Plenarprotokoll 15/181

Deutscher

Stenografischer Bericht

181. Sitzung

Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Inhalt:

Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- c) Beschlussempfehlung und Bericht des neten (Neuruppin) ...... 17071 A Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union zu dem Antrag der Ergänzung und Abwicklung der Tagesord- Abgeordneten Dr. , Dr. nung ...... 17071 A Claudia Winterstein, Sabine Leutheusser- Absetzung des Tagesordnungspunktes 26 . . . 17072 D Schnarrenberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Die finanzielle Vorausschau der EU den neuen Aufga- Tagesordnungspunkt 10: ben anpassen (Drucksachen 15/2978, 15/5709) ...... 17073 A a) Abgabe einer Erklärung durch den Bun- deskanzler: zum bevorstehenden Euro- d) Antrag der Abgeordneten Dr. Claudia päischen Rat in Brüssel am 16. und Winterstein, Dr. Werner Hoyer, Dr. 17. Juni 2005 , weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP:EU-Haushalt b) Beschlussempfehlung und Bericht des auf höchstens 1 Prozent des Brutto- Ausschusses für die Angelegenheiten der nationaleinkommens begrenzen Europäischen Union (Drucksache 15/5361) ...... 17073 B – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gerhard Schröder, Bundeskanzler ...... 17073 C Angelica Schwall-Düren, Günter Gloser, , weiterer Abge- Dr. (CDU/CSU) ...... 17078 A ordneter und der Fraktion der SPD so- wie der Abgeordneten Rainder (Wiesloch) (SPD) ...... 17081 D Steenblock, Ulrike Höfken, Marianne Tritz, weiterer Abgeordneter und der Franz Müntefering (SPD) ...... 17082 B Fraktion des BÜNDNISSES 90/ Dr. Friedbert Pflüger (CDU/CSU) ...... DIE GRÜNEN: Für eine zukunftsge- 17085 D richtete Weiterführung der Lissa- Franz Müntefering (SPD) ...... 17086 B bon-Strategie – Neue Impulse zur wirtschaftlichen, sozialen und ökolo- Dr. (FDP) ...... 17086 C gischen Erneuerung (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 17088 C – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Werner Hoyer, Jürgen Türk, Dr. (CDU/CSU) ...... 17090 C Claudia Winterstein, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD) ...... 17093 C Zur Tagung des Europäischen Rates am 22./23. März 2005 – Stabilität (fraktionslos) ...... 17095 B und Wachstum stärken Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ (Drucksachen 15/5116, 15/5131, 15/5711) 17072 D DIE GRÜNEN) ...... 17096 A II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Tagesordnungspunkt 11: zur Neuregelung des Energiewirt- schaftsrechts a) Antrag der Abgeordneten Dr. Michael (Drucksachen 15/3917, 15/4068, 15/5268, Meister, Heinz Seiffert, Dietrich 15/5429, 15/5736) ...... 17108 C Austermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU:Steigende e) Beschlussempfehlung des Ausschusses Staatsverschuldung verhindern – Auf- nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermitt- weichung des europäischen Stabilitäts- lungsausschuss) zu dem Gesetz zur Um- und Wachstumspakts zurücknehmen setzung des Urteils des Bundesverfas- (Drucksache 15/5250) ...... 17098 B sungsgerichts vom 3. März 2004 (akustische Wohnraumüberwachung) b) Zweite und dritte Beratung des von den (Drucksachen 15/4533, 15/5486, 15/5621, Abgeordneten , Rainer 15/5737) ...... 17108 C Funke, , weiteren Abgeordne- ten und der Fraktion der FDP eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände- Tagesordnungspunkt 29: rung des Grundgesetzes (Aufnahme von Stabilitätskriterien in das Grundgesetz) a) Erste Beratung des von der Bundesregie- (Drucksachen 15/3721, 15/5703) ...... 17098 B rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Neuorganisation der Bundes- (CDU/CSU) ...... 17098 C finanzverwaltung (Drucksache 15/5567) ...... 17109 B Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF ...... 17099 D b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines … Ge- Ernst Burgbacher (FDP) ...... 17102 C setzes zur Änderung des Strafgesetz- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 17103 B buchs (… StrRÄndG) (Drucksache 15/5653) ...... 17109 B Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU) ...... 17104 D c) Erste Beratung des von der Bundesregie- Ortwin Runde (SPD) ...... 17105 D rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Conterganstiftung für (CDU/CSU) ...... 17107 A behinderte Menschen (Conterganstif- tungsgesetz – ContStifG) (Drucksache 15/5654) ...... 17109 B Zusatztagesordnungspunkt 5: d) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- a) Beschlussempfehlung des Ausschusses zes zu dem Vertrag vom 10. November nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermitt- und 19. Dezember 2003 zwischen der lungsausschuss) zu dem Gesetz zur Neu- Bundesrepublik Deutschland und der ordnung des Lebensmittel- und des Fut- Republik Österreich über die grenz- termittelrechts überschreitende Zusammenarbeit zur (Drucksachen 15/3657, 15/4244, 15/4632, polizeilichen Gefahrenabwehr und in 15/5733) ...... 17108 B strafrechtlichen Angelegenheiten b) Beschlussempfehlung des Ausschusses (Drucksache 15/5568) ...... 17109 C nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermitt- e) Erste Beratung des von der Bundesregie- lungsausschuss) zu dem Gesetz zur Um- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- setzung der EG-Richtlinie über die zes zur Änderung des Düngemittelge- Bewertung und Bekämpfung von Um- setzes und des Saatgutverkehrsgesetzes gebungslärm (Drucksache 15/5655) ...... 17109 C (Drucksachen 15/3782, 15/3921, 15/4024, 15/4377, 15/4412, 15/5734) ...... 17108 B f) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ c) Beschlussempfehlung des Ausschusses DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermitt- eines Gesetzes zur Änderung des Sieb- lungsausschuss) zu dem Siebten Gesetz ten Buches Sozialgesetzbuch zur Änderung des Gesetzes gegen Wett- (Drucksache 15/5669) ...... 17109 C bewerbsbeschränkungen (Drucksachen 15/3640, 15/5049, 15/5430, g) Erste Beratung des von der Bundesregie- 15/5735) ...... 17108 C rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 25. August d) Beschlussempfehlung des Ausschusses 2004 zwischen der Bundesrepublik nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermitt- Deutschland und der Republik Aser- lungsausschuss) zu dem Zweiten Gesetz baidschan zur Vermeidung der Doppel- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 III

besteuerung auf dem Gebiet der Steu- Tagesordnungspunkt 30: ern vom Einkommen und vom Ver- a) Zweite und dritte Beratung des von der mögen Bundesregierung eingebrachten Entwurfs (Drucksache 15/5518) ...... 17109 D eines Ersten Gesetzes zur Änderung des h) Antrag der Abgeordneten Renate Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes Gradistanac, Annette Faße, Bettina (Drucksachen 15/5557, 15/5683) ...... 17110 C Hagedorn, weiterer Abgeordneter und der b) Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Bundesregierung eingebrachten Entwurfs Undine Kurth (Quedlinburg), Irmingard eines Gesetzes zur Änderung des Ge- Schewe-Gerigk, (Köln), wei- meindefinanzreformgesetzes und ande- terer Abgeordneter und der Fraktion des rer Gesetze BÜNDNISSES 90/DIEGRÜNEN: Fami- (Drucksachen 15/5565, 15/5704) ...... 17110 D lienurlaub in Deutschland zukunftsfä- c) Zweite Beratung und Schlussabstimmung hig gestalten des von der Bundesregierung eingebrach- (Drucksache 15/5685) ...... 17109 D ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- i) Antrag der Abgeordneten , kommen vom 31. Juli 2002 zwischen Dirk Fischer (), , der Regierung der Bundesrepublik weiterer Abgeordneter und der Fraktion Deutschland und dem Obersten Rat der Europäischen Schulen über die Europäi- der CDU/CSU: Wettbewerbsfähigkeit sche Schule in Frankfurt am Main der deutschen Binnenschifffahrt durch (Drucksachen 15/5517, 15/5699) ...... 17111 A konsequente Ausschöpfung aller EU- kompatiblen Beihilfemaßnahmen stär- d) Zweite und dritte Beratung des von der ken Bundesregierung eingebrachten Entwurfs (Drucksache 15/4386) ...... 17110 A eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes j) Antrag der Abgeordneten Renate Blank, (Drucksachen 15/5408, 15/5708) ...... 17111 B Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion e) Zweite und dritte Beratung des von der der CDU/CSU: Das Verkehrssystem Bundesregierung eingebrachten Entwurfs Wasserstraße in Deutschland nachhal- eines Gesetzes zur Unternehmensinte- grität und Modernisierung des Anfech- tig stärken – Handlungskonzept für zu- tungsrechts (UMAG) kunftsfähige Binnenschifffahrt rasch (Drucksachen 15/5092, 15/5693) ...... 17111 C umsetzen (Drucksache 15/5022) ...... 17110 A f) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs k) Antrag der Abgeordneten Klaus Hofbauer, eines Gesetzes zur Einführung von Ka- Maria Eichhorn, Eduard Oswald, weiterer pitalanleger-Musterverfahren Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ (Drucksachen 15/5091, 15/5695) ...... 17111 D CSU: Europäische Metropolen Mün- chen und Prag auf dem Schienenweg at- g) – Zweite und dritte Beratung des von traktiv verbinden den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ein- (Drucksache 15/5107) ...... 17110 B gebrachten Entwurfs eines Vierzehn- l) Antrag der Abgeordneten ten Gesetzes zur Änderung des Arz- (Bayreuth), Joachim Günther (Plauen), neimittelgesetzes Eberhard Otto (Godern), weiterer Abge- (Drucksachen 15/5316, 15/5728) . . . . 17112 A ordneter und der Fraktion der FDP: Keine – Zweite und dritte Beratung des von der Rezentralisierung der Deutschen Bahn – Bundesregierung eingebrachten Ent- Kurs der Bahnreform beibehalten wurfs eines Vierzehnten Gesetzes zur (Drucksache 15/5124) ...... 17110 B Änderung des Arzneimittelgesetzes (Drucksachen 15/5656, 15/5728) . . . . 17112 B – Zweite und dritte Beratung des vom Zusatztagesordnungspunkt 6: Bundesrat eingebrachten Entwurfs ei- Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, nes Gesetzes zur Änderung des Ge- , , weite- setzes über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: (Drucksachen 15/4117, 15/5728) 17112 B Umwandlungskonzept für Truppenübungs- platz Münsingen erarbeiten und umsetzen h) – Zweite und dritte Beratung des von (Drucksache 15/5275) ...... 17110 B den Fraktionen der SPD und des IV Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ein- SPD sowie der Abgeordneten Winfried gebrachten Entwurfs einesGesetzes Hermann, , Volker zur Änderung des Abfallverbrin- Beck (Köln), weiterer Abgeordneter gungsgesetzes sowie zur Auflösung und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ und Abwicklung der Anstalt Soli- DIE GRÜNEN: Entlastung des süd- darfonds Abfallrückführung deutschen Raumes vom Fluglärm (Drucksachen 15/5243, 15/5726) . . . . 17112 D des Flughafens Zürich durchsetzen – Zweite und dritte Beratung des von der – zu dem Antrag der Abgeordneten Bundesregierung eingebrachten Ent- Thomas Dörflinger, Siegfried Kauder wurfs eines Gesetzes zur Änderung (Bad Dürrheim), Hans-Peter Repnik, des Abfallverbringungsgesetzes so- weiterer Abgeordneter und der Frak- wie zur Auflösung und Abwicklung tion der CDU/CSU: Rechtsverord- der Anstalt Solidarfonds Abfallrück- nung nach der Luftverkehrsordnung führung umgehend erlassen – Rückübertra- (Drucksachen 15/5523, 15/5726) 17112 D gung der Flugsicherung über süd- deutschem Gebiet i) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs – zu dem Antrag der Abgeordneten eines Gesetzes zur Kontrolle hochradio- Birgit Homburger, Ernst Burgbacher, aktiver Strahlenquellen Horst Friedrich (Bayreuth), weiterer (Drucksachen 15/5284, 15/5719) ...... 17113 B Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Lärmschutz durch Rechtsver- j) Zweite und dritte Beratung des von der ordnung über süddeutschem Raum Bundesregierung eingebrachten Entwurfs sichern – Flugsicherheit gewährleis- eines Gesetzes über das Zweckvermö- ten gen des Bundes bei der Landwirtschaft- lichen Rentenbank und zur Änderung (Drucksachen 15/744, 15/651, 15/755, des Gesetzes über die Landwirtschaft- 15/1028) ...... 17114 D liche Rentenbank (Drucksachen 15/5566, 15/5681) ...... 17113 C o) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Tourismus zu dem Antrag k) Zweite und dritte Beratung des von den der Abgeordneten Engelbert Wistuba, Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des Horst Kubatschka, Annette Faße, weiterer BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Abgeordneter und der Fraktion der SPD der FDP eingebrachten Entwurfs eines sowie der Abgeordneten Undine Kurth Gesetzes zur Ergänzung des NS-Ver- (Quedlinburg), Ursula Sowa, Volker Beck folgtenentschädigungsgesetzes (Zwei- (Köln), weiterer Abgeordneter und der tes Entschädigungsrechtsergänzungsge- Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- setz – 2. EntschRErgG) NEN: Die vielfältigen Potenziale des (Drucksachen 15/5576, 15/5684, 15/5725) 17113 D Wirtschaftsfaktors Kulturtourismus wei- l) Zweite und dritte Beratung des vom Bun- ter erschließen desrat eingebrachten Entwurfs einesGe- (Drucksachen 15/5120, 15/5667) ...... 17115 B setzes zur Änderung des Reichsvermö- p) Beschlussempfehlung und Bericht des gen-Gesetzes Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh- (Drucksachen 15/2135, 15/5537) ...... 17114 B nungswesen zu dem Antrag der Abgeord- m) Zweite und dritte Beratung des von den neten Sören Bartol, Sabine Bätzing, Uwe Fraktionen der SPD und des BÜNDNIS- Beckmeyer, weiterer Abgeordneter und der SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Entwurfs eines Gesetzes zur Reorganisa- Franziska Eichstädt-Bohlig, Volker Beck tion der Bundesanstalt für Post und Te- (Köln), Peter Hettlich, weiterer Abgeord- lekommunikation Deutsche Bundes- neter und der Fraktion des BÜNDNIS- post und zur Änderung anderer Gesetze SES 90/DIE GRÜNEN: Das Programm (Drucksachen 15/5573, 15/5727) ...... 17114 C „Soziale Stadt“ weiterentwickeln und ausweiten n) Beschlussempfehlung und Bericht des (Drucksachen 15/4660, 15/5712) ...... 17115 C Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh- nungswesen q) Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN:Ab- – zu dem Antrag der Abgeordneten rüstungsbefugnisse der Vereinten Na- Karin Rehbock-Zureich, Reinhard tionen stärken – UNMOVIC-Kompe- Weis (Stendal), Sören Bartol, weiterer tenzen erhalten Abgeordneter und der Fraktion der (Drucksache 15/5589) ...... 17115 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 V r) Beschlussempfehlung und Bericht des w) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh- Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag nungswesen zu der Unterrichtung durch der Abgeordneten Gert Weisskirchen die Bundesregierung: Städtebaulicher (Wiesloch), , , Bericht der Bundesregierung 2004 weiterer Abgeordneter und der Fraktion Nachhaltige Stadtentwicklung – ein Ge- der SPD sowie der Abgeordneten Dr. meinschaftswerk Ludger Volmer, (Augsburg), Marianne Tritz, weiterer Abgeordneter (Drucksachen 15/4610, 15/4903 Nr. 2, und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ 15/5710) ...... 17115 D DIE GRÜNEN: Der Nahe und Mittlere s) Beschlussempfehlung und Bericht des Osten als Nachbar und Partner der EU Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh- (Drucksachen 15/3206, 15/5697) ...... 17117 A nungswesen zu dem Antrag der Abgeord- x) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- neten Sören Bartol, , Uwe schusses: Sammelübersichten 211, 212, Beckmeyer, weiterer Abgeordneter und 213, 214 und 215 zu Petitionen der Fraktion der SPD sowie der Abgeord- (Drucksachen 15/5594, 15/5595, 15/5596, neten Albert Schmidt (Ingolstadt), Volker 15/5597, 15/5598) ...... 17117 B Beck (Köln), , weiterer Ab- geordneter und der Fraktion des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: Car-Sharing Zusatztagesordnungspunkt 7: als innovative Verkehrsdienstleistung im Umweltverbund fördern a) Antrag der Fraktionen der SPD und des (Drucksachen 15/5586, 15/5707) ...... 17116 A BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Luft- reinhaltungsgesetze vollziehen – Risi- t) Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- ken durch Feinstaub senken nanzausschusses zu dem Antrag der Frak- (Drucksache 15/5687) ...... 17117 C tionen der SPD und des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN: Steuervereinfa- b) Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/ chung im Vollzug – Vorteil für Bürger, CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- Betriebe und Verwaltung NEN und der FDP:Erinnerung und (Drucksachen 15/5466, 15/5692) ...... 17116 B Gedenken an die Vertreibungen und Massaker an den Armeniern 1915 – u) Beschlussempfehlung und Bericht des Deutschland muss zur Versöhnung zwi- Ausschusses für Gesundheit und Soziale schen Türken und Armeniern beitragen Sicherung (Drucksache 15/5689) ...... 17117 D – zu dem Antrag der Abgeordneten c) Antrag der Fraktionen der SPD und des Silvia Schmidt (Eisleben), Angelika BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN:Für Krüger-Leißner, Gudrun Schaich- eine parlamentarische Mitwirkung im Walch, weiterer Abgeordneter und der System der Vereinten Nationen Fraktion der SPD sowie der Abgeord- (Drucksache 15/5690) ...... 17117 D neten Ursula Sowa, Volker Beck d) Antrag der Abgeordneten Sabine Bätzing, (Köln), , weiterer Abge- , Renate Gradistanac, weiterer ordneter und der Fraktion des BÜND- Abgeordneter und der Fraktion der SPD NISSES 90/DIE GRÜNEN: Stärkung sowie der Abgeordneten Jutta Dümpe- der Künstlersozialversicherung Krüger, Volker Beck (Köln), Ekin Deligöz, – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. weiterer Abgeordneter und der Fraktion Heinrich L. Kolb, Hans-Joachim Otto des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: (Frankfurt), Ernst Burgbacher, weite- Schwule und lesbische Jugendliche – rer Abgeordneter und der Fraktion der Mittendrin statt außen vor FDP: Finanzierung der Künstler- (Drucksache 15/5691) ...... 17118 A sozialversicherung sichern e) Beschlussempfehlung und Bericht des (Drucksachen 15/5119, 15/5476, 15/5713) 17116 C Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Ab- v) Beschlussempfehlung und Bericht des geordneten Dr. Peter Paziorek, Dr. Maria Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen Flachsbarth, Dr. Klaus W. Lippold (Offen- und Jugend zu dem Antrag der Fraktionen bach), weiterer Abgeordneter und der der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- Fraktion der CDU/CSU:Langfristiges NEN und der FDP:Deutsch-Russischen Gesamtkonzept zur Reduzierung der Jugendaustausch ausweiten und stär- Schadstoffbelastung in der Luft not- ken wendig (Drucksachen 15/4530, 15/5715) ...... 17116 D (Drucksachen 15/5330, 15/5721) ...... 17118 B VI Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 f) Beschlussempfehlung und Bericht des partnerschaften mit der Wirtschaft Ausschusses für Tourismus weiterentwickeln – gemeinsam Armut bekämpfen – zu dem Antrag der Abgeordneten (Drucksachen 15/3327, 15/5638) ...... 17119 B Annette Faße, Renate Gradistanac, , weiterer Abgeord- i) Beschlussempfehlung des Rechtsaus- neter und der Fraktion der SPD sowie schusses: Übersicht 11 über die dem der Abgeordneten Undine Kurth Deutschen Bundestag zugeleiteten (Quedlinburg), (Ber- Streitsachen vor dem Bundesverfas- lin), Volker Beck (Köln), weiterer Ab- sungsgericht geordneter und der Fraktion des (Drucksache 15/5696) ...... 17119 C BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Öffnungszeiten der Außengastrono- mie während der Fußballweltmeis- Tagesordnungspunkt 12: terschaft 2006 flexibel handhaben a) Erste Beratung des von den Fraktionen der – zu dem Antrag der Abgeordneten SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- Jürgen Klimke, Klaus Brähmig, Ernst NEN eingebrachten Entwurfs eines Geset- Hinsken, weiterer Abgeordneter und zes zur Beschleunigung der Umsetzung der Fraktion der CDU/CSU: Deutsch- von öffentlich-privaten Partnerschaf- land für die Fußballweltmeister- ten und zur Verbesserung gesetzlicher schaft 2006 fit machen – Längere Rahmenbedingungen für öffentlich-pri- Öffnungszeiten der Außengastrono- vate Partnerschaften mie ermöglichen (Drucksache 15/5668) ...... 17119 D – zu dem Antrag der Abgeordneten b) Antrag der Abgeordneten Dr. Klaus W. Ernst Burgbacher, Gudrun Kopp, Lippold (Offenbach), Hartmut Schauerte, Detlef Parr, weiterer Abgeordneter und Christian Freiherr von Stetten, weiterer der Fraktion der FDP: Sperrzeiten für Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ Außengastronomie zur Fußballwelt- CSU: Wachstumsstrategie für Deutsch- meisterschaft 2006 verbraucher- land: freundlicher gestalten – Freigabe Public Private Partnership weiterentwi- der Ladenöffnungszeiten ermögli- ckeln und nunmehr realisieren – Infra- chen struktur optimieren, Investitionsstau auflösen (Drucksachen 15/5585, 15/5452, 15/5581, (Drucksache 15/5676) ...... 17120 A 15/5716) ...... 17118 C Dr. Michael Bürsch (SPD) ...... 17120 B g) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) menarbeit und Entwicklung zu dem Antrag (CDU/CSU) ...... 17122 A der Abgeordneten (Me- schede), Karin Kortmann, Sabine Bätzing, Jutta Krüger-Jacob (BÜNDNIS 90/ weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE GRÜNEN) ...... 17123 B der SPD sowie der Abgeordneten Thilo Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP) ...... 17124 B Hoppe, Volker Beck (Köln), Irmingard Schewe-Gerigk, weiterer Abgeordneter Dr. (SPD) ...... 17125 B und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ Christian Freiherr von Stetten (CDU/CSU) . . 17126 D DIE GRÜNEN: Geschlechtergerechtig- keit bleibt zentrale Voraussetzung für Ernst Hinsken (CDU/CSU) ...... 17127 C Entwicklung – Zehn Jahre nach der UN- Weltfrauenkonferenz in Peking (Drucksachen 15/5031, 15/5643) ...... 17119 A Tagesordnungspunkt 13: h) Beschlussempfehlung und Bericht des a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- Ausschusses für Verbraucherschutz, Er- menarbeit und Entwicklung zu dem An- nährung und Landwirtschaft zu dem An- trag der Abgeordneten Dagmar Schmidt trag der Abgeordneten , (Meschede), Karin Kortmann, Lothar Peter H. Carstensen (Nordstrand), Binding (Heidelberg), weiterer Abgeord- , weiterer Abgeordneter neter und der Fraktion der SPD sowie der und der Fraktion der CDU/CSU:Länd- Abgeordneten Thilo Hoppe, Volker Beck liche Räume durch eine moderne und (Köln), Katrin Göring-Eckardt, Krista innovative Landwirtschaft stärken und Sager und der Fraktion des BÜNDNIS- damit Arbeitsplätze sichern SES 90/DIE GRÜNEN: Entwicklungs- (Drucksachen 15/5249, 15/5647) ...... 17128 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 VII b) Beschlussempfehlung und Bericht des g) Zweite und dritte Beratung des vom Bun- Ausschusses für Verbraucherschutz, Er- desrat eingebrachten Entwurfs eines… nährung und Landwirtschaft zu dem An- Gesetzes zur Änderung des Gesetzes trag der Abgeordneten Marlene Mortler, über die Gemeinschaftsaufgabe „Ver- Peter H. Carstensen (Nordstrand), Gerda besserung der Agrarstruktur und des Hasselfeldt, weiterer Abgeordneter und Küstenschutzes“ der Fraktion der CDU/CSU: Das deutsche (Drucksachen 15/4113, 15/4544) ...... 17129 D Biosiegel erfolgreich umsetzen h) Antrag der Abgeordneten Dr. Christel (Drucksachen 15/4840, 15/5645) ...... 17129 A Happach-Kasan, Hans-Michael Goldmann, c) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- Dr. , weiterer Abgeordneter schusses für Verbraucherschutz, Ernäh- und der Fraktion der FDP:EU-Nitrat- rung und Landwirtschaft zu dem Antrag richtlinie in nationales Recht umsetzen – der Abgeordneten , Wettbewerbsnachteile für heimische Marlene Mortler, Ursula Heinen, weiterer Landwirte durch Düngeverordnung Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ verhindern CSU: Mehr Verbraucherschutz durch (Drucksache 15/4432) ...... 17129 D eindeutigere Kennzeichnung und sen- i) Unterrichtung durch die Bundesregierung: dungsbezogene Rückstandsuntersuchun- Agrarpolitischer Bericht 2005 der Bun- gen von Geflügelfleischimporten in die desregierung EU aus Drittländern (Drucksache 15/4801) ...... 17130 A (Drucksachen 15/5247, 15/5646) ...... 17129 A j) Große Anfrage der Abgeordneten Dr. d) Beschlussempfehlung und Bericht des Christel Happach-Kasan, Hans-Michael Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Goldmann, Angelika Brunkhorst, weite- Reaktorsicherheit rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Weichenstellungen der Bundesre- – zu dem Antrag der Abgeordneten Gitta gierung im Düngemittelrecht zur Ver- Connemann, Dr. , Peter H. wertung von Sekundärrohstoffen in der Carstensen (Nordstrand), weiterer Ab- Landwirtschaft und ihre Folgen für die geordneter und der Fraktion der CDU/ Kreislaufwirtschaft CSU: Projekt des Umweltbundesam- (Drucksachen 15/1627, 15/2535) ...... 17130 A tes zur so genannten unangekündig- ten Feldbeobachtung endgültig stop- k) Große Anfrage der Abgeordneten Hans- pen Michael Goldmann, Dr. Christel Happach- Kasan, Jürgen Türk, weiterer Abgeordne- – zu dem Antrag der Abgeordneten ter und der Fraktion der FDP:Situation Dr. Christel Happach-Kasan, Hans- der Landwirtschaft in den neuen Bun- Michael Goldmann, Dr. Volker Wissing, desländern weiterer Abgeordneter und der Frak- (Drucksachen 15/3624, 15/4384) ...... 17130 B tion der FDP: Verdeckte und unan- Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär gekündigte Feldbeobachtung durch BMVEL ...... 17130 B Umweltbundesamt (UBA) stoppen Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) ...... 17132 C (Drucksachen 15/4935, 15/5033, 15/5526) 17129 B Renate Künast, Bundesministerin BMVEL . . 17134 C e) Beschlussempfehlung und Bericht des Hans-Michael Goldmann (FDP) ...... 17136 C Ausschusses für Verbraucherschutz, Er- nährung und Landwirtschaft zu dem An- Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) ...... 17138 C trag der Abgeordneten Hans-Michael (CDU/CSU) ...... 17140 B Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan, Dr. Volker Wissing, weiterer Abgeordneter Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . 17141 C und der Fraktion der FDP: Agrarischen Renate Künast (BÜNDNIS 90/ Veredlungsstandort Deutschland stär- DIE GRÜNEN) ...... 17142 B ken – Bürokratie abbauen und Rahmen- bedingungen verbessern (Drucksachen 15/3103, 15/4409) ...... 17129 C Tagesordnungspunkt 14: f) Zweite und dritte Beratung des vom Bun- Erste Beratung des von den Abgeordneten desrat eingebrachten Entwurfs eines Joachim Stünker, , Hermann Gesetzes zur Änderung des Grund- Bachmaier, weiteren Abgeordneten und der stückverkehrsgesetzes und des Land- Fraktion der SPD sowie den Abgeordneten pachtverkehrsgesetzes , Volker Beck (Köln), Birgitt (Drucksachen 15/4535, 15/5613) ...... 17129 C Bender, weiteren Abgeordneten und der VIII Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- Anlage 2 NEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Mindestkapitals der Erklärung des Abgeordneten Michael Müller GmbH (MindestkapG) (Düsseldorf) (SPD) zur Abstimmung über die (Drucksache 15/5673) ...... 17144 C Beschlussempfehlung des Vermittlungsaus- schusses zu dem Gesetz zur Neuordnung des Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . 17144 D Lebensmittel- und Futtermittelrechts (Zusatz- tagesordnungspunkt 5 a) ...... 17157 B Andrea Astrid Voßhoff (CDU/CSU) ...... 17144 C (FDP) ...... 17147 A Anlage 3 Olaf Scholz (SPD) ...... 17147 C Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten (CDU/CSU) ...... 17148 C Ludwig Stiegler (SPD) zur Abstimmung über die Beschlussfassung des Vermittlungsaus- schusses zu dem Zweiten Gesetz zur Neure- Tagesordnungspunkt 15: gelung des Energiewirtschaftsrechts (Zusatz- a) Antrag der Abgeordneten Carl-Ludwig tagesordnungspunkt 5 d) ...... 17157 D Thiele, Gisela Piltz, Dr. , wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Wiederherstellung des Bankge- Anlage 4 heimnisses (Drucksache 15/5043) ...... 17149 C Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) b) Antrag der Abgeordneten Dr. Michael zur Abstimmung über die Beschlussfassung Meister, Heinz Seiffert, Otto Bernhardt, des Vermittlungsausschusses zu dem Zweiten weiterer Abgeordneter und der Fraktion Gesetz zur Neuregelung des Energiewirt- der CDU/CSU: Vorschriften zum Kon- schaftsrechts (Zusatztagesordnungspunkt 5 d) 17158 A tenabruf überarbeiten (Drucksache 15/5334) ...... 17149 C Anlage 5 Carl-Ludwig Thiele (FDP) ...... 17149 D (SPD) ...... 17150 C Erklärung des Abgeordneten Jörg van Essen (FDP) zur Abstimmung über den Entwurf ei- Otto Fricke (FDP) ...... 17151 D nes Gesetzes zur Änderung des Reichsvermö- gen-Gesetzes (Tagesordnungspunkt 30 l) . . . 17158 D Otto Bernhardt (CDU/CSU) ...... 17153 B Jutta Krüger-Jacob (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 17154 B Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Nächste Sitzung ...... 17155 C Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Mindestkapitals der GmbH (MindestkapG) (Tagesordnungspunkt 14) Anlage 1 Werner Schulz (Berlin) (BÜNDNIS 90/ Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 17157 A DIE GRÜNEN) ...... 17158 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17071

(A) (C) Redetext

181. Sitzung

Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Beginn: 9.00 Uhr

Präsident : verfassungsgerichts vom 3. März 2004 (akustische Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Wohnraumüberwachung) Sitzung ist eröffnet. – Drucksachen 15/4533, 15/5486, 15/5621, 15/5737 – Berichterstattung: Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich Abgeordneter Dr. Norbert Röttgen dem Kollegen Ernst Bahr (Neuruppin), der am 11. Juni ZP 6 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren seinen 60. Geburtstag feierte, nachträglich die besten (Ergänzung zu TOP 29) Glückwünsche des Hauses aussprechen. Beratung des Antrags der Abgeordneten Birgit Homburger, (Beifall) Angelika Brunkhorst, Michael Kauch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Umwandlungskonzept für Trup- Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die penübungsplatz Münsingen erarbeiten und umsetzen verbundene Tagesordnung ergänzt werden. Die Punkte – Drucksache 15/5275 – sind in der Zusatzpunktliste aufgeführt: Überweisungsvorschlag: (B) ZP 5 a) Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f) (D) nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuss) Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit zu dem Gesetz zur Neuordnung des Lebensmittel- und Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und des Futtermittelrechts Landwirtschaft Verteidigungsausschuss – Drucksachen 15/3657, 15/4244, 15/4632, 15/5733 – ZP 7 Weitere abschließende Beratungen ohne Aussprache Berichterstattung: Abgeordneter Michael Müller (Düsseldorf) (Ergänzung zu TOP 30) b) Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses a) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und des nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuss) BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Luftreinhaltungsge- zu dem Gesetz zur Umsetzung der EG-Richtlinie über setze vollziehen – Risiken durch Feinstaub senken die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm – Drucksache 15/5687 – – Drucksachen 15/3782, 15/3921, 15/4024, 15/4377, b) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD, der CDU/ 15/4412, 15/5734 – CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP: Erinnerung und Gedenken an die Vertreibungen Berichterstattung: und Massaker an den Armeniern 1915 – Deutschland Abgeordneter Michael Müller (Düsseldorf) muss zur Versöhnung zwischen Türken und Arme- c) Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses niern beitragen nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuss) – Drucksache 15/5689 – zu dem Siebten Gesetz zur Änderung des Gesetzes ge- gen Wettbewerbsbeschränkungen c) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Für eine parlamen- – Drucksachen 15/3640, 15/5049, 15/5430, 15/5735 – tarische Mitwirkung im System der Vereinten Na- Berichterstattung: tionen Abgeordneter Ludwig Stiegler – Drucksache 15/5690 – d) Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Sabine Bätzing, nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuss) Ute Berg, Renate Gradistanac, weiterer Abgeordneter zu dem Zweiten Gesetz zur Neuregelung des Energie- und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Jutta wirtschaftsrechts Dümpe-Krüger, Volker Beck (Köln), Ekin Deligöz, wei- – Drucksachen 15/3917, 15/4068, 15/5268, 15/5429, terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNIS- 15/5736 – SES 90/DIE GRÜNEN: Schwule und lesbische Jugend- Berichterstattung: liche – Mittendrin statt außen vor Abgeordneter Ludwig Stiegler – Drucksache 15/5691 – e) Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses e) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuss) Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher- zu dem Gesetz zur Umsetzung des Urteils des Bundes- heit (15. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten 17072 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Präsident Wolfgang Thierse (A) Dr. Peter Paziorek, Dr. , Dr. Klaus Thilo Hoppe (C) W. Lippold (Offenbach), weiterer Abgeordneter und der Markus Löning Fraktion der CDU/CSU: Langfristiges Gesamtkonzept i) Beratung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschus- zur Reduzierung der Schadstoffbelastung in der Luft ses (6. Ausschuss) notwendig Übersicht 11 – Drucksachen 15/5330, 15/5721 – über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Berichterstattung: Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht Abgeordnete Astrid Klug – Drucksache 15/5696 – Dr. Maria Flachsbarth ZP 8 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Aus- Birgit Homburger schusses für Gesundheit und ziale So Sicherung (13. Aus- schuss) f) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Tourismus (19. Ausschuss) – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dieter Thomae, Detlef Parr, Dr. Heinrich L. Kolb, weiterer Abgeordneter – zu dem Antrag der Abgeordneten Annette Fasse, und der Fraktion der FDP:Altersgrenze für Vertrags- Renate Gradistanac, Bettina Hagedorn, weiterer Ab- ärzte beseitigen geordneter und der Fraktion der SPD sowie der Ab- geordneten Undine Kurth (Quedlinburg), Werner – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dieter Thomae, Schulz (Berlin), Volker Beck (Köln), weiterer Abge- Detlef Parr, Dr. Heinrich L. Kolb, weiterer Abgeordneter ordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ und der Fraktion der FDP:Freie Wahl der Kostener- DIE GRÜNEN: Öffnungszeiten der Außengastro- stattung in der gesetzlichen Krankenversicherung nomie während der Fußballweltmeisterschaft –zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dieter Thomae, 2006 flexibel handhaben (Münster), Rainer Brüderle, weiterer Abge- – zu dem Antrag der Abgeordneten Jürgen Klimke, ordneter und der Fraktion der FDP:Nicht verschrei- Klaus Brähmig, Ernst Hinsken, weiterer Abgeordne- bungspflichtige Arzneimittel wieder als Leistung der ter und der Fraktion der CDU/CSU: Deutschland gesetzlichen Krankenversicherung verankern für die Fußballweltmeisterschaft 2006 fit ma- – Drucksachen 15/940, 15/3511, 15/3995, 15/5516 – chen – Längere Öffnungszeiten der Außengastro- Berichterstattung: nomie ermöglichen Abgeordneter Dr. Hans Georg Faust – zu dem Antrag der Abgeordneten Ernst Burgbacher, ZP 9 Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und des Gudrun Kopp, Detlef Parr, weiterer Abgeordneter BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Arzneimittelversorgung und der Fraktion der FDP: Sperrzeiten für Außen- bei schwerwiegenden chronischen Erkrankungen gewähr- gastronomie zur Fußballweltmeisterschaft 2006 leisten verbraucherfreundlicher gestalten – Freigabe der Ladenöffnungszeiten ermöglichen – Drucksache 15/5688 – – Drucksachen 15/5585, 15/5452, 15/5581, 15/5716 – ZP 10 Beratung des Antrags r de Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN:Änderung der Ge- (B) Berichterstattung: schäftsordnung des Deutschen Bundestages – Verhaltens- (D) Abgeordnete Brunhilde Irber regeln für Mitglieder des Deutschen Bundestages Jürgen Klimke – Drucksache 15/5698 – Ernst Burgbacher Überweisungsvorschlag: g) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Geschäftsordnung (f) Entwicklung (18. Ausschuss) zu dem Antrag der Abge- Rechtsausschuss ordneten Dagmar Schmidt (Meschede), Karin Kortmann, Sabine Bätzing, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Von der Frist für die Beratung soll, soweit erforderlich, der SPD sowie der Abgeordneten Thilo Hoppe, Volker abgewichen werden. Beck (Köln), Irmingard Schewe-Gerigk, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE Darüber hinaus ist vereinbart worden, den GRÜNEN: Geschlechtergerechtigkeit bleibt zentrale Tagesordnungspunkt 16 – Graffiti-Bekämpfungsgesetz – Voraussetzung für Entwicklung – Zehn Jahre nach der UN-Weltfrauenkonferenz in Peking mit Tagesordnungspunkt 18 – Änderung des Dritten Bu- – Drucksachen 15/5031, 15/5643 – ches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze – zu tau- schen. Der Tagesordnungspunkt 26 – Übereinkommen Berichterstattung: Abgeordnete Dagmar Schmidt (Meschede) der Vereinten Nationen gegen grenzüberschreitende or- Dr. Conny Mayer (Freiburg) ganisierte Kriminalität – soll abgesetzt werden. Sind Sie Thilo Hoppe mit diesen Vereinbarungen einverstanden? – Ich höre Markus Löning keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. h) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ich rufe die Tagesordnungspunkte 10 a bis 10 d auf: Entwicklung (18. Ausschuss) zu dem Antrag der Abge- ordneten Dagmar Schmidt (Meschede), Karin Kortmann, a) Abgabe einer Erklärung durch den Bundeskanz- (Heidelberg), weiterer Abgeordneter und ler zum bevorstehenden Europäischen Rat in der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Thilo Brüssel am 16. und 17. Juni 2005 Hoppe, Volker Beck (Köln), Katrin Göring-Eckardt, Krista Sager und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- GRÜNEN: Entwicklungspartnerschaften mit der richts des Ausschusses für die Angelegenheiten Wirtschaft weiterentwickeln – gemeinsam Armut be- der Europäischen Union (20. Ausschuss) kämpfen – Drucksachen 15/3327, 15/5638 – – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Angelica Schwall-Düren, Günter Gloser, Kurt Bodewig, Berichterstattung: Abgeordnete Dagmar Schmidt (Meschede) weiterer Abgeordneter und der Fraktion der Dr. Christian Ruck SPD sowie der Abgeordneten Rainder Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17073

Präsident Wolfgang Thierse (A) Steenblock, Ulrike Höfken, Marianne Tritz, Das Wort zur Abgabe einer Regierungserklärung hat (C) weiterer Abgeordneter und der Fraktion desder Bundeskanzler, Gerhard Schröder. BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Für eine zukunftsgerichtete Weiterführung DIE GRÜNEN) der Lissabon-Strategie – Neue Impulse zur wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Gerhard Schröder, Bundeskanzler: Erneuerung Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Werner Herren! Eigentlich wollten wir am Donnerstag und Hoyer, Jürgen Türk, Dr. Claudia Winterstein, Freitag dieser Woche in Brüssel die finanzielle Vo r a us - weiterer Abgeordneter und der Fraktion derschau für die Jahre 2007 bis 2013 – und nur diese – be- FDP schließen. Aber es besteht kein Zweifel: Die Referenden in Frankreich einerseits und in den Niederlanden ande- Zur Tagung des Europäischen Rates am 22./ rerseits haben die Europäische Union in eine besondere 23. März 2005 – Stabilität und WachstumSituation – es ist durchaus erlaubt, zu sagen: in eine stärken Krise – gebracht. Die Frage, über die wir zu reden und die wir zu entscheiden haben, ist: Wie wird in der Euro- – Drucksache 15/5116, 15/5131, 15/5711 – päischen Union auf diese Krise reagiert? Berichterstattung: In der europäischen und auch in der deutschen De- Abgeordnete Kurt Bodewig batte zeichnen sich zwei Reaktionsmöglichkeiten ab: Die eine besteht darin, dass man in durchaus populis- Marianne Tritz tischer Weise vorhandene Schwierigkeiten diskutiert und Dr. Claudia Winterstein beschreibt, um das Integrationskonzept Europas über c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- diese Schwierigkeiten mindestens infrage zu stellen, richts des Ausschusses für die Angelegenheiten wenn nicht sogar ernsthaft zu gefährden. Die andere Re- der Europäischen Union (20. Ausschuss) zu dem aktionsmöglichkeit ist, das Projekt Europa weiterhin als Antrag der Abgeordneten Dr. Werner Hoyer,ein einiges, alle Europäer und alle europäischen Länder Dr. Claudia Winterstein, Sabine Leutheusser-umfassendes Projekt, als ein integratives Projekt, zu be- Schnarrenberger, weiterer Abgeordneter und der greifen und auf dieser Basis die aufgetretenen Schwie- Fraktion der FDP rigkeiten zu lösen und das, was noch vor uns steht, of- fensiv anzugehen. (B) Die finanzielle Vorausschau der EU den neuen (D) Aufgaben anpassen (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) – Drucksachen 15/2978, 15/5709 – Es wird Sie nicht überraschen, dass es die Politik der Berichterstattung: Bundesregierung ist, die zweite Strategie zu verfolgen. Abgeordnete Axel Schäfer (Bochum) Das hat Gründe. Diese Gründe liegen darin, was Holger Haibach Deutschland immer von und für Europa gedacht und wo- Rainder Steenblock nach es sich gerichtet hat. Insbesondere Deutschland Dr. Claudia Winterstein – seine Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg zeigt das – hat – ökonomisch wie politisch – ein großes Inter- d) Beratung des Antrags der Abgeordnetenesse daran, dass dieses Europa zusammengeführt wird, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Werner Hoyer,dass es zusammenbleibt, dass es nicht nur als Markt Dr. Andreas Pinkwart, weiterer Abgeordneterexistiert, auf dem das Wirtschaften stattfindet, sondern und der Fraktion der FDP auch als politische Union, also integriert und als ein be- EU-Haushalt auf höchstens 1 Prozent dessonderes Gesellschaftsmodell existiert, das ökonomische Bruttonationaleinkommens begrenzen Effizienz mit sozialer Sensibilität verbindet. – Drucksache 15/5361 – (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Überweisungsvorschlag: Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (f) Darum geht es gegenwärtig und jeder europäische Auswärtiger Ausschuss Mitgliedstaat hat sich zu entscheiden. Der Verfassungs- Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit vertrag, den wir gemacht haben, ist ein Vertrag, der den Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und ernst gemeinten Versuch unternimmt, dieses Europa ei- Landwirtschaft nerseits als ganzes Europa, andererseits aber auch als in- Ausschuss für Bildung, Forschung und tegriertes Europa zusammenzuhalten, ihm ein Funda- Technikfolgenabschätzung ment zu geben. Wir haben diesen Verfassungsvertrag vor Haushaltsausschuss knapp vier Wochen mit überwältigender Mehrheit hier Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für im Hohen Hause beschlossen. Bis auf eine Enthaltung die Aussprache im Anschluss an die Regierungserklä- wurde er auch im Bundesrat einstimmig beschlossen. rung eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich höre keinen Wenn ich mir gelegentlich kritische Debatten über diese Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Verfassung anschaue, frage ich mich: Was hat sich 17074 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Bundeskanzler Gerhard Schröder (A) eigentlich verändert, was die Substanz dieser Verfassung nächsten Jahres –, die richtige Vorgehensweise, jeden-(C) angeht und die Zustimmungsfähigkeit zu dieser Verfas- falls eine, die andere nicht bevormundet, sondern ihnen sung aus Deutschland heraus, aus beiden Hohen Häusern ihr souveränes Recht lässt, über diese Verfassung zu ent- heraus? Da hat sich gar nichts verändert. Das, was wir scheiden, eine Verfassung im Übrigen, in der sehr viel diskutiert haben, als der Verfassungsvertrag hier zur Ent- mehr von sozialem Zusammenhalt drinsteht, als in den scheidung anstand, nämlich ein erweitertes, integriertes Diskussionen bisher deutlich geworden ist. Europa mit einem sicheren Fundament zu versehen, galt (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten damals und gilt auch heute noch. des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Wir haben doch diese Verfassung gemacht – sie ist DIE GRÜNEN) doch maßgeblich unter deutscher Beteiligung zustande Deswegen stehe ich ohne Wenn und Aber zu dieser Ent- gekommen –, weil wir einen verbindlichen Grundrechts- scheidung, zur gemeinsamen Entscheidung Deutsch-katalog für die Europäische Union wollten. Wir haben lands für diesen Verfassungsvertrag. Ganz nebenbei: Mit diese Verfassung doch gemacht, weil wir eine gemein- der Entscheidung in beiden Häusern hat Deutschland Ja same Außen- und Sicherheitspolitik wollten und weiter gesagt und nicht Nein – damit wir uns richtig verstehen. wollen, ja, wollen müssen. Wir haben diese Verfassung doch auch deshalb gemacht, weil in ihr steht, dass es in (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Europa nicht nur um ökonomische Effizienz, sondern DIE GRÜNEN) auch und gerade um sozialen Zusammenhalt geht. Wir sollten aufpassen, dass die Entscheidung, die hier (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ getroffen wurde, nicht uminterpretiert werden kann, von DIE GRÜNEN) wem auch immer. Neben der finanziellen Vorausschau, zu der ich gleich (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten etwas sagen werde, werden wir auch darüber zu reden des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) haben, wie es mit der Erweiterung weitergeht. Wir müs- Nein, meine Damen und Herren, der Verfassungsver- sen damit ganz offen und für meine Begriffe auch offen- trag war richtig, er ist richtig und ich glaube, es wird sich siv umgehen. Was ist denn der Hintergrund für die statt- auch erweisen, dass er ein Stück Zukunft einer einigen gefundenen Erweiterungsprozesse? Polen, Tschechien, Europäischen Union sein wird. Im Übrigen: Alle Mit- die Slowakei, Ungarn und die anderen Länder sind doch gliedstaaten haben sich verpflichtet, zu ratifizieren, je- nicht Teil der Europäischen Union geworden, weil uns weils nach den nationalen Notwendigkeiten und Gesetz- nichts anderes eingefallen ist, sondern sie sind als alte europäische Kulturnationen Teil der Europäischen (B) lichkeiten. Zehn haben ratifiziert – wir auch. Andere (D) haben angekündigt, zu ratifizieren. Denen jetzt mit Sprü- Union geworden, weil der Fall des Eisernen Vorhangs chen zu kommen, wie ich sie aus dem Europäischen Par- genau diesen Prozess ermöglicht hat. lament höre – die Verfassung sei tot; oder was auch im- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ mer –, ist nach meiner festen Überzeugung ganz falsch DIE GRÜNEN) und diskreditiert auch unser eigenes Abstimmungsver- halten. Der Fall des Eisernen Vorhangs hat natürlich auch weitere Konsequenzen. Es wird über die zehn neuen (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Mitgliedstaaten hinausgehen, die am 1. Mai 2004 Mit- des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) glied geworden sind. Ich warne all diejenigen, die jetzt meinen, man könnte die eingegangenen Verpflichtungen Hinzu kommt: Wer wollte den Dänen, den Portugie- wenn nicht auflösen, so doch zumindest auf die lange sen, den Polen, in deren Ländern demnächst Referenden Bank schieben. bevorstehen – Luxemburg kommt dazu –, vorschreiben, wie sie mit der neuen Lage umzugehen haben? Es ist die (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ souveräne Entscheidung eines jeden Landes, ob und DIE GRÜNEN) nach welchem Verfahren es ratifizieren will oder nicht. Ich warne davor, den Rumänen und Bulgaren, mit denen Der Europäische Rat, der am heutigen Donnerstag und wir Verträge abgeschlossen haben, zu sagen, dass es uns am morgigen Freitag vermutlich noch länger über diese Leid tut, dass wir die eingegangenen Verpflichtungen Fragen diskutieren wird, kann natürlich Vorschläge ma- nicht erfüllen können, weil die Referenden in Frankreich chen, aber er kann doch nicht dieRatifizierungspro- und in den Niederlanden nicht so ausgegangen sind, wie zesse abbrechen oder darüber befinden, in welcher sich die Europäer das wünschten. Ich warne deshalb da- Form, in welchen Zeiträumen sie stattzufinden haben. vor, weil die Rückkehr zu alten Nationalismen und zu Das sind souveräne, nationale Entscheidungen, die wir mehr als dem die sichere Konsequenz in diesen Ländern zu respektieren haben. Ich füge hinzu: Wir haben doch wäre. Es würde zu einer Rückkehr zu alten Nationalis- das Dokument – Nr. 30 ist es, glaube ich – gemacht, in men, zum Verlust der ökonomischen Möglichkeiten und dem steht, dass der Europäische Rat neu zusammenkom- damit zu mehr statt weniger Schwierigkeiten für Europa men muss, wenn eine bestimmte Anzahl von Ratifizie- und auch Deutschland, das sich mittendrin befindet, rungen nicht erfolgreich ausgegangen sein sollte. Inso- kommen. fern ist das, was wir vorgeschlagen haben – eine Zwischenbilanz zu ziehen, vermutlich während der ös- Nein, ich glaube: Wenn die Länder, um die es geht, terreichischen Präsidentschaft; das ist zu Beginn desihre Verpflichtungen erfüllen – bei der Justiz, beim Inne- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17075

