Praxisleitfaden BlütenMeer 2020. Maßnahmenblatt 4.1.1.

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Natürlich hier. Maßnahmenblatt 4.1.1 zum Praxisleitfaden BlütenMeer 2020

Mahdgutübertragung mit Narbenerneuerung Maßnahmen durch Fräsen, Störweide bei Rosdorf • 13.07.2016: Vegetationskartierung Ausgangsvegetation (Kreis Steinburg) (C. Dolnik) • 07.09.2016: Fräsen als Bodenvorbereitung für Mahdgut­ Ausgangsbedingungen übertragung auf 0,8 ha Die Störniederung bei Rosdorf, nördlich von • 14.09.2016: 1) Untersaat mit Regio-Saatgut (20 kg Regio- gehört noch zur Holsteiner Vorgeest, die dort nährstoff­ Saat UG1, Grundmischung Gräser:Kräuter 70:30, arme Schmelzwassersandablagerungen aufweist, die 10 Grasarten, 20 Kräuter mit Regio-Plus Art Heide-Nelke) früher als Sandäcker genutzt wurden. Eine von Quecken und Mahdgutübertragung von Spenderfläche Nordoe dominierte arten- und nährstoffarme Sandackerbrache (1,6 ha, Entfernung 18 km) (53,9735°N, 9,7386°E) mit dichter Streuauflage wurde für • 11.07.2017: Erfolgskontrolle ein Jahr nach der Maßnah­ eine Mahdgutübertragung von artenreichen Heuwiesen menumsetzung (C. Dolnik) aus Nordoe ausgewählt. Die pH-Werte sind mit 3,8 – 4,2 • 27.06.2019: Erfolgskontrolle drei Jahre nach der Maß­ niedrig und Phosphat- und Kaligehalte liegen unterhalb nahmenumsetzung (J. Paul) der landwirtschaftlichen Düngeempfehlung. Für die Maß­ nahme wurden zwei Frässteifen von zusammen 0,8 ha Zur Vorbereitung musste die Brache zunächst gemäht wer­ vorbereitet. Entwicklungsziel ist ein artenreiches Mager­ den, da anders eine Bodenbearbeitung nicht sinnvoll war. grünland, das in die benachbarte extensive Ganzjahres­ Zur Bodenvorbereitung wurden zwei Frässtreifen in die weide einbezogen werden kann. Brache gelegt. Als Ergänzung zur Mahdgutübertragung wurde eine Untersaat mit Regiosaatgut vorgenommen, um ein ausgeglichenes Spektrum an Grundarten im Bestand zu haben, da bei späten Mahdgutübertragungen viele Früh- und Hochsommerarten nicht mehr im Mahdgut zu erwar­ ten sind. Dabei kann die Ansaatstärke reduziert werden auf 25 kg/ha. Die Ansaatmischung ist eine Grundmischung aus 70 % Gräser, 30 % Kräuter, die mit Schrot als Ansaathilfe im Verhältnis 1:2 (Saat:Schrot) angemischt wurde, um eine gleichmäßige Verteilung der Saat zu erreichen. Bei geringen Saatmengen, die auf großer Fläche verteilt werden sollen, ist eine Erhöhung des Schrotanteils zur besseren gleichmä­ ßigen Verteilung des Saatgutes hilfreich. Die Einsaat erfolg­ Abb. 1: Lage der Mahdgutübertragungsfläche (rote Umrandung) te mit einer Grünlandkombination mit Kreiselegge und und der 1 m²-Kontrollplots (grün) in den Störwiesen bei Rosdorf. nachlaufender Walze. Anschließend wurde die Mahdgut­ übertragung von den 18 km entfernten Spenderflächen in Rechtliche Situation Nordoe mit Frontmähwerk und Ladewagen durchgeführt. Naturschutz: Ausgleichsfläche, d.h. Absprache mit Unterer Im Folgejahr nach der Mahdgutübertragung wurde die Naturschutzbehörde notwendig. Agrarrecht: keine Geneh­ Fläche in die benachbarte Weidelandschaft integriert. migung erforderlich, da zum Zeitpunkt der Maßnahmen­ umsetzung nicht landwirtschaftlich genutzt

Abb. 2 & 3: Mahdgutübertragungsfläche in Störkathen vor der Bodenvorbereitung (links) und während des Fräsens zur Narben­erneuerung (rechts) (Fotos C. Dolnik, 05.08.2016 (links) und 07.09.2016 (rechts)).

