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Mit Waschbrett und Besenstiel-Baß Jug-Bands und Skiffle-Gruppen Von Christoph Wagner

Sendung: Dienstag, 10. April 2018, 23.03 Uhr Redaktion: Anette Sidhu-Ingenhoff Produktion: SWR 2018

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Heute: Mit Waschbrett und Besenstiel-Baß: Jug-Bands und Skiffle-Gruppen von Christoph Wagner

1. Musik (Fortsetzung) Kompon.: Titel: Jug Band Music Interpret: Jim Kweskin & The Jug Band Dauer: kurz hochziehen, dann unter nachfolgende Mod legen

Schwarze Bluessänger mit Gitarre und weiße Hillbillies mit Fiddle und Banjo, dazu Blasorchester, Jazzkapellen und Gospelchöre – so sah die musikalische Landschaft des amerikanischen Südens Anfang des 20. Jahrhunderts aus. Dazu kamen die Jugbands und Waschbrett-Gruppen, die bei Tanzveranstaltungen und Grillfesten für ausgelassene Stimmung sorgten und in Kneipen und Spelunken für wilde Unterhaltung, auch dafür, dass der Alkohol floß – in Strömen!

1. Musik (Fortsetzung) Kompon.: Memphis Jug Band Titel: Jug Band Music Interpret: Jim Kweskin & The Jug Band Dauer: bis Ende spielen (3:18)

Jugbands und Waschbrett-Combos waren aus der materiellen Not entstanden. Das billige, oftmals selbstgebaute Instrumentarium eröffnete den unteren Gesellschaftsschichten den Zugang zur Musik. Dazu kam eine einfache Songstruktur, die selbst Anfängern das Mitmachen ermöglichte, aber auch Virtuosen Möglichkeiten zur Entfaltung bot. Snobs nannten deshalb die „Jug Band Music“ abschätzig: „Jazz für Arme“.

2. Musik Kompon.: Trad. Titel: Jug Band Special Interpret: Whistler’s Jug Band CD: Ruckus Juice & Chittlins – The Great Jug Bands Vol. 2 Label: Yazoo Bestellnr.: 2033 19. Track Dauer: 3:09

Das Merkmal, das herausstach und den Jug Bands letztlich den Namen gab, war das außergewöhnliche Instrumentarium, wobei vor allem der Jug auffiel. Bei diesem Klangerzeuger handelte es sich um einen bauchiger Flaschenkrug aus Ton mit 2 kurzem Hals, auf dem der Baß geblasen wurde – richtiger: gesummt, was einen kräftigen, aufgerauhten Ton ergab, der dem einer Tuba ähnelte. Andere Gebrauchsgegenstände, die musikalisiert wurden, waren Glocken, Teekessel und das Waschbrett, auf dem komplexe Rhythmen mit Münzen oder zwei Gabeln geschlagen oder gerieben werden konnten.

Aus einem rostigen Blechzuber, einem alten Besenstiel und einem dicken Draht wurde ein einsaitiger Zupfbass gebastelt. Eine Zigarrenkiste bot sich zum Bau einer Ukulele an und aus Zuckerrohr ließ sich eine Art Panflöte schnitzen, die Quills genannt wurde. Dazu kamen billige Banjos, Gitarren, Mundharmonikas, Mandolinen und Kazoos, die durch Versandhäuser den Weg selbst ins abgelegenste Hinterland fanden. Zwischen solchen Musikgruppen mit Instrumenten der Marke Eigenbau und primitiven Stringbands oder Jazzkapellen gab es kaum einen Unterschied.

3. Musik Kompon.: Jed Davenport Titel: Piccolo Interpret: Jed Davenport & His Beal Street Jug Band CD: Ruckus Juice & Chittlins – The Great Jug Bands Vol. 2 Label: Yazoo Bestellnr.: 2033 22. Track Dauer: 1:47

Die meisten Jugbands zeichneten sich durch einen lebhaften Sound aus, der rustikal und ungeschliffen daherkam und einen schwungvollen Rhythmus besaß. Sie brachten alte Folksongs zur Aufführung, populäre Bluesnummern, Ragtime-Titel und Country-Dance-Melodien. Ja selbst Stücke aus dem Programm der Minstrelshows und bekannte Walzermelodien wurden herangezogen.

Jugbands war auf dem Land aktiv. Doch auch in den Städten ertönte ihr Sound, weil dort die Chancen größer waren, an den Wochenenden einen Auftritt zu ergattern. Und während der Woche konnte man auf öffentlichen Plätzen, an Straßenecken oder vor Fabriktoren für das Kleingeld der Passanten spielen.

