Amtliche Mitteilung der Gemeinde An einen Haushalt – Zugestellt durch Post.at VIRGER HEIMATBLÄTTER Sonderausgabe der Gemeindezeitung „VIRGEN AKTIV“, Nummer 11, Jahrgang 2015

Thema: Ruine Rabenstein v Ein Streifzug durch die Geschichte der Burg v Interessantes in ihrem Umfeld Virger Heimatblätter, Nr. 11, Jahrgang 2015

Liebe artige Anfragen oftmals binnen weniger Virgerinnen Stunden, zumeist jedoch nach einigen und Virger, Tagen positiv erledigt sind. Außerdem geehrte waren persönliche Kontakte und Gesprä- Leserin, che sehr aufschlussreich. Ohne solche geschätzter Hilfen wäre die Gestaltung dieser Bro- Leser! schüre nicht möglich gewesen, und des- halb soll hier allen Informanten ein Wie oft fällt „Danke schön“ gesagt sein, insbesondere unser Blick auf ➢ den Auskunftspersonen – sie sind im das „Wahrzei- „Quellennachweis“ auf der letzten Photo Dina Mariner, chen von Vir- Seite namentlich angeführt gen“, ohne es bewusst zu sehen? Das ➢ der NAGO – Naturkundliche Arbeits- ist ganz natürlich und normal – Alltägli- gemeinschaft Osttirol (Mag. Dr. Oli- ches braucht keinen genauen Hinblick, ver Stöhr, sowie allen, die am Erstel- wird automatisch in den Bereich „Kenn‘ len einer Studie über Pflanzen und ich schon“ des Gehirns verschoben. Tiere auf dem Burghügel von Raben- Weil wir aber vieles im Zusammenhang stein beteiligt waren) mit der Ruine nicht kennen, soll diese ➢ „unserem“ Walter Berger; er hat mir Ausgabe unserer „Heimatblätt er“ der Ge- mehr als 50 Fotos von der Ruine und schichte, den Bewohnern, dem „Drum- gut 20 Tieraufnahmen zur Auswahl herum“ von Rabenstein gewidmet sein. gegeben Um die nachfolgenden Kapitel sachlich Betrachtet seine großartigen Bilder mit korrekt schreiben zu können, musste ich Genuss: die Ruine be i immer anderen an verschiedenen Stellen Informationen Lichtverhältnissen, die Vögel in nur einholen: in Archiven, Museen, Bibliothe- Sekunden dauernden Situationen. ken, im Internet, durch Fachartikel und Wenn dann auch im Text noch etwas Zeitungsberichte etc. Die elektronische Interessantes oder Brauchbares zu fin- Post (E-Mails) macht’s möglich, dass der- den ist, freut sich Otfried Pawlin

Abb. 1: Aufnahme um das Jahr 1910

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Einleitung

Abb. 2: Aufnahme 1942

Bevor wir uns Rabenstein zuwenden, Häunfels. Die Burg ist ab dem 13. Jh. sei ein Blick über die Gemeindegrenzen nachgewiesen. hinweg gestattet; er bringt eine erstaun- Iselsberg-Stronach: Burg Walchen- liche Zahl von Befestigungsanlagen und stein (13. Jh.). kleineren Schlössern in unserem Bezirk Lavant: Burg auf dem „Lavanter Bichl“ zum Vorschein (Ortsnamen in alphabe- (12. Jh.). tischer Reihenfolge): : Um 1100 n. Chr. ist eine Neu- : Weiherburg (um 1630, ehemals enburg bzw. Nivenburg erwähnt, die spä- ein Jagdschloss). ter auch „Rabagschlössl“ genannt wurde. : Turm von Anras (um 1220), spä- Ursprung der Lienzer Klause war ein Pul- ter zum heutigen „Pfleghaus“ umgebaut. verturm, ihr Ausbau zur größeren Wehr- – St. Justina: Die Kirche (1177 anlage erfolgte um die Mitte des 13. Jhs. erstmals erwähnt) könnte ursprünglich Lienz: Schloss Bruck (erste Urkunde als Burgkapelle zu einer großen Wehr- 1277), Residenz der Görzer Grafen, anlage gehört haben; nicht gesichert. jetzt die stimmungsvolle Kulisse für das : Schon zur Zeit der Völker- Museum der Stadt Lienz. wanderung (5., 6. Jahrhundert n. Chr.) Liebburg, 1608 durch die Wolkenstein- hat es hier eine Befestigung gegeben, Rodenegger Grafen erbaut, von 1868 die wahrscheinlich von den Awaren bis 1977 Sitz der Bezirkshauptmann- erbaut wurde. Der Sage und dem schaft, ab 1981 das Rathaus von Lienz. Namen nach sollen aber die Hunnen Tamerburg, ein altes Schlösschen aus den Bau gegründet haben – Huinivels, der Zeit um 1250.

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Angerburg (14. Jh.), gehört seit 1925 : Der kleine Ort hatte zwei Burg- dem Orden der Franziskaner. stellen; die ältere, ein Wohn- und Wehr- Matrei i. O.: Schloss Weißenstein, turm aus dem 10. Jh. gab der Gemein- ursprünglich „Schloss Matrey“ (12. Jh.). de den Namen und ist auch in ihrem Kienburg, Baujahr unbekannt, da aber Wappen zu sehen. 1187 ein „Chuno von Chienburg“ Von einem „Ansitz“ östlich der Kirche genannt wird, muss sie schon vorher sind noch Mauerreste vorhanden. errichtet worden sein. : Ehrenburg (Erenberg) – schon früh zur Ruine geworden. „Ob Falkenstein – keine Aufzeichnungen. dem Dorff Tristach ... ist vor Jarn ain Dürrenburg (Dirnburg) – wahrscheinlich Adelicher Ansitz gestanden, Ernperg ein Holzbau, von dem heute nichts mehr genannt, davon diser zeit nur mer ain übrig ist; Fundstücke bestäti gen jedoch wenig mauern noch vorhandten.“ seine frühere Existenz. (Beschreibung um 1620) : Schloss Lengberg, um Wenn hoffentlich nichts übersehen 1100 erbaut, seit 1212 im Besitz des wurde, dann stehen, besser gesagt: Erzbistums Salzburg. Heute werden in standen in Osttirol – Rabenstein mit ein- ihm behinderte Jugendliche ausgebildet geschlossen – 21 Burgen oder burgähn- („AufBauWerk“). liche Gebäude.

Abb. 3

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Es wird wohl stimmen, dass Rabenstein ➢ Führte über das Umbaltörl jemals nach Schloss Bruck und Heinfels die eine wichtige Verbindungsstraße? drittgrößte Burganlage Osttirols ist, Natürlich nicht, sodass auch die Kon- doch da erhebt sich die Frage: Weshalb trollfunktion hinfällig ist. dieses Ausmaß? Burgen dienten in Warum also eine so große Burg? Dar- erster Linie zur Abwehr feindlicher über war schon Josef Weingartner Angriffe, als Sitz von hohen Adeligen erstaunt, schrieb er doch in seinem waren einige auch repräsentative Häu- Roman „Das Burgfräulein von Raben- ser. In Friedenszeiten hingegen lag ihre stein“: „Heinrich ... wunderte sich über Hauptaufgabe darin, wichtige Handels- ihre beträchtliche Ausdehnung ... Für so routen zu überwachen und zu kontrollie- ein Gebirgstal, sagte er zu Ursula, sei ren. All das trifft auf Rabenstein nicht zu! das ein recht stattliches Gesäß ...“ (ein ➢ Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, respektabler Wohnsitz). dass unsere „Festung“ irgendwann in Was bewog die Grafen von Görz dazu, eine kriegerische Auseinanderset- dieses „Gesäß“ so auszubauen? Woll- zung verwickelt gewesen wäre. ten sie sich vielleicht ein feudales Win- ➢ Sie beherbergte keine hochgestell- terquartier schaffen, um manchmal dem ten Persönlichkeiten, keine Ritter im schattigen, kalten Schloss Bruck zu ent- herkömmlichen Sinn, sondern den fliehen und hier ein paar Stunden die jeweiligen Pfleger mit seiner Familie, Sonne zu genießen? Wenn man den ein oder zwei Schreiber und das Per- zwei folgenden Textstellen Glauben sonal – alles nur „Ministerialen“ = schenkt, könnte dieser Gedanke seine Angestellte. Richtigkeit haben:

Abb. 4

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„... Im ersten Stock kann die Hofstube Nachlass befanden sich unter anderem gewesen sein, wo der Burggraf oder auch zwölf Schreibhefte, in die er eine Pfleger mit seiner Familie hauste. Im Serie von geschichtlichen Beiträgen zweiten Stock befand sich der Ritter- über Osttirol abgeschrieben hat. Beide saal. Die Wände waren glatt verputzt Zitate stehen im Heft mit dem Titel und weisen heute noch blinkende Farb- und Freskenreste auf. ... Ohne Zweifel ist es ein herrlicher Raum gewesen, der vom Fürsten und seiner Familie selber bei ihren häufigen Besuchen auf Rabenstein benützt worden ist. ..." E in paar Seiten weiter heißt es aus- drücklich: „... Die Grafen haben besonders wäh- rend des Winters gern auf Rabenstein gewohnt. Das war wohl auch der Grund dafür, warum es gleich Bruck ... zur Sie sind jedoch „mit Vorsicht zu genie- geräumigen Residenz ausgebaut wor- ßen“, da wichtige Hinweise fehlen: Wie den ist ...“ hieß der Autor? Auf welche Quellen hat Oberlehrer Johann Brandstätter, vulgo er zurückgegriffen? Wann und wo ist der Blusner-Lehrer (1888 – 1973), war ein Text erschienen? Nichts davon hat der fleißiger Schreiber, der viele Artikel „Blusner-Lehrer“ notiert und uns somit handschriftlich „kopierte“. In seinem ein fragwürdiges Wissen vererbt.

