sie versuchen, sie mit ih- seit acht Jahren und noch länger die Verantwortung für ren Kräften, die sie haben, zu fördern, um ihnen zu helfen, dieses Klinikum, genauer gesagt, seit 1997. Und sie haben wenn sie in Notlagen sind, sich aus diesen Notlagen selbst- es schlicht und einfach in die Miesen hineingeritten. Sie ständig herauszuarbeiten. Dafür bieten wir alle Unterstüt- haben einfach falsch gehandelt. Sie haben eine Situation zung an. Wir bieten nicht einen Sozialstaat an, der weiß, hervorgebracht, dass dieses Krankenhaus verkauft werden was für die Menschen gut ist, oder der meint, zu wissen, muss. Übrigens hat dem Verkauf der Fraktionsvorsitzende was für die Menschen gut ist, und ihnen vorschreibt, was Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8459 der GRÜNEN noch zugestimmt. Das muss man an irgend- Herr Bouffier, wir haben im Bereich Umwelt unsere Vor- einer Stelle auch einmal betonen. schläge auch gegenfinanziert. Jawohl, wir wollen den Was- sercent einführen. Jawohl, wir wollen auch Staudinger und (Beifall bei der CDU und der FDP) Biblis in die Verantwortung nehmen. Er ist schließlich einer, der immer wieder einmal das Wort Sie haben heute Morgen gesagt – Sie hören nicht zu, das redet und meint, alles besser zu wissen. Aber er hat die ist okay –, es ginge in Ordnung, weil Biblis abgeschaltet Hand für den Verkauf dieses Klinikums gehoben. Das sei. Ein bisschen mehr Ahnung von der Atompolitik hätte muss man an dieser Stelle auch sagen. ich mir schon gewünscht. (Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Hört, hört! – Zuruf (Beifall bei der SPD) der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) Auch ein abgeschaltetes Atomkraftwerk muss noch jahre- lang gekühlt werden. So viel Sachkompetenz für den selbst – Frau Kollegin Schulz-Asche, ich war überhaupt nicht da. ernannten Vater des Hessischen Energiegipfels hätte ich Insofern konnte ich überhaupt keine Hand heben – weder schon erwartet. Es gibt zwei Fragen. Entweder hatten Sie oben noch unten, noch sonst irgendwo. Ich habe an der Sit- davon keine Ahnung, oder Sie wollen den Leuten Sand in zung nicht teilgenommen. die Augen streuen. Beides ist nicht sehr seriös. Dieser Sozialhaushalt ist ein Haushalt, der die Herausfor- (Beifall bei der SPD und der Abg. Sigrid Erfurth derungen der Zukunft annimmt, der die Schwerpunkte (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Zuruf des Abg. richtig setzt, um Hessen als ein Land darzustellen, das sich Holger Bellino (CDU)) um die Schwachen kümmert, das den in Not Geratenen hilft und letztlich Wege zu einem eigenbestimmten Leben Wir wollen Geld für unsere Umweltprojekte einnehmen, aufzeigt. Dafür sind die haushaltsmäßigen Voraussetzun- sauber gegenfinanziert. Das kann man von Ihrer Politik gen geschaffen. nicht sagen. (Beifall bei der CDU und der FDP) (Lachen des Abg. Frank Sürmann (FDP)) Ich möchte ein weiteres Beispiel nennen: die regionalen Vizepräsident Heinrich Heidel: Energiekonzepte, die hier angepriesen wurden. Sie wollten den Kommunen, den Regierungsbezirken Hilfen für die Schönen Dank, Herr Staatsminister. – Damit sind wir am Energiewende geben. Diese regionalen Energiekonzepte Ende der Lesung von Einzelplan 08 angekommen. sind im September 2000 in Auftrag gegeben worden, lie- Wir kommen jetzt zum gen bis heute noch nicht vor, kosten aber 260.000 €. Sie sollten den Beitrag liefern, damit die Regionalpläne fortge- Einzelplan 09 – Hessisches Ministerium für Umwelt, schrieben werden können. Wir werden demnächst in den Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz – Regionalversammlungen über die Regionalpläne beschlie- Das Wort hat Herr Gremmels für die SPD-Fraktion. ßen, und die Konzepte liegen bis heute nicht vor. Auch diese 260.000 € sind verbranntes Geld, meine sehr verehr- ten Damen und Herren. Timon Gremmels (SPD): Ich sage Ihnen: Die Energiewende muss man nicht nur Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! wollen, man muss sie nicht nur können, man muss sie auch Ich will mich aufgrund der fortgeschrittenen Zeit auf weni- ordentlich finanzieren. Auch dazu ist in diesem Haushalt ge Punkte beim Einzelplan 09 konzentrieren. Eines fällt viel zu wenig Geld bereitgestellt. schon auf, wenn man in den Haushalt schaut. Herr Bouf- (Beifall bei der SPD) fier, eines der weiteren Leuchtturmprojekte, die Ihr Vor- gänger einmal installiert hat, haben Sie eingerissen: die Immerhin – das finde ich schon spannend – haben wir von Nachhaltigkeitsstrategie sang- und klanglos auf null ge- den Kollegen aus dem Innenausschuss die Information von setzt, keine Haushaltsmittel mehr bereitgestellt. Es wird der kursorischen Lesung bekommen, es gibt zur Umset- einfach ein weiterer Leuchtturm Ihres Vorgängers abgeris- zung des Energiegipfels in den drei Regierungspräsidien sen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist nicht insgesamt 23 neue Stellen. Das ist schon spannend: keine nachhaltig. zusätzlichen Haushaltsmittel, aber 23 neue Stellen. Sicher- lich wird so dem einen oder anderen Jungunionisten, viel- (Beifall bei der SPD) leicht auch noch einem Vertreter der FDP eine Zukunft ge- Das kann man ja alles so machen, aber es ist schon eine geben. Aber das hat nichts mit Energiewende zu tun. Frage, wie man mit den Mitgliedern des Nachhaltigkeitsra- Lassen Sie Leute ran, die Energiewende können. Lassen tes umgeht: Monatelang keine Sitzung, dann wird eine Te- Sie Rot-Grün den Laden übernehmen, lefonkonferenz anberaumt. Der Ministerpräsident ist auch nicht in dieser Telefonkonferenz, und die Mitglieder des (Zuruf des Abg. Dr. Frank Blechschmidt (FDP)) Nachhaltigkeitsrates erfahren von der Opposition, dass der lieber heute als morgen. Haushaltsansatz auf null gesetzt wird. (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des (Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU)) BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der Meine sehr verehrten Damen und Herren, so geht man mit CDU – Minister Jörg-Uwe Hahn: Das ist das Niveau renommierten Experten einfach nicht um. der SPD, „den Laden übernehmen“!) (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN) 8460 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Vizepräsident Heinrich Heidel: – Die sind in Haushaltspositionen enthalten. Das splitten wir Ihnen noch auf. Schönen Dank, Herr Kollege Gremmels. – Für die CDU- Fraktion hat Herr Stephan jetzt das Wort. (Timon Gremmels (SPD): Bei der Anhörung und bei der kursorischen Lesung war davon noch keine Re- de!) Peter Stephan (CDU): Lieber Herr Gremmels, Sie machen sich hier das Ganze zu Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kol- einfach: Da nehmen wir einmal den Bürgerinnen und Bür- legen! Zu später Stunde, deswegen etwas verkürzt mein gern schnell Geld weg und schütten es nach unserem Sinn Beitrag zum Haushaltsplanansatz Einzelplan 09. Herr aus. – Das ist keine Politik, wie wir sie wollen. Wir wollen Gremmels, wir haben eben über die Energiewende und die zielgerichtet Politik dort haben, wo sie notwendig ist. Kosten gesprochen. Bei Ihnen heißt es doch immer: Darf es nicht noch ein bisschen mehr sein? – Wie früher in der (Beifall bei der CDU und der FDP) Metzgerei: da noch ein bisschen mehr Geld, dort noch ein Es ist nicht unser Ding: immer mehr Staat und immer we- bisschen mehr Geld ausgeben. Das zeichnet Ihre Politik niger im Privaten. Lasst die Leute entscheiden, was sie mit aus. Sie ist vorhersehbar jedes Jahr das Gleiche, wie in der ihrem Geld tun. Das ist sicherlich das Beste und das Rich- Geschichte „the same procedure as every year“, wo die tige. Miss Sophie ihrem Diener sagt: Jedes Jahr noch einmal das gleiche Prozedere. (Beifall bei der CDU und der FDP) (Lachen des Abg. Timon Gremmels (SPD)) Ihre Einnahmevorschläge, das hat die Generaldebatte schon gezeigt, stehen auf tönernen Füßen. Das sind Luft- Herr Gremmels, wir können nicht mehr Geld ausgeben, als schlossfinanzierungen. Wenn Sie sagen, in Biblis braucht wir haben. Wir haben sehr viel Geld für die Energiewende man weiterhin Kühlwasser, dann ist Ihnen wahrscheinlich bereitgestellt. Was Sie wollen – mehr Steuern, mehr entgangen, dass dort keine heißen Brennstäbe mehr aktiv Staat –, ist nicht unser Ding. Die Landesregierung setzt die sind, sondern die Brennstäbe im Abklingbecken sind. Das Schwerpunkte im Energiebereich. Lassen Sie mich das an heißt Abklingbecken, weil man weniger Wärme ableiten wenigen Zahlen deutlich machen. muss. Sie finden die Förderprogramme Energie und Klimaschutz (Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD)) in insgesamt sechs Einzelplänen. Es zeichnet die Landesre- gierung aus, dass viele Ressorts an der Umsetzung dieser – Herr Gremmels, das ist einfach so. Das ist physikalisch Energiewende beteiligt sind. Schauen wir uns die vorhan- so bedingt. Dieses Abklingbecken wird in den nächsten denen Bewilligungen in den Haushalten der letzten Jahre Jahren geräumt sein, spätestens 2015. Dann können Sie an: vielleicht das Kühlwasser in Biblis für die hoffentlich dann gebauten Windräder noch benutzen. 2011 19 Millionen € für den Themenbereich Klimaschutz und Energie, 2012 79 Millionen €, 2013 94 Millionen € Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte ein paar wei- und 2014 77 Millionen € – also eine bedeutende Ausga- tere Fakten zum Haushaltsentwurf nennen. Ich glaube, die bensteigerung, ganz anders, als Sie es dargestellt haben. Beispiele, die in den letzten Tagen genannt wurden, zei- gen, dass wir richtig handeln. Das Programm zum Aus- Ich will zwei Punkte aufgreifen. Der eine ist das Thema tausch der Umwälzpumpen der Heizungen wird in Hessen CO2-Minderungsprogramm Einzelplan 06, dort nachzule- zu einer Einsparung von insgesamt 7 Millionen kWh sen: 2010 1,4 Millionen €, 2011 3 Millionen €, 2012 10 Strom führen. Die Energieversorger nehmen das auf und Millionen €, 2013 20 Millionen €, 2014 27 Millionen €. führen das teilweise weiter. Das ist doch eine ganz tolle Entwicklung und Steigerung. Ich könnte über den Förderkompass reden. Schauen wir uns einmal den Ansatz für Energie im Einzel- plan 09 an: 2010 7 Millionen €, 2011 6,2 Millionen €, Ich will dies nur mit wenigen Sätzen anschneiden. Wir 2012 28,4 Millionen €, 2013 33,3 Millionen € und müssen unbedingt darüber reden, warum Rot und Grün in 2014 18,7 Millionen €. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, Berlin die energetische Sanierung blockieren. Das ist ein ich glaube, die wenigen Zahlenbeispiele zeigen ganz ein- Kernthema. Die GRÜNEN haben das gestern auch kriti- deutig, dass die Landesregierung die Aufgabe der Energie- siert. wende sehr ernst nimmt und dafür auch genügend Geld be- (Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. reitstellt – Herr Gremmels, mehr Geld, als Sie im letzten Alexander Noll (FDP)) Jahr gefordert haben. Das sollten Sie sich einfach hinter die Ohren schreiben. Dieser Doppelhaushalt beweist, wir Wir werden mit diesem Einzelplan aber auch die anderen betreiben im Bereich Energie und Klimaschutz Zukunfts- Aufgabengebiete fördern. Wir machen weiter bei dem frei- gestaltung. willigen und nachhaltigen Umweltschutz. Wir nennen das Vertragsnaturschutz. Das ist etwas richtig Gutes. (Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD)) Wir machen etwas beim Hochwasserschutz und beim Bo- Herr Gremmels, Sie haben die Nachhaltigkeitsstrategie denschutz. Auch dafür werden genügend Mittel bereitste- vermisst. Auch dazu kann ich Ihnen nur sagen: In den bei- hen. Das steht auch in Zusammenhang mit der Wasserrah- den Jahren des Doppelhaushaltes 2013 und 2014 werden menrichtlinie. Weiterhin werden wir die Naturschutzgroß- für die Fortführung dieser Nachhaltigkeitsstrategie insge- projekte im Vogelsberg, in der Rhön und im Kellerwald samt jeweils 1,5 Millionen € bereitstehen. fördern. Wir werden dafür sorgen, dass für die Investiti- (Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wo onsförderung in der Landwirtschaft und für die Ausbildung denn?) der Landwirte Geld da ist, damit wir die kleinteilige hessi- sche Landwirtschaft gut erhalten können. Wir werden auch Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8461 sicherstellen, dass genügend Mittel für den Verbraucher- meras springen und sagen: Wir haben die Umwelt lieb, ju- schutz und für die Labore im Landesbetrieb da sind. hu. Ich könnte noch viel mehr erläutern. Die Redezeit heute Was ist das für ein Schauspiel? Wie viel ist dafür in dem Abend ist aber knapp. Haushaltsentwurf eingestellt? – Das sind 0 €. Es sind 0 € für die Nachhaltigkeitsstrategie. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, Ihnen wird es nie genug sein, was in diesem Einzelplan 09 ausge- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- geben wird. Anders als Sie haben wir, die Mitglieder der wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN) Regierungsfraktionen, aber einen Gestaltungswillen. Wir Herr Stephan, Sie haben gesagt, 1,5 Millionen € habe man tragen die Verantwortung für einen soliden und ehrlichen dafür. Wir haben in der kursorischen Lesung genau danach Haushalt. Wir tragen die Verantwortung für die Einhaltung gefragt. Da hieß es: Nein, es werde dazu vielleicht noch der Schuldenbremse. Damit werden auch die Interessen der ein Änderungsantrag kommen. – Das haben Sie zumindest nachfolgenden Generationen berücksichtigt. Das ist eine gehofft. Es kamen aber leider keine Änderungsanträge von große Herausforderung. Wir bewältigen diese mit Verstand den Fraktionen. Ich schätze, dass die FDP-Fraktion dahin- und Vernunft und nicht mit den jedes Jahr gleichen Refle- tersteckt. xen, die Sie als die Mitglieder der Opposition haben. Da lautet es dann: Liebe Bürger, darf es ein bisschen mehr Wenn Sie jetzt noch 1,5 Millionen € umschichten sollten, sein? Wir ziehen es euch anschließend gleich wieder aus dann wäre das insofern schön, als vielleicht das eine oder der Tasche. andere Modellprojekt gerade noch am Leben erhalten wer- den könnte. Aber die Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrate- Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, das geht mit uns gie ist wirklich etwas ganz anderes. nicht. Wir machen eine solide Finanzpolitik. Dabei wird es auch bleiben. – Vielen Dank. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN) (Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP) Es gab noch einen weiteren großen Arbeitskreis, den Ener- giegipfel. Glücklicherweise bleibt der nicht ganz so konse- quenzlos. Sie haben einen Haushaltsansatz dafür vorgese- Vizepräsident Heinrich Heidel: hen. Das ist durchaus ein Anfang. Ich will das nicht nur Herr Kollege Stephan, schönen Dank. – Für die Fraktion kleinreden. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt Frau Dorn. Bit- Wir haben noch ein paar inhaltliche Aspekte mehr, die wir te schön. als notwendig ansehen. Deswegen haben wir vorgesehen, dass da noch mehr Geld eingestellt wird. Aber das ist durchaus ein Ansatz, mit dem man immerhin einmal vor- Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): angehen könnte, wenn man auch wüsste, wohin. Das ist Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! immer das Problem. Denn da sehe ich das größte Problem bei dieser Landesregierung. Man muss das Geld richtig Wenn du nicht mehr weiterweißt, bilde einen Ar- ausgeben. Man muss wissen, wohin man möchte. beitskreis. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- Das ist im Umweltbereich sehr häufig passiert. Das ge- wie der Abg. Timon Gremmels und Nancy Faeser schah unter anderem wegen Ihrer Ratlosigkeit in puncto (SPD)) Nachhaltigkeit. Sie richten immer mit Fanfaren und Trompeten große Ar- Sie haben dann die Nachhaltigkeitsstrategie ins Leben ge- beitsgipfel ein und möchten die Leute mitnehmen. Sie dür- rufen und große Werbung dafür gemacht. Sie haben den fen sich dann aber nicht wundern, wenn diese Leute Ihnen Nachhaltigkeitsrat gegründet. irgendwann einmal enttäuscht den Rücken zukehren. Das Es ist schon bedauerlich, dass Sie als Umweltministerin sind Leute, die darauf gehofft hatten, mitgenommen zu keine eigenen Ideen voranbringen und dass Sie selbst nicht werden, die darauf gehofft hatten, dass ihre Ideen auch wissen, wo Sie beim Umweltschutz und beim Naturschutz wirklich Eingang finden. Sie mit Nichtstun einfach einmal vorankommen müssen. Aber gut, wenn man verbraucht abzustrafen, finde ich verwerflich. und erschöpft ist, dann hilft vielleicht ein bisschen Energie (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und von außen. des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE)) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Wir haben ganz konkrete Ideen, wie wir beim Umwelt- bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Willi van und Naturschutz vorankommen wollen. Wir haben das Ooyen (DIE LINKE) – Dr. Christean Wagner Ganze dezidiert mit unseren Änderungsanträgen zum (Lahntal) (CDU): Das ist die alte Leier! Das wird Haushaltsentwurf gezeigt. Ich möchte ein paar davon nen- langsam langweilig!) nen. Es wurden durchaus gute Ergebnisse erarbeitet. Es haben Wir haben in Hessen ein Artensterben. Das wissen wir. Die sehr viele Menschen und sehr viele Experten mitgearbeitet. Nachhaltigkeitsstrategie ist längst überfällig. Wir haben die Es wurden viele Arbeitsstunden für Sie geopfert. Das ge- Gründe dafür gehört. Sie haben uns erklärt, warum wir schah für die gute Sache. noch nicht so weit sind. Das ist erst einmal in Ordnung. Viele bunte Broschüren sind entstanden. Es gab den Nach- Frau Ministerin, ich kann aber nicht verstehen, warum in haltigkeitstag. Der ist immer besonders lustig. Da können dem Haushalt immer noch kein Geld dafür eingestellt wer- ganz viele Abgeordnete der CDU und der FDP vor die Ka- den soll. Das geht nicht. Es ist in Ordnung, wenn es sich 8462 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 etwas verzögert. Aber es geht nicht, dass Sie das auch die irgendwann Erfolge vorweisen können. Hessen verdient nächsten zwei Jahre weiterhin verzögern wollen. einfach mehr Umweltschutz und weniger Blockade durch einen FDP-Minister. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Wir machen ganz konkrete Vorschläge, wie wir unsere le- des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE)) benswichtige Ressource, unser Wasser, nachhaltig nutzen können, wie wir unsere Gewässer und unser Grundwasser schützen können. Dazu gehören zum einen Investitionen in Vizepräsident Heinrich Heidel: unsere Wasserinfrastruktur. Sie ist marode. Sie ist alt und überdimensioniert. Frau Dorn, schönen Dank. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Sürmann. Es geht aber auch darum, Anreize zu setzen, Wasser nicht zu verschwenden. Deswegen ist die Einführung des Was- sercents so wichtig. Frank Sürmann (FDP): Sie haben uns angegriffen und gesagt, wir hätten das alles Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möch- nicht durchgerechnet. Das Gegenteil ist der Fall. Wir ha- te entsprechend der Reihenfolge anfangen. Herr Grem- ben das schon immer so gerechnet, dass das Aufkommen mels, Sie haben die Ausführungen für die SPD-Fraktion aus dem Kraftwerk Staudinger, Block 6, und aus dem gemacht und von der Konzeptionslosigkeit der Umweltmi- Kraftwerk Biblis nicht dazugehört. Denn unser erklärtes nisterin gesprochen. Ziel war natürlich schon immer, da etwas zu ändern. Inso- fern ist da keinerlei Rechenfehler drin. Alle Angriffe von Ein bisschen peinlich ist Ihnen das wohl schon. Bis zum Ihrer Seite laufen ins Leere. jetzigen Zeitpunkt liegt kein einziger Änderungsantrag von Ihnen vor. Das gilt genauso für den Einzelplan 09. Da re- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und den Sie von Konzeptionslosigkeit. des Abg. Timon Gremmels (SPD)) (Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD)) Wir haben weiterhin Vorschläge gemacht, wie wir Hessen zu einer gentechnikfreien Region machen und das dann er- – Wo sind sie denn? Geben sie uns die doch einmal. Wir halten können. Wir wollen das Klimaschutzzentrum erwei- haben sie jedenfalls nicht. – Wir haben Ihre vollmundige tern. Sie sagen immer: Wir brauchen das Klimaschutzzen- Ankündigung, dass Sie die Förderung der Trink- und Ab- trum, um uns anzupassen und um unsere Region an die wasseranlagen um 5 Millionen € erhöhen wollen. Wir ha- Folgen des Klimawandels anzupassen. – Haben Sie denn ben Ihre großartige Ankündigung, dass Sie im Verbrau- schon aufgegeben, gegen den Klimawandel zu kämpfen? cher- und Tierschutz 300.000 € mehr ausgeben wollen. Da- Das muss natürlich ein Schwerpunkt in dem Klimaschutz- bei sagen Sie aber nicht, ob Sie im Verbraucherschutz zentrum sein. mehr ausgeben wollen oder ob das halbe-halbe sein soll. Dazu gibt es überhaupt nichts. Frau Ministerin, ich möchte noch einen anderen Bereich nennen. Neben Umwelt und Energie ist das ein sehr wich- Sie haben das Energiekonjunkturgesetz genannt. Dessen tiger Punkt. Das betrifft den Verbraucherschutz. Da sind Inhalte kennen wir kaum. Sie wollen dafür 40 Millionen € Sie damals, aus dem Bundestag kommend, als brüllende einstellen. Sie haben gesagt, Sie bräuchten Maßnahmen Löwin angetreten. Sie haben sich hierhin gestellt und ge- aus einem Zukunftsfonds mit 20 Millionen €, der auch sagt, Sie wollten den Verbraucherschutz voranbringen. nicht näher beschrieben ist. Leider hat Wirtschaftsminister Rentsch Sie ganz schön ge- Wenn man einen Strich darunter macht, dann wollen Sie stutzt. Jetzt sind Sie als Kätzchen angekommen. im Einzelplan 09 65,3 Millionen € Mehrausgaben – ohne Sie hatten einmal vor, die Hygieneampel für Gaststätten einen Gegenfinanzierungsvorschlag. umzusetzen. Das ist ein Projekt, das uns sehr am Herzen (Timon Gremmels (SPD): Natürlich nicht!) liegt. Wir haben es Smiley genannt. Im Bundesrat wurde es dann zur Hygieneampel. Das ist für uns durchaus in Ord- Das ist aber ganz toll, wie Sie mit den Steuergeldern umge- nung. hen und wie Sie meinen, wie man einen Haushalt aufstel- len kann. Gott sei Dank haben Sie nicht die Mehrheit. Es Die Wirtschaftsminister haben sich dagegengestellt und ist eine Katastrophe, was Sie hier vorgeschlagen haben. gesagt, das könne natürlich in jedem Bundesland einge- führt werden. Es liegen alle Konzepte vor. Berlin hat vor- (Beifall bei der FDP und der CDU) gemacht, wie es geht. Die Stadt Offenbach macht vor, wie Sie sagen an keiner Stelle, wie Sie es bezahlen wollen. Nur es geht. an einer einzigen Stelle – da haben Sie wohl gemerkt, wir Frau Ministerin, warum gehen Sie da nicht endlich voran? brauchen ein paar Mehreinnahmen – kommt der typische – Sie haben sich dafür stark gemacht. Sie haben gesagt: Reflex von Links und SPD, da sind Sie relativ gleich: Sie Wir brauchen so etwas. Das ist für die Verbraucherinnen führen den Wasserpfennig wieder ein oder den Wasser- und Verbraucher gut. – Also könnten wir das in Hessen oh- cent, oder wie auch immer Sie das nennen wollen. Damit ne die anderen Bundesländer einführen. Wir haben den wollen Sie 80 Millionen € in die Kasse spülen, und dabei entsprechenden Änderungsantrag gestellt. Meine Damen wollen Sie wieder insbesondere die sozial schwachen Men- und Herren, Sie müssen eigentlich nur zustimmen. schen mit einem höheren Wasserpreis belasten, um Ihre Spielwiesen zu finanzieren. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD)) Frau Ministerin, es reicht eben nicht, mit viel Energie ganz viel anzukündigen und dann mit leeren Batterien völlig er- Das ist nicht nur unseriös, das ist eine Politik, die wir in schöpft und verbraucht am Ziel anzukommen. Man muss Hessen – und in Deutschland überhaupt – nicht gebrauchen können. Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8463

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU Mehreinnahmen: 85 Millionen € durch sogenannte Gewäs- – Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) serschutzabgabe. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) (Willi van Ooyen (DIE LINKE): Den Wassercent Dann stellen Sie auch noch Mehreinnahmen ein – das muss haben Sie doch auch!) man sich auf der Zunge zergehen lassen – aus der Ver- Seien Sie doch wenigstens so ehrlich und nennen auch pachtung von Waldflächen für Windkraftanlagen. So wol- Wassercent oder Wasserpfennig. len Sie im Jahr 2013 18 Millionen € einnehmen und 12 Millionen € im Jahr 2014. Rechnen Sie mir doch bitte ein- (Willi van Ooyen (DIE LINKE): Ja, genau, aber wir mal vor, was Sie da alles verpachten und welche Pachtprei- haben das sozial gestaffelt!) se Sie da nehmen wollen. Das hört sich schon ein bisschen nach Pachtwucher an. Rechnen Sie einmal durch, wie viele Also auch hier der gleiche Reflex: Einnahmen zulasten der Tausende von Hektar Sie da verpachten müssten, und rech- Bürger erhöhen, damit sie weniger zum Ausgeben haben, nen Sie dann einmal aus, wie viel weniger Einnahmen auf- und der Staat macht dann schon alles für sie. Das ist der grund der Waldbewirtschaftung Hessen-Forst dann erzielt Ansatz, den Sie haben. Toi, toi, toi, dass wir das nicht hier im Hessischen Landtag als Mehrheit haben. (Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD)) (Beifall des Abg. Fritz-Wilhelm Krüger (FDP) – Zu- und was wir dann hineinstecken müssen. Das ist wirklich rufe und Heiterkeit) ein Chaos, was Sie da vorgelegt haben. Das ist wirklich peinlich. Meine Damen und Herren, wir haben unsere Schwerpunkte dort gesetzt, wo wir das angekündigt haben. (Zurufe von der SPD) (Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD) – Gegen- Jetzt zu den Ausführungen der GRÜNEN. Das hatten wir rufe, Heiterkeit und weitere Zurufe) heute schon einmal. Hier liegen wenigstens die formellen Anträge vor. Ich fasse es zusammen, weil ich die Einzel- Wir haben das Energiezukunftsgesetz mit der Umsetzung maßnahmen jetzt nicht durchgehen will: Für das Jahr 2013 aller Maßnahmen im Haushalt abgebildet. haben Sie 45 Millionen € Mehrausgaben vorgesehen, im (Lebhafte Zurufe und Heiterkeit) Jahr 2014 43,8 Millionen €. Immerhin haben Sie eine Ein- sparungsmaßnahme vorgeschlagen: Privatisierung des In den Jahren 2013 und 2014 haben wir jeweils 10 Millio- Landgestüts in Dillenburg. Darüber kann man sich unter- nen € aus dem Zukunftsfonds zur Umsetzung der Maßnah- halten. Das sollten wir auch einmal tun. Ich bin aber ge- men aus dem Energiegipfel eingestellt. spannt, was dann die Kollegen, mit denen Sie einmal regie- (Zurufe und Heiterkeit) ren wollten, dazu sagen. Wollen wir einmal schauen. Aber immerhin ist das ein Vorschlag, bei dem man sagen kann: Wir haben die Mittel für den Ausbau und die Unterhaltung Mensch, 300.000 € von den über 80 Millionen €, die Sie der Naturparks und der Naturschutzgroßprojekte – das ist mehr ausgeben wollten, sind bereits finanziert. Leider aber für uns gar nicht unwichtig – von 900.000 € auf 3,7 Millio- ist das eine Einsparung, die bei Weitem nicht ausreicht. nen € angehoben. Dann gehen Sie her und machen genau das Gleiche wie die (Lebhafte Zurufe und Heiterkeit) SPD und sagen: Wir führen den Wassercent wieder ein. Exakt diese Summe haben wir an anderen Stellen wieder (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja!) eingespart. So stellt man Haushalte auf. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Das hat Frau Dorn hier eben vorgetragen. Es ist wieder ei- ne Ausführung mit Änderungsanträgen, die Sie gestellt ha- (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der ben, etwas ganz Typisches: Geld der Leute wird ausgege- CDU) ben, das einem nicht gehört, dafür auch noch Schulden ma- chen – und hinterher bezahlen es irgendwelche Generatio- Vizepräsident Heinrich Heidel: nen. Schönen Dank, Herr Kollege Sürmann. – Für die Fraktion (Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE)) DIE LINKE hat jetzt Frau Schott das Wort. Das ist genau der Stil, wie Sie Ihren Haushalt hier aufge- Es ist ja schön, dass alle noch so munter sind, aber lassen stellt haben. Sie doch die Rednerin zu Wort kommen. (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Genau – deswe- (Lebhafte Zurufe von der SPD, dem BÜNDNIS gen erhöhen Sie auch die Grunderwerbsteuer!) 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN) Sie alle wissen ganz genau: So geht es nicht. – Bei der LINKEN ist es noch viel schlimmer. Marjana Schott (DIE LINKE): (Janine Wissler (DIE LINKE): Noch schlimmer?) Herr Präsident – – Die haben im Jahr 2013 49,5 Millionen € Mehrausgaben in ihren Anträgen drin. Formell sind diese Anträge richtig (Die Rednerin lacht und ringt um ihre Fassung.) gestellt. Im Jahr 2014 sind es 44,1 Millionen €. Einspar- Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist natürlich vorschläge: 0, schwierig, jetzt nochmals den Versuch zu starten, hier (Janine Wissler (DIE LINKE): Aber nur bei diesem ernsthaft zu arbeiten. Einzelplan!) (Zurufe von der SPD) 8464 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Herr Sürmann, ich bin Ihnen für Ihre Rede wirklich dank- (Zuruf von der SPD: Beifall von der CDU! – Gegen- bar. Die Auseinandersetzung mit dem hessischen Haushalt ruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE): Das in den Bereichen Umwelt, Energie, und Verbraucher- muss aus dem Protokoll gestrichen werden!) schutz, Land- und Forstwirtschaft ist in vielerlei Beziehun- gen unerfreulich. Lucia Puttrich, Ministerin für Umwelt, Energie, Land- (Die Rednerin unterbricht ihre Rede und ringt um ih- wirtschaft und Verbraucherschutz: re Fassung. – Clemens Reif (CDU) imitiert Vogel- stimmen. – Heiterkeit) Ich warte einmal, bis Sie ein bisschen zur Ruhe kommen. Wir wollen doch den heutigen Tag noch einigermaßen an- ständig zu Ende bringen. Vizepräsident Heinrich Heidel: Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möch- So, jetzt – – te auf das eine oder andere eingehen, das gesagt wurde, auf einige wenige Dinge. Marjana Schott (DIE LINKE): Herr Gremmels, beispielsweise finde ich es schon sehr ver- messen, wenn Sie von Ihrer Seite her sagen, Sie, die Oppo- Das war eben der qualitativ hochwertigste Beitrag, den ich sition, müssten die Mitglieder der Nachhaltigkeitskonfe- heute aus der CDU-Fraktion gehört habe – mit Abstand das renz darüber informieren, dass die Nachhaltigkeitskonfe- Beste. renz nicht mehr stattfinden wird. Wie kommen Sie eigent- (Beifall bei der LINKEN – Janine Wissler (DIE lich dazu? Sagen Sie, wie kommen Sie eigentlich dazu, das LINKE): Von Herrn Reif! – Weitere Zurufe und zu behaupten? Heiterkeit) (Timon Gremmels (SPD): Weil kein Geld mehr – Na ja, Sie könnten mir ja gelegentlich einmal zuhören, drinsteht!) dann würden Sie schon mitbekommen, dass auch etwas Wie können Sie denen sagen, dass wir an dieser Stelle kommt. nicht mehr weitermachen würden? Es gibt eine ganz klare (Bettina Wiesmann (CDU): Es kommt aber doch gar Entscheidung, dass die