Plenarprotokoll 18/184

Deutscher

Stenografischer Bericht

184. Sitzung

Berlin, Freitag, den 8. Juli 2016

Inhalt:

Zur Geschäftsordnung , Bundesminister BMWi. . . . . 18227 C Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ Dr . (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)...... 18217 D DIE GRÜNEN)...... 18229 A (SPD)...... 18219 A (DIE LINKE) ...... 18230 A Dr . (DIE LINKE)...... 18220 A Dr . Georg Nüßlein (CDU/CSU)...... 18231 A Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU)...... 18221 B Dr . (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)...... 18233 A (SPD)...... 18234 B Tagesordnungspunkt 33: Dr . (CDU/CSU)...... – Zweite und dritte Beratung des von den 18235 A Fraktionen der CDU/CSU und SPD einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ein- Namentliche Abstimmung ...... 18236 D führung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu wei- teren Änderungen des Rechts der erneu- Ergebnis ...... 18239 D erbaren Energien (Erneuerbare-Energi- en-Gesetz – EEG 2016) Drucksachen 18/8860, 18/9096...... 18222 C Tagesordnungspunkt 34: – Zweite und dritte Beratung des von der a) Antrag der Abgeordneten Jan van Aken, Bundesregierung eingebrachten Entwurfs Wolfgang Gehrcke, , eines Gesetzes zur Einführung von weiterer Abgeordneter und der Fraktion Ausschreibungen für Strom aus erneu- DIE LINKE: Genehmigungen für Rüs- erbaren Energien und zu weiteren Än- tungsexporte in die Staaten des Golfko- derungen des Rechts der erneuerbaren operationsrates widerrufen und keine Energien (Erneuerbare-Energien-Ge- neuen erteilen setz – EEG 2016) Drucksache 18/8930...... 18237 A Drucksachen 18/8832, 18/8972, 18/9096. . . 18222 D b) Beschlussempfehlung und Bericht des (SPD)...... 18222 D Ausschusses für Wirtschaft und Ener- gie zu dem Antrag der Abgeordneten Jan Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE)...... 18224 A van Aken, Wolfgang Gehrcke, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Dr . (CDU/CSU)...... 18225 A Fraktion DIE LINKE: Waffenexporte in Dr . Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ die Golfregion verbieten DIE GRÜNEN)...... 18226 C Drucksachen 18/768, 18/1674...... 18237 B II Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 in Verbindung mit eines Gesetzes zur weiteren Fortentwick- lung der parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes Zusatztagesordnungspunkt 6: Drucksache 18/9040...... 18263 C Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- wärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten , Agnieszka in Verbindung mit Brugger, , weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Jemen – Militärische Intervention Zusatztagesordnungspunkt 9: stoppen – Neue Friedensverhandlungen Antrag der Abgeordneten Hans-Christian beginnen Ströbele, Dr . , Irene Drucksachen 18/5380, 18/6145 ...... 18237 B Mihalic, weiterer Abgeordneter und der Frak- Jan van Aken (DIE LINKE)...... 18237 C tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für eine wirksamere Kontrolle der Nachrichten- Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU)...... 18242 B dienste Drucksache 18/8163...... 18263 C (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)...... 18244 C (Altötting) (CDU/CSU). . . . . 18263 D Ulrich Hampel (SPD)...... 18246 A Dr .André Hahn (DIE LINKE)...... 18265 B (BÜNDNIS 90/ Uli Grötsch (SPD)...... 18266 C DIE GRÜNEN)...... 18246 B Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ Dr . Joachim Pfeiffer (CDU/CSU)...... 18247 A DIE GRÜNEN)...... 18267 C Matthias Ilgen (SPD) ...... 18249 A (CDU/CSU)...... 18269 A Jan van Aken (DIE LINKE)...... 18249 D (SPD)...... 18270 D Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)...... 18250 D DIE GRÜNEN)...... 18272 A Andreas G . Lämmel (CDU/CSU)...... 18251 D (Weil am Rhein) (CDU/ CSU)...... 18272 B Jan van Aken (DIE LINKE)...... 18253 C Dr . Karl-Heinz Brunner (SPD)...... 18254 A Zusatztagesordnungspunkt 10: Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)...... 18254 D Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs Barbara Lanzinger (CDU/CSU)...... 18255 D eines Gesetzes zur Ausland-Ausland-Fern- Dr . Ute Finckh-Krämer (SPD) ...... 18256 D meldeaufklärung des Bundesnachrichten- dienstes Drucksache 18/9041...... 18274 A Zusatztagesordnungspunkt 7: , Bundesminister für besondere Zweite und dritte Beratung des von der Bun- Aufgaben...... 18274 B desregierung eingebrachten Entwurfs eines Dr .André Hahn (DIE LINKE)...... 18276 A Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundes- jagdgesetzes Dr . Eva Högl (SPD) ...... 18277 C Drucksachen 18/4624, 18/9093 ...... 18257 D Dr . Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ Rita Stockhofe (CDU/CSU)...... 18258 A DIE GRÜNEN)...... 18279 B Dr . (DIE LINKE)...... 18259 A Dr . (CDU/CSU) ...... 18280 B Petra Crone (SPD)...... 18259 D Dr . Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)...... 18281 D (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)...... 18261 A (SPD)...... 18283 C Cajus Caesar (CDU/CSU)...... 18262 A Tagesordnungspunkt 37: Antrag der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Zusatztagesordnungspunkt 8: , Peter Meiwald, weiterer Abge- Erste Beratung des von den Fraktionen der ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs GRÜNEN: Verbindliche Umwelt- und Sozi- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 III

alstandards in der internationalen Palmöl- ren Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – produktion verankern EEG 2016) Drucksache 18/8398...... 18285 A (Tagesordnungspunkt 33)...... 18295 A Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)...... 18285 B Anlage 4 Jürgen Klimke (CDU/CSU)...... 18286 B Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten (DIE LINKE) ...... 18288 B und Dr . (bei- Stefan Rebmann (SPD)...... 18289 C de SPD) zu der namentlichen Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU/CSU (CDU/CSU) ...... 18291 A und SPD eingebrachten Entwurf eines Geset- zes zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu wei- Nächste Sitzung ...... 18292 D teren Änderungen des Rechts der erneuerba- ren Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – Berichtigung...... 18292 D EEG 2016) (Tagesordnungspunkt 33)...... 18296 C

Anlage 1 Anlage 5 Liste der entschuldigten Abgeordneten. . . . . 18293 A Erklärungen nach § 31 GO zu der namentli- chen Abstimmung über den von den Fraktio- Anlage 2 nen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von Erklärung nach § 31 GO der Abgeordne- Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren ten (Heidelberg), Edelgard Energien und zu weiteren Änderungen des Bulmahn, Dr .h . c . , Dr .Matthias Rechts der erneuerbaren Energien (Erneuerba- Miersch, , , re-Energien-Gesetz – EEG 2016) Dr .Simone Raatz, Gerold Reichenbach, René (Tagesordnungspunkt 33)...... 18297 D Röspel, , Christoph Strässer und (alle SPD) zu der namentlichen Marco Bülow (SPD)...... 18298 A Abstimmung über den von den Fraktionen der Dr . Ute Finckh-Krämer (SPD)...... 18298 D CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von Ausschrei- Gabriele Hiller-Ohm (SPD)...... 18300 A bungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der (SPD)...... 18301 B erneuerbaren Energien (Erneuerbare-Energi- (SPD) ...... 18302 A en-Gesetz – EEG 2016) (Tagesordnungspunkt 33)...... 18293 D Dr . Birgit Malecha-Nissen (SPD)...... 18303 B Bettina Müller (SPD) ...... 18304 B

Anlage 3 Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/ CSU)...... 18305 C Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten und Martina Stamm-Fibich Dr . (SPD)...... 18305 C (beide SPD) zu der namentlichen Abstimmung (SPD)...... 18306 B über den von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf eines Geset- zes zur Einführung von Ausschreibungen für Anlage 6 Strom aus erneuerbaren Energien und zu wei- teren Änderungen des Rechts der erneuerba- Amtliche Mitteilungen...... 18306 C

Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18217

(A) (C)

184. Sitzung

Berlin, Freitag, den 8. Juli 2016

Beginn: 9 .01 Uhr

Präsident Dr. : Bevor wir nun in unsere Tagesordnung eintreten, Nehmen Sie bitte Platz . Die Sitzung ist eröffnet . möchte ich Ihnen mitteilen, dass sich der Ältestenrat in der gestrigen Sitzung darauf verständigt hat, in der Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Sie alle Haushaltswoche ab dem 5 .September, also in unserer herzlich zu unserer voraussichtlich letzten Plenarsitzung voraussichtlich nächsten ordentlichen Sitzungswoche, vor der Sommerpause . wie üblich keine Befragung der Bundesregierung, keine (Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der Fragestunde und auch keine Aktuellen Stunden durch- SPD – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/ zuführen . Als Präsenztage sind wie üblich die Tage von DIE GRÜNEN]: Vor!) Montag, dem 5 .September, bis Freitag, dem 9 .Septem - ber 2016, festgelegt worden . – Dazu stelle ich Ihr Einver- Gestern Abend hat in Marseille ein Fußballspiel statt- nehmen fest . gefunden, Bevor wir in unsere Tagesordnung eintreten, müssen (B) (Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE wir einen Geschäftsordnungsantrag behandeln . Die (D) GRÜNEN]: Haben wir deswegen eine Son- Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat beantragt, die zwei- dersitzung? – Michael Grosse-Brömer [CDU/ te und dritte Beratung der von den Fraktionen der CDU/ CSU]: Vielen Dank für die Erinnerung!) CSU und SPD sowie von der Bundesregierung einge- das die deutsche Mannschaft gerne gewonnen hätte . brachten Entwürfe eines Erneuerbare-Energien-Gesetzes Tatsächlich hat die französische Mannschaft gewonnen, von der heutigen Tagesordnung abzusetzen . Das Wort weil sie die Tore erzielt hat, die der deutschen Mann- zur Geschäftsordnung hat die Kollegin Haßelmann . schaft nicht gelungen sind . (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Bril- Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): lante Analyse!) Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Namen meiner Fraktion beantrage ich, Deswegen nutze ich die Gelegenheit gerne, der Équipe dass wir heute den Tagesordnungspunkt zum Erneuerba- Tricolore und unseren französischen Freunden herzlich re-Energien-Gesetz absetzen . zum Einzug in das Finale der Fußballeuropameister- schaft zu gratulieren (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall) und bei der LINKEN) und der deutschen Mannschaft zu dem grandiosen Tur- Es besteht kein unmittelbarer Zeitdruck, diese Geset- nier, das sie in Frankreich geboten hat . zesvorlage, die beim Kollegen Hofreiter auf dem Tisch liegt – das, was ich hier habe, ist nur der Änderungsum- (Beifall) druck –, heute im Deutschen Bundestag zu verabschie- Ich will eine Bemerkung hinzufügen: Im Som- den . Weder im Hinblick auf den Bundesrat noch auf die mer 1916, vor 100 Jahren, sind sich Franzosen und Deut- europäische Ebene ist die Verabschiedung eines solchen sche nicht auf Fußballfeldern, sondern auf Schlachtfel- Gesetzentwurfes unter dem Zeitdruck und mit der man- dern begegnet . Gewonnen hat damals niemand, aber es gelnden Sorgfalt und Prüfungsmöglichkeit für das ge- gab Millionen Tote . samte Parlament zu vertreten . Das vermittelt uns die doppelt tröstliche Gewissheit, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dass es doch einen Fortschritt in Europa gibt . und bei der LINKEN) (Beifall im ganzen Hause) Deshalb beantragen wir diese Absetzung . 18218 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Britta Haßelmann (A) Was geht dem voraus? Am Mittwoch tagten die Fach- senform ein . Die hatten ja noch Glück; denn sie hatten (C) ausschüsse des Deutschen Bundestages, federführend die Vorlage wenigstens um 9 .41 Uhr . Um 10 Uhr begann der Wirtschaftsausschuss . Die Koalitionsfraktionen hat- die Sitzung . ten sich anscheinend erst Dienstagnacht auf die umfang- reichen Änderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (Dr .Michael Fuchs [CDU/CSU]: Reicht geeinigt doch!)

(Zurufe von der CDU/CSU und der SPD: Der Rechtsausschuss – auch kein geringer Ausschuss; Montagnacht!) er befasst sich sorgfältig mit Gesetzentwürfen – bekam und kündigten schon mal im Obleutegespräch viele De- das Ganze um 10 30. Uhr als Tischvorlage .– Meine Da- tailänderungen des Gesetzes an . Da kann man von vorn- men und Herren, ich glaube, mehr Argumente braucht es herein schon mal sagen: „Vorsicht, meine Damen und nicht, um darzulegen, dass dieser Beratungsvorgang voll- Herren“; denn es ist nicht das erste Mal, dass wir das kommen inakzeptabel für ein Parlament ist . Erneuerbare-Energien-Gesetz im Deutschen Bundes- tag beraten . Ich erinnere daran: Im Juni 2014 sollte das (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Erneuerbare-Energien-Gesetz schon einmal durch den und bei der LINKEN) Bundestag gepeitscht werden, Gleich werden sicherlich von den anderen Fraktionen ( [SPD]: „Gepeitscht“ nie- Argumente bemüht wie: mals!) ( [Peine] [SPD]: Warten Sie und zwar von Dienstag bis Freitag . doch mal ab!) Meine Damen und Herren, was haben wir uns damals alles anhören müssen! Großkotzig und etwas selbstgefäl- Das hatten wir doch schon mal, das hat doch jeder schon lig mal gemacht, die Große Koalition, Schwarz-Gelb oder auch Rot-Grün .– Ich frage Sie mal: Sind Sie eigentlich (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zufrieden damit? Das Parlament wird doch nicht dadurch und bei der LINKEN – Widerspruch bei der besser, dass man schlechte Praxis fortsetzt, oder? CDU/CSU und der SPD) äußerte sich damals Wirtschaftsminister Gabriel, nach (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Motto, ob die Grünen nicht in der Lage seien, fünf und bei der LINKEN) Seiten Synopse zu 270 Seiten Änderungsanträge zu le- (B) sen, Wenn ich Sie fragen würde, wer von Ihnen das hier (D) gelesen hat, ( [CDU/CSU]: Genau!) (Zuruf von der LINKEN: Und verstanden und dass doch alles gebongt sei, weil sein gutes Ministe- hat!) rium das vorbereitet habe . Wissen Sie, was das Resultat war? Die Koalitionsabgeordneten machten Augen und dann würde vielleicht ein Drittel von Ihnen aufzeigen; Ohren zu, zogen das Ding durch . Und kaum war das Ge- „verstanden“, danach frage ich erst gar nicht . setz unterzeichnet und in Kraft, kam es zur ersten Ände- rung des Gesetzes; sie erfolgte peinlicherweise schon am (Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr gut! – 22 .Juli 2014 . Die zweite gesetzliche Änderung hier im Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Man muss es Bundestag folgte dann am 22 . Dezember 2014 . Die dritte auch verstehen wollen!) Änderung, meine Damen und Herren, erfolgte dann am 29 . Juni 2015, Ich gehe davon aus, dass über die Hälfte des Hauses das (Volker Kauder [CDU/CSU]: Na und?) Ding hier überhaupt nicht gelesen hat . die vierte Änderung am 21 . Dezember 2015 . (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Was ist denn mit Ihnen? – Michael Grosse-Brömer [CDU/ (Dr . Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Und die CSU]: Das ist eine Unterstellung!) fünfte heute!) So viel zum Thema Schlamperei und nicht sorgfältige Zum Abschluss . Kommen Sie mir nachher nicht wie- Arbeit im Bundeswirtschaftsministerium und im Parla- der mit den Argumenten, Ihre Fraktionen hätten das gele- ment selbst . sen . Kommen Sie mir auch nicht damit, dass wir das im- mer praktiziert haben . Das ist kein Grund, eine schlechte (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Praxis im Parlament fortzusetzen, und das ist ganz ein- und bei der LINKEN) deutig schlechte Praxis . Ich garantiere Ihnen – ich würde Meine Damen und Herren, wer denkt, dass man aus jede Wette eingehen –, dass Sie, unabhängig von dem solchen Fehlern lernt und klug wird, der hat sich gehörig heutigen Beschluss, schon längst dabei sind, – getäuscht . Am Mittwochmorgen um 9 41. Uhr gingen bei den Mitgliedern des Wirtschaftsausschusses per Mail – Präsident Dr. Norbert Lammert: denn so schnell konnte die Bundestagsverwaltung gar nicht arbeiten – 412 Seiten Änderungsantrag in Synop- Frau Kollegin . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18219

(A) Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich sage: Ja . (C) – für September, Oktober oder November die nächste (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Änderung vorzubereiten; denn die ersten Fehler haben NEN]: Nein! Gibt es überhaupt nicht!) Sie bei den Beratungen schon entdeckt . Denn es gibt manchmal Situationen, in denen man ein (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN solches Verfahren durchziehen muss . und bei der LINKEN – Volker Kauder [CDU/ CSU]: Jetzt machen wir es am 1 .Dezember! Sie wissen selbst, dass die Notifizierung Ende 2016 Den haben Sie nicht genannt!) ausläuft ( [BÜNDNIS 90/DIE Präsident Dr. Norbert Lammert: GRÜNEN]: Ende 2016!) Für die SPD-Fraktion erhält die Kollegin Christine und dass damit die Förderung von Erneuerbare-Energi- Lambrecht das Wort . en-Anlagen nicht mehr möglich wäre . Mal allen Erns- tes, liebe Kolleginnen und Kollegen: Das kann in diesem (Beifall bei der SPD) Haus doch wirklich niemand wollen, vor allem nicht jene, denen der Ausbau der erneuerbaren Energien am Christine Lambrecht (SPD): Herzen liegt . Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her- (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Haßelmann, Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE Sie haben uns und damit auch mich gefragt, ob ich mit GRÜNEN]: Ausbau? Abbau! Sie haben sich dem Verfahren zufrieden bin . Ich sage als Parlamentari- versprochen! Es geht um den Abbau!) erin: Nein . Das hätte ich eigentlich von Ihnen erwartet . (Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum machen Sie es dann?) (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Sie haben es nicht verstanden!) Es hätte auch anders laufen können, und es hätte eigent- lich auch anders laufen sollen . Wir wissen, wie lange ein solches Notifizierungsver- fahren auf europäischer Ebene dauert: in der Regel fast (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LIN- acht Monate . Deswegen wäre es eben nicht möglich ge- KEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- wesen, zu sagen: Ach, das schieben wir auf die Zeit nach NEN – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/ der Sommerpause .– Dann wäre Ihnen bestimmt noch et- (B) DIE GRÜNEN]: Wer ist denn daran schuld?) was eingefallen . Nein, es ist notwendig, dass wir diesen (D) Schritt gehen, damit erneuerbare Energien weiter ausge- Wir haben eine solche Situation in verschiedenen baut werden können . Konstellationen erlebt; Sie haben darauf hingewiesen . Ich bin seit 1998 dabei, und auch ich habe unterschied- Ich muss auch ehrlich sagen: Ich habe den Eindruck: lichste Konstellationen erlebt . Es ist für einen Parlamen- Ihnen sind die sachlichen Argumente abhandengekom- tarier sehr schwierig, wenn man so eine Tischvorlage men . bekommt . Ich kann mich noch gut daran erinnern, als (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) im Rechtsausschuss vom Kollegen Trittin oder von der Kollegin Künast, damals als Minister, Tischvorlagen mit Deswegen machen Sie jetzt eine Geschäftsordnungsde- einer ähnlichen Dimension vorgelegt wurden . batte wie in vielen anderen Fällen auch . In dem parla- mentarischen Verfahren sind viele positive Änderungen (Zuruf der Abg . Renate Künast [BÜND- erreicht worden, die auch in Ihrem Interesse sein müss- NIS 90/DIE GRÜNEN] – Weitere Zurufe vom ten, wenn Sie tatsächlich am Ausbau der erneuerbaren BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Gegenruf des Energien interessiert wären . Abg . Volker Kauder [CDU/CSU]: Jetzt hört doch mal zu!) (Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE Das ist eine schwierige Situation . Aber 400 Seiten – das GRÜNEN]: Wie peinlich!) ist eben von Ihnen ja genannt worden – bedeuten ja nicht 400 Seiten Änderungsanträge, sondern es handelt sich Als Beispiel nenne ich nur: Bürgerenergiegesellschaften um eine Synopse . Wenn man es eindampfen würde, dann müssen jetzt 10 Prozent ihrer Anteile der Kommune vor wären es nur noch einige Seiten; aber es wären eben im- Ort anbieten . Wozu führt das denn? Das führt zu Akzep- mer noch einige Seiten . tanz vor Ort, und deswegen ist diese Veränderung im In- teresse der Energiewende . (Dr .W olfgang Strengmann-Kuhn [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie die gele- (Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sen?) NEN]: Zur Geschäftsordnung, bitte! – [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es stellt sich die Frage, ob dieses Verfahren tatsäch- Herr Präsident, ist das eine sachliche Debat- lich notwendig ist . te?) (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Mieterstrommodelle sollen über eine Verordnung er- NEN]: Ist es nicht! Es gibt keine Frist!) möglicht werden . Damit können auch die Städte von den 18220 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Christine Lambrecht (A) Erneuerbaren erreicht werden . Außerdem können Privat- die Akteure und andere Initianten in diesem Bereich in (C) personen und kleine Unternehmen Dachphotovoltaikan- Zukunft mit Investitionen zurückhalten werden . lagen weiter nach dem System der garantierten Einspei- (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Was sind denn severgütung errichten . Ich glaube, das ist ebenfalls ein „Initianten“?) richtiger Schritt, der genau durch diese von Ihnen kriti- sierten Änderungen erreicht werden konnte . Das heißt für uns – das wird deutlich, wenn man Ihr Gebaren in Sachen Energiepolitik in diesem Land beob- Liebe Kolleginnen und Kollegen, man hätte dieses achtet –: Es droht ein Rückschritt in die Energiewelt des Verfahren auch anders machen können, 20 . Jahrhunderts . (Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- aber aufgrund des Zeitdrucks und der auslaufenden Noti- neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – fizierung ist es eben notwendig. Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wer hat Ihnen das aufgeschrieben? Das ist Quatsch!) (Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Peinlich! Peinlich!) Das EEG ist in immerhin 60 Länder sozusagen expor- tiert worden oder von diesen kopiert worden, und zwar Lassen Sie uns jetzt den Gesetzentwurf beraten und be- erfolgreich . schließen – im Interesse des Erfolgsmodells der erneuer- baren Energien, damit sie weiter gefahren werden kön- (Johann Saathoff [SPD]: So schlecht kann es nen . dann ja nicht gewesen sein!) Vielen Dank . Und wir verändern jetzt permanent das EEG zu seinem Nachteil . (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Die Debatte kriegen wir noch!) Präsident Dr. Norbert Lammert: Das halte ich ebenfalls für ein Problem, weil Sie sich da- Petra Sitte erhält nun das Wort für die Fraktion Die mit aus der Reihe der Vernünftigen auskoppeln . Linke . (Dr . Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Haben Sie (Beifall bei der LINKEN) keine Redezeit in der Debatte bekommen? – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Dann waren wir Dr. Petra Sitte (DIE LINKE): bisher doch die Vernünftigen! Immerhin ein (B) Herr Präsident! Wenn dieses Gesetz etwas auszeich- Fortschritt!) (D) net, dann überstürzte Verfahren: Immer ist es eilig, es Ich darf daran erinnern, dass die übereilten Verfahren im- steht ein Termin an, es ist eine Notifizierung notwendig mer wieder – meine Kollegin hat das im Einzelnen minu- usw . Es kann ja sein, dass zu Zeiten von Rot-Grün Vorla- tiös dargelegt – zu gravierenden Fehlern geführt haben . gen zur Energiepolitik fehlerhaft waren . Es kann ja sein, Der letzte große Fauxpas führte sogar dazu, dass wir mit dass die Änderungsvorlagen aus der Zeit von Schwarz- einem sogenannten Omnibusgesetz eine ganze Branche Gelb oder anderen zu kurzfristig vorgelegt wurden . Und retten mussten, nämlich die Bioenergiebauern . es kann auch sein, dass die Beratungen damals genau- so ungeordnet, chaotisch oder überstürzt gewesen sind . (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und Aber trotzdem gibt es zwei Gründe, warum wir heute da- des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) rüber reden müssen: Das war ein Warnzeichen, genau so nicht damit umzu- Der erste Grund: Bei den damaligen Vorlagen ging es gehen . um einen Einstieg in die Energiewende . (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- Der zweite Grund: Heute geht es mindestens um eine neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Verlangsamung, wenn nicht gar um einen Ausstieg aus Zum parlamentarischen Verfahren in dieser Woche: der Energiewende . Das ist das Problem . Wie gesagt, am Mittwoch, 9 40. Uhr, kam die Vorlage . Um 10 Uhr begannen die Ausschusssitzungen . (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der (Volker Kauder [CDU/CSU]: Das hatten wir SPD – [SPD]: Das ist ja lach- alles schon! Weiter!) haft! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Glauben Sie eigentlich, was Sie da erzählen?) Die Abgeordneten waren zum Teil schon unterwegs, so- dass diese Vorlage sie überhaupt nicht erreicht hat . Mitbe- Und das ist auch der Hauptgrund, warum wir dieses ratende Ausschüsse, also nicht nur der Rechtsausschuss, Verfahren kritisieren . Dieses Gesetz ist hochkompliziert . sondern auch der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, der Ausschuss für Ernährung (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Für Sie wahr- und Landwirtschaft sowie der Ausschuss für Verkehr und scheinlich zu kompliziert!) digitale Infrastruktur, hatten die Vorlage zu diesem Zeit- Das ist es schon immer gewesen . Diese Verfahren füh- punkt noch nicht . Ihre Sitzungen hatten zum Teil nämlich ren dazu, dass noch mehr Verwirrung gestiftet wird, dass schon längst begonnen . Das ist für die Abgeordneten na- noch mehr Verunsicherung gestiftet wird und dass sich türlich ein Problem, das ist natürlich für seriöse Beratun- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18221

Dr. Petra Sitte (A) gen ein Problem, und das ist auch für eine Verteidigung einmal auf, zu jammern, und machen Sie inhaltliche Ar- (C) des EEG gegenüber der Gesellschaft ein Problem . beit, damit Sie uns beeindrucken können! (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – NIS 90/DIE GRÜNEN) Widerspruch bei der LINKEN) Wieder einmal gilt das 80 : 20-Prinzip: 80 Prozent Das schaffen Sie nicht durch Geschäftsordnungsdebatten Mehrheit der Koalition, 20 Prozent für die Opposition . in jeder Sitzungswoche – mit Sicherheit nicht . Es gilt: Was interessieren mich die Einwände der Opposi- tion? Was kümmern mich die Kritiken von Experten und Das, was Ihnen das Bundesverfassungsgericht zu den Betroffenen? Oppositionsrechten gesagt hat, ist doch viel interessan­ ter: dass wir Ihnen als Große Koalition wesentlich mehr (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Rechte zugestanden haben, Quatsch!) (Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Zur Was soll das? Wir können es ja hier mal einfach so be- Sache!) schließen! – Im Normenkontrollverfahren vor dem Bun- desverfassungsgericht haben vor allem die Vertreter der als Ihnen nach Ihren Wahlergebnissen überhaupt zuge- Union darauf hingewiesen, wie wichtig und bedeutsam kommen wären . aus ihrer Sicht die Rolle des einzelnen Abgeordneten (Beifall bei der CDU/CSU) ist; das haben sie betont . In dem Verfahren, über das wir gerade sprechen, ist das aber umgekehrt: Das Recht des Also hören Sie auf, zu jammern, und fangen Sie mit der einzelnen Abgeordneten, sich umfassend mit der Materie ordentlichen Arbeit an! zu beschäftigen, sich seriös einzuarbeiten und mit seinen (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Kollegen abzustimmen, ob das fachlich überhaupt trägt, ordneten der SPD) wird von Ihnen vollkommen ignoriert . Sie legen darauf überhaupt keinen Wert . Der zweite Punkt: Ich bin der Kollegin Haßelmann wirklich sehr dankbar dafür, dass sie auch kurz in die (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- Vergangenheit geschaut hat . Ich erinnere mich gerne an NIS 90/DIE GRÜNEN) meine Anfangszeit im Bundestag – allerdings nicht so Die Entscheidungssouveränität des Abgeordneten war gern, weil ich damals noch in der Opposition gewesen Ihnen im Zusammenhang mit dem Normenkontrollver- bin, hoffentlich zum letzten Mal –; ich erinnere mich an fahren vor dem Bundesverfassungsgericht wichtig; aber den Rechtsausschuss . Voller Spannung ging man Mitt- (B) in der Praxis sieht das anders aus . wochmorgen dorthin, und dann kam das rot-grüne EEG (D) auf die Tagesordnung . Wissen Sie, was für Änderungsan- Ich stelle fest: Die Abgeordneten der Koalitionsfrak- träge ich dazu bekommen habe? Dagegen ist Ihr „Zettel- tionen geben ihre Entscheidungssouveränität in diesem werkchen“ eine Lachnummer . Verfahren vollkommen ab . Ich stelle fest, dass sie ihrer Kontrollaufgabe gegenüber der Regierung nicht nach- ( [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- kommen . NEN]: Das hatte aber nur zwölf Seiten!) (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Unverschämt- Die Änderungsanträge, die damals von Rot-Grün kamen, heit!) konnte ich gar nicht allein in mein Büro tragen, Um bei dem Bild zu bleiben, das der Präsident am An- (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – fang benutzt hat: Sie laufen wieder Gefahr, ein Eigentor Heiterkeit bei der SPD) zu schießen . ein solcher Berg war das – obwohl es Freitag debattiert Fazit: Stimmen Sie der Absetzung dieses Tagesord- werden sollte! Das ist die Wahrheit . nungspunkts zu! (Beifall bei der CDU/CSU – Dr .Anton (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: NIS 90/DIE GRÜNEN) Herr Grosse-Brömer, waren Sie damals so schwach, dass Sie nicht mal zwölf Seiten tra- gen konnten?) Präsident Dr. Norbert Lammert: Für die CDU/CSU-Fraktion: Michael Grosse-Brömer . Wenn Sie von Schlamperei reden, dann erinnern Sie sich einmal daran – da war ich glücklicherweise noch (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg . nicht Mitglied des Bundestages –, als es eine Gesund- [SPD]) heitsministerin der Grünen – Andrea Fischer – gab, die 24 Seiten eines Gesetzes vollständig vergessen hatte . Da Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU): ist es mir doch lieber, ich bekomme nachträglich 100 Sei- ten an Informationen, bevor 24 Seiten überhaupt nicht im Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Gesetz vorhanden sind . Kollegen! Frau Kollegin Sitte, es ist wirklich schade, dass Sie auch nach zweieinhalb Jahren noch nicht in Ih- (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU rer Oppositionsrolle angekommen sind . Hören Sie doch sowie bei Abgeordneten der SPD) 18222 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Michael Grosse-Brömer (A) Zu diesen Punkten kann ich Ihnen nur den Rat geben: Präsident Dr. Norbert Lammert: (C) Hören Sie auf, immer das Verfahren zu kritisieren! Ma- Herr Kollege Grosse-Brömer, ich will mich nur verge- chen Sie inhaltliche Arbeit! Dadurch können Sie auch wissern: Mit Blick auf den Bundesrat haben Sie nicht die beeindrucken . Aufsetzung weiterer Tagesordnungspunkte beantragt? Im Übrigen: Die Länder, die heute über dieses Gesetz (Heiterkeit bei der CDU/CSU – Volker Kauder dringend abschieben wollen, [CDU/CSU]: Kommt noch! – Hubertus Heil [Peine] [SPD], an den Abg . Michael Grosse- (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Brömer [CDU/CSU] gewandt: Was hattest du „Abschieben wollen“!) heute zum Frühstück?) entscheiden wollen – – Gut, das beruhigt mich sehr, was den Ablauf unserer heu- (Lachen bei der LINKEN und beim BÜND- tigen Sitzung angeht . NIS 90/DIE GRÜNEN) Wir stimmen jetzt über den Geschäftsordnungsantrag – Ja, das wäre mein Wunsch, dass manche Länder beim ab . Wer dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Abschieben ein bisschen erfolgreicher wären; das ist folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen .– Wer auch wahr . stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Ge- schäftsordnungsantrag abgelehnt . (Beifall bei der CDU/CSU) Wir kommen damit zum Tagesordnungspunkt 33: Aber auch sie wollen sich mit der Energiepolitik beschäf- – Zweite und dritte Beratung des von den Frak- tigen und haben deshalb beim Bundesrat Fristverzicht tionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten erklärt . Sie wollen also genau das Gegenteil von Ihnen Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung von und sagen: Wir möchten gern entscheiden . – Sie stehen Ausschreibungen für Strom aus erneuer- nämlich in der Verantwortung und können nicht als Op- baren Energien und zu weiteren Änderun- position permanent rumjammern, sondern sie sagen: Wir gen des Rechts der erneuerbaren Energien müssen den Bürgerinnen und Bürgern und den Unterneh- (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG 2016) men in Deutschland Rechtssicherheit geben, damit sie wissen, ob sie noch investieren sollen und wie es mit der Drucksache 18/8860 erneuerbaren Energie weitergeht . Das ist wahrhafte Ver- – Zweite und dritte Beratung des von der Bun- antwortung in der Regierung . Die nehmen sie wahr; auch desregierung eingebrachten Entwurfs eines Sie sind ja an Landesregierungen beteiligt . Die sehen es Gesetzes zur Einführung von Ausschrei- eben gravierend anders als Sie als Bundestagsfraktion, (B) bungen für Strom aus erneuerbaren (D) die hier permanent versucht, über Geschäftsordnungsde- Energien und zu weiteren Änderungen batten in der Sitzungswoche Aufmerksamkeit zu bekom- des Rechts der erneuerbaren Energien men . Es geht auch anders . (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG 2016) Frau Haßelmann, wenn Sie hier immer stehen und er- Drucksachen 18/8832, 18/8972 klären: „Ja, gut, das verstehe ich überhaupt nicht: Warum nehmen Sie denn Ihre Parlamentsrechte nicht wahr?“, Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- sage ich Ihnen: Ich brauche von Ihnen keine Belehrun- schusses für Wirtschaft und Energie (9 .Aus - gen, wie die CDU/CSU-Fraktion im Parlament zu han- schuss) deln hat . Drucksache 18/9096 (Zuruf der Abg . Britta Haßelmann [BÜND- Zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU/CSU NIS 90/DIE GRÜNEN]) und SPD liegen ein Entschließungsantrag der Fraktion Diese Kollegen prüfen die Unterlagen mit Sicherheit so Die Linke sowie ein Entschließungsantrag der Fraktion genau wie Sie . Bündnis 90/Die Grünen vor . Über den Gesetzentwurf werden wir später namentlich abstimmen . (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Ja!) Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache 60 Minuten vorgesehen .– Dazu höre ich Und wenn sie zur der Auffassung gelangen, sie können keinen Widerspruch, also können wir so verfahren . entscheiden, dann ist das ihre Entscheidung . Da brau- Ich eröffne die Debatte und erteile dem Kollegen che ich von Ihnen keine Belehrungen . Wir sind keine Johann Saathoff für die SPD-Fraktion das Wort . schlechteren Parlamentarier als Sie, (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

und deswegen wird dieser Tagesordnungspunkt nicht ab- Johann Saathoff (SPD): gesetzt, sondern sinnvollerweise heute debattiert . Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Vielen Dank . Kollegen! Verännerungen mutten up een fasten Grund stahn, würde man in Ostfriesland sagen . Das heißt, Ver- (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU – Bei- änderungen brauchen einen guten Grund . Das Erneu- fall bei der SPD) erbare-Energien-Gesetz braucht immer wieder Verän- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18223

Johann Saathoff (A) derungen . Diese Veränderungen sind Verbesserungen . Das führt dazu, dass alle Bürgerinnen und Bürger be- (C) Niemand auf der Welt kann ein Erneuerbare-Energi- teiligt werden, nicht nur ein paar, sondern alle, vom en-Gesetz einfach nur einmal beschließen, und damit Hartz-IV-Empfänger bis zum Millionär . Das ist sozialde- sind die erneuerbaren Energien eingeführt . Das muss an mokratische Energiepolitik . dieser Stelle einmal gesagt sein . (Beifall bei der SPD sowie des Abg . Josef (Beifall bei der SPD sowie des Abg . Göppel [CDU/CSU]) Dr . Georg Nüßlein [CDU/CSU]) Der Grund für das EEG 2014 waren die Kosten, war Wir beteiligen auch Menschen, die nicht über ein ei- die Frage: Wohin werden sich die Kosten entwickeln? genes Haus oder Dach verfügen . Das Stichwort dafür ist: Wie wird sich die EEG-Umlage künftig entwickeln? Wie Mieterstrom . Ich lade Sie ein: Kommen Sie im Sommer wird in diesem Zusammenhang die Bürgerakzeptanz der einmal nach Ostfriesland, und schauen Sie sich dort um! Energiewende sein? Der Grund für das EEG 2016 oder Sie werden dort eine wunderbare Landschaft sehen, und EEG 2017, wie es jetzt heißt, ist in erster Linie die Syn- Sie werden sehen, dass auf jedem zweiten oder dritten chronisation, nämlich die Synchronisation des Ausbaus Haus eine Solaranlage ist . In Kreuzberg ist das nicht der der erneuerbaren Energien mit dem Ausbau des Netzes in Fall . Warum nicht? Weil wir das Mieterstromproblem Deutschland . Das muss miteinander in Einklang gebracht hatten . Dieses werden wir lösen . Wir werden die Ener- werden . Hierbei müssen wir den Ausbaustand, den wir giewende dadurch ein Stück weit vom ländlichen Raum im Moment haben, betrachten . Das Instrument für diese in die urbanen Zentren übersetzen . Das ist gut so . Synchronisation ist der Einstieg in das Ausschreibungs- (Beifall bei der SPD sowie des Abg . Josef regime . Das machen wir jetzt nach ersten Pilotversuchen Göppel [CDU/CSU]) in der Photovoltaikbranche – man kann sagen, dass diese Versuche gut gelungen sind –: Mit diesem Gesetz steigen Uns wird mit diesem Gesetz auch der Einstieg in die wir in das Ausschreibungsregime für Wind onshore, für Sektorkopplung gelingen . Wir haben in den Gebieten mit Wind offshore und auch für den Biomassebereich ein . Netzengpässen die Möglichkeit, dass der Strom, der dort Dem Besitzer eines Einfamilienhauses, der Sorge hat, aus erneuerbarer Energie produziert wird, nicht abgere- ob er auf seinem Dach jetzt noch eine Solaranlage bau- gelt, zu schlechten Preisen verkauft oder gar vernichtet en darf oder nicht oder an Ausschreibungen teilnehmen wird, sondern sinnvoll genutzt wird . Ich glaube, das ist muss, können wir an dieser Stelle unmissverständlich ein guter Weg, den wir in der Sektorkopplung miteinan- zurufen, dass er natürlich von Ausschreibungen ausge- der gehen . Allerdings ist es nur ein Einstieg; das muss nommen ist . Wir haben einen sehr, sehr hohen Grenzwert uns allen klar sein . Mit den tatsächlichen Regelungen (B) eingeführt . Es geht nur um ganz große Dächer . Was ist zur Sektorkopplung werden wir uns im Herbst sicherlich (D) ein großes Dach? Damit man sich das ungefähr vorstel- noch einmal intensiv beschäftigen müssen . len kann: Das Dach zum Beispiel eines schwedischen Möbelkaufhauses wäre solch ein großes Dach . (Beifall bei der SPD) Wir steigen in die Akteursvielfalt ein . Das bedeutet, Ich möchte mich abschließend bei meinen Kollegen dass es für Bürgerenergiegesellschaften erleichtert wird, Thomas Bareiß und Andreas Lenz herzlich bedanken . an Ausschreibungen im Windenergiebereich teilzuneh- Wir haben viele Stunden miteinander verbracht, viele men . Runden miteinander diskutiert und 58 Punkte miteinan- der abzuwägen gehabt . Niemand kann uns vorwerfen, (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der wir hätten dieses Gesetz inklusive der Synopsen nicht CDU/CSU) gelesen . Herzlichen Dank für die gute Zusammenarbeit! Sie brauchen keine Genehmigung nach dem Bundes-Im- missionsschutzgesetz . Sie brauchen im Prinzip nur zwei (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Dinge: Flächen oder Flächenrechte und ein Windgut- der CDU/CSU) achten . Dann können sie schon an der Ausschreibung Ich glaube, wir können konstatieren, dass es ein gutes teilnehmen . Nicht nur das: Sie kommen darüber hinaus, Gesetz ist, ein Gesetz, das wir auf dem Weg zu erneuerba- wenn sie an einer Ausschreibung teilgenommen haben, ren Energien brauchen, ein Gesetz, das uns helfen wird, am Ende nicht mit dem Gebot, das sie abgegeben haben, unseren vorgeplanten Zielkorridor von 40 bis 45 Prozent zum Zuge, sondern mit dem höchsten bezuschlagten Ge- erneuerbarer Energien in 2025 zu erreichen . bot . Damit werden sie noch einmal erkennbar besserge- stellt . Das sind deutliche Verbesserungen gegenüber dem Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit . Kabinettsentwurf . Doch damit nicht genug . Wir führen auch noch eine (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten kommunale Beteiligung ein . Das heißt, Bürgerenergie- der CDU/CSU) gesellschaften werden über unser Gesetz, dessen Entwurf hier vorliegt, verpflichtet, einen Anteil an die Kommune, Präsident Dr. Norbert Lammert: in der der Windpark errichtet wird, abzugeben . Erst dann sind sie Bürgerenergiegesellschaften . Die nächste Rednerin ist Eva Bulling-Schröter für die Fraktion Die Linke . (Beifall bei der SPD sowie des Abg . Josef Göppel [CDU/CSU]) (Beifall bei der LINKEN) 18224 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

(A) Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): seine Klimaschutzziele eben nicht erreichen; das bestä- (C) Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! tigen viele Fachleute, auch wenn Sie das immer wieder Dieses Superschnellverfahren erinnert mich an die Ban- negieren . kenrettung, die hier in ähnlich hohem Tempo durchge- Ein besonders großer Erfolg war auch die große Be- peitscht wurde . teiligung der Bürgerinnen und Bürger sowie der Kom- (Dr . Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Und erfolg- munen an der Energiewende . Alle konnten mitreden und reich!) mitmachen . Die Energie war seitdem nicht mehr nur in der Hand der Konzerne . Auch diesen Erfolg gefährden Wenn es um den Einsatz von Milliarden Steuergeldern Sie nun . Die Anbieter von Bürgerenergie werden sich geht, werden Demokratie und Parlament ausgehebelt und aus Kostengründen weniger oder auch gar nicht an Aus- unter Druck gesetzt . schreibungen beteiligen können . Daran ändern auch die (Dr . Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Jetzt aber!) Ausnahmeregelungen nichts . Die Energieversorgung sollen wieder ein paar wenige Großprojektierer regeln, Ein anderes Beispiel ist die Erbschaftsteuer, die jetzt die viel Kapital mitbringen und die kleinen Bieter an die ganz schnell beschlossen wurde und Firmenerben mit bis Wand drücken . Investmentfonds kaufen am Ende alles zu 26 Millionen Euro schont . auf . Beim Erneuerbare-Energien-Gesetz ist es dasselbe Die SPD ist ja sehr stolz, weil sie etwas für die Kom- Spiel . Wir von der Opposition haben – das wurde schon munen getan hat . gesagt – den Änderungsantrag der Regierungskoalition, diese 412 Seiten, vorgestern eine Viertelstunde vor Aus- (Ulli Nissen [SPD]: Zu Recht!) schussbeginn bekommen . Wenn die Große Koalition et- Von den Bürgerenergieprojekten sollen an die Kommu- was durchsetzen will, dann wird Druck gemacht, dann nen mindestens 10 Prozent abgegeben werden . muss es schnell gehen . Das ist die Strategie dieser Ko- alition . (Ulli Nissen [SPD]: Das ist doch klasse!) (Bernd Westphal [SPD]: Habt ihr auch einen Es ist gut, die Kommunen zu beteiligen; dafür bin ich Inhalt? – Michael Grosse-Brömer [CDU/ auch . CSU]: Sagen Sie mal dem Bundesverfas- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) sungsgericht, dass Sie das ganz anders sehen!) Warum aber sollen nur die Anbieter von Bürgerenergie Ich finde, dafür, dass Sie mit Ihrer Mehrheit von 80 Pro- etwas abgeben? Warum nicht auch die Großprojektierer? zent die Rechte der Opposition mit Füßen treten, sollten (B) Sie sich wirklich schämen . Ich frage mich: Was ist das (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- (D) für ein Demokratieverständnis? neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- Ich frage mich schon, warum da die Liebe der SPD zu neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) den Kommunen aufhört . Genauso gut könnten die Kom- munen doch bei großen Investoren mit 10 Prozent ein- Im Wirtschaftsausschuss haben wir am Mittwoch vonsei- steigen . Ich frage mich: Haben Sie wenigstens darüber ten der Union gehört: Sie stimmen ja sowieso dagegen . – nachgedacht? Das halte ich für eine Frechheit . (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Tun Sie das etwa nicht? – Dr . Georg Nüßlein [CDU/ Um die radikale Kehrtwende bei der Ökostromförde- CSU]: Ach, Sie stimmen zu?) rung zu rechtfertigen, sprechen Sie immer wieder von explodierenden Kosten . Das war schon 2013 und 2014 Mit dieser Logik braucht man der Opposition Gesetzent- bei der Kampagne gegen die EEG-Umlage so, und das würfe künftig gar nicht mehr vorzulegen, weil sie ja so- ist jetzt auch wieder so . Angeblich würden die Kosten wieso dagegen stimmt . Ich frage mich: Wo sind wir hier für die Abregelung von Windkraftanlagen in den Himmel eigentlich? steigen . Dass das nicht stimmt, wird zum Beispiel vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung bestätigt . (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Allerdings wird bei den sowieso schon enorm großzü- gigen Entlastungen für die stromintensive Industrie noch Es ist schon klar, weshalb Sie so auf die Tube drücken: ein dicker Batzen obendrauf gepackt – ob berechtigt oder Sie machen heute das erfolgreiche EEG kaputt . Sie stel- nicht, ob effizient oder nicht, das ist Ihnen wahrschein- len die Ökostromförderung auf Ausschreibungen um und lich egal . Die 5 Milliarden Euro für Industriestrom zieht schaffen damit die verlässliche Einspeisevergütung für man den Verbraucherinnen und Verbrauchern gerne aus erneuerbaren Strom ab . Das ist ein tiefer Einschnitt . Wa- der Tasche . Beim Mieterstrom hingegen fehlt wieder eine rum? Weil die garantierte Vergütung und der Vorrang der Regelung; das müssen Sie einfach zugeben . erneuerbaren Energien die wichtigsten Gründe für den großen Erfolg dieses Gesetzes waren . Das EEG war bis- Noch ein Wort zum schnellen Durchdrücken . Vor zwei lang das erfolgreichste Klimaschutzinstrument Deutsch- Tagen haben Sie in letzter Minute eine alte FDP-Forde- lands . Man muss sagen: „war“; denn diesen Erfolg ge- rung aufgenommen . Sie wollen technologieneutrale Aus- fährden Sie nun . Mit dieser Reform wird Deutschland schreibungen erproben . Die Experten, die in der Anhö- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18225

Eva Bulling-Schröter (A) rung am Montag danach befragt wurden, lehnten dies ab; erhofft und vorgestellt hatten . Auf der anderen Seite wa- (C) denn es ist ein offenes Geheimnis, dass dies das Aus der ren wir alle gemeinsam nicht in der Lage, die politische Photovoltaik wäre . Aber absurd ist es schon: Die FDP ist Preissetzung – im EEG gibt es ja eine politische Preis- weg, und Sie machen FDP-Politik . setzung, keine marktwirtschaftliche – so zu verändern, dass sie mit dem technologischen Fortschritt und den Die Sektgläser werden heute bei Banken, Fonds und Fortschritten bei der Kosteneffizienz Schritt hält. anderen Großinvestoren klingen, aber nicht bei den Her- stellern von Solar- oder Windanlagen, auch nicht bei den Wozu hat das geführt? Das hat dazu geführt, dass der Bürgerenergiegenossenschaften . Ausbau der Erzeugung in vielen Sektoren weit über dem lag, was wir uns als Ausbauziele gemeinsam vorgenom- (Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Da findet men hatten . Im Koalitionsvertrag von 2013 haben wir für doch nichts mehr statt!) die Windenergie Ausbaupfade festgelegt, die schon viel Die Linke sagt: Wir stehen hinter der Bürgerenergie . Wir höher lagen als die von fast allen Fraktionen im Ener- stehen hinter einer echten Energiewende . Deshalb lehnen gieprogramm von 2010/2011 gemeinsam festgelegten wir das Gesetz ab . Ausbauziele, die wieder explodiert sind . Das hat dazu geführt, dass unnötig hohe Kosten entstanden sind, näm- (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg . lich rund 500 Milliarden Euro an Ausgabenzusagen al- Dr .Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE lein durch das EEG durch den Festpreis, die unbegrenzte GRÜNEN] – Dr .Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Mengengarantie und eine 20-jährige Laufzeit . 350 Milli- „Sozialistische Energiewende“ wollten Sie sa- arden Euro dieser Ausgabenzusagen sind in den nächsten gen!) 20 Jahren noch von den Stromverbrauchern abzutragen . Dass wir es trotz aller Bemühungen versäumt haben, Präsident Dr. Norbert Lammert: den Netzausbau mit dem überproportionalen Anstieg der Das Wort erhält nun der Kollege Joachim Pfeiffer für Erzeugung zu synchronisieren, hat dazu geführt, dass der die CDU/CSU-Fraktion . Strom vielfach nicht in die Verbrauchszentren abtrans- (Beifall bei der CDU/CSU) portiert werden kann, also dorthin, wo er gebraucht wird . Ganz eklatant ist die Situation in Niedersachsen . Dabei müssen wir uns aber nicht parteipolitisch den Schwarzen (CDU/CSU): Dr. Joachim Pfeiffer Peter zuschieben: Seit wir 2009 mit dem EnLAG begon- Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! nen haben, den Netzausbau zu beschleunigen, haben es Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer wirklich weder die frühere noch die jetzige Regierung vollbracht, will, dass die Energiewende und der europäische Binnen- (B) in den letzten sieben Jahren in Niedersachsen auch nur (D) markt für Energie, den wir im Gegensatz zu anderen Teil- einen Meter Leitung im Übertragungsnetz zu bauen . märkten in Europa immer noch nicht haben, zum Erfolg Deshalb haben wir die Situation, dass die Offshorewind­ geführt werden, der muss dafür sorgen, dass wir in der energie, deren Ausbau wir vor zwei Jahren in diesem Energieversorgung mehr Markt, mehr Wettbewerb und Hause ebenfalls mit hohem Kostenaufwand beschleunigt mehr Europa bekommen . haben, und die Onshorewindenergie nicht durch Nieder- Wir haben bereits in der letzten Sitzungswoche we- sachsen in den Süden abtransportiert werden können . sentliche Teile des Gesetzespaketes für den Umbau neu Von den mit dem Energieleitungsausbaugesetz ge- justiert, etwa das Strommarktdesign und die damit ver- planten Vorhaben, die eigentlich bis 2011 umgesetzt bundene Flexibilisierung auf der Nachfrageseite . Der werden sollten, ist heute gerade einmal ein Drittel der Wettbewerb funktioniert in vielen Bereichen immer noch Leitungen fertig . Von den im Bundesbedarfsplangesetz nicht richtig . Die Angebotsseite wird zwar zunehmend für den Netzausbau vorgesehenen Leitungen ist bis jetzt flexibler, aber die Nachfrageseite ist immer noch recht nur 1 Prozent fertiggestellt . Das zeigt, dass das einseitige starr . Wir haben ebenfalls die Digitalisierung der Ener- Setzen auf Erzeugung nicht zum Erfolg führt – da können giewende eingeleitet . Heute geht es um einen weiteren Sie ein noch so großes Brimborium veranstalten –, son- wesentlichen Eckpfeiler, nämlich das EEG marktwirt- dern es muss mit dem Netzausbau synchronisiert werden . schaftlicher, wettbewerblicher und europafester auszu- richten . Es geht darum, den Weg dafür einzuschlagen, (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- die Energiewende und den europäischen Binnenmarkt neten der SPD – Dr .Anton Hofreiter [BÜND- endgültig zum Erfolg zu führen . NIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, dann macht das endlich mal! Mit Ihrer eigenen Unfähigkeit Warum sind gerade im EEG Veränderungen so drin- begründen Sie den Nichtausbau der erneuer- gend notwendig? Das EEG und sein Vorläufer, das baren Energien! Sie benutzen Ihre eigene Un- Strom­einspeisungsgesetz, gibt es nun seit fast 26 Jahren . fähigkeit als Argument! – Gegenruf des Abg . Es ist auf der einen Seite sehr erfolgreich, was den Zu- Dr . Michael Fuchs [CDU/CSU]: Die Unfähig- wachs der Erzeugung von erneuerbaren Energien anbe- keit heißt Wenzel!) langt . Es ist zum Teil sogar Opfer seines eigenen Erfolgs: Der technologische Fortschritt und die Kosteneffizienz Wenn dies nicht erfolgt, dann entstehen Redispatchkos- bei vielen Technologien sind deutlich schneller voran- ten durch die Abregelung von EEG-Anlagen im Norden – geschritten – bei der Photovoltaik war das bereits Ende die Kosten fallen an, unabhängig davon, ob der Strom der 2000er-Jahre der Fall; jetzt erfolgt dies bei Wind eingespeist wird oder nicht –, und im Süden oder auch im on­shore, aber auch bei Wind offshore –, als wir uns das benachbarten Österreich werden Kraftwerke hochgefah- 18226 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Dr. Joachim Pfeiffer (A) ren, um das System mit der notwendigen Frequenz und Präsident Dr. Norbert Lammert: (C) Spannung aufrechtzuerhalten und die Energieversorgung Nein, es gibt keine mehr . Die Redezeit ist zu Ende . zu gewährleisten . Das ist das Problem, vor dem wir stehen . Deshalb ist Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): es dringend notwendig, den Systemwechsel, der heute Dann komme ich zum Ende . beschlossen werden soll, vorzunehmen, nämlich weg von der Preisgarantie, also von der politischen Preisset- Präsident Dr. Norbert Lammert: zung, hin zu einem Ausschreibungsverfahren, mit dem wir zumindest in Zukunft eine Mengensteuerung errei- Wie schön . chen können, damit die Preise wettbewerblich am Markt gebildet werden und wir dann die bereits erwähnten Kos- Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): teneffizienzpotenziale, die wir bisher im System nicht Vielen Dank für die Anmerkung .– Es geht in die rich- heben konnten, zukünftig heben können . tige Richtung und ist besser als der Status quo; aber ei- gentlich wäre noch mehr nötig gewesen . Das, was wir Das gilt gerade für Sie als Grüne und auch als Linke – heute verabschieden, war schon ein ordentliches Stück Sie waren immer vehement gegen diese Ausschreibun- Arbeit . Deshalb bitte ich um Zustimmung . Ich hoffe auf gen und sind es zum Teil noch heute –: Wider besseres breite Unterstützung nicht nur hier im Haus, sondern spä- Wissen haben Sie in den letzten Jahren verhindert, dass ter auch im Bundesrat . wir den Energieumbau und die Energiewende kosteneffi- zienter gestalten und die notwendigen Änderungen vor- Vielen Dank . nehmen . Das müssen Sie sich auf Ihre Fahnen schreiben lassen . (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- ordneten der SPD) Wir wollen heute wesentliche Änderungen beschlie- ßen . Kollege Saathoff hat schon einige Punkte ange- Präsident Dr. Norbert Lammert: sprochen . So wollen wir im Windonshorebereich, weil Julia Verlinden ist die nächste Rednerin für die Frakti- die Ausschreibungen nicht von heute auf morgen grei- on Bündnis 90/Die Grünen . fen können, notwendige Absenkungen vornehmen . Statt einer Einmalabsenkung sind Absenkungen in mehreren Stufen vom 1 .März bis zum 1 .August nächsten Jahres Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): vorgesehen, um die unnötigen Kosten, die bisher im Sys- Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her- tem entstehen, zu senken . ren! Mit der heutigen EEG-Novelle bremsen Sie eines (B) (D) der erfolgreichsten Innovations-, Export- und Beschäfti- Ich wage eine Prognose: Es wird keine einzige Anlage gungsprojekte der letzten 15 Jahre aus . weniger gebaut werden als vorgesehen . Es ist genauso wie vor ein paar Jahren beim EEG 2014 . Damals haben (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sie, Herr Krischer, von der „Abrissbirne der Energie- sowie bei Abgeordneten der LINKEN) wende“ gesprochen und den Untergang des Abendlandes Ihr Gesetz bedroht die Bürgerenergiewende, die dafür vorausgesagt, wenn der Stichtag nicht verlängert wird . gesorgt hat, dass wir inzwischen schon bei über 36 Pro- Was ist passiert? Nichts! Keine einzige Windkraftanlage zent Ökostromanteil sind – und dies wurde mit dem ist nicht gebaut worden . Alle sind gebaut worden, aber zu bisherigen EEG, mit einer festen Einspeisevergütung er- geringeren Kosten . reicht . Doch dieser Erfolg passt Ihnen offenbar nicht . Ich (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und habe wenig Zeit . Deshalb möchte ich nur zwei Punkte der SPD) herausgreifen: Sie machen sich schuldig, das Ganze unnötig teuer zu Erstens . Für das Märchen, dass ausgerechnet Sie jetzt machen . die Bürgerenergie retten, haben Sie sich selbst gelobt . Doch der Grund, warum die Bürgerenergie überhaupt Mit diesem Gesetz machen wir nicht nur die Energie- Probleme bekommt, ist doch Ihre vermurkste Zwangs- wende europafester . Wir sorgen auch für mehr Markt und umstellung auf ein Ausschreibungssystem . mehr Wettbewerb und schlagen damit die richtige Rich- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN tung ein . Wir hätten gern noch mehr gemacht . Es ist aber und bei der LINKEN) wie immer beim EEG: Die Reform geht in die richtige Richtung und ist besser als der Status quo . Erst legen Sie der Bürgerenergie zig Steine in den Weg, und dann behaupten Sie, zumindest einen davon wieder Präsident Dr. Norbert Lammert: wegzurollen . Das ist doch absurd . Herr Kollege Pfeiffer . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): In den letzten 15 Jahren wurde die Hälfte der Erneuerba- Gibt es noch eine Zwischenfrage? ren-Anlagen von Bürgern geplant und finanziert. Bei den Pilotausschreibungen für Photovoltaik ging kürzlich we- (Heiterkeit) niger als 1 Prozent der bezuschlagten Leistung an Bür- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18227

Dr. Julia Verlinden (A) gerenergiegesellschaften . Und da trauen Sie sich allen lohnt werden, sondern wenigstens durch Energiesparen (C) Ernstes, von Akteursvielfalt zu sprechen? zur Energiewende beitragen . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) und bei der LINKEN) Jetzt haben Sie viel neue Bürokratie und wirtschaftliche Die große Mehrheit der Menschen in Deutschland Risiken geschaffen . Aber besser wäre gewesen, Sie hät- möchte deutlich mehr Energiewende und mehr Klima- ten gemacht, was die EU explizit zugesteht, nämlich dass schutz als das, was Sie uns heute präsentieren . kleine Windenergieprojekte bis 18 Megawatt gebaut wer- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den können, ohne an den Ausschreibungen teilnehmen zu und bei der LINKEN) müssen .

