Eckart Hannmann: Technische Kulturdenkmale im Alb-Donau-Kreis

Der Alb-Donau-Kreis zeichnet sich durch eine bemer- 1928/29 berichtet Theodor Wildeman in der Zeitschrift kenswerte Vielzahl unterschiedlicher technischer Kul- für Denkmalpflege von den Bemühungen zur Erhal- turdenkmale aus. Dieser Umstand veranlaßte das Lan- tung technischer Kulturdenkmale im Rheinland. Neben desdenkmalamt, zusammen mit dem Landratsamt verschiedenen Mühlen führt er u. a. auch Schmieden, 1980 einen Wanderweg „Technische Kulturdenkmale Steinwinden, Brücken und Sonnenuhren auf. Das im Alb-Donau-Kreis zu projektieren, der seinen Aus- grundlegende Werk über „Technische Kulturdenkma- gang bei der Pumpstation der Wasserversorgung Ulmer le" gaben dann 1932 Conrad Matschoß und Werner Alb in Lautern (Gemeinde Blaustein) nehmen und bei Lindner heraus, das einen umfassenden Überblick über der Laufenmühle in Lauterach enden sollte. Neben ver- das Themenspektrum, angefangen von der Kraftma- schiedenen Pumpwerken und Mühlen, einem besteig- schine, über Bergwerksanlagen, Bahnhöfe, Objekte des baren Dieselmotor von 1912, einem Hammerwerk, zwei Eisenhüttenwesens bis hin zu Leuchttürmen, gewährt. Bahnstellwerken und einer Hüle waren als weitere Sta- Diese gerade einsetzende intensivere Beschäftigung mit tionen ein Kalkofen und eine ehemalige Spinnerei vor- technikgeschichtlichen Anlagen wurde in den dreißiger gesehen. Aus finanziellen Gründen konnte dieser Plan Jahren unterbrochen. „Die Nationalsozialisten stellten jedoch bislang nicht realisiert werden. In der Zwischen- lediglich in der Kunst und damit in der Propaganda zeit sind aufgrund der gegenwärtig im Alb-Donau- den einzelnen Menschen im Ringen mit der Technik Kreis laufenden systematischen Erfassung der Kultur- (vorzugsweise in der Schwerindustrie) heraus. Hinzu denkmale durch das Landesdenkmalamt weitere kam, daß durch die planmäßig vorangetriebene Ent- schutzwürdige Objekte bekannt geworden, die den ge- wicklung der Industrie auf denkmalpflegerische Belan- planten Wanderweg ergänzen können. ge in der Regel keine Rücksichten genommen wurden." In den Jahren unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg Zur Geschichte standen für die Denkmalpflege in der Bundesrepublik, Der Bereich der technischen Kulturdenkmale ist erst abgesehen von einigen auch unter ästhetischen Ge- verhältnismäßig spät als neue Aufgabe in die denkmal- sichtspunkten reizvollen technischen Kulturdenkmalen, pflegerische Praxis integriert worden. Zu Beginn des andere Probleme im Vordergrund. Anders jedoch in 20. Jahrhunderts waren es vor allem die Ingenieurverei- England und der DDR. ne und die aus der Jugendbewegung entstandenen Hei- Im Mutterland der industriellen Entwicklung, England, matschutzverbände, die sich mit der Erfassung und Er- entstand in den fünfziger Jahren die Industriearchäolo- haltung technischer Kulturdenkmale befaßten. Die in- gie als interdisziplinäres Forschungsfach mit dem Ziel, stitutionalisierte Denkmalpflege, die mit wenigen Aus- technische Kulturdenkmale zu erfassen, zu dokumen- nahmen am traditionellen architektur- und kunstge- tieren und zu erhalten und damit einen Beitrag zur schichtlich orientierten Denkmalbegriff festhielt, stand Technik- und Wirtschaftsgeschichte zu leisten. Das Er- zunächst abseits. Den Bemühungen von Männern wie gebnis war schließlich ein „Nationalkatalog industriel- Oskar von Miller, der 1903 das „Deutsche Museum von ler Denkmäler". Meisterwerken der Naturwissenschaften und Technik" in München mitbegründete und Conrad Matschoß, der Auch in der DDR setzte die systematische Beschäfti- die 1927 um die Sektion „Technische Kulturdenkmä- gung mit technischen Kulturdenkmalen verhältnismä- ler" erweiterten Jahrbücher des Vereins Deutscher In- ßig früh ein. Die 1950 für das Land Sachsen eingeleite- genieure herausgab, war zunächst kein durchschlagen- te karteimäßige Erfassung erbrachte ca. 1000 Objekte. der Erfolg beschieden. In der ersten Denkmalschutzverordnung der DDR von 1952 wird ausdrücklich festgelegt, daß die technischen 1928 wurde dann eine „Deutsche Arbeitsgemeinschaft Denkmale als Bestandteil des nationalen kulturellen zur Erhaltung technischer Kulturdenkmäler" gegrün- Erbes zu bewerten sind. Im gleichen Jahr fand in den det, deren Träger das Deutsche Museum in München, Städtischen Kunstsammlungen Görlitz eine Ausstel- der Verein Deutscher Ingenieure und der Deutsche lung „Technische Kulturdenkmale, Zeichnungen aus Bund Heimatschutz waren. Auf dem im gleichen Jahr dem Planarchiv des Instituts für Denkmalpflege Dres- durchgeführten Tag für Denkmalpflege und Heimat- den" statt. 1955 wurde in Dresden eine große Wander- schutz in Würzburg und Nürnberg wurde erstmalig auch vor Denkmalpflegern über die verschiedenen Ak- ausstellung „Technische Kulturdenkmale" eröffnet, die insgesamt 400 000 Besucher zählte. tivitäten der Arbeitsgemeinschaft berichtet, wobei volle Übereinstimmung darin bestand, „daß Denkmalpflege In der Bundesrepublik begann die intensivere wissen- und Heimatschutz hinfort sich dieses Aufgabenkreises schaftliche Auseinandersetzung mit dieser Denkmalgat- anzunehmen hätten." tung erst Anfang der siebziger Jahre, wobei das rhei-

