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Bahnstrecken

ereits 1865 schlossen das Groß- herzogtum Baden, das König- Breich Preußen und das König- reich Württemberg bilaterale Staats- Durch den verträge zu länderübergreifenden Bahnprojekten und zur Durchfahrung der preußischen Provinz Hohenzol- lern. Die im Deutschen Bund locker Hegau zum zusammengeschlossenen Länder wa- ren zu diesem Zeitpunkt quasi souve- räne Staaten. Durch diese Verträge konnte der Weg zum Bau zahlreicher Bodensee überregionaler Bahnlinien geebnet werden. Neben der Zollernbahn Tü- bingen–, der Donautal- bahn Ulm–Sigmaringen konnte nun Auf den Spuren auch die Strecke Radolfzell–Men- gen/Sigmaringen in Angriff genom- der Ablachtalbahn men werden. Die Anschlusspunkte der badischen und der württembergi- Von Korbinian Fleischer schen Staatsbahnen zueinander soll- ten in Sigmaringen und Mengen sein. Preußen erreichte mit den Verträgen, dass die Hohenzollernischen Lande ohne einen eigenen Meter Gleis An- schluss an das große und bedeutende Wir befinden uns im Donautal, 80 Kilometer flussaufwärts der Münster- Eisenbahnnetz in Hechingen und Sig- stadt Ulm. Das Städtchen Mengen ist der nördliche Aus- maringen erhielten. gangspunkt der Strecke Mengen–Radolfzell, die als „He- gau-Ablachtalbahn“ bezeichnet wird. Um sie zu befahren – Der Hegau, diese für Baden-Württemberg einzigartige Vulkanlandschaft, ist man verzeihe uns den Kalauer – kommen wir nicht umhin Schauplatz unserer kleinen Bahn- badisches Gebiet zu betreten. Geschichte. Foto: Rainer Fieselmann hauptteil_10_08 20.11.2008 13:08 Uhr Seite 37

Die Hegau-Ablachtalbahn Sigmaringen Der erste Teil der Hegau-Ablachtal- bahn wurde bereits von der Badi- Donau schen Staatsbahn am 20. Juli 1867 als Teil einer vorgesehenen überre- Mengen gionalen Fernverkehrsverbindung Fridingen eingeweiht. Am 3. Februar 1870 er- an der Donau Menningen reichte man von Süden aus die Sta- Göggingen tion Meßkirch. Drei Jahre später, am Meßkirch 6. September 1873, wurde die Stre- cke dann komplettiert. Zum einen stellte man die Strecke Richtung Ulm über Krauchenwies und Mengen fer- Liptingen Wald tig, zum anderen konnte an diesem Tag auch die Verbindungskurve von Schwackenreute Krauchenwies nach Sigmaringen fei- erlich eröffnet werden.

Am 1. November 1873 riefen die Ver- Herdwangen antwortlichen ein Schnellzugpaar Ulm–Mengen–Radolfzell ins Leben, dem allerdings keine große Zukunft Ludwigshafen Wahlwies Frickingen vergönnt war. Aufgrund mangelnder Owingen Nachfrage konnte die Verbindung Überlinger SeeSipplingen nur zwei Jahre lang aufrecht erhalten Stahringen werden. Das veranlasste die Badische Staatseisenbahn auch, die Strecke Überlingen Radolfzell Radolfzell–Mengen bereits 1879 von am Bodensee einer Hauptbahn zu einer Nebenbahn Markdorf herunterzustufen. In den Folgejahren Bodensee entwickelte sich der Bahnbetrieb nur mäßig. Auch für Militärtransporte im

Mengen an der Donau ist Ausgangspunkt der Hegau-Ablachtalbahn. Der Bahnhof Mengen ist mit den Regional- Hier die Martinskirche in Mengens ältestem Stadtteil Foto: Rainer Fieselmann zügen sehr gut erschlossen. Foto: Korbinian Fleischer

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Bahnstrecken

■ Alamannen kommen nach Mengen!