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Präsident Dr. Norbert Lammert: sowie der Abg . Eva Bulling-Schröter [DIE Für die Bundesregierung erhält nun der Bundeswirt- LINKE]) schafts- und -energieminister das Wort . Zum Thema Mieterstrom . Hier klopfen Sie sich auf (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten die Schulter für etwas, das noch gar nicht da ist . der CDU/CSU) (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Aber es kommt!) Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und Energie: Sie schreiben nur eine Verordnungsermächtigung ins Ge- Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her- setz, ren! Ich will wiederholen, was ich schon in der ersten Le- (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ja!) sung zum Thema gesagt habe . Wenn Sie nachlesen, was zum EEG 2014 von Frau Verlinden und Herrn Krischer dass man irgendwann theoretisch ja mal vielleicht … und von den Grünen sowie von den Rednern der Linksfrakti- Details wären dann noch zu klären . on gesagt wurde, dann finden Sie dort fast alle Begriffe, die Sie eben gehört haben: Untergang der Energiewen- (Dr .Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Hätten wir de, Ausbremsen, Stopp, Abrissbirne . – Das Ergebnis ist, was vorgelegt, hätte es geheißen, das wär zu dass die erneuerbaren Energien im Zeitraum von 2014 viel!) bis heute mit 7,4 Prozent die größte Steigerung seit In- (B) krafttreten des Gesetzes erfahren haben . (D) Wir haben doch erlebt, was mit einer solchen Verord- nungsermächtigung im letzten EEG passiert ist: nämlich (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) nichts . Wir sind insbesondere bei der Windenergie onshore (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN weit über dem verabredeten Korridor . Wir nähern uns sowie bei Abgeordneten der LINKEN) fast dem Doppelten . Wir liegen bei der Photovoltaik deutlich darunter . Da kommt immer der Hinweis, dass Zweitens . Sie reden die ganze Zeit davon, die Ener- wir dort nicht so viel erreicht hätten . Warum? Weil wir giewende gerechter gestalten zu wollen . Sie tun so, als zuvor drei Jahre lang einen Ausbau mit einem Volumen ob jede zusätzliche Windenergieanlage die Kosten der von mehr als 7 000 Megawatt pro Jahr zu verzeichnen EEG-Umlage in die Höhe schießen lassen würde . Gleich- hatten und es dann natürlich weniger wurde . zeitig beschließen Sie aber kurz vor Toresschluss, der energieintensiven Industrie knapp 1 Milliarde Euro zu- Des Weiteren wird gesagt, dass wir die Biomasse aus- sätzlich an Industrierabatt hinterherzuwerfen, und zwar bremsen, weil wir für sie weniger machen . Ich verweise Jahr für Jahr . Und wer bezahlt am Ende diese teuren und auf das, was wir zusammen mit einem grünen Minister- unnötigen Geschenke an die Industrie? Das sind mal wie- präsidenten 2014 beschlossen haben: Das Erneuerba- der die privaten Verbraucherinnen und Verbraucher und re-Energien-Gesetz hatte das Ziel, die entsprechenden die kleinen Unternehmen, zum Beispiel das Handwerk . Technologien preiswerter zu machen . Es gibt eine erneu- Sie nehmen es von den Kleinen und geben es den Gro- erbare Energie, die jedes Jahr teurer geworden ist . Das ist ßen . So sieht Ihre Form der Umverteilung aus . die Bioenergie . Das ist die teuerste Form der Produktion von erneuerbaren Energien . Angesichts eines Technolo- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) giefördergesetzes, das den Menschen verspricht: „Wir machen es preiswerter“, bei dem aber am Ende eine Pro- Die Krönung bei diesen Industrierabatten ist, dass Sie duktionsform immer teurer wird, können Sie doch nicht von den begünstigten Industrieunternehmen nicht einmal so tun, als wäre das völlig egal . Es ist nicht etwa Zufall, den Hauch einer Gegenleistung verlangen . Ich fordere sondern es ist gewollt, dass wir die Biomasse auf das ver- Sie auf: Nehmen Sie doch endlich Ihren eigenen Koali- tretbare und notwendige Maß beschränken . Das ist kein tionsvertrag ernst, und verlangen Sie von den Unterneh- Kollateralschaden, sondern das wollen wir . men wenigstens konkrete Maßnahmen für mehr Ener- gieeffizienz. Wenn die begünstigten Unternehmen die Bei der Windenergie, der preiswertesten Form, hat- Energiewende schon nicht mitfinanzieren wollen, dann ten wir 2,5 Gigawatt als Ziel . Wir bauen, glaube ich, auf sollten sie doch nicht für das Energieverschwenden be- knapp 4 Gigawatt aus . 18228 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Bundesminister Sigmar Gabriel (A) Von dem ganzen Gerede über das Ende der Windener- ten Preis die meisten Bürgerenergiegenossenschaften da- (C) gie ist – es tut mir leid, aber Sie müssen sich das anhö- bei waren . ren; ich musste mir auch anhören, was Sie erzählt ha- ben – nichts wahr . Ich will einmal auf die letzten beiden (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Argumente von Frau Verlinden eingehen . Sie hat gesagt: NEN]: 1 Prozent!) Wir beenden nun das EEG, wie wir es kennen .– Ja, das Die werben derzeit dafür; das ist auch vernünftig . ist auch dringend nötig . Sie sprechen immer von den großen Konzernen . Wir (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) machen Folgendes: Jedes Unternehmen, das sich an ei- ner Ausschreibung beteiligt, muss eine emissionsschutz- Das EEG war ein Technologiefördergesetz, das eine rechtliche Genehmigung vorweisen . Die kostet pro Nischentechnologie fördern sollte . Nun sind die Erneu- Windenergieanlage bis zu 100 000 Euro . Den Bürger­ erbaren die bestimmende Säule des Strommarkts . Nun energiegenossenschaften erlassen wir diese Auflage. Sie müssen wir den Strommarkt fit für die Erneuerbaren und brauchen ein Grundstück, auf dem die Anlage errichtet die Erneuerbaren fit für den Markt machen. Ich verstehe wird, und ein Windgutachten, mehr nicht . Diese Genos- überhaupt nicht, warum die Linke ein System fortschrei- senschaften haben keine Vorlaufkosten . Wir fördern sie ben will, bei dem Folgendes passiert: Wenn der Staat ganz besonders . Warum machen Sie den Bürgerenergie- immer die Preise für die Erneuerbaren festsetzt, rechnet genossenschaften denn Angst? jeder Marktteilnehmer aus, wie hoch er gehen kann, um sich dabei zu bedienen . Das führt zu Grundstückspacht- (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) kosten in Höhe von 30 000 bis 40 000 Euro im Jahr pro Sie scheinen eine ganz besondere Strategie zu verfolgen: Hektar . So viel verdient mancher Arbeitnehmer im Jahr den Leuten Angst machen, obwohl es sich um einen Aus- nicht . Aber das wollen Sie beibehalten? Was ist denn da- bau der erneuerbaren Energie handelt . Wir haben heute ran links, wenn sich jeder bedienen kann? Was ist das einen Anteil der erneuerbaren Energien von 33 Prozent . denn für eine Debatte? (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) – Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen um die Grundrechen- Sie machen Politik für Grundstückseigentümer und ge- arten steht .– Wir haben heute 33 Prozent . Wir werden gen diejenigen, die in Wohnungen zur Miete leben . Das im Jahr 2025 vermutlich bei über 45 Prozent liegen . Für ist, was Sie machen . mich ist das ein Ausbau . Ich weiß nicht, wie Sie das se- hen . (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) (B) (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) (D) Der Mieter muss das alles bezahlen, weil er das Pech hat, Jetzt sagen Sie, man könne noch mehr machen . Damit kein Grundstück und kein Dach zu haben .– Sie haben ignorieren Sie aber die Physik . Man kann doch nicht den doch angefangen . Ich kann auch netter, wenn Sie wollen . Anlagenbau erhöhen, ohne zeitgleich die Netze auszu- bauen . Das geht doch nicht . (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Auch ich bedaure, dass sich weder die Grünen noch ich Präsident Dr. Norbert Lammert: früher beim Ausbau der Erdverkabelung durchsetzen konnten . Sie und ich haben das viel länger gefordert . Herr Gabriel, dann müssen Sie aber langsam anfan- Deswegen will ich gar keine Schuld zuweisen . Ich hoffe, gen, weil die Redezeit zu Ende geht . dass wir jetzt schneller vorankommen . Aber man kann in der Zwischenzeit doch nicht so viele Windparks wie (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- möglich bauen nach dem Motto: Je mehr, desto besser . NIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordne- Am Ende zahlen wir dann den Strom doppelt, einmal ten der CDU/CSU und der SPD) beim Windmüller und, wenn der Strom nicht geliefert werden kann, noch einmal bei einem anderen Kraftwerk, Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und damit wir keinen Blackout bekommen . 1 Milliarde Euro Energie: kostet uns das derzeit, sagen die Unternehmen . Nach ih- ren Angaben steigt die Summe auf 4 Milliarden Euro, Herr Präsident, dieses Mal scheint es mir nicht zu ge- wenn wir nichts ändern . Wenn Sie den Unternehmen lingen . nicht glauben, dann glauben Sie vielleicht dem Öko-In- Es ist doch wirklich irre, dass hier so getan wird, als stitut . Das sagt, dass die Kosten auf 2,7 Milliarden Euro ginge es um ein Ausbremsen . Das Gegenteil ist der Fall . steigen, wenn wir nichts machen . Das ist ein Institut, das Wir wollen, dass die Erneuerbaren in Wettbewerb treten, Ihnen nähersteht . damit die Preiswertesten gewinnen . Es ist auch nicht wahr, dass der Klimaschutz ausge- bremst wird . Nun behaupten Sie, dass die Bürgerenergiegenossen- schaften bei Ausschreibungen nicht dabei sind . Wir ha- (Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE ben drei Pilotausschreibungen im Photovoltaikbereich GRÜNEN]: Ach! Frau Hendricks hat in der durchgeführt . Das Ergebnis war, dass bei dem niedrigs- Fragestunde das Gegenteil gesagt!) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18229

Bundesminister Sigmar Gabriel (A) – Auf Sie kann man sich vorbereiten; das ist nicht so gar nicht getraut, das zu fordern, was wir in diesem Jahr (C) schwer . – machen . (Heiterkeit und Beifall bei der SPD) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Die unabhängige Expertenkommission zum Monito- ring-Prozess „Energie der Zukunft“ sagt: Beim Ausbau Sie wollten die Braunkohlekraftwerke ab 2025 stilllegen . der erneuerbaren Energien im Stromsektor liegt Deutsch- (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- land auf Zielkurs . NEN]: Wie sind Sie denn drauf? – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall der Abg . Ulli Nissen [SPD]) – Wo ist denn Ihre Gesetzesinitiative gewesen, als wir Das ist bezogen auf das, was wir uns vorgenommen ha- jetzt beschlossen haben, dass wir 13 Prozent Braunkoh- ben, nämlich einen Anteil von 45 Prozent im Jahr 2025 . lekapazitäten, beginnend in diesem Jahr, stilllegen, und Sie suchen sich immer ein Gutachten, das Ihnen passt . zwar wegen dieses Berichtes? Das ist alles . (Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU) – Sie müssen einfach davon ausgehen, dass ich die Be- richte lese und nicht nur Einzelteile zitiere . Im Bericht steht: Beim Klimaschutz sind wir im Bereich der erneu- Präsident Dr. Norbert Lammert: erbaren Energien auf dem richtigen Weg . Herr Minister, möchten Sie noch eine Zwischenfrage (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) der Kollegin Verlinden zulassen? Wir haben vor fünf Jahren für Erneuerbare 12 Milliar- den Euro ausgegeben . Übrigens, Frau Bulling-Schröter, Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und das Geld kam nicht vom Steuerzahler, sondern vom Energie: Stromkunden . Aber selbstverständlich . (Widerspruch der Abg . Eva Bulling-Schröter (Heiterkeit) [DIE LINKE] – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Jahr für Jahr!)

Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): – Nein . Sie haben vorhin von Steuergeldern gesprochen . (B) Es sind keine Steuergelder .– Heute geben wir für Er- (D) Herr Gabriel, nehmen Sie zur Kenntnis, dass in dem- neuerbare 23 Milliarden Euro aus . Ich wiederhole: Vor selben Bericht, den Sie gerade zitiert haben, auf Seite 2 fünf Jahren waren es 12 Milliarden Euro, heute sind es auch steht: 23 Milliarden Euro . Festzustellen ist, dass das zentrale Ziel der Bundes- Durch die mit dem EEG 2014 einhergehenden Maß- regierung, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um nahmen sind wir von 24 Milliarden Euro auf 23 Milli- 40 % gegenüber 1990 zu reduzieren, erheblich ge- arden Euro heruntergegangen . Ich will gar nicht sagen, fährdet ist . dass das zu viel Geld ist. Im Gegenteil: Ich finde, dass das mit Blick auf die große Aufgabe von Klimaschutz Die Expertenkommission hat im Dezember in Ih- und Energiewende gut angelegtes Geld ist . Aber man rem Haus im Rahmen der Pressekonferenz gesagt, Sie muss sich dieses Betrages auch bewusst sein; denn ihn müssten beim Strom mehr tun, weil Sie in den Bereichen zahlen die Stromverbraucherinnen und Stromverbrau- Wärme und Verkehr nichts auf die Reihe bekommen . Es cher in Deutschland . Dieser Betrag ist übrigens andert- ist schon seltsam, wie Sie hier Ihre eigenen Experten zi- halbmal so groß wie der gesamte Forschungshaushalt tieren . Die Expertenkommission belegt doch eindeutig, des Bundes und dreimal so groß wie der Haushalt des dass Sie das Ziel, die Treibhausgasemissionen zu redu- Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und zieren, nicht erreichen . Jugend von Frau Schwesig . Ich sage das nur, damit man (Beifall des Abg . Matthias W . Birkwald [DIE einmal ein Gefühl dafür bekommt, über wie viel Geld LINKE]) wir hier reden . Das führt natürlich dazu, dass Begehrlichkeiten ge- Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und weckt werden, dass alle möglichen Interessen ins Spiel Energie: kommen . Das macht übrigens den eigentlichen Grund für den Umfang des Gesetzentwurfs und seine Komplexität Frau Verlinden, Sie haben völlig recht, dass die Exper- aus . Bei 24 Milliarden Euro oder 23 Milliarden Euro gilt tenkommission sagt, wir müssten mehr in den Bereichen das alte Motto: Geld macht sinnlich . Schlecht ist nicht Verkehr und Gebäude machen . Sie aber behaupten, wir der Lobbyist, der für die klassische Industrie eintritt, und müssten mehr bei den erneuerbaren Energien machen . gut ist nicht der Lobbyist, der für die grüne Industrie ein- Genau das sagt die Expertenkommission aber nicht . tritt; vielmehr haben alle das gleiche Ziel: an das Geld Übrigens: Weil die Expertenkommission gesagt hat, wir anderer Leute zu kommen . müssten mehr tun, legen wir 13 Prozent der Braunkoh- lekapazitäten in Deutschland still . Sie hätten sich früher (Dr .Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Genau!) 18230 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Bundesminister Sigmar Gabriel (A) Parlament und Regierung haben die Aufgabe, dafür zu Worum geht es bei diesem Thema, Stichwort „kleine (C) sorgen, dass man nicht glaubt, dass die Summe der Ein- Verschreibung“? Es geht um Hunderte Arbeitsplätze in zelinteressen das Gemeinwohl ist . Thüringen . Es geht um 440 Arbeitsplätze in einer Zell- stoff- und Papierfabrik in Blankenstein . Es geht um Hun- (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) derte Zellstofffabrikarbeitsplätze in Sachsen-Anhalt und Herr Kauder hat gestern auf all das hingewiesen, was in Bayern . Mit dieser Änderung kürzen Sie für die Zu- wir geschafft haben . Dass wir in drei Jahren, ich glau- kunft schnell einmal die Frist zur Förderung dieser Werke be, etwa zehn Gesetze und Verordnungen zur Energie- von zehn auf fünf Jahre . Das verkürzt deren Übergangs- wende zustande gebracht haben, die die Bausteine der frist, in der sie sich an die Wettbewerbsbedingungen, die Energiewende endlich ineinandergreifen lassen – vom sich verschärft haben, anpassen können . In der Vorlage Strommarkt über KWK, von der Braunkohle bis hin zum stand, dass die Förderung zehn Jahre fortgesetzt werden EEG –, ist, finde ich, ein gutes Ergebnis. Ich danke allen, solle; jetzt haben Sie den Förderzeitraum – mit Degressi- die daran mit viel Engagement mitgearbeitet haben . on – auf fünf Jahre gekürzt . Die Kolleginnen und Kolle- gen in den Werken werden einen sehr unruhigen Sommer Vielen Dank . haben . Sie werden Angst um ihre Jobs haben, und das ist angesichts der angeblichen Wirtschaftskompetenz von (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Union und SPD schon schäbig .

Präsident Dr. Norbert Lammert: (Beifall bei der LINKEN) Ralph Lenkert ist der nächste Redner für die Fraktion Aber das sind ja auch nur mittelständische Unternehmen Die Linke . und keine Großkonzerne, keine Großkunden, denen Sie die Industrieprivilegien niemals auch nur ein kleines (Beifall bei der LINKEN) bisschen streichen würden . Herr Gabriel, ich kann Ihr Gejammer über die aus- Ralph Lenkert (DIE LINKE): ufernden Redispatch-Kosten, über die Kosten wegen Sehr geehrter Herr Präsident! Geehrte Kolleginnen Überlastung von Stromnetzen, einfach nicht mehr hören . und Kollegen! Herr Gabriel, Sie haben recht: Es ist schon irre, was hier abgeht . Vorgestern um 9 41. Uhr erhielten (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- wir diesen Wälzer mit Änderungsanträgen, und 45 Mi- neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) nuten später sollten wir darüber abstimmen . Ihr Ministerium verhindert doch die Senkung dieser Kos- ten . Warum untersagt die Ihnen unterstehende Bundes- (B) ( [CDU/CSU]: Das hatten (D) wir doch schon!) netzagentur den Einsatz einer Siemens-Software bei den Übertragungsnetzbetreibern, die nur 300 000 Euro kos- Herr Gabriel, hier habe ich den 260-seitigen Bericht des tet, aber die von Ihnen genannten Kosten von 1 Milliarde Büros für Technikfolgenabschätzung zu den Folgen eines Euro um 40 bis 50 Prozent reduzieren würde? langanhaltenden großräumigen Stromausfalls . Enthalten sind Empfehlungen, wie die Systemsicherheit durch de- (Dr . Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Was sind zentrale Netzstrukturen besser gesichert werden kann . das für Verschwörungstheorien?) Herr Präsident, Sie gestatten, dass ich diese 260 Seiten Warum nutzen Sie nicht, wie in Österreich, eine 24-Stun- gleich Herrn Gabriel übergebe, damit er sie in der Rest- den-Vorschau zu Netzengpässen? Damit könnten Sie debattenzeit durcharbeiten kann . preiswertere Ausgleichsmaßnahmen umsetzen und die (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- Redispatch-Kosten ebenfalls senken . neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- Vielleicht begreift er dann, warum Linke und Grüne auf neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) dezentrale Energieerzeugung setzen, auf keine Decke- Wieso schieben Sie die Kosten für Reservekraftwerke lung bei der Biomasse, auf keine Deckelung bei der So- oder durch Störungen und Havarien in konventionellen larenergie und auf keine Deckelung bei der Windkraft an Kraftwerken den erneuerbaren Energien in die Schuhe? Land . Herr Gabriel, Sie selbst schaffen die Gründe, mit de- (Beifall bei der LINKEN) nen Sie dann das Abwürgen der erneuerbaren Energien Um auf die Gründlichkeit der Gesetzgebung zurück- begründen können, und das ist nicht in Ordnung . zukommen: Der Bericht, den Sie uns übergeben haben, (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- enthielt Fehler . In der Debatte im Wirtschaftsausschuss NIS 90/DIE GRÜNEN) wurde uns schriftlich ein vierjähriger Kürzungszeitraum verkündet . Die Abgeordneten der Union und der SPD Deshalb lehnt die Linke dieses „GEEBG“, das erklärten uns, der Kürzungszeitraum solle fünf Jahre be- ­Gabriel’sche Erneuerbare-Energien-Behinderungsge- tragen . Das heißt, Sie haben nicht einmal die richtigen setz, ab . Unterlagen zur Verfügung stellen können . So viel zur Gründlichkeit in Ihrem Ministerium . (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – (Beifall bei der LINKEN) Dr . Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Oje!) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18231

Ralph Lenkert (A) Die Linke will die Unterstützung der Bürgerenergie kann . Deshalb kommt es immer wieder zu Überrenditen, (C) statt der Stützung von Großkonzernen . Wir wollen kei- aktuell wieder bei der Windkraft, und deshalb waren wir ne Deckel für Photovoltaik und Windstrom . Wir fordern, bisher immer im Zugzwang, nachzusteuern . Ich gehe da- die Stromsteuer von 2 Cent auf die EU-Mindesthöhe von von aus, dass der Systemwechsel, über den wir heute hier 0,1 Cent zu senken . reden, das ändern wird, dass wir über die Ausschreibun- gen verhindern können, dass wir nachsteuern müssen, Präsident Dr. Norbert Lammert: und dass wir Überrenditen marktnah ändern können . Herr Kollege . Meine Damen und Herren, wir wollen die Energie- wende nicht stoppen . Wir wollen sie steuern; das ist Ralph Lenkert (DIE LINKE): entscheidend . Wenn man darüber nachdenkt, ist die Not- Das gleicht die nächste Steigerung der EEG-Umlage wendigkeit, glaube ich, auch offenkundig . Allein das, aus . Stimmen Sie unseren Vorschlägen für erneuerbaren was bei Windparks auf hoher See passiert – Stichwort Strom bei stabilen Strompreisen zu! Dann klappt es mit „BorWin 3“, 700 bis 900 Millionen Euro, die die Strom- der Energiewende sozial und ökologisch . kunden für Strom ausgeben müssen, der sozusagen nicht produziert wird, der bezahlt werden muss, aber nicht Danke schön . transportiert werden kann –, ist ein Schildbürgerstreich . Das können wir uns auf Dauer nicht leisten . Das wird die (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg . Akzeptanz des EEG und damit auch der Energiewende [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE deutlich infrage stellen . GRÜNEN]) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Präsident Dr. Norbert Lammert: Deshalb ist das, was wir hier tun, intelligent, intelligent Nächster Redner ist der Kollege Georg Nüßlein für die auch für die Erneuerbaren . CDU/CSU-Fraktion . Wer sagt, das gehe nicht, müsste Folgendes einmal be- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) denken: Es ist ein großer Erfolg, dass wir nach der Ein- führungsförderung, nach einem beachtlichen Zuwachs Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): bei den erneuerbaren Energien jetzt an einen Punkt kom- Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Die men, wo wir Markt organisieren können . Wer das nicht Rituale bei einer EEG-Reform sind offenkundig immer glaubt, wer das nicht sieht, der glaubt nicht an den Erfolg dieselben . Es beginnt mit einer Geschäftsordnungsdebat- der Erneuerbaren . Deshalb bin ich ein bisschen traurig, dass Linke und Grüne dem an dieser Stelle nicht folgen (B) te . Das Argument ist auch immer gleich: Man hätte das (D) in der Kürze der Zeit nicht erfassen können . Wenn man können . sich die Reden der Opposition anhört, merkt man: Das Nun tun wir einiges, um zu steuern . Wir verlegen eine stimmt . Sie haben es nicht erfasst . Nun weiß ich nicht, Tranche der Offshoreprojekte in die Ostsee, weil wir zu- ob es an der Zeit liegt . Ich will auch nicht sagen, dass es versichtlich sind, dass wir den Strom dort tatsächlich in an der Auffassungsgabe liegt – überhaupt nicht –, son- die Netze bekommen . Wir weisen Netzengpassgebiete dern es liegt daran, meine Damen und Herren, dass Sie es dort aus, wo es zu viel Wind und zu wenig Leitungen nicht verstehen wollen . Sie wollen es nicht erfassen, weil gibt . Wir sorgen für eine Einmaldegression bei Wind Sie die Welt einfach aufteilen wollen in die einen, die für onshore, um den Übergang zu den Ausschreibungen rich- die Erneuerbaren, für das EEG sind, und die anderen, die tig zu schaffen . Das sind alles notwendige Dinge . Aber, dagegen sind . Sie wollen einfache Botschaften machen meine Damen und Herren, das ist auch ein Hinweis an und, Herr Lenkert, dann auch noch einfache Lösungen die, die Windenergie produzieren, dass es jetzt höchste anbieten . So einfach ist die Realität nicht . Zeit ist, Netze auszubauen . Ich sage hier am Anfang auch ganz klar: Wenn man Ich weiß, wenn man das als Bayer sagt, dann kommen insbesondere den Grünen gefolgt wäre, wären wir heute sofort Anwürfe, wir hätten da doch verzögert, und was noch auf dem Stand von 2000, wo man die Solarenergie auch immer . zu früh und zu teuer an den Markt geführt hat . Das kostet (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/ uns jährlich 10 Milliarden bis 12 Milliarden Euro . Das DIE GRÜNEN]: Zu Recht!) sind die Altlasten, die wir an dieser Stelle durchschlep- pen . Ich sage Ihnen: Wir haben etwas anderes gemacht . Wir haben erstens dafür gesorgt, dass die Verkabelung auf das (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – notwendige Maß reduziert wird . Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Dr .Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben nicht verzögert, son- Meine Damen und Herren, ich will Ihnen an dieser dern sabotiert! Sie sabotieren weiter!) Stelle auch nicht einfach die Schuld zuschieben . Wir ha- ben ein systemisches Problem im EEG, das ich ansons- Wir haben zweitens dafür gesorgt, dass sich Erdverka- ten – ich habe das immer wieder betont – für ein gutes belung durchsetzt . Das wird der Akzeptanz helfen . Und Gesetz halte . Wir haben das systemische Problem, dass drittens sage ich: Wenn Sie sich anschauen wollen, wie die Erfolgskurven Gott sei Dank steil sind, die Kosten das richtig umgesetzt wird, dann können Sie auch nach schneller sinken, als der Deutsche Bundestag reagieren Bayern kommen . Stichwort „Thüringer Strombrücke“ – 18232 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Dr. Georg Nüßlein (A) die bayerische Wirtschaftsministerin sitzt dort auf der Wir haben beim Thema „zuschaltbare Lasten“ dafür (C) Länderbank; die kann Ihnen das beschreiben –, beispiel- gesorgt, dass Windstrom, der eigentlich abreguliert wird, gebend auch für andere Bundesländer . fossile Brennstoffe in KWK-Anlagen ersetzt . Da spart niemand Geld, aber es macht ökologisch und, wie ich Ich kann insbesondere den Niedersachsen nur emp- meine, auch volkswirtschaftlich Sinn, so etwas zu tun . fehlen, dem zu folgen, meine Damen und Herren . Denn wenn sich da nichts ändert, dann wird es eng, nicht nur in Apropos Volkswirtschaft: Ich halte es für richtig, dass Niedersachsen, sondern insbesondere bei der Frage, wie wir die besondere Ausgleichsregelung aufrechterhalten wir zukünftig in Schritten die Erneuerbaren ausbauen haben, dass wir dafür Sorge getragen haben, dass dieje- können . nigen Unternehmen, die bisher, weil sie energieintensiv sind, Ausnahmen genossen haben, in diesem Bereich Ich will Ihnen sagen, es geht uns ganz erkennbar um bleiben, nicht zu tief nach unten fallen . Es geht hier da- die Sache . Da ist das Thema Biomasse ein gutes Beispiel . rum, Deutschland aufgrund der hohen Kosten nicht zu Die Biomasse scheint ein ungeliebtes Kind zu sein . Die deindustrialisieren . Ich glaube, wir haben auch hier ei- Vaterschaft dafür – ausgenommen die CSU – wird mitt- nen guten Weg beschrieben, wie wir der Industrie helfen lerweile von allen Parteien geleugnet . Alle machen sich können – nicht nur den neuen Unternehmen, die beim an dieser Stelle sprichwörtlich vom Acker, obwohl Bio- Thema Offshore entstehen, sondern auch den etablierten, energie speicherbar ist, obwohl wir erkennen können, die trotz hoher Energiekosten hierbleiben und weiter in- dass wir für die Energiewende genau einen solchen Bei- vestieren sollen . trag brauchen . (Beifall bei der CDU/CSU) In den Debatten haben ein paar so getan, als sei das Wir werden uns in der Tat – irgendjemand hat gefragt: Thema Biomasse ein bayerisches Hobby . Dazu muss ich wie geht es weiter? – im Herbst noch einmal über das Ihnen sagen: Ein Drittel der Biogasanlagen liegt in Bay- Thema Eigenstromproduktion unterhalten müssen und ern . Das heißt im Umkehrschluss, zwei Drittel müssen auch über die Frage: Unter welchen Umständen kann anderswo liegen . Deshalb ist es richtig und wichtig, dass man das zulassen, und wie kann man diese fördern? Da wir uns für dieses Thema immerhin noch starkgemacht wird es die üblichen Diskussionen mit Brüssel geben . haben und mit diesem Erneuerbare-Energien-Gesetz die Auch das ist ein Thema, das uns wichtig ist . In diesem Botschaft senden, dass es für die Bestandsanlagen einen Zusammenhang will ich darauf hinweisen, dass wir auch Anschluss gibt, dass es weitergeht . mit dem Bundesfinanzminister zu Recht kontroverse (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Diskussionen über die Frage der Stromsteuer führen; ordneten der LINKEN) denn ich sehe überhaupt nicht, dass wir hier eine Dop- (B) pelförderung haben . (D) Das halte ich für ganz wichtig, insbesondere als Bot- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und schaft in eine Branche, nämlich in die Landwirtschaft, der SPD) die momentan schwer gebeutelt ist . Die Landwirtschaft sagt uns ja: Uns mit eurer politischen Irrlichterei in die Wenn jemand erneuerbaren Strom produziert, dann Investitionen zu führen und dann zu sagen: „Braucht man verkauft er den einen Teil, der nach dem EEG gefördert nicht“, das ist ein falscher Ansatz .– Deshalb war es mir wurde, und verbraucht den anderen Teil, der nicht geför- wichtig, dass wir an dieser Stelle tatsächlich zu wichtigen dert wurde, selber . Diesen Strom kann man ohne Proble- und richtigen Perspektiven kommen . me von der Stromsteuer befreien, so wie das bei vielen seit Jahrzehnten der Fall ist . Ich spreche an dieser Stelle Weitere Beispiele dafür, dass wir es mit der Energie- insbesondere die Mühlenbetriebe an, die seit ewigen Zei- wende ernst meinen, wurden hier schon angesprochen . ten diesen Strom selber produzieren und selber verwen- Bürgerenergie und Akteursvielfalt sind ein wichtiges den . Thema; denn wir wollen die Bürger schon noch bei der Stange halten, und wir sehen, dass Ausschreibungen den Präsident Dr. Norbert Lammert: Nachteil haben, dass man nicht steuern kann, wer am Schluss den Zuschlag bekommt . Deshalb haben wir da, Herr Kollege . glaube ich, die richtigen Weichen gestellt, dass Bürge- renergiegesellschaften ohne große Vorlaufkosten bieten Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): können und dann auch eine gute Aussicht haben, privile- Sie können deshalb zu Recht darauf pochen, dass das giert beteiligt zu werden . in Zukunft weiter so bleiben und Bestand haben darf . Das Thema Mieterstrom wurde angesprochen . Es geht (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) darum, den Strom aus erneuerbaren Energien in die Städ- te zu bekommen . Ich weise darauf hin, dass das ein Mo- Präsident Dr. Norbert Lammert: dell für beide Seiten ist, nicht nur für die Mieter, sondern Sie müssen bitte zum Ende kommen . auch für die Vermieter . Das ist etwas, was der Vertrags- freiheit von Mietern und Vermietern unterliegt . Da haben wir noch Defizite, und da muss sich etwas ändern. Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Ich komme zum Schluss meiner Rede, Herr Präsi- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und dent .– Sie sehen: Wir haben hier einen wohlabgewoge- der SPD) nen Entwurf vorgelegt, von dem ich meine, dass auch Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18233

Dr. Georg Nüßlein (A) Sie von der Opposition ihm zustimmen sollten, weil er Bioenergie noch drinsteckt, entweicht, haben Sie sich (C) Sinn macht, weil er die Akzeptanz erhöht und weil er bei noch einmal drei Deckel für die Photovoltaik ausgedacht weitem nicht so schlimm ist, wie Sie hier den Eindruck und zwei Deckel für die Bioenergie . Insgesamt sind es erwecken wollen . also zehn Deckel, die den Ausbau der erneuerbaren Ener- gien stoppen sollen . Das ist doch absolut unverantwort- Vielen Dank . lich . Ich verstehe nicht, wie Sie als Sozialdemokraten das (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- mitmachen können . ordneten der SPD) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Präsident Dr. Norbert Lammert: Es wird immer gesagt: Ja, selbstverständlich muss Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erhält nun der Netzausbau mithalten mit dem Ausbau der erneuer- der Kollege Anton Hofreiter das Wort . baren Energien . – Das ist logisch; das ist richtig . Aber Sie begründen den Stopp des Ausbaus der erneuerbaren Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Energien, den Abbruch in manchen Bereichen, wie zum Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Beispiel in der Nordsee, wie das die Küstenländer be- Kollegen! Am vergangenen Dienstag, beim Petersberger reits befürchten, sozusagen mit Ihrer eigenen Unfähig- Klimadialog, hat die Kanzlerin noch davon schwadro- keit . Weil Sie jetzt schon wissen, dass Sie in den nächsten niert, dass man beim Klimaschutz Verantwortung über- Jahren nicht in der Lage sind, die Netze vernünftig aus- nehmen müsse . Am Mittwoch hat die Umweltministerin zubauen, müssen Sie bereits jetzt Gesetze machen, um dann zugegeben, dass man in der nächsten Legislaturpe- den Ausbau der erneuerbaren Energien zu verlangsamen . riode den Deckel in Höhe von 45 Prozent beim Ausbau Wie wäre es denn, beim Netzausbau anstatt auf die ei- der erneuerbaren Energien wegnehmen muss, um die gene Unfähigkeit auf die eigene Fähigkeit zu setzen und Klimaschutzziele zu erreichen . Heute, zwei Tage später, zu sagen: „Ja, die Netze müssen ausgebaut werden, und beschließen wir ein Erneuerbare-Energien-Gesetz, mit deswegen strengen wir uns jetzt endlich an“? dem man nach Einschätzung aller Experten ebendiese Klimaschutzziele nicht erreichen kann . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- Es gäbe durchaus Möglichkeiten, die Netze schneller SES 90/DIE GRÜNEN) auszubauen . Es gibt noch weitere Möglichkeiten . Was verstopft denn die Netze? Die Netze werden unter ande- Wissen Sie, Herr Gabriel, wir haben in der Vergangen- rem vom Kohlestrom verstopft . heit schon immer davor gewarnt, dass Sie sich zur Ab- (Dr . Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Falsch!) (B) rissbirne der erneuerbaren Energien entwickeln . Wenn (D) Sie nun behaupten, dass nichts passiert sei, dann ist das Man könnte einfach einen Ausstiegsplan für die Kohle gegenüber all den Menschen, die ihre Arbeitsplätze ver- machen . loren haben, schlichtweg zynisch . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dann sprechen Sie immer über Ihre Redispatchkosten sowie bei Abgeordneten der LINKEN) von 1 Milliarde Euro . Wir haben nachgefragt, woher die Wenn Herr Pfeiffer und die CDU davon sprechen, dass kommen . Ja, woher kommen die? Die kommen ganz er- nichts passiert sei, wenn die Sozialdemokraten davon heblich auch aus den fossilen Kraftwerken . Ja, dann än- sprechen, dass nichts passiert sei, aber fast 40 000 Men- dern wir halt etwas bei den fossilen Kraftwerken . schen ihre Arbeitsplätze verloren haben, dann ist das (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht nur eine Frechheit gegenüber dem Klimaschutz, und bei der LINKEN) sondern dann ist das, finde ich, auch eine Armutserklä- rung der Sozialdemokraten . Und deshalb: Hören Sie auf, Dann zu den 4 Milliarden Euro zukünftige Redispatch- davon zu sprechen, dass hier nichts passiert wäre! kosten . Woher kommt denn die Zahl? Wir haben bei der BNetzA nachgefragt . Die BNetzA sagt: Diese Zahl haben (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wir uns ausgedacht . sowie bei Abgeordneten der LINKEN) (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Du weißt doch Nachdem Sie bereits die Bioenergie gestoppt haben, gar nicht, was das ist! Erklär doch einmal, was nachdem Sie die Photovoltaik in den Bankrott getrieben Redispatch heißt!) haben und nachdem Sie Unmengen von Menschen in die Arbeitslosigkeit getrieben haben, nehmen Sie sich jetzt Es gibt bei denen überhaupt keine Vorstellung davon, wo- die Windkraft vor, die letzte verbleibende erneuerbare her diese Zahl kommt . Also deshalb: Ein bisschen mehr Energie, die noch floriert. Und damit Sie sich auch ganz Seriosität in diesem Bereich würde dem Ganzen guttun . sicher sein können, dass Sie die auch noch plattmachen (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN können, haben Sie sich allein für die Windkraft insge- und bei der LINKEN) samt vier Deckel ausgedacht: Neben dem Gesamtdeckel für die erneuerbaren Energien haben Sie sich noch zwei Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemo- Deckel für die Windkraft auf See und noch einmal zwei kratie, wenn Herr Gabriel hier steht und jammert, dass für die Windkraft an Land ausgedacht . Und damit der Bürger und Kommunen bis jetzt an der Energiewende letzte Rest von Leben, der in der Photovoltaik und der verdient haben und der Rest der Menschen das bezahlen 18234 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Dr. Anton Hofreiter (A) muss, dann stimmt das . Aber wie war es denn vorher? Zukunft Deutschlands in dieser Legislaturperiode . Die (C) Da haben alleine wenige Großkonzerne die Leute abge- Energiewende basiert auf dem Zieldreieck: sicher, sauber zockt . Ich frage mich schon, was Sozialdemokraten sinn- und bezahlbar . Diesem energiepolitischen Dreieck wol- voller finden: dass weiter vier Großkonzerne – das haben len wir gerecht werden . Deshalb haben wir den Vorrang Sie jetzt wohl vor; das Ganze ist nämlich vor allem ein der Erdverkabelung, die Neugestaltung des Strommark- Großkonzerne-Rettungsgesetz – zukünftig abzocken sol- tes, die Digitalisierung der Energiewende, den Ausbau len oder ob wir weiter eine Energiewende haben, wovon der Kraft-Wärme-Kopplung und das Fördern von Elekt- viele Menschen profitieren können? Ich frage mich: Was roautos auf den Weg gebracht . Ich bin Sigmar Gabriel als wäre denn sozialdemokratischer? Bundesminister und dem Ministerium sowie allen Kolle- ginnen und Kollegen der Regierungskoalition dankbar, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dass wir das hinbekommen haben . Damit hat die SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN) allein in dieser Legislaturperiode gleich mehrfach unter Zum Mieterstrommodell . Ja, das Mieterstrommodell Beweis gestellt, dass sie eine wichtige Antriebskraft die- muss dringend umgesetzt werden . Das ist richtig . Aber ser Energiewende ist . Die SPD kann Energiewende, sie hier haben wir wieder das schöne Modell, dass eine Ver- macht Energiewende . Das nennt man Fortschritt, meine ordnungsermächtigung drinsteht . Bis jetzt haben wir er- Damen und Herren . lebt, dass bei den Verordnungsermächtigungen noch nie etwas Vernünftiges herausgekommen ist . Wir werden (Beifall bei der SPD) euch genau auf die Finger schauen, ob ihr diesmal aus- Das EEG 2016 fügt sich inhaltlich nahtlos in den bis- nahmsweise etwas Vernünftiges macht . herigen energiepolitischen Fortschritt ein . Es führt an Deshalb: Wir brauchen einen Neustart der erneuerba- zwei Stellen zu einem großen Paradigmenwechsel: auf ren Energien, wir brauchen einen Neustart, wir brauchen der einen Seite die Umstellung auf Ausschreibungen, eine Energiewende 2 .0 . Das ist dringend notwendig . Man auf ein marktwirtschaftliches Instrument, auf der ande- muss Frau Hendricks recht geben . ren Seite das Ziel der Synchronisierung des Ausbaus der Erneuerbaren mit dem Netzausbau . Das, was wir an Aus- baupfaden festgelegt haben, wird dazu beitragen, Klima- Präsident Dr. Norbert Lammert: ziele zu erreichen . Herr Kollege . Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem wir Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): uns Anarchie im Ausbau der Erneuerbaren nicht mehr leisten können . Nach 2017 kommen wir hoffentlich zum Erneuerba- (B) re-Energien-Gesetz, bei dem diese Deckel herausfliegen; (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/ (D) denn das ist notwendig . DIE GRÜNEN]: „Anarchie“?) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Wir beenden den Wettlauf der Einzelinteressen, kurz: sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Wir bringen die Energiewende auf die Spur, damit in Zu- kunft erfolgreich zu Ende geführt werden kann, was wir Präsident Dr. Norbert Lammert: uns dort vorgenommen haben . Ein Abwürgen der Ener- Bernd Westphal ist der nächste Redner für die giewende sähe völlig anders aus . Das, was hier von den SPD-Fraktion . Oppositionsfraktionen behauptet wird, ist völlig falsch . (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müs- der CDU/CSU) sen genau diese Veränderungen vornehmen, weil wir im Ausland Nachahmer für die erfolgreiche Energiewende Bernd Westphal (SPD): finden wollen. Nur so wird das funktionieren. Energiepo- litik ist auch Wirtschaftspolitik . Sie schafft wichtige Vo- Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten raussetzungen für Investitionen und Vertrauen von Un- Damen und Herren! Lieber Kollege Hofreiter, Sie müs- ternehmen ebenso wie von Bürgerinnen und Bürgern . sen schon bei der Wahrheit bleiben . Sie haben gerade an- Um diesem Vertrauen gerecht zu werden, brauchen wir geführt, dass der Arbeitsplatzverlust in der Solarindustrie Planbarkeit und Berechenbarkeit . Das schaffen wir mit dem EEG zu verdanken ist . Das ist absolut falsch . den Ausbaupfaden, das schaffen wir mit dem EEG 2016 . (Beifall bei der SPD) Gleichzeitig sind erneuerbare Energien ein wichtiger Sie wissen wie alle hier im Raum, dass die Importe von Industriezweig geworden, der sich auch aufgrund des billigen Solarpanels aus China dazu beigetragen haben, Einsatzes der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, dass sie nicht mehr wettbewerbsfähig war . Deshalb sind durch das Know-how, die Entwicklungen und die Inno- die Arbeitsplätze weggefallen . Das ist Demagogie, was vationen, sehr gut entwickelt hat . Um die Wettbewerbs- Sie hier betreiben . Das, was Sie behaupten, haut vorne fähigkeit und die Arbeitsplätze zu erhalten, brauchen wir und hinten nicht hin . einen starken und verlässlichen Heimatmarkt . Insofern (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) sichern wir mit dem EEG 2016 die Basis für Innovatio- nen hier im Land, aber auch die Option auf Exporte . Wir Im Gegenteil . Wir beraten heute abschließend den brauchen die Energiewende für unsere industrielle Basis, wohl wichtigsten Baustein für die energiepolitische für erfolgreiche Wertschöpfung und für die Perspektive Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18235

Bernd Westphal (A) auf weitere Arbeitsplätze in den entsprechenden industri- wahl die Netzsituation stärker berücksichtigt wird, damit (C) ellen Strukturen auch in Norddeutschland . der Netzausbau insgesamt vorankommt . Gleichzeitig gilt es aber auch, die Wettbewerbsfä- Ich fühle mich in der heutigen Debatte bei einigen higkeit für die Industrie und die Bezahlbarkeit für die Wortbeiträgen um zwei Jahre zurückversetzt . Beim Verbraucherinnen und Verbraucher zu sichern . Eine De- EEG 2014 hieß es: „Abbruchveranstaltung“, „Abrissbir- karbonisierung darf eben nicht zur Deindustrialisierung ne“, „ein Anschlag auf die Energiewende“ . Das alles hat führen . Die SPD ist die Partei, die diese schwierige Ba- damals Herr Krischer gesagt . Heute wurde anscheinend lance in der Vergangenheit bereits gemeistert hat, und das Herr Krischer durch Herrn Hofreiter ausgewechselt, aber werden wir auch in Zukunft tun . das macht die Sache insgesamt natürlich nur unwesent- Lassen Sie uns mit dieser Energiewende gemeinsam lich besser Geschichte schreiben . Wir brauchen die Energiewende (Dr . Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Das macht für unsere Zukunft; denn nur mit ihr haben wir eine . Ich es überhaupt nicht besser!) bitte um Zustimmung zum Gesetz . – oder überhaupt nicht besser . Diese Untergangsszena- Herzlichen Dank und Glück auf! rien helfen uns nicht weiter, wenn wir bei der Energie- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten wende vorankommen wollen . In Wirklichkeit ist es doch der CDU/CSU) so, dass Sie mit Ihren unrealistischen Forderungen und Vorstellungen die Energiewende gefährden . Wir hinge- gen wollen die Energiewende zukunftssicher machen . Präsident Dr. Norbert Lammert: Letzter Redner ist der Kollege Andreas Lenz für die An dieser Stelle möchte ich mich bei den Bericht- CDU/CSU-Fraktion . erstattern, bei Herrn Saathoff, aber auch bei Thomas Bareiß, bedanken . Ich möchte betonen, dass wir einen (Beifall bei der CDU/CSU) Wirtschaftsminister haben, der beim Thema Energie- wende ganz bei der Sache ist und nicht über den Din- Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU): gen schwebt, auch wenn man nicht immer zu denselben Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen Schlüssen kommt . Das ist auf jeden Fall ein Vorteil in der und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die heute Debatte . Das hat der Minister in der letzten Ausschusssit- zu beschließende Reform des EEG bedeutet einen wirkli- zung auch noch einmal bewiesen . chen Systemwechsel – so weit sind wir uns einig . Künftig (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und (B) wird die Einspeisevergütung nicht mehr hier im Bundes- (D) tag festgelegt, sondern vom Markt bestimmt . Strom aus der SPD – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sehr erneuerbaren Energien soll in der Höhe vergütet werden, feiner Zug!) die für einen wirtschaftlichen Anlagebetrieb notwendig Wir wahren mit der Reform die Akteursvielfalt . Die ist. Wir schaffen damit mehr Kosteneffizienz beim Aus- Akzeptanz der Energiewende hängt auch von der Mög- bau der Erneuerbaren, und diese brauchen wir auch . lichkeit der Bürger ab, sich an der Energiewende zu be- Gerade die Synchronisierung des Ausbaus der Erneu- teiligen . Natürlich muss sich auch die Bürgerenergie dem erbaren mit dem Netzausbau ist von kaum zu überschät- Wettbewerb, dem Markt stellen . Ich glaube, dass die Bür- zender Bedeutung . Es hilft uns nichts, wenn wir zwar gerenergie das auch kann . Wir haben hier eine gute Lö- einen hohen Zuwachs an Erneuerbaren im Strombereich sung gefunden . Bürgerenergieprojekte erhalten, wenn sie haben, aber keine Leitungen, über die der Strom abtrans- bei einer Ausschreibung den Zuschlag bekommen, den portiert werden kann . Preis des letzten bezuschlagten Gebots; sofern möglich, müssen 10 Prozent der Anteile der jeweiligen Kommune Übrigens kommen wir gerade im rot-grün regierten angeboten werden . Niedersachsen mit dem Netzausbau immer noch nicht voran . In Bayern läuft es mittlerweile . Insofern ist es Bei der Photovoltaik gilt eine Bagatellgrenze von schön, dass die bayerische Wirtschaftsministerin hier an- 750 Kilowatt, das heißt, Betreiber von Anlagen, deren wesend ist . Leistung kleiner als 750 Kilowatt ist, müssen sich nicht an den Ausschreibungen beteiligen . Ich halte das für fol- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) gerichtig und aus Praktikabilitätsgründen auch für gebo- Vielleicht liegt da der Grund, warum der niedersächsi- ten . sche Minister nicht hier ist, aber die bayerische Ministe- (Beifall der Abg . Barbara Lanzinger [CDU/ rin schon . Das ist ein Beispiel für funktionierendes Re- CSU]) gierungshandeln . (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/ Ab einer Größenordnung von 600 Megawatt wird bei DIE GRÜNEN]: Na ja!) der Photovoltaik zukünftig ausgeschrieben . Dabei gilt, dass die Freiflächen auf Äckern und Feldern nur infrage Wegen der Situation beim Netzausbau werden wir be- kommen, wenn das jeweilige Bundesland eine entspre- stimmte Regionen als Netzengpassgebiete ausweisen, in chende Verordnung erlässt . An dieser Stelle muss man denen der Ausbau der Windenergie begrenzt wird . Das ist auch ansprechen, dass es ein Unding ist, dass für Pho- ein wichtiger Schritt dahin, dass künftig bei der Standort- tovoltaikfreiflächen gleichzeitig Ausgleichsflächen bean- 18236 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Dr. Andreas Lenz (A) sprucht werden müssen . Es muss sich also auch in der weitere Ansätze bei der Sektorkopplung gehen, und das (C) Bundeskompensationsverordnung etwas ändern . Thema Netzausbau wird uns weiterhin begleiten . (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Es wird beim EEG also weiterhin gelten: „Nach der Reform ist vor der Reform“, oder, um eine Fußballweis- Um meine Sicht ganz klar zum Ausdruck zu bringen: heit zu bemühen: „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“, Photovoltaik gehört zunächst aufs Dach, höchstens noch auch wenn diese Aussage gerade heute besonders bitter auf Konversionsflächen des Bundes, aber eben nicht auf ist . Die heute zu beschließenden Änderungen sind insge- landwirtschaftlichen Nutzgrund . samt auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung . (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Deshalb bitte ich um Zustimmung und bedanke mich für die Aufmerksamkeit . Der Beginn der Degression bei der Geothermie wird um ein Jahr auf den 1 .Januar 2021 verschoben . Das ist (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- aufgrund der von den Projektierern vielfach nicht ver- ordneten der SPD) schuldeten planungsrechtlichen Verzögerungen auch ge- rechtfertigt . Skaleneffekte und Lernkurven können sich Präsident Dr. Norbert Lammert: erst einstellen, wenn die Anlagen entsprechend umge- Ich schließe die Aussprache . setzt werden . Wir kommen zur Abstimmung über den von den Frak- Gerade der Bestand an Biogasanlagen kann dazu bei- tionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf tragen, die stark fluktuierenden Energien wie Wind und eines Gesetzes zur Einführung von Ausschreibungen für Photovoltaik in den Spitzen auszugleichen . Die Biomas- Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Ände- seanlagen werden in den kommenden sechs Jahren mit rungen des Rechts der erneuerbaren Energien . einem Ausschreibungsvolumen von 1 050 Megawatt be- rücksichtigt; hier noch einmal mehr mein Dank an Bay- Dazu liegen mir inzwischen über 20 persönliche Er- klärungen zur Abstimmung vor, die wir, wie üblich, dem ern, das sich über den Bundesrat, aber auch in den Vorge- 1) sprächen sehr stark eingebracht hat, allen voran natürlich Protokoll beifügen . unsere bayerische Wirtschaftsministerin . Dabei erhalten Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie empfiehlt auch die Betreiber von Anlagen, deren Leistung kleiner unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf der als 150 Kilowatt ist, die Möglichkeit, sich an den Aus- Drucksache 18/9096, den Gesetzentwurf der Fraktionen schreibungen zu beteiligen . Für sie wird der letzte erfolg- der CDU/CSU und SPD auf Drucksache 18/8860 in der reiche Gebotspreis übertragen, um ihre Chancen bei der Ausschussfassung anzunehmen . Ich darf alle diejenigen, (B) Ausschreibung zu verbessern . Das ist ein erster Schritt die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustim- (D) für den langfristigen Erhalt der Biomasse, die durch ihre men wollen, um das Handzeichen bitten .– Wer stimmt Flexibilität, durch ihre Grundlastfähigkeit, aber auch dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Gesetzent- durch ihren Beitrag zur CO2-Einsparung wichtig bleibt . wurf mit der Mehrheit der Koalition ganz offenkundig gegen die Stimmen der jedenfalls meisten Mitglieder der Wenn man das Kostenargument bemüht, dann muss Oppositionsfraktionen in zweiter Beratung angenom- man auch darauf hinweisen, dass bei der Biomasse kei- men . ne Netzausbaukosten anfallen . Die Verstromung von Schwarz- und Dicklauge – wir haben schon von Herrn Wir kommen zur Lenkert etwas darüber gehört – soll in den nächsten fünf Jahren außerhalb der Ausschreibung durch das EEG dritten Beratung weiter gefördert werden . Die EEG-Vergütung wird über und Schlussabstimmung . Hier stimmen wir nun über den diese fünf Jahre degressiv abgebaut . Das schafft vor al- Gesetzentwurf auf Verlangen der Fraktion Bündnis 90/ lem Wettbewerbsgleichheit unter den Zellstoffproduzen- Die Grünen namentlich ab . Ich bitte die Schriftführerin- ten; denn es hilft uns nichts, wenn wir noch zwei Zell- nen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzuneh- stoffproduzenten im Osten haben, aber die Anlagen im men und mir zu signalisieren, wenn sie ordnungsgemäß Westen bankrottgehen . Die fünf Jahre sind dem EU-Vor- besetzt sind . – Ich eröffne die Abstimmung . behalt geschuldet und dienen einer besseren Genehmi- gungsfähigkeit . Ist noch ein Mitglied des Hauses im Saal, das seine Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall . Die Reform des EEG stellt einen wichtigen Teil der Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Schrift- Weiterentwicklung der Energiewende dar, hin zu mehr führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu Kosteneffizienz bei gleichzeitiger Wahrung ökologischer beginnen 2). Ziele . Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Entschlie- Meine Damen und Herren, ein Mehr an Markt hilft, ßungsanträge, zunächst über den Entschließungsantrag richtig umgesetzt, allen . Änderungen sind natürlich auch der Fraktion Die Linke auf der Drucksache 18/9106 . Wer in Zukunft noch vorzunehmen . Im Herbst haben wir zahl- stimmt für diesen Entschließungsantrag? – Wer stimmt reiche weitere Regelungen zu treffen . Es wurde schon dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Entschlie- angesprochen, dass gerade die Regelung zur Eigenver- ßungsantrag abgelehnt . sorgung der Industrie noch auf sichere Füße gestellt wer- den muss . Hier sind wir mit der EU-Kommission einen 1) Anlagen 2 bis 5 guten Schritt weitergekommen . Außerdem wird es um 2) Ergebnis Seite 18239 D Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18237

Präsident Dr. Norbert Lammert (A) Ich rufe jetzt den Entschließungsantrag der Fraktion Jan van Aken (DIE LINKE): (C) Bündnis 90/Die Grünen auf der Drucksache 18/9107 zur Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, Abstimmung auf . Wer stimmt für diesen Entschließungs- ich muss Sie jetzt enttäuschen . Ich werde jetzt nicht über antrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Da- Steinmeier, Gabriel und Frau Merkel herfallen und mich mit ist der Entschließungsantrag mit den Stimmen der maßlos über die unfassbar hohen deutschen Waffenex- Koalition gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen porte aufregen, abgelehnt . (Dr . Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Unfassbar Wir kommen nun zur Abstimmung über die Be- hoch? Unfassbar!) schlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur obwohl sie natürlich viel zu hoch sind und obwohl ich Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuer- mich natürlich aufrege . Mich treibt, ehrlich gesagt, im baren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts Moment eine andere Frage um . Wenn ich mir anschaue, der erneuerbaren Energien. Der Ausschuss empfiehlt un- wie sich die deutschen Waffenexporte in den letzten drei ter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf Druck- Jahren entwickelt haben, drängt sich mir nämlich vor al- sache 18/9096, den Gesetzentwurf der Bundesregierung lem die Frage auf: Woran ist Sigmar Gabriel eigentlich auf den Drucksachen 18/8832 und 18/8972 für erledigt gescheitert? zu erklären . Wer stimmt für diese Beschlussempfeh- Sigmar Gabriel hat 2013 massiv Wahlkampf gegen die lung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Das Waffenexporte gemacht . Er hat sich – auch als Minister – ist einvernehmlich so beschlossen . immer wieder dagegen ausgesprochen . Das kann man Ich rufe die Tagesordnungspunkte 34 a und b sowie jetzt alles als Propaganda abtun . Ich tue das nicht, son- den Zusatzpunkt 6 auf: dern glaube, er wollte tatsächlich hier und da ein bisschen verändern . Er hat sogar an einigen ganz kleinen Punkten 34 a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Jan etwas bewegt . Aber in der Summe, unter dem Strich, ist van Aken, Wolfgang Gehrcke, Christine Gabriel grandios gescheitert, wie ich feststelle, wenn ich Buchholz, weiterer Abgeordneter und der mir ansehe, dass sich die deutschen Waffenexporte im Fraktion DIE LINKE letzten Jahr – in einem einzigen Jahr! – verdoppelt haben . Genehmigungen für Rüstungsexporte in 2015 war das Jahr in der Geschichte der Bundesrepublik die Staaten des Golfkooperationsrates Deutschland, in dem mehr Waffenexporte als je zuvor widerrufen und keine neuen erteilen genehmigt wurden, nämlich im Wert von 12,8 Milliarden Euro. Ich finde, das sind 12,8 Milliarden zu viel. Drucksache 18/8930 (B) Überweisungsvorschlag: (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- (D) Ausschuss für Wirtschaft und Energie (f) NIS 90/DIE GRÜNEN) Auswärtiger Ausschuss Wie gesagt, das geschah unter Sigmar Gabriel, der ge- b) Beratung der Beschlussempfehlung und des nau das Gegenteil angekündigt hatte . Wenn ich mir jetzt Berichts des Ausschusses für Wirtschaft seine Entschuldigungen anhöre, mit denen er diese hohen und Energie (9 .Ausschuss) zu dem Antrag Exporte rechtfertigen will, stelle ich fest, dass das kom- der Abgeordneten Jan van Aken, Wolfgang pletter Unsinn ist . Er hat in den letzten zwei, drei Tagen Gehrcke, Christine Buchholz, weiterer Ab- vor allem zwei Entschuldigungen vorgebracht . geordneter und der Fraktion DIE LINKE Erstens . Schuld sind immer die anderen . Schuld sind Waffenexporte in die Golfregion verbieten die Vorgängerregierungen . Es war ja Schwarz-Gelb, die Drucksachen 18/768, 18/1674 damals schon den Panzerdeal mit Katar durchgewinkt haben . Richtig ist, dass die erste Genehmigung von ZP 6 Beratung der Beschlussempfehlung und des Schwarz-Gelb kam . Richtig ist aber auch, dass die zwei- Berichts des Auswärtigen Ausschusses (3 .Aus - te entscheidende Genehmigung nach dem Außenwirt- schuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Omid schaftsgesetz von Sigmar Gabriel im letzten Jahr erteilt Nouripour, Agnieszka Brugger, Uwe Kekeritz, worden ist . Er hätte sich weigern können . Er hätte Nein weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- sagen können . Es war ganz allein seine Entscheidung, NIS 90/DIE GRÜNEN dazu Ja zu sagen . Jemen – Militärische Intervention stoppen – (Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Neue Friedensverhandlungen beginnen NEN]: Das ist richtig!) Drucksachen 18/5380, 18/6145 Alles andere ist eine faule Ausrede . Hören Sie bloß auf Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für damit! die Aussprache insgesamt 77 Minuten vorgesehen .– (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- Dazu erhebt sich kein Widerspruch . Also verfahren wir neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) so . Wenn ich jetzt höre: „Na ja, wenn wir jetzt Nein ge- Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen sagt hätten, dann hätte die Firma eine Schadensersatz- Jan van Aken für die Fraktion Die Linke das Wort . klage eingereicht“, dann ist das richtig peinlich für die (Beifall bei der LINKEN) deutsche Sozialdemokratie . Dann sollen die doch klagen . 18238 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Jan van Aken (A) Die müssen den Prozess erst einmal gewinnen . Sie ha- gestiegen . Brauchen Sie denn noch mehr Hinweise da- (C) ben doch gute Argumente . Sie können sagen: Katar führt rauf, dass das System kaputt ist und Sie es anders machen Krieg im Jemen, und Sie wollen keine Panzer an eine müssen? Ich glaube, wir brauchen einen grundsätzlich kriegsführende Partei liefern . Diesen Prozess sollen die anderen Ansatz . Der Kern unseres Vorschlages ist, dass erst einmal gewinnen . wir definierte gesetzliche Verbote einführen. Ohne die kommen Sie bei den Waffenexporten nie weiter . (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der LINKEN) Selbst wenn die Bundesregierung diesen Prozess am Im Moment beruht das System bei der Exportkon- Ende verliert, ist das uns das Geld nicht wert, wenn wir trolle auf sogenannten Einzelfallentscheidungen . Die an die Toten im Jemen denken? Ich habe von einem Vor- Kriterien für den Einzelfall – wird diese Waffe an jenes sitzenden der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands Land geliefert? – sind völlig vage . Sie haben Tausende sehr viel mehr Rückgrat bei der Frage von Leben und von Schlupflöchern. Sie können am Ende eigentlich gar Tod erwartet . Das ist ganz schwach, Herr Gabriel . nichts verbieten . Alles ist erlaubt . Sogar an Kriegspartei- en dürfen Sie unter diesen Kriterien liefern . Aber diese (Beifall bei der LINKEN) butterweichen Kriterien sind nur ein Problem . Es gibt Jetzt kommen wir zur zweiten Ausrede von Sigmar noch zwei weitere Probleme, über die wir hier bis jetzt Gabriel: In diesem Jahr waren ein paar ganz große Pro- eigentlich viel zu wenig geredet haben, die automatisch jekte dabei, die wir eigentlich herausrechnen müssen . dazu führen, dass heutzutage das System komplett auf Ja Zum Beispiel sind das die Kriegsschiffe für Großbritan- gestellt ist, dass praktisch keine Anträge abgelehnt wer- nien für 1,1 Milliarden Euro . Das war ein ganz besonde- den . Wissen Sie eigentlich, wie viele Anträge im letzten rer Sondereffekt . Das darf man nicht mitzählen .– Das Jahr abgelehnt worden sind? Über 12 000 Anträge sind ist genauso Unsinn; Sie alle wissen das . Denn es gibt gestellt worden, abgelehnt wurden 100 . Das System ist jedes Jahr solche Sondereffekte: 2014 U-Boote nach Is- auf Ja gestellt . Die zwei Gründe dafür sind folgende: rael, 2016 wird es die Fregatte nach Algerien sein . Das Erstens . Ein Nein ist nicht nachhaltig . Ein Nein kann gibt es jedes Mal . Ich bin mir sicher: Ich höre das jetzt die nächste Bundesregierung sofort wieder aufheben . Ein gleich drei-, vier-, fünfmal über die Kriegsschiffe nach Ja ist von Dauer, solange sich die Bundesregierung nicht Großbritannien . Streichen Sie das aus Ihrem Manuskript . traut, auf eine Schadensersatzklage zu warten . Sondereffekte gibt es jedes Jahr . Das ist völliger Unsinn . Zweitens . Das Problem ist: Wenn Sie sich denn einmal (Beifall bei der LINKEN) trauen, Nein zu sagen, haben Sie sofort ein diplomati- Unter dem Strich bleibt genau ein Faktum übrig: Un- sches Problem, weil sich das Empfängerland natürlich (B) ter Sigmar Gabriel haben sich die Waffenexporte ver- diskriminiert fühlt . (D) doppelt, obwohl er etwas ganz anders angekündigt hatte . Diese beiden Punkte kann man ganz wunderbar an ei- Deshalb noch einmal die Frage: Woran ist er eigentlich nem aktuellen konkreten Beispiel aufzeigen . Das ist die gescheitert? Ich glaube, er ist am System gescheitert, G36-Fabrik, eine Sturmgewehrfabrik, in Saudi-Arabien . am heutigen System der Rüstungsexportkontrolle, die Sie wurde vor vielen Jahren genehmigt . Die Produkti- schlicht und einfach nicht funktioniert . So, wie das Sys- onsanlagen stehen bereit; sie sind aber noch auf Zuliefe- tem aufgestellt ist, ist es einfach kaputt . Wenn Sie im rungen aus Deutschland angewiesen: auf Ersatzteile, auf Bereich der Waffenexporte künftig wirklich etwas verän- Bauteile usw . dern wollen – das sage ich in Richtung der Grünen und in Richtung der Sozialdemokraten –, dann müssen Sie das Diese Zulieferungen hat Sigmar Gabriel jetzt ge- System verändern . So geht es nicht weiter . stoppt. Das finde ich gut, und dafür, dass er das gestoppt hat, möchte ich Sigmar Gabriel an dieser Stelle einmal (Beifall bei der LINKEN) ausdrücklich danken . Das System – das wissen Sie ganz genau – ist völlig (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) wischiwaschi, butterweich . Selbst die schlimmsten Men- schenrechtsverletzter, die schlimmsten Despoten können – Da könnten Sie auch einmal klatschen, oder? sich mit deutschen Sturmgewehren, mit Panzern, mit Ra- (Dr . Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Nein, das keten, mit Handgranaten eindecken . Alles, was sie wol- finde ich nicht gut!) len, kann man in diesem System liefern . Das System ist nicht restriktiv . Es ist kaputt . Das Problem ist nur, dass dieser Stopp nicht nachhaltig ist . (Beifall bei der LINKEN) (Dr .Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Ja, hof- Sie alle hier im Bundestag müssen sich doch fragen, fentlich!) ob Sie wirklich ein System einer Exportkontrolle haben wollen, bei dem die Waffenexporte immer steigen, egal Im nächsten Jahr findet die Bundestagswahl statt, und wer gerade regiert . Schauen wir einmal 15 Jahre zurück . nach dieser Bundestagswahl ist Sigmar Gabriel hier weg Da gab es eine rot-grüne Bundesregierung . Die rot-grüne und woanders – was immer er dann auch macht . Es gibt Bundesregierung wollte die Waffenexporte reduzieren . dann doch die ganz große Wahrscheinlichkeit, dass die Sie haben die Regeln neu gemacht . Auch sie sind gran- nächste Bundeswirtschaftsministerin dieses Nein von dios gescheitert, genauso grandios wie Gabriel . Auch Gabriel „kassiert“ und die Genehmigung erteilt und unter Rot-Grün sind die Waffenexporte immer weiter die G36-Fabrik in Saudi-Arabien weiterläuft . Dann hat Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18239

Jan van Aken (A) Gabriel unter dem Strich gar nichts erreicht, nullkomma- tisch . Kein Land kriegt etwas von uns geliefert . – Damit (C) nix . Das ist ein riesiges Problem . hätten Sie kein diplomatisches Problem .