152 1 DIE HÜLE in Ehingen-Tiefen- hülen. Im Hintergrund der langge- streckte offene Leiterstand und das hölzerne ehem. Spritzenhaus von 1885.

2 DER LEITERSTAND bei der Hüte in Ehingen-Tiefenhülen.

nisch-westfälische Industriegebiet zunächst im Vorder- Die Hüle in Tiefenhülen (Stadt Ehingen) grund stand, weil hier die industrielle Entwicklung in Die Hüle (auch Hübe oder Hülbe) ist namensgebend ihrer Breite und Dichte sich am eindrucksvollsten ma- für das Dorf Tiefenhülen geworden. Derartige Hülen nifestiert. Die wissenschaftliche Aufarbeitung der tech- hat es früher zu Dutzenden auf der wasserarmen nischen Kulturdenkmale in Nordrhein-Westfalen ist Schwäbischen Alb gegeben. Bis auf einige wenige, zum nicht zuletzt durch die gesonderte Bereitstellung von Beispiel in Asch, Seißen und Wennenden, alle im Alb- Personal und Geld im Bereich der staatlichen Denk- Donau-Kreis, sind sie heute meist verschwunden oder malpflege am weitesten fortgeschritten. als „romantische" Dorfteiche unkenntlich. Im folgenden werden nun einige technische Kultur- In den Hülen, die in der Regel mit Lehm ausgeschlagen denkmale aus dem Alb-Donau-Kreis vorgestellt, die am waren, wurde auf den Hochflächen der Schwäbischen 18. Juli 1984 auf einer gemeinsam vom Regierungsprä- Alb hauptsächlich Oberflächenwasser aufgefangen. Sie sidium Tübingen und vom Landesdenkmalamt durch- waren in vorindustrieller Zeit bis weit ins 19. Jahrhun- geführten Pressefahrt besichtigt wurden. Es handelt dert hinein die übliche Wasserversorgung der Alb und sich dabei um optisch meist wenig spektakuläre Objek- dienten zum Teil gleichzeitig auch als Feuerlöschteiche te, die alle auf unterschiedliche Weise mit dem Wasser und Viehtränken. Nur wohlhabendere Bauern konnten im Zusammenhang stehen: Wasser zum Feuerschutz es sich leisten, frisches Wasser mit ihren Fuhrwerken in und zur Versorgung von Mensch und Tier, Wasser als Wasserfässern aus den Tälern heraufzuholen. Antriebskraft, Wasser zur landwirtschaftlichen Wiesen- bewässerung. Es sind also Kulturdenkmale, die nicht Karl Ehmann (1827-1889), der später geadelte Begrün- aus künstlerischen, sondern aus heimatgeschichtlichen der der Albwasserversorgung, schrieb 1881 in einer und wissenschaftlichen Gründen erhaltenswert sind. Denkschrift über die Zustände der damaligen Wasser-