Bundeskanzler Gerhard Schröder (A) ren und bei der Korruptionsbekämpfung sind noch ei- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ (C) nige Fragen offen, aber sie sind auf dem Weg dorthin –, DIE GRÜNEN) dann muss die Europäische Union auch zu ihren Ver- Im Prinzip gilt das Gleiche für die Türkei. Wir haben pflichtungen stehen. Eine andere Politik halte ich nicht hier darüber debattiert. In diesen Debatten ist deutlich für denkbar. geworden, dass wir der Türkei – vorneweg die Regie- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ rung Kohl, massiv unterstützt vom Abgeordneten Glos, DIE GRÜNEN) gegen manchen Zweifel auf der Seite der demokrati- schen Linken im Hause – immer wieder versichert ha- Was tun wir denn auf dem Balkan, wenn wir, wie ei- ben: Wenn die Bedingungen durch eine entsprechende nige es jetzt vorschlagen, den Ländern des westlichen Reformpolitik und durch die Klärung eures Verhältnisses Balkans zum Beispiel die europäische Perspektive ab- zu Zypern erfüllt sind, dann werden Beitrittsverhandlun- schneiden oder sie ad calendas graecas vertagen? Was gen aufgenommen werden. Diese lange Diskussion sind die politischen Lösungsansätze, die dann zur Verfü- wurde schon über 40 Jahre geführt. gung stehen? Sind sie besser, weil sie in einem sehr um- fassenden Sinne preiswerter für Europa und Deutschland Dann hat man erklärt: Man kann sich ja eines Besse- sind, oder ist nicht vielmehr das Gegenteil der Fall?ren besinnen. Das ist aber in der internationalen Politik Wenn wir diese Länder des westlichen Balkans alleinein bisschen schwierig, weil sich natürlich sehr viele auf lassen und ihnen die Perspektive abschneiden, sind die die Gültigkeit von Vereinbarungen und Zusagen verlas- mutmaßlichen Konflikte dann nicht in einem umfassen- sen haben. den Sinne – übrigens auch materiell – allemal teurer, als (Beifall bei Abgeordneten der SPD) es Vorbeitrittshilfen und Beitrittshilfen je sein könnten? Außerdem gilt das, was wir gesagt haben. Gelänge es, (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ eine Beziehung zwischen einem nicht fundamentalisti- DIE GRÜNEN) schen islamischen Land, der Türkei, und der europäi- Wer sich einmal anschaut, was wir als Europäer und schen Aufklärung herzustellen und wirksam werden zu besonders als Deutsche in den Konflikten auf dem Bal- lassen – das kann nur in europäischen Zusammenhängen kan zu leisten haben und welche materiellen Anforde- geschehen –, wäre das sowohl ökonomisch als auch poli- rungen gestellt werden, der wird sehr schnell ausrechnen tisch ein Segen für die Sicherheit Europas und auch für können, dass Frieden in einem sehr umfassenden Sinne die Sicherheit unseres Landes. allemal preiswerter als solche Konflikte ist, die wir alle (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ kennen. DIE GRÜNEN) (B) (D) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Die Risiken solcher Verhandlungen, die ich gar DIE GRÜNEN) nicht verschweige, sind beherrschbar. Wir haben immer Ich habe mal eine sehr konkrete Frage. Entweder war gesagt: Verhandlungen über einen Beitritt der Türkei es übertrieben oder aber er hat die Wahrheit gesagt. Frau werden zehn bis 15 Jahre dauern. Das Verhandlungskon- Merkel, Herr Stoiber, was sagen Sie denn Herrn Sanader, zept sieht vor, dass die Zuwanderung in den Arbeits- dem Sie im Wahlkampf geholfen und versprochen ha- markt anderer EU-Länder bis auf Null begrenzt werden ben, dass Sie eine ganz schnelle Beitrittsperspektive für kann. Das Verhandlungskonzept sieht auch vor, dass jede Kroatien unterstützen würden? der beiden Seiten die Verhandlungen jederzeit aussetzen oder abbrechen kann. Damit ist dieses Verhandlungskon- (Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Wer hat denn zept ein angemessenes Instrument zur Erreichung des die Beitrittsverhandlungen verzögert?) Zieles, einen Beitritt der Türkei herbeizuführen, ohne ein Was sagen Sie ihm denn, wenn er das erfüllt, was derMitgliedsland der Europäischen Union – Deutschland Internationale Strafgerichtshof und damit auch die Eu- zumal – in unüberwindbare Schwierigkeiten zu bringen. ropäische Union zu Recht von ihm erwarten? Sagen wir Nein, wer in der jetzigen Situation, in der es sicherlich diesem Land „Eine Aufnahme von Verhandlungen gibt eine krisenhafte Entwicklung in Europa gibt, meint, die es nicht“ oder sagen wir ihm „Wir nehmen Verhandlun- Probleme mit Kleinmut, mit Wegducken lösen zu kön- gen auf“? Dazu werden Sie sich verhalten müssen. Ich nen, der irrt gründlich. bin der Meinung, dass Kroatien ein Land ist, das ökono- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ misch und, wenn die Bedingungen erfüllt sind – ich habe DIE GRÜNEN) sie genannt –, politisch dazugehört. Das kann doch gar keine Frage sein. Er wird auch erleben, dass er seiner historischen Verant- wortung in einer Weise nicht gerecht wird, die ihm noch (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Kinder und Kindeskinder, so es sie denn gibt, vorwerfen DIE GRÜNEN) werden. Aber man kann sich nicht so verhalten, diesem Land Ich glaube, dass man damit einen guten Einstieg für in bestimmten Gesprächen Unterstützung für die Auf- die Debatten hat, die am heutigen Donnerstag und am nahme von Verhandlungen zuzusagen, aber dann öffent- Freitag, bezogen auf die finanzielle Vorausschau, begin- lich möglichst gar nicht darüber zu reden oder sogar das nen werden und sollen. Ich habe immer gesagt, dass un- Gegenteil zu erklären. Das ist keine sonderlich rationale sere materiellen Ressourcen begrenzt sind, was die und auch keine sonderlich ehrliche Politik. Möglichkeiten Deutschlands angeht, europäische 17076 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Bundeskanzler Gerhard Schröder (A) Kompromisse zu finanzieren, um in der europäischen (Michael Glos [CDU/CSU]: Schlechte Ab- (C) Geschichte als große Europäer dazustehen. Für diese schiedsrede, Herr Bundeskanzler!) Möglichkeit Deutschlands, eine solche Strategie zu ver- folgen, die doch sehr lange getragen hat, sind Das, die was dort veröffentlicht worden ist – das will ich sa- Ressourcen nicht mehr vorhanden, selbst wenn man sie gen –, reicht noch nicht. Wir haben noch einige Pro- denn nutzen wollte. bleme; denn wir müssen in der Tat darauf achten, dass die Nettosalden nicht uferlos steigen. Das ist auch die (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Mahnung all derer, die sich im Europaausschuss unter BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Leitung des sehr verehrten Vorsitzenden dazu gestern Man muss sich also in das tägliche Geschäft der euro- geäußert haben. Nur, damit es nicht so ganz im Unklaren päischen Verhandlungen schon im Interesse Deutsch-bleibt, wie sich die Nettosalden in der letzten Zeit entwi- lands einmischen. Das war übrigens der Grund, warum ckelt haben, will ich das einmal vorlesen. Wir hatten wir gesagt haben: Wir möchten gerne erreichen, dass das 1993 einen Nettosaldo von 12 Milliarden, 1994 von Budget der Europäischen Union auf 1 Prozent des 14 Milliarden, 1998 – wir sind erst im Oktober in das Bruttonationaleinkommens begrenzt wird. Das hätte im- Amt gekommen; Sie werden das nicht vergessen haben – mer noch eine Menge für Deutschland bedeutet, wäre von rund 12 Milliarden. Dann sinkt dieser Nettosaldo aber auskömmlicher gewesen als jeder andere denkbare von 12 Milliarden über 10 Milliarden auf 8,754 Milliar- Kompromiss. den im Jahr 2004. Wer mich also auffordert, für entspre- chende Rückflüsse zu sorgen, der sollte wenigstens ein Dann wurden wir mit der Forderung der Europäi-bisschen selbstkritisch mit der Frage umgehen, was er schen Kommission nach 1,24 Prozent des Bruttonatio- bzw. sie in den 90er-Jahren gemacht hat. naleinkommens konfrontiert. In Zahlen ausgedrückt hätte dies bedeutet, dass wir mit dem Betrag in Höhe von (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ etwa 22 Milliarden Euro brutto, den wir jetzt an das eu- DIE GRÜNEN) ropäische Budget abführen, im Jahre 2013 bei deutlich Ich bin der Meinung, dass Deutschlands Ressourcen be- über 40 Milliarden Euro gelandet wären, und das bei im grenzt sind und wir deswegen aufpassen müssen, dass Verhältnis sinkenden Rückflüssen, was damit zusam-dieser sehr positive Trend, den meine Regierung erreicht menhängt, dass es den neuen Ländern in vielen Berei- hat, nicht wieder abbricht oder sich gar in das Gegenteil chen wirtschaftlich besser geht, als das noch vor fünfverkehrt. Das ist ein ganz wichtiger Gesichtspunkt. oder acht Jahren der Fall war. Sie werden leicht einse- hen, dass wir eine solche Position nicht einnehmen (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten konnten. des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) (B) (D) (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Nun habe ich gesagt, dass wir bei 1 Prozent des BNE starten und dass wir, was Zahlungen angeht, möglichst Nun gibt es – das sage ich wegen der Einheitlichkeit dicht in die Nähe kommen wollen. Wir starten da und es der Argumentation – den berühmten Bericht des Europä- wäre wirklich wichtig, wenn das gelänge. Gerade in der ischen Parlaments, den so genanntenBöge-Bericht. jetzigen Situation wäre es wunderbar, wenn von Brüssel Böge ist ein Abgeordneter der CDU, der dort haushalts- das Signal ausginge, dass die Union in dieser so wichti- politischer Sprecher ist. Er hat für die CDU/CSU-gen Frage der finanziellen Vorausschau bei allen Gruppe im Europäischen Parlament gesagt, dass unter Schwierigkeiten handlungsfähig ist. Ich bin dafür – weil 1,18 Prozent des BNE gar nichts laufe. Dazu sollten Sie wir gute Europäer sind –, dass wir einen Beitrag leisten, sich einmal verhalten; denn das ist sehr teuer, was Herr damit das gelingt. Böge da aufgeschrieben hat. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) DIE GRÜNEN) Aber wie kann dieser Beitrag nur aussehen? Es gibt Län- Es geht natürlich nicht, mich hier zum Sparen aufzufor- der, die sagen: Es muss alles, was die Erwartungen und dern und dann munter durch die Angehörigen der mittle- Forderungen bei den Strukturfonds und den Kohäsions- ren Ebene die Forderungen immer weiter nach oben zu fonds betrifft, so bleiben, wie es ist, jedenfalls dann, treiben. Das ist eine Form von Politik, die nicht trägt, je- wenn es uns angeht. – Das kann nicht angehen. Dann denfalls nicht auf Dauer. gibt es Länder – das sinddie neuen Mitgliedstaaten –, (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ die völlig zu Recht sagen: Der durchschnittliche Wohl- DIE GRÜNEN) stand in unseren Ländern liegt unter dem der Länder, die bisher von der Solidarität profitiert haben. Das Mindeste, Lassen wir also einmal den Böge-Bericht beiseite und was wir wollen, ist, gleich behandelt zu werden. – Das reden wir über das, was im Zusammenhang mit dem zu ist nachvollziehbar, aber schwer zu bezahlen. diskutieren ist, was die Präsidentschaft vorgeschlagen hat. Einige Länder sind Nettozahler, vorneweg die Nie- derlande, Schweden und Deutschland. Deutschland zahlt (Zuruf der Abg. Elke Wülfing [CDU/CSU]) in absoluten Zahlen das Meiste, die Niederlande in rela- – Ich komme gleich zu dem, was ich machen muss. – Es tiven Zahlen, also pro Kopf. Schweden liegt dazwischen. sind ganz vernünftige Vorschläge, die da auf dem Tisch Diese Länder sagen zu Recht: Wir brauchen eine Entlas- liegen. tung von dieser Nettozahlerposition und wir kämpfen Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17077

Bundeskanzler Gerhard Schröder (A) darum, dass das auch geschieht. Ich bin guter Hoffnung, fassung sind, dass ein Ergebnis nur dann zustande kom- (C) dass wir dabei weiterkommen. Auch dabei wird nicht je- men kann, wenn sich auch die britische Regierung beim der Blütentraum reifen; das ist keine Frage. Das sage ich Rabatt bewegt, wie sich auch alle anderen bewegen müs- auch den Kollegen, die im selben Boot sitzen. Aber wir sen. müssen damit weiterkommen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Dreh- und Angelpunkt ist indessen nicht nur, dass die DIE GRÜNEN) Länder entlastet werden müssen, die viel zahlen – ohne dass ihre Nettozahlerposition deswegen aufhört zu exis- Das ist die Erwartung, die ich an Sie habe, wenn Sie sich tieren –, und die Länder, die viel bekommen oder viel nicht vorwerfen lassen wollen, die Verhandlungsposition wollen, ihre Erwartungen zurückschrauben müssenin große Schwierigkeiten gebracht zu haben. – auch das ist notwendig –, sondern Dreh- und Angel- Ich habe wenig Hoffnung – ich bin mir darin mit punkt ist auch ein bestimmtes Instrument, über das man dem luxemburgischen EU-Ratspräsidenten Jean-Claude ein paar Worte verlieren muss. Dieses Instrument nennt Juncker einig –, dass das, was wir wollen – dass sich alle sich „britischer Rabatt“. Er ist nicht von dieser Regie- bewegen –, zu den gleichen Einsichten führt wie bei uns, rung ausgehandelt worden; damit wir uns völlig klar ver- nämlich dass man sich bewegen muss. Ich weiß nicht, ob stehen. alle der europäischen Idee folgen. Ich habe mir gelegent- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten lich in diesem Hause von der rechten Seite anhören müs- des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) sen, jemand zu sein, der zu rational, zu wenig emotional mit der europäischen Frage umgeht. Dieser britische Rabatt – er liegt zurzeit bei etwa 4,5 Milliarden Euro, wenn ich es richtig im Kopf habe – (Michael Glos [CDU/CSU]: Eine kränkelnde würde, wenn er unverändert beibehalten würde, im Zeit- Frühgeburt war schon emotional!) raum der finanziellen Vorausschau auf 7 Milliar-– Ja, ist klar. Aber in der Krise zeigt sich, wer steht und den Euro und mehr hochschnellen. Angesichts der Tatsa- wer nicht steht. che, dass Großbritannien beim Pro-Kopf-Einkommen seiner Bevölkerung die Nummer sechs ist, aber bei den (Lebhafter Beifall bei der SPD sowie bei Ab- Pro-Kopf-Zahlungen weit im Hinterfeld liegt, gibt es für geordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- den Rabatt überhaupt keine wirkliche Rechtfertigung NEN) mehr. Allerdings ist damals, anders als bei vielen ande- Ich fahre heute einigungsbereit nach Brüssel. ren finanziellen Gegebenheiten, beschlossen worden, Deutschland wird sich bewegen. Es darf nicht die finan- dass dieser Rabatt nur einstimmig geändert werden zielle Leistungsfähigkeit des Landes übersteigen. Diese (B) kann. Angesichts der vorgegebenen Einstimmigkeit ist (D) haben wir im Blick zu behalten. die Aufforderung an mich, ich sollte – bei Landwirt- schaftsverhandlungen oder sonst wo – mal eben dafür Aber gleichermaßen hat diese Regierung für Deutsch- sorgen, dass dieser Rabatt verschwindet, ein bisschenland im Blick, dass dieses unser Land ökonomisch in un- naiv. geheurer Weise von einem gemeinsamen Markt profi- tiert. Wir sind in all den Ländern, um die es geht (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ – sowohl in denjenigen, die beigetreten sind, als auch in DIE GRÜNEN) denjenigen, mit denen verhandelt wird –, im Handel die Trotzdem hat die Oppositionsführerin derbritischen Nummer eins. Wir haben unserer Außenwirtschaft und Presse zufolge gemeint, das tun zu sollen. der damit zusammenhängenden Arbeitsplätze wegen das größte Interesse daran, dass dieses Europa als ein eini- Dann werden Sie, Frau Merkel, sich zum britischen ges, integriertes Europa funktioniert. Gerade in einer Rabatt – ich entnehme das britischen Zeitungsberich-Situation wie der jetzigen kommt es darauf an – daran ten – äußern müssen. Darin steht nämlich, Tony Blairhaben wir aus politischen Gründen das allergrößte Inte- habe nach einem Gespräch mit Ihnen Hoffnung; denn resse –, dass man bei dem Unterfangen nicht nachlässt, Sie hätten seinen Rabatt mit dem Hinweis darauf, dass er dieses Europa durch Erweiterung und Integration zu ei- weniger Agrarsubventionen bekäme als Frankreich, aus- nem Ort dauerhaften Friedens und dauerhaften Wohler- drücklich verteidigt. gehens seiner Menschen zu machen. Das und nichts an- deres ist unser Ziel. An dem werden wir unbeirrt (Zurufe von der SPD: Oh!) festhalten. Wenn das stimmen sollte und die Zeitungen nichts Fal- Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. sches berichtet haben, dann haben Sie Juncker und Deutschland damit einen Bärendienst erwiesen. Das (Anhaltender Beifall bei der SPD und dem muss man sehr deutlich sagen, meine Damen und Her- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ren. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Präsident Wolfgang Thierse: DIE GRÜNEN) Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort Kol- legin Angela Merkel, CDU/CSU-Fraktion. Es wäre gut, wenn Sie sich in aller Klarheit hier dazu äußern würden, ob Sie mit der Bundesregierung der Auf- (Beifall bei der CDU/CSU) 17078 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

(A) Dr. Angela Merkel (CDU/CSU): che derjenigen, die sich noch entscheiden müssen, die(C) Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der De- die Ratifizierung noch vor sich haben –, der Prozess batte über die Ratifizierung des Verfassungsvertrages am solle weitergehen, dann soll er weitergehen. 12. Mai dieses Jahres habe ich für die große Mehrheit Meine Damen und Herren, ich bin aber auch der Mei- der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gesagt: nung, dass wir dann nur fragen müssen: Wann ziehen Wir sagen Ja dazu, mit diesem Vertrag die Einigung wir Zwischenbilanz? Dazu sehen das Ratifikationsver- Europas institutionell weiter zu festigen; denn wir fahren und der Vertrag folgende Regelung vor: Wenn vergessen nicht die Lehren von denen, die vor uns 20 Länder ratifiziert haben, gibt es eine Zwischenbilanz. politische Verantwortung trugen, von KonradWir wünschen dem Rat allen Erfolg, damit dieser Pro- Adenauer über Willy Brandt bis Helmut Kohl, die zess weitergehen kann. Lehren aus den Katastrophen der beiden Weltkriege Wir müssen uns allerdings auch auf die Frage vorbe- auf europäischem Boden. Europa als Friedens- und reiten, was denn passiert, wenn einige Länder sagen, Wertegemeinschaft stärken, dazu gibt es keine Al- dass sie diesen Prozess nicht fortsetzen wollen. Dazu ha- ternative. ben Sie heute hier gar nichts gesagt. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Gernot neten der FDP) Erler [SPD]: Was sagen Sie dazu?) Was am 12. Mai richtig war, hier im Deutschen Bundes- Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sollten uns tag gesagt zu werden, das ist auch am 16. Juni richtig. auch ganz klar vor Augen führen: Das Nein in Frank- (Franz Müntefering [SPD]: Da sind wir mal reich und in den Niederlanden ist keine Haltung, die sich gespannt!) gegen Europa an sich richtet. Eines ist vollkommen klar: Wenn der niederländische Schriftsteller Leon de Winter Deshalb ist es allerdings genauso richtig, dass wirsagt: „Wir haben mit ‚Nee‘ gestimmt, um Europa zu hinzufügen, was ich am 12. Mai ebenfalls gesagt habe: schützen“, Ich glaube, dass wir an einem solchen historischen (Lachen bei der SPD) Tag … auch sehen müssen – das hat etwas mit der Zustimmung zu Europa zu tun –, dass wir in zwei- müssen wir uns fragen und uns Gedanken darüber ma- erlei Hinsicht am Scheideweg stehen: zum einen, chen – Sie können darüber achen;l ich glaube nur, dann was die Integrationstiefe anbelangt, und zum ande- wird die europäische Krise nicht behoben werden –, ren, was die Ausdehnung der Europäischen Union (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) (B) anbelangt. (D) was die Menschen dazu bewogen hat, Nein zu sagen. (Beifall bei der CDU/CSU) Nur so können wir das europäische Einigungswerk fort- Auch dieser zweite Teil gilt heute genauso wie amführen 12. Mai. Er hat seine Verstärkung – darum kann man gar (Günter Gloser [SPD]: Was ist die Analyse?) nicht herumreden – durch das Nein der Mehrheit der Be- völkerungen in Frankreich und in den Niederlanden er- und einen Ausweg aus der Krise finden. fahren. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) (Zuruf des Abg. Gert Weisskirchen [Wiesloch] Wir müssen doch zur Kenntnis nehmen, dass viele [SPD]) Menschen in Europa das Erreichte – dauerhafter Frie- Genau deshalb ist es notwendig, dass von dem Rat, der den, wirtschaftliche Freiheit – inzwischen als selbstver- heute und morgen stattfindet, ein Signal der Entschlos- ständlich hinnehmen. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, senheit ausgeht, dass es ein einfaches Weiter-so nichtdass viele Menschen in den europäischen Mitgliedstaa- gibt, ten Sorgen und Ängste um die Globalisierung haben. (Widerspruch bei der SPD) (Zuruf der Abg. Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]) sondern dass um Europa willen die notwendigen Konse- quenzen gezogen werden müssen. Herr Bundeskanzler, Genau diese Sorgen und Ängste müssen wir aufnehmen, mit Verlaub, ich habe den Mut und die Entschlossenheit, meine Damen und Herren. Sich über die Köpfe der Men- auf diese Krise adäquat zu reagieren, bei Ihnen heuteschen hinwegzusetzen, hat noch nie ein politisches Pro- völlig vermisst. blem gelöst. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Die Menschen haben den Eindruck: Es gibt ein gren- Ich bin mit Ihnen völlig einer Meinung, dass es in Be- zenloses Europa, sowohl was die Vertiefung als auch zug auf die Frage, wie es mit demRatifizierungspro- was die Erweiterung anbelangt. Genau auf diese Frage zess weitergeht, natürlich nicht unsere Sache ist – damit müssen wir präzise Antworten geben, meine Damen und meine ich uns, die wir ratifiziert haben –, anderen, die Herren. noch zu ratifizieren haben, Vorschriften zu machen, wie sie damit umzugehen haben. Ich bin auch der Meinung: (Günter Gloser [SPD]: Darauf warten wir! Wir Wenn alle zu der Überzeugung kommen – das ist die Sa- hören! – Weitere Zurufe von der SPD) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17079

Dr. Angela Merkel (A) Wir sollten auch ernst nehmen, wenn der französische Es ist doch gar keine Frage, dass wir Europa brau-(C) Innenminister Nicolas Sarkozy sagt: Die Menschen ha- chen, wenn es um die Bewältigung derGlobalisierung ben viel zu lange von der Politik keine Antworten auf geht. Wir brauchen Europa, wenn es beispielsweise um ihre Fragen bekommen. Antworten auf folgende Fragen geht: Wie können wir Boeing in die Schranken weisen und Airbus nach vorne (Gernot Erler [SPD]: Wo sind denn Ihre?) bringen? Wie können wir uns mit Microsoft auseinander Deshalb müssen wir schauen, wie wir genau auf diese setzen? Wie können wir im Textilbereich Handelsab- Fragen Antworten geben. kommen mit China treffen? Alle diese Fragen kann ein einzelnes Land allein in der heutigen Welt doch über- (Gernot Erler [SPD]: Nicht schauen, sondern haupt nicht mehr lösen. Deshalb brauchen wir Europa. antworten!) Das kann nur mit Mut gelingen. Das kann nur gelingen, Wir brauchen Europa in einer gemeinsamen Außen- indem wir eine kritische Analyse des Bestehenden ma- und Sicherheitspolitik, meine Damen und Herren. chen und deutlich sagen, wie es weitergehen soll. (Michael Glos [CDU/CSU]: Sehr richtig!) (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Daran gibt es doch überhaupt keinen Zweifel. Das sind In diesem Zusammenhang muss ganz klar definiert die Aufgaben, denen sich Europa widmen muss. Das werden: muss nach vorne gebracht werden. (Zurufe von der SPD: Ja! – Na, los! – Das (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- stimmt!) neten der FDP – Gernot Erler [SPD]: Wo sind Welche Ziele haben wir? Wohin wollen wir? Ihre Antworten?) (Lachen bei der SPD) Die Menschen machen sich halt Sorgen, wenn sie hö- ren, dass es 400, 500 oder 600 neueRichtlinien geben – Meine Damen und Herren, Ihr Lachen wird nicht da- könnte. Die Menschen machen sich Sorgen, wenn sie er- rüber hinwegtäuschen, dass diese Ziele für die Men-leben, dass es Regelungstatbestände gibt, von denen sie schen nicht erkennbar sind. Sie fragen sich: Wo sind die sagen, dass wir sie in Europa wirklich nicht brauchen. Grenzen Europas? Wo ist die Grenze der Vertiefung?Die Menschen machen sich Sorgen, wenn Sie sich mit Auf diese Fragen müssen wir eine Antwort geben. einer Chemikalienrichtlinie auseinander setzen, zu der (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- allein 4 000 Änderungsanträge vorliegen. Herr Bundes- neten der FDP) kanzler, vielleicht wäre es einmal eine Überlegung wert, (B) symbolisch zu sagen: Lasst uns politisch entscheiden,(D) Dazu sage ich als Erstes – das hat damit zu tun, dass was wir im Sinne des Lissabon-Prozesses, also des es ein einfaches Weiter-so für mich nicht gibt –: Wachstumsprozesses, brauchen und was nicht! Lasst uns (Zuruf der Abg. [SPD]) Prioritäten setzen! – Die Völker Europas wären dankbar für eine solche politischeHaltung. Das ist es, was wir Stopp der inneren Überdehnung Europas. heute von Ihnen erwartet hätten. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) neten der FDP – Detlef Dzembritzki [SPD]: Können Sie das mal übersetzen und sagen, was Sie unter „Überdehnung“ verstehen?) Präsident Wolfgang Thierse: Frau Kollegin Merkel, gestatten Sie eine Zwischen- Europa wird von vielen als ein bürokratisches Wesen frage des Kollegen Weisskirchen? wahrgenommen, das die Menschen nicht verstehen. Sie sehen nicht, dass Europa sich wirklich nur um das küm- mert, was Europas Sache ist. Dr. Angela Merkel (CDU/CSU): (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage. der FDP) (Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der Meine Damen und Herren, das eigentlich Tragische SPD: Oh!) an dem Prozess, den wir im Augenblick zu beobachten Unsere Antwort auf die Krise, in der wir uns befin- haben, ist, dass der Verfassungsvertrag ja gerade ver- den, wäre gewesen, zu sagen, welche politische Selbst- sucht hat, auf diese Sorgen der Menschen Antworten zu beschränkung sich Europa auferlegt, um deutlich zu ma- geben. Genau aus diesem Punkt heraus sage ich auch: chen: „Wir haben verstanden, was die Menschen uns Der Verfassungsvertrag ist ein Schritt in die richtige sagen wollten“, oder – andersherum – zu sagen, dass wir Richtung und das, was dort angelegt ist, muss fortgesetzt eine Notwendigkeitskontrolle für das, was Europa regeln und darf nicht infrage gestellt werden; denn Kompeten- muss, einführen, um deutlich zu machen: Wir sind einem zen für Europa müssen begrenzt und beschränkt werden. Ziel verpflichtet, nämlich soziale Marktwirtschaft in Eu- Genau das hat der Verfassungsvertrag versucht, auch ropa in Zeiten der Globalisierung durchzusetzen. Das wenn es noch nicht zu 100 Prozent gelungen ist. soll das Selbstbild Europas sein und daran muss sich al- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- les ausrichten: wachstumsgetriebene Politik und nicht neten der FDP) Bürokratie an Stellen, wo sie nicht notwendig ist. 17080 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Dr. Angela Merkel (A) (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) (C) Günter Gloser [SPD]: Das ist Ihre Antwort in Natürlich muss man sich an geschlossene Verträge der Krise?) halten. Aber wir werden unsere Haltung, dass die privi- Es ist auch die Frage nach der Erweiterung zu stellen. legierte Partnerschaft die beste Möglichkeit zur Integra- Nun weiß ich nicht, Herr Bundeskanzler – um das „Kroa- tion der Türkei in Europaist, nicht aufgeben, sondern tien-Problem“ gleich anzusprechen –, ob Ihnen entgan- dies in den Verhandlungen immer wieder einbringen. gen ist, dass der bayerische Ministerpräsident jüngst in Das können wir schon heute sagen, meine Damen und Kroatien war und dort ein ganz klares Bekenntnis zur Herren. Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Kroatien ab- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- gegeben hat. neten der FDP) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wir müssen natürlich auch versuchen – das wäre Gernot Erler [SPD]: Das müssen Sie Herrn ebenfalls ein Signal an den jetzt stattfindenden EU-Gip- Wissmann erzählen!) fel –, die finanziellen Perspektiven zu klären. Dass die Verhandlungen nicht einfach sind, kann man erahnen. Das war unsere Haltung vor den Referenden und das ist unsere Haltung nach den Referenden. Ich stimme Ihnen (Gernot Erler [SPD]: Gutes Feeling!) vollkommen zu, Herr Bundeskanzler, dass es absurd wäre, weil die Franzosen und die Niederländer Probleme Deshalb ist es auch richtig, dass Sie einen kleinen kriti- mit Europa haben, den Kroaten zu sagen, dass die Zusa- schen Schlenker zu den Festlegungen des Europäischen gen, die wir gemacht haben, jetzt nicht eingehalten wer- Parlaments gemacht haben. Es gibt in der Tat den so ge- den. nannten Böge-Bericht, der allerdings sozusagen ange- feuert wurde vom Präsidenten des Europäischen Parla- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) ments, einem Sozialisten; wir beide haben mit ihm gesprochen. Ich habe aber schon Kritik zu üben, nicht daran, dass Bulgarien und Rumänien eine europäische Perspektive (Lachen bei der SPD – Dr. Norbert Röttgen haben. Das ist gar keine Frage; das wird von uns unter- [CDU/CSU]: Der hat auch zugestimmt!) stützt. Dieser Böge-Bericht – das sage ich nur, damit Ihnen das (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Lachen jetzt vergeht – hat die Zustimmung von 420 Parlamentariern im Europäischen Parlament bekom- Aber wir sind der Meinung, dass Bulgarien und Rumä- men; darunter waren auch Sozialdemokraten. nien die Kriterien erfüllen müssen, die gelten, wenn man (B) (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Norbert (D) Mitglied der Europäischen Union werden möchte. Wir Röttgen [CDU/CSU]: Alle deutschen Sozial- halten den Beschluss, dass Bulgarien und Rumänien am demokraten!) 1. Januar 2007 beitreten, wenn sie die Kriterien erfüllen, ausdrücklich für richtig; wir werden die entsprechenden Das ist etwas, was Sie genauso bekümmern sollte. Des- Fortschrittsberichte abzuwarten haben. Aber den Be-halb, Herr Bundeskanzler, war das ziemlich kleine schluss, dass, wenn sie die Kriterien bis zum 1. Januar Münze, was Sie da angeführt haben. 2007 nicht erfüllen, sie automatisch am 1. Januar 2008 beitreten können, halte ich für falsch; denn in jedem Fall Es gibt halt unterschiedliche Perspektiven. Das Euro- päische Parlament ist zwar hinter dem Vorschlag der müssen die Kriterien erfüllt werden. Kommission zurückgeblieben, aber das Europäische (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Parlament ist weit über die Vorschläge des Rates hinaus- gegangen. Deshalb werden wir alle, so wie wir hier im Herr Bundeskanzler, wir haben immer mit offenennationalen Parlament sitzen, ob Sozialdemokraten oder Karten gespielt, was die europäische Perspektive derChristdemokraten, immer wieder die Diskussion mit un- Türkei anbelangt. seren europäischen Freunden suchen müssen und versu- chen müssen, dort die gleiche Perspektive zu erreichen. (Zurufe von der SPD: Oh!) Da sind Sie nicht besser dran als wir. Insofern sollten wir Ich bin selber in der Türkei gewesen und habe dem türki- uns das hier nicht vorwerfen. schen Ministerpräsidenten gesagt: Wir wollen enge Be- Was die finanzielle Vorausschau und die finanzielle ziehungen zur Türkei, aber wir glauben, dass das imPerspektive anbelangt, so wäre es wünschenswert, ein Rahmen einer privilegierten Partnerschaft stattfindenErgebnis zu erzielen. Um dieses Ergebnis zu bekom- sollte. Die Diskussionen sind nun so weit gediehen, dass men, werden sich alle bewegen müssen. Nun gibt es aber die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei am 3. Oktober etwas, das sich auf die Verhandlungen natürlich nicht aufgenommen werden sollen. Es ist aber wichtig – das förderlich auswirkt. Das ist die Tatsache, dass man sich haben Sie heute auch nicht gesagt –, dass die Türkeiüber einen großen Teil der finanziellen Perspektive bis dann auch alle ihr aufgetragenen Vorbedingungen erfül- 2013 schon 2002 geeinigt hat, nämlich über die Agrar- len muss. Da darf man kein Auge zudrücken. Es ist ein ausgaben. Sie haben selbst gesagt, dass der Britenrabatt ziemlich verheerender Zustand, dass die Türkei heuteetwas mit Agrarausgaben zu tun hat. weder mit Armenien noch mit Zypern diplomatische Be- ziehungen pflegt. Zumindest mit Zypern muss dieser Zu- (Gerhard Schröder, Bundeskanzler: Nein, ich stand geändert werden. nicht!) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17081

Dr. Angela Merkel (A) Von daher ist es natürlich nicht ganz einfach, wenn die trägt, dass auch Europa wirtschaftlich nicht stark genug (C) einen sagen können: „Agrarsubventionen sind sakro-ist. sankt; da gehen wir überhaupt nicht mehr ran“ und von (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) den anderen Flexibilität erwartet wird. Ich bin der festen Überzeugung: Wenn sich genau in diesem Bereich alle Deshalb muss es nach meiner festen Überzeugung ein Stück bewegen, dann ist es möglich, auf dem Rat die eine klare Priorität für die Lissabon-Agenda geben, das finanzielle Vorausschau zu verabschieden. Ich bin viel heißt eine klare Priorität für Wachstum und wirtschaftli- zu sehr eine gute Deutsche, um nicht zu sagen, dass sich che Entwicklung, um in Europa Beschäftigung zu be- ganz unzweifelhaft auch die Briten bewegen müssen.kommen. Alle Richtlinien müssen auf den Prüfstand, um Aber es kann nicht sein – das ist der Punkt –, dass von zu klären, ob sie genau diesem Ziel dienen. Es muss eine der einen Seite Flexibilität erwartet wird und von der an- politische Kontrolle dessen geben, was in der Kommis- deren Seite gesagt werden kann: Für uns sind diesesion an Richtlinien verabschiedet wird. Es muss ein poli- Dinge sakrosankt. tisches Bekenntnis geben in den Fragen: Was brauchen wir? Was brauchen wir nicht? Wo sind wir vielleicht (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- falsch vorgegangen? Nach meiner festen Überzeugung neten der FDP – Gernot Erler [SPD]: Sie ha- müssen Tatsachen geschaffen werden in der Frage: Wie ben Tony Blair in seiner Haltung doch be- geht es über das hinaus, was Sie heute gesagt haben, mit stärkt!) dem Erweiterungsprozess weiter? Sie haben kein Wort darüber gesagt, dass durch die Wir glauben, dass die Türkei-Frage in den Abstim- Festlegung der Agrarsubventionen für die gesamtenmungen der Länder eine wichtige Rolle gespielt hat. Zukunftsaufgaben jetzt natürlich nur noch ein sehr ge- Dies dürfen wir nicht unterschätzen und auch nicht ver- ringer Spielraum vorhanden ist; denn die nationalen Bei- drängen. Ich sage schon heute: Es wäre ganz unverant- träge müssen sich – das ist richtig – im Rahmen halten. wortlich, wenn man über zehn Jahre Verhandlungen mit Das erkennt man, wenn man insbesondere einen Blick in der Türkei immer mit der Perspektive einer Vollmit- den eichelschen Haushalt wirft. Aber die Tatsache, dass gliedschaft führte, wissend, dass in den Ländern, in de- das so ist, nämlich dass wir jetzt praktisch nur noch bei nen zum Schluss Referenden stattfinden, nie eine Mehr- den Zukunftsbereichen reduzieren können, wirft wieder heit für den entsprechenden Beschluss zu bekommen ist. kein gutes Licht auf Europa; denn gerade im For-Das ist unverantwortliche Außenpolitik, Herr Bun- schungsbereich und den anderen Zukunftsbereichen, in deskanzler. denen wir angesichts der Globalisierung Nachholbedarf haben, müsste Europa stark sein. Aber da sind jetzt äu- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) (B) ßerste Restriktionen angesagt. Auch das macht die Ver- Eine solche Außenpolitik machen wir nicht mit. Wir sa- (D) handlungen so schwierig. gen das, was wir meinen, im Inland genauso wie im Ausland. Manchmal sind die Gespräche schwieriger, Der Präsident der Deutschen Forschungsgemein- wenn man nicht alles versprechen kann. Aber Wahrhaf- schaft hat gestern dazu seine Sicht niedergeschrieben. tigkeit und Verlässlichkeit müssen wieder ein Zeichen (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Ganz treffend, deutscher Politik werden. Dies ist im Augenblick leider ja!) nicht so. Er hat deutlich gemacht: Von dieser Perspektive muss (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Bei- ein Zukunftssignal ausgehen und darf nicht ein Signal fall bei der FDP) der Vergangenheit ausgehen. – Das würden wir gern se- hen, meine Damen und Herren. Präsident Wolfgang Thierse: Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Gert Weisskirchen das Wort. Deshalb, Herr Bundeskanzler, wünsche ich und wün- schen wir von ganzem Herzen, dass dieser Rat, ein ent- Gert Weisskirchen (Wiesloch) (SPD): scheidender Rat, heute und morgen das Signal an die Liebe Frau Kollegin Merkel, ich habe Ihnen sehr auf- Bürgerinnen und Bürger Europas aussendet, dass diemerksam zugehört. Staats- und Regierungschef verstanden haben: Ein einfa- (Michael Glos [CDU/CSU]: Bei dem Lärm da ches Weiter-so wird Europa zerstören. drüben?) (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: So ist Ich habe allerdings zwei Bemerkungen zu Ihrer Rede zu es!) machen. Sie haben auf meine Frage leider nicht geant- Es muss eine Veränderung geben. wortet. (Zuruf von der SPD: Welche Veränderungen ( [CDU/CSU]: Sie haben ja gar keine gestellt!) denn?) Ich hätte Sie gern gefragt, wo denn der weiterführende Es wäre gut, wenn Deutschland genau in diesem Prozess Gedanke in Ihrem Debattenbeitrag geblieben sei. eine führende Rolle spielen könnte. Die Menschen schauen auf uns. Die Menschen in Europa wissen, dass (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ die wirtschaftliche Schwäche Deutschlands dazu bei- DIE GRÜNEN) 17082 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Gert Weisskirchen (Wiesloch) (A) Auch nach 20 Minuten Ihrer Rede habe ich nicht eine Zehn Länder dafür und zwei dagegen – Sie aber schrei- (C) Sekunde lang bemerkt, dass Sie einen weiterführenden ben Ihrer Fraktion: Lasst uns jetzt im Deutschen Bundes- Gedanken dargestellt hätten. tag die Regierung der Bundesrepublik Deutschland dafür verantwortlich machen, dass bei den Referenden in Die Union ist so, wie sie sich gegenwärtig in ihrer Ka- Frankreich und den Niederlanden mit Nein gestimmt kophonie zeigt, nicht europafähig. worden ist. Dazu kann ich nur sagen: Eine famose Oppo- (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Wider- sition! spruch bei der CDU/CSU) (Beifall bei der SPD) Ich will Ihnen auch sagen, warum, liebe Frau Merkel. Sie haben nichts zu dem gesagt, was der Bundeskanzler Aber Sie werden noch ein bisschen genauer. In Ihrem Sie gefragt hat: Wo bliebIhre Antwort auf die Frage, an die Fraktion gerichteten Papier schreiben Sie außer- was Sie mit Tony Blair besprochen haben? dem, das habe mit dem EU-Beitritt der Türkei – Sie schreiben nicht „Beitrittsverhandlungen“, sondern „EU- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Beitritt der Türkei“ –, der Schwächung des Stabilitäts- paktes und der engen Zusammenarbeit zwischen Ich führe einen zweiten Punkt an, liebe KolleginDeutschland und Frankreich zu tun. Das sind die drei Merkel: Wo bleibt eigentlich Ihre Antwort auf das, was Vorwürfe, die Sie der Bundesregierung entgegenhalten Herr Wissmann erklärt? Wo bleibt Ihre Antwort auf das, und die Sie, wie Sie ankündigen, auch heute alle mitei- was der saarländische Ministerpräsident erklärt? Wie ge- nander wieder erheben wollen. Darüber wird im Einzel- hen Sie damit um, dass diese Union zeigt, dass sie nicht nen noch zu sprechen sein. fähig ist, ein klares und überzeugendes europapolitisches Konzept vorzulegen? Wo bleibt auf all dies Ihre Ant- Zum Vorwurf der engen Zusammenarbeit zwischen wort? Ihre Antwort war ein Nichts. Sie sind durchgefal- Deutschland und Frankreich: Die Geschichte der len, was Ihren eigenen Anspruch auf einen weiterführen- deutsch-französischen Zusammenarbeit kennt meine Ge- den Gedanken anlangt. neration noch. Frankreich und Deutschland waren (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Feinde. Sie haben sich gegenüber gestanden. Das ist Gott sei Dank seit über 60 Jahren vorbei.

