Nutzbares Grundwasserdargebot in Südost-Holstein

1 Herausgeber: Landesamt für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein Hamburger Chaussee 25 24220 Flintbek Tel. 0 43 47 / 704 - 0 www.lanu-sh.de

Realisierung: HGN Hydrogeologie GmbH www.hgn-online.de

Druck: Starke Druck & Werbeerzeugnisse www.starke-druck.de

ISBN 3-923339-79-8

September 2002

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2 Inhalt

Einführung ...... 5

Untersuchungsgebiet ...... 6

Landschaftsformen und Gewässernetz ...... 6

Geologischer Aufbau ...... 7

Wasserhaushalt ...... 12

Niederschlag ...... 13

Abfl uss ...... 14

Verdunstung ...... 16

Grundwasserneubildung ...... 16

Grundwasserstand ...... 18

Grundwassermodellierung ...... 21

Allgemeines ...... 21

Schematisierung des geologischen Modells ...... 22

Grundwasserentnahmen im Wasserwirtschaftsjahr 1990 ...... 24

Berechnete Grundwasserbilanzen ...... 24

Nutzbares Grundwasserdargebot ...... 26

Nutzungseinschränkungen des Grundwasserdargebots nach hydrogeologischen

Gesichtspunkten ...... 28

Entwicklung von Grundwasserentnahmen und Grundwasserständen nach Abschluss

der Modellierungsarbeiten ...... 30

Entnahmemengen ...... 30

Grundwasserstände ...... 31

Bewertung der Entnahmesteigerungen ...... 33

- Grundwasserbilanzen und Grundwasserströmung in den Unteren Braunkohlensanden ... 33

- Grundwasserbilanzen und Grundwasserströmung in den Oberen Braunkohlensanden .... 33

- Grundwasserbilanzen und Grundwasserströmung im Hauptgrundwasserleiter ...... 33

Potenzielle Nutzungseinschränkungen aus Sicht der Grundwasserbeschaffenheit ...... 33

Schlussfolgerungen für die zukünftige Grundwasserbewirtschaftung ...... 34

Literatur ...... 35

Zitierte Literatur ...... 36

3 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildung 1: Naturräumliche Gliederung und Untersuchungsgebiet ...... 6

Abbildung 2: Hydrogeologische Schichtenfolge ...... 7

Abbildung 3: Bohrungsdichte ...... 7

Abbildung 4: Salz-/Rinnenstrukturen ...... 8

Abbildung 5: Geologischer Schnitt...... 9

Abbildung 6: Geologisches Blockbild...... 10

Abbildung 7: Wasserkreislauf ...... 12

Abbildung 8: Niederschlagsverteilung und Messstationen ...... 13

Abbildung 9: Niederschlags- und Grundwasserstandsgang...... 13

Abbildung 10: Vorfl uter und Pegelstandorte...... 14

Abbildung 11: Grundwasserneubildung...... 16

Abbildung 12: Grundwassermessstellen ...... 18

Abbildung 13: Dokumentation einer Grundwassermessstelle...... 19

Abbildung 14: Grundwasserganglinien ...... 20

Abbildung 15: Bilanzgrößen und Modellraster im Natursystem ...... 22

Abbildung 16: Grundwasserbilanz ...... 24

Abbildung 17: Bewertung der Teilbilanzräume ...... 27

Abbildung 18: Grundwasserversalzung ...... 28

Abbildung 19: Grundwasserfassungen ...... 30

Abbildung 20: Entnahmen in Bereichen mit sinkenden Grundwasserständen ...... 31

Abbildung 21: Grundwasserstandsentwicklung in den UBKS in Abhängigkeit

von der Entfernung zum Wasserwerk Großensee ...... 32

Tabelle 1: Abfl usskomponenten der Pegeleinzugsgebiete ...... 15

Tabelle 2: Entnahmen der Wasserwerke ...... 23

Tabelle 3: Wasserwerke in Bereichen mit sinkenden Grundwasserständen ...... 31

4 Einführung

Bevölkerungsentwicklung und Lebensge- sollte zudem die Auswirkung von beste- wohnheiten haben in den vergangenen henden und zukünftigen Grundwasserent- Jahrzehnten den Wasserverbrauch stark nahmen auf den Grund- und Gesamtwas- ansteigen lassen. Diese Entwicklung war serhaushalt abgeschätzt werden. auch im Untersuchungsgebiet Südost- Holstein zu beobachten, das im wesentli- Das Untersuchungsprogramm umfasste chen die Kreise und Herzogtum ein Kostenvolumen von rund 5,6 Millio- Lauenburg umfasst, wobei hier ein Teil nen Euro, das zum überwiegenden Teil des entnommenen Grundwassers nach aus Mitteln des Förderungsfonds für den wie vor der Deckung des Wasserbedarfs Nachbarraum um , ferner aus der Freien und Hansestadt Hamburg dient. Mitteln des Landes Schleswig-Holstein, Während in den letzten Jahren der Wasser- der Freien und Hansestadt Hamburg, der verbrauch stagnierte und zum Teil sogar Hamburger Wasserwerke und des Kreises etwas rückläufi g ist, werden nun in zuneh- Stormarn fi nanziert wurde. Die fachliche mendem Maße anthropogene Belastun- Programmdurchführung mit den erforder- gen insbesondere des oberfl ächennahen lichen wissenschaftlichen Auswertungsar- Grundwassers, untergeordnet aber auch beiten wurden dem damaligen Landesamt Grundwasserversalzungen beobachtet, die für Wasserhaushalt und Küsten Schleswig- das Grundwasserdargebot einschränken Holstein und dem Geologischen Landes- können. Da dem Wasserbedarf nur ein amt Schleswig-Holstein, beide jetzt Lan- begrenztes Grundwasserdargebot gegen- desamt für Natur und Umwelt des Landes übersteht, wurde ein Grundwasserunter- Schleswig-Holstein, übertragen. suchungsprogramm initiiert mit dem Ziel, im wasserwirtschaftlich intensiv genutzten Das Untersuchungsprogramm wurde von Nachbarraum zu Hamburg das noch ver- einer Lenkungsgruppe begleitet, in der fügbare Grundwasserdargebot zu ermit- die zuständigen Fachdienststellen aus teln, dessen Größe von einer Vielzahl von Hamburg und Schleswig-Holstein ein- Faktoren wie der Grundwasserneubildung, schließlich der Hamburger Wasserwerke Grundwasserzu- und abströmen, dem vertreten waren. Die umfangreichen Un- Grundwasserabfl uss in die Vorfl uter sowie tersuchungsergebnisse wurden zunächst von bestehenden Grundwasserentnahmen in Form von fünf fachlichen Abschlussbe- abhängig ist. richten dargestellt, aus denen anschlie- ßend ein zusammenfassender Endbericht Die Untersuchungen im Raum Südost- erarbeitet wurde. Dieser ist Grundlage für Holstein sollten gesicherte Erkenntnisse die hier vorgestellte Broschüre. über die regionale Verbreitung genutzter oder nutzbarer Grundwasserleiter mit den Die gewonnenen Erkenntnisse bilden darin ablaufenden Fließvorgängen des heute die Basis für die Grundwasserbe- Grundwassers liefern. Darüber hinaus wirtschaftung im südöstlichen schleswig- war die Frage zu klären, in welchem Maße holsteinischen Nachbarraum zu Hamburg. hydraulische Verbindungen zwischen den Sie ersetzen allerdings nicht notwendige einzelnen Grundwasserleitern bestehen lokale Untersuchungen bei Grundwasser- und wie hoch die Grundwasserneubildung benutzungen durch einzelne Wasserver- beziehungsweise in tieferen Grundwasser- sorgungsanlagen. stockwerken die Grundwasserregeneration ist. Ferner sollte geprüft werden, ob sich aus der Grundwasserbeschaffenheit und eventuellen Veränderungen Nutzungsein- schränkungen ergeben können. Mit Hilfe eines numerischen Grundwassermodells

5 Untersuchungsgebiet

Landschaftsformen und Gewässernetz

Die naturräumliche Gliederung Schleswig-Holsteins ist durch die geologischen Vorgänge während der Eiszeiten (Pleisto- zän) und in der Nacheiszeit (Holozän) geprägt. Es lassen sich vier große Naturräume für das Land unterscheiden: • Östliches Hügelland • Vorgeest • Hohe Geest • Marsch.

Das im südöstlichen Schleswig-Holstein gelegene, knapp 1300 km² große Unter- suchungsgebiet (Abbildung 1) umfasst im wesentlichen Teile des Östlichen Hügellan- des und der Hohen Geest.

Das Östliche Hügelland wurde durch die Eisvorstöße im Verlauf der letzten Eiszeit geprägt. Verschiedene Phasen von Eisvor- stößen mit anschließenden Abschmelz- phasen hinterließen eine reliefstarke, kup- pige Grund- und Endmoränenlandschaft. Der Bereich der Hohen Geest im Süden verdankt seine Entstehung der der Weich- selvereisung vorausgegangenen Saale- Eiszeit. Nachfolgende Abtragung und Se- dimentation nivellierten das Relief zu einer insgesamt ruhigen und ausgeglichenen, plateauartigen Landschaft um +40 m Nor- mal Null (NN). Sie wird im Süden zwischen Bergedorf und Lauenburg durch einen Endmoränenzug der Saale-Eiszeit begrenzt, der bei Geesthacht (über +90 m NN) das Steilufer der südlich angrenzenden Niede- rung des Elbtals bildet.

Das heutige, dichte Gewässernetz wurde im wesentlichen bereits während der letz- Abbildung 1: ten Eiszeit angelegt. Naturräumliche Die meisten Vorfl uter weisen weite Täler Gliederung und Un- auf, die durch die Schmelzwassermassen tersuchungsgebiet des abtauenden weichseleiszeitlichen 6 Abbildung 2: Gletschers geformt wurden. Hydrogeologische Größter Vorfl uter des Unter- Schichtenfolge suchungsgebietes ist die Bille, deren Einzugsgebiet mit 335 km² etwa ein Viertel des Untersu- chungsraumes umfasst.

Geologischer Aufbau

Das für die Trinkwasserversor- gung verwendete Grundwas- ser wird aus sandig-kiesigen Schichten des Untergrundes gefördert, die im Verlauf der jüngeren Erdgeschichte - im Tertiär und im Quartär - bei sehr unterschiedlichen Ablagerungs- bedingungen entstanden sind. Eine schematische Darstellung der Schichtenfolge zeigt Abbil- dung 2. Es handelt sich durch- weg um Lockergesteine und damit um Porengrundwasserleiter. Je nach zum Beispiel Tone oder Geschiebemergel, Überdeckung und Trennung der Grund- sind häufi g mehrere genutzte Grundwas- wasserleiter durch bindige Schichten, wie serstockwerke im Tiefenbereich zwischen etwa 10 m und 300 m unter Gelände aus- Abbildung 3: gebildet. Diese Grundwasserleitersysteme Bohrungsdichte besitzen lokal hydraulische Verbindungen. Der Grundwasseraustausch ist unter natür- lichen Bedingungen in den oberen Grund- wasserstockwerken größer und schneller als in den unteren Grundwasserstockwer- ken. Durch hohe Grundwasserentnahmen wird jedoch der Grundwasserumsatz auch in den tieferen Grundwasserleiterabschnit- ten beschleunigt.

Als Datengrundlage für die Auswertungen zur Geologie des Untersuchungsgebietes konnte auf rund 1100 Bohrungen aus den geologischen Archiven zurückgegriffen werden, deren Lage in Abbildung 3 zu se- hen ist.