153 Versorgung: „Wehe dem Fremden, den in einem der quellwasserarmen Dörfer das Bedürfnis nach Wasser anwandelt! Strohgelb bis kaffeebraun ist dessen Farbe, nur wer von Kindheit an sich an den Anblick des ge- färbten Wassers gewöhnt hat, kann das Glas ohne Ab- scheu an die Lippen setzen oder wagt sich zu waschen. Ganz unsäglich vollends ist die Flüssigkeit, die in den Hühlen sich sammelt, eine grünbraune Jauche, verdient sie nicht mehr den Namen des Wassers". Ein Bauer soll gesagt haben: „Für uns gings scho no, aber's Vieh saufts neme". Typisch für die sehr gut erhaltene Hüle in Tiefenhülen ist ihre Lage im Zentrum des Ortswegenetzes innerhalb eines als Hülengärtle bezeichneten Grundstücks, das zur Allmende gehört. Zu der Sachgesamtheit Hüle zäh- len auch die heute noch vorhandenen Einrichtungen des Gemeindefeuerschutzes: der langgestreckte offene Leiterstand und das kleine hölzerne ehemalige Sprit- zenhaus, beide aus dem Jahr 1885. Die Tiefenhüler Hü- le mit ihren Feuerwehreinrichtungen ist ein in seiner Vollständigkeit inzwischen selten gewordenes Doku- 4 WASSERLEITUNG südlich von Obermarchtal. Nachzeich- ment der vorindustriellen Albwasserversorgung. nung eines Ausschnittes aus dem Gesamtplan, der auf einer Bau- aufnahme von 1862 beruht. Die Wasserversorgung des Klosters Obermarchtal Das ehemalige Prämonstratenser-Reichsstift Ober- nenstube ist in Rundform gebaut, hat einen vorsprin- marchtal besaß schon im 16. Jahrhundert eine von vie- genden Sockel, Halbrundfenster, ein profiliertes Trauf- len Reisenden gerühmte Wasserversorgung, die als gesims und wird von einem mit Holzschindeln gedeck- „Wunder der Wasser- und Bewässerungskunst" be- ten Spitzkuppeldach bekrönt. Bei einer Instandsetzung zeichnet wurde. Durch eine Bleiröhrenleitung in Ver- Anfang der siebziger Jahre wurden die aufgeputzten bindung mit einem Stauwehr und einer Mühle (Hebe- Fensterfaschen leider beseitigt. werk) an der Donau wurde das Wasser zum Kloster Nach der Säkularisation diente das Kloster den Fürsten hochgepumpt. Das Donauwasser diente offensichtlich von Thum und Taxis als Schloß. Erhaltenen Plänen nicht nur der Versorgung der Klosterbewohner, son- „von dem verbesserten Brunnen-Quellen-Häuschen" dern wurde auch zur Bewässerung der ausgedehnten von 1854 und einer 1862 gezeichneten Bauaufnahme Garten- und Parkanlagen genutzt. der ehemals sieben Quellhäuschen und des runden Neben dieser aus der Donau gespeisten Wasserversor- Sammelschachthauses nach zu urteilen, wurde diese gung gab es eine zweite südlich des Ortes gelegene Wasserversorgung auch noch im 19. Jahrhundert unter- Wasserversorgung, deren Ursprung sich bis in das frü- halten und weiter ausgebaut. Das Wasser speiste den he 18. Jahrhundert zurückverfolgen läßt. Diese Wasser- Schloßbrunnen und wurde zur Bewässerung der Grün- versorgung ist heute noch zum großen Teil erhalten. Sie flächen im Schloßgarten verwendet. besteht aus vier Quellhäuschen und einer um 1720 aus verputzten Backsteinen errichteten Brunnenstube, die Die ehemalige Zementmühle in Allmendingen zentral zwischen den Quellfassungen liegt und das na- Nachdem der Ulmer Apotheker Dr. Gustav Leube in türliche Gefälle zum Kloster hin ausnutzt. Die Brun- einer Schrift 1839 auf den in der Gegend vorhandenen