Das ist jetzt auch keine Schwarzmalerei . Es gibt in der (Beifall bei der LINKEN) deutschen Geschichte tatsächlich konkrete Beispiele da- für, dass genau das passiert ist . Als Au- Eine gesetzliche Regelung, durch die die Waffenex- ßenminister war – wieder Rot-Grün –, hat er einen ganz porte wirklich endlich einmal reduziert werden, ist doch schmutzigen Sturmgewehr-Deal mit Mexiko gestoppt . auch in Ihrem ureigensten Interesse . Gucken Sie sich Das Auswärtige Amt hat 2005 Nein zur Lieferung von Sigmar Gabriel in dieser Woche doch einmal an . Was für G36-Gewehren nach Mexiko gesagt . eine Blamage, nach diesem Wahlkampf jetzt eine Ver- 2005 gab es dann die Bundestagswahl . Kurz danach doppelung der Rüstungsexportzahlen rechtfertigen zu wurde Steinmeier Außenminister, und ein paar Tage spä- müssen! Das Gleiche geschieht in zwei Jahren wieder . ter sagte das Auswärtige Amt Ja zum Deal mit Mexiko . Der nächste SPD-Wirtschaftsminister und der nächste Das zur Nachhaltigkeit in diesem System! Sie können grüne Außenminister werden genau solche Peinlichkei- 20 Jahre lang regieren: Kaum sind Sie weg, kommt die ten wieder vertreten müssen, wenn Sie nicht endlich an nächste Ministerin oder der nächste Minister, und das die Systemfrage herangehen . Problem ist erneut, dass wieder alles geliefert wird . Sie wissen, dass wir von mir aus alle Waffenexporte (Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE jetzt sofort verbieten können . Ich weiß aber auch, dass GRÜNEN]: Das zeigt, dass es auf die Regie- das mit Ihnen so schnell nicht geht; ich bin Realist . Das rung ankommt und nicht auf die Gesetze!) Dringendste und Wichtigste – ich glaube, darin sind sich Deswegen funktioniert das System nicht so, wie es ganz viele hier einig – ist aber doch ein generelles Verbot funktionieren sollte . Die Regierungen wechseln, und Sie von Kleinwaffenexporten . müssen jetzt ein System aufbauen, das nachhaltig ist, da- mit auch dann, wenn Sie abgewählt wurden, das Nein (Beifall bei der LINKEN) weiter bestehen bleibt . Das ist das Problem . Das sind die tödlichsten Waffen dieser Welt . Wir wissen, (Beifall bei der LINKEN – Matthias Ilgen dass wir das verbieten müssen . Kein Sturmgewehr, keine [SPD]: Sie machen es sich ja sehr einfach!) Handgranate, keine Panzerfaust mehr exportieren, nir- Auch den zweiten Grund dafür, dass das System auf gendwohin: Das ist unser Vorschlag . Ja gestellt ist, kann man schön an der G36-Fabrik dar- stellen; denn selbst Gabriel könnte in den nächsten Wo- Ich sehe auch überhaupt nicht, wo das Problem ist . (B) chen noch gezwungen werden, die Genehmigung doch Warum machen Sie da nicht mit? Auch an die Grünen: (D) zu erteilen . Was passiert denn, wenn Sie Nein sagen? Die Warum erheben Sie nicht endlich einmal diese Forde- Herstellerfirma wird wahrscheinlich klagen, es gibt einen rung? Es gibt doch eigentlich überhaupt kein gutes Argu- Prozess, und plötzlich muss die Bundesregierung öffent- ment gegen ein solches Verbot . lich begründen, warum Saudi-Arabien diese Sturmge- wehre nicht bekommt . Auch in Deutschland werden Sie auf keinerlei Wider- stand treffen, wenn Sie sagen, dass Kleinwaffen nicht Dafür gibt es tausend gute Gründe, die man auch alle mehr exportiert werden . Sie hätten dann die Gewerk- nennen kann . Merkel und Steinmeier müssen dann aber schaften, die Kirchen und über 80 Prozent der Bevölke- nach Riad und den Saudis Auge in Auge erklären, warum rung auf Ihrer Seite und wahrscheinlich schon heute eine sie keine Sturmgewehre bekommen, ihre Nachbarn aber Mehrheit hier im Bundestag dafür . Sie müssen es nur tun . doch . Das ist doch eine diplomatische Katastrophe . (Beifall der Abg . Dr . Gesine Lötzsch [DIE Danke schön . LINKE]) (Beifall bei der LINKEN – Dr .Joachim Deswegen bin ich mir ganz sicher, dass Merkel und Pfeiffer [CDU/CSU]: Wir wollen es aber Steinmeier jetzt dafür sorgen werden, dass das nicht ab- nicht! Im Gegenteil!) gelehnt wird . Dieses diplomatische Desaster mit Sau- di-Arabien wollen sie sich nämlich gar nicht erst einhan- deln . Das ist der Punkt . Präsident Dr. Norbert Lammert: In dem Moment, in dem Sie Einzelfallentscheidungen Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, will ich eben treffen und einmal Ja und zweimal Nein sagen, haben Sie das von den Schriftführerinnen und Schriftführern er- eine diplomatische Katastrophe . mittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von Ausschrei- (Matthias Ilgen [SPD]: Also immer Nein sa- bungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu gen?) weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Ener- Das können Sie nur dadurch vermeiden, indem Sie im- gien bekannt geben: abgegebene Stimmen 574 . Mit Ja mer Nein sagen . Wenn Sie ein generelles Verbot von haben gestimmt 444, mit Nein haben 121 Kolleginnen Kleinwaffen haben, dann können Sie nach Riad fahren und Kollegen gestimmt, 9 haben sich enthalten . Damit und sagen: Jungs, es tut uns leid; das hat gar nichts mit ist der Gesetzentwurf mit der notwendigen Mehrheit an- euch zu tun. Wir Deutschen sind ein bisschen pazifis- genommen . 18240 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

(A) Endgültiges Ergebnis Reiner Meier (C) Abgegebene Stimmen: 574; Dr . Sylvia Jörrißen Dr . davon Dr . Hans-Peter Friedrich Dr . (Hof) ja: 444 Dr . Egon Jüttner nein: 121 Bartholomäus Kalb Dr . Michael Fuchs enthalten: 9 Hans-Werner Kammer Dr . h .c . Hans-Joachim Fuchtel Steffen Kanitz Dr . Alexander Funk Ja Ingo Gädechens Karsten Möring CDU/CSU Dr . Bernhard Kaster Volker Kauder Volker Mosblech Peter Altmaier Dr . Stefan Kaufmann Dr . Gerd Müller Carsten Müller Josef Göppel Dr . (Braunschweig) Ursula Groden-Kranich Günter Baumann Stefan Müller (Erlangen) Hermann Gröhe Jürgen Klimke Dr . Klaus-Dieter Gröhler (Börde) Dr . Michael Grosse-Brömer Astrid Grotelüschen Helmut Nowak Markus Grübel Dr . André Berghegger Carsten Körber Dr . Georg Nüßlein Dr . Monika Grütters Florian Oßner Dr . Dr . Fritz Güntzler Dr . Günter Krings Clemens Binninger Rüdiger Kruse Dr . Roy Kühne Günter Lach Dr . (B) Uwe Lagosky Dr . Martin Pätzold (D) Klaus Brähmig Jürgen Hardt Andreas G . Lämmel Dr . Joachim Pfeiffer Michael Brand Dr . Norbert Lammert Sibylle Pfeiffer Dr . Ulrich Lange Dr . Dr . Stefan Heck Barbara Lanzinger Dr . Dr . Alois Rainer Cajus Caesar (Chemnitz) Dr . Dr . Mark Helfrich Dr . Andreas Lenz Alexandra Dinges-Dierig Uda Heller Dr . Jörg Hellmuth Dr . Thomas Dörflinger Matthias Lietz Marie-Luise Dött Iris Ripsam Hansjörg Durz Dr . Dr . Johannes Röring Iris Eberl Kathrin Rösel Jutta Eckenbach Robert Hochbaum Wilfried Lorenz Dr . Norbert Röttgen Dr . Alexander Hoffmann Dr . Claudia Lücking-Michel Erwin Rüddel Hermann Färber Dr . Jan-Marco Luczak (Dortmund) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr . Dr . Wolfgang Schäuble Ingrid Fischbach Franz-Josef Holzenkamp Dirk Fischer (Hamburg) Dr . Thomas Mahlberg Axel E . Fischer Margaret Horb (Karlsruhe-Land) Charles M . Huber Christian Schmidt (Fürth) Dr . Anette Hübinger Gabriele Schmidt (Ühlingen) Klaus-Peter Flosbach Hubert Hüppe Stephan Mayer (Altötting) Ronja Schmitt Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18241

(A) Dr . Dr . Gabriele Lösekrug-Möller (C) Nadine Schön (St . Wendel) Peter Weiß (Emmendingen) Elke Ferner Dr . Ole Schröder Sabine Weiss (Wesel I) Christian Flisek Kirsten Lühmann Dr . Kristina Schröder Gabriele Fograscher (Wiesbaden) Karl-Georg Wellmann Dr . Bernhard Schulte-Drüggelte Hilde Mattheis Dr . Klaus-Peter Schulze Waldemar Westermayer Sigmar Gabriel Dr . Klaus Mindrup Armin Schuster (Weil am Peter Wichtel Rhein) Annette Widmann-Mauz Iris Gleicke Michelle Müntefering Christina Schwarzer Heinz Wiese (Ehingen) Angelika Glöckner Dr . Rolf Mützenich Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Ulli Nissen Becker Gabriele Groneberg Dr . Patrick Sensburg Michael Groß Mahmut Özdemir (Duisburg) Bernd Siebert Barbara Woltmann Uli Grötsch Aydan Özoğuz Heinrich Zertik Rita Hagl-Kehl Ulrich Hampel (Minden) Dr . Dr . Wilhelm Priesmeier Carola Stauche Gudrun Zollner Dr . Michael Hartmann (Wackernheim) Dr . Dr. SPD Dr . Simone Raatz Peter Stein Hubertus Heil (Peine) Ingrid Arndt-Brauer Stefan Rebmann Christian Frhr . von Stetten Gerold Reichenbach Heidtrud Henn Rita Stockhofe Dr . Carola Reimann Gustav Herzog (B) (D) Heinz-Joachim Barchmann (Essen) Sönke Rix Petra Rode-Bosse Max Straubinger Dr . Eva Högl Dr . Martin Rosemann Matthäus Strebl Dr . Matthias Ilgen René Röspel Sören Bartol Christina Jantz-Herrmann Dr . Thomas Stritzl Bärbel Bas Michael Roth (Heringen) Lena Strothmann Lothar Binding (Heidelberg) Susann Rüthrich Michael Stübgen Thomas Jurk Bernd Rützel Dr . Sabine Sütterlin-Waack Sarah Ryglewski Dr . Dr . Karl-Heinz Brunner Johannes Kahrs Johann Saathoff Annette Sawade Astrid Timmermann-Fechter Dr . Hans-Joachim Dr . Hans-Peter Uhl Dr . Ulrich Kelber Schabedoth Dr . Volker Ullrich Petra Crone Marina Kermer Dr . Dr . Dorothee Schlegel Dr . (Aachen) (Kleinsaara) Dr. Bärbel Kofler Matthias Schmidt (Berlin) Sven Volmering Martin Dörmann Daniela Kolbe (Wetzlar) Christel Voßbeck-Kayser Elvira Drobinski-Weiß Birgit Kömpel (Erfurt) Dr . Siegmund Ehrmann Dr . Hans-Ulrich Krüger Elfi Scho-Antwerpes Michaela Engelmeier Helga Kühn-Mengel Karl-Heinz Wange Dr . h .c . Gernot Erler Christine Lambrecht (Spandau) Petra Ernstberger Christian Lange (Backnang) Dr . Dr . h .c . Karin Evers-Meyer Steffen-Claudio Lemme (Hamburg) Dr . Burkhard Lischka 18242 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

(A) Rita Schwarzelühr-Sutter Dr . Peter Meiwald (C) Norbert Spinrath Beate Müller-Gemmeke Svenja Stadler Matthias W . Birkwald Özcan Mutlu Peer Steinbrück Birgit Wöllert Dr . Konstantin von Notz Dr . Frank-Walter Steinmeier Christine Buchholz Jörn Wunderlich Omid Nouripour Christoph Strässer Eva Bulling-Schröter Kerstin Tack Sabine Zimmermann Cem Özdemir (Zwickau) Sevim Dağdelen Brigitte Pothmer BÜNDNIS 90/ Dr . Karin Thissen DIE GRÜNEN Tabea Rößner Franz Thönnes Claudia Roth (Augsburg) Carsten Träger Dr . Corinna Rüffer Rüdiger Veit Dr . André Hahn Annalena Baerbock Heike Hänsel Dirk Vöpel (Bremen) Dr . Dr . Volker Beck (Köln) Dr . Dr . Bernd Westphal Sigrid Hupach Agnieszka Brugger Kordula Schulz-Asche Ekin Deligöz Dr . Wolfgang Strengmann- Waltraud Wolff Kuhn (Wolmirstedt) Katja Dörner Hans-Christian Ströbele Gülistan Yüksel Katharina Dröge Dr . Harald Terpe Dagmar Ziegler Harald Ebner Katrin Kunert Dr . Thomas Gambke Jürgen Trittin Dr . Jens Zimmermann Ralph Lenkert Dr . Julia Verlinden Manfred Zöllmer Doris Wagner Katrin Göring-Eckardt Beate Walter-Rosenheimer (B) Dr . Gesine Lötzsch Britta Haßelmann Dr . Valerie Wilms (D) Nein Dr . Anton Hofreiter CDU/CSU Birgit Menz Bärbel Höhn Enthalten Cornelia Möhring Niema Movassat Uwe Kekeritz CDU/CSU Norbert Müller (Potsdam) Katja Keul Bettina Hornhues Dr . Alexander S . Neu Maria Klein-Schmeink Hans-Georg von der Marwitz Tom Koenigs Heiko Schmelzle Sylvia Kotting-Uhl (Havelland) Oliver Krischer SPD Richard Pitterle Stephan Kühn () SPD Marco Bülow Christian Kühn (Tübingen) Bettina Müller Dr . Petra Sitte Renate Künast Dr . Ute Finckh-Krämer Dr . Nina Scheer Markus Kurth Gabriela Heinrich Dr . Kirsten Tackmann Gabriele Hiller-Ohm DIE LINKE Frank Tempel Steffi Lemke Dr . Birgit Malecha-Nissen Jan van Aken Dr . Nicole Maisch Martina Stamm-Fibich

Nächster Redner in der Debatte ist der Kollege Klaus- nung . Das ist ja Ihr Leib- und Magenthema . Es ist schon Peter Willsch für die CDU/CSU-Fraktion . schwer erträglich, mit anzusehen, wie sehr Sie sich bei diesem Thema in Selbstgerechtigkeit suhlen . (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- ordneten der SPD) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD) Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU): Wenn wir es so machen würden, wie Sie es gerade Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und gesagt haben, nämlich Rüstungsexporte einfach verbie- Herren! Liebe Kollegen! Herr van Aken, Sie setzen das ten und dabei nicht nach links oder nach rechts schauen, Thema Rüstungsexporte immer wieder auf die Tagesord- dann hätte der IS die Jesiden in noch viel größerer Zahl Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18243

Klaus-Peter Willsch (A) abgeschlachtet, und dann wären die Peschmerga nicht in wirtschaftsgesetz, um den Verhaltenskodex der Europäi- (C) der Lage gewesen, den IS zurückzuschlagen . schen Union für Waffenausfuhren und um die Prinzipien zur Regelung der Transfers konventioneller Waffen der (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/ OSZE . DIE GRÜNEN]: Das tut jetzt weh!) Kobane wäre gefallen . Das Zurückdrängen dieser Stein- Dazu haben wir erst vor wenigen Wochen – Stichwort zeitislamisten wäre ohne unsere Lieferungen von MI- Kleine und Leichte Waffen – mit der Sechsten Verord- LAN und den Sturmgewehren in diese Region nicht nung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung die möglich gewesen . Wenn man selbst schon nicht helfen Kontrolle über die Ausfuhr von bestimmten Rüstungs- will, dann muss man wenigstens die, die zu kämpfen be- gütern verstärkt . Darin ist neu geregelt worden, dass reit sind, ertüchtigen, sodass sie diesen gerechten Kampf die Grundsätze der Bundesregierung für die Ausfuhrge- führen können . Das haben wir in diesem Falle gemacht . nehmigungspolitik bei der Lieferung von Kleinen und Leichten Waffen, dazugehöriger Munition und Herstel- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) lungsausrüstung in Drittländer vom 18 .März 2015 und Sie versuchen immer wieder den Eindruck zu erwe- die Eckpunkte vom 8 . Juli 2015 für die Einführung von cken, der Handel mit Rüstungsgütern bei uns sei so et- Post-Shipment-Kontrollen bei deutschen Rüstungsexpor- was wie der Handel mit Gebrauchtwagen im Libanon . ten umgesetzt werden . Der Exporteur muss eine Erklä- Sie wissen ganz genau, dass das anders ist . Auch wenn rung des staatlichen Endempfängers der Rüstungsgüter wir über dieses Thema wiederholt debattiert haben, ist es beibringen, die über den sogenannten Reexportvorbehalt nicht auszuschließen, dass Menschen zuhören, die sich hinausgeht . Es gelten der Grundsatz „Neu für alt“ und damit noch nicht auskennen . Daher will ich die Grundla- der Grundsatz „Neu, Vernichtung bei Aussonderung“ . gen der Rüstungsexportpolitik kurz darlegen . Das ist ein umfangreiches Kontrollwerk, mit dem sicher- gestellt werden soll, dass die Waffen in jedem Fall nicht Es ist klar geregelt: Die Politischen Grundsätze der unsachgemäß weitergegeben oder unsachgemäß einge- Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und setzt werden . sonstigen Rüstungsgütern liegen in der aktuellen Fas- sung vom 19 .Januar 2000 vor . Das ist ein Beschluss aus Ich will gerade an dem Beispiel, das Sie fälschlicher- einer Zeit, als Rot-Grün regierte . Wir haben uns in großer weise auf die See verlegt haben – es ging dabei um Tank- Kontinuität in allen Fragen des Exports kritischer Güter flugzeuge für Großbritannien – noch einmal deutlich sehr zurückhaltend gezeigt. Einige bei uns finden: zu zu- machen: Das ist ein europäisches Projekt . Wir können rückhaltend . nicht einfach als Deutsche dieses ganze Projekt zu Fall bringen . Wenn wir mit einem NATO-Partner ein solches (B) Es ist keinesfalls so, dass es irgendeinen Anspruch auf Geschäft machen und auf europäischer Ebene innerhalb (D) Genehmigung von Rüstungsgütern gibt . Jede Rüstungs- unserer industriellen Partnerschaften nicht mehr hand- exportgenehmigung ist eine Einzelfallentscheidung . lungsfähig sind, dann beschädigen wir damit unseren In- Gemäß Außenwirtschaftsgesetz und Außenwirtschafts- dustriestandort Deutschland . verordnung ist die Ausfuhr aller Rüstungsgüter geneh- migungspflichtig. Rüstungsexporte werden grundsätz- Wir müssen uns in diesen Fällen der engen Zusam- lich nicht genehmigt, wenn der hinreichende Verdacht menarbeit versichern . Deshalb ist es gut, dass wir unser besteht, dass die Rüstungsgüter zur internen Repression europäisches Regelwerk auch hier eingeflochten haben. oder zu sonstigen Menschenrechtsverletzungen miss- braucht werden . (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

(Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE Die Notwendigkeiten, denen wir uns im Hinblick auf GRÜNEN]: Warum tun Sie dann das Gegen- die Arabische Halbinsel ausgesetzt sehen – sie ist alles teil?) andere als der Garten Eden und ein Hort blühender Sta- Die Prüfung und Genehmigung der Ausfuhr von bilität –, bestehen im flexiblen Handeln und im Eingehen Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern obliegt dem auf die konkrete Situation von Fall zu Fall . Wir sind der Bundessicherheitsrat, der geheim tagt . Den Vorsitz hat festen Überzeugung, dass nicht ein Land alleine, auch die Bundeskanzlerin inne . Zusätzlich sind im Bundes- nicht der große Weltpolizist, die Problemfälle in unserer sicherheitsrat der Vizekanzler sowie die Bundesminister Welt bereinigen kann . Im außenpolitischen Konzept der der Verteidigung, des Auswärtigen, des Innern, der Jus- Bundesregierung „Globalisierung gestalten – Partner- tiz, der Finanzen, für Wirtschaft und Energie, für wirt- schaften ausbauen – Verantwortung teilen“ vom Febru- schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie der ar 2012 heißt es: Chef des Bundeskanzleramtes zugegen . Gegebenenfalls werden der Generalinspekteur und der Regierungsspre- Kein Staat der Welt kann heute nur mit militärischen cher hinzugezogen . Mitteln oder allein für seine Sicherheit sorgen . Hier- bei misst die Bundesregierung insbesondere der Bei der Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung handelt Entwicklung und weiteren Vertiefung sicherheits- es sich nicht um einen formellen Akt . Es besteht kein An- politischer Partnerschaften mit Staaten in entfernten spruch darauf . Dabei sind vielmehr zahlreiche Gesetze Regionen sowie deren jeweiligen Regionalorganisa- und Vereinbarungen zu beachten, die schon kurz ange- tionen (z .B . im Rahmen der Afrikanischen Union rissen worden sind . Im Einzelnen geht es um das Gesetz (AU) oder der Arabischen Liga (AL)) große Bedeu- über die Kontrolle von Kriegswaffen und um das Außen- tung bei . 18244 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Klaus-Peter Willsch (A) Es gibt einen regen Besuchsaustausch, um die Kon- Vielen Dank für die Aufmerksamkeit . (C) takte am Leben zu erhalten, natürlich auch zum Nutzen unserer Exportwirtschaft, aber auch, um immer wieder (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- am Gesprächsfaden zu arbeiten und die Möglichkeiten ordneten der SPD) der friedlichen Konfliktbeilegung und der Unterstützung im Kampf gegen Terror, Piraterie und andere Geißeln, Vizepräsidentin Petra Pau: die die Menschheit heimsuchen, zu nutzen . Das Wort hat die Kollegin Brugger für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen . (Beifall des Abg . Andreas Mattfeldt [CDU/ CSU]) Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- In diesem Zuge bleibt es nicht aus, dass wir mit Staa- NEN): ten reden müssen, deren staatliche Verfassung mit der, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! die wir sie uns gewählt haben und die wir in unserem 7,86 Milliarden Euro: Das ist der Wert der Genehmi- Lande errichtet haben, nicht übereinstimmt . Sie weisen gungen für den Export von Kriegswaffen und sonstigen oft Unterschiede auf, die wir nicht gutheißen . Wir sagen: Rüstungsgütern, die die schwarz-rote Bundesregierung Mag jeder das machen, was er für richtig hält; wir spre- im Jahr 2015 erteilt hat . Das ist nicht nur eine Verdoppe- chen es an, wenn es Menschenrechtsverletzungen gibt . lung im Vergleich zum Vorjahr, sondern es ist der höchs- Aber wir sehen: Die Welt ist, wie sie ist, und wir müssen te Wert, seitdem unter Rot-Grün erstmalig die Berichts- mit dem Betrachten der Wirklichkeit anfangen und in der pflichten eingeführt worden sind. Ich finde, das ist ein Welt leben, die wir haben . Wir arbeiten alle jeden Tag ein beschämender Rekord der sicherheitspolitischen Verant- Stückchen daran, die Welt besser zu machen . wortungslosigkeit . Das, was Sie vorgetragen haben, Herr van Aken, näm- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) lich dass Waffen grundsätzlich von Übel seien, kann ich nicht nachvollziehen . Genauso wie wir unseren Po- Die Union macht keinen Hehl daraus, wie zum Bei- lizisten und Soldaten zugestehen, mit Waffengewalt die spiel Herr Ramsauer im Deutschlandfunk, dass sie auf Rechtsgüter, für die sie einstehen, durchzusetzen, werden diesen Rekord auch noch stolz ist . Aber die SPD und al- wir das anderen Staaten nicht verwehren können . Wenn len voran Sigmar Gabriel, der schließlich nicht nur Wirt- ein Land seine Küste nicht alleine schützen kann, weil schaftsminister und damit federführend für Rüstungsex- es nicht die entsprechende Industrie hat, rufen wir ihm porte zuständig ist, sondern auch noch Vizekanzler der freudig zu: Wir haben sie! Ihr kriegt von uns Patrouillen- Koalition ist, ist angetreten, um diese verheerende Rüs- (B) boote, wenn ihr sie braucht und sie bei uns bestellt . tungsexportpolitik zu beenden – völlig richtig; denn es ist (D) höchste Zeit für eine radikale Kehrtwende, die Frieden, (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Sicherheit und Menschenrechte über die Gewinninteres- sen der deutschen Waffenkonzerne stellt . Das sichert in Wolgast Arbeitsplätze auf der Peene-Werft (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN von Lürssen . Das gilt gerade für den Deal, von dem vor sowie bei Abgeordneten der LINKEN) kurzem die Rede war . 7,86 Milliarden Euro – Sie sind krachend gescheitert Es ist keinem Land zu verwehren, dass es einen Küs- und haben dabei völlig versagt . Aber Sigmar Gabriel tenschutz aufbaut, um sich gegen Insurgenten und alle wäre nicht Sigmar Gabriel, wenn er nicht versuchen wür- möglichen kriminellen Elemente, die weltweit unterwegs de, sich hier aus der Verantwortung zu stehlen . sind, zur Wehr zu setzen . (Zuruf von der SPD: Ihr werdet euch noch (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) nach ihm zurücksehnen!)

Das gehört zur internationalen Politik; es ist eine Frage In den drei Jahren, in denen er jetzt Wirtschaftsminister von Sicherheits- und Außenpolitik . Das ist keine norma- ist, hat er uns eine Reihe fadenscheiniger Ausflüchte und le wirtschaftliche Sektorenbetrachtung – das haben wir billiger Ausreden präsentiert, und diese nehme ich mir auch nie behauptet –; gleichwohl bin ich der festen Über- gern, auch wenn es Unmut bei der SPD gibt, im Einzel- zeugung: Wenn nun das G36 nicht nach Saudi-Arabien nen vor und schaue sie mir genauer an: geliefert wird, werden die saudischen Einheiten wahr- (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Man muss scheinlich trotzdem nicht mit Holzgewehren herumlau- Menschen nicht immer herabwürdigen!) fen, sondern einen anderen Lieferanten finden, der ihnen bereitwillig die entsprechende Technik zur Verfügung Die hohen Zahlen haben etwas mit Sonderfaktoren zu stellt . tun . Da wird dann alles hineingeschoben, was einem nicht in den Kram passt . Sie wollen damit den Eindruck Ich wünsche mir, dass wir mit unserer restriktiven erwecken, es sei ja nur ein Ausreißer nach oben, und es Politik, mit der wir versuchen, auf die Länder Einfluss sei ja eine Ausnahme . Ja, Pech für Sigmar Gabriel, Pech zu nehmen, Sicherheitspartnerschaften in der Welt ge- auch für Sie von der SPD und für Sie von der Union nerieren können und dass das zum Wohle der deutschen ebenso, dass nun schon die Zahlen für das erste Halb- Industrie, der Deutschen insgesamt, aber auch der inter- jahr 2016 bekannt geworden sind . Das sind 4 Milliarden nationalen Partner geschieht . Euro in einem halben Jahr . Wenn Sie die nächsten sechs Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18245

Agnieszka Brugger (A) Monate so weitermachen wie die letzten, dann stellen Sie Und ja, es gibt ein Manko, das ist, glaube ich, auch (C) wieder einen neuen Rekord auf . der wahre Grund für Ihr Herumgeeiere: Bei einem Stopp entstehen Schadenersatzansprüche für Rüstungs- (Beifall bei der SPD) unternehmen, und ja, ich finde es schlimm genug, dass Dann kommt die nächste Ausrede: Man müsste doch dann mit Steuergeld Profiteure einer sicherheitspolitisch einen differenzierten Blick haben und sich die Dinge im wahnwitzigen Entscheidung von Schwarz-Gelb entschä- Einzelnen anschauen . digt werden müssen . Aber das ist doch weniger schlimm, als einen Staat mit deutschen Waffen zu beliefern, der für (Matthias Ilgen [SPD]: Aber hallo!) blutige Gewalt verantwortlich ist . Dann schaue ich mir einen Deal im Einzelnen an: Der Bundessicherheitsrat hat die Lieferung von Panzern und (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Haubitzen im Wert von 1,6 Milliarden Euro an Katar er- sowie bei Abgeordneten der LINKEN) laubt, an einen Staat, der für die Gewalt im Jemen mit- Deshalb fordern wir Grünen auch schon seit Jahren, alle verantwortlich ist, in dem Menschenrechte verletzt wer- Waffendeals mit Staaten wie Saudi-Arabien und Katar den und aus dessen Mitte heraus der islamistische Terror zu stoppen, sie zu beenden, und deshalb finde ich auch finanziert und unterstützt wird. Diese Entscheidung steht den Antrag der Linken, über den wir heute debattieren, im Widerspruch zu den Regeln, die es in Deutschland richtig . Aber ich erwarte schon auch, dass die Regierung gibt, auf die Sie sich ja auch immer gern berufen, und so viel Mumm hat, sich hierhinzustellen und zu sagen: sie ist ohne jeden sicherheitspolitischen Sachverstand ge- Wir wollen den Schadenersatz nicht zahlen, er ist uns zu troffen worden . hoch, und wir lassen aktiv und bewusst diese verantwor- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – tungslosen Deals – Panzer nach Katar, Patrouillenboote Matthias Ilgen [SPD]: Nein!) nach Saudi-Arabien – weiterlaufen . Und wieder versuchen Sie, abzutauchen, und Sigmar (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- Gabriel versucht, sich auch hier aus der Verantwortung SES 90/DIE GRÜNEN) zu stehlen, womit wir bei der dritten Ausrede ankommen . Ja, es grenzt schon fast an Lüge, was da immer wieder Man muss auch die Frage stellen: Was machen eigent- behauptet wird: Die Genehmigungen kommen ja von der lich die anderen Mitglieder des Bundessicherheitsrates? bösen schwarz-gelben Vorgängerregierung; Sie wollten Schließlich muss nicht nur Herr Gabriel darüber abstim- ja so gern, aber Sie könnten halt nicht . men . Kanzlerin Angela Merkel und Verteidigungsminis- terin Ursula von der Leyen tauchen einfach ab, obwohl Spätestens der Fall Russland hat doch gezeigt: Es ist sie diesen Waffengeschäften zugestimmt haben . Auch (B) möglich, Genehmigungen, die erteilt worden sind, wie- (D) diese sollen sich einmal vor der Öffentlichkeit rechtferti- der zurückzunehmen, wenn der politische Wille da ist . gen, warum sie das getan haben . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ich bin da beim Kollegen van Aken: Ja, die Gesetze sowie bei Abgeordneten der LINKEN) kann man verschärfen, und das System kann man noch mehr stärken . Aber das Beispiel zeigt doch, dass nicht Außenminister Steinmeier, in dessen Haus die Federfüh- das System an sich kaputt ist, sondern dass es hier um rung für Menschenrechte liegt, ist sich noch nicht einmal den politischen Willen der Regierung geht, und der ist es, zu schade, diese Deals zu verteidigen . Dabei schweigt er der sich ändern muss . zum brutalen Krieg im Jemen . Aber den Vogel abgeschos- sen hat in den letzten Tagen Finanzminister Schäuble, der (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) angesichts der Krisen in der Welt und insbesondere der Da wir uns schon mit den Gesetzen beschäftigen, will Krise, die wir gerade in Europa erleben, zu der Schluss- ich Ihnen sagen, was dazu klipp und klar in § 7 Absatz 1 folgerung kommt, das Wichtigste sei nun, die deutschen des Kriegswaffenkontrollgesetzes steht . Ich zitiere aus Exportrichtlinien zu lockern, damit man besser auf euro- dem Gesetz: „Die Genehmigung kann jederzeit wider- päischer Ebene zusammenarbeiten könne . Das soll eine rufen werden “. Aber wissen Sie was? § 7 Absatz 2 des Antwort auf die Verunsicherung der Menschen in Europa gleichen Gesetzes verpflichtet die Bundesregierung so- sein? Das soll eine Antwort für die Menschen in den Kri- gar, eine Genehmigung zu widerrufen, wenn die Gefahr senstaaten dieser Welt sein? Das ist doch nur gut für die besteht, dass Kriegswaffen zu einer friedensstörenden Rüstungsindustrie . Handlung eingesetzt werden . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und bei der LINKEN) Bei allen Staaten, die Teil der Kriegsallianz im Jemen sind, ist das nicht nur eine theoretische Gefahr, so wie Alle Mitglieder der Bundesregierung, insbesonde- es im Gesetz beschrieben ist; denn diese Sache hat sich re der Außenminister und die Verteidigungsministerin, doch schon längst realisiert . Auch das zeigt: Das Problem können zusammen noch so viele schöne Reden über sind eigentlich nicht die Gesetze, sondern das Problem Deutschlands neue Verantwortung in der Welt halten . sind Union und SPD . Wenn sie gleichzeitig in den Hinterzimmern des Bundes- sicherheitsrates so verantwortungslos abstimmen, dann (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sollten sie mit diesen Reden aufhören; denn ihre Rekord- 18246 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Agnieszka Brugger (A) zahlen sind nichts anderes als eine desaströse Bilanz der EU besonders strengen Voraussetzungen unterliegen, im (C) Verantwortungslosigkeit . Gegensatz zu unseren Bündnispartnern . Wie erklären Sie sich dann, dass sich das Regel-Ausnahme-Verhält- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nis ausweislich der Rüstungsexportberichte in den letz- sowie bei Abgeordneten der LINKEN) ten Jahren umgekehrt hat und dass wir inzwischen mehr Kriegswaffen in Drittstaaten exportieren als in NATO- Vizepräsidentin Petra Pau: und EU-Staaten? Das Wort hat der Kollege Ulrich Hampel für die SPD-Fraktion . Ulrich Hampel (SPD): (Beifall bei der SPD) Man muss sich genau anschauen, was letztendlich geliefert wird . Die Zahl besagt nichts über die Qualität . Ulrich Hampel (SPD): Man muss aber auch sagen: Wer nicht liefert, macht sich Vielen Dank, Frau Präsidentin .– Liebe Kollegin- auch schuldig . Darauf wurde schon von meinem Kolle- nen und Kollegen! Das Thema Rüstungsexportpolitik gen Willsch explizit hingewiesen . – Vielen Dank . nimmt seit einigen Tagen wieder breiten Raum in der öf- (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der fentlichen Berichterstattung ein . Anlass ist der aktuelle CDU/CSU – Dr .Joachim Pfeiffer [CDU/ Rüstungsexportbericht für das Jahr 2015, der in dieser CSU]: Genau! Das trifft es! – Agnieszka Woche im Kabinett verabschiedet wurde . Die Bundes- Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: regierung berichtet damit bereits zum dritten Mal noch „Wer nicht liefert, macht sich auch schul- vor der Sommerpause über die Zahlen des vergangenen dig“ – wenigstens mal ehrliche Worte!) Jahres . Dass das Thema Rüstungsexporte in den vergan- genen Jahren insgesamt wieder stärker in den öffentli- Gerade bei Drittstaaten, zu denen die Mitgliedstaa- chen Fokus gerückt ist, ist eine Entwicklung, die meine ten des Golfkooperationsrates gehören, gelten strenge Fraktion und ich ausdrücklich begrüßen . Regeln. Exporte dorthin finden unter außen- und sicher- heitspolitischen Gesichtspunkten besondere Beachtung . Seit seinem Amtsantritt hat Bundeswirtschaftsminis- Am Beispiel der Nichtgenehmigung für die Ausfuhr von ter Gabriel dafür gesorgt, dass in deutlich kürzeren Ab- G36-Bauteilen nach Saudi-Arabien zeigt sich, dass die ständen über die Exportpolitik betreffend konventionelle aktuelle Bundesregierung hier verantwortungsvoll agiert . Rüstungsgüter berichtet wird und es damit endlich mehr Anhand dieser Beispiele wird aber auch deutlich, dass Transparenz gibt . es nicht so einfach ist, wie die Opposition die Menschen (Beifall bei der SPD – Andreas G . Lämmel gerne glauben machen will, bereits genehmigte Expor- (B) [CDU/CSU]: Das haben wir im Koalitions- te rückgängig zu machen; denn den betroffenen Firmen (D) vertrag vereinbart!) wie in diesem Fall Heckler & Koch steht natürlich in un- serem Rechtsstaat der Klageweg offen . Gegebenenfalls In der Geschichte der Bundesrepublik war die Rüstungs- entstehen Entschädigungsansprüche in Millionen- oder exportpolitik noch nie so transparent wie heute, und Milliardenhöhe gegenüber der Bundesrepublik Deutsch- Wirtschaftsminister Gabriel hat die bisherige Geheimhal- land . Es stellt sich aber auch die Frage nach der Zuver- tungspraxis bei Exporten von deutschen Rüstungsgütern lässigkeit Deutschlands bei seinen Exportzusagen . Diese beendet . möglichen Folgen müssen gründlich abgewogen und Deutschland verfolgt eine restriktive Exportpolitik dürfen nicht einfach beiseitegeschoben werden . betreffend Sicherheits- und Rüstungsgüter nach klaren Im Falle der Nichtgenehmigung für die Ausfuhr von Regeln und hohen Maßstäben . Gerade für sogenannte G36-Bauteilen unterstützen meine Fraktion und ich Drittstaaten, also Staaten außerhalb der NATO und der die Linie von Wirtschaftsminister Gabriel, künftig kei- EU und den NATO-Staaten gleichgestellte Länder wie ne Genehmigungen für Komponenten und Technologie Australien, Japan, Neuseeland und die Schweiz, sind die in Drittländer zum Aufbau neuer Herstellungslinien für Regeln besonders streng . Dies gilt natürlich auch für die Kleinwaffen zu erteilen . Die neuen deutschen Kleinwaf- Golfregion, für die die Linke in ihren beiden Anträgen fengrundsätze vom 18 . Mai 2015 sind diesbezüglich ein ein generelles Exportverbot fordert . Ein solches generel- richtungsweisender Leitfaden für die restriktive Handha- les Exportverbot lehnen wir ab . bung von Rüstungsexportanfragen bezüglich Kleinwaf- fen . Mit diesen Grundsätzen nehmen wir eine führende Vizepräsidentin Petra Pau: Rolle ein . Kollege Hampel, gestatten Sie eine Frage oder Bemer- kung der Kollegin Keul? Laut dem aktuellen Rüstungsexportbericht ist der Ge- samtwert der Genehmigungen zum Export von Klein- waffen von 47 Millionen Euro im Jahr 2014 auf 32 Mil- Ulrich Hampel (SPD): lionen Euro im Jahr 2015 zurückgegangen . Das ist der Ja, bitte . niedrigste Stand seit 15 Jahren . (Beifall bei der SPD) Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Herr Kollege, für die Zulassung der Was den Export in Drittländer betrifft, reduzierte sich Frage . – Sie haben gerade zu Recht geschildert, dass in das Volumen um ein Drittel auf knapp 14 Millionen den Grundsätzen die Exporte außerhalb von NATO und Euro . Wenn man sich vor Augen führt, dass insbesonde- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18247

Ulrich Hampel (A) re Kleinwaffen die Waffen der Bürgerkriege sind, ist der teil der Kriegswaffenexporte hat sich also von 2005 bis (C) deutliche Rückgang des Exportvolumens ein wirklicher 2015 halbiert . Erfolg . (Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Die Bundesregierung handelt bei ihren Entscheidun- NEN]: Relativ wozu? – Weiterer Zuruf der gen über Exporte in die Golfregion nach strengen Regeln Abg . Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- und unter besonderer Beachtung von außen- und sicher- NEN]) heitspolitischen Gesichtspunkten . Ein generelles Export- – Der Anteil vom Gesamtexport hat sich reduziert . verbot, wie die Linken es gefordert haben, lehnen wir als SPD ab . Jetzt werfe ich einmal einen Blick auf die globalen Rüstungsexporte . Dazu gehören auch die Minenräum- Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit . Ein herzli- fahrzeuge, Wassertanks und andere Maschinen . Zwei ches Glückauf! Drittel der Ausfuhren entfallen auf Güter dieser Art, (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten während die Kriegswaffen nur ein Drittel der Ausfuhren der CDU/CSU) ausmachen . Im Zeitraum von 2011 bis 2015, also in den letzten fünf Jahren, haben sich die globalen Rüstungs- exporte um 14 Prozent erhöht . Der Anteil Deutschlands Vizepräsidentin Petra Pau: daran ist im Vergleich zum Zeitraum 2006 bis 2010 von Das Wort hat der Kollege Dr .Joachim Pfeiffer für die 11 Prozent auf 4,7 Prozent zurückgegangen . Er hat sich CDU/CSU-Fraktion . also mehr als halbiert – und, und, und . Das sind die Zah- (Beifall bei der CDU/CSU) len und Fakten . (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Nein!) Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema – Ich komme gleich noch darauf zu sprechen . Dann kön- Rüstungsexporte wird in der Tat reflexartig in schöner nen Sie sich ja daran abarbeiten . Regelmäßigkeit immer wieder aufgerufen, es wird in populistischer und alarmistischer Weise versucht, Rüs- Ich finde Ihr Verhalten nicht erfreulich. Sie müssten tungsexporte zu skandalisieren und das Thema aufzubla- eigentlich darüber jubeln, dass sich diese Zahlen redu- sen . Ich möchte deshalb eingangs ein paar Bemerkungen ziert haben; zu den Zahlen und Fakten machen . (Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: (B) (D) Kollege van Aken sprach vorher – ich zitiere – von Haben sie aber nicht!) „unfassbar hohen“ Rüstungsexporten . aber das machen Sie nicht . Im Gegenteil: Sie skandali- sieren das Ganze weiter, obwohl es in der Sache definitiv (Dr .André Hahn [DIE LINKE]: Da hat er falsch ist . recht!) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Es wurde davon gesprochen, die Bundesrepublik eile von Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Rekord zu Rekord, es wurde vom Anstieg der Exporte NEN]: Definitiv ist Ihre Rede falsch! Wir und was weiß ich gesprochen . Fakt ist, dass im Zeitraum schauen uns nur seriöse Zahlen an!) von 2005 bis 2015, also in den letzten zehn Jahren, der Anteil der Exporte von Kriegswaffen gesunken ist . Ich Jetzt einmal zu den Lösungsansätzen . Was sind denn differenziere jetzt . Hier werden Äpfel mit Eiern und Bir- Rüstungsexporte und Kriegswaffenexporte? Sie sind in nen in einen Topf geworfen . Aber das ist Absicht . Ich allererster Linie Teil unserer Außen- und Sicherheitspo- unterstelle, dass man intellektuell wahrscheinlich schon, litik . Selbstverständlich verfolgen wir mit großer Mehr- wenn man es möchte, in der Lage wäre, zu differenzie- heit hier im Hause zuvorderst multilaterale Ansätze im ren, aber man möchte es gar nicht, weil einem das nicht Rahmen der UN oder im Rahmen anderer internationaler ins Konzept passt . Zusammenarbeit, die vor allem mit friedlichen Mitteln, mit Entwicklungshilfe, mit anderen unterstützenden Ich rede jetzt von den Kriegswaffen . Das sind die Waf- Maßnahmen vorgehen . fen, die im Kampf zum Einsatz kommen können . Die sollen in angeblich so unverantwortlich hoher Zahl ex- Die Probleme der Welt werden nicht durch Schönre- portiert worden sein . Der Anteil der Kriegswaffenausfuhr den oder durch Wegducken gelöst . Der Kollege Willsch Deutschlands hat sich in absoluten Zahlen in den letzten und der Kollege Hampel haben es angesprochen – ich zehn Jahren quasi nicht erhöht . Er ist gleich geblieben . fand es sehr treffend –: Wegschauen, nicht liefern, den In relativen Zahlen hat er sich sogar halbiert, nämlich Kopf in den Sand stecken und gleichzeitig hier rein bin- von 0,26 Prozent auf 0,13 Prozent . Das ist im Rüstungs- nenorientierte Debatten führen ist ein schlechter und der exportbericht nachzulesen . Ich gehe davon aus, dass die Welt gegenüber unverantwortlicher Weg . Zahlen stimmen . Ich habe es nicht nachgerechnet, aber (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) ich gehe davon aus, dass die Bundesregierung richtig rechnet. Sie finden die Zahlen auf den Seiten 30 und 31 Wir sind uns darüber einig, dass es Probleme gibt, des Berichts dieser Woche . Wenn Sie ihn zur Hand neh- und wir versuchen auch, sie zu lösen . Wenn ich mich men, dann können Sie das nachschauen . Der relative An- nicht irre, befindet sich die Bundeswehr im Moment in 18248 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Dr. Joachim Pfeiffer (A) 16 Missionen in der Welt . Erst gestern Abend haben wir natürlich nicht .– Da muss ich sagen: Wer ist jetzt inkon- (C) wieder ein entsprechendes Mandat verlängert . Mit diesen sequent, wer ist scheinheilig? Missionen leisten wir einen Beitrag dazu, dass Sicherheit erhalten wird, zum Teil aber auch erst geschaffen wird; (Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Bigotterie da sind wir uns einig . Ohne Sicherheit gibt es nämlich ist das, ja! – Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE keine Weiterentwicklung, und ohne Weiterentwicklung, GRÜNEN]: Sie können das nicht mit einer ohne Arbeitsplätze, ohne Wachstum gibt es keine Men- UN-Friedensmission vergleichen!) schenrechte . Diese Abfolge lässt sich an der Historie der Deshalb ist ein Systemwechsel nötig . Ein Verbot ist, Länder erkennen . glaube ich, nicht die richtige Lösung . (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Doch!) Fordern Sie jetzt, dass die Bundeswehr an noch mehr Wir müssen die in der Tat viel zu restriktive Handhabung Auslandseinsätzen teilnimmt, dass wir noch häufiger Teil hier in Deutschland überdenken, und zwar aus politi- eines internationalen Verbundes werden? Diese Forde- schen Gründen, nicht aus wirtschaftlichen oder Arbeits- rung wäre konsequent; sie erheben Sie aber nicht . Nein, platzgründen . Die Zahlen habe ich dargelegt; Sie können Sie sagen stattdessen – jetzt kommen wir zu Abschich- sie nachlesen . tung –: Dort, wo wir selber nicht sein können, um Frieden (Zuruf der Abg . Kathrin Vogler [DIE LIN- zu schaffen und um Frieden zu erhalten, haben wir Part- KE]) ner und Verbündete . Sie sind es zum Teil seit Jahrzehn- ten, und sie entsprechen nicht immer unseren Standards . Es geht in erster Linie um Außen- und Sicherheitspo- Vielleicht haben sie auch eine andere Historie . Aber sie litik . Dann müssen wir innovationsfähig bleiben . Wir sorgen dafür, dass die Stabilität erhalten wird, dass die brauchen Kernkompetenzen, damit wir unabhängig blei- Sicherheit erhalten wird, dass Wachstum entsteht und ben und unsere Sicherheit selber gewährleisten können . dass auch dort die Menschenrechte eingehalten werden . Wir müssen auch verlässlich sein, und wir müssen dies partnerschaftlich organisieren können . Vorhin wurde (Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Menschen- Wolfgang Schäuble erwähnt . Er hat natürlich hundert- rechte werden mit Füßen getreten!) prozentig recht, Das gilt auch für viele verlässliche Partner in Arabien, (Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- so auch für Saudi-Arabien auf der Arabischen Halbinsel . NEN]: Wie immer!) Sehen Sie sich an, was dort in den letzten Jahren pas- wie er in fast allen Fragen hundertprozentig recht hat und siert ist: Wahlen wurden durchgeführt, rechtsstaatliche (B) dann auch irgendwann bekommt . (D) Elemente wurden geschaffen, die Mitwirkung der Frauen wurde gestärkt . Das entspricht zwar nicht dem, was wir (Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE uns in Deutschland vorstellen und erreicht haben, aber es GRÜNEN]: Ja, klar, Sie werden die Menschen geht auf jeden Fall in die richtige Richtung . für Europa begeistern!) Ich persönlich bin froh – ich sage das in aller Offen- Zur Europäisierung haben wir hier gesagt: Jawohl, heit und Deutlichkeit –, dass Saudi-Arabien dafür sorgt, wir wollen eine Europäisierung . Aber die Europäisierung dass auf der Arabischen Halbinsel, also auch im Jemen, darf natürlich nur nach unseren Standards sein . Wenn alle das Töten von Menschen und der Bürgerkrieg beendet anderen nicht so mitmachen, wie wir es gern hätten, dann werden . Ich halte das für richtig . funktioniert die Europäisierung nicht .– Ich glaube, das ist der falsche Weg . Wir müssen in Europa – das ist im (Zurufe von Abgeordneten der LINKEN: Moment aktueller denn je – definieren, welche Außen- Was? – Jan van Aken [DIE LINKE]: Pfui! und Sicherheitspolitik wir anstreben wollen, und dann Bomben auf Zivilisten, und Sie finden das müssen wir die Instrumente dafür einsetzen . Dazu gehört richtig! Pfui, Herr Pfeiffer! – Agnieszka eine verantwortliche, diesen Kriterien entsprechende Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ha- Rüstungs- und Kriegswaffenexportpolitik, aber nicht mit ben Sie schon mal was vom Völkerrecht ge- einem nationalen Sonderweg – „Am deutschen Wesen hört?) soll die Welt genesen .“ –, sondern international und euro- päisch eingebunden . Das ist die Aufgabe . Dieser System- Ich bin froh, dass sie dieses machen . wechsel ist notwendig, nicht ein populistisches, alarmis- tisches Verbot, das weder politisch noch den Menschen Das Schicksal der Jesiden im Irak und anderer kurdi- in der Welt weiterhilft . scher Gruppen ist bereits angesprochen worden . Andere gehen gegen deren Vertreibung mit militärischen Mitteln Vielen Dank . vor . Wenn wir sie dann aber im Stich lassen und ihnen nicht die Ausrüstung geben, die sie brauchen, um diese (Beifall bei der CDU/CSU) Aufgabe zu erledigen, wie sollen sie sie dann erledigen? Vizepräsidentin Petra Pau: In Mali machen wir es so . Dort soll das staatliche Das Wort hat der Kollege Matthias Ilgen für die Sicherheitsmonopol hergestellt werden . Wir bilden die SPD-Fraktion . Leute aus, aber Waffen – da braucht man Kriegswaffen, nicht nur Wassertanks für die Wüste – liefern wir ihnen (Beifall bei der SPD) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18249

(A) Matthias Ilgen (SPD): Matthias Ilgen (SPD): (C) Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir be- Wenn ich den Gedanken noch zu Ende führen darf . grüßen die Häufigkeit, in der der Rüstungsexportbericht inzwischen vorgelegt wird; denn das ist auch eine Gele- Vizepräsidentin Petra Pau: genheit, ab und an einmal deutlich zu machen, wie die Dann meldet er sich noch einmal . sozialdemokratische Bundestagsfraktion sich dann doch von den Christdemokraten unterscheidet . Matthias Ilgen (SPD): (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU) Ja, okay .– Eine Frage wird auf uns zukommen . Brasi- Herr Pfeiffer hat hier eben gesagt: Wir brauchen eine lien fragt an . In Brasilien stehen die Olympischen Spiele Wende, weg sozusagen vom Restriktivismus hin zum Ak- vor der Tür, und Brasilien will Maschinengewehre ha- tivismus . Und er hat gesagt: Weg mit den Regeln! – Das ben, weil man im Moment die Sicherheitslage so ein- unterstützt die SPD-Bundestagsfraktion ganz klar nicht . schätzt, dass man mit der polizeilichen Ausrüstung nicht zurechtkommen wird, wenn es darum geht, die Olympi- (Beifall bei der SPD) schen Spiele zu schützen . Wir sind stolz darauf, dass Bundeswirtschaftsminister (Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sigmar Gabriel eine restriktive Rüstungspolitik nicht nur Dann soll man es lassen!) angekündigt, sondern auch durchgehalten hat . Sie wollen – ich habe das jetzt mehrfach gehört, so- Damit bin ich beim Antrag der Opposition, Herr van wohl von den Grünen als auch von den Linken – in der Aken, der Linksfraktion . Ich schätze Sie als Kollegen Bundesrepublik Deutschland ein totales Exportverbot für wirklich, als redlich und intellektuell . Aber Sie haben Kleinwaffen . Das würde dazu führen, dass der Export der heute nicht mit einem Wort zu Ihrem Antrag gesprochen, gewünschten Maschinengewehre nicht genehmigungsfä- hig wäre, und wir würden damit aktiv dazu beitragen, (Andreas G . Lämmel [CDU/CSU]: So ist das! dass die Sicherheit bei den Olympischen Spielen in Bra- Ganz genau!) silien nicht gewährleistet werden könnte . Das halten wir sondern Sie haben lediglich erneut die Zahlen zum Ge- Sozialdemokraten für falsch . Man muss den Einzelfall samtvolumen laut Exportbericht benannt und skanda- prüfen . Das ist für uns das entscheidende Argument, wa- lisiert . Das ist unredlich; denn man muss schon genau rum man ein solches Totalverbot nicht machen kann . hingucken . Nicht ein nominaler Wert oder eine nominale Jetzt bitte . Steigerung sind entscheidend dafür: „Wie gefährlich ist ein Rüstungsexport real?“, sondern entscheidend ist: Was (B) (D) wird im Einzelnen exportiert? Da muss man genauer hin- Vizepräsidentin Petra Pau: gucken . Das Wort erteile ich jetzt .– Der Kollege van Aken hat für eine Frage oder eine Bemerkung das Wort . Bei Kleinwaffen, die wir für besonders gefährlich hal- ten, insbesondere wenn sie in Drittstaaten gehen und wir Jan van Aken (DIE LINKE): die Weiterverwendung nicht nachprüfen können, wie das in der Vergangenheit der Fall war, sind die Zahlen relativ Danke schön .– Herr Ilgen, Sie sagen ja zu Recht, man günstig verglichen mit dem, was wir vor allem an unsere müsse genau hinschauen und dürfe nicht nur die Ge- vielen Partner in der Welt an Tankflugzeugen, Bergepan- samtzahlen sehen, sondern müsse ins Detail gehen . Ja, zern, Eisbrechern usw . liefern . Deswegen ist es einfach dann reden wir doch einmal über den Antrag, reden wir unredlich – das war es auch bei Ihnen, Frau Brugger –, einmal über Saudi-Arabien . Sie wissen, im letzten Jahr, das Volumen zu nehmen und zu sagen: Sie haben das 2015, hat Saudi-Arabien im Jemen bombardiert, hat bei verdoppelt, und deswegen ist die Welt jetzt schlechter Luftangriffen ganz viel Munition, Bomben und Raketen, geworden . verbraucht . All dieses kauft Saudi-Arabien jetzt nach . Wissen Sie, für wie viele Millionen Euro Saudi-Arabien (Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE in Deutschland Nachschub gekauft hat? GRÜNEN]: Das habe ich nicht gesagt! Ich habe einen differenzierten Blick! Ich habe das Matthias Ilgen (SPD): im Einzelnen dargestellt!) 270, glaube ich . Aber Sie werden es mir sagen . Das ist eine Schwarz-Weiß-Malerei, die man einfach nicht machen darf . Jan van Aken (DIE LINKE): (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Nur Munition! Ich rede nur über Munition . – Muniti- der CDU/CSU) onsexporte im Wert von 20 Millionen Euro hat Ihr Wirt- schaftsminister für Saudi-Arabien genehmigt, Munition, Ich will erklären, dass die Welt manchmal Graustufen die sie wahrscheinlich am nächsten Tag gleich wieder im hat . Ich will ein Beispiel nennen . Jemen verballert haben . Das sind konkrete Zahlen, das sind konkrete Beispiele . Vizepräsidentin Petra Pau: Wenn Sie hier schon fordern, ins Detail zu gehen, dann Kollege Ilgen, gestatten Sie eine Frage oder Bemer- sagen Sie auch, dass es deutsche Waffen sind, die gerade kung des Kollegen van Aken? im Jemen töten, und dann äußern Sie sich bitte auch zu 18250 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Jan van Aken (A) Herrn Pfeiffer, der sagt, dass er es richtig finde, dass mit Problem mit Saudi-Arabien haben, wobei wir hier Ihre (C) deutschen Waffen Zivilisten getötet werden . Analyse teilen . (Andreas G . Lämmel [CDU/CSU]: Hat er (Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: überhaupt nicht gesagt! – Dr . Joachim Pfeiffer Das sieht Herr Pfeiffer aber anders!) [CDU/CSU]: Ich habe gesagt: „Frieden schaf- So kann man allerdings nicht vorgehen; vielmehr werden fen mit deutschen Waffen“, und nicht: „Zivi- wir uns an dieser Stelle weiterhin ganz klar für die Ein- listen umbringen“!) zelfallbetrachtung aussprechen . Das müssen Sie hier jetzt einmal ganz klar sagen . Ich will noch einmal etwas zu den Kleinwaffen sa- Danke . gen . Die konkreten Werte wurden ja noch einmal ange- sprochen . Aber ich denke, es ist doch ein entscheidender (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- Punkt, dass wir alle miteinander in diesem Haus – zumin- neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) dest von der linken Seite bis über die Mitte hinaus, sage ich einmal – daran festhalten, dass Kleinwaffenexporte weiter reduziert werden müssen . Meine Kollegin Finckh- Matthias Ilgen (SPD): Krämer wird auch noch etwas dazu sagen, was sozusagen Ich will versuchen, darauf einzugehen . Sie sprechen unsere Vorstellungen hinsichtlich einer neuen Gesetzes- immer von „dem Wirtschaftsminister“ . Das ist falsch . grundlage dafür angeht . Ich muss Ihnen hier an der Stelle Nachhilfe in Staats- recht erteilen . Der Bundessicherheitsrat genehmigt, und Ja, eigentlich bin ich am Ende meiner Rede; denn alles da­raufhin erteilt dann das Bundeswirtschaftsministerium andere wurde schon von den Kolleginnen und Kollegen die Genehmigung . gesagt . Wenn Sie noch weitere Interventionen planen – – Ich glaube, Frau Brugger hatte eben gezuckt . Vielleicht (Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: haben Sie noch – – Das stimmt doch gar nicht!) (Heiterkeit bei der SPD – Agnieszka Brugger Ich glaube, wir haben in diesem Hause mehrfach [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, dan- deutlich gemacht, dass es in der Vergangenheit Abstim- ke!) mungen in diesem Bundessicherheitsrat gegeben hat, bei – Gut . denen die sozialdemokratischen Bundesminister anders abgestimmt haben als die Kolleginnen und Kollegen von Dann danke schön . der Union . Es handelt sich allerdings um ein Kollegi­ (Beifall bei der SPD) (B) alorgan, das nach dem Mehrheitsprinzip entscheidet . (D)

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vizepräsidentin Petra Pau: Der entscheidet gar nicht!) Es gibt keine Pflicht zum Ausschöpfen der verabrede- ten Redezeit . Insofern herzlichen Dank . Deswegen sind wir in einigen dieser Abstimmungen un- terlegen . Nun werden die in der Regel nicht im Einzelnen Das Wort hat der Kollege Omid Nouripour für die öffentlich gemacht, aber der Bundeswirtschaftsminister Fraktion Bündnis 90/Die Grünen . hat ein paar Fälle genannt . Ich kann jetzt, ehrlich gesagt, zu diesem konkreten Anlass nichts sagen, weil ich das (Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Aber Abstimmungsergebnis und auch das Abstimmungsver- wenn, hat er die für die Koalition eingespart, halten nicht kenne wie Sie ja auch nicht; aber vielleicht nicht für euch!) kennen Sie es ja . Auf jeden Fall geht es doch darum, dass man da differenziert . Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am Wir als SPD-Bundestagsfraktion lehnen auf jeden 25 .Mai rechtfertigte der Bundesaußenminister das Lie- Fall – das will ich Ihnen politisch sagen – diesen Stell- fern von Patrouillenbooten nach Saudi-Arabien, indem er vertreterkrieg, wie er dort durch Saudi-Arabien im Jemen sagte, er habe Verständnis für die legitimen Sicherheits- geführt wird, ab . interessen Saudi-Arabiens . (Beifall bei der SPD – Omid Nouripour (Dr .Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Ja!) [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! Sie stimmen also unserem Antrag nachher zu?) Jedes Land der Welt hat legitime Sicherheitsinteressen . Die Frage ist nur: Reichen sie dafür aus, dass wir ihnen – Nein, das werden wir nicht tun . Waffen liefern? Haben sie irgendetwas mit dem Weltfrie- den und mit dem Völkerrecht zu tun? Das, was mit diesem Antrag ja auch versucht wird, ist, sozusagen politische Sippenhaft einzufordern . Ich will Schauen wir uns doch einmal an, was Saudi-Arabien das aus folgendem Grund sagen: Wenn man zum Beispiel macht, und zwar jetzt im 17 .Monat . Sie bomben Jemen Bergepanzer an den Oman liefert oder ABC-Abwehr- zurzeit in die Steinzeit zurück: 6 500 zivile Tote durch fahrzeuge nach Kuwait liefert, dann geht es ja sozusagen die Bombardements, die größte humanitäre Katastrophe auch um Lieferungen in den Nahen Osten . Sie wollen so der Zeit, 13 Millionen Menschen brauchen im Jemen zur- etwas in Zukunft verbieten, weil Sie jetzt ein konkretes zeit humanitäre Hilfe – doppelt so viele Menschen wie Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18251

