Das „steinreiche Dorf“ und der Steinhauerverein Brückenbau mit heimischem Tuffstein wurde 2011 eingeweiht

Helmut Reuter

eibern gilt aufgrund der großen Tuffstein- Bonner Münster, in der Andernacher Pfarrkir- Wvorkommen und der langen Steinmetz- che und vielen romanischen Kirchen in Köln. tradition als das „steinreiche Dorf“ der Region. Im 19. Jahrhundert wurden auch zahlreiche Das vulkanische Erbe prägt bis heute die Land- repräsentative Villen, öffentliche Gebäude, schaft, aber auch die Bebauung des Orts mit Wohn- und Geschäftshäuser oft mit Weiberner seinen rund 1555 Einwohner (2010). Tuffstein verkleidet und verziert. Der Transport der Steine war bis zur Eröffnung Historisches der Brohltalbahn im Jahre 1901 äußerst be- Schon die Kelten und Römer bedienten sich schwerlich. Über schlechte Wege wurde das des feinkörnigen Vulkangesteins u. a. als Bau- Rohmaterial zum Rhein nach Brohl verfrachtet material in Kastellen und bei Villen, aber auch und ging von dort mit Schiffen zu den Bau- für die Herstellung von Grabsteinen und In- stellen, wo die Werksteine vor Ort gemäß ihrer schriftensteinen. Im Mittelalter fand Tuff dann Bestimmung weiter verarbeitet wurden. eine vielseitige Verwendung bei Kirchenbau- Durch die Steigerung der Löhne und hohe ten, aber auch bei Burgen und Schlössern. So Frachtkosten verlagerte sich die Bearbeitung finden sich Weiberner Tuffsteine u. a. in der der Werksteine von der Baustelle auf die Bruch- Abteikirche Maria Laach, im Kölner Dom, am stelle des Materials in Weibern. Nun fanden

186 u Heimatjahrbuch Kreis 2012 nicht nur Steinbrecher und Schürger, sondern Erste und Zweite Weltkrieg. Nach 1945 folgte auch Steinmetze vor Ort Beschäftigung. In Wei- im Zuge des Wiederaufbaus und allgemeinen bern wurden die Werksteine in ihre endgültige Aufschwungs noch bis in die 1960er Jahre ei- Form gebracht einschließlich aller Ornamente ne Blütezeit der Steinindustrie. Danach war ab und Verzierungen. Steintechniker konstruier- den 1960er/1970er Jahren ein Rückgang der ten Werkspläne und erstellten Schablonen 1:1 Beschäftigtenzahl zu verzeichnen. Derzeit ar- für die Aufträge, damit die Werkstücke auf der beiten noch rund 10 Steinmetze in den vier Baustelle auch zu einem Ganzen zusammen kleineren Betrieben vor Ort. passten. Durch die komplette Produktion vor Tuffstein prägte seit dem 19. Jahrhundert auch Ort blühte Weibern wirtschaftlich auf. Zeit- den expandierenden Ort entsprechend seiner weilig arbeiteten rund 1200 Menschen in den Wirtschaftskraft. Es gab kein Haus in Weibern, Steinbrüchen von Weibern, Rieden und Ett- welches nicht mit heimischem Tuffstein ge- ringen. Weibern gehörte bis 1932 zum Kreis baut wurde. und war zeitweilig dessen größter Ansehnliche Wohn- und Geschäftshäuser und Steuerzahler. Villen der Firmeninhaber entstanden. Auch Von der Inbetriebnahme der Schmalspurbahn die gut verdienenden Steinmetze errichteten Brohl-Weibern- profitierte ab 1901 ihre Häuser nach der Arbeit mit Tuffstein, ver- die Steinindustrie erheblich aufgrund des einfa- zierten die Frontfassaden mit Blendsteinen und cheren Transports der Werksteine zum Brohler Fensterumrahmungen. Diese Fassaden zieren Hafen oder zur Rheinstrecke der Reichsbahn. noch heute den Ort und sind Denkmäler der Die großen Firmen Porz und Hoss hatten so- Steinmetzkunst in Weibern. gar eigene Bahnanschlüsse. Die Absatzgebiete Die Mariensäule aus Tuff wurde in der Ortsmitte für Weiberner Tuff und die Wertschätzung des von Weibern um 1885 errichtet, die Pfarrkir- Materials wurden immer größer. Bekannte Bau- che 1888. Das Schulhaus und dessen Fassade werke in nah und fern wurden mit Weiberner zeugen von der hohen Steinmetzkunst. Tuff erbaut, z. B. das Koblenzer Regierungsge- Einige Häuser der historischen Bausubstanz in bäude, die Koblenzer Herz-Jesu-Kirche, in Köln Weibern genießen inzwischen wieder beson- die Oberpostdirektion, das Festhaus Gürzenich, dere Wertschätzung, sind heute sehr schön in Hamburg die St. Pauli-Landungsbrücken renoviert und mit Leben erfüllt. Viele warten und in München u. a. das Deutsche Museum. aber noch auf die Aufweckung aus dem Dorn- Wirtschaftliche Rückschläge brachten der röschenschlaf.