Abb. 5

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A. DIE SAGE Pfarrer Joseph Hofmann hat sie in sei- steinichten Hügel ober Mellitz getragen. ner „Kolligenda“, der Hofmann-Chronik Beydes war für die Grafen bedeutungs- des Jahres 1826, so niedergeschrieben voll und habe sie bewogen, das Schloß (das Zitat ist, um besser lesbar zu sein, dortselbst zu bauen und Rabenstein zu an manchen Stellen leicht verändert nennen. Doch das gehört wohl nur unter und ein wenig gekürzt): die Märchen der Vorzeit. „Das erste Denkmal herrischer Macht ist Seit 1703 ist Rabenstein unbewohnt die ehemals stolze, itzt zerfallene Burg auf und verlassen, liegt itzt in Ruinen als dem Rabenstein, das einzige Ritterschloß Wohnsitz der Eulen und Nattern.“ im Thale. ... Nach der Volkssage wollten Hier unterlief unserem so verlässlichen die alten Grafen (welche?) das Schloß Chronisten Hofmann ein Fehler, weil er zuerst auf der Anhöhe ober Maurn, wo der es nicht besser wissen konnte: „... alte Weg nach Pregratten geht, erbauen. Aber noch sichtbare Mauern ...“ waren keine Wassermangel vereitelte ihren Plan. ... „... Spur eines angefangenen und nicht alte noch sichtbare Mauern als Spur eines vollendeten Baues ...“, sondern die stei- angefangenen und nicht vollendeten nernen Reste von Häusern aus vor- Baues, und der Name des Ortes ,Burg- christlichen Jahrhunderten. Bühel‘ bestättigen die Sage. Bei Grabungen in den Jahren 1970 und Wann und von wem aber die Veste 1971 wies Univ. Doz. Dr. Andreas Lippert (Festung) Rabenstein erbaut wurde? Ob nach, dass sich auf diesem Hügel eine nicht vielleicht in früherer Zeit ein Adels- Siedlung der späteren Hallstattzeit bzw. der geschlecht gleichen Namens ... dort sei- La-Tène-Zeit (ca. 600 v. Chr. bis Christi nen Sitz hatte? Oder war sie gar schon Geburt) befand. Die gezimmerten Block- ein römisches Kastell, da Münzen römi- hütten hatten nur etwa 20 m² Wohnfläche scher Kaiser dort gefunden worden sind? (Ausmaße: 4 x 5 Meter, manche 6 x 3,5 ... Darüber schweigt die Geschichte. Meter; noch kleinere dienten wahrschein- Es wird erzählt, ein Zimmermann hätte lich als Stall). Sie ruhten auf mit Steinen sich gleich im Anfange des versuchten gemauerten Fundamenten, ihre Fußbö- Schloßbaues auf dem Burgbühel zu den und auch die Dächer waren mit Stein- Obermaurn stark beschädiget, und platten belegt – kein Wunder, dass diese krächzend hätten die Raben die bluti- Überbleibsel an ein begonnenes und nicht gen Holzschaiten von dort weg auf den zu Ende geführtes Bauwerk erinnerten.

Abb. 6 und 7: Unterbau eines Hauses der La-Tène-Zeit. Bei den Ausgrabungen auf der „Maurer Burg“ wird wohl Ähnliches zum Vorschein gekommen sein

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B. TATSACHEN

Abb. 8: Das alte Foto (vor 1955) zeigt einen Teil der Fraktion Mellitz. Links vulgo Untertheißler (Hoandl), rechts vulgo Theißler, und über der Kapelle thront die Ruine Rabenstein

In völlig allen Artikeln und Publikationen erstreckt sich ziemlich genau über 32 über Rabenstein wird festgehalten, Höhenmeter. dass sich die Ruine auf etwa 1.400 m Mit dem Turm im Süden beginnend Seehöhe befindet und damit eine der (1.396 m), steigt die Anlage zum Ein- höchst gelegenen Burgen des Landes gang der Vorburg an (1.404 m) und gip- war. Exakte Vermessungen zeigen: Sie felt am Fuß des Bergfrieds, der 1.428 m hat eine Fläche von 4.800 m² und hoch liegt.

A: Palas B: Kapelle C: Burgtor D: Bergfried E: Pfaffenstöckl F: Wirtschaftstrakt G: Burghof H: Vorburg J: Ministerialenturm

Abb. 9: Grundriss von Rabenstein

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Bauabschnitte „Das Schloss“ wurde nicht, wie es die Sage Stück für Stück vergrößert; bis zu seiner andeutet, in einem Zuge erbaut, sondern Fertigstellung vergingen gut 200 Jahre.

Ende 12. Jahrhundert (1170 ... ? D*): Die erste Anlage wurde in zwei Bauphasen errichtet.

Um 1272 D*) Bau der Kapelle und des Wirtschaftstrakts

Um 1300: Errichtung des Bergfrieds, Neubau der Ringmauer und des Pfaffenstöckls

1. Hälfte 14. Jahrhundert: Ministerialenturm und Vorburg kamen hinzu

2. Hälfte 15. Jahrhundert: Umbauten im gotischen Stil

Mitte der 1980er-Jahre: Sanierung und Festigung des bröckligen Mauerwerks

Nicht näher bestimmte Teile

Abb. 10: Nochmals der Grundriss, jetzt mit den Bauphasen

D*) = Dendrochronologisches Datum: Das cher Genauigkeit feststellen, wann der komplizierte Wort ist schnell erklärt – Baum gefällt wurde. Offen bleibt, ob ➢ der erste Teil kommt aus dem Grie- man sein Holz bald darauf, oder erst chischen: dendron = Baum nach mehreren Jahren Lagerung ver- ➢ eine Chronologie hält fest, wann sich baut hat – das kann nun wirklich kein etwas ereignet hat. Mensch wissen! Es wird also bei man- Dendrochronologen sind hoch speziali- chen auf der Dendrochronologie basie- sierte Altertumsforscher; gibt man ihnen renden Zeitangaben ein wenig Spiel- ein Stück Holz in die Hände, können sie raum „nach hinten“ einzukalkulieren auf Grund der Jahresringe mit ziemli- sein.

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Bauteile

Abb. 11

PALAS (A): Das „Herrenhaus“ bildete den Mittelpunkt jeder Burg. Hier lagen die Wohn- und Schlafräume der Fami- lie, von denen man zumindest einige beheizen konnte, hier gab es auch einen großen, laut Text in der Einleitung herrlichen, mit Wandmalereien ausge- statteten Saal, in dem Besucher emp- fangen und Feste gefeiert wurden. Die- ses „Herzstück“ der Anlage war sicher- lich zwei oder drei Stockwerke hoch; lei- der ist von ihm nur mehr eine Mauer im Südosten vorhanden. KAPELLE (B): Früher waren an der nordöstlichen Wand noch verblasste Reste von Fresken zu sehen, die darauf hindeuteten, dass sich hier die Kapelle befand. BURGTOR (C): Dieser ganze Bereich ist eingestürzt, aber es gibt noch ein Foto, aufgenommen im Jahr 1974. Abb. 12: Das Haupttor von Rabenstein

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BERGFRIED (D): Immer an „prominen- „unserem“ noch steht, lassen sich eini- ter“ Stelle einer Anlage als Symbol der ge Schlüsse ziehen: Macht und Unbesiegbarkeit erbaut. Bei ➢ Die Lichtschlitze in Verbindung mit kriegerischen Auseinandersetzungen den restlichen „Trambalken“ zeigen, war er oft letzter Zufluchtsort für die dass der Turm wahrscheinlich vier Burgbewohner. Aus dem, was von Stockwerke hatte.

Abb. 13: Aufnahme vom Jahr 1976 ➢ Er war nicht bewohnt und es gab keine Türe, kein Tor – eine bauliche Maßnahme, die bei allen Burgen zu sehen ist. Damit wurde „im Ernstfall“ eindringenden Feinden die Eroberung des Turms beträchtlich erschwert. In Rabenstein befand sich der Einstieg an der Ostseite des ersten Oberge- schoßes; der Weg zu ihm führte nur über eine lange Leiter. ➢ Fallweise diente er als „Burgverlies“. Nicht aus den Bauresten ablesbar, son- Abb. 14: Das Holz für die Träger wurde gegen Ende dern schriftlich überliefert: „1581: Chri- des 13. Jhs. gefällt stian Leitner aus Defreggen ist jüngst ... aus dem Gefängnis im Turm des Schlosses Rabenstein ausgebrochen.“

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➢ Wie hoch war der Bergfried? Das Und der Turm? 25 Meter oder mehr? „Burgklosett“ (von dem später noch Viel ist ja schon sehr früh abgebrök- die Rede sein wird) soll als Anhalts- kelt! Hatte er ein Dach, hatte er Zin- punkt dienen und keine genaue, aber nen? Darüber können selbst alte eine „großzügige“ Schätzung ermög- Fotografien und die vorhandene, lichen. Es befand sich in 8 Meter noch ältere Radierung (siehe die hin- Höhe, also wird die Mauer wohl so tere Umschlagseite) keine Auskunft an die 10, 12 Meter gehabt haben. mehr geben.

Abb. 15: Dieses Foto gab den Anlass zu der oben beschriebenen Schätzung; es zeigt das Klo im linken Drittel des Bildes

Abb. 16

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PFAFFENSTÖCKL (E): Früher wurde den. ,Sind schon über hundert Jahre es auf Grund seiner Ausmalung für die alt‘, sagte Sweinacher ...“ Burgkapelle gehalten. Wenn einer Dieser Zubau zwischen Mauer und Erzählung historische Wahrheit zugebil- Palas stellte, obwohl mehrstöckig, nur ligt werden kann, so wusste es schon eine bescheidene Wohnstätte dar; bei Josef Weingartner besser. In seinem „mageren“ 36 m² Bodenfläche (7,50 x anfangs bereits erwähnten Roman vom 4,80 Meter) kann von einer feudalen „Burgfräulein“ ist zu lesen: „Vor dem Behausung keine Rede sein. Abendessen suchte der Junker den Wenn die Malereien zu Schweinachers Burgkaplan ... auf. Er bewohnte das Zeit „... schon über hundert Jahre alt ...“ Pfaffenstöckl, einen ... Wohnturm ... waren, so hätten sie heute an die 700 Während der Kaplan in das untere Jahre „auf dem Buckel“ – kein Wunder, Stockwerk hinabstieg, musterte er (der dass nur wenige Relikte der Fresken Junker) den engen Raum und die alt- übrig geblieben sind. Der größte Rest modischen Gemälde an seinen Wän- befindet sich an der Westwand.

