AusgabeAusgabe 349 358 . XX.05.2017 . 17.03.2018 BILDUNG & zwd FRAUEN & GESUNDHEITWISSENSCHAFT im zwd-POLITIKMAGAZIN

WOMEN IN GLOBAL HEALTH

Die Ausrede „es gibt keine Frauen” gilt nicht mehr! Quelle: womenigh.org

RITA SCHUHMACHER zwd Berlin. Es kommt Bewegung in die Frauengesundheitspolitik. Mit Unterstützung des Bundesgesundheitsministeriums hat sich das neue Frauennetzwerk „Women in Global Health – Germany” (WGH-GER) etabliert. Gerade in dem weiblich dominierten Gesundheitsbereich sind die Führungspositionen überwiegend von Männern besetzt. Diesem Ungleichgewicht möchte WGH-GER entgegenwirken. Die Ausrede „es gibt keine Frauen” soll ab jetzt nicht mehr gelten. as Netzwerk wurde von Prof.´in Ilona Kick- wig gegenüber dem zwd. Auch auf den vielen Dis- Dbusch, Direktorin des Zentrums für globale kussionspanels zur globalen Gesundheit sprächen Quelle: privat Gesundheit im Genfer Hochschulinstitut für in- vorwiegend Männer. Prof´in Ilona Kickbusch: „Die Liste soll dazu beitra- ternationale Studien, und Sabine Ludwig, wis- Vor diesem Hintergrund will die Initiative gen, die Sichtbarkeit von senschaftliche Mitarbeiterin an der Charité, ge- Frauen aus Deutschland sichtbar machen, die Frauen in Global Health zu gründet. Es hat eine auch online erhältliche Bro- in Global Health tätig sind. Sie entwickelte un- erhöhen und die Vernet- schüre mit einer Liste von Frauen aus Deutsch- ter anderem Kriterien für Panel-Besetzungen, so zung der Listenteilneh- land veröffentlicht, die international in Global dass mehr Frauen als Sprecherinnen auf Tagun- merinnen zu fördern.“ Health tätig sind oder in der globalen Gesundheit gen auftreten könnten. Als Pilot-Chapter solle das in Deutschland arbeiten und mindestens zweijäh- deutsche Netzwerk andere Länder bei der Grün­ rige Berufserfahrung in diesem Bereich haben. dung weiterer Netzwerke unterstützen und als Die Liste führt Frauen aus dem akademischen Be- Best-Practice-Beispiel dienen. reich, Wissenschaftszentren, Stiftungen, Nichtre- Stroppe: „Geschlechtervielfalt gierungsorganisationen, internationalen Organi- fördert produktives Arbeiten und sationen, Ministerien und aus dem Privatsektor auf. Mit der Gründung des Netzwerkes soll nicht Zukunftsfähigkeit von Institutionen” nur auf die Personalpolitik von Organisationen Diversität zu schaffen und diese zu leben, sieht oder Industrie im Gesundheitssystem Einfluss auch Lutz Stroppe, CDU-Staatssekretär im Bun- genommen, auch die Bundesregierung soll bei desgesundheitsministerium (BMG) als vorrangiges Quelle: privat ihrer Ausrichtung der globalen Gesundheitspolitik Ziel. Er hob die Relevanz von Geschlechterviel- Sabine Ludwig: falt in Leitungsfunktionen, in Arbeitseinheiten und unterstützt werden. Laut Netzwerk stellen Frauen „Eine solche Liste ist im Durchschnitt weltweit 67 Prozent der Global Teams hervor. Diese fördere produktives Arbeiten notwendig, da Frauen im Health Workforce (Arbeitskräfte in globaler Ge- und Denken sowie die Zukunftsfähigkeit von In- Durchschnitt weltweit 67 sundheit), aber nur 25 Prozent von diesen weibli- stitutionen. So würden auch die globalen Gesund- Prozent der Global Health chen Arbeitskräften seien in Führungspositionen heitsherausforderungen eine starke und ausgewo- Workforce darstellen, aber vertreten. Bei den Vereinten Nationen sowie bei gene Vertretung und Führung benötigen. Durch nur 25 Prozent von ihnen den globalen Gesundheitsinitiativen seien 23 Pro- das Netzwerk werde die bestehende Expertise in Führungspositionen zent der Führungskräfte Frauen, kritisierte Lud- und das bereits vorhandene Engagement verstärkt vertreten sind.“

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sowie das gesamte Fachwissen und die interna- dem auf 300 Frauen ausgebaut werden. In diesem tionale Kompetenz im Bereich globale Gesund- Zeitraum wurde die Initiative „Women in Glo- heitspolitik sichtbar gemacht, versicherte Stroppe, bal Health – A Movement for Gender Equality der vor seiner Berufung ins BMG Staatssekretär in Global Health Leadership“ von der US-ameri- im Bundesfrauenministerium war. kanischen Ärztin Roopa Dhatt gegründet, um Ein weiteres wichtiges Ziel des Netzwerks sei Frauen in Führungspositionen in der globalen auch die politische Teilhabe durch Mitarbeit an der Gesundheit zu unterstützen und auf diese Weise Global Health Strategie der Bundesregierung, so zur Verbesserung der Gesundheit weltweit bei- die Gründerinnen. zutragen. Es kommt Bewegung in die Dr. Ursula Schäfer-Preuss „Das Netzwerk wird sich einmischen!”

