MITTWOCH, 16. DEZEMBER 2015 KULTUR 7 Ein Fingerzeig in die Vollendung

Im Finale des Restaurierens der Salzburger Kollegienkirche wird ein besonderes barockes Wechselspiel erneuert.

HEDWIG KAINBERGER Georg Bergmüller, an die Skulptu- mauern, Stuckglorie und Hochaltar ren von Joseph Anton Pfaffinger sowie die beiden großen Seitenaltä- SALZBURG. Der goldene Hand- und die gemalten Fassungen von re saniert sind, beginnt das Finale schuh, der lose das Handgelenk Peter Paul Perwanger – alles Meister mit den drei kleinen Seitenaltären – umspielt und Ton in Ton mit Schu- des bayerischen und Salzburger Ba- für Thomas, Lukas (Medizin) und hen, Mitra und Mantel schimmert, rock – legen die Restauratorinnen Katharina (Philosophie). ist fleckig geworden. Der Ring ist der Firma Neubauer aus Bad Endorf Anders als in der Ivo-Kapelle dem feinen Herrn sogar vom Finger noch in dieser Woche Hand an. Für werden diese drei Altäre nicht gebrochen. Der abgeschabte Mar- sie beginnt erst vor Weihnachten strahlend neu wirken. Zum einen morboden zu seinen Füßen erin- die Winterpause, da die Temperatur ist das von Bundesdenkmalamt, nert an die schändliche Zeit, als in einem so großen, so dick gemau- Erzdiözese und privaten Mäzenen bayerisch-französische Soldaten erten Innenraum mit einigen Wo- gewährte Budget für derart großen hier in der Salzburger Kollegienkir- chen Verzögerung winterlich wird. Aufwand zu knapp. Zum anderen che offene Feuer gemacht und die- Und doch drängt für sie die Zeit. sei es nun das Ziel, den „überkom- sen Prachtbau Johann Bernhard Fi- Bis Juni 2016 – also bis Probenbe- menen Zustand mit alten Restaurie- scher von Erlachs als Lazarett, Stall ginn der Salzburger Festspiele – sol- rungen zu respektieren“, sagt Pro- und Heulager benutzt haben, bevor len sie die letzte große Etappe der jektleiterin Elisabeth Wahl von der er 1810 wieder als Gotteshaus einge- Sanierung der Kollegienkirche mit Firma Monumentum. weiht werden sollte. den Pendants zu jenem Altar bewäl- Die Salzburger Landeskonserva- Die elegante Hand auf dem Buch tigt haben, mit dem das Jahrhun- torin Eva Hody erläutert: „Alles, gehört dem heiligen Burkhard. Er dertwerk vor gut einem Jahrzehnt was im Gesamteindruck nicht stört, flankiert mit Isidor jenen Altar, der begonnen hat. Damals wurde die bleibt Fehlstelle.“ So werden eine Thomas von Aquin, dem Fakultäts- Ivo-Kapelle – für den Patron der Ju- fehlende geschnitzte Rose oder ein heiligen der Theologen, gewidmet risten – mustergültig hergerichtet. abgebrochenes Blatt nicht ersetzt; Detail der Skulptur des heiligen Burkhard, gefertigt von Joseph Anton Pfaf- ist. An das Altarbild von Johann Nun, nachdem Innen- und Außen- und Burkhard bekommt keinen finger 1724 für die Kollegienkirche in Salzburg. BILDER: SN/NEUMAYR/LEO (3) neuen Ring. Während also der Ivo- Altar noch immer wie neu prangt, Hody. Erstaunlicherweise sind den zwölf Nischenheiligen in Tho- Kollegienkirche werden seine drei Pendants als alt manche Flächen matt, manche hin- mas-, Lukas- und Katharinenkapel- Paten gesucht gewordene, behutsam restaurierte gegen glänzend lackiert. „Das ist für le. Diese sind von Holzwürmern so Barockensembles erscheinen. die Fernwirkung gemalt“, sagt Eva arg durchlöchert, dass es die Res- Dabei holen die Restauratorin- Hody. Und Elisabeth Wahl ergänzt: tauratoren nicht wagen, den Staub Der Holzwurm hat die Heili- nen einen aparten Effekt zurück. Fi- Diese Malerei „ist auf Effekt aus“, abzuwischen. Theresa hat eine gen in Nischen derart zer- scher von Erlach hätte diese von wirke allerdings fast unbewusst. Hand verloren, die nun neben ihr brechlich gemacht, dass sie ihm unvollendet gebliebene Kirche Das Wechselspiel zwischen matt auf dem Sockel liegt. Martin ist das nicht einmal mehr abge- zum strengen Weiß der Wände mit und glänzend wird wiederherge- Schwert abgefallen, sodass er sei- staubt werden. Für die Sa- Stein ausgestattet, berichtet Chris- stellt – wenigstens im oberen Teil nen Mantel nicht teilen kann. Der nierung von zwölf Skulptu- tian Wallisch-Breitsching von der des Thomas-Altars, wo die barocke zierliche Vorfuß Gertruds, Nachba- ren – wie Martin, Theresa, Universitätspfarre. Für den Hochal- Farbgebung erhalten ist. Im unteren rin des Burkhard, ist abgebrochen. Franz, Anton, Walpurgis und tar hätte Fischer von Erlach einen Teil wurde sie in den 1860er-Jahren Schmutzig und geschunden war- Gertrud – sucht der Verein steinernen Tabernakel vorgesehen, übermalt, was mangels Geld wie ten sie alle auf Geldgeber, also Paten „Kulturerbe Salzburg“ wovon eine Skizze erhalten sei. Wissen über den Zustand des Origi- und Spender. Und auch sonst ist in Heiliger Martin. Spender oder Paten (10.000 Heilige Theresa. Doch die zwei bis vier Jahrzehnte nalgrunds beibehalten wird. der Kollegienkirche noch einiges zu bis 12.000 Euro pro Figur). später mit den Altären beauftragten Auch wenn Mitte 2016 alle Altäre restaurieren und zu finanzieren, Spenden sind steuerlich absetzbar. Konto: Kulturerbe Salzburg Treu- Künstler haben die Steinmaserun- restauriert sein sollten, gibt es in wie Holzschnitzereien an Beicht- handkonto Bundesdenkmalamt, IBAN: AT33 4501 0000 0011 0106, BIC: gen nur imitiert. „Alles, was nach der Kollegienkirche noch immer stühlen und Türen, Metallbeschlä- VBOEATWWSAL, Verw.-Zweck: Spende „Rettet die Kollegienkirche“. Stein aussieht, ist Holz“, erklärt Eva wunde Stellen, insbesondere an ge sowie die Mauracher-Orgel. Und ein bisschen gemütlich sollte es auch sein