4. Musik Kompon.: Prairie Ramblers Titel: Jug Rag Interpret: Prairie Ramblers CD: Ruckus Juice & Chittlins – The Great Jug Bands Vol. 2 Label: Yazoo Bestellnr.: 2033 23. Track Dauer: 2:52

Traditionsgemäß waren die amerikanischen Binnenhäfen wie Cincinnati, St. Louis oder Memphis am Mississippi Wimmelplätze des Unterhaltungsgewerbes. Flußschiffer, Hafenarbeiter und Handlanger, die auf Kähnen arbeiteten, hauten an ihrem freien Tag auf den Putz, weshalb es in den Hafenvierteln vor Spielern, Prostituierten und Gaunern nur so wimmelte. Solch zwielichtige Gestalten waren darauf aus, den Bootsleuten das Geld aus der Tasche zu ziehen.

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Oft waren diese Städte auch Knotenpunkte bzw. Endstationen von Eisenbahnstrecken, wo Zugbegleiterteams einen Tag lang Rast einlegten, und Landstreicher, Hobos und Vagabunden sich trafen. Kein Wunder, dass dort Tanz- und Vergnügungshallen florierten und es in Kneipen und Kaschemmen hoch herging. In Memphis, Tennessee war die Beale Street die Lastenmeile, wo ein Etablissement neben dem anderen lag und die Vergnügungssüchtigen willkommen hieß. Musikgruppen mußten genügend Lärm machen, um die Kundschaft anzulocken.

5. Musik Kompon.: Will Shade, Jenny Shade Titel: He’s in the jailhouse now Interpret: Memphis Jug Band CD: Ruckus Juice & Chittlins – The Great Jug Bands Vol. 2 Label: Yazoo Bestellnr.: 2033 14. Track Dauer: 1:02

6. Musik Kompon.: Will Shade, Jenny Shade Titel: In the jailhouse now Interpret: Soggy Bottom Boys CD: Various – O Brother, Where Art Thou? (Music From The Motion Picture) Label: Mercury Bestellnr.: 170 069-2 15. Track Dauer: 1:43

Wie der Gruppenname schon sagt, war die Memphis Jug Band in der Stadt am Mississippi aktiv. Gerade war sie mit dem Titel „He’s in the jailhouse now“ zu hören, einer Nummer, die durch den Coen-Brothers Film „O brother where art thou“ im Jahr 2000 zu weltweiter Berühmtheit kam. Dieser Titel aus dem Soundtrack schloß sich an die historische Aufnahme an.

Die Memphis Jug Band war die Gruppe des Harmonika-Spielers Will Shade. Sie war eine der bekanntesten Combos des Genres und nahm allein in den Jahren zwischen 1927 und 1934 mehr als 160 Schallplattenseiten für die Labels Victor und OKey auf. Für jedes aufgenommene Stück erhielt die Band 50 Dollar. Dazu kamen die Komponistenanteile, die Will Shade kassierte, der normalerweise die Stücke schrieb, zu denen seine Frau Jennie die Texte lieferte. Die beiden verdienten dabei so prächtig, dass sie ein stattliches Haus in Memphis erwerben konnten und auch sonst einen recht opulenten Lebensstil führten.

7. Musik Kompon.: Will Shade Titel: Stealin’ Stealin’ Interpret: Memphis Jug Band CD: Ruckus Juice & Chittlins – The Great Jug Bands Vol. 2 Label: Yazoo Bestellnr.: 2033 9. Track Dauer: 1:40

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Wenn eine Plattensession anstand, bekam Will Shade von der Memphis Jug Band zwei Monate vorher Bescheid. Das war genug Zeit, um neue Songs zu schreiben und einzustudieren. Shade feilte dann oft tagelang an einer Melodie und sang sie so lange, bis er sie wie im Schlaf konnte. Die Songs waren dem Format einer Schellackplatte angepasst: 3 Minuten und nicht länger. Der Bandleader war stolz darauf, dass seine Titel normalerweise diesem Zeitlimit entsprachen. Nachdem die Melodie und der Text niedergeschrieben worden waren, ging das Stück an die Southern Music Corporation, die das Copyright verwaltete. Beim „Cocaine Habit Blues“ wurde die Memphis Jug Band durch die Sängerin Hattie Hart verstärkt, wobei Bandleader Will Shade mit virtuosem Mundharmonika-Spiel brillierte.