2 Flächenentwicklung Im ersten Sommer nach der Maßnahmenumsetzung hat sich die Artenzahl von 31 Arten auf 77 Arten mehr als ver­ doppelt. Auf der Ebene von 1 m² großen Kontrollplots sind durchschnittlich 26 Arten pro m² erfasst worden, was eine artenreiche Pflanzengesellschaft kennzeichnet, die aber hier aus einer Mischung von Ackerwildkräutern und Grün­ landarten besteht. Auch die ersten Pflanzen aus der Mahd­ gutübertragung, wie z.B. Steifer Augentrost und Großer Klappertopf, die über den Saatgutanbau nur sehr schwer zu vermehren sind, wurden 2017 bereits vorgefunden. Ein unerwarteter Nebeneffekt war der Transport von lebendigen Warzenbeißer-Heuschrecken im Mahdgut. Da in der weiteren Umgebung keine bekannten Warzenbeißer-­ Vorkommen existieren, kann eine Einwanderung von Nachbarflächen nahezu ausgeschlossen werden. Die Abb. 5: Frisch übertragenes Mahdgut von Spenderflächen in Nordoe positive Entwicklung, die bereits im ersten Jahr erkennbar auf der Maßnahmenfläche Rosdorf (Foto C. Dolnik, 14.09.2016). war, hat sich seitdem fortgesetzt und mündete in einem bunten Blütenmeer. Insbesondere die Blüten der Moschus-Malve (Regio-Saat) und der Wiesen-Margerite Auch die durchschnittliche Artenzahl der 1 m²-Kontroll­ (Regio-Saat & Mahdgut) heben sich aus dem Blütenmeer flächen ist 2019 mit knapp 24 Arten gegenüber 26 im Jahre aufgrund ihrer hohen Anzahl hervor. Die kleineren Blüten 2017 leicht gesunken, aber stellt immer noch einen guten der Heidenelke (Regio-Plus Saat) bilden einen großflächi­ Wert für artenreiches Grünland dar. Die Population von gen, lilanen Teppich. Die Gesamtartenzahl ist mit dem Jakobs-Greiskraut ist im Bereich der Maßnahmenfläche Rückgang der Acker-Begleitflora im sich entwickelnden deutlich gesunken und hat nun keinen großen Anteil mehr Grünland von 77 auf 69 Arten zwar deutlich gesunken, aber am Blühaspekt. immer für eine Fläche von 0,8 ha im Landesdurchschnitt noch auf hohem Niveau. Erwähnenswert ist auch die beginnende Ausbreitung von Moschus-Malve und der Wiesen-Margerite über die ursprüngliche Aussaatfläche hinaus in die Fläche hinein, was natürlich durch die hohe Samenproduktion aufgrund der vielen Blüten begünstigt wurde.

Abb. 4: Fräsen als Bodenvorbereitung für die Mahdgutübertragung in Rosdorf an der Stör (Foto C. Dolnik).

Abb. 6: Großer Klappertopf durch Mahdgutübertragung aus Nordoe auf die Maßnahmenfläche in Rosdorf übertragen (Foto C. Dolnik, 11.07.2017).

3 Nutzung und Flächenpflege Die Fläche wurde nach Maßnahmenumsetzung in die extensive Ganzjahresweide integriert. Dadurch kann der vormals dichte Quecken-Bestand zugunsten der Kräuter weiter reduziert werden. Es erfolgt keine Düngung.

Fazit Es ist gelungen eine artenreiche Grünlandfläche in einer extensiven Ganzjahresweide wiederherzustellen mit einer Ausbreitung der Arten über die Maßnahmenfläche hinaus. Die Maßnahme wird daher als sehr positiv bewertet.

Abb. 7: Warzenbeißer, gleichfalls mit Mahdgut aus Nordoe einge- führt (Foto C. Müller 29.06.2018).

Abb. 10: Blütenmeer aus Wiesen-Margerite, Heide-Nelke und Moschus-Malve auf der Maßnahmenfläche Rosdorf drei Jahre nach der Maßnahmenumsetzung (Foto J. Paul, 27.06.2019).

Abb. 8 & 9: Kontrollplot vor Maßnahmenumsetzung 2016 mit dichter Grasmatte und einem Stängel Schafgarbe (oben) und im Vergleich im dritten Jahr nach Maßnahmenumsetzung 2019 mit hohem Blütenanteil und vielen Zielarten wie z.B. Heide-Nelke und Wiesen-Margerite (Fotos C. Dolnik, 5.08.2016/J. Paul, 27.06.2019).