Nachhaltigkeitskonferenz weiter nichts!) durchgeführt wird. Aber wenn wir hier derartig amüsante Beiträge bekommen, (Zurufe von der SPD) dann gestatten Sie dem Auditorium doch, fröhlich zu sein. Es gibt die Entscheidung, dass die Projekte, die im vergan- Dass einem das Lachen manchmal die Sprache verschlägt, genen Sommer in der Nachhaltigkeitskonferenz beschlos- (Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das wäre bei Ihnen sen wurden, auch umgesetzt werden. Die vier Ressorts, die wünschenswert!) hier beteiligt sind, werden ihren entsprechenden Beitrag leisten. ist doch immer noch besser als nur das Entsetzen; das ver- schlägt mir in diesem Hause häufiger die Sprache. (Timon Gremmels (SPD): Abgewickelt!) (Ernst-Ewald Roth (SPD): Da hat sie recht!) Das bedeutet, dass wir pro Jahr 1,5 Millionen € zur Verfü- gung haben werden, insgesamt also 6 Millionen € – alles Wenn es Ihnen bei Ihren Zwischenrufen öfter einmal die andere als eine Abwicklung. Die Projekte, die die Nachhal- Sprache verschlagen würde, fände ich das in diesem Hause tigkeitskonferenz in ihrer letzten Sitzung beschlossen hat, auch einen Gewinn, denn die Qualität der Zwischenrufe ist werden weitergeführt. Wenn Sie also Kontakte haben, auch unterirdisch. dann können Sie gerne sagen, dass das, was beschlossen (Janine Wissler (DIE LINKE): Aber die Vogelstim- wurde, auch durchgeführt werden wird. Ein entsprechender menimitation war schon gut!) Antrag ist auch angekündigt, und dann wird es so darge- stellt werden, dass auch Sie es verstehen und dass es ent- Also: Es ist die Aufgabe der Politik, den Verbrauchern sprechend erfolgen wird. – Das war der erste Punkt. möglichst viele der umweltschädlichen, giftigen, gefährli- chen und unter unwürdigen sozialen Bedingungen herge- (Beifall bei der CDU) stellten Produkte zu ersparen. Nicht die Konsumenten Zweiter Punkt: Biblis. Auch diesen Sachverhalt möchte ich müssen in der Lage sein – – aufklären. (Unruhe und Unaufmerksamkeit) (Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU)) Herr Präsident, in Anbetracht der Uhrzeit gebe ich meine An dieser Stelle muss ich es schon sehr deutlich sagen: Ich Rede zu Protokoll. finde es schon sehr vermessen – so, wie ich es verstanden (Beifall und lebhafte Zurufe von der CDU und der habe –, wenn Sie anderen vorwerfen, sie wüssten nicht, FDP – Zuruf: Endlich!) dass Biblis im Moment Kühlwasser braucht. Ich sage es Ihnen ganz klar: Gerade in der jetzigen Nachbetriebsphase braucht Biblis deutlich weniger Kühlwasser als im Leis- Vizepräsident Heinrich Heidel: tungsbetrieb. Insofern ist Ihre Rechnung schlicht und ein- fach falsch. Deshalb müssen Sie nicht andere belehren, Schönen Dank, Frau Schott. – Das war eben ein wegwei- sondern lassen Sie sich bitte an dieser Stelle belehren. sender Hinweis. (Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD)) Frau Ministerin, Sie haben das Wort. Dritter Punkt. Ich bin schon sehr verwundert, wenn Sie sich hier darüber beklagen – und ich muss sagen, das ist Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8465 ein sehr ernstes Thema –, dass wir mehr Personal zur Ver- Vizepräsident Heinrich Heidel: fügung haben werden, damit die Energiewende umgesetzt Vielen Dank, Frau Staatsministerin. – Es liegen keine wei- werden kann. Was stellen Sie sich denn vor, was die Mitar- teren Wortmeldungen zum Einzelplan 09 mehr vor. Damit beiterinnen und Mitarbeiter in den Regierungspräsidien im haben wir die Lesung abgehalten. Moment leisten? Was stellen Sie sich eigentlich vor, wie viele Genehmigungsverfahren dort im Moment durchge- Ich rufe führt werden? Wissen Sie, was das im Moment bedeutet, bei dieser Anzahl von Anträgen und Genehmigungsverfah- Einzelplan 10 – Staatsgerichtshof – ren? Denken Sie nur an die Anträge für Biogasanlagen, für auf. Es ist vereinbart, dass keine Aussprache stattfindet. Windkraftanlagen, die hier bearbeitet werden müssen. Ich rufe Normalerweise müssten Sie uns dafür danken, dass wir die personelle Ausstattung dafür schaffen, damit Anträge nicht Einzelplan 11 – Hessischer Rechnungshof – nur gestellt werden, sondern auch zügig bearbeitet werden zusammen mit Tagesordnungspunkt 67: können. Insofern ist das überhaupt nicht nachvollziehbar. Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend (Beifall bei der CDU) Landesrechnungshof ist kein parteipolitischer Selbstbe- Nächster Punkt, auch nur kurz aufgrund der Zeit. Ich danke dienungsladen – Drucks. 18/6524 – für die zumindest leicht anerkennenden Worte der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dass wir erhebliche Haus- und Tagesordnungspunkt 71 auf: haltsmittel zur Verfügung stellen. Wir haben im Haushalt Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion BÜND- für Förderungen auf den Gebieten Energie und Klima- NIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Unabhängigkeit des schutz 94 Millionen € im Jahr 2013 und 77 Millionen € im Rechnungshofs wahren – Drucks. 18/6530 – Jahr 2014 als Bewilligungsvolumen bereitgestellt. An der Stelle ist die Ernsthaftigkeit des Unternehmens zum Aus- Als Erster hat sich Herr Rudolph für die SPD-Fraktion ge- druck gebracht. Damit haben wir die entsprechenden finan- meldet. ziellen Mittel, nicht nur anzukündigen, sondern auch um- zusetzen, wie wir es in den vergangenen Jahren schon mit zahlreichen Maßnahmen getan haben. Günter Rudolph (SPD): Letzter Punkt: Verbraucherschutz. Verbraucherschutz ist Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! nicht nur die Ampel und der Smiley, Verbraucherschutz ist Die Aktion der FDP auf der Titanic nach dem Motto: „Ret- mehr. Der Smiley ist ein kleiner Bereich. Ich hätte mir te sich wer kann“, ist in vollem Gange. mehr vorstellen können, als er umgesetzt wurde. Es ist (Beifall bei der SPD) schwierig, bundeseinheitliche Regelungen hinzubekom- men. Auch die A-Länder sagen, wenn es nicht bundesein- Nachdem auch die Umfragen konstant eher in Richtung 4 heitlich geregelt ist, macht das Ganze keinen Sinn. als 5 % gehen und die Listenaufstellungen nahen, muss man sich Gedanken machen, damit auf dem Parteitag nicht Ich möchte darauf hinweisen, dass wir im Verbraucher- so viele Personen gegeneinander antreten. Von 20 Abge- schutz, obwohl wir an entsprechenden Stellen einsparen ordneten, selbst wenn Sie 5 % erreichen, kommt gerade mussten, die Mittel nicht gekürzt haben. Es ist wichtig, einmal ein Drittel in den Landtag. Da merkt auch der Letz- hier den entsprechenden Hinweis zu geben. Wir haben den te bei Ihnen in der Fraktion, dass es eng werden könnte. Verbraucherschutz von den Einsparmaßnahmen ausge- Auf gut Deutsch: Zwei Drittel sind möglicherweise nicht nommen. Somit können wir wesentliche Dinge auch wei- mehr vertreten. terführen. Hier einige Beispiele: die Unterstützung der Verbraucherzentrale, Werkstatt Ernährung, Schulverpfle- Da ist es aus Ihrer Sicht vielleicht nachvollziehbar, zu fra- gung, Alltagskompetenz und viele andere Maßnahmen gen: Wo kann ich gut und preisgünstig unterkommen? – auch. Meine Damen und Herren, Sie wollen sich das Land Hes- sen und seine Einrichtungen zur Beute machen. Das ist der Wir werden im nächsten Jahr einen besonderen Schwer- eigentliche Skandal, um den es hier geht. punkt haben, das ist richtig. Ein Schwerpunkt wird mit Si- cherheit im Bereich Datenschutz liegen, außerdem im wirt- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE schaftlichen und finanziellen Verbraucherschutz. Das sind GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Frank Blechschmidt wichtige Themen, denen wir uns widmen. Wir sind gut (FDP)) aufgestellt. Gerade dadurch, dass wir die Mittel nicht ge- Ein Landesschulamt wurde eingerichtet, das kein Mensch kürzt haben, haben wir auch den Schwerpunkt des Ver- braucht. Besetzt werden soll es mit einem FDP-Parteigän- braucherschutzes herausgestellt. ger. Nun ist die Rede davon, dass Herr Noll Vizepräsident Kurzum, unser Ressort hat seinen Beitrag geleistet, den des Hessischen Rechnungshofs werden soll. Haushalt zu konsolidieren und die Schuldenbremse umzu- Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir alle schätzen setzen. Trotz Einsparungen haben wir entsprechende die Arbeit des Rechnungshofs, seines Präsidenten und sei- Schwerpunkte setzen können. ner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Herr Prof. Eibels- Wir haben viele und gute Maßnahmen. Ich bin sicher, dass häuser, ein herzliches Dankeschön für die unabhängige Ar- wir eine gute Politik machen, wobei Geld nicht immer al- beit, die Sie in all den Jahren stellvertretend für alle leisten. les ist, sondern die Ideen. Die Ideen gehen uns nicht aus. – (Allgemeiner Beifall) Besten Dank. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass in den letzten Jah- (Beifall bei der CDU und der FDP) ren aktive Abgeordnete auf herausgehobene Posten beim 8466 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Rechnungshof gekommen sind. Nun hat die FDP das also Herr Dr. Wagner, als Koalitionspartner würde ich mich im vor. Das ist auch durch die Medien gegeistert. In der Übrigen auch bedanken für ein solches Verfahren. „FAZ“ vom 15.11. steht sinngemäß: FDP-Sprecher haben Meine Damen und Herren, Sie versuchen, sich Einrich- folgendes Verfahren bestätigt: Herr Noll legt sein Mandat tungen des Staates zur Beute zu machen. Sie wollen auf nieder, kehrt zum Hochtaunuskreis zurück, wo er bis 2009 Teufel komm raus Posten besetzen, weil Sie genau wissen, stellvertretender Leiter des Revisionsamtes war. Dann soll nach der nächsten Wahl – ob Sie nun im Landtag sind oder ein Verfahren zur Berufung in den höheren Dienst in Gang nicht, ob Sie 4,99 oder 5,01 % erreichen, das ist egal – gesetzt werden, damit Herr Noll auch die formalen Voraus- werden Sie nicht die nächste Regierung stellen. Dafür wer- setzungen erfüllt, ein solches Amt zu begleiten. den wir weiter sehr hart arbeiten. Das lassen wir einmal außen vor. Vielleicht ändern Sie (Beifall bei der SPD – Dr. Frank Blechschmidt aber auch noch die formalen Voraussetzungen, zutrauen (FDP): Das entscheiden Sie aber auch nicht!) würden wir Ihnen das. – Das entscheiden die Wählerinnen und Wähler. Sie haben (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE die Nase von einer solchen Partei wie der FDP ziemlich GRÜNEN – Dr. Frank Blechschmidt (FDP): So ein voll. Unsinn!) (Beifall bei der SPD) Meine sehr geehrten Damen und Herren, deswegen wollen wir heute von der Hessischen Landesregierung Auskunft Wir wollen heute eine Aufklärung der Landesregierung, ob darüber erhalten, was an dieser Personalie dran ist. Nach sie beabsichtigt, wie von der FDP bestätigt, Herrn Noll als dem Gesetz über den Hessischen Rechnungshof werden Vizepräsidenten des Hessischen Rechnungshofs dem Hes- der Präsident und der Vizepräsident auf Vorschlag der sischen Landtag vorzuschlagen. Wenn Sie sich um die Landesregierung in geheimer Wahl vom Hessischen Land- Antwort drücken, werden wir Ihnen Gelegenheit geben, tag gewählt. Mir ist neu, dass jetzt FDP-Sprecher erklären, anderweitig darauf zu antworten. Hier gibt es keinen Aus- wer Vizepräsident des Hessischen Rechnungshofs wird. weg für Helden. Der Hessische Rechnungshof muss weiter Wie kommen Sie sich eigentlich von der CDU-Fraktion unabhängig arbeiten und bietet keinen Platz für Parteibuch- vor? wirtschaft. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE NEN und der LINKEN) GRÜNEN) Sie werden an der Nase durch den Ring geführt, weil die FDP Fakten schaffen will, nach dem Motto: Das ziehen Vizepräsident Heinrich Heidel: wir mal brutalstmöglich durch. – Wie man mit einer solch wichtigen Einrichtung umgeht, ist der eigentliche Skandal. Für die Landesregierung hat sich Herr Staatsminister Dr. Schäfer zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Schäfer. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Timon Gremmels (SPD): Sie hat es also getroffen!) Es geht nicht darum, dass es ein FDP-Mitglied ist. Das ist eine Randbemerkung. Dr. Thomas Schäfer, Minister der Finanzen: (Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Ja, ja, ja!) Sehr verehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen Herr Blechschmidt, wissen Sie, es gab einmal einen Bun- und Herren! Redebeiträge der Landesregierung werden deskanzler, der hat von einer geistigen und moralischen selbstverständlich nicht intern ausgelost, Herr Abg. Grem- Wende geredet. Sie sollten die Backen an der Stelle auch mels, sondern es geht nach der Geschäftsordnung der Lan- nicht so ganz dick aufblasen. desregierung und der Verteilung der Zuständigkeiten. (Günter Schork (CDU): Sie aber auch nicht!) (Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP) Sie wollen alle möglichen Posten besetzen, weil zukünftige Sie kennen die gesetzliche Grundlage für die Arbeit des ehemalige Landtagsabgeordnete versorgt werden müssen. Hessischen Rechnungshofs. Zu dieser gesetzlichen Grund- Das ist doch Ihr Hauptproblem. lage gehört, dass die Mitglieder des Rechnungshofs – – (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD)) NEN und der LINKEN) – Frau Fuhrmann, ich habe eben mit unglaublicher Gelas- Deswegen wollen wir heute eine Auskunft der Landesre- senheit den Elogen Ihres Kollegen Rudolph gelauscht. gierung. Ich weiß nicht, wer zuständig ist, ob die Staats- Vielleicht sind so nett, mir erst zuzuhören, bevor Sie sich kanzlei oder das Finanzministerium. eine Meinung zu dem Sachverhalt bilden. (Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU)) § 4 des Hessischen Rechnungshofgesetzes sieht vor, dass die „normalen“ Mitglieder des Rechnungshofs vom Minis- Wir wollen wissen, wie Sie mit der Tatsache umgehen, terpräsidenten auf Vorschlag des Präsidenten des Rech- dass die FDP über die Presse mitteilt, wer Vizepräsident nungshofs ernannt werden. Präsident und Vizepräsident werden soll. Was ist das für eine Art und Weise, mit dem werden auf Vorschlag der Landesregierung vom Hessi- Vorschlagsrecht der Hessischen Landesregierung umzuge- schen Landtag gewählt. Dem Vorschlag der Landesregie- hen? rung geht ein Kabinettsbeschluss voraus. Den Kabinettsbe- (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schluss zur Nominierung der Kandidaten erstellt traditions- NEN und der LINKEN – Zuruf des Abg. Dr. Frank gemäß – deshalb stehe ich hier – der Hessische Minister Blechschmidt (FDP)) der Finanzen. Ich habe bisher weder eine Kabinettsvorlage Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8467 unterschrieben noch eine solche in Auftrag gegeben. – So Landesregierung, eine amtierende Staatssekretärin, von ei- weit zum Sachstand und zur Beantwortung Ihrer Fragen. nem zum anderen Tag zur Präsidentin des Rechnungshofs berufen worden – eine ausgesprochen qualifizierte Bewer- Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin nicht si- berin, die ich aus gemeinsamer Arbeit kenne. Das schließt cher, ob wir klug beraten sind, in allen Fällen, wenn Men- sich offensichtlich nicht aus, und die Frage der Befangen- schen eine politische Vita aufweisen, bevor sie, auf wel- heit aus vorhergehendem Tun kann man durch ordentliche chem Weg auch immer, ins Gespräch für weiterführende Compliance-Regelungen ausschließen. Der langjährige, für Positionen kommen, mit den üblichen Ritualen, wie sie die hessische Sozialdemokratie – – eben bei Herrn Rudolph erkennbar wurden, zu reagieren und uns im nächsten Schritt gemeinsam darüber zu be- (Norbert Schmitt (SPD): Hat die die gleiche Super- schweren, wie schlecht das Image von Politikern ist. qualifikation wie Herr Noll?) (Beifall bei der CDU und der FDP – Lachen bei der – Herr Kollege Schmitt, es gibt Geeignetere als Sie, die SPD) sich über Qualifikationen öffentlich äußern dürfen. Deshalb bin ich sehr froh, dass bei der Ernennung einer (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU und der FDP langjährigen wissenschaftlichen Mitarbeiterin der SPD- – Norbert Schmitt (SPD): Sie vielleicht? Mit dem Landtagsfraktion zur Direktorin beim Hessischen Rech- Noll kann ich noch mithalten!) nungshof, Der langjährige Präsident des Bundesrechnungshofs Karl (Günter Rudolph (SPD): Ich weiß, wen Sie meinen, Wittrock war vorher Staatssekretär und auch Abgeordneter aber das ist falsch!) des Deutschen Bundestages. Die Liste ließe sich fortsetzen. Damit es parteipolitisch ausgewogen bleibt: Die Abgeord- die vor Kurzem erfolgte, die Frage ihrer Qualifikation bis- nete des Deutschen Bundestages Christa Vennegerts von her nicht Gegenstand öffentlicher Diskussionen gewesen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist nahtlos aus dem Amt ei- ist. Ich bin genauso froh, dass nach der Debatte in der letz- ner Abgeordneten heraus Vizepräsidentin des Thüringer ten Woche über die berufliche Zukunft des Abg. Milde, Rechnungshofs geworden. dessen Qualifikation von niemandem bestritten worden ist, die vorangegangenen Berufungen in die Geschäftsleitung (Zurufe von der CDU und der FDP: Ah!) eines unserer Infrastruktur-Förderinstitute, die jahrelang Es mag Argumente dafür wie dagegen geben. Das will ich mit sozialdemokratischem Spitzenpersonal belegt worden nicht bestreiten. Wir sollten aber gemeinschaftlich nicht so sind, niemals thematisiert und negativ beantwortet worden tun, als sei das eine des Guten und das andere des Bösen. sind. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, zu handeln. Man (Beifall bei der CDU und der FDP – Petra Fuhrmann muss jeweils abwägen. Es gibt in der Praxis der Bewer- (SPD): Was erzählen Sie denn da? – Norbert bung von Rechnungshöfen unterschiedlichste Vorlieben. Schmitt (SPD): Das ist sachlich richtig!) Die Hessische Landesregierung wird Ihnen im kommenden – Das ist zwar sachlich richtig, zeugt aber nicht davon, Jahr auf der Basis des Rechnungshofgesetzes einen Vor- dass Sie vollständig zugehört haben. schlag für die Besetzung des Amts sowohl des Präsidenten als auch des Vizepräsidenten machen, der einen ausgewo- (Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP) genen Mix von Qualifikationen an den Tag legen wird. Ich habe nämlich „unsere Wirtschaftsförderinstitute und Diesen Vorschlag werden wir Ihnen zu gegebener Zeit un- ihre Vorgängerinstitute“ gesagt. Dabei reden wir über die terbreiten – und zwar als Landesregierung in eigener Ver- IBH und die LTH. Da können wir gern in die Vita dieser antwortung. Unternehmen eintauchen und parteipolitische Zuordnungs- (Anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP) spiele machen. Die werden sicherlich so ausgehen, dass Sie dort über Mehrheiten verfügen, die Sie hier im Hause nicht haben. Vizepräsident Heinrich Heidel: (Gernot Grumbach (SPD): Der Rechnungshof und Schönen Dank, Herr Staatsminister Schäfer. – Für BÜND- die LTH sind das Gleiche, oder wie?) NIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Wagner das Wort. Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich Bitte schön, Herr Wagner. abstrakt auf etwas – – (Zurufe von der SPD) Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- – Ich habe doch versucht, auf die Debatte in den letzten NEN): Wochen zu rekurrieren. Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Lassen Sie mich einen Punkt zur Frage der Vereinbarkeit Herr Finanzminister, das waren ziemlich viele Worte für von Amt und Mandat hinzufügen. Selbstverständlich ist einen angeblich ganz normalen Vorgang. das gleichzeitige Wahrnehmen einer Funktion beim Rech- (Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE nungshof und als Abgeordneter des Hessischen Landtags GRÜNEN und der SPD) unvereinbar. Aber es ist keineswegs so, dass das unmittel- bare Anschließen von Tätigkeiten auf unterschiedlichen Der Rechnungshof in unserem Land ist etwas Besonderes. Ebenen der Staatsgewalt und eine Tätigkeit beim Rech- Es war bis vor Kurzem in diesem Hause unstrittig, dass der nungshof einander ausschließen. Rechnungshof für parteipolitische Spielchen, für eine par- teipolitische Versorgung tabu ist. Offenkundig gilt das Ein Beispiel: Bei der letzten Berufung in einen bundes- nicht mehr. Wir bedauern das ausdrücklich. deutschen Landesrechnungshof, den Landesrechnungshof von Nordrhein-Westfalen, ist ein amtierendes Mitglied der 8468 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- Der Rechnungshof prüft zurzeit die ordnungsgemäße Mit- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN) telverwendung in der European Business School. Wir erleben in diesen Tagen einen unverfrorenen Angriff (Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf die Unabhängigkeit des Rechnungshofs. und der SPD) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- Herr Noll gehört einer Fraktion an, die eine glühende Ver- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – fechterin der European Business School ist. Die Mitglieder Zurufe von der CDU und der FDP) dieser Fraktion sagen in diesem Parlament immer, bei der European Business School sei alles in Ordnung gewesen. Es ist das große Verdienst des amtierenden Präsidenten, Prof. Eibelshäuser, der sich um die weitere Professionali- (Günter Rudolph (SPD): Das ist so!) sierung des Rechnungshofs bemüht hat, und seiner Mitar- Wie soll ein Vizepräsident Noll des Hessischen Rech- beiterinnen und Mitarbeiter, dass der Rechnungshof heute nungshofs unbefangen prüfen, ob bei der European Busi- eine ungeahnte Qualität hat, dass er uns allen ein wichtiger ness School alles in Ordnung ist? Berater bei unseren Entscheidungen ist, dass er ein wichti- ger Mahner für uns im Parlament ist, dass er unabhängige (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der Berichte liefert. SPD und der LINKEN) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Herr Blechschmidt, als parlamentarischer Geschäftsführer bei Abgeordneten der SPD) wissen Sie das: Die Fraktionen haben den Hessischen Rechnungshof einmal im Jahr zu Gast. Die Vertreter des Er liefert unabhängige Berichte, die manchmal der Opposi- Rechnungshofs schauen sich an, ob wir die Mittel bestim- tion nicht gefallen, weil sie aussagen, dass das, was wir für mungsgemäß ausgegeben haben. Es ist gut, dass es so ist. einen Skandal gehalten haben, gar keiner war, und die manchmal der Regierung nicht gefallen, weil sie aussagen, (Zuruf des Abg. Dr. Frank Blechschmidt (FDP)) dass die Opposition doch recht hatte. Das ist die Unabhän- gigkeit, das ist die Qualität, die der Rechnungshof unter Wie soll Herr Noll als stellvertretender Präsident des Rech- Prof. Eibelshäuser erlangt hat. Dafür Ihnen, Herr Prof. Ei- nungshofs die Fraktionsfinanzen unbefangen prüfen, wenn belshäuser, und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern er sie vorher selbst mit beschlossen hat? Meine Damen und herzlichen Dank. Herren, Ihnen muss doch jetzt klar werden, dass das nicht geht. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der CDU, der SPD, der FDP (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der und der LINKEN) SPD und der LINKEN – Holger Bellino (CDU): Das würde er doch nicht machen! Das wissen Sie!) Weil Herr Prof. Eibelshäuser die Professionalisierung der- art vorangetrieben hat, gilt eine ganz einfache Feststellung: Nein, meine Damen und Herren, Sie haben hier allen An- Herr Noll würde bei diesem Rechnungshof mit seiner Qua- stand und jedes Maß verloren. Sie wollen jetzt auch noch lifikation nicht als Mitarbeiter eingestellt. den Rechnungshof zu Ihrer parteipolitischen Beute ma- chen. Hier muss nun Schluss sein. Sie haben eine Grenze Sie wollen ihn aber zum Vizepräsidenten dieser Behörde des Anstands überschritten, die gerade von Parteien, die machen. Das ist unanständig, und das zeugt von mangeln- sich als „bürgerlich“ bezeichnen, nicht überschritten wer- dem Respekt vor den Institutionen unseres Landes. Meine den sollte. Damen und Herren, Sie versündigen sich damit an der Le- bensleistung von Prof. Eibelshäuser. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zurufe von der FDP) Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, der Fi- nanzminister hat eben gesagt – ich habe sehr gut zuge- Herr Minister, wenn Sie schon aus dem Rechnungshofge- hört –, es gebe keine Entscheidung der Landesregierung zu setz zitieren, zitieren Sie auch bitte § 12. Dort steht: dieser Personalie. Ich werte das jetzt als positives Signal dafür, dass Sie im Lichte dieser Debatte vielleicht noch Ein Mitglied des Rechnungshofs darf nicht tätig einmal darüber nachdenken. Aber was ist denn das für eine werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Landesregierung, wenn es von ihr zwar keine Entschei- Zweifel an seiner Unbefangenheit zu rechtfertigen. dung gibt, aber dafür ein FDP-Pressesprecher mitteilt, was Weiter heißt es: sie zu tun hat? Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wie lange wollen Sie sich das noch gefallen lassen? Die Mitglieder des Rechnungshofs dürfen nicht bei einer Angelegenheit tätig werden, an der sie selbst (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der … beteiligt gewesen sind oder für die sie selbst ... SPD und der LINKEN) Verantwortung tragen. Deshalb bekommen Sie morgen Gelegenheit – wir werden Wie soll das bei dem Abg. Noll gehen? Der Abg. Noll wird morgen über alle Anträge abstimmen –, sich zur Unabhän- in diesen Tagen in diesem Haus den Landeshaushalt gigkeit des Rechnungshofs zu bekennen. Wir haben einen 2013/2014 mit beschließen. Dann wollen Sie ihn zum Vi- Antrag eingebracht, der vier einfache Punkte enthält. zepräsidenten genau der Behörde machen, die den Landes- (Holger Bellino (CDU): Der ist gut!) haushalt prüfen soll. Meine Damen und Herren, befangener kann man eigentlich überhaupt nicht sein. – „Der ist gut“, sagt Kollege Bellino. Dann werden wir se- hen, wie Sie morgen abstimmen. Vor allem, Herr Kollege (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der Bellino, werden wir schauen, ob Sie sich auch daran hal- SPD und der LINKEN – Zurufe von der FDP) ten. Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8469

Der Hessische Rechnungshof lebt von seiner Unbestech- – Wissen Sie, ich habe diese Frage heute nicht zu beant- lichkeit und seiner Unabhängigkeit. Er lebt davon, dass er worten. Wir warten in aller Gelassenheit ab – so, wie es im nicht in den Parteienstreit hineingezogen wird, und davon, Gesetz vorgesehen ist –, welchen Vorschlag die Hessische dass das bisher auch keine Partei in Hessen gemacht hat. Landesregierung diesem Landtag nach einem entsprechen- Kommen Sie deshalb zur Besinnung. Herr Noll kann nicht den Kabinettsbeschluss machen wird. Genau das empfehle Vizepräsident dieser Behörde werden. Ziehen Sie Ihre Plä- ich auch Ihnen. Dann können wir die Vorschläge prüfen ne zurück. – Vielen Dank. und uns anschauen, ob das passt und ob sich das im gesetz- lichen Rahmen bewegt oder nicht. (Anhaltender Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN) Herr Kollege Wagner, nun haben Sie eine Verbindung her- gestellt, die ich für ziemlich abenteuerlich halte. Sie haben gesagt, ein Abgeordneter des Hessischen Landtags, der den Vizepräsident Heinrich Heidel: Haushalt mit beschlossen hat, der irgendwann vom Hessi- Schönen Dank, Herr Wagner. – Jetzt ist erst einmal Herr schen Rechnungshof geprüft wird, kann nicht Vizepräsi- Schork an der Reihe. dent werden. (Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das steht im Gesetz!) Günter Schork (CDU): – Langsam. – Dann kann aber, logisch zu Ende gedacht, Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! auch niemand, der ehrenamtlich Kommunalpolitik macht Es fällt einem schon ein bisschen schwer, ruhig zu bleiben, und die Haushalte von Kommunen und Kreisen mit be- vor allem wenn man gedacht hat, man könnte sich viel- schlossen hat, dieses Amt ausüben; leicht auf eine gemeinsame Position verständigen. (Günter Rudolph (SPD): Das ist eine andere Ebene!) (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Machen Sie einmal einen Vorschlag!) denn er läuft ebenfalls Gefahr, dass er irgendwann, wenn er eine Funktion beim Rechnungshof innehat, genau den Ich empfehle uns allen – unabhängig von der parteipoliti- Haushalt prüfen muss, den er selbst beschlossen hat. schen Zugehörigkeit desjenigen, der als Kandidat aufge- stellt wird oder für den man sich entscheidet –, nicht jeden (Günter Rudolph (SPD): Ziemlich albern! – Weitere Personalvorschlag, über den in der Öffentlichkeit diskutiert Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE wird, und nicht jede Personalentscheidung, die getroffen GRÜNEN) wird, zu einem politischen Skandal zu machen. – Ich rede von dem Fall, dass er eine Funktion beim Rech- (Willi van Ooyen (DIE LINKE): Vielleicht war es nungshof innehat. schon einer!) (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE Irgendwann kommt nämlich der Zeitpunkt, an dem all das, GRÜNEN): Der wird sich für befangen erklären!) was der Kollege Rudolph – ich sage das bewusst so – an Ich rede jetzt von der Funktion, wenn er im Rechnungshof Schmutz und Dreck wirft, auf ihn zurückfällt. Irgendwann ist. kommt dieser Tag. (Nancy Faeser (SPD): Ganz schlechtes Beispiel!) (Beifall bei der CDU und der FDP) Im Übrigen ist der Rechnungshof doch nicht dafür da, poli- Ich glaube auch nicht, dass es dem Verständnis der Bürge- tische Entscheidungen, die in Verbindung mit einem Haus- rinnen und Bürger von Politik dient, wenn wir uns in die- halt getroffen wurden, zu beurteilen, sondern die Aufgabe sem Haus wechselseitig Redlichkeit und die Befähigung zu des Hessischen Rechnungshofs bezieht sich auf die Prü- bestimmten Dingen absprechen. fung der ordnungsgemäßen Mittelverwendung im Sinne (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE der Landeshaushaltsordnung. Das ist etwas völlig anderes GRÜNEN): Sie sind zu allem fähig, das stimmt!) als das, was der Kollege Wagner vorgetragen hat. Davon sollten wir Abstand nehmen. Wenn in der öffentli- (Torsten Warnecke (SPD): Das stimmt doch über- chen Diskussion über einen Personalvorschlag, über den haupt nicht!) noch nicht entschieden ist Letzte Bemerkung zu dem Thema. Sie haben die Frage der (Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD)) Befangenheit angesprochen. Auch dazu gibt es Rege- lungen, dass die Zuständigkeiten in bestimmten Aufgaben- – Herr Rudolph, hören Sie erst einmal zu, und denken Sie bereichen zwischen Präsident und Vizepräsident und den ein bisschen nach, bevor Sie die Gesprächstaste drücken Direktoren aufgeteilt werden, damit der Verdacht, den Sie und zu reden anfangen –, geäußert haben, erst gar nicht aufkommt. (Beifall bei der CDU – Günter Rudolph (SPD): Sa- Unter dem Strich: Deswegen ist es so schwer, das zu dis- gen Sie erst einmal etwas Richtiges!) kutieren, Herr Wagner. Das, was Sie in Ihrem Antrag – – gesagt wird, das sei ein „unverfrorener Angriff auf die Un- (Nancy Faeser (SPD): Herr Schork, haben Sie schon abhängigkeit des Rechnungshofs“, halte ich das für aben- einmal etwas davon gehört, dass kollegiale Entschei- teuerlich. Ich halte es für abenteuerlich, einen Vorschlag, dungen getroffen werden?) der nicht vonseiten der Landesregierung gemacht wird, sondern lediglich innerhalb der FDP und in der Öffentlich- – Natürlich habe ich schon etwas davon gehört. Das eine keit diskutiert wird, so auszulegen. schließt das andere doch nicht aus. Denken Sie doch ein- mal zwei Sekunden nach. (Norbert Schmitt (SPD): Aha! – Zurufe von der SPD: Er wird es nicht! Also wird er es doch nicht!) 