Omid Nouripour (A) in Syrien –, 2,8 Millionen Binnenvertriebene, eine kom- Das Ganze betrifft ja nicht nur den Jemen . Die Saudis (C) plett zerstörte zivile Infrastruktur . Weltkulturerbe wird unterminieren gerade massivst die Vereinten Nationen . gebombt, Krankenhäuser werden gebombt, Flüchtlings- Der Menschenrechtsrat hat sich zum Beispiel nicht mit lager werden gebombt . Das sind die Sicherheitsinteres- diesem Thema befassen können, weil die Saudis eine un- sen, die Saudi-Arabien formuliert . abhängige Untersuchung konterkariert haben . Dann gab es eine sogenannte „Liste der Schande“, in der klar dar- Herr Kollege Pfeiffer, wenn Sie sich jetzt hierhinstel- gestellt wurde, wie gerade Kinder im Jemen unter den len und sagen, Sie seien froh darüber, dass die das tun, Bombardements leiden . Die Saudis haben gedroht, bei dann ist das für mich nicht nur jenseits meiner Magen- Veröffentlichung der Liste kein Geld mehr an die Verein- stärke; das ist vielmehr einfach menschenverachtender ten Nationen zu geben . Das ist die wahre Schande, über Zynismus . die wir reden müssten, statt über die Frage der sogenann- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ten legitimen Sicherheitsinteressen eines Landes . sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg . Dr . Ute Finckh-Krämer [SPD]) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Die Saudis sind nicht alleine schuld an diesem Krieg . Was ist denn mit den Sicherheitsinteressen der zivilen Selbstverständlich haben auch die Huthis einen großen Opfer? Was ist denn mit den Sicherheitsinteressen der Anteil daran; das ist überhaupt keine Frage . Vereinten Nationen? Was ist denn mit den Sicherheits- interessen der Bundesrepublik Deutschland in diesem (Andreas G . Lämmel [CDU/CSU]: Aha! Das wahnsinnigen Krieg, in dem nur al-Qaida gewinnt? Die hätten Sie mal differenzierter sagen können!) einzige Ausrede, die wir bisher hören, ist: Na ja, die Ge- nehmigungen sind alt .– Ich kann nur aus den Rüstungs- – So undifferenziert wie Herr Pfeiffer kann hier niemand exportrichtlinien zitieren: reden . Das ist schon okay . (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- Die Lieferung von Kriegswaffen und kriegswaffen- SES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg . Dr . Ute nahen sonstigen Rüstungsgütern wird nicht geneh- Finckh-Krämer [SPD]) migt in Länder, Natürlich haben die Huthis angefangen . Die Eskalati- – die in bewaffnete Auseinandersetzungen verwi- on der Situation ist aber entstanden durch die Bombarde- ckelt sind oder wo eine solche droht … ments und durch die Seeblockade, die im Übrigen durch diese Patrouillenboote verstärkt werden soll . Die Seeb- Spätestens seit Beginn des Jemen-Krieges ist klar: Auch (B) lockade hat dazu geführt, dass keine Pharmazeutika mehr alte Genehmigungen können und müssen widerrufen (D) ins Land kommen . Das öffentliche Leben im gesamten werden . Land ist komplett stillgelegt . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Deshalb muss man sich einmal fragen: Wer ist denn eigentlich Profiteur dieser sogenannten Sicherheitsinte- ressen? Es ist al-Qaida . Die Waffen, über deren Lieferung Vizepräsidentin Petra Pau: Sie sich vorhin gefreut haben, packen die in Holzkisten, Das Wort hat der Kollege Andreas Lämmel für die werfen sie über Al-Qaida-Gebiet ab, weil sie wissen, dass CDU/CSU-Fraktion . al-Qaida gegen die Huthis kämpft . Hat es auch etwas mit den legitimen Sicherheitsinteressen der Menschen in (Beifall bei der CDU/CSU) Deutschland zu tun, wenn al-Qaida durch diesen irrsin- nigen Krieg der Saudis gestärkt wird? Ich glaube nicht . Aber dazu hätten Sie ja vielleicht auch einmal etwas sa- Andreas G. Lämmel (CDU/CSU): gen können . Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist eben leider wie immer in den Debatten: (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dass die Diskussion über Rüstungsexporte keine einfa- sowie bei Abgeordneten der LINKEN – che Diskussion ist, wissen wir alle, nur krankt die Dis- Dr .Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Hätten Sie kussion immer wieder daran, dass Herr van Aken sozu- mich ja fragen können!) sagen versucht, Rednern anderer Fraktionen die Worte Al-Qaida kontrolliert mittlerweile Häfen mit Zugang im Mund umzudrehen, und völlig populistische und aus zum offenen Meer, profitiert von der Schmuggelwirt- dem Zusammenhang gelöste Sachen behauptet, die durch schaft und rekrutiert die Leute, die nicht mehr wissen, nichts gedeckt sind . Das ist genau dieselbe Situation, wie wie es mit ihnen weitergehen soll, weil sie nun seit wir sie gestern im Zusammenhang mit der Diskussion 17 Monaten bombardiert werden . „Aber hey, freuen Sie um CETA schon erlebt haben . Die Linken betreiben Po- sich weiter!“, kann man da nur sagen . Ich glaube nicht, litik, indem sie mit populistischen Floskeln ohne Details, dass die Menschen an den Bildschirmen irgendein Ver- ohne wirklich sachlich aufzuklären, unter den Menschen ständnis für diese wirklich abartige Positionierung ha- Ängste schüren, um sozusagen gegen die Regierung, ge- ben, die ich hier gerade gehört habe . gen die deutsche Politik zu argumentieren . (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- (Jan van Aken [DIE LINKE]: Sagen Sie doch SES 90/DIE GRÜNEN) mal ein Beispiel!) 18252 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Andreas G. Lämmel (A) – Sie haben doch gerade Herrn Pfeiffer die Worte im einrichtungen, 20 Prozent auf Lkws, 12 Prozent auf Da- (C) Mund umgedreht . Es stimmte doch einfach nicht, was tenverarbeitungsanlagen und 12 Prozent auf Dekontami- Sie behauptet haben . nationsausrüstungen . (Jan van Aken [DIE LINKE]: Hat er doch (Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: gesagt! – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE Sagen Sie einmal etwas über Katar! Das ist GRÜNEN]: Kann man doch im Protokoll le- viel interessanter!) sen!) Von den Rüstungsexporten in die Vereinigten Arabi- Ich erinnere Sie immer wieder an die Historie Ihrer schen Emirate in Höhe von 107 Millionen Euro entfallen Partei . 40 Prozent auf Lkws, Schwerlasttransporter, Sattelauflie- ger, 20 Prozent auf Überwachungssysteme, der Rest auf (Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Seeminenräumsysteme, aber auch auf Sportpistolen und NEN]: Werden Sie doch mal konkret!) Jagdgewehre . Wir in Deutschland haben die restriktivsten Rüstungs- Ich will damit bloß sagen: Wenn man eine solche Dis- exportkontrollen, die restriktivsten Exportrichtlinien, an kussion führt, dann muss man ehrlicher differenzieren . deren Formulierung die Grünen im Übrigen mitgewirkt Daran krankt die ganze Diskussion . haben . (Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: (Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ja! Leider!) NEN]: Die Sie täglich verletzen! – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer- Sie versuchen hier nämlich, sozusagen ein Monster auf- den Sie einmal konkret!) zubauen: Deutschland als Politikmonster im internatio- nalen Rüstungsexport . Der Kollege Pfeiffer hat ja darauf – Langsam .– Die Waffen, die zum Teil heute noch in der verwiesen, dass sich der deutsche Anteil am weltweiten Welt sind, die al-Qaida und andere benutzen, sind keine Rüstungsexport, der um 14 Prozent gestiegen ist, deut- deutschen Waffen . Das sind möglicherweise noch Waf- lich verringert hat, da er nur um 4,7 Prozent gestiegen ist . fen, die die Sowjetunion mit ihren sozialistischen Part- So etwas ignorieren Sie einfach . nern weltweit in Umlauf gebracht hat, völlig unkontrol- liert, meine Damen und Herren . Meine Damen und Herren, da muss man die Frage an die Kollegen der Fraktion Die Linke stellen, deren An- (Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- trag wir heute beraten – Herr van Aken hat ja gar nicht NEN]: Hör doch auf! Peinlich!) dazu gesprochen; er hat stattdessen die globale Lage der Al-Qaida kämpft nicht mit deutschen Waffen . Das muss Welt erklärt –: Wie halten Sie es mit den UN-Missionen? (B) (D) man doch einmal deutlich sagen . Es handelt sich nicht Wenn man zu einem Verbot käme, beträfe das auch das um deutsche Waffen . Thema UN-Missionen . Wie verhält sich dann Deutsch- land? Deutschland ist dann ja praktisch raus . (Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Natürlich! – Omid Nouripour [BÜND- (Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: NIS 90/DIE GRÜNEN]: Im Jemen schon! – Quatsch!) Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE Blicken wir einmal nach Afrika, wo sich jetzt südlich GRÜNEN]: Haben Sie schon einmal etwas der Sahara in den sogenannten Sahel-G5-Staaten eine von G3-Gewehren gehört?) große Ansammlung von Terroristen befindet. Es gibt Es gibt ganz andere Nationen wie die Russen oder die Bemühungen, dass die Afrikanische Union eine Ein- Amerikaner, die Waffen völlig unkontrolliert exportie- greiftruppe mit dem Oberkommando in N’Djamena im ren . Sie können doch die deutsche Rüstungsexportpolitik Tschad aufstellt, um den Terrorismus in der Sahelzone nicht mit anderen gleichsetzen . Das ist absurd, was Sie zu bekämpfen . Teilweise können Sie sich in den Län- hier betreiben, meine Damen und Herren . dern überhaupt nicht mehr bewegen, und die Gebiete unter terroristischer Kontrolle sind so groß, dass es nicht (Beifall bei der CDU/CSU) mehr möglich ist, dorthin zu reisen . Wer stattet denn nun die Mission der Afrikanischen Union aus? Das ist doch Vizepräsidentin Petra Pau: die Frage . Sollen wir das mit unseren demokratischen Kollege Lämmel, gestatten Sie eine Zwischenfrage? Grundsätzen machen, oder sollen wir das den Russen oder Chinesen überlassen, wobei dann niemand mehr Andreas G. Lämmel (CDU/CSU): eine Kontrolle darüber hat, was geliefert wird? Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage .– Dann Es ist also die Frage, welche Sicherheitsinteressen wir müssen wir uns das einmal genauer anschauen – Herr mit unserer Rüstungsexportpolitik verfolgen . Es ist eben Nouripour, Sie haben es doch selber gesagt –, statt es so nicht so einfach, wie Sie es immer wieder versuchen dar- populistisch wie Herr van Aken mit „Rekorde, Rekorde“ zustellen . Auch aus dem jetzigen Rüstungsexportbericht darzustellen . Schauen wir doch einmal, was auf der Ex- geht doch klar hervor, dass Deutschland mit dem Export portliste steht . von Gerätschaften acht VN-Missionen unterstützt . Auch das würde bei einem Verbot völlig unter den Tisch fallen . Von den Rüstungsexporten in Höhe von 96 Millio- nen Euro, die in den Oman geliefert wurden, entfallen Auf der einen Seite fordern die NATO-Partner, for- wertmäßig gesehen zum Beispiel 25 Prozent auf Flugleit­ dern die Verbündeten weltweit ein stärkeres Engagement Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18253

Andreas G. Lämmel (A) Deutschlands, weil es ein wirtschaftlich starkes Land ist . Vizepräsidentin Petra Pau: (C) Gar keine Frage; das ist auch richtig so . Ich frage mich Zu einer Kurzintervention hat der Kollege Jan van aber: Wie soll man das leisten, wenn wir uns mit dem re- Aken das Wort . striktivsten Recht ein Verbot auferlegen und andere Staa- (Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Der hat ten, in denen es keine Kontrolle gibt, in denen überhaupt doch schon elf Minuten gehabt!) nicht über den Verbleib von Waffen diskutiert wird, in diese Lücke springen? Jan van Aken (DIE LINKE): (Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es tut mir leid, aber ich möchte nur kurz drei Aussa- Wer soll das sein?) gen von Herrn Lämmel korrigieren . (Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wissen Sie, das ist genauso absurd wie die Diskussion Nur drei? Mindestens 30!) über den Export von Kohlekraftwerken . Deutschland will die Welt sozusagen damit heilen, dass es keine Exportfi- – 30 Dinge könnte man korrigieren, aber ich möchte nanzierung mehr für die Lieferung deutscher Kohlekraft- mich auf drei fokussieren . werke in die Welt gibt . Wir ruinieren unsere Industrie da- Erstens . Herr Lämmel, Sie haben nicht hingehört . mit, wir gefährden Arbeitsplätze auf hohem Niveau, aber Auch irgendwelche Waffenexporte der Sowjetunion oder die Kraftwerke werden doch gebaut . Da freuen sich die der Staaten des Warschauer Paktes bis 1989/1990 finde Japaner, die Chinesen, die Russen . Alle freuen sich darü- ich falsch; da bin ich ganz Ihrer Meinung . Der Unter- ber, wenn sich Deutschland als gesitteter Staat aus diesen schied zwischen uns ist: Ich finde auch die bundesdeut- Exporten heraushält . Deswegen ist Ihr Antrag eigentlich schen Waffenexporte falsch; Sie finden sie richtig. Sie ziemlich absurd . finden die sowjetischen Waffenexporte falsch, ich finde alle falsch . Dann muss ich noch etwas zum Kollegen Ilgen von (Beifall bei der LINKEN – Andreas G . der SPD sagen . Ich frage mich, woher Sie wissen, dass Lämmel [CDU/CSU]: Das war jetzt aber kei- SPD-Kollegen im Sicherheitsrat anders abstimmen als ne Korrektur!) CDU/CSU-Kollegen . Ich frage mal Frau Zypries, ob sie das bestätigen kann . Uns wird nie das Abstimmungsver- Zweitens . Sie haben jetzt drei-, viermal wiederholt: halten mitgeteilt . Meines Erachtens ist es geheim . Sie Al-Qaida kämpft nicht mit deutschen Waffen .– Ich per- können mir ja nach der Debatte einmal verraten, woher sönlich war im Januar 2014 im Norden Syriens und habe Sie die Informationen haben . dort eine MILAN-Rakete aus deutsch-französischer Pro- (B) duktion, zu 50 Prozent in Deutschland hergestellt, in der (D) (Zuruf des Abg . Matthias Ilgen [SPD]) Hand gehabt; ich habe die Seriennummer, das Produkti- onsjahr usw . Mit dieser MILAN-Rakete hat al-Qaida da- Ich möchte eine weitere Sache aufklären . Wir, CDU/ mals direkt an der Grenze, im Dreieck zwischen Türkei, CSU und SPD, haben im Koalitionsvertrag gemeinsam Syrien und Irak, gekämpft . Ihre Information ist falsch . die Neuregelung bei den Rüstungsexportberichten ver- Ich habe das Ding persönlich in der Hand gehabt . einbart . Dass jetzt der Wirtschaftsminister den Willen der (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- Koalition ausführt, ist ja das Normalste der Welt . Insofern NIS 90/DIE GRÜNEN) muss ich sagen: Ursprung der Neuregelung ist die Koali- tionsvereinbarung, und dass das Wirtschaftsministerium Es gibt viele andere Beispiele – das Internet ist voll mit sie jetzt umsetzt, ist ja ganz klar . Es gibt also nicht nur Fotos –, aber in diesem Fall kann ich es selbst bestätigen, eine Person, die jetzt hier den Glorienschein davonträgt, weil ich die Waffe selbst angefasst und die Seriennum- mer gesehen habe . sondern es war unser gemeinsamer politischer Wille . Drittens . Es geht zu weit, dass Sie hier von Seite 111 Ich möchte ganz klar in Richtung der Linken sagen: des Rüstungsexportberichtes zitieren und sagen, dass Wir wissen ganz genau, wie sensibel dieses Thema ist . 40 Prozent der Exporte in die Vereinigten Arabischen Nur: Mit Ihrem Populismus wird man erstens in der Welt Emirate, VAE, auf Lkws entfallen . Lesen Sie das bitte nichts verändern und zweitens auch in der deutschen Po- ganz vor! Die dort genannten 41,6 Prozent beziehen sich litik nichts Vernünftiges zustande bringen . auf „LKW“ und „Teile für Kampfpanzer“ und „gepanzer- te Fahrzeuge“ . Es sind Kriegswaffen, die darunterfallen . (Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: (Dr . Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Na und?) Aber Ihr Populismus ist gefährlicher!) Tun Sie nicht so, als ob der Großteil von dem, was in die Wir sind da besser in der Spur . Ich denke, es hat sich in VAE geht, Lkws sind . Entweder haben Sie es nicht ver- den letzten Jahren gerade auf diesem Gebiet sehr viel ge- standen, oder Sie haben hier bewusst falsch zitiert . tan . Diesen Weg werden wir weiter beschreiten . (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- Vielen Dank . NIS 90/DIE GRÜNEN)

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Vizepräsidentin Petra Pau: ordneten der SPD) Möchten Sie erwidern? 18254 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

(A) Andreas G. Lämmel (CDU/CSU): der gebracht, ohne einen echten Lösungsansatz anzubie- (C) Nein, danke, möchte ich nicht . ten . (Zuruf des Abg . Omid Nouripour [BÜND- (Dr . Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Bringt ja NIS 90/DIE GRÜNEN]) eh nichts!) Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich möchte versuchen, die Behauptungen in ein paar Worten Vizepräsidentin Petra Pau: zu widerlegen . Waren es nicht unser Bundeswirtschafts- Das Wort hat der Kollege Dr . Karl-Heinz Brunner für minister Sigmar Gabriel und auch die SPD-Bundestags- die SPD-Fraktion . fraktion, die den Anstoß für eine deutliche Absenkung des Volumens der Waffenexporte an Drittstaaten gegeben (Beifall bei der SPD) haben? Wir haben – mein Vorredner hat es schon gesagt – in den Koalitionsvertrag die Ziele eingebracht: hohe Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD): Transparenz und vor allem Senkung der Waffenexporte . Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen Fakt ist – und das muss an dieser Stelle auch gesagt und Kollegen! Haben Sie keine Angst, dass Sie alle di- werden –, dass es doch eigentlich eine gute Nachricht ist, cken Papiere, die ich hier jetzt habe, heute ertragen müs- die nicht wegzudiskutieren ist, dass die Zahl der Geneh- sen! Ich bin sowieso schon glücklich, dass zu dieser Zeit, migungen von Kleinwaffenexporten so massiv zurückge- am letzten Sitzungstag vor der angeblichen Sommerpau- gangen ist, wie sie in der Geschichte der Rüstungsexport- se, über die es ja immer heißt, dass alle Abgeordneten in genehmigungen noch nie zurückgegangen ist . den Urlaub fahren, so viele Kolleginnen und Kollegen (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten bei der Debatte zu diesem Thema da sind und so viele der CDU/CSU) Zuhörerinnen und Zuhörer und ein ebenfalls fast voll be- setzter Kabinettsbereich heute dieser Debatte lauschen . Kleinwaffen sind in Euro und Cent gemessen keine großen Positionen, aber es sind die Waffen, die das größ- Eigentlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, te Unheil auf dieser Welt anrichten . Das Problem ist, dass liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es mir bei dem An- sie in großen Stückzahlen zu geringen Gestehungskosten trag der Linken, Herr Kollege van Aken, wie bei dem umgesetzt werden können . Sie richten den größten Scha- Klassiker Und täglich grüßt das Murmeltier . den an . (Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE Deshalb halte ich es für ausgesprochen wichtig – und GRÜNEN]: Nein, das ist sehr konkret aus- (B) es ist bedauerlich, dass heute dazu noch niemand etwas (D) nahmsweise! – Zurufe von der LINKEN) gesagt hat –, dass die Post-Shipment-Kontrollen, die nunmehr eingeführt worden sind, nicht mehr wegzudis- Ob es der jährliche Bericht des Stockholm Internatio- kutieren sind . Aber es heißt immer wieder – ich kenne nal Peace Research Institute, also SIPRI, ist, ob es der das schon –: Da macht ja noch niemand was . In den Rüstungskontrollbericht oder der Transparenzbericht der Ländern werden ja noch gar keine Kontrollen durchge- Bundesregierung ist, ob es irgendein Gutachten zur Rüs- führt .– Ja, richtig, sie werden noch nicht durchgeführt, tung ist – es kommt immer die gleiche Reaktion: erstens aber doch nur, weil bisher keine dieser Waffen tatsäch- Empörung, lich exportiert worden ist . Nur das, was exportiert wurde, (Andreas G . Lämmel [CDU/CSU]: Genau!) kann kontrolliert werden und wird auch kontrolliert . Das ist richtig und auch zwingend notwendig . zweitens unreflektierte und undifferenzierte Nennung Meine sehr verehrten Damen, meine sehr verehrten irgendwelcher Zahlen, die natürlich im Einzelfall stim- Herren, ich halte es für politisch absolut nicht opportun, men, aber nie in dem Kontext gesehen werden, dass die Opposition, gleich welcher Art, immer die Zahl (Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: von 7,86 Milliarden Euro ins Spiel bringt . Dann folgt das Aber die stimmen dann irgendwie, oder?) Mantra „Sigmar Gabriel ist gescheitert“, aber den Blick in den Gesetzestext lässt man sein . Die Frage, ob etwas drittens – ich sage es ganz bewusst – Verdrehung von rechtmäßig ist oder nicht – – Tatsachen, und schließlich Forderungen, für die man fast Textbausteine verwenden könnte . Vizepräsidentin Petra Pau: Mal wird, wie jetzt, gefordert, die Genehmigung für Kollege Brunner, gestatten Sie eine Frage oder Be- Rüstungsexporte in die Staaten des Golfkooperationsra- merkung der Kollegin Brugger? tes zu widerrufen, mal wird gefordert, keine neuen Ge- nehmigungen zu erteilen . Gestern wurde der Austritt aus Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD): der NATO gefordert, Gerne, Frau Präsidentin . (Beifall des Abg . Jan van Aken [DIE LIN- KE]) Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): vorgestern die Abschaffung der Bundeswehr und, und, Vielen Dank, Frau Präsidentin . Vielen Dank, Herr und. Diese Textbausteine werden reflexartig immer wie- Kollege Brunner . – Sie haben die Kleinwaffengrundsätze Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18255

Agnieszka Brugger (A) und die Post-Shipment-Kontrollen angesprochen . Diese gen – wird die in dieser Legislaturperiode durchgesetz- (C) beinhalten ja, dass im Nachhinein kontrolliert werden ten Verschärfungen der Rüstungsexportkontrollen nicht soll, ob die Waffen auch wirklich in dem Land verblieben mehr ändern . Seit Anfang 2015 sprechen wir viel über die sind, für das eine Genehmigung erteilt wurde . Und auch Rolle Deutschlands in der Welt, über mehr Engagement, der Bundessicherheitsrat soll eigentlich nur noch Geneh- über mehr Verantwortung . Genau dieser Verantwortung migungen für den Export von Kleinwaffen aussprechen, kommen wir mit der Rüstungsexportpolitik unseres Bun- wenn die Empfängerstaaten vorher erklären: Wir lassen deswirtschaftsministers nach . Wir alle zusammen wis- die Kontrollen zu, und wir verpflichten uns, die gleiche sen ja, dass nicht zuletzt die Signale der Bundesrepublik Menge an alten Waffen in unseren Beständen zu zerstö- Deutschland, die unser Bundeswirtschaftsminister setzt, ren . in Europa gehört werden und weitere Kreise ziehen wer- den . Jetzt schreit die Opposition nicht immer nur: „Skan- dal!“, sondern ich habe Sigmar Gabriel genau für die- Ich könnte es mir jetzt einfach machen und einen se beiden Vorhaben sehr gelobt . Aber zur Aufgabe einer Kommentar aus der gestrigen Ausgabe des Tagesspiegels Abgeordneten gehört es auch, nach ein paar Monaten zu wiedergeben, in dem ganz klar und deutlich unter der prüfen, was von der Ankündigung übriggeblieben ist . Überschrift „Strenger wird es nicht mehr“ gefragt wurde, Das habe ich in einem regen Briefwechsel mit dem Bun- wie eine Bundesrepublik Deutschland, die international deswirtschaftsministerium getan . eine wichtige Rolle zu spielen hat, aussehen würde, wenn es in Deutschland keine Rüstungsindustrie mehr gäbe, Meine erste Frage lautet: Zeigt nicht die Tatsache, wenn in Deutschland keine Rüstungsgüter mehr produ- dass der Bundessicherheitsrat die Genehmigung für den ziert würden, wenn es keine explizite Rüstungskontrol- Export von Kleinwaffen erteilt hat, ohne dass von allen le gäbe und wenn Deutschland als starker Teil Europas Staaten die entsprechenden Erklärungen vorlagen, dass letztendlich auf Indien und die Vereinigten Staaten ange- die Kleinwaffengrundsätze, die gut sind, nicht einmal das wiesen wäre . Papier wert sind, auf dem sie stehen? Zweitens frage ich mich: Wer soll diese Kontrollen Lassen Sie mich, meine sehr verehrten Damen und durchführen? Dafür sind im Bundesamt für Wirtschaft Herren, an dieser Stelle noch einmal zusammenfassen: und Ausfuhrkontrolle gerade einmal zwei Stellen ge- Worum geht es wirklich? Um welche Kernbotschaften schaffen worden – glatte zwei Stellen! Und wissen Sie, geht es hier? Die jetzige Bundesregierung zeichnet sich wer die Vor-Ort-Kontrollen durchführen soll? Die Bot- durch eine besonders restriktive und transparente Ex- schaftsmitarbeiter, die ja sonst nichts zu tun haben und portkontrolle aus . Mit bloßen Zahlen wie den genannten die die Waffen anhand ihrer Typen- und Seriennummern kann man kein realistisches Bild zeichnen . Es wurden Einzelausfuhrgenehmigungen – jetzt ohne die Panzer für (B) natürlich unterscheiden können . (D) Katar – nur in Höhe von 9,5 Millionen erteilt . Die Klein- Wollen Sie uns wirklich erzählen, dass das jetzt die waffengrundsätze sind gut und werden umgesetzt . große Trendwende bei der Endverbleibskontrolle von Kleinwaffen und bei der Durchsetzung des Prinzips „Neu (Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE für alt“ ist? GRÜNEN]: Aber die werden nicht eingehal- ten!) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg . Matthias W . Birkwald [DIE Was Saudi-Arabien betrifft: Der größte Teil der erteilten LINKE]) Ausfuhrgenehmigungen bezieht sich auf Zulieferungen für Rüstungsgüter wichtiger europäischer und amerikani- scher Partner . Insoweit sind sie notwendig und bindend . Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD): Verehrte Kollegin Brugger, selbstverständlich will Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit – verehrte ich Ihnen das erklären . Ich gebe zu, dass das derzeitige Frau Präsidentin, ich sehe das Signal, dass ich zum Ende Personal nicht ausreichend ist . Aber es ist deshalb nicht kommen soll – und wünsche den Kolleginnen und Kolle- ausreichend, weil aufgrund der erteilten Genehmigun- gen, die nunmehr die Gnade haben, für ein paar Tage in gen noch gar nicht geliefert wurde . Ich halte es schon Urlaub zu fahren, einen schönen Urlaub, und den ande- aus betriebswirtschaftlichen Gründen und aufgrund des ren viel Spaß im Wahlkreis . Auch den Zuhörerinnen und gebotenen sorgsamen Umgangs mit Steuermitteln für Zuhörern fürs Zuhören herzlichen Dank . notwendig, dass die Kontrollen erst dann erfolgen und (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten das Personal erst dann zur Verfügung gestellt wird, wenn der CDU/CSU) die Ausfuhr tatsächlich erfolgt . Alles andere wäre tat- sächlich, wie Sie es sagen, Augenwischerei . Wir müssen kontrollieren, und wir werden kontrollieren . Vizepräsidentin Petra Pau: Für die CDU/CSU-Fraktion hat die Kollegin Barbara (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Lanzinger das Wort . Meine sehr verehrten Damen, verehrte Kolleginnen (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) und Kollegen, lassen Sie mich zu meinem Gedankengang zurückkommen . Unsere international verantwortlich denkende Regierung – damit meine ich alle Bundesre- Barbara Lanzinger (CDU/CSU): gierungen, ganz egal, wie sie zusammengesetzt sind, also Sehr verehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kol- sowohl die jetzige als auch zukünftige Bundesregierun- legen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer hier im Deut- 18256 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Barbara Lanzinger (A) schen Bundestag! Ich möchte zu Beginn eines festhalten: Lassen Sie mich zwei Beispiele nennen: Die Lie- (C) Berücksichtigt man alle Gesetze, alle Regelwerke, die ferungen an Saudi-Arabien umfassen beispielsweise wir haben, stellt man fest, dass die Gesamtthematik, über Fahrgestelle für unbewaffnete Transporter, Lkws und die wir jetzt diskutieren, sicher zu den politisch, mensch- Geländewagen mit Sonderschutz . Lieferungen an Oman lich und auch emotional schwierigsten im Parlament ge- umfassen unter anderem Teile für Feuerleiteinrichtun- hört . Ich glaube, da sind wir uns alle einig . Es bedarf der gen, Lkws, Dekontaminationsausrüstungen, Kommuni- Ausgewogenheit und auch der Abwägung zwischen klu- kationsausrüstungen, Teile für gepanzerte Fahrzeuge . ger Diplomatie, Verteidigungsbereitschaft und Rüstungs- exporten . Dass das ohne Verstand gemacht wird, wie Sie Wir haben internationale Verpflichtungen und tragen es vorhin sagten, weise ich ganz entschieden zurück . auch außen- und sicherheitspolitische Verantwortung . Unsere außen- und sicherheitspolitischen Instrumente Wir haben strenge Regeln für Rüstungsexporte – das sind vielfältig . Rüstungsexporte sind eines davon . Nur wiederhole und verdeutliche ich jetzt –, vor allem für den so können wir in diesem hochsensiblen Bereich unsere Export von Waffen . In jedem Einzelfall wird streng darauf wehrtechnischen Kernkompetenzen und somit Hand- geachtet, wer welche Güter wann bekommt . Deutschland lungssouveränität bewahren . Das ist wichtig . hat sich für die Ausfuhr von Rüstungsgütern, und hier vor allem bei Waffen, mit die strengsten Regeln welt- (Beifall bei der CDU/CSU) weit auferlegt . Diese sind beispielsweise festgehalten im Nur so können wir unsere internationalen Partner inner- Grundgesetz, im Kriegswaffenkontrollgesetz, im Außen- und außerhalb der EU und der NATO befähigen, bei- wirtschaftsgesetz und in den „Politischen Grundsätzen spielsweise Grenzen zu sichern und gegen Terrorgruppen der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen vorzugehen . und sonstigen Rüstungsgütern“ aus dem Jahr 2000, die – das wurde schon erwähnt – von der damaligen rot-grü- (Zuruf der Abg . Katja Keul [BÜNDNIS 90/ nen Bundesregierung überarbeitet wurden . Letztere DIE GRÜNEN]) geben ganz klar vor, dass die Rüstungspolitik restriktiv gestaltet werden soll, dass sie sich aber auch am Sicher- Wir können und wollen unsere Soldatinnen und Soldaten heitsbedürfnis und den außenpolitischen Interessen der nicht überallhin schicken . Bundesregierung zu orientieren habe . Es wird immer der Niemand macht sich die Entscheidung zu Rüstungs- jeweilige Einzelfall geprüft . Die letztendliche Entschei- exporten leicht . Die Entscheidung muss unter Einbezug dung trifft der Bundessicherheitsrat . Dieses Gremium der außen- und sicherheitspolitischer Überlegungen immer Bundesregierung ist aus Vertretern des Bundeskanzler- sorgfältig abgewogen werden, und das wird getan . Ihr amts, des Auswärtigen Amts, des Innenministeriums, des Antrag wird dem nicht gerecht . Daher lehnen wir ihn ab . (B) Wirtschaftsministeriums, des Entwicklungsministeri- (D) ums, des Justiz- und Verbraucherschutzministeriums und Vielen Dank . weiteren zusammengesetzt . (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Ich möchte der Ehrlichkeit halber noch erwähnen: ordneten der SPD) Nachgeordnet spielen natürlich auch wirtschaftspoliti- sche Interessen eine Rolle . Wir sind auch im Hochtech- nologiebereich der Wehrtechnik Exportland . Wichtig zu Vizepräsidentin Petra Pau: erwähnen ist auch, dass die Prüfungen bei uns oftmals Für die SPD-Fraktion hat Kollegin Dr .Ute Finckh- länger als ein Jahr dauern und dass bei internationa- Krämer das Wort . len Rüstungsverträgen teilweise mit dem Label „Ger- man-free“ geworben wird . Das sind durchaus enorme (Beifall bei der SPD) Standortnachteile für unsere Industrie . Auch hier wird ganz deutlich: Die außen- und sicher- Dr. Ute Finckh-Krämer (SPD): heitspolitische Bewertung möglicher Empfängerländer Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kol- hat immer Vorrang . Unter anderem im international legen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer oben auf der anerkannten Wassenaar-Abkommen ist definiert und Tribüne! Als letzte Rednerin in der Debatte habe ich die im Außenwirtschaftsgesetz rechtlich festgehalten, was Chance, das zu benennen, was in der Debatte noch nicht Rüstungsgüter sind . Rüstungsgüter, wie sie im Rüstungs- gesagt worden ist, und aufzuzeigen, wie wir mit diesem exportbericht aufgeführt werden, sind eben nicht nur Thema weiter umgehen können . Kriegswaffen, sondern zum Beispiel auch Nachtsichtge- Noch nicht erwähnt wurde – das ist für die Debatte, räte, Feldkrankenhäuser in geschützten Containern, Boo- was auf europäischer Ebene geschieht, wichtig –, dass te zum Küstenschutz, gepanzerte Fahrzeuge und vieles das Europäische Parlament in einer Resolution vom mehr . 17 . Dezember des vergangenen Jahres nicht etwa ver- Das wird auch mit Blick auf den Rüstungsexportbe- langt hat, deutsche Rüstungsexportrichtlinien auf das au- richt deutlich . Es stimmt, dass für Katar auch Einzel- genblickliche europäische Niveau herunterzufahren, son- genehmigungen für Panzer ausgesprochen wurden . Das dern – im Gegenteil – verlangt hat, dass auf europäischer muss auf Dauer sicher differenziert betrachtet werden . Ebene schärfere Regeln eingeführt werden, dass mehr Bei genauerer Betrachtung der Liste wird aber auch deut- Transparenz herrschen soll und eine öffentliche Über- lich, dass auch ganz andere Güter exportiert werden und prüfung durch ein standardisiertes Melde- und Überprü- wurden . fungsverfahren mit detaillierten Angaben zu den erteilten Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18257

Dr. Ute Finckh-Krämer (A) Genehmigungen möglich wird . Das ist ein Schritt in die spiel der Aktion Aufschrei, und allen anderen Interessier- (C) richtige Richtung, ten, herzlich danken . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Ich danke Ihnen jetzt auch für die Geduld, der letzten Rednerin in dieser Debatte zuzuhören . Vielen Dank . und das wäre auch eine Lösung für das Problem, das Herr Schäuble aus meiner Sicht in der verkehrten Richtung (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten aufgeführt hat: dass sich nämlich europäische und deut- der CDU/CSU) sche Grundsätze unterscheiden .

Man hat immer zwei Möglichkeiten: Man kann eigene Vizepräsidentin Petra Pau: Standards senken, oder man kann die europäischen Stan- Ich schließe die Aussprache . dards hochfahren . Ich trete ganz eindeutig für das Zweite Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf ein . Ich glaube, da habe ich vollen Rückhalt aus meiner Drucksache 18/8930 an die in der Tagesordnung aufge- Fraktion und wahrscheinlich auch von denjenigen in der führten Ausschüsse vorgeschlagen . Sind Sie damit ein- Unionsfraktion, die sich Sorgen machen, was mittel- und verstanden? – Das ist der Fall . Dann ist die Überweisung langfristig aus den Waffen wird, die wir irgendwohin lie- so beschlossen . fern . Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss- (Beifall bei der SPD) empfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Ener- gie zu dem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Ti- Wir haben in der SPD-Fraktion mit Sigmar Gabriel tel „Waffenexporte in die Golfregion verbieten“ . Der über die Frage diskutiert, ob wir ein Rüstungsexport- Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf gesetz brauchen . Die Antwort lautete eindeutig Ja . Die Drucksache 18/1674, den Antrag der Fraktion Die Lin- Politischen Grundsätze der Bundesregierung in Geset- ke auf Drucksache 18/768 abzulehnen . Wer stimmt für zesform zu fassen, würde sie verbindlicher machen und diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – würde auch nach außen ein Signal senden, dass wir es Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den ernst damit meinen . Wir könnten auch zusätzliche Dinge, Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen die seit langem aus der Zivilgesellschaft, zum Beispiel der Oppositionsfraktionen angenommen . aus der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwick- lung, gefordert werden, darin aufnehmen, zum Beispiel Zusatzpunkt 6 . Abstimmung über die Beschlussemp- eine Kopplung von Ausfuhrgenehmigungen – zumindest fehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag für Waffen; vielleicht nicht für alle sonstigen Rüstungs- der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Je- (B) güter – an die Unterzeichnung des Arms Trade Treaty . men – Militärische Intervention stoppen – Neue Frie- (D) densverhandlungen beginnen“. Der Ausschuss empfiehlt (Beifall der Abg . Katja Keul [BÜNDNIS 90/ in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/6145, DIE GRÜNEN]) den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Das wäre einerseits eine Unterstützung eines abrüstungs- Drucksache 18/5380 abzulehnen . Wer stimmt für diese politischen Anliegens der Bundesregierung, nämlich Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer dem Arms Trade Treaty mehr Unterzeichnerinnen und enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Unterzeichner zu verschaffen, und andererseits wäre es Stimmen der CDU/CSU-Fraktion, der SPD-Fraktion ge- ein klares und dann nicht mehr im Einzelfall diskutierba- gen die Stimmen der Fraktion Die Linke und der Frakti- res Kriterium, ob ein Land diesen Vertrag unterzeichnet on Bündnis 90/Die Grünen angenommen . hat oder nicht . Ich rufe den Zusatzpunkt 7 auf: Ein weiterer Punkt, über den – auch mit Sigmar Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre- Gabriel – in der SPD diskutiert wurde, war die Frage, gierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Ge- ob man Kriegswaffenexporte in Drittländer tatsächlich setzes zur Änderung des Bundesjagdgesetzes auch dem Deutschen Bundestag zur Genehmigung vor- legt . Denn damit hätten wir die Situation, die sich viele Drucksache 18/4624 von uns wünschen: Beim Abwägen des Für und Wider Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- würden nicht nur kurzfristige Überlegungen, sondern ses für Ernährung und Landwirtschaft (10 .Aus - auch mittel- und langfristige Überlegungen – viele schuss) Kriegswaffen haben eine Lebensdauer von 40 Jahren und mehr – zur Sprache kommen, und das, was etwa die Drucksache 18/9093 Entwicklungspolitikerinnen und Entwicklungspolitiker Hierzu liegen ein Änderungsantrag sowie ein Ent- zu bestimmten Waffenexporten zu sagen haben, würde schließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen genauso eine Rolle spielen wie das, was die Außen- und vor . Sicherheitspolitiker dazu sagen . Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für Insofern möchte ich all denen, die im Augenblick die die Aussprache 25 Minuten vorgesehen . – Ich höre kei- Diskussion über Rüstungsexporte führen und zu dieser nen Widerspruch . Dann ist so beschlossen . Diskussion innerhalb des Parlaments etwas beitragen, also den kirchlichen Vertreterinnen und Vertretern, den Ich warte, bis die notwendigen Umgruppierungen ab- zivilgesellschaftlichen Zusammenschlüssen, zum Bei- geschlossen worden sind .– Nachdem offensichtlich alle 18258 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Vizepräsidentin Petra Pau (A) einen Platz gefunden haben, bitte ich jetzt um die not- Verbraucherschutzgründen minimiert werden . In eini- (C) wendige Aufmerksamkeit . gen Bundesländern ist der Einsatz bleifreier Munition bereits vorgeschrieben . Weil die Genauigkeit damit aber Ich eröffne die Aussprache . Das Wort hat die Kollegin nicht immer gewährleistet ist, widerspricht das dem Tier- Rita Stockhofe für die CDU/CSU-Fraktion . schutz, und deswegen brauchen wir eine bessere Vorge- (Beifall bei der CDU/CSU) hensweise . (Katharina Landgraf [CDU/CSU]: Dann müs- Rita Stockhofe (CDU/CSU): sen sie halt besser schießen!) Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Waidmannsheil, liebe Jägerinnen und Jäger! Der Schießübungsnachweis ist auch ein wichtiger Ich stehe hier heute mit einem lachenden und einem wei- Punkt . Er muss ebenfalls bundeseinheitlich geregelt nenden Auge . werden . Wenn ein Jäger momentan nämlich bundesweit jagen will, dann muss er fünf unterschiedliche Schieß- Zum lachenden Auge: Mit der Umweltrichtlinie, die nachweise mit sich führen . Das ist praxisfremd, und es wir heute umsetzen, setzen wir eine Vorgabe um, die ist Aufgabe des Bundes, das zu regeln . Das hat auch das unumstritten und richtig ist . Nach dem Urteil des Bun- Verwaltungsgericht Arnsberg entschieden . desverwaltungsgerichts zu halbautomatischen Waffen, die auf der Jagd verwendet werden, haben wir auch hier (Beifall bei der CDU/CSU – Dr .W ilhelm dringenden Handlungsbedarf gesehen . Mit diesem Ge- Priesmeier [SPD]: So ist es!) setz sorgen wir dafür, dass in der anstehenden Drück- Grundsätzlich müssen wir auf Bundesebene handeln, jagdsaison weiterhin halbautomatische Waffen verwen- um ideologische Akteure, die sich zum Teil in den Bun- det werden dürfen und dass Jäger, die solche Waffen desländern tummeln, „einzufangen“ . Bei uns in Nord- haben, nicht zu illegalen Waffenbesitzern werden . rhein-Westfalen ist aus einem „Landesjagdgesetz“ ein (Beifall bei der CDU/CSU) „Ökologisches Jagdgesetz“ geworden – mit großen Ein- schnitten ins Eigentumsrecht und in die Bundeskompe- Das weinende Auge ist deshalb so traurig, weil wir es tenz . Das ist keine leere Behauptung von mir, sondern bis heute leider nicht geschafft haben, das Bundesjagd- in zwei Punkten schon von Gerichten bestätigt worden, gesetz insgesamt zu novellieren – und das, obwohl wir und das haben auch die über 15 000 Demonstranten, nach zweieinhalb Jahren einen guten Entwurf vorlegen die sich aus über 17 Verbänden des ländlichen Raumes konnten . Für diesen Entwurf, dessen Inhalt Bundesmi- in Düsseldorf zusammengefunden haben, so gesehen nister Schmidt auf dem Bundesjägertag vorgestellt hat, und entsprechend bemängelt . Mit diesem Ökologischen (B) hat er viel Zustimmung und Applaus erhalten . Leider hat Jagdgesetz auf Landesebene ist den Jägern ganz klar ihre (D) uns der Ministerpräsident aus Bayern einen Strich durch Kompetenz abgesprochen worden, obwohl sie über das die Rechnung gemacht . sogenannte Grüne Abitur verfügen . (Burkhard Lischka [SPD]: Hört! Hört! – Umweltminister Remmel, der leider auch für Land- Dr .André Hahn [DIE LINKE]: Was? – wirtschaft und Jagd zuständig ist, hat beispielsweise die Dr .Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das ist Jagd auf den Fuchs eingeschränkt . Wer kann so etwas unglaublich!) verstehen? Die Anzahl der Bodenbrüter ist in den letzten Die Gründe dafür, seinem eigenen Minister in den Rü- Jahren dramatisch zurückgegangen, was gerne auf die in- cken zu fallen, kann ich bis heute nicht nachvollziehen . dustrielle Landwirtschaft geschoben wird . Da aber in der Zeit die Jagd auf Raubtiere wie Füchse, aber auch Krä- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten henvögel stark eingeschränkt wurde, haben deren Beute- der CDU/CSU) tiere – dazu gehören ganz besonders die Bodenbrüter – einen schweren Stand, und es droht die Ausrottung . Hier Dabei wäre es so wichtig gewesen, die große Novelle auf sind dann wieder die Jäger gefragt, die durch ihre Hege den Weg zu bringen: Maßnahmen treffen, um diese Arten zu schützen . Hierfür (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten wird kein öffentliches Geld zur Verfügung gestellt, wie der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜND- es beispielsweise beim Wolf der Fall ist . Sogar die Jagd- NISSES 90/DIE GRÜNEN) steuer wollte Minister Remmel wieder einführen . Doch zum Glück hat in den Landkreisen die Vernunft gesiegt . Der Bereich „Jägerausbildung und -prüfung“ bei- spielsweise liegt in der Gesetzgebungskompetenz des Immer wieder wird in Nordrhein-Westfalen gefordert, Bundes . Bislang gibt es unterschiedlichste Arten, die dass auch Beauftragte der Behörden in die Reviere ge- Ausbildung durchzuführen . Das führt dazu, dass ein re- hen und Kontrollen durchführen sollen . Wer sollen diese gelrechter Jagdscheintourismus stattfindet. Dem wollen Beauftragten denn sein? Die Experten der unterschiedli- wir entgegenwirken . Mit dem Erhalt des Jagdscheines chen Naturschutzvereine, die schon durch Zahlung eines geht eine große Verantwortung für das Wild und die Beitrages zum Experten werden? Oder legen wir unsere Natur auf den Jäger über . Daher ist es richtig, dass wir Natur nicht besser in die Hände von ausgebildeten Fach- gute Prüfungsinhalte brauchen – und auch eine geeignete kräften wie unseren Jägern? Form, diese Inhalte zu vermitteln . Der heute vorgelegte Gesetzentwurf ist ein guter, aber Auch der Einsatz von bleihaltiger Munition muss sehr kleiner Schritt . Die große Novelle muss noch in die- bundesweit geregelt werden . Der Bleigehalt muss aus ser Legislatur kommen . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18259

Rita Stockhofe (A) Waidmannsheil . Bundesagrarminister, der noch im Juni dieses Jahres die (C) große Novelle angekündigt hatte . (Beifall bei der SPD sowie der Abg . Ute Vogt [SPD] – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE Diese brauchen wir wirklich dringend, zum Beispiel GRÜNEN]: Halali!) beim Thema Blei in der Munition . Ja, die Diskussionen waren schwierig . Ja, das ist vielleicht auch ein Generati- Vizepräsidentin Petra Pau: onenkonflikt. Aber unterdessen sind wir uns doch einig: Das Wort hat die Kollegin Dr .Kirsten Tackmann für Wir brauchen den Ausstieg aus der Bleimunition, die Fraktion Die Linke . (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) (Beifall bei der LINKEN) damit Bleieinträge in die Lebensmittel- und Nahrungs- kette minimiert werden . Natürlich muss auch die neue Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE): Munition sicher sein . Die Tötungswirkung und Präzision Frau Präsidentin! Liebe Gäste! Liebe Kolleginnen und dürfen auf keinen Fall in Zweifel stehen . Aber die Zwei- Kollegen! Gespräche über die Jagd werden schnell emo- fel dürfen eben auch nicht vorgeschoben sein . Deswegen tional und kontrovers . Das Wild auf dem Teller mögen sind eine verlässliche Prüfung und Kennzeichnung der ja noch viele Menschen . Aber viel Wild im Wald und Sicherheit der Munition unerlässlich . Aber auch die Her- auf dem Acker wird wegen der Schäden in Forst- und steller sind in der Pflicht, Munition zu liefern, die den Landwirtschaft schon kritischer gesehen . Die Jägerschaft neuen Anforderungen entspricht . wiederum soll zwar für den Wildbraten sorgen und die (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg . Wildschäden minimieren, aber so richtig gemocht und Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) geliebt wird sie nicht . Vielleicht haben manche noch das feudale Jagdprivileg im Kopf und unterstellen der heuti- Dem Veto aus München sind noch weitere wichtige gen Jägerschaft vorwiegend Trophäenjagd . Oder sie mei- Regelungen zum Opfer gefallen, zum Beispiel bundes- nen, die Natur werde sich schon selber regulieren . An- einheitliche Schießübungsnachweise oder die Mindest- dere wiederum lehnen das Töten von Tieren generell ab . vorgaben für die Jagdprüfung . Selbst die deutliche Auf- wertung des Ausbildungsfachs „Wildbrethygiene“ ist In diesem Spannungsfeld bewegt sich die Jägerschaft . erst einmal vom Tisch . Als Tierärztin halte ich das für Das sind immerhin 374 000 Jägerinnen und Jäger, Ten- eine Katastrophe . denz übrigens steigend . Sie sind überwiegend ehren- amtlich tätig . Unterdessen legen 20 Prozent Frauen die Den Änderungsantrag der Grünen zum Bundeswald- Prüfung ab . Für sie alle haben wir als Gesetzgeber große gesetz unterstützen wir . Ja, wir wollen den Klein- und (B) Verantwortung . Ja, die Jägerschaft braucht Rechtssicher- Kleinstwaldbesitz stärken . Denn nicht nur bei Äckern (D) heit . Aber sie braucht eben auch Rahmenbedingungen, und Wiesen, sondern auch beim Wald ist für uns Lin- die gesellschaftlich breit akzeptiert werden . ke eine breite Streuung des Bodeneigentums ein hohes Gut . Dafür muss aber die forstliche Betreuung gesichert Für uns Linke gibt es zwei ganz wichtige Grundsätze . werden, und sie muss auch finanzierbar bleiben. Es muss Erstens . Die Jagd darf kein elitäres Hobby einer reichen auch weiter staatliche Angebote dafür geben . Eine Klar- Oberschicht sein . stellung im Bundeswaldgesetz muss kartell- und europa- (Beifall bei der LINKEN) rechtliche Sicherheit bringen . Auch hier muss dringend gehandelt werden . Das sind wir auch den Beschäftigten Auch meine Nachbarin und mein Nachbar aus dem Dorf in den staatlichen Forstbetrieben schuldig . müssen zur Jagd gehen können, wenn sie denn wollen, und das Grüne Abitur ablegen können . Zweitens . Jagd (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg . muss dem Gemeinwohl dienen . Dazu gehören die Hege Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) eines gesunden Wildbestandes und die Begrenzung von Zum Schluss noch ein Wort zur Sommerpause: Viel- Wildschäden . Aber auch das gesunde Lebensmittel Wild leicht gelingt es den Koalitionsfraktionen, sich ein biss- ist bei vielen willkommen . chen von München zu emanzipieren . Gemessen an diesem Anspruch ist die heute vor- Vielen Dank . liegende Änderung des Bundesjagdgesetzes geradezu winzig . Wie 2013 liegt wieder nur ein Novellchen mit (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg . zwei kleinen Änderungen vor . Zum einen wird eine Re- Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) gelungslücke zur Umsetzung des geltenden EU-Rechts für geschützte Arten geschlossen . Das ist nötig und un- Vizepräsidentin Petra Pau: strittig . Zum anderen geht es um eine Klarstellung zu hal- Das Wort hat die Kollegin Petra Crone für die bautomatischen Waffen . Hier wird die Praxis nicht aus- SPD-Fraktion . geweitet, sondern nur Rechtssicherheit wiederhergestellt . Dem wird auch die Linke zustimmen . (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Das Problem ist, welche Änderungen heute nicht vor- liegen . Ich weiß nicht, womit Seehofer gedroht hat . Aber Petra Crone (SPD): es ist ein Stück aus dem Tollhaus, dass sein Veto längst Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lie- überfällige und ausgehandelte Regelungen blockiert . Da- be Kolleginnen und Kollegen! Jetzt kommen wir von mit demontiert er übrigens gleich noch seinen eigenen den großen Waffen zu den etwas kleineren Waffen . Es 18260 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Petra Crone (A) stimmt, was meine Vorrednerinnen gesagt haben: Viele Stunden mehr auf insgesamt 130 Stunden . Außerdem (C) Jägerinnen und Jäger waren nach dem Urteil des Leip- wäre Wildbrethygiene neben der Schießübung das zweite ziger Bundesverwaltungsgerichts vom März ziemlich Sperrfach in der Ausbildung gewesen . Das heißt, wer in verunsichert . diesem Fach durchfällt, ist durch die ganze Prüfung ge- fallen . Mit dem Vorschlag wollte ich die Bedeutung und 40 Jahre lang galt: Jägern war es verboten, die Jagd auf die sinnvolle Verwendung von Wildfleisch als Lebens- Wild mit halbautomatischen Waffen auszuüben, die ein mittel stärken – mit aller gebotenen Sorgfaltspflicht vom Magazin mit mehr als zwei Patronen aufnehmen können, Aufbruch bis zur Wildwurst . unabhängig davon, ob es sich um Schalen-, Haar- oder Federwild handelte . Das bedeutete im Umkehrschluss: (Beifall bei der SPD – Dr . Kirsten Tackmann Halbautomaten mit maximal zwei Patronen im Magazin [Die Linke]: Schön wär’s gewesen!) waren bisher für die Jagd erlaubt . Übrigens ist klar: Ma- schinengewehre und Maschinenpistolen als Vollautoma- – Ja . ten haben bei der Jagd überhaupt nichts zu suchen . Das Apropos Sorgfalt mit Mensch und Umwelt: Nach lan- versteht sich von selbst . gem, zähem Ringen hatten wir auch einen Kompromiss (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU so- zur Verwendung von bleifreier Munition bei der Jagd ge- wie bei Abgeordneten der LINKEN und des funden . Die SPD-Fraktion hätte ein Minimierungsgebot BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) nach Stand der Technik unterstützt . Es war nicht unser Wunschmodell . Ich hätte lieber ein sachliches Verbot in Dann kam das völlig unerwartete Urteil: Sämtliche ein, zwei Sätzen in § 19 gehabt . Ich erinnere daran: Die Halbautomaten mit wechselbaren Magazinen dürfen vom Ministerium in Auftrag gegebenen wissenschaftli- von Jägern nicht einmal besessen werden . Für die Po- chen Untersuchungen und Gutachten haben doch letzt- litik hieß das, schnell zu reagieren, um die Hängepar- endlich alle Vorurteile gegenüber bleifreier Munition tie zu beenden . Das Bundesministerium für Ernährung ausgeräumt . An dieser Stelle frage ich mich auch: Wo und Landwirtschaft und wir Koalitionsfraktionen woll- bleibt eigentlich die Innovationsfreude deutscher Muni- ten rasch eine Klarstellung oder – besser – die gültige tionshersteller? Gesetzeslage wiederherstellen . Gut war es, dass wir im Bundesjagdgesetz eine längst überfällige Gesetzesände- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten rung in der Pipeline hatten, und zwar die Anpassung an der LINKEN – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/ die EU-Richtlinie für Umweltstrafrecht . So konnten wir DIE GRÜNEN]: Ja!) beides koppeln . Na gut, die SPD-Fraktion und genauso das Umwelt- Mit der heute vorliegenden Änderung sind es nun im ministerium haben sich in den Verhandlungen sehr stark (B) parlamentarischen Verfahren insgesamt drei Patronen bewegt und haben einen Kompromiss zwischen den (D) geworden, mit denen die Waffen geladen werden dür- Jagd- und Naturschutzverbänden und der Politik gesucht, fen . Wir werden dem heute zustimmen . Aber ich möchte sei es bei der Regelung zur bleifreien Munition, sei es bei nicht verhehlen, dass ich weiterhin Zweifel an der sachli- der Berücksichtigung des Erhaltungszustandes einer Art chen und praktischen Notwendigkeit dieser Erweiterung als Kriterium bei der Jagd oder sei es beim Schießnach- des Ursprungsgesetzes habe, liebe Kolleginnen und Kol- weis . Übrigens: Das waren auch Teile, die von Bayern legen . Aber ich bin sehr froh, dass die Jägerinnen und gefordert wurden . Jäger jetzt, kurz vor der Blattzeit, Klarheit haben . Jagd ist auf allen Seiten ein absolut emotionales The- Wir hatten eigentlich mehr vor . Ich will nun gar nicht ma; das muss ich Ihnen ja nicht sagen, liebe Kollegin- behaupten, dass ich zu Beginn der Verhandlungen zu ei- nen und Kollegen . Diese Emotionalität ist richtig klasse, ner großen Jagdnovelle vor vielen Monaten am Ende ein führt aber auch dazu, dass manchmal sprichwörtlich über fortschrittliches Bundesjagdgesetz erwartet hätte . Aber das Ziel hinausgeschossen wird . Das heißt praktisch aber dass wir heute mit leeren Händen hier stehen, das hätte auch: Der Schuss trifft nicht mehr oder geht nach hinten ich ganz und gar nicht erwartet . Das ist sehr bedauerlich . los . Und da stehen wir jetzt – ohne große Novelle . Es reichte ein wildes Aufbäumen aus einem südlichen Bun- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordne- desland, um die Änderungen des Bundesjagdgesetzes ten der CDU/CSU – Harald Ebner [BÜND- zunichtezumachen . Das ist schade; denn die Jägerinnen NIS 90/DIE GRÜNEN]: Macht es doch mal!) und Jäger wünschen sich einheitliche Standards in der Mir war es wichtig, mit dem Gesetz die Qualität der Fläche . Jägerausbildung zu stärken . Ich komme aus dem länd- Diese Novelle wäre nicht der große Sprung gewor- lichen Raum, aus dem Sauerland in Südwestfalen, und den – nein, das sicher nicht –, aber sie wäre ein Schritt in dort wachsen die jungen Leute mit Natur und Jagd auf . die richtige Richtung gewesen . Ich hoffe, es ist nicht der Sie begleiten früh Eltern, Nachbarn oder Freunde zur letzte Versuch in puncto Bundesjagdgesetz . Das nächste Jagd und machen irgendwann über einen angemessenen Mal dann bitte mit mehr Mut und Offenheit und auf der Zeitraum hinweg ihren Jagdschein . Der Bezug zur und Höhe der Zeit . die Kenntnis über die Natur sind stark . (Beifall der Abg . Dr . Kirsten Tackmann [DIE Deshalb sind mir die Kurzausbildungen zum Jagd- LINKE]) schein innerhalb von 14 Tagen sehr suspekt . Das kann nicht die gleiche Substanz haben . Daher habe ich eine Die Akzeptanz der Jagd in der Gesellschaft liegt letzt- verlängerte Ausbildungszeit gefordert, nämlich zehn endlich in den Händen der Jägerinnen und Jäger . Ich Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18261

Petra Crone (A) habe in den vergangenen Monaten viele getroffen, die on noch immer keine Regelung hinbekommen . Blei ist (C) meine Einschätzung teilen . Jagd und Jäger agieren nicht hochgiftig und krebserregend . Das BfR rät Schwangeren im luftleeren Raum, sie sind ein wichtiger Teil unserer und kleinen Kindern davon ab, Wild zu essen, das mit Gesellschaft . Das heißt aber auch: Sie werden sich mit Bleimunition geschossen wurde . Wir können diese Ge- ihr verändern . fährdung von Mensch und Umwelt nicht weiter hinneh- men . Nun wünsche ich allen einen schönen Sommer und vor allem den Jägerinnen und Jägern eine schöne Blatt- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zeit . Mittlerweile ist doch technisch ausgereifte, bleifreie bzw . Ich danke Ihnen . bleiarme Munition auf dem Markt verfügbar . Mehrere (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU so- Gutachten beweisen, dass auch bleifreie Munition über wie bei Abgeordneten der LINKEN) eine vergleichbar hohe Sicherheit und Geschosswirk- samkeit verfügen kann. Also fehlen eine qualifizierte Beratung der Jagenden beim Umstieg und ein verbindli- Vizepräsidentin Petra Pau: cher Ausstiegsfahrplan, der bei den hiesigen Herstellern Der Kollege Harald Ebner hat für die Fraktion Bünd- endlich einen Innovationsschub bringen würde, statt alte nis 90/Die Grünen das Wort . Pfründe zu sichern . Aber was macht Minister Schmidt? Nichts! Laut seinem Referentenentwurf vom Februar Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): will er mit dem Bleiausstieg noch zwölf Jahre warten . Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen Warum eigentlich? Das ist Arbeitsverweigerung und nur und Kollegen! Wir schlagen heute ein weiteres Kapitel noch peinlich . im Buch „Tu nix“ des Bundeslandwirtschaftsministeri- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ums auf . Das hat gute Tradition: Im Februar war in top agrar zu lesen: „Bundesregierung einigt sich auf Wald- Besonders ärgerlich und skandalös finde ich aber, dass und Jagdreformen“, aber bis heute legen Sie dazu nichts Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, vor . Ja glauben Sie denn, es reicht, wenn es in top agrar zum wiederholten Mal die notwendige Hilfestellung für steht, und dann braucht es kein Gesetz, Herr Minister? die Länder im Bundeswaldgesetz verweigern . Sie hatten Der Berg kreißte und gebar eine Maus . Nach zweiein- in der Plenardebatte im März letzten Jahres versprochen, halb Jahren Geschiebe und Gezerre gibt es heute statt schleunigst Abhilfe im Bundeswaldgesetz gegen das un- der überfälligen Modernisierung des Jagdrechts ein Mi- sinnige Kartellrechtsverfahren zu schaffen . Wir haben ni-Novellchen, das nur Änderungen enthält, die nach Ihnen dafür eine Gesetzesänderung vorgeschlagen, wo- (B) EU-Recht dringend nötig oder einem Gerichtsurteil ge- durch die Waldbewirtschaftung nicht auf die reine Roh- (D) schuldet sind . Alles andere hat Ihnen Ihr Chef in Mün- stoffgewinnung durch die Holzernte reduziert wird, wie chen kaputtgemacht, Herr Minister . es das Kartellamt tut, liebe Kollegin Crone, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Zuruf der Abg . Petra Crone [SPD]) Das Bisschen, das Sie heute vorlegen, ist leider auch sondern die Gemeinwohlleistungen der Wälder berück- noch inhaltlich schwach . Sie versuchen, Schutzlücken sichtigt und bewährte Forststrukturen bewahrt werden . im Artenschutz mit Stückwerk zu flicken, statt einen Und jetzt? Passiert ist noch immer nichts . Der betref- systematischen Schnitt zur Rechtsvereinfachung und fende Artikel des geplanten Artikelgesetzes ist Herrn Entbürokratisierung zu machen . Streichen Sie einfach Seehofer geopfert worden . die geschützten Tiere aus der Liste der jagdbaren Arten . Tun Sie das – das bringt tatsächlich Rechtssicherheit und Baden-Württemberg steht im Rechtsstreit gegen das erleichtert Artenschutzmaßnahmen –, statt stets von neu- Bundeskartellamt vor dem OLG Düsseldorf . Vielen an- em den Konflikt zwischen Naturschutzrecht und der alten deren Bundesländern mit ähnlichen Strukturen steht das Hegepflicht aus Vornaturschutzzeiten anzuheizen. Gleiche bevor . Haben Sie eigentlich einmal Ihre Partei- freunde Kraft, Dreyer und Bouffier gefragt, wie sie sol- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) che Aussichten finden? Seit über einem Jahr warten wir Ihre kurzfristig vorgelegte Änderung betreffend die darauf, dass Sie endlich Ihr Versprechen einlösen und die halbautomatischen Waffen soll Rechtsklarheit schaffen . nötige Klarstellung im Bundeswaldgesetz vornehmen . Aber faktisch schaffen Sie eine Grauzone . Niemand kann Doch statt zu handeln, begehen Sie Wortbruch zulasten kontrollieren, ob sich die Jagdausübenden wirklich an die von Ökologie und Ländern . Sie plädieren nun sogar da- Begrenzung der Magazinladung auf drei Schuss halten . für, eine Gerichtsentscheidung abzuwarten . Sie wollen Technisch ist jederzeit ein gefährlicher Missbrauch die- also so lange warten, bis es zu spät ist . ser Waffen möglich . Deshalb halten wir Ihre Regelung Also: Machen Sie endlich Schluss mit der Arbeitsver- für falsch, liebe Kollegin Connemann . weigerung . Stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu, (Gitta Connemann [CDU/CSU]: Das ist bei damit die Bundesländer endlich Rechtssicherheit haben . jedem Gesetz so!) Orientieren Sie sich an den Ländern, die ihr Jagdgesetz modernisiert haben . Doch es geht noch schlimmer . Dort, wo wirklich Handlungsbedarf besteht, legen Sie heute nichts vor . Es (Rita Stockhofe [CDU/CSU]: Die haben auch kann doch nicht sein, dass Sie zum Thema Bleimuniti- keine Bodengüter mehr!) 18262 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Harald Ebner (A) Diese haben es geschafft und sind nicht so hasenfüßig einmal auf der Zunge zergehen lassen . Das entspricht der (C) wie Sie . Länge der Chinesischen Mauer . Ich denke, das jährlich zu leisten, ist schon eine sehr anspruchsvolle Heraus- Danke schön . forderung, und dies können wir nur mit Wertschätzung (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) honorieren . Deshalb sind ideologische Vorgehensweisen wie etwa

Vizepräsidentin Petra Pau: in Nordrhein-Westfalen mit dem sogenannten ökolo- Das Wort hat der Kollege Cajus Caesar für die CDU/ gischen Jagdgesetz, das vom Schreibtisch aus gemacht CSU-Fraktion . worden ist und immer neue Gebote und Verbote, Richt- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- linien usw . enthält, abzulehnen, weil man dadurch vor ordneten der SPD) Ort letztendlich handlungsunfähig wird . Das ist nicht die richtige Vorgehensweise . Das wollen wir als Union nicht .

