MITTEILUNGEN JOURNAL DES HESSISCHEN MUSEUMSVERBANDES 55/2018 55/2018 MITTEILUNGEN 55/2018

NEUE MUSEUMS­ NEUE MUSEUMSEINRICHTUNGEN NEUE PUBLIKATIONEN 48 EINRICHTUNGEN Junges Museum 2 Junges Museum Frankfurt „Industrie heute“ in Dillenburg 4 Museum Kronberger Malerkolonie 6 PERSONALIA 50

AKTUELLE SONDERAUSSTELLUNGEN 8 MELDUNGEN 53

VERMITTLUNG UND KOMMUNIKATION VERBANDSMITTEILUNGEN Spurensuche mit einer App Drittmittel-Aquise im Kulturbetrieb 63 in Frankfurt am Main 30 Fachtagung zum 90-jährigen Bestehen Trimm-dich-Pfad des Hessischen Museumsverbandes im Freilichtmuseum Hessenpark 32 in Kassel 64 Neuer Fonds für kulturelle Bildung Internationaler Museumstag 2018 68 im Museum 34 Fachtagung „Handwerk, Kunstgewerbe und Industrie in Hessen“ AKTUELLE im Freilichtmuseum Hessenpark 70 SONDERAUSSTELLUNGEN SAMMLUNG UND DOKUMENTATION Vorstandstreffen der Museumsverbände Stadtmodelle in Privatsammlung zu Goethes aus Hessen und Thüringen in Rudolstadt 72 Bad Homburg vor der Höhe „Reineke Fuchs“ in Bad Arolsen 36 Museumspreis der Digitalisierung des deutschen Filmerbes Sparkassen-Kulturstiftung im Deutschen Filminstitut Hessen-Thüringen 2018 74 in Frankfurt am Main 38 Zwischen Nordhausen und Greiz – Exkursion zu Museen in Thüringen 76

FORSCHUNG Gedenkstätte Hadamar AUTORINNEN UND AUTOREN 83 übernimmt Nachlass von Ernst Klee 40 Provenienzforschung und Erinnerungskultur im Völkerkundlichen Museum VORSTAND DES HESSISCHEN Witzenhausen 42 MUSEUMSVERBANDES 83 Abbildung und Original Zur Geschichte eines Muschelkalkstücks im Naturkundemuseum Kassel 44 IMPRESSUM 84 VERMITTLUNG UND Provenienzforschung des KOMMUNIKATION Instituts Mathildenhöhe in der Auf Spurensuche mit der Städtischen Kunstsammlung Darmstadt 46 App „Unsichtbare Orte“ Junges Museum Frankfurt unterwegs“. Hierbei handelt es sich um ein Im Oktober 2018 wird die zweite Ausstel- kostenloses, offenes soziokulturelles Programm lung des Jungen Museums eröffnet. Sie hat Für Kinder, Familien, Jugendliche, in Frankfurter Stadtteilen. Auch das Biografie- den Titel „DAGEGEN! DAFÜR? – Revolution Junggebliebene Archiv für Jugendliche „Frankfurt Live!“ und Macht Geschichte“ und wird parallel zur Aus- ein breites Angebot an Werkstätten kamen stellung „Damenwahl! 100 Jahre Frauenwahl- hinzu. recht“ im großen Haus gezeigt. Die Ausstel- Seit Februar 2018 ist das Kindermuseum lung befasst sich mit Revolutionen und Pro- mit neuem Namen – Junges Museum Frank- testbewegungen und lädt die Besucher mit furt – und erweiterten Aktivitäten und Räum- Tablets zu einer Zeitreise ein. lichkeiten in den Saalhof zurückgekehrt. Hier Im Jungen Museum auf den Ebenen 0 und 3 weist ein großes orangefarbenes „M*“ den stehen nun insgesamt zehn Werkstätten und Weg direkt ins Junge Museum, dessen Räume historische Spielräume zur Verfügung. Im auf den Ebenen 0, 2 und 3 zu finden sind. ­Gewölbekeller des Bernusbaus auf Ebene 0 ist Lange vor dem Umzug aus der Hauptwache die beliebte Druckwerkstatt eingerichtet, wo zurück ins Historische Museum hat das Junge kurze, selbstkreierte Texte gedruckt werden Museum im gesamten Museumsquartier seine können. Ausgestattet ist sie mit originalen Spuren gelegt: 2012 im Sammlermuseum und Gegenständen aus alten Frankfurter Drucke- 2017 in der Ausstellung „Frankfurt Einst?“ im reien, wie zum Beispiel Setzschränken, ange- neuen Ausstellungshaus. Durch beide Dauer- füllt mit einer Vielzahl verschiedenster Schrif- Die historische Drogerie ist ein ausstellungen schlängeln sich Familienspuren ten, und mechanischen Druckpressen. Gleich Neuzugang im Jungen Museum mit knapp 30 interaktiven Stationen. Sie bie- nebenan werden Papiere geschöpft. Mehrere Frankfurt ten die Möglichkeit, sich ganz handgreiflich – Zinkwaschzuber dienen als Bütte, worin un- im wörtlichen Sinne – und spielerisch oder terschiedliche Papierbreie von den Werkstatt- kreativ mit bestimmten Objekten und ihrer teilnehmern selbst angesetzt werden. Daraus Im oberen Geschoss des Jungen Museums Familienspurstation in der Dauer­ Bedeutung zu befassen. entstehen sehr experimentelle und individu- auf Ebene 3 befinden sich die bereits bekann- ausstellung „Frankfurt Einst?“ Auf Ebene 2 des Jungen Museums stehen elle Papiere. Die dritte Werkstatt auf Ebene 0, ten historischen Spielräume „Kolonialwaren- des Historischen Museums Das Junge Museum Frankfurt ist erst wenige nun knapp 200 Quadratmeter Fläche für wech­ das Forscherlabor, ist neu im Programm. Es laden“ und „Urgroßelternküche“, die zusam- Frankfurt Monate am Start – und doch schreibt es seit selnde, interaktive Ausstellungen zur Verfü- bietet die Möglichkeit zur Beschäftigung mit men mit der neu hinzugekommenen histori- mehr als 45 Jahren Geschichte. Als Kinder- gung. Heute wie damals bildet die Erfahrungs­ Frankfurter Forschern wie Maria Sibylla Merian, schen Drogerie zum Mitspielen einladen. Die museum wurde es 1972 als Bestandteil des welt der jungen Besucher den Ausgangspunkt, Eduard Rüppell, Paul Ehrlich oder Tilly Edinger. bereits in der Hauptwache erprobten Werk- Historischen Museums Frankfurt eröffnet; um Ausstellungen für ein junges Publikum zu stätten wie Malatelier, Computerlabor und ­damals verfügte es über einen kleinen Aus- konzipieren, zu gestalten und zu präsentieren. Radiostudio werden mit neuen Konzepten Die allseits beliebte Druckwerk- und Ausstattungen ebenso zahlreich besucht stellungsraum von etwa 100 Quadratmetern Im Laufe der Jahre wurden die interaktiven statt auf Ebene 0 im Jungen Fläche sowie einen Raum für Aktivitäten und Ausstellungen des Jungen Museums immer wei- und gebucht. Mit der Eröffnung des Jungen ­Museum Frankfurt Workshop-Angebote. Im Laufe der Jahre kamen ter zu eigenständigen Formaten entwickelt. Museums ist nun der letzte Baustein eingefügt, immer mehr Platz und mehr Räume für krea- Mittlerweile sind sie ausschließlich Eigenpro- um das Quartier des Historischen Museums Fotos S. 2 und 3: tive Kurse hinzu. Bereits zur Eröffnung des duktionen, teilweise partizipativ mit Kindern Frankfurt zu einem Erlebnis für die gesamte HMF, Stefanie Kößling Kindermuseums wurden Werkstatträume für und Jugendlichen entwickelt und auf ein Familie werden zu lassen. künstlerisches Arbeiten und kulturelle Aktivi- ­heterogenes junges Publikum ausgerichtet. Susanne Gesser täten mit Kindern und Jugendlichen eingerich- Charakteristisch ist die Kombination von ori- tet. Dieses Angebot wurde für das 2008 be­ ginalen Objekten aus den Sammlungen des zogene Ausweichquartier in der Hauptwache Historischen Museums mit Gegenständen Junges Museum Frankfurt ausgeweitet und differenziert. Neben der regen aus der didaktischen Sammlung des Jungen Saalhof 1 Ausstellungstätigkeit entstanden in den letzten Museums und Hands-on-Stationen, die zum 60311 Frankfurt am Main Ein orangefarbener Stern verweist 20 Jahren weitere wichtige Aktivitäten und Erleben, Mitdenken, Anfassen und Mitmachen Tel.: (0 69) 21 23 51 54 auf das Junge Museum Frankfurt Formate, wie beispielsweise „Junges Museum auffordern. www.junges-museum-frankfurt.de

2 NEUE MUSEUMSEINRICHTUNGEN NEUE MUSEUMSEINRICHTUNGEN 3 „Industrie heute“ – Edelstahlplatten werden nicht nur Schränke lisiert, und zwar mit finanzieller Unterstüt- produziert, sondern weltmarktführende Kom- zung der Firmen selbst, mit Fördergeldern des Neue Dauerausstellung plettlösungen mit Hightech-Innenleben ent- LEADER-Programms der Europäischen Union in Dillenburg wickelt. Der Schwerpunkt der Emaillierungen sowie mit Mitteln der Stadt Dillenburg und verschiebt sich von Öfen und Badewannen des Museumsvereins. Die Umsetzung und auf das Engobieren (d. h. das Einfärben oder ­Gestaltung übernahm das Ausstellungsbüro Beschichten mit einer dünnen Tonmineral- ConCultura aus Bonn. Mit Fördergeldern des Kurz vor dem Beginn der diesjährigen Museums­ masse) und Glasieren von Dachziegeln. Die Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und saison konnte im März 2018 die neu gestaltete Ausweitung der Geschäftsbereiche von der Kunst konnte der Dillenburger Museumsver- Dauerausstellung im Erdgeschoss der Villa Steinindustrie auf Abfallrecycling und zu- ein auch den Eingangsbereich des Hauses neu Grün eröffnet werden. Sie wendet sich der kunftsweisende regenerative Energiegewin- gestalten. Schon im Windfang zeigen wech- Thematik „Industrie heute“ zu, was auf den nung zeigt, wie ein Unternehmen krisensicher selnde Fotos, über einen Monitor eingespielt, ersten Blick in einem Museum überrascht, doch aufgestellt werden kann. So ist es spannend was die „Museumslandschaft Schlossberg Dil- für ein wirtschaftsgeschichtliches Museum in zu verfolgen, wie sich beispielsweise die Isa- lenburg“ dem potenziellen Besucher zu bieten einer bis heute durch mittelständische Indus- bellenhütte, die als ältestes Industrieunter- hat, eine kleine Präsentation lockt mit ersten trie geprägten Region eigentlich ein „Muss“ nehmen Hessens gilt und bereits 1482 urkund- Objekten. Diese mit den Ausstellungsflächen Ausstellungseinheit zur darstellt. lich erwähnt wurde, im Laufe der Jahrhun- der Firmen zeitgleich realisierte Verbesserung, ­Isabellenhütte Die Präsentation schließt dabei an die an- Die Firma Wendel, Deutschlands größter Emailhersteller, derte immer wieder erfolgreich den Erforder- für die Diplom-Designer Alf-Krister Job ver- deren beiden Ausstellungsebenen an. Wird dem begann mit emaillierten Öfen, dann folgten u. a. Bade- nissen des Marktes anpasste. Der Weg führte antwortlich zeichnete, rundet die Neugestal- Besucher im Untergeschoss verdeutlicht, dass wannen, heute sind es Dachziegelglasuren und Puderemail vom Schmelzbetrieb über die Herstellung von tung des Erdgeschosses ab. die heimischen Rohstoffe Basis für die Wirt- Spezialdrähten hin zum Weltmarktführer in der Armin Rau schaft der Dillregion waren, so zeigt das Ober- Präzisionsmesstechnik. Elektronische Wider- geschoss des Museums, was die Menschen bis Als der Abbau von Kupfer und besonders stände dieser Firma sind heute fast in jedem etwa zur Mitte des 20. Jahrhunderts daraus Eisenerz Mitte des letzten Jahrhunderts wegen PKW zu finden und dienen auch zur präzisen fertigten. Doch das Anliegen des Dillenburger Unwirtschaftlichkeit eingestellt werden muss- Strommessung von Hybrid- und Elektrofahr- Museumsvereins war und ist es, den Bogen te, hatte dies einen einschneidenden Struktur- zeugen. Die Villa Grün auf dem Schloss- von der Vergangenheit in die Gegenwart zu wandel zur Folge, der das Ende der alten In- Die sichtbare Vermittlung dieser geschicht- berg in Dillenburg, ehemals spannen. dustrien bedeutete. Die durch die Produktion lichen Entwicklungen und eine einheitliche Wohnhaus des Gruben- und von Herden, Öfen, Badewannen usw. deutsch­ gestalterische Sprache bewahren den musea- Hüttenbesitzers Carl Grün landweit bekannt gewordenen Firmen muss- len Charakter der Präsentation und vermei- ten sich weiterentwickeln oder verschwanden den den Eindruck einer Aneinanderreihung vom Markt. Exemplarisch wird an acht Firmen, von Messeständen. Die Verbindung von Wirt- ergänzt durch eine Abteilung der Industrie- schaftswelt und Museum erschließt zugleich und Handelskammer, dieser Wandlungsprozess neue Besucherkreise und spricht Menschen aufgezeigt: der Ideenreichtum der findigen an, die den Strukturwandel der Region selbst Unternehmer, die Neuaufstellung und das miterlebt haben. Interaktive Lern- und Medien- Wachstum der Betriebe durch permanente Angebote sollen auch Jugendliche reizen, die Weiterentwicklung. Ausstellung als außerschulischen Lernort zu Noch sind Spuren der alten Eisenindustrie entdecken und Einblicke in die spätere Berufs­ vorhanden, doch sie verblassen. Die alten welt zu erhalten. Das Museum bietet sich da- Schaltschränke als Exponat und Schweißverfahren werden zu hochmoderner durch als eine Brücke zwischen Schule und Medienstation: Der Ausstellungs­ Robotertechnik. Die Maschendrahtherstellung beruflichem Ausbildungsplatz an. Wirtschaftsgeschichtliches Museum bereich zur Firma Rittal/Loh-Group wird vollständig ersetzt durch Produkte aus Die nach vierjähriger Planungszeit fertig­ Schlossberg 3 (Villa Grün) Fotos S. 4 und 5: Peter Patzwaldt Kunststoff. Auch in der Zulieferindustrie für gestellte Dauerausstellung wurde – ohne die 35683 Dillenburg den Automobilbau löst superleichter Kunst- Ausstellungsobjekte einzurechnen – mit einem Tel.: (0 27 71) 26 61 65 stoff die schweren Metallleitungen ab. Aus Kostenaufwand von rund 300.000 Euro rea­ www.dillenburger-museumsverein.de

4 NEUE MUSEUMSEINRICHTUNGEN NEUE MUSEUMSEINRICHTUNGEN 5 institute – Museum, Kronberger Kulturkreis Freiwilliger ein Sanitätskorps im Deutsch- bereits in den 1840er Jahren in den Taunus und städtische Kunstschule – unter dem ge- Französischen Krieg und kehrte mit zahllosen und nach Kronberg kamen, um in der freien meinsamen Dach der Villa Winter schafft zu- Skizzenbüchern und Gemälden nach Frank- Natur zu malen. Hatte der Zustrom in die dem neue Synergieeffekte und bietet die große furt am Main zurück. 1874 heiratete er die Künstlerkolonie nach dem Tod Anton Burgers Chance, durch ein vielfältiges kulturelles An- Frankfurter Bankierstochter Johanna Müller im Jahr 1905 bereits deutlich nachgelassen, gebot ein breites Publikum anzusprechen. und lebte fortan mit ihr und ihren gemein­ so starben 1948 mit Fritz Wucherer und Emil Die Sammlung der Stiftung Kronberger samen sechs Kindern bis an sein Lebensende Rumpf schließlich deren letzte Vertreter. Malerkolonie umfasst mehr als 600 Gemälde, in der Villa in Kronberg. Die Kronberger Malerkolonie stellt kultur- Grafiken, Briefe und Fotos. Ein repräsentatives Die Wiedereröffnung des Museums 2018 historisch neben der Burg das bedeutendste Foyer im neuen Museumsgebäude leitet die fiel zugleich in das 160. Jubiläumsjahr der kulturelle Erbe in Kronberg dar. Sie hat in der Besucher in den großen Saal im Erdgeschoss, Kronberger Malerkolonie. Daran erinnerte Villa Winter eine repräsentative Bleibe gefun- wo die wichtigsten Kunstwerke der Samm- die erste Ausstellung im neuen Gebäude, die den. lung von Anton Burger bis Norbert Schrödl sich der Entwicklung der Kronberger Künstler­ Ingrid Ehrhardt dauerhaft ausgestellt sind. Großflächige, hohe kolonie widmete. Sie spannte in sechs Kapiteln Raumeinheiten, eine klare Struktur und groß- den Bogen von den spätromantischen „Rhein- zügige Durchgänge verbinden hier den Ein- Aquarellen“ (1846) von Jakob Fürchtegott Museum Kronberger Malerkolonie druck wiedergewonnener Eleganz der ehema- Dielmann über die ersten Freiluftmaler und Heinrich-Winter-Straße 4A ligen Bürgervilla mit modernem Museums- die Einflüsse der französischen Schule von 61476 Kronberg im Taunus standard. Das erste Obergeschoss ist Sonder- Barbizon, die Porträt- und Historienmaler Tel.: (0 61 73) 92 94 90 ausstellungen zu Künstlern und Themen des und die Künstlerinnen bis hin zu den Impres- www.kronberger-malerkolonie.com 19. Jahrhunderts, aber auch zur zeitgenössi- sionisten in Kronberg, zu denen vor allem die schen Kunst vorbehalten. Burger-Schüler Nelson Gray Kinsley, Philipp Einen direkten historischen Bezug zur Franck und Fritz Wucherer zählen. Zugleich Kronberger Malerkolonie bietet der Namens- zeigte die Ausstellung die enge Verknüpfung Die Villa Winter, das neue geber des Gebäudes, der Maler Heinrich Win- zur Großstadt Frankfurt am Main auf, in der ­Domizil des Museums seit April ter (1843–1911), der sich um 1864 der Maler- viele der über einhundert Künstler, die zur 2018, Foto: © Stiftung Kron­ Villa Winter in Kronberg kolonie anschloss. 1870/71 begleitete er als Kolonie gezählt werden, geboren wurden oder berger Malerkolonie am Städel bei Jakob Becker (1810–1872) stu- Ein neues Domizil für das dierten. Museum Kronberger Malerkolonie Eine der bedeutendsten Persönlichkeiten war Anton Burger (1824–1905). Er unterhielt eine florierende Malschule in Kronberg, wo er unter anderem Philipp Franck, Fritz Wucherer Nach einer zweieinhalbjährigen Bauphase und zahlreiche Künstlerinnen unterrichtete. konnte das Museum Kronberger Malerkolonie Burgers Werk wird bestimmt durch idyllische am 20. April 2018 an seinem neuen Standort, Genreszenen im Innenraum, pittoreske An- der Villa Winter, wiedereröffnet werden. Zu- sichten von Straßen und Plätzen in der Alt- vor standen dem Museum der Museumsgesell­ stadt von Frankfurt und Kronberg sowie Land- schaft Kronberg e. V. 300 qm Ausstellungs­ schaften, die der Künstler häufig mit Staffage- fläche in der Streitkirche zur Verfügung. Das figuren von Menschen oder Tieren versah. neue Museumsgebäude bietet nun auf zwei Dabei interessierte ihn besonders das alltäg­ Etagen 700 qm Hängefläche für die Präsenta- liche Leben der Menschen im Einklang mit Nelson G. Kinsley: Apfelblüte tion der umfangreichen Gemäldesammlung der Natur. Burgers Ansiedlung in Kronberg im in Kronberg (Ausschnitt); Foto: sowie Depotflächen und einen Werkraum für Jahr 1858 markiert die Gründung der Künstler- © Stiftung Kronberger Maler­ museumspädagogische Aktivitäten im Unter- kolonie, wenngleich die ersten Künstler – wie Blick in die Jubiläumsausstellung 2018 im ersten Obergeschoss des Museums; ­ kolonie geschoss. Die Unterbringung dreier Kultur­ zum Beispiel Jakob Fürchtegott Dielmann – Foto: Andreas Malkmus, © Stiftung Kronberger Malerkolonie

6 NEUE MUSEUMSEINRICHTUNGEN NEUE MUSEUMSEINRICHTUNGEN 7 1949 restituierte das Museum die Artefakte – beitete für Medien wie die „Frankfurter Rund- Knopfmacherei bis auf zwölf Positionen, die laut Inventar- schau“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, buch im Krieg verbrannt waren. Diese konn- „Die Zeit“ oder „Pardon“ und erfasste die 5. August bis 21. Oktober 2018 ten 2017 jedoch im Bestand des Museums ­Rebellion der 1968er Generation gegen die Angewandte Kunst identifiziert werden. Das bestehenden Verhältnisse. Prominente Groß­ Museum manipulierte also die Provenienz der ereignisse im öffentlichen Raum hielt sie eben- Die Ausstellung beschäftigt sich mit Schwäl- Objekte nach dem Krieg bewusst, um ihnen so fest wie Aktivitäten auf Nebenschauplätzen. mer Posamentenknöpfen und der Entwick- eine unbedenkliche Herkunft zu verschaffen. Einen Teilbestand ihrer Arbeiten übergab die lung der Posamentenknopf-Mode im 18. und In der Ausstellung werden diese wertvollen Fotografin dem Frankfurter Institut für Stadt- 19. Jahrhundert. Der Posamentenknopf be- Silberkannen, -schalen und Bestecke präsen- geschichte. steht aus einem ursprünglich hölzernen Roh- tiert, ergänzt um weitere zehn Objekte, die ling, der mit Fäden umwickelt, umhäkelt oder das Museum den Erben von Hedwig Ehrlich bestickt wird. Er ist Bestandteil der Schwälmer 1982 rechtmäßig abkaufte. Tracht, die sich seit der Aufhebung der Kleider­ Im Rahmen des Projekts „Gekauft. Gesam- ordnungen im späten 18. Jahrhundert heraus­ melt. Geraubt? Vom Weg der Dinge ins Muse- gebildet hat und Gestaltungselemente der hö- um“ werden 2018 in den Frankfurter Museen fischen Kleidung des 17. und 18. Jahrhunderts mehrere Ausstellungen zur Provenienzfor- aufnahm. Die aufwendig gestalteten Posamen­ schung gezeigt. So sind ebenfalls bis zum tenknöpfe zierten Kleidungsstücke wie das Silbergegenstände aus der 14. Oktober 2018 im Historischen Museum „Kneppding“ („Knüpfding“, ein Leibchen), ­ehemaligen Sammlung Pinkus/ Frankfurt die Ausstellung „Geerbt. Gekauft. die Trolljacke (langärmelige Jacke mit Volant Inge Werth: Joan Baez beim Ehrlich; Foto: Anja Jahn, Geraubt. Gesammelt. Getäuscht. Geraubt? Alltagsdinge und ihre NS-Vergan- aus Atlasseide), das Kamisol (kragenloser Geh- ­Ostermarsch in Frankfurt, © Museum Angewandte Kunst Die Sammlung Pinkus/Ehrlich genheit“ sowie im Museum Judengasse die rock der Männertracht) und den Kirchenman­ 11. April 1966; Foto: © Inge Werth und das Museum Angewandte Kunst Präsentation „Geraubt. Zerstört. Verstreut. tel. Sie sind in den für die Schwalm typischen Zur Geschichte von jüdischen Dingen in Farben Rot, Grün, Blau und Schwarz sowie 7. Juni bis 14. Oktober 2018 Frankfurt“ zu sehen. Frauen demonstrieren in Frankfurt am Main gegen Silber und Gold gestaltet. Gezeigt werden den Paragraphen 218, 16. März 1974, Institut für Stadt- auch Knöpfe aus anderen Trachtenregionen, Museum Angewandte Kunst geschichte; Foto: © Inge Werth da es sich um die Teilübernahme einer Aus- Die Kabinettschau zur Provenienzforschung Schaumainkai 17 stellung der Trachtenkulturberatung Bezirk am Museum Angewandte Kunst erzählt die 60594 Frankfurt am Main Schwaben in Krumbach (Schwaben) handelt. Geschichte der Silbersammlung des jüdischen Tel.: (0 69) 2 12 - 3 40 37 Die Ausstellung mit rund 100 Schwarz- Sammlers Joseph Pinkus (1829–1909) aus www.museumangewandtekunst.de Weiß-Fotografien legt den Schwerpunkt auf Neustadt in Oberschlesien (heute Prudnik, Ereignisse um das Jahr 1968. Sie zeigen studen­ Polen). Im 19. Jahrhundert hatte er eine große tische Unruhen und Protestaktionen ebenso Kollektion von Silberobjekten aus dem 17. und wie kulturelle Ereignisse in jenen Aufbruchs- 18. Jahrhundert zusammengestellt, die seine zeiten. Zu sehen sind zum Beispiel Aufnahmen Tochter erbte. Hedwig Ehrlich (geb. Pinkus, Paris, Frankfurt am Main der Aufführung von Peter Handkes Theater- 1864–1948) lebte seit 1899 in Frankfurt am und die 1968er Generation stück „Publikumsbeschimpfung“, des Frank- Main. Als sie 1939 in die Schweiz emigrieren furter Ostermarsches 1966 unter Beteiligung Fotografien von Inge Werth Schwälmer Posamentenknöpfe; musste, deponierte sie das Silber bei der Dresd­ der Sängerin Joan Baez sowie Bilder von Pariser Foto: Erwin Roth, Schrecksbach ner Bank in Frankfurt. Dort wurden die kunst- 9. August bis 14. Oktober 2018 Ereignissen dieser Zeit. Silberne Prunkplatte, Augsburg, handwerklichen Gegenstände 1940 im Zuge um 1680; Foto: Anja Jahn, © der Zwangsabgabe von Edelmetallen für Juden Museum Giersch der Goethe-Universität Schwälmer Dorfmuseum Holzburg Museum Angewandte Kunst beschlagnahmt, schließlich an die Städtische Die Fotografin Inge Werth, 1931 in Stettin Schaumainkai 91 Hohlweg 2a Darlehensanstalt überführt und „verwertet“: ­geboren und heute in Wehrda im Haunetal 60596 Frankfurt am Main 34637 Schrecksbach-Holzburg Ausgewählte Objekte gelangten in den Besitz lebend, hielt mit ihrer Kamera eine bewegte Tel.: (0 69) 1 38 21 01 - 0 Tel.: (0 66 98) 91 16 96 des damaligen Museums für Kunsthandwerk. Zeit gesellschaftlicher Umbrüche fest. Sie ar- www.museum-giersch.de www.dorfmuseum-holzburg.de

8 AKTUELLE SONDERAUSSTELLUNGEN AKTUELLE SONDERAUSSTELLUNGEN 9 Bildungsgut für Europa ein gutes Miteinander, das „Gekläff der Ideo- seitige Maler und Grafiker ist ein angesehener logen“ dagegen würden es verderben. Alsteds Vertreter der „Leipziger Schule“ und arbeitet 15. Juni bis 15. November 2018 Herborner „Encyclopaedia“ war für viele Zeit- heute als freischaffender Künstler in einem genossen ein Leuchtturm guter Bildung in Atelier in Arnstadt. Er studierte von 1975 bis düsterer Zeit. 1980 an der Hochschule für Grafik und Buch- Die Hohe Schule Herborn hatte ihren Schwer- kunst in Leipzig, vor allem bei Bernhard Heisig punkt in der Pfarrerbildung. Zu deren Instru- Museum Hohe Schule Herborn und Arno Rink. 1981 unternahm der früh er- menten gehörten auch die von Johann Hein- Schulhofstraße 3–5 folgreiche Künstler seine erste Studienreise rich Alsted herausgegebenen Nachschlage- 35745 Herborn nach Kuba, es folgten weitere unter anderem werke, wie zum Beispiel seine bedeutende Tel.: (0 27 72) 57 38 10 nach Armenien, Georgien, Bulgarien, Italien, „Encyclopaedia“ von 1630. Alsteds Werk, das www.museum-herborn.de Südfrankreich, Tunesien und Südafrika. seine Herkunft aus dem Geist des Reformierten­ Sein Œuvre umfasst (mediterrane) Land- tums an keiner Stelle verleugnet, fand inter- schaftsdarstellungen, Porträts sowie erzäh­ national und überkonfessionell Anerkennung lerische, figurative Kompositionen. Heyder Nachbildung einer in Paris im 17. Jahrhundert gefertigten Ausstellung zu Straßennamen und Verwendung. Verfasst in einer Zeit der porträtierte unter anderem Politiker wie die ­Armillarsphäre; Foto: Museum in Alsbach-Hähnlein; Foto: Klimakatastrophe („Kleine Eiszeit“) und zahl- Thüringer Ministerpräsidentin Christine Lie- Hohe Schule Herborn Konrad Hoppe reicher politischer Desaster, dachte Alsted an- berknecht, die Präsidentin des Thüringer gesichts der Gräuel des Dreißigjährigen Krieges Land­tags, Prof. Dr. Dagmar Schipanski, und darüber nach, wie die Zivilisation in Europa Dr. Theodor Heuss, den ehemaligen Bundes- Vum Gässje, iwwer die Gass, überleben könnte: Seiner Ansicht nach ga- präsidenten. uf die Stroaß’ rantierten gute Sitten und Menschlichkeit Kunstsammlungen der Stadt Limburg Was Straßennamen erzählen … Historisches Rathaus 13. Mai bis 4. November 2018 Fischmarkt 21 65549 Limburg an der Lahn Tel.: (0 64 31) 2 03 - 9 12 Insgesamt gibt es 86 Straßen in Alsbach- www.limburg.de Hähnlein. Diese Ausstellung erklärt, wer und was sich hinter 40 Straßennamen in den bei- den Ortschaften verbirgt. Die Straßen in Hähn­ lein tragen vor allem Namen bekannter Män- ner der Arbeiterbewegung, von Karl Marx bis Mit der Wachheit der Sinne – Wilhelm Leuschner. In Alsbach dagegen trifft Aus der Tiefe der Stille man fast ausschließlich auf Namen bedeuten- Jost Heyder: Im Atelier, Acryl auf Leinwand, 2017; der Personen aus dem regionalen Kulturleben. Foto: Falko Behr 16. September bis 18. November 2018 Ansonsten bestimmen Flur- und Gewann­ namen die Straßenschilder. Drei auf Folie ge- druckte große Karten in der Ausstellung laden Jost Heyders Welt Das gemeinsame Ausstellungsprojekt von dazu ein, sich zu orientieren, zu suchen und Malerei und Zeichnung sechs Mitgliedern des Verbandes Bildender zu finden. Künstler Thüringen e. V. begann im Frühjahr 14. September bis 18. November 2018 2018 im Schloss Klaffenbach (Sachsen), setzte Beate Debus: Kopf mit Einblick; Museum in der Anstalt sich fort im Kunsthaus Meyenburg in Nord- Foto: © Beate Debus Johann Heinrich Alsted (1588–1638), Kupferstich aus Gernsheimer Straße 36 hausen (Thüringen) und wird nun in Hessen der Boissard-Serie, Frankfurt am 64665 Alsbach-Hähnlein Den Besuchern dieser Ausstellung werden gezeigt. Die Präsentation der abstrakten, über- Main 1652; Foto: Museum Hohe Tel.: (0 62 57) 5 07 94 30 und 56 23 Malereien und Zeichnungen von Jost Heyder wiegend kontemplativen Bilder und Skulptu- Schule Herborn www.museum-alsbach-haehnlein.de präsentiert. Der 1954 in Gera geborene viel- ren ist den jeweiligen räumlichen Gegeben-