Abb. 17

Eine ältere Aufnahme zeigt das Motiv Rüstung und Schwert darstellen, des- noch mit kräftigeren Farben; es ist ca. sen Kopf allerdings im Laufe der Zeit 1,20 Meter hoch und soll einen Ritter mit vollkommen ausgebleicht ist.

Abb. 18

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Früher waren an allen vier Wänden östlichen Ecke und an der Ostwand noch mehrere Malereien zu sehen. Mit schon damals nicht identifiziert werden. Ausnahme des „Ritters“ konnten wei- Umso mehr stellen sie heutzutage ein tere figürliche Darstellungen in der nord- unlösbares Rätsel dar.

Abb. 19: Abdrücke einer steinernen Blocktreppe, die vom 1. zum 2. Stock führte; heutiger Zustand

Abb. 20: Die Westwand im 1. Stock war zur Gänze bemalt, hier der Versuch einer Rekonstruktion: Rechts ober der Treppe regelmäßige, quadratische Muster, die ein wenig an Fliesen erinnern; links der „Ritter“ Abb. 21: Die orange Dekoration unter dem „Ritter“ und darunter ein undefinierbares Dekor. Vom Rest ist nichts mehr übriggeblieben.

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Die übrigen bemalten Flächen zeigten Ornamente. Hier ein paar Beispiele, die zum Großteil an Blumen erinnernde mittlerweile nicht mehr zu sehen sind:

Abb. 22

Abb. 23 und 24: Details von Abbildung 22

Abb. 25: Nochmals die Treppe ... Abb. 26: ... mit einem Detail

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WIRTSCHAFTSTRAKT (F): Hier fand alles für die Versorgung der Burg Nötige seinen Platz – „Speisenküche“ und Waschküche, Vorratslager, wohl auch eine „Machlkammer“, um Reparaturen oder sonstige Arbeiten durchführen zu können, Stallungen für etliche Haustiere bzw. die Pferde von Besuchern und anderes mehr. BURGHOF (G): Eben war er nie, aber auch nicht so steil wie jetzt. Den Schutt- kegel haben die vom Bergfried und andern- orts herabgestürzten Mauerteile gebildet. Abb. 27: Burg Hochosterwitz VORBURG (H): Ihr Zweck, das Burgtor Festung fiel auch nie in Feindeshand, abzusichern, wurde durch recht eng weil der Kampf um jedes Tor so viele zusammenstehende Mauern erreicht Opfer forderte, dass alle Angreifer (deshalb auch „Zwinger“ genannt). So schließlich aufgeben mussten. konnten im Kriegsfall immer nur wenige MINISTERIALENTURM (J): Das drei- Mann auf das Haupttor losstürmen, mit stöckige, ca. 30 Meter südlich der denen die Verteidiger von der Mauer Hauptburg und damit außerhalb der herab „leichtes Spiel“ hatten. Außerdem Ringmauer errichtete Bauwerk diente erschwerte der knapp bemessene wohl kaum zur Verteidigung, sondern Raum den Einsatz von Hilfsmitteln (z. B. war die Unterkunft des Burgverwalters einem Rammbock). (= „Ministeriale“). Vielleicht wohnten Größere Anlagen hatten mehrere sol- auch einige „b essere“ Angestellte (z. B. cher Vorburgen, Hochosterwitz in Kärn- Schreiber) hier; Knechte und Mägde ten beispielsweise deren 14! Die auf werden ihre Schlafstätte wohl im Wirt- einem frei stehenden Hügel erbaute schaftstrakt gehabt haben.

Abb. 28: Ansicht gegen Westen, links unten der Ministerialenturm

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Um das Kapitel „Bauwerk“ abzuschlie- überreichlichem Maß, aber doch so ßen, noch ein paar Sätze und einige Bil- stark, dass ein größerer Haushalt wie der zu zwei Einrichtungen, ohne die eben die Burg von ihr mit dem lebens- kein Haus vorstellbar wäre. wichtigen Nass versorgt werden konnte WASSERVERSORGUNG: Im Mellitz- bzw. kann. Josef Berger fasste nämlich graben, ein gutes Stück hinter der im Jahr 1973 das „Tufftrögl“ neu, verleg- Sperrmauer, entspringt auf der orogra- te 1 km Schlauch, und seitdem ist die phisch*) rechten Seite eine Quelle, zuvor herrschende Wassernot auf sei- „Tufftrögl“ genannt. Sie sprudelt nicht in nem Anwesen „Egg“ beendet.

Tscheder Wandle Ochsenbug

Rote Wand

Quellfassung

Abb. 29: Lage der Quelle

Von der Quellfassung weg führt der „Röa- felhaft – woher sollte der Name sonst steig“ (Rohrsteig) zur Ruine. Er ist stel- kommen? – um die ehemalige Trasse, lenweise stark verwachsen, aber gut auf der die hölzerne Wasserleitung lag. erkennbar. Dabei handelt es sich unzwei- Etwa 100 m nördlich des Bergfrieds ist im

*) Orographisch: Nicht gegen die Strömung, sondern in Fließrichtung schauen und dann die Seiten bestimmen.

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Wald eine Senke, die jetzt immer noch kleinere Verunreinigungen absinken „Wåsserstubn“ heißt. Hier wird wohl eine konnten. Dann stand den Burgbewoh- letzte „Kläranlage“ gewesen sein, in der nern klares Quellwasser zur Verfügung.

Abb. 30: Hof „Egger“ hat, und Rabenstein hatte das Wasser aus derselben Quelle

Eine hölzerne Wasserleitung? werden entsprechend kürzere Stücke zum Ein- sich jetzt vielleicht manche Leser/innen satz. Besonders wichtig war, eventuelle fragen. Ja, es war naheliegend, nicht Verstopfungen schnell finden und beseiti- aus teurem und rostendem Eisen, son- gen zu können – das ermöglichten sorg- dern mit dem reichlich zur Verfügung fältig mit einem Deckel verschlossene Öff- stehenden Holz Leitungen zu bauen. nungen in etlichen Rohren. Das Resultat von Versuchen und Erfah- Das „Tufftrögl“ ist von der Burg schät- rungswerten funktionierte schließlich zungsweise 800 Meter entfernt. Es jahrhundertelang recht gut: mussten daher ca. 200 Rohre gebohrt Es wurden Baumstämme der Länge und auf der zuvor gegrabenen Trasse nach durchbohrt und so zusammenge- verlegt werden. fügt, dass kleinere Unebenheiten über- Kaum mehr vorstellbar – wie viele wunden bzw. auch Kurven gelegt wer- Hände haben da zugegriffen, wie viel den konnten. Schweiß ist geflossen, wie viel Zeit ver- Das „Normalmaß“ der Stämme betrug vier gangen, bis sich das Wasser endlich in Meter, bei engen Krümmungen kamen den Trog ergoss?

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Abb. 31: Um so ein Rohr zu bohren war viel Abb. 32: In dieses Rohr wurde ein verschließbarer Geschick und Geduld vonnöten „Kontrollschlitz“ geschnitten Anmerkung: Die Fotos zeigen Überbleib- nämlich jener von der Lahntaler Alm zum sel einer anderen hölzernen Leitung, Hof „Sonnberg“ (aufgenommen 1975).

Abb. 33: Hier eine „geknickte“ Kupplung zweier Rohre

KLOSETT: Es befand sich, wie schon weder durch die Zimmer der „Herr- zu sehen war, in einer Nische der west- schaft“ latschen, oder vom Burghof aus lichen Ringmauer und konnte vom über eine Leiter hinaufklettern müssen. Palas bzw. dem Pfaffenstöckl aus über Da ist es schon wahrscheinlicher, dass einen hölzernen Steg erreicht werden. sie ihre Notdurft auf einem „Plumpsklo“ Ob es auch die Dienstboten benutzen im Bereich des Wirtschaftstrakts ver- durften? Wohl kaum – sie hätten ja ent- richteten.

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Abb. 34: Widerlager für schräge Pfosten, die den Abb. 35: Auf diesem Foto war der „Thron“ noch Steg abstützten (mit Pfeilen markiert) an Ort und Stelle

Das Sitzbrett des Aborts hat an seinem Freien hat dann wohl der Regen die geschützten Platz jahrhundertelang alle Spülung übernommen. Wetterunbilden erstaunlich gut über- standen. Die Fichte, aus dem es gefer- tigt ist, fiel bereits um 1203/1204 der Säge zum Opfer – so das Urteil der Dendrochronologen. Um eine genaue Untersuchung zu ermöglichen, musste diese mittelalterliche „Klobrille“ 1999 abmontiert werden. Jetzt ist sie in der Ausstellung „Virgen – Jenseits der Zeit“ zu sehen. Daneben haben auch mehre- re andere Fundstücke von Rabenstein (Armbrustbolzen, Zirkel, Schlüssel etc.) in einer Vitrine Platz gefunden. Direkt unter dem „popogerecht“ ausge- schnittenen Brett führte eine steile „Rut- sche“, glatt, wie mit Wachs eingelassen, durch die Mauer und beförderte sowohl „Dünnes“ wie auch „Dickes“ hinaus. Manchmal wurde vielleicht mit einem Kübel Wasser nachgeho lfen, und im Abb. 36: Hier plumpste so manches hinunter

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Geschichte Lassen wir am Beginn nochmals Pfarrer delt, oder zogen sie nur durch? In den ver- Joseph Hofmann zu Wort kommen: „Dun- borgensten Winkeln dieser Thalschluchten kel, wie die Geschichte des Alterthums hat man alte Römermünzen gefunden zu überhaupt, ist auch die alte Geschichte der Obermauern und auf den Ruinen von hiesigen Gegend und Pfarre. ... Hatten Rabenstein, Münzen von den Kaisern L. sich vielleicht schon Römer hier angesie- Ael. Commodus und Philipp Arabs ...“

Abb. 37: Denar mit dem Porträt des Kaisers Lucius Abb. 38: Philipp Arabs (= der Araber, da in Syrien Aelius Commodus, der zwölf Jahre, von 180 – 192 geboren) herrschte von 244 – 249 n. Chr. Er fiel im n. Chr. in Rom regierte und schließlich bei einem Zuge blutiger Thronstreitigkeiten. Auf der Münze ist Attentat ermordet wurde das Gesicht seines Sohnes Philippus II. zu sehen Auf Grund dieser Münzfunde taucht in die bedeutende Stadt Aguntum bloß 5 bis älteren Beschreibungen von Rabenstein 6 Gehstunden entfernt, und es ist vorstell- die Vermutung auf, Vorläufer der Burg bar, dass von diesem Zentrum aus ab und könnte eine römische Wehranlage, ein zu militärische Patrouillen in die Täler Kastell gewesen sein. Dem ist allerdings geschickt wurden. Auch Händler werden entgegenzuhalten: Wozu hätten die den Weg nicht gescheut haben, um mit Römer da eine Befestigung bauen sollen, den Einheimischen Geschäfte zu machen; was hätte es zu verteidigen gegeben? dabei könnte wohl das eine oder andere Eher wird wohl Pfarrer Hofmann mit seiner Geldstück verloren gegangen sein. Frage „... oder zogen sie nur durch?“ das Beweise fürs eben Gesagte gibt es nicht, Richtige getroffen haben. Schließlich lag doch das Folgende ist schriftlich gesichert.