Der Tuffsteinhandel florierte: Weiberner Steinlager der Firma Hoss vor 1909.

Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2012 u 187 Entstehung des Steinhauervereins angeschafft (1994), die seither auf vielen Märk- Während in den ebenfalls von der Steinindu- ten der Region (Acht, Adenau, Ahrweiler, Kob- strie geprägten Orten Mendig, Ettringen und lenz, Königsfeld, Langscheid, Münstermaifeld, Mayen schon seit langem Steinhauervereine und Weibern) zum Einsatz kam. bestanden, wurde in Weibern erst 1994 ein In Weibern wurden 12 Wegweiser in der Land- solcher gegründet. schaft aufgebaut und 12 Bankaufläger aus Ba- Der Anstoß hierzu kam 1993 anlässlich der salt geschaffen und in Zusammenarbeit mit den 900-Jahr-Feier in Kempenich, für den die Nach- Spendern aufgestellt. barorte um Darstellung ihres Ortes im Festzug Zwischen 1995 – 2010 wurde die Barbarakir- gebeten wurden. Junge und alte Steinmetze aus mes vom Steinhauerverein durchgeführt. Weibern fanden sich zusammen und präsen- In bisher insgesamt 25 Schnupperkursen konn- tierten sehr erfolgreich Weiberner Tuff und die ten interessierte Bürger mit Steinmetzarbeiten Arbeit der Steinmetze auf einem Festwagen. bekannt gemacht. Diese Kurse erfreuen sich Auf ihm standen ein alter Steinbruchkran und großer Beliebtheit. eine Steinhauerhütte, in der Steinmetze ihre Für den Steinmetzbahnhof wurde 1997 ein traditionellen Arbeitstechniken darstellten. großes Maßwerkfenster erstellt und dort einge- Das war gleichsam die Initialzündung für die baut. Das ehemalige Werksgelände der Stein- Vereinsgründung, deren Gründungsversamm- hauerwerkstatt wurde renoviert. Das gilt auch lung am 15. April 1994 stattfand. Hierzu hatten für den Dorfbrunnen. vier junge Steinmetze eine Satzung vorberei- Planung und Bau des Weiberner Schaufensters tet. Danach bestand der Vereinszweck darin, erfolgten 1999 (Einfriedung als Referenzobjekt das Steinmetzhandwerk wieder aufleben zu des Weiberner Tuffs in der Architektur). Ein lassen und für den heimischen Tuffstein zu Weihwasserstein für die Pfarrkirche und ein werben. Ebenso hatte man sich auf die Fah- Gedenkstein zum 100-jährigen Jubiläum des nen geschrieben, ehrenamtliche Projekte aus Schulgebäudes wurden 2004 geschaffen. 2007 Weiberner Tuffstein durchzuführen und sich wurde eine Schmiede mit Original-Ausstattung für den Erhalt der alten Tuffsteinhäuser in der neben der Steinhauerhütte errichtet, im selben Heimatgemeinde einzusetzen. Jahr auch ein Taufbecken mit Sitzsteinen für Dem Gründungsvorstand gehörten die vier jun- die Pfarrkirche St. Barbara in Weibern her- gen Steinmetze an, die den Stein ins Rollen ge- gestellt. bracht hatten: Helmut Reuter als 1. Vorsitzen- 2008/2009 standen Planung und Herstellung der, Klaus Hilger als 2. Vorsitzender, Johannes der Brücke in der Talaue im Mittelpunkt der Montermann als Kassierer und Florian Müller Arbeiten des Steinhauervereins. als Schriftführer. Die 28 Gründungsmitglieder des Vereins hät- Dynamik und Akzeptanz ten sich damals nicht träumen lassen, welche des Steinhauervereins Erfolgsgeschichte mit der Gründung des Stein- Von Anfang an haben der gute Zusammenhalt hauervereins ihren Anfang nahm. zwischen Jung und Alt zum Erfolg des Ver- eins beigetragen, bei dem der gesellige Teil des Projekte des Steinhauervereins Vereinslebens immer einen großen Stellen- Aus der Vielzahl der Projekte und Aktivitäten wert hatte. Bei den monatlich stattfindenden des Steinhauervereins, der mittlerweile (2011) Stammtischrunden wurden nicht nur Vereinsar- auf 115 Mitglieder angewachsen ist, sollen hier beit besprochen, sondern auch von den älteren nur einige ausgewählte aufgelistet werden. Steinmetzen Geschichten erzählt. So entwi- Sie belegen die Lebendigkeit des Vereins, der ckelten sich väterliche Freundschaften. Die äl- in Weibern und Umgebung nachhaltig Spuren teren Steinmetze standen zudem stets in allen hinterlassen hat. Fragen kompetent mit Rat und Tat zur Seite. Zu Beginn wurde eine transportable Steinhau- Ein Ansporn für den Verein war auch, dass die erhütte für den Besuch auf Handwerkermärkten geleistete Arbeit in der Weiberner Bevölkerung,