8470 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Zum Abschluss. Das, was Sie in Ihrem Antrag dankens- wechseln wollen. Spaß macht die schwarz-gelbe Chaos- werterweise formuliert haben – insofern schließe ich mich truppe sicherlich nicht. insbesondere den Aussagen zu dem amtierenden Präsiden- (Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Helmut ten, dem amtierenden Vizepräsidenten im Landesrech- Peuser (CDU) – Präsident Norbert Kartmann über- nungshof an und danke ausdrücklich auch im Namen der nimmt den Vorsitz.) CDU-Fraktion für die Arbeit und das, was in den letzten Jahren geleistet wurde –, haben Sie ordentlich und im Sin- Aber überlegen Sie bitte, ob Sie wirklich Vizepräsident des ne von uns allen aufgeschrieben. Hessischen Rechnungshofs werden möchten. Zum einen – das habe ich der Presse entnommen – erfüllen Sie im Mo- (Petra Fuhrmann (SPD): Das sollte in der Art weiter- ment nicht einmal die formalen Voraussetzungen. Zum an- gehen!) deren werden Sie auch mit dem Rechnungshofgesetz in Losgelöst von der Diskussion, die wir eben geführt haben, Konflikt geraten. Herr Kollege Wagner hat das Zitat schon ist das, was dort sachlich zusammengefasst ist, das, was genannt. In § 12 ist der Ausschluss wegen Befangenheit sich aus dem Gesetz über den Rechnungshof ergibt und deutlich formuliert. Ich brauche das hier nicht noch einmal was in den letzten Jahren Praxis war und in den nächsten zu zitieren. Jahren Praxis sein wird. Deswegen wird die CDU-Fraktion Genau dieser Frage, ob also ein Grund besteht, an Ihrer – die FDP-Fraktion wird das für sich erklären – dem An- Unbefangenheit zu zweifeln, werden Sie sich, so Sie denn trag der GRÜNEN zustimmen. tatsächlich zum Rechnungshof wechseln wollen, immer (Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP wieder stellen müssen. Es geht – das ist angesprochen wor- – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE den – um die EBS, möglicherweise aber auch um die Frage GRÜNEN): Mit ähnlichen Worten hat Herr Irmer privatisierter Gefängnisse, zu der der Rechnungshof eben- das Landesschulamt verteidigt! Das Ergebnis ist be- falls schon eine sehr gediegene Untersuchung vorgelegt kannt! Denken Sie einmal darüber nach! – Gegenruf hat, oder beispielsweise darum, inwieweit man auch größe- des Abg. Clemens Reif (CDU): Keine Aufregung, re Investitionen regulär durchführt, die jetzt im Haushalts- Herr Wagner!) zusammenhang beschlossen worden sind. Dieser permanente Rechtfertigungsdruck, unter dem Sie Vizepräsident Heinrich Heidel: stehen werden, wird dazu führen, dass Sie Ihre Befangen- heit immer neu werden erklären müssen. Herr Noll, des- Schönen Dank, Herr Kollege Schork. – Für die Fraktion halb beherzigen Sie wenigstens einmal, was Sie hier im DIE LINKE hat Herr van Ooyen das Wort. Hause immer wieder erklären, wenn Sie sagen: „Das Ge- heimnis des Sparens ist der Verzicht.“ Willi van Ooyen (DIE LINKE): (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Herr Präsident! Ich kann als jemand, der relativ unbefan- gen ist – denn niemand ist bisher auf die Idee gekommen, Ersparen Sie uns und sich selbst diese Personalie. Verzich- den LINKEN irgendwelche Pfründe anzudienen –, hier ten Sie ganz einfach. – Vielen Dank. ganz unbefangen reden. Ich will noch einmal auf den (Beifall bei der LINKEN) Punkt eingehen, der hier diskutiert worden ist. Zunächst einmal ist es ein relativ ungewöhnlicher Vorgang, dass wir im Rahmen der Haushaltsdebatten und Haushaltsberatun- Präsident Norbert Kartmann: gen zu einer Aussprache zum Einzelplan des Rechnungs- hofs kommen. Das ist also eine Ausnahmesituation. Das Das Wort hat Herr Abg. Dr. Blechschmidt für die FDP- muss man noch einmal deutlich machen. Fraktion. (Petra Fuhrmann (SPD): Das ist eine Katastrophe!) (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ist denn eigentlich die ganze FDP-Führung geflohen?) Zum einen ist der Rechnungshof von allen Fraktionen als unabhängige Instanz anerkannt. Herr Prof. Eibelshäuser, das kennen Sie auch von uns, dass wir diese makellose Tä- Dr. Frank Blechschmidt (FDP): tigkeit, die Sie ausführen, als hilfreich empfinden, wenn- gleich wir manchmal gern etwas deutlichere Worte hören Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! wollten. Sie werden manchmal verdächtigt, die Rügen di- Ich bitte um Verständnis, dass ich zweimal aufgestanden plomatisch auszusprechen. Dennoch, wir verstehen den bin, obwohl ich nicht drankam. Aber es ist schon außerge- Hintergrund. wöhnlich, dass ein Tagesordnungspunkt, der von der Pla- nung her ohne Aussprache war, zum Mittelpunkt der Aus- (Clemens Reif (CDU): Geben Sie doch Ihre Rede zu sprache am Nachmittag wird. Insofern ist es vielleicht auch Protokoll!) eine Besonderheit, sich an einem Mittwochabend noch ein- mal zu Wort melden zu dürfen. Damit ist der Rechnungshof eine der herausgehobenen Po- sitionen, und die verdient er sich seit Jahren mit unbestech- Vorab. Herr Eibelshäuser, ich habe absoluten Respekt für licher Unabhängigkeit. Genau diese Unabhängigkeit – die die Arbeit des Landesrechnungshofs. Schönen Dank an al- Kollegen haben darauf hingewiesen – wird jetzt infrage ge- le Mitarbeiter des Landesrechnungshofs für die geleistete stellt oder mindestens gefährdet, indem man die Position Arbeit. des Vizepräsidenten des Rechnungshofs als Versorgungs- posten ansieht. (Beifall bei der FDP und der CDU sowie bei Abge- ordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE Herr Noll, ich kann Ihnen ganz offen sagen, dass ich es GRÜNEN) verstehen kann, dass Sie aus Ihrer Landtagsfraktion heraus Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8471

Dem Rechnung tragend, werden wir natürlich auch dem Entscheidung treffen wird, wer Vizepräsident unseres Antrag der GRÜNEN zustimmen; Rechnungshofes wird, wobei ich mir erlaube, zu sagen, dass die Positionen sowohl des Präsidenten als auch des (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vizepräsidenten, seitdem ich recherchiert habe, parteipoli- Und Konsequenzen ziehen? – Timon Gremmels tisch besetzt sind. Ich glaube, über diesen Punkt werden (SPD): Halten Sie sich auch daran?) wir keinen Streit bekommen. Herr Schäfer Gümbel und denn die GRÜNEN haben mit ihrem Antrag das auf den Herr Rudolph, ich gebe zu, dass sich die SPD vor sechs Punkt gebracht, was hier im Landtag Konsens ist. Wenn Jahren aufgeregt hat, weil Herr von Gall diese Position be- man einen Blick in das entsprechende Gesetz wirft, muss setzt hat man feststellen, dass man nicht versteht, warum die Dis- (Günter Rudolph (SPD): Vor zwölf Jahren! Sie müs- kussion heute stattfindet; es sei denn, sie ist gewollt und sen schon bei der Wahrheit bleiben!) politisch notwendig. – Entschuldigung, vor zwölf Jahren; Sie haben recht, Blick (Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD) – Torsten War- in das Gesetz – und es nicht die größte Oppositionsfraktion necke (SPD): Die FDP hat es doch in die Welt ge- bekommen hat. setzt!) (Günter Rudolph (SPD): Es wurde eine jahrelange Das scheint die Opposition so zu sehen. Deswegen wird Praxis gebrochen!) die Lesung des Einzelplans 11, die immer ohne Ausspra- che war, dieses Jahr mit Aussprache geführt. Aus diesem Wenn man das in Kenntnis hat, versteht man vielleicht Grund habe ich mich auch zu Wort gemeldet. auch die Aufregung, den eigentlichen Sinn und weiß, warum man sich heute aufregen will. Wir wählen im Ich möchte ein bisschen Struktur in die Sache bringen. In- nächsten Jahr; das Verfahren wird im Frühjahr aufgerufen, sofern darf ich mich auch für den Beitrag des Kollegen und so manchmal – – Schork bedanken, dessen Beitrag sehr sachlich und auf die Person bezogen war. Ich habe das auch so angelegt. Das (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): gilt auch für die Wortmeldung des Ministers, der ein Wir haben die Diskussion nicht begonnen!) bisschen Transparenz in das Verfahren nach dem Gesetz – Doch. gebracht hat. Dieser Struktur sollten wir alle Rechnung tra- gen. (Widerspruch bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) Die heutige Diskussion ist eine Diskussion – der Kollege Schork hat das auf den Punkt gebracht – um eine Person, – Herr Al-Wazir, der Umstand, dass ich heute reden darf, bei der ein Mitglied, ein Kollege unseres Landtags im Mit- ist dem Umstand geschuldet, dass der Kollege Wagner ge- telpunkt steht und wo die Diktion der Äußerungen, die ich sagt hat, zum Einzelplan 11 müsse eine Aussprache erfol- vereinzelt gehört habe – ich glaube nicht, dass das von al- gen. Wenn wir heute, nicht verursacht durch die GRÜ- len so gesehen wird –, den Punkt der Ehrenrührigkeit NEN-Fraktion, darüber reden, dann weiß ich nicht mehr, schon weit überschritten hat. worüber wir sonst noch reden wollen. Da bitte ich wirklich um Verständnis. (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was? – Gegenruf des Abg. René Rock (Beifall bei der CDU und der FDP – Tarek Al-Wazir (FDP): 100 %!) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wer hat sich denn ins Gespräch gebracht? Das ist abenteuerlich!) Das Zweite sind die Vorwürfe, auf die ich mich konzen- trieren will. Bezüglich der Vorwürfe bin ich bisher davon Ich verstehe auch, dass man ein bisschen scheinbare Unbe- ausgegangen, dass ein Blick in das Gesetz nicht erfolgt ist. dachtheit behalten will und fragt: Warum? Weshalb? Wie- Bei dem einen oder anderen Zuruf verstehe ich es so, dass so? – Aber ein bisschen muss man doch die Fakten wirken das Gesetz bewusst missverstanden werden soll und dass lassen. die Zurufe insgesamt nicht haltbar sind. Denn Fazit ist das demokratische Verfahren, dass sich ein Bewerber bewirbt, Meine Damen, meine Herren, vielleicht kommen wir jetzt auch zum Konsens. (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Kann man sich bewerben?) (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist doch abenteuerlich!) dass das Gesetz das Verfahren vorgibt. Wir alle Demokra- ten, die wir mit großer Demut zu jeder Landtagswahl, zu Alexander Noll ist für mich und für viele Kollegen hier, jeder Wahl schreiten, müssen feststellen, ob im Verfahren nicht nur von den Regierungsfraktionen, ein ausgewiesener die Eignung festgestellt wird, ob das Ergebnis zum Tragen Haushaltsfachmann mit einer fundierten Ausbildung, von kommt. der ich als Volljurist sage: Er ist kein Volljurist, hat aber eine super Qualifikation, die ihn zu diesem Amt befähigt. (Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)) (Beifall bei der FDP) – Herr Wagner, vielen Dank für die Zwischenrufe. Sie be- Er ist – das habe ich bis heute immer mit einem Ausrufe- stärken mich aber leider in meiner Auffassung, dass das zeichen versehen und hoffe, es auch künftig zu tun – all- heute nicht sehr sachlich erfolgt. Aber das haben wir schon seits geschätzt, von wenigen Ausnahmen, die ich von der den ganzen Tag lang gemerkt. Liste streiche, abgesehen. Das heißt, er wird von vielen ge- schätzt, auch in der Opposition. Dann mündete es im Grunde genommen in das, was Herr Minister Schäfer dankenswerterweise gesagt hat, dass hier (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE ein formales Verfahren erfolgt, wo all das auf dem Prüf- GRÜNEN): Vor allen Dingen von den Kommunen!) stand ist und dieser Landtag die Wahl vornehmen und die 8472 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Herr Wagner, im Vorfeld, vor dem Plenum, ist schon der (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE eine oder andere von den Oppositionsfraktionen, von den GRÜNEN): Es sind alle befangen!) Kollegen aus den hinteren Reihen, gekommen und hat ge- Aber wer ein Kollegialorgan im Rechnungshof hat, weiß sagt: „Wir schätzen den Noll. Es ist Politik, wir bitten um auch, dass diese Selbsteinschätzung nicht nur bei Herrn Verständnis.“ Auch das muss man im Landtag zur Kennt- Noll vorkommen wird, sondern bei allen Mitgliedern. nis nehmen, dass es auf Kosten einer Person geht. (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE Ich sage nach wie vor: Herr Noll ist breit geschätzt; er hat GRÜNEN): Er ist befangen!) eine Fachlichkeit, die ohnegleichen ist. Er hat berufsbe- dingt Jahre im Bereich der öffentlichen Kassenprüfungen – Das, was Sie hier aufführen, ist ein politischer Zirkus, ein das wird verkannt – gearbeitet und weist nicht nur die Qua- Popanz, und es wird dem nicht gerecht. lifikation vor, die Sie ihm andichten, sondern eine Qualifi- kation, von der ich als Volljurist in aller Deutlichkeit sage: (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE Er ist voll qualifiziert; sie hält den Umständen und Voraus- GRÜNEN): Das gibt es doch gar nicht!) setzungen des Gesetzes stand. Wir werden uns irgendwann einmal fragen müssen, ob Um die Vergleichbarkeit deutlich zu machen – Herr Minis- Leute überhaupt noch den Mut und das entsprechende ter Schäfer hat schon Beispiele angeführt und es ließen Rückgrat haben, im Parlament tätig zu werden, wenn diese sich mannigfaltig weitere anführen –: das Beispiel von Diskussion wirklich Schule macht. Christa Vennegerts, GRÜNE, MdB von 1987 bis 1990, Vi- (Beifall bei der FDP) zepräsidentin des Landesrechnungshofs in Thüringen, von Karl Wittrock, SPD, Präsident des Bundesrechnungshofs, gleiche Gemengelage, wie wir sie heute diskutieren. Es Präsident Norbert Kartmann: gibt bei der CDU gleiche Beispiele; und es gibt sie bei der Herr Wagner für die GRÜNEN hat das Wort. FDP. Tun Sie nicht so, als ob das jetzt neu wäre, nicht dis- kutiert würde und mit Ekel zu empfinden sei. Das ist politi- (Günter Rudolph (SPD): Norbert Schmitt hat es auch scher Alltag, und die Leute müssen selbst entscheiden, ob abgegeben!) sie das Amt wahrnehmen. – Entschuldigung, gehört das auch noch zu dem Punkt da- Wo sie dann im Grunde genommen nicht mehr tätig wer- zu? den können – auch das weist das Gesetz aus –, ist eine Fra- (Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja!) ge dessen, was dann im Grunde genommen der Einzelne zu entscheiden hat oder auch faktisch zum Tragen kommt. – Dann habe ich mich geirrt. Ich bitte um Entschuldigung. Deshalb ist es falsch – damit möchte ich enden, weil von – Herr Schmitt, Sie haben das Wort. Herrn Minister Schäfer sehr vieles vorweggenommen wur- (Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD)) de, was formaljuristisch ist –, was Sie als Beispiel genannt haben. Ich spreche jetzt einmal bewusst die GRÜNEN an – Nachher werde ich eine kurze Information über den und gehe nicht auf die Beschimpfungen ein, sondern auf Sachstand der Redezeiten geben. Ich will doch wissen, wie den Punkt, dass sie in ihrer Pressemitteilung vom heutigen spät es heute Nacht wird oder nicht. – Bitte schön, das hat Tage schreiben: nichts mit Ihnen zu tun. Sie haben das Wort. Und das aus gutem Grund. Schließlich soll der Rechnungshof die Arbeit