Präsident Wolfgang Thierse: (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Frau Merkel? – Sie verzichten. Die Art und Weise, wie Sie heute die Freundschaft zwi- Dann erteile ich dem Kollegen Franz Müntefering, schen unseren Völkern und unseren Regierungen kom- (B) SPD-Fraktion, das Wort. mentieren, ist unter dem Niveau, das sich eine Opposi- (D) tion hier leisten sollte. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Franz Müntefering (SPD): des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Dr. [CDU/CSU]: Gerade Sie Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Anlass für die müssen von Niveau sprechen!) heutige Debatte ist dreierlei: zum Ersten der Brüsseler Dagegen – das kann man wohl sagen – ist Absurdistan Gipfel, der heute beginnt und zu dem der Kanzler über geradezu ein Hort der Logik. Sie wissen, dass Ihre Be- die wichtigsten Punkte informiert hat, die dort zu bespre- weisführung Unsinn ist. chen sind; zum Zweiten die Situation, in der sich Europa insgesamt im Umgang mit dem Verfassungsvertrag be- Mit dem Verhalten, das Sie nach den beiden Referen- findet; und zum Dritten natürlich auch die Instrumentali- den in Frankreich und den Niederlanden gezeigt haben, sierung des Themas Europa durch die Opposition und im verbinden Sie ein einziges Interesse: Sie wollen das Speziellen durch die CDU/CSU. Diffamierbarkeitspotenzial von Fremdenfeindlichkeit in dem anziehenden Wahlkampf der nächsten Monate hier Wie eben schon gesagt worden ist, stimmten wir vor in Deutschland parteitaktisch für sich nutzen. Das Diffa- einem Monat im Deutschen Bundestag mit großer Mehr- mierbarkeitspotenzial von Fremdenfeindlichkeit nut- heit dem Verfassungsvertrag zu. Am 27. Mai tat dies der zen – darauf stellen Sie es ab. Das ist eine famose Oppo- Bundesrat in gleicher Weise. Deutschland hat also seine sition, die sich bei dem ersten Gegenwind zum europäi- Zustimmung zu diesem Verfassungsvertrag gegeben. schen Projekt in die Büsche schlägt, statt mit uns zusam- Damit haben insgesamt zehn Länder in Europa bisher men für die Sache einzustehen und den Menschen zu mit Ja gestimmt; zwei Länder, in denen Referenden statt- sagen: Jawohl, es gibt Probleme und Dinge, die geklärt fanden, haben mit Nein gestimmt. werden müssen, aber wir wollen gemeinsam dieses Eu- Dies ist die Grundlage für Sie, Frau Merkel, in dieser ropa. Wir reden es nicht herunter, sondern machen uns Woche einen Bericht an Ihre Fraktion zu fertigen, in daran, die Probleme zu lösen und die Details zu klären, dem steht: und sorgen dafür, dass es in diesem Europa wieder vo- rangeht. … wird die CDU/CSU-Fraktion die Mitverantwor- tung der Regierung Schröder an der schwierigen Si- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten tuation der EU deutlich machen. des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17083

Franz Müntefering (A) An Ihrem Verhalten gegenüber dieser Frage, Fraumalig auf der Welt ist, das kein Bundesstaat ist, das kein (C) Merkel, wird Ihre Handlungsweise und die Ihrer Frak- Staatenbund ist, das ein Verbund ist, der seine Wege tion sehr plastisch. Es geht Ihnen nicht um die Klärung sucht, wie man demokratischlegitimiert Politik in Eu- von Details. Es geht Ihnen nicht um die Lösung von Pro- ropa organisieren kann. Dazu ist dieser Verfassungsver- blemen. In Ihrer Rede eben haben Sie säuberlich aufge- trag ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Das zählt, was es für Probleme gibt. Die kennen wir auch. glauben wir und deshalb versuchen wir, daran zu arbei- Sie haben aber nichts dazu gesagt, was man tun kann, ten. um diese Probleme zu lösen und aus dem Weg zu räu- men. Darum geht es aber. Aber ist es denn so verwunderlich, dass es beim Er- wachsenwerden von Europa auch Schwierigkeiten gibt, (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ dass dieses Zusammenwachsen, das so einmalig ist und DIE GRÜNEN) das es noch nie gegeben hat, dazu führt, dass diese Es geht Ihnen nicht um die Lösung der Probleme, es geht 25 Völker nach dem richtigen Weg suchen müssen? Das Ihnen auch nicht um unser Land, es geht Ihnen nicht um ist doch keine Schande. Was sollen denn die Generatio- Europa, sondern es geht Ihnen um Ihre persönlichenen nach uns dazu sagen, dass, wenn zehn Länder in Eu- Macht. ropa beschließen, dem Verfassungsvertrag zuzustimmen, und zwei das noch nicht wollen, uns – bzw. Ihnen, Frau (Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU) Merkel – nichts Besseres einfällt, als für Panik zu sorgen Ihre Sprüche über Patriotismus werden an dieser Stelle und das mit kleinkarierter Parteipolitik zu verbinden? besser entlarvt, als wir es vorher mit unseren Worten hät- Wir müssen doch den nachfolgenden Generationen sa- ten tun können. Sie führen sich selbst ad absurdum in der gen: Wir haben an dieser Stelle nicht mal eben nachge- Art und Weise des Umgangs mit diesem Thema. geben, sondern wir suchen einen Weg, weil wir dieses Europa wollen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 1990, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, wurde die deutsche Einheit möglich und Wir arbeiten an den Lösungen, zum Beispiel was die auch Realität. 1990 wurde auch die europäische Einheit Verlässlichkeit von Verträgen angeht. Frau Merkel hat möglich. Wir sind auf dem Weg dahin. Neue Demokra- eben mit Blick aufRumänien und Bulgarien gesagt, tien entstanden nach Jahrzehnten, die von Diktaturendass sie deren zukünftigem Beitritt positiv gegenüber- und Kriegen geprägt waren. Die Kommunisten haben steht. Das will ich so zur Kenntnis nehmen; das freut nicht nur Mauern gebaut und eiserne Vorhänge herunter- einen ja auch. Ich empfehle Ihnen, Frau Merkel, aller- (B) (D) gelassen, sie haben auch die Volkswirtschaften dieserdings: Schicken Sie einmal einen Rundbrief an die ei- Länder schrottreif gemacht und demokratische Bestre- gene Partei, damit das auch alle erfahren. bungen unterdrückt. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Ich habe da in der letzten Zeit alle möglichen Geschich- Die westeuropäische Union – das waren wir: eine west- ten gelesen und gehört. Möglicherweise ist das, was Sie europäische Union – hat nun die Chance, zu einer euro- gesagt haben, Ihre persönliche Meinung; aber offensicht- päischen Union zu wachsen. Seitdem sind wir auf dem lich wissen das längst noch nicht alle in Ihrer Partei. Weg dahin. Sie aber wissen nichts Besseres, als das Ganze parteitaktisch zu wenden und vor dieser Folie zu (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Ihre Briefe argumentieren. Es geht um das Ergreifen einer riesigen liest bei der SPD ja niemand mehr!) historischen Chance, wie sie Europa noch nie gehabt hat. Wenn Sie einen solchen Rundbrief schreiben, dann Aber Sie als Oppositionsvorsitzende reden kleinkariert. schreiben Sie auch gleich zur Türkei etwas dazu und er- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten klären Sie Ihren Mitgliedern einmal eindeutig, was denn des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) nun gilt: Verhandlung ergebnisoffen oder in Richtung „auf keinen Fall Mitgliedschaft“? Sie müssen sich ein- Die Erweiterung der EU, das wissen wir alle, ist ei- mal für eines von beiden entscheiden. ner der wichtigsten Prozesse im Rahmen der Neuord- nung der Welt in diesem Jahrzehnt und hat damit wahr- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) lich eine historische Dimension. Das Gelingen dieses Prozesses ist die Bedingung dafür, dass dieses Europa Entweder stehen wir am Beginn einer Verhandlung, die ein friedliches und Frieden stiftendes Europa ist, einergebnisoffen ist, oder wir stehen am Beginn einer Ver- ökonomisch reiches und ein sozial gerechtes Europa ist. handlung, die nie zu einer Mitgliedschaft führen soll. Dies wollen wir miteinander erreichen. Dafür streiten Klären Sie einfach einmal dieses kleine Problem unterei- wir und daran arbeiten wir. Wir lassen uns auch nichtnander und lassen Sie Herrn Glos gleich sagen, was er an irremachen durch Rückschläge, die es gibt, oder Zwei- dieser Stelle meint: ergebnisoffen oder Ausschluss der fel, die berechtigt sind oder nicht. Mitgliedschaft? Sie müssen sich schon für eines von bei- den entscheiden. Wir arbeiten an den Lösungen, zum Beispiel was die praktische Organisation und die demokratische Legiti- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten mation dieses Gebildes angeht, dieses Gebildes, das ein- des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) 17084 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Franz Müntefering (A) Wir arbeiten an den Lösungen und dazu gehört auch Frau Merkel, würden Sie diesem Vertrag heute noch ein- (C) die Bekämpfung von unerwünschten Folgen nachmal zustimmen, ja oder nein? Wie soll ich Ihre in der Öffnung der Grenzen. Das hat übrigens relativ wenig Zwischenzeit abgegebenen Kommentare verstehen? mit der Vergrößerung der EU zu tun. Das ist etwas, was in den Jahren 1989/90 begonnen hat. Oder wollen Sie In der europäischen Verfassung steht, dass wir eine uns ernsthaft erzählen, das sei eine Konsequenz aus der soziale Marktwirtschaft wollen. Eine soziale Marktwirt- Erweiterung der EU um zehn Länder zum 1. Mai desschaft zu schaffen, das ist eine große Herausforderung. vergangenen Jahres? Oder wollen Sie uns erzählen, das Damit verbunden ist die Chance, die Region Europa zu habe etwas damit zu tun, ob Bulgarien oder Rumänien einer Wirtschaftsregion mit sozialem Hintergrund in ei- zur EU gehören oder nicht?Seit es den Eisernen Vor- ner globalisierten Welt zu machen. In einer Zeit, in der hang nicht mehr gibt, ist die Grenze offen – Gott seiMärkte und Geld entgrenzt sind, kann dieses Europa die Dank. Seitdem haben wir in Deutschland diese Proble- große Chance sein, in unserem Land und auch in den an- matik, die uns allen miteinander Sorge macht, die dazu deren europäischen Ländern dafür zu sorgen, dass die geführt hat, dass es in unserem Land in hohem Maße il- soziale Ordnung nicht weggespült wird, und zu zeigen, legale Beschäftigung und Schwarzarbeit gibt, dass es die dass die Ökonomisierung eben nicht das Einzige ist, was Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern diese Welt zusammenhält. Ich wiederhole: Wir wollen nach Deutschland gibt. Dagegen müssen wir etwas tun. eine soziale Ordnung – in unserem Land, aber auch in Eines, was man dagegen tun kann, ist, diese Länder in Europa. die EU aufzunehmen und mit ihnen ordentliche Verträge (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten abzuschließen. Das ist besser als nicht geregelte Verhält- des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hans nisse zwischen diesen Ländern. Michelbach [CDU/CSU]: Keine Ahnung von Ökonomie!) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Wir arbeiten an der Lösung der Probleme. Das kann man zum Beispiel daran erkennen, dass wir eine Steuer- Wir arbeiten daran, dass es in diesem Europa in Sa- politik in Europa anstreben, die nicht zu einem Steu- chen Mitbestimmung und Arbeitnehmerrechten voran- erdumpingwettbewerb zwischen den europäischen geht. Da sind wir Sozialdemokraten ganz besondersLändern führt. Die Bundesregierung versucht, Bemes- stolz auf das, was die Bundesregierung – der Bundes- sungsgrundlagen zu finden, die für alle Länder gelten. kanzler, aber auch der Wirtschafts- und Arbeitsminis- Mit anderen Worten: Die Bundesregierung bemüht sich, ter – geleistet hat. Die Idee der Arbeitnehmerrechte und einen Korridor zu finden, in dem man sich vernünftig der Mitbestimmung ist in keinem anderen europäischen bewegen kann. Das ist vernünftig, auch für unsere ei- (B) Land so ausgeprägt wie bei uns in Deutschland; nir- gene Volkswirtschaft. Es macht doch keinen Sinn, dass (D) gendwo sind sie so umfangreich. Wir haben diese Idee sich die europäischen Länder mit Lohndumping und mit nach Europa getragen und den anderen Ländern gesagt: Steuerdumping gegenseitig bekämpfen. Wir müssen die Schaut euch das an! Damit ist Deutschland gut gefahren. Stärken Europas bündeln, um daraus die Stärke Europas Wir haben gelernt, dass soziale Marktwirtschaft ein-zu entwickeln, die es braucht, um als Wirtschaftsregion schließlich Arbeitnehmerrechte ein konkurrenzfähiges im Wettbewerb mit anderen Regionen der Welt bestehen System ist. Der soziale Frieden in Deutschland hängtzu können. Daran arbeiten wir. ganz eng damit zusammen, dass wir solche Arbeitneh- merrechte haben und gehabt haben. Bitte, seid in Bezug (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten auf Europa klug! Macht etwas Vergleichbares! Nehmt des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) uns zumindest unsere Möglichkeiten nicht! Wir haben Bundeskanzler und Bundesregierung haben deshalb mit verschiedenen europäischen Verträgen dazu beige- die Dienstleistungsrichtlinie in der hier vorgelegten tragen, dass die Mitbestimmung in deutschen Betrieben Fassung zurückgewiesen. Sie haben in Richtung Europa durch die europäische Dimension nicht zerstört wird. gesagt: So geht das nicht. Wir wissen, dass der Dienst- Wir treten dafür ein, dass in Europa das Verständnis da- leistungsmarkt in Europa harmonisiert werden muss. für wächst, dass man mit sozialem Frieden im eigenen Wir sind da nicht blauäugig. Wir wissen: Da muss man Land politisch und auch ökonomisch besser als in denje- sich bewegen. Wir wollen es aber nicht so, wie es Bolke- nigen Ländern dasteht, wo das nicht an der Tagesord- stein und Co aufgeschrieben haben, und deshalb wird nung ist. das so auch nicht kommen. Was wäre daraus geworden, (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten wenn Sie darüber zu entscheiden gehabt hätten? Was des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) wäre dann auf dem Dienstleistungsmarkt in Deutschland eigentlich los? Dazu sollten Sie einmal etwas sagen. Wir arbeiten für dieses Europa, auch was die Lösung der Probleme im Hinblick auf die soziale Ordnung an- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten geht. Der Verfassungsvertrag, um den es geht, enthält des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) entsprechende Vorgaben. Sie haben diesem Vertrag zu- Millionen Menschen sind dort beschäftigt und sie haben gestimmt, auch wenn Sie darüber jetzt nicht mehr spre- Angst vor dem, was aus ihnen wird, wenn es in diesem chen. Bereich zu großen Veränderungen kommt. (Michael Glos [CDU/CSU]: Kaufen Sie sich Wir arbeiten an den Lösungen der mit dem Entsende- ein Insektenspray!) gesetz verbundenen Probleme. Schönen Gruß! Vielleicht Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17085

Franz Müntefering (A) sollten Sie sich an dieser Stelle bewegen und einmal et- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten (C) was Konstruktives dazu sagen, was Sie davon halten, die des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Entsenderichtlinie so zu gestalten, dass der Geltungs- bereich des Entsendegesetzes bei uns in DeutschlandFriedenserhalt im Innern ist Voraussetzung für eine ak- verbreitert werden kann, wodurch die Fragen in den tive Friedenspolitik nach außen. Niedriglohnbereichen in vernünftiger Weise beantwor- Die Erwartungen an die EU sind in der ganzen Welt tet werden können. groß. Mehr europäisches Engagement in den Bereichen humanitäre Hilfe und Konfliktbewältigung erwartet Wir haben in Europa einiges unternommen, um gegen die Welt von uns. Unsere Partner bei der UNO und an- Terrorismus und organisierte Kriminalität gemeinsam derswo in der Welt wissen: Europa hat wertvolle Erfah- vorzugehen. Wir sind längst der größte Handelspartner, rung, wie man mit Konflikten umgeht, wie man Frieden was Investitionen angeht, aber auch was den Handel mit schafft, wie man friedliche Zusammenarbeit und Wohl- allen neuen Mitgliedstaaten betrifft. Auf die Nettobei- stand organisiert. träge und auf Deutschlands Engagement in Europa ist der Bundeskanzler eben eingegangen. Die Bundesregierung von Gerhard Schröder steht zu dieser Politik, und nicht nur das: Sie prägt diese Politik Frau Merkel, da Sie es angesprochen haben, möchte der Friedensstiftung und derFriedenserhaltung in ganz ich zum Thema „Forschung in Europa“ Folgendes nach- entscheidender Weise mit, nicht nur in Europa, sondern tragen: Der Lissabon-Prozess verläuft gut. Die Entschei- weit darüber hinaus in der ganzen Welt. dung der Bundesregierungund dieser Koalition, im Jahre 2010 so weit zu sein, dass wir 3 Prozent unseres (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Technologie DIE GRÜNEN) ausgeben, bleibt eine der Grundlagen dafür, dass Europa an seinem 3-Prozent-Ziel festhalten kann. Die Haltung der CDU/CSU in der Irakfrage ist nicht vergessen. Damals, als Bundeskanzler Gerhard Schröder (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des eine schwierige und richtige Entscheidung traf, stahlen BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Sie sich davon und wetterten im Ausland gegen die Poli- tik Deutschlands. Frau Merkel, deutsche Interessen in Diese 3 Prozent – dieses Ziel hat sich Europa ge-Europa und der Welt vertreten, das können Sie nicht. steckt – werden doch nicht aus der europäischen Kasse gezahlt; vielmehr werden sie zu 85 Prozent oder zu (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ 90 Prozent in den Haushalten der einzelnen National- DIE GRÜNEN) staaten ausgewiesen. Unsere Koalition hat seit der Re- Wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten (B) gierungsübernahme 1998 den Haushalt für Forschung (D) und Entwicklung um 35 Prozent erhöht. wollen weiter für dieses Europa kämpfen und streiten. Wir wissen: Da wird es auch Rückschritte geben. Wir (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten wissen: Da liegt mancher Stein im Wege. Aber wir wol- des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) len diesen Weg weitergehen. Wir wollen helfen, dass Europa in eine gute Zukunft geht. Soziale Marktwirt- Sie, Frau Merkel, Herr Kohl und auch die FDP haben schaft, Vollbeschäftigung, sozialer Fortschritt, Förde- diesen Haushalt in den 90er-Jahren dagegen herunterge- rung sozialer Gerechtigkeit und sozialer Schutz, Gleich- fahren. Wir wollen, dass Europa 3 Prozent seines Ein- stellung von Frauen und Männern, Solidarität zwischen kommens für Forschung und Entwicklung ausgibt; aber den Generationen und der Kampf gegen soziale Aus- das muss vor allen Dingen über die nationalstaatlichen grenzung und Diskriminierung sind Ziele europäischer Haushalte und damit über die entsprechenden Wirtschaf- Politik geworden. Das soll so bleiben. Europa ist und ten, also unter anderem über die Unternehmen in den je- bleibt für uns zu wichtig, um uns auf dem bislang Er- weiligen Ländern, finanziert werden. reichten auszuruhen. Wir wollen, dass es mit Europa vo- Eines ist heute Morgen noch in ganz besondererrangeht. Weise anzusprechen. Es geht nicht nur um die Lösung Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. solcher Probleme, an der wir arbeiten, sondern auch da- rum, dass wir uns voll bewusst sind, dass dieses Europa (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ eine Friedensmacht ist, auf die viele in dieser Welt gu- DIE GRÜNEN) cken. Die Integration Europas bleibt im Kern ein Frie- densprojekt. Frieden zu schaffen und zu bewahren, ist Präsident Wolfgang Thierse: der Kern des europäischen Einigungsprozesses. So ist er Zu einer Kurzintervention erteile ich Kollegen entstanden. Als man sich nach dem Krieg 1945 zusam- Friedbert Pflüger das Wort. mentat, war das die große und erste Idee: Das darf nicht mehr passieren. Wir müssen aneinander rücken. Wir müssen Freunde werden. Dr. Friedbert Pflüger (CDU/CSU): Herr Müntefering, wie alle anderen Kollegen auch Wir haben durch Europa seit mehr als fünf Jahrzehn- habe ich eben gehört, dass Sie einen Bericht von Frau ten Frieden. Wir haben Demokratie. Wir haben Schutz Merkel an die Fraktion vom Dienstag dieser Woche zi- der Menschenrechte. Wir dürfen uns im Klein-Klein der tiert haben. Sie haben gesagt, in diesem Brief habe Frau europäischen Integration nicht von dieser großen Per- Merkel der Regierung Schröder die Mitverantwortung spektive abbringen lassen. für drei Fehler zugeschoben: die Forcierung des EU- 17086 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Dr. Friedbert Pflüger (A) Beitritts der Türkei, die Schwächung des Stabilitätspak- Das ist noch schlimmer, als Sie es eben zitiert haben. (C) tes und – so haben Sie gesagt – die engedeutsch-fran- zösische Zusammenarbeit. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Ich habe mir den Bericht in der Zwischenzeit kom- men lassen und will Sie einfach nur darauf hinweisen, Was für eine Logik ist das denn: Vor drei Wochen im dass Sie nicht korrekt zitiert haben. Frau Merkel hatBundesrat und vor vier Wochen hier haben Sie dem Ver- nicht die deutsch-französische Zusammenarbeit kriti-fassungsvertrag zugestimmt und im Nachhinein, weil die siert, die für uns nach wie vor von entscheidender Wich- Menschen in Frankreich und in den Niederlanden andere tigkeit für den Frieden auf unserem Kontinent bleibt,Entscheidungen getroffen haben, unterstellen Sie, die sondern „ein falsch verstandenes deutsch-französisches Bundesregierung sei für die Schwierigkeiten verantwort- Tandem“, das die EU „dominiert“ habe. lich, die in Europa vorhanden sind. Was für eine kleinka- rierte, famose Opposition haben wir hier im Deutschen (Lachen bei der SPD) Bundestag! Das ist in der Tat ein entscheidender Unterschied. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Herr Müntefering, stellen Sie doch bitte nicht das in- frage, was für alle in diesem Haus zu den wichtigsten Präsident Wolfgang Thierse: Dingen gehört, die nach dem Krieg geschaffen worden Ich erteile das Wort Kollegen Wolfgang Gerhardt, sind: die deutsch-französische Zusammenarbeit, die Zu- FDP-Fraktion. sammenarbeit zwischen Adenauer und de Gaulle, (Beifall bei Abgeordneten der FDP) Schmidt und Giscard, Kohl und Mitterrand. Daran gilt es selbstverständlich festzuhalten. In den letzten Jahren ist es aber so gewesen, dass das deutsch-französische Tan- Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP): dem weniger als Führung ernst genommen worden ist Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kol- und man ihm vielmehr in den kleinen und mittleren Län- lege Müntefering, wenn es so einfach wäre, dass wir mit dern zunehmend Misstrauen wegen seines Dominanz- dem gemeinsamen Bekenntnis, dass wir die deutsch- versuches entgegengebracht hat. Das gilt es in der Tat zu französische Freundschaft für wichtig halten – das tun kritisieren. Das hat Frau Merkel getan, auch in ihrer heu- wir –, dass wir auf Europa angewiesen sind – das wissen tigen Rede. wir – und dass die Wiedervereinigung Europas, also die Erweiterung um die ost- und mittelosteuropäischen Re- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) formstaaten, richtig ist – davon sind wir überzeugt –, Öf- (B) fentlichkeiten gewinnen könnten, dann wäre es ja schön. (D) Präsident Wolfgang Thierse: Aber, Herr Kollege Müntefering, Sie wissen selbst, dass Kollege Müntefering, Sie haben Gelegenheit zur Ant- das, was Sie hier vorgetragen haben, die Menschen nicht wort. erreicht. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Franz Müntefering (SPD): der CDU/CSU) Herr Kollege, ich kann das, was Sie gesagt haben, ausdrücklich bestätigen. Ich will Ihnen den Gesamtzu- Denn dann hätten die Referenden anders ausgehen müs- sammenhang darstellen. Nachdem zehn Länder der EU- sen. Es gibt über die europäische Frage und die Ange- Verfassung zugestimmt haben und in zwei Ländern die wiesenheit der Nationalstaaten keinen Dissens – weder Referenden nicht erfolgreich waren, haben Sie sich in mit den Niederländern noch mit den Franzosen noch mit Ihrer Fraktion am Dienstag auf die Debatte heute mit ei- den Briten noch mit den Dänen. Aber es gibt in der Ge- nem Brief von Frau Merkel vorbereitet, der wie folgtsellschaft anscheinend einige andere Argumente als die, lautet – ich lese die Passage einfach vor; dann kann sich die üblicherweise hier im Bundestag ausgetauscht wer- jeder sein eigenes Bild machen –: den. Anlässlich der Regierungserklärung des Bundes- Diese liegen klar auf der Hand. Wenn Sie und ich sa- kanzlers zum Europäischen Rat in Brüssel amgen, dies sei nicht nur eineEntscheidung zum Verfas- 16./17. Juni 2005 wird die CDU/CSU-Fraktion die sungsvertragsentwurf gewesen, sondern es hätten viele Mitverantwortung der Regierung Schröder an der weitere Gründe hineingespielt – diese kann man nachle- schwierigen Situation der EU deutlich machen. sen; man hört entsprechende Stimmen –, dann ist festzu- (Beifall bei der CDU/CSU) stellen, dass in Bezug auf diese Gründe ein Punkt unver- kennbar und unbestreitbar ist: die mangelnde Zuversicht – Klatschen Sie ruhig. – der Menschen. Die hätte es in Deutschland auch im Hin- Die Forcierung des EU-Beitritts der Türkei, dieblick auf die Zukunft, die Arbeitsplätze und die sozialen Schwächung des Stabilitätspaktes und der Versuch, Chancen gegeben. über ein falsch verstandenes deutsch-französisches Dies ist immer – auch von vielen Staatsmännern der Tandem die EU zu dominieren, haben zu einemLuxusklasse in den Mitgliedstaaten – in Form eines Ver- vielschichtigen Misstrauen gegenüber dem europäi- schiebebahnhofes auf Brüssel gelenkt worden. Es ist schen Integrationsprozess geführt. aber die nationale Aufgabe einer jeden Regierung, den (Beifall bei der CDU/CSU) Menschen soziale Chancen zu geben, für Beschäfti- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17087

Dr. Wolfgang Gerhardt (A) gungsdynamik zu sorgen und damit die Atmosphäre her- den Referenden in Frankreich und in den Niederlanden (C) zustellen, dass die Menschen Europa als Benefit empfin- eine Rolle gespielt. Wenn wir unsere Landsleute in den und keine Verängstigung zeigen, wenn wir nun eine Deutschland ebenfalls befragen würden, würde sie mit größere Union werden. an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch hier eine Rolle spielen. Ich wage sogar die Behauptung: eine (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten größere Rolle als das Vertragswerk selbst. der CDU/CSU) Es gibt sehr kluge Menschen in Deutschland, die mit Eine der klaren Voraussetzungen ist nicht, dass wir intellektueller Präzision sagen: Die Politik muss auch die zehnmal sagen: Wir brauchen Europa. Das haben wirFrage der Identität Europas beantworten, damit es sich schon zwanzigmal gesagt. Die Voraussetzung dafür,nicht unheimlich grenzenlos entwickelt. Europa wieder in Gang zu bringen, beginnt bei uns, bei der Beschäftigungsdynamik in Deutschland und dem (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der Zutrauen der Menschen und nicht nur beim Durchlesen CDU/CSU) des Verfassungsvertragswerks. Wenn die Menschen Europa nicht irgendwann als in sei- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten ner Gestalt abgeschlossen empfinden, werden sie Pro- der CDU/CSU) bleme haben, es zu befürworten. Herr Kollege Müntefering, auch wenn Sie Ihre Frage Deshalb, Herr Kollege Müntefering, stelle ich die nur rhetorisch gemeint haben, sage ich Ihnen: Wenn das Frage, was gegenüber der Türkei ehrlicher ist. Ebenso Verfassungsvertragswerk heute noch einmal zur Abstim- wie ich erachten auch Sie den Prozess der Verhandlung mung stünde, würde die Fraktion der FDP ihm wieder für notwendig, weil Zusagen gemacht worden sind. zustimmen. Gleichzeitig aber sagen Sie, dieser Prozess sei ergebnis- offen. Herr Kollege Müntefering, wäre es nicht ehrli- (Beifall bei Abgeordneten der FDP) cher, von vornherein auch eine Alternative zur Vollmit- Trotzdem müssen Sie die Frage beantworten, was Sie gliedschaft gedanklich einzubeziehen, tun, wenn es auch in anderen Ländern nicht ratifiziert (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten wird. Auf diese Frage haben Sie keine Antwort gegeben. der CDU/CSU) Sie haben gesagt: Wir halten Kurs. Man muss aber im- mer aufpassen, dass Kurshalten nicht mit einem Verhal- weil Sie die Situation nicht ausschließen können, dass es ten nach dem Motto „Mit dem Kopf durch die Wand“ am Ende zu einem Verhandlungsergebnis kommt, das verwechselt wird und so in Misskredit gerät. durch Referenden in den Mitgliedsländern der Europäi- schen Union zunichte gemacht wird? Auch das gehört (B) (D) Wenn das derzeitige Verfassungsvertragswerk keine zur Wahrheit. Wer das verschweigt, nicht einkalkuliert Zustimmung findet – allerdings betone ich: wir haben und sich nicht vorsorglich damit befasst, der würde ei- Interesse daran, dass es sie findet –, müssen wir uns vor- nen großen außenpolitischen und europapolitischen Feh- sorglich auf einen erneuten Anlauf vorbereiten, der dann ler und einen Fairnessfehler gegenüber der Türkei ma- unternommen werden muss, wenn sich Europa hoffent- chen. lich wieder in einer besseren wirtschaftlichen Situation befindet; denn derzeit schwächelt auch das berühmte (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Tandem Frankreich/Deutschland und hält die roten La- der CDU/CSU) ternen. Der Ehrlichkeit halber muss gesagt werden: Die Eu- Daher müssen wir uns Gedanken darüber machen,ropäische Union ist ein großer Stabilitätsanker. Sie hat vielleicht ein etwas schmaleres Verfassungsvertragswerk uns die größte Periode des Friedens geschenkt, die wir je auf den Weg zu bringen, hatten. Auch bietet sie ne ei unglaubliche Chance, um dem Wettbewerb in einer globalisierten Welt standzuhal- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) ten. Aber die Menschen haben auch ein Recht darauf, zu statt den Bürgern eine so große Portion zuzumuten, in erfahren, wo sie endet. Sie ist kein allgemeiner Mitglie- der auch Gemeinschaftsverträge beinhaltet sind, die derverein, sondern eine Europäische Union mit Kontur. man allerdings herausnehmen und sekundärrechtlich re- Wir wollen sie vertiefen und ihr eine Verfassung geben. geln könnte. Wissen Sie:Die Begreifbarkeit Europas Wer ihr beitreten will, muss – das ist ganz klar – Bedin- hängt auch an der Fähigkeit, das einfach und konzen-gungen erfüllen, aber nicht nur formal auf dem Papier. triert darzustellen. Es geht nicht darum, ein möglichst Vielmehr muss sich als Grundlage der Vertragswerke großes Kompendium zu entwickeln. auch eine Gesellschaft entwickeln, die diesen Geist at- met und diese Einstellung hat. Das alles ist nicht nur for- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten mal zu verstehen. der CDU/CSU) Ich komme deshalb auf diesen Punkt zu sprechen, Herr Kollege Müntefering, Herr Bundeskanzler, an weil eine europäische Idee völlig auf der Strecke geblie- Ihre Adresse gerichtet sage ich sehr offen: Sie wissen ge- ben ist, die für die europäischen Gesellschaften eigent- nauso gut wie ich, dass die Frage der Erweiterung und lich die am meisten motivierende gewesen wäre: der speziell die Frage, ob dieTürkei dereinst Mitglied der Lissabon-Prozess. Neben dem Verfassungsvertrag war Europäischen Union sein sollte, in den Köpfen der Men- eine Zielsetzung der Europäischen Union, der innova- schen eine Rolle spielt. Sie hat wahrscheinlich auch bei tivste wissensbasierte Raum der Welt zu werden und den 17088 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Dr. Wolfgang Gerhardt (A) Menschen das Selbstbewusstsein zu geben, dass wir das Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (C) wirklich packen und den weltweiten Wettbewerb beste- hen können. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Aber das ist nicht nur eine Aufgabe für Brüssel gewe- Präsident Wolfgang Thierse: sen. Man hört ja auch heute noch Reden über den Lissa- Ich erteile Kollegin Krista Sager, Fraktion bon-Prozess und über die Kommissionsentscheidungen Bündnis 90/Die Grünen, das Wort. dazu. Meine Damen und Herren, das liegt dort gar nicht. Wenn man, Herr Bundeskanzler, in Lissabon einen sol- chen Prozess verabredet, muss man als verantwortlicher Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Regierungschef für die Bundesrepublik Deutschland das Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Nötige veranlassen, damit wir ihn in Gang bekommen. Merkel, ich bin gerne bereit, Ihr Wort aufzunehmen, es Da ist – bei allem Respekt vor Ihrer Richtungsanzeige könne nach dem Nein zur Verfassung in Frankreich und mit der Agenda 2010 – jetzt seit wenigen Wochen das in den Niederlanden nicht einfach ein Weiter-so geben. Abbruchunternehmen SPD zu beobachten. Aber dann müssen wir uns auch darüber unterhalten, was das denn heißt. Was heißt das zum Beispiel für Ihre (Zurufe von der SPD: Na, na! – Günter Gloser Partei? Davon habe ich heute nichts gehört, [SPD]: Vorsicht!) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sie haben nicht mehr die Kraft, die Veränderungs- und sowie bei Abgeordneten der SPD) Reformentscheidungen, die eigentlich notwendig wären, einen neuen Ehrgeiz und neues Selbstbewusstsein nach sondern Sie haben heute ein Weiter-so gemacht. Ich will Europa zu bringen, in der nationalen Gesetzgebung mit gar nicht bestreiten, dass wir nicht einfach nur eine Krise ihren parteipolitischen Ausrichtungen zu vereinbaren. im europäischen Prozess haben, sondern dass dieses Sie haben sich hier abgemeldet; denn anders ist die Ver- Nein in Frankreich und in den Niederlanden auch auf an- trauensfrage ja nicht zu werten. dere Länder übergeschwappt ist und dass vieles dafür spricht, dass wir jetzt auch in den anderen Ländern, die (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Referenden geplant haben, Zeit brauchen, um wieder der CDU/CSU) Vertrauen aufzubauen, wo es verloren gegangen ist, oder auch dort zu stabilisieren, wo es gefehlt hat; dass wir da- Das ist aber eine der wichtigsten Voraussetzungen für für Zeit brauchen und dass wir auch darüber reden müs- Europa: Den Verfassungsvertrag, die Bewältigung der sen, wie wir diese Störung im Verhältnis der politischen Erweiterung, das alles schaffen wir nur, wenn die jewei- Eliten zu den Bürgerinnen und Bürgern beheben müssen lige Gesellschaft auf diesem Weg mitgenommen wird. (B) und was die Eliten eventuellauch anders machen müs- (D) Bisher ist Europa zum sehr großen Teil ein Europa, das sen. Ich glaube, es ist richtig, dass es hier nicht einfach unter den politischen Eliten verhandelt ist. Wenn wir es ein Weiter-so geben kann. stabilisieren wollen, muss es ein Europa der Gesellschaf- ten werden; nur mit deren Konsens geht es. Aber in der Art und Weise, wie heute hier gerade von den letzten Rednern versucht worden ist,Ängste der (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Bürgerinnen und Bürger wieder auf nationale parteipoli- der CDU/CSU) tische Mühlen zu lenken, das war das typische Weiter- Das Referendum ist deshalb nicht nur ein Referen- so, das es in vielen Staaten in Europa seit Jahren viel zu dum in Frankreich oder in den Niederlanden. Eigentlich viel gibt. haben uns die Bürger aufgefordert, über Tempo, Größen- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ordnung und innere Gestalt der Europäischen Union sowie bei Abgeordneten der SPD) nachzudenken. Schon die erste Kernfrage – damit will ich abschließen –, die bei denFinanzverhandlungen Einige von Ihnen hatten Gelegenheit, mit dem Präsi- jetzt aufgekommen ist, kann nicht allein aus dem alten denten des Europäischen Parlaments, Josep Borrell, zu Tandem Deutschland/Frankreich beantwortet werden, reden. Ich finde, er hat etwas sehr Wahres gesagt. Er hat weil man sich gegenseitig Zusagen gemacht hat. Auch gesagt, dass viele europäische Politiker, wenn sie im ta- dieses alte Tandem muss sich jetzt bewegen; das sage ich gespolitischen Blaumann unterwegs sind, also die All- hier sehr offen. Ein Tandem ist nur so gut, wie es auch tagsmontur anhaben, immer gerne sagen, dass nicht sie selbst Konsequenzen aus den Referenden zieht. Ohne die unbequemen Reformen und sozialen Einschnitte ha- Bewegung – gemeinsam verabredet mit den französi-ben wollten, sondern dass es Europa war. Wenn es da- schen Freunden – im Agrarbereich und ohne ein Be-rum geht, Defizite in der nationalen Politik zu erklären, kenntnis zu Forschung, die ja der innovativste Teil ist, dann wird Europa als Grund angeführt. Wenn es darum werden wir nicht weiterkommen, Herr Bundeskanzler. geht, die Bürokratie zu kritisieren – aber sind Niemand bestreitet die deutsch-französische Freund-16 Länderregelungen zu Umweltstandards wirklich bes- schaft. Wahr ist aber auch, dass sich Freundschaftenser als eine entsprechende EU-Regelung? –, dann ist im- manchmal bewähren müssen und sich gegenseitig An- mer Europa schuld. Wir, die Politiker in den europäi- stöße zur Bewegung geben müssen. Sie müssen jetzt in schen Ländern, sind immer gut dabei, entweder Europa den Finanzverhandlungen ein Stück Führung überneh- vorzuschieben oder uns hinter Europa zu verstecken, men und den französischen Partner auf diesem Weg auch wenn es um nationale Defizite geht. In den Sonntags- mitnehmen; sonst wird es nicht gelingen. reden allerdings sind wir dann immer gut dabei, wenn Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17089

Krista Sager (A) sich Europa auf Freiheit, Demokratie, Wohlstand unddung in zehn Jahren überhaupt so getroffen werden(C) Gerechtigkeit reimt. könnte, dass es zu einer Mitgliedschaft kommt. Das ist verantwortungslos, weil das zu einer Destabilisierung in Ich glaube, mit diesem Weiter-so müssen wir Schluss der Türkei und in der ganzen Region beiträgt. Das müs- machen. Die Bürgerinnen und Bürger merken nämlich, sen die zukünftigen Generationen ausbaden. dass es hier bei der politischen Elite in Europa eine Kluft zwischen den Alltagsreden und den Sonntagreden gibt. Sie können es den zukünftigen Generationen nicht Diese Kluft müssen wir auch in diesem Hause schließen. verwehren, dass sie in dieser Entscheidung frei sein Damit hätten wir heute eigentlich beginnen müssen. müssen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) und bei der SPD) Aus meiner Sicht brauchen wir Besonnenheit. ZurEs ist doch keine rot-grüne Erfindung, dass es diese Besonnenheit gehört auch, dass Europa jetzt nicht mit Möglichkeit zumindest geben soll. Wir stehen damit Vertragsbruch auf die Ratifizierungsprobleme reagieren doch in der Kontinuität der Politik auch konservativer darf. Wir können erwarten, dass Bulgarien und Rumä- Regierungen in diesem Lande. Sie machen es sich zu nien ihre Verträge einhalten. Aber auch wir müssen zu einfach, wenn Sie sich hier in die Büsche schlagen. Da- diesen Verträgen stehen. mit wollen Sie verwischen, dass Sie hier Ihre eigene Kontinuität durchbrochen haben. Das ist billiger Popu- (Zuruf von der SPD: Jawohl!) lismus. Mit diesem billigen Populismus darf es auch Wir können die Menschen in Rumänien und Bulgarien nicht weitergehen. jetzt nicht zum Blitzableiter machen, weil es in Frank- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN reich und in den Niederlanden gedonnert hat. Auch das und bei der SPD) gehört zur Besonnenheit, die wir jetzt brauchen. Herr Gerhardt, Sie haben gesagt, man müsse sehen, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wovor die Menschen Angst haben. Das ist richtig. Dazu und bei der SPD) gibt es Umfragen; auch das haben Sie erwähnt. In den Frau Merkel, ich habe Ihnen bei diesem Punkt sehr Niederlanden haben die Menschen hauptsächlich davor genau zugehört. Angst, als ein kleines Land unter die Räder zu kommen. Das haben wir auch in Dänemark erlebt. Das kann uns (Gernot Erler [SPD]: Das lohnte sich nicht!) aber auch das Vertrauen geben, solche Krisen zu über- Ich habe herausgehört, dass Sie das im Prinzip auch so winden. Die europäische Verfassung gibt hier doch ge- (B) sehen. Sie müssen dann aber auch dafür sorgen, dassrade Antworten. Wenn die nationalen Parlamente eine(D) Ihre Partei in diesem Punkt auch draußen im Land mit stärkere Kontrolle darüber erlangen, dass Europa nicht einer Stimme spricht. Es macht die Bürgerinnen undall das regelt, was national und regional besser geregelt Bürger wuschig, wenn Sie hier im Bundestag sagen, dass werden kann, dann stellt dies eine Verbesserung dar. Es das wohl nicht anders geht und dass wir wohl ver-ist wichtig, den Bürgern klar zu machen: Das, was ihr tragstreu sein müssen, während Ihre Leute im Wahl-nicht wollt, kann durch die Verfassung gerade vermieden kampf draußen bei den Kreisverbänden etwas völlig an- werden. Ein Nein zur Verfassung bedeutet demgegen- deres sagen. Hier fängt esschon damit an, dass es mit über ein „Weiter-so“ mit dem, was ihr kritisiert, nämlich dem Weiter-so nicht weitergehen kann. Demokratie-, Transparenz-, Kontroll- und Mitwirkungs- defizite. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Zu einer Sache haben Sie gar nichts gesagt, Herr Gerhardt. Bei den Franzosen war es eindeutig. Die Fran- Auch noch ein Wort zurTürkei: Frau Merkel, auch zosen haben hauptsächlich Angst, dass das europäische hier kann es mit dem Weiter-so nicht weitergehen. Sie Sozialmodell baden geht. Auch in diesem Punkt muss können sich diese Sache nicht so leicht machen, wie Sie man die Ängste der Bürgerinnen und Bürger ernst neh- das tun; Sie können sich nicht derart in die Büsche schla- men. Dazu habe ich von Ihnen kein Wort gehört. gen. Es ist auch Teil der Verängstigung der Bürgerinnen und Bürger, wenn man ständig den Eindruck erweckt, als (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stünde der Beitritt der Türkei unmittelbar bevor und als sowie bei Abgeordneten der SPD) wäre das aufgrund der Vertragsverhandlungen praktisch Tatsache ist doch: Die Bürgerinnen und Bürger stehen entschieden. Auch das ist eine parteipolitische Angstma- zum europäischen Gesellschafts- und Sozialmodell. cherei. Das entspricht nämlich nicht den Tatsachen. (Zuruf von der CDU/CSU: 5 Millionen rot- Der Streit geht um etwas völlig anderes. Wir wissen, grüne Arbeitslose in diesem Land, und Sie hal- dass die Entscheidung darüber, ob die Türkei Mitglied ten solche Reden!) werden kann oder nicht, in zehn oder 15 Jahren getroffen wird. Dann gibt es eine andere Türkei, ein anderes Eu- Aber sie haben im Moment – das hat die Diskussion ropa und es werden wahrscheinlich auch viele andereüber die Bolkestein-Direktive gezeigt – Angst, dass ih- Politiker darüber zu entscheiden haben. Das vernebeln nen das, was sie schon auf nationaler Ebene nicht Sie aber. Der Streit geht darum, dass Sie heute die Mög- wollen, nämlich die Schleifung von Arbeitnehmerrech- lichkeit vom Tisch nehmen wollen, dass die Entschei- ten, die Schwächung von Gewerkschaften und die 17090 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Krista Sager (A) Vorherrschaft von kaltem Marktradikalismus, auf dem Michael Glos (CDU/CSU): (C) Umweg über die europäische Ebene übergestülpt wird, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und ohne dass sie dies verhindern können. Dazu, wie Sie den Herren! Ich möchte Sie bitten, dass die Redezeit, die Menschen diese Angst nehmen wollen, haben Sie heute Herr Müntefering am Schluss für sich in Anspruch ge- kein Wort gesagt. nommen hat, nicht auf meine Redezeit angerechnet (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird; denn Sie, Herr Müntefering, haben sehr exakt all sowie bei Abgeordneten der SPD) unsere Argumente vorgelesen. Ich bedanke mich ganz herzlich dafür. Wenn wir die Ängste der Menschen ernst nehmen, dann ist es extrem wichtig – das sage ich auch in Rich- (Beifall bei der CDU/CSU) tung der Linken in diesemHause –, dass wir nicht den Der Herr Bundeskanzler musste zum europäischen Eindruck verfestigen, die Globalisierung sei erst mit der Gipfel. Er hat mir versichert, dass er nicht wegen meiner europäischen Erweiterung über Westeuropa gekommen. Rede weggeht, sondern dass er sie im Gegenteil gerne (Zuruf von der SPD: Wer sagt denn das?) gehört hätte. Das ist völlig falsch. Das Gegenteil ist der Fall: Europa (Günter Gloser [SPD]: Das kann ich mir ist die Antwort auf die Globalisierung, weil die Natio- vorstellen!) nalstaaten zu schwach geworden sind, sich gegen die Er hat mir aber nicht versichert, dass er die Reden von Herausforderungen der Globalisierung zu behaupten. Rot-Grün heute gern gehört hat. Normalerweise hätte ich (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) gesagt, Sie könnten ihm das ausrichten. Aber man weiß heute nicht mehr, wer wem was überhaupt ausrichtet; Europa bietet gerade auch Deutschland die Chance, dass denn Sie bestehen inzwischen aus verschiedenen Frak- durch die Globalisierung nicht nur Arbeitsplätze verlo- tionierungen und die Grünen sind der ehemalige Koali- ren gehen – das kann man möglicherweise nicht immer tionspartner. verhindern –, sondern auch neue Arbeitsplätze entste- hen. Das muss aber auch die Linke in Deutschland den (Widerspruch bei der SPD und dem BÜND- Menschen viel deutlicher machen. NIS 90/DIE GRÜNEN) (Brigitte Schulte [Hameln] [SPD]: Welche Es wäre gut, wenn bei diesem schwierigen Zustand un- Linke?) seres Landes zumindest Europa in Ordnung wäre. Aber Wir dürfen nicht der Versuchung erliegen, Europa, die dass Europa nicht in Ordnung ist, ist Rot-Grün auch mit zu verdanken. (B) Globalisierung und all das, was noch von außen kommt, (D) miteinander zu vermischen. Hier müssen wir aufpassen, (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- dass wir nicht unnötig Ängste schüren, sondern wir müs- neten der FDP) sen den Menschen deutlich machen: Wer zu Europa Nein sagt, der wird die Folgen der Globalisierung noch Wer gefährdet dasProjekt Europa? Das Projekt härter zu spüren bekommen. Europa gefährden diejenigen, die Europa überfordert ha- ben. Die Warnungen der Opposition und die Bitte, zu (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN versuchen, eine Gemeinsamkeit herzustellen, hat man sowie bei Abgeordneten der SPD) glatt in den Wind geschlagen. Das betrifft Hinweise so- Was wir jetzt brauchen, ist ein handlungsfähigeswohl in der Sache – wir haben vor Entwicklungen ge- Europa. Ein Nein führt zu einem Rückfall in national- warnt – als auch den Umgang miteinander. Ich erinnere staatliche Egoismen. daran, dass es zu Helmut Kohls Zeiten immer auch einen EU-Kommissar gab, der nicht Parteifreund gewesen ist (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Sie über- bzw. auch einmal eine andere Meinung eingebracht hat. zieht ihre Redezeit! – Michael Glos [CDU/ CSU]: Sie überzieht immer!) (Beifall bei der CDU/CSU) Die europäischen Staaten müssen als Gemeinschaft den Man hat nach dem Motto gehandelt: Wir brauchen die Rückfall in nationalstaatliche Egoismen verhindern. Das Opposition nicht. – Dabei hat man vergessen, dass man kann kein einzelner Staat alleine machen. Für das Ziel, auf dem Weg nach Europa das Parlament und nicht zu- dass Europa gemeinschaftlich Ja zu Handlungsfähigkeit letzt über das Parlament insbesondere auch die Men- und Nein zu nationalstaatlichen Egoismen sagt, wünsche schen im Land mitnehmen muss. ich dem Bundeskanzler auf dem Gipfel Fortune. Wir alle (Beifall bei der CDU/CSU) gemeinsam werden es brauchen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ich bekenne mich auch nach dem Debakel, das es und bei der SPD) jetzt in Frankreich und Holland gegeben hat, zu meinem Abstimmungsverhalten. Ich würde heute diesem Vertrag trotz aller Mängel, die er hat, wieder zustimmen. Präsident Wolfgang Thierse: Ich erteile das Wort Kollegen Michael Glos, CDU/ (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) CSU-Fraktion. Aber wenn das deutsche Volk hätte abstimmen müssen, (Beifall bei der CDU/CSU) dann, so befürchte ich, wäre die Abstimmung so ausge- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17091