3 KLOSTER OBER- MARCHTAL. An- sicht auf einem Stich von Hütler, Augsburg 1768/72. Rechts von den Konventsgebäu- den sind die ausge- dehnten barocken Gartenanlagen zu er- kennen. 154 5 DAS BRUNNENHAUS in Obermarchtal, errichtet um 1720 6 DAS BRUNNENHAUS HEUTE. (Zustand 1971).

Kalkmergel aufmerksam gemacht hatte, entstanden An- führende Bahnlinie, die nicht wie um 1865 geplant über fang der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts in Allmen- Oberdischingen und Erbach nach Ulm geführt wurde. dingen eine Reihe von baulichen Anlagen zur Zement- Zu den in Allmendingen noch erhaltenen frühen Zeu- und Kalkgewinnung. 1842 baute beispielsweise Carl gen der Zementindustrie gehört die 1876 von dem Fa- Stiehle an der Schmiech ein „Stampfwerk mit Mahl- brikanten Anton Kneer nach Plänen des Werkmeisters gang zur Bereitung hydraulischen Kalkes" und einen Rabausch errichtete „Cementmahlmühle", eine heute Brennofen, wenige Jahre später Anton Fischer mit Un- malerisch im Wald gelegene Ruine, die der flüchtige terstützung von Eduard Schwenk ebenfalls einen Betrachter durchaus für eine Burgruine halten könnte. Brennofen. Damit war der wirtschaftliche Aufschwung Das im Grundriß etwa 13 x 19 m große zweigeschossige einer der ärmsten Gemeinden im ehemaligen Ober- Gebäude wurde aus unregelmäßigem Gußmauerwerk amtsbezirk Ehingen eingeleitet. Der sich entwickelnden errichtet. Zu erkennen sind noch der Mahlraum sowie Zementindustrie, die heute noch den Ort baulich prägt, der schmale Schacht des innenliegenden Radkastens, in verdankte Allmendingen nicht zuletzt auch den An- dem ehemals das 14 m hohe oberschlächtige Wasserrad schluß an die von Ehingen über nach Ulm lief, dessen Nabe sich auf dem heutigen Bodenniveau