8. Musik Kompon.: Will Shade Titel: Cocaine Habit Blues Interpret: Memphis Jug Band CD: Ruckus Juice & Chittlins – The Great Jug Bands Vol. 1 Label: Yazoo Bestellnr.: 2032 3. Track Dauer: 2:49

Der Erfolg der Memphis Jug Band brachte die Talentscouts anderer Plattenfirmen nach Memphis auf der Suche nach Gruppen ähnlichen Formats. Sie stießen auf , der nicht nur ein formidables Banjo spielte, sondern zusätzlich noch den Bass auf einem Ölkanister blies, den er auf einem Gestell um den Hals trug. Cannon war im Unterhaltungsgewerbe ein geübter Haudegen, der jahrelang – wie so viele Jugband-Musiker – sein Geld in fahrenden „Medicine Shows“ verdient hatte. Jetzt hob er mit Cannon’s Jug Stompers eine schlagkräftige Truppe aus der Taufe, die keine Konkurrenz zu fürchten brauchte. Mit dem Mundharmonikaspieler Noah Lewis hatten sie einen echten Virtuosen in ihren Reihen.

9. Musik Kompon.: Titel: Walk right in Interpret: Cannon’s Jug Stompers CD: The Best Of Cannon's Jug Stompers Label: Yazoo Bestellnr.: 2060 8. Track Dauer: 2:56

Die Jugbands hatten ihre große Zeit in den 1920er und 1930er Jahren, danach ebbte die Begeisterung ab. Nach dem 2. Weltkrieg erwachte das Interesse neu. Grund war das Folkrevival, das in den 1960er Jahren die alte Stilformen neu belebte. Eine Box mit sechs Langspielplatten und dem Titel „Anthology of American “, zusammengestellt von Harry Smith, wirkte 1952 als Katalysator. Mit Cannon’s Jug Stompers, der Memphis Jug Band und der Cincinnati Jug Band waren darauf drei führende Vertreter des Genres enthalten, was nicht ohne Wirkung blieb. Nachahmer ließen nicht lange auf sich warten. Zur erfolgreichsten Gruppe avancierte in den 1960er Jahren Jim Kweskin & The Jug Band mit der Sängerin . Kweskin hatte sein Handwerk noch direkt von den alten Meistern gelernt.

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1. O-Ton Jim Kweskin trifft die alten Blueser „What happened is that a lot of these guys recorded in the late 20s and early 30s when a lot of great Blues and Songster Music had been recoreded. Now fast forward tot he 60s, especially the early 60s, and there was discovered that many of these people that had recorede in the 20s were still alive. They were being found and brought into the folk music scene, places like the . Patty Clinton McMichan the fiddler who was with the Kid Tanner Skilett Lickers, they were all still alive and were all still singing and playing very well. So we got to hear them and meet them in person – wonderful!“

Übersetzung: „Viele dieser Musiker, die in den späten 1920er und frühen 30er Jahren Schellackplatten gemacht hatten, waren in den 60er Jahren noch am Leben. Man machte sie ausfindig und brachte sie zurück auf die Folkszene etwa aufs Newport Folk Festival. Zum Beispiel Clayton McMichen gab es noch. Er war einst der Fiddle- Spieler von Gid Tanner’s Skillet Lickers gewesen. Diese Veteranen sangen und spielten immer noch ausgezeichnet. Wir konnten sie ‚live’ auf der Bühne erleben und sogar persönlich kennenlernen, was fantastisch war.“

10. Musik Kompon.: Titel: Oversea Stomp Interpret: Jim Kweskin & The Jug Band CD: Jim Kweskin & The Jug Band – Greatest Hits Label:Vanguard Records Bestellnr.: 13/14-2 11. Track Dauer: 2:27

Die Schallplatten von Jim Kweskin & The Jug Band hatten Erfolg. Die Gruppe war längst auf der Szene etabliert, als in der 2. Hälfte der 1960er Jahre die neue psychedelische Underground-Musik aufkam. San Francisco an der amerikanischen Westküste war ihr Zentrum. Dort spielten die Neulinge Janis Joplin & Big Brother oder die Doors als Vorgruppe von Kweskin’s Jugband, ob im Fillmore West oder im Avalon Ballroom. Das war nicht ganz unproblematisch: die psychedelischen Rockgruppen spielten mit elektrischen Instrumenten und brutaler Lautstärke, während Kweskin’s Jugband akustisch auftrat. Dennoch kam deren rustikale Gute- Laune-Musik bei den Hippies ausgezeichnet an.