Der geologische Bau sowie die Tiefenla- gen und die Mächtigkeiten der Gesteins- horizonte werden wesentlich durch tekto- nische Bewegungen und durch Salzbewe- gungen im Untergrund bestimmt. Mäch- tiges Steinsalz (700 bis 1000 m) wurde im Perm (Zechstein) in Norddeutschland ab- gelagert. In der nachfolgenden Trias- und Kreidezeit überdeckten Gesteinspakete mit über 4000 m Mächtigkeit diese Salzablage- rungen. Der Überlagerungsdruck und der große Dichteunterschied zwischen Salz und dem aufl agernden Gebirge führte zu Salzbewegungen und zur Entstehung

7 Abbildung 4: gensatz zu den Salzstrukturen sind sie Salz-/Rinnen- recht junge geologische Formen. Ursache strukturen für ihre Entstehung ist neben der Aus- schürfung durch das Gletschereis selbst in erster Linie die subglaziale Erosion durch Schmelzwässer. So entstanden teilweise weniger als 1 Kilometer breite und bis zu mehrere Zehner Kilometer lange Hohl- formen, die häufi g tiefer als -300 m NN, in Einzelfällen auch bis unter -350 m NN reichen (Abbildung 4, 5, 6). Typische Sedi- mentinhalte der wiederverfüllten Rinnen sind grobkörnige Schmelzwassersande an der Rinnenbasis. Darüber folgt oft ein mächtiger Schluff-/ Tonhorizont, der sogenannte Lauenburger Ton.

Aus wasserwirtschaftlicher Sicht bedeut- sam sind nur die Ablagerungen der jünge- ren und jüngsten Erdgeschichte, dem Terti- är und Quartär (Abbildung 2). Im Alttertiär herrschen geringdurchlässige Sedimente vor, in denen lokal sandige Einlagerungen mit hoch mineralisiertem Grundwasser auftreten (zum Beispiel Neuengammer Gassande an der Oligozänbasis). Das Jungtertiär umfasst mächtige Ton- und Sandhorizonte, die in weiten Teilen des Untersuchungsgebietes verbreitet sind und lediglich im Nordosten über der Salzstruk- tur Nusse-Eckhorst fehlen. Die Basis dieser für die Wassergewinnung nutzbaren Sedi- der Salzstöcke von Hohenhorn, Juliusburg, mentserie des Jungtertiärs wird von dem Siek- und Sülfeld sowie zur schluffreichen, graubraunen bis schwarz- kissenförmigen Aufwölbung von Nusse- braunen Unteren Glimmerton (UGT) gebil- Eckhorst (Abbildung 4). Dabei entstanden det. Bei Mächtigkeiten zwischen 10 m und insbesondere im Bereich der Strukturen mehr als 50 m ist er fl ächenhaft verbreitet. von Sülfeld und Siek Störungszonen, die Ausgenommen sind Bereiche tiefer eiszeit- sich mit einzelnen Verwerfungen bis in licher Rinnen und die Flankenbereiche von die jungtertiäre Deckschichtenaufl age Salzstöcken (Abbildung 5, 6). durchpausen und dort zu einem Versatz der Schichten führten. In den dazwischen Über dem UGT folgen die Unteren Braun- gelegenen Senkungszonen im Nordwes- kohlensande (UBKS), die nahezu im ge- ten des Untersuchungsgebietes entstan- samten Untersuchungsgebiet verbreitet den der Ahrensburger und der Oldesloer sind. Lediglich über den Hochlagen der Trog, der nach Südosten in die fl achere jüngeren Salzstrukturen im mittleren und Trittauer Mulde mündet. Während ihrer nördlichen Gebietsteil fehlen sie. Gekenn- Absenkung wurden diese Bereiche wieder zeichnet sind die UBKS durch eine Zwei- mit Sedimenten verfüllt (Abbildung 4). Im teilung. Ein hellbrauner bis grauer, fein- südlichen Untersuchungsgebiet sind ver- sandiger unterer Bereich („Vierlandfein- gleichbare tertiäre Senkungsgebiete nicht sande“) geht nach oben in einen braunen ausgebildet, da hier die Salzstockbildung bis grauen, mittel- bis grobkörnigen Sand schon vor Beginn des Tertiärs abgeschlos- über. Unterbrochen wird dieser obere Ab- sen war. schnitt der UBKS in wechselndem Maße von meist nur geringmächtigen, teils stark Neben den Salzstöcken sind eiszeitliche humosen Schluff- und Tonlagen sowie Rinnen weitere bedeutsame geologische von Braunkohlehorizonten. Im nördlichen Strukturelemente im Untergrund. Im Ge- Ahrensburger und Oldesloer Trog besitzen

8 die UBKS mit >200 m ihre größte Mächtig- Über dem HT folgen die Oberen Braun- keit und mit -900 bis -1000 m NN auch ihre kohlensande (OBKS), eine unregelmäßige größte Tiefenlage. Im südlichen Untersu- Folge von grauen bis braunen Sanden chungsgebiet reicht die Basis dieser Sande unterschiedlicher Körnung und meist fl ächenhaft bis circa -150 m NN bei einer dunkelgrauer bis dunkelbrauner Schluff-/ Mächtigkeit um 100 m. Nur in den Berei- Tonhorizonte mit vereinzelten Braunkoh- chen der eiszeitlichen Rinnen sind sie hier lezwischenlagen. Die Mächtigkeiten dieser durch die tiefgreifende Erosion vollständig Einzelschichten schwanken zwischen <5 ausgeräumt (Abbildung 5). bis deutlich >10 m.

Überlagert werden die UBKS vom Ham- Die OBKS sind im Untersuchungsgebiet burger Ton (HT), der als dunkelbrauner bis fl ächenhaft vorhanden. Lediglich über den schwarzbrauner, fester und fetter Ton an Salzstrukturen von Siek, Sülfeld und der Basis fast überall eine scharfe Grenze Nusse-Eckhorst und in Teilen der eiszeitli- zu den unterlagernden Sanden bildet. Die chen Rinnen treten Fehlstellen auf. Südlich Mächtigkeiten schwanken beträchtlich. der Linie Escheburg-Schwarzenbeck- Sie liegen zwischen 2 und 10 Metern im Büchen wurden die OBKS auch außerhalb südlichen Untersuchungsgebiet bei Tie- der Rinnenbereiche fl ächenhaft erodiert fen der Tonbasis mit ± 0 m NN im Raum und die Mächtigkeiten von ursprünglich Geesthacht und bis etwa -150 m NN in der circa 60 m bis auf 25 m reduziert. In den Trittauer Mulde. Im Norden (Ahrensbur- Senkungszonen nördlich der Salzstruktur ger und Oldesloer Trog) erreicht der Ton Siek sind die größten Mächtigkeiten der Mächtigkeiten von >100 m bei absinkender OBKS mit etwa 175 m bei Tiefenlagen Basis bis unter -700 m NN (Abbildung 5). In um -500 m NN nachgewiesen. den tieferen eiszeitlichen Rinnen ist der HT erodiert.

Abbildung 5: Geologischer Schnitt (Schnittlinie in Abbildung 3)

9 Der Obere Glimmerton (OGT), ein dun- lückenhaft vorhanden. Der OGT bildet hier kelgrauer bis brauner Ton, bildet die Be- das jüngste und letzte Glied der tertiären deckung der OBKS. Im OGT nehmen die Schichtenfolge. Schluffgehalte zum Hangenden zum Teil deutlich zu, hohe Glimmergehalte sind Abbildung 6: Geologisches Block- bild (Schnittlinien in Abbildung 3)

Quartär

Kaolinsand

Oberer Glimmerton

Oberer Brk-Sand

Hamburger Ton

Unterer Brk-Sand

Unterer Glimmerton

Alttertiär

Kreide

typisch und namensgebend. In den nord- In den zentralen Bereichen des Ahrensbur- westlichen Senkungsgebieten überlagert ger und des Oldesloer Troges im Nord- er die OBKS in vollständiger Ausbildung westen folgen auf den OGT noch die Glim- und erreicht dabei Mächtigkeiten >200 m. merfeinsande (GFS) des jüngsten Miozäns Seine Basis reicht hier bis in Tiefen von mit circa 40 m Mächtigkeit, die von den etwa -500 m NN (Abbildung 5). Weiter im Kaolinsanden (KS) des Pliozäns (häufi ge Süden ist er bei geringerer Tiefenlage und Mächtigkeiten um 40 bis 70 m, im Maxi- infolge der eiszeitlichen Erosion nur noch mum bis circa 150 m) überlagert werden. 10 Die Basis der Kaolinsande reicht im den Schmelzwassersande bis zur Quartär- Oldesloer Trog etwa bis - 120 m NN, im basis, in den Rinnen bis zum Lauenburger Ahrensburger Trog bis rund - 200 m m NN. Ton, in der zweiten Vereisungsphase, der Die hellgrauen bis hellbraunen Kaolin- Saaleeiszeit entstanden. Die nachfolgende sande werden in wechselndem Maße von Eem-Warmzeit ist im südlichen Untersu- Schluff- und Tonhorizonten mit teils auffäl- chungsgebiet gelegentlich durch Abla- lig hohem Glimmergehalt unterbrochen. gerung von Mudden und Torfen relativ oberfl ächennah, unter den Sanderfl ächen Über den tertiären Ablagerungen folgt bis der dritten und letzten Kaltzeit, der Weich- zur Geländeoberfl äche die geschlossene sel-Eiszeit, vertreten. Deren weiteste Glet- Decke der quartären Schichtenfolge. Ge- schervorstöße reichten etwa bis zur oben prägt durch die Entstehungsbedingungen genannten Linie -Groß Pampau. von drei Vereisungsphasen ist sie sehr he- In den auch morphologisch hervortreten- terogen aufgebaut. Aussagen zur Beschaf- den Endmoränen entstanden dabei kom- fenheit und Verbreitung einzelner Pleisto- plizierte Lagerungsverhältnisse aus verfal- zänhorizonte unterliegen daher wesentlich teten und verschuppten Sand-/Kies- und stärkeren Einschränkungen und erfordern Geschiebemergel-/Ton-/Schluffl agen. In grundsätzlich eine größere Aufschlussdich- den Gletscherbecken dominieren dagegen te als dies bei den vergleichsweise einheit- eher die söhlig (waagerecht) lagernden lichen und ausgedehnten Sedimentkom- Schichten der Grundmoränen aus teils plexen des Tertiärs der Fall ist. mächtigen Geschiebemergeln. Sie werden stellenweise überdeckt von Schmelzwas- Ablagerungen der ältesten nachgewiese- sersanden und schluffi g-tonigen Beckense- nen Vereisungsphase, der Elstereiszeit, dimenten aus anschließenden Abschmelz- beschränken sich im Untersuchungsgebiet phasen der Gletscher. Südlich der ehe- auf die eiszeitlichen Rinnen. Über grobkör- maligen Eisfront des Weichsel-Gletschers nigen, kiesigen Schmelzwassersanden an schütteten abfl ießende Schmelzwässer der Rinnenbasis folgt als typisches Sedi- ebene Sanderfl ächen über den saaleeis- ment häufi g der meist dunkelgraue Lauen- zeitlich geprägten Untergrund auf. Diese burger Ton mit Mächtigkeiten oft bis über Sander von Grande und Witzhave, die 100 m. Dieser Ton dominiert in weiten Sanderfl ächen im nördlichen Sachsenwald Teilen der Rinnen des südlichen Untersu- und der Büchener Sander wurden nacheis- chungsgebietes (Abbildung 5). Über dem zeitlich dann stellenweise wieder zertalt. Lauenburger Ton folgen bereichsweise Seit dem Ende der Weichseleiszeit be- Ablagerungen der Holstein-Warmzeit, wie schränken sich Sedimentbildungen des bis zum Beispiel der Holsteinton, die außer- heute andauernden Holozäns vorwiegend halb der Rinnen nur lokal in Stauchungs- auf Geländesenken und Talniederungen. zonen nachgewiesen worden sind. Südlich Es bildeten sich tonig-schluffi ge Auesedi- der Linie Stapelfeld-Groß Pampau sind alle mente und Niedermoore. Geschiebemergelhorizonte und die liegen-