10 AKTUELLE SONDERAUSSTELLUNGEN AKTUELLE SONDERAUSSTELLUNGEN 11 Jakob Nussbaum: Frankfurter heiten angepasst. Zu sehen sind Malereien Das alte Darmstadt Osthafen, 1926; Foto: von Elvira Franz und Karl Heinz Bastian so- Stadtansichten des Hofmalers © ­Jüdisches Museum Frankfurt wie Skulpturen, Papierschnitte und Grafiken Ernst August Schnittspahn von Beate Debus. Kinetische Skulpturen und Stahlplastiken fertigte Michael Ernst. Texti­ 7. September bis 2. Dezember 2018 lien und Arbeiten mit farbigem Japanpapier stammen von Cordula Hartung, bildnerische Arbeiten aus handgeschöpften Papieren von Wahrscheinlich beauftragte der Erbprinz und Marita Kühn-Leihbecher. spätere Großherzog Ludwig III. von Hessen und bei Rhein den Hof- und Theatermaler Ernst Quellenmuseum August Schnittspahn damit, die wichtigsten An der Georg-Viktor-Quelle 3 Gebäude seiner Residenz und seines Landes 34537 Bad Wildungen im Bilde festzuhalten. Für den Künstler wurde Tel.: (0 56 21) 96 79 60 diese Aufgabe, der er sich 37 Jahre widmete, www.bad-wildungen.de standen. Zudem sind Dokumente und Fami­ zum Lebenswerk: Bis 1876 fertigte er über 150 Hanns Pellar (1886–1971): lienfotos aus dem Nachlass des Künstlers aus- farbig gefasste Ansichten der wichtigsten­ Bau- ­Stefanie Pellar, die Frau des gestellt. denkmäler in Darmstadt und Umgebung. Künstlers, 1912, gestiftet von Jakob Nussbaum (1873–1936) wurde im Für die Sonderausstellung wurden ausge- Gustav Bock 1915; Foto: hessischen Dorf Rhina geboren und zog 1883 wählte Blätter mit vorwiegend städtischen Joachim Knossalla, © OHM mit seiner Familie nach Frankfurt am Main. Motiven aufwendig restauriert. Aufgrund ihres Er begann 1893 seine künstlerische Ausbil- Detailreichtums und der genauen Darstellung dung und konnte seine Arbeiten erstmalig im sind die Gouachen Schnittspahns wichtige Kunst und Leben Jahr 1900 in der Berliner Galerie Bruno und Dokumente für die Baugeschichte der ehe­ Gustav Bock und seine Kunststiftungen Paul Cassirer präsentieren, zusammen mit im- maligen Residenz. Viele der gezeigten Ge­ 1915 und 1917 pressionistischen Werken von Claude Monet, bäude sind unwiederbringlich verloren. 3. August bis 30. Dezember 2018 Jakob Nussbaum: Mainufer mit Camille Pissaro und Alfred Sisley. In Blick auf die Alte Brücke, 1903; lernte Nussbaum auch ken- Schlossmuseum Darmstadt Foto: © Jüdisches Museum nen, der seinen weiteren künstlerischen Werde­ Marktplatz 15 Frankfurt gang maßgeblich beeinflusste. 1902 kehrte 64283 Darmstadt Der Zigarrenfabrikant Gustav Bock (1857– Nussbaum nach Frankfurt am Main zurück Tel.: (0 61 51) 2 40 35 1938) kam als erstes Kind einer wohlhaben- und engagierte sich hier unter anderem für www.schlossmuseum-darmstadt.de den und kunstsinnigen jüdischen Familie in Jakob Nussbaum – die Künstlerförderung. Im Oktober 1933 wan- Gießen zur Welt. Nach seinem Studium zog Frankfurter Impressionist derte er nach Palästina aus und ließ sich am der Kaufmann 1887 ins aufstrebende Berlin, See Genezareth nieder, wo er wenige Jahre wo er rasch Aufnahme in den kulturellen und 19. März bis 2. Dezember 2018 später starb. Ein einzigartiges Dokument der bildungsbürgerlichen Kreisen fand. In den Ausstellung bildet das Abschiedsalbum aus Kriegsjahren 1915 und 1917 stiftete Gustav dem Jahr 1933, das Abschiedsgrüße und Bock über einhundert Kunstwerke aus seiner Diese Ausstellung entstand in Kooperation ­-gedanken sowie Zeichnungen und Fotos Privatsammlung der Stadt Gießen. Mit seiner des Jüdischen Museums Frankfurt, das den von Freunden und Bekannten Jakob Nuss- Schenkung verband er einen universellen Bil- Aufbau eines Jakob-Nussbaum-Archivs an- baums enthält. dungsauftrag und machte es zur Bedingung, strebt, mit dem Freilichtmuseum Hessenpark. dass seine Kunststiftungen dauerhaft und Ernst August Schnittspahn: Die Gezeigt werden sowohl Nussbaums impres­ Freilichtmuseum Hessenpark vollständig präsentiert werden sollten, nicht Schaukel auf der Rosenhöhe; Foto: sionistische Gemälde, vor allem Frankfurter Laubweg 5 verkauft werden dürften und kostenlos zu- Schlossmuseum Darmstadt e. V. Stadtansichten, als auch Druckgrafiken, die 61267 Neu-Anspach gänglich sein müssten. 1918 kehrte Bock in während des Ersten Weltkriegs oder auf seinen Tel.: (0 60 81) 58 80 Ernst August Schnittspahn: Das Darmstädter Residenz- seine Geburtsstadt zurück und förderte hier Reisen durch Europa und nach Palästina ent- www.hessenpark.de schloss; Foto: Schlossmuseum Darmstadt e. V. das Universitäts- und Kulturleben. Ab 1933

12 AKTUELLE SONDERAUSSTELLUNGEN AKTUELLE SONDERAUSSTELLUNGEN 13 war er den Repressalien der Nationalsozialisten Bis heute hat der Hamburger Kaufmann eine und Nonnen diese Tradition, um den Festtag ausgesetzt, und die gestiftete Kunstsammlung umfangreiche, 4.000 Objekte umfassende der Geburt Christi zu ehren: In den Klöstern wurde aus dem öffentlichen Raum entfernt. Sammlung zum Thema „Feuermachen“ zu- stellten sie Weihnachtsbrote und -plätzchen Die Ausstellung präsentiert die noch er­ sammengetragen. Die Ausstellung veranschau­ her und verwendeten dabei teure Zutaten haltenen 81 Werke der Bockschen Kunststif- licht mit über 400 Objekten aus dieser Samm- wie Zucker und Gewürze, die aus dem Orient tungen, überwiegend Gemälde und Zeichnun­ lung die Entwicklung des Feuerzeugs von der stammten. Dieses Gebäck wurde an Weihnach- gen des ausgehenden 19. und beginnenden Antike bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Sie ten an die Kirchgänger verteilt. Auch Dauer- 20. Jahrhunderts. Sie entstammen den innova­ spannt nicht nur einen weiten zeitlichen Rah- backwaren wie Lebkuchen und Christstollen tivsten Künstlergruppen in Berlin, München, men, sondern präsentiert Exponate aus Asien, stammen aus dieser Zeit. Die private Weih- Karlsruhe und Weimar. Zudem widmet sich Nord- und Südamerika sowie Europa. Auch nachtsbäckerei kam erst um die Mitte des die Ausstellung der Geschichte der Kunst- die technische Bandbreite ist groß: Zu sehen Illustration zu „Tsikara“ von Gio Jincharadze; Foto: 19. Jahrhunderts auf, und auch die heute be- sammlung sowie dem Leben Gustav Bocks sind unter anderem pneumatische und elekt- © Gio Jincharadze kannten Plätzchen sind eine jüngere Erfindung. und seiner Familie. Unter dem zeittypischen rische Feuerzeuge, Brenngläser, Radschloss- Das Bildnis Gustav Bocks von Motto „Kunst und Leben“ wird somit ein und Steinschloss- sowie Streich- und Reibrad- Max Liebermann, 1908, gestiftet eindrückliches Schlaglicht auf die Kultur­ benzinfeuerzeuge. Tsikara ist: Gemeinsam flüchten sie vor der Weihnachtsgrußkarte mit Weih- 1917; Foto: Joachim Knossalla, geschichte Gießens und geworfen. Besondere Stücke, zum Beispiel aus den bösen Stiefmutter des Jungen, und ein großes nachtsgebäck; Foto: © Rita und © OHM Häusern Boucheron, Cartier, Dior und Dun- Abenteuer beginnt. Die Ausstellung im Struw- Judith Breuer Oberhessisches Museum hill, weisen eine hohe kunsthandwerkliche welpeter-Museum erzählt mit Illustrationen, Altes Schloß Qualität auf und sind aus edlen Materialien Skulpturen und Installationen von charisma- Brandplatz 2 wie Gold und Silber gefertigt. Der Einsatz von tischen Helden und magischen Objekten, von 35390 Gießen Emaille, japanischer Namiki-Lackkunst oder treuer Freundschaft und tiefer Feindschaft. Tel.: (06 41) 96 09 73 - 0 der Einbau von Uhren unterstreicht den luxu­ Für Kinder gibt es viele Mitmachstationen. www.giessen.de riösen Charakter dieser Feuerzeuge. Struwwelpeter-Museum Deutsches Goldschmiedehaus Hanau Schubertstraße 20 Radschloss-Tischfeuerzeug aus 60325 Frankfurt am Main Stahl und Messing, 1. Hälfte Altstädter Markt 6 17. Jahrhundert; Foto: Volker 63450 Hanau Tel.: (0 69) 74 79 69 Postkarte „Weihnachtsgruss“ mit Lebkuchenstern; Putz Tel.: (0 61 81) 25 65 56 www.struwwelpeter-museum.de Foto: © Rita und Judith Breuer www.goldschmiedehaus.com

Die von den Sammlerinnen Rita und Judith Eka Tabliashvili: Der undurch- Breuer zusammengestellte Ausstellung spannt dringliche Wald, Illustration einen Bogen von der mittelalterlichen Back- zum Märchen „Tsikara“; Foto: © Eka Tabliashvili Tsikara tradition über die gewerbliche Zuckerbäckerei Georgische Illustratoren zu Gast bis zur Backtradition in privaten Haushalten. Fotos, Backbücher, Grafiken und verschiedene Feuer und Flamme 6. Oktober 2018 bis 6. Januar 2019 Apfel, Nuss und Mandelkern Backutensilien veranschaulichen die regiona- Die Kulturgeschichte des Feuerzeugs So riecht und schmeckt die Weihnachtszeit len Unterschiede von Weihnachtsgebäck. Den Duft von Vanille, Zimt und Kardamom kön- 17. Juni 2018 bis 6. Januar 2019 Die Ausstellung stellt anlässlich der Frankfur- 17. November 2018 bis 6. Januar 2019 nen die Besucher an einer Riechbar genießen. ter Buchmesse 2018, deren Gastland Georgien ist, Künstler, Kinderbuchillustratoren und Dreieich-Museum Anreiß-Feuerzeug der französi- Vor über 25 Jahren kaufte Volker Putz auf dem Designer aus diesem Land dem deutschen Winterliche Backtraditionen stehen im Mittel­ Fahrgasse 52 schen Firma Chic, Silber und Portobello-Markt in London zwei Art-déco- Publikum vor. Das berühmte georgische Volks- punkt dieser Ausstellung. Schon bei den Kel- 63303 Dreieich-Dreieichenhain Glasemaille, um 1930; Foto: Feuerzeuge von Dunhill aus den 1920er Jahren. märchen „Tsikara“ handelt von einem Jun- ten wurde zur Wintersonnenwende rituell ge- Tel.: (0 61 03) 8 49 14 Volker Putz Dies war der Beginn einer neuen Leidenschaft. gen, dessen einziger Freund ein Stier namens backen. Im Mittelalter übernahmen Mönche www.dreieich-museum.de

14 AKTUELLE SONDERAUSSTELLUNGEN AKTUELLE SONDERAUSSTELLUNGEN 15 Gesammelt. Gekauft. Geraubt? Denn das hauseigene Archiv wurde bei einem Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg größten­ 16. August 2018 bis 27. Januar 2019 teils zerstört. So halfen nur in- und auslän­ dische Recherchen in anderen Institutionen sowie ein Austausch mit Händlern und Nach- Wie kamen Anfang des 20. Jahrhunderts kommen, um den Weg der Sammlungsstücke Ahnen­figuren aus Indonesien auf den euro­ ins Museum nachvollziehen zu können. Den- Kaffeepause der weiblichen päischen Kunstmarkt? Weshalb konnte das noch sind viele Details bislang noch ungeklärt, ­Abgeordneten der National­ damalige Museum für Völkerkunde in Frank- insbesondere die Namen der lokalen Hersteller Christine und Irene Hohen­ versammlung in Weimar, 1919; furt am Main Anfang der 1940er Jahre in Paris oder Vorbesitzer. Die in der Ausstellung präsen­ büchler: „bau-Stelle“ 2007, Foto: © HMF und Amsterdam „günstige“ Ankäufe machen? tierten Ergebnisse bleiben daher unvollständig, ­Acting in Utopia, Landesgalerie Handelt es sich bei einem Waffengurt aus Süd­ bilden aber einen Ausgangspunkt für weitere Oberösterreich; Foto: Christine afrika um Kriegsbeute? Das sind nur einige Fra- Forschungen und kritisches Nachdenken. Hohenbüchler, © VG Bild-Kunst, Damenwahl! 100 Jahre Frauenwahlrecht gen, die sich stellen, wenn man den Erwer- Bonn 2018 bungskontext und den Weg der Sammlungs- Weltkulturen Museum 30. August 2018 bis 20. Januar 2019 stücke ins Museum klären möchte. Schaumainkai 29–37 60594 Frankfurt am Main Christine & Irene Hohenbüchler: Tel.: (0 69) 21 23 15 10 Räume im Raum Mit der Novemberrevolution 1918 wurde in www.weltkulturenmuseum.de Deutschland der Weg frei für die Demokratie 28. September 2018 bis 27. Januar 2019 und für die politische Gleichstellung von Frauen und Männern. Am 19. Januar 1919 konnten Frauen in Deutschland zum ersten In der Mitmach-Ausstellung finden die Be­ Mal wählen und sich wählen lassen. Anläss- sucher nicht eine fertige Ausstellung zum lich dieser Jubiläen lenkt die Ausstellung die ­Betrachten vor, sondern sie werden zum Mit- Aufmerksamkeit auf bahnbrechende Pionie- gestalten aufgefordert. Holzlatten, Flügelschrau­ rinnen, streitbare Frauenrechtlerinnen, kämp- ben, mobile Tafeln und Zeichenkreide stehen ferische Revolutionärinnen und erste Politike- zur Verfügung, um Räume im Raum zu schaf- rinnen, die zur Entstehung der Weimarer Re- fen und zu variieren. Zahlreiche Hände und publik und zur Einführung des Frauenwahl- Köpfe verändern die Installationen so, dass rechts in Deutschland beigetragen haben. das Werk des Einzelnen bald nicht mehr zu Aufgezeigt werden sowohl der internatio- erkennen ist. nale Kampf um Frauenrechte um 1900 als Die Ausstellung wurde von den Künstlerin- Ludwig Kainer: Entwurf für ein auch die regionale Entwicklung in Frankfurt nen Christine und Irene Hohenbüchler kon- Wahlplakat der revolutionären am Main, einem wichtigen Zentrum der ersten zipiert. Bereits früh arbeiteten die 1964 in Übergangsregierung, 1919; deutschen Frauenbewegung. In Ausblicken 1941 in Amsterdam erworbene Ganesha-Figur aus Java, Wien geborenen Zwillingsschwestern künst­ ­Foto: © HMF werden Brücken zu aktuellen Themen wie Indonesien, Sammlung Weltkulturen Museum; lerisch zusammen, seit den 1990er Jahren vor #MeToo, Gender Pay Gap oder Diskussionen Foto: Wolfgang Günzel, 2018 allem mit sozialen Randgruppen. Ihre Kunst um Gleichberechtigung in Bildung, Arbeit, entsteht aus gemeinschaftlichem Handeln Politik und Recht geschlagen. und Interaktion. Christine und Irene Hohen­ In der Ausstellung im „Weltkulturen Labor“ büchler: „bau-Stelle“ 2008, Historisches Museum Frankfurt werden ausgewählte Beispiele aus der Kolonial­ Kinder-Akademie Fulda ­Galerie Martin Janda, Wien; ­Foto: Christine Hohenbüchler, Saalhof 1 zeit und der Zeit des Nationalsozialismus be- Kopfschmuck eines Oberhauptes der Duala in Kamerun, Mehlerstraße 8 © VG Bild-Kunst, Bonn 2018 60311 Frankfurt am Main leuchtet. Die präsentierten Objektgeschichten Geschenk an den dort unterrichtenden Lehrer Theodor 36043 Fulda Tel.: (0 69) 21 23 55 99 machen deutlich, dass man bei dem Bemühen, Christaller, vermutlich 1890er Jahre, Sammlung Weltkul- Tel.: (06 61) 9 02 73 - 0 www.historisches-museum-frankfurt.de Provenienzen zu klären, oft an Grenzen stößt. turen Museum; Foto: Wolfgang Günzel www.kaf.de

16 AKTUELLE SONDERAUSSTELLUNGEN AKTUELLE SONDERAUSSTELLUNGEN 17 Stages – Episoden des Lebens Im Fokus: Taschen – Die Tasche dient aber nicht nur als funktio­ funktional, schmückend, modisch naler Gebrauchsgegenstand, sondern sie ist 28. September 2018 bis 27. Januar 2019 auch schmückender Luxusartikel und Status- 22. Juni 2018 bis 3. Februar 2019 symbol. Bedingt durch unterschiedlichste Be- dürfnisse und den Wandel in der Mode haben Verschiedene naturwissenschaftliche Themen­ sich im Laufe der Geschichte bis heute un- stationen im „Großen Saal“ des Museums in- zählige Taschenformen und -varianten her- formieren über Episoden aus dem Leben ver- ausgebildet. Innerhalb eines Tagesablaufs schiedener Organismen. Sie beschäftigen sich kommen sowohl bei Frauen als auch bei mit Metamorphose und Jugend, dem Lebens- Männern spezifische Modelle zum Einsatz: alter verschiedener Arten, mit „Lebenden Fos- Bürotasche, Einkaufstasche, Sporttasche und silien“ sowie mit Wachstum und Zeitwahr- am Ende des Tages – nur für die Damenwelt – nehmung. Die Protagonisten der Ausstellung die Abendtasche. Die Hanauer Einwohnerwehr im sind beispielsweise Amphibienlarven, Eintags­ Der Hanauer Kapitänleutnant Rudolf Gebeschus (rechts) Papiertasche, 2018, und lederner Jahr 1919; Foto: Jens Gustav fliegen und Grönlandhaie, deren Existenz auf dem U-Boot UB-63, 1917; Foto: Heinrich Zahn, Deutsches Ledermuseum Shopper, Fa. Bree, Isernhagen, Arndt, Archiv von jeweils unterschiedlicher Lebensdauer ­Hanau / Jens Gustav Arndt, Archiv Frankfurter Straße 86 2003; Foto: Laura Brichta, © DLM und unterschiedlichen Umwelteinflüssen be- 63067 Offenbach am Main stimmt wird. Gezeigt werden auch Interviews Tel.: (0 69) 82 97 98 - 0 mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, Hanau in feldgrauer Zeit www.ledermuseum.de die Fragen zu ausstellungsspezifischen Themen Zusammenbruch und Revolution im Herbst 2018 beantworten. 17. November 2018 bis 27. Januar 2019 Hessisches Landesmuseum Darmstadt Friedensplatz 1 Bernd Zimmer. Kristallwelt 64283 Darmstadt Diese Ausstellung bildet den Abschluss einer Tel.: (0 61 51) 16 57 - 0 00 dreiteiligen Reihe und entstand in Kooperation 19. Oktober 2018 bis 3. Februar 2019 www.hlmd.de mit dem Hanauer Geschichtsverein 1844 e. V. Thematisiert werden die Ereignisse im Jahr 1918, insbesondere der U-Boot-Krieg, das Als Mitbegründer der Galerie am Moritzplatz Objekte der Ausstellung „Stages“; sinnlose Töten auf See sowie der Umbruch Gürteltasche aus Europa, spätes 16. bis Anfang 17. Jahr- in Berlin wurde Bernd Zimmer in den 1970er Foto: © HLMD, Grafik: Carrascal / hundert; Foto: Laura Brichta, © DLM Dindin Communi­cation Design und die leidvolle Nachkriegszeit in Hanau. Jahren mit seiner „heftigen“ Malerei als „Neuer Darüber hinaus wird auf die Revolution in Wilder“ bekannt. In seinen Werken nimmt der Region sowie Formen des „Heldengeden- kens“ in den Nachkriegsjahren eingegangen. Die erste Studioausstellung innerhalb der Bernd Zimmer: Namib. Düne II, Ein Blick über die französische Grenze bezieht neuen Reihe „Im Fokus“ widmet sich dem Farbholzschnitt, 2003; Foto: auch die Perspektive des früheren „Erzfeindes“ Thema Taschen. Punktuell wird hier die Ge- © VG Bild-Kunst, Bonn 2018 ein. Beide Länder, Deutschland und Frank- schichte der Tasche sowie die Entstehung reich, verloren Millionen meist junger Män- und Ausprägung bestimmter Typen beleuch- ner auf den Schlachtfeldern und auf See. tet. Die Tasche hat sich über Jahrtausende zu einem differenzierten und zu einem der be- Historisches Museum Hanau liebtesten Accessoires in der Gegenwart ent- Schloss Philippsruhe wickelt. In vor- und frühgeschichtlicher Zeit Philippsruher Allee 45 wurde sie als profanes „Transportmittel“ für 63454 Hanau-Kesselstadt Rohstoffe und Nahrung eingesetzt, im Mittel- Tel.: (0 61 81) 2 95 17 18 alter in Form von Beutel- und Gürteltaschen www.museen-hanau.de erst einmal nur von Männern genutzt.

18 AKTUELLE SONDERAUSSTELLUNGEN AKTUELLE SONDERAUSSTELLUNGEN 19 die Auseinandersetzung mit der Natur einen Kunststoff bewegt – Gold & Wein Besonders hervorzuheben sind die Funde zentralen Stellenwert ein. Die Ausstellung an- Die Zukunft in Bewegung Georgiens älteste Schätze und Ergebnisse der Ausgrabung in der neo­ lässlich des 70. Geburtstages des Künstlers lithischen Siedlung von Aruchlo, die sich entstand in Zusammenarbeit mit der Städti- 19. Oktober bis 3. Februar 2019 6. Oktober 2018 bis 10. Februar 2019 durch ihre charakteristischen Rundbauten schen Galerie im Leeren Beutel in Regensburg und Artefakte aus der frühesten Ackerbaukul- und der Kunsthalle Jesuitenkirche in Aschaf- tur auszeichnet. Daneben zählt das in Sakd- Ein Hybrid-Kombi-Instrument; fenburg. Sie zeigt vor allem Arbeiten, die in Die Präsentation im Rahmen des Ehrengast- Foto: Continental AG rissi untersuchte älteste Goldbergwerk der den letzten drei Jahrzehnten entstanden sind. Programms der Frankfurter Buchmesse 2018 Welt, das eindrucksvoll den frühbronzezeit­ Dazu gehören etwa Bilder der Serie „Cosmos“, entstand in Zusammenarbeit mit dem Geor­ lichen Abbau und die Verarbeitung von Gold in denen Bernd Zimmer mit malerischen Mit- gischen Nationalmuseum Tiflis und der Eura- veranschaulicht, zu den Höhepunkten der teln Vorstellungen des Universums darstellt. sien-Abteilung des Deutschen Archäologi- Ausstellung. Auch die Veränderung der sozia- Aus seinen Beobachtungen auf Reisen nach schen Instituts Berlin. Sie stellt umfassend die len Gefüge im Verlauf der Frühbronzezeit wer- Asien, Afrika, Nord- und Südamerika gingen frühen kulturellen Entwicklungen Georgiens den anschaulich, insbesondere durch die 2012 Serien von Wüstenbildern, „Kristallwelten“ vom Beginn der Landwirtschaft im Kaukasus ausgegrabenen, gut erhaltenen Grabfunde des Die goldene Löwenfigur aus und dschungelartigen Wäldern hervor. Spie- ab 6000 v. Chr. bis zur Mittelbronzezeit um 12 m hohen bronzezeitlichen Grabhügels Ana­ ­einem Hügelgrab in Tsnori ge- gelungen in stillen Gewässern boten Anlass 2100–1700 v. Chr. vor. Im Fokus stehen da- nauri 3, unter denen sich ein imposanter höl- hört zu den wichtigsten Funden für eine Reihe von Reflexionsbildern. Seit den bei die neuesten archäologischen Forschungs- zerner Wagen befindet. Die Ausstellung wid- in Georgien, 2. Hälfte 3. Jahr- tausend v. Chr.; Foto: J. Meyer, 1980er Jahren arbeitet Zimmer zudem an Holz­ ergebnisse deutsch-georgischer Kooperations- met sich darüber hinaus den ältesten Nach- © Archäologisches Museum schnitten, die mit ihrem Format und raffinier- projekte, die mit zahlreichen Originalfunden weisen des frühen Weinbaus, der eng mit den Frankfurt ten Farbenspiel die Grenzen des Mediums einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht günstigen geologischen und klimatischen ausloten. Sie führen Teile der Serien etwa zu werden sollen. ­Voraussetzungen verbunden ist. Durch Kera- den Wasserspiegelungen weiter und beschäf- mik und botanische Reste wird eine ausgepräg­ tigen sich mit Fragen von Natur, Verwand- te Weintrinkkultur in der Frühbronzezeit­ ab Das in Badaani gefundene zwei- lung und Bewahrung. 3300 v. Chr. deutlich greifbar. rädrige Modell stellt den bislang ältesten, sicher nachgewiesenen Museumslandschaft Hessen Kassel Die Firma Continental AG entwickelt und Archäologisches Museum Frankfurt Wagen in Georgien dar, 2. Hälfte Neue Galerie produziert am Standort Babenhausen mit etwa Karmelitergasse 1 3. Jahrtausend v. Chr.; Foto: Schöne Aussicht 1 3.300 Mitarbeitern hauptsächlich Anzeige- 60311 Frankfurt am Main J. Meyer, © Archäologisches 34117 Kassel systeme. Anlässlich der Woche der Kunststoff- Tel.: (0 69) 2 12 - 3 58 96 Museum Frankfurt Tel.: (05 61) 3 16 80 - 4 00 straße des Landkreises Darmstadt-Dieburg www.archaeologisches-museum.frankfurt.de Bernd Zimmer: Leben im All. www.museum-kassel.de stellt das Unternehmen seine Produktions- Fliegender Baum, 2017; Foto: prozesse vom Granulat bis zur montierten © VG Bild-Kunst, Bonn 2018 Baugruppe vor. Die in Babenhausen gefertig- ten Hybrid-Kombi-Instrumente vereinen zum Beispiel eine gefärbte glasähnliche Oberfläche Piet Mondrian mit herkömmlichen Zeigern und Anzeigen in Natur und Konstruktion Kombination mit LED-Beleuchtungseffekten. Die Sonderausstellung ist ein Rückblick und 26. Oktober 2018 bis 17. Februar 2019 zugleich ein Blick in die Zukunft des Stand­ ortes und der Produkte. Der holländische Maler Piet Mondrian (1872– Territorialmuseum Babenhausen 1944) gehört mit Kasimir Malewitsch und Was- Amtsgasse 32 sily Kandinsky zu den prominentesten Vertre- 64832 Babenhausen tern der abstrakt-geometrischen Kunst. Er spielte Tel.: (0 60 73) 6 12 81 hinsichtlich des radikalen Umbruchs in der www.hgv-babenhausen.de Kunst an der Schwelle des 19. zum 20. Jahr-

20 AKTUELLE SONDERAUSSTELLUNGEN AKTUELLE SONDERAUSSTELLUNGEN 21 hundert eine entscheidende Rolle. 1917 grün- das zweite die Bürgerschaft auf. Modelle für Lage in dem dicht bebauten Gebiet entgegen- dete Mondrian die Gruppe „De Stijl“ in Leiden Flächenplanungen und Sanierungsprojekte zuwirken, setzten die Nationalsozialisten spä- und schuf streng geometrische, zumeist ledig- können also durchaus zu Streit, Protest und ter Pläne unter dem Begriff „Altstadtgesun- lich in Primärfarben ausgeführte Werke. Bürgerinitiativen führen. Der jeweils aktuellen dung“ um. Die Ausstellung entstand in enger Koope- bzw. zukünftigen Darstellung der Stadtgestalt Nach der fast vollständigen Zerstörung im ration mit dem Gemeentemuseum Den Haag, diente in den Jahren 1973 bis ca. 1990 ein Zweiten Weltkrieg entbrannte um die Altstadt das die weltweit größte Gemäldekollektion von raumgroßes Modell des Stadtplanungsamtes. nach 1945 eine heftige Rekonstruktionsdiskus­ Piet Mondrian besitzt. In der Wiesbadener Prä- sion. In den 1950er Jahren entstanden erste sentation sind alle Entwicklungsstufen Mond- Städtisches historisches Museum moderne Bauten, in den 1970er Jahren wurde rians vertreten: die wenig bekannte naturalis- Museum Gotisches Haus das Technische Rathaus im Stil des Brutalismus tische Malerei Mitte der 1890er Jahre, die ab­s­ Tannenwaldweg 102 errichtet. Eine erste Rekonstruktion der histo- trahierende Phase zwischen 1908 und 1917 61350 Bad Homburg vor der Höhe rischen Altstadt fand am Römerberg in den sowie die Malerei der absoluten Gegenstands- Modell der Bad Homburger Altstadt mit Brückenschlag, Tel.: (0 61 72) 3 76 18 1980er Jahren statt – zeitgleich hielt die Post- losigkeit. In der letzten Phase scheint Mondrian 1904; Foto: Museum Gotisches Haus www.bad-homburg.de/museum moderne Einzug, unter anderem mit dem Bau die Kunst völlig von der Natur abgekoppelt zu der Schirn und der Saalgasse. Mit dem Abriss- haben. Aber ist sie das wirklich? Der gedank­li­che urteil für das Technische Rathaus setzte ab Fassade des Hauses Goldene Ausgangspunkt seines Werkes sind selbst 1919 Modelle einer Stadt 2005 eine kontroverse Diskussion über die Waage, 2017; Foto: Uwe Dettmar Modell zur Sanierung der Bad noch immer real vorhandene Gegebenheiten Bad Homburg in Vergangenheit, Neubebauung ein. Wie daraus die 2018 ein­ Homburger Altstadt, 1968; – auch wenn diese Bezüge im gegenstands­ Gegenwart und Zukunft geweihte neue Altstadt hervorging, wird in ­Foto: Norbert Miguletz losen Bild nicht mehr nachvollziehbar sind. der Ausstellung sichtbar gemacht. 26. August 2018 bis 24. Februar 2019 Museum Wiesbaden Deutsches Architekturmuseum Hessisches Landesmuseum für Kunst und Natur Schaumainkai 43 Friedrich-Ebert-Allee 2 Die aus der Sammlung des Städtischen Histo- 60596 Frankfurt am Main 65185 Wiesbaden rischen Museums stammenden Stadt- und Tel.: (0 69) 2 12 - 3 88 44 Tel.: (06 11) 3 35 - 22 50 Architekturmodelle geben Einblicke in die www.dam-online.de www.museum-wiesbaden.de historische Stadtgestalt Bad Homburgs. Sie dienten als didaktische Modelle für Ausstel- lungen des Museums oder als Grundlage für Der Frankfurter Hühnermarkt, 2017; Foto: Uwe Dettmar Piet Mondrian, Komposition geplante Bauvorhaben. Städtebauliche Diskus- mit großer roter Fläche, Gelb, Schwarz, Grau und Blau, 1921; sionen sind ebenso ein Thema der Ausstellung Hautnah. Foto: Collection Gemeente­ wie die Entwicklung des Modellbaus als Hand- Die immer neue Altstadt Die Filmkostüme von Barbara Baum museum Den Haag werk und Kunstform. Bauen zwischen Dom und Römer seit 1900 Aus der Nachkriegszeit sind Modelle über- 24. Oktober 2018 bis 10. März 2019 liefert, die Homburg in den Jahren um 1200 22. September 2018 bis 10. März 2019 und kurz nach 1786 vorstellen. Sie wirken wie Spielzeug und erwecken den Eindruck einer Fast 50 Jahre lang arbeitete Barbara Baum vermeintlich guten alten Zeit. Ein kunstvolles Die Frankfurter Altstadt weist eine spannungs­ (geb. 1944) für Film- und Fernsehproduktionen Modell von 1904 zeigt dagegen, wie man eine reiche Geschichte im Hinblick auf ihre Archi- und kleidete im Laufe ihrer Karriere Schau- Überführung durch die Altstadt anlegen könnte. tektur und deren politische Instrumentali­ spieler wie Meryl Streep, Burt Lancaster, Jeanne Auf das gleiche Planungsgebiet bezieht sich sierung für Identität und Tradition auf. Der Moreau oder Catherine Zeta-Jones ein. Die ein Modell von 1968/69, das die Idee veran- Einzug der Moderne erforderte einen neuen ausgebildete Modedesignerin mit dem beson- Kostümentwurf von Barbara schaulicht, die ganze Altstadt abzureißen und Rathausbau und den Braubachstraßendurch- deren Gespür für historische Stoffe entwarf Baum für Barbara Sukowa in durch Hoch- und Terrassenhäuser zu ersetzen. bruch für die Straßenbahn. In der Ernst-May- zum Beispiel Kostüme für die Filme des Regis- „Lola“ (DE 1981); Foto: Das Modell von 1904 überzeugte und führte Ära geriet die Altstadtfrage zu einem städte- seurs Rainer Werner Fassbinder: das Silberlamé- Deutsches­ Filminstitut zur baulichen Umsetzung, dagegen schreckte baulichen Richtungsstreit. Um der desolaten Kleid von Lili Marleen (1981), den Leoparden­