Abb. 39

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„Ältere“ Geschichte 1183: Erste urkundliche Erwähnung von ber rückte der „Elekt“ Philipp von Span- Rabenstein, zugleich wird auch „Rudol- heim mit seinem erzbischöflichen Heer fus de Virge“ genannt, der einen Vertrag an und schlug die Görzer vernichtend. als Zeuge unterschrieb. Damals befand Albert wurde im Lauf des Kampfes sich die Burg im Besitz des Erzbistums gefangen genommen, Meinhard hinge- Salzburg. gen gelang die Flucht. Anfang des 13. Jahrhunderts (etwa Damals gab es Erzbischöfe ohne Prie- 1220, 1230): Jetzt scheinen die Grafen sterweihe, meist Söhne einflussreicher von Görz als Herren des „castrum Adeliger, die als „Elekt“ das Amt erhiel- Virge“ auf (lat. castrum = Burg). Die ten (lat. electus = ausgewählt). Kirchli- näheren Umstände des Wechsels sind che Angelegenheiten waren natürlich nicht bekannt. nicht deren Gebiet, und so trachtete In dieser Zeit gab es öfters Reibereien auch Philipp in erster Linie danach, zwischen Salzburg und Görz. Den Gra- seine weltliche Macht durch Erobe- fen kamen die in ihrem Machtbereich rungszüge zu vergrößern. Er war als gelegenen Besitztümer des Bischofs kriegslüsterner „Raufbold“ bekannt und (Greifenburg, Lengberg, Weißenstein) wurde deshalb 1257 abgesetzt. „wie ein Stachel im Fleisch“ vor. 27. Dezember 1252: Im „Frieden von 8. September 1252: Kampf um Schloss Lieserhofen“ (einem Ort nahe Spittal/ Greifenburg mit Auswirkungen auf Vir- Drau) hatten die Görzer harte Bedin- gen. Graf Albert III. von Tirol und sein gungen zu akzeptieren: Schwiegersohn Meinhard III. von Görz ➢ Zw ei Söhne Meinhards, Meinhard IV. belagerten gegen Ende des Sommers und Albert I., wurden als Geiseln auf die Burg mit ihren Truppen, konnten sie die Burg Hohenwerfen gebracht und aber nicht einnehmen. Am 8. Septem- kamen erst 1258 wieder frei.

Abb. 40

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➢ Die Verlierer mussten an Philipp ein durch den jetzt üblichen Namen empfindliches Bußgeld in Höhe von „Rabenstein“ ersetzt. 4.900 Mark zahlen – das entsprach Um 1463: Die Katastrophe selbst wird ca. 1.150 kg Silber! nirgends erwähnt, doch nachfolgende ➢ Für uns wichtig: Rabenstein und das Belege zeigen, dass ein Feuer in der Gericht Virgen kamen wieder unter Burg etliche Schäden angerichtet haben die Herrschaft des Erzbistums Salz- muss. burg. ➢ 1467 bat der Burgkaplan Paul 4. Juli 1292: Erzbischof Conrad ver- Schweinacher um eine Abschrift des zichtete de facto auf die Besitzungen in Stiftsbriefs für die Kapelle, weil das Virgen, indem er sie als Lehen den Gör- Original bei einem Brand vernichtet zern zurückgab. Diese lehensrechtliche wurde. Abhängigkeit h atte in der Folge kaum ➢ In einem Dokument aus dem Jahr praktische Auswirkungen, sodass wie- 1472 sind „Ausgaben ... von neun der von einer „görzischen Burg“ gespro- Jahren zum Bau auf dem Schlosse chen werden kann. Rabenstein“ vermerkt. Dazu passen 2. Februar 1333: Graf Albert IV. stiftete für die bei den „Bauphasen“ angeführten die dem hl. Leonhard geweihte Kapelle gotischen Zu- und Umbauten (2. ein Benefizium. Das Salzburger Konsisto- Hälfte des 15. Jhs.) rium bewilligte die Errichtung der „Kapla- 1500: Mit dem Tod von Graf Leonhard nei“ anstandslos, es verlangte nur, dass starb das Geschlecht der Görzer aus. dadurch dem Pfarrer in Virgen keine finan- Ihr Besitz (und damit auch das Lehen ziellen Einbußen entstehen dürften. Mehr „Rabenstein“) fiel an Kaiser Maximilian I. darüber in einem der folgenden Kapitel. 28. August 1501: Der ewig von Geld- 15. Jahrhundert: Langsam wurde die nöten geplagte Habsburger Maximilian I. Bezeichnung „Burg (castrum) Virgen“ hatte nichts Eiligeres zu tun, als sein in

Abb. 41: Der letzte Görzer Leonhard und seine Gattin Paola Gonzaga. Ein Fresko des Simon von Taisten in der Kapelle auf Schloss Bruck

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Osttirol gelegenes görzisches Erbteil Holz zu aim Kessel. Ulrich Mutscheller, um 22 000 Gulden an Graf Michael von Secretari“ Wolkenstein-Rodenegg zu verkaufen. Wenn auch vielleicht nicht alles aufge- Es umfasste die Stadt und das Gericht zählt ist: Ein luxuriöser, fürstlicher Haus- Lienz samt Schloss Bruck, sowie die halt? Abgesehen von den Waff en gab Gerichte Kals und Virgen. Vor Ausferti- es diese Dinge in jedem Bauernhof! gung des Kaufvertrags wurden die in 1643: In einem Bericht heißt es: „Das der Burg Rabenstein befindlichen Schloß Rabenstein in Virgen ist gar „Reichtümer“ registriert und schriftlich schlechtlich in Bau und Dachung erhal- festgehalten: ten, und eine Zeit her anderes nicht, als „Inventar im Sloss Virgen. Haknpuchsn was die äußerste Not erfordert, gebauet (Gewehre), alt Pulfer Taschn, Pley- worden.“ (Zitat leicht verändert) kugln, Armbrost-sewl, Armbrost-Krapn 1653: Nachdem die Familie Wolken- (Vorrichtungen zum Spannen einer stein-Rodenegg in den Konkurs geschlit- Armbrust), ledige Pogen (Bogen ohne tert war, wurde ihr Osttiroler Besitz – Sehne), alte Köcher, alter schwerer somit auch Virgen und Rabenstein – an Eysenhuet von Plech, Sweinspiesse, das Haller Damenstift verkauft. Mittler- geschiffte Pfeyle, Püchsnpulfer, Swebl weile betrug der Kaufpreis jedoch mit dem Sackh (Schwefel, wurde zur 142.000 Gulden, also fast das Sieben- Herstellung von Schwarzpulver benö- fache der ursprünglichen Summe! tigt), Poyn (Fussfessel), Armeysn“. 1655: Pfarrer Christoph Troyer schrieb Soweit die Waffen, es geht mit den Ein- an das Salzburger Konsistorium, dass richtungsgegenständen weiter: auf der Burg Rabenstein eine hohe, „Alter Tis ch und alter Kastn vor der 8 Klafter lange Mauer gegen die Kapelle Stubn, Spanpedt (Spannbett), unge- hin eingestürzt sei (ca. 15 Meter, da ein fasstes Wachterhorn, lange Truchen in Klafter 1,89 m hatte). Daraufhin habe der neuen Kammer, Mehltruhen, alte man das Gotteshaus geräumt, die Altar- Melvässer, alte Truhen im Keller, 1 Peutl Reliquien in die Pfarrkirche übertragen Vass (?), Speystruhen im Kasten (Korn- und den Altar selbst profaniert (die Weihe kasten), alte Aimer im Speysgaden, rückgängig gemacht, „verweltlicht“).

Abb. 42

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Es ist nicht zu verstehen, warum die Grund der „allerhöchsten“ Anordnung Pfleger weitere 50 Jahre in dieser ver- seine Pforten geschlossen werden. Das fallenden, dem Untergang geweihten im Lauf der Zeit angehäufte, beträcht- Anlage blieben, wäre ihnen doch mittler- liche Vermögen übernahm der Staat weile ein neuer Amtssitz zur Verfügung (Kapital, Besitztümer, herrschaftliche gestanden. Rechte – und damit auch Rabenstein). 1703: Erst Jakob Miller entschloss sich 1852: Nach den Revolutionen und Kämp- zur Übersiedelung ins Dorf und gab fen des Jahres 1848 endete die alte damit die Burg dem endgültigen Ruin Form der Grundherrschaft, sodass die preis. Ihr Bauzustand wird in der Zwi- Burg nunmehr zum Privatbesitz wurde. schenzeit wohl entsprechend desolat Im Mittelpunkt des Interesses stand geworden sein. unser Schloss eigentlich nie, doch jetzt 1783: Kaiser Joseph II., „berüchtigt“ rückte es an den Rand des völligen Ver- wegen radikaler Reformen, löste alle gessens. In der Regierungszeit des Hal- „nutzlosen“ Klöster auf – das betraf sei- ler Damenstifts achtete niemand auf sei- ner Meinung nach solche, die keine sozi- nen langsam fortschreitenden Verfall, alen Dienste leisteten (Krankenpflege, was sich auch während der staatlichen Bildungswesen). Das „Königliche Stift zu Herrschaft nicht änderte. Wenn schon Hall“ – so die korrekte Bezeichnung – offizielle Stellen keine Anstalten dazu blieb von dieser Maßnahme nicht ver- machten, wie sollte der jetzt nachfolgen- schont. Obwohl es kein Kloster, sondern de, private Besitzer das noch vorhande- eine religiös ausgerichtete Gemeinschaft ne Kulturgut bewahren? – ihm fehlten adeliger Fräulein war, mussten auf doch überhaupt alle Möglichkeiten!