und die Beschlüsse des Norbert Schmitt (SPD): Landtags kontrollieren. Dafür braucht er größtmögli- che Unabhängigkeit. Auf die Idee, einen Landtags- Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Minister, abgeordneten nahtlos vom Parlament in den Rech- ich will vorab zwei Dinge richtigstellen. Erstens. Sie haben nungshof zu schicken, ist bislang aus gutem Grund von einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin gesprochen. niemand gekommen. Die Dame, die Sie wahrscheinlich meinen, war nie wissen- schaftliche Mitarbeiterin der SPD-Fraktion. Ich habe die Beispiele aufgezeigt. Dass es für Leute, die im Landtag saßen, auch kein Berufsverbot gibt, macht ein (Günter Rudolph (SPD): Ja!) Blick in das Gesetz deutlich. Zweitens. Wir haben hier schon, und zwar veranlasst durch (Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE die CDU, eine Aktuelle Stunde wegen einer Halbtagsstelle GRÜNEN): Er sitzt ja immer noch da! – Günter Ru- als Referatsleiterin im Sozialministerium gehabt, weil die dolph (SPD): Noch sitzt er hier!) Dame von der Staatskanzlei ins Ministerium gewechselt ist. Das nur zur Vergangenheit; war da- – Wir diskutieren hier und heute, und wir wählen nächstes bei, aber auch Herr Dr. Wagner. Jahr. Das muss man einmal auseinanderhalten, Herr Ru- dolph. – § 12 hat kein Verbot einer Wahlmöglichkeit zur (Zuruf von der CDU: Das ist ungeheuerlich!) Folge, sondern den Ausschluss wegen Befangenheit. Der Herr Minister, ich will Ihnen sagen, dass es, wenn es zu Minister hat es deutlich gemacht. Da gibt es nicht nur § 12 dem Vorschlag Noll kommen würde, zu Ihrem Problem Abs. 2, sondern auch § 12 Abs. 1, der deutlich macht, dass würde. Ich will der CDU deutlich machen: Es wird auch derjenige, der dann das Amt innehat, selbst entscheiden ihr Problem werden. Sie werden es nicht allein auf der muss, ob er befangen ist. Herr Wagner, ich habe es Ihnen FDP abladen können. Herr Minister, Sie haben, nachdem zugerufen: Wäre Herr Noll in den Beispielen, die Sie ge- der Kreis Marburg-Biedenkopf unter den Schutzschirm wählt haben, befangen, müsste er es entscheiden und könn- geht, angekündigt – vielleicht haben Sie es sogar schon te nicht mitwirken. vollzogen –, Ihr Kreistagsmandat niederzulegen, weil Sie, da die Entscheidung über den Schutzschirmbeitritt von der Landesregierung wahrgenommen wird, nicht in die Schere Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8473 kommen und genau dies vermeiden wollen: mit Dingen be- Was soll Herr Noll denn da machen? Welchen Sinn soll es fasst zu werden, über die Sie möglicherweise selbst ent- denn ergeben, wenn dort jemand mit einer B-7-Besoldung schieden haben. sitzt und in der Hälfte der Fälle sagen muss: „Ich kann nicht tätig werden“? – Was ist das dann für ein Rechnungs- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE hof? Wie stark schwächt es diesen Rechnungshof, wenn GRÜNEN) sein Vizepräsident in mehr als der Hälfte der Fälle nicht tä- Herr Minister, ich würde gern das Vertrauen haben, dass tig wird? Herr Kollege Blechschmidt, wenn Sie das ernst Sie diese Maßstäbe, die Sie für sich selbst gelten lassen nehmen, was Sie hier gesagt haben – daran habe ich keine und die ich gut finde, auch dann noch anlegen, wenn es um Zweifel –, dass Herr Noll sich in der Mehrzahl der Fälle, die Besetzung beim Hessischen Rechnungshof geht. mit denen sich der Rechnungshof beschäftigt, befangen ist, dann müssen Sie diesen Personalvorschlag zurücknehmen (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE – bitte noch heute Abend. GRÜNEN) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der Wenn Sie diese ehrenhaften Maßstäbe, die wahrscheinlich SPD und der LINKEN) nicht einmal gesetzlich notwendig wären, auch bei diesem Anlass anlegen würden, dann, meine Damen und Herren, kann Ihre Entscheidung nur heißen, dass jemand, der Präsident Norbert Kartmann: Landtagsabgeordneter und nahezu an allen Entscheidungen beteiligt war, für die der Landesrechnungshof am Ende Es liegen zum Einzelplan 11 keine weiteren Wortmeldun- auch die Überprüfung vornimmt, nicht dessen Vizepräsi- gen vor. – Herr Kollege Blechschmidt, Sie haben noch dent werden kann. Es sind ein paar Beispiele genannt wor- 1 Minute und 20 Sekunden. Bitte schön. den, von den Fraktionskassen bis hin zur Neuerrichtung des Landesschulamts, was sicherlich ein Thema sein wird. Die JVA Hünfeld und die EBS sind genannt worden. Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Es gibt kaum einen Bereich, wo nicht Befangenheit nach Herr Wagner, ich sehe mir gern das Protokoll an. Wichtig § 12 Abs. 2 des Gesetzes vorliegt. Deswegen, meine Da- ist, ich habe Ihnen zugehört. Einmal soll ich gesagt haben men und Herren, wieder Ihren Maßstab angenommen, bin „wesentliche Mehrzahl“, dann „Mehrzahl“. Wichtig ist: ich mir sehr sicher: Herr Noll kann es nicht werden, wenn Die Selbstbefangenheit des § 12 Abs. 1 und 2 ist eine Ein- Sie die Maßstäbe, die Sie an sich anlegen, auch an den Ko- schätzung, die im Einzelfall vollzogen werden muss. Wenn alitionspartner anlegen, auch wenn der noch so drängt. ein Mitglied in einem Einzelfall befangen ist, der immer Dem dürfen Sie nicht nachgeben, sonst wird es Ihr Pro- einzelfallbezogen betrachtet wird, haben wir ein Kollegial- blem. Es wird dann auch das Problem der CDU, dafür wer- organ, das nach wie vor nach den Vertretungsregelungen den wir dann allerdings sorgen. – Herzlichen Dank. und nach der Gremienbesetzung voll handlungsfähig ist. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE (Zuruf von der SPD: Ei, ei, ei!) GRÜNEN) Das ist eine Einzelfallbezogenheit, keine Mehrzahl der Fäl- le und schon gar nicht eine wesentliche Mehrzahl der Fälle – das habe ich nicht gesagt–, sondern das muss dann im Präsident Norbert Kartmann: Einzelfall entschieden werden. Herr Kollege Wagner, Sie haben das Wort. (Beifall bei der FDP – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das ist unglaublich! – Weitere Zurufe von der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- LINKEN) NEN): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich dem Kollegen Präsident Norbert Kartmann: Blechschmidt für die Äußerung gegen Ende seiner Rede Wir haben keine weiteren Wortmeldungen vorliegen. ausdrücklich dankbar bin. Herr Blechschmidt, Sie haben vom Rednerpult dieses Landtags aus gesagt, dass Herr Noll Ich rufe auf: in wesentlichen Teilen seiner künftigen Beschäftigung be- Einzelplan 15 – Hessisches Ministerium für Wissen- fangen sein wird. schaft und Kunst – (Zuruf von der SPD: Interessant!) Dazu folgende Mitteilung zu den Fraktionsredezeiten in- Ich möchte das noch einmal festhalten. Sie bestreiten also klusive der Zurechnungen durch Überschreitungen durch nicht das, was wir hier gesagt haben: dass das so sein wird. die Regierung. CDU: nichts mehr. SPD: 7 Minuten. FDP: 34 Sekunden. (Günter Rudolph (SPD): Das können wir im Proto- koll noch einmal nachlesen!) (Heiterkeit) Wie soll denn der stellvertretende Präsident des Rech- Dann haben wir die GRÜNEN mit 8 Minuten und 29 Se- nungshofs seine Arbeit wahrnehmen, wenn er in mehr als kunden. Die LINKE mit 18 Minuten und 16 Sekunden. der Hälfte der Fälle, um die sich der Rechnungshof küm- (Zurufe: Oho!) mert, befangen ist, Herr Kollege Blechschmidt? Wie soll das gehen? Meine Damen und Herren, die Redezeiten für die Oppositi- onsfraktionen können noch wachsen, wenn die Frau Minis- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der terin – sollte sie sich zu Wort melden – richtig überzieht. SPD und der LINKEN) Dann können wir noch bis Mitternacht aushalten. 8474 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abg. kunft Hessens, und an der Stelle sind Sie auf dem falschen Grumbach für die SPD-Fraktion. Weg. (Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Ab- Gernot Grumbach (SPD): geordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Damit auch das im Protokoll steht und Sie nicht wieder überrascht werden: Der richtige Anstieg kommt noch. (Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten) NRW läuft nämlich erst nächstes Jahr mit den großen Zah- Wenn ich über den Einzelplan 15 und das Ressort Wissen- len der G-8-Jahrgänge heraus. Nächstes Jahr kommt das schaft und Kunst reden soll, so muss ich gestehen, dass ich größte Bundesland mit seiner ersten Runde an G-8-Abgän- hin- und hergerissen bin. Wir haben es heute schon gehört: gern in die Studienlandschaft. Seien Sie bitte darauf vorbe- Der Landtagswahlkampf beginnt. Als Wahlkämpfer habe reitet, dass wir in diesem Doppelhaushalt für den Hoch- ich zu dem Plan und zur Ministerin sehr klare Positionen. schulbereich noch einen Nachtrag brauchen werden, wenn Erstens: Machen Sie bitte noch ein Jahr weiter – etwas Sie dem nicht nachgeben. Besseres können Sie für die SPD nicht tun. (Willi van Ooyen (DIE LINKE): Das wird für den (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des ganzen Haushalt so sein!) BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LIN- Ich sage es Ihnen so, damit Sie nicht sagen können, Sie sei- KEN) en nicht vorbereitet gewesen. Machen Sie bitte noch ein Jahr weiter. Seien Sie weiter Ich finde das sehr spannend. Wir haben hier sehr kluge überrascht, wenn die Studierendenzahlen steigen, obwohl Wissenschaftsministerinnen und -minister gehabt: Evelies Ihnen das hier im Plenum in drei Haushaltsrunden voraus- Mayer, Ruth Wagner, Udo Corts – damit das Spektrum gesagt worden ist. Erklären Sie weiter, dass die Studieren- fraktionsübergreifend ist –, die über Autonomie der Hoch- denzahlen zwar steigen, die Hochschulmittel aber nicht schule geredet haben. Sie haben gesagt: Wir brauchen die entsprechend mitwachsen. Machen Sie weiter so. Lesen Anstöße aus den Hochschulen, damit wir sie weiterent- Sie weiter in Kulturveranstaltungen Reden vor, in denen wickeln können. – Sie tun das auch, aber Sie reden nicht die schmückenden Beiworte stärker als der Inhalt ausfal- mit den Hochschulen, sondern Sie reden über Autonomie len. Tun Sie weiter so desinteressiert, wenn es um die Kul- als Ausrede für das, was Sie nicht tun. Genau das ist der turpolitik in Hessen geht. Machen Sie bitte weiter so, denn Punkt, bei dem wir sagen, dass Sie dazulernen müssen. als Frankfurter kann ich sagen: Sie sind der Johnny Klinke Aber das werden Sie nicht mehr tun, insofern: Bleiben Sie der Hessischen Landesregierung und die beste Wahlkämp- im Amt. ferin für die SPD. Nächster Punkt – und da wird es noch spannender –: Zur (Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen Hochschule gehört nicht nur die Frage der Finanzierung (DIE LINKE)) des Studiums. Wir haben an jedem Semesteranfang nicht Nur bin ich leider nicht nur Wahlkämpfer, sondern habe nur die Situation überfüllter Hörsäle, sondern auch über- als Abgeordneter dieses Landtags noch immer die Grund- füllter Studierendenwohnheime. Und wir haben ein neues idee, dass das etwas ist, bei dem wir gemeinsam schauen Modell junger Frauen, die sich heute entscheiden, ihre müssen, wie es weitergeht. Da kann man relativ schnell sa- Kinder im Studium zu bekommen. Wer mit den Studieren- gen: Das, was Sie tun, haben die hessischen Studierenden denwerken redet – wir haben das mit allen getan –, wird nicht verdient; das ist ganz einfach. feststellen, dass es dort Bedarf gibt. Sie werden von uns er- warten können, dass wir uns auch um diesen Teil küm- (Beifall des Abg. Torsten Warnecke (SPD)) mern; denn studieren können allein, ohne die benötigten Ich mache die Rede kürzer als sieben Minuten. Ganz sim- Rahmenbedingungen – was Wohnen und für bestimmte ple Zahlen: 42 % Steigerung der Studierendenzahl in den Menschen auch die Kinderbetreuung angeht –, wird nicht letzten fünf Jahren, ohne dass das Geld gleichzeitig mit- ausreichen. Insofern wird das der dritte Punkt sein. geht. Sie haben ja 400 Millionen € draufgelegt, das bestrei- Der letzte Punkt – über die W-Besoldung werden wir in tet überhaupt niemand. Nur geben Sie heute 600 € weniger der nächsten Sitzung reden –: Sitzfleisch-Prämie als Leis- pro Studierenden aus als noch zu Beginn der Regierung tung, das ist für eine moderne Verwaltungspartei eine Koch. Das heißt, dass wir in einer Situation sind, in der Sie spannende Variante. Da müssen Sie sehen, wie Sie damit dem, was Sie tun müssen, nicht nachkommen. zurechtkommen. Aber die spannende Frage, wie Sie mit Ihr Status im Bundesvergleich verändert sich nur unwe- Ihren zwei Problemen umgehen, sollten Sie in Ihrem Haus- sentlich, weil die anderen Länder das Gleiche gemacht ha- halt auch beantworten: ben: Alle haben den steigenden Studierendenzahlen Geld Erstens. Bei der European Business School wissen wir nachgegeben. Nur ist es in Hessen das, was wir alle ge- nicht, wo das Geld hinfließt. Wir hören immer neue Mel- wollt haben. Ich könnte jetzt zehn Anträge aus dem Hessi- dungen und warten im Ausschuss schon ein Weilchen auf schen Landtag der letzten 15 Jahre zitieren, in denen alle den Bericht des Rechnungshofs. Es wäre doch schön, wenn Fraktionen immer wieder gesagt haben: Wir brauchen Sie dazu etwas sagen könnten. mehr Studierende. – Dann muss man das aber auch finan- ziell unterlegen; das ist der Kernpunkt Ihres Versagens und Zweitens haben wir eine Investitionsverweigerung bei ei- des Versagens dieses Haushalts. Deswegen werden Sie nem Projekt, das Ihr Leuchtturm war, nämlich die Privati- auch in der dritten Lesung erleben, dass wir an genau dem sierung des Universitätsklinikums Gießen-Marburg. Sie Punkt noch einmal Haushaltsanträge stellen. Selbst unter haben nichts zu der Zukunft gesagt. All das spricht dafür, den heutigen Haushaltsbedingungen ist es nicht verant- dass Sie Ihren Job nicht im Griff haben; es tut mir leid. wortbar: Wer an den Studierenden spart, spart an der Zu- (Beifall bei der SPD und der LINKEN) Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8475