11 Wasserhaushalt

Der Landschaftswasserhaushalt setzt sich hohen Grundwasserpotenzialen strömt das aus vielen Einzelkomponenten zusammen. Grundwasser orographisch niedriggelege- Maßgebliche Größen sind hierbei der nen Gebieten zu. Es sind dies die Täler der Gebietsniederschlag, die Verdunstung, Vorfl uter oder das Meer. Dieser Wasser- der Abfl uss und die Sickerwasserrate. Die kreislauf lässt sich in Form einer Bilanzglei- Größe und die zeitliche Entwicklung dieser chung darstellen: Wasserhaushaltsgrößen werden durch

Klimafaktoren wie den jahreszeitlichen N = V + Ao + Au Gang der Lufttemperatur, der Luftfeuch- beziehungsweise

tigkeit und der Höhe und zeitlichen Ent- Au = GWN = N - V - Ao wicklung der Niederschläge bestimmt. Das Untersuchungsgebiet liegt im humiden mit N = Niederschlag Klimabereich mit vergleichsweise ausge- V = Verdunstung

wogenen Jahrestemperaturen, also kühlen A o = Direktabfl uss

Sommern und warmen Wintern. Eine Prin- A u = Unterirdischer Abfl uss zipskizze zum Wasserhaushalt ist in Abbil- GWN = Grundwasserneubildung dung 7 dargestellt. Die über dem Meer verdunsteten Wasser- mengen werden in Form von Wolken zu den Landfl ächen transportiert und regnen dort ab (Niederschlag). Ein Teil verduns- tet wieder, während der Rest entweder versickert oder an der Erdoberfl äche abfl ießt. Der versickernde Teil geht dem Grundwasser zu und füllt dort den Was- serspeicher auf. Von diesen Bereichen mit

Abbildung 7: Wasserkreislauf (schematisch)

12 Niederschlag

Der Niederschlag ist die wichtigste Ausgangsgröße für die Grundwasser- neubildung. Für das Untersuchungs- gebiet wurde die regionale Verteilung des langjährigen Niederschlages mit Hilfe der Daten von insgesamt Abbildung 8: 24 Niederschlagsmessstationen des Niederschlags- Deutschen Wetterdienstes und der verteilung und Hamburger Wasserwerke ermittelt. Messstationen In Schleswig-Holstein herrschen nordwestliche bis südwestliche Luft- strömungen vor, die vom Atlantik her niederschlagsreiche Luftmassen mit sich bringen. Demzufolge ist die Niederschlagshöhe an der Westküste des Landes deutlich höher als in den östlichen Landesteilen. Dieser Trend ist auch im Untersuchungsgebiet erkennbar. So liegt die Niederschlags- höhe im Westteil bei über 800 Milli- meter pro Jahr (mm/a), während sie im Nordosten im Raum Lübeck sowie im Südosten weniger als 700 mm/a beträgt (Abbildung 8).

Das arithmetische Mittel von 24 Sta- tionen für den im Rahmen des Untersu- chungsprogrammes maßgeblichen Bilanz- zeitraum 1980 bis 1991 betrug 775 mm/a. 1991 deutlich über dem langjährigen Mit- Die hydrologische Einordnung des Bilanz- tel. Für den oben angegebenen Bilanzzeit- zeitraumes in den langjährigen klimatolo- raum betrugen die mittleren Jahresnieder- gischen Gang zeigt am Beispiel der Station schläge im Modellgebiet Südost-Holstein die Abbildung 9. Während von 1970 782 mm/a. Die Grundwasserneubildungs- bis 1978 eher trockene Jahre vorherrsch- verteilung wurde also für eine relativ ten, lagen die Niederschläge ab 1979 bis feuchte Klimaperiode ermittelt. Abbildung 9: Niederschlags- und Grundwasser- standsgang

13 Abfl uss beziehung in Abfl ussmengen (Q) umge- rechnet. Eine messtechnische Auftrennung Der Gebietsniederschlag wirkt sich beson- in einen oberirdischen und einen unter- ders sensitiv auf das Abfl ussgeschehen irdischen Anteil ist dabei nicht möglich. aus. So führen Starkregen zu hohen Spen- Dieses muss nachträglich rechnerisch oder den des Direktabfl usses mit kurzfristig über graphische Verfahren geschehen. Für hohen Wasserständen in den Gewässern. die Grundwasserneubildungsberechnung kamen die Ansätze nach WUNDT (1958) Der Direktabfl uss Ao ist derjenige Anteil des Niederschlages, welcher an oder nahe und KILLE (1970) zur Anwendung, die den der Erdoberfl äche abfl ießt. Kontinuierliche unterirdischen Anteil des Abfl usses aus Niederschläge außerhalb der Vegetations- der Höhe der monatlichen Niedrigwasser- periode ergeben hohe Sickerwasser- und abfl üsse ableiten. Der oberirdische Abfl uss damit hohe Grundwasserneubildungsra- ergibt sich rechnerisch als Differenz ten. Beide Phänomene sind unmittelbar zwischen dem Gesamtabfl uss und dem abhängig von den an der Erdoberfl äche unterirdischen Anteil. anstehenden Bodenarten, der Flächennut- zung und von der Reliefenergie. Der unter- Der Untersuchungsraum erstreckt sich irdische Anteil des Abfl usses hat den Weg über die Einzugsgebiete mehrerer größe- über das Grundwasser genommen, ehe er rer Vorfl uter (Abbildung 10). Das Abfl uss- nach der Exfi ltration in die Vorfl uter ge- geschehen wurde zeitweilig mit insgesamt langt. Dieser Basisabfl uss sorgt dafür, dass 21 Abfl usspegeln erfasst. Davon wurden 7 in Zeiten mit geringen Niederschlägen das speziell für das Untersuchungsprogramm Gewässer nicht trocken fällt. eingerichtet (Tabelle 1). Zur Ermittlung der Grundwasserneubildungsrate wurden alle Der Abfl ussgang eines Vorfl uters wird in vorhandenen Abfl uss- und Wasserstands- der Regel mit Hilfe gewässerkundlicher daten ausgewertet. Im Bilanzzeitraum von Pegelanlagen an einem defi nierten Gewäs- 1980 bis 1991 beträgt die mittlere Spende serquerschnitt ermittelt. Die am Pegel auf- des Oberfl ächenabfl usses 143 mm/a. Nied- rige A -Abfl ussspenden sind vor allem gezeichneten Wasserstände (W) werden 0 dabei über eine Wasserstands-/ Abfl uss- im Süden des Untersuchungsgebietes zu beobachten. In diesem fl achwelligen Altmoränengebiet ist die Reliefenergie Abbildung 10: vergleichsweise gering. Zudem stehen hier Vorfl uter und oberfl ächennah vornehmlich Sande an, so Pegelstandorte dass es zu einer erhöhten Infi ltration von Niederschlägen kommt. Die höchsten ober- irdischen Abfl ussspenden sind im Norden zu verzeichnen, wo Geschiebemergel und Beckentone ein schnelles Versickern von Niederschlagswasser verhindern. Auch die Niederungsgebiete besitzen hohe Ab- fl ussspenden von 200 mm/a und mehr. Im Östlichen Hügelland, im Jungmoränenge- biet der letzten Vereisung, ist das Abfl uss- geschehen sehr unterschiedlich. Das ist auf den heterogenen Deckschichtaufbau zurückzuführen.

Wie uneinheitlich das Abfl ussverhalten der Oberfl ächengewässer im Untersuchungs- raum Südost-Holstein ist, zeigt auch das Verhältnis von oberirdischem zu unterirdi- schem Abfl uss in den jeweiligen Pegelein- zugsgebieten (Tabelle 1). Der niedrigste Wert beträgt 0,1, das heißt der oberirdi- sche Abfl uss hat nur einen Anteil von etwa 10 % am Gesamtabfl uss. Es handelt sich um das Teileinzugsgebiet der Bille zwischen den Pegeln und Sachsenwaldau.

14 Aufgrund der orographischen Tiefl age Drei- bis Vierfache des unterirdischen. am Rande der Geest kommt es hier bei Während in weiten Teilen des Bunsbach- artesischen Grundwasserverhältnissen zu Einzugsgebietes die Grundwasseroberfl ä- einer starken Exfi ltration von Grundwas- che unterhalb des Vorfl utniveaus liegt, ist ser aus den pleistozänen und tertiären im Einzugsgebiet der Grinau eine bindige, Grundwasserleitern in die Vorfl uter. Ähn- geringdurchlässige Deckschicht verbreitet. liches gilt für die Teileinzugsgebiete der Beides führt zu einer Verminderung des (Aue) am Pegel Brügkamp grundwasserbürtigen Abfl usses. (Alsterniederung) sowie der Linau am Pegel Witzeeze (Stecknitztal). Hier beträgt Der fl ächendeckenden Erfassung des Ab-

das Ao/Au-Verhältnis jeweils 0,4. Allerdings fl ussgeschehens im Rahmen wasserhaus- muss bedacht werden, dass extrem hohe haltlicher Untersuchungen kommt deshalb grundwasserbürtige Abfl ussspenden klei- eine besondere Wichtigkeit zu. Abfl uss- ner Einzugsgebiete ihre Ursache auch da- schätzungen anhand von Literaturanga- rin haben können, dass die unterirdischen ben können zu einer hohen Bandbreite Einzugsgebiete größer sein können als in den Ergebnissen führen und so ihre die den Berechnungen zugrunde gelegten Verwendbarkeit für wasserwirtschaftliche oberirdischen. Planungsmaßnahmen stark einschränken. Die Heterogenität der Abfl ussspenden Der Bunsbach am Pegel Rehagen südwest- im Untersuchungsraum Südost-Holstein lich von sowie die Grinau am (Tabelle 1) veranschaulicht auch, dass sich Pegel Ziegelhof im Nordosten des Untersu- Abfl ussdaten nicht ohne weiteres auf be-

chungsgebietes weisen ein Ao/Au-Verhältnis nachbarte Einzugsgebiete übertragen las- von 3,7 beziehungsweise 3,0 auf, das heißt sen. Daraus resultiert die Forderung nach der oberirdische Abfl uß beträgt hier das einem fl ächendeckenden Pegelnetz.