Cajus Caesar (CDU/CSU): (Beifall bei der CDU/CSU) Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung Wir wollen, dass praxisnah gehandelt wird und dass des Bundesjagdgesetzes handeln wir im Sinne der Jäger- sich die Artenvielfalt entwickeln kann . Deshalb ist es gut, schaft schnell und unbürokratisch . dass die Jäger in Nordrhein-Westfalen mit 80 rollenden (Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Waldschulen unterwegs sind und in der Umweltbildung NEN]: Nein, nicht unbürokratisch!) ehrenamtlich Hervorragendes leisten . Das ist doch die richtige Arbeit . Wir wollen etwas für Umweltbildung tun, Wir müssen aufgrund der Bundesverwaltungsgerichtsur- wir wollen die Menschen mitnehmen; wir wollen nicht teile vom März 2016, die eine jahrzehntelange praxisnahe Ideologie, sondern wir wollen etwas für die Artenvielfalt Vorgehensweise auf den Kopf stellen, handeln . Dies tun machen . Das ist jedenfalls die Position der Union . wir gerne . Ich danke an dieser Stelle ausdrücklich dem Minister, dass er schon vorab den Ländern übermittelt (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg . hat, dass wir diese Vorgehensweise anstreben . Mit dem Bärbel Bas [SPD] – Harald Ebner [BÜND- heutigen Beschluss senden wir im Sinne der Jägerschaft NIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wäre schön, und der Länder, die die Rahmenbedingungen setzen, die wenn ihr das wirklich macht!) entsprechende Botschaft aus . Herr Minister, herzlichen Dank für Ihre Arbeit! Durch die Änderung des Bundesjagdgesetzes sollen (B) halbautomatische Waffen mit maximal drei Schuss im (D) (Beifall bei der CDU/CSU) Magazin legal bleiben . Jagd bedeutet Tradition . Aber Jagd ist auch deutlich (Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mehr . Man muss Respekt vor den Leistungen der über NEN]: Technisch gibt es mehr Möglichkei- 374 000 Jäger haben . Sie leisten ehrenamtlich Heraus- ten!) ragendes . Zudem gibt es über 1 000 Berufsjäger, die hauptamtlich tätig sind . Hierbei wurde nicht nur an das Schießen gedacht, son- Ich darf an dieser Stelle namens unserer Fraktion auch dern auch daran, dass man unter Umständen angefahre- dem Präsidenten des Deutschen Jagdverbandes, Hartwig nes Wild mit dem Fangschuss erlösen muss . Die Jäger Fischer, Dank sagen, der mit seinem passionierten Ein- sind somit auch in Bereichen tätig, an die man zunächst satz – das darf ich wohl sagen – Gutes voranbringt . einmal gar nicht denkt . Auch das ist eine Herausforde- rung . Hier wird Außerordentliches für unsere Gesell- (Beifall bei der CDU/CSU) schaft geleistet . Auch dafür ein herzliches Dankeschön . Die Jagd ist auch ein Handwerk . Nicht jeder kann sich selbst zum Jäger machen . Es bedarf über hundert von (Beifall bei der CDU/CSU) Theoriestunden, und es bedarf natürlich auch der Schu- Natürlich hätten wir uns mehr vorstellen können . Ich lung vor Ort in den Revieren . Das bedeutet, dass man denke, wir sind nach wie vor auf dem richtigen Weg . sechs Teilgebiete beherrschen muss . Das ist eine sehr Nicht Bleiverbot, sondern Bleiminimierung, wie es die anspruchsvolle Prüfung . Jäger tragen hier eine hohe Ver- Technik zulässt, ist unsere Forderung; denn wer Blei- antwortung und lernen den Umgang mit der Natur, den verbot fordert, fordert auch, dass die Tötungswirkung sicheren Umgang mit Waffen, die Lebensweise, das Ver- reduziert wird, weil der technische Stand nichts anderes halten und die Erkennungsmerkmale der Wildtiere, aber hergibt . auch Pflegemaßnahmen für die Lebensräume. Deshalb: Danke an die Jägerschaft, dass sie ehrenamtlich so viel (Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- für unsere Gesellschaft auf den Weg bringt . NEN]: Nein, das stimmt nicht!) (Beifall bei der CDU/CSU) Wollen wir das wirklich? Ich meine, wir müssen auch an Ich möchte dazu ein Beispiel nennen . Immerhin ist es diese Dinge denken . so, dass die Jäger im Bereich des Artenschutzes für die Pflanzungen und Pflege von jährlich etwa 6 000 Kilo- Wir wollen die Zersplitterung durch unterschiedliche meter Hecken verantwortlich sind . Das sollte man sich Länderregelungen aufheben . Wir wollen beim Schieß- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18263

Cajus Caesar (A) nachweis und bei der Jagd in Schutzgebieten Rahmenbe- Ich rufe die Zusatzpunkte 8 und 9 auf: (C) dingungen des Bundes auf den Weg bringen . ZP 8 Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/ (Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines Ge- NEN]: Aber ihr macht es nicht! Dann legen setzes zur weiteren Fortentwicklung der par- Sie doch etwas vor, aber mit qualifiziertem lamentarischen Kontrolle der Nachrichten- Schießnachweis!) dienste des Bundes Ich bin sehr optimistisch, dass wir das schaffen werden . Drucksache 18/9040 Jagd trägt zu funktionsfähigen Lebensräumen für Pflan- Überweisungsvorschlag: ze, Tier und Mensch bei . Die Jagd ist und bleibt unseres Innenausschuss (f) Erachtens angewandter Natur- und Umweltschutz . Ich Verteidigungsausschuss glaube, wenn wir die Jagd unter diesem Aspekt betrach- Haushaltsausschuss ten, sind wir auf dem richtigen Weg . Unsere Unterstüt- zung haben die Jäger . Mit ihnen sind wir bei der Jagd und ZP 9 Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans- beim Natur- und Umweltschutz gut aufgehoben . Christian Ströbele, Dr .Konstantin von Notz, Irene Mihalic, weiterer Abgeordneter und der Herzlichen Dank . Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall bei der CDU/CSU) Für eine wirksamere Kontrolle der Nachrich- tendienste Vizepräsidentin Petra Pau: Drucksache 18/8163

Ich schließe die Aussprache . Überweisungsvorschlag: Innenausschuss (f) Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun- Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz desregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung Ausschuss Digitale Agenda des Bundesjagdgesetzes . Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft empfiehlt in seiner Beschlussemp- Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für fehlung auf Drucksache 18/9093, den Gesetzentwurf der die Aussprache 38 Minuten vorgesehen . – Ich höre kei- Bundesregierung auf Drucksache 18/4624 in der Aus- nen Widerspruch . Dann ist es so beschlossen . schussfassung anzunehmen . Ich eröffne die Aussprache . Das Wort hat der Kollege Stephan Mayer für die CDU/CSU-Fraktion . (B) Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion Bünd- (D) nis 90/Die Grünen vor, über den wir zuerst abstimmen . (Beifall bei der CDU/CSU) Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Drucksa- che 18/9104? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU): Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Oppositi- Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolle- onsfraktionen abgelehnt . ginnen! Sehr geehrte Kollegen! Die beiden Koalitions- Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der fraktionen legen Ihnen heute den Entwurf eines Gesetzes Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzei- zur Fortentwicklung der parlamentarischen Kontrolle der chen .– Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Nachrichtendienste des Bundes vor . Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den (Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE Stimmen der CDU/CSU-Fraktion, der SPD-Fraktion, der GRÜNEN]: Zu wenig!) Fraktion Die Linke bei Enthaltung der Fraktion Bünd- nis 90/Die Grünen angenommen . Ich würde sagen: Man kann mit Fug und Recht behaup- ten, dass es sich nicht nur um ein Gesetz zur Fortentwick- Dritte Beratung lung der parlamentarischen Kontrolle handelt, sondern und Schlussabstimmung . Ich bitte diejenigen, die dem auch um ein Gesetz zur Verbesserung und zur Stärkung Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben .– der parlamentarischen Kontrolle . Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- entwurf ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen ordneten der SPD – Dr . Konstantin von Notz und der Fraktion Die Linke bei Enthaltung der Fraktion [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na, na, na! – Bündnis 90/Die Grünen angenommen . Dr .André Hahn [DIE LINKE]: Wo?) Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie- Was ich persönlich schon etwas bedauerlich finde – ßungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf auch das sage ich hier in aller Offenheit –, ist, dass schon Drucksache 18/9105 . Wer stimmt für den Entschlie- wieder die ersten Pressemitteilungen kursieren, in denen ßungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält eine Koalitionsfraktion, die der SPD, dies allein als ihren sich? – Der Entschließungsantrag ist mit den Stimmen Erfolg bezeichnet . der Koalitionsfraktionen und der Fraktion Die Linke ge- gen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE abgelehnt . GRÜNEN]: Das ist ja ungeheuerlich!) 18264 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Stephan Mayer (Altötting) (A) Ich möchte hier deutlich betonen: Es ist ein gemeinsamer gemäß begrenzt . Wir tagen ein- bis zweimal im Monat . (C) Erfolg der beiden Koalitionsfraktionen, dass wir Ihnen Wir bereiten die Sitzungen natürlich intensiv vor . Ich heute diesen Gesetzentwurf vorlegen . möchte für uns alle in Anspruch nehmen – ich sage das hier auch ganz offen; das gilt über alle Fraktionsgrenzen (Beifall bei der CDU/CSU) hinweg –, dass alle neun Mitglieder im PKGr ihre Aufga- Dieser Gesetzentwurf wird auch in vollem Umfang be sehr ernst nehmen . dem gerecht, was wir uns selbst als Deutscher Bundes- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU tag in der letzten Legislaturperiode als Aufgabe gegeben sowie des Abg . Burkhard Lischka [SPD]) haben . Ich möchte in Erinnerung rufen, was uns der ers- te NSU-Untersuchungsausschuss als Empfehlungen und Trotzdem müssen wir zur Kenntnis nehmen und dies Schlussfolgerungen mit auf den Weg gegeben hat . Ich auch entsprechend artikulieren, dass unsere zeitlichen zitiere aus dem Schlussbericht des Untersuchungsaus- Möglichkeiten, unsere Kapazitäten irgendwo begrenzt schusses . Er gibt klar vor, dass es darum geht, in Zukunft sind . die Stärkung einer systematischen und strukturellen (Zuruf des Abg . Hans-Christian Ströbele Kontrolle der Nachrichtendienste vorzunehmen sowie [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) die parlamentarische Kontrolle schlagkräftiger zu ma- chen und eine dauerhafte Kontrolltätigkeit zu ermögli- Deshalb finde ich es richtig, dass wir einen Ständigen chen . Darüber hinaus ist eine der Schlussfolgerungen des Bevollmächtigten ernennen und dass wir ihm auch einen Untersuchungsausschusses, dass es einer ausreichenden Leitenden Beamten als Stellvertreter zur Seite stellen . professionellen Personal- und Sachausstattung der parla- Wir werden auch für eine deutlich bessere personelle mentarischen Kontrolle bedarf . Ich möchte betonen: Wir Ausstattung sorgen . Es werden drei zusätzliche Referate werden diesen Schlussfolgerungen, diesen Empfehlun- in der parlamentarischen Kontrolle geschaffen; auch das gen zu hundert Prozent gerecht . ist richtig und sachgerecht . (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Der zentrale Bestandteil dieses Gesetzentwurfs ist, Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, da- dass wir in Zukunft einen sogenannten Ständigen Be- mit wird die parlamentarische Kontrolle, die ohnehin vollmächtigten schaffen wollen . Um auch hier allen schon gut ist, noch besser . Ich möchte damit auch deut- Unkenrufen zum Trotz sofort jegliche Spekulation zu lich dem Eindruck entgegentreten, der angesichts der beseitigen: Es geht nicht darum, dass wir hier einen Vorkommnisse der letzten Jahre entstanden ist; darauf Geheimdienstbeauftragten schaffen wollen, der als frei- wird im Nachgang mit Sicherheit noch hingewiesen wer- (B) es Radikal im Universum herumschwirrt . Der Ständige den . Wir haben schon eine sehr gute parlamentarische (D) Bevollmächtigte wird natürlich eng an das Parlamentari- Kontrolle in Deutschland . Aber auch da gilt der Grund- sche Kontrollgremium angebunden sein . Er ist weisungs- satz: Nichts ist so gut, als dass es nicht noch verbessert gebunden . werden könnte . (Dr . Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE Es bleibt dabei, dass an der uns von der Verfassung GRÜNEN]: Aber eigenständig?) zugeschriebenen wichtigen Bedeutung – Artikel 45d des Grundgesetzes – nicht gerüttelt wird . Das Parlamenta- Wir als Parlamentarisches Kontrollgremium geben mit rische Kontrollgremium behält seine zentrale Stellung, der Benennung dieses Ständigen Bevollmächtigten nichts wenn es darum geht, die drei Nachrichtendienste des aus der Hand . Ganz im Gegenteil: Wir geben vor, in wel- Bundes zu kontrollieren . chen Bahnen, in welchem Rahmen er sich bewegen soll und darf . Ich glaube, das ist richtig und auch zielführend . Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, da- rüber hinaus werden wir noch bestimmte Veränderungen Darüber hinaus ist es aus meiner Sicht wichtig, darauf vornehmen . So werden wir endlich konkrete Regelbei- hinzuweisen, dass der Ständige Bevollmächtigte keine spiele für die Unterrichtungspflicht der Bundesregierung zusätzlichen Befugnisse erhält . Er erhält keine Befugnis- schaffen . Wir konkretisieren die Vorgaben dahin gehend, se, die über das hinausgehen, was wir als Parlamentari- wann uns die Bundesregierung über sogenannte Vorgän- sches Kontrollgremium an Befugnissen haben . Auch dies ge von besonderer Bedeutung informieren muss . zu erwähnen, ist, glaube ich, wichtig . Es wird den Mitgliedern des Parlamentarischen Kon- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) trollgremiums ein jederzeitiges Zutrittsrecht zu den Lie- Die Aufgabe des Ständigen Bevollmächtigten ist es, genschaften der drei Nachrichtendienste eingeräumt – uns als PKGr zu unterstützen . Das ist seine Hauptaufga- natürlich nach vorheriger Anmeldung . be . Um das klarzumachen: Er soll uns natürlich auch ein Wir schaffen jetzt endlich auch eine klare Regelung Stück weit entlasten . Ich glaube, wir als Mitglieder des für den Vorsitz und für den stellvertretenden Vorsitz im PKGr müssen uns hier auch ehrlich machen . Jeder von PKGr. Ich finde es richtig, dass wir genauso verfahren uns hat noch vielfältige andere Aufgaben als Parlamen- wie alle Ausschüsse im Deutschen Bundestag: dass der tarier – hier im Bundestag, in Ausschüssen, in Arbeits- Vorsitz nicht jährlich wechselt, sondern dass der Vorsitz kreisen; jeder von uns ist auch im Wahlkreis gefordert . für die gesamte Legislaturperiode gewählt wird . Das Zeitbudget, das für die neun Mitglieder des Parla- mentarischen Kontrollgremiums für diese sehr wichtige Wir schaffen eine längst überfällige Regelung zur parlamentarische Aufgabe zur Verfügung steht, ist natur- Besserstellung der Hinweisgeber . Hinweisgeber sind Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18265

Stephan Mayer (Altötting) (A) in Zukunft nicht mehr verpflichtet, den Dienstweg ein- einer effektiveren, vor allem besseren parlamentarischen (C) zuhalten, sondern sie können sich mit ihren Hinweisen Kontrolle der Geheimdienste nicht einmal ansatzweise unmittelbar an das Parlamentarische Kontrollgremium gerecht – anders, als Sie es gerade, Kollege Mayer, be- wenden . hauptet haben . (Zuruf der Abg . Ulla Jelpke [DIE LINKE]) (Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU: Stimmt doch gar nicht!) Ein letzter zentraler Punkt ist, dass wir zukünftig ein- mal im Jahr eine öffentliche Anhörung durchführen – Wichtige Punkte fehlen, andere sollen zwar Eingang auch das ist eine Verbesserung –, nämlich eine Anhörung finden, werden jedoch nur halbherzig geregelt, und in ei- der Präsidenten der drei Nachrichtendienste des Bundes ner zentralen Frage wird das Parlamentarische Kontroll- nach amerikanischem Vorbild . Damit wird auch dem Ge- gremium eher geschwächt als gestärkt . Insofern ist der bot der Transparenz Rechnung getragen . Es gehört natür- vorliegende Entwurf schlicht enttäuschend . lich zur Wahrheit dazu, dass ein Parlamentarisches Kon- Eigentlich wollte ich die Koalition zumindest in ei- trollgremium sehr begrenzt ist in seinen Möglichkeiten, nem Punkt loben, etwas öffentlich zu machen, öffentlich zu tagen . Damit, dass wir in Zukunft einmal im Jahr öffentlich tagen und (Dr . Eva Högl [SPD]: Das tun Sie ruhig!) die Präsidenten der drei Nachrichtendienste anhören, weil – wie von der Linken seit langem gefordert – es den zeigen wir, glaube ich, dass wir dem Transparenzgebot PKGr-Mitgliedern ermöglicht werden sollte, zumindest Rechnung tragen . den eigenen Fraktionsvorsitzenden über wichtige The- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) men aus dem Gremium zu informieren . Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE komme zum Schluss . Ich möchte noch einmal deutlich GRÜNEN]: Das stand auch darin!) betonen, dass die Nachrichtendienste in Deutschland Denn ich sitze ja schließlich nicht als Privatperson dort, hohe Bedeutung haben, dass sie besser sind als ihr Ruf, sondern als Vertreter meiner Fraktion . dass es falsch ist, hier ein grundlegendes Misstrauen ge- genüber den Nachrichtendiensten zum Ausdruck zu brin- (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Als Vertre- gen . Es gab in den letzten Jahren Verfehlungen, es gab ter des Parlaments sitzen Sie dort, nicht als individuelles Versagen von Mitarbeitern, aber ich möchte Vertreter der Fraktion!) wirklich dem Eindruck entgegentreten, dass hier ein ge- In einer dankenswerterweise von netzpolitik org. geleak- nerelles Misstrauen angebracht ist . Das Gegenteil ist der ten Arbeitsfassung der Vorlage der Koalition war auch Fall . Die über 10 000 Mitarbeiter in den drei Nachrich- (B) genau das enthalten. Im Gesetzentwurf findet sich jetzt (D) tendiensten des Bundes leisten hervorragende Arbeit für dazu kein Wort mehr . die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in Deutsch- land und im Ausland . (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Rausgestrichen!) Vizepräsidentin Petra Pau: Nach allem, was mir bekannt geworden ist, hat sich vor Herr Kollege Mayer, ich muss jetzt die Interessen des allem Unionsfraktionschef Kauder gegen eine solche Re- Kollegen Schuster vertreten . Sie reden auf seine Kosten . gelung gesperrt, und die SPD ist wieder einmal einge- knickt . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU): Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Sozialde- Das möchte ich natürlich beileibe nicht . Deswegen, mokraten, so werden Sie aus dem Jammertal von 20 Pro- Frau Präsidentin, komme ich zum Schluss meiner Rede . zent plus X mit Sicherheit nicht herauskommen . Ich wünsche uns konstruktive und sachliche Beratun- Eine öffentliche Anhörung der Chefs der drei deut- gen dieses Gesetzentwurfs und freue mich schon auf eine schen Geheimdienste im PKGr fordert auch die Linke in dann hoffentlich im Herbst stattfindende Beschlussfas- ihrem Gesetzentwurf . Ob diese nun einmal oder zweimal sung über diesen notwendigen Gesetzentwurf . im Jahr stattfindet, ist für uns eher zweitrangig. Wir wol- len in diesen Fragen grundsätzlich mehr Öffentlichkeit . Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit . (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg . (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Vizepräsidentin Petra Pau: Dass sich die Mitarbeiter der Dienste künftig bei Das Wort hat der Kollege Dr .André Hahn für die Missständen oder Problemen auch ohne Unterrichtung Fraktion Die Linke . ihrer Vorgesetzten an das PKGr wenden können, ist (Beifall bei der LINKEN) grundsätzlich zu begrüßen . Wenn deren Name im Zwei- fel dann aber doch wieder der Bundesregierung bekannt Dr. André Hahn (DIE LINKE): gegeben werden kann, ist das mit Sicherheit kein wirksa- mer Whistleblower-Schutz . Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich für die Linke gleich zu Beginn feststellen: Der (Beifall bei der LINKEN – Hans-Christian Gesetzentwurf der Koalition wird dem postulierten Ziel Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ge- 18266 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Dr. André Hahn (A) nau! – Clemens Binninger [CDU/CSU]: Wenn er wohl den Nagel auf den Kopf getroffen, und genau da- (C) es zur Untersuchung notwendig ist!) raus resultiert unsere grundsätzliche Skepsis gegenüber Geheimdiensten . Eigentlich selbstverständlich, Kollege Binninger, ist es, dass das PKGr von ihm in Auftrag gegebene Sach- (Beifall bei der LINKEN) verständigengutachten an andere Gremien des Bundesta- Meine Damen und Herren, solange es für die Über- ges und auch an Untersuchungsausschüsse der Landtage windung dieser Skepsis aber keine parlamentarische weitergeben kann . Hier wird eine bislang vorhandene Mehrheit gibt, müssen wir wenigstens versuchen, die Regelungslücke geschlossen . Geheimdienste halbwegs vernünftig zu kontrollieren . Völlig in die falsche Richtung geht aber die geplante Der vorliegende Gesetzentwurf der Koalition leistet dazu Schaffung eines Ständigen Bevollmächtigten des PKGr . keinen Beitrag . Der Antrag der Grünen enthält wie unser Diese Stelle, samt Personal- und Sachkosten, kostet Mil- Gesetzentwurf aus dem Jahr 2015 eine Reihe sinnvoller lionen und bringt wenig bis gar nichts . Punkte . Ich freue mich auf die Ausschussberatung . (Burkhard Lischka [SPD]: Woher wissen Sie Herzlichen Dank . das denn?) (Beifall bei der LINKEN) Vielmehr besteht die ernsthafte Gefahr, dass besonders sensible Vorgänge und Akten künftig allein dem Bevoll- Vizepräsidentin Petra Pau: mächtigten vorgelegt werden und nicht mehr den gewähl- Das Wort hat der Kollege Uli Grötsch für die ten Abgeordneten . Damit würde die parlamentarische SPD-Fraktion . Kontrolle nicht unterstützt, sondern letztlich ausgehebelt . (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der LINKEN – Burkhard Lischka [SPD]: Steht im Gesetz!) Uli Grötsch (SPD): Schließlich fehlen wichtige Punkte: eine Stellvertre- Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! terregelung für die Mitglieder des PKGr, die Schaffung Wenn ich jetzt jemanden draußen auf der Straße oder der Möglichkeit zur Einsicht in die elektronischen Daten oben auf den Besuchertribünen fragen würde, was das und Netzwerke der Dienste – nach holländischem Vor- Parlamentarische Kontrollgremium eigentlich ist, würde bild – oder auch die Anfertigung eines Tonbandmitschnit- ich als Antwort höchstwahrscheinlich nur ein Achselzu- tes der gesamten Sitzung des PKGr, um später bei Bedarf cken bekommen . Das wollen wir ändern . Wir wollen, die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben der Ver- dass die Menschen von der Arbeit des PKGr erfahren . treter von Bundesregierung bzw . Geheimdiensten prüfen (B) zu können . (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE (D) GRÜNEN]: Ja!) (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) Deshalb wird es jährlich öffentliche Anhörungen geben, in denen die Präsidenten der Nachrichtendienste dem Nach dem Willen von CDU/CSU und SPD gibt es trotz Gremium Rede und Antwort stehen müssen . erdrückender Mehrheit im Parlament keine Stärkung der Minderheitsrechte im Kontrollgremium . Im Gegenteil – (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE wir haben das ja eben von Herrn Mayer gehört –, offen- GRÜNEN]: Das wird veröffentlicht!) bar soll nun eines der ganz wenigen originären und in der Beim Bundesnachrichtendienst arbeiten mehr als Geschäftsordnung verankerten Rechte der Opposition, 6 000 Personen, nämlich dass der Vorsitz im PKGr jährlich zwischen der stärksten regierungstragenden Fraktion und der größten (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE Oppositionsfraktion wechselt, sogar noch in der laufen- GRÜNEN]: Auf die Hälfte kürzen!) den Wahlperiode abgeschafft werden . Meine Damen und beim Bundesamt für Verfassungsschutz bald 3 000 und Herren, es wäre schlicht unanständig, wenn das umge- beim Militärischen Abschirmdienst mehr als 1 000 Men- setzt würde, was Herr Mayer hier angekündigt hat . schen . Das sind zusammen mehr als 10 000 Männer und (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- Frauen, denen neun Bundestagsabgeordnete gegenüber- NIS 90/DIE GRÜNEN) stehen, die wiederum diese 10 000 kontrollieren sollen . Dass das nicht möglich ist, haben wir im letzten Sommer Wenn die Neuregelung in Artikel 3 des Gesetzentwurfs im Zusammenhang mit den BND-eigenen Selektoren so nicht gemeint sein sollte, dann wäre es gut, wenn das leidlich gesehen . heute noch klargestellt wird . Wir als SPD sind mehr als unzufrieden mit der jetzigen Natürlich muss das PKGr nicht nur über abgeschlos- Situation . So kann es nicht weitergehen . Insofern bin ich sene, sondern auch über laufende und geplante Aktivitä- froh, dass wir auf unsere Initiative hin dieses Gesetz auf ten der Geheimdienste unterrichtet werden, wie wir es den Weg gebracht haben . Eine der wohl wichtigsten Fort- seit langem fordern. Zu diesem zentralen Punkt findet entwicklungen durch dieses Gesetz ist, dass das PKGr sich kein einziges Wort im Gesetzentwurf der Koalition . künftig durch den sogenannten Ständigen Bevollmäch- Der neue BND-Präsident Kahl hat bei seiner Amtsein- tigten, einen nur dem PKGr unterstellten Experten, unter- führung folgenden Satz gesagt: „Geheimer Nachrichten- stützt wird . Dieser verlängerte Arm des Kontrollgremi- dienst und totale Transparenz schließen sich aus .“ Da hat ums wird die Nachrichtendienste mit seinem personellen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18267

Uli Grötsch (A) Unterbau auf eine Art und Weise kontrollieren können, Vielen Dank . (C) wie es uns Abgeordneten bisher so nicht möglich ist . Im Gegensatz zu uns Abgeordneten, die noch einen Wahl- (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Ulla kreis zu betreuen und neben der Tätigkeit im PKGr auch Jelpke [DIE LINKE]: Die Rede eines Träu- noch andere Aufgaben und Verpflichtungen in Berlin ha- mers! – Dr .Konstantin von Notz [BÜND- ben, ist der Ständige Bevollmächtigte ausschließlich mit NIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu schön, um wahr der parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste zu sein!) befasst . Durch die durch dieses Gesetz neu geschaffenen Strukturen werden wir zukünftig also immer im Bilde Vizepräsidentin Petra Pau: sein und schon frühzeitig als Gesetzgeber eingreifen kön- Das Wort hat der Kollege Hans-Christian Ströbele für nen, wenn wir es für notwendig halten . Bisher war es so, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen . dass wir den Knall immer erst dann gehört haben, wenn die Bombe in den Medien schon längst explodiert ist . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Dr . Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE NEN): GRÜNEN]: Nicht so ein schönes Bild!) Danke, Frau Präsidentin .– Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich sehe das Ganze als einen Strategiewech- Ein weiterer und der vielleicht für die Dienste und sel, Herr Mayer . Das muss ich Ihnen leider einmal sagen . auch für uns als Parlament wichtigste Aspekt dieses Ge- setzes ist meiner Meinung nach ein anderer: Wir wollen Die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen die Dienste aus der Grauzone holen . Wir wollen, dass die haben offenbar die Nase voll von den ständigen Diskus- Bürgerinnen und Bürger den Nachrichtendiensten wie- sionen und den Veröffentlichungen von Fehlern, Fehlent- der vollends vertrauen können und nicht immer nur von wicklungen und Skandalen . Nun legen sie mitten in der skandalösen Vorgängen hören, sondern eben auch davon, Arbeit des parlamentarischen Untersuchungsausschusses welch enormen Beitrag die Nachrichtendienste für die und des PKGr zwei Gesetzeswerke vor: das eine ist das Sicherheit unseres Landes leisten . BND-Gesetz, über das wir anschließend beraten, und das andere ist die Änderung des PKGr-Gesetzes . (Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Die Chance ha- ben Sie verpasst!) (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Der Ge- setzentwurf ist von uns, nicht von der Bundes- Ich weiß aus Besuchen beim Bundesnachrichten- regierung!) dienst, wie verunsichert dort viele Mitarbeiterinnen und – Ja, dass Sie als Koalitionsfraktion mit der Bundesregie- Mitarbeiter sind, weil die oftmals über Jahre gutgeheiße- rung etwas zu tun haben, unterstelle ich einmal . (B) ne Arbeitsweise von Teilen der Politik jetzt infrage ge- (D) stellt oder kritisiert wird . Ich bin mir sehr sicher, dass es Sie sagen: Wir müssen in die Zukunft schauen . Wir auch im Interesse der Dienste ist, wenn ihre Arbeit von müssen sehen, dass so etwas nie wieder passiert . Wir einer effizienten parlamentarischen Kontrolle begleitet müssen das alles viel besser kontrollieren . wird . „Begleitet“ sage ich sehr bewusst . Ich glaube näm- lich nicht, dass die parlamentarische Kontrolle der Nach- (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Das sehen richtendienste dazu dient, die Arbeit der Dienste ständig Sie doch auch so!) infrage zu stellen oder gar zu skandalisieren . Wenn man diesen Maßstab anlegt an das, was Sie vor- gelegt haben, dann sieht man ein: Es wird das mitnichten (Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Für Skandale erfüllt, Ihr Vorschlag zur Stärkung des PKGr ist mager; sorgen die schon selbst!) es ist völlig unzureichend, weil Sie ganz wesentliche Kri- Bereits mit der letzten Reform 2009 wurde ein eigenes tik an der bisherigen Arbeit des PKGr – dies richtet sich Referat errichtet, das dem PKGr zuarbeitet . Wir haben in nicht gegen das PKGr selber, sondern gegen die, die das Aufarbeitung der BND-eigenen Erfassung eindrucksvoll PKGr informieren, nämlich die Bundesregierung und die gemerkt, wie wichtig und sinnvoll ein stark aufgestellter Dienste – völlig außen vor lassen . Mitarbeiterstab in der parlamentarischen Kontrolle ist . (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Nein!) Mit der jetzigen Reform bauen wir das Referat personell nochmals aus . Ich bin froh, dass bereits im Haushalts- Es kann nicht sein, dass Sie in dieses Gesetz eine Rei- plan 2016 die ersten Stellen dafür vorgesehen sind . he von Punkten schreiben, die schon lange Praxis sind, wie das Umlaufverfahren oder dass sich das PKGr mit ei- (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) nem Vorgang als Vorgang von besonderer Bedeutung nur beschäftigen muss, wenn es in der Zeitung steht, wenn Ich will auch noch auf den eben schon zitierten Satz es also in den Medien diskutiert wird oder wenn es zum des BND-Präsidenten Kahl eingehen . Ich glaube näm- politischen Skandal geworden ist . Das ist selbstverständ- lich, dass er im Grunde schon Recht hat, wenn er sagt, liche Praxis . Das muss man dort nicht hineinschreiben . dass sich Geheimdienste und totale Transparenz aus- Denn es werden ja sicherlich Anträge gestellt werden, in schließen . Mit diesem Gesetz aber schaffen wir so et- denen das alles steht . was wie die Quadratur des Kreises, liebe Kolleginnen und Kollegen, nämlich bei unseren Nachrichtendiensten (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – mehr Transparenz und gleichzeitig mehr Effizienz der Clemens Binninger [CDU/CSU]: Sie wollen parlamentarischen Kontrolle unserer Nachrichtendienste . doch die Definition haben!) 18268 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Hans-Christian Ströbele (A) Das Einzige, das nach der langen Diskussion über ei- aus? Da wurde gesagt: Die Frage ist schon eine Unver- (C) nen Geheimdienstbeauftragten wirklich neu ist, ist, dass schämtheit; Sie das Amt eines Ständigen Bevollmächtigten einrich- ten wollen . Hier teile ich die Befürchtung – wir können (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- sehen, wie es wird – des Kollegen Hahn . Es ist ein von SES 90/DIE GRÜNEN) den Koalitionsfraktionen installierter Bevollmächtigter . um Freunde kümmern wir uns da nicht .– Die Kanzlerin Sie wählen ihn ja, weil Sie die große Mehrheit haben . hat dann ja noch einen draufgesetzt und gesagt: „Ausspä- Das wird immer so sein . Die Koalitionsfraktionen wer- hen unter Freunden – das geht gar nicht “. Das war die den diesen Bevollmächtigten immer wählen können . Situation . (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Ja, das ent- (Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE scheidet aber der Wähler, ob wir die Mehrheit GRÜNEN]: Ungeheuerlich!) haben!) Und jetzt? Machen Sie irgendetwas, was in Zukunft – Ja .– Jetzt stellt sich die Frage: Wie unabhängig ist dazu führen kann, dass die Auskünfte richtig sind? Geben er? Sie geben ihm eine Unabhängigkeit auch gegen- Sie dem Parlamentarischen Kontrollgremium irgendeine über dem Kontrollgremium . Sie geben ihm eine eigene Möglichkeit der Sanktion, wenn es belogen wird? Wenn Legitimation dadurch, dass er in einem besonderen Akt ich belogen werde, möchte ich das der Öffentlichkeit vom Bundestagspräsidenten ernannt wird . Sie geben ihm mitteilen können, Eigenständigkeit . Sie geben ihm auch die Oberhoheit (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN über das jetzt noch stellenmäßig auszuweitende Perso- und bei der LINKEN) nal . – Wir wollen auch mehr Personal . – Er bekommt eine ungeheuer starke Stellung . Es besteht die Gefahr, möchte ich sagen können: So geht das nicht, so geht man dass die Bundesregierung und die Dienste mit ihm sehr mit einem Parlamentarier nicht um, so geht man mit dem eng zusammenarbeiten . Er bekommt Informationen, die ganzen Parlament nicht um . wir aber nicht bekommen, weil wir nicht an die Akten (Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE herankommen . Das heißt, das ist auch keine bedeuten- GRÜNEN]: Genauso ist es!) de Verbesserung . Vielmehr haben wir es auch noch mit einer Verschlimmbesserung zu tun, wonach in Zukunft In diesem Bereich machen Sie null, machen Sie über- der Vorsitzende nicht mehr aus der Opposition kommen haupt nichts . Deshalb wird es die parlamentarische Kon- kann . Es war ein echter Fortschritt – das hat sich meiner trolle der Geheimdienste leider auch in Zukunft unge- Ansicht nach genauso bewährt wie die übrige Arbeit –, heuer schwer haben . Ich weiß nicht, ob wir da überhaupt (B) weiterkommen . Solange es keine Sanktionsmöglichkei- (D) (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Wo steht ten gibt – wie etwa die Möglichkeit einer Meldung nach das denn? – Gegenruf des Abg . Dr .André außen in Form einer Presseerklärung oder einer Mit- Hahn [DIE LINKE]: Das hat Herr Mayer ge- teilung des Gremiums, dass man belogen worden ist –, sagt!) kommen wir nicht weiter .

dass das jedes Jahr gewechselt hat und dass auch die Op- Dazu gehört die Forderung, die der Kollege Hahn position an der Reihe war . Das war gut und richtig – ob- schon gestellt hat und die ich seit zehn Jahren vor mir wohl ich da leider nie in den Genuss gekommen bin, weil hertrage: Um beweisen zu können, dass die Unwahrheit die Mehrheitsverhältnisse anders waren . gesagt worden ist, brauchen wir das Protokoll, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) sowie bei Abgeordneten der LINKEN) brauchen wir ein Tonbandprotokoll, um es festzustellen . Jetzt sage ich Ihnen, was der entscheidende Fehler ist . Denn heute wissen wir, dass auch der Bundesnachrich- Der entscheidende Fehler ist, dass Sie überhaupt nicht be- tendienst tausendfach Freunde und Partner ausgespäht rücksichtigen, dass die parlamentarische Kontrolle daran hat – in Europa, in NATO-Ländern, überall . Wir werden scheitert, dass das Gremium hintergangen wird, falsch in- dazu noch einen Bericht veröffentlichen . Das, was gesagt formiert wird, unvollständig informiert wird und belogen wurde, war also falsch . wird . Liebe Kollegen von der Union und der SPD, ich erinnere mich an die Bilder aus dem Sommer 2013 – zum Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Teil waren Sie dabei –, nach den Veröffentlichungen von Edward Snowden . Da saßen – wie eine Ansammlung von Herr Kollege Ströbele, denken Sie an Ihre Redezeit . Menschen aus dem Tal der Ahnungslosen – Vertreter der Bundesregierung und der Dienste und haben Auskunft zu Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- der Frage gegeben, NEN): Entschuldigung . Letzter Satz . (Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: „Tal der Ahnungslosen“ ist gut!) Wir müssen die Möglichkeit haben, uns das, was bei- spielsweise im Sommer 2013 gesagt worden ist, auf dem die die ganze Republik beschäftigte: Machen Deutsche Tonband anzuhören, damit wir sagen können: Was hatte auch so etwas, spionieren sie auch befreundete Länder das mit der Wirklichkeit zu tun, was hatte das mit der Re- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18269

Hans-Christian Ströbele (A) alität zu tun? Ihr habt uns etwas verschwiegen, ihr habt – „Vorgeschlagen“? Das spielt doch keine Rolle .– Die- (C) uns ausdrücklich belogen, und so geht das nicht . – ses Gremium hat eine besondere Stellung und ist deshalb in der Verfassung genannt, in Artikel 45d . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) (Beifall der Abg . Dr .Eva Högl [SPD]) Alle, egal wie stark ihre Fraktion ist, können nur dann Solange Sie nicht mit uns daran weiterarbeiten, macht die Mitglied dieses Gremiums werden, wenn sie mit Kanz- ganze Arbeit an der Reform des Parlamentarischen Kon- lermehrheit in geheimer Wahl vom gesamten Plenum ge- trollgremiums nur wenig Sinn . wählt sind . Das heißt, Sie sind mindestens mit 250 Stim- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN men der anderen Fraktionen gewählt worden . Sie dürfen sowie des Abg . Dr .André Hahn [DIE LIN- also nicht behaupten, Sie seien von Ihrer Fraktion ent­ KE]) sandt worden . Wir haben eine andere Stellung . Wir ver- treten das gesamte Haus .

Vizepräsidentin Ulla Schmidt: (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Vielen Dank . – Nächster Redner ist für die CDU/ Deshalb haben wir dieses Wahlprinzip . Sie sollten da- CSU-Fraktion der Kollege Clemens Binninger . rüber nachdenken, dann merken Sie, dass Ihre Kritik an dieser Stelle unberechtigt ist . (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Jetzt zu Ihnen, Herr Kollege Ströbele . Ich habe den Antrag der Grünen gelesen . Clemens Binninger (CDU/CSU): (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! GRÜNEN]: Wirklich?) Ich will vorneweg kurz auf die Reden der Oppositions- – Ja, wirklich . – Ich war ein bisschen verwundert, dass kollegen eingehen, die alle – wie auch ich als Vorsitzen- gerade Sie kritisieren, dass wir das Amt eines Ständi- der – dem Parlamentarischen Kontrollgremium angehö- gen Bevollmächtigten – man könnte sagen: einen stän- ren . digen Arbeitsstab – zur wirksamen Entlastung schaffen Kollege Hahn, Sie haben sich darüber echauffiert, wollen – derzeit haben wir nur ein Sekretariat, das diese dass jetzt eine Regelung im Gesetzentwurf enthalten ist, Aufgabe kaum erfüllen kann –; denn auf Seite 4 Ihres die vorsieht, dass der Vorsitzende des Gremiums und sein Antrages schlagen Sie doch genau das vor . Stellvertreter zukünftig für die ganze Legislatur gewählt (Dr . Eva Högl [SPD]: Ja!) (B) werden . Es steht nirgends, aus welcher Fraktion der Vor- (D) sitzende kommt . Sind Sie mit der Position der Grünen nicht einverstan- den, oder wie soll ich Ihren Beitrag verstehen? (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Hans-Christian Ströbele [BÜND- der SPD) NIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja!) Wir machen nicht alles, was in Ihrem Antrag steht, Bitte unterstellen Sie uns an dieser Stelle nicht, wir wür- aber lassen Sie mich eines deutlich machen: Ich will – da den die Möglichkeiten der Opposition beschneiden . unterscheiden wir uns bestimmt; das sage ich auch zu den Kollegen der Linken –, dass wir die Dienste konsequent (Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE und nachhaltig, aber auch objektiv und seriös kontrollie- GRÜNEN]: Den Beweis können wir sofort ren . Was ich nicht will, ist, dass wir jede Aufgabe mit antreten, Herr Binninger! – Dr .André Hahn einem permanenten Misstrauen, mit einem permanenten [DIE LINKE]: Wir haben die Geschäftsord- Skandalton auf den Lippen angehen . Nicht durch jede nung!) Kontrolle muss unbedingt ein Fehler gefunden werden, – Es scheint Sie ja zu treffen, wenn die Erregung so groß und nicht jeder Fehler ist ein Skandal . ist . (Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Es gibt so viele Skandale!) Dann haben Sie zum Recht der Information gegenüber den Fraktionsvorsitzenden gesagt, Sie seien von Ihrer Wir sind hier nicht der Skandaldurchlauferhitzer, wenn Fraktion in dieses Gremium entsandt worden, deshalb es um die Dienste geht . Wir kritisieren dort, wo es an- müssten Sie Ihre Fraktionsvorsitzenden – bei Ihnen sind gebracht ist, aber wir stellen uns auch vor die Dienste . es ja zwei – informieren . Genau das muss Sinn und Zweck eines solchen Gremi- ums sein . (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!) (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Sie sind das dienstälteste Mitglied, Herr Ströbele, Das stimmt nicht . Sie sind nicht von Ihrer Fraktion ent- dann komme, glaube ich, schon ich; so schnell kann es sandt worden . gehen . (Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Aber vor- (Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNIS- geschlagen worden!) SES 90/DIE GRÜNEN) 18270 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Clemens Binninger (A) Wir haben im Zuge der letzten Reform 2009 folgende Das halte ich für eine absolut überzeugende Regelung: (C) Instrumente an die Hand bekommen: Wir dürfen die Nachrichtendienste aufsuchen, wir dürfen die Mitarbei- (Beifall bei der SPD) ter befragen, wir dürfen uns Akten vorlegen lassen, wir zunächst Schutz für die Whistleblower, aber wenn es not- dürfen einen Ermittlungsbeauftragten einsetzen, und die wendig ist, um den Sachverhalt aufzuklären, dann muss Regierung muss uns informieren . Das sind unsere fünf auch jemand zu seiner Kritik stehen können . wesentlichen Befugnisse . Wenn man nüchtern bilanziert, welche Befugnisse angewendet werden, dann müssen (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Sehr eigentlich alle zugeben: Wir wenden sie kaum an – Sie richtig!) nicht, ich nicht, keines der Mitglieder; denn uns fehlt ein- Das ist genau der richtige Maßstab, den wir hier gefun- fach die Zeit . den haben . Wir hatten uns ein Arbeitsprogramm, das sieben Wir wurden bisher rechtlich daran gehindert – Kollege Aufträge enthält, gegeben, um zu zeigen, dass wir auch Hahn, das wissen Sie doch selber, Sie waren letztes Jahr vor Ort sein können . Das Arbeitsprogramm galt für Vorsitzender –, unsere Ergebnisse durch Ermittlungs- 2014/2015, jetzt haben wir Mitte 2016, aber es ist noch beauftragte zum Beispiel dem NSA-Untersuchungsaus- nicht abgearbeitet, weil wir eben viele andere Aufgaben schuss oder den Landtagsuntersuchungsausschüssen zur haben . Verfügung zu stellen . Das ging einfach nicht . Wir greifen (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE diesen Mangel in dem vorliegenden Gesetzentwurf auf GRÜNEN]: Einer fehlt noch!) und sagen: Parlamentarische Untersuchungsausschüs- se und vergleichbare Kontrollgremien dürfen zukünftig – Ihr Arbeitsauftrag fehlt, glaube ich, auch noch . entsprechende Berichte erhalten . Dadurch sorgen wir für eine Verzahnung zwischen den Parlamenten und den Par- (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE lamentsgremien . GRÜNEN]: Weil die Akten nicht gekommen sind!) Ich halte das alles für sehr gute und sinnvolle Lösun- gen . Diesen Grundmangel zu beheben, finde ich völlig richtig . Dafür brauchen wir eine vernünftige Personal- (Beifall des Abg . Christian Flisek [SPD]) ausstattung . Wir brauchen jemanden, der uns koordinie- Ich kann Sie nur ermuntern, unser Gesetzesvorhaben zu rend zur Seite steht . Dann können wir eine gute, seriöse unterstützen . Wir sind auf einem sehr guten Weg hin zu Kontrolle gewährleisten . einer sehr guten parlamentarischen Kontrolle der Diens- (B) Wir machen noch mehr; auch das betrifft Punkte, die te . (D) Sie gefordert haben . Wenn es um öffentliche Elemente Vielen Dank . geht, soll das Gremium nicht nur im Geheimen tagen . Jetzt wissen wir alle: Nachrichtendienste sind mit sehr (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) sensiblen Aufgaben betraut, da muss Geheimhaltung sein . Aber wir haben genau das Element eingeführt, das Vizepräsidentin Ulla Schmidt: gerade von Ihnen, Herr Ströbele, immer gefordert wurde: Vielen Dank . – Als Nächste hat die Kollegin Gabriele Einmal im Jahr, wie in den USA, wird eine öffentliche Fograscher, SPD-Fraktion, das Wort . Anhörung der Präsidenten der Nachrichtendienste des Bundes durchgeführt . (Beifall bei der SPD sowie des Abg . Armin Schuster [Weil am Rhein] [CDU/CSU]) (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist gut!) Gabriele Fograscher (SPD): Das ist auch im Gesetzentwurf enthalten . Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! In der Vergangenheit war es so, dass Beschäftigte der Eigentlich sollten die Nachrichtendienste des Bundes Dienste, die sich an uns wenden wollten, vorher ihren ihre Arbeit geräuschlos im Verborgenen, im Geheimen Präsidenten darüber informieren mussten . Das haben wir leisten . Sie geraten in letzter Zeit aber auffällig oft und jetzt gestrichen . negativ in die Schlagzeilen und damit in die öffentliche und in die politische Diskussion . So war in der letzten (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Zeit im Zusammenhang mit dem NSU zu lesen: „Kollek- tiv versagt“, oder auch: „Fall ‚Corelli‘ bringt Maaßen in Sie können sich nun direkt an uns wenden . Bedrängnis“ . Und im Zusammenhang mit der NSA war (Dr .André Hahn [DIE LINKE]: Ja, aber die zu lesen: „BND soll deutschen Diplomaten ausspioniert Namen werden trotzdem herausgegeben!) haben“, und: „Jetzt sogar 3 600 BND-Selektoren gegen Freunde“ . Auch wenn der Kollege Grosse-Brömer noch – Moment, die Namen werden nur dann genannt – da- im Dezember 2013 in der Welt erklärte, zusätzliche Be- mit wollen wir falschen Anschuldigungen vorbeugen –, fugnisse brauche das Kontrollgremium nicht, wenn sie zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlich sind, nur dann . (Dr .Eva Högl [SPD]: Hört! Hört! – Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE (Dr . Eva Högl [SPD]: Das ist entscheidend!) GRÜNEN]: Hört! Hört! – Michael Grosse- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18271

Gabriele Fograscher (A) Brömer [CDU/CSU]: Was? Ich habe doch Sollte das aber doch der Fall sein, so darf der Hinweis- (C) selbst daran mitgearbeitet!) geber wegen seiner Informationen an das PKGr nicht be- nachteiligt oder einer Strafverfolgung ausgesetzt werden . so haben doch die letzten Jahre mehr als deutlich gezeigt, Diese Neuregelung soll Hinweisgeber ermutigen, das dass mehr Kontrollmöglichkeiten dringend notwendig PKGr über interne Missstände zu unterrichten . sind . Bereits 2009 wurde die Kontrolle der Nachrichten- Eine weitere Neuerung ist die jährliche öffentliche dienste neu geordnet . Das PKGr wurde gesetzlich mit Anhörung der Präsidenten der Dienste . Diese Anhörun- mehr Kontrollmöglichkeiten ausgestattet . So muss zum gen gibt es bereits in den USA und in Großbritannien . Sie Beispiel das Gremium jederzeit Zutritt zu den Dienststel- haben sich dort bewährt . Damit kann man mehr Transpa- len erhalten, darf Akten und Dateien einsehen und Aus- renz und auch mehr Verständnis für die Arbeit der Diens- künfte einholen . Das haben wir genutzt, wenn auch viel- te in der Öffentlichkeit schaffen . Ich begrüße es, wenn leicht zu wenig, Herr Kollege Binninger . Wir haben zum die Arbeit des PKGr mal aus den Kellerräumen des Bun- Beispiel für den Fall „Corelli“ einen Sonderbeauftragten destages herauskommt . eingesetzt . Wir haben die Möglichkeit genutzt, eigene Untersuchungen durchzuführen . Die Ergebnisse der Un- Zudem regelt der Gesetzentwurf Details zu Vorsitz tersuchung der BND-eigenen Steuerung werden wir mit und stellvertretendem Vorsitz, zu Zutrittsrechten der einer Bewertung in Kürze der Öffentlichkeit vorstellen . Mitglieder und des Beauftragten sowie hinsichtlich einer besseren Zusammenarbeit der Kontrollgremien unterei- nander . Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Funktionierende und effektive Nachrichtendienste Kollegen Ströbele? sind für die Sicherheit Deutscher im In- und Ausland un- verzichtbar . Gerade in der jetzigen Sicherheitslage leis- Gabriele Fograscher (SPD): ten die Dienste wichtige Arbeit . Dafür ist es notwendig, dass die Dienste zusammenarbeiten, ihre Erkenntnisse Nein, ich will fortfahren .– Das jahrelange Nichter- austauschen . Dabei dürfen sie sich weder in rechtsfreien kennen der Morde und Verbrechen des Nationalsozialis- Räumen noch in Grauzonen bewegen . Es muss klar sein, tischen Untergrunds ist in zwei Untersuchungsausschüs- was die Dienste dürfen und was nicht . Klar sein muss sen des Bundes und in Untersuchungsausschüssen der auch, dass ihre Arbeit effektiv kontrolliert wird . Deshalb Länder untersucht worden. Diese haben erhebliche Defi- gehören das PKGr-Gesetz und das gleich noch zu disku- zite in den Diensten und bei deren Zusammenarbeit auf- tierende BND-Gesetz zusammen . gezeigt . Deshalb hat der NSU-Untersuchungsausschuss (B) (D) der 17 .W ahlperiode die Stärkung einer systematischen Einige Vorschläge im Antrag der Grünen sind auch in und strukturellen Kontrolle gefordert . Dafür bedürfe es unserem Gesetzentwurf zu finden. Aber uns geht der An- einer ausreichenden und professionellen Personal- und trag der Grünen zu weit . Transparenz ist wichtig, aber sie Sachausstattung . darf nicht auf Kosten der Arbeitsfähigkeit gehen . Diesen Forderungen des NSU-Untersuchungsaus- schusses und unserem eigenen Anspruch bezüglich einer Der am Mittwoch in sein Amt eingeführte neue effektiven Kontrolle wollen wir mit diesem Gesetzent- BND-Präsident Kahl betonte, dass er den begonnenen wurf nachkommen . Wir werden das Amt einer oder eines Kurs der Transparenz fortsetzen wolle . Er fügte hinzu: Ständigen Bevollmächtigten schaffen . Mit einem Mitar- Geheime Nachrichtendienste und totale Transparenz beiterstab soll er oder sie für eine kontinuierliche, syste- schließen sich aus . – Ich sage: So viel Geheimhaltung matische und strukturelle Kontrolle der Dienste sorgen wie nötig, so viel Transparenz wie möglich . und das PKGr bei seiner Arbeit unterstützen . Wichtig ist mir auch, dass die Regelung zu Whistle- Vizepräsidentin Ulla Schmidt: blowern, also Hinweisgebern, neu gefasst wird . Hinweis- Sie denken aber auch an die Zeit? geber aus den Diensten selbst sind sehr wichtig; denn sie können auf interne Missstände hinweisen . Bisher gab es nur wenige Informationen aus den Diensten selbst . Das Gabriele Fograscher (SPD): liegt auch daran, dass bisher Hinweisgeber, die Informa- Letzter Satz .– Ich wünsche dem neuen BND-Prä- tionen an das PKGr geben, gleichzeitig die Leitung des sidenten viel Erfolg in seinem Amt und hoffe auf gute Dienstes darüber in Kenntnis setzen müssen . Hinweis- Zusammenarbeit . Ich freue mich auf gute Beratungen im geber mussten mit negativen Folgen rechnen . Das än- Ausschuss nach der Sommerpause . dern wir jetzt . Hinweisgeber sollen sich künftig an das Kontrollgremium wenden können, ohne die Leitung des Danke schön . Dienstes oder einen Vorgesetzten informieren zu müssen . Bei der weiteren Behandlung der Eingabe wird der Name (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) des Hinweisgebers nicht genannt, weder der Regierung noch den Diensten gegenüber . Eine Nennung des Infor-

manten wäre nur dann notwendig, wenn das zur Aufklä- Vizepräsidentin Ulla Schmidt: rung des Sachverhalts zwingend erforderlich wäre . Eine Vielen Dank .– Kollege Ströbele hat um die Gelegen- solche Konstellation halte ich für eher unwahrscheinlich . heit zu einer Kurzintervention gebeten . 18272 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

(A) Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Das tun wir auch regelmäßig . Ich weiß gar nicht, was Sie (C) NEN): hier für Behauptungen aufstellen . Danke, Frau Präsidentin, dass Sie es möglich gemacht (Beifall bei der CDU/CSU – Dr .Konstantin haben . von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich wollte nur an etwas erinnern .– Herr Grosse- Regelmäßig?) Brömer ist auch wieder hier . Das gehört wahrscheinlich zur Mystifizierung. (Dr . Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE Meine Damen und Herren, wir leben zum Glück nicht GRÜNEN]: Er war flüchtig!) in Zeiten von Krieg in Europa . Wir leben aber in Zei- ten von Krieg im Rest der Welt, in Zeiten von Terror, Am Ende der letzten Legislaturperiode wurde ein Papier von fürchterlichem Terror, und deshalb hat Deutschland vorgelegt, an dem auch Grosse-Brömer mitgearbeitet Gegner, vielleicht sogar Feinde . Wenn man zu diesem hat, wo er allerdings nicht mit allem einverstanden war, Befund gekommen ist, muss man anerkennen, dass die insbesondere nicht mit dem, was Kollege Oppermann Leistungen von Inlands- und Auslandsnachrichtendiens- vorgeschlagen hat . Ich wünsche mir manchmal den Kol- ten für ein Land eminent wichtig sind . legen Oppermann zurück – allerdings in die Opposition . (Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Aber GRÜNEN]: Es gibt niemanden, der das be- ich darf hierbleiben?) streitet! – Gegenruf von der CDU/CSU: Die Denn er hat eine ganze Reihe von Forderungen in das Pa- Linke!) pier geschrieben, die wir jetzt hier auch stellen, nämlich Die Leistungen der Nachrichtendienste sind umso besser, dass es Sanktionen bei Falschinformationen und dass es je offensiver, je mutiger, je selbstbewusster und entschei- einen Tonmitschnitt geben muss . dungsfreudiger die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes, des Verfassungsschutzes (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Das haben und des Militärischen Abschirmdienstes agieren . wir doch!) (Beifall des Abg . Michael Grosse-Brömer Das steht alles drin; ich kann es Ihnen zur Verfügung [CDU/CSU] – Dr . Konstantin von Notz stellen . Das stammt vom Dezember 2013, da waren Sie [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Begriff schon in der neuen Koalition . Da ist das verfasst worden . „rechtsstaatlich“ fehlt, Herr Grosse-Brömer!) Daran wollte ich erinnern und Sie auch fragen, ob Sie das bei Ihren Beratungen im Auge haben . Vielleicht können Dafür bedanken wir uns auch einmal . Wir bedanken uns (B) wir, wenn wir es gemeinsam beraten, auch dieses Papier, oft beim THW, bei der Bundespolizei sowie beim Zoll – (D) das unter anderem vom Kollegen Oppermann verfasst zu Recht –, aber selten für die Leistungen unserer Nach- worden ist, zurate ziehen . richtendienstmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – (Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Zu Recht! Zu Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE Recht!) GRÜNEN]: So machen wir es! – Heiterkeit und das möchte ich an dieser Stelle einmal tun . bei der SPD – Christian Flisek [SPD]: Herr Ströbele geht in die Regierung!) (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg . Dr . Eva Högl [SPD] und Burkhard Lischka [SPD]) Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Vielen Dank .– Jetzt hat Kollege Armin Schuster, Und, meine Damen und Herren, wenn wir sie mutig CDU/CSU-Fraktion, das Wort . haben wollen, wenn wir sie entscheidungsfreudig und selbstbewusst haben wollen, (Beifall bei der CDU/CSU) (Dr . Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Und rechtsstaatlich, Herr Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU): Schuster! Das geht Ihnen nicht über die Lip- Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und pen!) Herren! Die Vorlage, ob Herr Oppermann in der Opposi- dann braucht es Vertrauen in den Rechtsstaat – da stimme tion sein soll oder nicht, nehme ich jetzt nicht auf . Aber, ich Ihnen völlig zu –, und Vertrauen entsteht über Kon- Herr Ströbele, eines stimmt nicht – wir müssen jetzt an- trolle . dauernd Dinge richtigstellen, und Sie wissen es genau –: Deshalb, glaube ich, hat dieser Gesetzentwurf, den wir (Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE heute vorlegen, eine eminent wichtige Bedeutung . Wenn GRÜNEN]: Was heißt denn „andauernd“? wir Kontrolle vertrauensvoll und partnerschaftlich aus- Das ist eine Unverschämtheit!) üben, also nicht als Ankläger und Richter, sondern so, Sie können natürlich im PKGr beantragen, dass Aussa- wie wir es in der Taskforce gemacht haben, Herr Grötsch gen der Bundesregierung aufgenommen werden . und Herr Ströbele, nämlich als kritisch-konstruktiver Begleiter, dann optimieren wir unsere Dienste . Wir opti- (Dr .André Hahn [DIE LINKE]: Aber nicht mieren dann auch unsere Gesetzgebung, weil wir selber die Debatte! Nicht die Fragen!) bemerken, dass es eventuell rechtsstaatliche Lücken gibt . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18273

Armin Schuster (Weil am Rhein) (A) Deshalb, glaube ich, beschließt die Union heute zu- rückhalten will! – Dr .Konstantin von Notz (C) sammen mit der SPD einen zweiten verfassungsrechtlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Veröffentli- historischen Schritt nach der Reform 2009, als das PKGr chen Sie das jetzt!) mit seiner Aufgabe erstmals in die Verfassung kam . Dies sorgt am Ende für Vertrauen . (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ Die Nachrichtendienste werden immer wieder in ir- DIE GRÜNEN]: Heute beschließen wir gar gendwelche Darkrooms gezogen . nichts! – Dr .Konstantin von Notz [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Deswegen haben Sie (Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE einen so historischen Debattenplatz ausge- GRÜNEN]: Herr Schuster! Jetzt aber! – Ulla sucht!) Jelpke [DIE LINKE]: Dafür sorgen die schon selber!) Das ist heute keine banale Debatte . Wir machen einen historischen Schritt, um die Kontrolle zu stärken . Über die Nachrichtendienste wird immer wieder genör- gelt, und sie werden kritisiert . Ich wäre sehr, sehr dank- (Beifall bei der CDU/CSU) bar, Meiner Meinung nach gibt es drei Gewinner . (Zuruf des Abg . Dr .André Hahn [DIE LIN- Das sind zum einen die Bürgerinnen und Bürger, die KE]) über öffentliche Anhörungen mehr Transparenz gewin- wenn die Opposition oder etliche Medienvertreter, die nen, die aber vor allen Dingen mehr Sicherheit gewin- das tun, einmal einen Vorschlag vorlegen würden, der nen, weil wir unsere Nachrichtendienste durch Kontrolle zeigt, wie sie es machen würden . stärken . (Dr .André Hahn [DIE LINKE]: Wir haben ei- Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages ge- nen Gesetzentwurf vorgelegt! – Gegenruf des winnen natürlich durch dieses Gesetz, weil die Kontroll- Abg . Burkhard Lischka [SPD]: Der war aber power, die wir jetzt endlich haben, dazu führt, dass die schlecht!) kritische Auseinandersetzung mit Vorgängen, wie wir sie jetzt im Bereich der Selektoren erlebt haben, Verbesse- Zeitungsschnipsel auszuschneiden – das ist Ihre Vorstel- rungen mit sich bringt . Ich habe als Parlamentarier im lung von Nachrichtendiensten –, erzeugt keine Sicher- PKGr ein gutes Gefühl, wenn ich meinen Kollegen sagen heit . Die einzige Kritik, die man an Helmut Schmidt kann: Wir haben die Kontrollpower, um für Transparenz üben kann, ist, dass er einmal gesagt hat: Ich lese lieber zu sorgen . Um das klar zu sagen: Mir geht heute das Herz Zeitung, als dass ich den BND frage .– Diese Zeiten sind vorbei . Unsere Nachrichtendienste machen eine klasse (B) auf . Ich bin kein Oberschlaumeier, aber ich habe nur (D) zwei Sitzungen im Parlamentarischen Kontrollgremium Arbeit . Darin wollen wir sie unterstützen . gebraucht, um zu kapieren, dass wir dem Auftrag niemals Zum Schluss . Ehre, wem Ehre gebührt . Ein kleiner mit neun Kollegen gerecht werden können . Deswegen ist Gruß an Hartfrid Wolff von der FDP sei mir erlaubt . Er das, was wir jetzt im Zusammenhang mit der Personal- wäre jetzt, glaube ich, gerne dabei . Danke an die SPD, ausstattung tun, einmalig richtig . dass wir das zusammen machen können . Das Innenres- (Dr .André Hahn [DIE LINKE]: Geben Sie sort ist für mich das Ressort mit der stärksten Leistung in uns doch mehr Mitarbeiter! Uns!) dieser Legislaturperiode . Ich bin sehr, sehr zufrieden . Jetzt erfüllen wir den Auftrag (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Also der Bürger . Jetzt erfüllen wir den Auftrag des Parlaments . bei der SPD! Bei uns sowieso!) Der dritte Gewinner sind die Nachrichtendienste – Ja, ja .– Ich möchte Clemens Binninger an dieser Stelle selbst . BfV, BND und MAD – darauf werde ich persön- nennen . lich achten – werden nicht darunter leiden, dass jetzt irgendwelche Chefankläger ins Feld geschickt werden . Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Wir werden darauf achten, dass es eine konstruktive, eine Sie müssen etwas schneller danken, Herr Schuster . vertrauensvolle und kritische Kontrolle ist . Das wird die Kommunikation stärken . Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU): Eines darf ich sagen – Herr Grötsch, Herr Ströbele, ich Als Vorsitzender des PKGr muss er das vielleicht ma- weiß nicht, ob Sie es bestätigen –: Die Arbeit der Task- chen, aber er ist unermüdlich und mit Geduld an diesem force war durch und durch konstruktiv . Thema drangeblieben . Ohne ihn wäre es nicht gegangen . (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und (Dr .André Hahn [DIE LINKE]; Wir haben der SPD) ein halbes Jahr vorher was vorgelegt!) Wir hatten eine wunderbare Kommunikation mit dem Das ist auch als Botschaft an die eigenen Reihen gedacht . Bundesnachrichtendienst und mit dem Bundeskanzler- Ich finde, das ist eine klasse Arbeit. Ich bedanke mich. amt, trotz eines harten Befundes . Das zeigt: Es gibt auch Ich empfehle Ihnen sehr, diesen Gesetzentwurf einmal zu Kontrolle mit Qualität . lesen . Dann sprechen wir im Ausschuss darüber . (Dr .André Hahn [DIE LINKE]: Die jetzt nicht (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- veröffentlicht werden soll! Die man jetzt zu- ordneten der SPD – Dr . Konstantin von Notz 18274 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Armin Schuster (Weil am Rhein) (A) [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh, Herr Dass der Entwurf gut geworden ist, lieber Konstantin (C) Schuster!) von Notz, sieht man daran, dass die Oppositionsbänke weniger als unzureichend gefüllt sind . Vizepräsidentin Ulla Schmidt: (Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Danke schön .– Ich schließe die Aussprache . Der Kol- NEN]: Haben Sie mal auf die Regierungsbank lege Schuster war der letzte Redner zu diesem Tagesord- geguckt? – Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE nungspunkt . GRÜNEN]: Wir sind besser besetzt als alle anderen!) Es wird aber noch viele weitere Debatten dazu geben; denn zwischen den Fraktionen wurde vereinbart, die Vor- Ich habe einmal durchgezählt: Von 127 möglichen Abge- lagen auf den Drucksachen 18/9040 und 18/8163 an die ordneten sind hier gerade einmal zwölf anwesend . Das in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu über- sind weniger als 10 Prozent . So schlecht ist die Arbeit, weisen . Sind Sie damit einverstanden? – Ich sehe, das ist die wir Ihnen heute vorlegen, offenbar nicht ausgefallen . der Fall . Dann sind die Überweisungen so beschlossen . (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Ich rufe den Zusatzpunkt 10 auf: ordneten der SPD – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei Ihnen Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/ sind es noch weniger! – Dr .André Hahn [DIE CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines Ge- LINKE]: Solche Äußerungen stehen der Bun- setzes zur Ausland-Ausland-Fernmeldeauf- desregierung nicht zu!) klärung des Bundesnachrichtendienstes Mit dieser Reform erreichen wir mehrere sehr wichti- Drucksache 18/9041 ge Ziele . Die Arbeit des BND – das ist heute schon mehr- Überweisungsvorschlag: fach gesagt worden – war in den vergangenen Jahrzehn- Innenausschuss (f) ten wichtig und ist in den letzten Jahren immer wichtiger Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz geworden . Ihre Bedeutung wird in den nächsten Jahren Verteidigungsausschuss Haushaltsausschuss noch weiter zunehmen . Das hängt damit zusammen, dass der Prozess der Globalisierung, der uns so viele Vorteile Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für im Hinblick auf Wohlstand und Freiheiten bringt, eben diese Aussprache 38 Minuten vorgesehen .– Ich höre auch dazu führt, dass die Gewährleistung unserer inneren auch hier keinen Widerspruch . und äußeren Sicherheit immer mehr vorverlagert wird, weil die Bedrohungen, mit denen wir es zu tun haben, (B) (Dr . Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE internationaler werden . Für den Bereich des internatio- (D) GRÜNEN]: Viel zu wenig!) nalen Terrorismus kann das jeder nachvollziehen; das gilt Dann ist so beschlossen . aber auch für den Bereich der Cybersicherheit und vieles andere mehr . Deshalb ist es ganz wichtig, dass wir uns als Ich eröffne die Aussprache . Das Wort für die Bundes- Regierung und Parlament zu diesem Bundesnachrichten- regierung hat Bundesminister Peter Altmaier . dienst bekennen . (Beifall bei der CDU/CSU) Mit dieser Reform schaffen wir eine ordentliche Rechtsgrundlage für seine wichtige Arbeit . Wir wollen die Arbeit des BND gerade nicht einschränken . Wir wol- Peter Altmaier, Bundesminister für besondere Auf- gaben: len sie aber auf eine klare und für jedermann nachvoll- ziehbare rechtliche Grundlage stellen . Es handelt sich um Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! die Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung, also darum, Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beraten vom Inland aus ausländische Bürgerinnen und Bürger heute in erster Lesung die bedeutendste und weitrei- im Ausland aufzuklären . Das ist eine der wichtigen Tä- chendste Reform des BND-Gesetzes, die es in den letzten tigkeiten des Bundesnachrichtendienstes, und mit dieser Jahrzehnten gegeben hat . Gesetzesvorlage wird Rechtssicherheit geschaffen . Das (Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Schon wieder? ist auch wichtig im Hinblick auf die Diskussionen, die es Das haben wir doch eben schon gehört!) in den letzten Monaten dazu gegeben hat . Ich möchte mich vorweg bei allen Fraktionen, liebe (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Frau Högl, lieber Burkhard Lischka, lieber Clemens Wir sorgen in einem zweiten Schritt dafür, dass auch Binninger, lieber Stephan Mayer, lieber Armin Schuster, die Zusammenarbeit des Bundesnachrichtendienstes mit bedanken, die daran mitgewirkt haben, anderen Nachrichtendiensten weltweit auf eine hinrei- (Dr . Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE chende und gute Grundlage gestellt wird . Auch diese Zu- GRÜNEN]: Was ist mit der Opposition?) sammenarbeit wird immer wichtiger, weil bei der Viel- zahl und Fülle an Bedrohungen kein Nachrichtendienst aber auch bei den Mitgliedern des PKGr und des dieser Welt – und mag er noch so große finanzielle und NSA-Untersuchungsausschusses sowie den Mitarbeite- personelle Ressourcen zur Verfügung haben – für sich al- rinnen und Mitarbeitern im Bundeskanzleramt und beim leine die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger seines BND . Landes und die Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten, Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18275