7 ALLMENDINGEN, Ruine der Zementmühle. Die Faltens lockreihe zwischen Jeuringshofen und Schmiechen Das Tal zwischen Teuringshofen und Schmiechen wird landschaftlich geprägt durch die im Talgrund sich ent- langschlängelnde Schmiech mit ihren zahlreichen Weh- ren (Fallenstöcke). Diese Wehre - eine relativ einfache Konstruktion aus Pfeilern mit darüberliegendem Eisen- träger, auf dem das gußeiserne Gestänge befestigt ist, das die hölzernen Schieber betätigt - entstanden im Zu- sammenhang mit einer 1882 durchgeführten Korrektion des Bachbettes. Damit sollte einmal der Wasserstand reguliert werden, um einen möglichst gleichbleibenden Zufluß für das 1870 von Karl Ehmann errichtete Pump- werk in Teuringshofen zu gewährleisten, zum andern aber dienten die Wehre auch gleichzeitig der landwirt- schaftlichen Wiesenbewässerung. Noch heute lassen sich im Gelände die von den Wehren fischgrätartig ab- zweigenden kleinen Bewässerungsgräben erkennen, die nach Schließung des Schiebers unter Wasser gesetzt werden konnten. Die künstliche Wiesenbewässerung im Tal der Schmiech scheint sehr alten Ursprungs zu sein und dürfte bis in das Mittelalter zurückgehen. So heißt es beispielsweise in der Oberamtsbeschreibung von 1826: „Bey Theuringshofen macht sie (die Schmiech) sehr schöne Wasserfälle, hier wie im Lautertal Geißel ge- nannt ... Sonst wird sie auch wo es nöthig ist zur Wäs- FALLENSTOCK an der Schmiech. serung benutzt". Und in der Oberamtsbeschreibung von 1893 lesen wir: „Im oberen Thal wird auf den Wie- sen viel gewässert, wobei in dem porösen Tufflager, befand. Der große Durchmesser des Wasserrades (in Allmendingen gab es im 19. Jahrhundert auch ein Was- welches die ganze Thalsohle ausfüllt, viel Wasser verlo- serrad mit 18 m Durchmesser!) wurde benötigt, um die rengeht. Bemerkenswert ist die Thatsache, daß in dem zur Betreibung der Zementmühle erforderliche Aus- zerklüfteten Kalkgestein ganz ungeahnte Quellenver- gangsleistung bei dem nur spärlich zur Verfügung ste- bindungen bestehen; so verspürt, nach Angabe des henden Wasserfluß zu erreichen. Schultheißen Koch in Hütten, der Müller in Urspring jedesmal einen Zuwachs des Wassers in seinem Quell- Versorgt mit Wasser für den Antrieb wurde die Anlage topf, sobald oberhalb Hütten gewässert wird, und eine durch eine Quelle an der Altheimer Straße. Das Wasser merkliche Abnahme, sobald hier die Wässerung auf- wurde hier in einem Becken gestaut, an der Hangseite hört; geschworene Wässerer' handhaben daher seit al- des Tales entlanggeführt und über eine Brückenkon- ter Zeit eine gesetzmäßige Ordnung in der Wiesenbe- struktion zur Mühle geleitet. Von der Wasserfassung wässerung." sind noch der Damm des Staubeckens sowie die In der Begründung des Landesdenkmalamtes zur Kul- Grundmauern des Fassungshäuschens erhalten. turdenkmaleigenschaft der Wehre heißt es zusammen-

9 DAS SCHMIECHTAL zwischen Teuringshofen und Schmiechen. Im Mittelgrund die Schmiech mit einigen Fallenstöcken.

156 fassend: „Die Fallenstöcke, inzwischen für die Land- Rückkehr nach beschäftigte er sich als freibe- schaft dieses Talabschnittes charakteristisch, sind ein ruflich tätiger Ingenieur aus eigenem Antrieb mit den Beispiel des Wasserbaus des ausgehenden 19. Jahrhun- Problemen der Wasserversorgung der Schwäbischen derts, das zudem durch die historischen Gegebenheiten Alb. 1866 legte er eine umfassende Planung vor, wie die und Gebräuche dieser Gegend entscheidend geprägt wasserarmen Gemeinden auf den Albhochflächen aus- wurde. An der Erhaltung dieser Wehre besteht daher reichend mit Wasser versorgt werden könnten. Da sich aus wissenschaftlichen und aus heimatgeschichtlichen die Älbler aber kaum vorstellen konnten, Wasser aus Gründen ein öffentliches Interesse." den Tälern 200 oder 300 m hochzupumpen, begegnete Ehmann zunächst überall Skepsis. Lediglich beim Bür- germeister Fischer aus Justingen fand er offene Ohren. Das Pumpwerk in Teuringshofen (Stadt Schelklingen) Am 20. November 1869 beschloß der Gemeinderat ein- 1870 entstand nach Plänen von Karl Ehmann das stimmig, das Wagnis einzugehen. Eine Zuschußzusage Pumpwerk in Teuringshofen als erste Anlage der Alb- des Staates war für diesen Entschluß sicherlich aus- wasserversorgung, der Gruppe VIII, für die auf der schlaggebend. Albhochfläche gelegenen Orte Justingen, Ingstetten Das für den Antrieb der beiden liegenden Kolbenpum- und Hausen. Es war die erste Gruppenversorgung Eu- pen benötigte Wasser wurde von der Schmiech über ei- ropas, die seinerzeit weit über den regionalen Bereich nen Kanal abgezweigt. Ein oberschlächtiges Wasserrad hinaus große Beachtung fand. trieb die Pumpen an, die das Wasser in den heute noch Karl Ehmann (1827-1889) hatte in Stuttgart Ingenieur- erhaltenen Hochbehälter bei Justingen drückten. Das wissenschaften studiert und war danach ins Ausland, u. Wasserrad und die beiden Pumpen sind nicht mehr vor- a. in die Vereinigten Staaten, gegangen. Nach seiner handen. Die jetzige Maschinenausstattung, die auch