Wer in Mengen ist, sollte sich das dortige Römermuseum im Ortsteil Ennetach nicht entgehen lassen. Dort gehören traditionell zum fes- ten Bestandteil jedes Programms Veranstaltungen, die Geschichte im wahrsten Sinne des Wortes lebendig werden lassen. So am Sonntag, 19. Oktober 2008, von 13 bis 17 Uhr, wenn Mitglieder der Gruppe ASK (Alamannisch-suebische Geschichts- darstellung) zu Gast sein werden. Die Germanengruppe bietet einen Einblick in das Alltagsleben des 2. bis 7. Jahrhunderts n. Chr. mit Der Bahnhof in Krauchenwies hat schon belebtere Tage gesehen. Foto: Korbinian Fleischer rekonstruierter Kleidung und Vor- führung verschiedener Handwerks- techniken. Hegau-Ablachtalbahn über Schaff- der Deutschen Bundesbahn stillge- hausen nicht möglich war. legt wurden, lange bevor das große Weitere Informationen: Nebenbahnsterben der 70er- und Römermuseum Mengen-Ennetach Bedeutung hatte die Bahn haupt- 80er-Jahre viele Regionen in West- Kastellstraße 52 sächlich für den Transport von Kies Deutschland von der Bahn abgekop- 88512 Mengen-Ennetach und landwirtschaftlichen Erzeugnis- pelte. Kurze Zeit später begann auch Telefon (0 75 72) 76 95 04 sen. Selbst der regionale Personen- der Rückbau der nun nicht mehr be- www.roemermuseum.mengen.de verkehr entwickelte sich derart uner- nötigten Gleisanlagen zwischen freulich, dass die damals junge Deut- Krauchenwies und Mengen. Die sche Bundesbahn bereits 1954 zum durchgehende Verbindung war zum Ersten und Zweiten Weltkrieg hatte Entschluss kam, den Personenver- damaligen Zeitpunkt natürlich noch die Bahn kaum Bedeutung, da mit kehr zwischen Mengen und Krau- gewährt: Die Verbindungskurve von der Donautalbahn über Sigmaringen chenwies einzustellen. 1959 folgt auf Krauchenwies nach Sigmaringen und Tuttlingen und deren Weiterfüh- diesem Abschnitt auch der Güterver- wurde bis 1969 mit Personenzügen rung über die „Sauschwänzlebahn“ kehr, so dass die Strecke bereits 1960 bedient, ehe auch dort der Personen- Immendingen–Blumberg–Weizen– ohne jegliche regelmäßige Verkehre verkehr „verkraftet“ wurde und fort- Waldshut die neutrale Schweiz um- war. Damit war die Ablachtalbahn an bis zum heutigen Tag mit Omni- fahren werden konnte, was mit der eine der ersten Bahnstrecken, die von durchgeführt wird. Die Ein stel- lung des Personenverkehrs zwischen Meßkirch und Sigmaringen erfolgte mit Einführung des Sommerfahrpla- nes am 1. Juni 1969 Gleichzeitig wurde auch der Güterverkehr zwi- schen Krauchenwies und Sigmarin- gen eingestellt, was dazu führte, dass die Bahn ab 1971 zurückgebaut wer- den konnte. Ein durchgängiger Bahnbetrieb war damit nicht mehr möglich.

War das Ende der Hegau-Ablachtal- bahn nun gekommen? Nein, zum ersten Mal in Baden-Württemberg

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Bahnstrecken

Wir bewegen Baden-Württemberg Bequem die Freizeit planen mit dem 3-Löwen-Takt.

Stillgelegte Teilstrecke der Hegau-Ablachtalbahn bei Meßkirch Foto: Korbinian Fleischer

wurde eine bereits abgebaute Bahnstrecke wieder aufge- baut, nämlich die bereits 1960 stillgelegte Verbindung von Krauchenwies nach Mengen. Dies geschah in enger Zusammenarbeit mit der in Krauchenwies ansässigen Fir- ma Tegometall, die bis heute diese Verbindung für ihren Gütertransport nutzt. Während der Güterverkehr wieder zum Laufen kam, werden Personen jedoch weiter mit Bussen transportiert. Seit Januar 2002 hat die Hohenzol- lerische Landesbahn (HzL) den Güterverkehr auf dieser Strecke übernommen.