Bundesminister Peter Altmaier (A) die sich in Auslandseinsätzen befinden, vollumfänglich Es gibt auch keinerlei Hinweise dafür, dass der BND sei- (C) gewährleisten kann . nen gesetzlichen Handlungsspielraum bewusst und sys- tematisch überschritten hat . Wir haben zum ersten Mal Vorschriften aufgenom- men, die die internationale Zusammenarbeit auch durch (Beifall bei der CDU/CSU – Dr .Konstantin eine Regelung zur gemeinsamen Datenhaltung mit aus- von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: ländischen Stellen stärken . Aber – und das ist ganz ent- Sie legalisieren den Massendatenabgriff, Herr scheidend – die Koalition hat gleichzeitig dafür gesorgt, Altmaier!) dass diese Datenhaltung an klare rechtliche Vorgaben ge- knüpft wird . Wir haben dafür gesorgt, dass der Zweck der Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte Datei klar definiert sein muss, dass die Teilnahme- und an dieser Stelle eines gerne sagen: Ich bin als Chef des Zugriffsrechte eindeutig bestimmt werden müssen und Bundeskanzleramtes im Rahmen der Dienst- und Fach- dass ein rechtsstaatlicher Umgang mit den eingegebe- aufsicht auch derjenige, der in vielen Fällen die Ernen- nen Daten in allen teilnehmenden Ländern gewährleistet nungsurkunden für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbei- werden muss . Das ist ein ganz wichtiges Signal dafür, ter des BND unterzeichnet . Wenn ich mir anschaue, aus dass die Arbeit der Nachrichtendienste, vor allen Din- welchen Bereichen die jungen Menschen, die eingestellt gen der Auslandsnachrichtendienste, unter besonderen werden, kommen – zum Beispiel aus der Geoinformatik, Bedingungen gestaltet wird, dass sie nicht außerhalb des der Chemie, der Transplantologie, der Mathematik, den rechtlichen Rahmens stattfindet, obwohl vieles von dem Asienwissenschaften, der Ostslawistik, der Medizintech- nicht in der Öffentlichkeit im Detail diskutiert werden nik und aus vielen anderen Bereichen –, dann wird klar: kann, und dass wir Wert darauf legen, dass die tragenden Das sind keine Schlapphüte, wie man sich das früher vor- Prinzipien unserer Verfassungs- und Rechtsordnung auch gestellt hat, die nur darauf aus sind, irgendwo rechtsfreie in der Arbeit des Bundesnachrichtendienstes Berücksich- Räume zu entdecken . Diese jungen Menschen sind moti- tigung finden. viert, der Sicherheit dieses Landes zu dienen, (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Fehler liegen im Politischen! Wir haben drittens dafür gesorgt, dass die Arbeit des Das stimmt!) Bundesnachrichtendienstes im Hinblick auf die Debat- ten überprüft worden ist, die es infolge der sogenannten und zwar innerhalb der Rechts- und Gesetzesordnung . Snowden-Berichterstattung und im Hinblick auf die Ar- beit des NSA-Untersuchungsausschusses und des PKGr (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- gegeben hat . Lassen Sie es mich deutlich sagen, meine ordneten der SPD) (B) Damen und Herren: Viele der Vorwürfe, die zu Anfang Ich möchte diesen Menschen von dieser Stelle ein herzli- (D) im Raum standen, sind nach allem, was wir fast drei Jah- ches Dankeschön zurufen . re später wissen, nicht belegt und nicht vertieft worden . Gleichwohl haben wir gemeinsam mit den beiden (Dr . Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE Koalitionsfraktionen dafür gesorgt, dass Konsequenzen GRÜNEN]: Nein, das ist überhaupt nicht so!) gezogen worden sind . Wir haben die Position des Bun- – Lieber Kollege, Sie machen Ihre Zwischenrufe gerade deskanzleramtes als Fach- und Dienstaufsicht gestärkt . auf Kosten meiner Redezeit . Das ist nicht ganz fair . Wir haben dafür gesorgt, dass eine unabhängige Über- wachung bestimmter Maßnahmen durch ein Unabhän- (Dr . Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/ giges Gremium aus Richtern des Bundesgerichtshofs DIE GRÜNEN]: Das wird nicht abgezogen! und einem Vertreter der Generalbundesanwaltschaft Widerspruch gehört ins Parlament, Herr Mi- sichergestellt wird . Wir haben auch dafür gesorgt, dass nister!) Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union und Wenn ich mir anschaue, mit welchen Vorwürfen der ihre Institutionen einen eindeutigen und besseren Schutz BND überzogen worden ist, genießen und dass Wirtschaftsspionage in Zukunft auch gesetzlich ausgeschlossen ist . (Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Zu Recht, Herr Altmaier! – (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE Dr .André Hahn [DIE LINKE]: Es ist noch GRÜNEN]: Das stimmt doch nicht!) viel schlimmer gekommen!) Es gilt der Primat der Politik . Dafür haben wir in den bevor die Arbeit des Untersuchungsausschusses begon- letzten zwei Jahren die Voraussetzungen geschaffen . nen hat, und wenn ich sehe, dass wir im Hinblick auf die Das BND-Gesetz wird dazu beitragen, dass die Arbeit Arbeit des Untersuchungsausschusses tatsächlich über des Bundesnachrichtendienstes in einem rechtsstaatlich Defizite und Verbesserungsnotwendigkeiten gesprochen einwandfreien Rahmen stattfinden kann, dass der Bun- haben, dann, finde ich, ist es wichtig, dass man sagt, dass desnachrichtendienst gestärkt wird und dass er von der es keinerlei Belege dafür gibt, dass der BND an einer an- Politik und der Bundesregierung die Rückendeckung hat, lasslosen Massenüberwachung mitgewirkt hat . die er braucht, um seine wichtige Arbeit für unser Land (Beifall des Abg . Michael Grosse-Brömer erfolgreich zu leisten . [CDU/CSU] – Dr . Konstantin von Notz Vielen herzlichen Dank . [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Allerdings gibt es die!) (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) 18276 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

(A) Vizepräsidentin Ulla Schmidt: ten Fassung bis zum vorliegenden Entwurf grundlegend (C) Vielen Dank .– Nächster Redner ist der Kollege geändert . Dr .André Hahn für die Fraktion Die Linke . (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Sie kann- (Beifall bei der LINKEN) ten doch die erste Fassung gar nicht!) Das Statement von Herrn Altmaier steht für das ge- Dr. André Hahn (DIE LINKE): naue Gegenteil: Bloß keine Grenzen, bloß keine Be- Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach- schränkungen! Denn das behindert die Arbeit unseres dem im NSA-Untersuchungsausschuss nicht zuletzt Auslandsnachrichtendienstes . durch Aussagen von hochrangigen Verfassungsrechtlern klar geworden ist, dass der BND in vielen Fragen ohne (Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Richtig! adäquate Rechtsgrundlage agiert, die geltenden Bestim- Guter Mann!) mungen von der technischen Entwicklung schon lange Wer sich die Realität so zurückbiegt, der hat die Bot- überholt sind schaft der Snowden-Enthüllungen nicht einmal ansatz- (Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Das ist weise verstanden . eine Einzelmeinung!) (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- und spätestens seit den Enthüllungen von Edward NIS 90/DIE GRÜNEN – Christian Flisek Snowden den immer weiter ausufernden Begehrlichkei- [SPD]: Sie haben das Gesetz schon gelesen, ten der Geheimdienste dringend Einhalt geboten wer- oder?) den müsste, gab es keinen Zweifel mehr daran, dass das Ich habe leider nicht so viel Redezeit wie die Koaliti- BND-Gesetz grundlegend überarbeitet werden muss . onsabgeordneten Entscheidend für meine Fraktion, Die Linke, war im- (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Auch dafür mer, dass bei aller Notwendigkeit zur Aufklärung von können wir nichts!) Gefahren und terroristischen Bedrohungen die Grund- rechte der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland, aber und kann deshalb nur auf einige wenige Kritikpunkte am auch in Europa so gut wie irgend möglich geschützt, of- vorliegenden Gesetzentwurf eingehen . Im Kern muss fenkundig rechtswidrige Praktiken beim BND abgestellt man leider konstatieren: Es ist letztlich das eingetreten, und für die Zukunft grundgesetzkonforme Regelungen was wir immer befürchtet haben . Statt dem BND klare geschaffen werden . rechtliche Grenzen aufzuzeigen und Grauzonen zu besei- tigen (Beifall bei der LINKEN) (B) (D) Der vorliegende Gesetzentwurf erfüllt nicht eine dieser (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Das tun drei Kernforderungen . wir! – Christian Flisek [SPD]: Genau das tun wir!) (Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Es ist ja auch gar kein rechtswidriges Verhalten da!) und dem Auslandsgeheimdienst auch wirkungsvolle Zü- gel anzulegen, soll nun nachträglich fast alles legitimiert Er ist deshalb ein Armutszeugnis dieser Bundesregie- werden, was sich im NSA-Untersuchungsausschuss als rung . unzulässig und rechtswidrig, mindestens aber als frag- Am Mittwoch wurde der neue BND-Präsident offi- würdig herausgestellt hat . ziell in sein Amt eingeführt . Was Kanzleramtsminister (Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Nein! Klare Altmaier aus diesem Anlass in seiner Rede gesagt hat, Rechtsgrundlagen! Ihr habt nichts Rechtli- war aufschlussreich und entlarvend zugleich . Er nahm ches festgestellt bisher! – Gegenruf des Abg . Bezug auf die öffentliche Kritik, dass der BND mit dem Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE neuen Gesetz trotz der zurückliegenden Pannen und GRÜNEN]: Das ist so abwegig, was du sagst!) Skandale nicht enger an die Leine genommen werde, und erklärte frank und frei – O-Ton Altmaier –: Das war auch Ein derartiges Vorgehen halten wir für völlig indiskuta- niemals unsere Absicht; denn ein angeleinter Hund kann bel . seine Aufgaben nicht erfüllen . (Beifall bei der LINKEN) (Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Sehr rich- Die Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung inklusive tig, Herr Hahn! Was gibt es denn da zu kriti- personenbezogener Daten soll bei Telefonanbietern und sieren?) an Kabeln in Deutschland künftig fast uneingeschränkt Zuvor war in öffentlichen Stellungnahmen von Vertre- möglich sein . Das Ausspähen von EU-Bürgern, Regie- tern der Koalition, aber auch der Bundesregierung immer rungen befreundeter Staaten, EU-Institutionen und inter- wieder erklärt worden, man wolle dem BND für die Zu- nationalen Organisationen wird nicht etwa verboten, kunft klare Grenzen setzen . (Christian Flisek [SPD]: Sagen Sie mal die (Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Internatio- Wahrheit!) naler Terrorismus!) sondern unter Verweis auf unklar formulierte Vorausset- Davon ist jetzt keine Rede mehr . Schäuble hat ausrei- zungen ausdrücklich erlaubt . Bundeskanzlerin Merkel chend gewirkt . Sie haben den Gesetzentwurf von der ers- hat sich mit ihrer Zustimmung zum Gesetzentwurf selbst Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18277

Dr. André Hahn (A) widersprochen . Spionieren unter Freunden geht künftig Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, sucht sich die (C) doch und soll nun sogar per Gesetz erlaubt werden . Bundesregierung ihre Kontrolleure dann auch noch selbst aus . Dreister geht es wirklich kaum . (Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Genau!) (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- Die Hürden für das Ausspähen in der EU sind lächer- NIS 90/DIE GRÜNEN) lich gering . Es reicht schon – so steht es im Gesetzent- wurf –, wenn dadurch die Handlungsfähigkeit der Bun- Sollte es in den Ausschussberatungen nicht noch desrepublik gewahrt werden kann grundlegende Korrekturen geben, dann können und wer- (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Das ist den wir als Linke diesem Gesetzentwurf selbstverständ- aber nicht gering! Jetzt bitte ich Sie aber!) lich nicht zustimmen . oder „sonstige Erkenntnisse von außen- und sicherheits- (Beifall bei der LINKEN – Tankred Schipanski politischer Bedeutung“ zu gewinnen sind . [CDU/CSU]: Ihr stimmt doch nie zu!) (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Wenn das Vizepräsidentin Ulla Schmidt: gering ist! Ich bitte Sie!) Vielen Dank . – Als Nächste spricht Dr . Eva Högl für „Sonstige Erkenntnisse von außen- und sicherheitspoliti- die SPD-Fraktion . scher Bedeutung“ – darunter kann man alles und nichts verstehen, und damit kann man jeden Einsatz begründen . (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Clemens Binninger [CDU/ (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- CSU]: Rück mal ein paar Dinge zurecht!) NIS 90/DIE GRÜNEN – Christian Flisek [SPD]: Das ist Ihr Rechtsverständnis!) Dr. Eva Högl (SPD): Natürlich werden wir einer solchen Regelung nie zustim- Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kol- men . legen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Was Sie auch nicht sagen, ist, dass internationale Or- Herr Hahn, wir hätten nicht damit gerechnet, dass Sie ganisationen außerhalb der EU bzw . NGOs künftig wei- zustimmen . Dass muss ich so ehrlich sagen . ter als vogelfrei angesehen und vollumfänglich ohne jede (Dr .André Hahn [DIE LINKE]: Sie hätten Rechtfertigung abgehört werden können . sich ja bemühen können!) (Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Das ist (B) Aber es geht doch eine Nummer kleiner . Dass hier Leute (D) Rechtsverdrehung, keine Rechtsauslegung! – vogelfrei seien und der Gesetzentwurf völlig unzurei- Clemens Binninger [CDU/CSU]: Das stimmt chend sei, das muss ich für die Koalition in aller Deut- doch auch nicht!) lichkeit zurückweisen . – Aber ja, Herr Binninger . – Es gibt im Gesetzentwurf (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – keinerlei Einschränkung für die Überwachung von Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE Nicht-EU-Ausländern . Die Organisation Reporter ohne GRÜNEN]: Er ist völlig unzureichend!) Grenzen weist zu Recht darauf hin, dass damit weltweit auch Journalisten abgehört werden dürfen . Andere deut- Wir legen einen wirklich guten Gesetzentwurf vor . sche Gesetze schließen das ausdrücklich aus . Hier soll Das ist eine sehr wichtige und richtige Reform des Bun- offenbar eine Tür geöffnet werden, um die Pressefreiheit desnachrichtendienstes . Ich möchte zu Beginn ganz deut- und den Informantenschutz auszuhebeln . Das ist mit uns lich sagen: Wir brauchen einen starken Bundesnachrich- definitiv nicht zu machen, meine Damen und Herren. tendienst . (Beifall bei der LINKEN – Clemens Binninger (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) [CDU/CSU]: Abenteuerlich! – Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Das ist wissentlich Wir brauchen ihn für unsere innere und äußere Sicher- falsch, was Sie da erzählen!) heit, zur Bekämpfung von Terror und organisierter Kri- minalität sowie der Verbreitung von Waffen und zum Ich möchte noch einen letzten Punkt ansprechen, näm- Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten im Ausland . lich die geplante Bildung eines vermeintlich unabhängi- Das will ich ausdrücklich betonen . Die strategische Fern- gen Richtergremiums, das über die Ausspähung des BND meldeaufklärung ist ein wichtiges Frühwarnsystem für im EU-Bereich und über Kooperationen mit ausländi- diesen starken Bundesnachrichtendienst; daran gibt es schen Diensten informiert werden soll und den Einsatz überhaupt nichts zu deuten und zu kritisieren . von Selektoren, also Suchbegriffen, prüfen soll . Damit wird dem regulären und sogar im Grundgesetz veranker- Natürlich haben wir Reformbedarf . Das haben wir ten Kontrollgremium des Bundestages ein wichtiger Be- erkannt . Deshalb haben wir diese Gesetzesänderung auf reich de facto entzogen und nach Karlsruhe ausgelagert . den Weg gebracht . Ich möchte Ihnen die Eckpunkte nen- nen . Dann werden Sie sehen, dass Sie mit Ihrer Bewer- (Burkhard Lischka [SPD]: Das ist doch tung dieses Gesetzentwurfes komplett falschliegen . gar nicht wahr! – Dr . Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es! Wir haben im NSA-Untersuchungsausschuss feststel- Genau so ist es!) len müssen, dass die gesetzlichen Grundlagen der stra- 18278 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Dr. Eva Högl (A) tegischen Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung vom cherung . Es wird keinen Datenheuhaufen geben; das ist (C) Inland aus völlig unklar sind . sehr wichtig . (Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE (Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt! So würde man es sa- GRÜNEN]: Natürlich gibt es einen Datenheu- gen können!) haufen!) Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen: Sie basieren auf Wichtig ist auch, dass wir Regelungen für die Gleich- überhaupt keiner gesetzlichen Grundlage . § 1 Absatz 2 stellung von EU-Bürgerinnen und -Bürgern mit deut- wurde als Generalklausel herangezogen . Dass das kei- schen Staatsangehörigen schaffen . ne klare Rechtsgrundlage ist – „keine Rechtsgrundlage“ (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE würde zu weit gehen –, darin sind wir uns, denke ich, in GRÜNEN]: Aber das stimmt doch gar nicht!) diesem Haus alle einig . Das ist ebenfalls ein ganz wichtiger Punkt dieses Gesetz- (Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Das ist doch ein entwurfs . Wir legen großen Wert darauf, dass wir das Skandal an sich!) jetzt anders regeln . – Liebe Frau Jelpke, das ist vielleicht ein Skandal; aber (Dr .André Hahn [DIE LINKE]: Sagen Sie er ist im NSA-Untersuchungsausschuss herausgearbeitet doch mal was zu den Ausnahmen!) worden und eben Anlass für diese Reform . Ich will außerdem auf die Kritik eingehen: Warum Das Herzstück dieser Reform – darüber diskutie- greifen wir vorweg, warum reformieren wir, ohne die ren wir heute – ist, dass wir endlich eine klare Rechts- Ergebnisse des NSA-Untersuchungsausschusses abzu- grundlage schaffen; denn unser Bundesnachrichtendienst warten? braucht klare Regeln und ist selbstverständlich an die (Zuruf von der CDU/CSU: Berechtigte Kri- Grundrechte gebunden . Außerdem hatten wir bisher kei- tik!) ne klaren Regelungen für die Kooperation mit Partner- diensten . Auch das nehmen wir auf . Wir gehen dies an Das hatten Sie angedeutet, Herr Ströbele . Das ist ein und schaffen auch hierfür klare Regelungen . wichtiger Punkt; denn es ist das normale Vorgehen – so haben wir es beim NSU-Untersuchungsausschuss ge- (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Sehr rich- macht –, zunächst den Bericht des Untersuchungsaus- tig!) schusses abzuwarten . Wir haben aber festgestellt, dass Dies ist ein ganz wichtiger Punkt; denn – liebe Kolle- es wichtig und notwendig ist, dieses Zwischenergebnis (B) ginnen und Kollegen, das möchte ich auch noch einmal schon jetzt umzusetzen und eine klare Rechtsgrundla- (D) ganz deutlich sagen – eine vernünftige Arbeit des Bun- ge für die Arbeitsweise des BND zu schaffen . Deshalb desnachrichtendienstes gibt es nur in Kooperation und haben wir uns entschieden, diese Reform vorwegzuneh- im Austausch mit Partnerdiensten . Das ist eine wichtige men . Wir haben in der Koalition intensiv darüber bera- Voraussetzung für das Gewinnen von Informationen und ten, wie wir dies tun . Heute legen wir in erster Lesung ihre Weiterverarbeitung . ein gutes Ergebnis vor . (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Darüber hinaus schaffen wir klare Voraussetzungen für die Erhebung von Daten ausländischer Telekomuni- Ich will einen durchaus kritischen Punkt ansprechen – kation vom Inland aus und für den weiteren Umgang mit Herr Hahn, Sie haben das schon erwähnt –, das Unab- diesen Daten . Auch dies ist ein wichtiger Punkt . Er ent- hängige Gremium . Wir schaffen ein neues Gremium, das spricht überhaupt nicht dem, was Sie eben in Ihrer Rede unabhängige Richtergremium, zur Kontrolle des Bun- formuliert haben . desnachrichtendienstes . Die SPD-Fraktion hätte sich gut vorstellen können – das sage ich hier ganz deutlich –, das (Dr .André Hahn [DIE LINKE]: Sie kennen bestehende G10-Gremium für diese Kontrolle zu nutzen . Ihren eigenen Gesetzentwurf wahrscheinlich nicht!) (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Hans- Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- – Ich habe ihn mit den Kolleginnen und Kollegen hier NEN]: Genau! – Dr .Konstantin von Notz mit erarbeitet . Wir kennen ihn sehr gut, und wir haben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da gehört lange darum gerungen, bis zur letzten Minute . es hin! Die Mehrheit hätten wir dazu, Frau (Dr .André Hahn [DIE LINKE]: Wir werden Högl!) sehen, was am Ende herauskommt!) Es wäre sicherlich adäquat gewesen, ein gut eingespiel- tes Gremium für diese Kontrolle zu nehmen . Schließlich Lieber Herr Hahn, ich will Ihnen sagen: Wir hatten vie- sind die Sachverhalte vergleichbar . Nun wird ein neues le Widerstände zu überwinden, um heute, an diesem Gremium geschaffen; das ist auch gut und richtig . Die Freitag vor der Sommerpause, hier stehen und diesen Aufgaben sind etwas Besonderes . Gesetzentwurf in erster Lesung beraten zu können . Das war nicht immer selbstverständlich in der Zwischenzeit . Wo ich für die SPD-Bundestagsfraktion noch Bera- Uns ist sehr wichtig, dass wir diese klaren Regelungen tungsbedarf in den parlamentarischen Beratungen sehe, schaffen – ich sage es noch einmal – für die Erhebung ist die Frage, ob es tatsächlich richtig ist, dass Mitglieder der Daten, für ihre Weiterverarbeitung und für ihre Spei- dieses Gremiums vom Bundeskabinett ernannt werden Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18279

Dr. Eva Högl (A) und dass der Arbeitsstab beim Bundesgerichtshof ange- Dingen auf den Grund gegangen ist . So entschieden wie (C) siedelt ist . Ich denke, es wäre besser, das beim Parlamen- bisher werden wir die nächsten Monate weiter aufklären . tarischen Kontrollgremium anzusiedeln . Dieses sollte die Mitglieder des Unabhängigen Gremiums ernennen . Dort (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sollte auch die Geschäftsstelle angesiedelt sein . Dann hätten wir auch einen guten Rahmen für die Reform des Spätestens heute offenbart sich mit diesem Gesetz- Parlamentarischen Kontrollgremiums geschaffen . entwurf in diesem Parlament aber auch Folgendes: Die Abmoderation der Snowden-Veröffentlichungen durch (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE den damaligen Chef des Bundeskanzleramtes, Ronald GRÜNEN]: Haben Sie eigentlich den BGH Pofalla, im Bundestagswahlkampf 2013 war keine Ne- mal gefragt, was er dazu sagt?) belkerze . Es war schlicht die Unwahrheit . Die ganze Meine allerletzte Bemerkung . Wir brauchen starke Nummer damals – die gespielte Unwissenheit der Bun- Nachrichtendienste . Wir legen heute zwei Gesetzentwür- desregierung zum Können und Agieren der NSA, die fe dafür vor, zum einen den Entwurf eines Gesetzes zur vorgetragene Unschuld des Bundesnachrichtendienstes, Reform des Parlamentarischen Kontrollgremiums und die Ahnungslosigkeit der Spionageabwehr, zum anderen den Entwurf eines Gesetzes zur Reform des (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE Bundesnachrichtendienstes . Das ist eine gute Reform . GRÜNEN]: Genau!) Ich würde mich freuen, wenn Sie sich im Wege der wei- teren Beratungen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der erhobene Zeigefinger Richtung USA, das „Abhören der Opposition, unseren Vorstellungen annäherten unter Freunden geht gar nicht“ der Bundeskanzlerin, (Dr .André Hahn [DIE LINKE]: Wenn Sie die Inaussichtstellung des baldigen Abschlusses eines sich bewegen, können wir darüber reden!) No-Spy-Abkommens –, das alles und noch viel mehr entspricht überhaupt nicht der Wirklichkeit . Es war eine und wir vielleicht gemeinsam zu guten Regelungen kä- bewusst gefahrene Lügenkampagne . men . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herzlichen Dank . und bei der LINKEN) (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE Weil die Verfassungswidrigkeit der Praktiken des GRÜNEN]: Was sagt denn Herr Maas eigent- BND inzwischen amtlich ist, bringen Sie nun diesen lich dazu? Hat er mal nachgefragt? – Gegenruf Gesetzentwurf ein . Es gibt akzeptable, sogar anerken- (B) der Abg . Dr . Eva Högl [SPD]: Herr Maas war nenswerte Motive, Herr Minister; das sehe ich genauso . (D) damit einverstanden! Er war auch mit dabei!) Dieser Gesetzentwurf ist der Versuch, eine gesetzliche Grundlage zumindest für Teile der Fernmeldeaufklärung zu schaffen . Ansatzweise versuchen Sie, unter EU-Mit- Vizepräsidentin Ulla Schmidt: gliedstaaten die Überwachung zumindest teilweise Vielen Dank .– Jetzt hat Dr . Konstantin von Notz, zurückzufahren . Aber es geht nicht weit genug . Die ei- Bündnis 90/Die Grünen, das Wort . gentliche Kernfrage, das eigentliche Kernproblem der digitalen Gesellschaft ist der Grundrechtsschutz im In- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ternet, hier speziell die Geltung der in Artikel 10 des NEN): Grundgesetzes verankerten Kommunikationsfreiheit auf der Glasfaser . Genau diesen Schutz verweigern Sie mit Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ihrem Gesetzentwurf, und deswegen springt die Nummer Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als wir vor hier entschieden zu kurz . zweieinhalb Jahren mit der Arbeit des Untersuchungs- ausschusses NSA/BND begannen, gab es eine Sach- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verständigenanhörung zur Praxis des Bundesnachrich- sowie bei Abgeordneten der LINKEN) tendienstes bei der Fernmeldeaufklärung . Es war die einhellige Meinung aller Sachverständigen inklusive des Sie legalisieren die Massenüberwachung und schaffen Sachverständigen der Union, Herrn Professor Papier: Die ein neues Kontrollgremium; das wurde eben schon an- Praxis des Bundesnachrichtendienstes ist offenkundig gesprochen . Es soll eines der Judikative werden . Nichts rechtswidrig . Offenkundig rechtswidrig! gegen die Richterinnen und Richter des BGH, aber Sie (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) versuchen ganz bewusst, das Parlament vor die Tür zu setzen, weil Ihnen die Auseinandersetzungen mit dem Diese juristische Bewertung wurde inzwischen x-mal Parlamentarischen Kontrollgremium, Herr Kollege bestätigt . Viele neue rechtswidrige Details haben wir, Binninger, mit der G10-Kommission und mit den Unter- Tankred Schipanski, in den letzten Monaten herausge- suchungsausschüssen zu anstrengend, zu unangenehm arbeitet: Millionen unkontrollierte Selektoren von BND und zu skandalanfällig sind . Deshalb schaffen Sie ein- und NSA, das heimliche Löschen Zehntausender dieser fach ein neues Gremium . Das ist ein Affront gegen den Selektoren während des Bundestagswahlkampfs 2013, Deutschen Bundestag . Operationen wie „Eikonal“ und „Glotaic“, durch die mil- liardenfach Daten auf der Glasfaser in Deutschland abge- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN griffen wurden, usw . usf . Es ist gut, dass der PUA diesen und bei der LINKEN) 18280 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Dr. Konstantin von Notz (A) Ich kann Ihnen, Frau Högl, nur sehr raten, bei dieser Notz, auch Edward Snowden getwittert, den ihr ja immer (C) Selbstverzwergung des Parlaments, die Ihnen hier vorge- zitiert . schlagen wird, nicht mitzumachen . (Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – GRÜNEN]: Dein russischer Spion!) Dr .Eva Högl [SPD]: Ich habe das ja angespro- Er sagt – ganz anders, als ihr es gerade gesagt habt –, chen!) dieses Gesetz sei ein gutes Gesetz . Ich glaube, es ist ein Es gäbe noch viel anzusprechen, aber die Zeit ist be- gutes Gesetz . Das sieht man, wenn man es von vorne bis grenzt; denn für Ihren historischen Gesetzentwurf haben hinten durchliest, was Sie, lieber Kollege Hahn, anschei- Sie hier den letzten Slot vor der Sommerpause gezogen nend gar nicht gemacht haben . und ihm ganze 38 Minuten eingeräumt . Das lässt tief bli- (Beifall bei der CDU/CSU – Dr .André Hahn cken . [DIE LINKE]: Mehrfach! – Dr . Konstantin (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Es von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: kommen noch die zweite und dritte Lesung! Sensburg zitiert Snowden!) Locker bleiben!) Der Bundesnachrichtendienst wird nicht an die Kette gelegt . Vielmehr werden eindeutige rechtliche Grund- Man kann nur hoffen, dass Sie über die Sommerpause lagen für seine Tätigkeit im Ausland gesetzlich festge- zur Besinnung kommen . Das gilt im Übrigen auch für schrieben . Es gibt schon in der jetzigen Form des Bun- Ihre gestern bekanntgewordene Internetstrategie aus dem desnachrichtendienstgesetzes durch die Eröffnung des Haus des Innenministers . Das alles ist verfassungsrecht- Aufgabenbereiches eine klare Regelung, die wir präzi- lich hochproblematisch und Kraut und Rüben . Darin fügt sieren . Ich glaube, im Untersuchungsausschuss zu den sich Ihr Entwurf heute ziemlich nahtlos ein . Sie beheben Vorgängen um die NSA ist deutlich geworden, dass eine nicht die verfassungsrechtlichen Probleme, Sie vertiefen Präzisierung notwendig ist . sie mit diesem Entwurf weiter . Das Gesetz ist ein klares Bekenntnis zu der guten Ar- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beit des Bundesnachrichtendienstes . sowie der Abg . Ulla Jelpke [DIE LINKE]) (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE Wir brauchen in diesen schwierigen Zeiten – da bin GRÜNEN]: Was? Gute Arbeit, sagen Sie?) ich bei vielen der Vorrednerinnen und Vorredner – eine kohärente Strategie für Sicherheit und Rechtsstaatlich- Es macht aber auch eines ganz besonders deutlich: Der (B) keit im Netz, und wir brauchen einen funktionierenden, BND, wie alle Dienste und Behörden, hat sich in dem für (D) rechtsstaatlich fest verankerten und mit einer glaskla- ihn gesetzlich vorgegebenen Rahmen zu bewegen und ren Rechtsgrundlage ausgestatteten Bundesnachrich- unserem Land zu dienen . Ein Eigenleben wird von den tendienst . Ich habe vorgestern dem neuen Präsidenten Kontrollgremien der Parlamente nicht toleriert . Ob sich sehr genau zugehört; mir hat seine ausgewogene Rede schon alle Ableitungen von dem, was wir im NSA-Unter- ausgesprochen gut gefallen . Aber ich sage Ihnen allen suchungsausschuss in den letzten Monaten herausgefun- hier: Wenn wir ihn in seinem neuen Amt nicht auf einen den haben, in diesem Gesetz widerspiegeln, müssen wir Schleudersitz setzen wollen, dann müssen Sie diesen Ge- in den nächsten Monaten noch genau betrachten . Aber setzentwurf massiv nachbessern . Für konstruktive Dis- ich glaube, dass mit diesem Gesetz ein ganz wesentli- kussionen hierüber stehen wir gerne zur Verfügung . cher Schritt hin zu mehr Klarheit und zu mehr Rechts- sicherheit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ganz herzlichen Dank . BND selber geschaffen worden ist . Deswegen bin ich sehr dankbar, dass wir diesen Gesetzentwurf heute auf (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) den Weg bringen . (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg . Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Gabriele Fograscher [SPD]) Vielen Dank .– Nächster Redner ist der Kollege Auch exekutiv wird sich nach dem, was wir in den Dr . Patrick Sensburg, CDU/CSU-Fraktion . letzten Monaten im NSA-Untersuchungsausschuss dis- (Beifall bei der CDU/CSU – Tankred kutiert haben, einiges ändern müssen . Gerade mit Blick Schipanski [CDU/CSU]: Zehn Minuten zur auf die Abteilung TA ist das deutlich geworden . Ich glau- Richtigstellung! So viele falsche Tatsachen- be, dass Dr .Bruno Kahl dafür die Gewähr bietet, den behauptungen passen gar nicht in eine Rede!) Bundesnachrichtendienst gut zu führen und die Dinge, die organisatorisch-exekutiv anzupacken sind, auch an- zupacken . Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU): Ich möchte an dieser Stelle aber auch Gerhard Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schindler, dem ausgeschiedenen Präsidenten des Bun- Wir debattieren heute in erster Lesung die Überarbeitung desnachrichtendienstes, für seine Arbeit danken . des BND-Gesetzes . Zumindest nachrichtendienstlich, so sagen manche, wäre das der Beginn eines besseren (Dr .André Hahn [DIE LINKE]: Altmaier Deutschlands . So hat es übrigens, lieber Konstantin von kannte nicht einmal den Namen!) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18281

Dr. Patrick Sensburg (A) Nach meiner Meinung hat er den Bundesnachrichten- tive genannt werden . Es waren wenige Sekunden, bis die (C) dienst exzellent geführt . Er hat mit der Transparenzof- Superlative kamen; aber es gab leider keine Inhalte . fensive das eingeleitet, was ein Nachrichtendienst heute im 21. Jahrhundert braucht: Effizienz und Transparenz (Beifall bei der CDU/CSU – Dr .Konstantin gegenüber dem obersten Dienstherrn, aber auch gegen- von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: über der parlamentarischen Kontrolle . Er hat Versäum- Dünnbrettbohrerei!) nisse aus der Vergangenheit beim Bundesnachrichten- Wenn wir uns die Inhalte dieses Gesetzentwurfs dienst aufgearbeitet und sich auch immer vor den Dienst anschauen, dann stellen wir fest, dass in den neuen gestellt . Ich glaube, dafür gebührt ihm unser Dank . §§ 6 ff . des BND-Gesetzes eine gute Regelung zur Aus- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) land-Ausland-Fernmeldeaufklärung getroffen worden ist . Wir stellen fest, dass eine gute Regelung in § 13 des Genau aus dem, was der NSA-Untersuchungsaus- BND-Gesetzes zur Kooperation im Rahmen der Aus- schuss herausgefunden und auch deutlich gemacht hat, land-Ausland-Fernmeldeaufklärung getroffen worden ergibt sich jetzt das vorgelegte Gesetz . Das, was die- ist, und wir stellen fest, dass etwas Neues, nämlich das sem Gesetz innewohnt, das, was es leistet, ist eine klare Unabhängige Gremium aus Richtern und Bundesanwäl- rechtliche Grundlage für das, was der Bundesnachrich- ten, mit diesem Gesetz geschaffen wird . Das ist etwas tendienst bei der Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung Positives . Dass es neben der G 10-Kommission dieses macht . Das ist eine ganz entscheidende Schlussfolgerung Unabhängige Gremium gibt, stärkt die Kontrolle . Das ist aus unserer Arbeit . Deswegen ist es gut, dass wir mit die- etwas Gutes . Ich habe mich selber lange dafür ausgespro- sem Gesetz jetzt die rechtliche Präzisierung dieser Tätig- chen, dass wir das so machen . keit des Bundesnachrichtendienstes vornehmen . Aber dass wir Nachrichtendienste brauchen, dass wir (Dr . Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/ starke Nachrichtendienste brauchen, das muss ich doch DIE GRÜNEN]: Ja, vom Parlament weg! Sie vor dem Hintergrund, dass wir im Parlament regelmäßig vertrauen wahrscheinlich Richtern mehr, als über Daesh und über den Links- und den Rechtsextremis- Sie sich selbst vertrauen! – Hans-Christian mus in Deutschland diskutieren, nicht extra erwähnen . Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie können ja nach Pullach ziehen!) (Zuruf der Abg . Ulla Jelpke [DIE LINKE]) Wir waren ja zusammen in Washington . Dort hätte Ich glaube, kein vernünftiger Mensch – außer vielleicht man lernen können, was in Amerika an Reformen durch- Kollege Hahn, Kollege Ströbele und Frau Jelpke; sie ruft geführt worden ist . Man hätte mitnehmen können, was gerade dazwischen – glaubt doch, dass wir keine Nach- andere schon gemacht haben, um hier etwas zu verbes- (B) richtendienste brauchen . sern . So haben wir es gemacht . Das Unabhängige Gre- (D) (Dr . Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE mium ist ein neuer guter Ansatz, von dem ich mir eine GRÜNEN]: Ja wer sagt das denn?) Stärkung der Kontrolle erhoffe . Deswegen verstehe ich auch nicht den Zwischenruf des (Beifall bei der CDU/CSU) Kollegen Hahn eben, man sollte die Nachrichtendienste am liebsten abschaffen . In dieser Situation einer inter- Vizepräsidentin Ulla Schmidt: nationalen Gefährdung und angesichts dessen, was wir über Links- und Rechtsextremismus wissen, da wollen Herr Kollege Sensburg, ich muss Sie einmal unter- Sie Nachrichtendienste abschaffen? Wir brauchen star- brechen . Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen ke Nachrichtendienste, und wir brauchen eine gute par- Konstantin von Notz? lamentarische Kontrolle, und zwar ausgewogen, also in einer Balance . Genau das schafft dieses Gesetz . Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU): (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Sehr gerne; denn meine Redezeit ist ja schon sehr ordneten der SPD) knapp geworden . Lieber Kollege von Notz, mir scheint, dass Sie sich mit den Inhalten gar nicht intensiv beschäftigt haben . In Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Ihrer ganzen Rede gab es keine Auseinandersetzung mit Aber die Fragen können auch knapp sein und die Ant- den einzelnen Normen dieses Gesetzes . worten darauf auch . (Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe fünf Minuten Redezeit! Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Wenn ich Ihre acht Minuten hätte, könnte ich NEN): auch bei Adam und Eva anfangen! Das ist eine Unverschämtheit bei einer Gesamtdebatten- Die ist total knapp . – Herr Kollege Sensburg, viel- zeit von 38 Minuten! Unfassbar!) leicht können Sie kurz erläutern, was an einem Gremi- um, dessen Mitglieder von der Bundesregierung benannt Sie haben fünf Minuten Redezeit, lieber Kollege . Wir werden, unabhängig ist? haben in unserer Fraktion ein bisschen gerätselt, wie viele Sekunden es dauern wird, bis das Wort „Skandal“ (Beifall der Abg . Halina Wawzyniak [DIE kommt, wie viele Sekunden es dauern wird, bis Superla- LINKE]) 18282 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

(A) Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU): Vizepräsidentin Ulla Schmidt: (C) Ganz herzlichen Dank .– Herr Kollege von Notz, ich Vielleicht könnten der Kollege von Notz und auch alle hole einmal etwas aus, um Ihnen das deutlich zu machen . anderen daran denken, dass jetzt überwiegend der Herr Wir haben in unserem Untersuchungsausschuss – Sie kri- Kollege Dr . Patrick Sensburg das Wort hat . tisieren ja immer, dass die Bundesregierung mit ihm nicht (Dr .André Hahn [DIE LINKE]: Dann soll er zusammenarbeiten würde – inzwischen von der Bundes- etwas Vernünftiges erzählen!) regierung 2 400 Aktenordner mit dezidiertem Material unserer Behörden erhalten . Wir haben 500 Aktenordner Das wäre schön, damit man irgendwann dieses Fra- mit eingestuften Dokumenten – von Vertraulich bis hin ge-Antwort-Spiel beenden könnte . zu Streng Vertraulich . (Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Es wäre auch schön, wenn er die Frage (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE beantworten würde!) GRÜNEN]: Wie viel sind denn gesperrt? – Dr .André Hahn [DIE LINKE]: Wie viel haben wir nicht gekriegt?) Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU): Dieses Unabhängige Gremium Wir haben inzwischen 102 Zeugen gemeinsam in vielen (Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE Sitzungen vernommen . GRÜNEN]: Es wird nicht unabhängig, weil Sie es so nennen!) (Dr . Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In der Tat!) berichtet dem Parlamentarischen Kontrollgremium, also uns, legt Berichte vor . Es geht hier um die klare Verant- Immer wieder kommen wir an Themen heran, bei denen wortung, die bei der Nachrichtendienstkontrolle nicht wir – Exekutive und parlamentarische Kontrolle – mit- ausschließlich dem Parlament aufgebürdet werden kann; einander ringen, und dieses Ringen – das zeigt sich fast bezüglich der Fach- und Dienstaufsicht hat sie die Bun- in jeder Sitzung – wohnt, glaube ich, der Gewaltentei- desregierung . lung – Herr Hahn, damit hatten Sie eben anscheinend ein Problem; Sie haben Exekutive und Legislative mehrmals (Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE verwechselt – inne . GRÜNEN]: Und warum bestimmen wir nicht, wer das ist?) Wenn wir jetzt neben der G 10-Kommission, neben Dieses Gremium legt dem Parlamentarischen Kontroll- dem Parlamentarischen Kontrollgremium, neben der (B) gremium Berichte vor, sodass wir die klare Verantwor- (D) Möglichkeit, Untersuchungsausschüsse einzusetzen, tung auch für Sachverhalte, bei denen wir ringen müss- ten, festmachen können . Deswegen ist es ein Mehrwert . (Dr . Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!) (Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht unabhängig!) ein weiteres Gremium einrichten, Ein Satz vielleicht noch: Damit die Richter, die Mit- (Dr .André Hahn [DIE LINKE]: Das die Bun- glieder des Unabhängigen Gremiums, desregierung installiert! – Tankred Schipanski (Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE [CDU/CSU]: Das bei der Judikative angesie- GRÜNEN]: Es ist nicht unabhängig!) delt ist!) arbeiten können, ist es im Wege der demokratischen Le- das sich intensiv mit den Aspekten beschäftigen kann – gitimierung notwendig, sie zu ernennen . Herr Kollege von Notz, interessiert Sie das noch? – (Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber vom Parlament, nicht von (Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE der Regierung!) GRÜNEN]: Ja, ja, aber Sie haben weit ausge- holt!) Das kann die Bundesregierung, die wir aufgrund von Wahlen aus dem Parlament entstehen lassen . – sehr schön –, das kontrollieren kann (Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Staatsrecht (Dr . Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE I!) GRÜNEN]: Aber sie sind nicht unabhängig!) Das Prinzip der demokratischen Legitimierung hier in- frage zu stellen, finde ich schon etwas unparlamentarisch. und dem Parlamentarischen Kontrollgremium – – Ich probiere, die Frage zu beantworten . Es ist kaum möglich, (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Ich freue mich, wenn wir ein weiteres Gremium ha- (Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE ben, das uns darin unterstützt, die Nachrichtendienste zu GRÜNEN]: Unabhängigkeit war das Stich- kontrollieren, und dieses Gremium schaffen wir . wort!) (Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE weil der Kollege von Notz immer dazwischenruft . GRÜNEN]: Abwegig!) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18283

Dr. Patrick Sensburg (A) Wir werden in der jetzt folgenden Beratung des vor- Danke schön . (C) gelegten Gesetzentwurfs bestimmte Dinge strittig disku- tieren müssen, (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- ordneten der SPD) (Dr . Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!) Vizepräsidentin Ulla Schmidt: zum Beispiel, ob wir Regelungen noch vereinfachen Vielen Dank .– Letzter Redner zu diesem Tagesord- können . Ich sehe in diesem Gesetz etwas, was ich aus nungspunkt ist der Kollege Burkhard Lischka von der Polizeigesetzen kenne: Ermächtigungsgrundlagen, Stan- SPD-Fraktion . dardmaßnahmen, und dann folgt eine Vielzahl von Rege- lungen über den Datenschutz, die die Normen über die (Beifall bei der SPD) Ermächtigungsgrundlagen und die Standardmaßnahmen fast überwiegt . Ich würde mir wünschen, dass wir auf lange Sicht – das wird in diesem Gesetz sicherlich nicht Burkhard Lischka (SPD): mehr gelingen – eine gesetzliche Trennung von Verfas- Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach- sungsschutz und Bundesnachrichtendienst erreichen; wir dem in der Debatte – ich finde, unnötigerweise – ein paar sollten darüber nachdenken . Es muss uns gelingen, klar- Emotionen hochgekocht sind, zumachen, dass die Verantwortung für die Dienst- und Fachaufsicht über die Dienste in erster Linie bei der Bun- (Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE desregierung, GRÜNEN]: Was?) (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE möchte ich einfach mit ein paar Fakten anfangen . GRÜNEN]: Richtig!) Wir hatten in diesem Jahr und im letzten Jahr allein beim Bundesinnenminister und beim Bundeskanzleramt, in Europa über 1 000 Tote und Verletzte durch Terror- liegt . anschläge, wir haben täglich Cyberattacken aus dem Ausland, und wir haben weltweit Krisen, so massiv wie (Dr .André Hahn [DIE LINKE]: Die gucken schon lange nicht mehr . Wir haben internationale Verbre- ja immer weg! Das ist das Problem!) chen, organisiert durch einen Milliardenmarkt, der sich „organisierte Kriminalität“ nennt. Ich finde, das zeigt Es wird uns nicht gelingen, hinter jeden Mitarbeiter der schon, dass wir in Deutschland einen schlagkräftigen Nachrichtendienste einen Abgeordneten zu stellen . Auslandsnachrichtendienst brauchen . (B) (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE (D) GRÜNEN]: So ist es!) (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schlagen soll er nicht!) Deswegen ist im Rahmen der Dienst- und Fachaufsicht die Kontrolle gut aufgehoben . Wir kontrollieren die Bun- Der Bundesnachrichtendienst ist eine wichtige Instituti- desregierung, und das muss funktionieren . on . Herr Ströbele, ich weiß nicht, wie Ihnen das gegan- gen ist, aber als ich neu in das Parlamentarische Kon- (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ trollgremium gekommen bin und drei, vier Sitzungen DIE GRÜNEN]: Aber dann muss sie auch die mitgemacht habe, habe ich erlebt, wie der Bundesnach- Wahrheit sagen! Das ist wichtig!) richtendienst immer wieder um das Leben von deutschen Geiseln in den Händen von Terroristen und Kriminellen Ein letzter Satz an uns alle . Wenn wir diese Aufgabe ringt und kämpft . Da habe ich gesagt: Jawohl, wir brau- wahrnehmen und gut wahrnehmen, dann muss es auch chen diesen Bundesnachrichtendienst. Ich finde, Herr so sein, dass wir in der Verantwortung für das Ganze mit Ströbele, der BND braucht sich für seine Arbeit wirklich den Dokumenten und Unterlagen, die wir erhalten, sorg- nicht zu schämen . sam umgehen, dass es keine Durchstechereien gibt (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: In Amerika funktioniert das!) Er ist eine wichtige Institution für unsere Demokratie, für unsere Sicherheit . Das soll und das muss auch so bleiben . und dass Bundesregierung und Bundestag Respekt vor- einander haben . Was allerdings nicht bleiben darf, ist, dass er da teil- Ich kann als Vorsitzender des NSA-Untersuchungs- weise ein Eigenleben führt, dass da immer wieder Eigen- ausschusses sagen, dass wir im Ausschuss mit unseren mächtigkeiten auffallen, dass es offensichtlich Abteilun- Dokumenten immer ordentlich, immer sorgsam umge- gen in diesem BND wie die Technische Aufklärung gibt, hen . Ich hoffe, dass das in allen anderen Ausschüssen – die niemandem sagen, was sie eigentlich tun . Und noch davon gehe ich aus – genauso passiert . schlimmer: Die werden auch von niemandem gefragt . Ich finde das unwürdig für einen Nachrichtendienst in einem (Dr . Eva Högl [SPD]: Und bei der Bundesre- demokratischen Rechtsstaat, meine Damen und Herren . gierung!) Was auch nicht bleiben darf, ist, dass durch Leicht- Ich wünsche der Bundesregierung, dass sie mit ihren Ak- fertigkeiten und Nachlässigkeiten des Bundesnachrich- ten genauso sorgsam umgeht, wie wir es machen . tendienstes selbst deutsche Bürger und Unternehmen in 18284 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Burkhard Lischka (A) das Visier ausländischer Nachrichtendienste geraten, mit tarischen Kontrollgremium vorgelegt werden . Ich kenne (C) denen der BND kooperiert . Das darf nicht sein . das sonst so nicht . (Beifall bei der SPD – Dr .André Hahn [DIE (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten LINKE]: Oder die eigene Botschaft!) der CDU/CSU) Ich finde schon, da, wo wirklich ein bisschen im Grau- Es darf erst recht nicht sein, dass dieser BND dann offen- bereich und im Verborgenen herumgewurstelt wurde, sichtlich auch nach eigenem Gutdünken andere europäi- stellen wir die Arbeit des BND, seine Befugnisse und sche Bürger und Institutionen ins Visier nimmt. Ich finde seine Grenzen auf neue Füße . Das alles – ich sage es das geradezu grotesk . noch einmal – suchen Sie in den Gesetzesblättern anderer Wir haben in der letzten Sitzungswoche die Debatte Staaten vergeblich . Wir haben das . Das ist kein Geheim- über das Antiterrorgesetz gehabt . Da habe ich gesagt, es nis . Das haben wir – da spreche ich uns auch gemeinsam ist eigentlich ein Unding, dass wir hier in Europa noch an – gegen starke Widerstände durchgesetzt . nicht einmal eine gemeinsame Datenbank über Syrien- (Dr .Eva Högl [SPD]: Ja! – Dr .André Hahn kämpfer und terroristische Gefährder haben, [DIE LINKE]: Von Herrn Schäuble zum Bei- spiel! – Dr . Konstantin von Notz [BÜND- (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE NIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist Schäuble ei- GRÜNEN]: Ja, das sind die Beispiele, aber ihr gentlich?) macht ganz andere Sachen!) Deshalb sage ich Ihnen, Herr Hahn, ganz offen: Ich halte die den europäischen Sicherheitsbehörden zugänglich Ihre Politik für kleinlich . sind, aber dass andersherum genau dieselben Sicherheits- behörden ihre wertvollen Ressourcen dafür vergeuden, (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der sich noch untereinander auszuspionieren . Damit muss CDU/CSU) Schluss sein, und das machen wir mit diesem Gesetz . Nennen Sie mir bei der zweiten oder dritten Lesung ein- (Beifall bei der SPD) mal einen Staat, in dem Sie vergleichbare Regelungen gefunden haben . Wenn man diesen Gesetzentwurf wirklich einmal fair (Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE beurteilt, ist eines doch Geschichte: dass der BND ein- GRÜNEN]: USA!) fach tun und machen kann, was er selbst für richtig hält . Ich sage Ihnen: Ein klares Nein, das werden Sie erleben . (B) (Dr .André Hahn [DIE LINKE]: Wir werden (D) es sehen!) Sie haben eben auch ganz offen gesagt, worauf Ihre Kritik eigentlich beruht . Das ist, dass Sie den Bundes- Ich meine, zur Wahrheit, Herr Hahn, gehört doch auch nachrichtendienst lieber heute als morgen abschaffen dazu, dass wir weltweit – bei allen Staaten – so ein regel- würden . loses Ausspähen haben, dass es keine Vorschriften gibt . (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) Wir haben doch wirklich auch die groteske Situation, dass jeder Staat weltweit seine eigenen Bürger vor Spi- Das ist die eigentliche Triebfeder Ihrer Kritik . onage schützt, aber für die eigenen Nachrichtendienste sind die Bürger von anderen Staaten – wie es so schön Deshalb reden Sie ja auch ständig davon, dass Te- heißt – zum Abschuss freigegeben . Da setzen wir klare lekommunikationsüberwachung – sobald man nur das Leitplanken . Wort in den Mund nimmt – eine Massenausspähung ist . Das ist es nach diesem Gesetzentwurf nicht mehr . Ich will das hier nicht alles wiederholen . Aber Regelun- (Dr .Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE gen für diesen besonderen Schutz für europäische Bür- GRÜNEN]: Bezüglich der Metadaten ist es ger, Regierungen und Institutionen werden Sie zurzeit in das selbstverständlich!) keinem europäischen Gesetzblatt finden. Aber wir verzichten auch nicht, Herr von Notz, auf Kom- (Dr . Eva Högl [SPD]: Aber bei uns!) munikationsüberwachung, weil wir nun einmal in einer Zeit leben, in der Terroristen und Kriminelle nicht mehr Ein Verbot der Wirtschaftsspionage: Das ist weltweit Brieftauben nutzen, sondern jeden Tag ihr Handy wech- einmalig . Auch mit diesem Eigenleben aufzuräumen, seln . (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) GRÜNEN]: Das gilt doch gar nicht allge- mein!) Solche Netzwerke müssen Sie auch überwachen . Aber wir stellen das auf neue Füße und entstauben diesen dass der Präsident Telekommunikationsmaßnahmen Dienst . anordnen muss, dass das Kanzleramt das genehmigen (Dr .André Hahn [DIE LINKE]: Auf tönerne muss, dass wir hier ein unabhängiges Gremium schaffen, Füße!) dass das genehmigen muss, ist ein solches Beispiel . Oder nehmen Sie Kooperationsvereinbarungen mit ausländi- Ich sage Ihnen ganz deutlich: Wenn alle anderen Staa- schen Nachrichtendiensten: Die müssen dem Parlamen- ten unserem Beispiel folgen würden, dann wäre das der Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18285

Burkhard Lischka (A) Beginn eines Festes der Freiheits-, Bürger- und Men- geht bedeutender Artenreichtum für immer verloren, (C) schenrechte, und zwar weltweit . und Menschen vor Ort verlieren ihre Lebensgrundla- ge . Familien, ganze Dorfgemeinschaften werden mit (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Planierraupen vertrieben . Das Versprechen von guten Arbeitsplätzen in den Palmölplantagen ist reiner Hohn . Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Arbeiterinnen und Arbeiter, die sich auf den Plantagen Vielen Dank . – Damit ist die Aussprache beendet . für bessere Arbeitsbedingungen einsetzen, werden einge- schüchtert, verfolgt und, wenn das nichts hilft, auch ab Interfraktionell wird vorgeschlagen, den Gesetzent- und zu ermordet . Diese Palmölwüsten belegen, wie in- wurf auf Drucksache 18/9041 an die in der Tagesordnung haltsleer die Rhetorik des Landwirtschaftsministers, aber aufgeführten Ausschüsse zu überweisen . Gibt es dazu an- auch des Entwicklungsministers ist . derweitige Vorschläge? – Ich sehe, das ist nicht der Fall . Dann ist die Überweisung so beschlossen . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Ich rufe den Tagesordnungspunkt 37 auf: Diese Verhältnisse belegen das Scheitern einer Politik, Beratung des Antrags der Abgeordneten Uwe die keine verbindlichen Lösungen schaffen will . Kekeritz, Steffi Lemke, Peter Meiwald, weiterer (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Eine Ursache für den sich ständig ausweitenden Hun- ger nach Palmöl ist aber auch die EU-Biokraftstoffpoli- Verbindliche Umwelt- und Sozialstandards in tik . der internationalen Palmölproduktion veran- kern (Niema Movassat [DIE LINKE]: Richtig!) Drucksache 18/8398 Über 40 Prozent des in Europa verwendeten Palmöls lan- Überweisungsvorschlag: den mittlerweile im Tank . Dies wird durch die Vorgaben Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick- der Erneuerbare-Energien-Richtlinie leider gefördert, lung (f) speziell durch die Beimischungspflichten. Das Märchen Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz von der positiven CO -Bilanz durch Biokraftstoffe ist Finanzausschuss 2 Ausschuss für Wirtschaft und Energie seit 15 Jahren widerlegt, zuletzt durch eine Studie der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft EU-Kommission, die zunächst einmal in den Schubladen Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur verschwunden ist und dann aufgrund des öffentlichen Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicher- Drucks öffentlich gemacht wurde . Auch diese Studie be- (B) heit (D) Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe legt: Der Klimakiller Palmöl hat im Tank schlicht nichts zu suchen . Ich bitte Sie, die Plätze zügig zu tauschen und einzu- nehmen . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) Ich eröffne die Aussprache, für die 38 Minuten vor- gesehen sind . Das Wort hat der Kollege Uwe Kekeritz, Ein einziger Begriff macht die Konzeptlosigkeit die- Bündnis 90/Die Grünen . ser Bundesregierung deutlich . Es ist der Begriff „frei- willige Selbstverpflichtung“. Wie viele Jahre brauchen eigentlich die Minister Schmidt und Müller noch, um zu Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): begreifen, dass freiwillige Selbstverpflichtungen nicht Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! funktionieren? Am 11 . November des letzten Jahres verkündete Land- wirtschaftsminister Schmidt, dass er durch eine freiwil- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lige Selbstverpflichtung der Industrie in Deutschland und bei der LINKEN) zu 100 Prozent zertifiziertes Palmöl erreichen will. Zu diesem Zeitpunkt war in Indonesien längst eine der ver- Müller und Schmidt überlassen es den Palmölproduzen- heerendsten Umweltkatastrophen der vergangenen Jah- ten und den Palmölhändlern, die Spielregeln aufzustel- re entfacht . Zwischen Juli und November 2015 wurden len . Diese werden sicherlich keine Spielregeln aufstellen, durch Brandrodungen in Indonesien 1,8 Millionen Hek- die den Menschenrechten, der sozialen und ökologischen tar Torf- und Regenwälder zerstört, eine Fläche etwa so Gerechtigkeit dienen . Ich muss Ihnen sagen: Das ist auch groß wie Sachsen . Heute, acht Monate nach der Ankün- gar nicht die Aufgabe der Industrie . Das ist die Aufgabe digung durch Minister Schmidt, erreichen uns wieder der Politik . Es stellt sich nämlich die Frage, ob Politik Berichte über Brände in Nordsumatra, Brände, die Platz die Globalisierung gestaltet oder die Globalisierung die schaffen sollen für neue Palmölplantagen. Einer Zertifi- Politik . zierung des Palmöls steht nichts im Wege . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Der internationale Palmölboom hat nichts mit einer Ganz problematisch wird die Situation, wenn Poli- Petitesse zu tun . Millionen Hektar fruchtbaren Landes, tik zu feige ist, verbindliche Regeln aufzustellen . Diese Regen- und Torfwälder stehen mittelfristig und weltweit Feigheit können wir uns schon lange nicht mehr leisten, auf der Abholz- oder, vielleicht besser gesagt, Abbrenn- weder auf nationaler noch auf internationaler Ebene . liste der Palmölproduzenten . Die klimatischen Folgen sind verheerend . Mit den vernichteten Regenwäldern (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 18286 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Uwe Kekeritz (A) Auch Müller und Schmidt haben die Unterzeichnung und zwar als Biokraftstoff . Auf der anderen Seite ist der (C) der Klimaerklärung in Paris und der Nachhaltigkeits- Rohstoff Lebens- und Einkommensgrundlage für viele agenda in New York gefeiert, aber ihre konkrete Politik Tausend Menschen in den Entwicklungs- und Schwel- steht den Nachhaltigkeitszielen entgegen . Beide Minister lenländern . wissen, dass wir so weder die Klima- noch die Nachhal- tigkeitsziele erreichen werden . Beide Minister wissen (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE auch, dass das RSPO-Siegel für Palmöl längst geschei- GRÜNEN]: Viele Arbeitsplätze gehen dabei tert ist . Das Siegel erlaubt die Umwandlung von Regen- verloren! Die Bauern werden vertrieben!) wäldern in Plantagen . Das Siegel limitiert keine Treib- Aber der Segen für viele Kleinbauern ist oft ein Fluch hausgasemissionen und lässt die Zerstörung bedeutender für Umwelt und Gesundheit . Das muss man auch sehen Torfböden zu . Das Siegel ist mitschuldig an Menschen- und sagen . Während im letzten Jahr die Wälder in Indo- rechtsverstößen usw . usf . nesien – das ist gesagt worden – brannten, konnten viele Zusammengefasst kann man sagen: Das Siegel ebnet Menschen in Teilen Südostasiens bis hin nach Singapur den Weg für schmutziges Palmöl in die globalen Liefer- in den großen Städten nur mit Mundschutz über die Stra- ketten . Das ist nicht nur eine Aussage der NGOs . Auch ße gehen . Das darf sich nicht wiederholen . der RSPO-Präsident und Unilever-Manager Jan Kees Vis (Beifall bei der CDU/CSU – Uwe Kekeritz bestätigt dies . Er sagt klipp und klar: Bisher kann man [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aktuell vor Ort keine Effekte durch RSPO sehen . brennt es wieder!) Das RSPO gibt es seit zwölf Jahren . Wir müssen Wir müssen auch sagen: Der Hauptmarkt für Palmöl heute konstatieren: Es wird schlechter und bedrohli- ist nicht in Europa . Es sind Indien, Indonesien und China . cher . Die Verbraucher und Verbraucherinnen – das sei Die EU kommt mit circa 10 Prozent erst an vierter Stelle . auch gesagt – haben es satt, sich weiter durch einen un- In Deutschland werden circa 2 Prozent der Weltproduk- durchsichtigen Siegeldschungel kämpfen zu müssen . tion von Palmöl verbraucht . China, Indien und Indonesi- Wir benötigen Zuverlässigkeit, Klarheit und gesetzliche en nutzen bereits 40 Prozent der weltweiten Produktion . Lösungen, die von vielen Unternehmen befürwortet und Auch aus den Keimen der Palmölfrüchte wird Öl herge- gefordert werden . Viele Unternehmen haben eigene hohe stellt, das sogenannte Palmkernöl . Hier liegt der deutsche Standards, die sie aber nur schwer einhalten können, weil Anteil am Verbrauch höher . Wir verbrauchen circa 8 Pro- eine unverantwortliche Politik es der Konkurrenz ermög- zent der weltweit gehandelten Menge . licht, diese Standards zu unterlaufen . Auch im Namen dieser Unternehmen fordere ich die Meine Damen und Herren, die Missstände bei der Pro- (B) Regierungskoalition und die Regierung auf: Holzen Sie duktion von Palmöl sind Fachleuten bekannt . Durch die (D) den Siegeldschungel endlich ab, anstatt ihn weiter auf- verheerenden Wald- und Torfbrände in Indonesien wur- zubauen! Machen Sie Platz für einen fairen Wettbewerb den die negativen Begleiterscheinungen der Gewinnung durch klare, begründbare und verbindliche Regelungen! des Rohstoffes auch weltweit der breiten Öffentlich- keit bewusst . Wie besorgniserregend diese Waldbrände Ich bedanke mich . waren, mag sich darin zeigen, dass die amerikanische (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Weltraumbehörde NASA sie als die bisher schlimmsten und bei der LINKEN) Waldbrände überhaupt bezeichnet hat . (Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vizepräsidentin Ulla Schmidt: NEN]: Richtig!) Vielen Dank .– Nächster Redner ist Jürgen Klimke, Vielfach werden die Feuer absichtlich gelegt, CDU/CSU-Fraktion . (Beifall bei der CDU/CSU) (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Von den Unternehmen!)