Tabelle 1: Abfl usskomponen- ten der Pegelein- zugsgebiete

15 Verdunstung welches eine fl ächendifferenzierte Berech- nung für größere Gebiete mit vertretbarem Für das Untersuchungsgebiet wurde eine Arbeitsaufwand zulässt. Geeignet erschien gesonderte Verdunstungsberechnung nicht der Ansatz von JOSOPAIT & LILLICH (1975) durchgeführt, da sich die Größenordnung in der Weiterentwicklung von OTTO (1992), rechnerisch aus der Wasserhaushaltsglei- nach welchem für bestimmte Boden- und chung als Differenz zwischen den gemes- Nutzungsarten zunächst der Wasserüber- senen Werten des Niederschlages und des schuss des Untersuchungsraumes be- Abfl usses ergibt (V = N - A). stimmt wird. Der Wasserüberschuss ist hierbei im langjährigen Mittel der Anteil des Niederschlages, der nicht verdunstet. Er entspricht in abfl usslosen Gebieten der Grundwasserneubildung Sickerwassermenge (Sw):

Die Infi ltrationsraten des Niederschlages WÜ = N – V

in den Boden sind sehr unterschiedlich. WÜ = Sw, wenn Ao = 0. Sie hängen ab von der Beschaffenheit und dem Feuchtgehalt der Bodenschichten, Da die Grundwasserneubildungsrate die von der Art der Bodennutzung (Acker, Differenz zwischen Wasserüberschuss

Grünland, Wald), ferner von Intensität und (WÜ) und oberirdischem Abfl uss (Ao) ist, Dauer der Niederschläge. war in einem weiteren Schritt die örtliche Verteilung des oberirdischen Abfl usses auf Um die Grundwasserneubildungs- und Basis der im vorgenannten Abschnitt be- Grundwasserergänzungsprozesse im Un- schriebenen Abfl ussdaten zu ermitteln. tersuchungsgebiet zu erfassen sowie die örtliche Grundwasserneubildungsrate zu Grundlage der Grundwasserneubil- ermitteln, wurde ein Verfahren gewählt, dungsberechnung sind die von DYCK & CHARDABELLAS (1963) gefundenen Abbildung 11: Lysimetergleichungen, welche den lang- Grundwasser- jährigen Zusammenhang zwischen Nie- neubildung derschlag und Sickerwasser für bestimmte Boden- und Nutzungsarten im humiden Klimabereich darstellen. Lysimeter sind Behälter, die mit Boden gefüllt sind und einen Bewuchs unterschiedlichster Art aufweisen. Messgrößen sind der Nieder- schlag und die Sickerwassermenge, die nach Passage des Behälters aufgefangen und gemessen wird. Aus diesen Messgrö- ßen lassen sich funktionale Beziehungen ableiten und in Gleichungen darstellen. Voraussetzung ist, dass der Messzeitraum ausreichend lang ist. Im Bearbeitungsgang werden nun Bereiche des Untersuchungs- gebietes einem bestimmten Lysimetertyp mit gleicher Boden- und Nutzungsart zu- geordnet. Mit den Lysimetergleichungen werden anhand der langjährigen durch- schnittlichen Niederschläge potenzielle Sickerwasserraten abgeleitet.

Für die Neubildungsermittlung wurde das Untersuchungsgebiet zunächst in ein Raster mit quadratischen Zellen aufgeteilt, welche eine Kantenlänge von 4 km besit- zen. Bei einer Anzahl von 87 Elementen resultiert daraus eine Gebietsgröße von insgesamt 1392 km². Alle zur Grundwas- serneubildungsberechnung benötigten

16 Flächeninformationen wurden dann für chen und Gebiete mit geringen Grundwas- jede einzelne Rasterzelle mit einem 3-D- serfl urabständen ließen sich anhand der Tabellenkalkulationsprogramm erfasst und topographischen Karten sowie aus den rechnerisch verknüpft. Die an der Erdober- Geologischen Karten abgrenzen. Gleiches fl äche anstehenden geologischen Schich- gilt für den Grad der Oberfl ächenversiege- ten untergliedern sich hierbei in zwei lung durch Überbauung. Einheiten, in „Sandböden“ beziehungswei- se „Sandböden über Geschiebemergel/- Im Bilanzzeitraum von 1980 bis 1991 lehm“ und in ,,Lehmböden“ (Schluff, Ton, beträgt der mittlere Wasserüberschuss Geschiebelehm/-mergel). Die fl ächenbezo- für das gesamte Untersuchungsgebiet gene Differenzierung wurde aus der Geolo- 333 mm/a. Der niedrigste Wert liegt bei gischen Übersichtskarte und aus der Karte 180 mm/a, der höchste bei 464 mm/a. Die zur ,,Beschaffenheit der oberfl ächennahen unter Berücksichtigung des Oberfl ächen- Schichten (bis 2 m unter Gelände)“ ab- abfl usses berechnete mittlere Grundwas- geleitet (AGSTER et al., 2000). Die Art der serneubildungsrate beträgt 189 mm/a Flächennutzung ergab sich aus topogra- (6,0 Liter pro Sekunde und Quadratkilome- phischen Karten des Maßstabs 1 : 25 000. ter). Das entspricht etwa 24 % des Gebiets- Drei Nutzungsarten wurden unterschieden: niederschlages. Die Spannweite reicht von Waldgebiete, Acker- und Grünland sowie einer Grundwasserzehrung von 29 mm/a versiegelte Flächen. in der Elbeniederung bis zu einer Grund- wasserneubildungsrate von 324 mm/a im Größere Gebiete mit sandigen Deckschich- Bereich von Aumühle. In der Abbildung 11 ten, welche ackerbaulich oder als Grün- ist diese Grundwasserneubildungsvertei- land genutzt werden, sind am Westrand lung in Form eines Rasterplanes darge- des Untersuchungsgebietes mit einem stellt. Der Nordosten sowie der Süden und Flächenanteil pro Rasterzelle von bis zu Südosten zeichnen sich durch niedrige 78 % zu fi nden. Bezogen auf das gesamte Grundwasserneubildungsraten aus. Grund Untersuchungsgebiet beträgt der Anteil dafür sind am Südrand besonders hohe der ackerbaulich genutzten Sandfl ächen Anteile an grundwasserbeeinfl ussten Flä- (einschließlich Grünland) 28,7 %. Größere chen (geringe Grundwasserfl urabstände). waldbestandene Sandgebiete fi nden sich Dies führt zu überdurchschnittlich hohen im Untersuchungsgebiet im Bereich des Verdunstungsraten. Darüber hinaus liegt Sachsenwaldes sowie im Südosten des in diesem Bereich der Niederschlag mit Kreises Stormarn. Ansonsten treten wald- 708 bis 751 mm/a deutlich unterhalb des bestandene Sandböden nur untergeordnet Gebietsmittelwertes von 782 mm/a. Im auf. Ihr Anteil an der Gesamtfl äche des Norden und Nordosten führt die groß- Untersuchungsgebietes beträgt etwa 9 %. fl ächige Verbreitung von bindigen Deck- Die Lehmböden in Südost-Holstein wer- schichten mit einer daraus resultierenden den meist ackerbaulich genutzt. In den höheren Verdunstung zu einer Abminde- Talauen und Niederungen ist vorwiegend rung des Wasserüberschusses. Gleichzei-

Grünlandnutzung anzutreffen. Insgesamt tig ist hier der A0-Anteil des Abfl usses hö- hat dieser Boden-/Nutzungstyp einen An- her als im übrigen Untersuchungsgebiet. teil von 53 % an der Fläche des gesamten Beides bewirkt auch hier eine niedrige Untersuchungsgebietes. Waldbestandene Grundwasserneubildungsrate. Am West- Lehmböden treten im Untersuchungsge- und Ostrand sowie im zentralen Bereich biet nur untergeordnet auf. Der höchste liegt die Grundwasserneubildungsrate mit Anteil an einem Rasterelement beträgt über 250 mm/a deutlich über dem Gebiets- 59 % (Sachsenwald), bezogen auf das Ge- mittelwert von 189 mm/a. Ursache hierfür samtgebiet liegt er bei 9,3 %. ist zumindest im Mittelteil sowie im Osten Grundwasserbeeinfl usste Böden treten in und am Südrand die großfl ächige Verbrei- Bereichen mit geringem Grundwasserfl ur- tung von Sandböden. Auf Sandstandorten abstand auf und sind entlang der Oberfl ä- ist die lnfi ltrationsrate des Niederschlags chengewässer in den Talauen zu fi nden. auf Grund der hohen Infi ltrationskapazität Die Flächenanteile an offenen Wasserfl ä- groß, der Oberfl ächenabfl uß gering.

17 Grundwasserstand

Das durch die Bodenschichten versickerte Als Ergänzung zum bestehenden Messnetz Niederschlagswasser geht dem Grund- des Grundwassermessdienstes des Landes wasser zu und füllt somit die Grundwas- Schleswig-Holstein wurden zwischen 1984 serspeicher auf. Ein Anzeiger für den und 1991 im Rahmen des Untersuchungs- Füllungsgrad sind die Wasserstände im programms Südost-Holstein 143 Grund- Grundwasserleiter, die in Grundwasser- wassermessstellen an 56 Standorten neu messstellen gemessen werden. Diese Was- eingerichtet (Abbildung 12). serstände sind unmittelbar abhängig von der Höhe der Grundwasserneubildungsra- Die Ausbau- und Konstruktionsmerkmale te. Ist die Grundwasserneubildung als Fol- einer Grundwassermessstelle sind exemp- ge der niedrigen Verdunstung hoch (zum larisch in der Abbildung 13 dargestellt. Es Beispiel im Winter), führt dieses zu einem handelt sich um einen Standort mit drei Fil- Anstieg der Wasserstände im Grund- terstellungen, das heißt mit Hilfe von drei wasser und damit zu einem verstärkten Einzelbauwerken werden alle am Standort Grundwasserabfl uss in Richtung auf die wichtigen Grundwasserleiter erschlossen. Vorfl uter. In den Sommermonaten wird Der Ausbau gestaltet sich wie folgt: der Niederschlag fast vollständig durch die Pfl anzenverdunstung aufgebraucht. Die Als Sumpfrohr bezeichnet man den un- Grundwasserspeicher werden nicht mehr tersten Abschnitt eines Messstellenrohres ergänzt und laufen demzufolge leer. Die (Abbildung 13 rechts unten). Es wird einge- Speicherentleerung geht mit sinkenden baut, damit sich die mit zunehmendem Al- Wasserständen einher. Dadurch entsteht ter der Messstelle auftretende Verschlam- die natürliche jahreszeitliche, das heißt mung und auch andere sich absetzende Sommer-/Winterschwankung des Grund- Stoffe in diesem Rohrstück sammeln und Abbildung 12: wasserstandes. nicht die oberhalb eingebaute Filterstrecke Grundwassermess- verstopfen. Die Funktionstüchtigkeit der stellen (stockwerks- Messstelle bleibt somit über viele Jahre bezogen mehrere erhalten. GWM an einem Punkt) Durch das Filterrohr, umgeben vom Filterkies, strömt das Wasser aus dem Grundwasserleiter durch die Messstelle. Nach dem Prinzip der kommunizierenden Röhren stellt sich dort dann der gleiche Wasserstand beziehungsweise Druckspie- gel wie in dem umgebenden Grundwasser- leiter ein und ist mit Kabellichtloten oder digitalen Messeinrichtungen messbar. Die Filterlängen der Messstellen variieren in der Regel zwischen 2 und 5 m. Bei beson- deren Fragestellungen, zum Beispiel zur Beobachtung einer Süß/Salzwassergrenze in einem Grundwasserleiter, können auch längere Filterstrecken eingebaut werden.

Oberhalb der Filterstrecke folgt bis zur Geländeoberfl äche beziehungsweise dem Messstellenkopf das Aufsatzrohr (Abbildung 13). Die gesamte Rohrtour einschließlich Filterstrecke und Sumpfrohr besteht aus speziellem PVC, das sich durch große Materialbeständigkeit und hohe Bruchfestigkeit auszeichnet.