22 AKTUELLE SONDERAUSSTELLUNGEN AKTUELLE SONDERAUSSTELLUNGEN 23 Lotte Laserstein nimmt die Ausstellung Lasersteins künstleri- Einerseits werden dem Toten ehrfürchtiger sche Entwicklung in den Blick. Der Schwer- Respekt und Zuneigung entgegengebracht, 19. September 2018 bis 17. März 2019 punkt liegt auf den Arbeiten der 1920er und andererseits gibt es Angst vor möglichem Un- 1930er Jahre, die den Glanzpunkt ihres Schaf- heil, das von den Toten ausgehen könnte. fens markieren. Oft negiert Laserstein in ihren ­Neben Vorbehalten, die gegenüber allen Ge- Durch sensibel gestaltete Porträts ihrer Zeitge- Porträts klassische Rollenvorstellungen und genständen herrschen, die mit dem Tod und nossen machte sich die Berliner Malerin Lotte entwickelt neue, vor allem weibliche Identi­ Toten in Verbindung stehen, wird auch auf Laserstein (1898–1993) in den späten Jahren fikationsbilder. Diese finden Ausdruck in sou- „Todesvorzeichen“ näher eingegangen, wie der Weimarer Republik einen Namen. Ihre veränen, athletischen und modebewussten zum Beispiel zerspringende Gläser und Spie- Kritiker bezeichneten sie als „leidenschaftliche Frauenfiguren, die den neuen Typus der mo- gel, stehenbleibende Uhren oder von der Malernatur“ und bestätigten ihr „ein Können dernen Frau reflektieren. Wand fallende Porträts. Barbara Sukowa und Rainer Werner Fassbinder am Set von von beachtlichem Ausmaß“. Nach der frü- „Lola“ (DE 1981); Foto: Karl- hen Anerkennung endete ihre Karriere jedoch Städel Museum Museum für Sepulkralkultur Lotte Laserstein: Mackie Messer Heinz Vogelmann, Deutsches schlagartig: Die politischen Bedingungen im Schaumainkai 63 Weinbergstraße 25–27 und ich, um 1932, Privatbesitz; Filminstitut Nationalsozialismus schlossen die Malerin mit 60596 Frankfurt am Main 34117 Kassel Foto: Lotte-Laserstein-Archiv / jüdischem Hintergrund zunehmend aus dem Tel.: (0 69) 60 50 98 - 0 Tel.: (05 61) 9 18 93 - 0 Krausse, Berlin, © VG Bild-Kunst, Bonn 2018 öffentlichen Kulturbetrieb aus, 1937 musste www.staedelmuseum.de www.sepulkralmuseum.de mantel der Maria Braun (1978) und die Matro­ sie Deutschland verlassen. Abgeschnitten von senshirts für „Querelle“ (1982). Seit 2015 be- der internationalen Kunstszene geriet ihr Werk findet sich ihr Arbeitsarchiv als Dauerleihgabe weitgehend aus der öffentlichen Wahrneh- der „Adolf und Luisa Haeuser-Stiftung für Kunst mung. Heute gehört Lasersteins Œuvre zu den und Kulturpflege“ in den Sammlungen des großen Wiederentdeckungen der letzten Jahre. Tutenfru! Deutschen Filminstituts in Frankfurt am Main. Über Aberglaube und Tod Die große Werkschau präsentiert Baums Filmarbeiten und bietet durch ein taktiles Ver­ 27. Oktober 2018 bis 17. März 2019 mittlungskonzept inklusiven Zugang für Seh- behinderte: 40 von Baums Meisterwerken aus Totenknochen eignen sich nach magischen Vorstellungen Kostümhäusern in Berlin, London und Rom Im Bereich der Sepulkralkultur existieren Ver- angeblich für allerlei Schadens- werden nicht nur zu sehen, sondern auch zu haltensweisen und Vorstellungen, die weder zauber; Foto: Frank Hellwig, hören und zu fühlen sein. An eigenen Statio- mit christlich-religiösen Haltungen noch mit © Arbeitsgemeinschaft Friedhof nen können Besucher mit den Händen über rationalen Einstellungen in Einklang zu brin- und Denkmal Tastbilder von Baums Kostümentwürfen fah- gen sind. Die Ausstellung widmet sich diesen ren und in Brailleschrift ihre Anmerkungen „abergläubischen“ Mythen und Riten, die Lotte Laserstein: Russisches Mäd­chen mit Puderdose, 1928; zu Form und Schnitt nachlesen. Stoffproben ­neben den christlichen Begräbnissitten sowie Mythos Wille Foto: Städel Museum, Frankfurt machen die verwendeten Materialien spürbar. den Vorgaben des Friedhofs- und Bestattungs- Johann Georg Wille (1715–1808) am Main, © VG Bild-Kunst, Dank einer Kooperation mit dem Frankfurter rechts im deutschsprachigen Raum existierten Bonn 2018 DialogMuseum bietet dort ab September 2018 und auch heute noch anzutreffen sind. Im 15. Oktober 2018 bis 25. März 2019 die begehbare Stoffinstallation „Get in touch“ Mittelpunkt stehen dabei Objekte, die im (Reihe „Szenenwechsel“) einen ersten Vorge- Hinblick auf ihre übernatürlich-magischen schmack auf die Ausstellung. Die Ausstellung baut auf den Sammlungs- Bedeu­tungen und „Wirksamkeiten“ insze- Die in Kooperation mit der Graphischen Samm­ beständen des Städel Museums auf, das mit niert werden. Insbesondere wird auf ihre Ver- lung der Universität Trier entstandene Aus- Deutsches Filmmuseum den Gemälden „Russisches Mädchen mit Pu- wendung als Heil- und Schutzzauber oder in stellung widmet sich dem 1715 auf der Ober- Schaumainkai 41 derdose“ (1928) und „Junge mit Kasper-Puppe einer Umkehrung gar als Schadenszauber mühle in Biebertal bei Wetzlar geborenen Jo- 60596 Frankfurt am Main (Wolfgang Karger)“ (1933) in den vergangenen ­eingegangen. hann Georg Wille, der zu den bedeutendsten Tel.: (0 69) 96 12 20 - 2 20 Jahren wichtige Arbeiten der Künstlerin er- Ein anderes Thema ist das ambivalente Ver­ Kupferstechern, Kunst- und Büchersammlern www.deutsches-filminstitut.de/filmmuseum werben konnte. Anhand von etwa 50 Werken hältnis der Lebenden zu den Verstorbenen: und Pädagogen des 18. Jahrhunderts zählt.

24 AKTUELLE SONDERAUSSTELLUNGEN AKTUELLE SONDERAUSSTELLUNGEN 25 Johann Georg Wille lebte seit 1736 über- Hanau-Lichtenberg, 1715 ein Jagdhaus errich- und „Erinnerungskultur“ Themen der Aus- Gruppe russischer Kriegsgefan- wiegend in Paris. 1755 wurde ihm von der ten, das ab 1868 als Oberförsterei genutzt wurde stellung. In Kassel wirkten ab 1918 auch zwei gener in Kassel, 1914–1918; Académie royale als Anerkennung für die und heute das Forstamt Hanau-Wolfgang be- bekannte Persönlichkeiten: Generalfeldmar- ­Foto: Stadtmuseum Kassel technische Perfektion seiner Stiche der Titel herbergt. schall Paul von Hindenburg leitete von Kassel- „Graveur du Roi“ verliehen. Der Hofkupfer- Von dem Kloster sind unter anderem noch Wilhelmshöhe aus die Demobilisierung der stecher war Zeit seines Lebens bestrebt, Kunst ein quadratischer Turm, die Apsis der Kirche deutschen Truppen, und der SPD-Politiker und Literatur seiner beiden Heimatländer und Reste des Sakristeigebäudes zu erkennen. Philipp Scheidemann übte von 1919 bis 1925 wechselseitig zu stärken. So richtete er in Paris Da über seine Baugeschichte wenig bekannt das Amt des Oberbürgermeisters in seiner neben einem Verlag und einer Kunsthandlung, ist, führten in den Jahren 2013 und 2014 der Heimatstadt aus. in der er Werke deutscher Künstler und Auto- Hanauer Geschichtsverein und die Abteilung ren dem französischen Publikum anbot, auch Hessen-Archäologie des Landesamts für Denk- Museumslandschaft Hessen Kassel die sogenannte „Teutsche Zeichenschule“ ein, malpflege Hessen Grabungen durch. Dabei Hessisches Landesmuseum in welcher die Kunst der französischen Druck­ wurden gänzlich unbekannte Teile der Kloster­ Brüder-Grimm-Platz 5 grafik an Künstler und Kupferstecher aus ganz anlage zutage gefördert, die neue Einblicke in 34117 Kassel Europa vermittelt wurde. Die Französische das Klosterleben des einst dort ansässigen Ser- 1918 – Tel.: (05 61) 316 80 - 0 Revolution wirkte sich negativ auf seinen vitenordens geben. Zwischen Niederlage und Neubeginn www.museum-kassel.de Johann Georg Wille, ein Porträt weiteren Lebensweg aus – 1808 starb Wille Modell eines sechseckigen von Friedrich Johann Kauke, verarmt in Paris. Museum Schloss Steinheim 9. November 2018 bis 28. April 2019 Stadtmuseum Kassel ­Holzhauses, entworfen vom Kupferstich, 1759; Foto: Andreas Schlossstraße 9 Ständeplatz 16 ­Kasseler Architekten Hans Thull, Universität Trier Stadtmuseum Wetzlar 63456 Hanau-Steinheim 34117 Kassel Soeder in den 1920er Jahren; Foto: Stadtmuseum Kassel Lottestraße 8–10 Tel.: (0 61 81) 65 97 01 oder 2 95 17 99 Im Herbst 2018 jähren sich zum hundertsten Tel.: (05 61) 7 87 14 00 35578 Wetzlar www.museen-hanau.de Mal das Ende des Ersten Weltkriegs und der www.stadtmuseum-kassel.info Tel.: (0 64 41) 99 41 31 Beginn der Weimarer Republik. Welche Folgen www.museen-wetzlar.de hatte der Krieg für die Stadt Kassel, für das Um- land und die Gesellschaft, welche Verände- rungen brachte die Weimarer Republik? Diese Fragen stehen im Zentrum des gemeinsamen Ausstellungsprojekts der Museumslandschaft Mauern voller Rätsel und Geheimnisse Hessen Kassel und des Stadtmuseums Kassel. Grabungsergebnisse vom Kloster St. Wolfgang Ausgehend vom Ende des Ersten Weltkriegs widmet sich die Präsentation neben der un- 5. Mai 2018 bis 31. März 2019 mittelbaren Nachkriegszeit vor allem den zu- kunftsweisenden kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen in der Weima­ Die Geschichte des Klosters St. Wolfgang be- rer Republik. Der Alltag der Menschen in die- ginnt mit einer dem heiligen Wolfgang ge- ser turbulenten Zeit war geprägt von gegen- weihten Kapelle, die um das Jahr 1468 von sätzlichen Erfahrungen und Empfindungen. Erasmus Hasefuß, Hoffourier und Trompeter So konnte die Aufbruchsstimmung nach Grün- des Grafen Philipp I. des Jüngeren von Hanau, dung der ersten deutschen Demokratie nicht errichtet wurde. Graf Philipp I. von Hanau- über die materielle Not hinwegtäuschen: Den Münzenberg finanzierte zwanzig Jahre später neuen politischen und kulturellen Freiheiten Die Klosterruine während der den Ausbau zu einem Kloster, wie es in mittel­ standen Lebensmittelknappheit, Wohnungs- Grabung; Fotos: Michael Müller alterlichen Adelskreisen üblich war. Im Bauern­ not und Arbeitslosigkeit gegenüber. Dement- krieg 1525 wurde das Kloster zerstört und an- sprechend sind beispielsweise „Demokratische schließend aufgegeben. In der Nähe der Ruine Wahlen“, „Siedlungsbau“ oder „Lebensmittel- ließ Johann Reinhard III., der letzte Graf von versorgung“, aber auch „Unterhaltung“, „Sport“ Gräber deutscher Soldaten bei Natalin in Polen, 1916; Foto: MHK, Sammlung Volkskunde

26 AKTUELLE SONDERAUSSTELLUNGEN AKTUELLE SONDERAUSSTELLUNGEN 27 Erstmalig komplett in Eigenproduktion Jede Mitmachausstellung im Stadt- und In- entstand „Gib Stoff! Eine Mitmachausstellung dustriemuseum Rüsselsheim wird von einem für Textiltüftler und Fadenforscher“, die vom Begleitprogramm flankiert. Dessen Bestand- 1. September 2018 bis zum 28. April 2019 im teile erwecken jeweils neue Aufmerksamkeit Rüsselsheimer Museum zu sehen ist. Hier kann (auch der Presse) und sorgen dafür, dass die erlebt und ausprobiert werden, wie und aus mehrmonatige Mitmachausstellung durch welchen Fasern Fäden herzustellen sind. Wie das persönliche Netzwerk der Besucher zu- verarbeitet man sie durch Weben, Flechten, sätzlich kommuniziert wird. Stricken oder Knüpfen zu textilen Flächen, wie Das Begleitprogramm ist auch eine gute werden sie veredelt durch Druck, Färbung Gelegenheiten, mit alten und neuen Koope- oder mit Nadel und Faden? rationspartnern zusammenzukommen. Der Neben alten, global anzutreffenden Kultur- wöchentliche „Tausend-Faden-Treff“ etwa techniken öffnet sich mit dem Thema Texti­ baut durch Beteiligung von Aktivistinnen der lien zugleich ein ganzer Kosmos an Stoffge- Stadtteilarbeit­ neue Brücken, besonders zu schichten. Da ist zum einen die lokale Dimen­ Menschen mit Migrationshintergrund. Nicht sion, die sich an vielen Orten und Museen zwangsläufig geschichtlich interessierten Natur­ finden lässt – in Rüsselsheim etwa mit dem freunden ebnet das Färben mit Pflanzen den Anknüpfungspunkt: Stoff­ „Urban-Knitting“ vor der Festung, geschichten in der Daueraus­ Ausstellungsvorbereitung mit Nähmaschinenfabrikanten Adam Opel oder Weg in die Ausstellung. stellung; Foto: Frank Möllenberg, Bürgerbeteiligung; Foto: Gudrun der Hasenhaarschneiderei für die Hutfilzher- Zu einem Beteiligungsprojekt mit beein- Einen Monat vor der Eröffnung werden © Stadt- und Industriemuseum Senska, © Stadt- und Industrie- stellung. Neben dem lokalen „Wir sind Opel“- druckender Eigendynamik entwickelte sich ­augenfällige Stoffkunststücke im Innenstadt- Rüsselsheim museum Rüsselsheim Shirt verweisen Jutetasche oder das lila Kirchen­ das „Urban Knitting“: Bäume, Kunstinstalla­ bereich verbreitet und mit einem im Ausstel- tagstuch darauf, wie Stoffe gesellschaftlichen tionen, ausgewählte Denkmale, Sitzbänke lungsdesign gestalteten Etikett versehen, das Wandel mitprägen und speichern. oder Straßenlaternen wurden im Vorfeld der auf die Ausstellung und die aktiv Beteiligten­ Fäden spinnen Darüber hinaus lassen sich über bestimmte Ausstellung mit gestrickten, gehäkelten oder am Gesamtprojekt verweist. Diese Aktion bil- Objekte, beispielsweise das kompostierbare genähten Decken, Girlanden, Tieren und sons­ det einen willkommenen Anlass zur Vorbericht­ und Netze auswerfen T-Shirt, Themen wie Nachhaltigkeit und Up- tigen Textilkunstwerken verschönert. Ausge- erstattung in der Presse über die Mitmach­ „Gib Stoff!“ – Mitmachen beginnt cycling greifbar machen. Auch die Zukunft ge­ hend von vorhandenen Kontakten zu stricken­ ausstellung. wandet sich textil: Da sind Stoffe, mit denen den Einzelpersonen, Handarbeitskreisen oder Die Mitmachausstellung wurde so konzi- nicht erst am Eröffnungstag Gebäude errichtet werden, die smart Informa- Schulen wuchsen diese Gruppen zunehmend piert, dass sie bei einem Platzbedarf von 200 tionen sammeln und darauf reagieren, etwa – vermittelt durch die Begeisterung der Betei- bis 300 qm auch in anderen Häusern gezeigt um eine Wand trocken und warm zu halten. ligten. Ebenfalls bildete sich, auf Basis und in werden kann. Aus den eigenen Erfahrungen Sich mit der Stadtgesellschaft zu verknüpfen Textilien finden als medizinische „Ersatzteile“ Fortführung der Zusammenarbeit zwischen mit ausgeliehenen und im Einsatz erlebten und neue Besucher zu gewinnen, sind lebens- im menschlichen Körper Verwendung, schüt- dem Museum und den Rüsselsheimer Werk- Mitmachausstellungen heraus entwickelte das wichtige Aufgaben für kommunale Museen. zen vor Feuer oder den „Reißzähnen“ einer stätten für Behinderte e. V., eine inklusive Team eine kompakte, modulare und flexibel Bedeutende Elemente in der Arbeit des Stadt- wildgewordenen Kettensäge. Textil-Arbeits­gruppe. aufbaubare Ausstellungsarchitektur. Bei Inter- und Industriemuseums Rüsselsheim sind da- Ein solches Projekt ist jedoch kein reiner esse an einer Übernahme der Ausstellung wird Mitmachen und den Faden auf- her die jährlichen Mitmachausstellungen zu Selbstläufer, denn die aktiven Personen und gebeten, mit dem Museum Kontakt aufzu- nehmen; Foto: Jens Scholten, wechselnden Themen, mitsamt Begleitpro- Gruppen müssen schließlich koordiniert, auf nehmen. Plakat zur Ausstellung © Stadt- und Industriemuseum gramm und Bewerbung. Sie laden unter dem die zu bestrickenden Zielobjekte verteilt und Jens Scholten „Gib Stoff!“; Foto: © Stadt- und Rüsselsheim wiederkehrenden Erkennungszeichen eines dahingehend betreut werden, dass nur zuläs- Industriemuseum Rüsselsheim kleinen Astronauten zum Aufbruch in neue sige Elemente des Stadtraums mit neuer Ge- Lern- und Erlebniswelten ein. Gleichsam als wandung bedacht werden. Nicht zu unter- Stadt- und Industriemuseum Rüsselsheim Etiketten für die „Urban-Knitting“- „Museum zum Anfassen“ ermöglichen sie Er- schätzen ist in diesem Zusammenhang der Hauptmann-Scheuermann-Weg 4 Kunstwerke; Foto: Jens Scholten, fahrungen mit allen Sinnen und senken die Aufwand, die jeweils zuständigen Stellen zu 65428 Rüsselsheim am Main © Stadt- und Industriemuseum Kontaktschwelle insbesondere für Kinder, informieren und mit diesen eine Genehmi- Tel.: (0 61 42) 83 29 50 Rüsselsheim ­Jugendliche und Familien. gung abzustimmen. www.museum-ruesselsheim.de

28 VERMITTLUNG UND KOMMUNIKATION VERMITTLUNG UND KOMMUNIKATION 29 gramm „Frankfurt – Stadt der Vielfalt“: Mit sieben niedrigschwelligen Themenspuren so- wie den „shared places“ und einer Schnittstelle zum Social-Media-Dienst Instagram können Schüler spielerisch Geschichten kultureller Vielfalt in Frankfurt entdecken, wobei ganz nebenbei ihr interkulturelles Verständnis ge- fördert wird. Aber nicht nur Schüler, auch Erwachsene können mit der App auf Spuren- suche gehen und entweder allein oder im Rah- men geführter Stadtspaziergänge „unsichtbare Orte“ entdecken. Das Vermittlungsangebot orientiert sich be- wusst an digitalen Gewohnheiten und macht die Nutzer mithilfe der Instagram-Schnittstelle zu Autoren für die App. Erreicht man etwa einen „unsichtbaren Ort“ in der Stadt, kön- nen eigene Fotos und Geschichten über In­ Auf Spurensuche mit der App Detailansicht der App „Unsicht- stagram hinzugefügt werden. Die App vereint „Unsichtbare Orte“; Foto: bare Orte“; Foto: Studio Good, auf diese Weise verschiedene Perspektiven und ­Norbert Miguletz, © Jüdisches © Jüdisches Museum Frankfurt Blicke der Nutzer und bietet dem Museum Museum Frankfurt gleichzeitig die Möglichkeit, mit ihnen in Kontakt zu treten. Raus aus dem Museum, Orte sichtbar, die sowohl für jüdische Frank- ­Geschichte anderer. Im Hinblick auf die Ver- Weitere Informationen und Download siehe: furter bedeutsam waren als auch für andere mittlung deutsch-jüdischer Geschichte in einer www.juedischesmuseum.de rein in die Stadt! Communitys Relevanz besaßen. post-migrantischen Stadtbevölkerung fördert Kathrin Schön Mit der App „Unsichtbare Orte“ Vor dem Hintergrund, dass jüdische Zeit­ die App somit die Möglichkeit, jüdische Ge- geschichte maßgeblich von Migration geprägt schichte in Frankfurt am Main als Teil einer auf Spurensuche in Frankfurt am Main ist, verbindet die App an sogenannten „shared vielfältigen – an manchen Stellen vergleich- Jüdisches Museum Frankfurt places“ Geschichten der jüdischen Einwohner baren – Migrationsgeschichte in der Stadt zu (zur Zeit geschlossen) Frankfurts mit den Alltagsgeschichten der tür­ betrachten. 60311 Frankfurt am Main Unter dem Motto „Raus aus dem Museum, kischen, spanischen, griechischen und italie- Geteilte Erfahrungsräume in und neue Per- Tel.: (0 69) 21 23 88 05 rein in die Stadt!“ eröffnet die App „Unsicht- nischen Bürger. Den Ausgangspunkt bildet da­ spektiven auf die Stadt standen von Beginn an www.juedischesmuseum.de bare Orte“ neue Zugänge zur jüdischen Zeit- bei stets ein konkreter Ort, der für eine oder im Zentrum der konzeptionellen Überlegun- und Frankfurter Migrationsgeschichte. Sie ent­ mehrere dieser Communitys eine wichtige gen zu dem Projekt „Unsichtbare Orte“. Da- Neue Zugänge zur Frankfurter stand in Kooperation mit dem Historischen Rolle spielte. Die App verwandelt diese Orte bei sollten auf spielerische Weise Zugänge zu Migrationsgeschichte; Foto: Museum Frankfurt und wurde von der Aventis anhand von Audiospuren, historischem Foto- den Gemeinsamkeiten der von Migration be- ­Studio Good, © Jüdisches Foundation#experimente digital, dem Koope- material und aktuellen Social-Media-Beiträgen troffenen Gruppen geschaffen werden, die Museum­ Frankfurt rationsfonds des Kulturamts der Stadt Frank- in lebendige Zeitgeschichte. sich sowohl topografisch als auch inhaltlich furt am Main, der Ursula Ströher Stiftung und Das Ziel ist es, nicht nur Informationen erschließen lassen. Die App „Unsichtbare Orte“ museOn gefördert. Die kostenfreie App lädt über die Spuren kultureller Vielfalt in Frank- richtet sich vor allem an Schüler der Mittel- Nutzer dazu ein, spannende Geschichten an furt bereitzustellen, sondern auch Anknüp- stufe integrierter Gesamtschulen und ist kom- versteckten oder auch altbekannten Orten zu fungspunkte zur Förderung von interkultu­ patibel mit deren Lehrplan. Ob als Exkursion entdecken. Dabei nimmt sich das digitale Ver- rellem Verständnis zu schaffen. Frei nach und Impuls für die nächste Unterrichtseinheit, mittlungsangebot die Frankfurter Stadt­ge­ dem Motto: Wer merkt, dass seine eigene im Rahmen eines Workshops oder über die schichte von 1945 bis heute vor und macht ­Geschichte Gehör findet, ist offen für die Teilnahme am museumsübergreifenden Pro-

30 VERMITTLUNG UND KOMMUNIKATION VERMITTLUNG UND KOMMUNIKATION 31 Alltagskultur „aktiv“ vermitteln gepasst. Die Abteilung Sportmedizin des In­ Menschen mit Blick auf ihr Funktionieren im stituts für Sportwissenschaften der Goethe- kapitalistischen Wirtschaftssystem fit machen Der Trimm-dich-Pfad Universität Frankfurt am Main unterstützte wolle. im Freilichtmuseum Hessenpark das Museum dabei. Die Verwendung und Ver- Mit der Einweihung des Outdoor-Sportpar- arbeitung des Baumaterials, die Konstruktion cours ist nun ein erster Meilenstein zur Fort- der Geräte sowie deren Beschilderung folgen entwicklung der Baugruppe Rhein-Main reali- nun den Vorgaben der europäischen DIN- siert. In den nächsten zehn Jahren soll dieser Bodybuilding, Workout oder Nordic Walking Norm 16630 für standortgebundene Fitness- Bereich im Hessenpark sukzessive erweitert sind Begriffe der heutigen Fitnessbewegung, geräte im Außenbereich. und bis in die Zeitgeschichte fortgeführt wer- die wir alle kennen. Die 1970er Jahre hingegen Die Schreiner des Museums fertigten unter den. Geplant ist, hier das suburbane Bauen Trimmy, die Symbolfigur der standen ganz im Zeichen des „Trimmens“. Beachtung der Vorgaben elf Trimm-Stationen und Wohnen der 1970er und 1980er Jahre im Kampagne „Trimm Dich – durch ­Eine Welle sportlicher Begeisterung erreichte aus Robinienholz, die mit Anweisungen für Einfamilien-Fertighaus, im Winkel-Bungalow Sport!“ aus den 1970er Jahren; die Menschen in der Bundesrepublik Deutsch- den Gebrauch ausgestattet wurden. So kön- oder im Reihenhaus vorzustellen. Foto: © Archiv Deutscher Olym- land. Unzählige laufende, turnende, spielende nen die Besucher nun während der Öffnungs- Ulrike von Bothmer Trimm-Taler von 1989; Foto: pischer Sportbund Freizeitsportler folgten dem Aufruf. Egal ob zeiten des Museums in einem landschaftlich © Freilichtmuseum Hessenpark jung oder alt, sportlich oder nicht – „Trimmy“, Die Leichtathletik-Gruppe SG Anspach im Freilichtmuseum attraktiven Gelände mit altem Baumbestand das kleine freundliche Maskottchen, ermun- Hessenpark an den Stationen „Hockwenden“ und „Drüber ungestört trainieren. Empfohlen wird die Be- Freilichtmuseum Hessenpark terte alle, sich im Alltag mehr zu bewegen. Drunter“; Foto: © Herbert Roos nutzung der Stationen laut DIN-Norm ab einer Laubweg 5 Körpergröße von 1,40 m. Zum Aufwärmen 61267 Neu-Anspach können entweder Übungen am Ort gemacht Tel.: (0 60 81) 5 88 - 0 Sportbundes (DSB). Bereits ab 1959 motivierte oder die ausgewiesene Trimm-Bahn genutzt www.hessenpark.de dieser mit dem „Zweiten Weg“ im Sport weite werden. Drei- bis viermal gelaufen, bietet sich Teile der Bevölkerung, sich im Alltag mehr zu diese auch für ein Ausdauertraining an. Im bewegen. Einen nennenswerten Erfolg ver- Rahmen eines buchbaren Gruppenangebots zeichnete jedoch erst die 1970 ins Leben ge- kann der Trimm-dich-Pfad unter Anleitung von rufene „Trimm dich durch Sport“-Kampagne. Übungsleiterinnen absolviert werden. Ein an- Körperliche Ertüchtigung sollte nicht nur wett­ gelegter Weg entlang der Geräte ermöglicht kampforientiertes Leistungstraining sein, son- den barrierefreien Zugang. Bänke und Tische dern alle Menschen unabhängig von Alter, laden nach erfolgtem Trainingsprogramm zur Geschlecht oder Leistungsstand ansprechen. Erholung ein. Dem Vorbild der Schweiz folgend, entstanden Seit Juni 2018 ergänzt ein Ausstellungs­ Freizeitsportanlagen nun auch in der Bundes- modul den Freizeitsportparcours. Auf sieben republik, zuerst noch ohne einheitliches Kon- Informationstafeln zum Thema „Sport für Alle!“ zept für den Aufbau und die Übungen. Die Ver­ wird mit Text und Bild die Entstehung der letzungsgefahr wurde daher stark kritisiert und Trimm-dich-Bewegung nachgezeichnet. Diese der sportmedizinische Nutzen der einzelnen steht beispielhaft für die Bemühungen diver- Geräte angezweifelt. Als Antwort darauf ent- ser Institutionen, dem zunehmenden Bewe- wickelte der DSB 1973 das Konzept des Trimm- gungsmangel in der Bevölkerung zu begegnen. Parks. Diese gemeinsam mit Fachleuten aus Viele der Annehmlichkeiten, welche mit dem Gerät des Trimm-dich-Pfads im der Sportwissenschaft und Medizin entwickelte Lebensstil der sich entfaltenden Wohlstands- Freilichtmuseum Hessenpark; Vorlage nutzte das Freilichtmuseum Hessen- gesellschaft Einzug hielten, wurden als gesund­ Foto: © Herbert Roos Das hessische Freilichtmuseum greift mit park 2017 als Grundlage für den Nachbau. heitsschädlich bewertet und breit diskutiert. dem Nachbau eines Trimm-dich-Pfades ein Da die Trimm-Stationen auch für die Mu- Schon bald nach der Initiierung setzte aller- Stück Freizeit- und Breitensportgeschichte auf. seumsbesucher nutzbar sein sollen, wurden dings auch Kritik an der Trimm-dich-Bewe- Diese Sportanlagen im öffentlichen Raum ge- die historischen Baupläne diversen Prüfungen gung ein: Ihr wurde vorgeworfen, ein sozial- hen zurück auf eine Initiative des Deutschen unterzogen und an die heutigen Normen an- technisches Instrument zu sein, welches die Ausstellungsmodul „Sport für Alle!“; Foto: © Freilichtmuseum Hessenpark