Jürgen Klimke (CDU/CSU): um mit dem Mittel der illegalen Brandrodung Tropen- Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! wald zu beseitigen und anschließend auf den Flächen Meine Damen und Herren! Lieber Uwe Kekeritz, das war Palmplantagen anzulegen . leider etwas einseitig grün . Beim Hemd mag man das ja Der Blick richtet sich in diesem Zusammenhang ei- noch akzeptieren, aber bei den Inhalten sollte man etwas nerseits auf die Anbaugebiete . Dort werden oft durch ausgeglichener sein . Ich will versuchen, das bei dieser Brandrodungen neue Anbauflächen geschaffen, um der Thematik zu erreichen . Nachfrage gerecht zu werden . Damit gehen der Verlust (Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- von wertvollen Primärwäldern, von Biodiversität sowie NEN]: Da bin ich gespannt! Jetzt kommt’s!) die Freisetzung von Kohlenstoffdioxid in die Atmosphä- re einher . Andererseits muss sich der Blick auf unsere Völlig richtig: Palmöl ist überall . Wir haben es auf Verhaltensmuster richten . Es liegt in der Hand des Ver- der einen Seite in Nahrungsmitteln, in Hautcreme, in brauchers, die Herstellung von nachhaltigem Palmöl ein- Seife, in Sonnenmilch, in Lippenstiften . Es ist zudem in zufordern . Schmiermitteln, bei Kerzen, in Farben und Lacken ent- halten . 5 Prozent der Palmölernte werden weltweit als (Niema Movassat [DIE LINKE]: Wie soll das Rohstoff für die Strom- und Wärmeproduktion genutzt, denn der Verbraucher tun?) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18287

Jürgen Klimke (A) Er kann zertifizierte Produkte kaufen – oder eben nicht. zielführenden Ansatz . Die Umsetzung nationaler Gesetze (C) Eine EU-Verordnung, die vorschreibt, Palmöl nament- und die Überwachung von Anbauverboten obliegen den lich in der Zutatenliste aufzuführen, ist bereits in Kraft jeweiligen Staaten . EU-Verordnungen und Siegel können getreten . Das ermöglicht Verbrauchern, eine bewusste nicht die notwendige Übernahme von Verantwortung vor Kaufentscheidung zu treffen . Ort ersetzen, sondern nur einen Rahmen geben . (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, lie- GRÜNEN]: Wenn man es lesen kann!) ber Uwe Kekeritz, ich gestatte mir einige Anmerkungen zu eurem Antrag . Das ist die Situation . Als Entwicklungspolitiker bin ich eindeutig an einer Erstens . Die eingeforderte verbindliche Einhaltung nachhaltigen Entwicklung im Bereich des Palmölanbaus von Umwelt- und Sozialstandards ist ein wichtiges An- interessiert – ich bin daran nicht nur interessiert, sondern liegen der Koalition . setze mich dafür auch ein . Dabei dürfen Widersprüche (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) nicht aus den Augen verloren werden: Auf der einen Sei- te fordern wir von unseren Entwicklungspartnern einen Die Kritik an bestehenden Referenzsystemen wie die des nachhaltigen Anbau von Palmöl . Auf der anderen Seite vom WWF initiierten runden Tischs für nachhaltig pro- mischen wir Pflanzenöle in sogenannte Biotreibstoffe duziertes Palmöl ist zum Teil berechtigt . Meines Wissens und subventionieren diese Treibstoffe wiederum . Die setzt sich die Bundesregierung auch deshalb dafür ein, vermeintlichen Vorteile entlarven sich schnell als Trug- die bestehenden anerkannten Standardsysteme weiterzu- schluss. Pflanzen, aus denen Biosprit gewonnen wird, entwickeln und zu verbessern . müssen in den Boden gebracht, gedüngt, geerntet und Zweitens . Die Forderung nach einer Reduktion des verarbeitet werden . Es gibt weit verteilte Standorte . Die Palmölverbrauchs lässt außer Acht, dass Palmöl in gro- fertigen Produkte müssen transportiert und gelagert wer- ßen Teilen von Kleinbauern produziert wird und deren den . Deshalb: Palmöl gehört nicht in den Tank . Existenzgrundlage bildet . Die Reduktion von Palmöl (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ würde zwangsläufig zu einem größeren Bedarf an Flä- DIE GRÜNEN]: Ja! – Steffi Lemke [BÜND- chen für andere Rohstoffe führen, solange keine adäqua- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kommen wir te Alternative zur Verfügung steht . mal zu den Maßnahmen der Regierung!) (Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ich möchte hier festhalten: Nicht das Palmöl an sich ist NEN]: Es bleibt alles doch so, wie es ist!) das Problem, sondern die Anbaumethoden und die Ver- Drittens . Die Produktion von Palmöl spielt eine ge- (B) wendung . wichtige Rolle als Devisenbringer für Entwicklungs- und (D) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Schwellenländer . So macht die Produktion von Palmöl zusammen mit der Fischerei und der Forstwirtschaft im- Deshalb ist eine Förderung von nachhaltigem Palmöl von merhin 14 Prozent des Bruttoinlandsprodukts Indonesi- zentraler entwicklungspolitischer, klimapolitischer und ens aus . gesundheitspolitischer Bedeutung . Viertens . Zur Forderung nach einer Erarbeitung und (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE Ratifizierung der ILO-Konvention und der UN-Konven- GRÜNEN]: Was machen Sie dafür?) tion in Bezug auf arbeitsrechtliche Fragen: Die Ratifi- Meine Damen und Herren, vor kurzem konnte ich bei zierung der ILO-Konvention 169 über indigene Völker einer Reise nach Indonesien einen Blick auf die Situati- und das Zusatzprotokoll zum UN-Sozialpakt unterliegen on der Palmölplantagen vor Ort richten . Ich erhielt den derzeit der formalen Prüfung . Es besteht also kein Hand- Eindruck, dass auch bei unseren Partnern ein Umdenken lungsbedarf; denn es wird schon gehandelt . eingesetzt hat . Die indonesische Regierung hat zahlrei- Fünftens . Die Forderung, bilaterale Regierungsver- che Maßnahmen auf den Weg gebracht . Zuletzt setzte die handlungen mit palmölproduzierenden Ländern zu nut- Regierung auf eine verstärkte Brandprävention und eine zen, um die Rechte der indigenen Minderheiten einzufor- besser abgestimmte Brandlöschung . Das Abholzmorato- dern, erweist sich in der Praxis als schwierig und fordert rium, das Abholzverbot, wurde vom Präsidenten erneut eine Abwägung . Am Beispiel Indonesien zeigt sich, dass verlängert . Das Forstministerium hat ein webbasiertes Brandrodung zwar unter Strafe steht und mit Geldstrafen Frühwarnsystem eingeführt und nutzt Daten der NASA . belegt wird, doch gerade bei indigenen Völkern gehört Das indonesische Waldbrandüberwachungssystem ist diese Landgewinnung auch zur Tradition, sodass sich übrigens in Echtzeit von jedem Smartphone erreichbar . nicht immer zwischen Brauchtum und illegaler Absicht Es finden regelmäßige Aufklärungsflüge statt. Regionale unterscheiden lässt; zumal ein Funke ausreicht, um die Waldbrandbüros wurden eingerichtet und Löschkanä- trockenen Torfböden in Brand zu setzen . le angelegt . Darüber hinaus investiert Indonesien in die Nachhaltigkeit des Palmöls – die Notwendigkeit hierzu Meine Damen und Herren, es zeigt sich, dass die Bun- hat man erkannt – und strebt in diesem Zusammenhang desregierung zahlreiche Maßnahmen auf dem Gebiet auch eine engere Zusammenarbeit mit den Importstaaten veranlasst hat . an . (Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- In der Übernahme der Verantwortung für den Anbau NEN]: Welche? Sie haben doch keine Maß- von Palmöl durch die Produktionsländer sehe ich einen nahmen der Bundesregierung aufgezählt!) 18288 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Jürgen Klimke (A) Halten wir fest: Wenn der Bedarf weiterhin so rasant Dann sagen Sie: Lösung – der Verbraucher soll sich da- (C) steigt, müssen auf lange Sicht Alternativen zum Palm- rum kümmern; er soll schauen, welches Siegel ein Pro- öl gefunden werden; es ist auch eine Frage des Verbrau- dukt hat . Später sagen Sie: Es gibt gar keine richtig guten ches bei uns . Bis dahin gilt es, nachhaltigere Formen Siegel . Ich muss sagen: Das ist wirklich eine Bankrott- des Palmölanbaus zu fordern, ohne die betroffenen Ent- erklärung der Politik . Die Politik ist dafür zuständig, die wicklungs- und Schwellenländer ihrer wirtschaftlichen Regeln festzulegen . Man kann nicht einfach sagen: „Ir- Grundlagen zu berauben . gendwer soll sich darum kümmern“, Der Vorteil von Palmöl ist derzeit sein hoher Ertrag (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- auf relativ geringer Fläche, gemessen an Pflanzen wie NIS 90/DIE GRÜNEN) Soja und Raps . vor allem, wenn man weiß, dass Palmöl für Millionen (Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- von Menschen auf der Welt ein Albtraum ist . NEN]: Dann bleibt es auch bei den Waldbrän- den!) Seit 1970 ist die weltweite Palmölproduktion von 1 Million Tonnen auf 56 Millionen Tonnen gestiegen . Das Ausweichen auf jene beiden Pflanzenöle würde das Insbesondere in Malaysia und Indonesien breiten sich Problem lediglich verlagern, zum Beispiel nach Brasilien die Palmölplantagen wie ein Virus aus, und dieser Palm­ oder Argentinien . ölvirus hat mittlerweile weite Teile Lateinamerikas und Zum Ende möchte ich drei Entwicklungen nennen, die Afrikas erfasst und hinterlässt überall verbrannte Erde; Zeichen für ein Umdenken sind . Erstens . Investitionen in denn um Plantagen anzulegen, werden Regenwälder ab- Forschung und Technik zur Gewinnung alternativer Öle geholzt und abgebrannt und Torfböden zerstört . Das hat sind notwendig . verheerende Auswirkungen auf die Biodiversität und das Klima . Aber auch die Auswirkungen für die Menschen (Beifall der Abg . Sibylle Pfeiffer [CDU/ vor Ort sind dramatisch: Ihr Land wird geraubt, ihre CSU]) Luft wird verpestet, ihr Wasser wird verseucht . Wer im Zweitens . Zunehmend sollte die Verantwortung der Un- Palmölsektor arbeitet – wir sprechen allein über 3,5 Mil- ternehmen eingefordert werden . Drittens . Deutschland lionen Menschen in Indonesien und Malaysia –, der hat im Dezember 2015 mit den Niederlanden, Dänemark, durchlebt oft die Hölle . Menschenrechtsverletzungen, Großbritannien und Frankreich die Amsterdamer Dekla- Missachtung grundlegender Arbeitsrechte, Vergiftung ration unterzeichnet . Die Unterzeichner unterstützen po- durch Dünge- und Spritzmittel, all das ist für die Arbeiter litisch die Zielsetzung, die Privatwirtschaft in den nach- dort an der Tagesordnung . Dieser Palmölwahnsinn muss (B) haltigen Anbau von Palmöl einzubinden . Das ist richtig . gestoppt werden . (D) Das schafft vernünftige Rahmenbedingungen . (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) NIS 90/DIE GRÜNEN) Wir sind auf einem guten Wege . Aber nicht nur für die Natur und für die Arbeiter ist Palmöl schädlich . Es ist auch für uns Konsumenten (Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schädlich . So hat die Europäische Lebensmittelbehörde NEN]: Nein, sind Sie nicht!) erst vor kurzem gewarnt, dass Palmöl eine große Menge Wir sollten weiter voranschreiten . Giftstoffe enthält . Dieses Gift schädigt menschliches Erb- gut und kann Krebs auslösen . Doch ob Nutella oder Tief- Herzlichen Dank . kühlpizza, es ist schwierig, verarbeitete Nahrungsmittel zu finden, die kein Palmöl enthalten. Unilever, Nestle (Beifall bei der CDU/CSU) und Co ., die großen Lebensmittelkonzerne, schwören auf Palmöl, weil es vielfältig einsetzbar ist, aber vor allem, Vizepräsidentin Ulla Schmidt: weil es für sie unschlagbar billig ist . Hauptsache, der Vielen Dank . – Nächster Redner ist Niema Movassat, Profit stimmt – das ist die Devise der Konzerne, egal wie Fraktion Die Linke . sehr Mensch und Natur darunter leiden . Das ist schänd- lich . Die Politik ist gefragt, diesem rücksichtslosen Pro- (Beifall bei der LINKEN) fitstreben Einhalt zu gebieten. (Beifall bei der LINKEN) Niema Movassat (DIE LINKE): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Vor zwei Wochen hat das französische Parlament Klimke, ich muss sagen: Ihre Rede war wirklich erstaun- Pläne für eine höhere Besteuerung von Palmöl, die so- lich . genannte Nutella-Steuer, in letzter Minute abgeblasen, auch auf Druck der Nahrungsmittelindustrie. Ich finde es (Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Ja, was wir schade, dass in dem Antrag der Grünen, den ich sonst alles können!) gut finde, Pläne für eine solche Steuer fehlen; denn die- Sie nennen die Probleme beim Palmöl . se Steuer wäre ein erster und wichtiger Schritt, um den Palm­ölboom zu bremsen . (Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Hat er sehr gut benannt!) (Beifall bei der LINKEN) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18289

Niema Movassat (A) Diesen Boom hat nicht nur die Wirtschaft zu ver- Vizepräsidentin Ulla Schmidt: (C) antworten; vielmehr hat ihn die Bundesregierung aktiv Vielen Dank .– Als Nächstes hat der Kollege Stefan befeuert . Die Förderung sogenannter Biokraftstoffe wie Rebmann, SPD-Fraktion, das Wort . E 10 hat die Palmölimporte in die EU und nach Deutsch- land in die Höhe schnellen lassen . In Deutschland wird (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der heute mehr als die Hälfte des importierten Palmöls zur CDU/CSU) Energieproduktion verwendet. Dieser Import findet auch unter dem Label „Klimaschutz“ statt . Aber das Verrück- te ist, dass man mit Palmölimporten zwar den Bedarf an Stefan Rebmann (SPD): fossilen Kraftstoffen senkt, dafür in den Entwicklungs- Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ländern aber Menschenrechte verletzt und Regenwäl- Kollegen! Wir haben gehört – das spüren wir ja auch –, der zerstört werden, und am Ende des Tages wachsen dass der Anbau von Palmöl höchst umstritten ist . Wir ha- damit die Klimaprobleme weiter . Um es klar zu sagen: ben schon mehrfach gehört, was die Palmölproduktion Biokraftstoffe haben mit Klimaschutz nichts zu tun . Der bedeutet: Es findet eine Rodung von Tropenwäldern im richtige Weg zum Klimaschutz ist, den Energieverbrauch großen Stil statt . Allein im Kongo wurden 2,8 Millionen hierzulande zu senken . Hektar für Plantagen gerodet . In Indonesien sind 57 Pro- zent der Entwaldung allein darauf zurückzuführen, dass (Beifall bei der LINKEN – Sibylle Pfeiffer dort Palmöl produziert werden soll . All das hat Auswir- [CDU/CSU]: Das ist ja dasselbe Prinzip, wie kungen auf die Umwelt, auf die Tierwelt, auf die Men- wenn man sagt, man sollte auf Lippenstifte schen vor Ort und auf den Wasserhaushalt in den betrof- verzichten!) fenen Regionen . Natürlich hat das auch Auswirkungen Die Bundesregierung fördert die Palmölprodukti- auf unser Klima . on übrigens auch direkt über die staatseigene DEG, die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft . (Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Die DEG finanziert den Agrarmulti Feronia, der im Kon- NEN]: Jetzt zu den Maßnahmen der Regie- go eine Fläche halb so groß wie das Saarland gepach- rung!) tet hat, um Palmöl zu produzieren, und das, obwohl die Das alles spüren wir dann natürlich auch zeitverzögert Nichtregierungsorganisation GRAIN illegale Landaneig- hier bei uns, zumindest was den Klimawandel betrifft . nungen, Verletzungen von Arbeits- und Menschenrechten sowie menschenunwürdige Arbeitsbedingungen auf den Palmölplantagen bedeuten also Treibhausgasemissio- Plantagen nachgewiesen hat . Feronia ist trotz all dieser nen in ungeahnten Höhen durch Brandrodungen und der- Menschenrechtsverletzungen Mitglied des Roundtable­ gleichen. Sie bedeuten Landkonflikte durch Vertreibung (B) (D) on Sustainable Palm Oil . Das ist ein freiwilliger Nach- von einheimischen Kleinbauern und nicht selten die kom- haltigkeitsstandard, den WWF und Industrie gemeinsam plette Missachtung der Landrechte indigener Minderhei- entwickelt haben; darum ging es heute ja auch schon . ten und menschenunwürdige Arbeitsbedingungen auf Die Bundesregierung setzt auch auf diesen Standard . Das den Plantagen . Das alles muss man leider mit dem indus- Beispiel Feronia zeigt aber – das ist wahrlich kein Ein- triellen Anbau von Palmöl verbinden . Inwieweit Palm- zelfall –, dass dieser freiwillige Standard nicht das Papier öl, das wir nahezu ausschließlich aus Entwicklungs- und wert ist, auf dem er gedruckt worden ist . Schwellenländern beziehen – wir haben schon gehört, (Beifall bei der LINKEN) dass 85 Prozent aus Indonesien und Malaysia kommen –, schon unseren Alltag beeinflusst – wir haben gehört, wo Ich frage mich wirklich, wie viele Belege die Bun- überall Palmöl eingesetzt wird –, ist vielen von uns gar desregierung noch braucht, bis sie einsieht, dass unser nicht bewusst . Mir war es bis vor wenigen Wochen auch zerstörerisches Wirtschaftssystem nicht an freiwilligen nicht so bewusst . Das eine oder andere wusste ich, aber Selbstverpflichtungen von Unternehmen genesen wird. nicht in dieser Dimension: dass 68 Prozent des produ- (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- zierten Palmöls in die Nahrungsmittelindustrie gehen . neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Wir kennen alle den schokoladenartigen Brotaufstrich, den Kinder morgens gern essen Ich sage es einmal so: Eine Lawine stoppt ihre todbrin- gende Talfahrt ja auch nicht durch gutes Zureden, son- (Susanna Karawanskij [DIE LINKE]: Meine dern durch klar gesetzte Absperrungen .– Was wir für Kinder nicht!) die Palmölproduktion brauchen, sind Absperrungen, sind starke, verbindliche Umwelt- und Sozialstandards; da und den auch ich in der Vergangenheit gern gegessen unterstütze ich den Antrag der Grünen . Zugleich müs- habe . sen wir aber Wege finden, die Palmölproduktion insge- Wir kennen das alles: 27 Prozent der Produktion samt zu drosseln, das heißt, den enormen Energie- und gehen in Kosmetika, Putz- und Reinigungsmittel, und Rohstoffverbrauch unseres Wirtschaftssystems endlich 5 Prozent – das haben wir auch schon gehört, je nach- einzudämmen . Ansonsten wird der Palmölvirus immer dem, welche Zahlen man nimmt – werden im Kraftstoff mehr und mehr Flächen befallen und Mensch und Natur verwendet . gleichermaßen dahinraffen . (Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Danke schön . NEN]: Das sind völlig veraltete Zahlen! Es (Beifall bei der LINKEN) sind 41 Prozent, die heute in den Tank gehen!) 18290 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Stefan Rebmann (A) – Ja, Kollege, ich habe ja – hör richtig zu – gesagt: Je standards – nicht nur beim Palmöl, sondern generell . (C) nachdem, welche Zahlen man verwendet . Dazu gehören effektive Beschwerde- und Sanktionsrech- te, damit Arbeitnehmer ihre Rechte auch einklagen kön- (Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nen . Dazu gehören Gewerkschaftsrechte und faire Löhne . NEN]: Veraltete oder neue!) Dazu gehört, dass wir bei Handelsverträgen mit anderen Ich sage selbstverständlich auch: mit extrem steigender Staaten die verbindliche Einhaltung der ILO-Kernar- Tendenz . Wenn man sich das gerade beim Kraftstoff an- beitsnormen einfordern . Dazu gehört, dass multinational schaut, sieht man innerhalb von sechs Jahren eine Steige- agierende Unternehmen dazu verpflichtet werden, ihre rung – wenn die Zahl richtig ist – um 365 Prozent . Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette zu garantieren. Ich sage: Wir brauchen mehr Transparenz, mehr Verbind- (Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- lichkeit und ein Mehr an Verantwortung, und zwar nicht NEN]: Jetzt zu den Maßnahmen der Regie- nur auf dem Papier, sondern auch so, dass es eingefordert rung!) werden kann . Du siehst also, Kollege, ich habe den Antrag durchaus Ich sage auch: Wir Entwicklungspolitiker der SPD gelesen . sind, glaube ich, auf einem guten Weg . Wir haben in Wir wissen natürlich: 58 Millionen Tonnen werden dem Bereich schon einiges auf den Weg gebracht . Un- insgesamt produziert, und 10 Prozent davon gehen in die ser Antrag „Gute Arbeit weltweit“, den dankenswerter- EU . weise viele Kolleginnen und Kollegen in der Koalition namentlich mitgezeichnet haben und damit persönlich Wenn wir jetzt die Auswirkungen des Palmölanbaus dokumentiert haben, wie wichtig ihnen gute Arbeit welt- auf die vielen betroffenen Menschen vor Ort, also die weit ist, beweist das, glaube ich, nachdrücklich . Mit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die indigene Umsetzung der CSR-Richtlinie und dem Nationalen Ak- Bevölkerung, die Landbevölkerung, auf diejenigen, die tionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte, der gerade dort vertrieben werden, auf das Klima, die Umwelt auf erarbeitet wird, müssen wir die nächsten Schritte konse- der einen Seite betrachten und uns auf der anderen Sei- quent und vor allen Dingen verbindlich umsetzen . te den steigenden Verbrauch, die enorme Nachfrage in den Industriestaaten vor Augen führen, dann stellen wir (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE fest: Es ist eine enorme Schieflage zuungunsten der Ent- GRÜNEN]: Genau!) wicklungs- und der Schwellenländer da . Es ist schon ein Punkt, wo wir sagen müssen: Das ist eine enorme Schief- Ziel muss sein, dass gut gemeinte, gut gemachte und lage zuungunsten der Länder und ihrer Umwelt, und dem ordentlich formulierte Anträge wie dieser – das will ich bei dem Antrag, den wir gerade debattieren, gar nicht in (B) müssen wir deutlich entgegenwirken . Ich sage aber auch: (D) Wir müssen nicht nur entgegenwirken, sondern auch Abrede stellen –, die sich auf sektorale Produktionen, auf besonnen entgegenwirken . Ich sage das deshalb, weil einzelne Produkte, auf Produktlinien oder auf einzelne der Kollege Klimke schon recht hat, dass nicht wenige Lieferketten beziehen, nicht mehr notwendig sind, weil Kleinbauern von den Einnahmen leben müssen, da dies verbindliche Sozial- und Umweltstandards, Menschen- ihre einzige Einnahmequelle ist, die sie zur Verfügung rechtsstandards, Unternehmensverantwortung und faire haben, um ihre Familie zu ernähren . Arbeitsbedingungen sowie faire Löhne überall gelten und eingehalten werden müssen und notfalls auch einge- Nicht wenige Entwicklungsländer verbinden mit dem klagt werden können. Ich finde, das muss unser Ziel sein. Export von Palmöl auch die Hoffnung auf zusätzliche Arbeitsplätze und zusätzliche Einnahmen . (Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Genau das verhindert diese Regierung: (Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dass verbindliche Standards kommen!) NEN]: Die Arbeitsplätze werden ja durch die industrielle Produktion zerstört!) – Kollege, zuhören . Ich betone: die Hoffnung . Wer also, lieber Kollege, den (Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Das ist nicht Anbau und den Verbrauch von Palmöl quasi untersagen seine Stärke!) will – was euer Antrag ja nicht fordert; das will ich hier Beim Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und deutlich sagen –, schießt eigentlich am Ziel vorbei, und Menschenrechte sage ich recht deutlich: Wir müssen lie- es ist auch unrealistisch . Aber die hohen Erträge und fern . Ein Jahr lang haben sich Zivilgesellschaft, NGOs, günstigen Herstellungskosten machen diese Pflanze na- Stiftungen, Gewerkschaften und viele Verbände mit ih- türlich sehr attraktiv und behindern auch ein zügiges Er- rem Expertenwissen sehr konstruktiv, sachbezogen und setzen dieser Pflanze. Palmöl ist nun einmal dreimal so lösungsorientiert eingebracht und sich dabei engagiert . ertragreich wie Raps und beansprucht ein Sechstel der Dieses Wissen und Engagement kann man nicht einfach Fläche für Soja. Trotzdem finde ich: Wir können da eine mit einem Federstrich zur Seite wischen, auch die BDA ganze Menge tun . nicht, möge sie seit wenigen Tagen über noch so gute (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ Beziehungen zum Finanzministerium verfügen . DIE GRÜNEN]: Gott sei Dank wächst sie in Deutschland nicht!) Ich sage auch: Politisches Handeln muss durch Öf- fentlichkeitsarbeit begleitet werden, weil es wichtig ist, Wir Entwicklungspolitiker der SPD-Bundestagsfrak- dass die Menschen wissen, was in unseren Produkten tion sind für verbindliche, einklagbare soziale Umwelt- enthalten ist . Denn nur dann, wenn sie wissen, was in Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18291

Stefan Rebmann (A) den Produkten drin ist, können sie sich für Alternativpro- ren Kosten der Herstellung, die gegenüber anderen Bio- (C) dukte entscheiden . dieselarten bei rund einem Viertel liegen . Damit sind wir schon beim Thema Transparenz und (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE Siegel . Aus meiner Sicht ist es ein durchaus schwieriges GRÜNEN]: Darum ist das so billig!) Unterfangen . Die Grundidee der Siegel halte ich für sehr Außerdem erzielt man mit der Ölpalme mit durch- gut . Unser Problem ist allerdings, dass wir eine gan- schnittlich 3,7 Tonnen pro Hektar den mit Abstand ze Reihe von Siegeln haben, die nicht das halten, was höchsten Ertrag unter den Ölpflanzen. Er ist fünfmal hö- sie versprechen . Wir haben auch eine ganze Reihe von her als der von Soja und dreimal so hoch wie der von Siegeln, die im Grunde nur zu Werbezwecken erfunden Raps. Damit ist er am flächensparendsten. wurden . Deshalb bin ich der Auffassung: Wir müssen da politisch handeln . Wir müssen Rahmenbedingungen vor- Das geht übrigens auch aus einem aktuellen Informa- geben. Ich finde, das ist mit eine Aufgabe von Politik. tionsblatt des WWF hervor . Ich freue mich darauf, in den Wochen nach der Som- Palmölprodukte haben darüber hinaus besondere ge- merpause, lieber Kollege Kekeritz, dieses Thema in den sundheitliche Eigenschaften . Sogenanntes rotes Palmöl Fachausschüssen weiter zu verfolgen, weiter zu beglei- enthält eine ungewöhnlich hohe Konzentration von Ca- ten . Ich glaube, die Arbeit daran lohnt sich; denn es geht rotinen und Vitamin E . Bereits ein Esslöffel enthält mehr um gute Arbeit weltweit . als die empfohlene Tagesdosis . Herzlichen Dank . Ein Schwachpunkt ist jedoch der hohe Anteil an ge- sättigten Fettsäuren . Diese können sich bei übermäßigem (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Verzehr negativ auf die Blutfettwerte, vor allen Dingen der CDU/CSU) auf das Cholesterin, auswirken . Auch eine Schädigung von Gefäßwänden kann dadurch entstehen . Eine Folge Vizepräsidentin Ulla Schmidt: kann daneben die Begünstigung von Gefäßverkalkung Vielen Dank .– Jetzt spricht Peter Stein, CDU/ sein. Das trifft allerdings auch auf andere pflanzliche Öle CSU-Fraktion . und Fette zu . (Beifall bei der CDU/CSU) Palmölprodukte haben besondere Lebensmittelei- genschaften . Palmöl eignet sich wie kaum ein zweites Peter Stein (CDU/CSU): pflanzliches Fett gut zum Erhitzen, da darin kaum mehr- fach ungesättigte Fettsäurereste gebunden sind, die sich Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! beim Erhitzen in bedenkliche Fettsäurereste umlagern Liebe Gäste! Es wurde schon vieles gesagt, deshalb will (B) könnten . (D) ich mich einmal ein bisschen mit dem Produkt Palmöl beschäftigen . Palmöl hat mittlerweile 30 Prozent Markt- Palmkernöl ist bei Raumtemperatur fest; bei Körper- anteil, wodurch es weit vor dem Sojaöl liegt . Im Jah- temperatur schmilzt es jedoch rasch ab, und es hinter- re 2015 sind tatsächlich knapp 60 Millionen Tonnen pro- lässt im Mund einen angenehmen Kühleffekt. Es findet duziert worden, 85 Prozent davon allein in Malaysia und bei uns daher zu einem großen Teil Verwendung bei der Indonesien. Die Anbauflächen dort haben sich seit 1990 Herstellung von Margarine, oder es kann auch zu hoch- verzehnfacht . Das zeigt die Dimension, über die wir hier wertigen Spezialfetten für die Süßwarenindustrie umge- reden . wandelt werden . Zudem wird es aufgrund seiner Schmel- zeigenschaften für Eiscremes, Schokoladen, Toffees und Laut WWF plant allein Indonesien, die Plantagen bis Karamell verwendet . 2025 auf etwa 20 Millionen Hektar zu erweitern – die Hälfte davon auf Borneo, was 13 Prozent dieser Insel Palmkernöl hat besondere grundstoffliche Eigen- ausmachen würde . Auch das ist eine enorme Dimension . schaften . Es wird für die Herstellung von Tensiden, den waschaktiven Stoffen in konventionellen sowie ökolo- Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Bedarf an pflanz- gischen Reinigungsmitteln, eingesetzt . Alle Wasch- und lichen Ölen, Speiseölen und Fetten, steigt weiterhin stark Reinigungsmittel enthalten Anteile von 3 bis 30 Prozent an – weniger in Europa, aber besonders in Afrika und Tenside, welche entweder aus Erdöl oder aus pflanzlichen Asien . Dort werden gerade Palmöle aufgrund der aus- Ölen – hauptsächlich Palmkernöl – hergestellt werden . gezeichneten klimatischen Stabilität als Speisefette ver- Mit immer größeren Anbauflächen, besonders in Asien, wendet . Palmölprodukte haben besondere energetische sowie dem Trend zu nachwachsenden Rohstoffen ist der Eigenschaften, die sich auch hinsichtlich Nachhaltigkeit Anteil von Tensiden auf Palmölbasis stark zunehmend . und Erneuerbarkeit von Energie besser nutzen lassen . Palmöl ist Basis in Wasch- und Reinigungsmitteln Die im Antrag der Grünen genannten 1,9 Millionen und derzeit nicht deklarationspflichtig; das ist richtig. Tonnen, die verbraucht werden – ich nehme an, das ist Daher wird es bei den Inhaltsstoffen auch nicht explizit eine aktuelle Zahl, Herr Kekeritz –, machen für europä- erwähnt . Liebe Kollegen von den Grünen, da Sie die De- ische Kraftstoffe allerdings gerade einmal 3 Prozent des klarationspflicht für Tenside, die aus Palmöl hergestellt Weltverbrauches aus . Der Biodiesel mit Palmölanteil er- werden, fordern, müssten Sie dies auch für Tenside aus reicht dabei hohe Cetanzahlen . In Fahrversuchen konnte Erdöl einfordern . ein um bis zu 45 Prozent geringerer Partikelausstoß und ein um bis zu 20 Prozent geringerer Stickoxidausstoß (Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- festgestellt werden . Ein weiterer Vorteil sind die geringe- NEN]: Man kann jeden Vorschlag zerreden, 18292 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

Peter Stein (A) wenn man will! Aber Alternativen sollten ge- Das gilt zum Beispiel für die Kennzeichnungspflicht, (C) nannt werden!) die nicht wirklich hilft, sondern wieder nur verunsichern würde . Das gilt besonders für Ihr Lieblingsthema, lieber Ich bin mir nicht sicher, ob sich die Verbraucher im Kollege Kekeritz, die kleinbäuerliche Landwirtschaft . Sinne Ihres Antrages entscheiden würden, wenn sie die Wahl zwischen pflanzenöl- und erdölbasierten Produkten Ich glaube, es ist deutlich geworden, dass es zur pro- hätten . Vor allen Dingen wüsste ich auch gerne einmal, duzierten Menge an Palmöl auch in der Zukunft keine wie Sie sich selber entscheiden würden, wenn Sie die Alternative gibt . Das geht tatsächlich nicht alleine in Wahl hätten . kleinbäuerlichen Strukturen . Für Ihr Anliegen werden Sie auch bei den Herstellerländern keine Unterstützung Palmfette haben derart besondere Eigenschaften, dass finden. An diesem Punkt werden Sie das Rad nicht zu- sie tatsächlich ohne Qualitäts- oder Geschmacksverluste rückdrehen . Palmöl an sich ist in der Verwendung bei uns kaum durch andere Produkte ersetzt werden könnten . kein problematisches Produkt, im Gegenteil . Daher ist (Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- der wichtigste Ansatz in den Herstellerländern zu finden. NEN]: Das ist falsch! – Uwe Kekeritz [BÜND- (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE NIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist völlig falsch!) GRÜNEN]: Was schlagen Sie vor?) Mancher süße Brotaufstrich wäre ohne Palmfett krüme- Sie können völlig sicher sein, dass wir als Regierungs- lig oder würde schnell ranzig, und Biodiesel wäre nicht koalition an jeder erdenklichen Stelle in der Entwick- marktfähig . lungszusammenarbeit und gerade bei der Umsetzung der (Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Projekte über GIZ, KfW und DEG wie bisher in dieser NEN]: Vor zehn Jahren hatten wir nur krü- Legislatur stets darauf achten werden, dass es, wo immer melige Butter! Ich erinnere mich genau! Das möglich, ein faires Einbinden der lokalen und staatlichen ist doch Quatsch! – Hans-Christian Ströbele Strukturen des Partnerlandes gibt, und zwar auf Augen- [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nutella gab höhe . es schon vor fünfzig Jahren!) (Beifall bei der CDU/CSU – Uwe Kekeritz Aufgrund des aktuell tatsächlichen Palmöl- und Palm- [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist das kernölverbrauchs in all diesen Produkten ist ein Verzicht Problem: Das findet nicht statt!) darauf als Rohstoff unmöglich; ich glaube, darin sind wir Dazu stehen wir in dieser Bundesregierung . uns einig . Punktlandung: Ich habe noch fünf Sekunden Redezeit . (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Sehr Als letzter Redner wünsche ich Ihnen allen eine schöne gut! – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (B) Sommerpause . Wer noch Urlaub hat, dem wünsche ich (D) NEN]: Das ist Quatsch!) einen schönen Urlaub und viel Freude im Wahlkreis . Wenn Palmöl jedoch in großem monokulturellem Maß- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) stab angebaut wird und dafür tropischer Regenwald vernichtet wird, dann sind die Auswirkungen auf die Umwelt mehr als negativ . Dazu tragen jedoch weniger Vizepräsidentin Ulla Schmidt: unsere Verbrauchsgewohnheiten bei, sondern neben dem Vielen Dank . – Das war schon der Hinweis darauf, erheblichen Bevölkerungswachstum auch die Regelun- dass wir jetzt die Aussprache beenden . gen der Herstellerstaaten in Asien und Afrika . So muss Nach einer Vereinbarung zwischen den Fraktionen seit 2007 in Malaysia der Diesel 5 Prozent verestertes wird vorgeschlagen, die Drucksache 18/8398 an die in Palmöl enthalten . Zudem unterstützt die malaysische der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu überwei- Regierung aufgrund steigender Mineralölpreise den Bau sen . – Ich sehe, dass Sie damit einverstanden sind . Dann von Palmöl-Biodiesel-Anlagen im Land . ist das der Fall . Die Überweisung ist beschlossen . Liebe Kollegen der Grünen, Sie haben in Ihrem An- Wir sind am Schluss der heutigen Tagesordnung an- trag völlig zu Recht auf die Missstände in der Palmöl- gelangt . produktion hingewiesen, schießen aber in den übrigen Punkten über das Ziel hinaus . Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes- tages auf Dienstag, den 6 . September 2016, 10 Uhr, ein . (Beifall des Abg . Dr . Patrick Sensburg [CDU/ CSU] – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE Ich hoffe, dass Sie in der jetzt anstehenden sitzungs- GRÜNEN]: Nennen Sie das, was über das Ziel freien Zeit die Gelegenheit haben, zur Ruhe zu kommen . hinausschießt! Nennen Sie mal den Teil, den Ich schließe die Sitzung und wünsche Ihnen alles Gute . Sie unterstützen!) (Schluss: 14 .57 Uhr)

Berichtigung 183 . Sitzung, Seite 18094 D, zweiter Absatz, erster Satz, ist wie folgt zu lesen: „Nun beschweren sich die Kollegen der Grünen immer noch darüber, dass wir die berufsvorbereitenden Maßnahmen für Geduldete erst nach 15 Monaten zugänglich machen .“ Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18293

(A) Anlagen zum Stenografischen Bericht (C)

Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten

entschuldigt bis entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Abgeordnete(r) einschließlich

Albsteiger, Katrin CDU/CSU 08 .07 .2016 Pilger, Detlev SPD 08 .07 .2016

Bär, Dorothee CDU/CSU 08 .07 .2016 Poschmann, Sabine SPD 08 .07 .2016

Barley, Dr . Katarina SPD 08 .07 .2016 Poß, Joachim SPD 08 .07 .2016

Böhmer, Dr . Maria CDU/CSU 08 .07 .2016 Rawert, Mechthild SPD 08 .07 .2016

Bosbach, Wolfgang CDU/CSU 08 .07 .2016 Rohde, Dennis SPD 08 .07 .2016

Dehm, Dr . Diether DIE LINKE 08 .07 .2016 Schäfer (Bochum), Axel SPD 08 .07 .2016

Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 08 .07 .2016 Scharfenberg, Elisabeth BÜNDNIS 90/ 08 .07 .2016 DIE GRÜNEN Gunkel, Wolfgang SPD 08 .07 .2016 Schindler, Norbert CDU/CSU 08 .07 .2016 Hintze, Peter CDU/CSU 08 .07 .2016 Schlecht, Michael DIE LINKE 08 .07 .2016 Höger, Inge DIE LINKE 08 .07 .2016 Steffen, Sonja SPD 08 .07 .2016 (B) Irlstorfer, Erich CDU/CSU 08 .07 .2016 (D) Tank, Azize DIE LINKE 08 .07 .2016 Jung, Dr . Franz Josef CDU/CSU 08 .07 .2016 Werner, Katrin DIE LINKE 08 .07 .2016 Jung, Xaver CDU/CSU 08 .07 .2016 Wicklein, Andrea SPD 08 .07 .2016 Kindler, Sven-Christian BÜNDNIS 90/ 08 .07 .2016 DIE GRÜNEN Zimmermann, Pia DIE LINKE 08 .07 .2016

Kipping, Katja DIE LINKE 08 .07 .2016 Anlage 2 Kudla, Bettina CDU/CSU 08 .07 .2016 Erklärung nach § 31 GO

Launert, Dr . Silke CDU/CSU 08 .07 .2016 der Abgeordneten Lothar Binding (Heidel- berg), Edelgard Bulmahn, Dr. h. c. Gernot Erler, Leidig, Sabine DIE LINKE 08 .07 .2016 Dr. Matthias Miersch, Klaus Mindrup, Ulli Nissen, Dr. Simone Raatz, Gerold Reichenbach, René Lerchenfeld, Philipp CDU/CSU 08 .07 .2016 Röspel, Svenja Stadler, Christoph Strässer und Graf Kerstin Tack (alle SPD) zu der namentlichen Ab- stimmung über den von den Fraktionen der CDU/ Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ 08 .07 .2016 CSU und SPD eingebrachten Entwurf eines Ge- DIE GRÜNEN setzes zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Müller (Chemnitz), SPD 08 .07 .2016 Änderungen des Rechts der erneuerbaren Ener- Detlef gien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG 2016) (Tagesordnungspunkt 33) Obermeier, Julia CDU/CSU 08 .07 .2016 Im parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bun- destagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen beim Petzold, Ulrich CDU/CSU 08 .07 .2016 EEG 2017 durchzusetzen . So wird im Zuge der Umstel- lung vom Einspeisevergütungssystem auf Ausschreibun- Pflugradt, Jeannine SPD 08 .07 .2016 gen – zur Wahrung der Akteursvielfalt – die Möglichkeit 18294 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

(A) der Teilnahme auch von Kommunen gestärkt . So kann Mit der heutigen Entscheidung einer Systemumstel- (C) eine Teilhabe an der Energiewende über Städte und Ge- lung auf Ausschreibungen wird ein Instrument der Men- meinden erfolgen, indem Bürgerenergiegesellschaften gensteuerung eingeführt . Internationale Erfahrungen mit 10 Prozent ihrer Anteile der Kommune vor Ort anbieten Ausschreibungen zeigen, dass es über die Gebotsver- müssen . Dies ist ein wichtiger Schritt, da nicht alle Men- fahren zu einer Einschränkung der Akteursvielfalt und schen die finanziellen Möglichkeiten der eigenen Betei- Verlagerung auf Großinverstoren kommen kann . Zudem ligung haben, so jedoch über ihre Kommune beteiligt werden gemäß der Erfahrungen mit Ausschreibungsmo- werden können . Teilhabe stärkt die Akzeptanz für Verän- dellen häufig größere Mengen der Zuschläge letztlich derungen, die mit der Energiewende einhergehen . nicht realisiert, was insgesamt zu einem Minderausbau führen kann . Preissenkende Wirkungen, die mit Aus- Die SPD-Bundestagsfraktion hat zudem eine Öffnung schreibungen erreicht werden, können sich hierüber und für ergänzende Länder-Regelungen durchgesetzt . Dar- über Monopolbildungen in der Akteursstruktur nivellie- über hinaus war bereits im Kabinettsentwurf verankert, ren . Auch wenn das EEG 2017 Bürgerenergieanlagen in dass Bürgerenergiegesellschaften keine Bundesimmissi- gewissem Umfang begünstigt, wird sich zeigen müssen, onsschutz-Genehmigung vorlegen müssen . Hiermit wird ob die Teilnahme an Ausschreibungen für kleine Ak- ihnen eine Hürde in der Projektplanung erspart . Die Ver- teure nicht dennoch zu einer Hürde werden könnte . So gütung von Bürgerenergiegesellschaften, die erfolgreich nahmen an Gebotsrunden im Zuge des Pilotverfahrens an einer Ausschreibung teilgenommen haben, orientiert für Photovoltaik-Freiflächenanlagen zwar auch kleinere sich am höchsten bezuschlagten Gebot – Bonus für Bür- Akteure teil, dies jedoch in verhältnismäßig geringerem gerenergie –, womit ein weiterer Anreiz mit Chancen auf Ausmaß als im Rahmen des herkömmlichen Einspeise- Teilhabe gegeben wird . vergütungssystems . Im Rahmen der parlamentarischen Verhandlungen konnte die SPD-Bundestagsfraktion im EEG erste Schrit- In Kombination mit den nun begrenzenden Ausbaukor- te zur Sektorkopplung – der Verknüpfung des Stromsek- ridoren, die in Deutschland mit dem EEG 2017 erstmals tors mit dem Wärme- und Verkehrssektor – durchsetzen . als jährliche fixe Obergrenzen festgeschrieben werden, Strommengen aus erneuerbaren Energien, die andernfalls wird zu hinterfragen sein, ob unsere Klimaschutzziele er- abgeregelt werden, sollen als sogenannte zuschaltbare reicht werden können . Insofern ist es problematisch, dass Lasten für den Wärmesektor oder andere Umwandlungs- mit der CDU/CSU keine Regelung möglich war, bezu- formen, wie etwa Speicher, verwendet werden können . schlagte nicht realisierte Ausbaumengen durch nachfol- gende Gebotsverfahren wieder aufzugreifen . Über eine Verordnung sollen demnächst Mieterstrom- modelle ermöglicht werden . Wir stärken an dieser ent- Aus der völkerrechtlich verbindlichen Vereinbarung (B) scheidenden Stelle das schwächste Glied in der Energie- der Klimakonferenz von Paris ergibt sich für die Bun- (D) versorgungskette, nämlich die Mieterinnen und Mieter desrepublik Deutschland eine klare Verpflichtung zur als Endverbraucher . Durch Mieterstrommodelle schaffen Ablösung fossiler Energien . Große Potenziale für die wir eine wesentliche Voraussetzung, dass die Energie- Schaffung neuer Arbeitsplätze liegen in einer Kopplung wende nun auch die Städte erreicht . Damit werden wir ei- der Sektoren Strom, Wärme und Mobilität . Dies bedeu- nen Beitrag zur klimaneutralen Stromversorgung leisten tet, dass wir zukünftig auf zunehmend mehr erneuerbare und gleichzeitig die Mieterinnen und Mieter entlasten . Energien angewiesen sein werden .

Privatpersonen und kleine Unternehmen können Mithilfe erneuerbarer Energien und unter Einsatz von Dach-Photovoltaikanlagen weiter nach dem System der Energieeffizienztechnologien ist bereits binnen weniger garantierten Einspeisevergütung bzw . zum Selbstver- Jahre eine Entkopplung von Wirtschaftswachstum und brauch errichten . Für den Bereich Wind onshore konnte relativen Energiebedarfen gelungen . gegen den Willen des Koalitionspartners das Referenzer- tragsmodell verteidigt werden, womit ein bundesweiter Erneuerbare Energien stehen für einen weltweit ver- Ausbau möglich bleibt . Der Koalitionspartner konnte fügbaren und damit von Grund auf gerechten Zugang sich ferner nicht damit durchsetzen, Entschädigungen bei zu Energie . Die Abhängigkeit von fossilen Ressourcen Abregelungen weitergehend zu kürzen, was zu Investiti- würde bei ihrer Verknappung und zugleich steigenden onsunsicherheiten geführt hätte . Energiebedarfen zu massiven Verteilungskämpfen füh- Für Wind offshore konnte das Ziel von 15 GW ins- ren, die Gefahr von Kriegen verschärfen und die Schere tallierter Leistung beibehalten werden . In den nun vor- zwischen Arm und Reich in einem unvorstellbaren Aus- liegenden, zeitlichen als auch räumlichen Zuordnungen maß auseinanderdrücken . Flucht vor dem Klimawandel von Ausbaumengen liegen allerdings auch Hemmnisse . und vor Energiearmut wären absehbare Entwicklungen mit verheerenden Folgen . Diese vor uns liegenden Auf- Für Kleinanlagen der Bioenergie von unter 150 kW gaben hat zuletzt eindringlich die Klimakonferenz von wurde mit dem parlamentarischen Verfahren eine Teil- Paris unterstrichen . nahmemöglichkeit am Ausschreibungsverfahren ge- schaffen . Sie hatten nach der EEG-Novelle 2014 eine nur Das für die Erfolge der Energiewende bislang maß- noch sehr eingeschränkte Perspektive . Ablaugeanlagen gebliche Instrument des Einspeisevergütungssystems der Zellstoffindustrie in Ost- und Westdeutschland erhal- EEG hat weltweite „Strahlkraft“ . Allein in Deutschland ten eine weitere Förderung über fünf Jahre . Der Beginn entstanden im Bereich der erneuerbaren Energien weit der Degression für Geothermieanlagen wird um ein Jahr über 400 000 Arbeitsplätze, die allerdings bereits durch auf den 1 . Januar 2021 verschoben . die letzten EEG-Novellen und hier vorgenommene Ein- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18295

(A) schnitte, insbesondere bei Photovoltaik und Bioenergie, Lasten für den Wärmesektor oder andere Umwandlungs- (C) rückläufig sind. formen, etwa Speicher, verwendet werden können . Über eine Verordnungsermächtigung wird zudem für soge- Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf unsere nannten Mieterstrom eine Teilhabemöglichkeit entste- Energiewende- und Klimaschutzziele bedarf es in den hen . folgenden Schritten einer Anpassung und Aufstockung der Ausbaukorridore sowie eines weiterführenden Inst- Für Wind onshore konnte gegenüber dem Koalitions- ruments der Sektorkopplung, sodass wir auch zu einer partner das Referenzertragsmodell verteidigt werden, Wärme- und Verkehrswende gelangen, wofür das EEG womit ein bundesweiter Ausbau möglich bleibt . Der Ko- 2016 erste Anknüpfungspunkte bietet . alitionspartner konnte sich ferner nicht damit durchset- zen, Entschädigungen bei Abregelungen weitergehend zu In einer Gesamtabwägung werden wir daher dem Ge- kürzen, was zu Investitionsunsicherheiten geführt hätte . setz zustimmen . Entscheidend dafür ist vor allem, dass wir keinen technologischen Fadenriss erleben und beim Für Wind offshore konnte das Ziel von 15 GW ins- Mieterstrom und der Sektorkopplung wichtige Durch- tallierter Leistung beibehalten werden . In den nun vor- brüche erzielt haben . Wir brauchen wirksame Klima- genommenen, sowohl zeitlichen als auch räumlichen schutzmaßnahmen und daraus abgeleitete Ausbaupfade Zuordnungen von Ausbaumengen liegen allerdings auch für die erneuerbaren Energien über die Sektoren hinweg . Hemmnisse . Für Kleinanlagen der Bioenergie von unter 150 kW wurde mit dem parlamentarischen Verfahren eine Teil- Anlage 3 nahmemöglichkeit an Ausschreibungen geschaffen . Sie hatten nach der EEG-Novelle 2014 eine nur noch sehr Erklärung nach § 31 GO eingeschränkte Perspektive . Ablaugeanlagen der Zell- der Abgeordneten Gabriela Heinrich und Martina stoffindustrie in Ost- und Westdeutschland erhalten eine Stamm-Fibich (beide SPD) zu der namentlichen weitere Förderung über fünf Jahre . Der Beginn der De- Abstimmung über den von den Fraktionen der gression für Geothermieanlagen wird um ein Jahr auf den CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf eines 1 . Januar 2021 verschoben . Gesetzes zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Mit der heutigen Entscheidung einer Systemumstel- Änderungen des Rechts der erneuerbaren Ener- lung auf Ausschreibungen wird ein Instrument der Men- gien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG 2016) gensteuerung eingeführt . Internationale Erfahrungen mit (Tagesordnungspunkt 33) Ausschreibungen zeigen, dass es über die Gebotsver- (B) fahren zu einer Einschränkung der Akteursvielfalt und (D) Im parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bun- Verlagerung auf Großinverstoren kommen kann . Zudem destagsfraktion gelungen, wertvolle Veränderungen werden gemäß der Erfahrungen mit Ausschreibungsmo- durchzusetzen . So wird im Zuge der Umstellung vom dellen häufig größere Mengen der Zuschläge letztlich Einspeisevergütungssystem auf Ausschreibungen zur nicht realisiert, was insgesamt zu einem Minderausbau Wahrung von Akteursvielfalt die Möglichkeit der Teil- führt . Preissenkende Wirkungen, die mit Ausschreibun- nahme auch von Kommunen gestärkt . So kann Teilhabe gen erreicht werden, können sich hierüber und über Mo- an der Energiewende auch über Städte und Gemeinden nopolbildungen in der Akteursstruktur nivellieren, wenn erfolgen, indem Bürgerenergiegesellschaften 10 Prozent nicht gar ins Gegenteil verkehrt werden . Auch wenn das ihrer Anteile der Kommune vor Ort anbieten müssen . EEG 2017 Bürgerenergieanlagen in gewissem Umfang Schließlich haben nicht alle Menschen die finanziellen begünstigt, wird die Teilnahme an Ausschreibungen für Möglichkeiten der eigenen Beteiligung, können so aber kleine Akteure möglicherweise dennoch eine Hürde dar- über ihre Kommune beteiligt werden . Teilhabe stärkt stellen . So nahmen an Gebotsrunden im Zuge des Pilot- die Akzeptanz für Veränderungen, die mit der Energie- verfahrens für Photovoltaik-Freiflächenanlagen zwar wende einhergehen . Die SPD-Bundestagsfraktion hat auch kleinere Akteure teil, allerdings in verhältnismäßig zudem eine Öffnung für ergänzende Länder-Regelungen geringerem Ausmaß als im Rahmen des herkömmlichen durchgesetzt . Bereits mit dem Kabinettsentwurf mussten Einspeisevergütungssystems . Bürgerenergiegesellschaften zudem keine Bundesimmis- sionsschutz-Genehmigung vorlegen . Hiermit wird ihnen In Kombination mit den nun begrenzenden Ausbau- eine Hürde in der Projektplanung erspart . Die Vergütung korridoren, die in Deutschland mit dem EEG 2017 nun von Bürgerenergiegesellschaften, die erfolgreich an einer erstmals als jährliche fixe Obergrenzen festgeschrieben Ausschreibung teilgenommen haben, orientiert sich am werden, können unsere Klimaschutzziele nicht erreicht höchsten bezuschlagten Gebot – Bonus für Bürgerener- werden . Insofern ist besonders problematisch, dass mit gie –, womit ein weiterer Anreiz mit Chancen auf Teilha- unserem Koalitionspartner keine Regelung vereinbar be gegeben wird . war, bezuschlagte, nicht realisierte Ausbaumengen durch nachfolgende Gebotsverfahren wieder aufzugreifen . Ein Mit den parlamentarischen Verhandlungen konnten Minderausbau führt auf diesem Weg zwangsläufig zu durch die SPD-Bundestagsfraktion im EEG erste Schritte einer Unterschreitung des jeweiligen Ausbaukorridors . für Sektorkopplung – der Verknüpfung des Stromsektors Auch das Erreichen der Ausbauziele von 40 bis 45 Pro- mit dem Wärme- und Verkehrssektor – angelegt werden . zent bis 2025 aus dem Koalitionsvertrag steht infrage . Strommengen aus erneuerbaren Energien, die andernfalls Alle fünf hiernach im Rahmen der Öffentlichen Anhö- abgeregelt werden, sollen als sogenannte zuschaltbare rung am 4 .Juli 2016 befragten Sachverständigen ver- 18296 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

(A) neinten, dass die Energiewende- und Klimaschutzziele Unter Berücksichtigung der genannten Punkte haben (C) mit der aktuellen EEG-Novelle zu erreichen seien . wir uns dazu entschieden, uns bei der Abstimmung zu enthalten . Aus der völkerrechtlich verbindlichen Vereinbarung der Klimakonferenz von Paris ergibt sich für die Bun- desrepublik Deutschland eine klare Verpflichtung zur Ablösung fossiler Energien . Große Potenziale für die Anlage 4 Schaffung neuer Arbeitsplätze liegen in einer Kopplung Erklärung nach § 31 GO der Sektoren Strom, Wärme und Mobilität . Dies bedeu- tet, dass wir zukünftig auf zunehmend mehr erneuerbare der Abgeordneten Hilde Mattheis und Dr. Nina Energien angewiesen sind . Eine Drosselung des Ausbaus, Scheer (beide SPD) zu der namentlichen Abstim- wie er mit dem EEG 2017 beschlossen wird, erschwert mung über den von den Fraktionen der CDU/CSU dies und gefährdet bereits geschaffene Arbeitsplätze . Das und SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes EEG 2017 darf nicht zu einer Innovationsbremse werden . zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Än- Insofern müssen die mit dem EEG 2017 eingeführten derungen des Rechts der erneuerbaren Energien Ausschreibungen regelmäßig auf ihre Tauglichkeit über- (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG 2016) (Ta- prüft werden . Bereits der Koalitionsvertrag sieht an sich gesordnungspunkt 33) vor, „dass vor der Einführung von Ausschreibungen in einem Pilotprojekt nachgewiesen werden kann, dass die Im parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bun- Ziele der Energiewende auf diesem Weg kostengünstiger destagsfraktion gelungen, wertvolle Veränderungen erreicht werden können“ . Eine dahingehende Evaluati- durchzusetzen . So wird im Zuge der Umstellung vom on, die auch die Realisierung der Projekte und nicht nur Einspeisevergütungssystem auf Ausschreibungen zur die Gebotsverfahren berücksichtigt, hat im Vorfeld der Wahrung von Akteursvielfalt die Möglichkeit der Teil- EEG-Novelle nicht stattgefunden . Nach der EU-Beihil- nahme auch von Kommunen gestärkt . So kann Teilhabe feleitlinie wären über die sogenannte De-minimis-Re- an der Energiewende auch über Städte und Gemeinden gelung weitreichende Ausnahmen von Ausschreibungen erfolgen, indem Bürgerenergiegesellschaften 10 Prozent möglich . Diese Möglichkeiten zur Wahrung von Ak- ihrer Anteile der Kommune vor Ort anbieten müssen . teursvielfalt und um die Praktikabilität von Ausschrei- Schließlich haben nicht alle Menschen die finanziellen bungen zunächst zu überprüfen, blieben ungenutzt . Möglichkeiten der eigenen Beteiligung, können so aber über ihre Kommune beteiligt werden . Teilhabe stärkt Mithilfe erneuerbarer Energien und unter Einsatz von die Akzeptanz für Veränderungen, die mit der Energie- (B) Energieeffizienztechnologien ist bereits binnen weniger wende einhergehen . Die SPD-Bundestagsfraktion hat (D) Jahre eine Entkopplung von Wachstum und relativen zudem eine Öffnung für ergänzende Länder-Regelungen Energiebedarfen gelungen . durchgesetzt . Bereits mit dem Kabinettsentwurf mussten Bürgerenergiegesellschaften zudem keine Bundesimmis- Erneuerbare Energien stehen für einen weltweit ver- sionsschutz-Genehmigung vorlegen . Hiermit wird ihnen fügbaren und damit von Grund auf gerechten Zugang zu eine Hürde in der Projektplanung erspart . Die Vergütung Energie . Die Abhängigkeit von fossilen Ressourcen wird von Bürgerenergiegesellschaften, die erfolgreich an einer bei ihrer Verknappung und zugleich steigenden Energie- Ausschreibung teilgenommen haben, orientiert sich am bedarfen zu massiven Verteilungskämpfen führen, die höchsten bezuschlagten Gebot – Bonus für Bürgerener- Gefahr von Kriegen verschärfen und die Schere zwi- gie –, womit ein weiterer Anreiz mit Chancen auf Teilha- schen Arm und Reich in einem unvorstellbaren Ausmaß be gegeben wird . auseinanderdrücken . Flucht vor dem Klimawandel und Mit den parlamentarischen Verhandlungen konnten vor Energiearmut wären absehbare Entwicklungen mit durch die SPD-Bundestagsfraktion im EEG erste Schritte verheerenden Folgen . Diese vor uns liegenden Aufgaben für Sektorkopplung – die Verknüpfung des Stromsektors hat zuletzt eindringlich die Klimakonferenz von Paris un- mit dem Wärme- und Verkehrssektor – angelegt werden . terstrichen . Strommengen aus erneuerbaren Energien, die andernfalls Das für die Erfolge der Energiewende bislang maß- abgeregelt werden, sollen als sogenannte zuschaltbare gebliche Instrument des Einspeisevergütungssystems Lasten für den Wärmesektor oder andere Umwandlungs- EEG hat weltweite Ausstrahlungswirkung . Allein in formen, etwa Speicher, verwendet werden können . Über Deutschland entstanden dabei weit über 400 000 Arbeits- eine Verordnungsermächtigung wird zudem für soge- plätze, die allerdings bereits durch die letzten EEG-No- nannten Mieterstrom eine Teilhabemöglichkeit entste- vellen und hier vorgenommene Einschnitte, insbesondere hen . bei Photovoltaik und Bioenergie, rückläufig sind. Für Wind onshore konnte gegenüber dem Koalitions- partner das Referenzertragsmodell verteidigt werden, Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf unsere womit ein bundesweiter Ausbau möglich bleibt . Der Ko- Energiewende- und Klimaschutzziele bedarf es in den alitionspartner konnte sich ferner nicht damit durchset- folgenden Schritten einer Anpassung und Aufstockung zen, Entschädigungen bei Abregelungen weitergehend zu der Ausbaukorridore sowie eines weiterführenden Instru- kürzen, was zu Investitionsunsicherheiten geführt hätte . ments der Sektorkopplung, sodass wir auch zu einer Wär- me- und Verkehrswende gelangen, wofür das EEG 2017 Für Wind offshore konnte das Ziel von 15 GW ins- erste Anknüpfungspunkte bietet . tallierter Leistung beibehalten werden . In den nun vor- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18297

(A) genommenen sowohl zeitlichen als auch räumlichen Insofern müssen die mit dem EEG 2017 eingeführten (C) Zuordnungen von Ausbaumengen liegen allerdings auch Ausschreibungen regelmäßig auf ihre Tauglichkeit über- Hemmnisse . prüft werden . Bereits der Koalitionsvertrag sieht an sich vor, „dass vor der Einführung von Ausschreibungen in Für Kleinanlagen der Bioenergie von unter 150 kW einem Pilotprojekt nachgewiesen werden kann, dass die wurde mit dem parlamentarischen Verfahren eine Teil- Ziele der Energiewende auf diesem Weg kostengünstiger nahmemöglichkeit an Ausschreibungen geschaffen . Sie erreicht werden können“ . Eine dahin gehende Evaluati- hatten nach der EEG-Novelle 2014 eine nur noch sehr on, die auch die Realisierung der Projekte und nicht nur eingeschränkte Perspektive . Ablaugeanlagen der Zell- die Gebotsverfahren berücksichtigt, hat im Vorfeld der stoffindustrie in Ost- und Westdeutschland erhalten eine EEG-Novelle nicht stattgefunden . Nach der EU-Beihil- weitere Förderung über fünf Jahre . Der Beginn der De- feleitlinie wären über die sogenannte De-minimis-Re- gression für Geothermieanlagen wird um ein Jahr auf den gelung weitreichende Ausnahmen von Ausschreibungen 1 . Januar 2021 verschoben . möglich . Diese Möglichkeiten zur Wahrung von Ak- teursvielfalt und um die Praktikabilität von Ausschrei- Mit der heutigen Entscheidung einer Systemumstel- bungen zunächst zu überprüfen, blieben ungenutzt . lung auf Ausschreibungen wird ein Instrument der Men- gensteuerung eingeführt . Internationale Erfahrungen mit Mithilfe erneuerbarer Energien und unter Einsatz von Ausschreibungen zeigen, dass es über die Gebotsver- Energieeffizienztechnologien ist bereits binnen weniger fahren zu einer Einschränkung der Akteursvielfalt und Jahre eine Entkopplung von Wachstum und relativen Verlagerung auf Großinverstoren kommen kann . Zudem Energiebedarfen gelungen . werden gemäß den Erfahrungen mit Ausschreibungsmo- Erneuerbare Energien stehen für einen weltweit ver- dellen häufig größere Mengen der Zuschläge letztlich fügbaren und damit von Grund auf gerechten Zugang zu nicht realisiert, was insgesamt zu einem Minderausbau Energie . Die Abhängigkeit von fossilen Ressourcen wird führt . Preissenkende Wirkungen, die mit Ausschreibun- bei ihrer Verknappung und zugleich steigenden Energie- gen erreicht werden, können sich hierüber und über Mo- bedarfen zu massiven Verteilungskämpfen führen, die nopolbildungen in der Akteursstruktur nivellieren, wenn Gefahr von Kriegen verschärfen und die Schere zwi- nicht gar ins Gegenteil verkehrt werden . Auch wenn das schen Arm und Reich in einem unvorstellbaren Ausmaß EEG 2017 Bürgerenergieanlagen in gewissem Umfang auseinanderdrücken . Flucht vor dem Klimawandel und begünstigt, wird die Teilnahme an Ausschreibungen für vor Energiearmut wären absehbare Entwicklungen mit kleine Akteure möglicherweise dennoch eine Hürde dar- verheerenden Folgen . Diese vor uns liegenden Aufgaben stellen . So nahmen an Gebotsrunden im Zuge des Pilot- hat zuletzt eindringlich die Klimakonferenz von Paris un- verfahrens für Photovoltaik-Freiflächenanlagen zwar terstrichen . (B) auch kleinere Akteuren teil, allerdings in verhältnismäßig (D) geringerem Ausmaß als im Rahmen des herkömmlichen Das für die Erfolge der Energiewende bislang maß- Einspeisevergütungssystems . gebliche Instrument des Einspeisevergütungssystems EEG hat weltweite Ausstrahlungswirkung . Allein in In Kombination mit den nun begrenzenden Ausbau- Deutschland entstanden dabei weit über 400 000 Arbeits- korridoren, die in Deutschland mit dem EEG 2017 nun plätze, die allerdings bereits durch die letzten EEG-No- erstmals als jährliche fixe Obergrenzen festgeschrieben vellen und hier vorgenommene Einschnitte, insbesondere werden, können unsere Klimaschutzziele nicht erreicht bei Photovoltaik und Bioenergie, rückläufig sind. werden . Insofern ist besonders problematisch, dass mit unserem Koalitionspartner keine Regelung vereinbar Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf unsere war, bezuschlagte, nicht realisierte Ausbaumengen durch Energiewende- und Klimaschutzziele bedarf es in den nachfolgende Gebotsverfahren wieder aufzugreifen . Ein folgenden Schritten einer Anpassung und Aufstockung Minderausbau führt auf diesem Weg zwangsläufig zu der Ausbaukorridore sowie eines weiterführenden Instru- einer Unterschreitung des jeweiligen Ausbaukorridors . ments der Sektorkopplung, sodass wir auch zu einer Wär- Auch das Erreichen der Ausbauziele von 40 bis 45 Pro- me- und Verkehrswende gelangen, wofür das EEG 2017 zent bis 2025 aus dem Koalitionsvertrag steht infrage . erste Anknüpfungspunkte bietet . Alle fünf hiernach im Rahmen der öffentlichen Anhörung In einer Gesamtabwägung kommen wir mit Blick auf am 4 .Juli 2016 befragten Sachverständigen verneinten, die genannten energiewendebeschränkenden Auswirkun- dass die Energiewende- und Klimaschutzziele mit der gen der EEG-Novelle trotz unserer intensiven und auch aktuellen EEG-Novelle zu erreichen seien . erfolgreichen Bemühungen, in wichtigen Fragen zielfüh- rende Veränderungen herbeigeführt zu haben – etwa die Aus der völkerrechtlich verbindlichen Vereinbarung Sektorkopplung und die Akteursvielfalt betreffend –, zu der Klimakonferenz von Paris ergibt sich für die Bun- dem Schluss, mit Nein zu stimmen . desrepublik Deutschland eine klare Verpflichtung zur Ablösung fossiler Energien . Große Potenziale für die Schaffung neuer Arbeitsplätze liegen in einer Kopplung der Sektoren Strom, Wärme und Mobilität . Dies bedeu- Anlage 5 tet, dass wir zukünftig auf zunehmend mehr erneuerbare Erklärungen nach § 31 GO Energien angewiesen sind . Eine Drosselung des Ausbaus, wie er mit dem EEG 2017 beschlossen wird, erschwert zu der namentlichen Abstimmung über den von dies und gefährdet bereits geschaffene Arbeitsplätze . Das den Fraktionen der CDU/CSU und SPD einge- EEG 2017 darf nicht zu einer Innovationsbremse werden . brachten Entwurf eines Gesetzes zur Einführung 18298 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

(A) von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Kritisch sehe ich auch die Situation für die Windener- (C) Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts gie . Schon die 10H-Regelung war eine Windenergiever- der erneuerbaren Energien (Erneuerbare-Energi- hinderungsmaßnahme . Wenn südliche Bundesländer den en-Gesetz – EEG 2016) (Tagesordnungspunkt 33) Windausbau behindern und gleichzeitig die Ausbauzah- len im Norden bzw . den „Netzausbauregionen“ deutlich reduziert werden, die wichtigste erneuerbare Energie in (SPD): Die Novellierung des EEG Marco Bülow Deutschland also in vielen Teilen der Republik beschnit- wird die Energiewende nicht stärken, sondern eher brem- ten wird, dann bleibt die Frage, wie die Energiewende sen . Die EEG-Novelle wird auch nicht dazu beitragen, gelingen soll . Hinzu kommt, dass bald – nach Ende der dass Deutschland seine Innovationskraft oder Technolo- 20-jährigen Förderung eine größere Zahl an alten Wind- gieführerschaft im Bereich erneuerbarer Energien beibe- anlagen vom Netz gehen wird . Die 10H-Regelung müsste hält . Zudem befürchte ich eine Einschränkung der Ak- rückgängig gemacht werden, wir bräuchten Lösungen für teursvielfalt zuungunsten von kleineren Anbietern . Von die bald wegfallenden Altanlagen, und auch die Zubau- einigen Fraktionsmitgliedern konnten einzelne Verbes- reduzierung im Norden müsste durch andere innovative serungen durchgesetzt werden, aber insgesamt bleibt die Lösungen ersetzt werden . Es gibt bereits genügend Ide- EEG-Reform ein Irrweg, dem ich nicht zustimmen kann . en, wie man Windanlagen anders auslegen oder Strom- Ausschreibungen sind der falsche Weg: Ausschrei- überschüsse anderweitig nutzen kann . bungsmodelle waren schon immer eine Option von de- Der Rückgang der Arbeitsplätze im Bereich der Photo- nen, die einen Erfolg der erneuerbaren Energien verhin- voltaik war in den letzten Jahren enorm . Tausende haben dern wollten . Keinem Land, das darauf gesetzt hat, ist es ihren Job verloren . Da es sich aber um eine Vielzahl von gelungen, die Erneuerbaren effizient am Markt zu eta- kleinen und mittleren Unternehmen handelt, stehen diese blieren . Laut Aussagen von Experten in der öffentlichen nicht so sehr im Fokus – anders als wenn beispielsweise Anhörung haben 30 bis 40 Prozent der Marktteilnehmer, einige wenige große Unternehmen der Automobilbran- die sich bei den Ausschreibungen durchsetzen konnten, che auch nur damit drohen, in größerem Maße Mitarbei- dann letztendlich gar keine Anlagen gebaut . Es gibt kei- ter zu entlassen . Dieser Trend darf sich nicht fortsetzen . nerlei Mechanismus im neuen EEG, mögliche Fehlmen- Wir müssen zudem auch endlich dafür sorgen, dass die gen bei künftigen Ausschreibungsrunden auszugleichen . großen Unternehmen mehr für das Klima tun . Jetzt noch Es besteht die Gefahr, dass die Dynamik beim Erneu- mehr Unternehmen Vergünstigungen bei der EEG-Umla- erbaren-Ausbau gebrochen oder zumindest gedämpft ge zu gewähren, ohne – wie ursprünglich beschlossen – wird . Schon bei der letzten EEG-Novelle 2014 habe ich von diesen Effizienzmaßnahmen einzufordern, geht ab- mit Nein gestimmt, weil ich die Pilotausschreibungen solut in die falsche Richtung . (B) für Photovoltaik-Freiflächenanlagen schon damals als (D) Einstieg in den Ausstieg aus dem bisherigen EEG an- Ich bin der festen Überzeugung, dass wir den einge- gesehen habe . Der jetzt durch die Reform vollzogene schlagenen Weg schon länger nicht konsequent fortset- komplette Regimewechsel weg von der Preissteuerung zen und unser Energiesystem nicht wirklich den neuen hin zur Mengensteuerung stellt für mich das Grundpro- Anforderungen entsprechend umbauen . Wir setzen damit blem der aktuellen EEG-Novelle dar . Wir verfügen über auch den Klimaschutz bewusst aufs Spiel . Bei der Ener- keinerlei dauerhafte positive Erfahrungen damit . Eine giewende wird vorrangig problematisiert, verzögert und bessere Planbarkeit der Energiewende bzw . des Erneu- gezaudert . Mit Mut und Zuversicht sollten wir vorange- erbaren-Ausbaus hätte man im Übrigen auch über ande- hen, denn viele Länder schauen darauf, was in Deutsch- re Maßnahmen erreichen können (besseres Monitoring, land passiert . Statt zu bremsen, brauchen wir endlich eine bessere Koordinierung und Austausch der Länder bzw . breitangelegte Offensive . Genehmigungsbehörden etc .) .