Michael Glos (A) gangen, wie sie in Frankreich und in Holland ausgegan- (Beifall bei der CDU/CSU – Gernot Erler (C) gen ist. [SPD]: Warum zählt denn immer nur das Nein? Zehn Länder haben zugestimmt!) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Es hat nämlich die Gemeinsamkeit gefehlt und letztend- – Sie haben zugestimmt – die zehn Länder, nicht Sie; Sie lich hat auch die Erklärung für viele Schritte, die ge-müssen keine Angst haben, dass ich Sie meine; ich be- macht worden sind, gefehlt. antworte gerade die Frage –; Frankreich hat auf Regie- rungsebene deshalb zugestimmt, weil es der deutsche Ich frage noch einmal: Wer hat das Projekt Europa in- Bundeskanzler wollte und weil man darin eine große Ge- frage gestellt? Das Projekt Europa ist von einer Politik meinsamkeit gesehen hat. infrage gestellt worden, die die Menschen in Europa überfordert hat. Dazu gehört zum Beispiel das rot-grüne Das war auch sehr früh absehbar. Ich habe damals bei Projekt, Deutschland mit allen Mitteln zu einemder Feier zum 40-jährigen Bestehen des Élysée-Vertrags Einwanderungsland zu machen. Das war eines derin Paris beim Mittagessen neben Herrn Fabius gesessen Hauptmotive, warum Sie dieVollmitgliedschaft der und ihn gefragt, wie er über eine Vollmitgliedschaft der Türkei gewollt haben. Türkei in der Europäischen Union denkt. Er antwortete, dass er zwar als Mitglied der Sozialistischen Partei dafür (Beifall bei der CDU/CSU – Günter Gloser sei, aber er wisse, dass die Mehrheit der Wähler dagegen [SPD]: Wo leben Sie denn?) sei; er wisse deshalb noch nicht, auf welche Seite er sich in der Auseinandersetzung stellen werde. Inzwischen ha- Nicht zuletzt daran ist das leider gescheitert. ben wir gemerkt, auf welche Seite er sich gestellt hat. (Widerspruch bei der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) Sarkozy hat uns bei seinem Besuch bei uns in Kreuth ebenfalls erklärt, dass seines Wissens die Mehrheit der Wir müssen schauen – dafür können Sie noch sorgen; die Franzosen dagegen sei. Als letzter Versuch wurde die Bundesregierung ist ja wohl noch ein bisschen französische im Verfassung dahin gehend geändert, dass Amt –, dass jetzt, bevor man mit Beitrittsverhandlungen über den Beitritt eines weiteren Landes oder weiterer beginnt, also wenn die Weichen gestellt werden, dieLänder in die Europäische Union separat abgestimmt Staaten, die sich ein Stück festgelegt haben – das ist ja werden muss. Das gilt schon für einen möglichen Beitritt keine Vereinbarung mit der Türkei, sondern eine inner- der Türkei. Sie werden doch nicht im Ernst glauben, dass halb der 25 –, nicht nur allein die Vollmitgliedschaft zum das nach diesen Abstimmungen noch möglich ist. Des- Ziel haben. Wir haben unmittelbar vorher im Bundestag wegen halte ich die Politik des „Weiter-so“ und die Hoff- darüber debattiert und herzlich gebeten, man möge das nung, dass andere Länder in Aussicht einer Vollmitglied- (B) (D) Ergebnis offen halten und auch eine privilegierte Part- schaft der Türkei den Verfassungsvertrag in der nerschaft in Betracht ziehen. Sie haben das ausdrück- vorliegenden Fassung ratifizieren – Blair hat das schon lich abgelehnt. Das können Sie jetzt nachholen. abgelehnt – nicht für realistisch. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- (Dr. Angelica Schwall-Düren [SPD]: Diese neten der FDP) Verbindung ist auf jeden Fall richtig!) Frau Merkel und ich hatten ein Gespräch mit dem tür- Es gibt noch weitere Gründe, warum wir in der Euro- kischen Ministerpräsidenten Erdogan und dem Außen- papolitik jetzt quasi vor einem Scherbenhaufen stehen. minister Gül. Wir haben in diesem Gespräch – das war Das hängt damit zusammen, dass es alle Bundeskanzler bei seinem letzten Besuch hier – für das Projekt der pri- der Bundesrepublik Deutschland – auch Willy Brandt vilegierten Partnerschaft geworben. Der Ministerpräsi- und Helmut Schmidt – geschafft haben, auf der einen dent hat uns gesagt: Wissen Sie, ich habe ein gewisses Seite mit unserem wichtigsten PartnerFrankreich und Verständnis dafür. Aber warum soll ich mit der Opposi- auf der anderen Seite auch mit den Vereinigten Staaten tion über die privilegierte Partnerschaft reden, wenn mir von Amerika ein gutes Verhältnis zu pflegen, und dass die Bundesregierung die Vollmitgliedschaft anbietet? – nicht versucht wurde, zu spalten, sondern dass wir Deut- Genau so ist es gewesen. schen immer wieder zusammengeführt haben. Das ha- (Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der ben Schröder und die rot-grüne Bundesregierung nicht CDU/CSU: Das ist es!) getan. Sie haben Europa gespalten. Die Aussicht der Türkei auf die Vollmitgliedschaft in der Wir haben vor und während des Irakkriegs erlebt, Europäischen Union hat dazu geführt, dass die Franzo- dass Europa nur noch durch den Euro zusammengehal- sen so abgestimmt haben, wie sie abgestimmt haben. ten wurde. Ansonsten hat sich Europa ein Stück weit in ein „altes“ und ein „neues“ Europa aufgelöst. Ohne die (Günter Gloser [SPD]: Was haben Sie 1997 Vereinigten Staaten von Amerika wird es aber niemals gefordert?) ein einiges Europa geben. Dasselbe gilt für die Holländer. (Beifall bei der CDU/CSU – Gernot Erler [SPD]: (Widerspruch bei der SPD) Die sind aber für den Türkei-Beitritt!) Sie werden auch bei der Bundestagswahl die Quittung Sie waren – damit meine ich den Bundeskanzler als dafür bekommen. Institution – nie ein ehrlicher Makler. Das begann schon 17092 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Michael Glos (A) schlimm: Ich erinnere daran, wie unser kleines Nachbar- festzulegen, wie sie zum Beispiel Österreich mit diesen (C) land Österreich behandelt wurde, beiden Ländern vereinbart hat. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Zuruf von der CDU/CSU: Pfui Teufel!) neten der FDP) weil Schüssel es gewagt hatte, eine andere Koalitionsre- Wir müssen die Ängste der Bürger vor ständigen Ar- gierung zu bilden, als es sich die europäische Internatio- beitsplatzverlagerungen aus Deutschland hinaus oder nale des Sozialismus vorgestellt hat. So hat es angefan- vor Lohndumping, das mit der Dienstleistungsrichtlinie gen! ein Stück weit einhergeht, ernst nehmen. Hier werden (Beifall bei der CDU/CSU) die seltsamsten Regelungen ausgenutzt. Man hat sich dann immer wieder über die Interessen (Zuruf von der SPD: Sie haben von nichts eine der kleinen Länder hinweggesetzt. Es war die Stärke Ahnung!) von Helmut Kohl, dass er sich dafür eingesetzt hat, ge- Dass das die Bürgerinnen und Bürger wirklich interes- rade die kleinen Länder freundlich zu behandeln; siert, zeigt, dass sich Ihr ehemaliger Parteivorsitzender (Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der Lafontaine dieses Themas auf seine Art angenommen SPD: Mir kommen die Tränen!) hat. denn die haben in der Regel einen Komplex gegenüber (Zuruf von der SPD) ihrem großen Nachbarn. – Nein, das kann kein Vorbild sein. – Er hat das mit ge- Ein weiterer Grund dafür, dass das Vertrauen bei uns waltigen Entgleisungen gemacht; das können Sie in der sehr geschwunden ist, besteht darin, dass der europäi- „Bild“-Zeitung von heute nachlesen. Er hat von „mas- sche Stabilitätspakt einfach in den Wind geschossen senhaften Fremdarbeitern“ gesprochen, obwohl dieser und die Warnungen nicht ernst genommen wurden. Ge- Ausdruck aus der Nazizeit kommt. Er meint damit, dass rade die Deutschen haben aufgrund ihrer historischendie Menschen vor der großen Illegalität – insbesondere und damit verbundenen monetären Erfahrungen ein an- auf dem Arbeitsmarkt – Angst haben. Dafür hat er ge- deres Verhältnis zu einer stabilen Währung als zum Bei- waltigen Beifall bekommen. Sie sollten keine Angst vor spiel unsere italienischen Freunde. uns und unserer Politik haben. Vielmehr sollten Sie Angst vor dem Populismus haben, der nun auf üble Art Inzwischen kaufen die Italiener unsere Banken auf. ausgebrochen ist. Als Willy Brandt gesagt hat: „Jetzt (Zuruf von der SPD: Eure in Bayern!) wächst zusammen, was zusammengehört“, hat er eigent- (B) lich gemeint, dass die beiden deutschen Staaten zusam- (D) Aber darüber regt sich auch niemand mehr auf. menwachsen sollen. Dieses Zusammenwachsen ist si- (Widerspruch bei der SPD – Zuruf von der cherlich schwierig. Aber das Zusammenwachsen der SPD: Das ist doch absurd!) Linken, die immer ein Stück weit linke Sozialdemokra- ten waren, und der PDS-Kommunisten ist erstaunlich – Diese Einwände habe ich erwartet. Ich will nur darauf rasch gegangen. hinweisen, wohin es mit uns Deutschen ein Stück weit gekommen ist. Wir haben damals, als Theo Waigel und (Beifall bei der CDU/CSU) Helmut Kohl mit der Unterstützung der CDU/CSU-Im Populismus der Reden unterscheidet sich Lafontaine Fraktion und selbstverständlich auch der FDP den Stabi- inzwischen in keiner Weise mehr litätspakt, die Maastricht-Kriterien usw. durchgesetzt ha- ben, niemals gedacht, dass ausgerechnet die Deutschen (Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: die Ersten sein werden, die voll dagegen verstoßen. Von Ihnen!) (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) von Herrn Gysi. Hier werden wir noch allerhand zu er- warten haben. Oder nehmen Sie die Bildung dieser seltsamen Achse Paris–Berlin–Moskau als Beispiel. Inzwischen ist Ein einfaches „Weiter-so“ in Europa kann es nicht ge- schon ein Stück abgebrochen. Die Achse läuft in Rich- ben. Ich hoffe natürlich, dass sehr viele Länder den Ver- tung Frankreich nicht mehr ganz so gut. Nun gibt es eine fassungsvertrag noch ratifizieren werden. Trotzdem Überbetonung der Achse Berlin–Moskau. Das alleinmuss man sich Gedanken machen, wie es weitergehen kann es auch nicht sein, insbesondere nicht, wenn dabei soll. Dazu gehört – das wurde schon gesagt; ich möchte der Eindruck entsteht, dass man sich über die Länderes wiederholen –, dass nicht alle Lebensbedingungen bis glatt hinwegsetzt, die dem Eisernen Vorhang entkom- in das kleinste Detail durch Richtlinien derBürokratie men sind und nun Mitglied und Teil Europas sind. in Europa geregelt werden dürfen. An dem, was Frau Sager gesagt hat, ist natürlich etwas dran. Unpopuläre (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Dinge wurden als Begründung immer auf Europa ge- Über die überhastete Osterweiterung ist schon ge- schoben – vielleicht wäre sonst manche Frosch- und sprochen worden, genauso wie über Rumänien und Bul- Krötenrichtlinie von Ihnen ganz alleine gemacht wor- garien. Dort ist es der deutschen Verhandlungsstrategie den, Frau Sager –, obwohl in Wirklichkeit die deutschen – entweder aus Unfähigkeit oder aus mangelndem politi- Bürokraten und die deutschen Ministerien dafür verant- schen Willen – nicht gelungen, die gleichen Konditionen wortlich waren. Insbesondere die von Ihnen geführten Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17093

Michael Glos (A) Ministerien haben Dinge durchgesetzt, die die Leute Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD): (C) heute gewaltig ärgern. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! „Europa lässt die Menschen nicht mehr träumen. Das (Beifall bei der CDU/CSU – Krista Sager Europa, wie es ist, liebt man nicht, und deshalb wird das [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, auch in Europa, wie es laut Verfassung sein sollte, abgelehnt.“ den Bundesländern, die von Ihnen regiert wer- Das sagte vor wenigen Tagen der Ratspräsident Jean- den!) Claude Juncker. Die finanzielle Konsolidierung Europas muss mit In der Tat befinden wir uns am Vorabend einer wichti- großer Vorsicht angegangen werden. Wir haben nichts gen Konferenz des Europäischen Rates europapolitisch mehr zu verteilen; denn die deutschen Kassen sind voll- in Schwierigkeiten. Wir alle müssen uns fragen: Wollen kommen leer. Der Vorschlag, bei neuen Lösungen den wir ein nach innen und außen handlungsfähiges Europa? Britenrabatt zu berücksichtigen und gleichzeitig auf die Und wenn ja, worauf kommt es jetzt an? Von der Oppo- Nettorückflüsse zu achten, könnte zwar bedeuten, dass sition habe ich dazu jedenfalls heute keinerlei Antworten wir mit nur sehr wenig zusätzlichem deutschen Geld ei- gehört nen Kompromiss finden; dagegen hätte ich auch nichts. Aber das darf nicht auf dem Rücken der deutschen Bau- (Beifall bei der SPD) ern ausgetragen werden. außer einigen populistischen Entgleisungen und wider- (Zustimmung bei der CDU/CSU – Zurufe von sprüchlichen Aussagen. der SPD: Aha!) Bevor man Antworten auf die Fragen gibt, muss man allerdings verstehen, was die Bürger und Bürgerinnen Denn die Kofinanzierung ist entscheidend. Hätte man mit ihrem Wahlverhalten ausdrücken wollten. „Le nou- unseren Rat, von Beginn an auf Kofinanzierung zu be- vel Observateur“, eine französische Wochenzeitung, hat stehen, angenommen, dann hätte man heute nicht solch kurz vor dem Referendum getitelt: „Die Antwort lautet große Schwierigkeiten. Nein, aber was war die Frage?“ Diese Frage müssen wir (Beifall bei der CDU/CSU) uns wirklich beantworten. Der Präsident des Europäischen Parlaments hat uns Ich meine auch, Europa braucht ein Stück Gemein- gesagt: Die Menschen haben nicht über denVerfas- samkeit. Dazu gehört auch eineeuropäische Identität. sungstext abgestimmt und Nein gesagt, sondern sie ha- Wenn wir Europa in jeder Hinsicht überfordern, wenn ben über den Kontext abgestimmt. Ich glaube, das ist wir es finanziell überfordern, indem wir zu rasch aufneh- richtig. Abgesehen von einigen unverbesserlichen Sou- men, indem Hilfsgelder jetzt schon im Hinblick auf eine (B) veränisten, Nationalisten und Euroskeptikern hat bei vie- (D) mögliche Mitgliedschaft bis nach Kleinasien fließen, len Gegnern des Verfassungsvertrages eine Vielzahl von wenn wir vergessen, dass zu einem Gemeinsamkeitsge- Motiven, vor allem vielerlei innenpolitische Motive, fühl auch gemeinsame Traditionen, gemeinsame Bräu- eine Rolle gespielt: Unzufriedenheit mit der Regierung, che und ein gemeinsamer historischer Hintergrund gehö- Angst vor Arbeitslosigkeit, vor weiteren sozialen Ein- ren, dann überfordern wir, wie ich meine, die Menschen schnitten, vor sozialer Ausgrenzung, Unsicherheit über auf dem Weg nach Europa. die eigene Zukunftsperspektive. Die Menschen sind Vor allen Dingen, meine sehr verehrten Damen und auch der bewusst geschürten Angst aufgesessen, die Herren, können wir Europa wieder vorwärts bringen,schnelle Erweiterung sei nicht zu bewältigen. Herr Glos wenn wir statt Wachstumsbremse wieder Wachstumsmo- hat dazu heute wieder einen Beitrag geleistet. tor in Europa werden. (Günter Gloser [SPD]: Aber welchen?) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Man hat die politische Integration Europas und die kon- neten der FDP) krete Politik nicht als richtige Antwort auf die Heraus- forderungen der Globalisierung verstanden. Im Gegen- Insofern gibt es nicht nur gute Aussichten und gute Mög- teil, viele Verfassungsgegner haben sich einreden lassen, lichkeiten für Deutschland, sondern über die Wahlen in die EU sei das Trojanische Pferd einer bedrohlichen un- Deutschland, die hoffentlich wie vorgesehen stattfinden gesteuerten Globalisierung. werden, auch gute Aussichten für Europa. Die Menschen wollen aber kein Europa der Kon- Herzlichen Dank. zerne, des Sozialabbaus, des ungehemmten Wettbe- werbsradikalismus. Das ist die Gemeinsamkeit. Phäno- (Beifall bei der CDU/CSU – Gernot Erler mene von illegaler Arbeitnehmerüberlassung, von [SPD]: Das war aber sehr lustlos, Herr Kol- Scheinselbstständigkeit, nicht nur im nationalen, son- lege!) dern auch im europäischen Rahmen, sind ja nicht zu leugnen. Aber Ursache dafür ist nicht die EU. Diese Präsident Wolfgang Thierse: Phänomene verdunkeln die Sicht auf die Chancen, die Ich erteile das Wort Kollegin Angelica Schwall-uns die EU bietet als Wachstumsmotor und als erfolgrei- Düren, SPD-Fraktion. ches Gesellschaftsmodell im internationalen Wettbe- werb. Bundeskanzler Schröder und unser Frak- (Beifall bei der SPD) tionsvorsitzender haben darauf hingewiesen, dass 17094 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Dr. Angelica Schwall-Düren (A) Deutschland am meisten von der Öffnung der Märkte in wegen kann ich nicht verstehen, dass Ihr Kollege von(C) Mittel- und Osteuropa profitiert hat. Hunderttausende der EVP, Ingo Friedrich, anfängt, sich von dieser Verfas- von Arbeitsplätzen sind dadurch gesichert. sung zu distanzieren. Meine Damen und Herren, Willy Brandt hat als Al- (Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. ) terspräsident des ersten frei gewählten gesamtdeutschen Bundestages gesagt: „Wir haben die Einheit Deutsch- Gleichzeitig müssen wir noch deutlicher als bisher für lands im Innern zu vollenden, die Einheit Europas vo- die Grundwerte und die politischen Ziele der Verfassung ranzubringen und unserer gewachsenen Verantwortung werben. Wir wollen mit der Verfassung die Verankerung in der Welt gerecht zu werden.“ Deshalb heißt es zualler- der sozialen Marktwirtschaft als grundlegendes Prin- erst, das erfolgreiche europäische Friedensprojekt voran- zip des Wirtschaftens erreichen. Die Verpflichtung der zubringen und eingegangene Vereinbarungen einzuhal- EU, ihre Politik auf Vollbeschäftigung und sozialen ten. Die befriedende Wirkung der EU-Perspektive ist gar Fortschritt auszurichten sowie soziale Gerechtigkeit und nicht hoch genug einzuschätzen. Es darf daher nicht aus sozialen Schutz zu fördern, muss in der Arbeit der euro- populistischen Gründen ein Abrücken vom vertraglich päischen Institutionen sichtbar werden. Eine Abschot- vereinbarten Fahrplan geben. tung europäischer Volkswirtschaften vom Weltmarkt und vom Wettbewerb ist kein taugliches Konzept. Des- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten wegen müssen wir den populistischen Wirrungen von des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) rechts und links eine überzeugende Argumentation ent- gegensetzen. Helmut Kohl hat vor zwei Tagen auf einer Konferenz der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik Fol- (Beifall bei der SPD) gendes gesagt: Ich kann nur davor warnen, außenpoliti- sche Entscheidungen unter kurzfristigen wahlkampftak- Sowohl mit der Renationalisierung als auch mit Verspre- tischen Gesichtspunkten infrage zu stellen. chungen auf unbezahlbare Sozialromantik werden die Menschen belogen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE Ich darf hier Jürgen Habermas zitieren: GRÜNEN – Michael Glos [CDU/CSU]: So (Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Oh je!) wie Schröder das vor der letzten Bundestags- wahl getan hat!) Die Regierungskraft des Nationalstaates reicht längst nicht mehr aus, um ambivalente Folgen der Recht hat der Altbundeskanzler, liebe Kolleginnen und wirtschaftlichen Globalisierung abzufedern. Kollegen von der CDU/CSU. Wer sich vom Beitritt Ru- (B) mäniens und Bulgariens distanziert oder wie HerrUnd weiter: (D) Wissmann sagt, die EU sei für längere Zeit an der Allein auf europäischer Ebene kann ein Teil der Grenze ihrer Aufnahmefähigkeit angelangt, der beweist, politischen Steuerungsfähigkeit zurückgewonnen dass er nicht regierungsfähig ist. werden, die auf nationaler Ebene so oder so verlo- (Beifall bei der SPD – Dr. Gerd Müller [CDU/ ren geht. CSU]: Sie brauchen ein anderes Volk, um re- Deshalb ist es unverantwortlich, wenn beispielsweise gieren zu können!) Ministerpräsident Stoiber bei jeder Gelegenheit gegen Ein wichtiges Vertrauensgut der EU ist es, dass sie ver- den – angeblichen – europäischen Superstaat polemi- lässlich ist und sich an ihre Zusagen hält. Das war immer siert. So mobilisieren Sie antieuropäische Ressentiments Konsens in Deutschland. Die EU darf das Vertrauen, das in Deutschland. So wecken Sie einen Geist, den Sie nicht sie genießt, nicht aus kurzfristigen opportunistischenmehr in die Flasche zurückbekommen. Der europäische Gründen aufs Spiel setzen; denn eine interne Vertrauens- Superstaat, der Ihrer Meinung nach die Nationen ver- krise wird nicht durch eineexterne Vertrauenskrise ge- nichtet, ist ein Popanz. Niemand will ihn. löst. Welche Konsequenzen müssen wir konkret ziehen? (Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Stimmt!) Wir haben heute schon über die Chancen gesprochen, die sich mit der Lissabon-Strategie bieten, um in Europa, Auch ohne die Zustimmung der Franzosen und der auch in Deutschland, wieder in mehr Bereichen an die Niederländer ist die EU-Verfassung weiterhin wichtig; Spitze zu kommen. Aber wir müssen dies in einer Art denn sie schafft mehr Demokratie, Effizienz und Trans- und Weise tun, dass der frische Wind, den wir brauchen, parenz innerhalb der EU. Deswegen kann es nicht auf nicht zu einem Durchzug wird, der die Schwachen auf Dauer mit dem Nizza-Vertrag weitergehen. Ohne diedie Seite bläst und nur die Starken standhalten lässt. Verfassung wird es schwierig, die Erweiterung zu meis- tern. Ohne die Verfassung könnte Europa zu einer Frei- (Beifall bei der SPD) handelszone ohne soziale und ökologische Grundpfeiler Deswegen müssen wir auch den Entwurf der Dienstleis- werden. Ohne die Verfassung wird es schwieriger fürtungsrichtlinie zurückweisen. Europa, als weltpolitischer Akteur mit Gewicht aufzutre- ten und zur gestaltenden Kraft bei der Globalisierung zu Die Europäische Union steht vor großen Herausforde- werden. Die Ratifikation jetzt auszusetzen ist deshalb rungen. Wir setzen Vertrauen in den Europäischen Rat keine Alternative. Das wäre auch ein Schlag gegen die und seinen Vorsitzenden, Jean-Claude Juncker, dass es Länder, die die Verfassung bereits ratifiziert haben. Des- gelingt, diese Herausforderungen zu meistern. Kurzfris- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17095

Dr. Angelica Schwall-Düren (A) tige innenpolitische Erwägungen dürfen nicht dazu füh- gültig; viele finden sie sogar abstoßend. Das halte ich für (C) ren, dass das europäische Friedensprojekt gefährdetschlimm; denn eine soziale, eine friedliche, eine demo- wird. Die EU ist der Garant für dauerhaften Frieden auf kratische Union ist eine urlinke Vision und sie wäre eine dem Kontinent, Freiheit, Demokratie und Wohlstand.gute Antwort auf die Geschichte. Sie wäre ein wichtiger Deswegen appelliere ich auch an die europapolitische Beitrag für die Welt. Verantwortung der Union. Deshalb mahnen wir alle: Wir dürfen die Krise der Verantwortliche und verlässliche Europapolitik ist das Europäischen Union nicht kleinreden. Wir müssen sie Markenzeichen dieser Bundesregierung. Unser Bundes- annehmen und vor allem müssen wir sie meistern. Für kanzler hat deswegen für die schwierigen Verhandlun- viele Bürgerinnen und Bürger ist die EU ein fernes Ge- gen auf dem heute beginnenden EU-Gipfel die volle Un- bilde, das ihnen nicht viel Gutes verheißt. Das kann terstützung der sozialdemokratischen Fraktion desstimmen, das muss aber nicht stimmen; in vielen Fällen Deutschen Bundestages. stimmt es auch nicht. Aber eine solche ablehnende Stim- (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Krista mung ist nun einmal weit verbreitet und sie hat ganz Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) reale Ursachen. Politisch gesagt: Es mangelt der EU an Transparenz und an Demokratie. Genau dieses Manko Wir haben Vertrauen in sein Verhandlungsgeschick und musste sich über kurz oder lang negativ auswirken und seine Fähigkeit, Krisen zu meistern. es hat sich bei den Volksabstimmungen über die EU-Ver- Wir Sozialdemokraten nehmen die besorgte Haltung fassung in Frankreich und den Niederlanden auch ausge- der Bevölkerung ernst. wirkt. (Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Und tun das Umso mehr warne ich allerdings davor, dass sich Gegenteil!) Deutschland nun als Musterländle fühlt, nur weil Bun- destag und Bundesrat die EU-Verfassung ratifiziert ha- Aber gerade deshalb sind wir auch für Europa, für ein ben. Aus meiner Sicht war dies sogar ein großer Fehler; Europa mit sozialen Werten, dessen Erbe wir fortsetzen denn sie haben damit hierzulande dasDemokratie- wollen, dessen Erbe nur wir fortsetzen können, defizit der EU erhöht. Eine Volksabstimmung über die (Beifall bei der SPD) EU-Verfassung wurde in Deutschland verhindert. Die Verhinderer haben damit den Bürgerinnen und Bürgern für einen Kontinent des sozialen Fortschritts. Das war signalisiert: Wir schaffen die EU alleine, dazu werdet ihr die Linie Willy Brandts, mit der er die Überwindung der eigentlich nicht gebraucht. Eine EU aber, die ihre Bürge- Spaltung zwischen West und Ost vorangebracht hat.rinnen und Bürger nicht braucht, kann natürlich auch Diese Linie wird für uns heute und auch in Zukunft Gül- (B) keine Europäische Union der Bürgerinnen und Bürger(D) tigkeit haben. sein. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Dieses Demokratiedefizit und die Folgen daraus sind (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ das Resultat Ihrer Politik: der Politik von CDU/CSU, der DIE GRÜNEN) SPD und den Grünen. (Widerspruch bei der SPD) Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Das Wort hat jetzt die Kollegin Petra Pau. Nur die FDP und die PDS haben mehrfach gemahnt, auch in Deutschland eine Volksabstimmung und damit (Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: generell mehr Demokratie zu ermöglichen. Die genann- Jetzt aber nichts über Fremdarbeiter sagen!) ten Parteien, Bundeskanzler Schröder, Außenminister Fischer und Kanzlerkandidatin Merkel, sie alle haben Petra Pau (fraktionslos): sich selbstherrlich darüber hinweggesetzt. Nun haben Ihr Zwischenruf, Frau Sager, war unter Ihrem Niveau. wir ein riesiges Problem, das vorhersehbar war. Kurzum, selbst nach sieben Jahren Rot-Grün ist Deutschland in (Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sachen Demokratie schlicht ein EU-Entwicklungsland. Nein! Nicht, seitdem Sie sich Herrn Lafontaine eingehandelt haben!) (Günter Gloser [SPD]: Na, na, na! Also!) Sie sollten meine Position kennen. Wir haben eine EU-Krise, die niemand ernsthaft gut- heißen kann. Das Problem allerdings liegt noch tiefer. Es Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! erschöpft sich nicht in der Form. Bürgerinnen und Bür- Es ist bestimmt nicht übertrieben, wenn ich für die PDS ger, die eine EU wollen, wollen natürlich auch eine EU im Bundestag festhalte: Die Europäische Union ist in ei- für sich. Was sonst? Das führt dann zu der Frage, inwie- ner tiefen Krise. Eigentlich steckt sie in mindestens drei fern in der EU wirklich das drinsteckt, was von der gro- Krisen: Wir haben eine EU-Verfassungskrise, wir haben ßen Politik versprochen wird. eine EU-Haushaltskrise und wir haben eine tief gehende EU-Legitimationskrise. Das alles ist nicht gut. Es hat Nicht nur in der Demokratiefrage, sondern auch hier sich lange abgezeichnet. Schauen Sie auf die Wahlen gibt es große Defizite. Nehmen wir nur einmal den zum Europäischen Parlament in den zurückliegendenStabilitätspakt, der den Euro hart halten soll. Er setzt Jahren! Die Teilnahme sank von Wahl zu Wahl. Immer Grenzen für die Verschuldung der EU-Mitgliedstaaten; mehr Menschen wurde die Europäische Union gleich- er ist in aller Munde und umstritten. Der CDU/CSU gilt 17096 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Petra Pau (A) der Stabilitätspakt sogar noch immer als Vorwand, um im Ansatz und vom Muster her genau gleich angelegt(C) noch tiefer in soziale Netze einzuschneiden, als es Rot- war. Es ging auch ihr nämlich darum, die Befürchtungen Grün ohnehin schon tut. Dies führt dazu, dass viele so- und die Ängste, die es in der Bevölkerung bezüglich zial Betroffene die EU eher mit „Verlust“ übersetzen.Europas gibt, aufzunehmen Wir aber wollen EU als Gewinn. (Michael Glos [CDU/CSU]: Ja!) Die PDS im Bundestag war immer skeptisch, wenn es um den Stabilitätspakt ging. Wir haben ihn damals abge- sowie sie zu schüren und weiterzuentwickeln, um innen- lehnt. Die Alternativ- oder Ergänzungsforderung der politisch daraus Kapital zu schlagen. PDS hieß immer Sozialpakt; denn wir brauchen in der (Michael Glos [CDU/CSU]: Nein, das habe EU endlich verbindliche Vereinbarungen, die Lohndum- ich nicht gemacht!) ping verhindern, Steuerflucht erschweren und soziale, ökologische und demokratische Werte manifestieren.Das ist verantwortungslos. Genau dies wurde aber immer abgewehrt. Im Gegenteil, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit der so genannten Dienstleistungsrichtlinie sollte der und bei der SPD – Michael Glos [CDU/CSU]: allgemeine Sozialabbau sogar regelrecht als EU-Fort- Die Menschen haben vor Ihnen Angst, nicht schritt verordnet werden. Dieser kapitale Unsinn ver- vor uns!) dient natürlich Widerstand; dagegen gibt es in der EU auch zu Recht Widerstand. Ein Sozialpakt indes könnte Das ist verantwortungslos vor dem Hintergrund, dass Sie die EU für viele entschärfen und sogar interessant ma- zu Recht – wir begrüßen das – dieser europäischen Ver- chen. Darum geht es mir und darum geht es auch derfassung zugestimmt haben. Sie haben hier deutlich ge- PDS. macht, dass die europäischen Verträge eingehalten wer- den müssen. Nun aber stellen Sie sich hier hin und sagen Danke. unterschwellig, dass diese Regierung nicht das machen würde, was wir hier gemeinsam verabredet haben, Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: (Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Mit Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Rainder Ihnen haben wir gar nichts verabredet!) Steenblock. und dass diese Verfassung nicht das beste Ergebnis sei, das in den Verhandlungen zwischen den 25 Mitgliedstaa- Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): ten zu erreichen gewesen war. (B) Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Darüber hinaus sagen Sie dann auch immer noch, wie (D) Alle meine Vorredner haben an dieser Stelle deutlich ge- Herr Glos: Fremdenangst ist etwas, was real in unserer macht, dass es in der Europäischen Union eine Krise Bevölkerung vorhanden ist. – Ja, das ist sie. Aber wenn gibt. Das ist überhaupt keine Frage. Wenn man aber ana- Sie ferner meinen, dass jetzt die Türken kämen bzw. dass lysiert, welche Konsequenzen von der deutschen Bevöl- diese Bundesregierung dafür gesorgt habe, dass wir ein kerung aus dieser Debatte gezogen werden könnten und Einwanderungsland ohne Schranken wären, welche Antworten auf die gemeinsame Feststellung, es könne nicht so weitergehen und wir müssten die Men- (Michael Glos [CDU/CSU]: Das hat doch der schen in diesem Lande und in Europa ernst nehmen, ge- Herr Lafontaine gesagt!) geben wurden, dann kommt man, glaube ich, zu folgen- dann scheinen Sie überhaupt nicht mitbekommen zu ha- dem Ergebnis: Die Kollegin Merkel, die heute ihre erste ben, was diese Regierung geleistet hat! Rede als Kanzlerkandidatin gehalten hat, hat keine ein- zige Antwort auf diese Herausforderung gegeben, vor (Lachen des Abg. Dr. Hans-Peter Friedrich der wir als deutsche Politikerinnen und Politiker stehen. [Hof] [CDU/CSU]) Keine! Während Sie in dieser Frage völlig versagt und unbe- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schränkte Einwanderung zugelassen haben, hat die rot- und bei der SPD – Zurufe des Abg. Dr. Gerd grüne Bundesregierung Kriterien für die Einwanderung Müller [CDU/CSU]) nach Deutschland aufgestellt. Genau das ist es, was wir tun müssen. Das Einzige, was sie gesagt hat, ist – ich grübele im- mer noch darüber, was sie damit gemeint hat –: Wir (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN müssen zu einem Stopp der inneren Überdehnung Euro- und bei der SPD) pas kommen. – Was wollte sie uns damit sagen? Kollege Glos dagegen hat sich einzig und allein aus der (Günter Gloser [SPD]: Ja, das ist eine Null- Instrumentenkiste des Populismus bedient. Ich kann das lösung!) ja vor dem Hintergrund verstehen, dass Sie jetzt Konkur- renz durch den ehemaligen Kollegen Lafontaine bekom- Ich glaube, das Problem ist, dass die Rede von Fraumen haben, denn in der Diktion der Fremdenfeindlich- Merkel, die etwas geschickter war als die plumpe Rede keit unterscheiden Sie sich wenig. des Kollegen Glos, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Wie bitte?) sowie bei Abgeordneten der SPD) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17097

Rainder Steenblock (A) Ich finde das unerträglich, dass es so etwas in diesem (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (C) Land gibt. und bei der SPD – Günter Gloser [SPD]: Glos ist Brandstifter und Feuerwehr zugleich!) Auch in der Frage derOsterweiterung hätten Sie sich heute Morgen anders positionieren können. Natür- Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben eine Rie- lich gibt es in Deutschland Ängste, dass dadurch Ar-senaufgabe vor uns: die Konsequenzen zu ziehen aus beitsplätze gefährdet werden. Das ist überhaupt keine den Abstimmungen in Frankreich und den Niederlanden. Frage. Es kommt auch zur Verlagerung von Arbeitsplät- Viele haben gesagt, dass auch eine ganze Reihe von in- zen. Aber selbst der BDI, der ja nun nicht gerade dasnenpolitischen Gründen zu dem Ausgang der Abstim- Zentralorgan der Grünen ist, hat heute Morgen erklärt, mungen geführt haben. Trotzdem müssen wir ernst neh- dass durch die Osterweiterung in Deutschland sehr viel men, dass die Idee der europäischen Integration von mehr Arbeitsplätze innerhalb der Exportwirtschaft ent- vielen Menschen in Europa nicht nur positiv gesehen standen sind, als wir durch die Verlagerung verloren ha- wird, sondern dass mit dieser europäischen Integration ben. Die Nettobilanz an Arbeitsplätzen ist positiv. ebenso Ängste verbunden sind. Wir müssen die Alterna- tiven dazu deutlich machen: Es gibt die reale Alternative (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Rückkehr zu denNationalstaaten in Europa. Die sowie bei Abgeordneten der SPD) Krise hat deutlich gemacht, dass dies politisch-populis- tisch auch umsetzbar ist. Ich bin massiv gegen diese Al- Es wäre Ihre Aufgabe gewesen, heute den Menschen in ternative, Deutschland auch einmal zu sagen, dass die Erweiterung der Europäischen Union nicht nur ein Friedensprojekt (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und ein Projekt der europäischen Integration, sowie bei Abgeordneten der SPD) (Michael Glos [CDU/CSU]: Das wissen wir weil ich glaube, dass Europa unter den Bedingungen der doch!) Globalisierung die Antwort ist – die Integration Europas, nicht die Überdehnung, sondern die Vertiefung der die wir alle wollen, ist, sondern auch ein ökonomisches Spielregeln, die wir in Europa haben. Wir werden in die- Erfolgsprojekt für Deutschland. Das hätten Sie den Men- ser einen Welt als Europäerinnen und Europäer nur dann schen, die Zweifel haben, sagen sollen, statt Ängste und eine Zukunft haben, wenn wir Europa ausbauen und ver- Zweifel zu schüren. tiefen, wenn wir den Menschen deutlich machen: Das ist (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Schutzmechanismus gegen einen wilden Wettbe- und bei der SPD – Michael Glos [CDU/CSU]: werb, ein Schutzmechanismus, den wir innerhalb Euro- Bei Ihrer Rede haben die Leute nur Freude!) pas errichten müssen gegen Herrn Bolkestein und an- (B) dere, die in Europa eine neoliberale Konzeption der(D) Nein, lieber Kollege Glos, aus dieser Verantwortung Weltwirtschaft umsetzen wollen. Das wollen wir nicht. können Sie sich nicht stehlen. Sie arbeiten denjenigen (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu, die sich als Brandstifter am europäischen Einigungs- sowie bei Abgeordneten der SPD) prozess betätigen. Sie unterstützen sie mit Ihrer Argu- mentation, wenn vielleicht auch nicht gewollt. Europa steht für soziale Gerechtigkeit, ökologischen Fortschritt und Innovation. Das ist die Zukunft, für die (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wir gemeinsam arbeiten müssen. Das ist unser Auftrag sowie bei Abgeordneten der SPD) hier. So gefährdet man das Projekt der europäischen Integra- Vielen Dank. tion. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Wir können nicht weiter so machen. Das ist richtig. und bei der SPD) Wir müssen den Menschen sagen, wer Verantwortung trägt. Aber man darf nicht so tun, als ob sich in Brüssel Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Bürokraten völlig unkontrolliert auf ihren Spielwiesen Ich schließe damit die Aussprache. austoben könnten. Vielmehr muss man den Menschen ehrlicherweise sagen, wie das Gesetzgebungsverfahren Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus- in Europa funktioniert und dass der Ministerrat, die Re- schusses für die Angelegenheiten der Europäischen präsentanten der nationalen Regierungen, im Wesentli- Union auf Drucksache 15/5711. Der Ausschuss emp- chen dafür verantwortlich ist, welche Politik in Brüssel fiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung die An- gemacht wird. Dahinter stehen alle Regierungen ge-nahme des Antrags der Fraktionen der SPD und des meinsam und nicht irgendwelche Buhmänner in Brüssel. Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 15/5116 mit Diese Verantwortlichkeiten müssen den Menschen klar dem Titel „Für eine zukunftsgerichtete Weiterführung gemacht werden, dann werden sie auch einsehen, dass der Lissabon-Strategie – Neue Impulse zur wirtschaftli- sie auf nationaler Ebene kontrollieren können, was in chen, sozialen und ökologischen Erneuerung“. Wer Brüssel passiert, anstatt diese Mär von der unkontrollier- stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstim- ten Brüsseler Bürokratie immer weiter auszuschmücken. men? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist Denn das ist auch kontraproduktiv mit Blick auf diemit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Ziele, die wir in Europa haben. Ehrlichkeit und Glaub- Stimmen von CDU/CSU und FDP angenommen wor- würdigkeit auch von Ihnen sind da erforderlich. den. 17098 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer (A) Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ableh- Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus- (C) nung des Antrags der Fraktion der FDP auf Druck- schusses (6. Ausschuss) sache 15/5131 mit dem Titel „Zur Tagung des Europäi- – Drucksache 15/5703 – schen Rates am 22./23. März 2005 – Stabilität und Wachstum stärken“. Wer stimmt für diese Beschluss- Berichterstattung: empfehlung? – Gegenstimmen? – Darf ich noch einmal Abgeordnete Hermann Bachmaier die Stimmen der CDU/CSU sehen? Marco Wanderwitz Jerzy Montag ( [CDU/CSU]: Wir enthal- Rainer Funke ten uns, wenn Sie danach fragen!) Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die – Es gab Gegenstimmen; deswegen wollte ich das wis- Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen – Ich sen. höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. (Zuruf von der CDU/CSU: Hammelsprung! – Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst Michael Glos [CDU/CSU]: Da sollten wir der Abgeordnete Georg Fahrenschon. Herrn Küster um Rat fragen!) (Beifall der CDU/CSU) Darf ich bitte die Enthaltungen sehen? – Die Beschluss- empfehlung ist mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der FDP Georg Fahrenschon (CDU/CSU): und einige Stimmen aus der CDU/CSU bei Enthaltung Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und der Mehrheit der CDU/CSU angenommen worden. Herren! Es ist offensichtlich: Rot-Grün hat es binnen sie- ben Jahren Regierungszeit geschafft, aus dem einstigen Beschlussempfehlung des Ausschusses für die An- Wachstumsmotor und Stabilitätsanker Deutschland ei- gelegenheiten der Europäischen Union auf Druck-nen Bremser in Europa, was das Wachstum angeht, und sache 15/5709 zu dem Antrag der Fraktion der FDP mit ein weltweites Inflationsrisiko, was die Währung angeht, dem Titel „Die finanzielle Vorausschau der EU denzu machen. neuen Aufgaben anpassen“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/2978 abzulehnen. Wer (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Ein Rohr stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstim- im Wind!) men? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist Das ist symptomatisch für diese Bundesregierung. mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen Noch ist Deutschland die größte Volkswirtschaft inner- gegen die Stimmen der FDP bei Enthaltung der CDU/ halb der Europäischen Union. Deshalb ist die rechtliche (B) (D) CSU angenommen worden. Basis für die gemeinsame europäische Währung eine der Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage aufzentralen Fragen in Bezug auf das Wohl und Weh unse- Drucksache 15/5361 an die in der Tagesordnung aufge- rer Wirtschaftsverfassung. führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein- Der Deutsche Bundestag debattiert mittlerweile zum verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung achten Mal über die Zukunft des wichtigsten Grundpfei- so beschlossen. lers der europäischen Finanzpolitik. Dem Bundesfinanz- Ich rufe die Tagesordnungspunkte 11 a und 11 b auf: minister war es kein einziges Mal möglich, an einer die- ser Debatten teilzunehmen. Das muss kritisiert werden. a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. , Heinz Seiffert, Dietrich (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Austermann, weiterer Abgeordneter und der Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Der macht Fraktion der CDU/CSU den Lafontaine! – Dr. Gerd Müller [CDU/ CSU]: Der soll auch in Zukunft wegbleiben! Steigende Staatsverschuldung verhindern – Den brauchen wir nicht!) Aufweichung des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts zurücknehmen Auch die Entschuldigung für das Fernbleiben von der heutigen Sitzung – der Finanzminister muss in Brüssel – Drucksache 15/5250 – sein – gilt nicht: Der Finanzminister hätte dafür Sorge Überweisungsvorschlag: tragen müssen, dass er wenigstens in einer einzigen der Finanzausschuss (f) acht Debatten über die Zukunft des Stabilitäts- und Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Wachstumspaktes dem deutschen Parlament und damit Haushaltsausschuss der Öffentlichkeit Rede und Antwort steht; er hätte sich b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord- nicht immer entschuldigen lassen dürfen. neten Ernst Burgbacher, Rainer Funke, Otto Fricke, weiteren Abgeordneten und der Fraktion (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Leo der FDP eingebrachten Entwurfs einesGesetzes Dautzenberg [CDU/CSU]: Hänschen auf der zur Änderung des Grundgesetzes (Aufnahme Flucht!) von Stabilitätskriterien in das Grundgesetz) Unter Helmut Kohl und Theo Waigel fand das histori- – Drucksache 15/3721 – sche Ereignis statt, dass der Europäischen Union eine gemeinsame Währung gegeben wurde. In diesem Zu- (Erste Beratung 132. Sitzung) sammenhang ist nicht zu unterschätzen, dass alle Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17099