32 VERMITTLUNG UND KOMMUNIKATION VERMITTLUNG UND KOMMUNIKATION 33 Fonds für kulturelle Bildung erdacht, der sich schüler und deren Familien ein Programm in- innerhalb der Peergroups in ein produktives aus öffentlichen und privaten Mitteln speist. dividueller und gruppenbezogener Förderung, Miteinander-Entdecken und -Lernen münden. Auftakttreffen des Fonds für Der Fonds sollte die Defizite der Museen de- die Hanauer Brüder-Grimm-Bildungsoffensive, Eine Besonderheit des Fonds ist es, dass er ­kulturelle Bildung mit Vertretern cken, die als Differenz zwischen den gezahlten aufgebaut hatte. Es überzeugte vor allem der als ressortübergreifendes Projekt öffentlicher der Museen, der Stadt Hanau, zwei Euro pro Kind und dem tatsächlichen Ansatz, den bürokratischen Aufwand so ge- und privater Unterstützer zustande kam. der Brüder-Grimm-Bildungs­ Preis des Gruppenangebots entstehen. Besucht ring wie möglich zu halten und sich nicht Zwischen den Vertretern aus Kultur, Bildung offensive sowie des Fußballvereins beispielsweise eine Schulklasse mit 25 Kindern speziell auf förderbedürftige Kinder zu kon- und Soziales bestand ein breiter Konsens, dass Türk Güçü, des Ausländerbeirats ein kulturelles Bildungsangebot im Museum, zentrieren. So sollen unabhängig von den je- kulturelle Bildung eine wesentliche Säule der sowie dem Landrat des Main- Kinzig-Kreises und dem Hanauer das 70 Euro kostet, zahlen die Kinder 25 Mal weiligen Ausgangsbedingungen alle Kinder Bildungsbiografie eines Menschen ist und ein Oberbürgermeister; Foto: Joachim zwei Euro, also 50 Euro, die restlichen 20 Euro und Jugendlichen nicht nur in Hanau, son- wichtiges verbindendes gesellschaftliches Ele- Wiebel, Hessisches Puppen- und werden dann aus dem Fonds gedeckt. So fin- dern im gesamten Main-Kinzig-Kreis stärker ment darstellt. Neben der Stadt Hanau und Spielzeugmuseum det Förderung genau da statt, wo sie wirkt. Der an kulturelle Bildung herangeführt werden. dem Main-Kinzig-Kreis haben darüber hinaus Nachweis der Bedürftigkeit fällt ebenso weg auch private Mäzene, die Hanauer Einkaufs Auf GPS-Schatzsuche im Schloss­ wie eine komplizierte Beantragung. Zugleich GmbH und der erste türkische Fußballverein park von Schloss Philippsruhe; Gemeinsam zielt der Fonds darauf ab, Lehrer und Gruppen­ Hanaus Türk Güçü zu den Mitteln des Fonds Foto: Roland von Gottschalck, leiter zu ermutigen, Museen als außerschuli- beigetragen. Gemeinsam waren sie der Über- © Medienzentrum Hanau für kulturelle Bildung! sche Lernorte stärker in Anspruch zu nehmen. zeugung, dass Museen ideale Orte sind, um Der Fonds für kulturelle Bildung Kinder und Jugendliche an kulturelle Bildung heranzuführen. Denn kulturelle Bildung stärkt im Museum geht in Hanau an den Start nicht nur Sprach- und Sozialkompetenzen, sie trägt zur Persönlichkeitsbildung bei und beför­ dert langfristig die Bereitschaft zum lebens­ Kein Kind soll mehr als zwei Euro für ein langen Lernen und zu sozialem Engagement. Einmal in die Uniform eines ­römischen Soldaten schlüpfen bei Gruppenangebot kultureller Bildung im Bei einem gemeinsamen Treffen der Unter- der Römerführung im Museum ­Museum zahlen, inklusive Eintritt, Museums- stützer zur Vorstellung des Fonds betonte der Schloss Steinheim; Foto: Roland guide und Material – so die Devise der Museen Hanauer Oberbürgermeister Claus Kaminsky, von Gottschalck, © Medien­ in Hanau. Mit dieser Zielsetzung initiierte und dass mit dem neuen Fonds für kulturelle Bil- zentrum Hanau plante das Hessische Puppen- und Spielzeug- dung im Museum unter dem Dach der Hanau­er museum ein neues Förderinstrument, durch Brüder-Grimm-Bildungsoffensive ein weiterer das mit Hilfe einer öffentlich-privaten Partner­ Der Fonds erstreckt sich auf sämtliche An- Schritt unternommen werde, um „Kultur für schaft der Besuch von Kinder- und Jugend- gebote kultureller Bildung im Museum, die alle“ zu ermöglichen. Der Fonds selbst ist zu- gruppen ermäßigt werden kann. Es wurde ein über eine klassische Führung hinausgehen wendungsoffen, soll in die Zukunft fortge- Im Papiertheatermuseum von Schloss Philippsruhe; Foto: und das interaktive oder aktive Element bei schrieben werden und wird nach einem Jahr Roland von Gottschalck, © Medienzentrum Hanau den Kindern und Jugendlichen in den Vorder- evaluiert. In der Kreativwerkstatt des grund stellen. Beispielhaft setzt sich ein An­ ­Museums Schloss Steinheim Als Ansprechpartnerin für Fragen zu dem entsteht die Steinzeithöhle im gebot kultureller Bildung im Museum dann Fonds steht die Leiterin des Hessischen Puppen- Schuhkarton; Foto: Roland von Gemeinsam mit den städtischen Museen, mindestens zusammen aus einer Entdeckungs­ und Spielzeugmuseums in Hanau-Wilhelms- Das Leben bei Hofe wird leben- Gottschalck, © Medienzentrum dem Deutschen Goldschmiedehaus und dem tour durch das Museum oder durch die Aus- bad zur Verfügung. dig: In der Fächerwerkstatt des Hanau Hessischen Forstmuseum wurde die Idee wei- stellung, einer eigenständig zu lösenden Auf- Victoria Asschenfeldt Historischen Museums Hanau terverfolgt und Möglichkeiten der Umsetzung gabenstellung und einer gemeinsamen Aus- Schloss Philippsruhe; Foto: ­Roland von Gottschalck, diskutiert. Ein solches niedrigschwelliges För- tauschrunde über die erforschten Ergebnisse. ­© ­Medienzentrum Hanau derprogramm aufzulegen, stieß auf positive Ein zentrales Anliegen ist es, dass sich Schul- Hessisches Puppen- und Spielzeugmuseum Resonanz bei der Stadt Hanau, sowohl beim klassen oder Jugendgruppen gemeinsam The- Parkpromenade 4 Fachbereich Kultur, Stadtidentität und Inter- men erschließen. So sollen im besten Falle 63454 Hanau-Wilhelmsbad nationale Beziehungen als auch bei der Stabs- auch interkulturelle Verständnisunterschiede Tel.: (0 61 81) 8 62 12 stelle für Prävention, welche bereits für Grund­ oder unterschiedliche Grade von Vorwissen www.hpusm.de

34 VERMITTLUNG UND KOMMUNIKATION VERMITTLUNG UND KOMMUNIKATION 35 Goethes Reineke Fuchs, gelehnt. Die Palette, als Attribut des Malers, Kannen, aber auch als Anregung für Möbel, erscheint inmitten von Tieren, die Kaulbach Papiertheater und Bilderbögen. Wilhelm von Kaulbach und die zum Naturstudium auf seinem Anwesen hielt – Eine umfangreiche, mehrere Hundert Ob- Sammlung Friedrich von Fuchs der elegante Pfau zur Rechten des Malers, sein jekte umfassende Sammlung dieser Artefakte treuer Neufundländer vis-à-vis und hinterrücks trug Friedrich von Fuchs (geb. 1932) seit 1967 aus dem Unterschlupf hervorschauend der in seinem Haus in Linden-Leihgestern zusam- Fuchs, unbestrittener Held jener Jahre und men. Die Stücke stammen überwiegend aus Es war ein Ladenhüter, Goethes „Reineke deutlichster Verweis auf den im Erscheinen dem Zeitraum von 1850 bis 1920 und reprä- Fuchs“, der 1794 unbebildert erschienen war. begriffenen Reineke. Die Porträtstatuette hat sentieren die gewöhnliche Alltagskultur ebenso Heute zählt „Reineke Fuchs“ zu Johann Wolf- noch einen weiteren, unmittelbaren Bezug zu wie die höheren ästhetischen Ansprüche des gang von Goethes populärsten und zugleich Kaulbachs Illustrationen: Kaulbach selbst zitiert Bildungsbürgertums. Mit Unterstützung der ungewöhnlichsten Werken. Als Vorlage ver- Franz Xaver Bergmann (1861–1936): Reineke und Kanin- die Statuette Gassers im Schlussbild – rechts Hessischen Kulturstiftung, des Landes Hessen, wendete der Dichter die von Johann Chris- chen, Wiener Bronze, bemalt über der Bettstatt auf einer kleinen Konsole der Stadt Bad Arolsen und des Bad Arolser toph Gottsched 1752 bearbeitete Prosafassung stehend. Museumsvereins konnten nun über 400 Ob- eines seit 1498 zunächst in niederdeutscher jekte aus dieser vor der Auflösung stehenden Form erschienenen und durchgehend erfolg- ­König Ludwig I. von Bayern. Er schuf Porträts Sammlung für das Museum Bad Arolsen ange- reichen Versepos vom Reynke de Vos. Goethe und Historienbilder. Zudem war er als Illustra­ kauft werden. Dadurch wurde der Bad Arolser Gesellschaftsspiel „Reineke wählte als Versform durchgehend den Hexa- tor von zahlreichen literarischen Werken, Mär- Sammlungsbestand zur Rezeptionsgeschichte Fuchs“, um 1880 meter. Er gab dem Werk stark spöttische, mit- chen und Fabeln bekannt geworden. Kaul- Wilhelm von Kaulbachs um wichtige Objekte unter boshafte, schelmische Züge. bach übersetzte Goethes bissige Tiersatire in der angewandten Kunst und Alltagskultur er- Wilhelm von Kaulbach, Gips­ eine ungemein lebendige Bildsprache. Mit gro- gänzt. statuette, geschaffen von Hans ßem Witz veranschaulichte er die (Un-)Taten Die Sammlung von Friedrich von Fuchs Gasser, 1846 des Schelmen Reineke Fuchs, der ungeachtet umfasst auch Illustrationen weiterer Künstler seines frevelhaften Tuns zu höchsten Ehren zum Thema Reineke Fuchs. Die Illustrationen aufsteigt. Die ganzseitigen Stahlstiche und Allart von Everdingens aus dem 17. Jahrhun- die dekorativen Holzschnitt-Vignetten zu den dert waren sicher eine Anregung für Kaulbach. einzelnen Kapiteln gelten als Meisterwerke der Ludwig Richter schuf seine Illustrationen et- Fabelillustration. Neben dem Frontispiz schuf was später als Kaulbach, ebenso wie Heinrich Kaulbach für Anfang und Ende der zwölf Ge- Leutemann. Das Spektrum geht dann über sänge Vignetten, die das Buch schmücken und den Jugendstil eines Hermann Schüssler zu Meerschaumpfeife, Porzellan­ kommentieren. Die Zeichnungen gingen über bedeutenden Illustratoren des 20. Jahrhun- teller und Figurengruppe aus eine brave Illustration von Goethes Versepos derts wie Walter Klemm, Josef Hegenbarth ­Elfenbein mit Motiven nach weit hinaus. Bereits im Titelblatt hält ein sprin- und A. Paul Weber. Auch die expressionis­ den Illustrationen Kaulbachs, gender Eulenspiegel dem Betrachter heraus- tischen Vorstellungen Lovis Corinths aus dem 2. Hälfte 19. Jahrhundert Der Hund und der Esel, Illustra- fordernd den Spiegel vor, während über ihm Jahr 1921 sowie des Künstlers Otto Steinle aus tion zu Goethes „Reineke Fuchs“ (erschienen 1846), nach einer ein Affentrio selbstvergessen Geige spielt und dem Jahr 1962 sind Bestandteil der Sammlung, Zeichnung von Wilhelm von zwei tierische Herolde zum Aufbruch blasen. Wilhelm von Kaulbachs illustrierte Welt die nun in Bad Arolsen eine neue Heimat ge- Kaulbach, gestochen von Im Bestand des Museums Bad Arolsen be- des Reineke Fuchs wurde bald nach ihrem funden hat. R. Rahn und A. Schleich finden sich neben der Erstausgabe weitere auf- ­Erscheinen 1846 vielfältig rezipiert. Kleinfor- Birgit Kümmel wendige Ausgaben. Erwähnenswert ist auch matige, schlichte und damit preiswerte Aus- eine Porträtstatuette Wilhelm von Kaulbachs, gaben machten das Werk breiteren Schichten Seine Beliebtheit verdankt Goethes Bearbei­ die der mit dem Maler bekannte, österreichi- der Gesellschaft zugänglich. Einzelne Tier­ Museum Bad Arolsen Fotos S. 36 und 37: tung des mittelalterlichen Fabelbuches aber vor sche Bildhauer Hans Gasser (1817–1868) schuf. figuren oder Ensembles Kaulbachs dienten als Schlossstraße 30 © Museum Bad Arolsen allem den Illustrationen Wilhelm von Kaul- Sie entstand zur gleichen Zeit wie die Illustra- Vorbild für die Gestaltung unterschiedlichster 34454 Bad Arolsen bachs (1804–1874). Kaulbach, in Arolsen ge- tionen Kaulbachs. Der Bildhauer zeigt Kaul- Gegenstände wie etwa Schachfiguren, Pfeifen- Tel.: (0 56 91) 62 57 35 boren, war Spätromantiker und Hofmaler bach in ganzer Figur an einen Baumstumpf köpfe, Zinnfiguren, Gläser, Teller, Tassen und www.museum-bad-arolsen.de

36 SAMMLUNG UND DOKUMENTATION SAMMLUNG UND DOKUMENTATION 37 Bedingungen lagern, können noch Hunderte intuitiv bedienbare Web-Umgebung, die die von Jahren erhalten werden. Allerdings sind ersten Minuten von mehr als 100 Werken der sie in der digitalen Welt nicht sichtbar und deutschen Filmgeschichte aus allen Epochen damit für eine breite Öffentlichkeit nicht zu- unter dem Aspekt motivischer und stilistischer gänglich. Ähnlichkeiten präsentiert. Die Nutzer sind Um das deutsche Filmerbe wieder verfüg- eingeladen, das so entstehende rhizomatische bar zu machen, müssen daher analoge Film- Knüpfwerk online zu erkunden, sich von der materialien retrospektiv digitalisiert werden. künstlerischen Vielfalt des Films überraschen Dabei wird von spezialisierten Filmscannern zu lassen und sich zugleich mit ihr vertraut zu jedes einzelne Bild in hoher Auflösung ge- machen. Kuratierte Pfade und digitale Tools scannt. Dies bedeutet bei den üblichen 24 Bil- informieren ergänzend über Stilmittel und Ein Blick ins Filmarchiv des dern pro Sekunde für einen 100-minütigen ­Erzählstrategien des Films und über die Faszi- Deutschen Filminstituts Film das Scannen von 144.000 Einzelbildern. nation des Filmanfangs als besondere filmi- Um einen Film ins digitale Kino zu bringen, sche Form. In Zukunft sollen weitere Aus- muss der sogenannte Rohscan, den der Scan- Das Deutsche Filminstitut digitalisiert der- schnitte aus neu digitalisierten Filmwerken Das Projekt „Rhizom Film­ ner herstellt, aufwendig nachbearbeitet wer- zeit etwa 15 Langfilme und einige Kurzfilm- hinzukommen. geschichte“ eröffnet einen den. In der Postproduktion erfolgt eine Farb- programme pro Jahr, unter ihnen viele Klas­ Im Idealfall inspiriert das Projekt die User, ­interaktiven Zugang zur deut- Zur Digitalisierung korrektur, eventuell müssen der Bildstand ver- siker der Filmgeschichte. Sie sollen in der Öf- die Filmwerke in voller Länge zu sehen – sei schen Filmgeschichte bessert und Bildschäden entfernt werden. Der fentlichkeit weiterhin präsent sein, und die es auf Blu-ray, per legalem Streaming oder des deutschen Filmerbes digitalisierte Ton wird synchron an das Bild Digitalisierung eröffnet hierfür viele Wege: auf der großen Kinoleinwand, etwa im Deut- Strategien und Projekte des Deutschen angelegt. Da alle Zwischenschritte für die Ar- Filme oder Filmausschnitte können ins Netz schen Filmmuseum. chivierung gespeichert werden, erreicht das gestellt, auf YouTube gestreamt, verschlagwor­ Thomas Worschech und Ines Bayer Filminstituts in Frankfurt am Main Datenvolumen pro Film oftmals mehr als tet, durchsuchbar gemacht, in neue Kontexte zehn Terabyte. gestellt und mit digitalen Sammlungen ande- Seit 2012 fördern die Beauftragte der Bun- rer Kulturinstitutionen verbunden werden. Der Animationsfilm „Die Aben- Der Umbruch durch die Digitalisierung, den desregierung für Kultur und Medien (BKM) Filmgeschichte wird so ein selbstverständli- teuer des Prinzen Achmed“ wir seit Anfang des 21. Jahrhunderts erleben, und die Filmförderungsanstalt (FFA) in jeweils cher Teil des digitalen Alltags. Urheberrecht­ (1926) von Lotte Reiniger zählt hat auch vor Kino und Film nicht haltgemacht: eigenen Förderlinien die Digitalisierung des liche Regelungen stehen dem jedoch oft ent- zu den zentralen Werken des deutschen Films Filme werden digital hergestellt und seit etwa analogen deutschen Filmerbes. Voraussicht- gegen. 2010 sind nahezu alle deutschen Kinos von lich ab 2019 erfolgt eine gemeinsame Digita- Alle vom DIF digitalisierten Filme stehen analoger auf digitale Technik umgestellt. Das lisierungsinitiative von Bund, Ländern und zum nichtkommerziellen Verleih für Kinos bedeutet für die meisten Filme der deutschen FFA, die mit bis zu zehn Millionen Euro pro und Filmfestivals zur Verfügung, das DIF bringt Filmgeschichte, dass sie nicht mehr gezeigt Jahr für eine Laufzeit von zunächst zehn Jah- darüber hinaus regelmäßig DVDs heraus. Die Kuratorische Übung zu Film­ werden können. Was nicht gesehen werden ren ausgestattet ist. vom Deutschen Filminstitut betriebene zent- anfängen und Digital Tools mit kann, im Kino, auf DVD oder als Streaming- rale Internetplattform zum deutschen Film Studierenden des Masterstudien­ Datei im Internet, ist nicht verfügbar und „filmportal.de“ bietet Informationen zu rund gangs „Filmkultur“ im Mai 2018 wird vergessen. 100.000 Filmen und 205.000 Personen. Das im Deutschen Filmmuseum Das Filmarchiv des in Frankfurt am Main Portal enthält außerdem Tausende Fotos, Plakat­ angesiedelten Deutschen Filminstituts (DIF), abbildungen und filmbezogene Dokumente. zu dem auch das Deutsche Filmmuseum ge- Mit dem neuen Projekt „Rhizom Filmge- hört, hat rund 26.000 Filmkopien in seinem schichte“, das im Mai 2018 gestartet ist, wird Deutsches Filminstitut Fotos S. 38 und 39 Detailaufnahme eines Startbands Bestand, davon liegen nur wenige Hundert „filmportal.de“ um eine innovative Bewegt- Deutsches Filmmuseum (wenn nicht anders angegeben): am Anfang einer analogen Film- © Deutsches Filminstitut kopie; Foto: © Carbon Arc, bereits digital vor. Die analogen Filmkopien, bild-Komponente erweitert. Dank der Unter- Schaumainkai 41 https://bit.ly/2ySGosa, lizenziert die bei niedrigen Temperaturen, kontrollierter stützung der „Art Mentor Foundation Lucerne“ 60596 Frankfurt am Main als Creative Commons unter Luftfeuchtigkeit und einem regelmäßigen Luft­ und „experimente#digital“ – einer Kulturini- Tel.: (0 69) 96 12 20 - 3 07 CC BY-NC-SA 2.0. austausch unter konservatorisch sinnvollen tiative der Aventis Foundation – entsteht eine www.deutsches-filminstitut.de/filmmuseum/

38 SAMMLUNG UND DOKUMENTATION SAMMLUNG UND DOKUMENTATION 39 Gedenkstätte Hadamar aus einem Schubladenschrank mit Reisebe- richten, Sendeprotokollen und Sendeberich- übernimmt Nachlass ten von Radio- und Fernsehbeiträgen, Leser- von Ernst Klee briefen, Zeichnungen, Touristenvisa (z. B. für Afghanistan 1975) sowie aus Fotomaterial zu medizinischen Versuchen und Aufnahmen aus verschiedenen Konzentrationslagern. Zum Der Frankfurter Journalist und Historiker Ernst Nachlass gehören neben Klees Privatbibliothek, Klee (1942–2013) war einer der profiliertesten die ca. 37 laufende Meter umfasst, 110 Akten- Forscher und Publizisten im Bereich der Auf- ordner, die überwiegend Mitschriften aus den klärung der „Euthanasie“-Verbrechen im Na- Ärzteprozessen, aber auch Forschungsskizzen Ordner aus dem privaten ­Forschungsbestand Klees, zu tionalsozialismus sowie der Verfolgung der zu einzelnen Tätern, SS-Listen, Biografien oder dem u. a. auch Listen von Täterkarrieren vor und nach 1945. Der bio- Korrespondenzen mit Archiven enthalten. SS-Angehörigen gehören; grafische Ansatz, das heißt die wissenschaft­ Klee hat sich zeitlebens mit ­Medizinverbrechen vor und Foto: Dr. Esther Abel, liche Erarbeitung der Karriere- und Lebens­ auch nach 1945 beschäftigt. Das mittige Buchcover zeigt ­Gedenkstätte Hadamar wege von Tätern, stand für ihn im Zentrum ein Foto der damaligen Tötungsanstalt Hadamar von 1941; der Auseinandersetzung mit den Verbrechen Foto: Dr. Esther Abel, Gedenkstätte Hadamar des Nationalsozialismus. Die Erforschung ins- großer Intensität der Darstellung der Situation besondere der Krankenmorde blieb für Ernst weiterer Gruppen zugewandt, die nach 1945 Klee nicht auf die NS-Zeit beschränkt, son- Vor seinem Tode 2013 entschied Ernst Klee ebenfalls gesellschaftlich an den Rand ge- dern ging über in eine kritische Analyse der gemeinsam mit seiner Frau, dass sein persön- drängt wurden. Dieser Aspekt wird bei der Kontinuitäten im Nachkriegsdeutschland. Klee licher Nachlass der Gedenkstätte Hadamar zur künftigen Neukonzeption der Gedenkstätte hat in diesem Bereich, der bis heute ein For- Verfügung gestellt werden sollte. Die Gedenk- ebenfalls mit einfließen. schungsdesiderat ist, Pionierarbeit geleistet stätte erinnert an etwa 15.000 Menschen, die Seit Anfang Mai 2018 wird der Nachlass in und nimmt aus diesem Grund einen beson- im Rahmen des NS-„Euthanasie“-Programms der Gedenkstätte betreut. Die dazugehörige deren Stellenwert in der Historiografie ein. ermordet wurden. Welchen besonderen Stel- Privatbibliothek wird, physisch getrennt, die lenwert Ernst Klee diesem Ort im Zusammen- bestehende Gedenkstättenbibliothek ergän- hang mit den NS-Krankenmorden zuschrieb, zen und es ermöglichen, künftig eine spezi­ Feierstunde zur Übergabe des fische Forschungsbibliothek anzubieten, die Schenkungsvertrages an den zeigte sich bereits daran, dass er eine Ansicht Landeswohlfahrtsverband der Hadamarer Tötungsanstalt als Umschlag- Ausschnitt aus der Privatbibliothek von Ernst Klee, nun sich mit den Krankenmorden, ihren Voraus- ­Hessen in der Evangelischen foto für sein Buch „Euthanasie im NS-Staat“ Teil des Nachlasses; Foto: Dr. Esther Abel, Gedenkstätte setzungen, der Durchführung, den Verant- Akademie Frankfurt. Von links: wählte. Sein Lektor Walter Pehle erklärte in Hadamar wortlichen und der langen Nachgeschichte PD Dr. Jan-Erik Schulte (Gedenk- einem Interview mit „Hundertvierzehn“, dem beschäftigt. Mittelfristig soll der gesamte Nach­ stätte Hadamar), Elke Bockhorst literarischen Online-Magazin des Fischer-­ lass der forschenden Öffentlichkeit zur Ver­ (LWV Hessen), Elke Klee, Verlages: „Es gibt wohl kaum einen besseren Der Nachlass ist für die Gedenkstätte außer­ fügung gestellt werden. Mit der Verzeichnung Dr. Andreas Jürgens (LWV Hes- Ort, um an Klees Wirken zu erinnern.“ dem deshalb von großer Bedeutung, weil er wurde bereits begonnen, doch ist abzusehen, sen); Foto: Dr. Roland Leikauf, Gedenkstätte Hadamar Am 15. März 2018 fand in der Evangeli- beispielhaft die problematische Auseinander- dass diese Arbeit noch etliche Monate in An- schen Akademie Frankfurt die offizielle, feier- setzung mit der NS-Vergangenheit, insbeson- spruch nehmen wird. Ein von Klee selbst illustrierter liche Übergabe durch Elke Klee an den Landes­ dere mit der NS-„Euthanasie“, dokumentiert. Esther Abel Aufkleber. Foto: Dr. Esther Abel, wohlfahrtsverband Hessen statt. An diesem Der Forscher Klee steht für die Schwierigkei- Gedenkstätte Hadamar Tag wäre Ernst Klee 76 Jahre alt geworden. ten, die Krankenmorde in der bundesrepub­ Für die Bildungsarbeit sowie die Forschung likanischen Erinnerungskultur zu verankern. Gedenkstätte Hadamar in der Gedenkstätte ist die Übernahme des Nicht zuletzt bringt die Übernahme des Nach­ Mönchberg 8 Nachlasses in mehrfacher Hinsicht von gro- lasses die Herausforderung mit sich, auch den 65589 Hadamar ßer Bedeutung. Zunächst ist die inhaltliche anderen Schwerpunkten der Arbeit Klees Auf- Tel.: (0 64 33) 9 17 - 1 72 Bereicherung enorm. Der Nachlass besteht merksamkeit zu widmen. So hat Klee sich mit www.gedenkstaette-hadamar.de

40 FORSCHUNG FORSCHUNG 41 Im Frühjahr 2014 stieß der ehrenamtliche herzlichstem Gruß übersendet ein alter Kolo- veranstaltung in Berlin Ende August 2018 Kustos der Sammlung in der Masterarbeit von nialschüler zum Beitrag für das dortige Museum statt. In Witzenhausen soll zu einem späteren Melanie Sing (Universität Oldenburg) auf den den inliegenden männlichen Hottentotten- Zeitpunkt eine öffentliche Gedenkfeier die Hinweis, dass sich im Depot des Museums schädel und wünscht ferneres, baldiges Ge- Übergabe abrunden. Für eine Willkommens- ein „Hottentottenschädel“ befände. Die Über- deihen des Museums.“ Darüber hinaus war zeremonie in Namibia ist die Namibische prüfung im Inventarbuch bestätigte dies und der Erwerbskontext nicht eindeutig feststell- Botschaft­ verantwortlich. warf Fragen nach dem Umgang mit dieser Er­ bar. Es könnte sein, dass Schoenermarck den Damit nach einer Rückgabe die Erinnerung kennt­nis auf. Die Geschäftsleitung des DITSL Schädel im Nachlass des Gutsbesitzers Ernst an die umstrittene Hinterlassenschaft nicht wählte ein proaktives Vorgehen und orien- Hermann auf der Farm Nomtsas im südlichen schwindet, präsentiert das Museum nun in tierte sich dabei an den Empfehlungen des Teil der Kolonie Deutsch-Südwestafrika fand. seiner Ausstellung das Erinnerungsobjekt der Deutschen Museumsbundes zum Umgang Hermann stand in Verbindung mit wissen- Künstlerin Linda-J. Knop mit dem Titel: „Zur mit menschlichen Überresten: Der Schädel schaftlichen Sammlern. Er wurde 1904 im Rah­ Erde sollst du werden – für eine unbekannte wurde aus dem Depot in einen Safe verbracht men des Nama-Aufstandes getötet, Schoener- Nama im Völkerkundlichen Museum Witzen- und ein hölzerner „Schädelsarg“ gefertigt, der marck führte die Farm Nomtsas weiter. Mög­ hausen“. Diese Installation stellt aus, was bleibt: eine würdige Aufbewahrung gewährleistet. Die licherweise gelangte Schoenermarck aber auch den Glassturz, die schwarze Unterplatte und Vorder- und Rückseite von ­Schönermarcks Visitenkarte mit namibische Botschaft und das Auswärtige Amt während seines Militärdienstes bei den Kai­ die Federn, die den Unterkiefer am Oberkiefer Angaben zum Schädelpräparat, erhielten darüber Kenntnis, dass höchstwahr- ser­lichen Schutztruppen in den Besitz des verankerten. Als Untergrund dient eine weiße 1908; Foto: DITSL-Archiv, scheinlich ein menschlicher Schädel, Herkunft Schädels. Holzkonstruktion, die als Tisch-Wand-Objekt ­Witzenhausen Deutsch-Südwestafrika, in Witzenhausen vor- Eine Übergabe des Schädels gemeinsam mit in den Raum ragt. Geschützt unter dem Glas- Cover der Broschüre „Die Spur handen und die Rückgabe beabsichtigt sei. menschlichen Überresten aus anderen Samm- sturz ist in rotem Sand aus der Wüste Namib des Schädels“ von 2017; Foto: Für ein anthropologisches Gutachten, die his- lungen fand im Rahmen einer feierlichen Fest- der Oberkiefer des Schädels abgedrückt, der DITSL, Witzenhausen Die Spur des Schädels torische Provenienzforschung, eine würdige nach und nach verwischen wird. Die Boden- Rückgabeveranstaltung und die Konzeption platte hängt wie ein Bild vertikal an der Holz­ Provenienzforschung und eines Erinnerungszeichens, das in Witzenhau- wand. Bei genauem Hinsehen wird deutlich, ­Erinnerungskultur im Völkerkundlichen sen an den Fund erinnern soll, wurden Mittel dass auch sie Spuren des Schädels verwahrt: Museum Witzenhausen eingeworben. Die Fritz Thyssen Stiftung be- Wo der Knochen auflag, glänzt die schwarze willigte auf einen formlosen Antrag hin 8.000 Lackierung noch, die restliche Oberfläche ist Euro, die dem Projekt Anschub verliehen. mittlerweile stumpf geworden. Der im Museum Nach dem Gutachten der Berliner Anthro- ausliegenden Broschüre „Die Spur des Schä- Der Grundstock der ethnographischen Samm­ pologin Barbara Tessmann ist der Schädel voll­ dels“ können die Besucher weitere Informa­ lung im Völkerkundlichen Museum des Deut- ständig mit Unterkiefer erhalten. Er stammt tionen entnehmen. Reaktionen der Besucher schen Instituts für tropische und subtropische vermutlich von einer Frau, die im Alter von bestätigen die Wirkung dieser Installation: Landwirtschaft (DITSL) in Witzenhausen geht 19 oder 20 Jahren verstorben ist. Knochen­ „Da fehlt etwas, da ist nur noch ein Abdruck auf eine Lehrsammlung der dortigen ehema­ auflösungen an der Schädelinnenseite geben drin!“, melden sie aufgeregt der Aufsicht. Kin- ligen Deutschen Kolonialschule zurück. Diese einen Hinweis darauf, dass sie an Hirnhaut- der drücken heimlich ihre Finger in den roten wurde 1898 als private Einrichtung durch den entzündung oder Leukämie erkrankt gewesen Sand und hinterlassen ihre Spur. protestantischen Militärpfarrer Ernst Albert sein könnte, und liefern damit auch eine plau­ Marion Hulverscheidt Das Völkerkundliche Museum Fabarius mit dem Ziel gegründet, junge Män- sible Erklärung für den frühen Tod. Witzenhausen; Foto: DITSL-­ ner auf die Landwirtschaft in den Kolonial­ Der Berliner Historiker Dr. Holger Stoecker Archiv, Witzenhausen gebieten vorzubereiten. Entsprechend enthält verfasste ein Gutachten über die möglichen Ethnographische Sammlung die Sammlung viele landwirtschaftliche Ge- Erwerbs- und Herkunftskontexte des Objekts. Völkerkundliches Museum Witzenhausen genstände, darüber hinaus aber auch weitere Ausgangspunkt für seine Recherchen war der Steinstraße 19 Erinnerungsobjekt „Zur Erde sollst du werden – für eine un- Objekte, die Absolventen der Kolonialschule Eintrag im Inventarverzeichnis der Lehr­ 37213 Witzenhausen bekannte Nama im Völkerkund- auf ausdrücklichen Wunsch ihres Direktors samm­lung, der zur Schülerakte von Harry Tel.: (0 55 42) 6 07 21 lichen Museum Witzenhausen“ aus den Kolonien an ihre Ausbildungsstätte von Schoenermarck und dessen handschrift­ www.ditsl.org/de/kultur-kunst/ethnographische- der Künstlerin Linda-J. Knop von schickten. licher Notiz vom 12. Mai 1908 führte: „Mit sammlung 2016; Foto: Linda-J. Knop