188 u Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2012 Mitglieder des Steinhauervereins Weibern auf der vollendeten Brücke in der Talaue im Gemeinderat und bei den politisch Verant- heimischem Naturstein der Steinhauerverein wortlichen bis hin zum damaligen Bürgermeis- gewonnen wurde. Im Steinmetzverein wurde ter der Verbandsgemeinde Hermann das Projekt lange diskutiert, übertraf es doch Höfer voll akzeptiert und anerkannt wurde. an Größe und Zeitaufwand alle bisher ausge- Dieser rief auch den Vulkanpark Brohltal ins führten Arbeiten. Für die Entwürfe zeichnete Leben und somit das Tuffsteinzentrum Wei- Hermann Hilger verantwortlich. Helmut Reuter bern, in dem der Steinhauerverein 1999 die erstellt die Ausführungs- und Detailplanung. Gelegenheit erhielt, eine eigene Werkstatt ein- 800 bis 1000 Arbeitsstunden ehrenamtlicher zurichten. Leistungen wurden für die Durchführung ver- Das fast verfallene Werksgebäude der Stein- anschlagt. Die Mitglieder trugen sich in Listen metzfirma Neis wurde vom Vulkanpark erwor- ein und verpflichteten sich, bestimmte Arbeiten ben und vom Steinhauerverein in Eigenleistung zu verrichten. renoviert. Vor Weihnachten 2008 wurden bereits insge- Das Tuffsteinzentrum wurde am 5. Mai 2002 samt 13 Paletten mit 330 auf Maß zugeschnitte- eingeweiht. Es beinhaltet das Weiberner Schau- nen Steinen zur Weiterverarbeitung angeliefert. fenster, den alten Steinbruchkran sowie die Bis Anfang Mai waren die Steinmetzarbeiten Steinhauerwerkstatt mit dem Umfeld der Mu- fast zu 80 % durch sieben Steinmetze abge- seumsinsel. Bei allen drei war der Steinhau- schlossen. Ausgeführt wurden sie von Manfred erverein an der Planung und Ausführung di- Dahm, Hermann Hilger, Manfred Nürenberg, rekt oder indirekt beteiligt. Die Museumsinsel Manfred Nett, Johannes Montermann, Klaus ist das Umfeld an der Steinhauerwerkstatt mit Rausch und Friedel Schild. Geräten und alten Maschinen aus der Stein- Zwischenzeitlich wurde in der Talaue die Bau- metzindustrie. stelle für die Brücke eingerichtet und Schritt für Schritt mit der Verkleidung des Brückenbau- Zum Projekt der Brücke in der Talaue werks aus Beton mit Natursteinen begonnen. Die Gemeinde Weibern renaturiert zwischen Alles erfolgte in Abstimmung mit dem Bauaus- Robert-Wolff-Halle und der Weiberner Mühle schuss der Gemeinde. den Goldbach. Das Wiesenthal wird dabei park- Alles funktionierte wie am Schnürchen, so ähnlich erschlossen. Hierzu zählt auch eine dass die Weiberner Bevölkerung zu der Arbeit Fußgängerbrücke, für deren Verkleidung mit des Steinhauervereins anerkennend meinte,

Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2012 u 189 der Ablauf sei besser organisiert als bei man- Euro an Lohn an, so müsste man dafür einen cher Firma. Am 15. November 2010 konnte Gegenwert von rund 40 000 Euro verbuchen. das Werk vollendet werden. Hermann Hilger, Alle Arbeitsschritte an der Brücke wurden von Heinz Radermacher, Arno Schild, Willi Klap- Alwin Klein fotografisch festgehalten. Teile perich, Helmut Reuter und Rene Dahm setzten dieser Dokumentation konnten bei der Barba- die vier Pfeilerabdeckungen mit Kugel und zwei rakirmes am 4. Dezember 2010 der interessier- Pfeilerabdeckungen ohne Kugel auf die Pfeiler ten Öffentlichkeit präsentiert werden. der Brücke auf. Anerkennung und Akzeptanz des vollende- Insgesamt hat der Steinhauerverein Weibern ten Brückenbauwerks durch die Bevölkerung ehrenamtlich 1225 Stunden an der Brücke in waren der Dank für die geleistete Arbeit des der Talaue gearbeitet. Hierin enthalten sind 450 Steinhauervereins, der stolz auf diese Leistung Stunden Steinmetzarbeiten, 500 Stunden Ver- ist. Die Talaue, in der die eindrucksvolle Brü- setzarbeiten und 150 Stunden für Vorbereitung cke steht, wurde am 29. Mai 2011 unter großer und Organisation. 125 Stunden für Planung Beteilung der Bevölkerung und zahlreicher Be- und Bauleitung. Setzt man pro Stunde 35,- sucher feierlich eingeweiht.

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