Abb. 43: Lang hätte diese „Brücke“ über dem Fensterbogen nicht mehr gehalten!

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„Neuere“ Geschichte 1962 oder 1963: Große Teile des Berg- 1984: Beginn der Arbeiten zur Festigung frieds sind im Laufe der Zeit so „morsch“ des Mauerwerks, um einen weiteren Ver- geworden, dass während eines Gewitters fall zu stoppen. Der Anstoß dazu kam die östliche und die südliche Wand ein- von Dipl.-Ing. Anton Draxl, dem es auch stürzten. Da nicht vorhersehbar war, wann gelang, die Finanzierung sicherzustellen. oder wo neuerlich Steine aus den Mauern Im ersten Jahr waren das immerhin brechen, wurde auf einer Tafel vor dem 250.000 Schilling, mit denen der Ministe- Betreten der Ruinenstätte gewarnt. rialenturm saniert werden konnte.

Abb. 44: Der Ministerialenturm im Jahr 1976, eine Abb. 45: Die Sanierung der oberen Hälfte ist noch Gefahr für jeden Vorübergehenden ausständig, wurde aber auch erledigt

Abb. 46: Die „erste Partie“ (später haben auch andere Männer hier gearbeitet), von links: Unbekannt; Johann Weiskopf, vulgo Hanneser; Anton Berger, vulgo Tholer; Gregor Stadler, vulgo Moser; Anton Oberwalder, vulgo Peterler; Josef Berger, vulgo Mangeler

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Vor Beginn der Arbeiten waren auf die- Zufahrt für die Lieferung von Sand, Kalk ser hochgelegenen Baustelle einige und Zement. Ohne hier auf Details ein- Probleme zu lösen, es gab ja kein Was- gehen zu können – findige Köpfe wuss- ser, keinen elektrischen Strom, keine ten und wissen sich immer zu helfen!

Abb. 47: Beförderung des Materials: Per Aufzug Abb. 48: Schalung zur Wiederherstellung eines zur Baustelle, per Lift in die Höhe Rundbogenfensters

Abb. 49: „Versiegeltes“, gefestigtes Mauerwerk der östlichen Wand (Aufnahme: 1985)

Abb. 50: Die Warntafel blieb stehen, bis alle Bauteile gesichert waren (Aufnahme 1985)

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Abb. 51: Durch seinen Einsatz wurde erhalten, was von Rabenstein noch übrig war: Dipl.-Ing. Anton Draxl, seinerzeit Geschäftsführer der Nationalparkkommission und in dieser Eigenschaft „Anstifter“ für die Sanierungsmaßnahmen

Abb. 52

Abb. 53

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Mai 1999: Angelei- tet von Dipl.-Ing. Walter Hauser, Dr. Kurt Nicolussi und Dr. Harald Stadler untersuchten Stu- denten/innen der Universität Inns- bruck die Ruine auf „Herz und Nieren“. Was dabei ans Tageslicht kam, bereicherte das Wissen über die Burg vor allem auf drei Gebieten: Abb. 55 ➢ Entstehungsgeschichte – es konnten Trambalken am Bergfried und des die einzelnen Bauphasen festgestellt Bretts vom Abort wurden die werden (siehe Abbildung 10) Erkenntnisse der Bauanalyse bestä- ➢ Dendrochronologie – durch die tigt und verfeinert Untersuchung der noch verbliebenen ➢ Archäologie – zahlreiche Kleinfunde aus der Zeit zwischen dem 13. und 17. Jahrhundert gaben Einblicke in das Leben der Burgbewohner (Mes- ser, Bruchstücke von Keramik, Nägel und vieles andere mehr) Ziel dieser Forschungsarbeit war, die wissenschaftlichen Ergebnisse auf Schautafeln im Burghof der Öffentlich- keit zugänglich und bekannt zu machen. Das geschah am

23. Juni 2001: Präsentation der vier „Burg-Geschichte-Tafeln“ durch Dr. Harald Stadler und Bürgermeister Ing. Dietmar Ruggenthaler. An diesem strah- lend schönen Tag pilgerten viele Inter- essierte zur Ruine hinauf und begutach- teten die neuen Schauobjekte. Dann gab es noch ritterliche Zweikämpfe zu sehen, vorgeführt durch Mitglieder des Verei ns „Elefanten“ aus Südtirol. Ein „mittelalterliches Fest“ mit kulinarischen Köstlichkeiten beschloss den Tag; wie lange es gedauert hat? – darüber Abb. 54 schweigt die Chronik.

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C. DIE PFLEGER Aufgabenbereiche Sie waren die Verwalter des „Gerichts letzungen, Beleidigungen, Verstöße Virgen“, zu dem auch Prägraten und gegen die Flur- und Waldordnung, Teile des Defreggentales gehörten. Sachbeschädigungen, Diebstähle und Unter ihnen befanden sich, vor allem in viele andere „Lappalien“. Der Pfleger der ersten Zeit, vorwiegend Bürgerliche, bemühte sich in erster Linie um einen später entstammten die meisten dem gütlichen Vergleich; gelang das nicht, niederen Adel. Alle hatten eine über das verhängte er recht „saftige“ Geldstrafen. „normale“ Maß jener Zeit hinausgehen- Aus dem Jahr 1702: Eine Frau kam de Bildung, galt es doch, nicht nur täg- durch ihre Nachbarn in den Verruf, sie lich anfallende Akten zu erledigen, son- würde den Kühen auf der gemeinsamen dern auch als Richter Urteile wegen Weide etwas zufüttern, wodurch sie kleinerer Vergehen zu fällen. Etliche weniger Milch geben. Das ließ die Schriftstücke aus dem 17. und 18. Jh. Beschuldigte nicht auf sich sitzen, klag- tragen den Vermerk „J. U. Lit.“, die te wegen „übler Nachrede“ und verlang- Abkürzung der lateinischen Worte „iuris te eine öffentliche Abbitte. In der Ver- utriusque licentiatus“. Übersetzt heißt handlung gestand sie freimütig, das das: Lizentiat (ein früherer akademi- „Kraut Lustig“ ins Futter gemischt zu scher Titel) beider Rechte, sowohl des haben, allerdings in gutem Glauben, hat weltlichen wie des kirchlichen. In die sie es doch zusammen mit anderen Zuständigkeit dieser „niederen Gerichts- Kräutern weihen lassen. Ihr wäre nicht barkeit“ fielen beispielsweise Körperver- bekannt gewesen, dass Kühe dadurch

Abb. 56: Morgenrot – Schlechtwetterbot‘; aber eine herrliche Beleuchtung

30 Virger Heimatblätter, Nr. 11, Jahrgang 2015 die Milch verlieren würden. Schlussend- Geld!) und „... einander die Hand zu bie- lich musste die Klägerin „... an Eid statt ten und zu röcken, umb Erzeugung gue- anloben, erstlich, dass sie umb diese ter neuer Freund- und Nachberschaft.“ Wirkung nicht gewußt hat ...“ und den Keine Ahnung, wie Liebstöckel (auch Nachbarn keinen Schaden zufügen Maggikraut = Kraut Lustig) auf Kühe wollte, „...und fürs ander, dass man sol- wirkt; das Beispiel soll ja nur zeigen, mit ches hinfür nimbermehr gebrauchen welchen „Problemen“ ein Pfleger kon- oder fietern wolle.“ Dann hatten beide frontiert war und wie salomonisch man- Parteien sechs Taler zu zahlen (viel ches Urteil ausfiel.

Abb. 57

Abb. 58 Seine weiteren Aufgaben: Eintreiben der Schuldbriefe, Aufrichten von Bürgschaf- Steuern und Abgaben (das erledigte in ten, Testamente, Verträge anderer Art jeder Fraktion ein von ihm Beauftragter), (z. B. Leibrente) und vieles mehr, das Erbschaftsangelegenheiten, Kaufverträ- schriftlich festgelegt werden musste – ge bzw. Tauschabkommen von Grund konnten doch die wenigsten Einheimi- und Boden, Pfandverschreibungen, schen in jener Zeit lesen oder schreiben.

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Besondere Aufmerksamkeit widmete te in allen wirtschaftlichen Angelegen- der Pfleger den sogenannten „Gerha- heiten, achtete darauf, dass kein Real- ben“ – heute würden wir dazu Sachwal- besitz verloren ging und hatte manch- ter oder auch Vormund sagen. Frauen mal bei finanziellen Engpässen mit waren bis ins 20. Jahrhundert vom eigenem Geld auszuhelfen. Über all das Mann abhängig und durften keine wich- musste er dem Pfleger von Zeit zu Zeit tigen Entscheidungen selbständig tref- Rechenschaft ablegen. Der Gerhab fen, sie konnten auch nicht ohne männ- wurde erst dann von seinen Pflichten lichen „Beistand“ vor dem Pfleger entbunden, wenn von den betreuten erscheinen. Einer verwitweten Frau mit Kindern die Söhne „vogtbar“, das heißt noch unmündigen Kindern wurde der mündig, volljährig, die Töchter verheira- „Gerhab“ zu r Seite gestellt. Er bestimm- tet waren.

Abb. 59: Gewitterstimmung über Rabenstein

Für Schwerverbrechen war das Hoch- gereien und Eigentumsdelikte, Gottes- oder Blutgericht in Lienz zuständig. Wie lästerung, andauernder Ehebruch, der Name schon sagt, konnten von ihm sexuelle Abnormitäten (z. B. Sodomie) neben der „peinlichen Befragung“ (Fol- etc. fielen ebenfalls in die Zuständigkeit ter) auch Todesstrafen angeordnet und des Landgerichts und wurden mit Ker- vollzogen werden. Das geschah vor ker bestraft. Als höhere Instanz hatte es allem bei Mord, Raub, Falschmünzerei, außerdem bei nicht enden wollenden Vergewaltigung und der vom Mittelalter Streitigkeiten Recht zu sprechen, sowie bis in die Neuzeit so gefürchteten Hexe- bedeutende Vermögensübertragungen rei bzw. dem Schadenszauber. Gröbere oder Testamentsvollzüge urkundlich zu Fehltritte, etwa Meineid, schwe re Betrü- bestätigen.