4 Abb. 11 & 12: Steifer Augentrost (links) aus dem Mahdgut von Nordoe und Gewöhnlicher Natternkopf (rechts) möglicherweise aus einer Saatverunreinigung im Regio-Saatgut (Fotos J. Paul, 27.06.2019).

Tabelle 1: Artenliste Mahdgutübertragung mit Untersaat von 2016 in Rosdorf mit Häufigkeitsangaben (xxx = sehr häufig bis r = Einzelpflanze) und Herkunftsangaben (Quelle) A = Ausgangsvegetation, M = Mahdgutübertragung, R = Regio-Ansaat, S = Samenbank/Selbstbegrünung, V = aus Saatverunreinigung.

Datum 2016 2017 2019 Quelle Artenzahl 31 77 70

Achillea millefolium xx x xx A, M

Achillea ptarmica + R

Agrostis capillaris xx x x A, R

Aira caryophyllea x M

Alopecurus pratensis x xx + A, R

Anthoxanthum odoratum x + R, M

Anthriscus sylvestris r + A

Apera spica-venti + S

Arabidopsis thaliana x + S

Arenaria serpyllifolia + + S,M

Artemisia vulgaris + S

Bromus hordeaceus xx xx R, M

Calystegia sepium + S

5 Datum 2016 2017 2019 Quelle Campanula rotundifolia + + A, M

Capsella bursa-pastoris x + S

Carex hirta x + S

Centaurea cynaea r V

Cerastium glomeratum x + S

Cerastium holosteoides x x xx S

Cirsium arvense x x + A

Cirsium vulgare r + + A

Crepis capillaris + + S, M

Convolvulus arvensis + S, M

Cynosurus cristatus x + R

Dactylis glomerata x A

Dianthus deltoides x xx R

Echium vulgare r V

Elymus repens xxx x A

Equisetum arvense r A

Erigeron canadensis r + S

Erodium cicutarium x + S

Euphrasia stricta x + M

Festuca ovina x + M

Festuca rubra x x x A, R, M

Galeopsis bifida x +

Galium album x x + A, R

Geranium molle x + S

Geranium pusillum x + M

Glechoma hederacea x + A

Holcus mollis x A

Holcus lanatus x x + A

Hypericum perforatum x x x A, M, R

Hypochaeris radicata x + M, R

Knautia arvensis r + M, R

Leucanthemum vulgare x xx R

Lolium perenne x x R

Lotus pedunculatus + R

6 Datum 2016 2017 2019 Quelle Lotus corniculatus + M

Luzula campestris + + M

Lychnis flos-cuculi + R

Malva moschata x x R

Matricaria matricarioides r S

Medicago lupulina r R

Myosotis arvensis + + S

Ornithopus perpusillus + + S

Plantago lanceolata r x xx R, A

Poa annua x + S, M

Poa humilis x M

Poa pratensis xx + A

Poa trivialis x x x A

Polygonum aviculare + + S

Potentilla argentea r M

Ranunculus acris + + M

Ranunculus repens + S

Rhinanthus serotinus x + M

Rumex acetosa x x + A

Rumex acetosella + x xx A

Rumex crispus r + + A

Rumex obtusifolius + + S

Senecio jacobaea + + + A

Senecio sylvatica r S

Silene latifolia x + R

Silene vulgaris + + V

Sisymbrium officinale + S

Stellaria graminea x x + R

Stellaria media x + S

Tanacetum vulgare r + + S

Thymus pulegioides x + M

Trifolium arvense x x R, M

Trifolium campestre + M

Trifolium dubium + + M

7 Datum 2016 2017 2019 Quelle Trifolium pratensis + R

Trifolium repens + + S

Tripleurospermum perforatum x + S

Urtica dioica r + A

Verbascum nigrum r + + A

Veronica arvensis x + S

Veronica officinalis + M

Vicia angustifolia + S, M

Vicia hirsuta + + M

Viola arvensis x + S

Viola tricolor + S

Tabelle 2: Vegetationsstruktur in den 1 m²-Kontrollplots vor Maßnahmenumsetzung 2016 und den beiden Monitoringjahren 2017 und 2019; Deckungsangaben nach Londo-Skala. Datum 5.08.2016 11.07.2017 27.06.2019 Plot 1 2 3 1 2 3 1 2 3 Deckung Gräser 100 100 98 40 91 30 10 35 45