18 Nach dem Einbau der Filter- und Aufsatz- sche Wegsamkeit zwischen Grundwasser- rohre erfolgt die Schüttung des Filterkieses leiter und Messstellenfi lter besteht. Abbildung 13: in den Ringraum zwischen Filterrohr und Dokumentation Gebirge. Durch den Filterkies wird gewähr- Da das Messstellenrohr meist mehrere einer Grundwasser- leistet, dass eine ausreichende hydrauli- Grundwasserleiter durchfährt, in denen messstelle unterschiedliche Wasserdrücke vorherr- schen, muss gewährleistet sein, dass der das Rohr umgebende Ringraum abge- dichtet ist. Dieses geschieht in Form von Tonsperren. Während die in der Bohrung angetroffenen sandigen Grundwasserlei- terabschnitte im Ringraum mit Füllkies verfüllt werden, wird in Höhe der bindigen Gebirgsabschnitte Tonmaterial eingebaut, welches nach dem Aufquellen den ver- tikalen Wasseraustausch verhindert. Bei tiefen Messstellen wird heute der gesamte Ringraum oberhalb der Filterstrecken mit einer Tonmehl-Zementsuspension ver- presst. Dieses gewährleistet eine vollstän- dige Abdichtung des Ringraumes. In der Abbildung 13 ist der während des Unter- suchungszeitraumes noch übliche Ausbau- typ mit Tonsperren dargestellt.

Von den ersten im Verlauf des Untersu- chungsprogramms eingerichteten Mess- stellen liegen nun Messreihen von über 15 Jahren Beobachtungsdauer vor. Sie zeigen unterschiedliche Gangliniencha- rakteristiken. Flachere Messstellen zeigen in der Regel ausgeprägte jahreszeitliche Schwankungen mit der niederschlagsab- hängigen Auffüllung im Winterhalbjahr (Abbildung 14, Messstelle Hohenfelde). Die Amplitude der Wasserstände ist in den tieferen Messstellen merklich gedämpft. Nur mehrere aufeinander folgende, über- mäßig feuchte oder trockene Jahre be- wirken langfristig größere Grundwasser- standsänderungen (Abbildung 14: Oktober 1993/94).

Der Wasserstandsgang der letzten 30 Jahre in Schleswig-Holstein zeigt, dass anthro- pogen unbeeinfl usste Grundwassermess- stellen in der zweiten Hälfte der 70er Jahre aufgrund geringer Niederschlagsmengen niedrige Grundwasserstände mit dem tiefsten Stand zum Ende des Sommer- halbjahres 1976 aufweisen (Abbildung 9). Ähnlich niedrige Grundwasserstände wurden in längeren Messreihen letztma- lig 1959 beobachtet. Ab 1977 folgte ein gleichmäßiger Anstieg über 5 Jahre bis zum Ende des Winterhalbjahres 1980/81. Besonders durch die überdurchschnittlich regenreichen Jahre 1980 und 1981 wur- den an vielen Messstellen im Lande die

19 bis dahin höchsten Grundwasserstände Der niederschlagsreiche Sommer 1993, gemessen (vergleichbar mit 1966/67). Die das insgesamt regenreiche Jahr 1994 und Wasserstände der Jahre 1987 bis 1989 der niederschlagsreiche Winter 1995 führ- (Abbildung 9, 14) sind charakteristische ten in den Winterhalbjahren 1993/94 und Zeitmarken und in fast jeder Grundwas- 1994/95 bei vielen Messstellen auf bisher serganglinie gut erkennbar. Das sonst im nicht beobachtete Höchstwasserstände. Sommerhalbjahr zu beobachtende Sinken Danach fi elen sie aufgrund der Nieder- der Grundwasserstände fand in Sommer schlagsdefi zite seit Sommer 1995 bis Ende 1987 kaum beziehungsweise gar nicht 1997 (besonders im Winterhalbjahr 1996 statt, so dass die im folgenden Winterhalb- mit nur 34 % des langjährigen Mittels) auf jahr 1987/88 einsetzende Grundwasserneu- das Niveau der Niedrigwasserstände der bildung praktisch der des Vorjahres hinzu- Jahre 1959 und 1976. Die Jahre 1998 und gefügt wurde. Die Folge waren zum Ende 1999 haben mit überdurchschnittlichen des Winterhalbjahres ähnlich hohe Grund- Niederschlägen wieder zu einer Anhebung wasserstände wie 1980/81. Das zu trockene der Grundwasserstände bis über die mitt- Jahr 1989 brachte die Grundwasserstände leren Werte hinaus geführt. wieder auf Normalniveau.

Abbildung 14: Grundwasser- ganglinien

20 Grundwassermodellierung

Allgemeines rechneten und den entsprechenden, aus Messungen abgeleiteten Kontrollgrößen In einem hydrogeologischen Modell wer- für Grundwasserstände und Bilanzgrößen den alle natürlichen Gegebenheiten des durchgeführt. Dieser Vergleich gibt Hin- Aufbaues und der Verbreitung von Grund- weise auf die notwendige Veränderung wasserleitern und -hemmern verarbeitet. der Elementdaten zur Anpassung der Die durch hydrogeologische Bohrungen Modellreaktion an das Natursystem. Da ermittelten Kennwerte wie die Möglichkeiten der Datenerhebung und • Gesteinsarten und -zusammensetzung lnformationssammlung im Natursystem • Durchlässigkeiten begrenzt sind, kann selbst das aus den • Schichtmächtigkeiten Messdaten konstruierte Kontrollbild nur • durchfl usswirksame Hohlraumanteile eine näherungsweise Vorstellung vom und Speicherkoeffi zienten tatsächlichen Natursystem vermitteln. charakterisieren die geometrischen und geohydraulischen Eigenschaften der ein- Stationäre Simulationen entsprechen zelnen Schichten. Ablagerungen mit ähn- langfristigen Durchschnittszuständen des lichen Eigenschaften werden zu Einheiten realen Grundwassersystems und berück- zusammengefasst und soweit schemati- sichtigen so die wasserwirtschaftliche siert, dass eine mathematische Beschrei- Grundforderung nach einer im langfristi- bung möglich wird. gen Mittel ausgeglichenen Grundwasser- Mit einem Grundwassermodell können die bilanz. Sensitivitätsuntersuchungen mit Grundwasserstände und die unterirdischen dem Modell ermöglichen einen Einblick Zu- und Abströme von Grundwasser im in die Bandbreiten der Nachbildungsmög- Modellgebiet berechnet werden. Abbil- lichkeiten und die Bedeutung der verschie- dung 15 zeigt einen Ausschnitt aus einem denen Eingangsparameter. Die Anpassung beispielhaften Natursystem mit Bilanzgrö- des Simulationsmodells ist somit ein mehr ßen des ober- und unterirdischen Wasser- oder weniger scharfes Abild des Realsys- kreislaufs, die Einfl uss auf die Grundwas- tems - abhängig von Umfang und Güte serströmung haben. der erhobenen Daten. Zur Nachbildung des natürlichen Grundwassersystems Zunächst wird die geologische Schichten- wurde im Untersuchungsgebiet ein statio- folge des Untersuchungsgebietes hinsicht- näres, mehrschichtiges Finite-Differenzen- lich Art und Verbreitung schematisiert, das Grundwassermodell (rechteckiges Raster) heißt zu vereinfachten geohydraulischen eingesetzt. Einheiten zusammengefasst. Danach Die Zielstellung für dieses numerische erfolgt die Unterteilung des Gebietes in Simulationsmodell beinhaltet folgende Rasterelemente (Abbildung 15 oben und Punkte: rechts). Für jedes Element müssen Ein- • Nachbildung der Grundwasserströ- gangsdaten, das heißt die geohydrauli- mungsverhältnisse des Natursystems schen und geometrischen Eigenschaften durch Verknüpfung von Messdaten (Gesteinsdurchlässigkeit, Verbreitung und und geologischen Informationen in Mächtigkeit von Gesteinshorizonten) sowie einem numerischen Modell, Einspeisungen, Entnahmen und Rand- • Untersuchung der Auswirkungen des bedingungen bereitgestellt werden. Die Einfl usses der Datendichte auf die Si- Elementgröße (Aufl ösung) hängt von der mulation und Ermittlung verdichteter Messstellendichte sowie den Kontrollmög- und neuer Erkenntnisse über geohy- lichkeiten im Bezug auf die weiteren Ein- draulische Besonderheiten im Untersu- gangsdaten ab (siehe oben). Können die chungsraum, Elementdaten nicht aus Messungen oder • Modelltechnische Ermittlung der durch Interpolation bestimmt werden, er- Grundwasserhaushaltsbilanz und des folgt eine Anfangsschätzung in Analogie zu Grundwasserdargebotes und benachbarten Daten mit späterer Variation. • Ermittlung günstiger beziehungsweise Im Laufe der Modellierungsarbeiten wird ungünstiger Bereiche für die weitere dann ein Vergleich zwischen den be- zusätzliche Grundwassergewinnung.

21 Abbildung 15: Bilanzgrössen und Modellraster im Natursystem

Schematisierung des 1. Grundwasserstockwerk – geologischen Modells Hauptgrundwasserleiter

Die geohydraulischen Einheiten des Un- Unterhalb der Deckschichten folgen quar- tersuchungsgebietes können wie folgt täre Sande und bereichsweise auch noch beschrieben werden: Im Quartär sind die jungtertiäre Kaolinsande sowie Glimmer- Ablagerungen sehr heterogen. Oberfl ä- feinsande. Gemeinsam bilden diese Sande chennah dominieren in weiten Bereichen das erste Modellstockwerk, den soge- Geschiebemergel. Diese Deckschicht ist nannten Hauptgrundwasserleiter (HWL). nicht als eigenständige Modellebene zur Im südlichen Modellgebiet umfasst diese Berechnung der Grundwasserströmung Modellebene auch noch die Oberen Braun- simuliert worden. Sie wird jedoch indi- kohlensande, da dort die Trennschicht zu rekt dort berücksichtigt, wo hydraulische dieser nächst tieferen Modellebene fehlt Kontakte zwischen den Vorfl utern und (siehe unten). Die notwendige Anbindung dem angrenzenden simulierten Grund- des HWL an die Vorfl uter erfolgte über wasserleiter bestehen oder wo ein Teil der eine gesonderte Vorfl utebene. Je nach Grundwasserneubildung bereits oberhalb regionaler Struktur und Beschaffenheit der der Modellebenen in die Vorfl uter abfl ießt. Deckschichten wurden mit ihr hydraulische In solchen Fällen wird im Modell eine redu- Kontaktmöglichkeiten zwischen dem HWL zierte Grundwasserneubildung zugrunde und den verschiedenen Vorfl utern defi niert gelegt. Der anschließende und modell- (siehe oben). Die Modellierung der Grund- mäßig erfasste tiefere Bereich lässt sich wasserströmung im HWL stützt sich auf in drei Horizonte aus gut grundwasser- Wasserstandsmessungen an 337 Grund- leitenden Sedimenten untergliedern. Sie wassermessstellen. bilden, getrennt durch schwer durchlässige Tonschichten, die im Modell simulierten Grundwasserstockwerke. 22 2. Grundwasserstockwerk – Glimmerton oder noch tiefer. Sandige Obere Braunkohlensande Ablagerungen an der Rinnenbasis bilden hier einen weiteren Modellwasserleiter, Der Obere Glimmerton (OGT) trennt den den „Tiefen Rinnengrundwasserleiter“ HWL weitgehend von den darunter folgen- (TRWL). Die Rinnenbasis bildet in diesen den Oberen Braunkohlensanden (OBKS). Fällen, nicht wie sonst der UGT, zugleich Im südlichen Modellgebiet ist diese Trenn- die untere Modellberandung. schicht jedoch nicht mehr verbreitet. Die hier verbreiteten OBKS wurden daher mo- Die Anpassung des Modells an das Natur- dellmäßig dem HWL-Stockwerk zugeord- system erfolgte auf der Basis gemittelter net und sind für diesen Bereich nicht mehr Grundwasserstände und Wasserwerks- als eigenständiges Stockwerk ausgewie- entnahmen des Wasserwirtschaftsjahres sen. Basis dieses zweiten Grundwasser- 1990. stockwerkes ist der Hamburger Ton (HT). Insgesamt standen als Kontrollgrößen für die Simulation der Grundwasserströmung Tabelle 2: des zweiten Stockwerkes 160 Grundwas- Entnahmen der sermessstellen zur Verfügung. Wasserwerke

3. Grundwasserstockwerk – Untere Braunkohlensande

Unter dem Hamburger Ton folgt als drittes die Modellebene der Unteren Braunkoh- lensande (UBKS) mit dem Unteren Glim- merton (UGT) als Basis. Er bildet die weit- gehend undurchlässige untere Berandung des simulierten Grundwassersystems. Die Modellierung der Grundwasserströmung dieses Stockwerkes stützt sich auf insge- samt 193 Grundwassermessstellen.