42 FORSCHUNG FORSCHUNG 43 Abbildung und Original Dass schon unter den Landgrafen einzelne die Lupe genommen. Da es aus der Zeit von Objekte der Sammlungen wiederholt verla- Landgraf Carl leider nur wenige Abbildungen Zur Geschichte eines Muschelkalkstücks gert wurden, geht aus dem handschriftlichen der naturkundlichen Sammlungsobjekte gibt, „Index Mineralium Musei“ hervor, der gerade lassen sich viele Stücke nur anhand ihrer Be- in wissenschaftlicher Bearbeitung ist. Der Be- schaffenheit, Erhaltung oder Präparation zeit- In Vorbereitung auf die Landesausstellung ginn dieses fortgeschriebenen Katalogs wird lich eingrenzen. Bei einem gilt es als gesichert, „Groß gedacht! Groß gemacht? Landgraf Carl nach jetzigem Forschungstand auf die erste dass es zu Carls Zeiten Teil der Kasseler Samm­ in Hessen und Europa“, die die Museumsland­ Hälfte der 1780er Jahre datiert. Hier sind des lung war: Es handelt sich um ein 22 x 19 x 9 cm schaft Hessen Kassel von März bis Juli 2018 Öfteren die Nachträge „ins Schloß abgegeben“ großes Stück Muschelkalk mit Dutzenden Ex- im Museum Fridericianum präsentierte, wur- oder „aus dem Schloß“ zu lesen, was die stän- emplaren der Muschel „Hoernesia socialis“ den auch die Bestände des Naturkundemuse- dige Umlagerung von Sammlungsobjekten aus Spangenberg. Dieses Objekt hat Peter ums im Ottoneum nach historischen Stücken be­zeugt. Spätestens durch die Auflösung des Wolfart, ab 1707 Hofmedicus und der erste aus der Zeit Landgraf Carls durchsucht. Col­legium Carolinum nach dem Tod von Professor für Anatomie am 1709 gegründeten Die in Peter Wolfarts „Historiae Dass diese nicht alle bekannt sind, liegt Landgraf Friedrich II. 1785 wurden zudem Collegium Carolinum, 1719 in seinem Werk Naturalis“ auf Tafel X unter Nr. 2 unter anderem an der sehr wechselvollen Teile des Bestandes an die Universität Mar- „Historiae Naturalis“ von zwei Seiten abgebil- aufgeführte Riesenmuschel; ­Geschichte der Sammlungen über diese drei burg verbracht. det. Die „Historiae Naturalis“, zweisprachig in ­Foto: Peter Mansfeld, © Natur- Jahrhunderte, innerhalb derer die Bestände Im 19. Jahrhundert gingen in der Zeit des Latein und Deutsch verfasst und wahrschein- kundemuseum Kassel wiederholt innerhalb Kassels umziehen muss- Königreichs Westphalen Teile der Sammlun- lich von Landgraf Carl in Auftrag gegeben oder ten. Auch die Trägerschaften änderten sich gen verloren, wobei die Umstände und die zumindest gefördert, diente der Forschung im 19. und 20. Jahrhundert vom landgräf- Höhe der Verluste bis heute unklar sind. Seit Den vermutlich größten Verlust erlitt die und Lehre, aber auch der Praxis des Montan- lich/kurfürstlichen über ein preußisches bis dieser Zeit sind nicht nur die Sammlungen des Sammlung allerdings infolge des schweren wesens. Der Landgraf konnte mittels dieses „Ein ziemlich grosser Kalck-Stein / hin zum städtischen Museum. In der ersten 1836 gegründeten „Vereins für Naturkunde zu Bombenangriffs auf Kassel im Oktober 1943. Werkes zudem die wertvollen Rohstoffe und so durch und durch mit Muschel- Hälfte des 20. Jahrhunderts gab es auch keine Cassel“, sondern viele weitere hinzugekom- Auch die Räumungsarbeiten der Nachkriegs- das wissenschaftliche Niveau seines Landes Schalen angefüllet“, aus Span- hauptamtlichen Mitarbeiter, die die Samm- men. Dies belegen einzelne handschriftliche zeit sowie die Auslagerung der Bestände im demonstrieren. Die detailgenauen Abbildun- genberg, Tafel IX aus Peter lungen als Ganzes im Blick hatten. Die Doku- Inventarlisten und Übergabeprotokolle, wie Zuge der Grundsanierung des Ottoneums in gen der 25 enthaltenen Tafeln belegen, wie Wolfarts „Historiae­ Naturalis“ mentation der Sammlungen litt zugleich dar- zum Beispiel das „Verzeichnis über eine Mine­ den 1990er Jahren führten dazu, dass viele gut die Ausstattung unter anderem mit Mikro­ von 1719; Foto: © Naturkunde- museum Kassel unter, dass sie je nach Träger unterschiedlich ralien=Sammlung aus dem Kreise Schmalkal- Objekte heute ohne Etikettierung oder nur skopen am Collegium Carolinum war. An gehandhabt und die Bestände an verschiede- den und der Umgegend“ mit 228 Einträgen mit einer Ausstellungsbeschriftung vorliegen, dem Muschelkalkstück wurde in den folgen- nen Orten aufbewahrt wurden. von 1844. gleichzeitig aber auch eine Vielzahl loser Ein- den 300 Jahren nur an einer Stelle versucht, zeletiketten nicht mehr zuzuordnen ist. eine der Muscheln aus dem Kalkstein weiter Schwierigkeiten bereiten auch viele verbliche­ freizulegen. Ansonsten sieht das Stück genau- Muschelkalk aus Spangenberg, beide Seiten des wieder auf­ ne Beschriftungen oder solche, die von auf­ so aus wie auf dem Kupferstich von 1719. Mit gefundenen Abbildungsoriginals liegenden Objekten mechanisch und/oder dieser Wiederentdeckung hat das Naturkunde­ zu Peter Wolfarts „Historiae chemisch (Mineralzersatz) beschädigt wur- museum Kassel nun neben der Riesenmuschel ­Naturalis“ von 1719; Foto: den, so dass man sie nicht mehr entziffern ein weiteres Abbildungsoriginal eines der Peter Mansfeld, © Naturkunde- kann. Einige historische Stücke, wie der patho- wichtigsten Werke der naturgeschichtlichen Titelblatt der „Historiae Natura- museum Kassel logisch verdrehte Stoßzahn eines Elefanten Forschung im frühen 18. Jahrhundert in der lis“ von 1719; Foto: © Natur- oder die Schale einer Riesenmuschel, sind hin- Landgrafschaft Hessen-Kassel vorliegen. kundemuseum Kassel gegen als auffällige Objekte über die Jahrhun- Cornelia Kurz derte immer wieder in Publikationen und ­Inventarlisten angeführt worden. Für die Vorbereitung der oben erwähnten Naturkundemuseum der Stadt Kassel Landgraf-Carl-Ausstellung wurden für die Zu- Steinweg 2 ordnung weiterer alter Stücke historische Reise­ 34117 Kassel beschreibungen, handschriftliche Kataloge Tel.: (05 61) 7 87 - 40 66 und eben auch die Sammlungen selbst unter www.naturkundemuseum-kassel.de

44 FORSCHUNG FORSCHUNG 45 Gattungen aus der Zeit der Romantik bis zur Grundstein für die Städtische Kunstsamm- kontinuierliche Präsentation auf der Mathilden­ zeitgenössischen Kunst und wird vom Institut lung Darmstadt war das Stadtmuseum, wel- höhe erfolgte nicht mehr. Besonders heraus- Mathildenhöhe betreut. Im Gemäldebestand ches seit 1904 projektiert und 1909 eröffnet ragende Werke befinden sich als Dauerleih­ befinden sich über 1.600 Werke vom 18. Jahr- wurde. Ab 1917 wurden seitens der Stadtver- gaben im Hessischen Landesmuseum Darm- hundert bis zur Gegenwart. Darunter sind Ge- waltung außerdem einige Kunstwerke für die stadt. mälde herausragender Künstler wie Franz Marc Ausstattung von Amtsräumen erworben. Eine Nach Abschluss der derzeitigen Sanierung (1880–1916), Max Pechstein (1881–1955) und 1924 erfolgte Stiftung von zwölf Gemälden des Ausstellungsgebäudes auf der Mathilden- August Macke (1887–1914). Den Kernbestand Arnold Böcklins (1827–1901) ergänzte die höhe soll die Städtische Kunstsammlung Darm­ bildet eine umfassende Sammlung Darmstäd- Kunstsammlung. Zusätzlich zum Stadtmuseum stadt in einer Eröffnungsausstellung umfas- ter Malerei vom 19. Jahrhundert bis hin zu eröffnete in Darmstadt im Jahr 1937 eine Städ­ send präsentiert werden. Die wertvollen Er- zeitgenössischen Werken. Die Provenienzen tische Kunstsammlung. Ihre Einrichtung war gebnisse der Provenienzforschung werden in „Frühlingssturm“ von Ludwig sind nur in wenigen Einzelfällen erforscht. ein Ergebnis der nationalsozialistischen Kultur- diese und künftige Ausstellungen einfließen. von Hofmann; Foto: Nora von Im Rahmen des Projektes wird nun ein Teil politik der Stadt und eng verknüpft mit zwei Shammua Maria Mohr Sulecki der Gemälde systematisch dahingehend unter­ Funktionären der NSDAP: dem Maler und Porträt Adolf Beyers im Katalog sucht, ob sie aufgrund von Verfolgung durch Kunstpolitiker Adolf Beyer (1869–1953) und der „Jubiläums-Ausstellung die Nationalsozialisten entzogen wurden. Eine dem Darmstädter Oberbürgermeister Otto Institut Mathildenhöhe Darmstadt ­Ludwig von Hofmann und Adolf Das Institut Mathildenhöhe im Vorfeld erfolgte Schätzung beziffert die Wam­boldt (1884–1945). Beyer war seit 1931 Olbrichweg 15 Beyer, Gedächtnis-Ausstellung Hugo Kunz“. Darmstadt 1941, Gesamtzahl der zu untersuchenden Gemälde Mitglied der NSDAP, Wamboldt bereits seit 64287 Darmstadt ­erforscht Provenienzen von Tafel K; Foto: © Universitätsbib- auf 550. Nach der im Laufe der vergangenen 1926. Die Städtische Kunstsammlung fand Tel.: (0 61 51) 13 27 78 liothek Heidelberg, CC-BY-SA-3.0. Gemälden der Städtischen Monate erfolgten Tiefenerschließung des Ge- ­ihren Platz im Ausstellungsgebäude auf der www.mathildenhoehe.eu mäldebestandes kann die Zahl der Werke, die Mathildenhöhe. Sie setzte sich zusammen aus Kunstsammlung Darmstadt vor 1945 entstanden sind und nach 1933 er- dem kleinen Bestand an Kunstwerken, die worben wurden und bei denen somit ein ver- sich im Besitz der Stadt befanden, und der als folgungsbedingter Erwerbungszusammenhang Schenkungen hinzugekommenen Sammlung Seit Mai 2017 werden am Institut Mathilden- nicht ausgeschlossen werden kann, auf insge- der Künstlervereinigung „Freie Vereinigung höhe im Rahmen eines vom Deutschen Zent- samt 527 präzisiert werden. Darunter befinden Darmstädter Künstler“ sowie der „Modernen rum Kulturgutverluste geförderten Projektes sich 33 Gemälde, deren Provenienzen eine Galerie“ des Ständigen Rates zur Pflege der die Provenienzen eines Teils des Gemälde­ vordringliche Prüfung nahelegen und derzeit Kunst in Hessen. Ergänzt wurde sie durch zahl- bestandes der Städtischen Kunstsammlung im Zentrum der Forschungsarbeit stehen. Der reiche Leihgaben aus dem Hessischen Landes- Darmstadt erforscht. Hintergrund des For- Großteil der zu untersuchenden Gemälde wur- museum Darmstadt und aus Privatbesitz. Im schungsvorhabens war die Entdeckung der de erst nach 1945 und zumeist von Privatper- Zuge der Einrichtung der Städtischen Kunst- belasteten Provenienz des Gemäldes „Früh- sonen oder aus dem Kunsthandel erworben. sammlung erfolgten gezielte Neuerwerbungen lingssturm“ des Darmstädter Künstlers Ludwig zum Ausbau der Sammlung. Diese wurden in von Hofmann (1861–1945) aus der ehemaligen erster Linie von Adolf Beyer, dem ehrenamt­ Die Provenienzforscherin ­Shammua Maria Mohr widmet Sammlung von Rudolf Mosse (1843–1920) im lichen Leiter, getätigt. sich den Gemälden aus der Jahr 2014. Die Stadt restituierte daraufhin das Während des Zweiten Weltkrieges erfolgte Städtischen Kunstsammlung Gemälde an die rechtmäßigen Eigentümer. eine Auslagerung der Sammlungsbestände in Darmstadt; Foto: Klaus Mai Das Darmstädter Ehepaar Sylvia und Ulrich den Keller des Ludwigs-Bahnhofs in Darm- Ströher konnte den „Frühlingssturm“ in der stadt, wodurch offenbar nur wenige Werke Folge erwerben und stellte das Gemälde groß- kriegsbedingt zerstört wurden. Nach 1945 er- zügig als unbefristete Dauerleihgabe zur Ver- folgten eine Sichtung der noch vorhandenen fügung. Der „Frühlingssturm“ befindet sich Sammlungsstücke und zahlreiche Neuerwer- heute wieder im Museum Künstlerkolonie bungen. In den Jahren 1950, 1956, 1969 und auf der Mathildenhöhe. 1981/82 wurden Werke aus der Städtischen Die Kunstsammlung der Stadt Darmstadt Kunstsammlung Darmstadt in Ausstellungen Das Ernst-Ludwig-Haus aus dem Jahr 1901 beherbergt das Museum Künstlerkolonie; umfasst etwa 20.000 Werke verschiedener der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Eine Foto: Bildarchiv Foto Marburg, Norbert Latocha

46 FORSCHUNG FORSCHUNG 47 NEUE PUBLIKATIONEN

Anja Piontek: Museum und Partizipation. Theorie Natalie Bayer, Belinda Kazeem-Kaminski, ´ Nora Stefan Krankenhagen, Viola Vahrson (Hg.): Kristian Folta-Schoofs, Marion Hesse-Zwillus, und Praxis kooperativer Ausstellungsprojekte und Sternfeld (Hg.): Kuratieren als antirassistische ­Geschichte kuratieren. Kultur- und kunstwissen- Nina Kieslinger, Julia Kruse, Regine Schulz: Beteiligungsangebote. Bielefeld: Transcript-Verlag, Praxis. Berlin: De Gruyter, 2017. 435 Seiten schaftliche An-Ordnungen der Vergangenheit. ­Museen inklusiv gestalten. Wissenschaftliche 2017. 530 Seiten Köln, Weimar, Wien: Böhlau Verlag, 2017. Evaluation von Maßnahmen für eine barrierefreie Museen in Deutschland repräsentieren zu- 157 Seiten Museumsgestaltung. Hildesheim: Universitäts­ Partizipation im Sinne von kultureller Teil­ meist ein bildungsbürgerliches Kunst- und verlag Hildesheim / Georg Olms Verlag, 2017. habe ist seit Jahren ein vieldiskutiertes Thema Kulturverständnis, erarbeitet durch ein ent- Die Frage der Auswahl und Bedeutungszuwei- 129 Seiten in der Museumswelt. Anja Piontek möchte mit sprechend homogenes Personal. Der allgegen- sung von Objekten sowie der gestalterische ihrer Monografie eine wissenschaftliche Dis- wärtige Wunsch nach kultureller Vielfalt in Umgang mit ihnen im Kontext von histori- 2014 wurde im Roemer- und Pelizaeus-Museum kussionsgrundlage schaffen für die Auseinan- Ausstellungen wird zum Teil über eine Öff- schen Ausstellungen werden seit Jahren im- in Hildesheim die Dauerausstellung „Museum dersetzung mit den daraus entstehenden Mög- nung der Häuser durch befristete partizipative mer wieder neu verhandelt. Die Inszenierung der Sinne, Kultur- und Erdgeschichte barriere- lichkeiten für Museen. Ihre grundlegende Frage Ansätze ermöglicht, ohne institutionelle Ver- im musealen Kontext verlangt von Kuratoren, frei erleben!“ neu eröffnet, die multisensori- ist dabei: Was passiert, wenn Museen die Be- änderungen herbeizuführen. Die Herausgebe- Setzungen in Form von sinnvoller Reduktion sche und interaktive Zugänge zu kultur- und völkerung aktiv an der Museumsarbeit betei­ rinnen dieses Sammelbandes haben sich zum und Neuordnung aus dem breiten histori- erdgeschichtlichen Themen bietet. In Koope- ligen? Der Begriff der Partizipation wird in Ziel gesetzt, ihre Erfahrungen aus postkolo­ schen Angebot vorzunehmen. ration mit der Arbeitsgruppe Neurodidaktik ­Pionteks Untersuchung definiert als die aktive nialen, feministischen und repräsentations- So untersucht zum Beispiel Jens Kabisch an­ des Instituts für Psychologie der Stiftung Uni- Mitarbeit und Einflussnahme von Menschen kritischen Projekten mit einer kritischen Mig- hand von drei US-amerikanischen Freilicht- versität Hildesheim wurde diese anschließend im Rahmen von Ausstellungsprojekten. rationsforschung im Bereich der Museums- museen, wie die inszenierte Fiktion einer stets einer Evaluation unterzogen, deren Ergebnisse Der Aufbau der Untersuchung ist klar struk­ und Ausstellungsarbeit zu verbinden. Ein- präsenten Gegenwart das heutige amerikani- in der vorliegenden Studie zusammengefasst turiert: Einleitend werden die Forschungsziele drücklich zeigt der einleitende Beitrag, wie sche Selbstverständnis prägt. Susanne Wern- sind. Diese soll Museen und Kultureinrich- und Methoden, die Fachdiskussion zur Par­ oftmals durch das Reproduzieren kolonialer sing geht am Beispiel von Ausstellungen zur tungen als Handreichung bei der Umsetzung tizipation, die Auswahl der drei Fallstudien- Blicke eher Voyeurismus und alte Machtstruk- Zeit- und Alltagsgeschichte der DDR der Frage barrierefrei gestalteter und inklusiv vermit- projekte sowie das Untersuchungsverfahren turen erneuert werden, anstatt zu hinterfra- nach, inwiefern szenografische Präsentationen telnder Ausstellungsprojekte dienen. vorgestellt. Piontek entwickelt anschließend gen, wer über wen in Ausstellungen spricht. Deutungskonflikte der verschiedenen Erinne- Im einführenden Teil werden das inhaltliche ein eigenes Analysemodell für eine partizipa- Die Spannbreite der 17 Beiträge in den vier rungskulturen aufgreifen, zum Beispiel durch Konzept, die Planung und das Raumkonzept torische Ausstellungstätigkeit, das auf drei Kapiteln reicht von praxisorientierten, theo- die Verschränkung von künstlerischen und sowie die museumspädagogische Vermittlung ausgewählte Praxisbeispiele angewendet wird. retischen bis hin zu künstlerischen Ausein­ historischen Zugängen. des „Museums der Sinne“ vorgestellt. Zu den Dabei analysiert sie unter anderem ein Aus- andersetzungen. Sie bieten antirassistische Mehrere Beiträge setzen sich mit einer kunst­ Ergebnissen der Evaluationsstudie im For- stellungsprojekt des Historischen Museums Perspektiven, mit denen Museen kritisch ana- wissenschaftlichen Perspektive auf die Ver- schungsteil gehört unter anderem die Beob- Frankfurt („Ostend // Ostanfang. Ein Stadtteil lysiert werden können, aber auch Beispiele gangenheit und der Problematik von künst­ achtung, dass Besucher mit Einschränkungen im Wandel“, 2011), dessen Ergebnisse – ein aus der diskriminierungsfreien Kulturtätig- lerischer Verfremdung auseinander. Vergegen- oftmals mit Begleitpersonen kommen, was partizipatives Stadtmodell, die Bibliothek der keit. Deutlich wird, wie im Museum rand- wärtigung von Geschichte kann auch miss­ konzeptionell berücksichtigt werden sollte. Generationen und das „Stadtlabor“ – in die ständige Gruppen sichtbar gemacht werden lingen, wie Viola Vahrson am Beispiel des für Aufgefallen ist auch die große Skepsis der Be- neue Dauerausstellung eingeflossen sind. Ab- können und wie dieselben den Raum nutzen, eine Ausstellung in Frankfurt am Main erstell- troffenen gegenüber der musealen Präsentation schließend diskutiert Piontek ihre Ergebnisse um sich selbst zu repräsentieren. Die hier vor- ten Videointerviews zeigt, in welchem ein ehe- und den Museen selbst, der mit einer geziel- und setzt sich dabei mit Fragen wie etwa gestellten, zum Teil sich auch widersprechen- maliger Ausschwitzgefangener genötigt wird, ten Öffentlichkeitsarbeit begegnet werden nach dem Mehrwert partizipativer Ansätze den Positionen bieten einen Einblick in die seine Gefangenennummer vor der Kamera muss. Besonders hilfreich sind die im letzten für Kuratoren, Besucher und Museen ausein- gegenwärtige Diskussion um antirassistische ­erneut zu tätowieren, quasi als provokative Kapitel zusammengefassten Praxis-Tipps für ander. Strategien im Kulturbereich. Geste. die Herstellung von Barrierefreiheit und In- Insgesamt bietet das Buch hilfreiche Dis- klusion in Museen. kussionsbeiträge zur Auseinandersetzung mit Die Publikation ist kostenfrei auch online dem Verhältnis von historischer und künst­ abrufbar unter: https://hildok.bsz-bw.de/ lerischer Arbeit in der kuratorischen Praxis. frontdoor/index/index/docId/643

48 NEUE PUBLIKATIONEN NEUE PUBLIKATIONEN 49 PERSONALIA

Hans-Jürgen Grigoleit † verbandes. Hans-Jürgen Grigoleit, der mit torischen Museum Frankfurt. Dr. Engel will ­einem hohen Anspruch an sich selbst stets in ihrer neuen Position die Angebote des Mu- Am 1. Juni 2018 starb nach schwerer Krank- über das geforderte Maß hinaus arbeitete und seums weiterentwickeln und einen Schwer- heit im Alter von nur 56 Jahren Hans-Jürgen nicht eher zufrieden war, bis das beste Ergeb- punkt ihrer Arbeit auf die digitalen Heraus­ Grigoleit, Grafikdesigner aus Kassel. Grigoleit nis erzielt war, wird allen fehlen, die ihn und forderungen legen. arbeitete 18 Jahre lang in vielen Projekten sein Schaffen kennenlernen konnten. mit dem Hessischen Museumsverband und Ulrike Adamek Museen in Hessen zusammen und prägte mit seinem ambitionierten und kreativen Stil das Fabian Lenczewski grafische Gesicht von Dauerausstellungen, Rosemarie Wesp Sonderausstellungen und Publikationen, vor Corinna Engel Nach 20 Jahren verabschiedeten die Mitarbei­ ­ Fabian Lenczewski allem im Raum Nordhessen. ter des Museums für Kommunikation Frank- Hans-Jürgen Grigoleit Die Zusammenarbeit mit dem Hessischen Am 1. März 2018 hat Dr. Corinna Engel die furt Rosemarie Wesp als Leiterin der Abteilung Museumsverband begann im Jahr 2000 mit Leitung der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit Museumspädagogik in den Ruhestand. Wesp, Werner Hanak dem Auftrag, die grafische Gestaltung des Kin­ im Museum für Kommunikation Frankfurt die als Literatur- und Gesellschaftswissen- dermuseumsführers „Komm mit ins Museum. übernommen. Damit ist sie für die Aufgaben- schaftlerin 1986 die erste Ausstellung zu Ernst Neuer stellvertretender Direktor des Jüdischen Auf Entdeckungsreise durch hessische Museen“ bereiche Museumspädagogik, Ausstellungen, May am Deutschen Architek­turmuseum in Museums Frankfurt ist seit 1. Mai 2018 der zu übernehmen. Nachdem er 1999 die Infor- Veranstaltungen, Pressearbeit und Marketing Frankfurt am Main kuratiert hatte, kam 1989 Theaterwissenschaftler Dr. Werner Hanak. Er mationstafeln für das neue Stadtmuseum in sowie die Bibliothek zuständig. zeitgleich mit der Eröffnung des Museumsneu­ tritt die Nachfolge von Fritz Backhaus an, der Baunatal gestaltet hatte, konzipierte und rea- Die Kunsthistorikerin ist Nachfolgerin von baus von Günter Behnisch an das Museum für im Dezember 2017 als Sammlungsdirektor an lisierte er in den Folgejahren die Grafik der Dr. Klaus Beyrer, der nach 30-jähriger Tätig- Kommunikation. Die gläserne, lichte Archi- das Deutsche Historische Museum in Berlin Dauerausstellungen des Deutschen Hugenot- keit am 31. März 2018 in den Ruhestand ge- tektur bot neuen Gestaltungsraum auch für wechselte. Der gebürtige Salzburger Hanak war tenmuseums in Bad Karlshafen, der Natur- gangen ist. Dr. Helmut Gold, Vorstand der die Museumspädagogik: In einer Kinderwerk- seit 1992 am Jüdischen Museum Wien tätig, wo kundeabteilung im Kreisheimatmuseum in Museumsstiftung und Direktor des Frankfur- statt wird seitdem mithilfe von speziellen An- er die Neuausrichtung des Hauses entschei- Rotenburg an der Fulda, des Glas- und Keramik­ ter Hauses, würdigte dessen Verdienste: „Mit geboten durch Anfassen, Aus­probieren und dend mitgeprägt hat. Der 48-Jährige kuratierte museums Großalmerode und des Waldecker Dr. Beyrer verlässt ein ausgewiesener Kenner eigene Aktivitäten Post- und Telekommuni­ zahlreiche Ausstellungen, darunter die neue Spielzeugmuseums in Bad Arolsen-Massen- der Postgeschichte und profilierter Wissen- kationsgeschichte vermittelt. Dauerausstellung „Unsere Stadt! Jüdisches hausen. Es folgten das Tierparkmuseum Saba- schaftler das Haus, das er mit zahlreichen Aus- Im April 2018 trat Fabian Lenczewski die Wien bis heute“ (2013) und „Die Universität. burg im Reinhardswald, das Quellenmuseum stellungen und Publikationen zur Post- und Nachfolge von Rosemarie Wesp an. Der Kunst­ Eine Kampfzone“ (2015) sowie die Ausstellung in Bad Wildungen und das GeoFoyer Kalk- Telekommunikationsgeschichte geprägt hat.“ historiker arbeitet seit 2010 im Bereich der „Leonard Bernstein. Ein New Yorker in Wien“ turm Korbach. Für die Museumslandschaft Bei seinem Eintritt 1988 hieß das Museum Museumspädagogik verschiedener Museen. (ab Herbst 2018). Für das Wien Museum ver- Hessen Kassel erarbeitete Grigoleit Sonder­ noch Bundespostmuseum und wandelte sich Erfahrungen sammelte er unter anderem im antwortete er die Neukonzeption der Mozart- ausstellungen im Westpavillon der Orangerie erst in den folgenden Jahrzehnten zum Muse- Landesmuseum Mainz und im dortigen Guten­ wohnung (2006) und des Haydnhauses (2009). Dr. Corinna Engel und gestaltete Broschüren und Ausstellungs- um für Kommunikation mit einem breiteren berg-Museum. In Frankfurt betreut er nun die Der erfahrene Museologe und Museums- Dr. Werner Hanak; kataloge. Die Museen in Schwalmstadt-Trutz- Themenspektrum. Kinderwerkstatt des Museums für Kommuni- manager hat zahlreiche wissenschaftliche Foto: © Peter Rigaud hain, Gießen und der Hessenpark in Neu-­ Corinna Engel ist hier keine Unbekannte. kation und konzipiert wie seine Vorgängerin ­Publikationen verfasst und in seinem Buch Anspach ­engagierten ihn ebenfalls für Son- Sie absolvierte im Museum für Kommunika­ neue Führungen und Vermittlungsangebote „Die Ausstellung als Drama. Wie das Museum derausstellungen und Publikationen. tion von 2002 bis 2004 ein Volontariat und zu thematischen Schwerpunkten der Dauer- aus dem Theater entstand“ (2011) die Verbin- Viele der größeren Projekte stemmte Grigo- arbeitete an mehreren Ausstellungsprojekten und Wechselausstellungen. Ein weiterer Ar- dungen und Differenzen zwischen Museum leit in bewährter Zusammenarbeit mit dem mit, bevor sie von 2008 bis 2013 für das Kul- beitsschwerpunkt liegt in der Schulung der und Theater analysiert. Diesem Themenfeld Museumsgestalter Volker Umlauff (Crep D, turdezernat der Stadt Frankfurt am Main tätig freien Mitarbeiter und Kommunikatoren so- widmeten sich auch seine Lehrveranstaltun- Kassel) und in enger Abstimmung mit der wurde. Anschließend leitete sie viereinhalb wie in der Kontaktpflege zu Pädagogen in gen an der Universität Wien und am New Museumsberatung des Hessischen Museums- Jahre die Abteilung Kommunikation im His- Schulen und Kitas. Yorker Bard Graduate Center.