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Amtssitze Nach dem Verlassen der Burg „residier- ten“ die Pfleger in zwei anderen Gebäu- den. Vom ersten ist in der Hofmann- Chronik überliefert: „Da Rabenstein zur Wohnung unbrauchbar zu werden anfing, war 1654 schon der Antrag, hier im Dorfe ein Pfleghauß zu erbauen. Im Jahre 1658 wurde deshalb von der hie- sigen Gemeinde das dem Wirth Chri- stoph Schultes zugehörige Hauß um 380 f (Gulden) erkaufet und mittlerzeit zur Pflegerwohnung erbauet.“ Dieses „erkaufte Hauß“ heißt jetzt Gast- hof „Neuwirt“. Pfarrer Valentin Fercher ließ es errichten, weil ihm das Widum zu unwohnlich, kalt und zugig vorkam. Fercher, 1556 geboren, war verheiratet und hatte drei Töchter. Nach dem Tod seiner Frau vollendete er das Theolo- giestudium, wurde 1592 zum Priester Abb. 60: Inschrift auf der Türe zum Erkerzimmer geweiht und 1595 Pfarrer in Virgen. Als des Gasthofs „Neuwirt“ seine Tochter Katharina 1606 den Lien- zer Balthasar Schultes ehelichte, über- und bewohnte als erster das hier im ließ er den frisch Vermählten sein neues Dorfe hergestelte Pfleghauß.“ Nach ihm Heim, die es zu einem Gasthaus umge- diente es noch weiteren vier Pflegern stalteten. Im Jahr darauf vermerkte der als Wohnung und Kanzlei, bis das Hal- stolze Vater anlässlich einer Hochzeit: ler Damenstift seinen Verwaltern ein „Erstes Festmahl, das mein Schwieger- neues Domizil zur Verfügung stellte. Es sohn Balthasar Schultes in dem von mir war 1746 bezugsfertig, wurde 1820 zum erbauten neuen Hause gegeben hat.“ Schulhaus umfunktioniert und ist heute Warum der 1608 geborene Christoph Sitz des Gemeindeamts. Schultes das Haus seines Großvaters Die Inschrift an seiner Ostwand verrät verkaufte ist ebenso unbekannt wie das Jahr der Erbauung, sie ist ein Chro- dessen Verwendung zwischen 1658 nogramm: Zählt man die rot geschriebe- und 1703. nen Buchstaben als römische Ziffern „In diesem Jahre zog der damalige Pfle- der Reihe nach zusammen, so ergibt ger Jakob Miller ... vom Schloße herab das die Summe 1746.

PAX VIVA HVIC DOMVI CAETERISQVE INTRANTIBVS PAX VIVA HUIC DOMUI CAETERISQUE INTRANTIBUS Friede (und) Heil diesem Haus und allen, die eintreten Wenn jemand gerne nachrechnen möchte: I = 1 C = 100 V = 5 D = 500 X = 10 M = 1.000

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Amtsträger Sie wurden anfänglich ohne Nachnamen genannt und als „Richter“ oder „Amtmann“ bezeichnet; der Titel „Pfleger“ setzte sich erst später durch. ➢ Vor 1269: „... der alte Richter Ulrich“ ➢ Um 1278: Dietleib ➢ Um 1301: Leo vom Haus ➢ Um 1303: Eberhardo „clavigero“ (lat. clavis = Schlüssel; clavigero = Schlüsselträger = Amtmann) ➢ Um 1312: Frydrych (Friedrich) von Göriach ➢ Um 1316: Jakob von Lavant, Richter und Pfleger ➢ Um 1322: Hadmar ➢ 1330 – 1342: Jakob ... ➢ Um 1360: Hanns ... ➢ 1367 – 1372: Chunrad Hölzel ➢ Um 1397: Heinrich ob der Mellitz ➢ Um 1423: Leonhard Kulterer ➢ 1436 – 1454: Christoph Hornberger ➢ 1454 – 1459: ... Pandorfer ➢ 1459 – 1472: Conrad Hornberger Abb. 61: Rueland Stral hat das Fresko „Martyrium ➢ 1473 – 1477: Hanns Schwab des hl. Sebastian“ in der Kirche von Obermauern ➢ 1478 – 1500: Rueland Stral gestiftet und ist auf ihm mit seiner Frau verewigt ➢ 1501 – 1522: Ulrich Mutscheller ➢ 1522 – 1536: Bernhard Fagglmayr ➢ Abb. 62: Siegel des Rueland Stral, 1536 – 1548: Hans Murg et von auch hier ist, wie auf dem Fresko, Nussdorf das Wappen mit den zwei Pfeilen ➢ 1549: Michael Angst zu sehen ➢ 1550 – 1560: Stephan Lercher ➢ 1561 – 1589 und 1593 – 1595: Adam den Pfleger für kurze Zeit aus dem Tal. Da Teutenhauser ihnen der Einsatz von Militär und drakoni- ➢ 1589 – 1593 und 1595 – 1609: Caspar sche Strafen angedroht wurden, mussten Teutenhauser, Sohn des Adam die Aufrührer bald wieder klein beigeben. ➢ 1609 – 1647: Georg von Hebenstreit ➢ 1710 – 1721: Franz Klettenhammer ➢ 1647 – 1662: Veit Jakob von Heben- ➢ 1721 – 1733: Josef Hibler streit, Sohn des Georg ➢ 1733 – 1742: Michael Hibler, Neffe Jetzt scheint ein Name in Verlust gera- des Josef ten zu sein, die Liste wird erst fortge- ➢ 1742 – 1753: Josef Anton Leopold setzt mit Casimir Sterzinger von Siegmundsried, ➢ 1695 – 1710: Jakob Andreas Miller von auch Liechtenwehr und Münster, ein Aichholz, der 1703 das Schloss verließ. „hoher Herr“ mit etlichen weiteren Im Jahr darauf revoltierten die Bauern Titeln. Aber schon bald beklagten sich wegen der hohen Abgaben und vertrieben die Virger über ihn – er sei fast taub und

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Abb. 63: Ausschnitt von einem Votivbild des Jakob Miller in der Wallfahrtskirche Obermauern. Die Inschrift: „Zu Lob und Ehr der Allerseelligisten Junckhfraun Müetter Gottes Maria Hilf Hat der Wol Edl Herr Jacob Andree Miller von Aichholz Pfleger der Gerichter Virgen und Teffereggen dise Tafl alhero machen lassen. Ano 1700“

verlange zu viel Gebühren. Sie baten, (gute Händler), ehrenvoll und spar- Herrn Schranzhofer als neuen Pfleger sam. Arbeitsam sind sie alle.“ einzusetzen, der sei nicht so „hoch ➢ 1787 – 1796: Josef Kassian Kaler wohl geboren“ und habe hoffentlich von Lanzenheim, Bruder des oben mehr Verständnis für die armen Unter- genannten Christoph Alexander tanen. Sterzinger wurde dann 1753, ➢ 1796 – 1807: Josef Cornel (Korneli- erst 38 Jahre alt, tatsächlich wegen us) von Schullern zu Schrattenhofen Gehörlosigkeit des Amtes enthoben. und Ritter des Heiligen Römischen ➢ 1753 – 1760: Josef Ignaz Schranz- Reiches, der letzte Pfleger in Virgen. hofer aus 1805 übernahm das mit dem französi- ➢ 1760 – 1767: Christoph Alexander schen Kaiser verbündete Bayern in Tirol Kaler von Lanzenheim die Regierungsgewalt, eine Folge der ➢ 1767 – 1782: Johann Gebhard Niederlagen Österr eichs gegen Napole- Hanenberg on. Die neuen Herren begannen sofort ➢ 1783: Johann Tausch weitreichende Reformen durchzusetzen, ➢ 1784 – 1786: Franz Karl Hibler aus denen u. a. auch die althergebrachten Sillian. Von ihm stammt ein Bericht Pfleggerichte zum Opfer fielen – sie über den Charakter der Menschen im wurden aufgelöst. An ihre Stelle traten „Gericht Virgen“ (nicht wörtlich zitiert): neu geschaffene Landgerichte, die ein „Die Virger sind nach ihrer Art aufge- viel größeres Gebiet umfassten, in weckt, denkend, gehorsam, religiös, unserem Fall das Landgericht Lienz, aber auch geschwätzig, hinterhältig, dem ab 1813 die Expositur (Nebenstel- verstellt und genäschig. Die Defereg- le) Windisch Matrei unterstellt wurde ger hingegen aufgericht für Handlung (später Bezirksgericht).

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D. DAS BENEFIZIUM Als Benefizium (wörtlich aus dem Latei- anderen in Prägraten, Matrei, Kals, nischen: Wohltat) bezeichnete man ver- Hopfgarten/Def. und St. Jakob/Def. liehene Ländereien, im kirchlichen Zum besseren Verständnis des Folgenden: Sprachgebrauch waren es „Pfründe“. Vierlinge waren örtlich verschieden groß; Kurz gesagt: Der Stifter stellte so viel 1 Virger Zinsvierling fasste 14,6 Liter. Da Grundbesitz und zinspflichtige Bauern- die Getreidesorten nicht gleich schwer höfe zur Verfügung, um dem Benefizia- sind, wurde für die Umrechnung von Liter ten = Inhaber des Benefiziums, ein hin- in Gewicht der Durchschnittswer t 0,6 ange- reichendes Auskommen zu sichern. nommen, sprich: 1 Liter = 0,6 kg. Das 1333 von Graf Albert IV. gestiftete Beispiele: Das Eggergut auf Mellitz Benefizium für den Burgkaplan auf hatte jährlich 1 Gulden und 18 Kreuzer, Rabenstein umfasste (ohne alle Einzel- 60 Vierlinge Korn (876 Liter = ca. 525 heiten anführen zu können): kg), „4 Hünner und 30 Ayer“ abzuliefern. ➢ 7 Grundstücke, die zusammen 10.027 Die Jobmayr Hube in Virgen: 4 Gulden Klafter (ca. 40.700 m² oder ein bis- 14 Kreuzer, 14 Vierlinge Weizen (122 kg), schen mehr als 4 ha) maßen, etwa den 4 ½ V. Bohnen (fast 40 kg), 42 V. Roggen heutigen „Pfarrbichl“, damals „Kapla- (368 kg), 12 V. Gerste (105 kg), 36 V. neybichl ober dem Jobmayr Hauß, Hafer (315 kg), zusammen 108 ½ Vier- Aker und Maad, 3.257 Klafter“ (13.200 linge = 1.584 Liter oder 950 kg, nahezu m²) oder den „Kaplaney Anger, Aker eine Tonne! Als Draufgabe noch „1 Gaiß, und Maad, 2.500 Klafter“ (10.150 m²). 1 Frischling, 8 Hünner und 69 Ayer“. Diese Flächen werden wohl verpachtet Die Obkircher Schwaige in St. Jakob/ und nicht von den Benefiziaten eigen- Def: Kein Getreide, dafür 11 Gulden händig bearbeitet worden sein. 56 Kreuzer Bargeld und ca. 3 ½ kg ➢ 11 Freistiftgüter, 4 davon in Virgen, die „Schmalz gesottenes“.