Eine Schau erinnert an Josef Frank, der als Architekt und Designer Gebrauchszweck und Komfort über Dogmen stellte.

ERNST P. STROBL geschoßige Wohnblöcke. 70 Woh- Problem“ sind Sätze zu lesen wie: Der zunehmende Antisemitis- zum wichtigsten Designer, Teilnah- nungseinrichtungen sind überlie- „Man kann alles verwenden, was mus in Wien ließ den Entschluss men an Weltausstellungen machten WIEN. Eigentlich hatte er eine blu- fert. Gemeinsam mit Oskar Wlach man verwenden kann.“ Kritiker reifen, schon 1933 nach Schweden, das schwedische Design berühmt. mige Fantasie, die bis heute ge- gründete er 1925 das Einrichtungs- nannten seine Einrichtungen mit das er von Urlauben her kannte, zu Allein die Vielfalt an floralen Moti- schätzt wird wegen der Vielfalt von unternehmen Haus & Garten. Textilien, Polstermöbeln und sogar übersiedeln, 1939 wurde er schwe- ven auf den Textilien ist überwälti- Textilien, mit denen sich Wohnun- Frank liebte Treppen, welche auf losen Polstern gar „Bordell“. Die discher Staatsbürger. Frank wurde gend, Franks Einfluss auf das gen verschönern lassen, sei es mit kurze Distanz die Richtung wech- Werkbundsiedlung im Wiener 13. bekannt, den „Einzug des Formalis- schwedische Möbeldesign war Vorhängen oder Möbelbezügen. Jo- selten. Allerdings, sagt der Archi- Bezirk entstand 1932 unter Franks mus“ befürchtete eine Zeitung an- enorm. Von 1942 bis 1946 lebte sef Frank, 1885 in Baden bei Wien tekt , dürfte man Leitung, er lud dazu Architekten gesichts der klaren Architektur des Frank in den USA, der Versuch, dort geborener Architekt und „Entwer- heute keine davon bauen. Czech hat wie Josef Hoffmann, Antiformalisten, als die ersten Häu- Fuß zu fassen, gelang nicht, 1967 fer der Moderne“, ist in Schweden bereits 1981 gemeinsam mit Johan- oder Margarete Schütte-Lihotzky ser entstanden. Bei , starb der Architekt in . ein ganz Großer. Ausgerechnet in nes Spalt eine Frank-Retrospektive ein. Die Siedlung wird bis heute be- dem Möbel- und Einrichtungshaus Im MAK sind unter anderem Schweden, möchte man sagen, da in Wien kuratiert, nun ist im MAK wohnt. von , wurde Frank zahlreiche Stühle von Frank in allen von dort über die blau-gelben Mö- seine umfassende, gemeinsam mit Ausprägungen zu sehen, ob ge- belhäuser die mobiliare Uniformi- Sebastian Hackenschmied erarbei- flochten, gepolstert oder gespannt. tät in die Welt getragen wurde. tete Schau zum Werk von Josef Auch die Vielfalt des Möbeldesigns Kaum eine Wohnung in Singapur, Frank zu sehen. ist gut repräsentiert. Frank, der über Südfrankreich oder Wien, wo heute Auch wenn Josef Frank die gestal- den Renaissancebaumeister Leon nicht selbst Zusammengeschraub- terischen Grundsätze seiner Zeit Battista Alberti dissertiert hatte, tes steht, das den Katalog-„Ge- eher ablehnte, wurde er zu einem griff bei Möbeldetails sogar auf Al- schmack“ weltweit vereinheitlicht der wichtigsten österreichischen bertis Marmorintarsien zurück. hat. Dafür kann Frank nichts. Er war Architekten. Als deren einziger Ver- Auch andere Architekten, bis hin zu Individualist in jedem Sinn, eher treter nahm er 1927 an der von Mies Rem Koolhaas, werden zu interes- Anhänger des Zufalls und auf der van der Rohe geleiteten Stuttgarter Für die Firma santen Vergleichen herangezogen. Flucht vor jedem Stildiktat. In der Werkbundsiedlung teil. Sein Kata- Svenskt Tenn Zwischenkriegszeit entwarf Frank logtext verweist auf den Querden- entwarf Josef Ausstellung: Josef Frank, Against zahlreiche Gebäude, sehr funktio- ker: Unter dem Titel „Der Gschnas Frank 200 Stoff- Design, Museum für Angewandte nalistische Villen ebenso wie mehr- für s G’müt und der Gschnas für das muster. BILD: SN/ESTRO Kunst (MAK) Wien, bis 3. April.