50 PERSONALIA PERSONALIA 51 Martin Eberle Thomas Foerster MELDUNGEN

Der Kunsthistoriker Prof. Dr. Martin Eberle Zum 1. Mai 2018 hat Dr. Thomas Foerster die ist neuer Direktor der Museumslandschaft Leitung der Abteilung Mittelalter am Hessi- 250 Jahre Antikensammlung in Kassel So befindet sich in Kassel seit 1778 der ein- Hessen Kassel (MHK), in Nachfolge des Ende schen Landesmuseum Darmstadt (HLMD) zige Bronzeguss der berühmten Bildnisbüste Januar in den Ruhestand verabschiedeten übernommen. Als wissenschaftlicher Mitar- Seit dem 14. Juni 2018 präsentiert sich die des Johann Joachim Winckelmann (1717– Prof. Dr. Bernd Küster. Er trat sein Amt am beiter ist er zugleich zuständig für die Bereiche Antikensammlung der Museumslandschaft 1768). Dieser ist in der Ausstellung ebenso zu 1. Mai 2018 an. Eberle studierte Kunstge- Malerei, Skulptur, Glasmalerei vom 13. bis Hessen Kassel (MHK) im Museum Schloss sehen wie Kopien antiker Statuen, die einst schichte, Geschichte und Historische Hilfs- zum 17. Jahrhundert und Kunsthandwerk Wilhelmshöhe mit einer erweiterten Dauer- unter anderem in der Kasseler Karlsaue aufge- wissenschaften in München, Bamberg, Jena bis 1500. ausstellung. Im wiedereröffneten großen Rom­ stellt waren. Näher eingegangen wird unter und Kassel. Von 1996 bis 1999 arbeitete er im Dr. Thomas Foerster, 1976 in Jena geboren, saal geht es um die Antikenbegeisterung in dem Gesichtspunkt der Antikenrezeption zu- Grassimuseum der Stadt Leipzig, danach über- absolvierte zwischen 1995 und 2002 sein der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sowie dem auf die monumentale Figur des Herkules nahm er die Leitung des Gohliser Schlöss- ­Studium der Kunstgeschichte, Neueren Ge- um aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse im UNESCO-Weltkulturerbe Bergpark Wil­ chens in Leipzig und des Städtischen Muse- schichte und Klassischen Archäologie an der zu den Kasseler Erwerbungen dieser Zeit. Auf- helmshöhe,­ die unter Landgraf Carl 1717 ent- Prof. Dr. Martin Eberle; ums Braunschweig. Seit Oktober 2007 leitete Friedrich-Schiller-Universität Jena. Gefördert gezeigt werden die Ursprünge der bedeuten- stand. Weitere herausragende Exponate sind Foto: Mirja Löwe, © MHK er als Direktor die Stiftung Schloss Frieden- durch das Cusanuswerk, promovierte er von den Sammlung, insbesondere die Ankäufe des zahlreiche Marmorskulpturen, Werke der stein Gotha. 2004 bis 2008 zu den hochmittelalterlichen Landgrafen Friedrich II. in Rom in den Jahren Kleinkunst, Grafiken sowie Korkmodelle Seine dort gewonnenen Erfahrungen mit Wandmalereien im Hildesheimer Mariendom, 1776/77, die Eröffnung des Museums Frideri- ­antiker römischer Bauten, darunter die des Bau- und Sanierungsmaßnahmen histori­ in der Quedlinburger Stiftskirche St. Servatius cianum im Mai 1779 und die gleichzeitig be- Kolosseums und des Pantheons. scher Gebäude sowie der Neuausrichtung einer und in der Klosterkirche St. Vitus des ehema- ginnende wissenschaftliche Erforschung in Schloss- und Museumslandschaft wird er aktiv ligen Benediktinerklosters Gröningen. der „Altertümergesellschaft“. Museumslandschaft Hessen Kassel an seiner neuen Wirkungsstätte einbringen. Seit 2008 arbeitet Thomas Foerster mit Museum Schloss Wilhelmshöhe Denn auch die Museumslandschaft Hessen zwei kurzen Unterbrechungen im Hessischen Schlosspark 1 Kassel steht mit der vor über zehn Jahren vom Landesmuseum Darmstadt. Nach seiner Zeit 34131 Kassel Land Hessen beschlossenen und in Teilen be- als wissenschaftlicher Volontär in der Abtei- Tel.: (05 61) 3 16 80 - 0 reits umgesetzten konzeptionellen Neuaufstel- lung Kunst und Kulturgeschichte war er als www.museum-kassel.de lung vor weitreichenden inhaltlichen Verände­ wissenschaftlicher Mitarbeiter angestellt. Mit rungen und umfangreichen Baumaßnahmen. Unterstützung von Dr. Theo Jülich realisierte Dazu gehören die Sanierung von denkmalge- er während der Sanierung des HLMD unter schützten Bauten ebenso wie die Errichtung anderem zwei Sonderausstellungen im Frank- Neues Ausstellungsmodul von Neubauten, darunter aktuell des „Deut- furter Städel Museum zur mittelalterlichen im Deutschen Ledermuseum schen Tapetenmuseums – Museum für Raum- Tafelmalerei: „Das Heilige Köln“ und „Mord Salbengefäß der Herero (Detail), kunst“. Künftig liegt eine wichtige Herausfor- im Mittelalter“ (2009/10). Das Deutsche Ledermuseum (DLM) verfügt Namibia; Foto: Laura Brichta, derung in der Aufgabe, die verschiedenen Ab Mai 2013 leitete er als Postdoktorand über einen umfangreichen, überaus bedeu- © DLM Dr. Thomas Foerster; Foto: kunst- und kulturhistorischen Schwerpunkte der VolkswagenStiftung im Rahmen der Pro- tenden Bestand an Objekten aus zahlreichen Wolfgang Fuhrmannek, © HLMD der Sammlungen thematisch zu vernetzen gramminitiative „Forschung in Museen“ ein Ländern und Regionen sowie von verschiede- und unter einem gemeinsamen Dach zu ver- Studienprojekt, bei dem der Bestand altdeut- nen ethnischen Gruppen. Einer der Schwer- markten. Eberle betonte bei Amtsantritt, dass scher Tafelmalerei in Darmstadt erstmals um- punkte liegt dabei auf dem afrikanischen Kon­ er sich darauf freue, „dem beeindruckenden fassend systematisch kunsthistorisch und tinent. Ein Großteil der Afrika-Sammlung des Kulturensemble mit seinen Spitzensammlun- kunsttechnologisch untersucht wurde. Zu- DLM wird derzeit in der seit den 1980er Jah- gen noch stärkere internationale Strahlkraft künftig möchte er zum Beispiel mit Kollegen ren bestehenden Dauerausstellung gezeigt, die zu geben“. und der Universität interdisziplinäre Sonder- seit der Einrichtung nur unwesentlich verän- ausstellungen entwickeln. dert wurde. Weder Ausstellungsdidaktik noch Johann Joachim Winckelmann, eine Bronzebüste von Präsentation entsprechen heutigen wissen- ­Anton Raphael Mengs und Friedrich Wilhelm Doell, 1778, schaftlichen und gestalterischen Museums- MHK, Antikensammlung; Foto: MHK standards.

52 PERSONALIA MELDUNGEN 53 Um neue Vermittlungs- und Präsentations- len Präsentation zum Beispiel ein Rohhaut- Wiedereröffnung Stadtmuseum Langen Preise für Deutsches Elfenbeinmuseum Erbach formen zu erproben, wird daher ein freige- Gefäß der Herero und ein Beutel der Dogon räumtes Ausstellungsmodul innerhalb der aus einem Ziegenbalg zu sehen. Nicht alle Ob­ Am 24. März 2018 wurde das Stadtmuseum Das im November 2016 am neuen Standort ­Afrika-Abteilung zu einem Experimentierfeld, jekte bestehen aus Leder oder Rohhaut, auch im Alten Rathaus nach fast sechs Jahren wie- im Erbacher Schloss wiedereröffnete Museum wobei der Veränderungsprozess sichtbar bleibt. ungewöhnliches Material wie Schildkröten- der eröffnet. Der über 880 Mitglieder zählende zur Elfenbeinkunst erhielt in den vergange- Die Objekte sind nach übergeordneten Themen­ panzer konnte zum Einsatz kommen. Die Viel- Verkehrs- und Verschönerungsverein Langen nen Monaten zahlreiche Preise. Das Deutsche gruppen so zusammengestellt, dass das Leben falt der Materialität und der Verarbeitungs- hatte einen Kooperationsvertrag mit der Stadt Elfenbeinmuseum Erbach wurde dabei ausge- der Menschen unterschiedlicher Ethnien im weisen sowie die unterschiedlichen Funktionen geschlossen und damit die Reaktivierung an- zeichnet für sein Lichtdesign, die Architektur Hinblick auf die handwerkliche Verarbeitung der Exponate spiegeln regionale Verfügbarkeit geschoben. Der Verein bot zur Eröffnung eine und seine multimedialen Installationen. und kulturhistorische Bedeutung des Materials und lokale Traditionen wider. Ausstellung mit alten Postkarten, verbunden Leder ablesbar wird. Die Ausstellung kombi- mit Vorträgen. Seit Oktober 2016 befindet niert und verknüpft die Exponate miteinan- Deutsches Ledermuseum sich auch die Geschäftsstelle des Vereins im der, um Gemeinsamkeiten, Gegensätze oder Frankfurter Straße 86 Alten Rathaus und organisiert von dort ver- auch neue Perspektiven aufzuzeigen. Je nach 63067 Offenbach am Main schiedene Feste und Veranstaltungen. Thema kommen Sammlungsstücke europäi- Tel.: (0 69) 82 97 98 - 0 Die museale Sammlung im Alten Rathaus schen Ursprungs vergleichend oder kontras- www.ledermuseum.de von Langen veranschaulicht die Stadtgeschich- tierend hinzu. te des Ortes von der Vor- und Frühgeschichte bis zum 20. Jahrhundert. Inhaltliche Schwer- punkte der Präsentationen sind die Geschichte Erster Europäischer Tag der Restaurierung des Schlosses Wolfsgarten, die wilhelminische Kaiserzeit, die Weimarer Republik und der Na­ Am 14. Oktober 2018 findet der erste euro­ tionalsozialismus sowie die wirtschaftliche und päische Tag der Restaurierung statt, der vom politische Entwicklung der Stadt nach 1945. Europäischen Dachverband der Restaurato- Thematisiert wird auch das Alltagsleben der renverbände ausgerufen und von den einzel- Handwerker und Industriearbeiter im 19. Jahr­ nen Mitgliedsverbänden umgesetzt wird. hundert, ergänzt um die Darstellung verschie- Deutschland- und europaweit geben Restau- dener Berufe wie etwa Maurer, Steinbrecher, ratoren an diesem Tag exklusive Einblicke in Pflasterer und Ziegelhersteller. Ausgestellt ihre Arbeitsplätze, die sich in Museen, priva- sind zudem zahlreiche Landschaftsbilder, ten Ateliers, Hochschulen, Denkmalämtern ­Personen- und Tierstaffagen des Künstlers und Schlösserverwaltungen befinden. Ziel des Hermann Bahner. Der 1867 in Kaiserswerth Aktionstages ist unter anderem, das öffentliche geborene und an der Düsseldorfer Kunstaka- Blick in den Vitrinensaal; Bewusstsein für die Schlüsselrolle der Restau- demie ausgebildete Maler erwarb 1919 ein Foto: © Michael Leukel ratoren in der Kulturerhaltung zu schärfen, ­eigenes Haus (mit Atelier) in Langen und Die Preise wurden 2017 international aus- ­Photography Duftbehälter der San, südliches Wissen zum Beruf des Restaurators zu vermit- ­verstarb hier 1938. gelobt in London bei den „Darc Awards“, in Afrika, Salbengefäß der Herero, teln und zu verdeutlichen, welche große Ver- In Kooperation mit der Volkshochschule Stra in Venetien im Rahmen der „Codega In- Namibia, und Butter- und Öl­ Gestartet ist die Reihe „In Bezug gesetzt: antwortung Restauratoren gegenüber unse- und dem Stadtarchiv ist das Museum bei Ver- ternational Lighting Design Prize“-Vergabe gefäß der Hausa, Westafrika Objekte berichten aus Afrika“ mit dem Thema rem kulturellen Erbe übernehmen, indem sie anstaltungen geöffnet, für Gruppen auch nach und in New York bei den „AL Light & Archi­ (von links nach rechts); „Gut aufbewahrt!“: Das Aufbewahren von materielle Zeugnisse unserer Gesellschaft in telefonischer Vereinbarung. tecture Design Awards“. Das Museum erhielt Foto: Laura Brichta, © DLM Utensilien, die man braucht und schätzt, ist ihrer Integrität und ihrer Authentizität für zudem einen Preis des Design-Zentrums Nord­ Teil der täglichen Routine. Dazu gehören es- nachkommende Generationen bewahren. Museum Altes Rathaus rhein-Westfalen im Rahmen des „Red Dot sentielle Dinge wie Lebensmittel oder Werk- In Deutschland übernimmt der Verband Wilhelm-Leuschner-Platz 3 Award: Communication Design“ in der Kate- zeuge ebenso wie Gegenstände, die einem viel der Restauratoren (VDR) die Koordination des 63225 Langen gorie „Ausstellungsdesign, Rauminstallation“. wert sind, wie zum Beispiel Schmuck. Behält- jährlich stattfindenden Aktionstags. Weitere Tel.: (0 61 03) 91 04 - 75 2018 wurde es für seine Architektur mit dem nisse, Gefäße oder Taschen werden auch für Informationen unter: www.langen.de BDA-Architekturpreis „Ausgezeichnete Archi- den Transport genutzt. So sind in der aktuel- www.tag-der-restaurierung.de tektur in Hessen – Josef-Maria-Olbrich-Plakette“

54 MELDUNGEN MELDUNGEN 55 und mit dem in Chicago vergebenen „IALD – sie sich in jemanden aus Korbach verliebt ha- schaft Frankfurts auseinandersetzen. Ziel ist ausgezeichnet ist, als UNESCO-Weltkulturerbe International Lighting Design Award“ sowie ben oder aus beruflichen Gründen in diese es, das Historische Museum Frankfurt weiter anerkennen zu lassen. Um größtmögliche dem „Deutschen Lichtdesignpreis“ in der Ka- Stadt gezogen sind. Und sie zeigen Personen zu einem zentralen Begegnungsort zu entwi- ­Authentizität zu erreichen, müssen die Räum- tegorie Museen ausgezeichnet. aus Korbach, die Unterstützer der Zugewan- ckeln, wobei Menschen mit vielfältigen Hin- lichkeiten dafür in den Originalzustand zu derten sind: als Nachbar, Kollege, Chef oder tergründen die Möglichkeit eröffnet werden Zeiten Justus Liebigs zurückversetzt werden. Deutsches Elfenbeinmuseum Erbach einfach als Mitmensch. soll, aktiv an der Museumsarbeit teilzuhaben. Die wissenschaftliche Untersuchung sollte Marktplatz 7 Das Besondere ist, dass es sich um eine Aus­ klären, welche alternativen Heizvarianten zu 64711 Erbach stellung in der Ausstellung handelt. So stehen Historisches Museum Frankfurt den Nachtspeicheröfen infrage kommen. Tel.: (0 60 62) 80 93 60 die 33 Porträts in der Dauerausstellung des Saalhof 1 Die Überlegungen stützen sich auf den www.elfenbeinmuseum.de Museums neben den Gesichtern berühmter 60311 Frankfurt am Main Grundsatz, nur möglichst geringfügige Ein- und weniger berühmter Alt-Korbacher, neben Tel.: (0 69) 2 12 - 3 51 54 griffe in die vorhandene Bausubstanz vorzu- Engeln, Heiligen oder Figuren wie dem Kor- www.historisches-museum-frankfurt.de nehmen. Um die Raumtemperaturen und die bacher Roland. Oberflächentemperaturen der Innenwände zu Die Verbindung von Vergangenheit, Gegen- ermitteln, wurde im Rahmen der Studie Mess- wart und Wünschen für die Zukunft macht technik im Museum installiert. Die gewonne- die Aspekte der Integration und der kulturel- nen Daten zur Heizlast und zum Wärmebedarf len Vielfalt der Stadtgesellschaft deutlich und flossen in Biallys konzeptionelle Vorschläge zeigt, dass der Wandel, das Ankommen und ein, die unter energetischen, ökologischen das Weggehen von Menschen immer zur Ge- und ökonomischen Gesichtspunkten analy- schichte Korbachs gehört hat und auch weiter Neue Wärme für das alte Laboratorium siert wurden. Das Ergebnis: Nach Kriterien der zur Zukunft der Stadt gehören wird. Justus Liebigs Wirtschaftlichkeit ist eine künftige Wärme- Wilhelm Völcker-Janssen Teile der Sonderausstellung, versorgung des Museums mittels eines Gas- die in die Dauerausstellung des Wie beheizt man ein öffentliches Denkmal, Brennwertkessels empfehlenswert. Die bessere Korbacher Museums integriert Wolfgang-Bonhage-Museum Korbach genauer gesagt das ehemalige Laboratorium Alternative, die auch vom Vorstand der Justus wurden; Foto: Museum Korbach Kirchplatz 2 von Justus Liebig? Der Chemiker lehrte und Liebig-Gesellschaft befürwortet wird, stellt al- 34497 Korbach forschte von 1824 bis 1852 in Gießen und er- lerdings eine Beheizung mit Fernwärme dar, Tel.: (0 56 31) 5 32 89 hielt für die Unterbringung seines Lehrstuhls die kaum teurer und in ökologischer Hinsicht „Gesicht geben – Gesicht zeigen“ www.museum-korbach.de das ehemalige Wachlokal einer Kaserne aus zu favorisieren ist. Mario Bially bei der Übergabe im Wolfgang-Bonhage-Museum Korbach dem 19. Jahrhundert. Das Gebäude erweiterte Manuel Heinrich seiner Masterthesis, mit er 1833 und 1839, indem er Laboratorien und Prof. Dr. Eduard Alter (re.), „Hesse ist, wer Hesse sein will“, dieses Motto einen Hörsaal nach seinen Ideen anbaute. Seit Liebig-Museum Vorsitzender der Justus Liebig- Gesellschaft, und Prof. Wolf- prägte der erste hessische Ministerpräsident Förderprogramm der Kulturstiftung des Bundes 1920 ist in dem Gebäude das Liebig-Museum Liebigstraße 12 gang Schulz-Nigmann von Georg-August Zinn aus Anlass des ersten Hes- finanziert Mitarbeiterin für Diversität untergebracht. Es wird derzeit von elektrischen 35390 Gießen der THM in Friedberg (li.); sentages 1961 in Alsfeld. Zum diesjährigen und Migration Nachtspeicheröfen beheizt. Zur Verbesserung Tel.: (06 41) 7 63 92 Foto: Technische Hochschule Hessentag in Korbach wurde im Wolfgang- der Beheizung und Klimatisierung des Muse- www.liebig-museum.de Mittelhessen Bonhage-Museum eine Ausstellung mit 33 Das Historische Museum Frankfurt ist eine von ums hat ein Student der Technischen Hoch- großformatigen Porträts eröffnet. Diese stel- 17 bundesweiten Kulturinstitutionen, die im schule Mittelhessen (THM) nun ein Konzept len Menschen aus aller Welt vor, die in den Rahmen des Förderprogramms „360° – Fonds erarbeitet: Für Mario Bially aus Offenbach war vergangenen Jahrzehnten nach Korbach ge- für Kulturen der neuen Stadtgesellschaft“ der das Praxis-Projekt zugleich der Abschluss sei- MiniFilmclub für Kindergartenkinder – kommen sind, weil sie nach dem Zweiten Kulturstiftung des Bundes die Stelle einer wis- nes Masterstudiums am Fachbereich Wirt- nun bundesweit Weltkrieg aus ihrer Heimat vertrieben wur- senschaftlichen Mitarbeiterin für Diversität schaftsingenieurwesen. Zur Aufgabe des In­ den, weil sie als sogenannte Gastarbeiter auf und Migration befristet auf vier Jahre einrich- genieurwissenschaftlers gehörte es, neben der Das Format „MiniFilmclub“ wurde vom Deut- der Suche nach Arbeit waren, weil sie als Spät­ ten konnte. Das Projekt am Frankfurter Muse- Wirtschaftlichkeit auch die Bestimmungen des schen Filminstitut (DIF) zusammen mit Päda- aussiedler in die Heimat ihrer Familien zu- um widmet sich der fast 1.200-jährigen Zu- Denkmalschutzes zu berücksichtigen. Außer- goginnen aus Kindertagesstätten im Rahmen rückkehrten, weil sie vor Krieg, Terror, Verfol- wanderungsgeschichte der Stadt und wird dem ist beabsichtigt, das Laboratorium, das des Programms „Kunst und Spiele“ der Robert gung und Not flüchteten – oder einfach, weil sich mit der kulturell vielfältigen Stadtgesell- bereits als „Historische Stätte der Chemie“ Bosch Stiftung seit 2013 entwickelt. Mit dem

56 MELDUNGEN MELDUNGEN 57 MiniFilmclub erkunden Kinder im Alter von Module und Filme zu erweitern und auch für Höhepunkt war die feierliche Übergabe des Die Broschüre kann auf der angegebenen vier bis sechs Jahren die Dauerausstellung zur andere Kinos und Museen nutzbar zu machen. Tastmodells „Historisches Museum Frankfurt“ Webseite bestellt werden und steht auch als Vor- und Frühgeschichte des Films im Deut- Weitere Informationen: www.minifilmclub. durch Heinz Riesenhuber MdB, Bundesminis- PDF-Dokument zum Herunterladen zur Ver- schen Filmmuseum und sehen im Kino kurze deutsches-filmmuseum.de ter a. D. Das 85 Kilogramm schwere Bronze- fügung: Avantgarde-, Kunst- und Experimentalfilme modell wurde in enger Abstimmung mit dem www.leserlich.info aus der eigens für den MiniFilmclub entwickel- Deutsches Filmmuseum Blinden- und Sehbehindertenbund in Hes- ten Filmedition. Letztere geht im Anschluss Schaumainkai 41 sen e. V. und der Deutschen Blindenstudien- an die Kindertagesstätten und kann dort bei 60596 Frankfurt am Main anstalt (blista) in Marburg entwickelt und von jeder Gelegenheit weiter genutzt zu werden. Tel.: (0 69) 96 12 20 - 3 39 der Glockengießerei Grassmayr aus Innsbruck Strategisches Management MiniFilmclubteilnehmer mit Film­ www.deutsches-filmmuseum.de hergestellt. und strategisches Controlling in Museen streifen; Foto: © Sabine Imhof Historisches Museum Frankfurt Bei dieser Publikation handelt es sich um eine Saalhof 1 im April 2018 vom Deutschen Museumsbund Neue Angebote für Sehbehinderte 60311 Frankfurt am Main herausgegebene Ergebnisdokumentation. Sie Taktile Spur im Historischen im Historischen Museum Frankfurt Tel.: (0 69) 2 12 - 3 51 54 beruht auf dem Erfahrungsaustausch von ­Museum Frankfurt; Foto: www.historisches-museum-frankfurt.de hauptamtlichen Verwaltungsleitern und Con­ ­Stefanie Kösling, © HMF Anlässlich des Sehbehindertentages am 6. Juni trollern von Museen, die in einer Arbeitsgrup- 2018 stellte das Historische Museum Frank- pe seit 2013 regelmäßig zusammentrafen, er- Sehhilfe; Foto: DBSV / A. Friese furt gemeinsam mit dem Blinden- und Seh­ gänzt durch eine explorative Umfrage durch behindertenbund in Hessen e. V. seine Ange- zwei Hochschulabsolventinnen, die im Deut- bote für blinde und sehbehinderte Besucher schen Museumsbund durchgeführt wurde. vor, die im Rahmen des Projektes „Inklusives Der Titel dieser Handreichung „Strategi- Museum“ für Menschen mit einer visuellen sches Management und strategisches Con­ Einschränkung entwickelt wurden. Ein Leit- trolling in Museen. Ansätze für die strategi- system durch die Service- und Ausstellungs­ sche Museumssteuerung“ mag bei manchen bereiche, Tastmodelle, Objekte zum Anfassen Museumsmitarbeitern zunächst skeptische sowie eine neuartige audiodeskriptive Tour Distanz auslösen. Jedoch wird diesen Beden- auf dem Multimediagerät des Museums konn- ken schon im Vorwort entgegengewirkt und Erwartungsvolle junge ten während der Veranstaltung ausprobiert betont, dass eben gerade strategisch ausgerich- Film­interessierte; Foto: und diskutiert werden. tete Entscheidungen zum fokussierten Einsatz © Eric Vazzoler, DIF von Energien und Ressourcen führen und da- Neue Broschüre durch neue Freiräume in der Museumsarbeit über inklusives Kommunikationsdesign eröffnet werden. Die Handreichung möchte Mit einer erneuten Förderung der Robert möglichst konkrete Wege für strategisches Bosch Stiftung startete das DIF eine Koopera- Der deutsche Blinden- und Sehbehinderten- Handeln aufzeigen und anregen, diese anhand tion mit dem „Arsenal – Institut für Film und verband e. V. (DBSV) hat im Rahmen des der jeweils eigenen Verhältnisse vor Ort prak- Videokunst“ in Berlin und dem Filmmuseum ­Projektes „Inklusives Design“ eine Broschüre tisch anzuwenden. Die Publikation vermittelt, Potsdam. Im Modellprojekt wird eine mobile (Stand: Mai 2017) mit den wichtigsten Anfor- dass strategisches Controlling eine konstruk- Version des MiniFilmclubs entwickelt. Unter derungen an die Gestaltung von Schrift, Text tive Begleitung von strategisch ausgerichteten anderem soll ein mobiles Museum im Koffer und Bild für die Umsetzung inklusiven Kom- Entscheidungen und Handlungen bietet und mitreisen, das die Vor- und Frühgeschichte munikationsdesigns herausgegeben. Mit den Prozesse damit sinnvoll unterstützt werden. des Films repräsentiert. Die Kulturstiftung des dort gegebenen Informationen möchte der Ein Glossar führt in die wichtigsten verwen- Bundes ermöglicht es nun, dass in einem drei­ Verband zugleich aufzeigen, dass Kommuni- deten Fachbegriffe ein, um auch Laien einen Audiodeskriptive Tour mit jährigen Modellprojekt (2018–2020) die ge- kationsdesign sehbehindertengerecht und zu- schnellen Zugang zum Text zu ermöglichen. In Anne Gemeinhardt und wonnene Expertise bundesweit geteilt werden gleich ansprechend für sehende Menschen den Hauptkapiteln geht es um Strategie, strate­ Annalena Knors; Foto: © HMF kann. Ziel ist es, den MiniFilmclub um neue sein kann. gisches Management, strategisches Control-

58 MELDUNGEN MELDUNGEN 59 ling und die Ergebnisse der empirischen Be- bereiche im Museum hat enorm an Bedeutung Ein Desiderat der bisherigen Forschung be- Die im Museum aufgenommenen Objekte fragung. Abschließend werden museale Praxis­ gewonnen. Gewandelt hat sich auch die ar- handelt Siegfried Becker mit der Darstellung wurden früher mit dem Inventarbucheintrag beispiele für strategische Steuerung vorgestellt. beitsrechtliche Bewertung des Volontariats: jüdischen Handwerks. Weitere Beiträge wid- festgehalten und werden heute zugleich in Die Handreichung kann als PDF-Datei auf Es handelt sich dabei um eine Ausbildung, men sich Handwerkerzünften im frühneuzeit- ­einer separat geführten digitalen Datenbank der Internetseite des Deutschen Museums- deren juristische Rahmenbedingungen nach lichen Nürnberg (Anke Keller), den Umbrü- aufgenommen. Das digitale Inventarbuch ist bundes heruntergeladen werden: dem Berufsbildungsgesetz neu verfasst wurden. chen im ländlichen Handwerk des 19. Jahr- die Grundlage für die Museumsarbeit und Pro­ www.museumsbund.de/wp-content/­ Der neue Leitfaden erläutert diese Bedin- hunderts am Beispiel eines Schmiedebetriebs venienzforschung. Hauptanliegen der General­ uploads/ 2018/05/handreichung-strategisches- gungen und richtet sich sowohl an die Museen in Hessen (Carsten Sobik) oder Nebenerwerbs­ revision ist die Zustands- und Standorterfas- management-online.pdf und ihre Träger als auch an die Volontäre. Be- möglichkeiten in Schusterbetrieben (Siegfried sung von Objekten. nannt werden die Ziele der Ausbildung, die Becker). Thomas Schindler beschäftigt sich in Lassik liefert einführende Erklärungen zu Vorgaben für einen Ausbildungsplan, die In- zwei Aufsätzen mit Zeichen des korporierten dem praktischen Vorgehen und den rechtli- halte sowie die Rahmenbedingungen für ein Handwerks sowie mit der ethnografischen Be- chen Grundlagen. Sie erläutert die fachge- sinnvolles Volontariat. Zudem gibt es eine Emp­ deutung von Bearbeitungs- und Werkzeug- rechte Durchführung einer Revision und gibt fehlung für die tarifliche Eingruppierung der spuren in der Möbelherstellung. Besonderen an, wie die Datenbank sinnvoll aufgebaut Volontäre. Als Anlagen sind Muster für einen Quellengattungen zur Handwerksforschung wird, welche Sachbegriffe, Kategorien und Ausbildungsvertrag, einen Ausbildungsplan (Wanderbücher, literarische Schilderungen) Thesauri verwendet werden können. Sie be- sowie eine Stellenausschreibung beigefügt. widmen sich Jessica Drogoin und Michael Bies. nennt die Schwierigkeiten bei einer derart Der Leitfaden kann beim Deutschen Muse- Das interdisziplinäre Forschungsprojekt „Ob- aufwendigen Überprüfung der Bestände: So umsbund bestellt und auf dessen Internetseite jekte der Könner“ wird von Dorothee Hemme müssen zum Beispiel Wissenschaftler und als PDF-Datei heruntergeladen werden: vorgestellt. ­Restauratoren für eine wissenschaftliche und www.museumsbund.de Markus Rodenberg befasst sich mit den konservatorische Einschätzung der einzelnen aus der Not heraus entwickelten Handwerker- Objekte zusammenarbeiten, beständige Neu- leistungen beim Wohnungsbau nach 1945 so- bewertungen und Ergänzungen sind nötig. wie der sukzessiven Professionalisierung die- Mit Blick auf die Zukunft befasst sich die Au- Handwerk: ser Handwerker. Die letzten drei Beiträge torin unter anderem mit den Möglichkeiten Anthropologisch, historisch, volkskundlich ­(Jonathan Voges, Marguerite Rumpf, Pia-Marie der Informationsverknüpfung in größeren Hilsberg) beschäftigen sich mit handwerkli- Datenbanken. Eine neue Begeisterung für das Handwerk geht chen Do-it-yourself-Aktivitäten im 20. Jahr- Das Handbuch ist als PDF-Dokument on- seit einigen Jahren einher mit einer transdis- hundert. Schließlich wird noch die Vermitt- line abrufbar unter: ziplinären Öffnung der entsprechenden fach- lung von handwerklichem Wissen als Hilfe https://zenodo.org/record/157342 lichen Diskussionen. Die Themen rund um zur Integration von Flüchtlingen durch die das Handwerk werden unter vielfältigen fach- Handwerkerverbände beleuchtet. wissenschaftlichen Gesichtspunkten beleuch- tet. Entsprechend breit angelegt sind die 21 Bei­ Die „Zeiteninsel“ – 9000 Jahre Geschichte träge dieses Sammelbandes. zwischen Marburg und Gießen Rainer S. Elkar stellt grundsätzliche Über­ Revision – Ein Handbuch zur Durchführung legungen zu den Merkmalen der Handwerke Im Rahmen des Konzepts „hessenArchäolo- Leitfaden für das wissenschaftliche Volontariat an und überprüft diese an den Bedingungen Lina Lassak beschäftigte sich im Rahmen ihrer gie21“ des Landesamtes für Denkmalpflege im Museum des industrialisierten Handwerks. Markus Walz Bachelorarbeit mit der Bestandskontrolle von Hessen entsteht derzeit am westlichen Orts- beschäftigt sich mit der Handwerksforschung Museen und verfasste 2016 dazu eine 46-sei­ rand von Weimar-Argenstein, etwa 8 km süd- Der Deutsche Museumsbund hat im Februar in der Volkskunde durch Analyse der Beiträge tige Online-Publikation. Das Handbuch er- lich von Marburg, die „Zeiteninsel – Archäo- 2018 eine Neufassung des Leitfadens für das in den „Informationen“ der Deutschen Ge- klärt den Vorgang der Revision (auch als In- logisches Freilichtmuseum Marburger Land“. wissenschaftliche Volontariat im Museum sellschaft für Volkskunde. Andere Aufsätze be- ventur oder Bestandskontrolle bezeichnet) im Nur wenige hundert Meter nördlich des Das rekonstruierte „Rössen- ­herausgegeben. Die Ausbildung von qualifi- richten über die Forschungen in Universitäten, Museum und gibt einen Überblick über die ­Museumsstandortes wurden seit den 1990er Haus“ aus der Jungsteinzeit, ziertem Nachwuchs mit wissenschaftlichem Archiven und hessischen Museen (Beate Bickel, Durchführung am Beispiel des Ägyptischen Jahren bei langjährigen Ausgrabungskampag- ­Oktober 2017; Foto: Hochschulabschluss für die vielfältigen Arbeits­ Axel Lindloff, Martina Lüdicke, Tina Peschel). Museums in Berlin. nen im Vorfeld des Kiesabbaus archäologi- Thimo Brestel