11. Musik Kompon.: Peter Stampfel & Steve Weber Titel: Blues in a Bottle Interpret: Jim Kweskin & The Jug Band CD: Jim Kweskin & The Jug Band – Greatest Hits Label:Vanguard Records Bestellnr.: 13/14-2 24. Track Dauer: bei 2:30 ausblenden

Die amerikanische Gruppe Lovin’ Spoonful war eine der ersten Popgruppen, die die „Jug Band Music“ aufgriff und in einem Popsong auf witzige Weise verarbeitete. Im Text wird die Gute-Laune-Musik als Medizin gegen jede Art von Leiden angepriesen:

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Sie helfe bei einem Sonnenstich und hätte die Kraft, einen in der Wüste Herumirrenden oder einen Ertrinkenden wiederzubeleben.

So if you ever get sickly get sister run quickly to the dusty closet shelf and pull out a washboard; and play a guitar chord and do a little do it yourself. call on your neighbors to put down their labors and come and play the hardware in time cause the doctor said give him jug band music it seems to make him feel just fine

Übersetzung: Wenn dir jemals schlecht ist, renn’ schnell zum Schrank, hol’ das Waschbrett vom staubigen Regal, spiel’ einen Akkord auf der Gitarre – das tut man, um sich selbst zu helfen! Dann ruf’ die Nachbarn, sie sollen aufhören zu arbeiten und rüberkommen, und ihr Arbeitsgerät im Takt spielen, weil der Doktor gesagt hat, geb’ ihm Jug Band Musik, dann wird es ihm gleich besser gehen.

12. Musik Kompon.: Titel: Jug Band Music Interpret: The Lovin’ Spoonful CD: The Lovin’ Spoonful – Jug Band Music Label: Edsel Records Bestellnr.: ED178 8. Track Dauer: 2:50

Die amerikanische Rootsrockgruppe Creedence Clearwater Revival griff Ende der 60er Jahre den Trend ebenfalls auf. Die Band um John Fogerty, die mit „Proud Mary“, „Bad Moon Rising“ und „Susie Q“ in den Hitparaden stand, nahm 1969 ein Album mit dem Titel „Willy and the poor boys“ auf. Auf dem Cover der LP posierten die vier Musiker, die damals riesige Rockarenen füllten, als Straßemusiker mit Waschbrett und Besenstielbaß. Der „Poorboy Shuffle“ ist im Jugband-Stil gehalten.

13. Musik Kompon.: John Fogerty Titel: Poorboy Shuffle Interpret: Creedence Clearwater Revival CD: Creedence Clearwater Revival – Willy and the Poorboys Label: Bellaphon Bestellnr.: BLPS 19004 4. Track Dauer: 2:24

Die oftmals abenteuerliche Aufmachung und das ungewöhnliche Instrumentarium erregte Aufsehen. Wenn man damit auf der Straße auftrat, blieben die Passanten

7 stehen. Der Comic-Zeichner Robert Crumb, Erfinder von Fritz The Cat, spielte in den 70er Jahren Gitarre und Banjo in einer Gruppe namens „The Cheap Suit Serenaders“. Die Gruppe war in San Francisco daheim, wo sie Oldtime Music auf der Straße machte. Wenn es nicht gut lief und niemand stehen blieb, zückte die Gruppe ihre Geheimwaffe:

2. O-Ton Robert Crumb musical saw „In the 70s we used to play in the street in San Fransisco at Fishermen’s Wharf a tourist area. We played in the street for money. And I guess the tourists didn’t find us very interesting and walked by and ignored us. But we found out that when Armstrong pulled out that musical saw and started playing, that would grab the crowd. They stopped and looked. They were fascinated by that. And then they would give us money. If things didn’t go well, we just say: ‚Armstrong, pull out that saw! Get the saw out!’ So playing the saw, that stopped them. They were very fascinated by that.“

Übersetzung: „In den 70ern machten wir mit den Cheap Suit Serenaders Straßenmusik in San Francisco bei der Fishermen’s Wharf, einer Touristen-Gegend. Wir wollten ein bisschen Geld verdienen. Aber die Touristen fanden uns wohl nicht sehr interessant. Sie gingen einfach vorbei und ignorierten uns. Wir fanden heraus, dass wenn unser Gitarrist Robert Armstrong singende Säge spielte, zog das eine Menge von Leuten an! Sie hielten dann an und schauten – waren fasziniert und gaben uns Geld. Also wenn es nicht gut lief, holten wir die singende Säge heraus – dann haute es hin.“