Deckung Kräuter 0 <1 4 10 10 30 60 65 50

Deckung Moose 40 40 50 20 10 40

Deckung Offenboden 0 0 0 10 5 10

Artenzahl Gefäßpflanzen 4 5 6 19 30 29 24 25 22

Achillea millefolium .1 .1 .2 .2 1 1 .3

Achillea ptarmica .1

Agrostis capillaris 1 6 1 .2 1 1 .1 2 1

Alopecurus pratensis 1 1 1 1 .2 .1

Anthoxanthum odoratum .1 .2 .1 .1 .1

Arabidopsis thaliana .1 .1

Arenaria serpyllifolia .1 .1

Bromus hordeaceus 1 3 1 .1 .2 2

Carex hirta .3

Cerastium glomeratum .1

Cerastium holosteoides .1 .1 7 .2 .1 .2

Crepis capillaris .1

Cynosurus cristatus .1 .2 .1 .1 .1

Dianthus deltoides .1 .1 .2 .1 1 .3

8 Datum 5.08.2016 11.07.2017 27.06.2019 Plot 1 2 3 1 2 3 1 2 3 Elymus repens 8 4 7 .1 1 1

Erodium cicutarium .1 .1 1

Euphrasia stricta .1 .1

Festuca ovina .1 .1

Festuca rubra .1 .2 .2 .1 .2 1

Galium album .4 .1 .1

Geranium molle .1

Geranium pusillum .1 .1

Holcus lanatus .3 .1 .2 .2 .1 .1

Hypericum perforatum .1 .1

Hypochaeris radicata .1 .1 .1 .2

Leucanthemum vulgare .1 .3 2 3

Lolium perenne .3 .1 .1 .1

Lotus corniculatus .1

Luzula campestris .1

Lychnis flos-cuculi .1

Malva moschata .1 .2

Ornithopus perpusillus .1 .1 .1

Plantago lanceolata .1 .2 .3 .1 2 2

Poa annua .2 .1 .1

Poa pratensis .1 .1

Poa trivialis .2 .1 .1 .3 .1

Polygonum aviculare .1

Ranunculus acris .1

Rhinanthus serotinus .1

Rumex acetosa .1

Rumex acetosella .1 .1 3 .1 .1

Senecio jacobaea .1

Silene latifolia .1 .1 .1 .1

Silene vulgaris .1

Stellaria graminea .1 .1 .3

Stellaria media .1 .1 .1

Thymus pulegioides .1

9 Datum 5.08.2016 11.07.2017 27.06.2019 Plot 1 2 3 1 2 3 1 2 3 Trifolium arvense .1 .1 2 .1 .1

Trifolium campestre .1

Tripleurospermum .1 perforatum

Veronica arvensis .1 .1 .1 .2 .1

Veronica officinalis .1

Vicia hirsuta .1

Viola arvensis .1

Moose

Brachythecium rutabulum 4 4 5

Rhytidiadelphus squarosus .2

10 Herausgeberin Stiftung Naturschutz Schleswig- Eschenbrook 4 | 24113 [email protected] www.stiftungsland.de

Elektronischer Anhang zum Praxisleitfaden BlütenMeer 2020. Blumenwiesen und Heiden entwickeln. Maßnahmenblatt 4.1.1 Mahdgutübertragung mit Narbenerneuerung durch Fräsen, Störweide bei Rosdorf (Kreis Steinburg)

Autoren Maßnahmenblatt 4.1.1 Christian Dolnik (Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein) Jonas Paul

Titelfoto Wildblumenwiese aus Regio-Saatgut im Blühaspekt mit Wie- sen-Margerite, Spitz-Wegerich, Ferkelkraut sowie mit Heide- Nelke aus Regio-Plus-Saatgut drei Jahre nach Umbruch eines Weidelgras-Ackers durch Fräsen auf humos-sandigen Böden am Schafflunder Mühlenstrom bei , Kreis Schles- wig- (vgl. Praxisbeispiel 4.1.5, Foto: M. Büttner)

Fotos Christian Dolnik, C. Müller, Jonas Paul

Herstellung Stand: Oktober 2020 Gestaltung: AlsterWerk MedienService GmbH

Das Projekt „BlütenMeer 2020“ wird im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Natur- schutz und nukleare Sicherheit gefördert. Praxisleitfaden und elektronische Maßnahmenblätter geben die Auffassung und Meinung des Zuwendungsempfängers des Bundesprogramms wieder und müssen nicht mit der Auffassung des Zuwen- dungsgebers übereinstimmen.

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