Noch bis 1982 konnte man von Radolfzell aus auf der Schiene Meßkirch erreichen, ehe auch diese inzwischen zur Stichbahn degradierte Strecke der „Gummieisen- bahn“ überlassen wurde. Kritiker nannten so die roten Bahnbusse. Erst in Folge der Bahnreform und der Regio- nalisierung des Schienenverkehrs kam es in den 90er- Jahren wieder zu einer Renaissance des Schienenper-

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Triebwagen im Bahnhof Stockach Foto: Korbinian Fleischer Radolfzell – das Ziel unserer kleinen „Bahnreise“ Foto: Korbinian Fleischer

sonennahverkehrs, von dem auch der Deutschen Bahn AG und ließ die- Fahrgastaufkommen von nur etwa die Hegau-Ablachtalbahn profitierte. sen grundlegend sanieren. Über eine 700 Fahrgästen pro Tag. Im Oktober Am 8. September 1996 wurde der zu- Reaktivierung des nördlichen Stre- 2004 wurde deshalb die Strecke letzt stillgelegte südliche Strecken- ckenabschnitts von Stockach nach Stockach–Mengen an die - abschnitt zwischen Stockach und Mengen wurde ebenfalls nachge- bahn GmbH verkauft, womit man die Radolfzell für den Personenverkehr dacht. drohende Stilllegung durch die Deut- reaktiviert und von der schweizeri- sche Bahn AG abwenden konnte. Der schen Mittelthurgaubahn betrieben. Ein 2004 veröffentlichtes Gutachten mittlere Abschnitt von Krauchenwies Der Landkreis pachtete der Zürcher Verkehrsberatungsge- über Meßkirch und Schwackenreute hierfür den Streckenabschnitt zwi- sellschaft SMA & Partner AG, prog- nach Stockach ist freilich seit 2005 schen Stahringen und Stockach von nostizierte dann nur ein geringes wegen Oberbaumängeln gesperrt. ■

Auf dem nördlichen Abschnitt gen aus starten. Von dort gibt es bis Stockach ist in aller Regel problemlos. der Hegau-Ablachtalbahn ver- Stockach einen 3-Stunden-Taktverkehr In allen Zügen besteht die Möglichkeit, kehren zur Zeit keine Personen- mit Bussen der DB ZugBus Regionalver- Fahrräder mitzunehmen, diese müssen züge. Daher ist eine Reise mit kehr Alb-Bodensee (RAB) GmbH (Lini- aber selbst verladen werden! Als Fahr- der Bahn entlang des Flüsschens Ablach ennummer 7391). Besser ist die Situati- karte bietet sich das Baden-Württem- unmöglich. Leider ist die Strecke auch on im Süden: Hier kann man die Ab- berg-Ticket an, das für eine Gruppe bis zwischen Krauchenwies und Stockach lachtalbahn richtig „erfahren“ – mit 5 Personen für 27 Euro an allen Fahr- technisch gesperrt, weshalb es keine nagelneuen Dieseltriebwagen der Ho- kartenautomaten in Baden-Württem- Sonderfahrten geben kann. Wer den- henzollerischen Landesbahn, die im berg zu haben ist. Für das Fahrrad gibt noch die Strecke erkunden will – was Stundentakt von Radolfzell über Stah- es eine Tageskarte für 4,50 Euro. landschaftlich lohnend ist –, erreicht ringen, Wahlwies und Nenzingen nach von Norden den Ausgangsbahnhof Stockach fahren. Leider enden diese Leichter und sicherlich bequemer ist die Mengen mit durchgehenden Zügen aus Verkehre in Stockach, es bleibt für die Spurensuche und Erkundung der Umge- Richtung Ulm, Aulendorf und Tuttlin- Weiterreise wieder nur der Omnibus. bung der Hegau-Ablachtalbahn mit gen. Der Bahnhof Mengen ist mit den dem Auto: Parallel zur Strecke verläuft Regionalzügen sehr gut erschlossen. Für Wanderer und Radfahrer ist es sinn- die Bundesstraße 313 beziehungsweise Dann sollte man sich entweder mit dem voller von Norden nach Süden der Stre- die B 311. Allerdings klagen die Anwoh- Fahrrad oder zu Fuß entlang der Schie- cke zu folgen, da der Weg zwischen ner dieser überregionalen Verbindungs- nen auf den Weg machen. (Es gibt aber Schwackenreute und Stockach steil ist. straße auch über den zunehmenden keinen direkten Weg am Gleis entlang.) Verkehrslärm. Die Bundesstraßen ver- Wer die Strecke mit dem Bus bereisen Die Anreise mit der Bahn nach laufen meist durch die Ortskerne der an möchte, sollte vom Bahnhof Sigmarin- Mengen/Sigmaringen beziehungsweise der Straße liegenden Ortschaften.

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