Präsident Norbert Kartmann: gar nicht erkannt haben, der darin liegt, dass sich so viele junge Menschen für ein Studium interessieren. Es nützt Das Wort hat Herr Abg. May für die Fraktion BÜNDNIS auch nichts, wenn Sie in Werbeveranstaltungen das LOE- 90/DIE GRÜNEN. WE-Programm oder absolute Zahlen abfeiern, wobei das LOEWE-Programm durchaus unsere Unterstützung findet. Daniel May (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (Dr. Matthias Büger (FDP): Aha!) Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Her- Es nützt nichts, die Kür abzufeiern, wenn Sie bei der ren! Trotz vorgerückter Stunde möchte ich mich noch et- Pflicht versagen. was intensiver mit der Situation an hessischen Hoch- schulen auseinandersetzen. Wer jetzt über mangelnde Kon- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zentrationsfähigkeit klagt, kann vielleicht ein bisschen mit Die Pflicht ist, ausreichende Mittel für die Lehre bereitzu- den Studierenden mitfühlen, die um diese Zeit noch im stellen. Da versagen Sie. Das lässt sich an einer Kennzahl Hörsaal und im Seminar sitzen, weil tagsüber keine Räume sehr deutlich ablesen, nämlich am Clusterpreis, an dem, zur Verfügung standen, um Lehrveranstaltungen abzuhal- was Sie den Hochschulen pro Jahr pro Studierenden zur ten. Verfügung stellen. Der Clusterpreis ist seit Jahren rückläu- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. fig, auch 2013/2014 geht er zurück. Das bringt die Hoch- Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Da steht aber schulen zusehends in Schwierigkeiten, die Qualität der ein anderer Professor! – Stefan Müller (Heidenrod) Lehre sicherzustellen. Es zeigt, dass Sie nicht willens sind, (FDP): Wir sitzen seit heute Morgen um 9 Uhr hier!) würdig mit dem Studierendenansturm umzugehen. – Jetzt haben Sie mich zum Professor ehrenhalber ge- Das Bild vom Breiregnen passt noch in einer ganz anderen macht. Es ist schade, dass Sie keine Redezeit mehr haben, Art und Weise: Vonseiten des Bundes wurde die Entwick- um das von hier vorne für das Protokoll zu wiederholen. lung nicht ganz verschlafen. Über den Hochschulpakt 2020 zwischen Bund und Ländern stellt uns der Bund sehr viel (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Geld zur Verfügung, um dem Studierendenansturm zu be- Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Ich stehe dazu!) gegnen. Auch wir haben dafür sehr viel Geld in den Haus- Insgesamt atmet auch der Einzelplan 15 den Geist einer halt eingestellt. Sie allerdings haben Ihre Hausaufgaben in amtsmüden und verbrauchten Landesregierung, die nichts Bezug darauf, wie mit dem Geld umgegangen werden soll, mehr vorhat nicht gemacht, sondern die Hochschulen erst in diesem Herbst aufgefordert, darzulegen, was sie mit den vielen (Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Immer die- Millionen Euro, die uns jetzt dankenswerterweise vom selbe Leier! Sie wiederholen sich!) Bund zur Verfügung gestellt werden, machen wollen. Eine und den Herausforderungen, die in diesem Bereich auf uns langfristige Entwicklungsperspektive sieht auf jeden Fall zukommen, nicht gerecht wird. anders aus. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wir erleben in diesem Wintersemester ein neues Rekord- Eine Planung, die gerade einmal über drei Jahre geht, ist niveau bei den Studierendenzahlen, und weitere Rekord- vollkommen fehl am Platz, wenn man weiß – die Kultus- zahlen sind zu erwarten. Die Entwicklung, die jetzt statt- ministerkonferenz spricht auch vom Studierendenhochpla- findet, ist nicht vom Himmel gefallen, sondern hat sich teau –, dass sich die Entwicklung hin zu hohen Studieren- über Jahre angekündigt. Sie haben der Entwicklung taten- denzahlen bis weit ins nächste Jahrzehnt hinziehen wird. los zugesehen. Was noch viel schlimmer ist: Damit vergeu- Die Hochschulen brauchen jetzt eine langfristige Entwick- den Sie Potenzial des Landes Hessen. lungsperspektive, langfristige Zusagen, was die Mittel an- geht. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wir hatten gerade eine Anhörung zum Thema „Prekäre Frau Ministerin, Sie kommen aus Nordhessen. Im Land- Beschäftigungssituationen an hessischen Hochschulen“. kreis Waldeck-Frankenberg gibt es unter den Kommunal- Vonseiten der Hochschulpräsidenten wurde betont: Wir politikern die Redensart: Wenn es Brei regnet, sollte man können oftmals gar nicht anders, weil wir keine langfristi- den Löffel raushalten. – Dieses Sprichwort passt gleich in ge Sicherheit haben, wie die Finanzierung weiterläuft. – doppelter Hinsicht zum Wissenschaftshaushalt: Es regnet Das zeigt ganz deutlich: Die Hochschulen brauchen eine in Hessen insofern Brei, als immer mehr junge Menschen langfristige, dauerhafte Perspektive, was die Grundfinan- ein Studium an einer hessischen Hochschule aufnehmen zierung angeht, wenn wir das Problem lösen wollen. wollen. Um dieses Potenzial aber ausschöpfen zu können, also den Brei aufzunehmen, der da regnet, bräuchten wir Eine etwas dauerhaftere Perspektive haben Sie anschei- Kapazitäten an den Hochschulen. Die müsste die Landes- nend der European Business School versprochen. Obwohl regierung bereitstellen, sie macht es aber nicht. allenthalben bekannt ist, dass unklar ist, wie es mit dem Betrieb der Law School weitergehen wird, sind im Haus- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) halt jährlich round about 1,5 Millionen € Subventionen So sind die Hochschulen nicht auf das vorbereitet, was ge- vorgesehen – eine relativ hohe Summe. Wenn man das mit rade auf sie einstürmt. Sie sind auch nicht auf die Entwick- anderen privaten Hochschulen vergleicht, beispielsweise lung der nächsten Jahre vorbereitet. Der Haushalt 2013/ mit der Frankfurt School of Finance, die wesentlich weni- 2014 wird dem nicht gerecht – ganz im Gegenteil. Wenn ger braucht, dann zeigt das: Sie, Frau Ministerin, auf der Hochschulleitertagung dar- (Dr. Matthias Büger (FDP): Evangelische Fachhoch- über reden, die Studierquote müsse langfristig begrenzt schule!) werden, dann zeigt das, dass Sie den großen Gewinn noch 8476 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Eine langfristige Perspektive gibt es nur für Ihre Klientel, (Beifall bei der FDP und der CDU) die Ihnen wesentlich wichtiger ist als eine gerechte Vertei- Meine Damen und Herren, kurze Rede, viel Geld. GRÜNE lung der knappen Mittel. im falschen Film. Shakespeare sagt – damit komme ich (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und zum Schluss –: Wo Worte selten sind, da haben sie Ge- des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE)) wicht. – Vielen Dank. Lassen Sie mich kurz zusammenfassen, was stattdessen (Heiterkeit und lebhafter Beifall bei der FDP und der jetzt für den Hochschulbereich zu tun wäre: Wir brauchen CDU) eine bessere finanzielle Ausstattung der Hochschulen, um den Rekordstudierendenzahlen zu begegnen. Wir brauchen auch mehr Mittel für das soziale Umfeld; darauf möchte Präsident Norbert Kartmann: ich jetzt nicht weiter eingehen, darüber werden wir uns Ich darf hier oben nichts kommentieren. Das ist ein großer morgen Vormittag noch unterhalten. Insgesamt brauchen Nachteil. die Hochschulen eine dauerhafte Perspektive, was eine sta- bile Grundfinanzierung angeht. (Holger Bellino (CDU): Die CDU schließt sich an!) Lassen Sie mich in der letzten Minute meiner Redezeit Frau Kollegin Wissler, jetzt gilt es: 18 Minuten. Sie haben noch kurz etwas zum Thema Kulturpolitik sagen. das Wort. (Holger Bellino (CDU): Geben Sie es doch zu Proto- (Unruhe) koll!) – Bitte, meine Damen und Herren, wir hören jetzt auch zu. – Nein, das möchte ich noch ausführen. Ich habe auch vie- Danke schön. len anderen Rednern zugehört. – Es ist bedauerlich, dass Sie unseren Änderungsantrag zur Filmförderung, wahr- scheinlich ohne diesen ernsthaft wahrgenommen zu haben, Janine Wissler (DIE LINKE): einfach ablehnen. Unser Vorschlag zur Gründung einer Herr Präsident, meine Damen und Herren. Es ist hervorra- hessischen Film und Medien GmbH wäre im Sinne der gend. Ich habe noch 18 Minuten Redezeit. Die CDU hat Filmschaffenden gewesen, nämlich eine Bündelung vorzu- null Minuten Redezeit. Ich finde, das zeigt ein bisschen, nehmen, um zu einer zentralen Ansprechstelle für innen wer in diesem Hause haushalten kann und wer nicht. und außen zu kommen. Dies hätte eine bessere wirtschaft- liche Förderung des Films bedeutet und die Zersplitterung (Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN und dem der hessischen Filmförderung beendet. Leider handeln Sie BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) auch hier nach dem Motto „Mehrheit ist Wahrheit“ und Nun ist es so, dass wir LINKE immer für Umverteilen setzen sich nicht ernsthaft mit dem Thema auseinander. sind. Herr Dr. Müller, deswegen möchte ich großzügig sein (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und und biete Ihnen an, Ihnen ein paar Minütchen von unserem des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE)) Redezeitkontingent zu schenken, damit Sie einmal die Vorteile des Umverteilens kennenlernen. Lassen Sie mich abschließend feststellen – ich darf den Landtagspräsidenten aus der Sitzung vom Dienstag zitie- (Allgemeine Heiterkeit – Beifall bei der LINKEN, ren –: Die Regierung hat keinen Saft mehr. – Ich ergänze: der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Sie gehört daher abgewählt. Wäre das ein Angebot, damit Sie in dieser Diskussion auch (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und noch zu Wort kommen können? der LINKEN sowie des Abg. Marius Weiß (SPD)) (Holger Bellino (CDU): Sie können seine Rede übernehmen!) Präsident Norbert Kartmann: – Nein, Herr Bellino, das schaffe ich nicht. Das schaffe ich auch in 18 Minuten nicht. Die Argumente von Ihnen vor- Vielen Dank, Herr Abg. May. Es gelingt mir nur selten, zutragen, das werde ich nicht schaffen. dass ich zitiert werde. Danke schön dafür. (Hermann Schaus (DIE LINKE): Herr Bellino ist Jetzt kommt ein kürzerer Beitrag. Herr Kollege Dr. Büger, mit nichts zufrieden!) noch 34 Sekunden. Bitte. Meine Damen und Herren, zu Beginn dieses Jahres war schon klar, dass Hessens Hochschulen vor einer Herausfor- Dr. Matthias Büger (FDP): derung stehen, die sie eigentlich nicht bewerkstelligen kön- Herr Präsident, meine Damen und Herren! Hiermit komme nen. Ich rede hier natürlich von der korrigierten Prognose ich auch zum Schluss. der Kultusministerkonferenz, was die Studierendenzahlen angeht. Man hatte sich verschätzt und musste deutlich nach (Beifall des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS oben korrigieren. 90/DIE GRÜNEN)) Schon seit langer Zeit klagen Studierende und Hoch- Rekordhaushalt Hessen: 70 Millionen € pro Jahr mehr, schulen über überfüllte Hörsäle, über Raummangel und doppelt so viel wie 1998. Autonomie, Hochschulpakt, Si- auch darüber, dass es viel zu wenig studentischen Wohn- cherheit, LOEWE, HEUREKA: Kür und Pflicht super. raum gibt. Über dieses Thema werden wir morgen noch Studenten haben die Wahl, Studenten wählen Hessen, weil ausführlich reden. Deswegen möchte ich meine 18 Minu- die Hochschulen gut sind. Geld sollte Studenten folgen. ten nicht schwerpunktmäßig bei diesem Thema ansetzen. Schwarz-Gelb Garant für Wissenschaft und Kunst, besser als Rot-Grün in jedem anderen Land. Beispielsweise die Universität Kassel weicht schon seit Längerem auf externe Räumlichkeiten aus. Es gibt Vorle- Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8477 sungen in Kinosälen und teilweise in Kirchen. Im Winter- Hochschulen gute Arbeitsbedingungen haben, sichere Ar- semester gab es ein neues Rekordhoch an Studierenden. beitsverhältnisse haben. Deswegen kann es nicht sein, dass Ich möchte gerne die Unisprecherin Annette Ulbricht zitie- immer mehr Beschäftigte an den Hochschulen in prekären ren, die sagt: Wir sind am Rande dessen, was leistbar ist. – Beschäftigungsverhältnissen sind. Ähnliche Signale gibt es von den anderen Hochschulen. Es (Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten des wird davon gesprochen, dass die Kapazitätsgrenze schon BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) längst überschritten ist. Hochschulautonomie darf auch nicht heißen, einfach die Meine Damen und Herren, das kommt alles nicht überra- Verantwortung mit viel zu wenig Geld an die Hochschulen schend; denn es war vollkommen klar, dass mit den Dop- zu delegieren und zu sagen: Macht einmal. Es darf auch peljahrgängen, mit der Aussetzung der Wehrpflicht und nicht heißen, die Hochschulen alleine zu lassen. Hoch- den geburtenstarken Jahrgängen jetzt sehr viele junge schulautonomie muss heißen, dass es eine Demokratisie- Menschen an die Hochschulen stürmen würden. Die Frau rung innerhalb der Hochschulen gibt. Aber es kann nicht Ministerin wusste das seit Jahren, hat aber nichts getan, um sein, dass Sie immer nur dann von Autonomie reden, wenn die Hochschulen darauf vorzubereiten. es darum geht, Verantwortung abzuschieben. Es ist schrecklich, dass die Hochschulen jetzt Zulassungs- Ich möchte eine weitere Sache ansprechen, weil es nicht so beschränkungen machen müssen. In einer Zeit, in der alle ist, dass die Landesregierung – – über Fachkräftemangel klagen, sind die Hochschulen nicht so ausfinanziert, dass sie die Bewerber alle annehmen (Unruhe) könnten. – Ich merke, es ist ein bisschen unruhig. Ich habe 18 Minu- Wir haben es im letzten Jahr gesehen: Die Hilferufe der ten Redezeit. Ich würde nicht davor zurückschrecken, sie Hochschulen erreichen die Frau Ministerin leider nicht. Sie im Zweifelsfall auszufüllen. stützen sich immer noch auf das Bild einer blühenden Hochschullandschaft und legen Zahlen vor, die aus der (Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN, der SPD Luft gegriffen sind. Die hohe Studierquote in Hessen ist und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) kein Beleg für eine gute Hochschulpolitik des Landes, son- Es ist nicht so, dass die Landesregierung kein Geld für dern es ist so – das will ich eindeutig anerkennen –, dass an Hochschulen ausgeben würde. So ist es auch nicht. den Hochschulen unglaublich viel getan wird, um mit die- sem Studierendenansturm klarzukommen. Es gibt unheim- (Unruhe) lich viel Engagement in diesem Bereich, (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜND- Präsident Norbert Kartmann: NIS 90/DIE GRÜNEN) Frau Wissler, der Disziplin wegen warte ich jetzt, bis die aber die Landesregierung lässt die Hochschulen damit al- Kollegen da fertig sind, zu reden. lein. Es hätte längst zu einer Neuverhandlung des Hoch- (Norbert Schmitt (SPD): Die haben einiges zu be- schulpakts kommen müssen, auch weil wir eine neue sprechen!) Hochschule haben, die Hochschule Geisenheim, die ver- mutlich zu Mehrkosten führen wird. Wir haben das in der – Herr Kollege Schmitt. Nachher noch einmal, beim Bier? Anhörung gehört. Danke. – Weiter, bitte. Ich frage mich schon: Warum hat man das nicht zum An- (Heiterkeit) lass genommen, den Hochschulpakt neu zu verhandeln? – Motivation ist alles. Meine Damen und Herren, die Situation an den Hoch- schulen ist nicht nur für Studierende bedenklich, sondern auch für die Beschäftigten, und das insbesondere im Mit- Janine Wissler (DIE LINKE): telbau. Der Wissenschaftsausschuss hat eine Anhörung Vielen Dank, Herr Präsident. – Es ist nicht so, dass die durchgeführt aufgrund eines Antrags der Oppositionsfrak- Landesregierung grundsätzlich kein Geld für Hochschulen tionen, der im Wissenschaftsausschuss einstimmig ange- hätte. nommen wurde. Daraufhin hat die Anhörung speziell zu dem Thema der prekären Beschäftigung stattgefunden. Es (Zuruf des Abg. Karlheinz Weimar (CDU)) sind sehr gute Stellungnahmen dazu eingegangen, es gab – Ich habe es nicht gehört, aber es war vermutlich nicht eine sehr hohe Beteiligung an der Anhörung. Ich denke wesentlich. Ich kenne die Zwischenrufe von Herrn Weimar schon, dass sich das Land nicht aus der Verantwortung für aus dem Wissenschaftsausschuss und nehme an, es war die Beschäftigten an den Hochschulen stehlen kann. von ähnlicher Qualität. Man muss sagen, es sind junge Menschen, junge Wissen- (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) schaftler, die sehr gut ausgebildet sind. Sie haben aber überhaupt keine Perspektive auf eine Festanstellung. Frü- Wir haben erlebt, wie in die European Business School her oder später, vielleicht wenn sie Mitte 30 sind und eine Millionen von Steuergeld gesteckt wurden, wie ihr Millio- Familie gründen wollen, überlegen sie sich, ob sie an den nen von Steuergeld in den Rachen geworfen wurden. Wir Hochschulen bleiben wollen oder ob sie nicht doch woan- haben jetzt einen Scherbenhaufen. Dabei ist vor einigen dershin gehen, wo sie vielleicht sicherere Perspektiven ha- Tagen bekannt geworden, dass sich auch KPMG von der ben. Finanzierung zurückgezogen hat. Diese Hochschule ist nur in den Negativschlagzeilen, trotzdem hat man die Reißlei- Frau Ministerin, ich bin der Meinung, diese Menschen ne nicht gezogen. Vielmehr subventioniert man eine Hoch- müssen wir an den Hochschulen halten, um bestmögliche schule, die 12.000 € Studiengebühren im Jahr verlangt. Forschung und Lehre zu garantieren. Deshalb müssen 8478 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012