Georg Fahrenschon (A) Staaten, die der Einführung dergemeinsamen Wäh- Sie tragen die Verantwortung dafür, dass mittlerweile (C) rung zugestimmt haben, in derselben Einsicht und frei- alle Staaten, die Interesse an der gemeinsamen europäi- willig ein Stück Souveränität abgegeben haben. Mit dem schen Währung haben, sich nicht mehr dem Regelwerk Ziel, eine stabile gemeinsame Währung und eine nach- unterwerfen. Sie tragen die Verantwortung dafür, dass haltige Finanzpolitik zu gewährleisten, haben sie sich wir nicht mehr klar sagen können, dass die gemeinsame einheitliche finanzpolitische Regeln gegeben, die für alle europäische Währung genauso stabil und sicher wie die gleich gelten sollten. Das waren die Grundlagen für den D-Mark ist. Sie tragen die Verantwortung dafür, dass un- Vertrag von Maastricht von 1993 und für den Stabilitäts- sere gesamtstaatliche Verschuldung sich mittlerweile auf und Wachstumspakt von 1997. über 1 400 Milliarden Euro summiert. Wir werden nicht müde, die beiden zentralen Bedin- (Ortwin Runde [SPD]: Was ist Ihr Anteil?) gungen in Erinnerung zu rufen: 3 Prozent Defizit – kein einziger Prozentpunkt mehr – und maximal 60 Prozent Sie tragen die Verantwortung dafür, dass wir nicht mehr Gesamtschulden; diesen Wert müssen wir unter- unddie Möglichkeit haben, umzukehren und mit einer stabi- dürfen ihn nicht überschreiten. Diese Regeln sind ein- len Währung Europa wieder zum Wachstumsmotor und deutig, klar und transparent und sie machen Politik euro- zum Stabilitätsanker zu machen. paweit messbar. (Beifall bei der CDU/CSU – Ortwin Runde (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) [SPD]: Was war Ihr Anteil?) Das war der Geist von Maastricht und das ist die Basis – Lieber Herr Runde, wir lassen Sie da nicht aus der Ver- für eine erfolgreiche gemeinsame stabile Währung. antwortung. Sie haben mitgestimmt und Sie haben die Grundlage dafür gelegt, dass auch unsere Kinder und Vor diesem Hintergrund ist die am 22. März vorge- Kindeskinder keinen Weg aus dem Schuldenstaat mehr schlagene Flexibilisierung des Stabilitätspaktes eine sehen – unter der Maßgabe, dass Rot-Grün weiter dieses Farce. Es steht zwar noch „Pakt“ drauf, aber darin istLand regiert. Deswegen müssen wir das beenden. keine Stabilität mehr. Das werfen wir Ihnen vor. Sie ha- ben Schuld daran; denn Sie haben, erstens, diesen Pakt (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) in den vergangenen vier Jahren ständig verletzt, Sie ha- Wir werden Sie mit Ihren eigenen Zitaten konfrontie- ben, zweitens, die notwendigen Sanktionen der EU mit ren. Es war Ihr Noch-Bundesfinanzminister, der gesagt massivem Druck verhindert und Sie haben, drittens, das hat: Schulden sind keine Investitionen in die Zukunft. Regelwerk Stück für Stück demontiert. Jetzt stellen Sie Schulden sind die Steuern von morgen. – Er hat Recht. sich vor die staunende Öffentlichkeit und wollen denNur hält er sich nicht daran. Tagtäglich bricht er mit sei- (B) Menschen klar machen, dass unverbindlichere Vorgaben ner Politik seine eigenen Thesen, die er in die Welt ge-(D) eine höhere Bindungswirkung entfalten. Das ist aberwit- setzt hat. zig. Meine Damen und Herren, für die CDU/CSU-Bun- (Beifall bei der CDU/CSU) destagsfraktion steht fest: Wir müssen den Vertrag von Das erinnert an einen Zahnarzt, der dem Patienten erst Maastricht nicht ändern. Wir müssen den Vertrag von alle Zähne zieht und ihm dann viel Vergnügen beim kräf- Maastricht nicht aufweichen. Wir müssen ihn einhalten. tigen Zubeißen wünscht. So gehen Sie voran. Deshalb fordern wir Sie auf: Kehren Sie um! Nutzen Sie die Zeit! Nutzen Sie die Krise bezüglich der Finanzver- Der Kompromiss, den Sie am 22. März dieses Jahres fassung der Europäischen Union, um die Grundlage un- durchgesetzt haben, ist die schlechteste aller Varianten. serer gemeinsamen Währung wiederherzustellen! Keh- Dieser Kompromiss verschafft der rot-grünen Regierung ren Sie zu dem Stabilitäts- und Wachstumspakt in seiner Schröder/Fischer/Eichel zwar kurzfristig Vorteile, mit- ursprünglichen Variante zurück! Hören Sie auf, ihn zu tel- und langfristig wird damit aber ein Sprengsatz ge- unterminieren! legt; denn er symbolisiert die Rückkehr zum Nationalen und die Abkehr von internationaler finanzpolitischer So- Vielen herzlichen Dank. lidität. Er zeigt im Grunde, wie ratlos die Regierung vor (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) den Problemen der Globalisierung steht und wie gern Rot-Grün Deutschlands Zukunft verkauft, um die eigene schmale Gegenwart zu sichern. Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Das Wort hat jetzt die Parlamentarische Staatssekretä- So macht man keine Politik. So kauft man einen Tep- rin Barbara Hendricks. pich. Aber die Grundlagen für eine europaweite Finanzpolitik, die Grundregeln, nach denen in einer Ge- Parl. Staatssekretärin beim meinschaft von mehreren Nationalstaaten die Wirt- Dr. Barbara Hendricks, Bundesminister der Finanzen: schafts- und Finanzpolitik solide und zukunftssicher konsolidiert werden soll, haben Sie verletzt. Sie haben Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! der gemeinsamen europäischen Währung in den letzten Zunächst zur Nichtanwesenheit von . Zum Jahren die Basis entzogen. einen ist Ihnen schon klar, dass er natürlich entschuldigt ist, weil er zum Europäischen Rat muss. Insofern dürfte (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. nahe liegen, dass er nicht gleichzeitig hier sein kann. Ernst Burgbacher [FDP]) Zum anderen aber finde ich, wenn ich die aufgebotene 17100 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks (A) Riege der Rednerinnen und Redner ansehe, dass Sie mit konstruktive, zielorientierte Teilhabe an europäischen(C) mir mehr als gut bedient sind. Prozessen wird nicht dadurch möglich sein, sich in die innere Emigration zurückzuziehen. Der Stabilitäts- und (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem Wachstumspakt ist maßgeblich auf deutsche Initiative BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zustande gekommen. Auch vor diesem Hintergrund ist Ich habe nämlich den Eindruck, dass insbesondere die die Bundesregierung dafür eingetreten, dass die von der CDU/CSU ganz offenbar Redner entsendet, von denen Kommission initiierte Debatte über eine Reform eine sie ganz genau weiß, dass sie, wie auch immer die Wahl kluge und ökonomisch sinnvolle Weiterentwicklung des ausgehen wird, keine weiter gehende VerantwortungPaktes ermöglicht. werden übernehmen müssen. Denn diejenigen unter Ih- (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Lesen Sie nen, die möglicherweise eine weiter gehende Verantwor- nicht so schnell!) tung werden übernehmen müssen, wissen genau, was los ist, und wissen auch: Wenn sie heute groß tönen würden, – Können Sie mir nicht folgen? Soll ich langsamer spre- dann würden sie möglicherweise im Herbst gezwungen chen? sein, ihre eigenen Worte zu fressen. (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Ja, bitte!) (Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Geben Sie es auch schon verloren?) – Gut. Deswegen erscheinen sie heute hier nicht und geben sich Der Einschätzung in Ihrem Antrag, wonach die Ent- sozusagen mit Rednern aus der dritten Reihe zufrieden, wicklung der öffentlichen Verschuldung in Deutsch- die jedenfalls keine weiter gehende Verantwortung wer- land besorgniserregend sei, stimme ich natürlich grund- den übernehmen müssen, wie auch immer die Wahl aus- sätzlich zu, auch wenn dieses Bild viel zu dramatisch geht. gemalt wird. In der Tat werden die Handlungsspielräume für die öffentlichen Haushalte immer enger. Der Anteil (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Carl- an politisch frei verfügbaren Ausgaben wird immer ge- Ludwig Thiele [FDP]: In welche Reihe gehö- ringer. ren Sie denn? Das ist eine Frechheit! – Zuruf von der CDU/CSU: Das wird Ihre letzte Rede Es stimmt aber nicht, wie behauptet wird, dass die als Parlamentarische Staatssekretärin! – Bundesregierung nichts zur Lösung dieser Problematik Norbert Schindler [CDU/CSU]: Barbara, was unternehme. Die Bundesregierung hat vielmehr – das heißt denn „fressen“? – Klaus-Peter Willsch wissen Sie sehr genau – substanzielle Schritte zur Siche- [CDU/CSU]: Frau Hendricks gibt auf!) rung der langfristigen Tragfähigkeit unternommen. Das (B) wird uns übrigens ausdrücklich auch vom Internationa- (D) – Zunächst will ich ganz sachlich auf Ihre Anträge ein- len Währungsfonds bestätigt, der nicht gerade im Ver- gehen und dann noch ein bisschen dazu sagen. dacht steht, überschwängliches oder ungerechtfertigtes CDU und CSU versuchen, einvernehmlich getroffene Lob zu verteilen. Beschlüsse auf europäischer Ebene infrage zu stellen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Gerade die bisherige starre Anwendung bzw. Umsetzung BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) des Regelwerkes des Stabilitäts- und Wachstumspaktes hat dazu geführt, dass im Rat immer stärker Prozedere- Das von Ihnen angemahnte Umsteuern findet also fragen diskutiert wurden und die inhaltliche Debatte to- längst statt. Im Gegenteil, es ist bedauerlicherweise so, tal in den Hintergrund trat. Insbesondere dieser Ansatz dass die Opposition ihrerseits mit ihrer Blockade des wird jedoch im EG-Vertrag gefordert. Die Mitgliedstaa- Subventionsabbaus ein schnelleres Vorankommen auf ten sollen nämlich ihre Wirtschaftspolitik im Rat koordi- diesem Weg verhindert. Ichwill kurz daran erinnern: nieren. Verfahrensfragen lenken, wie man sich denken Gestern tagte wieder einmal der Vermittlungsausschuss. kann, von den eigentlichen Problemen in der Europäi- Können Sie noch sagen, zum wievielten Mal – zum schen Union ab. sechsten Mal oder zum achten Mal? – der Abbau der Ei- genheimzulage mit Ihrer Geschäftsordnungsmehrheit Der „neue“ Pakt wird dafür sorgen, dass mehr ökono- vertagt worden ist? mische Rationalität ins Verfahren kommt. Dazu sind inhaltliche Debatten unausweichlich, sodass die Mit- (Beifall des Abg. Joachim Poß [SPD]) gliedstaaten eben nicht, wie im CDU/CSU-Antrag unter- Sie finden sich in Ihrer Blockadepolitik doch selber nicht stellt, unwahre Behauptungen zur finanzpolitischen Si- mehr zurecht. Das war gestern Abend und ist ganz aktu- tuation aufstellen können. Insofern wird also in Ihrem ell. Antrag eine unwahre Behauptung aufgestellt. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Zur Rolle der Bundesregierung will ich mich gerne BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Leo äußern. Die Bundesregierung hat sich zu Beginn der De- Dautzenberg [CDU/CSU]: Wir müssen uns batte zur Reform des Stabilitäts- und Wachstums- das für die Steuerreform aufbewahren!) paktes sehr bewusst zurückhaltend gezeigt, weil sich das Regelwerk in seinem Grundsatz ja bewährt hat. Erst Auch die Unterstellung in Ihrem Antrag, wir betrach- nachdem die Kommission im September 2004 ihre Vor- teten eine Fortsetzung der Konsolidierung als wachs- stellungen zu einer solchen Reform publiziert hatte, hat tumsfeindlich, ist natürlich völlig an den Haaren herbei- sich die Bundesregierung eindeutig positioniert. Einegezogen. Langfristig ist die Konsolidierung natürlich ein Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17101

Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks (A) wichtiger Teil einer nachhaltigen Wachstumspolitik.hat Minister Eichel wiederholt den konstruktiven Mei-(C) Dennoch gilt dies nicht grundsätzlich. Gerade hier argu- nungsaustausch zur Weiterentwicklung des Paktes mit mentieren Sie in Ihrem Antrag geradezu ökonomischBundesbankpräsident Professor Weber gesucht und auch fahrlässig. Zusätzliche Konsolidierungsmaßnahmen in geführt. Zeiten einer schlechten Konjunkturlage würden sehr Die Politik der Bundesregierung gefährdet nicht die wohl beträchtliche negative Effekte nach sich ziehen. Stabilität des Euro. Alle Aussagen in dieser Richtung Dies haben wir im europäischen Zusammenhang zum sind völlig verrückt und abwegig. Immer noch ist es so, Beispiel im Fall Portugal schmerzlich sehen müssen. dass der Euro deutlich höher notiert, als wir jemals ange- Dies war doch ein wesentlicher Aspekt bei den Diskus- nommen haben. Die leichten Abwertungstendenzen der sionen über eine Reform des Stabilitätspaktes. Das kön- letzten Wochen kommen der deutschen Wirtschaft ei- nen Sie doch nicht einfach aus Ihrer Wahrnehmung aus- gentlich entgegen. Wir sind immer noch weit von dem blenden. entfernt, was man allgemein erwartet hat: dass sich der Euro in Parität zum Dollar einrichten wird. (Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Aber Sie können doch die deutsche Volkswirtschaft Zum Gesetzentwurf der FDP-Fraktion will ich mich nicht mit der portugiesischen vergleichen, nur ganz kurz äußern. Eine Änderung des Grundgeset- Frau Staatssekretärin!) zes widerspricht dem Geist der einstimmig beschlosse- nen Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes, weil – Ich vergleiche auch nicht die deutsche Volkswirtschaft man dann gerade nicht mehr auf ökonomische Gegeben- mit der portugiesischen. heiten reagieren könnte. Das ist der eine Punkt, der es praktisch unmöglich macht, Ihrem Vorschlag zu folgen. (Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Das ist Ihre Strategie! Sie machen Politik mit Portugal!) (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sie wollen es ja – Nein, das ist nicht meine Strategie. Herr Fahrenschon, auch nicht!) wenn wir aber Wert darauf legen wollen, die deutsche Der zweite Punkt ist: Durch Ihren Vorschlag blenden Volkswirtschaft nicht zum Beispiel mit der portugiesi- Sie völlig aus, dass wir dann auch auf der Ebene zwi- schen zu vergleichen, dann sollten wir bitte auch zurschen Bund und Ländern keine Regelung hätten. Dazu Kenntnis nehmen, dass ein Umsteuern in kleinen Volks- sagen Sie kein Wort; denn damit kämen Sie in die wirtschaften leichter ist als in großen Volkswirtschaften. schwierigen Gefilde der Diskussion über die Föderalis- musreform, sodass Sie sich an dieser Stelle lieber zu- (Beifall des Abg. Joachim Poß [SPD]) rückhalten. Auch deswegen kann man Ihrem Vorschlag Auch wenn wir uns insofern nicht mit Portugal verglei- nicht zustimmen. (B) (D) chen, sollten wir zumindest davon ausgehen, dass wir es Ganz kurz will ich noch auf die einleitenden Worte schwerer haben. des Kollegen Fahrenschon eingehen. Kollege (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Anna Lührmann Fahrenschon hat behauptet, dass Deutschland unter der [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Verantwortung von Rot-Grün zum Wachstumsschluss- licht geworden sei und dass es den Anker der Stabilität, Es gibt in Ihrem Antrag weitere abwegige Forderun- der die Bundesrepublik früher gewesen sei, jetzt nicht gen; dazu will ich kurz etwas sagen. Die Reform des Sta- mehr gebe. bilitäts- und Wachstumspaktes ist nahezu abgeschlossen. Der Bundestag, also auch die Opposition, ist im Plenum Zu Ihrer Erinnerung: Das Jahr 1991 war – sowohl in und in den Ausschüssen mehrfach und detailliert über den gesamten 90er-Jahren als auch danach, also während die Reform unterrichtet worden. Nunmehr die Aufhe- unserer gesamten Regierungszeit – das einzige Jahr, in bung eines Beschlusses des Europäischen Rats vomdem wir, wenn ich das richtig im Kopf habe, ein Minus- März 2005 zu fordern ist natürlich völlig an der Realität wachstum von 1,3 Prozent zu verzeichnen hatten. Seit vorbei. Aber so ist das nun einmal: Man wird häufig von 1995, also lange bevor Rot-Grün die Verantwortung der Realität überholt, wenn man die Opposition in die- übernommen hat, war die Bundesrepublik Deutschland sem Hause stellt. jedes Jahr das so genannte Wachstumsschlusslicht in der Europäischen Gemeinschaft. Ich wiederhole: jedes Jahr (Zurufe von der CDU/CSU) seit 1995. Das hat also nichts mit der Politik von Rot- Grün zu tun. Die Europäische Zentralbank war jederzeit an der Debatte zur Weiterentwicklung des Stabilitäts- und (Zuruf von der CDU/CSU: Ihr wolltet doch al- Wachstumspaktes beteiligt und hatte aktiv die Möglich- les besser machen! So hat es doch 1998 gehei- keit zu Stellungnahmen und Kommentaren. ßen!) (Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Sie haben sich Im vergangenen Jahr waren wir erstmals nicht mehr nur nicht um die Kommentare geschert!) Schlusslicht. Es beruhigt einen zwar nicht besonders, wenn man an der 14. statt an der 15. Stelle steht. Aber es Übrigens ist der Beschluss des Europäischen Rates der geschah unter Ihrer Regierungsverantwortung, dass wir Wirtschafts- und Finanzminister vom März 2005 in An- auf die letzte Stelle gerückt sind, die wir seit 1995 unun- wesenheit des Präsidenten der Europäischen Zentral-terbrochen eingenommen haben. bank, Herrn Trichet, getroffen worden. Auch die Bun- desbank hat sich auf ihre Weise – so will ich einmal (Beifall bei der SPD – Joachim Poß [SPD]: sagen – an dieser Reformdebatte beteiligt. Im Übrigen Hört! Hört! Die Schlusslichtvertreter!) 17102 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks (A) Diese Schlusslichtdebatte, die Sie uns anzuhängen ver- Ernst Burgbacher (FDP): (C) suchen, fällt auf Sie zurück. Es hilft niemandem, wenn Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie hier wahrheitswidrige Behauptungen aufstellen. Frau Staatssekretärin Hendricks, den Stil Ihrer Eingangs- bemerkung will ich hier nicht kommentieren, aber wenn Hinzu kommt: Die Inflationsraten in der Bundesre- Sie einen Hauch von Anstand hätten, würden Sie sich publik sind seit Jahren beständig die niedrigsten in der dafür entschuldigen. Europäischen Union. Sie liegen im Regelfall deutlich unter den von der Europäischen Zentralbank angepeilten (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten 2 Prozent. Normalerweise betragen sie zwischen der CDU/CSU – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/ 0,9 Prozent und 1,2 Prozent, manchmal vielleicht auch DIE GRÜNEN]: Ein bisschen mehr Humor!) 1,4 Prozent; sie sind aber immer die niedrigsten in der Meine Damen und Herren, der europäische Stabilitäts- Europäischen Union. Wenn Sie trotzdem vor diesem Ho- und Wachstumspakt – undseine Einhaltung, wohlge- hen Hause behaupten, Deutschland sei kein Stabilitäts- merkt – hatte eigentlich eine doppelte Bedeutung: Er war anker mehr, frage ich Sie: Wie kommen Sie überhaupt einmal die ganz entscheidende Basis für das Vertrauen zu solch einer Behauptung? Das ist mir wirklich uner- der Bürger in den Euro und er war zum anderen das Ver- klärlich. sprechen der Mitgliedstaaten, mit einersoliden Haus- haltspolitik die Grundlagen für mehr Wachstum und Be- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ schäftigung zu schaffen.Das sehen wir durch diese DIE GRÜNEN) Bundesregierung nun zerstört. Ich will noch einen Punkt zumGesamtschulden- Der europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt ist stand und zum 3-Prozent-Kriterium sagen. Anfang der von Deutschland durchgesetzt worden, er war doch un- 90er-Jahre hat der Gesamtschuldenstand in der Bundes- ser Pfand. Erinnern wir uns doch daran – das gilt für republik Deutschland – nimmt man alle Ebenen und die Sie genauso wie für unsere Seite –: In unzähligen Ge- Sozialversicherungsträger zusammen – 40 Prozent des sprächen mit den Bürgerinnen und Bürgern dieses Lan- Bruttoinlandsproduktes ausgemacht. des haben wir für den Euro geworben und wir haben ih- nen versichert, dieser Euro werde so stabil sein wie die (Zuruf von der CDU/CSU: Aber nicht unter D-Mark. Wir haben das immer damit begründet, dass der CDU/CSU!) dieser Stabilitäts- und Wachstumspakt unumstoßbar ist. Als wir Ende 1998 die Regierungsverantwortung Sie haben jetzt im März 2005 dem Euro und einer so- übernommen haben, war der Gesamtschuldenstand – das liden Wirtschafts- und Haushaltspolitik die Grundlagen hatte natürlich auch etwas mit den Kosten der deutschen entzogen. Was Sie hier gemacht haben, ist eigentlich ein (B) (D) Einheit zu tun – auf über 60 Prozent gestiegen. Er hat Verbrechen, das, glaube ich, in seinen Konsequenzen also in sieben Jahren um 50 Prozentpunkte zugenom-erst in den nächsten Jahren sichtbar werden wird. men. Mittlerweile haben wir seit sieben Jahren die Re- gierungsverantwortung. Der Gesamtschuldenstand liegt (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ute jetzt bei 66 Prozent. Das heißt, er hat in den letzten sie- Kumpf [SPD]: Ein bisschen überbewertet!) ben Jahren um 10 Prozentpunkte zugenommen. Aller- Meine Damen und Herren, es war – das ist das dings haben wir noch immer die gleichen Kosten derZweite, was so schlimm ist – die deutsche Bundesregie- deutschen Einheit zu tragen, die auch unter Ihrer Regie- rung, die ihn damals eingeführt hat, und jetzt war es die rungsverantwortung zu schultern waren. Wenn Sie auch rot-grüne Bundesregierung, auf deren Drängen der Sta- dies einmal zur Kenntnis nehmen würden, wären wirbilitäts- und Wachstumspakt so entkräftet wurde, dass er schon einen Schritt weiter. das, wofür er einmal angelegt war, nicht mehr garantie- ren kann. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Wir wollen die Stabilität des Euro. Wir wollen alles dafür tun und deshalb werden wir auch den Antrag der Wenn Sie bitte auch zur Kenntnis nehmen würden, CDU/CSU unterstützen; das ist die europäische Kompo- dass Ihr Kollege Kampeter vor kurzem gesagt hat, esnente. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, werde wohl nicht vor demJahre 2009 gelingen, die Sie schreiben selbst in der Begründung Ihres Antrags Maastricht-Kriterien einzuhalten, dann kann ich Ihnen – ich zitiere –: nur sagen: Halten Sie sich bitte auch an diesem Punkt mit Kritik an uns zurück. Die Konsolidierung der Staatsfinanzen liegt im ur- eigenen Interesse Deutschlands. Herzlichen Dank. Wie wahr! Auch wir als FDP haben uns Gedanken da- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ rüber gemacht, wie wir das wirklich garantieren können. DIE GRÜNEN) (Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wäre ja mal interessant zu erfahren!) Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Herr Kollege Müntefering, unser Gesetzentwurf Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Ernst Burgbacher. stammt aus der Zeit derFöderalismuskommission. Lassen Sie mich da anmerken: Ich verstehe es nach wie (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) vor nicht, dass sich dieses Hohe Haus mit dem Scheitern Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17103

Ernst Burgbacher (A) der Föderalismuskommission bisher nur zweimal be- Nach einer langen Diskussion auf der europäischen(C) schäftigt hat – auf Antrag der FDP –; dass Sie in der gan- Ebene haben wir Ende März eine Einigung über den eu- zen Zeit nie eine Debatte darüber herbeigeführt haben, ropäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt erzielt. Es dass die Föderalismuskommission nicht zu einem Ergeb- war wichtig, dass es eine Einigung auf der europäischen nis gekommen ist. Ebene gab; Frau Hendricks hat darauf hingewiesen. (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Leider wahr!) (Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Das ist eine Wir haben diesen Gesetzentwurf damals eingebracht, Aufweichung! – Ernst Burgbacher [FDP]: weil wir, wie Sie wissen, Herr Kollege Müntefering, Aufweichung!) weitergehen wollten. Wir wollen Steuerautonomie für die Länder, wir wollen Steuerwettbewerb in unseremDort sind gewisse Dinge festgehalten worden, nämlich Land, weil nach unserer festen Überzeugung eine Föde- zum Beispiel, dass die Rolle der Kommission stark ralismusreform ohne mehr Steuerautonomie und Steuer- bleibt und dass die Einhaltung der Kriterien wichtig ist. wettbewerb von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Es ist aber auch darauf hingewiesen worden, dass eini- gen Ländern – zum Beispiel auch Deutschland – wahr- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten scheinlich mehr Zeit gegeben werden muss, bis sie das der CDU/CSU) 3-Prozent-Kriterium wieder einhalten können. Diese Wir haben uns Gedanken darüber gemacht, wie wir Regelung ist ehrlich. Jeder von uns würde dieses Krite- gewährleisten können, dass die Stabilität im Landerium gerne schneller wieder einhalten können. Aber für bleibt und wir den Stabilitäts- und Wachstumspakt wei- die Bundesrepublik ist das eine sinnvolle Regelung. ter einhalten. Vor diesem Hintergrund ist unser Gesetz- Herr Fahrenschon, ich frage Sie zu Ihrer gerade ge- entwurf zu sehen: Das gelingt, indem wir Bund, Länder und Gemeinden verpflichten, die Stabilitätskriterien ein- haltenen Rede von gestern: Wie kann sie im Einklang zuhalten, und damit zur Stabilität im Land insgesamtmit dem Wort von Ihrem Parteikollegen Herrn Kampeter sorgen. Das ist ja auch die Verpflichtung des europäi-stehen, der nach der Ankündigung der Neuwahl am schen Stabilitäts- und Wachstumspaktes. 22. Mai 2005 in der „Financial Times Deutschland“ vom 7. Juni 2005 gesagt hat, eine neue Regierung – er hat da- (Beifall bei der FDP) bei wahrscheinlich an die Union gedacht – werde viel- leicht bis 2009 brauchen, bis sie die Defizitziele wieder Wir haben klare Vorstellungen, wie das geregelt werden kann. Ich kann Sie nur nocheinmal eindringlich bitten, einhalten kann? Wie kanndiese Aussage im Einklang unserem Gesetzentwurf zuzustimmen. mit Ihrer plumpen, schlichten und politisch naiven An- forderung stehen, dass wir den Stabilitätspakt nicht bre- (B) Es geht in dieser Phase nach meiner Überzeugung um chen oder aufweichen dürfen, sondern einhalten müs-(D) sehr, sehr viel: Es geht um die Verantwortung gegenüber sen? Europa, es geht um unser Versprechen an die Bürger, den Übergang von der D-Mark zu einem stabilen, langfristig (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sicheren Euro zu garantieren. Es geht um die Zukunfts- und bei der SPD) fähigkeit unseres Landes. Es geht darum, ob wir künfti- gen Generationen einen Gestaltungsspielraum geben und Das hält der Realität doch nicht stand. Sie müssen sagen, dass auch sie die Möglichkeit haben, weiterhin dann nämlich sagen, dass Deutschland in der Situation, die Politik zu beeinflussen, oder ob wir ihnen nur einen in der wie uns nach der Defizitüberschreitung befinden, riesigen Schuldenberg hinterlassen. Wer das tut, versün- einen zweistelligen Milliardenbetrag als Sanktion auf- digt sich an den künftigen Generationen. bringen muss. Ist das Ihre Forderung? Ist das die Konse- quenz für die Jahre 2005, 2006, 2007, 2008 und 2009? (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: So ist es!) Das, was Sie hier machen, kann wirklich nicht ernst Deshalb bitte ich Sie herzlich: Stimmen Sie unserem genommen werden. Ich muss sagen: Seit dem Gesetzentwurf zu! 22. Mai 2005 zeigen Teile der Union einen neuen Reali- tätssinn. Sie sagen nämlich, dass sie die Defizitziele (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) wahrscheinlich erst ab 2009 wieder einhalten können und dass sie bis 2013 Schulden machen. Das haben Sie Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: uns in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 15. Juni kund- Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Anja Hajduk. getan. Sie müssen mal ein wenig aufräumen, solche Re- den wie die von heute vermeiden und vielleicht auch ein- mal die Zeitung von vorgestern lesen. Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Wir können für uns auch nicht in Anspruch nehmen, Kollegen! Zu Beginn meines Beitrags möchte ich fest- dass wir alles so gerichtet haben, dass wir die Haushalts- halten, dass ich vor allem das, was Herr Fahrenschon für ziele jetzt einhalten können. Ich möchte jetzt aber einmal die Union gesagt hat – teilweise gilt das aber auch für etwas zu den Ursachen dafür sagen. Es ist gerade von das, was der Kollege von der FDP gesagt hat –, als Rede dem Kollegen der FDP gesagt worden – Zitat aus dem von gestern empfand. CDU/CSU-Antrag –: (Zuruf von der SPD: Vorgestern!) Die Konsolidierung der Staatsfinanzen liegt im ur- – Vielleicht auch von vorgestern. eigenen Interesse Deutschlands. 17104 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Anja Hajduk (A) Ich kann dazu nur feststellen: Die Konsolidierung liegt mer schnell bei der Hand. Die Regierung hat Ende Mai (C) tatsächlich im Interesse Deutschlands, aber anscheinend einen Entwurf vorgelegt, die Beamtenpensionen an die hat sie nicht im Interesse der Union gelegen. Entwicklung bei der Rentenversicherung anzupassen. Wissen Sie, was aus den Reihen der Union und speziell (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aus Bayern als Reaktion gekommen ist? Es hieß: Das und bei der SPD) lehnen wir ab. Das ist eine überproportionale Belastung Es gibt eine strukturell bedingte Lücke zwischen den der Beamten. Das können wir nicht verantworten. Einnahmen und den Ausgaben. Seit über zweieinhalb Beamtenpensionen sind eine klassische Ausgabe im Jahren gibt es eine Blockade von Ihnen, sodass die Ein- Haushalt. Es ist ein wichtiger Punkt, gerade Kosten für nahmesituation nicht verbessert werden kann. Sie ver- die Altersvorsorge zu begrenzen. Aber immer, wenn es hindern eine Einnahmeverbesserung für die öffentlichen konkret wird, dann werfen Sie sich in die Büsche. Sie Haushalte in Höhe von 17 Milliarden Euro. Das betrifft haben schon wieder Sorge um eine Zielgruppe für die alle Ebenen, also Bund, Länder und Gemeinden. Auf der Wahlen. Angesichts vonGenerationengerechtigkeit, Einnahmeseite verhindern Sie bisher eine Konsolidie- Nachhaltigkeit und Verantwortung für die Zukunft ist es rung in Höhe von 17 Milliarden Euro. ein trauriges Beispiel dafür, dass Sie nicht bereit sind, Sie schämen sich aber nicht, mittlerweile zu sagendie Belastungen in Form von fairen Ausgleichszahlun- – es war wiederum Herr Kampeter –, dass es, wenn Sie gen, mit denen die Rentenversicherung ins Lot gebracht regieren, notwendig ist, Steuervergünstigungen abzu-werden soll, auf die Beamten zu übertragen. bauen. Es ist wiederum klassisch: Nicht nur bei der Konsoli- Sie haben sich noch vor einigen Wochen nicht ge-dierung für die Einnahmenseite versagen Sie, sondern scheut, hier immer wieder zu sagen: Der Abbau vonauch auf der Ausgabenseite. Mit Ihnen wird es leider nie Steuervergünstigungen läuft nur auf das Prinzip linke gesunde Finanzen in Deutschland geben. Das werden Tasche, rechte Tasche hinaus. – Der Populismus in Ihren wir im Wahlkampf deutlich machen. Sie werden sich Reihen ist ungebrochen. Wir werden Sie mit diesem Po- noch wundern, was sich vom heutigen Tage an ändern pulismus im Wahlkampf konfrontieren. Die Bürgerinnen kann. und Bürger sind es satt, Versprechen zu hören, die erst dementiert, aber nachher doch umgesetzt werden. Aber (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wahrscheinlich werden Sie sich mit der FDP nicht eini- und bei der SPD) gen können. Dann geht es mit dem Haushalt völlig den Bach herunter. Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Klaus-Peter (B) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Willsch. (D) sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich möchte Ihnen Folgendes sagen: Eine ehrliche Po- Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU): litik zu den Einnahmen des Staates ist notwendig. Das Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und hat etwas mit einer ehrlichen Steuerpolitik zu tun. Ich Herren! Liebe Kollegen! Frau Hajduk, ich bin nach Ih- hoffe darauf, dass Sie sich irgendwann auch beim Sub- ren Ausführungen geneigt, Ihre Kollegin Hermenau, die ventionsabbau einmal bewegen. Das hängt auch mit ei- geschätzte frühere Haushaltsausschusskollegin, zu zitie- ner ehrlichen Konsolidierung auf der Ausgabenseite zu- ren: „Die SPD ist in Auflösung begriffen und derzeit sammen. nicht mehr fähig, zu regieren.“ – Wir können nachher (Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Aller- noch darüber reden, ob Sie das unterschreiben würden. dings!) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Diese Regierung hat in den Jahren der Stagnation auf der Ich will mit einem Zitat beginnen, das ich mir heute Ausgabenseite extrem sparsam gewirtschaftet. Morgen während der Rede des Bundeskanzlers aufge- (Jürgen Koppelin [FDP]: Na, na, na! – Ernst schrieben habe. Er hat heute Morgen erklärt: Burgbacher [FDP]: Wo denn?) Aber in der Krise zeigt sich, wer steht und wer nicht Wie Sie wissen, hat sie Ausgaben zurückgefahren. Aber steht. sie hat auf dem Arbeitsmarkt im Moment tatsächlich– Ich finde es bemerkenswert, dass dies jemand sagt, der Mehrausgaben zu verantworten, am 22. Mai dieses Jahres aufgegeben und den (Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Sie hat auf Lafontaine gemacht hat, der uns das Land vor die Füße dem Arbeitsmarkt versagt!) wirft, wie ein Kind ein Spielzeug wegwirft, dessen es überdrüssig geworden ist. Es ist allerhand, einen Satz weil wir eine schwierige Situation auf dem Arbeitsmarkt wie „In der Krise kommt es darauf an, dass man steht“ in haben; das leugnen wir nicht. so einer Stunde zu sagen. Jetzt will ich Sie noch mit einem allerletzten, sehr ak- (Beifall bei der CDU/CSU) tuellen Beispiel konfrontieren, damit Sie noch einmal in sich gehen. Sie sind immer relativ flott dabei, lauthals zu Ich will diesen Satz auf andere Bereiche übertragen. fordern, im Bundeshaushalt die konsumptiven Ausgaben Gerade in der Frage des europäischen Stabilitäts- und zurückzufahren. Mit solchen Forderungen sind Sie im- Wachstumspaktes kommt es darauf an, dass man nicht Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17105

Klaus-Peter Willsch (A) nur in guten Zeiten, sondern auch in der Krise steht. In Wohnungen der Rentenversicherung verkauft. Sie haben (C) der Krise haben Sie aber nicht gestanden. die Rücklage der Rentenversicherung geplündert. Sie haben Forderungen, die wir an Russland haben, vorzeitig (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) in den Markt gegeben, mit einem Verlust von 1,2 Mil- Das Ziel des Stabilitäts- und Wachstumspaktes waren liarden Euro, wie wir gestern in einem Bericht des Bun- ausgeglichene Haushalte. Im Pakt war eine Abwei-desrechnungshofs im Haushaltsausschuss gehört haben. chungstoleranz von 3 Prozent vorgesehen. Da nützt Das sind noch einmal 75 Milliarden Euro, die man zu auch das ganze Gerede von einer flexiblen Anwendung den eben genannten Zahlen hinzurechnen muss. Und Sie nichts; denn die 3 Prozent sind schon Ausdruck der Fle- stellen sich hierhin und reden von solider Finanzwirt- xibilität. Ein früherer Finanzminister hat das einmalschaft und Nachhaltigkeit. Das ist unerhört. – das war gut so – ganz schlicht ausgedrückt. Waigel hat (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) dazu gesagt: 3 Prozent sind 3 Prozent. Eichel redet die ganze Zeit von „close to balance“ und macht dazu alle Die Grünen reden von Nachhaltigkeit in der Finanz- möglichen Verrenkungen, um sich nicht auf diesenpolitik. Sie von der SPD hatten einmal einen Generalse- Punkt festnageln zu lassen. kretär, der die Lufthoheit über den Kinderbetten erringen wollte. Wissen Sie, was Sie hier in diesem Land ma- Wir haben am 2. Dezember 1992 gemeinsam mit der chen? Ihr Verhalten gleicht dem eines Familienvaters, SPD hier in diesem Parlament beschlossen: der die Kinderbetten zerlegt und verbrennt, um noch ein- Der Deutsche Bundestag wird sich jedem Versuch mal mit einem warmen Hintern über den Winter zu kom- widersetzen, die Stabilitätskriterien aufzuweichen, men. Es ist unerhört, wie Sie mit dem Schicksal der die in Maastricht vereinbart worden sind. künftigen Generationen umgehen. Dieses Versprechen, gegeben an die Bürger, haben Sie Sie sind – das ist eben in den Schlussworten ange- gebrochen. Wir fordern Sie auf, das rückgängig zu ma- klungen – bei einem zentralen Punkt gescheitert. Damit chen und wieder zu diesem Wort zu stehen. das Jubiläum nicht vergessen wird, will ich daran erin- nern: In genau zwei Monaten ist es drei Jahre her, dass (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Herr Hartz gemeinsam mit dem Bundeskanzler nicht Ernst Burgbacher [FDP]) weit von hier, im Französischen Dom, eine Art politi- Denjenigen, die sich schon länger mit Finanzpolitik sches Hochamt zelebrierte, in dem er vorstellte, wie man beschäftigen, ist der Juliusturm noch ein Begriff. Das ist in drei Jahren von damals 4 Millionen auf 2 Millio- der Turm der Spandauer Zitadelle, in dem früher dernen Arbeitlose kommen könnte. Das war ein festes Ver- Reichsschatz verwahrt worden ist, der überwiegendsprechen. Er hat damals gesagt: Punkt 11 Uhr fangen wir (B) durch die französischen Zahlungen nach dem Kriegan. Die Maßnahmen sind umsetzbar. – Nichts als warme (D) 1870/71 und nach der Reichsgründung gespeist worden Luft! Wir sind bei 5,4 Millionen Arbeitslosen. ist. Fritz Schäffer hat zu Beginn der Bundesrepublik (Peter Dreßen [SPD]: Auch das ist falsch! Sie Deutschland ein „Juliusturm“ genanntes Vermögen auf- haben die Unwahrheit gesagt!) gebaut, indem er weniger ausgegeben als eingenommen hat. 1957 betrug der Überschuss 8 Milliarden D-Mark. Sie haben auf dieser Baustelle vollständig versagt. Sie Wenn man die Kaufkraft hochrechnet, entspricht daskönnen es nicht. heute 38 Milliarden Euro. 38 Milliarden Euro ist genau (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) der Betrag, den Sie 2005 für Zinsen in diesem Land aus- geben werden. So wirtschaften Sie in diesem unserem Wir haben heute 5,4 Millionen Arbeitslose und verlieren Lande. Tag für Tag 1 000 sozialversicherungspflichtige Beschäf- tigungsverhältnisse. Die treiben Sie mit Ihrer schlechten (Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin: Politik aus dem Lande. Das war schon 1998 so! Da waren es 80 Milliarden D-Mark!) (Günter Gloser [SPD]: Quatsch!) – Frau Hendricks, seien Sie still! Es kommt nochRot-Grün macht arm, arbeitslos und hat das Land in den dicker. – Sie wollten 2006 die Neuverschuldung auf null finanzpolitischen Abgrund geführt. Machen Sie Platz! reduzieren. Das war das Versprechen, das Sie gaben. Vielen Dank. Jetzt sage ich Ihnen einmal die Tatsachen: Wir hatten 1998 eine Bundesschuld von 743 Milliarden Euro, (Beifall bei der CDU/CSU) Ende 2005 werden wir bei 900 Milliarden Euro liegen, und das, obwohl Sie zwischenzeitlich 51 Milliar-Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: den Euro aus der Versteigerung der UMTS-Lizenzen er- Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Ortwin Runde. löst haben. Das ist schon eine Differenz von fast 210 Milliarden Euro. Ortwin Runde (SPD): Schauen wir einmal weiter. Sie haben massiv Vermö- Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr gen abgebaut. Sie haben alles in diesem Land verkloppt, Willsch, ich weiß nicht, ob Sie schon Schwierigkeiten was nicht niet- und nagelfest war. Sie haben Aktienpa- mit dem Gedächtnis haben. Will man mit Schäffer an- kete der Post und der Telekom im Rahmen von Platzhal- fangen, dann ist es natürlich etwas schwer, zur Gegen- tergeschäften an die KfW übertragen. Sie haben diewart zu kommen. Aber Sie dürften doch so weit auf der 17106 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Ortwin Runde (A) Höhe der Zeit sein, dass man bei der Zahl der Arbeitslo- ter zurückfallen wollen, kann ich nicht ganz nachvollzie- (C) sen 4,8 Millionen und 5,4 Millionen nicht durcheinander hen. wirft. Aber die Diskussion umfasst auch sehr viele nationale (Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Aber auch Aspekte, die ich näher beleuchten möchte. In diesem Zu- das ist deutlich mehr als 2 Millionen!) sammenhang stellt sich die Frage, Herr Fahrenschon, wie Sie Ihre Aussagen und Forderungen zum Stabilitäts- Das mit dem Juliusturm von Schäffer ist ja gut. Ich und Wachstumspakt mit den Konzepten vereinbaren glaube, 1998 wäre die rot-grüne Regierung sehr zufrie- wollen, die Sie für alle möglichen Bereiche vorsehen: den gewesen, wenn die Übergabe zu den Bedingungen unter Schäffer stattgefunden hätte. Wie zum Beispiel wollen Sie die Kopfpauschale fi- nanzieren? Dafür sind 28 Milliarden Euro notwendig, (Beifall bei der SPD) die zunächst einmal zu dem bestehenden Defizit hinzu- Wenn Sie über den Schuldenstand reden, dann müssen kämen. Wie wollen Sie das finanzieren? Sie nicht nur das aufgreifen, was Frau Hendricks ausge- Oder nehmen wir das so genannte Konzept 21, Ihr führt hat, sondern dann müssen Sie auch die falsch fi- Steuerkonzept, das Merz und Faltlhauser miteinander nanzierte deutsche Einheit erwähnen, die in den Folge- vereinbart haben: Dieses Konzept führt zu einer De- jahren zu einem ständigen Schuldenaufbau geführt hat, ckungslücke von 10 Milliarden Euro. Das Ganze beruht den man kaum korrigieren konnte. ja auf dem veränderten Bierdeckel merzscher Prägung, (Beifall bei der SPD) bei dem etwa 30 Milliarden Euro gefehlt hätten. Aber wie wollen Sie allein die 10 Milliarden Euro finanzie- Herr Glos hat uns in seinem Beitrag ein Rätsel aufge- ren? geben, Herr Fahrenschon. Die nächste Frage: Was ist mit Ihrem Vorschlag einer (Günter Gloser [SPD]: Herr Glos ist ein Rät- Abschaffung der Gewerbesteuer? Das würde Einnah- sel!) meausfälle in Höhe von 23Milliarden Euro bedeuten. – Man kann auch sagen: Er ist ein Rätsel. Vielleicht kön- Wie wollen Sie die ersetzen? nen Sie mir bei der Auflösung des Rätsels helfen. Herr Sie müssen endlich Ihre Konzepte zusammenbringen. Glos hat in seinen Ausführungen von den Südländern, Wie in den vergangenen Wochen und Monaten, als Sie insbesondere den Italienern mit ihren Inflationsgelüsten, immer wieder ein Konzept neben das andere gestellt ha- gesprochen und in diesem Zusammenhang darauf hinge- ben, ohne das Ganze miteinander zu verbinden, kann es wiesen, dass die Italiener gerade die bayerische Hypo- doch nicht weitergehen. (B) Vereinsbank übernehmen. (D) (Jürgen Koppelin [FDP]: Ich dachte, Sie regie- Was lehrt uns das? Heißt das, dass die Südländer ren!) durch den europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt inzwischen ihre Inflationsgelüste und ihr nicht immer Nun gibt es erste Aussagen, wie das Ganze nach Ihrer wirtschaftliches Gehabe begraben haben, sodass sieVorstellung funktionieren könnte. Zum Beispiel ist von stark genug sind, die bayerische Hypo-Vereinsbank zu einer Mehrwertsteuererhöhung um vier Prozentpunkte übernehmen? Ist das die Konsequenz, auf die uns Herr die Rede, wie sie Herr Stratthaus, Ministerpräsident Glos hinweisen will? Oder hat das etwas mit Fremden- Müller und andere vorgeschlagen haben. Dann höre ich, feindlichkeit zu tun? Ich habe das nicht ganz verstanden. dass Sie die Pendlerpauschale abschaffen wollen. Dabei muss man wissen, für welche Belastungen bereits eine (Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Herr Kol- Senkung dieser Pauschale allein um 5 Cent pro Kilome- lege, es ist offensichtlich, dass Sie es nicht ver- ter bei den Betroffenen sorgen würde. Dann höre ich, standen haben!) dass Sie die Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonn-, Frau Hajduk hat zu Recht darauf hingewiesen, dass Feiertags- und Nachtarbeit – mit entsprechenden Aus- der Stabilitäts- und Wachstumspakt, was das Erreichen wirkungen – abschaffen wollen. Wenn man das alles zu- des Stabilitätsziels sowohl hinsichtlich der Binnenstabi- sammennimmt, stellt man fest, dass Sie deutliche Belas- lität – das kann anhand der Inflationsentwicklung be-tungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer rechnet werden – als auch der Außenstabilität – das lässt planen, um all das zu finanzieren, was Sie vorhaben. sich aus den Währungsrelationen ableiten – angeht, ein (Jürgen Koppelin [FDP]: Ich erkläre Ihnen Erfolg gewesen ist. Aber darüber, dass es in Bezug auf das, damit Sie es begreifen!) das Wachstum ein Problem gibt, ist bereits überall in Europa diskutiert worden. Das ist nicht nur eine deut- – Das können Sie gern tun. Sie müssen mir dann aber sche oder portugiesische Diskussion, sondern sie wird auch erklären, ob es nicht verabredeter Wahlbetrug ist auch in Frankreich, den Niederlanden und anderen euro- – zu diesem Schluss komme ich, wenn ich mir die Ge- päischen Staaten geführt. samtzahlen sowie Ihre Aussagen über den Stabilitäts- und Wachstumspakt und die verschiedenen anderen kon- Konsequenz war doch, dass sich alle gefragt haben: zeptionellen Bereiche vor Augen führe –, wenn Sie Ihr Hat die seinerzeit geschaffene Konstruktion das Wachs- Konzept vor der Wahl nicht offen legen und vertreten. tum vielleicht eher behindert als gefördert? Daraufhin hat man sich im März darauf geeinigt, den Stabilitäts- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ pakt konjunkturgerecht anzulegen. Dass Sie jetzt dahin- DIE GRÜNEN) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17107