Abb. 64

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Pro Jahr bezog der jeweilige Benefiziat von diesen 11 Freistiftgütern: 48 Gulden und 22 Kreuzer, 288 ½ Vierlinge Korn (4.212 Liter = mehr als 2.500 kg), sowie 4 ¼ Frischlinge, 1 Ziege, 1 Gstraun, 12 Hühner, 99 Eier und 5 ½ kg Schmalz – beziehungsweise den in Geld umge- rechneten Wert der Naturalien. Auch das gab es einst: Die 11 dem Bene- fizium verpflichteten „Hoamatlan“ waren so zerstückelt, dass 59 (! ) Zensiten = Abgabenpflichtige aufscheinen. Der eine hatte da ein winziges Ackerle, der andere dort einen Fleck zum Mähen, der dritte eine Bergwiese für ein oder zwei „Füder- len.“ Diese Verhältnisse bescherten dem Burgkaplan fallweise willkommene Abb. 65: Fresko in der Kirche zu Obermauern: „Tod Nebeneinnahmen: Das Freistiftrecht sah und himmlische Verklärung Marias“ mit der Figur vor, dass bei einem Besitzwechsel, des Stifters am unteren Rand des Gemäldes. „Hic op[u]s fecit fieri dns [dominus] paulus Sweina- gleichgültig ob durch Erbschaft, Kauf cher capellan[u]s in castro rabmstain anno domini oder Tausch, 5 % des Wertes der Lie- M CCCC LXXX VIII“ – Dieses Werk ließ Herr Paul genschaft als „Ehrung“ an den Grund- Schweinacher, Kapellan auf Schloss Rabenstein, im Jahr des Herrn 1488 verfertigen. herrn zu entrichten waren. Für die erbli- che Übernahme eines Hofes konnten Benefiziaten auf Rabenstein: durchaus 400 bis 500 Gulden fällig wer- ➢ Von 1333 – 1467 unbekannt den – ein Betrag, der den armen Erben ➢ 1476: Paul Schweinacher, gesichert tief in die Schulden stürzte. Bei kleineren bis 1490. Dann klafft eine Lücke bis Äckern und Mahden machte die „Ehrung“ ➢ 1595: Heinrich Lahntaler. Über ihn entsprechend weniger aus, brachte aber steht nur Schlechtes geschrieben: doch immer wieder Geld in die Kassa des Ein sehr unordentlicher Priester, der Benefiziaten, weil anzunehmen ist, dass di e meiste Zeit betrunken war; „er zwischen den 59 „Nutzern“ des Öfteren hatte von einer Konkubine (Gelieb- Grundgeschäfte abgewickelt wurden. ten) 2 Knaben und 7 Mädchen.“ Nachdem die Burgkapelle im Jahr 1655 ➢ 1622: Blasius Bergaminus wegen Einsturzgefahr aufgelassen wer- ➢ 1625: Bartholomäus Kerschbaumer den musste, kam das Benefizium dem ➢ 1643: Martin Gasser Schlosskaplan in der Liebburg zugute. ➢ 1655: Paul Hibler Während der Regierung des „Klosterrefor- Benefiziaten in der Liebburg: mers“ Kaiser Josephs II. gelang es Pfarrer ➢ 1669: Ulrich Molinari Chrysogonus Plankensteiner 1787, die ➢ 1684: Michael Hibler Stiftung wieder nach Virgen heimzuholen, ➢ 1707: Johann Heinrich Mohr um damit einen zweiten Kooperator ➢ 1734: Franz Xaver Maurer bezahlen zu können. Das bedeutete frei- ➢ 1739: Johann Baptist Kranz lich ihr Ende, denn nun wurden die Ein- ➢ 1769: Johann Martin Kranz. Nach nahmen aus dem Benefizium nicht mehr seinem Tod im Jahre 1786 kam das extra ausgewiesen, sondern „verschwan- Benefizium wieder in den „ange- den“ im allgemeinen Kirchenvermögen. stammten Ort“ zurück – siehe oben.

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Fotos von Walter Berger

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E. DER BURGHÜGEL

Abb. 66: Gemälde von Eduard Giacomozzi, datiert mit 9. 7. 1934

Was kaum jemand weiß: mit dem Burg- nur von den Blättern der Brennnessel hügel haben wir – aus naturkundlicher ernähren; wo man sämtliches „Unkraut“ Sicht – eine wahre Kostbarkeit vor ausgerottet hat, gibt es auch keinen die- unserer Haustür. Als „Trockenstandort“ ser schönen Schmetterlinge mehr. ist er Lebensraum für einige speziell an Zurück zum Thema Rabenstein: Giaco- solche Verhältnisse angepasste Pflan- mozzi hat die Burg und ihre Umgebung zen und Tiere. Leider wird dieses Biotop mit ein wenig künstlerischer Freiheit durch die zunehmende Verbuschung dargestellt, doch ist sowohl auf seinem von Jahr zu Jahr kleiner und könnte in Gemälde wie auch auf dem Foto der absehbarer Zeit völlig zugewachsen Abb. 8 zu sehen, dass der Hügel früher sein. kaum bewaldet war. Damals wurden die Manche Pflanzen lieben nicht n ur, son- Flächen erstens öfter und zweitens dern benötigen für ihr Gedeihen trocke- nicht nur durch Rinder, sondern auch ne, sonnige Standorte, wie sie der Burg- von Schafen und Ziegen beweidet, die hügel bietet. Wirft ein in ihrer Nähe den aufkommenden Busch- und Baum- wachsender und immer höher werden- wuchs verbissen. Dadurch ergaben sich der Baum oder Strauch dauernd Schat- „paradiesische“ Zustände für eine auf ten auf sie, wird ihnen die Lebensgrund- trockenes und heißes Klima angewie- lage entzogen; sie verkümmern, ver- sene Vegetation. Es wäre nicht bloß schwinden und mit ihnen auch einzelne schön, sondern im Sinne des Natur- Tiere, die von ihnen abhängen. Das schutzes äußerst wichtig, diese Vielfalt bekannteste Beispiel für eine solche weiterhin zu erhalten oder ihr in Zukunft Wechselbeziehung ist wohl das Tag- vielleicht sogar wieder mehr Raum zu pfauenauge. Seine Raupen können sich geben.

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Wissenschaftler/innen der „Naturkundlichen Arbeitsge- meinschaft Osttirol“ (NAGO) haben im Sommer 2014 eine Bestandsaufnahme der Flora (Pflanzen) und Fauna (Tiere) des Burghügels durchgeführt, die in Datenbanken bzw. als Berichte dokumentiert wurden. Hier sollen in erster Linie die seltensten oder vom Aussterben bedroh- ten Arten aus dem Ergebnis dieser Untersuchung vorge- stellt werden.

Abb. 67

Pflanzen Begehung durch Mag. Dr. Oliver Stöhr pflanzen, Moose waren ausgeklammert. und Mag. Susanne Gewolf. Festgestellte Arten: 290, davon 16 unter Erhoben wurden nur Farn- und Blüten- Naturschutz, 3 gelten als stark gefährdet.

Abb. 68: Lienz-Tragant (Foto: Oliver Stöhr)

Dieser Schmetterlingsblütler wurde erst- nergebiet und eben in Osttirol vor. Hier gibt mals in der Nähe von Lienz gefunden, es kleine Bestände in den Gemeinden daher sein Name. Der Botaniker Franz Kals am Grgl., Matrei und Virgen. Da ihm Xaver von Wulfen hat ihn dann 1781 wis- bloß noch so wenige Standorte verblieben senschaftlich beschrieben. Österreichweit sind, ist er in die Rote Liste gefährdeter kommt er nur mehr im Oberinntal, im Bren- Pflanzen aufgenommen worden.

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Abb. 69: Tauern-Sand-Esparsette (Foto: Oliver Stöhr)

Ein besonderes Juwel, weltweit nur bei uns, in Heiligenblut und im Südtiroler Ahrntal vorkommend. Es liegt wohl auf der Hand, dass diese Rarität einen besonderen Schutz genießen sollte, ist sie doch auch alleinige „Wirtspflanze“ für einen Tagfalter, den seltenen Kleinen Esparsettenbläuling.

Weitere, als gefährdet eingestufte Arten ➢ Rispen-Flockenblume ➢ Kleinblättrige Grün-Ständelwurz (eine Orchidee) ➢ Heide-Augentrost ➢ Keilblatt-Rose ➢ Süd-Skabiose ➢ Steppen-Sesel

Abb. 70: Rispen-Flockenblume

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Vögel Zu einem anderen Zeitpunkt könnten es lenbrüter (z. B. Meisen) in den Mauer- auch mehr sein; 2014 wurden von Mag. spalten der Ruine ihre Nester gebaut, Matthias Gattermayr insgesamt 23 doch das wurde im Zuge dieser For- Vogelarten beobachtet, die aber nur schungsarbeit nicht näher untersucht. „Gäste“, keine „Standvögel“ auf dem Ein paar besonders schöne Aufnahmen Burghügel waren. Dafür ist seine Fläche von den 23 erwähnten gefiederten mit ca. 5 Hektar zu klein, weswegen Freunde sollen hier ohne genauere sich das Nahrungsangebot in Grenzen Beschreibung Platz finden. Fotografiert hält. Möglicherweise haben auch Höh- hat sie Walter Berger.