Quelle: UN WOMEN National Komitee Deutschland Quelle: UN WOMEN National Komitee Die Vizepräsidentin vom UN Mit dem 2014 von der damaligen Bundesre- Frauengesundheitspolitik Women Nationales Komitee Deutschland, engagiert sich gierung verabschiedeten Konzept „Globale Ge- Diese Idee griffen Ludwig und Kickbusch auf seit mehr als fünfunddreißig sundheitspolitik gestalten – gemeinsam han- und erstellten ein entsprechendes Verzeichnis Jahren im Bereich der deln – Verantwortung wahrnehmen” waren we­ für den deutschsprachigen Raum. Neben dem Entwicklungspolitik für die Gleichstellung von Frauen.. sentliche Ziele in Global Health-Politik festge- BMG und dem Bundesministerium für wirt- Im Bundesministerium für legt worden. Seine Eckpfeiler sind der Schutz schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, wo sie 1975 und die Verbesserung der Gesundheit der Be­ (BMZ) wurde der Aufbau des Netzwerks durch eingetreten ist, war sie die erste völkerung in Deutschland durch globales Han- den (WHS), die German weibliche Abteilungsleiterin. deln, die Wahrnehmung globaler Verantwortung Healthcare Partnership (GHP) und andere Orga­ durch die Bereitstellung deutscher Erfahrungen, nisationen unterstützt. Zu den gelisteten Frauen Expertise und Mittel sowie die Stärkung interna- gehören neben Gesundheitswissenschaftlerin- tionaler Institutionen der globalen Gesundheit. nen wie Theda Borde, Professorin an der Alice- Laut Bundesgesundheitsministerium soll Deutsch­ Salomon-Hochschule, Prof.´in Gabriele Kacz- land so einen aktiven und abgestimmten Beitrag marczyk, Vizepräsidentin des Deutschen Ärz- zur Lösung globaler Gesundheitsherausforderun- tinnenbundes und Gastprofessorin am Institut gen sicherstellen, wie dem weltweiten Kampf für Medizinische Soziologie (Charité) sowie gegen die Ausbreitung grenzüberschreitender Ursula Schäfer-Preuss, Vizepräsidentin vom Gesundheitsgefahren. Hier wolle das Netzwerk UN Women Nationales Komitee Deutschland

Quelle: Deutscher Ärztinnenbund durch­verschiedene Aktionen und Arbeitsfelder auch Politikerinnen wie die Prof.´in Dr. med. anknüpfen: Es werde sich einmischen, kündigten frühere Bundestagsvizepräsi- Gabriele Kaczmarczyk Ludwig und Kickbusch an. dentin Edelgard Bulmahn Die Vizepräsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes ist Die Gründung des Netzwerks geht unter an- (SPD), die Staatsministerin Fachärztin für Anästhesiologie derem auf eine Twitter-Kampagne zurück, die für Integration Anette Wid- und Intensivmedizin. 2003 2014 von Kickbusch am Graduate Institute mann-Mauz (CDU) sowie gründete sie den internationalen postgradualen Master-Studiengang of International and Development Studies in Heidemarie Wieczorek-Zeul „Health and Society- International Genf gestartet wurde. Darin sammelte Kick- (SPD), frühere Bundesmi­ Gender Studies Berlin“ an der Charité in Berlin. 2009 erhielt sie busch Namensvorschläge von Frauen aus dem nisterin für wirtschaftliche Rita Schuhmacher das Bundesverdienstkreuz u.a. englischsprachigen Raum. Die Liste der „100 Zusammenarbeit und Ent- Redaktions- auch für ihre Arbeit im Netzwerk Women Leaders in Global Health” konnte seit- wicklung. n mitglied Frauengesundheit Berlin. Internationales Berater*innengremium zur Gesundheitspolitik Bei der Neuausrichtung der Strategie zur inter- stützung sei ausgebaut und finanzielle Beiträge nationalen Gesundheitspolitik steht die Mitbe- seien deutlich gestiegen. Damit sei Globale Ge- gründerin des WHG-GER Prof.´in. Ilona Kick- sundheitspolitik zu einem Markenzeichen der busch dem Bundesgesundheitsministerium be- internationalen Verantwortung Deutschlands ge- ratend zur Seite. Sie ist eine der sechs hochran- worden. Weitere Mitglieder des Gremiums sind gigen Expert*innen und 1. Vorsitzende des neben Kickbusch „Internationalen Beratergremiums zur Gesund- - Prof. , Direktor des Instituts Quelle: Alice-Salomon-Hochschule Berlin heitspolitik“, das im Sommer 2017 vom dama- für Virologie (Charité), Prof.´in Dr. Theda Borde ligen Bundesgesundheitsminister Hermann - Christopher Elias, Präsident des Global Deve­ Die Politik- und Gesundheitswissenschaftlerin Gröhe (CDU) gegründet wurde. Das Gremium lopment Programms (Gates Stiftung), war in verschiedenen Public- soll Impulse für die Lösung globaler gesund- - Prof. , Direktor des Wellcome Health-Projekten an der Trusts, Charité in Berlin tätig. Ihre heitspolitischer Herausforderungen geben, da- Forschungsschwerpunkte bei stünden die Gestaltungsmöglichkeiten Deut- - Prof. Jörg Hacker, Präsident der Nationalen konzentrieren sich auf schlands in der internationalen Gemeinschaft Akademie der Wissenschaften (Leopoldina), die Gesundheit von Immigrant*innen, Frauen und im Fokus, hieß es seitens des Ministeriums. Der -Matshidiso Rebecca Moeti, Afrika-Regional- Müttern, Gesundheitsförderung Minister betonte die wichtige Rolle Deutsch- direktorin der Weltgesundheitsorganisation und Versorgungsforschung. lands in der globalen Gesundheit, die Unter- (WHO).

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