60 MELDUNGEN MELDUNGEN 61 sche Hinterlassenschaften aus über neun Jahr- zentrum sowie weitere Wohnhäuser, Ställe, Drittmittel-Akquise Sponsoringpaketen. In einem ausdifferenzier- tausenden dokumentiert. Bereits während der Werkstätten und ein Lagerplatz der Mittel- ten Leistungskatalog wurde dabei festgelegt, Ausgrabungen entstand die Idee, diese einzig- steinzeit entstehen. Der Rundgang über das im Kulturbetrieb was die Sponsoren im Gegenzug erhielten. artige archäologische Kulturlandschaft durch Gelände wird die Besucher durch fünf „Zeit- Hinzu kam eine umfassende Fundraisingkam- ein Freilichtmuseum der Öffentlichkeit zu- stationen“ von der Mittelsteinzeit über die Frühjahrsseminar für Volontäre pagne bei der unter anderem „Schlossaktien“ gänglich zu machen. 2009 gründete sich ein Jungsteinzeit, die Bronze- und Eisenzeit zur im Vonderau Museum Fulda gekauft und Patenschaften für Sammlungs­ Förderverein, 2013 eine Genossenschaft als Römischen Kaiserzeit führen. objekte eingegangen werden konnten. Insge- Träger des zukünftigen archäologischen Frei- Interessierte können schon jetzt die „Zeiten­ samt wurde in Fulda deutlich, wie viel Mehr- lichtmuseums. Dieser Kooperation gehören insel“ kennenlernen: Neben Workshops, Füh- Jedes Jahr veranstaltet der Hessische Museums­ aufwand und Zeit die Kontaktpflege zu Spon- auch die Gemeinde Weimar, der Landkreis rungen und Schulprojekttagen werden auch verband in Zusammenarbeit mit dem Arbeits- soren und Spendern bedeutet. Sinnvoll ist Marburg-Biedenkopf und die Stadt Marburg Kindergeburtstage angeboten. Bei der Durch- kreis Volontariat Hessen und mit Unterstüt- hierfür auch die Einrichtung einer eigenen an. Durch einen wissenschaftlichen Beirat führung der Programme steht die lebendige zung des Vonderau Museums in Fulda ein Datenbank. wird das Projekt seit 2014 von Fachvertretern Geschichtsvermittlung im Vordergrund, die eintägiges Seminar, welches den Nachwuchs- aus den Bereichen Forschung, Lehre, Museum Besucher sollen „selber tun, ausprobieren und wissenschaftlern interessante Impulse für ihr Das Infozentrum vor dem und Denkmalpflege begleitet. Die Kosten für erfahren“ können. Künftig wird es auch inklu­ zukünftiges Arbeitsfeld gibt. Am 24. April ­Landesmuseum Württemberg den Museumsbau werden zum überwiegen- sive Angebote geben: Ein Anfang hierfür wird 2018 kamen in der Bibliothek des Museums berichtete über die Neueinrich- den Teil vom Land Hessen bereitgestellt. Im durch zwei Projekte in Kooperation mit dem 25 wissenschaftliche Volontäre aus unter- tung der Schausammlungen Rahmen einer ökologischen Ausgleichsmaß- Lebenshilfewerk Marburg-Biedenkopf e. V. schiedlichen hessischen Museen zusammen, und die Spendenkampagnen; nahme beim Straßenbau wurde ein 3,5 ha gro­ gemacht.­ um den Vortrag des Referenten Markus Wener Foto: H. Zwietasch, Landes- ßes Gelände für das Museum zur Verfügung Sarah Fräßdorf und Andreas Thiedmann zu hören und sich mit ihm über Drittmittel- museum Württemberg gestellt, auf dem die ursprüngliche Siedlungs- Akquise auszutauschen. Wener leitet seit 2011 topografie nachempfunden wird. Die bauliche Zeiteninsel – Archäologisches Freilichtmuseum die Abteilung „Drittmittel, Gremien und Aus- Realisierung des Freilichtmuseums hat 2017 Marburger Land stellungsveranstaltungen“ im Landesmuseum mit der Errichtung des ersten modellhaften Wenkbacher Straße 16 Württemberg in Stuttgart. Diese wurde seit Rekonstruktionsgebäudes – eines 34 m langen 35096 Weimar-Argenstein 2008 systematisch aufgebaut und ist organi- „Rössen-Hauses“ aus der mittleren Jungstein- Tel.: (0 64 21) 97 40 50 satorisch eng mit der Direktion verbunden. zeit – einen großen Schritt nach vorne getan. www.zeiteninsel.de Die Notwendigkeit der Professionalisierung In den kommenden Jahren sollen ein Besucher­ dieses Bereiches wird im aktuellen Museums- betrieb bei sinkenden Mitteln aus öffentlicher Der Referent stellte in seinem Vortrag aber Hand zunehmend wahrgenommen. Wie um- auch dar, dass jedes Förderprojekt sehr indi­ Die Baustelle des jungsteinzeit­ fangreich dieses Aufgabengebiet ist, stellte lichen Hauses auf dem „Zeiten­ viduell ist und eine genau ausgearbeitete Stra- insel“-Gelände, Juli 2017; Markus Wener den Teilnehmern, die aus pri- tegie benötigt. Fundraisingkampagnen wirken Foto: Rolf-Jürgen Braun vaten, kommunalen und staatlichen Einrich- vor allem auf emotionaler Ebene. Hierfür ist tungen stammten, eindrücklich vor. Am Bei- die persönliche Ansprache sehr wichtig. Bei spiel des eigenen Hauses erläuterte er unter Anträgen bei Stiftungen gilt es vor allem, auf anderem die Ausarbeitung von gestaffelten formale Vorgaben wie den Stiftungszweck und die Abgabefristen zu achten. Die hessischen Volontäre erfuhren viel über die Arbeitsinten- Interessiert hörten die Volontäre sität einer professionellen Drittmittel-Akquise Markus Weners Ausführungen in und lernten interessante andere Formen des Fulda zu; Foto: Elena Pinkwart Fundraisings kennen, etwa das sogenannte Payroll-Giving (dt.: Arbeitslohnspende), bei dem Arbeitnehmer einen Teil ihres Gehalts spenden, oder die Eintragung in die Bußgeld- liste der zuständigen Gerichte. Elena Pinkwart

62 MELDUNGEN VERBANDSMITTEILUNGEN 63 Fachtagung Dem Anlass entsprechend war ein außer­ Im ersten Fachvortrag der Konferenz zeich- gewöhnliches Tagungsprogramm auf die Beine nete Dr. Thomas Wurzel die zentralen Entwick­ zum 90-jährigen Jubiläum des gestellt worden. Den Auftakt bildete das Saxo- lungslinien in der Geschichte des Hessischen Hessischen Museumsverbandes phonquartett „Sistergold“, das gute Stimmung Museumsverbandes nach. So beschrieb er ein- verbreitete, für eine ungezwungene Atmosphäre­ drücklich, wie auf die Gründungsphase Ende sorgte und bei jedem Auftritt kräftigen Beifall der 1920er Jahre die Zeit der NS-Diktatur folgte, erntete. in der Museen als „Volksbildungsstätten“ ideo- Der Vorsitzende des Hessischen Museums- logischen Zwecken und Zielen untergeordnet verbandes, Dr. Thomas Wurzel, begrüßte die und jüdische Museumsleiter und -mitarbeiter Dr. Thomas Wurzel lässt 90 Jahre 130 Konferenzteilnehmer aus dem Kreis hes- ausgegrenzt wurden. Für die Nachkriegszeit Hessischer Museums­verband sischer Museen, Ministerien, politischer Gre- hob Wurzel die Rolle seines langjährigen Vor- Revue passieren mien und Partnerinstitutionen. Der Erste Bei- gängers Hans Mangold hervor, der mit in die geordneter des Landeswohlfahrtsverbandes Planungen eines Hessischen Museumsentwick­ und Hausherr des Ständehauses, Dr. Andreas lungskonzepts seit Ende der 1960er Jahr ein- Veränderungen und deren Auswirkungen aus- Jürgens, drückte in seinem Grußwort unter bezogen war. Als aktuell wichtige Verbands­ einandersetzen müssen. In Deutschland gebe v. li. n. re.: Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeldt, Fulda, anderem seine Freude über die große Publi- aufgaben nannte Wurzel das Ziel, die Kultur es über 7.000 Museen sowie 460 Ausstellungs- Dr. Thomas Wurzel, Verbands- kumsresonanz aus. Der Hessische Minister für als schützenswertes Gut in die Verfassung des häuser, die eine „unglaubliche Vielfalt von vorsitzender HMV, Staatsminister Wissenschaft und Kunst, Boris Rhein, gratu- Landes Hessen aufzunehmen. Er verwies in Sammlungsbereichen“ darstellten. Pellengahr Boris Rhein lierte dem Museumsverband im Namen des diesem Zusammenhang auf die negativen Aus­ rückte die orts- und regionalgeschichtlichen Landes Hessen und hob die gute Zusammen- wirkungen und Sparzwänge der hessischen Museen, die etwa 50 Prozent aller musealen arbeit hervor. Ihm sei es ein großes Anliegen, Schutzschirm- und Finanzpolitik. Am Schluss Einrichtungen in Deutschland ausmachen, in Geschichte, Kultur, Identität, Wissen – diese das Kulturangebot im ländlichen Raum zu seines Vortrages dankte der Verbandsvorsitzen­ den Mittelpunkt ihres Vortrages. Gerade für Begriffe standen am 20. April 2018 im Mittel- de der SV SparkassenVersicherung ausdrück- diesen Museumstypus erleben wir derzeit, so punkt der Fachtagung des Hessischen Museums­ ­ lich für die Unterstützung zur Unterhaltung Pellengahr, einen Diskurs über ihre gesellschaft- Begrüßung durch den verbandes. Die Veranstaltung im geschichts- Ersten Beigeordneten des der Geschäftsstelle in Kassel. liche Rolle. Vor allem die Aufgaben von Stadt- Landes­wohlfahrtsverbandes, trächtigen Ständehaus in Kassel fand anläss- museen würden hinterfragt. Es gelte, eine Brü­ Dr. Andreas Jürgens lich des 90-jährigen Bestehens des Verbandes cke zur Lebenswelt der Besucher zu schlagen statt. Im benachbarten Hessischen Landes- und zum Beispiel Dauerausstellungsbereiche museum war am 21. April 1928 der Museums­ neu und zukunftsweisend zu konzipieren. Sie verband für Kurhessen und Waldeck gegründet definierte Museen als issensspeicherW und worden, aus dem später der heutige Museums­ als Orte kulturellen Gedächtnisses mit gesell- verband hervorging. Viele Vorstandssitzungen schaftspolitischer Verantwortung. Entspre- fanden im Ständehaus statt, wo der Museums­ chend vielfältig gestalte sich die Beratung der verband auch zeitweilig seinen Sitz hatte. stärken. Er sehe Museen als Orte an, die seit Museen, die mittlerweile von technischen Jahrzehnten aktiv und kritisch gesellschaftli- chen Wandel widerspiegeln und die eine fried­ Staatsminister Boris Rhein gratuliert dem Verband und Feierliche Einstimmung mit dem Dr. Astrid Pellengahr referiert liche, tolerante Gesellschaft fördern. David ­betont die enge Zusammenarbeit mit dem Land Saxophonquartett „Sistergold“ über Anforderungen an die Vuillaume, Geschäftsführer des Deutschen ­öffentliche Museumsberatung Museumsbundes, übermittelte ebenfalls Glück­ wünsche. Er hob die Rolle von Museen als Dr. Astrid Pellengahr, Leiterin der Landes­ verbindende Elemente zwischen Vergangen- stelle für die nichtstaatlichen Museen in Bay- heit und Bildung hervor. Hauptaufgabe von ern, stellte in ihrem Referat die Anforderun- Museumsverbänden sei es, die Museen kom- gen an die öffentliche Museumsberatung vor. petent zu beraten, deren Effizienz zu erhöhen Sie erläuterte unter der Überschrift „Am Puls und sie zu anspruchsvollen Erlebnisorten zu der Zeit“, dass sich die Museen und die Fach- entwickeln. beratungen mit aktuellen gesellschaftlichen

64 VERBANDSMITTEILUNGEN VERBANDSMITTEILUNGEN 65 Fragestellungen über die Erarbeitung neuer Thiemeyer ergänzte, dass mit dem Begriff Kollegialer Austausch im Kompetenzen bis hin zu Schulungen und Fort- „Kultur“ häufig ein elitärer Anspruch des Bil- ­Anschluss an die Vorträge bildungen reiche. dungsbürgertums verknüpft gewesen sei, der Pellengahr machte zwei Trends aus: Seit populäre Kultur zunächst als „leichte Unter- dem Jahr 2004 steige die Zahl der Museums- haltung“ und „Vergnügen“ ausschloss. Diese besucher in den Millionenstädten kontinuier- Denkweise finde sich auch in der Gegenwart lich an. Hingegen sinke die Besucherzahl in wieder, etwa wenn Museen diskutierten, wie Gemeinden mit unter 10.000 Einwohnern, was volksnah ihre Ausstellungen seien. Ähnlich Die Zuhörer zeigten sich angetan unter anderem in einem Rückgang des Ein- wie beim Geschichtsbegriff entdeckte Thie- von kurzweiligen Vorträgen kommens, der Verringerung der ländlichen Be- meyer auch bei dem Begriffspaar Kultur/Bil- völkerung sowie dem demografischen Wandel dung Mitte des 20. Jahrhunderts eine Zäsur. wie Facebook oder Twitter. Angesichts dieser begründet liege. Doch gerade im ländlichen Museen präsentierten nun Kultur, die nicht Rahmenbedingungen zitierte der Referent Raum besäßen Museen großes Potenzial zur exklusiv oder entrückt, sondern volksnah und den Museologen Gottfried Fliegl, der Museen Stärkung des regionalen Geflechtes. Dies müsse an der Lebenswelt der Besucher orientiert ist. als einen „konfliktfähigen sozialen Raum des die Museumsberatung in Zukunft besser ver- Es sei sicher spannend zu beobachten, so Thie­ Aushandelns“ bezeichne. Charakteristisch für mitteln, insbesondere bei den Trägern und „Sistergold“ leitet über zum Empfang für die Gäste meyer, wie die Verknüpfung von Bildung und diesen Ort sei, dass es eben keine Leitkultur, den kulturpolitisch Verantwortlichen. des Verbandes Kultur auf musealer Ebene in Zukunft umge- keine gemeinsame Identität und keine festge- v. li. n. re. Bernadette Gorsler, setzt und ausgelegt werde. Ebenso spannend legten Werte gebe; stattdessen würden unter- HMV, Dr. Birgit Kümmel, stell- sei, wie stark sich der Trend der Kommerzia­ schiedliche Interessen, Meinungen und Pers- vertretende Vorsitzende HMV, Prof. Dr. Thomas Thiemeyer Dr. Thomas Thiemeyer, Professor für Empi- lisierung von musealen Einrichtungen weiter- pektiven aufeinandertreffen. Thiemeyer be- Konrad Hoppe, Museum Alsbach- ­beschäftigt sich in seinem Vor- Hähnlein, Ulrike Milas-Quirin, rische Kulturwissenschaft und Institutsdirektor entwickle. Er mache Kultur zu einer Ware und stärkte die Museen darin, bei der Wissens­ trag mit Museen als Wissens- Hattersheim und Erlebnisorte an der Universität Tübingen, beschloss die Fach­ erhebe die Quote – die Besucherzahlen – zum vermittlung poetische Freiheiten zu nutzen, konferenz mit seinem Referat über „Museen Maßstab. asso­ziativ und intuitiv zu arbeiten sowie sich als Wissens- und Erlebnisorte“. Er hob die Be- von spontanen Einfällen leiten zu lassen. wahrung des kulturellen Erbes als eine der „Museen sind keine verschlafenen Orte, die zentralen Aufgaben der Museen und Archive nichts mehr zu sagen haben“, so seine Bot- hervor, wodurch sie in einer Gesellschaft, die schaft an die Anwesenden. sich immer stärker individualisiert, Orientie- Die Tagung schloss mit einem Dank an rungspunkte geben könnten. Thiemeyer struk­ ­alle Referenten und die teilweise von weither Die Landesstellenleiterin ging auch auf die turierte seinen Vortrag unter den Leitbegriffen angereisten Zuhörer. Das Saxophonquartett geschichtliche Entwicklung der Beratungsstel- Geschichte, Kultur, Identität und Wissen. „Sistergold“ leitete stimmungsvoll über zum len in den verschiedenen Bundesländern ein. Museen seien ein „Produkt des 19. Jahrhun- Empfang des Hessischen Museumsverbandes In den letzten Jahrzehnten erhöhte sich die derts“, da sie auf die Epoche des Historismus, im Foyer des Ständehauses. Bis in die Abend- Professionalisierung und die Netzwerkarbeit, des Bildungsbürgertums und der National- stunden nutzten viele Gäste die Gelegenheit Dr. Markus Miller, Kulturstiftung aber auch das Aufgabenspektrum, zum Bei- staatenbildung zurückgingen. Die Vergangen- zum angeregten Austausch. des Hauses Hessen, im Austausch spiel um die Themen Inklusion und Digitali- heit, so Thiemeyer, sei ein zentraler Bezugs- Ingo Sielaff mit Dr. Ulrike Adamek, HMV sierung. Beim Blick in die Zukunft sah Pellen- punkt für das Selbstbild des modernen Men- David Vuillaume im Gespräch mit dem Geschäftsführer gahr für die musealen Einrichtungen in den schen. Museen hätten die Aufgabe, Geschichte des HMV, Dr. Rolf Luhn Städten und im ländlichen Raum positive Ent- darzustellen, sie zu definieren und kategori- wicklungschancen, etwa durch den Trend zu sieren. Sie müssten das kulturelle Erbe sichern, Städte- und Regionalreisen. Sie empfahl eine um so Identitäten auszubilden. Diese Praxis Abschließend betonte Thiemeyer, dass für Dr. Thomas Wurzel mit dem verstärkte überregionale Zusammenarbeit im sei bei Gruppen mit gleicher Herkunft, Sprache, die Museen des 21. Jahrhunderts die Welt kom- neuen Leiter des Museums für Sepulkralkultur in Kassel, Gertrud Rosemann, Ehren­ Kulturbereich und hofft, dass es den Museen Ethnie, Religion und Kultur einleuchtend, in plizierter geworden sei. In den heterogenen Dr. Dirk Pörschmann mitglied des HMV gelinge, die innerörtliche Kommunikation zu Migrations- und individualisierten Gesellschaf- Migrationsgesellschaften existieren „Netzwerke fördern und sich als Ort für gelungene Frei- ten allerdings müsse das Verhältnis zur Ge- mit unterschiedlichen Bezügen“, grenzüber- Fotos S. 64 bis 67: zeitgestaltung zu etablieren. schichte neu definiert werden. schreitend – ähnlich wie bei sozialen Medien Andreas Dahlmeier, © HMV

66 VERBANDSMITTEILUNGEN VERBANDSMITTEILUNGEN 67 1957–1968. Ein ungeliebtes Kind des Kalten träge lieferten die „Marching Band“ der Frei- stellte das Waldecker Spielzeugmuseum in Krieges“ eröffnet, die in Kooperation des Mu- willigen Feuerwehr Bachrain sowie die Tanz- Massenhausen auf die Beine, zu dem rund seums mit der „Interessengemeinschaft histo- gruppe „Flying Petticoats“ aus Nüsstal. Letztere 250 Interessierte kamen. rischer Luft- und Katastrophenschutz“ ent- erinnerten mit schwungvollen Rock ’n’ Roll- Erneut warteten die Kasseler Museen mit standen ist. Der 1957 ins Leben gerufene LSHD Tanzeinlagen an die 1950er Jahre und knüpf- einem gemeinsamen Flyer zu den vielfältigen war für den Schutz der Zivilbevölkerung im ten damit zeitlich an die Ära des Luftschutz- Aktionen in ihren Häusern auf. Das Stadt- und militärischen Verteidigungsfall vorgesehen hilfsdienstes an. Industriemuseum Rüsselsheim bot Töpfern und wurde mit entsprechenden technischen für Menschen mit und ohne Einschränkun- Gerätschaften ausgestattet. In den Wirtschafts­ gen an sowie einen Grabungsworkshop für Vorführung mit dem Schwing- Kinder. Einige der Museen veranstalteten zeit- wunderjahren rückte diese Organisa­tion je- tuch durch Kinder des Kinder- doch nie ins Bewusstsein der Bevölkerung. gleich ihr Museumsfest, wie etwa das Heimat- gartens „Alter Bahnhof“, Span- Sie wurde 1968 aufgelöst und ihre Bestände museum in Spangenberg, wo das 120-jährige genberg; Foto: Martin Elting in den erweiterten Zivilschutz überführt. Bestehen des Heimatvereins mit buntem Pro- gramm und 600 Gästen gefeiert wurde. Deutsches Feuerwehr Museum Die Besucherzahlen schwankten erwartungs­ am Internationalen Museumstag gemäß in den einzelnen Häusern, einige wie 2018; Foto: Anton Witzel, Archiv Internationaler Museumstag das Darmstädter Landesmuseum konnten Deutsches Feuerwehr-Museum ­einen Besucherrekord mit 1.500 Gästen vor- 2018 weisen, andere Museen wiederum litten unter Strahlendes Sonntagswetter lockte Die Angebote der hessischen Museen am den angekündigten Gewitterschauern und hat- Internationalen Museumstag waren, wie im- ten diesmal entsprechend weniger Besucher. mit vielfältigen Angeboten mer, vielfältig und kreativ. Es beteiligten sich Die neue Internetseite zum Internationalen 203 Museen an 125 Orten mit 471 Aktionen. Museumstag in Deutschland (www.museums Es gab Sonderführungen, Ausstellungen, Le- tag.de) wurde bestens angenommen. Sie er- Das Deutsche Feuerwehr-Museum in Fulda sungen, Mitmachaktionen, Museumsfeste, möglicht sowohl den Museen, mit ihren An- bot am 13. Mai einen fulminanten Rahmen Detail der Sonderausstellung „Der Luftschutzhilfsdienst Musikdarbietungen, Theatervorführungen, geboten eine breite Öffentlichkeit zu errei- für die Auftaktveranstaltung des Internatio­ (LSHD) 1957–1968. Ein ungeliebtes Kind des Kalten Krie- freien Eintritt und vieles mehr. chen, als auch den interessierten Besuchern nalen Museumstags in Hessen. Eingebettet ges“, die am IMT eröffnet wurde; Foto: Rolf Schamberger, In der Region Schwalm-Aue schlossen sich die gezielte Auswahl unter den Veranstaltun- Stadt- und Industriemuseum wurde diese in das 12. Museumsfest des Hau- Archiv Deutsches Feuerwehr-Museum sechs Museen zum Projekt „Museumsbus – gen in ihrer Umgebung. Rüsselsheim, Grabungsworkshop: ses, das unter dem Motto „Roter Sommer“ Geschichte und Kultur erfahren“ zusammen Der Internationale Museumstag 2019 findet „Vorsicht: Fund! Archäologie in stand, als kurze Formel für die Kooperation und stellten dieses bei zwei unterschiedliche am Sonntag, dem 19. Mai unter dem Motto Aktion“; Foto: Stadt- und Indus- triemuseum Rüsselsheim zwischen dem Deutschen Feuerwehr-Museum Zu Beginn der Veranstaltung begrüßten der Touren vor. Das Museum für Kommunikation „Museen – Zukunft lebendiger Traditionen“ und dem Deutschen Roten Kreuz, Kreisverband Vizepräsident des Deutschen Feuerwehrver- in Frankfurt am Main öffnete sein Samm- statt. Fulda. Zu diesem Anlass wurde die Sonderaus- bandes und des Landesfeuerwehrverbandes, lungsdepot in Heusenstamm und bot Frei- Regina Löneke stellung „Der Luftschutzhilfsdienst (LSHD) Dr. Christoph Weltecke, sowie Markus Meys- fahrten mit einem Postbus von 1963 an. Die- ner, Mitglied des Hessischen Landtages, die sem Angebot folgten rund 700 Besucher. Das Szenische Darbietung des Stadt- Gäste. Hauptredner des Festaktes war Patrick Stadt- und Burgmuseum Eppstein, das von Rock ’n’ Roll-Vorführung im und Burgmuseums Eppstein; Burghardt, Staatssekretär im Hessischen Minis­ Deutschen Feuerwehr-Museum 200 Gästen aufgesucht wurde, eröffnete die ­Foto: Jens Bergold am Internationalen Museumstag; terium für Wissenschaft und Kunst. Es folgten Sonderausstellung „Rechte und Freiheit, ver- Foto: Tatjana Schäfer, Archiv Dr. Thomas Wurzel, Vorsitzender des Hessi- bürgt und gesichert“ zur 700-jährigen Stadt- Deutsches Feuerwehr-Museum schen Museumsverbandes, und Georg Walter, geschichte und ließ historische Ereignisse Vorsitzender der Interessengemeinschaft für durch Burgschauspieler lebendig werden. Das historischen Luft- und Katastrophenschutz. Landmuseum Wülmersen in Trendelburg prä- Rolf Schamberger, Leiter des Deutschen Feuer­ sentierte die neue Ausstellung „Verlorene wehr-Museums, führte fachkundig in die Aus- Nachbarn, gewonnene Nachbarn: Migration stellung ein. Musikalische und sportliche Bei- auf dem Dorf“. Ein Plattdeutsch-Programm

68 VERBANDSMITTEILUNGEN VERBANDSMITTEILUNGEN 69 Fachtagung fehlungen für die Arbeit kleiner Häuser. Auch Die Fachtagung hatte zwei thematische sie hob hervor, dass Vernetzung und Profes­ „Handwerk, Kunstgewerbe Schwerpunkte, die jeweils mit Impulsrefera- sionalisierung notwendig und als Dauerauf­ Stephan Sensen berichtet über ten eingeleitet wurden. Am Vormittag ging es gaben zu begreifen sind. Neben der Analyse und Industrie in Hessen“ den Dachverband für Industrie- um die Notwendigkeit der Vernetzung vor des eigenen Profils und dessen Potenzials bzw. kultur in Südwestfalen; Foto: im Freilichtmuseum Hessenpark Ort und in der Region. Stephan Sensen stellte der Herausarbeitung von Alleinstellungsmerk- Christian Krüger, Freilicht­ „WasserEisenLand – Industriekultur in Süd- malen gehe es darum, vor Ort sichtbar zu museum Hessenpark, 2018 westfalen e. V.“ vor, eine in den 1980er Jah- werden. Ziel jedes kleineren Museums müsse ren gestartete Initiative zur lebendigen Do­ es sein, zu einem integralen Bestandteil kom- kumentation der regionalen Eisenindustrie- munalen Lebens zu werden. Chancen und skizzierten mögliche Maßnah- Der Hessenpark, Veranstaltungs- Geschichte, die inzwischen eine große Viel- men für die mittlere Zukunft. Wiederholt wur- ort mit engen Verknüpfungen zum Thema der Tagung, hier zahl von Museen, Kultureinrichtungen und de die gute Vernetzung vor Ort, die man auch die Baugruppe „Marktplatz“; Akteuren im südlichen Westfalen einbindet als gemeinschaftsstiftend einschätzte, genannt. Foto: Christoph Gahmann, und touristisch vermarktet. Deutlich wurde, Schwieriger dagegen sei die „Vernetzung nach ­Freilichtmuseum Hessenpark dass es einer gemeinsamen Erzählung wie der oben“, in die Verwaltung der Kommune, des Geschichte der Eisenindustrie bedarf, um sich Kreises oder gar des Landes hinein. Hier gäbe produktiv in der Region zu vernetzen, eine es zu wenig Transparenz, zu lange Wege und Kleinere Museen und Initiativen, die sich um Marke zu entwickeln und dadurch anhaltend konkurrierende Interessen. Hinzu käme, dass den Erhalt, die Pflege und Zugänglichkeit re- sichtbar zu sein. Die westfälische Initiative der touristischen Erschließung im ländlichen gionalen Kulturguts kümmern, begegnen einer ­erfuhr zudem von Anfang an Unterstützung Raum ein ausgeprägter Mangel an attraktiver Vielzahl von Herausforderungen. Diese betref- durch die lokalen Industrie- und Handels- Gastronomie und Hotellerie entgegenstehe. fen die sachgerechte Organisation und Finan- kammern, später auch von Seiten der Kom- Die Tagung brachte Aktive aus unterschied­ zierung des Betriebs, konservatorische und kon­ munalverwaltung. lichen Sparten zusammen und gab wichtige zeptuelle Fragen im Umgang mit der Samm- Hinweise sowohl für die Selbstreflexion als lung, die Verfügbarkeit passender Räumlich- auch für konkret anstehende Maßnahmen. In Die Teilnehmer trafen sich in der Martinsklause aus Remsfeld, keiten, die Rekrutierung von Nachwuchs im der Abschlussdiskussion wurde noch einmal Baugruppe „Nordhessen“; Ehrenamt, die Zusammenarbeit mit der Kom- herausgestellt, dass das nachhaltige Bestehen Foto: Sascha Erdmann, mune und dem Kreis usw. Hierfür nicht nur und der Erfolg der kleineren Museen und Ini- Freilichtmuseum Hessenpark ein offenes Ohr zu haben, sondern die Prob- tiativen nur dann gelingen können, wenn sie lemlagen und Bedürfnisse auch gemeinsam professionell agieren. Das bedeutet konkret, zu diskutieren und konkrete Empfehlungen dass die Bestände sachgerecht inventarisiert und Hilfestellungen zu geben, waren die An- und konservatorisch gut betreut sein sollten – liegen einer Fachtagung, die am 8. Juni 2018 auch mit Blick auf die Zugänglichkeit für Öf- Flipchart mit Arbeitsgruppen­ im Freilichtmuseum Hessenpark stattfand fentlichkeit und Forschung. Aus demselben ergebnissen; Foto: Christina und auf viel Interesse stieß. Grund wurde empfohlen, Firmennachlässe in Reinsch, © HMV Angeregt worden war die Veranstaltung die Obhut des Hessischen Wirtschaftsarchivs vom Hessischen Wirtschaftsarchiv bzw. in Darmstadt zu übergeben. Für die Zukunft ­seinem Leiter Dr. Ulrich Eisenbach sowie Die Impulse flossen in die Diskussionen wurde beschlossen, das angestoßene Gespräch Prof. Dr. Christian Kleinschmidt vom Institut und den Erfahrungsaustausch der moderier- fortzuführen, Vernetzung und Austausch vor- für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Phi- Das zweite Schwerpunktthema lautete ten Arbeitsgruppen am Nachmittag ein. Ver- anzutreiben und gemeinsame Aktivitäten zu lipps-Universität in Marburg und Prof. Dr. Sigrid „Profilbildung, Sichtbarkeit, Finanzierung“. treter einzelner Häuser und Initiativen, wie entfalten. Gedacht ist unter anderem an eine Ruby vom Institut für Kunstgeschichte der Das Impulsreferat hielt Dr. Beate Bollmann, zum Beispiel des Glasmuseums in Immen- Wanderausstellung, die möglichst anschaulich Justus-Liebig-Universität in Gießen. Sie fan- die seit vielen Jahren als selbständige Muse- hausen, des Heimatmuseums in Ober-Ram- von der Geschichte und Gestalt des Hand- den Unterstützung durch den Hessischen umsberaterin tätig ist. Ausgehend von einer stadt, des Lahn-Marmor-Museums in Villmar werks, des Kunstgewerbes und der Industrie ­Museumsverband und das Freilichtmuseum knappen Analyse unterschiedlicher Museums­ oder des Vereins Industriekultur Steingut in in Hessen erzählt. Hessenpark, das als Ausrichtungsort fungierte. typen formulierte sie höchst konkrete Emp- Brachttal, benannten konkrete Probleme und Sigrid Ruby

70 VERBANDSMITTEILUNGEN VERBANDSMITTEILUNGEN 71 des 16. Jahrhunderts erstmals in einem Waf- feninventar erwähnt. Eine Inventarisierung der Sammlung konnte 1895 abgeschlossen und veröffentlicht werden. Glückliche Um- stände hatten zum Erhalt der Sammlung nach 1945 beigetragen, umfassende Restaurierungs­ maßnahmen an den Objekten sowie Baumaß- nahmen führten schließlich in diesem Jahr zur Wiedereröffnung des imposanten Zeug- hauses. Bei der anschließenden Vorstandssitzung sorgten vier Impulsvorträge für Diskussions- stoff: Über „Netzwerke von Museen – Die ­Modellregion Südthüringen“ referierte Julia Tagungsgruppe vor dem Tor Ackerschott. Sie zeigte auf, wo regionale Netz- von Schloss Schwarzburg; werkbildung an ihre Schranken stößt, wenn – Foto: Michael Plote Gemeinsame Vorstandssitzung wie im dargelegten Fall – die Gründung eines Ausstellung im Zeughaus von Zweckverbandes aus 18 Museen angestrebt Schloss Schwarzburg; Foto: der Museumsverbände aus wird, dieser aber über Landkreisgrenzen hin- Christina Reinsch, © HMV Hessen und Thüringen weg agieren soll.