Von großer Bedeutung für die vertikalen hydraulischen Kontakte zwischen diesen drei Grundwasserstockwerken sind die eiszeitlichen Rinnensysteme. Sie zertren- nen diesen tertiären Schichtenverband teilweise bis zu seiner Basis und sind, im Gegensatz zu den fl ächenhaften Modell- stockwerken, bereichsweise als eigen- ständige, dann jedoch mehr linienförmig ausgeprägte Grundwasserleiter anzu- sehen. Dort, wo die Schmelzwässer des Gletschereises den Oberen Glimmerton (OGT) erodiert haben, ist daher bei sandi- ger Rinnenverfüllung im OGT-Niveau ein eigenständiger Rinnengrundwasserleiter (RWL) simuliert worden. Dies ist der Fall in Bereichen der Meilsdorfer-Todendorfer Rinne sowie der Sülfelder-Bargteheider Rinne (vergleiche Abbildung 4). Rinnen- bereiche im Niveau von HWL, OBKS und UBKS sind, unter Berücksichtigung ihrer spezifi schen hydraulischen Eigenschaften, diesen Modellebenen zugeordnet worden. In Teilbereichen der Trittauer, der Geest- hachter und der Lauenburger Rinne reicht die eiszeitliche Erosion bis in den Unteren

23 Grundwasserentnahmen im Modell nicht implementiert. Über die im Wasserwirtschaftsjahr Kenntnis der Lage der Filterstrecken er- folgte eine Zuordnung zu den Modellstock- 1990 werken. Für einige Entnahmestandorte in den Erosionsrinnen wurde eine Aufteilung Für die Modellbelegung werden die der Entnahmen auf die Modellstockwerke Standorte aller Förderbrunnen im Mo- OBKS und UBKS vorgenommen. dellgebiet und deren Entnahmen für den Vergleichszeitraum Wasserwirtschaftsjahr 1990 (Zeitraum 1. November 1989 bis 31. Berechnete Oktober 1990) verwendet. Die Entnahme- Grundwasserbilanzen mengen unterscheiden sich somit von den gebräuchlichen Angaben der Entnahme Ein wichtiges Ergebnis der Simulations- über ein Kalenderjahr. Da sich nicht für alle rechnungen unter Einhaltung der Eichkri- Brunnenstandorte die Entnahmemengen terien war die Berechnung von Grundwas- für das Wasserwirtschaftsjahr 1990 ermit- serstandshöhen und Grundwasserbilanzen. teln ließen, wurden fehlende Angaben auf Sie wurden für das Gesamtgebiet Südost- der Basis des vorhandenen Wasserrechts Holstein ermittelt und sind mit ihren aus geschätzt. Die im Modell berücksichtigten unterschiedlichen Modellvarianten resul- Wasserwerke und die zugehörigen Ent- tierenden Bandbreiten in Abbildung 16 nahmemengen sind in Tabelle 2 zusam- dargestellt. Das Grundwassersystem wird mengestellt. Darüber hinaus bestehende im wesentlichen durch die Grundwasser- Einrichtungen zur Grundwasserförderung, neubildung innerhalb des Modellgebietes unter anderem auch Beregnungsbrunnen gespeist, der horizontale Grundwasserzu- oder Hausbrunnen, sind mengenmäßig strom von außerhalb des Untersuchungs- von untergeordneter Bedeutung und daher gebietes ist dagegen gering. Im Untersu-

Abbildung 16: Grundwasserbilanz

24 chungsgebiet nicht genutztes Grundwasser weitgehend der Grundwasserneubildung strömt über die Vorfl ut als grundwasser- und beträgt etwa 155 bis 176 Millionen bürtiger Abfl ussanteil beziehungsweise Kubikmeter pro Jahr (Mio m3/a) (Neubil- über seitliche Systemränder und zum dung 153 bis 168 Mio m³/a, Zufl uss 1,5 bis geringen Teil auch über den bereichsweise 7,5 Mio m³/a). Im Referenzzeitraum 1990 verbreiteten tiefen Rinnengrundwasserlei- werden durch Entnahmen insgesamt 35 ter wieder ab. Hohe Randabströme treten Mio m3/a, fast ein Viertel des Grundwas- hauptsächlich am Südrand und Süd- serdargebotes, genutzt. Das nach Abzug westrand auf. Der horizontale Grundwas- dieser Entnahmen noch verbleibende serzustrom ist beschränkt auf einen kleinen Grundwasserdargebot strömt über den Bereich im Nordosten des Gebietes. Der Modellgebietsrand ab oder tritt in die Großteil des über die Vorfl uter abströmen- Vorfl uter über und beträgt circa 120 bis den Grundwassers exfi ltriert in die Bille, 142 Mio m3/a (Übertritt in Vorfl uter 48 bis die damit den Hauptvorfl uter des Gesamt- 55 Mio m³/a, Abstrom 70 bis 82 Mio m³/a, gebietes darstellt. Abfl uss über Rinnen 2 bis 5 Mio m³/a). Das Grundwasserdargebot entspricht

25 Nutzbares Grundwasserdargebot

Von dem aus der Grundwasserneubildung zwischen den Teilgebieten innerhalb des stammenden, gesamten Grundwasser- Modells und der Regeneration aus den dargebot kann ohne Beeinträchtigung angrenzenden Grundwasserleitern. des Natursystems nur ein Teil genutzt werden. Die Höhe dieses Anteils, das Dem jeweiligen Grundwasserdargebot „nutzbare Grundwasserdargebot“, ist werden die Entnahmen des Bezugszeit- abhängig von Restriktionen wie etwa der raumes der Grundwassermodellierung Mindestwasserführung in den Gewässern, (Wasserwirtschaftsjahr 1990), die jeweils der Vermeidung von Veränderungen der berechneten Versickerungsraten in tiefere Grundwasserbeschaffenheit oder Grund- Grundwasserstockwerke sowie die ho- wasserabsenkungen in sensiblen Berei- rizontalen unterirdischen Abströme und chen (zum Beispiel grundwasserabhängige die ermittelten grundwasserbürtigen Vor- Landökosysteme). Die Festlegung solcher fl utabfl üsse gegenübergestellt. Vorgaben bleibt jedoch gezielten lokalen Untersuchungen vorbehalten, sofern hier- Alle diese, das Gebiet verlassenden Ab- zu örtliche Notwendigkeiten bestehen. Im ströme, könnten potenziell genutzt werden. Rahmen dieser Untersuchungen standen Hinsichtlich der Vorfl uterabfl üsse müsste jedoch überörtliche, regionale Zusammen- dies durch ergänzende Untersuchungen hänge im Vordergrund. noch eingehender geprüft werden. Bei der Bewertung der unterirdischen Randabströ- Anhand der Ergebnisse dieses Unter- me ist zu berücksichtigen, ob diese nicht suchungsprogramms wurden Merkmale bereits außerhalb des Modellgebietes zusammengestellt, die zur Beurteilung der durch dortige Grundwasserfassungsanla- Nutzbarkeit des Grundwasserdargebots gen genutzt werden. Wo dies der Fall ist, bedeutsam sind und die eine Bewertung wurden die wasserrechtlich genehmigten bestehender oder auch zusätzlicher Grund- Entnahmemengen dieser Anlagen als Grö- wasserentnahmen in verschiedenen Teil- ßenordnung für eine konkurrierende Nut- gebieten des Untersuchungsraumes er- zung von den errechneten Randabströmen lauben. Des weiteren lassen sich Bereiche abgezogen. Nur dieser reduzierte unterirdi- eingrenzen, die unter wasserwirtschaftli- sche Restabstrom ist dann noch potenziell chen Aspekten näher untersucht werden nutzbar. Ein vollständiger Aufbrauch der müssen. Getrennt nach den Modellebenen Randabströme durch Entnahmeanlagen im zeigen die Kartendarstellungen in den Modellgebiet selbst würde andernfalls die Abbildungen 17 a bis 17 c eine Bewertung im Abstrombereich außerhalb gelegenen der Grundwasserentnahmebedingungen in Fassungsanlagen gefährden. Umgekehrt verschiedenen Teilräumen. würden Steigerungen dort das bestehende Gleichgewicht stören und unter Umstän- Das Grundwasserdargebot für das obers- den zu nicht tolerierbaren Absenkungen te simulierte Grundwasserstockwerk oder Veränderungen der Grundwasserbe- (Hauptgrundwasserleiter - HWL) wird aus schaffenheit führen. der Summe aller berechneter Zuströme ermittelt. Es setzt sich zusammen aus der Die Grundwasserbeschaffenheit ist für sich Grundwasserneubildung, der Infi ltration alleine bereits von großer Bedeutung, da aus Vorfl utern, den horizontalen unterir- sie ein Ausschlusskriterium für die Nutz- dischen Zuströmen und der Zusickerung barkeit darstellen kann. Im Rahmen des aus tieferen Stockwerken. Im Unterschied Untersuchungsprogramms wurden von zum HWL gibt es in den tieferen Stockwer- 1988 bis 1994 an 592 Grundwassermess- ken keine unterirdischen Zuströme von stellen (siehe Lageplan in Abbildung 12) außerhalb in das Modellgebiet hinein. Die Beschaffenheitsuntersuchungen mit einem Regeneration dieser Stockwerke fi ndet nur einheitlichen Parameterumfang durch- über eine Zusickerung aus dem HWL statt. geführt. Damit steht eine umfangreiche Das Grundwasserdargebot in den tieferen Datengrundlage für eine qualitätsbezogene Stockwerken ist damit eine Teilmenge des Bewertung der Grundwasservorräte im im HWL ermittelten Dargebotes. Es setzt Untersuchungsgebiet zur Verfügung. sich zusammen aus dem Wasseraustausch 26 Die Beschaffenheit des oberfl ächennah- en Grundwassers wird im wesentlichen durch Lösungs- und Fällungsprozesse im Boden und in der ungesättigten Zone bestimmt. Auch der Abbau organischer Stoffe mit der damit verbundenen Freiset- zung von Kohlendioxid wirkt sich prägend a auf die Grundwasserinhaltsstoffe aus. Die Bandbreite der Lösungsinhalte liegt in Bereichen, die in aller Regel die Nutz- barkeit nicht beeinträchtigen. Generell erhöht durch die vorgenannten Prozesse sind lediglich die Eisen- und Mangan- gehalte. Anthropogene Einfl üsse aus Landwirtschaft, Siedlung und Verkehr, durch Deponien oder Altlasten treten im allgemeinen nur punktuell und/oder sehr oberfl ächennah auf. Durch Ablaugungs- prozesse an Salzstöcken oder den Aufstieg von Tiefengrundwässern kann insbeson- dere in den tieferen Grundwasserleitern Versalzung in Form erhöhter Natrium- und Abbildung 17: Chloridkonzentrationen auftreten. Im Hin- Bewertung der b blick auf die Nutzbarkeit für die Trinkwas- Teilbilanzräume sergewinnung werden Grundwässer als „versalzen“ bezeichnet, deren Chloridge- halt 250 Milligramm pro Liter (= Grenzwert der Trinkwasserverordnung) übersteigt. Hauptverbreitungsgebiet solchermaßen „versalzener“ und damit nicht nutzbarer Grundwässer ist der Nordwesten des Untersuchungsgebietes. Betroffen sind vor allem die Oberen und Unteren Braun- kohlensande oder tiefere Abschnitte der eiszeitlichen Rinnen (Abbildung 18). Des Weiteren bilden organische Einlagerungen in den Braunkohlensanden eine Quelle für Huminstoffgehalte in den tieferen Grundwasserleitern. Besonders betroffen c sind davon gleichfalls die Salzwasser füh- renden nordwestlichen Bereiche sowie Grundwasserleiterabschnitte nahe der Salz-/Süßwassergrenze.