Abb. 71: Tannenmeise Abb. 72: Blaumeise

Abb. 73: Goldammer Abb. 74: Stieglitz

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Abb. 75: Buntspecht Abb. 76: Buchfink – Pärchen

Abb. 77: Gebirgsstelze Abb. 78: Rotschwanz füttert jungen Kuckuck

Abb. 79: Sperber Abb. 80: Gimpel – Versammlung

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Reptilien In unserem Bezirk kommen 10 Arten gehungen kein einziges dieser Kriech- von Reptilien vor; fünf gehören zu den tiere zu Gesicht. Schuld daran könnte Eidechsen, die anderen zu den Schlan- das überwiegend kalte und regnerische gen. Als wechselwarme Tiere lieben sie Wetter des vergangenen Sommers sonnige Plätze und müssten sich gewesen sein. eigentlich auf dem Burghügel recht Oliver Stöhr hatte hingegen mehr Glück wohlfühlen. und bekam Ende August 2014 eine Doch wie es der Zufall will, bekam Mag. Schlingnatter im Mauerwerk der Ruine Dr. Martin Weinländer bei seinen Be- vor die Linse seines Fotoapparats.

Abb. 81: Schlingnatter (Foto: Oliver Stöhr) Diese ungiftige Schlange ist als „Repti- etwa Mäuse, nicht. Auf Grund ihres Beute- lienjäger“ bekannt und ernährt sich haupt- schemas müssen also sehr wohl andere sächlich von jungen Blindschleichen, Reptilien im Umkreis der Ruine sein, die Eidechsen und anderen Schlangen, ver- schon Pfarrer Hofmann „... als Wohnsitz schmäht aber auch kleine Säugetiere, der Eulen und Nattern ...“ bezeichnete.

Abb. 82: Mauereidechse Abb. 83: Ringelnatter

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Schmetterlinge Im Untersuchungszeitraum wurden 179 fotografische Dokumentation von drei Schmetterlingsarten registriert, davon Exemplaren. Der Falte r kann nur dort gehörten 28 zu den Tag- und 151 zu existieren, wo die Tauern-Sand-Espar- den Nachtfaltern. Eine besondere Rari- sette wächst – sie ist, wie früher schon tät ist wohl an erster Stelle zu nennen: erwähnt, Lebensraum und Nahrungs- der Kleine Esparsettenbläuling. Osttirol- quelle für seine Raupen. Natürlich weit konnte er bis jetzt einzig und allein scheint dieser seltene „fliegende Edel- auf „unserem“ Burghügel entdeckt wer- stein“ in der Roten Liste gefährdeter den. 2014 gelang die Registrierung und Arten auf.

Abb. 84: Kleiner Esparsettenbläuling (Foto: Oliver Stöhr) Das heutzutage übliche, starke Düngen der Sonnseite von Virgen noch häufig beobach- Felder, damit verbunden die Abnahme des tet werden konnten, sind mittlerweile ver- Reichtums an Blumen und auch das schon schwunden. Wie viele wird in Zukunft das- angesprochene ungehemmte Wachstum selbe Sc hicksal treffen? Selbst der Burg- der Sträucher haben und hatten für manche hügel kann anspruchsvollen und speziali- Schmetterlinge böse Folgen: mindestens sierten Faltern die für sie lebenswichtigen sechs Arten, die vor 30 Jahren auf der Bedingungen nicht mehr bieten.

Abb. 85: Schachbrett (Foto: Helmut Deutsch) Abb. 86: Bunte Waldgraseule (Foto: Eva Benedikt) Beide, der Tag- wie der Nachtfalter, sind noch ungefährdet

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Heuschrecken Bei der Erhebung im Vorjahr gelang der Das bevorzugte Gebiet der „Hüpferlinge“ Nachweis von 15 Arten, zwei davon liegt am Fuß des Hügels. Hier wurden gelten als vom Aussterben bedroht und sowohl die meisten Arten als auch die sind in Tirol vollkommen geschützt. größte Dichte an Tieren festgestellt.

Abb. 87: Buntbäuchiger Grashüpfer – Männchen (Foto: Oliver Stöhr)

Abb. 88: Bunter Alpengrashüpfer – Weibchen (Foto: Oliver Stöhr)

Der fast 90 Seiten umfassende Bericht Rabenstein“ auch weiterhin Heimstatt für endet mit Vorschlägen, welche Maßnah- viele seltene, leider zu wenig beachtete men ergriffen werden sollten, damit die- Tiere und Pflanzen bleibt – doch darauf ser wertvolle Lebensraum „Burghügel kann hier nicht eingegangen werden.

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Quellenangabe:

Auskunftspersonen: Herr Josef Kalser (Leisach, Dürrenburg) Herr Raimund Musshauser (Thurn) Herr Josef Berger, vulgo Egger, wusste durch Erzählungen seines Großvaters über die Wasserversorgung von Raben- stein so genau Bescheid, zeigte mir den „Röasteig“ bzw. die „Wåsserstub‘n“ und gab seine Kenntnisse gerne weiter Dipl.-Ing. Anton Draxl und Anton Berger, vulgo Tholer (Informationen zur Sanierung der Mauerreste) Univ.-Doz. Dr. Harald Stadler (Erklärung von Fachausdrücken) Literatur: Div. Autoren: Bezirkskunde Osttirol, Ausgabe 1993 (kein ISBN) Ausgabe 2001 durch Ed. Löwenzahn, Innsbruck, ISBN 3-7066-2267-X Div. Autoren: Österr. Kunsttopographie, Band LVII, Teil 1, „Osttirol“, Verlag Berger, Horn, 2007, ISBN 978-3-85028-446-2 Josef Weingartner: „Das Burgfräulein von Rabenstein“ (Roman), Verlagsanstalt Tyrolia, Innsbruck, 3. Auflage, 1961, kein ISBN Pfarrer Joseph Andreas Hofmann: „Kolligenda oder Beschreibung der Pfarre Virgen“, 1826, im Pfarrarchiv Virgen Dr. Andreas Lippert: Teilweise Kopie seiner Habilitationsschrift über die Grabungen auf der „Burg“ in Obermauern, Innsbruck, 1972, erschienen in „Reclams Archäologieführer Österreich und Südtirol“, Stuttgart, 1985, ISBN 3-15-010333-9 J. Wechsel berger: „Schloß Rabenstein“, Osttiroler Heimatblätter, Heft 5, 1926 OSR Erwin Kolbitsch: „Schloß Rabenstein“, Osttiroler Heimatblätter, 48. Jg., Nr. 7, Juli 1980 Unbekannter Autor: Handschriftliche Kopie einer Artikelserie über die Geschichte Osttirols, Jahr ebenfalls unbekannt Div. Autoren: Österr. Kunsttopographie, Band LVII, Teil 3, „Osttirol“, Verlag Berger, Horn, 2007, ISBN 978-3-85028-448-6 Artikel über die Untersuchung der Burg im „Osttiroler Boten“ vom 27. Mai 1999 OSR Erwin Kolbitsch: „Die Pfleger von Virgen“, Osttiroler Heimatblätter, 48. Jg., Nr. 8, August 1980 Lois Ebner: Ein gewisses „Kraut Lustig“, Osttiroler Heimatblätter, 65. Jg., 1997, Nr. 8 Internet: https://de.wikipedia.org/wiki/Burgruine_Rabenstein_(Virgen) https://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Hochosterwitz http://www.landesmuseum.at/pdf_frei_remote/VeroeffFerd_3_22_0057_0095.pdf (Münzfunde) https://de.wikipedia.org/wiki/Elekt http://www.salzburg.com/wiki/index.php/Philipp_von_Spanheim https://de.wikipedia.org/wiki/Frieden_von_Lieserhofen http://www.regionalgeschichte.net/bibliothek/glossar/alphabet/r/recht-im-mittelalter.html (Hohe und niedere Gerichtsbarkeit) Bildnachweis: Aus dem Internet: Abb. 6 und 7: http://www.uttendorf.at/system/web/sonderseite.aspx?menuonr=220065396&detailonr=220065396 Abb. 18 und 20 bis 26: http://www.burgenseite.com/pfaffenstoeckl_txt.htm Abb. 27: http://www.woerthersee.com/de/sehenswertes/view/395 Abb. 37: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:41_Commodus.jpg Abb. 38: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/41/076_Philippus_II.jpg Abb. 41: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:205Leonhard von Görz und Paula Gonzaga. jpg Abb. 66: http://www.bildarchivaustria.at/Pages/ImageDetail.aspx?p_BildD=3473770 Abb. 70: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Centaurea_stoebe.jpg Abb. 82: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:WallLizard.jpg (Manfred Heyde) Abb. 83: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Couleuvre_collier_62.JPG Aus anderen Quellen: Bildarchiv der Gemeindechronik Virgen: Abb. 1, 2, 8, 13, 31 bis 33, 44, 49, 50, 54, 55, 62 Walter Berger: Titelbilder, Abb. 3, 4, 5, 11, 14 bis 17, 28, 35, 39, 40, 42, 52, 53, 56, 57, 58, 59, 64 Abb. 9: Aus „Tiroler Burgenbuch“, Band IX, Hrsg: Oswald Trapp (Grundriss bearbeitet von Otfried Pawlin) Abb. 10 und 12: Repro von den Schautafeln (Otfried Pawlin) Otfried Pawlin: Abb. 19, 29, 30, 34, 36, 60, 61, 63, 65 Peter Gruber, Nationalpark Hohe Tauern: Abb. 43, 45 bis 48, 51 Die Urheber der Abbildungen im Kapitel E. DER BURGHÜGEL sind entweder im Text oder bei den jeweiligen Fotos angegeben Schlussbild: Repro des Bildes in der Ausstellung „Virgen – Jenseits der Zeit“ (Otfried Pawlin)

Impressum: Medieninhaber und Herausgeber: Gemeinde Virgen, 9972 Virgen. Für den Inhalt verantwortlich: Otfried Pawlin. Herstellung: Fa. Oberdruck Digital Medienproduktion GmbH, 9 991 Dölsach.

47 Die Ruine Rabenstein im Jahr 1846. Kolorierte Federzeichnung von Thomas Ender