14. Musik Kompon.: Traditional Titel: Wisconsin Wiggles Interpret: Robert Crumb & His Keep-On-Trucking Orchestra Schellackplatte: Robert Crumb & His Keep-On-Trucking Orchestra Label: Ordinary Label Bestellnr.: 5000 B 1. Seite Dauer: bei 2:00 ausblenden

Das amerikanische Folkrevival machte auch in England Furore und löste eine Welle der Begeisterung aus. Als Katalysatoren wirkten zwei Amerikaner: der Folkmusik- Forscher Alan Lomax, der in den 1950er Jahren in London lebte, sowie die Sängerin Peggy Seeger, die Halbschwester von Pete Seeger, die in Großbritannien mit dem Folksänger Ewan McCall verheiratet war. Die Begeisterung für selbstgemachte Musik auf billigen Instrumenten sprang über. Der Stil wurde in Großbritannien „Skiffle“ genannt. Von Liverpool bis Brighton schossen nun überall Skiffle-Bands wie Pilze aus dem Boden. Der „Skiffle Cellar“ im Londoner Stadtteil Soho zählte bald tausend Mitglieder. Die Absatzzahlen von billigen Gitarren gingen durch die Decke. Die BBC übertrug das Finale der „World Skiffle Championships“ im Fernsehen und richtete eine spezielle Radiosendung ein, den „Saturday Skiffle Club“. Zum unbestrittenen Star der Szene avancierte Lonnie Donegan. Sein Name kannte in England jeder. Er war der „King of Skiffle“.

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15. Musik Kompon.: Trad. Titel: Worried Man Blues Interpret: Lonnie Donegan Skiffle Group CD: Lonnie Donegan & The Original Hits oft he Skiffle Explosion Label: MCPS Bestellnr.: BT3008 3. CD, 1. Track Dauer: 2:00

Lonnie Donegan – der Star des britischen Skiffle-Booms in den 50er Jahren mit dem Titel „Worried Man Blues“. Donegan hatte in der traditionellen Jazzband von Ken Colyer seine Karriere als Banjo-Spieler begonnen, wobei er in den Konzertpausen immer ein paar Skiffle-Nummern sang, begleitet von zwei seiner Bandkollegen, die Waschbrett und Besenstiel-Bass spielten. Als die Skiffle-Einlagen besser ankamen als das Hauptprogramm, machte sich Donegan selbständig, um nur noch Skiffle zu spielen.

Der Musiker Tom McGuinness, ein Veteran der englischen Szene, hat in den später 50er Jahren die Skiffle-Begeisterung miterlebt.

3. O-Ton Tom McGuinness Skiffle „Skiffle was an influence on every English musician who grew up in the 50s from John Lennon, Paul McCartney, Eric Clapton we were more influenced by – more Lonnie Donegan than Alexis Korner.“

Übersetzung: “Skiffle hatte einen Einfluß auf jeden englischen Musiker, der in den 50er Jahren aufwuchs, ob John Lennon, Paul McCartney oder Eric Clapton. Wir waren alle davon beeinflußt – mehr von Lonnie Donegan als Alexis Korner.“

16. Musik Kompon.: Titel: Midnight Special Interpret: Ken Colyer Skiffle Group CD: Lonnie Donegan & The Original Hits oft he Skiffle Explosion Label: MCPS Bestellnr.: BT3008 3. CD, 4. Track Dauer: bei 1:15 ausblenden

Als musikbegeisterter Teenager wuchs Gitarrist Tom McGuinness in den 50er Jahren mit Skiffle auf. 1970 gründete er die Band McGuinness Flint. Sie hatte im gleichen Jahr mit „When I’m dead and gone“ einen Riesenhit, wobei die Mandolinenklänge und der Einsatz eines Kazoos der Nummer ein Skiffle-Flair gab.