27 Nutzungseinschränkungen des Grundwasserdargebots nach hydrogeologischen Gesichtspunkten

Merkmale für Nutzungseinschränkungen • Abtauchen der Grundwasserleiter in aus Sicht der Wasserversorgung werden große Tiefen (Basis unter –300 m NN) aus geologischen und geohydraulischen Gegebenheiten sowie anhand von Kriteri- Beschaffenheitsmerkmale: en zur Grundwasserbeschaffenheit abge- • anthropogene Einfl üsse wie Nährstoff- leitet und im folgenden zusammenfassend oder Schadstoffeintrag, dargestellt. • geogene Einfl üsse, insbesondere die Grundwasserversalzung Geologisch-geohydraulische Merkmale: • heterogene Schichtfolgen Anhand dieser Merkmale wurde eine Be- • begrenzte räumliche Zusammenhänge wertung der in Abbildung 17 a bis 17 c der gut Grundwasser leitenden dargestellten Teilbilanzräume hinsichtlich Sedimente ihrer Eignung für Grundwasserentnahmen • verminderter Grundwasserschutz durch nach folgendem Klassifi kationsschema Abbildung 18: nicht vorhandene, lückenhafte oder nur vorgenommen: Grundwasser- geringmächtige bindige Deckschichten • gut geeignet, versalzung • geeignet, • bedingt geeignet (weitere Prüfungen erforderlich), • wenig geeignet, • ungeeignet.

Für die drei Hauptentnahmehorizonte des Untersuchungsgebietes ergibt sich im Hin- blick auf zusätzliche Gewinnungsmöglich- keiten damit folgendes Gesamtbild:

1. Modellstockwerk HWL (Abbildung 17 a) Seine heterogenen Grundwasserleiter sind für weitere Grundwasserentnahmen überwiegend noch gut geeignet. Es muss jedoch in Teilbereichen mit Beeinträch- tigungen durch anthropogene Einfl üsse wie beispielsweise durch Nitrat oder auch mit geologisch begründeten Nutzungsein- schränkungen (unzureichende Deckschich- ten) gerechnet werden.

2. Modellstockwerk OBKS (Abbildung 17 b) Es ist unter Beschaffenheitsaspekten und aus geologisch-geohydraulischer Sicht nahezu ohne Einschränkungen nutzbar und für weitere Grundwasserentnahmen geeignet. Lediglich durch das Wasserwerk Walddörfer ist eine größere konkurrieren- de Nutzung im Hamburger Randbereich gegeben, die bei der Bewertung jedoch mit berücksichtigt worden ist.

28 3. Modellstockwerk UBKS (Abbildung 17 c) • Alle an Hamburg angrenzende Teil- Grundwasserversalzungen in Teilen des bilanzräume müssen für eine weitere Untersuchungsgebietes und viele konkur- Grundwasserentnahme zunächst als rierende Nutzungen durch Wasserwerke nur bedingt geeignet eingestuft wer- außerhalb des Modellgebietes im Hambur- den, da zusätzliche Entnahmemengen ger Randbereich bestimmen die Gewin- zunächst nicht mehr zur Verfügung nungsmöglichkeiten: stehen. Sollen dennoch weitere Ent- • Durch Versalzungserscheinungen im nahmen platziert werden, ist weiterer Nordosten sind die dortigen Teilgebie- Untersuchungsbedarf erforderlich. te für weitere Entnahmen nicht bezie- • Für eine weitere Grundwasserentnah- hungsweise wenig geeignet. me gut geeignet ist das Teilgebiet V.

29 Entwicklung von Grundwasserentnahmen und Grundwasserständen nach Abschluss der Modellierungsarbeiten

Entnahmemengen die Grundwasserentnahmen gegenüber dem Bezugszeitraum 1990 kontinuierlich Bei der Erstellung des Grundwassermo- gesteigert. Die Lage der betroffenen Was- dells wurde auf Grund der vorliegenden serwerke ist in der Abbildung 19 rot mar- Grundwasserganglinien für das maßgebli- kiert dargestellt. Die zeitliche Entwicklung che Modelljahr 1990 davon ausgegangen, der Grundwasserentnahmen von 1980 bis dass sich ein Gleichgewicht zwischen Was- 1999 im fraglichen Bereich zeigt Abbil- serwerksentnahmen und der Grundwas- dung 20. Hierbei wurde nach Entnahmen serregeneration eingestellt hatte. Diesem aus den Unteren beziehungsweise Oberen angenommenen stationären Zustand trat Braunkohlensanden und aus dem plio-/ nun die tatsächliche weitere Entwicklung pleistozänen Hauptgrundwasserleiter un- der Grundwasserförderung entgegen. Seit terschieden. Tabelle 3 vergleicht die auch Anfang der 90er Jahre wurden im zentra- dem Modell zugrunde liegenden Entnah- len Bereich des Untersuchungsgebietes memengen des Jahres 1990 mit den Ent- nahmen des Jahres 1999. Zwischen 1980 und 1987 ist die Grundwasserförderung aus allen Wasserleitern in diesem Raum Abbildung 19: bei einer mittleren Gesamtentnahme von Grundwasser- 7,76 Mio m³/a nahezu konstant, gefolgt von fassungen einem kontinuierlichen Anstieg bis auf 11,5 Mio m³ im Jahr 1996. Auf diesem Niveau blieben die Entnahmen dann bis 1999 annähernd konstant. Für die einzelnen Grundwasserstockwerke ergibt sich folgen- des Bild: Von 1980 bis 1999 veränderten sich die Entnahmen aus dem Hauptgrund- wasserleiter nur wenig (15 %). Dagegen nahm die Förderung aus den Oberen Braunkohlensanden deutlich zu. Bei ge- ringen Ausgangsmengen vervielfachte sie sich bis auf ein Maximum von 1,2 Mio m³ im Jahr 1996. Mengenmäßig am größten sind jedoch die Zuwachsraten der Förde- rung aus den Unteren Braunkohlensanden. Die Entnahmesteigerungen aus diesem tiefsten Grundwasserstockwerk betragen zwischen 1990 und 1999 insgesamt 2,6 Mio m³/a. Davon entfallen allein 2,2 Mio m³/a auf das Wasserwerk Großensee, die rest- lichen 0,4 Mio m³/a auf das Wasserwerk Sandesneben. Dieses fördert zwar über- wiegend aus dem HWL, dort jedoch aus dem Regenerationsbereich der OBKS und seit 1996 zudem noch aus den UBKS.

Die Auswirkungen dieser jüngeren, erst nach 1990 einsetzenden Entnahmestei- gerungen führte in einigen Bereichen zu heute klar erkennbar absinkenden Grund- wasserständen (siehe Abbildung 21) und erforderte nach dem Abschluss der eigent- 30 Tabelle 3: Wasserwerke in Bereichen mit sinkenden Grund- wasserständen

Abbildung 20: Entnahmen in Be- reichen mit sinken- den Grundwasser- ständen

lichen Untersuchungsmaßnahmen nun kann außerdem zu einer Mobilisierung der nachträglich nochmals eine Überprüfung im Liegenden befi ndlichen versalzenen der bisherigen Bewertung der betreffenden Grundwässer führen. Teilgebiete von OBKS und UBKS. Von den sinkenden Grundwasserständen sind die tieferen Grundwasserleiter (OBKS und UBKS) im zentralen und im nordöstli- Grundwasserstände chen Teil des Untersuchungsgebietes be- troffen. Um diese großräumige Absenkung Die in den Grundwassermessstellen bis des Druckspiegels in den tiefen Grundwas- 1990 gemessenen Wasserstände fanden serleitern zeitlich weiter zurück verfolgen Eingang in das quasistationäre Grundwas- zu können, wurden die Messreihen der sermodell, dessen Erarbeitung 1994 mit wenigen älteren Messstellen wie die der Vorlage eines Endberichtes abgeschlossen Programm-Messstellen aufbereitet. war. Das Grundwasserstandsmesspro- gramm wurde jedoch systematisch weiter- Bereits Mitte der 70er Jahre gab es schon geführt. Bei anschließenden Auswertun- einmal einen Abwärtstrend, der bis 1979 gen fi el nun auf, dass in Teilbereichen des anhielt. Danach stellte sich offensichtlich Untersuchungsraumes Südost-Holstein ein Gleichgewicht zwischen den Entnah- kontinuierlich fallende Grundwasserstände men und dem nachfl ießenden Grundwas- zu beobachten sind (Abbildung 21). Dieser ser ein. Mitte der 80er Jahre setzte dann instationäre Zustand, der zweifelsohne der zuvor beschriebene erneute Abwärts- auf die ansteigenden Grundwasserent- trend ein. Erst durch die langfristige Beo- nahmen zurückzuführen ist, stellte sich bachtung der in den Jahren 1984 bis 1989 in seiner Deutlichkeit erst in den letzten eingerichteten Programm-Messstellen Jahren ein. Dies hat langfristig ungünstige konnte der Bereich der sinkenden Grund- Auswirkungen auf den Wasserhaushalt wasserstände näher eingegrenzt werden. der oberfl ächennahen Schichtenfolge und Die Grundwasserganglinien dieser Mess-

31 stellen zeigen im Prinzip den weiter oben chungsgebietes, an den Messstellen Med- beschriebenen unbeeinfl ussten Verlauf, dewade, und Siebenbäumen, der hier jedoch durch den Abwärtstrend ist ein fallender Trend auch bei den im überlagert wird. Das betroffene Gebiet quartären Hauptgrundwasserleiter (HWL) wird südlich durch die Trittauer Rinne und verfi lterten Messstellen zu fi nden. Der östlich sowie nördlich durch die Struktur weitere Vergleich der jüngsten Messwerte Nusse beziehungsweise die Verbreitungs- der Ganglinien mit einer als unbeeinfl usst grenze der Braunkohlensande markiert. anzusehenden Messstelle zeigt, dass ein Im Westen ist der Übergang vom unbe- Ende des Trends, also das Erreichen eines einfl ussten zum beeinfl ussten Bereich fl ie- neuen Gleichgewichtszustandes zwischen ßend. Das Maß der Absenkungen nimmt den Grundwasserentnahmen und dem mit zunehmender Entfernung zu beiden nachfl ießenden Grundwasser auch in den Wasserwerken von Süden nach Norden ab Jahren 1999/2000 noch nicht erkennbar ist. (Abbildung 21). Im Norden des Untersu-

Abbildung 21: Grundwasser- standsentwicklung in den UBKS in Abhängigkeit von der Entfernung zum Wasserwerk Großensee