Ortwin Runde (A) Ich empfehle Ihnen sehr deutlich, sich auf den Stabili- Bürgern – ich rate Ihnen, dieses in Ihren Wahlkreisen zu (C) täts- und Wachstumspakt in seiner neueren Fassung zu suchen – erkennen. Kein Mensch glaubt Ihrem Finanz- stützen, an seiner Weiterentwicklung mitzuarbeiten und minister noch ein Wort. Vom „Sparhans“ in der ersten dann die schwierige Aufgabe einer seriösen Haushalts- zum „Lügenhans“ in der zweiten Legislaturperiode! konsolidierung anzugehen. Dann kann dieses Land in der Tat auf einen besseren Weg geführt werden. Die Menschen in unserem Land stehen insbesondere zu ihrer Verantwortung für die künftigen Generationen. Schönen Dank. Gerade die älteren Menschen in unserem Land finden es nicht gut, dass für die künftigen Generationen, die jun- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ gen Menschen, die Zukunft immer dunkler wird. Leider DIE GRÜNEN) macht jeder Tag des Zauderns es künftig schwerer und schmerzhafter. Deshalb müssen wir schnell handeln. Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Das Wort hat jetzt der Abgeordnete MarcoBund und Länder – Stichwort: nationaler Stabilitäts- Wanderwitz. pakt – müssen aber mit andiesem Strang ziehen, wenn wir langfristig erfolgreich sein wollen, weil die Bundes- (Beifall bei der CDU/CSU) republik als föderaler Bundesstaat nach außen einheit- lich auftritt. Die bestehenden Mechanismen – das greift Marco Wanderwitz (CDU/CSU): die FDP dankenswerterweise auf – funktionieren dazu Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und nur unzureichend. Der Anstoß ist bedenkenswert, aller- Herren Kollegen! Wir debattieren heute neben demdings nicht neu und insbesondere eben nicht nur bei der CDU/CSU-Antrag über einen Gesetzentwurf der FDP- FDP, sondern auch bei der CDU/CSU gegeben. Fraktion. Auf diesen möchte ich meinen Schwerpunkt Auch ich glaube, dass das Grundgesetz in der Tat die legen, auch wenn beide Vorlagen zweifellos von großer beste Stelle zur Verankerung dieser Problematik ist. Wichtigkeit sind. Ein innerstaatlicher Stabilitätspakt ist Dazu brauchen wir allerdings eine handwerklich saubere in Deutschland dringend notwendig. Es darf nicht erst Regelung und vor allen Dingen die notwendige verfas- langfristig, sondern es mussmittelfristig Schluss mit sungsändernde Mehrheit. Deshalb bitte ich alle Kolle- ausufernder Schuldenmacherei sein. Ich sage an dieser ginnen und Kollegen des Hohen Hauses, dabei mitzu- Stelle als einer der jüngeren Abgeordneten im Deutschen wirken. Bundestag ganz bewusst: Es darf nicht sein, dass Sie mit Ihrer Politik die über Generationen geschaffenen Werte Die begonnene Reform des Föderalismus – die Fö- dieses Landes verfrühstücken, ohne die Frage nach dem deralismuskommission wurde bereits angesprochen – (B) Morgen zu stellen. dürfen wir jetzt nicht einfach wegwerfen, sondern wir(D) müssen an dieser Stelle weiterarbeiten. Noch ist das Ei- (Beifall bei der CDU/CSU) sen heiß. Meine Damen und Herren Kolleginnen und Die CDU/CSU steht mit dieser Einschätzung nicht al- Kollegen – ich spreche auch die Kolleginnen und Kolle- lein. Die Wissenschaft, die Deutsche Bundesbank, die gen in den Länderparlamenten an –, wir haben eine Europäische Zentralbank und viele andere mahnen uns, große Verantwortung für unser Land. Lassen Sie uns an die Mitglieder des Deutschen Bundestages, seit vielen dieser Stelle weitertun! Jahren – vor allen Dingen immer mehr Menschen in un- Konkret zum Gesetzentwurf der FDP: Die Sachver- serem Land erkennen die Situation –, dass die Blase des ständigenanhörung des Finanzausschusses am 19. Januar Wohlstands, den Sie vorgaukeln, bald platzen wird. Ich dieses Jahres hat gezeigt, dass dieser Entwurf noch will nicht schönreden, dass auch Ihre Vorgängerregie- Schwächen hat. Beispielsweise weist das Institut für rung einen Teil dazu beigetragen hat. Der Unterschied ist Weltwirtschaft der Universität Kiel in seiner Stellung- aber, dass wir unsere Hausaufgaben gemacht haben, nahme darauf hin, dass wir weitere Konkretisierungen, (Lachen bei der SPD) etwa hinsichtlich der Aufteilung des Budgetsaldos des Staates auf Bund und Länder, brauchen. während Sie uns in Ihrem siebten Regierungsjahr noch immer die gleichen Ausreden wie zu Beginn Ihrer Re- Meine Damen und Herren von Rot-Grün und von der gierungszeit vorhalten. Ich muss ganz ehrlich sagen: Das Bundesregierung, ein wirklicher Kassensturz, den Sie finde ich nur noch erbärmlich. Die Menschen im Land seit Jahren verweigern, würde uns an dieser Stelle schon sehen das ganz genauso. viel weiterhelfen. Deswegen bitte ich Sie: Tun Sie die- sem Land wenigstens den einen Dienst. Machen Sie die- (Beifall bei der CDU/CSU) sen Kassensturz, bevor Sie den Weg für eine Bundesre- Zudem kann ich mich entsinnen – auch das ist als of- gierung unter Angela Merkel freimachen! fenes Wort gedacht –, dass ja die Sozialdemokratische (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Partei Deutschlands im großen Verteilungs- und Beglü- neten der FDP) ckungsreigen der 80er- und zu Beginn der 90er-Jahre immer mitgetan hat und den Wechsel zulasten künftiger Der wissenschaftliche Beirat der Stiftung Marktwirt- Generationen mit ausgestellt hat. Die Menschen sind schaft weist neben der Einführung eines eigenen Vor- aber Ihrer tagespolitisch motivierten Flickschustereien schlages zur Änderung des Grundgesetzes in der Debatte überdrüssig. Das können Sie an den Umfragewerten und auf eine mögliche Fehlinterpretation des vorliegenden vor allen Dingen im Gespräch mit den Bürgerinnen und Gesetzentwurfes der FDP hin. Man könnte den Entwurf 17108 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Marco Wanderwitz (A) in der Tat auch so lesen, dass Bund und Länder jeweils zung der EG-Richtlinie über die Bewertung(C) drei Prozent Defizit nicht überschreiten dürfen, was in und Bekämpfung von Umgebungslärm der Summe nicht gewünschte sechs Prozent ausmachen – Drucksachen 15/3782, 15/3921, 15/4024, würde. Genau das wollen wir nicht. Derartige Unklarhei- 15/4377, 15/4412, 15/5734 – ten, so sie denn vorhanden sind, müssen wir vermeiden. Berichterstattung: Schließlich müssen wir uns vor einer Änderung des Abgeordneter Michael Müller (Düsseldorf) Grundgesetzes natürlich auch auf die Ausführungsge- setze verständigt haben. Ich bitte Sie alle: Tun wir das c) Beratung der Beschlussempfehlung des Aus- gemeinsam für die Zukunft unseres Landes! schusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Ver- mittlungsausschuss) zu dem Siebten Gesetz zur Danke schön. Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbs- beschränkungen (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der FDP) – Drucksachen 15/3640, 15/5049, 15/5430, 15/5735 –

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Berichterstattung: Ich danke auch und schließe damit die Aussprache zu Abgeordneter Ludwig Stiegler diesem Punkt. e) Beratung der Beschlussempfehlung des Aus- schusses nach Art. 77 des Grundgesetzes Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf (Vermittlungsausschuss) zu dem Gesetz zur Um- Drucksache 15/5250 an die in der Tagesordnung aufge- setzung des Urteils des Bundesverfassungsge- führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein- richts vom 3. März 2004 (akustische Wohn- verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung raumüberwachung) so beschlossen. – Drucksachen 15/4533, 15/5486, 15/5621, Wir haben jetzt einen gemeinsamen Leistungsnach- 15/5737 – weis vor uns. Wir kommen nämlich zu einem Abstim- mungsmarathon, wie ich ihn – zumindest während mei- Berichterstattung: ner Dienstzeit hier oben im Präsidium – noch nicht erlebt Abgeordneter Dr. Norbert Röttgen habe. Das werden wir zusammen bestehen. Mir wurde mitgeteilt, dass das Wort zur Berichterstat- tung und zur Erklärung nicht gewünscht wird. (B) Tagesordnungspunkt 11 b: Abstimmung über den Ge- (D) setzentwurf der Fraktion der FDP zur Änderung des Zu Zusatzpunkt 5 a liegt eine schriftliche Erklärung Grundgesetzes – Aufnahme von Stabilitätskriterien in des Abgeordneten Michael Müller vor. Diese Erklärung das Grundgesetz – auf Drucksache 15/3721. Der Rechts- nehmen wir mit Ihrer Zustimmung zur Kenntnis.1) ausschuss empfiehlt auf Drucksache 15/5703, den Ge- Wir kommen nun zur Abstimmung. Der Vermitt- setzentwurf abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die demlungsausschuss hat gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Ge- Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzei-schäftsordnung beschlossen, dass im Deutschen Bundes- chen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Ge- tag über die Änderung gemeinsam abzustimmen ist. setzentwurf ist in zweiter Beratung abgelehnt mit den Dies gilt auch für die noch folgenden Beschlussempfeh- Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen lungen. der FDP, während sich die CDU/CSU enthalten hat. Ich weise darauf hin, dass zur Annahme der Be- Damit entfällt nach unserer Geschäftsordnung die schlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zur Än- weitere Beratung. derung des nach Art. 87 Abs. 3 des Grundgesetzes mit absoluter Mehrheit angenommenen Gesetzentwurfs Ich rufe die Zusatzpunkte 5 a bis 5 c sowie Zusatz- ebenfalls die absolute Mehrheit, das sind 301 Stimmen, punkt 5 e auf: für erforderlich gehalten wird. a) Beratung der Beschlussempfehlung des Aus- Beratung der Beschlussempfehlung des Vermittlungs- schusses nach Art. 77 des Grundgesetzesausschusses zu dem Gesetz zur Neuordnung des Lebens- (Vermittlungsausschuss) zu demGesetz zur mittel- und des Futtermittelrechts, Drucksache 15/5733. Neuordnung des Lebensmittel- und des Fut- Berichterstatter im Bundestag ist der Abgeordnete termittelrechts Michael Müller, Berichterstatter im Bundesrat Minister Dr. Wolfgang Reinhart. Wer stimmt für die Beschluss- – Drucksachen 15/3657, 15/4244, 15/4632,empfehlung des Vermittlungsausschusses auf Drucksa- 15/5733 – che 15/5733? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Berichterstattung: Mehrheit der Mitglieder des Hauses, und zwar der Stim- Abgeordneter Michael Müller (Düsseldorf) men von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU/CSU, gegen die Stimmen der FDP angenommen worden. b) Beratung der Beschlussempfehlung des Aus- schusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Ver- mittlungsausschuss) zu dem Gesetz zur Umset- 1) Anlage 2 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17109

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer (A) Beratung der Beschlussempfehlung des Vermittlungs- d) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- (C) ausschusses zu dem Gesetz zur Umsetzung der EG- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ver- Richtlinie über die Bewertung und Bekämpfung von trag vom 10. November und 19. Dezember Umgebungslärm, Drucksache 15/5734. Berichterstatter 2003 zwischen der Bundesrepublik Deutsch- im Bundestag ist der Abgeordnete Michael Müller, Be- land und der Republik Österreich über die richterstatter im Bundesrat Staatsminister Erwin Huber. grenzüberschreitende Zusammenarbeit zur Wer stimmt für die Beschlussempfehlung des Vermitt- polizeilichen Gefahrenabwehr und in straf- lungsausschusses auf Drucksache 15/5734? – Stimmt je- rechtlichen Angelegenheiten mand dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Die Be- schlussempfehlung ist einstimmig angenommen worden. – Drucksache 15/5568 – Überweisungsvorschlag: Beratung der Beschlussempfehlung des Vermittlungs- Innenausschuss (f) ausschusses zu dem Siebten Gesetz zur Änderung des Rechtsausschuss Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, Drucksa- e) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- che 15/5735. Berichterstatter im Bundestag ist der Abge- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände- ordnete Ludwig Stiegler, Berichterstatter im Bundesrat rung des Düngemittelgesetzes und des Saat- Minister Harald Schliemann. Wer stimmt für die Be- gutverkehrsgesetzes schlussempfehlung des Vermittlungsausschusses auf Drucksache 15/5735? – Stimmt jemand dagegen? – Gibt – Drucksache 15/5655 – es Enthaltungen? – Auch diese Beschlussempfehlung ist Überweisungsvorschlag: einstimmig angenommen worden. Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (f) Beratung der Beschlussempfehlung des Vermittlungs- Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ausschusses zu dem Gesetz zur Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004, f) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD Drucksache 15/5737. Hierbei geht es um die akustische und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge- Wohnraumüberwachung. Berichterstatter im Bundestag brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung ist der Abgeordnete Norbert Röttgen, Berichterstatter im des Siebten Buches Sozialgesetzbuch Bundesrat Staatsminister Geert Mackenroth. Wer stimmt – Drucksache 15/5669 – für die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschus- Überweisungsvorschlag: ses auf Drucksache 15/5737? – Gegenstimmen? – Ent- Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f) haltungen? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (B) mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und (D) CDU/CSU gegen die Stimmen der FDP. Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO Ich rufe die Tagesordnungspunkte 29 a bis 29 l sowie g) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- Zusatzpunkt 6 auf: gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- kommen vom 25. August 2004 zwischen der 29 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- Bundesrepublik Deutschland und der Repu- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuor- blik Aserbaidschan zur Vermeidung der Dop- ganisation der Bundesfinanzverwaltung pelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen – Drucksache 15/5567 – Überweisungsvorschlag: – Drucksache 15/5518 – Finanzausschuss (f) Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Finanzausschuss Haushaltsausschuss h) Beratung des Antrags der Abgeordneten Renate b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- Gradistanac, Annette Faße, Bettina Hagedorn, gebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Än- weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD derung des Strafgesetzbuchs (… StrRÄndG) sowie der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlin- – Drucksache 15/5653 – burg), Irmingard Schewe-Gerigk, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion Überweisungsvorschlag: des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Rechtsausschuss (f) Innenausschuss Familienurlaub in Deutschland zukunftsfähig c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- gestalten gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die – Drucksache 15/5685 – Conterganstiftung für behinderte Menschen (Conterganstiftungsgesetz – ContStifG) Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Tourismus (f) – Drucksache 15/5654 – Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Bildung, Forschung und Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f) Technikfolgenabschätzung Rechtsausschuss Ausschuss für Kultur und Medien Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung Haushaltsausschuss 17110 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer (A) i) Beratung des Antrags der Abgeordneten Renate Umwandlungskonzept für Truppenübungs-(C) Blank, Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, platz Münsingen erarbeiten und umsetzen weiterer Abgeordneter und der Fraktion der – Drucksache 15/5275 – CDU/CSU Überweisungsvorschlag: Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Binnen- Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f) schifffahrt durch konsequente Ausschöpfung Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und aller EU-kompatiblen Beihilfemaßnahmen Landwirtschaft stärken Verteidigungsausschuss – Drucksache 15/4386 – Es handelt sich um Überweisungen im vereinfachten Überweisungsvorschlag: Verfahren ohne Debatte. Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f) Finanzausschuss Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union überweisen. Die Vorlage auf Drucksache 15/5669 – Ta- Haushaltsausschuss gesordnungspunkt 29 f – soll jedoch nicht an den Haus- haltsausschuss überwiesen werden. Sind Sie damit ein- j) Beratung des Antrags der Abgeordneten Renate verstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die Blank, Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, Überweisungen so beschlossen. weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU Ich rufe die Tagesordnungspunkte 30 a bis 30 x sowie Zusatzpunkt 7 a bis 7 i auf. Es handelt sich um die Be- Das Verkehrssystem Wasserstraße in Deutsch- schlussfassung zu Vorlagen, zu denen keine Aussprache land nachhaltig stärken – Handlungskonzept vorgesehen ist. für zukunftsfähige Binnenschifffahrt rasch umsetzen Tagesordnungspunkt 30 a: – Drucksache 15/5022 – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs einesErsten Überweisungsvorschlag: Gesetzes zur Änderung des Binnenschiff- Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f) Finanzausschuss fahrtsaufgabengesetzes Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit – Drucksache 15/5557 – Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung Ausschuss für Bildung, Forschung und (Erste Beratung 178. Sitzung) (B) Technikfolgenabschätzung (D) Haushaltsausschuss Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- ses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen k) Beratung des Antrags der Abgeordneten Klaus (14. Ausschuss) Hofbauer, Maria Eichhorn, Eduard Oswald, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ – Drucksache 15/5683 – CSU Berichterstattung: Europäische Metropolen München und Prag Abgeordnete Renate Blank auf dem Schienenweg attraktiv verbinden Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswe- – Drucksache 15/5107 – sen empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druck- sache 15/5683, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f) bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wol- Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union len, um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Haushaltsausschuss Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Bera- tung mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen. l) Beratung des Antrags der Abgeordneten Horst Friedrich (Bayreuth), Joachim Günther (Plauen), Dritte Beratung Eberhard Otto (Godern), weiterer Abgeordneter und Schlussabstimmung. Sie dürfen sich erheben, wenn und der Fraktion der FDP Sie dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. – Stimmt je- Keine Rezentralisierung der Deutschenmand dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Der Gesetz- Bahn – Kurs der Bahnreform beibehalten entwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenom- men worden. – Drucksache 15/5124 – Tagesordnungspunkt 30 b: Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre- Ausschuss für Tourismus gierung eingebrachten Entwurfs einesGesetzes Haushaltsausschuss zur Änderung des Gemeindefinanzreformge- ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Birgit setzes und anderer Gesetze Homburger, Angelika Brunkhorst, Michael – Drucksache 15/5565 – Kauch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP (Erste Beratung 178. Sitzung) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17111

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer (A) Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus- Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- (C) schusses (7. Ausschuss) ses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (14. Ausschuss) – Drucksache 15/5704 – – Drucksache 15/5708 – Berichterstattung: Abgeordnete Horst Schild Berichterstattung: Heinz Seiffert Abgeordneter Der Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschluss- Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswe- empfehlung auf Drucksache 15/5704, den Gesetzent-sen empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf wurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitteDrucksache 15/5708, den Gesetzentwurf in der Aus- diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfas- schussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die sung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gegen- dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen stimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – zweiter Beratung angenommen mit den Stimmen vonGibt es Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der CDU/CSU beizweiter Beratung einstimmig angenommen worden. Enthaltung der FDP; es gab keine Gegenstimmen. Dritte Beratung Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Bitte erheben Sie sich wie- und Schlussabstimmung. Sie dürfen sich wieder erhe- derum, wenn Sie zustimmen wollen. Wer stimmt ben, wenn Sie dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. – dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf Stimmt jemand dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetz- ist einstimmig angenommen worden. entwurf ist mit dem eben festgestellten Stimmverhältnis, Tagesordnungspunkt 30 e: also mit großer Mehrheit, angenommen worden. Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre- Tagesordnungspunkt 30 c: gierung eingebrachten Entwurfs einesGesetzes Zweite Beratung und Schlussabstimmung des zur Unternehmensintegrität und Modernisie- von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs rung des Anfechtungsrechts (UMAG) eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 31. Juli – Drucksache 15/5092 – 2002 zwischen der Regierung der Bundesrepu- blik Deutschland und dem Obersten Rat der (Erste Beratung 167. Sitzung) Europäischen Schulen über die Europäische Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus- (B) Schule in Frankfurt am Main schusses (6. Ausschuss) (D) – Drucksache 15/5517 – – Drucksache 15/5693 – (Erste Beratung 178. Sitzung) Berichterstattung: Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- Abgeordnete Olaf Scholz ses für Kultur und Medien (21. Ausschuss) Jerzy Montag – Drucksache 15/5699 – Rainer Funke Berichterstattung: Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschluss- Abgeordnete Monika Griefahn empfehlung auf Drucksache 15/5693, den Gesetzent- wurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte Grietje Bettin diejenigen, die dem zustimmen wollen, um das Handzei- Hans-Joachim Otto (Frankfurt) chen. – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Zweite Beratung Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung einstimmig angenommen worden. und Schlussabstimmung: Der Ausschuss für Kultur und Medien empfiehlt auf Drucksache 15/5699, den Gesetz- Dritte Beratung entwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Ge- und Schlussabstimmung. Ich bitte Sie herzlich, sich zu setzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. erheben, – wenn Sie zustimmen wollen. – Gibt es Gegen- Stimmt jemand dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Das stimmen oder Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Der ist nicht der Fall. Der Gesetzentwurf ist damit einstim- Gesetzentwurf ist damit in dritter Lesung einstimmig an- mig angenommen worden. genommen worden. Tagesordnungspunkt 30 d: Tagesordnungspunkt 30 f: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre- Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs einesErsten gierung eingebrachten Entwurfs einesGesetzes Gesetzes zur Änderung des Allgemeinen zur Einführung von Kapitalanleger-Muster- Eisenbahngesetzes verfahren – Drucksache 15/5408 – – Drucksache 15/5091 – (Erste Beratung 175. Sitzung) (Erste Beratung 167. Sitzung) 17112 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer (A) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus- men. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der (C) schusses (6. Ausschuss) Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzei- chen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetz- – Drucksache 15/5695 – entwurf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen von Berichterstattung: SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU/CSU ohne Ge- Abgeordnete Olaf Scholz genstimmen und bei Enthaltung der FDP-Fraktion ange- Friedrich Merz nommen worden. Jerzy Montag Dritte Beratung Rainer Funke und Schlussabstimmung. Bitte erheben Sie sich, wenn Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschluss- Sie zustimmen wollen. – Wer stimmt dagegen? – Enthal- empfehlung auf Drucksache 15/5695, den Gesetzent- tungen? – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung wurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte mit dem eben festgestellten Stimmenverhältnis ange- diejenigen, die dem Gesetzentwurf in dieser Ausschuss- nommen worden. fassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Ge- genstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist Der Ausschuss für Gesundheit und Soziale Siche- damit in zweiter Beratung ebenfalls einstimmig ange- rung empfiehlt unter Nr. 2 seiner Beschlussempfeh- nommen worden. lung, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Dritte Beratung Drucksache 15/5656 für erledigt zu erklären. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gibt es Ge- und Schlussabstimmung. Bitte erheben Sie sich, wenn genstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh- Sie zustimmen wollen. – Stimmt jemand dagegen? –lung ist damit einstimmig angenommen worden. Gibt es Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen worden. Unter Nr. 3 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Geset- Tagesordnungspunkt 30 g: zes zur Änderung des Gesetzes über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens. Ich bitte diejenigen, die – Zweite und dritte Beratung des von den Frak- dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzei- tionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE chen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetz- GRÜNEN eingebrachten Entwurfs einesVier- entwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen zehnten Gesetzes zur Änderung des Arznei- von SPD und Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung mittelgesetzes von CDU/CSU und FDP abgelehnt. Damit entfällt nach (B) – Drucksache 15/5316 – unserer Geschäftsordnung die weitere Beratung. (D) (Erste Beratung 172. Sitzung) Unter Nr. 4 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa- che 15/5728 empfiehlt der Ausschuss, eine Entschlie- – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre- ßung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussemp- gierung eingebrachten Entwurfs eines Vierzehn- fehlung? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – ten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittel- Die Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen. gesetzes Unter Nr. 5 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa- – Drucksache 15/5656 – che 15/5728 empfiehlt der Ausschuss, eine weitere Ent- (Erste Beratung 180. Sitzung) schließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Be- schlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – – Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än- Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen derung des Gesetzes über die Werbung aufdie Stimmen von CDU/CSU und FDP angenommen. dem Gebiete des Heilwesens Tagesordnungspunkt 30 h: – Drucksache 15/4117 – – Zweite und dritte Beratung des von den Frak- (Erste Beratung 157. Sitzung) tionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- GRÜNEN eingebrachten Entwurfs einesGe- ses für Gesundheit und Soziale Sicherung setzes zur Änderung des Abfallverbrin- (13. Ausschuss) gungsgesetzes sowie zur Auflösung und Abwicklung der Anstalt Solidarfonds Ab- – Drucksache 15/5728 – fallrückführung Berichterstattung: – Drucksache 15/5243 – Abgeordnete Annette Widmann-Mauz (Erste Beratung 169. Sitzung) Der Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung auf – Zweite und dritte Beratung des von der Bun- Drucksache 15/5728, den Gesetzentwurf der Fraktionen desregierung eingebrachten Entwurfs eines Ge- der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen auf setzes zur Änderung des Abfallverbrin- Drucksache 15/5316 in der Ausschussfassung anzuneh- gungsgesetzes sowie zur Auflösung und Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17113

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer (A) Abwicklung der Anstalt Solidarfondsschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die(C) Abfallrückführung dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Stimmt jemand dage- – Drucksache 15/5523 – gen? – Gibt es Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist (Erste Beratung 178. Sitzung) damit in zweiter Beratung einstimmig angenommen. Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- Dritte Beratung schusses für Umwelt, Naturschutz und Reak- und Schlussabstimmung. Bitte erheben Sie sich, wenn torsicherheit (15. Ausschuss) Sie dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. – Stimmt je- – Drucksache 15/5726 – mand dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Der Gesetz- entwurf ist damit in dritter Lesung angenommen. Berichterstattung: Abgeordnete Gerd Friedrich Bollmann Tagesordnungspunkt 30 j: Werner Wittlich Dr. Antje Vogel-Sperl Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre- Birgit Homburger gierung eingebrachten Entwurfs einesGesetzes über das Zweckvermögen des Bundes bei der Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor- Landwirtschaftlichen Rentenbank und zur sicherheit empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Änderung des Gesetzes über die Landwirt- Drucksache 15/5726, die genannten Gesetzentwürfe zu- schaftliche Rentenbank sammenzuführen und als Gesetz zur Änderung des Ab- fallverbringungsgesetzes sowie zur Auflösung und Ab- – Drucksache 15/5566 – wicklung der Anstalt Solidarfonds Abfallrückführung (Erste Beratung 178. Sitzung) anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzent- wurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltun- ses für Verbraucherschutz, Ernährung und Land- gen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung wirtschaft (10. Ausschuss) mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP angenom- – Drucksache 15/5681 – men. Berichterstattung: Dritte Beratung Abgeordnete Gabriele Hiller-Ohm Peter Bleser (B) und Schlussabstimmung. Ich bitte Sie, sich zu erheben, (D) wenn Sie dem Gesetzentwurf mit dem schönen und Hans-Michael Goldmann komplizierten Namen zustimmen wollen. – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf Der Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und ist damit auch in dritter Lesung mit den Stimmen vonLandwirtschaft empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmenlung auf Drucksache 15/5681, den Gesetzentwurf anzu- von CDU/CSU und FDP angenommen. nehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gegenstim- Tagesordnungspunkt 30 i: men? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zwei- Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre- ter Beratung mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/ gierung eingebrachten Entwurfs einesGesetzes Die Grünen angenommen. FDP und CDU/CSU haben zur Kontrolle hochradioaktiver Strahlenquel- sich enthalten. Es gab keine Gegenstimmen. len Dritte Beratung – Drucksache 15/5284 – und Schlussabstimmung. Ich bitte Sie, sich zu erheben, (Erste Beratung 172. Sitzung) wenn Sie zustimmen wollen. – Gegenstimmen? – Ent- haltungen? – Mit dem eben festgestellten Stimmverhält- Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- nis ist der Gesetzentwurf angenommen. ses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher- heit (15. Ausschuss) Tagesordnungspunkt 30 k: – Drucksache 15/5719 – Zweite und dritte Beratung des von den Frak- tionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNIS- Berichterstattung: SES 90/DIE GRÜNEN und der FDP eingebrach- Abgeordnete Martina Eickhoff ten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Dr. NS-Verfolgtenentschädigungsgesetzes (Zweites Dr. Antje Vogel-Sperl Entschädigungsrechtsergänzungsgesetz – Birgit Homburger 2. EntschRErgG) Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor- – Drucksache 15/5576 – sicherheit empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/5719, den Gesetzentwurf in der Aus- (Erste Beratung 178. Sitzung) 17114 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer (A) aa) Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- Tagesordnungspunkt 30 m: (C) nanzausschusses (7. Ausschuss) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio- – Drucksache 15/5684 – nen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs einesGeset- Berichterstattung: zes zur Reorganisation der Bundesanstalt für Abgeordnete Stephan Hilsberg Post und Telekommunikation Deutsche Bun- Manfred Kolbe despost und zur Änderung anderer Gesetze bb)Bericht des Haushaltsausschusses (8. Aus- – Drucksache 15/5573 – schuss) gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Erste Beratung 178. Sitzung) – Drucksache 15/5725 – Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- Berichterstattung: ausschusses (8. Ausschuss) Abgeordnete Steffen Kampeter Walter Schöler – Drucksache 15/5727 – Anja Hajduk Berichterstattung: Otto Fricke Abgeordnete Steffen Kampeter Walter Schöler Der Finanzausschuss empfiehlt auf Drucksache 15/5684, Anja Hajduk den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die Otto Fricke dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzei- chen. – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Der Haushaltsausschuss empfiehlt in seiner Be- Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung einstimmig schlussempfehlung auf Drucksache 15/5727, den Ge- angenommen. setzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Aus- Dritte Beratung schussfassung zustimmen wollen, um das Handzei- chen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetz- und Schlussabstimmung. Bitte erheben Sie sich, wenn entwurf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen von Sie dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. – Stimmt je- SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU/CSU gegen die mand dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Der Gesetz- Stimmen der FDP angenommen. Es gab keine Enthal- entwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen. tungen. (B) (D) Tagesordnungspunkt 30 l: Dritte Beratung Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat und Schlussabstimmung. Bitte erheben Sie sich, wenn eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än- Sie dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. – Gibt es Ge- derung des Reichsvermögen-Gesetzes genstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit mit dem eben festgestellten Stimmverhältnis auch – Drucksache 15/2135 – in der dritten Lesung angenommen. (Erste Beratung 97. Sitzung) Tagesordnungspunkt 30 n: Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- ausschusses (8. Ausschuss) richts des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (14. Ausschuss) – Drucksache 15/5537 – – zu dem Antrag der Abgeordneten Karin Berichterstattung: Rehbock-Zureich, Reinhard Weis (Stendal), Abgeordnete Jochen-Konrad Fromme Sören Bartol, weiterer Abgeordneter und der (Hildesheim) Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Anja Hajduk Winfried Hermann, Kerstin Andreae, Volker Otto Fricke Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Der Haushaltsausschuss empfiehlt auf Drucksache 15/5537, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich bitte dieje- Entlastung des süddeutschen Raumes vom nigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um Fluglärm des Flughafens Zürich durchset- das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – zen Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU/ – zu dem Antrag der Abgeordneten Thomas CSU abgelehnt worden, während die FDP ihm zuge- Dörflinger, Siegfried Kauder (Bad Dürrheim), stimmt hat.1) Damit entfällt nach unserer Geschäftsord- Hans-Peter Repnik, weiterer Abgeordneter und nung die weitere Beratung. der Fraktion der CDU/CSU Rechtsverordnung nach der Luftverkehrs- 1) Anlage 5 ordnung umgehend erlassen – Rücküber- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17115

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer (A) tragung der Flugsicherung über süddeut- (Quedlinburg), Ursula Sowa, Volker Beck (Köln), (C) schem Gebiet weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – zu dem Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Ernst Burgbacher, Horst Friedrich Die vielfältigen Potenziale des Wirtschaftsfak- (Bayreuth), weiterer Abgeordneter und der tors Kulturtourismus weiter erschließen Fraktion der FDP – Drucksachen 15/5120, 15/5667 – Lärmschutz durch Rechtsverordnung über süddeutschem Raum sichern – Flugsicher- Berichterstattung: heit gewährleisten Abgeordnete Edeltraut Töpfer – Drucksachen 15/744, 15/651, 15/755, 15/1028 – Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksa- che 15/5120 anzunehmen. Wer stimmt für diese Be- Berichterstattung: schlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun- Abgeordnete Karin Rehbock-Zureich gen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen Thomas Dörflinger von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stim- Albert Schmidt (Ingolstadt) men von CDU/CSU und FDP angenommen. Horst Friedrich (Bayreuth) Tagesordnungspunkt 30 p: Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Be- schlussempfehlung auf Drucksache 15/1028 die An- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- nahme des Antrags der Fraktionen von SPD und richts des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 15/744 mit dem Wohnungswesen (14. Ausschuss) zu dem Antrag Titel „Entlastung des süddeutschen Raumes vom Flug- der Abgeordneten Sören Bartol, Sabine Bätzing, lärm des Flughafens Zürich durchsetzen“. Wer stimmt , weiterer Abgeordneter und der für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dage- Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten gen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist Franziska Eichstädt-Bohlig, Volker Beck (Köln), mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen Peter Hettlich, weiterer Abgeordneter und der gegen die Stimmen von CDU/CSU und bei Enthaltung Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN der FDP angenommen. Das Programm „Soziale Stadt“ weiterent- Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt wickeln und ausweiten (B) der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion (D) der CDU/CSU auf Drucksache 15/651 mit dem Titel – Drucksachen 15/4660, 15/5712 – „Rechtsverordnung nach der Luftverkehrsordnung um- Berichterstattung: gehend erlassen – Rückübertragung der Flugsicherung Abgeordneter Peter Götz über süddeutschem Gebiet“. Wer stimmt für diese Be- schlussempfehlung des Ausschusses? – Wer stimmt da- Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache gegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist 15/4660 anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschluss- mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen empfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die gegen die Stimmen von CDU/CSU angenommen. Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD, FDP hat sich enthalten. Bündnis 90/Die Grünen und CDU/CSU angenommen; keine Gegenstimmen. Die FDP hat sich enthalten. Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 3 sei- ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/1028 die Tagesordnungspunkt 30 q: Ablehnung des Antrags der Fraktion der FDP auf Druck- sache 15/755 mit dem Titel „Lärmschutz durch Rechts- Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD verordnung über süddeutschem Raum sichern – Flug- und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sicherheit gewährleisten“. Wer stimmt für diese Abrüstungsbefugnisse der Vereinten Nationen Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun- stärken – UNMOVIC-Kompetenzen erhalten gen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/DieGrünen gegen die Stim- – Drucksache 15/5589 – men der FDP bei Enthaltung der CDU/CSU angenom- men. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dage- gen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen Tagesordnungspunkt 30 o: von SPD und Bündnis 90/Die Grünen angenommen; keine Gegenstimmen, Enthaltung von CDU/CSU und Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- FDP. richts des Ausschusses für Tourismus (19. Aus- schuss) zu dem Antrag der AbgeordnetenTagesordnungspunkt 30 r: Engelbert Wistuba, Horst Kubatschka, Annette Faße, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- SPD sowie der Abgeordneten Undine Kurth richts des Ausschusses für Verkehr, Bau- und 17116 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer (A) Wohnungswesen (14. Ausschuss) zu der Unter- Tagesordnungspunkt 30 u: (C) richtung durch die Bundesregierung Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Städtebaulicher Bericht der Bundesregierung richts des Ausschusses für Gesundheit und So- 2004 Nachhaltige Stadtentwicklung – ein Ge- ziale Sicherung (13. Ausschuss) meinschaftswerk – zu dem Antrag der Abgeordneten Silvia – Drucksachen 15/4610, 15/4903 Nr. 2, 15/5710 – Schmidt (Eisleben), Angelika Krüger-Leißner, Gudrun Schaich-Walch, weiterer Abgeordne- Berichterstattung: ter und der Fraktion der SPD sowie der Abge- Abgeordneter Peter Götz ordneten Ursula Sowa, Volker Beck (Köln), Der Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis der Unterrich- Birgitt Bender, weiterer Abgeordneter und der tung auf Drucksache 15/4610 eine Entschließung anzu- Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN nehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Stärkung der Künstlersozialversicherung Gegenstimmen? – Gibt esEnthaltungen? – Die Be- schlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD und – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Heinrich Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/ L. Kolb, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Ernst CSU und FDP angenommen; keine Enthaltung. Burgbacher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Tagesordnungspunkt 30 s: Finanzierung der Künstlersozialversiche- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- rung sichern richts des Ausschusses für Verkehr, Bau- und – Drucksachen 15/5119, 15/5476, 15/5713 – Wohnungswesen (14. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Sören Bartol, Ludwig Stiegler, Berichterstattung: Uwe Beckmeyer, weiterer Abgeordneter und der Abgeordneter Matthias Sehling Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Albert Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Be- Schmidt (Ingolstadt), Volker Beck (Köln), schlussempfehlung die Annahme des Antrags der Frak- Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der tionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen auf Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Drucksache 15/5119 mit dem Titel „Stärkung der Künst- Car-Sharing als innovative Verkehrsdienstleis- lersozialversicherung“. Wer stimmt für diese Beschluss- tung im Umweltverbund fördern empfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD und (B) (D) – Drucksachen 15/5586, 15/5707 – Bündnis 90/Die Grünen angenommen; keine Gegenstim- Berichterstattung: men, aber Enthaltung von CDU/CSU und FDP. Abgeordneter Klaus Hofbauer Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion 15/5586 anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschluss- der FDP auf Drucksache 15/5476 mit dem Titel „Finan- empfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Be- zierung der Künstlersozialversicherung sichern“. Wer schlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD und stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstim- Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der CDU/ men? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist CSU angenommen; die FDP hat sich enthalten. mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen ge- gen die Stimmen der FDP bei Enthaltung der CDU/CSU Tagesordnungspunkt 30 t: angenommen. Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Tagesordnungspunkt 30 v: richts des Finanzausschusses (7. Ausschuss) zu Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- dem Antrag der Fraktionen der SPD und des richts des Ausschusses für Familie, Senioren, BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Frauen und Jugend (12. Ausschuss) zu dem Steuervereinfachung im Vollzug – Vorteil für Antrag der Fraktionen der SPD, des BÜNDNIS- Bürger, Betriebe und Verwaltung SES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Drucksachen 15/5466, 15/5692 – Deutsch-Russischen Jugendaustausch auswei- ten und stärken Berichterstattung: Abgeordnete Gabriele Frechen – Drucksachen 15/4530, 15/5715 – Peter Rzepka Berichterstattung: Abgeordnete Jürgen Wieczorek (Böhlen) Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/5466 anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschluss- Jutta Dümpe-Krüger empfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Klaus Haupt Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/ Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Druck- CSU und FDP angenommen; keine Enthaltung. sache 15/4530 in der Ausschussfassung anzunehmen. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17117

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer (A) Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegen- Sammelübersicht 211 auf Drucksache 15/5594: Wer (C) stimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – ist einstimmig angenommen. Sammelübersicht 211 ist einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 30 w – gut, dass das Alphabet so Sammelübersicht 212 auf Drucksache 15/5595: Wer viele Buchstaben hat –: stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Auch Sammelübersicht 212 ist einstimmig angenom- richts des Auswärtigen Ausschusses (3. Aus-men. schuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Gert Sammelübersicht 213 auf Drucksache 15/5596: Wer Weisskirchen (Wiesloch), Gernot Erler, Kerstin stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Griese, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Sammelübersicht 213 ist mit den Stimmen von SPD und der SPD sowie der Abgeordneten Dr. LudgerBündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/ Volmer, Claudia Roth (Augsburg), Marianne CSU und FDP angenommen. Es gab keine Enthaltungen. Tritz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Sammelübersicht 214 auf Drucksache 15/5597: Wer Der Nahe und Mittlere Osten als Nachbar und stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Partner der EU Sammelübersicht 214 ist mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU/CSU gegen die Stim- – Drucksachen 15/3206, 15/5697 – men der FDP angenommen. Berichterstattung: Sammelübersicht 215 auf Drucksache 15/5598: Wer Abgeordnete Gert Weisskirchen (Wiesloch) stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Joachim Hörster Sammelübersicht 215 ist mit den Stimmen von SPD, Marianne Tritz Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen Dr. Rainer Stinner der CDU/CSU angenommen. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Druck- Zusatzpunkt 7 a: sache 15/3206 anzunehmen. Wer stimmt für diese Be- schlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN SPD, Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP angenommen. Es gab keine Enthal- Luftreinhaltungsgesetze vollziehen – Risiken tungen. durch Feinstaub senken (B) Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen des Pe- – Drucksache 15/5687 – (D) titionsausschusses. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dage- Tagesordnungspunkt 30 x: gen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stim- – Beratung der Beschlussempfehlung des Peti- men von CDU/CSU und FDP angenommen. tionsausschusses (2. Ausschuss) Zusatzpunkt 7 b: Sammelübersicht 211 zu Petitionen Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD, – Drucksache 15/5594 – der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE – Beratung der Beschlussempfehlung des Peti- GRÜNEN und der FDP tionsausschusses (2. Ausschuss) Erinnerung und Gedenken an die Vertreibun- Sammelübersicht 212 zu Petitionen gen und Massaker an den Armeniern 1915 – – Drucksache 15/5595 – Deutschland muss zur Versöhnung zwischen Türken und Armeniern beitragen – Beratung der Beschlussempfehlung des Peti- tionsausschusses (2. Ausschuss) – Drucksache 15/5689 – Sammelübersicht 213 zu Petitionen Wer stimmt für diesen Antrag? – Stimmt jemand da- gegen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stim- – Drucksache 15/5596 – men des ganzen Hauses angenommen. – Beratung der Beschlussempfehlung des Peti- Zusatzpunkt 7 c: tionsausschusses (2. Ausschuss) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD Sammelübersicht 214 zu Petitionen und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 15/5597 – Für eine parlamentarische Mitwirkung im – Beratung der Beschlussempfehlung des Peti- System der Vereinten Nationen tionsausschusses (2. Ausschuss) – Drucksache 15/5690 – Sammelübersicht 215 zu Petitionen Wer stimmt für diesen Antrag? – Gegenstimmen? – – Drucksache 15/5598 – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen von 17118 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer (A) SPD und Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung von Zusatzpunkt 7 f: (C) CDU/CSU und FDP angenommen; keine Gegenstim- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- men. richts des Ausschusses für Tourismus (19. Aus- Zusatzpunkt 7 d: schuss) – zu dem Antrag der Abgeordneten Annette Beratung des Antrags der Abgeordneten Sabine Faße, Renate Gradistanac, Bettina Hagedorn, Bätzing, Ute Berg, Renate Gradistanac, weiterer weiterer Abgeordneter und der Fraktion der Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie SPD sowie der Abgeordneten Undine Kurth der Abgeordneten Jutta Dümpe-Krüger, Volker (Quedlinburg), Werner Schulz (Berlin), Volker Beck (Köln), Ekin Deligöz, weiterer Abgeordne- Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der ter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN GRÜNEN Öffnungszeiten der Außengastronomie wäh- Schwule und lesbische Jugendliche – Mitten- rend der Fußballweltmeisterschaft 2006 fle- drin statt außen vor xibel handhaben – Drucksache 15/5691 – – zu dem Antrag der Abgeordneten Jürgen Klimke, Klaus Brähmig, Ernst Hinsken, weite- Es ist vereinbart, dass über die Ziffern I und II dieses rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ Antrags getrennt abgestimmt wird. CSU Wir stimmen über Ziffer I des Antrags auf Drucksa- Deutschland für die Fußballweltmeister- che 15/5691 ab. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dage- schaft 2006 fit machen – Längere Öffnungs- gen? – Enthaltungen? – Ziffer I des Antrags ist mit den zeiten der Außengastronomie ermöglichen Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen – zu dem Antrag der Abgeordneten Ernst die Stimmen von CDU/CSU und FDP angenommen; Burgbacher, Gudrun Kopp, Detlef Parr, weite- keine Enthaltungen. rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Wer stimmt für Ziffer II des Antrags auf Drucksache Sperrzeiten für Außengastronomie zur Fuß- 15/5691? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – ballweltmeisterschaft 2006 verbraucher- Ziffer II des Antrags ist mit den Stimmen von SPD, freundlicher gestalten – Freigabe der Laden- Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen der öffnungszeiten ermöglichen (B) CDU/CSU angenommen. (D) – Drucksachen 15/5585, 15/5452, 15/5581, Damit ist der Antrag insgesamt angenommen. 15/5716 – Zusatzpunkt 7 e: Berichterstattung: Abgeordnete Brunhilde Irber Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Jürgen Klimke richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz Ernst Burgbacher und Reaktorsicherheit (15. Ausschuss) zu dem Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Be- Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Paziorek,schlussempfehlung die Annahme des Antrags der Frak- Dr. Maria Flachsbarth, Dr. Klaus W. Lippold (Of- tionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen auf Druck- fenbach), weiterer Abgeordneter und der Fraktion sache 15/5585 mit dem Titel „Öffnungszeiten der der CDU/CSU Außengastronomie während der Fußballweltmeister- schaft 2006 flexibel handhaben“. Wer stimmt für diese Langfristiges Gesamtkonzept zur Reduzie- Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun- rung der Schadstoffbelastung in der Luft not- gen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen wendig von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stim- – Drucksachen 15/5330, 15/5721 – men von CDU/CSU und FDP angenommen. Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung Berichterstattung: des Antrags der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache Abgeordnete Astrid Klug 15/5452 mit dem Titel „Deutschland für die Fußball- Dr. Maria Flachsbarth weltmeisterschaft 2006 fit machen – Längere Öffnungs- Winfried Hermann zeiten der Außengastronomie ermöglichen“. Wer stimmt Birgit Homburger für diese Beschlussempfehlung des Ausschusses? – Ge- Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache genstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh- lung ist mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die 15/5330 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschluss- Grünen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP an- empfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die genommen. Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der CDU/ Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 3 sei- CSU angenommen. Die FDP hat sich enthalten. ner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17119