4. O-Ton Tom McGuinness When I’m dead „With McGuinness Flint, which was a band of which I was part of in the early 70s, weh ad a big hit record ‚When I’m dead and gone’. And who was part of Gallagher & Lyle and part of McGuinness Flint he was round at my house when we’re reheasing one day. And this mandolin just hanging on the wall like an antique. And he picked it up, he was fiddling with it. And at the end of the day Graham said: ‚Can I barrow the mandolin?’ And he and Benny 9

Gallagher went away and they came in the morning and had written ‚When I’m dead and gone’.“

Übersetzung: „Eines Tages probten wir mit McGuinness Flint bei mir zuhause und Graham Lyle, ein Mitglied der Band, sah diese Mandoline, die zur Dekoration an der Wand hing. Er nahm sie herunter und spielte darauf herum. Als er ging, fragte er mich, ob er sie ausleihen könnte. Er und Benny Gallagher nahmen sie mit und am nächsten Morgen kehrten sie zurück und hatte ‚When I’m dead and gone’ geschrieben.“

17. Musik Kompon.: Benny Gallagher, Graham Lyle Titel: When I’m dead and gone Interpret: McGuinness Flint CD: McGuinness Flint – When I’m dead and gone Label: Castle Communications Bestellnr.: CHC 7145-2 8. Track Dauer: bei 2:10 ausblenden

In den 1960er und 70er Jahren erreichte das Blues-Revival die Bundesrepublik. Dabei fand auch die Jugband-Musik Nachahmer. Einer, der sich begeistern ließ, war Notker Homburger aus Konstanz, der damals mit dem Musikmachen begann. Später hob der Gitarrist Notty’s Jug Serenaders aus der Taufe:

5. O-Ton Notker Homburger Warum magst Du „Anfang der siebziger Jahre im Alter von 14 Jahren hab ich mit zwei Kumpels einen Gitarrenkurs hier am örtlichen Jugendhaus in Konstanz gemacht. Und da haben wir hinterher manchmal Bluesplatten zu hören gekriegt von dem Leiter, und ich meine jetzt richtigen Blues: Blind Lemon Jefferson, Muddy Waters, Big Joe Williams usw. Und da waren auch Aufnahmen von der Memphis Jugband und Cannon’s Jug Stompers dabei. Und das war ja eine Musik, die hat uns total umgehauen. Wir waren total verrückt nach dieser Musik. Und die haben wir ja nicht richtig verstanden und haben trotzdem sofort unsere erste Bluesband gegründet, die eigentlich ne Jugband war, also ne bluesige Jugband, das war die Konstanzer Blues Stampfers mit Jug, Kazoos und allem, was dazu gehört. Wir waren granatenmäßig schlecht, aber total besessen, total begeistert, schwer motiviert. Andere Musik hat uns überhaupt nicht mehr interessiert und so bin ich halt dabei geblieben. Mit dem Andreas Dannenmayer übrigens, einem dieser Kumpels von früher, spiel ich ja heut wieder bei Notty’s Jug Serenaders.“

18. Musik Kompon.: Sylvester Weaver Titel: I’m busy and you can’t come in Interpret: Notty’s Jug Serenaders CD: Notty’s Jug Serenaders Label: Blue Monkey Records Bestellnr.:BMRec 0509 5. Track Dauer: bei 0:30 min runterziehen

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6. O-Ton Notker Homburger Was ist das Faszinierende „’ne Jugband ist unkompliziert, ohne schweres Gerät, kann eigentlich an jedem beliebigen Ort gespielt werden. Es ist eigentlich jede beliebige Musik integrierbar. Ich kann mich an eine Aufnahme von ‚Peter und der Wolf’ mit ne Jugband unter der Leitung von Dave van Ronk erinnern. Das klingt dann ein bisschen anders. Es gibt also nicht wirklich irgendwelche Beschränkungen.“

18. Musik (Fortsetzung) Kompon.: Trad. Titel: I’m busyand you can’t come in Interpret: Notty’s Jug Serenaders Dauer: 0:45 spielen, dann runterziehen

Heute gibt es zahllose Musikgruppen rund um den Globus, die in den Fußgängerzonen der großen Städte die Tradition der Jugbands fortschreiben und neu beleben. Ob Kanada, die USA, Großbritannien oder Deutschland – überall sind sie anzutreffen. Lebendigkeit, Spielfreude, Energie und Drive sind die großen Pluspunkte dieser Straßenkapellen, die oft ein beachtliches Können besitzen und von denen manche schon etliche Schallplatten veröffentlicht haben. Sie führen das Erbe der alten Jugbands fort – manchmal in neuer Form und anderer Gestalt.

Absage Sie hörten: Mit Waschbrett und Besenstiel-Baß: Jug-Bands und Skiffle-Gruppen Eine Sendung von Christoph Wagner Technik: Jörg Heinkel, Zitate: Peter Binder

18. Musik (Fortsetzung) Kompon.: Trad. Titel: I’m busyand you can’t come in Interpret: Notty’s Jug Serenaders Dauer: bis Ende spielen (4:08)

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