32 Bewertung der Entnahme- Situation vergleichbar mit der in den Un- teren Braunkohlensanden. Der Abstrom steigerungen bleibt in der berechneten Größenordnung. Die Regeneration in den Oberen Braunkoh- Grundwasserbilanzen und Grundwasser- lensanden muss sich somit vollständig aus strömung in den Unteren Zuströmen aus dem HWL und durch Ver- Braunkohlensanden lagerungen der Einzugsgebietsränder er- geben. Der Absenkungsbereich dehnt sich Das Teilgebiet III West (Abbildung 17 c), auch in den Oberen Braunkohlensanden, aus dem das Wasserwerk Großensee för- über den Nordrand hinaus aus. Dadurch dert, wurde für weitere Grundwasserent- relativiert sich die Bewertung des Teilbi- nahmen als „bedingt geeignet (weitere lanzraumes I OBKS, der in Abbildung 17 b Prüfungen erforderlich)“ eingestuft. Haupt- noch als ,,gut geeignet“ eingestuft ist. grund dieser Einstufung ist, dass sich im weiteren Abstrombereich, außerhalb des Grundwasserbilanzen und Grundwasser- Modellgebietes, die Fassungen Billbrook strömung im Hauptgrundwasserleiter und Billstedt der Hamburger Wasserwer- ke befi nden und der berechnete Abstrom Im Norden zeigt sich der fallende Trend damit nicht als „ungenutzt“ eingestuft auch bei Grundwasserständen im HWL. werden konnte. Die beschriebenen Entnah- Es ist davon auszugehen, dass die Rege- mesteigerungen seit 1990 liegen im unte- neration der tieferen Grundwasserleiter ren Bereich der Bandbreite dieser schon als Folge der Versteilung der Potenzialgra- genutzten Abströme. dienten zumindest teilweise in Form von Zusickerung aus dem HWL erfolgt. Die Ent- In den Grundwassermessstellen am Ab- nahmesteigerung zeigt also Wirkung bis in stromrand selbst ist kein Trend erkennbar, die oberfl ächennahe Schichtenfolge. das heißt, dass die Abstrommengen von diesen Entnahmesteigerungen nicht be- troffen sind. Die Regeneration der Grund- wasserentnahmen in den Unteren Braun- Potenzielle Nutzungs- kohlensanden muss somit vollständig einschränkungen aus Sicht aus Zuströmen aus anderen hydraulisch angeschlossenen hangenden Grundwas- der Grundwasser- serleitern über die Ausbissbereiche der beschaffenheit Salzstrukturen Siek und Nusse-Eckhorst sowie aus der Trittauer Rinne und/oder In dem Gebiet mit sinkenden Wasserstän- durch einen vermehrten Zustrom innerhalb den weist das Grundwasser der Unteren der Unteren Braunkohlensande selbst er- Braunkohlensande zum Teil hohe Salzge- folgen. halte auf (Abbildung 18). Bei der Bewer- tung für weitere Grundwasserentnahmen Grundwasserbilanzen und Grundwasser- konnte dieser Bereich daher nur als be- strömung in den Oberen Braunkohlensan- dingt geeignet eingestuft werden. Eine den Entnahme auf derzeitigem, gegenüber dem Betrachtungszustand des Grundwas- Das Teilgebiet III OBKS in Abbildung 17 b sermodells (1990) erhöhtem Niveau, birgt ist für weitere Grundwasserentnahmen hier langfristig die Gefahr einer Verschie- lediglich als ,,geeignet“ eingestuft worden. bung der Salz-/Süßwassergrenze und da- Da der Ostabstrom in den OBKS durch das mit auch eines Zutrittes von versalzenem außerhalb des Modellgebietes liegende Grundwasser in die Entnahmebrunnen. Im Wasserwerk Mölln mit genutzt wird, ver- unmittelbaren Umfeld des Wasserwerkes bleibt nur ein ungenutzter Randabstrom Großensee gibt es geophysikalisch nach- im Westen. Da sich keine Trends in den gewiesene Anzeichen für eine Versalzung Grundwassermessstellen am Abstromrand der tieferen, vorwiegend feinsandigen Ab- Teilgebiet III OBKS ergeben haben, ist die schnitte der Unteren Braunkohlensande.

33 Schlussfolgerungen für die zukünftige Grundwasserbewirtschaftung

Der fallende Trend der Grundwasserstände Um langfristig wieder einen Gleichge- beruht in erster Linie auf einer Entnah- wichtszustand zwischen Entnahmen und mesteigerung der Wasserwerke Großen- dem Grundwasserdargebot bei einem see und Sandesneben. Die Förderung ist insgesamt höheren Wasserstandsniveau größer als die derzeitige Regeneration des zu erreichen, ist eine Änderung der Bewirt- Grundwassers. Ein stationärer Gleichge- schaftung durch Reduzierung der Entnah- wichtszustand und damit ein stabiler Ab- men erforderlich. senktrichter wird sich erst dann einstellen, Im Rahmen der anstehenden Wasser- wenn neue Regenerationsbereiche durch rechtsverfahren müssen die vorgenannten eine weitere Ausdehnung des derzeitigen Restriktionen berücksichtigt werden. Ne- Einzugsgebietes angeschlossen werden. ben der Reduzierung der Entnahmemenge, Dieses impliziert weitere Absenkungen die auch einen Abgleich zwischen den besonders im engeren Fassungsbereich Wasserrechtsverfahren Großensee und der Wasserwerke. Es ist Handlungsbedarf Sandesneben erforderlich macht, ist ein gegeben, weil besonders für das Wasser- umfangreiches Grundwassermonitoring im werk Großensee bei der derzeitigen Ent- Hinblick auf eine Grundwasserversalzung nahmemenge und bei weiter absinkenden erforderlich. Die Brunnenfelder sind so zu Grundwasserpotenzialen die potenzielle bewirtschaften, dass sich die Entnahme Gefahr ansteigender Salzgehalte durch möglichst gleichmäßig verteilt, um punktu- eine Mobilisierung der tiefer gelegenen elle hohe Entnahmen mit punktuell hohen Salz-/Süßwassergrenze besteht. Druckspiegelabsenkungen zu vermeiden.

34 Literatur

Diese Broschüre fasst Ergebnisse folgender Berichte des Landesamtes für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein zusammen:

AGSTER, G. & H. ANGERMANN, R. HIEMCKE, R. OTTO, W. WOLTERS (2000): Endbericht zum Untersuchungsprogramm zur Ermittlung des nutzbaren Grundwasser- dargebotes im schleswig-holsteinischen Nachbarraum zu Hamburg (Südost- Holstein).- unveröffentlicht; Landesamt für Natur und Umwelt des Landes Schleswig- Holstein, Flintbek, September 2000 (Reg.-Nr.: Az.LANU 45-5202.718).

AGSTER, G. & H. ANGERMANN, R. HIEMCKE, R. OTTO, W. WOLTERS (2001): Kurzbericht zur hydrogeologischen Situa- tion sowie zum Stand der Grundwasser- bewirschaftung im nordöstlichen und mittleren Teil des Untersuchungsgebietes Südost-Holstein.- unveröffentlicht; Landesamt für Natur und Umwelt des Lan- des Schleswig-Holstein, Flintbek, April 2001 (Reg.-Nr.: Az.LANU 45-5202.718).

Ministerium für Umwelt, Natur und Forsten des Landes Schleswig-Holstein (1998): Gesamtplan Grundwasserschutz in Schleswig-Holstein.- Kiel, Februar 1998.

Die Ergebnisberichte werden unter „www.umweltdaten.landsh.de“ in das Internet gestellt.

35 Zitierte Literatur

AGSTER, G. (1996): OTTO, R. (1997): Untersuchungsprogramm zur Ermittlung Untersuchungsprogramm zur Ermittlung des nutzbaren Grundwasserdargebotes im des nutzbaren Grundwasserdargebotes im schleswig-holsteinischen Nachbarraum zu schleswig-holsteinischen Nachbarraum Hamburg (Südost-Holstein); Abschlussbe- zu Hamburg (Südost-Holstein); Fachlicher richt zur Geologie und Hydrogeologie des Abschlussbericht zur Abschätzung der Untersuchungsraumes.- 107 S., Anhang, Grundwasserneubildungsrate im wasser- 18 Anlagen; Forschungsbericht LANU Flint- wirtschaftlichen Planungsraum Südost- bek, unveröffentl. Holstein.- 136 S.; Forschungsbericht LANU Flintbek, unveröffentl. ANGERMANN, H. (1997): Untersuchungsprogramm zur Ermittlung PENMAN, H.L. (1948): Natural evaporation des nutzbaren Grundwasserdargebotes im from open water, bare soil and grass.- schleswig-holsteinischen Nachbarraum zu Proc. Roy. Soc. (A), 193: 120-146; Cam- Hamburg (Südost-Holstein); Abschluss- bridge and London. bericht Grundwassermessstellenbau, Qualitätssicherung und hydrologisches PENMAN, H.L. (1954): Evaporation over Messwesen.- 54 S.; Bericht LANU Flintbek, parts of Europe.- Int. Assoc. sci. Hydrol. unveröffentl. Publ., 36: 168-176; Louvain.

DYCK, S. & CHARDABELLAS, P. (1963): PENMAN, H.L. (1956): Estimating evapora- Wege zur Ermittlung der nutzbaren Grund- tion.- Amer. geophys. Union Trans., 37: wasserreserven.- Ber. geol. Ges. DDR, 8: 43-50; Washington, D.C. 245 - 262; Berlin. PENMAN, H.L. (1963): Vegetation and hy- HOFFMANN, B. (1996): drology.- Commonwealth Bur. Soils Techn. Grundwassermodell Südost-Holstein; Ein- Communication, 53: 124 S.; Farnham satz numerischer Grundwassermodelle Royal, Bucks. in der wasserwirtschaftlichen Planung.-, unveröffentl. Forschungsber. i. A. d. Lan- WOLTERS, W. (1998): desamtes für Wasserhaushalt und Küsten Untersuchungen zur Ermittlung des nutz- Schleswig-Holstein, 71 S.; Hannover. baren Grundwasserdargebotes im schles- wig-holsteinischen Nachbarraum zu Ham- JOSOPAIT, V. & LILLICH, W. (1975): burg (Südost-Holstein) - Übersicht über die Die Ermittlung der Grundwasserneubil- Grundwasserentnahmeanlagen und Ent- dung sowie ihre Kartendarstellung im nahmemengen im Untersuchungsgebiet.- Maßstab 1:200.000 unter Verwendung 6 S.; Bericht LANU Flintbek, unveröffentl. von geologischen und bodenkundlichen Karten.- DGM, 19, H. 5: 132 - 136; Koblenz- WOLTERS, W. (1999) : Lützel. Untersuchungen zur Ermittlung des nutzbaren Grundwasserdargebotes im KILLE, K. (1970): schleswig-holsteinischen Nachbarraum Das Verfahren MQMNQ, ein Beitrag zur zu Hamburg (Südost-Holstein) - Bericht Berechnung der mittleren langjährigen zur Grundwasserbeschaffenheit.- 58 S.; Grundwasserneubildung mit Hilfe der Forschungsbericht LANU Flintbek, unver- monatlichen Niedrigwasserabfl üsse.- Z. öffentl. dt. geol. Ges., Sonderheft Hydrogeol. Hydrogeochemie: 89 - 95; Hannover. WUNDT, W. (1958): Die Kleinstwasserführung der Flüsse als OTTO, R. (1992): Maß für die verfügbaren Grundwasser- Ein Verfahren zur Ermittlung der Grund- mengen.- In GRAHMANN, R.: Die Grund- wasserneubildung unter Berücksichtigung wässer in der Bundesrepublik Deutschland ihrer örtlichen Verteilung.- Z. dt. gel. Ges., und ihre Nutzung.- Forsch. dt. Landesk., 143: 411 - 420; Hannover. 104: 47 - 54; Remagen.

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