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer (A) der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/5581 mit dem Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache (C) Titel „Sperrzeiten für Außengastronomie zur Fußball- 15/3327 anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschluss- weltmeisterschaft 2006 verbraucherfreundlicher gestal- empfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – ten – Freigabe der Ladenöffnungszeiten ermöglichen“. Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Werund Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp- CDU/CSU bei Enthaltung der FDP angenommen. fehlung ist mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/ Zusatzpunkt 7 i: Die Grünen gegen die Stimmen der FDP angenommen, während sich die CDU/CSU enthalten hat. Beratung der Beschlussempfehlung des Rechts- ausschusses (6. Ausschuss) Zusatzpunkt 7 g: Übersicht 11 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- über die dem Deutschen Bundestag zugeleite- richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu- ten Streitsachen vor dem Bundesverfassungs- sammenarbeit und Entwicklung (18. Ausschuss) gericht zu dem Antrag der Abgeordneten Dagmar Schmidt (Meschede), Karin Kortmann, Sabine – Drucksache 15/5696 – Bätzing, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gibt es der SPD sowie der Abgeordneten Thilo Hoppe, Gegenstimmen oder Enthaltungen? – Die Beschluss- Volker Beck (Köln), Irmingard Schewe-Gerigk, empfehlung ist einstimmig angenommen. weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Wir kommen nun zu einer weiteren Beschlussemp- fehlung des Vermittlungsausschusses, die mir gerade zu- Geschlechtergerechtigkeit bleibt zentrale Vor- gereicht worden ist. Ich rufe den Zusatzpunkt 5 d auf: aussetzung für Entwicklung – Zehn Jahre Beratung der Beschlussempfehlung des Aus- nach der UN-Weltfrauenkonferenz in Peking schusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Ver- – Drucksachen 15/5031, 15/5643 – mittlungsausschuss) zu dem Zweiten Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts Berichterstattung: – Drucksachen 15/3917, 15/4068, 15/5268, Abgeordnete Dagmar Schmidt (Meschede) 15/5429, 15/5736 (neu) – Dr. Conny Mayer (Freiburg) Thilo Hoppe Berichterstattung: (B) Markus Löning Abgeordneter Ludwig Stiegler (D) Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache Gibt es hierzu Erklärungen? – Das ist der Fall. Dann 15/5031 anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschluss- nehmen wir eine Erklärung nach § 30 der Geschäftsord- empfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – nung des Abgeordneten Stiegler und eine Erklärung nach § 31 der Geschäftsordnung der Kollegin Uli Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD 1) und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Höfken zu Protokoll. Sind Sie damit einverstanden? – CDU/CSU bei Enthaltung der FDP angenommen. Das ist der Fall. Der Vermittlungsausschuss hat gemäß § 10 Abs. 3 Zusatzpunkt 7 h: Satz 1 seiner Geschäftsordnung beschlossen, dass im Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Deutschen Bundestag über die Änderungen gemeinsam richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu-abzustimmen ist. Wir stimmen also über die Beschluss- empfehlung des Vermittlungsausschusses auf Druck- sammenarbeit und Entwicklung (18. Ausschuss) sache 15/5736 (neu) ab. Wer stimmt dafür? – Stimmt je- zu dem Antrag der Abgeordneten Dagmar mand dagegen oder gibt es Enthaltungen? – Die Be- Schmidt (Meschede), Karin Kortmann, Lothar schlussempfehlung ist einstimmig angenommen. Binding (Heidelberg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Na bitte, es ging doch. Wir sind damit am Ende der Thilo Hoppe, Volker Beck (Köln), Katrin Göring- Abstimmungen. Eckardt, Krista Sager und der Fraktion des (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- Entwicklungspartnerschaften mit der Wirt- NEN) schaft weiterentwickeln – gemeinsam Armut Man kann von einem sehr fleißigen Parlament sprechen. bekämpfen Ich rufe die Tagesordnungspunkte 12 a und 12 b auf: – Drucksachen 15/3327, 15/5638 – a) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD Berichterstattung: und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge- Abgeordnete Dagmar Schmidt (Meschede) brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Beschleu- Dr. Christian Ruck nigung der Umsetzung von öffentlich-privaten Thilo Hoppe Markus Löning 1) Anlagen 3 und 4 17120 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer (A) Partnerschaften und zur Verbesserung gesetz- Sie gehen auf der einen Seite von den Finanzierungspro- (C) licher Rahmenbedingungen für öffentlich-pri- blemen öffentlicher Haushalte, von erheblichen Vorbe- vate Partnerschaften lastungen aus Schuldendiensten aus. Auf der anderen Seite stellen sie in Rechnung, dass wir in Deutschland – Drucksache 15/5668 – ein hohes Leistungsniveau und einen enormen Infra- Überweisungsvorschlag: strukturbedarf haben. Die kommunalen Spitzenverbände Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f) Innenausschuss haben errechnet, dass wir über die nächsten fünf Jahre Rechtsausschuss allein bei der kommunalen Infrastruktur einen Investi- Finanzausschuss tionsbedarf von rund 700 Milliarden Euro haben. An Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen dieser Stelle machen uns die anderen Länder vor, wie Haushaltsausschuss gem. § 96 GO man mithilfe des Ansatzes öffentlich-privater Partner- b) Beratung des Antrags der Abgeordnetenschaften tatsächlich vorankommen kann. Das ist kein Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach), HartmutPatentrezept gegen die Verschuldung des kommunalen Schauerte, Christian Freiherr von Stetten, weite- Sektors, aber es ist ein Weg, etwas voranzubringen und rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU jetzt Investitionen vorzunehmen. Wachstumsstrategie für Deutschland: Public Mit öffentlich-privaten Partnerschaften wird eine dau- Private Partnership weiterentwickeln underhafte Kooperation zwischen den öffentlichen Händen nunmehr realisieren – Infrastruktur optimie- und der Privatwirtschaft angestrebt. Diese Kooperation ren, Investitionsstau auflösen liegt im Interesse aller: im Interesse der Wirtschaft, im Interesse der Gesellschaft und auch im Interesse der Po- – Drucksache 15/5676 – litik. Insoweit dient sie auch dem Gemeinwohl. Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f) Aus meiner Sicht stellen öffentlich-private Partner- Innenausschuss schaften einen wichtigen Baustein zur Modernisierung Rechtsausschuss Finanzausschuss des Staates dar. Dabei treten die öffentlichen Hände Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit häufig nur noch als Nachfrager von Dienstleistungen Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und auf. Die Privatwirtschaft erbringt diese Dienstleistungen Landwirtschaft und wird dafür von der öffentlichen Hand mit einem ent- Verteidigungsausschuss sprechenden jährlichen Entgelt bezahlt. Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung So verstanden handelt es sich also nicht um eine Pri- Ausschuss für Kultur und Medien Haushaltsausschuss vatisierung. Vielmehr gehen wir mit öffentlich-privaten (B) Partnerschaften einen dritten Weg. Die Kooperation von (D) Nach interfraktioneller Vereinbarung ist für die Aus- öffentlicher Hand und privater Wirtschaft findet statt sprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich höre beim Entwerfen, bei der Planung, bei der Erstellung, bei keinen Widerspruch. Dann ist auch so beschlossen. der Finanzierung, beim Management, beim Betreiben Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst und schließlich beim Verwerten öffentlicher Leistungen, der Abgeordnete Michael Bürsch. die bisher allein in staatlicher Verantwortung erbracht worden sind. Dr. Michael Bürsch (SPD): Unser Ziel ist, mehr Effizienz zu erzielen. Das ist Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle- – auch das sage ich sehr deutlich – kein Patentrezept. gen! Wir arbeiten in schwierigen Zeiten; womöglichAber die Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass kommen Neuwahlen auf uns zu. Es gibt aber mitunter wir Effizienzgewinne in einer Größenordnung von 10, Möglichkeiten der Gemeinsamkeit. Das Thema, über das 12 oder sogar 15 Prozent erzielen können. Das erfordert wir jetzt sprechen, bietet aus meiner Sicht eine Möglich- einen sehr klaren Wirtschaftlichkeitsvergleich, führt aber keit, dass wir, sachlich-fachlich betrachtet, zusammen- auch zu einer Entmystifizierung. kommen und etwas verabschieden, was die öffentlich- Das ist nicht der Königsweg für die Wahrnehmung al- privaten Partnerschaften in Deutschland voranbringt. ler öffentlichen Aufgaben. Vielmehr müssen wir einen Auf einer Veranstaltung vor einer Woche hat es ein sehr genauen Wirtschaftlichkeitsvergleich anstellen. Redner aus meiner Sicht auf einen guten Nenner ge-Auf der einen Seite müssen wir fragen: Was würden bracht, was die öffentlich-privaten Partnerschaften indiese Aufgabenwahrnehmung und das Betreiben einer Deutschland brauchen. Sie müssen entmystifiziert wer- solchen Infrastruktur auf die lange Sicht von 25 Jahren den und sie müssen dazu beitragen, dass entbürokrati- unter dem Strich kosten? Auf der anderen Seite müssen siert wird. Beide Stichworte unterstütze ich ausdrück- wir fragen: Was würde dasselbe privat investiert und be- lich. trieben kosten? Diesen Vergleich müssen wir in aller Sorgfalt und unter Zugrundelegung der nüchternen Zah- Ich möchte bei der Einbringung unseres Gesetzent- len und der vier Grundrechenarten anstellen. wurfes grundsätzlich ein paar Dinge in Erinnerung ru- fen, die manchmal immer noch missverstanden werden Worum es dann allerdings geht – das ist ein neuer An- oder nicht überall bekannt sind, also die Grundfrage, wo- satz, den wir zum Beispiel auch auf die Bundeshaus- rüber wir reden und was öffentlich-private Partnerschaf- haltsordnung anwenden wollen –, ist, bei den öffentlich- ten eigentlich sind. Sie stellen keine Privatisierung dar. privaten Partnerschaften die Risiken zu verteilen. Dabei Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17121

Dr. Michael Bürsch (A) geht es um etwas anderes als bei Wirtschaftlichkeitsver- auch schon solche Ansätze – und natürlich die Bundes- (C) gleichen oder der Anforderung nach § 7 der Bundes-ebene, bei der ich – wie Sie es in Ihrem Antrag schreiben – haushaltsordnung. Nach § 7 der Bundeshaushaltsord- sehr dafür wäre, die Kompetenz nicht nur in den Berei- nung soll natürlich immer festgestellt werden, welcher chen Wohnen und Verkehr anzusiedeln, sondern wie in Weg für eine Maßnahme der wirtschaftlichste ist. Daher anderen Ländern, zum Beispiel England, im Finanzmi- müssen, wie es in der Bundeshaushaltsordnung heißt,nisterium, das im Grunde die Verantwortung für alle Ge- angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen vorge- schäftsbereiche und alle Ressorts hat; das wäre aus mei- nommen werden. ner Ansicht die passende Stelle. An dieser Stelle haben wir weder die Welt umgestülpt Wir müssen – auch das habe ich gelernt – in Deutsch- noch sind wir zu einem völlig anderen Ansatz gekom- land offenbar noch bei verschiedenen Stellen, die die Re- men. Vielmehr soll § 7 der Bundeshaushaltsordnung, der gierung, das Regierungshandeln und das politische Han- beispielhaft für etliche andere Änderungen steht, die wir deln kritisch beurteilen sollen, für Vertrauen werben. vorgenommen haben, nur um einen Risikovergleich er- gänzt werden. (Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Das ist richtig!) (Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner) Ich meine konkret den Bundesrechnungshof. Ich habe die entsprechende Stelle in London besucht. Man war In § 7 der Bundeshaushaltsordnung – das sage ich nur zur dort vor zehn Jahren, als die Bewegung in England los- Beruhigung aller Haushälter und Haushaltspolitiker –ging, gegenüber diesem Ansatz auch eher kritisch. Ich wollen wir nur folgende Betrachtung aufnehmen: Wenn sehe bei dem, was der Bundesrechnungshof bei uns dazu Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen vorgenommen wer- veröffentlicht, eine eher kritische Haltung. Ich bin gern den, dann bitte schön mit Blick darauf, dass es um eine dazu bereit und fordere auch Sie auf: Lassen Sie uns ver- Risikoverteilung zwischen der öffentlichen und der pri- trauensbildend mit dem Bundesrechnungshof reden, um vaten Seite geht, was bei einer Aufgabe, die nur von der Skepsis oder manche Missverständnisse an dieser Stelle öffentlichen Hand wahrgenommen wird, nicht erforder- auszuräumen. lich ist. Unsere zweite Säule heißt also Kompetenz schaffen Zur Verbesserung der Rahmenbedingungen öffent- und dann auch verzahnen. Das meine ich allerdings nicht lich-privater Partnerschaften haben wir eine Reihe von nur auf unsere nationale Ebene, sondern durchaus auch Vorschlägen gemacht, die in dem Gesetzentwurf, denauf die internationale Ebene bezogen. Denn Sie wissen wir heute vorlegen, enthalten sind. Dabei haben wir fünf wie ich: Es gibt inzwischen schon eine Reihe von inter- Themenbereiche bearbeitet: Es handelt sich um Vor- (B) nationalen Projekten, die über die Grenzen Deutschlands (D) schläge zum Gebührenrecht, zum Vergaberecht, zum In- hinaus ausgeschrieben und vergeben werden; auch da vestmentgesetz, zum Steuerrecht und schließlich zum müssen wir zusammen mit der europäischen Ebene ent- Haushaltsrecht. Ein Beispiel aus der Bundeshaushalts- sprechende Kompetenz schaffen und für den Austausch ordnung habe ich soeben erwähnt. sorgen. An dieser Stelle möchte ich in grundsätzlicher Form Die dritte Säule in unserer Umsetzungsstrategie lau- darstellen: Wir haben uns, um öffentlich-private Partner- tet: verbesserte Eigenmittelausstattung. Es ist in schaften in Deutschland zu fördern, für sie zu werben Deutschland bei dem Thema öffentlich-private Partner- und Vertrauen für diesen Ansatz zu schaffen, eine Um- schaften noch immer festzustellen, dass wir zu wenig Ei- setzungsstrategie überlegt, die auf drei Säulen basiert: genmittel, zu wenig Eigenkapitalausstattung haben. Wir Die erste Säule habe ich Ihnen beschrieben. Sie um- plädieren insofern dafür, auch die öffentlichen Finanzie- fasst die Verbesserung der Rahmenbedingungen. Hier rungsinstitute hier mit hineinzubringen, also zum Bei- und heute legen wir Vorschläge vor, wie an verschiede- spiel bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau dafür zu nen Stellen, im Gebührenrecht und in anderen Rechtsbe- werben, sich diesem Marktsegment zu öffnen, und wir reichen, konkrete Verbesserungen vorgenommen werden plädieren dafür, dass sich eine Bank wie die Europäische können. Investitionsbank dazugesellt, um auch an der Stelle die Möglichkeiten zu verbessern, Kapital, das wir dringend Die zweite Säule unserer Umsetzungsstrategie ist die brauchen, um öffentlich-private Partnerschaften voran- Schaffung von Kompetenz. Diese habe ich auch im zubringen, zu gewinnen. Unionsantrag gesehen. Es geht also darum, die gleichen Voraussetzungen zu schaffen, die wir auch in anderen Ich freue mich, dass wir heute die Möglichkeit haben, Ländern erleben. Wenn wir die öffentlich-privaten Part- dieses Thema gemeinsam voranzubringen. Bei dem gu- nerschaften propagieren wollen, müssen wir auch dafür ten Willen, den ich sehe, werden wir in zwei Wochen in sorgen, dass viele Menschen besser wissen, wie man da- zweiter und dritter Lesung auch zu einer Verabschiedung mit umgeht, was man dabei berücksichtigen muss. kommen. Viele in der Wirtschaft und in den Kommunen würden das sehr begrüßen. Also: Lassen Sie uns dieses (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ist richtig!) Thema gemeinsam verabschieden. Wir müssen dafür die entsprechende Kompetenz Danke schön. schaffen. Das ist in Ihrem Antrag genauso wie in unse- rem Gesetzentwurf enthalten. Das betrifft die kommu- (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des nale Ebene, das betrifft die Länderebene – da gibt es BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hartmut 17122 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Dr. Michael Bürsch (A) Schauerte [CDU/CSU]: Bezog sich das viel- beiten müssen und werden. Lassen Sie mich dabei zwei (C) leicht auf die SPD-Fraktion? – Gegenruf des Positionen in den Vordergrund stellen. Abg. Dr. Michael Bürsch [SPD]: Stimmt! Habe ich vergessen!) Erster Punkt. Ich glaube, es wird sehr wichtig sein, dass wir im Rahmen der Gesetzgebung und auch im Rahmen dessen, was wir um diese Gesetzgebung herum Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: vereinbaren, den Mittelstandsaspekt, die Möglichkei- Das Wort hat der Kollege Dr. Klaus Lippold, CDU/ ten, dass der Mittelstand an PPP teilhaben kann, sehr CSU-Fraktion. deutlich herausarbeiten. (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das ist ganz (Offenbach) (CDU/CSU): Dr. Klaus W. Lippold wichtig! – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das un- Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle- terstütze ich nachdrücklich!) gen! Herr Bürsch, einige Anmerkungen müssen erlaubt sein. Herr Bürsch, wenn ich mir anschaue, wie in unserem eigenen Beritt PPP-Projekte auch kommunal angegan- (Dr. Michael Bürsch [SPD]: Ja, bitte!) gen werden, dann wird mir klar, dass es sehr wichtig ist, Ich meine, es muss in allerDeutlichkeit gesagt werden: dass wir dabei Mittelstandsziffern vereinbaren, dass die Unter der Koalition, die Sie mit vertreten, haben sich die Einbeziehung des Mittelstands vorgesehen wird und Investitionsbedingungen, die Wachstumsbedingungen dass das Ganze nicht am lokalen Mittelstand vorbeiläuft. und die Beschäftigungsbedingungen in der Bundesrepu- Das ist für uns zentral und unabdingbar. blik Deutschland dramatisch verschlechtert. (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Diese Fest- (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das ist lei- legung begrüße ich sehr!) der wahr!) Nach Ihrem Zwischenruf glaube ich aber, dass wir uns Sie haben die Mittel für dieInvestitionen gekürzt: Nie darauf dann auch verständigen können. hatten wir eine so niedrige Investitionsquote wie jetzt. (Dr. Michael Bürsch [SPD]: Ja!) Das hat sich natürlich negativ auf Wachstum und Be- schäftigung ausgewirkt; das muss man sauber analysie- Zweiter Punkt. Ich glaube, wir müssen sehr schnell ren. Erfahrungen sammeln, systematisieren und in Handrei- Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich meine, chungen, insbesondere für die Kommunen, umsetzen, dass die Frage, wie wir jetzt vorangehen, deshalb auch damit die Unsicherheiten in den Kommunen weitestge- (B) unter dem Aspekt gesehen werden muss, dass die Priva- hend beseitigt werden können. (D) tisierung nach wie vor ein Weg bleibt. (Dr. Michael Bürsch [SPD]: Ja!) (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Und zwar Ich glaube nicht, dass wir das vollständig schaffen kön- vor ÖPP!) nen und dass standardisierte Verträge Hilfsmittel sind, – Wir müssen Privatisierung vor ÖPP, vor öffentlich-pri- die einfach so angewandt werden können, weil jede vater Partnerschaft, realisieren können. GleichzeitigSituation verschieden ist und einzeln erarbeitet werden müssen wir aber auch sehen, Herr Kollege Friedrich,muss. Wichtig ist aber, dass wir Handreichungen haben dass Privatisierung nicht überall möglich ist. und dass sich unsere Kommunalpolitiker schnell dort hi- neinfinden und die Chancen und Risiken bei einer ad- (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: So ist es! – Horst äquaten Risikoverteilung abschätzen können; da gebe Friedrich [Bayreuth] [FDP]: So ist es!) ich Ihnen ganz ausdrücklich Recht. Darüber werden wir nachdenken müssen. Weil sie nicht überall möglich ist, müssen wir neue Wege finden. Ich glaube, Herr Kollege Bürsch, wir sind Ich glaube, dass wir dabei eine ganze Reihe von Posi- uns einig, dass mit öffentlich-privater Partnerschaft ein tionen mit berücksichtigen sollten. Wir brauchen Rah- solches Instrument gegeben ist. Wir haben es bislangmenbedingungen, die deutlich machen, dass Controlling nicht eingesetzt. Wir haben sehr lange darüber diskutiert. ein unverzichtbarer Bestandteil ist. Wir müssen in den Sie haben es sehr lange angekündigt und es hat sehrInfrastrukturbereichen – insbesondere im Bereich der lange gedauert, bis Sie jetzt endlich zur UmsetzungVerkehrsinfrastruktur – neue Möglichkeiten eröffnen. schreiten. Wir brauchen eine unabhängige Verkehrsinfrastrukturfi- nanzierungsgesellschaft, in die wir stetig Mittel einflie- (Dr. Michael Bürsch [SPD]: Gründlichkeit vor ßen lassen, über die dann im Rahmen ständiger, investi- Schnelligkeit! – Gegenruf des Abg. Horst ver Arbeit verfügt werden kann. Ich glaube, dass das Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ein guter Witz am absolut notwendig ist. Nachmittag!) – Darüber könnte man sehr lange diskutieren, Herr Ich glaube auch, dass wir hier zusätzliche Aspekte er- Bürsch. arbeiten müssen, um zu sehen, wie wir in den Bereichen, die Sie angesprochen haben, aufklären und Vertrauen Herr Kollege Bürsch, wir sind nicht dafür, bei dem schaffen können. Dabei müssen wir auch die Rahmenbe- Ganzen jetzt polemisch zu agieren, vielmehr bin ich der dingungen, die unsere Haushälter setzen, mit berück- festen Überzeugung, dass wir gemeinschaftlich daran ar- sichtigen. Gleichzeitig dürfen wir die Dinge aber nicht Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17123

Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) (A) überall so lassen, wie sie sind. Nein, hier brauchen wir nahme zahlen, zum Beispiel bei Brücken und Tunneln. (C) Änderungen. Dies ermöglicht eine fairere Anteilhabe der Nutzer einer Straße oder einer öffentlichen Einrichtung an deren Ich bitte Sie deshalb noch einmal, unseren Antrag Finanzierung. sehr sorgfältig danach durchzusehen, wo und wie wir zu- sammenkommen können. Wenn Sie Ihre Bereitschaft er- Die positiven Erfahrungen zeigenEinsparpoten- kennen lassen, auf die Positionen einzugehen, die wir im ziale von bis zu 20 Prozent. Im Durchschnitt gesehen Antrag vorgeschlagen haben – das berührt zum Teil den sind 8 Prozent an Einsparpotenzial im Vergleich zur öf- Gesetzentwurf, zum Teil aber auch Formulierungen, die fentlichen Bereitstellung gegeben. Das sind Beträge, auf ergänzend zum Gesetzentwurf gestaltet werden können –, die wir nicht verzichten können. Allerdings muss man dann sichern wir Ihnen zu,dass wir dieses konstruktiv auch berücksichtigen, dass es eine Garantie für diese prüfen, ähnlich wie wir auch im Bereich des Energie-Einsparziele nicht gibt und der Einsatz von Fall zu Fall wirtschaftsgesetzes deutlich gemacht haben, dass wirgeprüft werden muss. Angesichts knapper öffentlicher eine konstruktive Opposition sind und dass wir überall Mittel und des enormen Investitionsbedarfs – die Zahl dort, wo es um Beschäftigung und Wachstum geht, ver- von 700 Milliarden Euro für den kommunalen Bereich suchen, mit Ihnen so weit zusammenzuarbeiten, dass die in diesem Jahrzehnt ist schon genannt worden – sind wir Dinge weiterlaufen können. Ich glaube, dass wir dann zu auf neue Finanzierungsinstrumente abseits einer einfa- einem Ergebnis kommen und dass dieses Ergebnis nicht chen Kreditaufnahme dringend angewiesen. Wo notwen- nur im Interesse vieler Firmen, sondern auch im Inte-dige Sanierungen wegen leerer Kassen und hoher Inves- resse der Beschäftigten liegen wird, die hinter diesentitionskosten nicht angegangen werden, bieten ÖPP gute Firmen stehen. Ansätze, Investitionen kostengünstig anzuschieben. Ich habe neulich an Tagungen von baugewerblichen In Deutschland gewinnen ÖPP aus den eben ausge- Unternehmen teilgenommen. Denen steht das Wasser bis führten Gründen zunehmend an Bedeutung. Die dabei in zum Hals. Wenn wir diese Wege jetzt nicht bereiten und der Praxis auftretenden Schwierigkeiten und Hemmnisse neu öffnen, dann, so glaube ich, werden wir eine Fülle wollen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf – hof- von Unternehmenspleiten zusätzlich zu den von Ihnen fentlich gemeinsam – beseitigen. jetzt erreichten Rekorden erleben. Diese Pleiten müssen wir verhindern. In diesem Sinne kann das Ganze ein In- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN strument sein. sowie bei Abgeordneten der SPD) Ich hoffe auf eine gute und konstruktive Zusammen- arbeit in den anstehenden Beratungen und darauf, dass Da aber – so ehrlich müssen wir sein und sind es offen- sichtlich auch – ÖPP kein Allheilmittel sind, werden (B) wir zu einem Ergebnis kommen, das den arbeitslosen (D) Bürgern weiterhilft und ihnen wirklich etwas an diehohe Anforderungen an die Entscheidungsträger in Hand gibt. den Kommunen und Ländern gestellt. Zu einer verant- wortungsvollen Politik gehört aber auch, zu erkennen Herzlichen Dank. – hier sind wir uns, so habe ich die Ausführungen zu- (Beifall im ganzen Hause – Hartmut Schauerte mindest verstanden, einig –, dass ÖPP nicht uneinge- [CDU/CSU]: Das ist eine verantwortungsvolle schränkt angewendet werden können. Bei Schulen und Opposition!) Verwaltungsgebäuden sind zwar die Erstellung, Sanie- rung und der gebäudetechnische Betrieb an Private über- tragbar, aber eben nicht das Betreiben selbst. Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Das Wort hat die Kollegin Jutta Krüger-Jacob, Bünd- Klar ist, dass vor der Entscheidung für ÖPP projekt- nis 90/Die Grünen. spezifisch ein Kostenvergleich stattfinden muss, insbe- sondere im Hinblick auf die langfristigen finanziellen Jutta Krüger-Jacob (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Verpflichtungen. Wir versprechen uns von einem verant- NEN): wortungsvollen und verstärkten Einsatz von ÖPP vielfäl- Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! tige Vorteile: Die Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitiker ÖPP haben sich weltweit, insbesondere im Hochbau und sehen Investitionen, Arbeitsplätze und höhere Effizienz, Infrastrukturbereich, etabliert. Die internationalen Erfah- die Haushälter Entlastungen für die öffentlichen Haus- rungen zeigen, dass ÖPP ein neuer und oft kostengünsti- halte, die Verkehrspolitiker die zusätzlichen Investitions- gerer Weg sein können, um öffentliche Güter und Leis- möglichkeiten für Straßen, die Bildungspolitiker für tungen bereitzustellen. ÖPP stehen auch für einenSchulen, die Umweltpolitiker für den Bereich der Ener- modernen Staat, den wir alle anstreben, der bestimmte gieeffizienz. Teilbereiche seiner öffentlichen Leistungen quasi ÖPP sind unstreitig eine innovative Finanzierungs- outsourcet. form für die staatlichen Gebietskörperschaften. Der vor- Ein Vorteil besteht darin, dass durch die Einbindung liegende Gesetzentwurf bietet einen gelungenen Ansatz, Privater, insbesondere auch solcher vor Ort, eine markt- Hemmnisse für ÖPP im Sinne einer effizienten öffentli- nähere Bewertung von Leistungen und damit eine er-chen Leistungserstellung aus dem Weg zu räumen. Wir höhte Markttransparenz und Kostenreduktion erreicht Grüne wollen einen verantwortungsvollen Einsatz von werden kann. Mit ÖPP geht der Trend dahin, dass die ÖPP. Es muss klar sein, dass diese nur unter bestimmten Nutzer öffentlicher Güter Gebühren für die Inanspruch- Bedingungen ihre volle Wirkkraft entfalten können. 17124 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Jutta Krüger-Jacob (A) Ein ganz wichtiger Prüfstein ist dabei der Refinanzie- Man muss aus zwei Gründen zwischen dem Hochbau (C) rungsbereich. Solange sich für ÖPP-Projekte kein Markt auf kommunaler Seite und dem Verkehrswegebau gebildet hat, solange keine standardisierten Bewertungs- unterscheiden. Der eine Grund besteht in den Investi- kriterien entwickelt wurden, so lange macht es aus unse- tionsvolumina. Auf der einen Seite reden wir über zwei, rer Sicht keinen Sinn, die Refinanzierung über Vehikel drei, vier oder fünf Millionen Euro – das ist in aller Re- zu organisieren, die auf genau solche Merkmale eines gel kein Problem –, auf der anderen Seite bewegen wir etablierten Marktes angewiesen sind. Aus Gründen des uns beim Verkehrswegebau in Größenordnungen von 20, Anlegerschutzes dürfen Finanzierungsrisiken auf keinen 30, 40, 50 oder 100 Millionen Euro oder sogar noch Fall einseitig auf Kleinanleger übertragen werden.mehr. Transparente und auf Solidarität bedachte Regeln im Be- reich der Refinanzierung liegen gleichzeitig auch im In- Da beginnen die Probleme, was die Ausschreibungs- teresse der Projektbetreiber von ÖPP. bedingungen angeht, was die Finanzierungsmöglichkei- ten angeht und was die Regeln angeht, die Sie selbst mit Außerdem gilt es auch darauf zu achten, dass im Be- Ihrer Mehrheit bei den von Ihnen auszulobenden so ge- reich des Gebühren- und Vergaberechts nicht Rege- nannten A-Modellen, also beim Anbau weiterer Fahr- lungen implementiert werden, die nicht zu optimalen spuren an bestehende Autobahnen durch Private, vorge- Ergebnissen führen können, beispielsweise weil die Re- ben. Nach dem, was ich weiß, ist aufgrund Ihrer gelungen unnötig kompliziert ausgestaltet werden. Wir Vorgaben der deutsche Mittelstand von diesen Verfah- sollten unbedingt verhindern, dass dadurch Kostenrisi- ren aus zwei Gründen faktisch ausgeschlossen. Das be- ken auf die Nutzer von ÖPP-Projekten abgewälzt wer- trifft zum einen die Finanzierungssituation und zum an- den können. Wir werden uns in den noch ausstehenden deren den Nachweis der praktischen Erfahrungen mit Beratungen dafür einsetzen, dass diese Punkte klar im solchen Modellen. Wie kann man in Deutschland in der Gesetz geregelt werden. Wir begrüßen – das möchte ich Ausschreibung den Nachweis praktischer Erfahrungen an dieser Stelle betonen – ausdrücklich den verantwor- mit solchen Modellen verlangen, wenn es sie bisher tungsvollen, an Effizienz ausgerichteten Einsatz vonüberhaupt nicht gegeben hat? Diejenigen, die überhaupt ÖPP, da unserer Meinung nach diese in Zeiten begrenz- in der Lage sind, so etwas vorzulegen, sind die großen ter Haushaltsmittel die Chance bieten, sinnvolle Investi- Baumultis, die international arbeiten, die in anderen tionen anzustoßen, Infrastrukturen und öffentliche Leis- Ländern diese Projekte durchziehen – Sie haben das ja tungen zu modernisieren und gleichzeitig – das sollten schon richtigerweise genannt – und die seit langer Zeit wir alle anstreben – dauerhaft Arbeitsplätze in Deutsch- Erfahrung haben. Die können das machen. Selbst wenn land zu schaffen. man noch so eindringlich fordert, dass darauf geachtet Danke schön. werden muss, dass der Mittelstand entsprechende Bedin- (B) gungen erhält – wenn man das nicht umsetzt, was man(D) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN selber kann, dann ist ein gewisses Misstrauen bei der und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der Gesetzgebung angebracht. Das ist das eine Thema. CDU/CSU) Das zweite Thema, auf das ich hinaus will, ist folgen- des: Sie haben schon nach sieben Jahren erkannt, dass Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: ein Gesetz, nämlich das Fernstraßenbauprivatfinanzie- Das Wort hat der Kollege Horst Friedrich, FDP-Frak- rungsgesetz, das im Übrigen aus dem Jahr 1994 stammt tion. und von der Union und der FDP damals gegen Ihre Stim- men umgesetzt worden ist, an zwei Stellen wichtige Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP): Veränderungen braucht. Die Praxiserfahrung mit den ersten zwei Projekten, nämlich der Warnowquerung in Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Rostock und der Travequerung in Lübeck, zeigt, dass es Herr Kollege Bürsch hat erklärt, dass der vorgelegte Ge- nicht ausreicht, wie bisher ausschließlich eine öffentlich- setzentwurf ein wesentlicher Schritt nach vorne sei. Er rechtliche Gebühr zu verlangen, sondern dass man zu- hat aufgezeigt, welche Möglichkeiten das ÖPP-Gesetz mindest die Wahlmöglichkeit schaffen muss, ein privat- eröffnet. Daran muss man dann auch die Messlatte für rechtliches Entgelt zu verlangen, weil man damit mehr die Details dieses Gesetzentwurfs anlegen. Man muss Spielraum hat. Ich habe die Hoffnung, dass damit we- hinterfragen, ob er tatsächlich die Problemstarre und das nigstens eine Chance zur besseren Finanzierung der Investitionshemmnis, die Sie erwähnt haben, beseitigt. Warnowquerung besteht. Geht man ins Detail, dann wird man sehen, dass der Entwurf des ÖPP-Gesetzes alles andere als ein großer Aber wenn Sie das Fernstraßenbauprivatfinanzie- Wurf ist. Man kann in der Summe sagen: Er macht zu- rungsgesetz nicht ausweiten und konsequent über das hi- mindest nichts kaputt und deswegen werden wir ihmnaus ausdehnen, was zum Zeitpunkt der Gesetzgebung auch zustimmen; denn einige wichtige Schritte sind da- möglich war – seinerzeit waren die Möglichkeiten be- mit in die richtige Richtung gemacht worden. Das Ge- grenzt, weil es in Europa eine LKW-Vignette für die Au- setz wird aber erkennbar nicht den großen Run der priva- tobahnbenutzung gab und deshalb aus europarechtlichen ten Investoren auslösen und nicht den DurchbruchGründen andere Finanzierungsinstrumente begrenzt ein- bringen. setzbar waren –, dann werden Sie den großen Schub für die deutsche Bauindustrie und ein Aufholen des Rück- (Beifall des Abg. Ernst Burgbacher [FDP]) stands nicht auslösen. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17125

Horst Friedrich (Bayreuth) (A) Was bedeutet denn dasA-Modell derzeit? Sie refi- tarier entschieden, wie wir das Gesetz verbessern wol-(C) nanzieren die Kosten für den Erbringer der Bauleistung len. zu maximal 50 Prozent über die Abtretung der LKW- Insofern kann man sagen: Eigentlich ist schon der Ge- Mauteinnahmen. Das Geld steht dann an anderer Stelle setzentwurf in einer – wenn auch etwas eigenwilligen – nicht mehr für Bauinvestitionen zur Verfügung. Die üb- Form von öffentlich-privater Partnerschaft zustande ge- rigen maximal 50 Prozent werden durch klassische kommen. Das ist für mich ein Grund zur Freude. Staatsfinanzierung aufgebracht. Da aber die Mittel für den Baubereich nicht erhöht worden sind, müssen sie an Als Verkehrspolitikerin freue ich mich aber auch da- anderer Stelle weggenommen werden. rüber, dass wir das Fernstraßenbauprivatfinanzierungs- gesetz jetzt angehen. Sie haben zu Recht darauf hinge- Was Sie erreichen, ist bestenfalls – wenn überhaupt – wiesen, dass es 1994 von der damaligen Koalition aus ein kurzfristiger Auftrieb, CDU/CSU und FDP ins Leben gerufen wurde. Es hatte, (Ernst Burgbacher [FDP]: Richtig!) weil es um eine völlig neue Form der Finanzierung ging, mit der man noch keine Erfahrung hatte, zunächst einige aber spätestens nach zwei Jahren gibt es an einer anderen Kinderkrankheiten. Das ist kein Vorwurf, sondern eine Stelle einen Einbruch, weil andere Projekte, deren Fi- Tatsache. Wir haben 2003 einige dieser Kinderkrankhei- nanzierung Sie versäumen, nicht angegangen werden. ten geheilt und versprochen, dass wir als Verkehrspoliti- Deshalb bleiben wir bei unserer Reihenfolge. Grund- ker in dieser Legislaturperiode noch einmal versuchen sätzlich hat für uns Vorrang, mögliche Privatisierungen werden, dieses Gesetz zu optimieren. richtig durchzuführen. Wenn Privatisierungen nicht Ich glaube, wir sind einen großen Schritt vorange- möglich sind, müssen öffentlich-private Partnerschaften kommen. Wir wissen, dass das Interesse an der privaten an der Risikoverteilung, an ihrem Nutzen und an den da- Finanzierung von Tunneln und Brücken immer noch mit verbundenen Chancen für den Mittelstand gemessen ziemlich gering ist. BeimAusbau von Autobahnen ist werden. Erst dann ist gegebenenfalls die Umsetzungdie private Finanzierung stärker gefragt. möglich. Es ist völlig unstrittig, dass Plan, Bau, Betrieb und Finanzierung von Verkehrswegen in privater Hand Trotzdem müssen wir Anreize bieten, um öffentlich- besser ausgeführt werden können. private Partnerschaften attraktiver zu machen. Dabei geht es nicht nur um die Mobilisierung privaten Kapitals Alles in allem werden wir dem Gesetzentwurf zustim- für die öffentliche Infrastruktur, sondern auch um die men, weil er, wie gesagt, unschädlich ist. Aber er reicht Beschleunigung der Vorhaben und eine höhere Effi- bei weitem nicht aus, um die in ihn gesetzten Erwartun- zienz. Denn wenn jeder das einbringt, was er besser, gen zu erfüllen. schneller oder günstiger kann als der jeweils andere, (B) (D) Danke schön. dann haben alle Seiten einen Vorteil davon. Das Gleiche gilt für die Verteilung der Risiken, die immer derjenige (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) übernehmen sollte, der sie besser minimieren oder be- herrschen kann. Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Das heißt, der Vorteil liegt nicht nur auf der Seite der Nächste Rednerin ist die Kollegin Margrit Wetzel,privaten und öffentlichen Vertragspartner, sondern auch SPD-Fraktion. bei den zukünftigen Nutzern der Projekte – das gilt spe- ziell für Verkehrsprojekte –, weil durch ÖPP-Projektge- Dr. Margrit Wetzel (SPD): sellschaften Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen schneller Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! realisiert werden können. Lieber Herr Friedrich, in einem haben Sie nicht Recht. Bei der Ausschreibung zum Ausbau der A 8 in Bayern Ein Wirtschaftlichkeitsvergleich, wie ihn die CDU/ haben sich auch Arbeitsgemeinschaften von Mittelständ- CSU in ihrem Antrag sehr dezidiert fordert, ist für uns lern beteiligt. Das zeigt, dass das auch nach bisherigem ganz selbstverständlich. Wir wissen, dass die Betreiber Recht durchaus möglich ist. von Warnowquerung und Travequerung – Herr Friedrich hat das schon erwähnt – seit langem das Wegkommen Nichtsdestotrotz wollen wir die Bedingungen verän- von der Mautgebührenverordnung verlangen. Nichts- dern und verbessern. Das ist keine Frage. Darin besteht destotrotz muss man festhalten, dass mit dieser Verord- auch völlige Übereinstimmung mit den betroffenennung diese ÖPPs sehr wohl möglich waren und dass Wirtschaftsbereichen. Ich darf an dieser Stelle daraufde facto keine große inhaltliche Veränderung erfolgt, hinweisen, wie der Gesetzentwurf entstanden ist. Denn egal ob es eine öffentlich-rechtliche Gebühr oder ein pri- auch die Entstehung ist bisher einmalig in unserer Par- vates Entgelt gibt. Wir eröffnen trotzdem eine Wahlmög- lamentsgeschichte. lichkeit, damit der Betreiber selbst die Vor- und Nach- teile – diese sind auf beiden Seiten vorhanden – abwägen Wir haben mit Beratern aus allen betroffenen Wirt- und dann auswählen kann. Das ist nur recht und billig; schaftsbereichen zusammengesessen, die mit Planung, wir halten das für richtig. Entwicklung, Bau, Betrieb und Finanzierung, aber gege- benenfalls auch mit Klagen im Zusammenhang mit Pro- An die Stelle der Mautgebührenverordnung wird dann jekten zu tun haben. Das heißt, wir haben das gesamte eine Tarifgenehmigung als Verwaltungsakt treten. Der Praxiswissen mit der in den Ministerien vorhandenenGenehmigungsbescheid wird auf Antrag des Betreibers Kompetenz zusammengebracht und dann als Parlamen- festgesetzt. Das heißt, erhat ein einklagbares Recht 17126 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Dr. Margrit Wetzel (A) darauf und damit – das ist in psychologischer Hinsicht Wir haben in Übereinstimmung mit Ihrem Antrag den (C) wahrscheinlich viel wichtiger – das Heft des Handelns in europarechtlich bevorzugten wettbewerblichen Dialog der Hand. Anträge bezüglich der Mautgebührenverord- in unserem Gesetzentwurf aufgenommen. Das alles ist nung kann er zwar bereits jetzt stellen; aber vielleicht ist mit der Bauwirtschaft und der Finanzwirtschaft einver- der andere Weg den Betreibern sympathischer. Dann sol- nehmlich besprochen. Das ist in der Praxis handhabbar; len sie ihn auch wählen dürfen. das halten wir für wichtig. Ihre Forderung nach Einrich- tung eines Infrastrukturfonds nehmen wir ebenfalls auf. Wichtig ist jeweils der faire Risikotransfer auf den- Offene Immobilien- und Sondervermögen sowie Invest- jenigen der beiden Partner, der die Risiken am besten ab- mentaktiengesellschaften sollen sich unter festgelegten wettern kann, aber bezogen auf den gesamten Lebens- Modalitäten an ÖPP-Projekten – das ist wichtig – in der zyklus der Projekte. Bei Verkehrsinfrastrukturprojekten risikoarmen Betreiberphase beteiligen können. Wir den- ist zweifellos von einer Laufzeit von 25 Jahren oder viel- ken, dass das ein optimaler Weg ist, um diese Projekte leicht sogar 30 Jahren auszugehen. Für die Betreiber ist für alle attraktiv zu machen. es sicherlich interessant, dass sie in verkehrsarmen Zei- ten günstigere Tarife anbieten können, damit die Nut- Wir hoffen, dass Sie unserem Gesetzentwurf zustim- zung der Straßen effizienter ist. Das wiederum ist reiz- men, nachdem wir über ihn gemeinsam beraten haben, voll für diejenigen, die Maut zahlen müssen; denn dann dass wir daraus ein gemeinsames Projekt machen; denn kostet es weniger. Man kann das Interesse der Nutzer an es ist mit Sicherheit ein wichtiger Schritt in die richtige einer neuen verkehrlichen Alternative erhöhen, indem Richtung. Das lässt uns Spielraum für spätere Optimie- man in den ersten Jahren eine relativ niedrige Maut er- rungen, wenn wir entsprechende Erfahrungen damit ge- hebt. Das alles rechnet sich dann über die Laufzeit des sammelt haben. Projektes. Die Betreiber der Infrastrukturprojekte haben Wir vertrauen darauf, dass die Wirtschaft, die uns be- also mehr Anreizmöglichkeiten. Wir hoffen, dass die At- raten hat, sehr genau weiß, was möglich ist und was traktivität der Projekte deutlich steigen wird. nicht möglich ist. Wir laden Sie gern ein, in der Zielgera- den auf unseren rot-grünen Zug mit aufzuspringen und Es ist völlig klar, dass die Maßstäbe für dieBerech- einen rot-grün-gelb-schwarzen Zug daraus zu machen. nung einer öffentlich-rechtlichen Gebühr und eines pri- vaten Entgelts gleich sein müssen. Das wollen wir im Herzlichen Dank. Gesetz festlegen. Die Kompetenz für die Tarifgenehmi- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ gung soll an die obersten Landesstraßenbaubehörden ge- DIE GRÜNEN – Christian Freiherr von geben werden. Das heißt, die Länder bleiben hier Auf- Stetten [CDU/CSU]: Sie versuchen, dem Zug tragsverwalter des Bundes. Der Bund muss natürlich hinterherzulaufen!) (B) zustimmen. Wir stellen ergänzend zur bisher festgeleg- (D) ten angemessenen Eigenkapitalverzinsung klar – das hatten Sie schon in Ihrem ursprünglichen Entwurf eines Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Fernstraßenfinanzierungsgesetzes vorgesehen –, dass es Nächster Redner ist der Kollege Christian von eine Betrachtung über den gesamten Konzessionszeit- Stetten, CDU/CSU-Fraktion. raum geben muss. Damit hat der Betreiber die Sicher- (Beifall bei der CDU/CSU) heit, die er für die Kalkulation seiner Tarife braucht. Das kann für ihn nur gut sein. Christian Freiherr von Stetten (CDU/CSU): Herr Friedrich und Herr Lippold – ich sehe ihn im Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Moment nicht mehr; das ist auch egal –, was den Mittel- Herren! Unser stellvertretender Fraktionsvorsitzender stand betrifft, das werden wir im Zuge der Beratungen Dr. Lippold hat den Antrag der CDU/CSU zum Thema noch klären. PPP vorgestellt und Sie, Herr Dr. Bürsch, haben den rot- grünen Gesetzentwurf zum Thema ÖPP in den Bundes- (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Er ist sofort wie- tag eingebracht. Das sind zwei unterschiedliche Abkür- der da!) zungen, die aber die gleichen Finanzierungs- und Betrei- bermodelle beschreiben. – Es stimmt, er war die ganze Zeit da. Das war kein Vor- wurf, Herr Hinsken. Im Gegenteil: Ich freue mich, dass Ich denke, es lohnt sich wirklich – die Vorredner ha- Sie Kooperationsbereitschaft signalisiert haben. Ich ben auch schon darauf aufmerksam gemacht –, dass wir wollte ihm gerade entgegenkommen; das war es schon. gemeinsam beide Initiativen auf Gemeinsamkeiten un- tersuchen und vielleicht doch zu einer zügigen Beratung Wir sind durchaus kooperations- und beratungsbereit, kommen. Ich glaube, wir alle wollen Zeit- und Bürokra- wenn es darum geht, das Ganze gegebenenfalls durch tiekosten, welche der Realisierung vonPPP-Modellen kleine Änderungen mittelstandsfreundlicher zu machen, im Wege stehen, ja möglichst umfassend alle Hemm- gar keine Frage. Wir sind der Meinung, dass durch den nisse, auch die, die im Steuerrecht noch auf uns warten, Verzicht auf gesetzliche Eigenleistungsquoten im Verga- zügig gemeinsam beseitigen. berecht der Kreis der potenziellen Bieter erweitert wird. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Wir wollen ganz bewusst die Projektfinanzierung durch institutionelle Kapitalgeber erleichtern. Wir versprechen Auch der Gesetzentwurf von Rot-Grün geht in diese uns davon, dass solche Projekte dann auch für kleine und Richtung. Er wird von uns genauestens geprüft; denn mittlere Unternehmen interessanter sind. nicht nur der Staat braucht PPP-Modelle, sondern auch Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17127