Gleichzeitig kürzt man Geld bei den staatlichen Hoch- Aber ersparen wir uns jetzt die Debatte über die Rechtsfra- schulen. Das ist natürlich eine Prioritätensetzung dieser gen, ob Redezeiten von A nach B ausleihbar sind, inner- Landesregierung, die Bände spricht. Das ist Politik für die halb A ja, aber nicht von A nach B. Weil Sie wussten, dass Kinder reicher Eltern. Für die Breite ist es Bildungsabbau. er nicht reden kann, haben Sie das Angebot gemacht, okay. Deswegen finden wir, dass die Geschichte mit der EBS (Janine Wissler (DIE LINKE): Das stimmt nicht! – aufgeklärt gehört, auch welche Versäumnisse Sie im Mi- Zurufe von der CDU und der LINKEN – Willi van nisterium hatten bei der Bonitätsprüfung. Es muss aber Ooyen (DIE LINKE): Ältestenrat! – Allgemeine auch heißen, dass überhaupt kein weiteres Geld an die Heiterkeit) European Business School gezahlt werden darf. – Bitte, die Ministerin ist schon ganz nervös. Wir klären (Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten des das nachher, Herr van Ooyen, ein zweites Bier, okay. Es BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) gibt nachher eine schöne Runde unten an der Theke. Damit komme ich zum nächsten einstürzenden Leuchtturm Frau Ministerin, ich sage das mit dem Bier, weil alle Durst dieser Landesregierung. Das ist das privatisierte Uniklini- haben. Sie haben das Wort. kum in Gießen und Marburg. Ich kann es nicht oft genug wiederholen: Die Privatisierung des Klinikums ist ein Feh- ler gewesen. Diese Erkenntnis setzt sich auch immer mehr Eva Kühne-Hörmann, Ministerin für Wissenschaft und in den Reihen von CDU und FDP durch. Es ist nicht nur Kunst: ein Fehler aus Sicht der Beschäftigten, sondern auch aus Sicht der Patienten. Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Haushalt 2013/2014 im Einzelplan Ein Rückkauf des Klinikums durch das Land ist notwen- des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst – Herr Kol- dig. Ich weiß auch, dass sich dies sehr schwierig gestaltet lege Büger hat es schon angesprochen – wird deutlich, dass und dass es im Moment nicht die unmittelbare Möglichkeit Bildung, Wissenschaft und Forschung für die Zukunft un- gibt, zu sagen: Wir möchten das Klinikum zurückkaufen. seres Landes bedeutend sind. Das kann man auch an Zah- Nichtsdestotrotz halten wir es für notwendig, dass das len ablesen. Der Zuschuss 2014 im Vergleich zur Aus- Land Vorkehrungen trifft, um das Klinikum vielleicht ir- gangsbasis 2012 – das haben die Kollegen der Opposition gendwann zurückkaufen zu können, wenn sich ein Zeit- verschwiegen, obwohl es im Haushalt steht – beträgt 151,4 fenster öffnet. Deswegen haben wir einen Antrag gestellt, Millionen € mehr für die Hochschulen, die Studierenden dass man diese Rückstellung bildet. und die Forschung. Das ist eine reife Leistung. Für uns ist grundsätzlich klar: Ein Uniklinikum gehört in (Beifall bei der CDU und der FDP) die öffentliche Hand. Es darf nicht nach Profitstreben funk- Deswegen will ich mich ganz herzlich bei den Koalitions- tionieren, sondern die öffentliche Aufgabe der Gesund- fraktionen bedanken, dass es möglich gewesen ist, trotz heitsversorgung muss im Vordergrund stehen. knapper Kassen und Schuldenbremse genau für diesen Be- (Beifall bei der LINKEN) reich so viel Geld zur Verfügung zu stellen. Die Landesre- gierung steht damit für die Zukunftschancen der jungen Das Uniklinikum ist zum Spielball der Finanzmärkte ge- Menschen in unserem Land. Das hat oberste Priorität. worden. Trotzdem scheint die Landesregierung überhaupt nicht gewillt zu sein, hier einzuschreiten und der Verant- Der Hochschulpakt 2020 ist erwähnt worden, aber nicht, wortung nachzukommen, die das Land für die Beschäftig- wie viele Millionen dort hineingehen: 97,3 Millionen € ten hat. Deshalb sind wir der Meinung, dass man die Dis- mehr als 2012, jetzt insgesamt am Ende 142,7 Millionen € kussion um den Gesundheitsstandort Gießen-Marburg wei- für die zusätzlichen Studierenden veranschlagt. Die Quali- terführen muss und man sich nicht einfach zurücklehnen tät der Ausbildung steigt. und sagen kann: Das geht uns alles nichts an, wir machen Stichwort: Hochschulpakt. Herr Büger, Sie haben es ge- dazu nichts. sagt, beim Hochschulpakt haben wir fünf Jahre Planungssi- (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ cherheit. Und das Besondere ist, die Steuereinnahmen sind DIE GRÜNEN) so hoch gewesen, dass so, wie vereinbart, das Hochschul- budget ab 2013 um 20 Millionen € angehoben wird. Auch Meine Damen und Herren, ich habe jetzt neun Minuten üb- das haben die Oppositionsfraktionen, wohl wissend, nicht rig gelassen. Herr Müller, mein Angebot an Sie steht unter erwähnt. der Bedingung, dass Sie die Redezeit ebenso wenig aus- schöpfen wie ich. Dann würde ich doch gerne durchaus be- Die im hessischen Hochschulpakt zugesagte anteilige reit sein, Ihnen ein paar Minuten zu schenken. Wenn Sie Übernahme der Tarifsteigerung führt zu einer Erhöhung die von mir annehmen möchten, können Sie in der Diskus- des Hochschulbudgets um jährlich 18,2 Millionen €. Und sion noch etwas sagen. – Ansonsten danke ich Ihnen für das BAG-Urteil, bei dem es um das Allgemeine Gleichbe- die Aufmerksamkeit. handlungsgesetz ging, hätte die Hochschulen 18 Millio- nen € gekostet. Wir haben das vom Landeshaushalt ersetzt. (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜND- Auch das bekommen sie mehr. Stichwort: HEUREKA 250 NIS 90/DIE GRÜNEN) Millionen €, LOEWE-Programm über 90 Millionen €. Nun will ich noch die Projekte erwähnen, die hinzugekommen sind: das IWES in Kassel mit insgesamt 60 Millionen € – Präsident Norbert Kartmann: dafür sind 2013 und 2014 Mittel eingestellt – und für Wenn es so ginge. Modernisierungspauschalen am Universitätsklinikum Frankfurt 5 Millionen €. (Heiterkeit des Abg. Alexander Noll (FDP)) Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8479

Nicht nur im Bereich Wissenschaft ist der Ansatz erhöht habt, dass keiner mehr Redezeit hat. Ergo hätte jetzt jeder worden, sondern ich will kurz auf den Bereich Kultur zu wieder fünf Minuten. sprechen kommen: Bau des Archäologischen Freilichtmu- (Günter Rudolph (SPD): Wer will das wagen?) seums Marburger Land mit 4,8 Millionen € und die beiden Jubiläen, die wir im Moment feiern. Nämlich für das Büch- – Herr Rudolph, das ist die spannende Frage. Aber ich ner-Gedächtnisjahr und auch für die Brüder Grimm haben musste es Ihnen doch sagen. Deswegen zeigt sich jetzt, wir zusätzlich Geld in die Hand genommen. dass ich feststelle – – Herr Kollege Grumbach, wir tragen Ihrem Wunsch Rech- (Zurufe von der CDU: Rolf, Rolf, Rolf!) nung. Wir werden weiterregieren. – Vielen Dank. – Bei Rolf Müller weiß ich, dass er das nicht macht. Sonst (Beifall bei der CDU und der FDP) würde ich bei keinem die Hand ins Feuer legen. Ich bedanke mich herzlich für die Aussprache zum Haus- Präsident Norbert Kartmann: haltsplan und schließe insofern die Sitzung, dass ich Ihnen mitteile, dass inklusive der Anträge morgen früh ab 9 Uhr Meine Damen und Herren, ich muss Sie zumindest formal die Abstimmung stattfindet. – Schönen Abend, danke in Kenntnis setzen, dass unsere Redezeitregelung wie folgt schön. zu interpretieren ist. Ergreift ein Mitglied, eine Beauftragte oder ein Beauftragter der Landesregierung zu einem Zeit- (Schluss: 20:45 Uhr) punkt das Wort, zu dem die einer Fraktion noch zustehen- de Redezeit weniger als fünf Minuten beträgt, so können die Mitglieder der Fraktionen – das betrifft also alle – mit fünf Minuten Redezeit neu beginnen. Mit dem Punkt, dass die Frau Ministerin geredet hat, habe ich festzustellen ge- 8480 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 8481

Anlage (zu Tagesordnungspunkt 16 a)

Nach § 109 Abs. 2 GOHLT zu Punkt 16 a der gierung fördert, ist die Analyse des Energieverbrauchs von Tagesordnung, Drucks. 18/6515 zu Drucks. Klärwerken. Magere 35.000 € gibt es pro Anlage dazu, für 18/5926, hier: Einzelplan 09, zu Protokoll gege- die Umsetzung gibt es aber keinen Cent. Nur die reichen bene Stellungnahme der Abg. Marjana Schott Kommunen können sich eine Sanierung leisten. Die armen (DIE LINKE): Kommunen geben die hohen Energiekosten an die Ver- braucherinnen und Verbraucher weiter. Wieder werden Die Auseinandersetzung mit dem hessischen Haushalt für durch die Schuldenbremse Kosten auf die privaten Haus- die Bereiche Umwelt, Energie, Verbraucherschutz, Land- halte verlagert. Darüber hinaus verhindert sie Investitio- und Forstwirtschaft ist in vielfacher Beziehung unerfreu- nen in eine effiziente und nachhaltige Infrastruktur und lich. produziert ein Vielfaches an Folgekosten. Es ist die Aufgabe der Politik, den Verbrauchern möglichst Nicht geleistete und verschleppte Investitionen – gleich ob viele der umweltschädlichen, giftigen, gefährlichen und bei der energetischen Sanierung von Gebäuden und Klär- unter unwürdigen sozialen Bedingungen hergestellten Pro- werken, dem ÖPNV, in Bildung oder in Krankenhäuser – dukte zu ersparen. Nicht die Konsumenten müssen in der werden die kommende Generation in vielfacher Höhe be- Lage sein, die schlechten und gefährlichen Produkte zu er- lasten. Einige Städte, wie z. B. Offenbach, schaffen das mit kennen – solche Produkte dürfen erst gar nicht in den Unterstützung der Landesregierung auch schon in dieser Handel gelangen, am besten erst gar nicht hergestellt wer- Generation. den. Hier sind die staatlichen Einrichtungen der Umwelt- und Lebensmittelüberwachung sowie des Veterinärwesens Die kommenden Generationen vor einem hohen Schulden- gefordert. Deren Haushaltsmittel bleiben aber weit hinter dienst zu schützen war angeblich ein Ziel der von CDU, dem Zuwachs an neuen Aufgaben zurück. Die Verbrauche- FDP, SPD und den GRÜNEN vorangetriebenen Schulden- rinnen und Verbraucher werden im Stich gelassen. bremse. Was passiert, ist genau das Gegenteil. Ohne Stär- kung der Einnahmeseite stürzen Sie die Kommunen ins Umweltziele werden im Haushalt geschliffen, oder es Elend – die Landesregierung nennt das Kommunalen Ret- bleibt bei einer reinen Ankündigungspolitik. Doch beson- tungsschirm –, machen die Armen noch ärmer und produ- ders in der Umwelt- und Energiepolitik verursacht das zieren immens hohe Kosten in der Zukunft. Nichthandeln Folgekosten, die – wie im Fall des Klima- schutzes – weit über die Summen der unterlassenen Inves- In der Energiepolitik hat sich die Landesregierung erst titionen hinausgehen werden. zum Erfüllungsgehilfen der Stromkonzerne und dann lä- cherlich gemacht. Atom- und neue Kohlkraftwerke sollten Der Klimawandel ist in vielen Teilen der Welt sichtbar und als „Brückentechnologie“ – unterstützt durch einen riesi- spürbar geworden. Die Chancen, das als noch beherrsch- gen Werbeetat der Energiekonzerne – das Klima retten. bar geltende 2-Grad-Ziel zu halten, werden immer Nach Fukushima ist nur noch die Kohlebrücke übrig ge- schlechter. Was passiert in Hessen? Die Landesregierung blieben, und diese ist in Hessen – trotz der Vereinbarung nutzt ihre Möglichkeiten, etwas zum Klimaschutz beizutra- im Koalitionsvertrag von CDU und FDP – letzte Woche gen, noch nicht einmal ansatzweise. eingestürzt. Der neue Kohleblock bei Staudinger wird Die größten und am kostengünstigsten zu realisierenden nicht gebaut werden. Das ist sicher nicht der umweltpoliti- CO2-Einsparungen sind im Bereich der Gebäudesanie- schen Einsicht der Landesregierung zu verdanken. Die rungen zu erzielen. Die KfW Bankengruppe rechnet vor, Gründe liegen im Widerstand der Bevölkerung, dem Er- dass, will man bis 2020 das 20-%-Einsparziel erreichen, neuerbare-Energien-Gesetz und dem rein ökonomischen die Fördermittel bundesweit auf ca. 5 Milliarden € pro Kalkül von E.ON. Jahr aufgestockt werden müssen. Das wissen Sie, und das Nicht der Klimaschutz, die notwendige Energiewende oder 20-%-Einsparziel hat sich ja auch die Landesregierung auf der effektive Einsatz von Ressourcen sind für die Landesre- die Fahne geschrieben. gierung die leitenden Motive. Die Beispiele Energiepolitik, Die Landesregierung hat gestern eine nicht gerade üppige Trinkwasserversalzung durch die Kaliindustrie, der Frank- Steigerung der energetischen Sanierungsquote von derzeit furter Flughafen oder die Agrarförderung zeigen, dass 0,75 % auf 2,5 bis 3 % beschlossen. Alle Fachleute sind CDU und FDP die Durchsetzung abstrakter ökonomischer sich darin einig, dass eine Steigerung der Sanierungsquote Eigeninteressen großer Firmen und Konzerne verfolgen. um ein Vierfaches ohne größere öffentliche Förderungen Das ist aber keine Umweltpolitik, das ist Wirtschaftspoli- nicht zu erreichen ist. Um dieses magere Ziel zu erreichen, tik. Umweltpolitik heißt auch, das wirtschaftliche Handeln müssten in Hessen wenigsten 450 Millionen € im Jahr an durch ökologische Leitplanken zu regulieren, damit es sich Fördergeldern aufgebracht werden. Mit den 10 bis 20 Mil- nicht gegen die Menschen richtet und damit unsere Le- lionen € dafür vorgesehenen Haushaltsmitten ist das Ge- bensgrundlagen nicht vernichtet werden. setz von gestern gnadenlos unterfinanziert. Auch das weiß In Hessen wird die Umwelt- und Energiepolitik aber im die Landesregierung spätestens seit der Anhörung zum Ge- Wirtschaftsministerium gemacht, und das mit den bekann- setz. Was sie hier mit ihrem „Zukunftsfonds“ betreibt, ist ten Folgen: Verlärmung einer ganzen Region, Versalzung nichts weiter als Greenwashing. von Trinkwasser und ungebremster Ausstoß von Treib- Lächerlich sind auch die Bemühungen bei der Steigerung hausgasen. Umwelt- und Wirtschaftspolitik könnten zusam- der Energieeffizienz von Klärwerken. 725 kommunalen Ab- mengehen, wenn man sich anstelle von abstrakten wirt- wasserbehandlungsanlagen in Hessen sind für ca. 20 % schaftlichen Interessen mehr am Gemeinwohl orientieren des Stromverbrauchs aller kommunalen Einrichtungen ver- würde. antwortlich. Das Einsparpotenzial liegt zwischen 25 und Die Hauptträger der Energiewende müssen die Kommunen 50 %. Das ist gewaltig und wird trotz Treibhausgasemis- sein – nicht die großen Konzerne. Die Kommunen müssen sionen auf Rekordhöhe nicht genutzt. Was die Landesre- 8482 Hessischer Landtag · 18. Wahlperiode · 121. Sitzung · 21. November 2012 die Möglichkeit der freien wirtschaftlichen Betätigung zu- rückerhalten, und der landeseigene Betrieb Hessen-Forst muss den Kommunen und kommunalen Energiegenossen- schaften pachtfrei Flächen für die Nutzung der Windener- gie überlassen. Das haben wir in den Haushaltsentwurf ge- schrieben. Die Einnahmen kämen den klammen Kommu- nen zugute, die Wertschöpfung bliebe in Hessen, und eini- ge große Stromtrassen könnten auch noch gespart werden. Die hohen Pachtforderungen, wie sie die Regierungsver- ordnung vorschreibt, bremsen derzeit den Ausbau der preisgünstigsten Energiequelle, die wir in Hessen haben. Im Saldo wird sich diese Energiepolitik nicht rechnen – zu- mindest nicht für die Kommunen und die Verbraucher. Es stellt sich wiederholt die Frage: Cui bono? Für wen macht diese Regierung diese Politik?