Stand: 2014

Dörentrup: Dorf der Tiere

für den Zeitraum Holstein-Friesian/ Gebiet und Identität 2007–2013 ausge- HF Schwarzbunte CH Charolais wählt wurden. Pi Piemonteser Das gesamte He Hereford Projektvorhaben Ga Galloway sollte ursprünglich RH Rotes Höhenvieh Tiere wechseln die Weiden Auf Initiative des Vereins „Tiere im ein Bündel sehr Dorf“ aus Dörentrup konnte im ers- unterschiedlicher ten Jahrzehnt nach 2000 ein über- Maßnahmen um-

Naturraum regional bekanntes Angebot zum fassen: Landtourismus im nördlichen Teil des – Beschilderung Kreises entwickelt, aufgebaut von Bauernhö- und etabliert werden. Über das seit fen und der sog. langem bewährte Programm „Urlaub „Stallscheune“ auf dem Bauernhof“ hinausgehend zum Thema wollten die Initiatoren neue Pers- „Ökologische Ni- pektiven eröffnen. Einerseits sollten sche Bauernhof“, Weg durch innovative, attraktive Angebote – Informationsta- 0 200 400m

Bevölkerung neue touristische Gruppen angespro- feln, Ausschil- chen, andererseits die landwirtschaft- derungen zu Abb. 1: Der „Weg der Rinder“ liche Basis der Region wieder stärker den Themen (Quelle: Verkehrsverein e.V. Dörentrup & Verein Dorf der in das Bewusstsein der ansässigen „Damwild“ und Tiere e.V. 2009) Bevölkerung verankert werden. Um „Rinderrassen“, dies zu erreichen, setzten die Verant- – Schaffung einer artgerechten das Leitziel dieser Aktivität. Auf dem wortlichen auf die Haltung und Pfle- Fläche für die akut bedrohte alte etwa 90-minütigen Rundkurs, begin- ge von gefährdeten Haustierrassen Haustierrasse der „Lippegans“, die nend bei der „Stallscheune“, lernen

Siedlung innerhalb der dörflichen Strukturen. v. a. in Ostwestfalen-Lippe behei- die Wanderer an fast einem Dutzend Damit sollte zugleich eine Stärkung matet ist, Standorten während der Weidesaison des Tourismus „im Dorf“ stattfinden. – Errichtung einer Station zur Wild- (je nach Wetterlage Mai bis Novem- Auf Basis der Erfahrungen mit tierbeobachtung, ber) insgesamt sechs Rinderrassen diesem erfolgreich umgesetzten Vor- – Bau eines Fuchsbaues unter Ein- aus ganz Europa kennen (Abb. 1): haben lag es für Dörentrup nahe, im beziehung der Beobachtung der – Holstein-Friesian/Schwarzbunte Rahmen des EU-weiten LEADER-Pro- Tiere mittels Kameratechnik, (Milchrind), gramms das Projekt „Dorf der Tiere“ – Artenschutz: Errichtung eines Sika- – Charolais (Fleischrind), als Weiterentwicklung des Angebots Wildgeheges, – Piemonteser (Fleischrind), „Dorfurlaub in Nordlippe“ – eine der – Entwicklung und Druck entspre- – Hereford (Fleischrind), Wirtschaft und Verkehr Kernkompetenzen des lippischen chender Werbematerialien. – Galloway (Fleischrind), Tourismuskonzeptes – anzugehen. – Rotes Höhenvieh (gefährdete Ras- Die LEADER-Region „Nordlippe“ Diese Maßnahmen konnten alle se). setzt sich aus den Kommunen Dören- umgesetzt werden – mit Ausnahme trup, Extertal, und des „Lippegans-Projektes“, da hierfür Von besonderer Bedeutung ist zusammen. Sie ist eine von 10 letztendlich eine geeignete Fläche dabei die Vorstellung des ehemals Regionen in Westfalen, die vom Land fehlte. Dies macht auch deutlich, in allen westfälischen Mittelgebir- Nordrhein-Westfalen als Förderregion dass nicht jede gute Idee in prak- gen verbreiteten Roten Höhenviehs, tischer Hinsicht zum Erfolg führt. das in den höheren Lagen bis in die

Bildung, Kultur und Sport Allerdings sind solche Erfahrungen 1960er Jahre zu finden war. Als sog. Die Gemeinde Dörentrup, mit rund wichtig und notwendig, um im Rah- „Dreinutzungstier“ diente diese wi- 8000 Einwohnern die kleinste der men des LEADER-Programms beharr- derstandsfähige Rasse der Milch- und 16 Kommunen im Kreis Lippe, ent- lich und langfristig an den Zielen zu Fleischproduktion, wurde aber auch stand 1969 auf der Grundlage des arbeiten. als Zugtier – gerade im gebirgigen „ Gesetzes“ aus den Orts- Einige der realisierten Vorhaben Gelände – eingesetzt. Mit der Inten- teilen Bega, Hillentrup, Humfeld, werden im Folgenden beschrieben. sivierung der Landwirtschaft wurde Schwelentrup und Wendlinghau- das Rote Höhenvieh zunehmend sen. Die Kreise Lemgo und Weg der Rinder verdrängt und ist heute nur noch Gesellschaft und Politik bildeten dann ab 1973 den Kreis Beim Wandern alte und gefährdete in wenigen westfälischen Regionen Lippe. Rinderrassen kennenzulernen, ist anzutreffen.