10 DAS PUMPWERK in Schelk- Hngen-Teuringshofen. Errichtet als er- stes Pumpwerk der Alhwasserversor- gung nach Plänen von Karl Ehmann 1870.

11 DAS PUMPWERK mit dem heute zugewachsenen Kanal im Vor- dergrund.

157 schon wieder denkmalschutzwürdig geworden ist, stellt hausen, Treffensbuch, Asch, Sonderbuch und Wippin- die zweite Maschinengeneration dar und stammt aus gen mit Wasser beliefert. den Jahren 1926 und 1930. Das kürzlich renovierte Maschinenhaus ist ein zweige- Das satteldachgedeckte Pumpenhaus - der Anbau mit schossiger Massivbau mit Satteldach. Die Giebel sind dem abgeschleppten Dach wurde später angefügt - wohl aus städtebaulichen Gründen in Fachwerk gestal- weist die für die Entstehungszeit 1870 charakteristi- tet. Auf der andern Seite der steht das Gebäude schen Elemente (gekoppelte Segmentbogenfenster im für den Wasserwerksbetreuer, ein ebenfalls zweige- Erdgeschoß, gesägte Abschlußbretter an den vortreten- schossiges Haus mit holzverschindeltem Obergeschoß. den Balkenköpfen des Dachstuhls) auf, insgesamt ein Beide Gebäude bilden eine Sachgesamtheit. schlichter Funktionsbau ohne großen gestalterischen Die maschinelle Ausstattung wurde öfters erneuert. Im Aufwand. Heute ist das Gebäude außen verputzt. Den Gegensatz zu Teuringshofen ist aber noch eine origina- erhaltenen Zeichnungen Ehmanns nach zu urteilen, le Kolbenpumpe aus dem Jahre 1875 in Betrieb, die sollte der Bau ursprünglich in Sichtbackstein errichtet von der Stuttgarter Maschinenfabrik G. Kuhn herge- werden. Eine Gesamtinstandsetzung des Pumpwerks, stellt wurde. Sie besitzt vier Zylinder, zwei Windkessel das bis 1910 als Musteranlage für die Pumpwerke der und ein mit Holzzähnen besetztes Zahnrad. Ihre Lei- Albwasserversorgung galt, ist geplant. Es soll als muse- stung beträgt sechs Liter pro Sekunde. Jahr für Jahr ale Anlage der Bevölkerung zugänglich gemacht wer- pumpt sie ca. 248 000 Kubikmeter Wasser 280 m hoch den. Wie bei fast allen von Ehmann projektierten Anla- auf die Alb. Nach Aussage des Betreibers hilft sie jähr- gen hat er sich auch hier selbstbewußt im Inneren auf lich etwa 32 000 DM an Stromkosten einsparen. einer gußeisernen Inschrifttafel ein Denkmal gesetzt: „Die Hoch- und Wasserbaulichen Anlagen, Pump-, Von den hier vorgestellten sechs technischen Kultur- Maschinen- und Triebwerkeinrichtung nach den Ent- denkmalen ist gegenwärtig keines akut gefährdet. Die würfen des Oberingenieurs der Alb-Wasser-Versorgung Klosterwasserversorgung Obermarchtal soll dem Ver- Oberbaurath Dr. v. Ehmann. Erbaut und ausgeführt nehmen nach wieder gangbar gemacht und das Pump- 1870". werk in Teuringshofen renoviert werden. Das Wasser- werk in Blaubeuren wurde bereits vor einigen Jahren instand gesetzt und die noch tätige Vierzylinderkolben- Das Pumpwerk in Blaubeuren pumpe aus dem Jahr 1875 wird ständig liebevoll gewar- Von 1600 bis 1875 diente die nahe am Blautopf stehen- tet. Ungewiß ist das Schicksal der Allmendinger Ze- de Marxenmühle der Stadt Blaubeuren als Wasser- mentmühlenruine und der zum Teil ruinösen Fallen- pumpwerk, bis die Stadt ein eigenes Wasserwerk beim stockreihe an der Schmiech. Die Hüle in Tiefenhülen Hammerwerk am Blautopf errichtet und die alte Mühle mit ihren Feuerschutzeinrichtungen sollte in absehba- an die Albwasserversorgung verkaufte. Auf dem Gelän- rer Zeit möglichst gar nicht renoviert werden, um die de der Marxenmühle errichtete Karl Ehmann 1875 das Ursprünglichkeit und Urtümlichkeit dieser Anlage Pumpwerk der Albwasserversorgungs-Gruppe III, das möglichst lange zu erhalten. Wie eine „sanierte" Hüle die Gemeinden Seißen, Suppingen, Berghülen, Bühlen- aussehen kann, zeigt die Hüle in Seißen, die in diesem