Es wäre dringend notwendig, Möglichkeiten für eine Dr. Ute Finckh-Krämer (SPD): Im parlamenta- Korrektur dieses – vermutlich falsch – eingeschlagenen rischen Verfahren ist es der SPD-Bundestagsfraktion Weges zu schaffen, beispielsweise durch eine Befristung gelungen, wertvolle Veränderungen durchzusetzen . So des Ausschreibungssystems und einer danach möglichen wird im Zuge der Umstellung vom Einspeisevergü- Rückkehr zum bisher bestehenden System . Da es sich tungssystem auf Ausschreibungen zur Wahrung von bei der Ausweitung der Ausschreibungen auf große Pho- Akteursvielfalt die Möglichkeit der Teilnahme auch von tovoltaik-Anlagen sowie Wind On- und Offshore ohne Kommunen gestärkt . So kann Teilhabe an der Energie- jegliche Erfahrungen um ein ökonomisches Großexperi- wende auch über Städte und Gemeinden erfolgen, indem ment für ganz Deutschland handelt, ist auch die Frage Bürgerenergiegesellschaften 10 Prozent ihrer Anteile der der Evaluation entscheidend . Daher sollte es nach den Kommune vor Ort anbieten müssen . Schließlich haben ersten Jahren sowohl eine umfassende und unabhängige nicht alle Menschen die finanziellen Möglichkeiten der Auswertung – die über den EEG-Erfahrungsbericht hi- eigenen Beteiligung, können so aber über ihre Kommu- nausgeht – als auch einen neuen politischen Mehrheits- ne beteiligt werden . Teilhabe stärkt die Akzeptanz für beschluss geben müssen, Ausschreibungen weiterführen Veränderungen, die mit der Energiewende einhergehen . zu wollen . Es muss von einer unabhängigen Institution Die SPD-Bundestagsfraktion hat zudem eine Öffnung überprüft werden, ob zum Beispiel die Ausbauziele er- für ergänzende Länder-Regelungen durchgesetzt . Bereits reicht werden, ob es tatsächlich eine höhere Kosteneffizi- mit dem Kabinettsentwurf mussten Bürgerenergiegesell- enz als mit dem bisherigen System gibt, die Akteursviel- schaften zudem keine Bundesimmissionsschutz-Geneh- falt erhalten bzw . ausgebaut wird etc . migung vorlegen . Hiermit wird ihnen eine Hürde in der Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18299

(A) Projektplanung erspart . Die Vergütung von Bürgerener- werden . Insofern ist besonders problematisch, dass mit (C) giegesellschaften, die erfolgreich an einer Ausschreibung unserem Koalitionspartner keine Regelung vereinbar teilgenommen haben, orientiert sich am höchsten bezu- war, bezuschlagte, nicht realisierte Ausbaumengen durch schlagten Gebot – Bonus für Bürgerenergie –, womit ein nachfolgende Gebotsverfahren wieder aufzugreifen . Ein weiterer Anreiz mit Chancen auf Teilhabe gegeben wird . Minderausbau führt auf diesem Weg zwangsläufig zu einer Unterschreitung des jeweiligen Ausbaukorridors . Mit den parlamentarischen Verhandlungen konnten Auch das Erreichen der Ausbauziele von 40 bis 45 Pro- durch die SPD-Bundestagsfraktion im EEG erste Schritte zent bis 2025 aus dem Koalitionsvertrag steht in Frage . für Sektorkopplung – der Verknüpfung des Stromsektors Alle fünf hiernach im Rahmen der öffentlichen Anhörung mit dem Wärme- und Verkehrssektor – angelegt werden . am 4 .Juli 2016 befragten Sachverständigen verneinten, Strommengen aus erneuerbaren Energien, die andernfalls dass die Energiewende- und Klimaschutzziele mit der abgeregelt werden, sollen als sogenannte zuschaltbare aktuellen EEG-Novelle zu erreichen seien . Lasten für den Wärmesektor oder andere Umwandlungs- formen, etwa Speicher, verwendet werden können . Über Aus der völkerrechtlich verbindlichen Vereinbarung eine Verordnungsermächtigung wird zudem für soge- der Klimakonferenz von Paris ergibt sich für die Bun- nannten Mieterstrom eine Teilhabemöglichkeit entste- desrepublik Deutschland eine klare Verpflichtung zur hen . Ablösung fossiler Energien . Große Potenziale für die Für Wind onshore konnte gegenüber dem Koalitions- Schaffung neuer Arbeitsplätze liegen in einer Kopplung partner das Referenzertragsmodell verteidigt werden, der Sektoren Strom, Wärme und Mobilität . Dies bedeu- womit ein bundesweiter Ausbau möglich bleibt . Der Ko- tet, dass wir zukünftig auf zunehmend mehr erneuerbare alitionspartner konnte sich ferner nicht damit durchset- Energien angewiesen sind . Eine Drosselung des Ausbaus, zen, Entschädigungen bei Abregelungen weitergehend zu wie er mit dem EEG 2017 beschlossen wird, erschwert kürzen, was zu Investitionsunsicherheiten geführt hätte . dies und gefährdet bereits geschaffene Arbeitsplätze . Das EEG 2017 darf nicht zu einer Innovationsbremse werden . Für Offshore konnte das Ziel von 15 GW installierter Leistung beibehalten werden . In den nun vorgenomme- Insofern müssen die mit dem EEG 2017 eingeführten nen, sowohl zeitlichen als auch räumlichen Zuordnungen Ausschreibungen regelmäßig auf ihre Tauglichkeit über- von Ausbaumengen liegen allerdings auch Hemmnisse . prüft werden . Bereits der Koalitionsvertrag sieht an sich Für Kleinanlagen der Bioenergie von unter 150 kW vor, „dass vor der Einführung von Ausschreibungen in wurde mit dem Parlamentarischen Verfahren eine Teil- einem Pilotprojekt nachgewiesen werden kann, dass die nahmemöglichkeit an Ausschreibungen geschaffen . Sie Ziele der Energiewende auf diesem Weg kostengünstiger hatten nach der EEG-Novelle 2014 eine nur noch sehr erreicht werden können“ . Eine dahingehende Evaluati- (B) eingeschränkte Perspektive . Ablaugeanlagen der Zell- on, die auch die Realisierung der Projekte und nicht nur (D) stoffindustrie in Ost- und Westdeutschland erhalten eine die Gebotsverfahren berücksichtigt, hat im Vorfeld der weitere Förderung über fünf Jahre . Der Beginn der De- EEG-Novelle nicht stattgefunden . Nach der EU-Beihil- gression für Geothermieanlagen wird um ein Jahr auf den feleitlinie wären über die sogenannte De-minimis-Re- 1 . Januar 2021 verschoben . gelung weitreichende Ausnahmen von Ausschreibungen möglich . Diese Möglichkeiten zur Wahrung von Ak- Mit der heutigen Entscheidung einer Systemumstel- teursvielfalt und um die Praktikabilität von Ausschrei- lung auf Ausschreibungen wird ein Instrument der Men- bungen zunächst zu überprüfen, blieben leider ungenutzt . gensteuerung eingeführt . Internationale Erfahrungen mit Ausschreibungen zeigen, dass es über die Gebotsver- Mithilfe erneuerbarer Energien und unter Einsatz von fahren zu einer Einschränkung der Akteursvielfalt und Energieeffizienztechnologien ist bereits binnen weniger Verlagerung auf Großinverstoren kommen kann . Zudem Jahre eine Entkopplung von Wachstum und relativen werden gemäß der Erfahrungen mit Ausschreibungsmo- Energiebedarfen gelungen . dellen häufig größere Mengen der Zuschläge letztlich nicht realisiert, was insgesamt zu einem Minderausbau Erneuerbare Energien stehen für einen weltweit ver- führt . Preissenkende Wirkungen, die mit Ausschreibun- fügbaren und damit von Grund auf gerechten Zugang gen erreicht werden, können sich hierüber und über Mo- zu Energie . Die Abhängigkeit von fossilen Ressourcen nopolbildungen in der Akteursstruktur nivellieren, wenn wird bei ihrer Verknappung und zugleich steigenden nicht gar ins Gegenteil verkehrt werden . Auch wenn das Energiebedarfen zu massiven Verteilungskämpfen füh- EEG 2017 Bürgerenergieanlagen in gewissem Umfang ren, die Gefahr von Kriegen verschärfen und die Schere begünstigt, wird die Teilnahme an Ausschreibungen für zwischen Arm und Reich weiter öffnen . Flucht vor dem kleine Akteure möglicherweise dennoch eine Hürde dar- Klimawandel und vor Energiearmut wären absehbare stellen . So nahmen an Gebotsrunden im Zuge des Pilot- Entwicklungen mit verheerenden Folgen . Diese vor uns verfahrens für Photovoltaik-Freiflächenanlagen zwar liegenden Aufgaben wurden zuletzt eindringlich auf der auch kleinere Akteuren teil, allerdings in verhältnismäßig Klimakonferenz von Paris unterstrichen . geringerem Ausmaß als im Rahmen des herkömmlichen Das für die Erfolge der Energiewende bislang maß- Einspeisevergütungssystems . gebliche Instrument des Einspeisevergütungssystems In Kombination mit den nun begrenzenden Ausbau- EEG hat weltweite Ausstrahlung entwickelt . Allein in korridoren, die in Deutschland mit dem EEG 2017 nun Deutschland entstanden dabei weit über 400 000 Arbeits- erstmals als jährliche fixe Obergrenzen festgeschrieben plätze, die allerdings bereits durch die letzten EEG-No- werden, können unsere Klimaschutzziele nicht erreicht vellen und hier vorgenommene Einschnitte, insbesondere 18300 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

(A) bei Photovoltaik und Bioenergie, nicht alle erhalten ge- Für Kleinanlagen der Bioenergie von unter 150 kW (C) blieben sind . wurde mit dem parlamentarischen Verfahren eine Teil- nahmemöglichkeit an Ausschreibungen geschaffen . Sie Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf unsere hatten nach der EEG-Novelle 2014 eine nur noch sehr Energiewende- und Klimaschutzziele bedarf es in den eingeschränkte Perspektive . Ablaugeanlagen der Zell- folgenden Schritten einer Anpassung und Aufstockung stoffindustrie in Ost- und Westdeutschland erhalten eine der Ausbaukorridore sowie eines weiterführenden Instru- weitere Förderung über fünf Jahre . Der Beginn der De- ments der Sektorkopplung, sodass wir auch zu einer Wär- gression für Geothermieanlagen wird um ein Jahr auf den me- und Verkehrswende gelangen, wofür das EEG 2017 1 . Januar 2021 verschoben . erste Anknüpfungspunkte bietet . Mit der heutigen Entscheidung einer Systemumstel- In einer Gesamtabwägung bin ich zu dem Schluss ge- lung auf Ausschreibungen wird ein Instrument der Men- kommen, mich bei der Abstimmung des Gesetzentwurfes gensteuerung eingeführt . Internationale Erfahrungen mit in der dritten Lesung zu enthalten . Ausschreibungen zeigen, dass es über die Gebotsver- fahren zu einer Einschränkung der Akteursvielfalt und Gabriele Hiller-Ohm (SPD): Im parlamentarischen Verlagerung auf Großinverstoren kommen kann . Zudem Verfahren ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, werden gemäß der Erfahrungen mit Ausschreibungsmo- wertvolle Veränderungen durchzusetzen . So wird im dellen häufig größere Mengen der Zuschläge letztlich Zuge der Umstellung vom Einspeisevergütungssystem nicht realisiert, was insgesamt zu einem Minderausbau auf Ausschreibungen – zur Wahrung von Akteursviel- führt . Preissenkende Wirkungen, die mit Ausschreibun- falt – die Möglichkeit der Teilnahme auch von Kom- gen erreicht werden, können sich hierüber und über Mo- munen gestärkt . So kann Teilhabe an der Energiewende nopolbildungen in der Akteursstruktur nivellieren, wenn auch über Städte und Gemeinden erfolgen, indem Bür- nicht gar ins Gegenteil verkehrt werden . Auch wenn das gerenergiegesellschaften 10 Prozent ihrer Anteile der EEG 2017 Bürgerenergieanlagen in gewissem Umfang Kommune vor Ort anbieten müssen . Schließlich haben begünstigt, wird die Teilnahme an Ausschreibungen für nicht alle Menschen die finanziellen Möglichkeiten der kleine Akteure möglicherweise dennoch eine Hürde dar- eigenen Beteiligung, können so aber über ihre Kommune stellen . So nahmen an Gebotsrunden im Zuge des Pilot- beteiligt werden . Teilhabe stärkt die Akzeptanz für Ver- verfahrens für Photovoltaik-Freiflächenanlagen zwar änderungen, die mit der Energiewende einhergehen . auch kleinere Akteure teil, allerdings in verhältnismäßig geringerem Ausmaß als im Rahmen des herkömmlichen Die SPD-Bundestagsfraktion hat zudem eine Öffnung Einspeisevergütungssystems . für ergänzende Länder-Regelungen durchgesetzt . Bereits In Kombination mit den nun begrenzenden Ausbau- (B) mit dem Kabinettsentwurf mussten Bürgerenergiegesell- (D) schaften zudem keine Bundesimmissionsschutz-Geneh- korridoren, die in Deutschland mit dem EEG 2017 nun migung vorlegen . Hiermit wird ihnen eine Hürde in der erstmals als jährliche fixe Obergrenzen festgeschrieben Projektplanung erspart . Die Vergütung von Bürgerener- werden, können unsere Klimaschutzziele nicht erreicht giegesellschaften, die erfolgreich an einer Ausschreibung werden . Insofern ist besonders problematisch, dass mit teilgenommen haben, orientiert sich am höchsten bezu- unserem Koalitionspartner keine Regelung vereinbar schlagten Gebot (Bonus für Bürgerenergie), womit ein war, bezuschlagte nicht realisierte Ausbaumengen durch weiterer Anreiz mit Chancen auf Teilhabe gegeben wird . nachfolgende Gebotsverfahren wieder aufzugreifen . Ein Minderausbau führt auf diesem Weg zwangsläufig zu Mit den parlamentarischen Verhandlungen konnten einer Unterschreitung des jeweiligen Ausbaukorridors . durch die SPD-Bundestagsfraktion im EEG erste Schritte Auch das Erreichen der Ausbauziele von 40 bis 45 Pro- für Sektorkopplung – der Verknüpfung des Stromsektors zent bis 2025 aus dem Koalitionsvertrag steht infrage . mit dem Wärme- und Verkehrssektor – angelegt werden . Alle fünf hiernach im Rahmen der öffentlichen Anhörung Strommengen aus erneuerbaren Energien, die andernfalls am 4 .Juli 2016 befragten Sachverständigen verneinten, abgeregelt werden, sollen als sogenannte zuschaltbare dass die Energiewende- und Klimaschutzziele mit der Lasten für den Wärmesektor oder andere Umwandlungs- aktuellen EEG-Novelle zu erreichen seien . formen, etwa Speicher, verwendet werden können . Über eine Verordnungsermächtigung wird zudem für soge- Aus der völkerrechtlich verbindlichen Vereinbarung nannten Mieterstrom eine Teilhabemöglichkeit entste- der Klimakonferenz von Paris ergibt sich für die Bun- hen . desrepublik Deutschland eine klare Verpflichtung zur Ablösung fossiler Energien . Große Potenziale für die Für Wind onshore konnte gegenüber dem Koalitions- Schaffung neuer Arbeitsplätze liegen in einer Kopplung partner das Referenzertragsmodell verteidigt werden, der Sektoren Strom, Wärme und Mobilität . Dies bedeu- womit ein bundesweiter Ausbau möglich bleibt . Der Ko- tet, dass wir zukünftig auf zunehmend mehr erneuerbare alitionspartner konnte sich ferner nicht damit durchset- Energien angewiesen sind . Eine Drosselung des Ausbaus, zen, Entschädigungen bei Abregelungen weitergehend zu wie er mit dem EEG 2017 beschlossen wird, erschwert kürzen, was zu Investitionsunsicherheiten geführt hätte . dies und gefährdet bereits geschaffene Arbeitsplätze . Das EEG 2017 darf nicht zu einer Innovationsbremse werden . Für Wind offshore konnte das Ziel von 15 GW ins- tallierter Leistung beibehalten werden . In den nun vor- Insofern müssen die mit dem EEG 2017 eingeführten genommenen, sowohl zeitlichen als auch räumlichen Ausschreibungen regelmäßig auf ihre Tauglichkeit über- Zuordnungen von Ausbaumengen liegen allerdings auch prüft werden . Bereits der Koalitionsvertrag sieht an sich Hemmnisse . vor, „dass vor der Einführung von Ausschreibungen in Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18301

(A) einem Pilotprojekt nachgewiesen werden kann, dass die muss regelmäßig auf seine Wirksamkeit überprüft wer- (C) Ziele der Energiewende auf diesem Weg kostengünstiger den – Wirksamkeit dahingehend, dass der Ausbau der erreicht werden können“ . Eine dahingehende Evaluati- erneuerbaren Energien kontinuierlich weitergeht und die on, die auch die Realisierung der Projekte und nicht nur Akteursvielfalt in diesem Bereich erhalten wird . die Gebotsverfahren berücksichtigt, hat im Vorfeld der EEG-Novelle nicht stattgefunden . Nach der EU-Beihil- In den Verhandlungen der letzten Wochen, in die ich feleitlinie wären über die sogenannte De-minimis-Re- mich mit mehreren Vorschlägen eingebracht habe, wur- gelung weitreichende Ausnahmen von Ausschreibungen den einige deutliche Verbesserungen gegenüber den ers- möglich . Diese Möglichkeiten zur Wahrung von Ak- ten Entwürfen erreicht, sodass ich dem Gesetzentwurf in teursvielfalt und um die Praktikabilität von Ausschrei- Anerkennung dieser Verbesserungen in seiner jetzigen bungen zunächst zu überprüfen, blieben ungenutzt . Form trotz Bedenken gegen einzelne Regelungen zu- stimme . Mithilfe erneuerbarer Energien und unter Einsatz von Energieeffizienztechnologien ist bereits binnen weniger Diese wichtigen Verbesserungen sind insbesondere: Jahre eine Entkopplung von Wachstum und relativen Energiebedarfen gelungen . Bürgerenergiegesellschaften erhalten eine faire Chan- ce, bei den Ausschreibungen zum Zuge zu kommen, weil Erneuerbare Energien stehen für einen weltweit ver- sie keine teuren Vorplanungen erstellen müssen . Zusätz- fügbaren und damit von Grund auf gerechten Zugang zu lich zu dieser Regelung orientiert sich die Vergütung von Energie . Die Abhängigkeit von fossilen Ressourcen wird Bürgerenergiegesellschaften, die erfolgreich an einer bei ihrer Verknappung und zugleich steigenden Energie- Ausschreibung teilgenommen haben, an dem höchsten bedarfen zu massiven Verteilungskämpfen führen, die berücksichtigten Gebot – Bonus für Bürgerenergie – . Gefahr von Kriegen verschärfen und die Schere zwi- Das Modell sichert auch den kleineren Akteuren eine schen Arm und Reich in einem unvorstellbaren Ausmaß Vergütung zu marktüblichen Preisen . Privatpersonen und auseinanderdrücken . Flucht vor dem Klimawandel und kleine Unternehmen können zum Beispiel Dach-Photo- vor Energiearmut wären absehbare Entwicklungen mit voltaikanlagen ohnehin weiter nach dem System der ga- verheerenden Folgen . Diese vor uns liegenden Aufgaben rantierten Einspeisevergütung bzw . zum Selbstverbrauch hat zuletzt eindringlich die Klimakonferenz von Paris un- errichten . Damit wird die Akteursvielfalt gesichert . terstrichen . Mieterstrom-Modelle und kleinteilige Quartierslösun- Das für die Erfolge der Energiewende bislang maß- gen zum Beispiel über Kraft-Wärme-Kopplung sollen gebliche Instrument des Einspeisevergütungssystems verstärkt gefördert werden . Über eine Verordnungser- EEG hat weltweite Ausstrahlungswirkung . Allein in mächtigung ermöglichen wir, dass zukünftig – wie schon (B) Deutschland entstanden dabei weit über 400 000 Arbeits- (D) lange von mir gefordert – auch Mieter vom Ausbau der plätze, die allerdings bereits durch die letzten EEG-No- erneuerbaren Energien profitieren können, indem ihr vellen und hier vorgenommene Einschnitte, insbesondere Vermieter ihnen den Strom vom Dach preisgünstig und bei Photovoltaik und Bioenergie, rückläufig sind. ohne EEG-Umlage zur Verfügung stellt . Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf unsere Energiewende- und Klimaschutzziele bedarf es in den In Gebieten, in denen sogenannte Netzengpässe be- folgenden Schritten einer Anpassung und Aufstockung stehen, soll Strom aus erneuerbaren Energien im Zusam- der Ausbaukorridore sowie eines weiterführenden Instru- menspiel mit Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen für die ments der Sektorkopplung, sodass wir auch zu einer Wär- Wärmeerzeugung genutzt werden . Sollten die Wärmeer- me- und Verkehrswende gelangen, wofür das EEG 2017 zeugungskapazitäten nicht ausreichen, kann die verblie- erste Anknüpfungspunkte bietet . bene Strommenge auch über andere Technologien einge- setzt werden . Dies ist ein dringend notweniger Einstieg In der Gesamtabwägung der Vor- und Nachteile werde in die sogenannte Sektorkopplung, also in die Verknüp- ich mich bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf fung der Bereiche Strom, Wärme und Verkehr . enthalten . Ungelöst, und damit in der Wiedervorlage, bleibt die Ulrich Kelber (SPD): Meine Zielsetzung bleibt: Wir Tatsache, dass das seit 2009 bestehende Strommarkt- brauchen eine möglichst schnelle vollständige Umstel- modell den erneuerbaren Strom auf den Spotmarkt ver- lung unserer Energieerzeugung auf erneuerbare Energi- drängt . Versorger können sich unbegrenzt im Voraus mit en . Dies ist möglich, weil die Preise für die erneuerbare fossilem Strom eindecken und prüfen dann nur, ob der Erzeugung weiter sinken, und es ist notwendig, wenn wir erneuerbare Strom bei Lieferung noch preisgünstiger unsere Zusagen zum weltweiten Klimaschutz und zum ist als die reinen Brennstoffkosten . Dadurch verfällt der Ausstieg aus den fossilen Energien einhalten wollen . Ich Wert erneuerbarer Energien immer mehr . 2015 wurde werde mich dabei weiter für eine Beschleunigung dieser gegenüber 2009 doppelt so viel Vergütung an die Be- Umstellung gegenüber den Ausbaupfaden des EEG 2016 treiber erneuerbarer Energieanlagen ausgeschüttet, dafür bzw . des Koalitionsvertrags, aber auch gegenüber allen musste aufgrund dieses Marktmodells aber sechsmal so anderen früheren Zielen, einsetzen . viel EEG-Umlage eingesammelt werden . Ich will einen Strommarkt, in dem die erneuerbaren Energien im Mit- Mit dem EEG 2016 wird das bisherige Einspeisever- telpunkt stehen und die immer weiter zurückgehende fos- gütungssystem auf mengengesteuerte Ausschreibungen sile Stromerzeugung nur noch ergänzt . Dafür werde ich umgestellt . Dies darf kein Selbstzweck sein, sondern weiter arbeiten . 18302 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

(A) Daniela Kolbe (SPD): Ich stimme dem Gesetzent- Abregelungen weitergehend zu kürzen, was zu Investiti- (C) wurf mit großen Bauchschmerzen zu . Vor allem aufgrund onsunsicherheiten geführt hätte . der vielen Verbesserungen, die im parlamentarischen Verfahren erreicht worden sind . Für mich als Nichtfach- Für Wind offshore konnte das Ziel von 15 GW ins- politikerin ist es durch den extrem engen Zeitplan kaum tallierter Leistung beibehalten werden . In den nun vor- möglich, die vielen wichtigen Details in der notwendi- liegenden, zeitlichen als auch räumlichen Zuordnungen gen Tiefe zu würdigen . Bei mir bleibt der Eindruck, dass von Ausbaumengen, liegen allerdings auch Hemmnisse . wir insbesondere durch die rigiden Ausbaukorridore die Für Kleinanlagen der Bioenergie von unter 150 kW Energiewende zu stark ausbremsen . Zu den Verbesserun- wurde mit dem parlamentarischen Verfahren eine Teil- gen im Einzelnen: nahmemöglichkeit am Ausschreibungsverfahren ge- schaffen . Sie hatten nach der EEG-Novelle 2014 eine nur Im Zuge der Umstellung vom Einspeisevergütungs- noch sehr eingeschränkte Perspektive . Ablaugeanlagen system auf Ausschreibungen wird – zur Wahrung der Ak- der Zellstoffindustrie in Ost- und Westdeutschland erhal- teursvielfalt – die Möglichkeit der Teilnahme auch von ten eine weitere Förderung über fünf Jahre . Der Beginn Kommunen gestärkt . So kann eine Teilhabe an der Ener- der Degression für Geothermieanlagen wird um ein Jahr giewende über Städte und Gemeinden erfolgen, indem auf den 1 . Januar 2021 verschoben . Bürgerenergiegesellschaften 10 Prozent ihrer Anteile der Kommune vor Ort anbieten müssen . Dies ist ein wichti- Mit der heutigen Entscheidung einer Systemumstel- ger Schritt, da nicht alle Menschen die finanziellen Mög- lung auf Ausschreibungen wird ein Instrument der Men- lichkeiten der eigenen Beteiligung haben, so jedoch über gensteuerung eingeführt . Internationale Erfahrungen mit ihre Kommune beteiligt werden können . Teilhabe stärkt Ausschreibungen zeigen, dass es über die Gebotsver- die Akzeptanz für Veränderungen, die mit der Energie- fahren zu einer Einschränkung der Akteursvielfalt und wende einhergehen . Verlagerung auf Großinverstoren kommen kann . Zudem werden gemäß der Erfahrungen mit Ausschreibungsmo- Die SPD-Bundestagsfraktion hat zudem eine Öffnung dellen häufig größere Mengen der Zuschläge letztlich für ergänzende Länder-Regelungen durchgesetzt . Da­ nicht realisiert, was insgesamt zu einem Minderausbau rüber hinaus war bereits im Kabinettsentwurf verankert, führen kann . Preissenkende Wirkungen, die mit Aus- dass Bürgerenergiegesellschaften keine Bundesimmissi- schreibungen erreicht werden, können sich hierüber und onsschutz-Genehmigung vorlegen müssen . Hiermit wird über Monopolbildungen in der Akteursstruktur nivellie- ihnen eine Hürde in der Projektplanung erspart . Die Ver- ren . Auch wenn das EEG 2017 Bürgerenergieanlagen in gütung von Bürgerenergiegesellschaften, die erfolgreich gewissem Umfang begünstigt, wird sich zeigen müssen, an einer Ausschreibung teilgenommen haben, orientiert ob die Teilnahme an Ausschreibungen für kleine Ak- (B) sich am höchsten bezuschlagten Gebot – Bonus für Bür- teure nicht dennoch zu einer Hürde werden könnte . So (D) gerenergie –, womit ein weiterer Anreiz mit Chancen auf nahmen an Gebotsrunden im Zuge des Pilotverfahrens Teilhabe gegeben wird . für Photovoltaik-Freiflächenanlagen zwar auch kleinere Akteure teil, dies jedoch in verhältnismäßig geringerem Im Rahmen der parlamentarischen Verhandlungen Ausmaß als im Rahmen des herkömmlichen Einspeise- konnte die SPD-Bundestagsfraktion im EEG erste Schrit- vergütungssystems . te zur Sektorkopplung – der Verknüpfung des Stromsek- tors mit dem Wärme- und Verkehrssektor – durchsetzen . In Kombination mit den nun begrenzenden Ausbaukor- Strommengen aus erneuerbaren Energien, die andernfalls ridoren, die in Deutschland mit dem EEG 2017 erstmals abgeregelt werden, sollen als sogenannte zuschaltbare als jährliche fixe Obergrenzen festgeschrieben werden, Lasten für den Wärmesektor oder andere Umwandlungs- wird zu hinterfragen sein, ob unsere Klimaschutzziele er- formen, wie etwa Speicher, verwendet werden können . reicht werden können . Insofern ist es problematisch, dass mit der CDU/CSU keine Regelung möglich war, bezu- Über eine Verordnung sollen demnächst Mieterstrom- schlagte nicht realisierte Ausbaumengen durch nachfol- modelle ermöglicht werden . Wir stärken an dieser ent- gende Gebotsverfahren wieder aufzugreifen . scheidenden Stelle das schwächste Glied in der Energie- versorgungskette, nämlich die Mieterinnen und Mieter Aus der völkerrechtlich verbindlichen Vereinbarung als Endverbraucherinnen und Endverbraucher . Durch der Klimakonferenz von Paris ergibt sich für die Bun- Mieterstrommodelle schaffen wir eine wesentliche Vo- desrepublik Deutschland eine klare Verpflichtung zur raussetzung, dass die Energiewende nun auch die Städte Ablösung fossiler Energien . Große Potenziale für die erreicht . Damit werden wir einen Beitrag zur klimaneut- Schaffung neuer Arbeitsplätze liegen in einer Kopplung ralen Stromversorgung leisten und gleichzeitig die Mie- der Sektoren Strom, Wärme und Mobilität . Dies bedeu- terinnen und Mieter entlasten . tet, dass wir zukünftig auf zunehmend mehr erneuerbare Energien angewiesen sein werden . Privatpersonen und kleine Unternehmen können Mithilfe erneuerbarer Energien und unter Einsatz von Dach-Photovoltaikanlagen weiter nach dem System der Energieeffizienztechnologien ist bereits binnen weniger garantierten Einspeisevergütung bzw . zum Selbstver- Jahre eine Entkopplung von Wirtschaftswachstum und brauch errichten . Für den Bereich Wind onshore konnte relativen Energiebedarfen gelungen . gegen den Willen des Koalitionspartners das Referenzer- tragsmodell verteidigt werden, womit ein bundesweiter Erneuerbare Energien stehen für einen weltweit ver- Ausbau möglich bleibt . Der Koalitionspartner konnte fügbaren und damit von Grund auf gerechten Zugang sich ferner nicht damit durchsetzen, Entschädigungen bei zu Energie . Die Abhängigkeit von fossilen Ressourcen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18303

(A) würde bei ihrer Verknappung und zugleich steigenden Mit den parlamentarischen Verhandlungen konnten (C) Energiebedarfen zu massiven Verteilungskämpfen füh- durch die SPD-Bundestagsfraktion im EEG erste Schritte ren, die Gefahr von Kriegen verschärfen und die Schere für Sektorkopplung – der Verknüpfung des Stromsektors zwischen Arm und Reich in einem unvorstellbaren Aus- mit dem Wärme- und Verkehrssektor – angelegt werden . maß auseinanderdrücken . Flucht vor dem Klimawandel Strommengen aus erneuerbaren Energien, die andernfalls und vor Energiearmut wären absehbare Entwicklungen abgeregelt werden, sollen als sogenannte zuschaltbare mit verheerenden Folgen . Diese vor uns liegenden Auf- Lasten für den Wärmesektor oder andere Umwandlungs- gaben hat zuletzt eindringlich die Klimakonferenz von formen, etwa Speicher, verwendet werden können . Über Paris unterstrichen . eine Verordnungsermächtigung wird zudem für soge- nannten Mieterstrom eine Teilhabemöglichkeit entste- Das für die Erfolge der Energiewende bislang maß- hen . gebliche Instrument des Einspeisevergütungssystems EEG hat weltweite “Strahlkraft“ . Allein in Deutschland Für Wind onshore konnte gegenüber dem Koalitions- entstanden im Bereich der erneuerbaren Energien weit partner das Referenzertragsmodell verteidigt werden, über 400 000 Arbeitsplätze, die allerdings bereits durch womit ein bundesweiter Ausbau möglich bleibt . Der Ko- die letzten EEG-Novellen und hier vorgenommene Ein- alitionspartner konnte sich ferner nicht damit durchset- schnitte, insbesondere bei Photovoltaik und Bioenergie, zen, Entschädigungen bei Abregelungen weitergehend zu rückläufig sind. kürzen, was zu Investitionsunsicherheiten geführt hätte .

Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf unsere Für Offshore konnte das Ziel von 15 GW installierter Energiewende- und Klimaschutzziele bedarf es in den Leistung beibehalten werden . In den nun vorgenomme- folgenden Schritten einer Anpassung und Aufstockung nen, sowohl zeitlichen als auch räumlichen Zuordnungen der Ausbaukorridore sowie eines weiterführenden Instru- von Ausbaumengen liegen allerdings auch Hemmnisse . ments der Sektorkopplung, sodass wir auch zu einer Wär- me- und Verkehrswende gelangen, wofür das EEG 2016 Für Kleinanlagen der Bioenergie von unter 150 kW erste Anknüpfungspunkte bietet . wurde mit dem parlamentarischen Verfahren eine Teil- nahmemöglichkeit an Ausschreibungen geschaffen . Sie Insgesamt ist es der SPD-Bundestagsfraktion ge- hatten nach der EEG-Novelle 2014 eine nur noch sehr lungen im Parlamentarischen Verfahren, wichtige Än- eingeschränkte Perspektive . Ablaugeanlagen der Zell- derungen beim EEG 2017 durchzusetzen . In einer Ge- stoffindustrie in Ost- und Westdeutschland erhalten eine samtabwägung werde ich daher dem Gesetz zustimmen . weitere Förderung über fünf Jahre . Der Beginn der De- Entscheidend dafür ist vor allem, dass wir keinen tech- gression für Geothermieanlagen wird um ein Jahr auf den nologischen Fadenriss erleben und beim Mieterstrom 1 . Januar 2021 verschoben . (B) und der Sektorkopplung wichtige Durchbrüche erzielt (D) haben . Wir brauchen wirksame Klimaschutzmaßnahmen Mit der heutigen Entscheidung einer Systemumstel- und daraus abgeleitete Ausbaupfade für die erneuerbaren lung auf Ausschreibungen wird ein Instrument der Men- Energien über die Sektoren hinweg . gensteuerung eingeführt . Internationale Erfahrungen mit Ausschreibungen zeigen, dass es über die Gebotsver- Dr. Birgit Malecha-Nissen (SPD): Im parlamen- fahren zu einer Einschränkung der Akteursvielfalt und tarischen Verfahren ist es der SPD-Bundestagsfraktion Verlagerung auf Großinverstoren kommen kann . Zudem gelungen, wichtige Veränderungen bei der Novellierung werden gemäß der Erfahrungen mit Ausschreibungsmo- des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes durchzusetzen . dellen häufig größere Mengen der Zuschläge letztlich So wird im Zuge der Umstellung vom Einspeisevergü- nicht realisiert, was insgesamt zu einem Minderausbau tungssystem auf Ausschreibungen – zur Wahrung von führt . Preissenkende Wirkungen, die mit Ausschreibun- Akteursvielfalt – die Möglichkeit der Teilnahme von gen erreicht werden, können sich hierüber und über Mo- Kommunen gestärkt . Die Teilhabe an der Energiewende nopolbildungen in der Akteursstruktur nivellieren, wenn kann auch über Städte und Gemeinden erfolgen, indem nicht gar ins Gegenteil verkehrt werden . Auch wenn das Bürgerenergiegesellschaften 10 Prozent ihrer Anteile der EEG 2017 Bürgerenergieanlagen in gewissem Umfang Kommune vor Ort anbieten müssen . So haben alle Men- begünstigt, wird die Teilnahme an Ausschreibungen für schen die finanziellen Möglichkeiten der eigenen Betei- kleine Akteure möglicherweise dennoch eine Hürde dar- ligung über ihre Kommune . Teilhabe ist ein besonders stellen . wichtiges Kriterium zur Akzeptanz für Veränderungen, die mit der Energiewende einhergehen . In Kombination mit den nun begrenzenden Ausbau- korridoren, die in Deutschland mit dem EEG 2016 nun Die SPD-Bundestagsfraktion hat zudem eine Öffnung erstmals als jährliche fixe Obergrenzen festgeschrieben für ergänzende Länder-Regelungen durchgesetzt . Bereits werden, können unsere Klimaschutzziele nicht erreicht mit dem Kabinettsentwurf mussten Bürgerenergiegesell- werden . Insofern ist besonders problematisch, dass mit schaften zudem keine Bundesimmissionsschutz-Geneh- unserem Koalitionspartner keine Regelung vereinbar migung vorlegen . Hiermit wird ihnen eine Hürde in der war, bezuschlagte, nicht realisierte Ausbaumengen durch Projektplanung erspart . Die Vergütung von Bürgerener- nachfolgende Gebotsverfahren wieder aufzugreifen . Ein giegesellschaften, die erfolgreich an einer Ausschreibung Minderausbau führt auf diesem Weg zwangsläufig zu teilgenommen haben, orientiert sich am höchsten bezu- einer Unterschreitung des jeweiligen Ausbaukorridors . schlagten Gebot – Bonus für Bürgerenergie –, womit ein Damit steht das Erreichen der Ausbauziele von 40 bis weiterer Anreiz mit Chancen auf Teilhabe gegeben wird . 45 Prozent bis 2025 aus dem Koalitionsvertrag infrage . 18304 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

(A) Aus der völkerrechtlich verbindlichen Vereinbarung mit dem Wärme- und Verkehrssektor – angelegt werden . (C) der Klimakonferenz von Paris ergibt sich für die Bun- Strommengen aus erneuerbaren Energien, die andernfalls desrepublik Deutschland eine klare Verpflichtung zur abgeregelt werden, sollen als sogenannte zuschaltbare Ablösung fossiler Energien . Große Potenziale für die Lasten für den Wärmesektor oder andere Umwandlungs- Schaffung neuer Arbeitsplätze liegen in einer Kopplung formen, etwa Speicher, verwendet werden können . Über der Sektoren Strom, Wärme und Mobilität . Dies bedeu- eine Verordnungsermächtigung wird zudem für soge- tet, dass wir zukünftig auf zunehmend mehr erneuerbare nannten Mieterstrom eine Teilhabemöglichkeit entste- Energien angewiesen sind . Eine Drosselung des Ausbaus, hen . wie er mit dem EEG 2016 beschlossen wird, erschwert dies und gefährdet bereits geschaffene Arbeitsplätze . Das Für Wind onshore konnte gegenüber dem Koalitions- EEG 2016 droht zu einer Innovationsbremse zu werden . partner das Referenzertragsmodell verteidigt werden, womit ein bundesweiter Ausbau möglich bleibt . Der Ko- Erneuerbare Energien stehen für einen weltweit ver- alitionspartner konnte sich ferner nicht damit durchset- fügbaren und damit von Grund auf gerechten Zugang zu zen, Entschädigungen bei Abregelungen weitergehend zu Energie . Die Abhängigkeit von fossilen Ressourcen wird kürzen, was zu Investitionsunsicherheiten geführt hätte . bei ihrer Verknappung und zugleich steigenden Energie- bedarfen zu massiven Verteilungskämpfen führen, die Für Wind offshore konnte das Ziel von 15 GW in­ Gefahr von Kriegen verschärfen und die Schere zwi- stallierter Leistung beibehalten werden . In den nun vor- schen Arm und Reich in einem unvorstellbaren Ausmaß genommenen, sowohl zeitlichen als auch räumlichen auseinanderdrücken . Flucht vor dem Klimawandel und Zuordnungen von Ausbaumengen, liegen allerdings auch vor Energiearmut wären absehbare Entwicklungen mit Hemmnisse . verheerenden Folgen . Diese vor uns liegenden Aufgaben Für Kleinanlagen der Bioenergie von unter 150 kW hat zuletzt eindringlich die Klimakonferenz von Paris un- wurde mit dem parlamentarischen Verfahren eine Teil- terstrichen . nahmemöglichkeit an Ausschreibungen geschaffen . Sie hatten nach der EEG-Novelle 2014 eine nur noch sehr Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf unsere eingeschränkte Perspektive . Ablaugeanlagen der Zell- Energiewende- und Klimaschutzziele bedarf es in den stoffindustrie in Ost- und Westdeutschland erhalten eine folgenden Schritten einer Anpassung und Aufstockung weitere Förderung über fünf Jahre . Der Beginn der De- der Ausbaukorridore sowie eines weiterführenden In­ gression für Geothermieanlagen wird um ein Jahr auf den struments der Sektorkopplung, sodass wir auch zu einer 1 . Januar 2021 verschoben . Wärme- und Verkehrswende gelangen . Mit der heutigen Entscheidung einer Systemumstel- In einer Gesamtabwägung kann ich dem EEG 2016 in lung auf Ausschreibungen wird ein Instrument der Men- (B) der vorliegenden Form leider nicht zustimmen und werde (D) gensteuerung eingeführt . Internationale Erfahrungen mit mich bei der Abstimmung enthalten . Ausschreibungen zeigen, dass es über die Gebotsver- fahren zu einer Einschränkung der Akteursvielfalt und Bettina Müller (SPD): Im parlamentarischen Verfah- Verlagerung auf Großinverstoren kommen kann . Zudem ren ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, wert- werden gemäß der Erfahrungen mit Ausschreibungsmo- volle Veränderungen durchzusetzen . So wird im Zuge der dellen häufig größere Mengen der Zuschläge letztlich Umstellung vom Einspeisevergütungssystem auf Aus- nicht realisiert, was insgesamt zu einem Minderausbau schreibungen zur Wahrung von Akteursvielfalt die Mög- führt . Preissenkende Wirkungen, die mit Ausschreibun- lichkeit der Teilnahme auch von Kommunen gestärkt . So gen erreicht werden, können sich hierüber und über Mo- kann Teilhabe an der Energiewende auch über Städte und nopolbildungen in der Akteursstruktur nivellieren, wenn Gemeinden erfolgen, indem Bürgerenergiegesellschaften nicht gar ins Gegenteil verkehrt werden . Auch wenn das 10 Prozent ihrer Anteile der Kommune vor Ort anbieten EEG 2017 Bürgerenergieanlagen in gewissem Umfang müssen. Schließlich haben nicht alle Menschen die finan- begünstigt, wird die Teilnahme an Ausschreibungen für ziellen Möglichkeiten der eigenen Beteiligung, können kleine Akteure möglicherweise dennoch eine Hürde dar- so aber über ihre Kommune beteiligt werden . Teilhabe stellen . So nahmen an Gebotsrunden im Zuge des Pilot- stärkt die Akzeptanz für Veränderungen, die mit der Ener- verfahrens für Photovoltaik-Freiflächenanlagen zwar giewende einhergehen . Die SPD-Bundestagsfraktion hat auch kleinere Akteure teil, allerdings in verhältnismäßig zudem eine Öffnung für ergänzende Länder-Regelungen geringerem Ausmaß als im Rahmen des herkömmlichen durchgesetzt . Bereits mit dem Kabinettsentwurf mussten Einspeisevergütungssystems . Bürgerenergiegesellschaften zudem keine Bundesimmis- sionsschutz-Genehmigung vorlegen . Hiermit wird ihnen In Kombination mit den nun begrenzenden Ausbau- eine Hürde in der Projektplanung erspart . Die Vergütung korridoren, die in Deutschland mit dem EEG 2017 nun von Bürgerenergiegesellschaften, die erfolgreich an einer erstmals als jährliche fixe Obergrenzen festgeschrieben Ausschreibung teilgenommen haben, orientiert sich am werden, können unsere Klimaschutzziele nicht erreicht höchsten bezuschlagten Gebot – Bonus für Bürgerener- werden . Insofern ist besonders problematisch, dass mit gie –, womit ein weiterer Anreiz mit Chancen auf Teilha- unserem Koalitionspartner keine Regelung vereinbar be gegeben wird . war, bezuschlagte, nicht realisierte Ausbaumengen durch nachfolgende Gebotsverfahren wieder aufzugreifen . Ein Mit den parlamentarischen Verhandlungen konnten Minderausbau führt auf diesem Weg zwangsläufig zu durch die SPD-Bundestagsfraktion im EEG erste Schritte einer Unterschreitung des jeweiligen Ausbaukorridors . für Sektorkopplung – der Verknüpfung des Stromsektors Auch das Erreichen der Ausbauziele von 40 bis 45 Pro- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18305

(A) zent bis 2025 aus dem Koalitionsvertrag steht infrage . me- und Verkehrswende gelangen, wofür das EEG 2017 (C) Alle fünf hiernach im Rahmen der öffentlichen Anhörung erste Anknüpfungspunkte bietet . am 4 .Juli 2016 befragten Sachverständigen verneinten, In einer Gesamtabwägung werde ich daher dem Ge- dass die Energiewende- und Klimaschutzziele mit der setz nicht zustimmen . Entscheidend dafür ist vor allem, aktuellen EEG-Novelle zu erreichen seien . dass wir keinen technologischen Fadenriss erleben und Aus der völkerrechtlich verbindlichen Vereinbarung beim Mieterstrom und der Sektorkopplung wichtige der Klimakonferenz von Paris ergibt sich für die Bun- Durchbrüche erzielt haben . Wir brauchen wirksame Kli- desrepublik Deutschland eine klare Verpflichtung zur maschutzmaßnahmen und daraus abgeleitete Ausbaup- Ablösung fossiler Energien . Große Potenziale für die fade für die erneuerbaren Energien über die Sektoren Schaffung neuer Arbeitsplätze liegen in einer Kopplung hinweg . der Sektoren Strom, Wärme und Mobilität . Dies bedeu- tet, dass wir zukünftig auf zunehmend mehr erneuerbare Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Ent- Energien angewiesen sind . Eine Drosselung des Ausbaus, gegen den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag werden wie er mit dem EEG 2017 beschlossen wird, erschwert wichtige Energieeffizienzanreize nicht hinreichend ver- dies und gefährdet bereits geschaffene Arbeitsplätze . Das folgt und umgesetzt . Auch zukünftig bieten sich Anreize EEG 2017 darf nicht zu einer Innovationsbremse werden . für Energieverschwendung bei noch mehr energieinten- siven Unternehmen . Industrieausnahmen im EEG sind Insofern müssen die mit dem EEG 2017 eingeführten richtig und wichtig, sollten jedoch stärker an Energieeffi- Ausschreibungen regelmäßig auf ihre Tauglichkeit über- zienzfortschritte geknüpft werden . prüft werden . Bereits der Koalitionsvertrag sieht an sich vor, „dass vor der Einführung von Ausschreibungen in Ich stimme dem Gesetz dennoch zu, weil wichtige As- einem Pilotprojekt nachgewiesen werden kann, dass die pekte nun im EEG berücksichtigt werden . Dazu zählen Ziele der Energiewende auf diesem Weg kostengünstiger unter anderem der Systemwechsel von Festvergütung erreicht werden können“ . Eine dahingehende Evaluati- zu Strommengenausschreibungen, der besser verzahnte on, die auch die Realisierung der Projekte und nicht nur Ausbau der Windenergie auf See mit dem Stromnetzaus- die Gebotsverfahren berücksichtigt, hat im Vorfeld der bau an Land oder die angepasste Härtefallregelung für EEG-Novelle nicht stattgefunden . Nach der EU-Beihil- energieintensive Unternehmen . feleitlinie wären über die sogenannte De-minimis-Re- gelung weitreichende Ausnahmen von Ausschreibungen Dr. Martin Rosemann (SPD): In unserer Staatsord- möglich . Diese Möglichkeiten zur Wahrung von Ak- nung spielt der Deutsche Bundestag, das Parlament, eine teursvielfalt und um die Praktikabilität von Ausschrei- zentrale Rolle im Gesetzgebungsverfahren . Die Möglich- (B) bungen zunächst zu überprüfen, blieben ungenutzt . keit zu haben, sich intensiv mit einem Gesetzentwurf zu (D) beschäftigen, bevor ich darüber abstimme, ist für meine Mit Hilfe erneuerbarer Energien und unter Einsatz von Arbeit als Abgeordneter von entscheidender Bedeutung . Energieeffizienztechnologien ist bereits binnen weniger Beim vorliegenden Gesetzentwurf liegen zwischen ers- Jahre eine Entkopplung von Wachstum und relativen ter und zweiter/dritter Lesung zwei Tage . Angesichts der Energiebedarfen gelungen . vielfältigen weiteren Aufgaben, die ein Parlamentarier in Erneuerbare Energien stehen für einen weltweit ver- Sitzungswochen parallel zu erledigen hat, ist eine inten- fügbaren und damit von Grund auf gerechten Zugang zu sive, kritische Auseinandersetzung bei einem Gesetz mit Energie . Die Abhängigkeit von fossilen Ressourcen wird mehreren hundert Seiten in zwei Tagen schlicht unmög- bei ihrer Verknappung und zugleich steigenden Energie- lich . Bei einem Gesetz von dieser Tragweite wird ein so bedarfen zu massiven Verteilungskämpfen führen, die kurzer Zeitraum dem parlamentarischen Anspruch nicht Gefahr von Kriegen verschärfen und die Schere zwi- gerecht . schen Arm und Reich in einem unvorstellbaren Ausmaß Zudem bleiben bei mir Zweifel, ob der mit dem jet- auseinanderdrücken . Flucht vor dem Klimawandel und zigen EEG eingeschlagene Weg geeignet ist, die Ener- vor Energiearmut wären absehbare Entwicklungen mit giewende so fortzusetzen, dass die Klimaziele erreicht verheerenden Folgen . Diese vor uns liegenden Aufgaben werden, die Möglichkeiten der unterschiedlichen For- hat zuletzt eindringlich die Klimakonferenz von Paris un- men regenerativer Energien voll genutzt werden und eine terstrichen . vielfältige Akteurslandschaft unter maßgeblicher Beteili- Das für die Erfolge der Energiewende bislang maß- gung von kommunalen Stadtwerken und Bürgerenergie- gebliche Instrument des Einspeisevergütungssystems genossenschaften sichergestellt wird . EEG hat weltweite Ausstrahlungswirkung . Allein in Allerdings ist es der SPD-Bundestagsfraktion im Deutschland entstanden dabei weit über 400 000 Arbeits- parlamentarischen Verfahren gelungen, wertvolle Ver- plätze, die allerdings bereits durch die letzten EEG-No- änderungen zugunsten einer stärkeren Beteiligung von vellen und hier vorgenommene Einschnitte, insbesondere Bürgerenergiegenossenschaften und Stadtwerken durch- bei Photovoltaik und Bioenergie, rückläufig sind. zusetzen . Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf unsere Die Vergütung von Bürgerenergiegesellschaften, die Energiewende- und Klimaschutzziele bedarf es in den erfolgreich an einer Ausschreibung teilgenommen haben, folgenden Schritten einer Anpassung und Aufstockung orientiert sich am höchsten bezuschlagten Gebot – Bonus der Ausbaukorridore sowie eines weiterführenden Instru- für Bürgerenergie –, womit diesen wichtigen Akteuren ments der Sektorkopplung, sodass wir auch zu einer Wär- der Energiewende Chancen auf Teilhabe gegeben wird . 18306 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016

(A) Bereits mit dem Kabinettsentwurf mussten Bürgerener- schritten für die Offshore-Windenergie bis 2030 ist diese (C) giegesellschaften keine immissionsschutzrechtliche Ge- Vorreiterrolle in Gefahr . Ein Ausbau von nur 500 MW in nehmigung vorlegen . Somit wird ihnen eine Hürde in der den Jahren 2021 und 2022 gefährdet nicht nur Arbeitsplät- Projektplanung erspart . ze in Bremen und Bremerhaven, sondern birgt auch die Gefahr, dass Deutschland technologisches Know-how un- Im Zuge der Umstellung vom Einspeisevergütungs- wiederbringlich verloren geht und Unternehmen ins Aus- system auf Ausschreibungen zur Wahrung von Ak- land abwandern . Ich halte es für einen Fehler und einen teursvielfalt wird auch die Möglichkeit der Teilnahme Fehlanreiz, mit dem Verweis auf den fehlenden Netzaus- von Kommunen gestärkt . Dies wird dadurch erreicht, bau die Entwicklung der Offshore-Windenergie zu dros- dass Bürgerenergiegesellschaften 10 Prozent ihrer Antei- seln . Ich erwarte, dass alle Anstrengungen unternommen le der Kommune vor Ort anbieten müssen . Schließlich werden, die nötigen Leitungskapazitäten auszubauen, und haben nicht alle Menschen die finanziellen Möglichkei- es dann auch möglich ist, die Ausbauschritte für Windener- ten zu einer eigenen Beteiligung, können so aber über gie auf See anzupassen . Für eine solche Regelung werde ihre Kommune beteiligt werden . ich mich im weiteren Verlauf einsetzen, damit Arbeitsplät- Über eine Verordnungsermächtigung wird zudem für ze in Bremen, Bremerhaven und ganz Norddeutschland sogenannten Mieterstrom eine Teilhabemöglichkeit ent- erhalten bleiben . stehen . Dass dadurch neben den Hausbesitzern auch die In der Gesamtabwägung werde ich dem Gesetz zu- Mieter an den finanziellen Vorteilen der Energiewende stimmen, weil es Planungssicherheit für die Akteure der beteiligt werden, ist für mich ein wichtiger Erfolg . Energiewende schafft . Aufgrund dieser weiteren Veränderungen stimme ich trotz der bestehenden Bedenken der EEG-Novelle zu . Die EEG-Novelle ist ein schwieriger Kompromiss in ei- Anlage 6 ner Großen Koalition mit einem Partner, der mehrheitlich andere Vorstellungen von Energiepolitik hat . Zugleich ist Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung das EEG 2016 eine Fortschreibung des EEG 2014, das Die folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass sie seinerseits bereits ein Kompromiss war . gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von Mit der Umstellung von einer festen Einspeisevergü- einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen tung auf Ausschreibungen betreten wir Neuland . Und es absehen: bleiben Zweifel, ob die Regelungen für kommunale Stadt- Haushaltsausschuss werke und Bürgerenergiegenossenschaften ausreichen, um diesen gleiche Wettbewerbschancen zu geben . Deshalb ist (B) – Unterrichtung durch die Bundesregierung (D) es wichtig, in den kommenden Jahren die Wirkungen der Haushaltsführung 2014 jetzigen Regelungen genau zu beobachten und gegebenen- falls nachzusteuern . Das gilt insbesondere dann, wenn sich Über- und außerplanmäßige Ausgaben und Ver- zeigen sollte, dass es durch die Ausschreibungen zur Ein- pflichtungsermächtigungen im ersten Vierteljahr schränkung der Akteursvielfalt und zu einer Verlagerung des Haushaltsjahres 2014 auf Großinverstoren kommen sollte . Drucksachen 18/1929, 18/2048 Nr. 4

Sarah Ryglewski (SPD): Das EEG schafft Planungs- – Unterrichtung durch die Bundesregierung sicherheit für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Haushaltsführung 2014 Deutschland . Über- und außerplanmäßige Ausgaben und Ver- Im parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bun- pflichtungsermächtigungen im zweiten Vierteljahr destagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen beim des Haushaltsjahres 2014 EEG 2017 durchzusetzen . So wird im Zuge der Umstel- lung vom Einspeisevergütungssystem auf Ausschreibun- Drucksachen 18/2445, 18/2530 Nr. 13 gen die Akteursvielfalt gestärkt . – Unterrichtung durch die Bundesregierung Positiv ist auch, dass Privatpersonen und kleine Unter- Haushaltsführung 2014 nehmen weiterhin Dach-Photovoltaikanlagen nach dem System der garantierten Einspeisevergütung bzw . zum Über- und außerplanmäßige Ausgaben und Ver- Selbstverbrauch errichten können und Bürgerenergiege- pflichtungsermächtigungen im dritten Vierteljahr sellschaften gestärkt werden . So leistet das EEG einen des Haushaltsjahres 2014 wichtigen Beitrag zur dezentralen Energieversorgung in Drucksachen 18/3372, 18/3482 Nr. 1.2 Deutschland . – Unterrichtung durch die Bundesregierung Klar ist aber auch, die Energiewende ist nicht allein mit Kleinanlagen zu stemmen . Um eine verlässliche Energie- Haushaltsführung 2014 versorgung zu gewährleisten, braucht es grundlastfähige Über- und außerplanmäßige Ausgaben und Ver- Kraftwerke wie die Offshore-Parks in Nord- und Ostsee . pflichtungsermächtigungen im vierten Vierteljahr Hier ist Deutschland bisher Vorreiter . Sowohl, was die des Haushaltsjahres 2014 technologische Innovation, als auch die industrielle Ferti- gung angeht . Mit den jetzt im EEG vorgesehenen Ausbau- Drucksachen 18/5064, 18/5162 Nr. 11 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 184 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 8 . Juli 2016 18307

(A) Ausschuss für Wirtschaft und Energie Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz (C) – Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Drucksache 18/7286 Nr .A .6 Technikfolgenabschätzung (18 .Ausschuss) gemäß Ratsdokument 14306/15 § 56a der Geschäftsordnung Drucksache 18/7934 Nr .A .9 Ratsdokument 5441/16 Technikfolgenabschätzung (TA) Drucksache 18/8140 Nr .A .11 Bilanz der Sommerzeit Ratsdokument 6819/16 Drucksache 18/8140 Nr .A .12 Drucksache 18/8000 Ratsdokument 7039/16 Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksache 18/8668 Nr .A .17 KOM(2016)199 endg . – Unterrichtung durch die Bundesregierung

Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen Ausschuss für Wirtschaft und Energie des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten (Prostitutionsgesetz – ProstG) Drucksache 18/8936 Nr .A .19 EP P8_TA-PROV(2016)0237 Drucksache 16/4146 Drucksache 18/8936 Nr .A .22 Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur Ratsdokument 9706/16 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung der Kostendeckung im öffentlichen Personennah- Drucksache 18/8771 Nr .A .5 verkehr EP P8_TA-PROV(2016)0225 Drucksachen 18/8180, 18/8461 Nr. 1.1 Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Uni- Drucksache 18/8470 Nr .A .23 onsdokumente zur Kenntnis genommen oder von einer Ratsdokument 7747/16 Beratung abgesehen hat .

Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenab- (B) Petitionsausschuss schätzung (D) Drucksache 18/8140 Nr .A .1 Drucksache 18/8668 Nr .A .26 EP P8_TA-PROV(2016)0062 Ratsdokument 8002/16 Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333