Geographische Kommission für Westfalen Dorf der Tiere Meinolf Rohleder

mehreren Gängen nutzen die Tiere nur wenige, die übrigen dienen als Gebiet und Identität „Fluchtröhren“. Große natürliche Fuchsbaue haben im Allgemeinen mehrere Kessel, die der Fuchs häufig zusammen mit dem Dachs bewohnt. Wildbeobachtung in In der Natur bezieht der Fuchs gerne Schwelentrup alte, verlassene Dachsbaue und legt Als ein weiteres wesentliches Teil- Wohn- und Wurfbaue an. Letztere projekt entstand eine Wild-Beobach- werden von der Fähe jährlich auf- Naturraum tungsstation im Ortsteil Schwelen- gesucht, um dort ihre Jungen zu trup. Diese Station, an einem Hang gebären und aufzuziehen. gelegen, gestattet einen Überblick Diese Aspekte mussten bei der Abb. 3: Anlage des künstlichen Fuchsbaus (Foto: Rudolf Diekmeier) über das umliegende Gelände, ohne Anlage in Schwelentrup beachtet dass in die Höhe gebaut werden werden. Hinzu kamen die techni- musste. Die vorhandene Vegetation schen Voraussetzungen: Für eine Der Verein „Tiere im Dorf“ bietet gute Deckung, so dass sich Bildübertragung aus dem Fuchsbau übernimmt die Organisation, den die Station, die für etwa 10 Perso- in die Beobachtungsstation mit Hilfe Bau und den Betrieb des ca. 11,5 ha

nen ausgelegt ist, harmonisch in die mehrerer Mini-Kameras mussten großen Geheges für die nächsten Bevölkerung Landschaft einfügt. entsprechend gesicherte Glasfaser- 12 Jahre. Er arbeitet dabei eng mit Die Station besteht aus einer kabel verlegt werden. So können die dem Tiergarten in Berlin zusammen. begehbaren Plattform sowie dem Besucher dann auch das unterirdische Dieser stellt die Tiere für die weiteren geschlossenen Beobachtungsraum, Fuchsleben – wenn denn der Bau be- Züchtungen zur Verfügung. der mit Glasscheiben versehen ist. wohnt ist – in der Station verfolgen. Mit dem Sika-Gehege bewegt sich Dadurch wird touristischen Gruppen, Ziel des Projektes ist es, Menschen die Gemeinde Dörentrup in einem aber auch Lerngruppen aus Kinder- aller Altersgruppen wieder verstärkt international orientierten Schutzpro-

gärten und Schulen ermöglicht, unter für die Natur zu begeistern, sie zum jekt zur Erhaltung und Sicherung der Siedlung sachkundiger Leitung die heimischen Beobachten und Verweilen anzure- Genreserven dieser Art, die weltweit Wildtiere zu beobachten (Abb. 2). gen und damit zugleich einen Beitrag nur noch über eine Population von zum Natur- und Artenschutz in einer etwa 440 Tiere verfügt. sonst „technisierten Welt“ zu leisten. Fazit Sika-Wildgehege Die genannten Beispiele zeigen, Als eine weitere Projektmaßnahme wie sich die Gemeinde Dörentrup wurde im Sommer 2011 die Anla- weiter in sehr kreativer Weise als das ge eines Wildgeheges für das vom „Dorf der Tiere“ positioniert. Ziel Aussterben bedrohte Vietnamesische ist dabei eine Diversifizierung der Wirtschaft und Verkehr Sikawild initiiert. Damit soll im „Dorf Angebotsstruktur im Rahmen des der Tiere“ einerseits eine zusätzliche Aufbaus einer Gesamtkonzeption regionale Attraktivität über Nordlippe für den sanften Tourismus im länd- hinaus geschaffen werden. Ande- lichen Raum. Mit der konsequenten Abb. 2: Wildbeobachtungsstation rerseits erhält hierdurch die Idee des Umsetzung der Idee, Tiere in den (Quelle: Management der LEADER- Artenschutzes im Bereich des Stern- Mittelpunkt von Urlaub auf dem Dorf Region Nordlippe) berger Waldes auf dem Gebiet des zu stellen, besitzt die kleine lippi- früheren Wildgeheges am Forst- sche Kommune ein Alleinstellungs-

Bau eines künstlichen Fuchsbaus haus Schwelentrup eine neue Basis, merkmal, dessen Bedeutung in der Bildung, Kultur und Sport In der Nähe der Beobachtungssta- wenngleich es sich um ein Neozoon abgelaufenen Periode des LEADER- tion wurde ferner ein künstlicher handelt. Sikawild wurde Ende des Prozesses (2007–2013) noch weiter Fuchsbau angelegt. Künstliche 19. Jh.s in Europa angesiedelt. Daher herausgestellt werden konnte. Fuchsbauten, gefertigt aus Beton- wurde der Vorschlag in der LEADER- Es bleibt abzuwarten, wie und teilen, dienen in der Regel eher der Region und im Kreis Lippe durchaus welche Ausstrahlungseffekte zukünf- Fuchsbejagung. Mehrere Rohrstränge kontrovers diskutiert, bis nach der tig auf den ländlichen Tourismus, von unterschiedlicher Länge werden Gemeinde Dörentrup auch der Kreis auf die Landwirtschaft sowie den zusammengesteckt und führen zur sowie weitere Instanzen im Herbst Natur- und Artenschutz in der Region Gesellschaft und Politik zentralen Einheit des Fuchsbaus, 2013 grünes Licht gaben und die Nordlippe sichtbar werden. dem „Kessel“ (Abb. 3). Von den oft endgültige Bewilligung erfolgte.

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