12 DAS PUMPWERK IN BLAUBEUREN, das 1875 nach Plänen von Karl Ehmann errichtet wurde. Im Vordergrund der Blaulopf mit der Blau, rechts die ehem. Klosterkirche.

158 13 DIE V1ER- ZYLINDERKOL- BENPUMPE im Pumpwerk Blau- beuren, gebaut 1875 von der Stuttgarter Maschinenfabrik G. Kuhn.

Jahr instand gesetzt wurde und seitdem wasserdurch- Conrad Matschoß und Werner Lindner: Technische lässig (!) ist. Sie hat außerdem durch den Gestaltwillen Kulturdenkmale. München 1932. unserer heutigen Zeit viel von ihrer Ursprüngiichkeit Theodor Wildeman: Die Erhaltung technischer Kultur- verloren. denkmäler unter besonderer Berücksichtigung der Ver- hältnisse in den Rheinlanden. Zeitschrift für Denkmal- pflege, III. Jg. 1928/29, S. 1-15. 14 „SANIERTE" HÜLE in Seißen. Technische Denkmale in der Deutschen Demokrati- schen Republik. 1973. Rainer Slotta: Technische Denkmäler in der Bundesre- publik Deutschland. Bd. 1 1975. Bd. 2 1977. Bd. 3 1980. Rainer Slotta: Einführung in die Industriearchäologie. Darmstadt 1982. Axel Föhl: Technische Denkmale im Rheinland. Köln 1976 (Landeskonservator Rheinland, Arbeitsheft 20). Winfried Müller: Vom Schöpfbrunnen zum Wasser- werk. Stuttgart 1981.

Zahlreiche Angaben zu den in diesem Beitrag vorge- stellten technischen Kulturdenkmalen verdanke ich meinen Kollegen Dr. Johannes Wilhelm, der gegenwär- tig den Alb-Donau-Kreis inventarisiert. Ihm sei an die- ser Stelle herzlich gedankt.

Dr. Eckart Hannmann Literatur: LDA ■ Bau- und Kunstdenkmalpflege Werner Lindner: Technische Kulturdenkmale. Die Schönbuchstraße 14 Denkmalpflege, Jg. 1930, S. 235-237. 7400 Tübingen-Bebenhausen 159