Die bisherige Arbeit des Digitalisierungs­ schule für Land­wirtschaft in Witzenhausen Auf Einladung des Museumsverbandes Thü- teams des Museumsverbandes Thüringen gelangte und sich heute in dem dortigen Völ- ringen trafen sich in diesem Jahr die Vorstände stellte Rebecca Wulke vor. Sie berichtete, dass kerkundlichen Museum befindet, wurde von und geladenen Gäste beider Museumsverbände von den zurzeit rund 200 auf dem Portal des Marion Hulverscheidt erforscht. Ihr Engage- am 20. und 21. Juni 2018 in Rudolstadt. Zum Museumsverbandes registrierten Museen bis- ment führte letzt­lich dazu, dass eine Rück­ Auftakt wurde das dortige „Schillerhaus“ be- lang 144.000 Objekte in der Datenbank digi- führung des Schädels nach Namibia möglich sichtigt. Das ehemalige Wohnhaus der beiden CULT.web erfasst sind. DigiCULT.web ist eine wird sowie eine künstlerische Installation im Schwestern Charlotte von Lengefeld und Caro­ Software für die Online-Verwaltung von Ob- Museum an die koloniale Herkunft und die line von Beulwitz ist heute ein Museum, wel- jekten für Museen und Sammlungen nach Geschichte dieses Schädels erinnert. ches am authentischen Ort über die hier statt- ­aktuellen Dokumentationsstandards. Der Regina Löneke gefundene Erstbegegnung von Goethe und ­Museumsverband Thüringen bietet unter an- Schiller ebenso informiert wie über die per- derem diese Schulungen an, stellt Bild- und Museumsdidaktisches Angebot sönliche Beziehung von Schiller zu den bei- Objektdaten in Onlineportale ein und führt „Gewichts-Schätzspiel“, Schloss den Schwestern, mit denen er eine Zeit lang die Vernetzung mit anderen Museums- und Schwarzburg; Foto: Christina in dem Haus zusammenwohnte. Wissensdatenbanken durch. Reinsch, © HMV Am Folgetag besuchten die Teilnehmer das Die letzten beiden Beiträge beschäftigten zum Museumsverbund „Thüringer Landes- sich mit sehr unterschiedlichen Forschungen museum Heidecksburg“ gehörende Schloss zur Provenienz: So berichtete Erik Stephan Schwarzburg. Hier befindet sich das einzig über eine Untersuchung zu jüdischer Raub- ­erhaltene freistehende Zeughaus in Deutsch- kunst in der Kunstsammlung Jena und erläu- land mit einem originalen Sammlungsbestand terte die aufwendigen Recherchen sowie die von über 5.000 Waffen und Ausrüstungsge- differenzierten Ergebnisse. Die Provenienz Detail im Zeughaus von Schloss genständen. Dieses Gebäude wurde zur Lage- ­eines Schädels, der zu Beginn des 20. Jahr- Schwarzburg; Foto: Regina rung der militärischen Gebrauchsgüter (als hunderts aus dem damaligen Deutsch-Süd- ­Löneke, © HMV „Zeug“ bezeichnet) erbaut und um die Mitte westafrika in die Lehrsammlung der Kolonial-

72 VERBANDSMITTEILUNGEN VERBANDSMITTEILUNGEN 73 Museumspreis um ausgezeichnet. Die Dauerausstellung, die stellungsgestalterin Edith Hemberger und des im Mai 2017 zum Internationalen Museums- Architekten Bernd Jansen entstand eine mo- der Sparkassen-Kulturstiftung tag eröffnet wurde, spannt einen Bogen vom derne Dauerausstellung, die einen überzeugen- Hessen-Thüringen vergeben frühen Mittelalter bis hin zur Gebietsreform den Mix aus Informationen, Exponaten und 1977, bei der sich fünf Gemeinden zur Stadt Multimediastationen bietet. Dreieich zusammenschlossen. Seit dem Wech­ Die Museumspreisjury lobte das Konzept, sel der Trägerschaft vom Kreis Offenbach zum das nicht zuletzt durch deutlich steigende Seit 2002 lobt die Sparkassen-Kulturstiftung Geschichts- und Heimatverein e. V. Dreieichen­ ­Besucherzahlen bestätigt wird. Das Dreieich- Hessen-Thüringen einen Museumspreis in hain im Jahr 2011 hat das Museum eine be- Museum sei ein leuchtendes Beispiel eines Kooperation mit dem Hessischen Museums- merkenswerte Wandlung durchlaufen: Zum ­integralen Bestandteils der Kulturlandschaft verband und dem Museumsverband Thürin- Zeitpunkt der Übernahme war es ein konven- von Stadt und Kreis, da es die Geschichte der gen aus. Die beachtliche Bewerberzahl macht tionell betriebenes Haus, das kaum noch Be- fünf Stadtteile Dreieichs eingebettet in den es der Jury alle zwei Jahre nicht leicht, ein sucher anlockte. Der Verein stellte mit Corinna historischen Kontext der Region präsentiert. ­herausragendes Museum für den Museums- Molitor eine neue Museumsleiterin ein, der es Mit einstimmigem Votum erkannte die Jury preis der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen- gelang, den Vorstand von einer kompletten dem Dreieich-Museum den mit 25.000 Euro Thüringen auszuwählen. Nach einem mehr- Neuausrichtung des Museums zu überzeugen. dotierten Museumspreis 2018 zu. Die feier­ stufigen Auswahlverfahren, an das sich eine Das neue Konzept beinhaltete eine Zweiteilung: liche Übergabe wird im Herbst 2018 vor Ort zweitägige Bereisung von sieben Museen an- Wechselausstellungen im Untergeschoss und stattfinden. schloss, war sich die Fachjury, bestehend aus eine neue Dauerausstellung im Obergeschoss. Die beiden Sonderpreise, die mit jeweils überregionalen Museumsexperten und Ver­ Mit finanzieller Unterstützung aus Mitteln 5.000 Euro dotiert sind, gehen für beachtli- tretern der Museumsverbände sowie der Spar- des Landes, die über die Förderung des Hessi- che Museumskonzepte an das Junge Museum kassen-Kulturstiftung Rheinland, in diesem schen Museumsverbandes für privatrechtliche Frankfurt sowie das aufwendig restaurierte Jahr einig: Mit dem Museumspreis 2018 wird Museen vergeben wurden, und mit Hilfe der und ausgestattete Zeughaus des Schlosses das in Südhessen beheimatete Dreieich-Muse- kreativen Ideen der Museumsleiterin, der Aus- Schwarzburg. Junges Museum Frankfurt, Eigenständiges Handeln und selbstbestimm­ ­Einkaufen im historischen tes Lernen sowie künstlerisches und handwerk­ Zeughauspräsentation des 18. und 19. Jahr- ­Krämerladen; Foto: HMF, Detail in der Dauerausstellung Stefanie Kößling des Museums Dreieich; Foto: liches Ausprobieren stehen im Mittelpunkt der hunderts wurde – eingebunden in ein neues Matthias Groppe, Paderborn Arbeit des Jungen Museums Frankfurt, welches museales Konzept – am authentischen Ort nach knapp zehn Jahren an der Hauptwache auf 550 qm Ausstellungsfläche rekonstruiert. nun an seinen Ursprungsort zurückgekehrt ist Bei den vorhergehenden Auslobungen des und in den erweiterten Räumlichkeiten des Museumspreises wurden das Museum Juden- neuen Historischen Museums Frankfurt viele gasse in Frankfurt (2016), der Erinnerungsort Möglichkeiten der Interaktion bietet (siehe Topf & Söhne in Erfurt (2014), das Deutsche Beitrag in diesem Heft, S. 2–3). Filmmuseum in Frankfurt (2012), das Museum Mit dem Schloss Schwarzburg unweit von im Spital in Grünberg (2010), das Museum Rudolstadt in Thüringen wurde ein Museum der Stiftung Gedenkstätte Mittelbau-Dora bei ausgezeichnet, welches seit 2008 einen lang- Nordhausen (2008), das Braunkohlebergbau- jährigen Sanierungs- und Wiederaufbaupro- Museum in Borken (2006), das Naturkunde- zess durchlaufen hat. In diesem Jahr kehrte die museum Erfurt (2004) und das Wolfgang- auf der Rudolstädter Heidecksburg verwahrte Bonhage-Museum Korbach (2002) prämiert. Waffensammlung an ihren historisch ver- Die 1989 als „Hessische Sparkassenstiftung“ bürgten Ort zurück. Das Fürstliche Zeughaus gegründete Stiftung unterstützt gemeinsam Schwarzburg ist das einzige erhaltene freiste- mit den Sparkassen in Hessen und Thüringen hende Zeughaus in Deutschland mit einem sowie deren Stiftungen in beiden Bundeslän- originalen Sammlungsbestand von über 5.000 dern zahlreiche Kulturprojekte in der Region. Waffen und Ausrüstungsgegenständen: Die Nicole Schlabach

74 VERBANDSMITTEILUNGEN VERBANDSMITTEILUNGEN 75 stätte jährlich, darunter überwiegend Schul- klassen, die von vier fest angestellten Pädago- gen, drei Stelleninhabern für ein freiwilliges kulturelles Jahr sowie zahlreichen freien Mit- arbeitern betreut werden. Das pädagogische Konzept setzt auf Diskussion und Interaktion, wobei es immer eine Gratwanderung sei, die historische Thematik mit Gegenwartsbezügen zu verknüpfen. Die anschließend besuchte „Flohburg – Das Nordhausen Museum“ ist eines von drei Museen in Nordhausen mit dem Schwer- punkt Stadtgeschichte. Das Gebäude wurde 1473/74 erbaut, erfuhr diverse Nutzungsfor- men, diente zeitweilig auf engstem Raum als Herberge. Die mangelnde Hygiene führte zu seiner Namensgebung. Als Stadtgeschichts- KZ-Gedenkstätte Mittelbau-­Dora in Nordhausen, Einführung museum wurde das historische Gebäude nach durch den Gedenkstätten­ Sanierung und Erweiterung durch einen An- pädagogen; Foto: Regina bau im Jahr 2012 eröffnet. Beginnend mit ­Löneke, © HMV der geologischen Formation der Region Nord- hausen befasst sich das Museum mit der Ge- Blick in die Dauerausstellung der schichte der Stadt von ihren frühesten Anfän- Flohburg; Foto: Regina Löneke, Zwischen Nordhausen in Neustadt an der Orla sowie in das Sommer- gen bis in die heutige Zeit. Auf 1.000 qm Aus- durch das Haus konnte die moderne Ausstel- © HMV palais in Greiz. Den Abschluss bildete das stellungsfläche vermittelt die Dauerausstellung lungsgestaltung allerdings nicht über konzep- und Greiz – Exkursion ­Lutherhaus in Eisenach. mit 19 Themenschwerpunkten die Stadtge- tionelle Schwächen hinwegtäuschen: So stellte zu Museen in Thüringen Die KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora in schichte, unterstützt von Medien- und Hör­ sich außer über die Chronologie oftmals keine Nordhausen erinnert an die mehr als 60.000 stationen. Eine historische Bohlenstube und verbindende Erzählung in den Räumen und Menschen, die hier ab 1943 Zwangsarbeit in ein original erhaltener Tiefkeller wurden in Themenfeldern ein. Die beiden Arbeitskreise „Wissenschaftler an der Rüstungsindustrie leisten mussten und von die Präsentation integriert. Bei der Führung Südlich von Jena im Saale-Orla-Kreis liegt hessischen Museen“ und „Museumspädago- denen jeder dritte verstarb. Seit den 1960er die 12.000-Einwohner-Stadt Pößneck. Das gik“ des Hessischen Museumsverbandes luden Jahren wurde in verschiedenen Formen der dortige Museum 642 weist nicht nur einen Flohburg – Das Nordhausen- 2018 erneut zu einer Fachexkursion ein. Un- Opfer dieses Lagers auf dem Gelände gedacht. ungewöhnlichen Namen auf, der sich aus den Museum, Außenansicht; Foto: ter der Leitung von Dr. Birgit Kümmel begaben Ein 2006 eröffnetes modernes Museumsgebäude­ drei Hausnummern ableitet, sondern besitzt Regina Löneke, © HMV sich 26 Teilnehmer ins östliche Thüringen. (mit Fachbibliothek und Forschungsarchiv) bie­ darüber hinaus museale Qualitäten, die man Der Fokus lag dabei auf musealen Einrichtun- tet nun eine Dauerausstellung, die auf 420 qm in einer Kleinstadt zunächst nicht vermutet. gen, die die finanziellen Impulse der letzten Informationen zur Geschichte und Funktion Im Rahmen einer Innenstadtsanierung 2015 Jahre genutzt haben, um neue Ausstellungs-, des Lagers präsentiert. 2008 wurde die KZ-­ wurde ein vom Verfall bedrohter Gebäude- Vermittlungs- und Gestaltungskonzepte um- Gedenkstätte Mittelbau-Dora für ihr innova­ komplex zu einem kleinen Museumsquartier zusetzen. tives museumsdidaktisches Konzept mit dem ausgebaut. Bei der Konzeptionsentwicklung Die Route führte nach Nordhausen in die Museumspreis der Sparkassen-Kulturstiftung entschied man sich, drei Erlebnisebenen in KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora und das Nord­ Hessen-Thüringen ausgezeichnet. Der päda- den Räumen zu präsentieren: das Haus selbst häuser Stadtmuseum, in den Ort Pößneck mit gogische Mitarbeiter Felix Roth führte die Ex- als historisches Denkmal, raumunabhängige dem Museum 642 und der Leitausstellung kursionsteilnehmer zu Spuren auf dem Gelän- Themeninseln sowie individuelle Geschich- Thüringen 2018, nach Kahla auf die Leuch- de und in den unterirdischen Stollenbereich. ten von Stadtbewohnern. Ein besonderer Ein- tenburg, in das Stadtmuseum und Lutherhaus Rund 65.000 Besucher verzeichnet die Gedenk­ stieg wurde im Eingangsbereich rund um das

76 VERBANDSMITTEILUNGEN VERBANDSMITTEILUNGEN 77 Einblicke in die „Porzellan­ welten“; Fotos: Regina Löneke, © HMV Der „Fluss der Erinnerung“ im Museum 642 in Pößneck; Foto: Regina Löneke, © HMV Themeninsel „Finanzen, Marken und Reklame“ in der Leuchtenburg, Ausstellungsort der „Porzellanwelten“; Leitausstellung in Pößneck; Foto: Regina Löneke, © HMV ­Foto: Regina Löneke, © HMV

Detail der Dauerausstellung zur für den Ort bedeutende Thema Wasser umge- der Öffentlichkeit bekannt. Die gestalterische modernen Stadtgeschichte; ­Foto: Christina Reinsch, © HMV setzt: Ein symbolisch inszenierter „Fluss der Grundidee besteht aus der Gliederung in sechs Erinnerung“ trägt einen Zeitstrahl mit kleinen Themeninseln, in denen zum Beispiel über Fahnen, die Themen aus der Stadtgeschichte Bodenschätze und Werkstoffe, Verkehrswelten aufgreifen. Besondere Aufmerksamkeit weckte und Kommunikationsnetze, Innovationen vor allem die moderne Stadtgeschichte, unter und Motoren der Industrie exemplarisch be- anderem mit dem Themenraum „Zivilcourage“, richtet wird. Für die Gestalter war die 1.000 qm mit der Darstellung der DDR-Geschichte aus große Halle eine Herausforderung: Als Sockel­ dem Blickwinkel der Widerständler und der elemen­te für die Objektpräsentation dienen Anders­denkenden. gestapelte Euro-Paletten, die zusammen mit Genutzt wurde dann die Gelegenheit, in raumtrennenden Folien Anleihen an die Aus- Pößneck die Leitausstellung zum Themenjahr stellungsthematik nehmen. „Industrialisierung und soziale Bewegungen „Eine der außergewöhnlichsten und mo- in Thüringen“ zu besuchen. Hintergrund da- dernsten Ausstellungen!“, lobte die interna­ zu ist, dass die Thüringer Staatskanzlei seit tionale Jury des Europäischen Museumsrates dem Jahr 2000 jährlich Ausstellungsthemen die „Porzellanwelten Leuchtenburg“ in Kahla/ benennt und diese mit regionalen Partnern Seitenroda, die 2015 eröffnet wurden. Die Burg für ein breites Publikum aufbereiten lässt. Die diente unter anderem als Zucht-, Armen- und in einer denkmalgeschützten Sheddachhalle Irrenhaus (1721–1871), aber auch als Jugend- untergebrachte Präsentation bietet einen Über- herberge, Gastwirtschaft und Museum. Eine blick zur äußerst vielgestaltigen Industrieent- 2007 gegründete gemeinnützige Stiftung wicklung dieser Region. Viele der rund 500 kaufte die Burganlage und entwickelte ein Exponate stammen aus kleineren und mittle- Nutzungskonzept, bei dem die vorhandene ren Museen und waren so vorher gar nicht in Porzellansammlung ihren Platz bekam. Die

78 VERBANDSMITTEILUNGEN VERBANDSMITTEILUNGEN 79 „Porzellanwelten“ bieten einen kreativen ­Zugang, schicken ihre Besucher auf eine Ent­ deckungstour. Gestalterisch wird mit diversen künstlerischen Mitteln gearbeitet: So gibt es Phantasiegestalten mit Körperteilen aus Por- zellan und einen „Raum des Scheiterns“, der Fehlerquellen im Herstellungsprozess des „wei­ ßen Goldes“ verdeutlicht. Es wird mit Super- lativen (die größte Vase, die kleinste Teekan- ne, das Kostbare) gearbeitet, um schließlich das alltägliche Porzellan als bezahlbares Pro- dukt zu zeigen. Alternativ zu Ausstellungs­ texten werden zwei Apps für Besucher ange- boten, die durch die Ausstellung führen. 2017 kamen 82.000 Besucher auf die Burg. Über 8 Millionen Euro wurden aus Mitteln des Thü- ringer Ministeriums für Wirtschaft, Wissen- schaft und Digitale Gesellschaft und der Stif- Lutherhaus in Neustadt an der Orla, Raumansicht mit Ausstellungselementen; tung Leuchtenburg für die Revitalisierung der Foto: Regina Löneke, © HMV Burg in die Hand genommen. In der Reise- gruppe der Museumsfachleute fiel die Diskus- sion im Nachgang kontrovers aus: Die über­ Sommerpalais in Greiz; raschenden Ideen und Zugänge beeindruckten, Foto: Regina Löneke, © HMV die wenig in die Tiefe gehenden inhalt­lichen Informationen wurden kritisch angemerkt. Im nahegelegenen Neustadt an der Orla um die Aufklärung über die Namensgenese – Unser vorletztes Ziel war das früheste klas- standen wiederum zwei Museen des Ortes weiter genutzt. Für den Erhalt des Gebäudes sizistische Bauwerk Thüringens, das Sommer­ auf dem Programm: Das „Museum für Stadt- als begehbares Schaudenkmal konnten För- palais in Greiz, in dem im 20. Jahrhundert geschichte“ spiegelt in seiner Erscheinung dergelder von rund 4,5 Millionen Euro für die fürstliche Schaubibliothek und Kupfer- den Stand von 1990 wider. Zu Beginn der das Gebäude und 600.000 Euro für Gestal- stichsammlung als Museum eingerichtet wur- sehr kundigen Einführung in die Geschichte tung und Präsentation akquiriert werden. In- de, ergänzt in der DDR durch eine nationale des Ortes und seiner Museen machte der Kul- haltlich ist die Präsentation in drei Themen Karikaturensammlung, die bis heute fortge- turamts- und Museumsleiter Ronny Schwalbe gegliedert: Das Haus, die Stadt, die Reforma­ führt wird. Von 2005 bis 2011 wurde das Ge- deutlich, dass dieses Museum perspektivisch tion. Diese werden über verschiedene Vermitt­ bäude für 4,5 Millionen Euro saniert. Es liegt einer Neuaufstellung bedürfe. Inwieweit hier lungsformen erschlossen. Baulich herausra- im denkmalgeschützten Greizer Park und ge- dann auch das als Museum neu gestaltete gend sind mehrere Bohlenstuben, aber auch hört zur Stiftung Thüringer Schlösser und Gär- „Lutherhaus“ am Marktplatz mit eingebun- spätmittelalterliche Wandmalereien sowie ten. Die dort unter dem Titel „Lauter lupen- den wird, ist derzeit noch offen. Dieses 2016 verschiedene architektonische, kunst- und reine Demokraten“ gezeigte 9. Triennale der nach kompletter Sanierung neu eröffnete Haus kulturgeschichtliche Details. Der Rundgang Karikatur bot aktuelle Gegenwartsbezüge und warf zunächst die Frage auf, wie man ein Haus durchs Haus ist medial aufbereitet, mit Tab- setzte sich mit brisanten gesellschaftlichen zu Luther konzipiert, wenn er gar nicht dort lets begehbar und mit Mitmach-Stationen Themen auseinander. gewesen ist? Denn die Namensgebung ist irre- ausgestattet. Obwohl das Haus barrierefrei Die letzte Station der Reise führte zum viel- führend, da ein Aufenthalt des Reformators ­gestaltet ist, erwies sich als großer Schwach- fach preisgekrönten „Lutherhaus“ in Eisenach, in dem Haus nicht nachweisbar ist. Allerdings punkt die Lesbarkeit der Schrift auf den Info- in dem Luther als Schüler ab 1498 gewohnt Lutherhaus in Neustadt an der Orla, Mitmach-Station zur Bausubstanz in der Innenstadt; hat sich der Name seit den 1890er Jahren im tafeln, die zu kontrastarm an die zarte Farbig- haben soll. Der Träger des Hauses, die Evan- ­Foto: Regina Löneke, © HMV Ort eingebürgert und wird heute – ergänzt keit der Wände angepasst wurde. gelische Kirche Mitteldeutschlands, hatte das

80 VERBANDSMITTEILUNGEN VERBANDSMITTEILUNGEN 81 AUTORINNEN UND AUTOREN 55/2018 VORSTAND des Hessischen Museumsverbandes e. V.

Dr. Esther Abel, Gedenkstätte Hadamar Vorsitzender: Dr. Ulrike Adamek, Hessischer Museumsverband e. V., Dr. Thomas Wurzel, Frankfurt am Main Kassel Dr. Victoria Asschenfeldt, Hessisches Puppen- und Vertreter der Gruppe öffentlich zugänglicher Spielzeugmuseum,­ Hanau nichtstaatlicher Museen: Dr. Ines Bayer, Deutsches Filminstitut, Frankfurt am Main Prof. Dr. Albrecht Beutelspacher, Gießen Ulrike von Bothmer M. A., Freilichtmuseum Hessenpark, Dr. Erika Dittrich, Friedrichsdorf Neu-Anspach Dr. Anja Eichler, Wetzlar Dr. Ingrid Erhardt, Museum Kronberger Malerkolonie, Konrad Hoppe, Alsbach-Hähnlein Kronberg im Taunus Dr. Markus Miller, Eichenzell Sarah Fräßdorf M. A., Zeiteninsel – Archäologisches Dr. Eva Scheid, Hofheim im Taunus ­Freilichtmuseum Marburger Land, Weimar (Lahn) Susanne Gesser, Historisches Museum Frankfurt Vertreter der Gruppe der staatlichen Museen: Manuel Heinrich, Justus-Liebig-Gesellschaft e. V., Gießen N.N. Dr. Marion Hulverscheidt, Kassel Lutherhaus in Eisenach: Dr. Birgit Kümmel, Museum Bad Arolsen Vertreter der Gruppe der Kommunalen Spitzenverbände: In „Luthers Werkstatt“ befindet Dr. Cornelia Kurz, Naturkundemuseum Kassel Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld, Fulda sich der museumspädagogische Dr. Regina Löneke, Hessischer Museumsverband e. V., Veranstaltungsraum; Foto: Kassel Vorsitzende des Arbeitskreises Wissenschaftler Christina Reinsch, © HMV Shammua Maria Mohr M. A., Institut Mathildenhöhe an hessischen Museen: Darmstadt Dr. Birgit Kümmel, Bad Arolsen Elena Pinkwart M. A., Museumslandschaft Hessen Kassel Gebäude mit Blick auf das Reformationsjubi- Armin Rau, Dillenburger Museumsverein läum mit 4,1 Millionen Euro saniert und er- Prof. Dr. Sigrid Ruby, Institut für Kunstgeschichte, weitert. Den roten Faden des Rundgangs bil- Justus-Liebig-Universität Gießen det hier das Leben Luthers und seine Bibel- Nicole Schlabach M. A., Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen, Frankfurt am Main übersetzung sowie die Wirkung seines Werks Kathrin Schön M. A., Jüdisches Museum Frankfurt auf Sprache, Literatur und Musik. Auch wenn Dr. Jens Scholten, Stadt- und Industriemuseum Rüsselsheim mit einem überschaubaren Objektbestand ge- Ingo Sielaff M. A., Hessisches Braunkohle-Bergbaumuseum arbeitet wurde, bietet sich das Haus sehr an- Borken sprechend dar. Eine gelungene Kombination Dr. Andreas Thiedmann, Zeiteninsel – Archäologisches aus Alt- und Neubau schafft ein Hausensemble, Freilichtmuseum Marburger Land, Weimar (Lahn) welches mit moderner Technik zur Auseinan- Dr. Wilhelm Völcker-Janssen, Wolfgang-Bonhage-Museum, dersetzung mit der Zeit Luthers und den da- Korbach Thomas Worschech, Deutsches Filminstitut, von ausgehenden Impulsen bis in die Gegen- Frankfurt am Main wart einlädt. Mit Blick auf die gesamte Reise beeindruckte uns, wie lebendig die Museumslandschaft in Thüringen sich auch jenseits der bekannten Pfade entwickelt hat. Vor allem die ausgespro- chen engagierten Vertreter vor Ort, die mit Leidenschaft und Kreativität die regionale Kultur vorantreiben, lassen hoffen, dass dauer- Eingangsbereich im Lutherhaus: haft eine positive Weiterentwicklung der „Bausteine der Neuzeit“; Foto: ­Museumsszene gegeben ist. Regina Löneke, © HMV Regina Löneke

82 VERBANDSMITTEILUNGEN 83 IMPRESSUM

Herausgeber: Hessischer Museumsverband e. V., Kassel Kontakt: Hessischer Museumsverband Redaktion: Christina Reinsch M. A., Dr. Regina Löneke Redaktion Mitteilungen und Dr. Bettina von Andrian Postfach 10 32 67 34032 Kassel Gestaltungskonzept, Satz und Layout: atelier grotesk, Kassel Tel.: (05 61) 78 89 - 4 69 35 Fax: (05 61) 78 89 - 4 68 26 Druck: Grafische Werkstatt von 1980 GmbH, 34123 Kassel [email protected] www.museumsverband-hessen.de Alle Rechte vorbehalten: Nachdruck und Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Hessischen Redaktionsschluss ist der 15. Januar Museumsverbandes e. V. bzw. der 15. Juli eines Jahres

Verband und Redaktion haften nicht für unverlangt ein­ Titelbild: Kaffeepause der weiblichen Abgeordneten gesandte Beiträge. Namentlich gekennzeichnete Beiträge der Nationalversammlung in Weimar, 1919; geben die Meinung des Autors, nicht zwingend aber die Foto: © Historisches Museum Frankfurt Auffassung der Redaktion wieder. Einsender von Texten und (Sonderausstellung „Damenwahl! 100 Jahre Abbildungen erklären sich mit redaktioneller Bearbeitung Frauenwahlrecht“, siehe Seite 16) sowie digitaler Veröffentlichung auf den Internetseiten des Herausgebers einverstanden. Der Nachweis der Bildrechte liegt bei den Einsendern. Alle Angaben ohne Gewähr.

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