Christian Freiherr von Stetten (A) im Interesse unserer Wirtschaft müssen wir dringend (Beifall im ganzen Hause – Dr. Michael (C) eine PPP-Offensive in Gang setzen. Bürsch [SPD]: Es wäre schön! – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Was habt ihr für eine In dieser Woche hören wir wieder die Horrorzahlen Opposition!) von monatlich 3 000 Unternehmensinsolvenzen und von wegbrechenden Steuereinnahmen. Unser Wirtschafts- wachstum ist von prognostizierten 1,6 Prozent aufVizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: 0,8 Prozent weggebrochen, beträgt also nur noch die Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Ernst Hälfte von dem, was wir und vor allem unsere Unterneh- Hinsken, CDU/CSU-Fraktion. men brauchen. (Beifall bei der CDU/CSU) Auch wenn wir uns im Ziel einig sind, gestatten Sie mir eine Zwischenbemerkung. Wenn im Wahlkampf Ernst Hinsken (CDU/CSU): jetzt langsam wieder der Klassenkampf gepredigt wird, Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und wenn angebliche Milliardengewinne der deutschen Wirt- Kollegen! Der Grundsatz von CDU und CSU lautet: So schaft umverteilt werden sollen, dann ist das eben nur viel privat wie möglich und nur so viel Staat wie unbe- die halbe Wahrheit. Natürlich haben wir Betriebe, diedingt erforderlich. Milliardengewinne machen. Gott sei Dank, haben wir sie noch. Aber das sind die Betriebe, die im Ausland inves- (Dr. Uwe Küster [SPD]: Das ist Helmut tieren, übrigens gerade in PPP-Modelle im Ausland. Das Schmidt gewesen! Richtig zitieren!) sind die Betriebe, die weltweit aktiv sind. Ich sage im- Deshalb setzt die Union auf PPP. mer: Das sind die Betriebe, die sich ihre Regierungen aussuchen können, die dort hingehen, wo Regierungen Wenn Helmut Schmidt genauso gedacht hat, hat er die Rahmenbedingungen schaffen, damit sich Investitio- richtig gedacht. nen noch lohnen. (Dr. Uwe Küster [SPD]: Er ist es gewesen, der Wir wollen aber, dass die Firmen hier bleiben. Wir das gesagt hat!) wollen, dass sie hier investieren. Wir wollen, dass die Ich nehme das gerne auf. Wichtig ist mir nur, dass Sie Arbeitsplätze hier geschaffen werden. Deshalb ist diebereit sind, mitzumachen und das zu beherzigen, was von Ihnen und uns gemeinsam verfolgte Initiative so Helmut Schmidt einmal gesagt hat. Das ist nämlich nicht wichtig. Wir müssen die Rahmenbedingungen immer in der Fall. Deutschland verbessern. (Dr. Uwe Küster [SPD]: Sie haben doch Herrn (Beifall im ganzen Hause) (B) Bürsch gehört! Sie haben Frau Dr. Wetzel ge- (D) hört!) Es wurde auch schon angesprochen, dass PPP kein Allheilmittel ist. Damit sind nicht alle wirtschaftlichen Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen und fiskalischen Probleme lösbar. Ich freue mich aber, verstärkt privates Kapital, weil die Kassen des Staates dass sich in allen Fraktionen die Erkenntnis durchgesetzt leer sind. hat, dass der Staat nicht alles selber machen muss. Wir ( [CDU/CSU]: So ist haben im Gegenteil gelernt: Die Privaten können es in es!) der Regel besser und billiger. Deswegen muss unser Land freier werden. Wir brauchen Vorrang für privat- Wenn PPP richtig gemacht wird, werden erstens die öf- wirtschaftliches Handeln und da, wo bürokratische, fentlichen Haushalte entlastet, wird zweitens die Staats- vergaberechtliche und steuerrechtliche Vorschriften eine quote zurückgeführt und drittens der Standort Deutsch- Kooperation zwischen der öffentlichen Hand und einem land verbessert, werden viertens kurz- und mittelfristig privaten Investor oder, was mir noch viel wichtiger ist, dringend erforderliche Wachstums- und Beschäftigungs- zwischen der öffentlichen Hand und einem privaten Be- impulse geschaffen und fünftens mehrere Milliarden treiber behindern, müssen wir als Gesetzgeber tätig wer- Euro privates Kapital mobilisiert. den und die Rahmenbedingungen schnellstens verän- dern. Was sich in anderen Ländern bewährt hat, sollte auch bei uns gemacht werden. DieErfahrungen aus dem Wenn Sie und wir in den nächsten Tagen nach ge-Ausland zeigen, dass mit PPP Infrastrukturprojekte meinsamer Prüfung zu einem gemeinsamen Ergebnisschneller und kostengünstiger realisiert werden. Hier kommen, wenn wir den Mittelstand – das ist uns beson- können wir lernen. Spitzenreiter in Europa bei PPP ist ders wichtig – mit ins Boot nehmen können, sodass auch Großbritannien. Dort gibt es bereits mehr als 600 Pro- der Mittelstand von diesen Maßnahmen profitieren kann, jekte im Gesamtwert von knapp 58 Milliarden Euro; das dann sollten wir unserem Land zuliebe den Gesetzent- sind rund 12 Prozent der Gesamtinvestitionen der öffent- wurf eventuell ergänzen und ihn gemeinsam verabschie- lichen Hand dieses Landes. Die Effizienzgewinne sind den, auch wenn aufgrund der angekündigten Vertrauens- enorm und im ganzen Land zu sehen: Straßen, Brücken, frage die Zeit wirklich knapp ist. Vielleicht gelingt esSchulen, Büros und Krankenhäuser, aber auch Bereiche uns in der nächsten Sitzungswoche, beim Thema PPP wie der soziale Wohnungsbau, die Luftraumüberwa- oder ÖPP die letzte gemeinsame Initiative vor dem Ende chung und vieles mehr werden über PPP abgewickelt. der rot-grünen Regierung zu verabschieden. Nicht verschweigen will ich, dass einige Länder wie Herzlichen Dank. Österreich, Spanien, Portugal und Griechenland in der 17128 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Ernst Hinsken (A) Startphase Probleme hatten. Doch im Gegensatz zu un- fenbach, Monheim und Frechen die Effizienzvorteile ge- (C) serer Bundesregierung haben diese Regierungen dengenüber einer konventionellen Realisierung zwischen Kopf nicht in den Sand gesteckt. Dort wurde weiterge- 10 und 19 Prozent beziffert. Das hört sich doch gut an. macht. Dem kann man nacheifern. Das ist meiner Meinung nach richtungsweisend. (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Richtig!) Ich meine deshalb, uns allen zurufen zu müssen: Wei- Leider hat unsere Bundesregierung jahrelang erforderli- tere Schritte müssen gewagt werden, und zwar möglichst ches Handeln verschleppt. schnell, nicht erst dann, wenn wieder Jahre vergangen (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) sind. Das können wir uns vor dem Hintergrund der vie- len Arbeitslosen, die darauf warten, einen Arbeitsplatz Außer der Auftragserteilung für ein Gutachten, dessen zu bekommen, nicht leisten, zumal durch einen solchen Ergebnisse seit 2003 vorliegen, hat sie nichts getan. Jetzt Einsatz von Mitteln auch die Infrastruktur in der ganzen wird noch schnell ein ÖPP-Beschleunigungsgesetz ange- Republik verbessert wird. kündigt. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Es ist doch schlimm, was Sie machen: Sie fahren den Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]) Investitionsanteil des Bundeshaushaltes immer weiter Schnelles Handeln ist deshalb ein Gebot der Stunde. Sie zurück und puschen Alternativen nicht nach vorn. Vor dürfen überzeugt sein, verehrte Kolleginnen und Kolle- allem bei der Verkehrsinfrastruktur und beim öffentli- gen auf der linken Seite: Wir machen mit. Wir wollen chen Hochbau macht sich der finanzielle Engpass bereits das Notwendige nach vorn treiben, damit sich PPP ent- standortschädigend bemerkbar; die Kollegen Friedrich falten kann. und von Stetten haben bereits darauf verwiesen. Es ist deshalb dringend erforderlich, sämtliche Rahmenbedin- Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. gungen für PPP-Projekte zu verbessern und Hemmnisse (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. abzubauen. Dr. Michael Bürsch [SPD] und Horst Friedrich Wir wollen staatliches Handeln zunehmend auf die [Bayreuth] [FDP]) Kernaufgaben konzentrieren. Es sollen mehr Aufgaben durch private Unternehmen erledigt werden. Dadurch Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: werden dringend notwendige Arbeitplätze geschaffen; Ich schließe die Aussprache. zudem wird die Infrastruktur verbessert. Unser Motto lautet: Mittelstand und PPP gehören zusammen. Da Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 15/5668 – Tagesordnungspunkt 12 a – an (B) sind wir gar nicht so weit auseinander, Kollege (D) Friedrich. Das hohe Innovationspotenzial des Mittelstan- die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse, an des muss so weit wie möglich in PPP-Projekte integriert den Haushaltsausschuss jedoch nicht gemäß § 96 der Geschäftsordnung, vorgeschlagen. Die Vorlage auf werden. Drucksache 15/5676 – Tagesordnungspunkt 12 b – soll (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Ver- bei Abgeordneten der SPD und des BÜND- kehr, Bau- und Wohnungswesen sowie zur Mitberatung NISSES 90/DIE GRÜNEN) an den Innenausschuss, den Rechtsausschuss, den Fi- nanzausschuss, den Haushaltsausschuss, den Ausschuss – Das sieht auch der mittelstandspolitische Sprecher der für Wirtschaft und Arbeit, den Ausschuss für Verbrau- CDU/CSU-Fraktion, Herr Schauerte, so; er klatscht hier cherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, den Verteidi- sehr intensiv. gungsausschuss, den Ausschuss für Bildung, Forschung (Heiterkeit bei der CDU/CSU) und Technikfolgenabschätzung sowie an den Ausschuss für Kultur und Medien überwiesen werden. Sind Sie da- Unabhängig von einer Beteiligung auf der Nachunter- mit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die nehmerebene müssen mittelständische Unternehmen und Überweisungen so beschlossen. Handwerksbetriebe als direkter Partner an solchen Pro- jekten beteiligt werden. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 13 a bis 13 k auf: (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Ausschusses für Verbraucherschutz, Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]) Ernährung und Landwirtschaft (10. Ausschuss) Hierfür sind die Rahmenbedingungen zu verbessern. zu dem Antrag der Abgeordneten Gerda Schließen wir uns doch zusammen! Bewältigen wir Hasselfeldt, Peter H. Carstensen (Nordstrand), diese Probleme gemeinsam! Marlene Mortler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU Für PPP gibt es ein breitesEinsatzspektrum: Ver- kehrsinfrastruktur, öffentlicher Hochbau und viele an- Ländliche Räume durch eine moderne und in- dere Bereiche wie die Telekommunikation, die ich hier novative Landwirtschaft stärken und damit besonders erwähnen möchte. Das ist doch interessant Arbeitsplätze sichern – ich möchte einen kurzen Blick auf das werfen, was wir – Drucksachen 15/5249, 15/5647 – in der Bundesrepublik Deutschland zu verzeichnen ha- ben –: In Deutschland wurden bei der Ausschreibung Berichterstattung: und Vergabe der ersten echten PPP-Schulprojekte in Of- Abgeordnete Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17129

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner (A) Marlene Mortler (C) Friedrich Ostendorff Winfried Hermann Hans-Michael Goldmann Angelika Brunkhorst b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- e) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Ausschusses für Verbraucherschutz, richts des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (10. Ausschuss) Ernährung und Landwirtschaft (10. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Marlene zu dem Antrag der Abgeordneten Hans-Michael Mortler, Peter H. Carstensen (Nordstrand), Gerda Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan, Hasselfeldt, weiterer Abgeordneter und der Frak- Dr. Volker Wissing, weiterer Abgeordneter und tion der CDU/CSU der Fraktion der FDP Das deutsche Biosiegel erfolgreich umsetzen Agrarischen Veredlungsstandort Deutschland stärken – Bürokratie abbauen und Rahmenbe- – Drucksachen 15/4840, 15/5645 – dingungen verbessern Berichterstattung: Abgeordnete – Drucksachen 15/3103, 15/4409 – Marlene Mortler Berichterstattung: Friedrich Ostendorff Abgeordnte Dr. Wilhelm Priesmeier Hans-Michael Goldmann Gitta Connemann c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Friedrich Ostendorff richts des Ausschusses für Verbraucherschutz, Hans-Michael Goldmann Ernährung und Landwirtschaft (10. Ausschuss) f) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat zu dem Antrag der Abgeordneten Gittaeingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än- Connemann, Marlene Mortler, Ursula Heinen, derung des Grundstückverkehrsgesetzes und weiterer Abgeordneter und der Fraktion der des Landpachtverkehrsgesetzes CDU/CSU – Drucksache 15/4535 – Mehr Verbraucherschutz durch eindeutigere Kennzeichnung und sendungsbezogene Rück- (Erste Beratung 166. Sitzung) standsuntersuchungen von Geflügelfleischim- porten in die EU aus Drittländern Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- ses für Verbraucherschutz, Ernährung und Land- (B) (D) – Drucksachen 15/5247, 15/5646 – wirtschaft (10. Ausschuss) Berichterstattung: – Drucksache 15/5613 – Abgeordnete Manfred Helmut Zöllmer Gitta Connemann Berichterstattung: Ulrike Höfken Abgeordnte Elvira Drobinski-Weiß Hans-Michael Goldmann Kurt Segner Friedrich Ostendorff d) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Hans-Michael Goldmann richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (15. Ausschuss) g) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur – zu dem Antrag der Abgeordneten Gitta Änderung des Gesetzes über die Gemein- Connemann, Dr. Peter Jahr, Peter H.schaftsaufgabe „Verbesserung der Agrar- Carstensen (Nordstrand), weiterer Abgeordne- struktur und des Küstenschutzes“ ter und der Fraktion der CDU/CSU – Drucksache 15/4113 – Projekt des Umweltbundesamtes zur so ge- nannten unangekündigten Feldbeobach- (Erste Beratung 140. Sitzung) tung endgültig stoppen Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Christel ses für Verbraucherschutz, Ernährung und Land- Happach-Kasan, Hans-Michael Goldmann, wirtschaft (10. Ausschuss) Dr. Volker Wissing, weiterer Abgeordneter und – Drucksache 15/4544 – der Fraktion der FDP Berichterstattung: Verdeckte und unangekündigte Feldbeob- Abgeordnete Holger Ortel achtung durch Umweltbundesamt (UBA) Bernhard Schulte-Drüggelte stoppen Friedrich Ostendorff – Drucksachen 15/4935, 15/5033, 15/5526 – Hans-Michael Goldmann Berichterstattung: h) Beratung des Antrags der Abgeordneten Abgeordnete Gabriele Lösekrug-Möller Dr. Christel Happach-Kasan, Hans-Michael 17130 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner (A) Goldmann, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeord- tion und der Arbeitsgruppe Landwirtschaft wurde, ging (C) neter und der Fraktion der FDP es den Kolleginnen und Kollegen nicht allein um Agrar- politik; die Entwicklung des ländlichen Raums stand im EU-Nitratrichtlinie in nationales Recht umset- Vordergrund, nicht wegen mangelnder Wertschätzung zen – Wettbewerbsnachteile für heimische der Agrarpolitik, sondern aus dem Wissen heraus, dass Landwirte durch Düngeverordnung verhin- wir Arbeitsplätze im ländlichen Raum auch außerhalb dern der Landwirtschaft brauchen und dass wir die Möglich- – Drucksache 15/4432 – keiten der nachwachsenden Rohstoffe nutzen müssen. Überweisungsvorschlag: Das war zu einer Zeit – das fü ge ich hinzu –, als mancher Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Umweltpolitiker, auch aus dem grünen Bereich, noch Landwirtschaft (f) seine Bedenken hatte. Wir wussten, dass wir vor allem Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit den Bereich der ländlichen Dienstleistungen entwickeln i) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre- müssen. gierung Damals – es ist mir ein besonderes Anliegen, darauf Agrarpolitischer Bericht 2005 der Bundesre- hinzuweisen – gab es sehr revolutionäre Vorstellungen in gierung unserer Arbeitsgruppe, die insbesondere der unverges- sene Jan Oostergetelo vertreten hat; – Drucksache 15/4801 – Überweisungsvorschlag: (Dr. Uwe Küster [SPD]: Richtig!) Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (f) zu nennen ist aber auch udi R Müller. Es ging um die Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Frage einer stärkerenMarktorientierung der Land- Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung wirtschaft. Wir wussten ganz genau, dass diese stärkere Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Marktorientierung zunehmenden Strukturwandel bedeu- Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ten würde. Uns war klar, dass dieser Strukturwandel Ausschuss für Tourismus auch finanziell abgefedert werden muss. Wir nannten Haushaltsausschuss das damals: direkte Einkommensübertragung. Uns war klar, dass es dafür in der Öffentlichkeit nur Akzeptanz j) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten gibt, wenn dem eine nachhaltige und umweltgerechte Dr. Christel Happach-Kasan, Hans-Michael Landwirtschaft mit mehr Tierschutz gegenübersteht. Das Goldmann, Angelika Brunkhorst, weiterer Abge- war eine der Forderungen von damals. Ich erinnere an ordneter und der Fraktion der FDP Marianne Klappert und die Forderung: Tierschutz ins (B) Weichenstellungen der Bundesregierung im Grundgesetz. (D) Düngemittelrecht zur Verwertung von Sekun- därrohstoffen in der Landwirtschaft und ihre (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Folgen für die Kreislaufwirtschaft DIE GRÜNEN) – Drucksachen 15/1627, 15/2535 – Für Ostdeutschland war eine genauso revolutionäre Forderung, wie ich es einmal formulieren will, die Groß- k) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten betriebe nicht zu zerschlagen, sondern mehr Chancen- Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel Happach- gleichheit für alle Betriebsformen und eine breite Eigen- Kasan, Jürgen Türk, weiterer Abgeordneter und tumsverteilung zu erreichen. Zugegeben: Das war der Fraktion der FDP damals natürlich sehr ehrgeizig, sehr zukunftsweisend. Situation der Landwirtschaft in den neuenIch habe mir nicht vorstellen können, dass in 15 Jahren Bundesländern fast alles umgesetzt sein würde. – Drucksachen 15/3624, 15/4384 – (Beifall bei der SPD) Zum Agrarpolitischen Bericht 2005 der Bundesregie- Einer der herausragenden Erfolge war das Agrarre- rung liegen ein Entschließungsantrag der Fraktion der formgesetz des vergangenen Jahres. Was ist die Prämie SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen sowie ein Ent- nach der Entkopplung anderes als die direkte Einkom- schließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor. mensübertragung von damals? Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Oh, oh, oh!) Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – IchWas ist Cross Compliance anderes als die Bindung die- höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. ser Zahlungen an die Leistungen der Landwirtschaft im Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Parla- Umwelt- und Naturschutz? mentarische Staatssekretär Dr. Gerald Thalheim. Ich hätte mir damals nicht vorstellen können, dass da- für einmal rund 5 Milliarden Euro im Jahr ausgegeben Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär bei der würden. Ich hätte mir auch nicht vorstellen können, dass Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und eine solche Entscheidung getroffen wird und niemand Landwirtschaft: Danke sagt. Auch hätte ich mir das nicht vorstellen kön- Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen undnen, was wir hier heute gemeinsam erlebt haben, Herr Herren! Als ich 1990 Mitglied der SPD-Bundestagsfrak- Kollege Goldmann: dass die CDU-Politiker in den Län- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17131

Parl. Staatssekretär Dr. Gerald Thalheim (A) dern diese Summe für nicht ausreichend halten, zugleich haben Sie hoffentlich nicht vergessen. Man hat ja den(C) aber die Fraktionsvorsitzende Frau Merkel hier zumin- Eindruck, dass Ihr Gedächtnis an dieser Stelle sehr kurz dest den Anschein erweckt, diese Zahlungen seien der ist. CDU/CSU nicht wichtig, und sie letztendlich zur Dispo- (Beifall bei der SPD – Ernst Hinsken [CDU/ sition stellt. CSU]: Unter uns ist es den Bauern nicht so (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das stimmt doch schlecht gegangen!) gar nicht! Das nehmen Sie sofort zurück, weil Hinsichtlich der Milchquote müssen wir noch einmal es nicht stimmt! – Gegenruf des Abg. Dr. Uwe gemeinsam über die Vor- und Nachteile nachdenken. Ich Küster [SPD]: Herr Hinsken, das ist so!) habe in unserem Haus einmal ausrechnen lassen, was der Das ist an dieser Stelle, Herr Kollege Hinsken, ein Stück Quotentransfer seit 1984 gekostet hat. weit verlogene Politik. Es gäbe noch mehr Gründe, auf (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ach Gott, diese Punkte hinzuweisen. bitte nicht!) Bei der Marktorientierung, Herr Kollege Hinsken,Zwischen 8 und 10 Milliarden Euro mussten die aktiven will ich fair sein: Die ersten Schritte zur Marktorientie- Milchbauern dafür ausgeben. rung hat damals Ignaz Kiechle mit der McSherry-Re- form unternommen. Allerdings muss man hinzufügen, (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Warum seid dass dies außerordentlich halbherzig und nicht konse- ihr nicht rausgegangen?) quent war. Wir haben das gemerkt, als es am Ende um Den Jungen dämmert, dass sie diese Gelder am Ende nie die Folgen der WTO-Beschlüsse ging. Man kann nicht wiederbekommen werden. Über diese Frage wird letzt- auf der einen Seite Marktzugang und mehr Liberalisie- endlich zu diskutieren sein. Ich bin versucht, hinzuzufü- rung fordern, auf der anderen Seite aber die betroffenen gen, dass wir uns in diesem Hause schon über geringere Landwirte über die Folgen im Unklaren lassen. Die Fol- Beträge als über 8 Milliarden Euro gestritten haben. gen sind bis heute zu spüren, wenn wir an die Zucker- und die Milchmarktordnung denken. Manche Folgen (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ werden erst heute richtig wirksam. Auch wurde am Ende DIE GRÜNEN) eine Mitwirkung verhindert. Dies haben wir nach Über- Meine Damen und Herren, für mich geht es heute nahme der Regierung gemerkt, als wir die Präsident-auch um ein Stück Bilanz der sieben Jahre Bundesregie- schaft innehatten. Im Hinblick auf die Agenda 2000 gab rung, der anzugehören ich die Ehre hatte. Bei dieser Bi- es aufgrund der Verhinderung der Mitwirkung keinerlei lanz, Herr Hinsken, kommen wir wieder nicht an der Vorbereitung. Ausgangssituation, an der Erblast vorbei. Hier sind zwei (B) (D) Karl-Heinz Funke hat dann in den Verhandlungen Dinge zu nennen; das Erste istBSE. Ich war noch im um die Agenda 2000 ein gutes Ergebnis erzielt. Ausschuss, als der damalige Gesundheitsminister BSE mit Aids verglich und die Dramatik beschrieb, die uns (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Warum ist er ins Haus stünde. Ich war auch dabei, als nicht mehr da? – Hans-Michael Goldmann ein Denkverbot im Hinblick auf diesen Punkt ausgespro- [FDP]: Das waren noch Zeiten!) chen hat. – In den CDU-Ländern, Herr Hinsken, wurden damals (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Mahnfeuer abgebrannt. Die Leute, die damals diese Funke war das!) Feuer anzündeten, sagen einem heute unter vier Augen, es sei schon richtig gewesen, was wir damals entschie- – Nein, Herr Goldmann. – Die Folgen sind bekannt. Ge- den hätten. So haben wir etwa beim Rindfleisch ausge- rade die rot-grüne Bundesregierung hat sie im Interesse wogene Marktverhältnisse mit entsprechend guten Prei- der Betriebe hervorragend gemeistert. Selbst Präsident sen. Ich kann an dieser Stelle nur sagen, was ich Sonnleitner in konnte das im „Focus“-Interview nicht leug- vielen Bauernversammlungen ausgeführt habe: Dassnen. Planwirtschaft im Kapitalismus besser als im Sozialis- (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Wo haben Sie mus funktioniert, ist eine Illusion. Darauf beruhte aber sich denn wohler gefühlt, unter Funke oder ein Großteil der alten Agrarpolitik. Künast?) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Als ich gestern via Bürofernseher die Rede von Frau DIE GRÜNEN – Hans-Michael Goldmann Mortler verfolgte – leider ist sie heute nicht da –, war ich [FDP]: Da klatscht ihr noch?) entsetzt über den Unsinn, der von ihr bezüglich BSE er- zählt wurde. Der Anpassungsprozess steht uns insbesondere bei der Milch noch bevor. Ich weiß natürlich ganz genau, (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ wie schwierig die Situationder Milchbauern ist. Nur DIE GRÜNEN) sind auch hier die Konsequenzen der WTO-Beschlüsse Ich nenne in diesem Zusammenhang zwei Stichworte: zu sehen. Man kann den Leuten nicht die Philosophie einreden, über Mengenbegrenzungen ließen sich höhere Erstens: das Verbot der Fette. Ich kann mich noch er- Preise erzielen, zugleich aber in der WTO den Marktzu- innern, als Frau Widmann-Mauz dafür kämpfte, Fette gang erweitern. Dies aber ist die Konsequenz der Uru- und anderes miteinzubeziehen. Ihre Unkenntnis werfe guay-Runde von 1995 gewesen. Wer damals regierte,ich ihr nicht vor, aber der eine oder andere könnte sich 17132 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Parl. Staatssekretär Dr. Gerald Thalheim (A) einmal am Ärmel zupfen und eingestehen, was die CDU cher Partner. Ich denke, meine Kolleginnen und Kolle- (C) alles vertreten hat. gen werden das dank des Fundaments, das in den letzten Jahren gelegt wurde, auch in der Zukunft sein. Zweitens: das Testalter von 24 Monaten. Recht herzlichen Dank. (Zuruf des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP]) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Hans-Michael Darüber lässt sich in der Tat streiten. Aber nach wie vor, Goldmann [FDP]) Herr Goldmann, werden 10 Prozent der Rinder getestet, ehe sie 24 Monate alt sind. Das zu verhindern, wäre eine gemeinsame Anstrengung wert gewesen. Auch das kos- Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: tet die Bauern Geld. Am Ende ist daran auch der eine Das Wort hat die Kollegin Gerda Hasselfeldt, CDU/ oder andere Freund aus der Wirtschaft mitbeteiligt. CSU-Fraktion. Die Liste ließe sich fortsetzen. Die schlimmste Erb- (Beifall bei der CDU/CSU) last, die wir 1998 von Ihnen übernommen haben, ist der riesige Schuldenberg. Wenn es überhaupt ein Versäum- Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU): nis gibt, das der Bundesregierung anzulasten ist, dann Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! dies, dass wir 1998 zu höflich waren, um auf dieses Pro- Wir beraten heute eine ganze Reihe von verschiedenen blem nicht nur ein halbes, sondern mehrere Jahre hinzu- Agrarvorlagen. Ich möchte mich auf zwei davon kon- weisen. Ich war Mitglied dieser Fraktion, als uns 1996 zentrieren, in denen, wieich glaube, die Unterschiede noch die Schulden, die Helmut Schmidt gemacht hat,zwischen der Bundesregierung auf der einen Seite und vorgeworfen wurden. Das alles lief nach dem Strickmus- der Unionsfraktion auf der anderen Seite besonders deut- ter: Bis 1982 gab es schlechte Schulden, dann wurden lich zum Ausdruck kommen. Es handelt sich einmal um die Schulden schon besser, von 1990 bis 1998 gab esden Agrarpolitischen Bericht der Bundesregierung und sehr gute Schulden und dann gab es wieder schlechtezum Zweiten um den von uns vorgelegten Antrag zur Schulden. Das Problem ist nur, alle Schulden, die guten Stärkung ländlicher Räume. wie die schlechten, waren zu bedienen. Als wir am Ende Im Agrarpolitischen Bericht ist deutlich nachzulesen, die Konsequenzen aus dem Schuldenberg zogen, näm- wie sich die Entwicklung der Landwirtschaft und der lich die strukturellen Probleme im Haushalt zu beseiti- ländlichen Räume vollzogen hat: Die Einkommen der gen, da ging das Wolfsgeheul los. Dieses Wolfsgeheul Landwirte sind von 2001 bis heute um 15 bis 20 Prozent setzt sich bis heute fort. Denken Sie nur an Edmundgesunken. (B) Stoiber. Ich war Zeuge, als er im Bundesrat der Bundes- (D) regierung vorwarf, ihr fehle der Mut zum Subventions- (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Thalheim, hören abbau. Ihm aber fehlte letztendlich nicht der Mut, all die Sie einmal zu!) Dinge im Vermittlungsausschuss einzukassieren. Die Investitionen sind zurückgegangen. 1998 betrugen (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ sie noch 560 Euro pro Hektar, heute liegen sie bei DIE GRÜNEN – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: 360 Euro pro Hektar. Der Strukturwandel hat sich be- Das stimmt nicht! Denken Sie an das Haus- schleunigt. haltsbegleitgesetz!) Das sind einige der Fakten, meine Damen und Her- Meine Damen und Herren, leider fehlt mir die Zeit, ren. Durch den Investitionsrückgang sind Arbeitsplätze die positive Bilanz der Bundesregierung noch weiternicht nur in der Landwirtschaft – auch im vor- und nach- darzustellen. Es wäre sehr viel zu der außerordentlich gelagerten Bereich, in der Landtechnik und ebenso bei den Bauten – auf der Strecke geblieben, sondern auch positiven Entwicklung zu sagen, die wir in Ostdeutsch- technischer Fortschritt und Interessen in den Bereichen land angestoßen haben. Tierschutz und Pflanzenschutz. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Oh, oh!) (Beifall bei der CDU/CSU) Ich denke insbesondere an die Verhinderung der Degres- Denn Investitionen in neue Ställe bedeuten in aller Regel sion. Manche Legende ist ja in Umlauf gebracht worden. auch bessere Tierhaltungsbedingungen. Ich möchte die Gelegenheit heute nutzen, Frau Künast dafür zu danken. Manch anderer, auch aus den eigenen (Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Reihen, hat uns nicht im erforderlichen Maße unter- NEN]: 850 Millionen allein in 2004 für tierge- stützt, als es darum ging, diese zu verhindern. Weitere rechte Haltung!) Erfolgsgeschichten waren die Verlängerung der Pacht- Investitionen in neue Geräte bedeuten in Bezug auf den verträge und die Lösung der Altschuldenfrage. Die Liste Pflanzenschutz auch eine bessere Feinabstimmung bei- ließe sich, wie gesagt, problemlos fortsetzen. spielsweise bei der Ausbringung und vieles andere mehr. Die SPD-Agrarpolitiker haben in den letztenDas alles haben Sie mitzuverantworten: den Investi- 15 Jahren wenig versprochen und die Wahrheit gesagt. tionsrückgang, den Verlust der Arbeitsplätze, das, was Ich habe hier einige Punkte angeführt. Das wäre einean technischem Fortschritt, an Umweltschutz, an Tier- gute Basis für eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit schutz auf der Strecke geblieben ist. mit den Landwirten und den berufsständischen Organi- sationen. Wir waren in der Vergangenheit ein verlässli- (Beifall bei der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17133

Gerda Hasselfeldt (A) Dies alles ist nicht gottgegeben oder von irgendjeman- (Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Hun- (C) dem veranlasst, sondern das ist das Ergebnis Ihrer Politik, dertmal den Agrardiesel! Das ist ja langwei- einer Politik, die jede Gelegenheit genutzt hat, Kürzun- lig!) gen im Agrarhaushalt zu erreichen und die Produktions- bedingungen beispielsweise durch eine höhere Agrardie- dann brauchen Sie sich über Pflanzenschutz und Tier- selsteuer zu verschlechtern schutz überhaupt keine Gedanken mehr zu machen, weil die Produktion dann nämlich nicht mehr in Deutschland (Lachen der Abg. Waltraud Wolff [Wol- stattfindet, sondern in den anderen Ländern. mirstedt] [SPD]) (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. sowie den Landwirten Tausende von Vorschriften aufzu- Hans-Michael Goldmann [FDP]) bürden. Dies ist Ergebnis einer Politik, die zusätzlich Misstrauen zum Beispiel durch die verdeckten Feldbe- Auch ich weiß natürlich, dass wir nicht immer so tun obachtungen geschürt hat und die den deutschen Land- können, als könne es im Agrarbereich weitergehen wie wirten mit ständigen nationalen Alleingängen und mit bisher; denn auf den Weltmärkten hat sich vieles verän- Draufsatteln auf Vorschriften der Europäischen Union dert und vieles verändert sich nach wie vor. Die Zeit der das Leben schwerer gemacht, die Produktionsbedingun- abgeschotteten Agrarmärkte ist vorbei. gen verschlechtert und die Produktion in Deutschland im (Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Oh, das landwirtschaftlichen Bereich verteuert hat. ist ja schön, dass Sie das merken!) (Beifall bei der CDU/CSU – Ernst Hinsken Unsere Landwirte stehen zunehmend im internationalen [CDU/CSU]: Da ist auch der Thalheim mitver- Wettbewerb. Wenn das so ist und wenn auch Sie das antwortlich!) konzedieren, dann muss ich Sie fragen: Welche Konse- quenzen ziehen wir denn daraus? Unser Ansatz ist ein völlig anderer. Ich will Ihnen ein- mal drei Grundsätze darlegen, damit Sie das im Zusam- (Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Wel- menhang verstehen können. che ziehen Sie denn?) Erstens. Ich glaube, dass Landwirtschaftspolitik nicht – Das sage ich Ihnen gerne. – Wenn die Landwirte im- immer nur als Berufsstandspolitik betrachtet werdenmer mehr im internationalen Wettbewerb stehen, dann kann, sondern ein ganz wichtiger Teil der gesamtenmuss die oberste Maxime für die Politik sein, die Wett- Wirtschaftspolitik ist. bewerbsbedingungen der deutschen Landwirte denen der anderen europäischen Landwirte anzugleichen. (Beifall bei der CDU/CSU) (B) (Beifall bei der CDU/CSU) (D) Deshalb sind die 4,3 Millionen Beschäftigten, die wir im gesamten Agribusiness haben, einzukalkulieren, wenn Das kostet überhaupt kein Geld. Wenn Sie sämtliche wir über den Stellenwert der Landwirtschaftspolitik im EU-Vorschriften eins zu eins umsetzen und weder beim Gesamtkontext der Wirtschaftspolitik reden. Pflanzenschutz noch beim Tierschutz nationalen Allein- gänge starten, dann haben Sie schon einen wesentlichen Zweite Bemerkung. Die Landwirtschaft ist der Kern, Beitrag zur Verbesserung der Wettbewerbssituation der wenn nicht sogar die Seele des ländlichen Raums. deutschen Landwirtschaft geleistet. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. (Beifall bei der CDU/CSU) Hans-Michael Goldmann [FDP]) Was die Wettbewerbssituation betrifft, gilt Ähnliches Ohne Landwirtschaft können Sie meines Erachtens ei- für den Agrardieselbereich. Es geht auch darum, die nen ökonomisch und ökologisch lebendigen ländlichen Hausaufgaben im nationalen Bereich zu machen. Wie Raum vergessen. gehen Sie beispielsweise mit dem Problem der Agrarso- (Beifall bei der CDU/CSU) zialpolitik um? Sie schieben den Versuch, es zu lösen, hinaus. In den letzten Jahren fiel Ihnen nichts anderes Das müssen wir mit Blick auf alle, die im ländlichenein, als permanent die Zuschüsse zu den agrarsozialen Raum wohnen und diesen genießen, auch als Erholungs- Systemen zu kürzen. Sie haben sich von dem parteiüber- bereich, wissen. greifenden Konsens der 70er-Jahre verabschiedet und (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das wissen Sie haben dazu beigetragen, dass die Beiträge in der So- die Bauern besser als alle grünen Fundis!) zialversicherung der Landwirte permanent gestiegen sind. Dritte Bemerkung. Wenn Sie der Landwirtschaft die ökonomische Basis abschneiden, indem Sie die Produk- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- tionsbedingungen immer weiter verschlechtern, wie Sie neten der FDP) es die ganze Zeit gemacht haben Wir haben deutlich gemacht, dass es um eine Anglei- (Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Bei- chung und um eine engere Verzahnung mit der gesetzli- spiele!) chen Sozialversicherung geht. Vor allem in der Unfall- versicherung geht es darum, Vorschläge, die sogar vom – ich habe Ihnen schon Beispiele genannt; ich kann das Berufsstand auf den Tisch gelegt wurden, zu akzeptie- auch vertiefen –, ren, wenigstens einmal anzudiskutieren, um auf diesem 17134 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Gerda Hasselfeldt (A) Weg zu einer Absenkung der Beiträge in der Sozialversi- (Beifall im ganzen Hause – Ulrike Höfken (C) cherung zu kommen. [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir klatschen nur für den letzten Teil, nicht für die Rede!) Ich will nicht allzu sehr ausholen, was Bürokratieab- bau angeht. Wir haben Ihnen oft genug gesagt, was wir meinen. Wer sich nur anschaut, wie viele Seiten Land- Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: wirte im Zusammenhang mit der Umsetzung der GAP- Das Wort hat die Bundesministerin Renate Künast. Reform zu lesen und zu bearbeiten haben, der weiß ein Lied davon zu singen. Renate Künast, Bundesministerin für Verbraucher- Wir müssen auch neue Chancen nutzen, zum Beispiel schutz, Ernährung und Landwirtschaft: im Bereich der nachwachsenden Rohstoffe. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Oh, oh, oh, Sie mich mit einem Lob für Frau Hasselfeldt beginnen. wieder Subventionen!) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Lassen Sie mich auf Folgendes hinweisen: Heute wird so neten der FDP) getan, als wäre dies eine Idee der Grünen oder jetzigen Ich finde es gut, dass Frau Hasselfeldt immerhin erkannt Regierung. Wie ich hier bereits einmal gesagt habe,hat, dass wir analysieren müssen, wie die Bedingungen stammt diese Idee von uns. Wir haben damals, Ende der der Landwirtschaft vor dem Hintergrund der Globalisie- 80er- bis Mitte der 90er-Jahre, gegen erbitterte Wider- rung aussehen. Ich fand bedauerlich, dass Sie darüber stände der Grünen die Grundlagen gelegt. nicht hinausgekommen sind. Sie sagten „Wir müssen (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das stimmt!) uns doch fragen …“ und wandten sich an die Reihen der SPD-Fraktion. Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir uns Dies will ich bloß einmal festhalten, damit es nicht ver- diese Frage schon lange gestellt haben. Mir wäre wohl gessen wird. gewesen, wenn Sie schon vor vier Jahren mitgemacht Man muss aber auch die Chancen im Bereich derhätten und nicht erst jetzt mittun. Grünen Gentechnologie nutzen. Man muss sich seiner Ansonsten muss ich Ihnen sagen: Hauptsache ist für großen Verantwortung bewusst sein und darf nicht ein- Sie noch immer, dass die Menschen irgendwie eingelullt seitig vorgehen. Der Bundeskanzler preist auf großensind. Das Wort „Verbraucher“ oder „Verbraucherin“ Veranstaltungen zwar die Chancen einer neuen Techno- habe ich überhaupt nicht gehört. Sie haben es überhaupt logie, nicht nötig gehabt, an dieser Stelle auch nur ein einziges (B) (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: So macht er es, Mal darauf hinzuweisen, dass der ganze Sinn der Pro-(D) ja!) duktion eines Landwirtes und einer Landwirtin darin be- steht, Verbraucher und Verbraucherinnen zufrieden zu die Regierungsarbeit sieht faktisch aber ganz anders aus. stellen und irgendwie zu beglücken. Das taucht bei Ih- Das kann nicht richtig sein. Wir wollen, dass die sich aus nen immer noch nicht auf. Sie machen immer noch Poli- dieser Technologie ergebenden Chancen – Innovationen tik nach dem Motto: „Vorfahrt für die Lobby!“ und Arbeitsplätze – nicht nur in anderen Ländern, son- dern auch in Deutschland genutzt werden. (Gerda Hasselfeldt [CDU/CSU]: Das machen doch Sie!) (Beifall bei der CDU/CSU – Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen Ich gebe zu: Für uns ist es schwierig, zu beurteilen, die Verbraucher bevormunden!) was Sie überhaupt wollen, weil wir von Ihnen täglich et- Diese Ministerin hat mittlerweile einige Jahre Zeit ge- was anderes lesen. habt, Zeichen für die ländlichen Räume, für die Land- (Gerda Hasselfeldt [CDU/CSU]: Sie brauchen wirtschaft zu setzen. Frau Ministerin, Sie haben diese bloß unseren Antrag zu lesen!) Chance meines Erachtens vertan. Geblieben sind PR- trächtige Sprüche. Geblieben ist eine Klientelpolitik. Ge- Einmal wollen Sie beim Ökolandbau alles streichen; blieben ist aber vor allem, liebe Frau Künast, Ihr Beitrag dann wollen Sie doch wieder Ökolandbau und erneuer- dazu, dass die Arbeitslosigkeit so hoch ist. Die Höhe der bare Energien. Herr Stoiber erklärt uns, alle Subventio- Arbeitslosigkeit ist ein Ergebnis der Politik dieser Bun- nen müssten radikal gekürzt werden, auch vor der Land- desregierung. wirtschaft könne man nicht Halt machen; der Nächste erzählt es wieder anders. Nachdem Herr Thalheim heute seine Abschiedsrede gehalten hat, will ich nicht versäumen, ihm für seine Ar- Sie sind jetzt schon wieder beim Thema Agrardiesel. beit zu danken. Das finde ich wirklich eine tolle Nummer. Auf der einen (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Seite sagt Merz, auf einen Bierdeckel müsse eine Steuer- NEN]: Deshalb wurde er ausgeladen!) erklärung passen; auf der einen Seite sagt Frau Merkel, jetzt beginne die Phase der neuen Ehrlichkeit. Ich denke: Sie haben Ihre Stimme immer wieder zugunsten allerEndlich, nach Jahren, nimmt sie zur Kenntnis, wie es in Landwirte erhoben, manchmal gegen Widerstände inZeiten der Globalisierung um die Haushalte in Europa den eigenen Reihen. Ich möchte Ihnen herzlich danken bestellt ist. – Auf der anderen Seite wollen Sie doch und wünsche Ihnen alles Gute. beim Agrardiesel bleiben. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17135

Bundesministerin Renate Künast (A) Dann kommen Sie mit derSozialversicherung. Ich (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (C) weiß, dass das ein Problem ist, Frau Hasselfeldt. und bei der SPD – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ist unmöglich! Sie arbeiten mit Unterstel- (Gerda Hasselfeldt [CDU/CSU]: Sie haben lungen ohnegleichen!) sechs Jahre Zeit gehabt! – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das sind doch Belastungen für – Möchten Sie sich zu einer Zwischenfrage melden oder die Landwirte!) eine Kurzintervention machen? Entweder rede ich oder Sie reden, aber nicht ständig gleichzeitig. – Mein Gott, natürlich! Jeder in dieser Republik hat Be- lastungen. Ich habe es vor viereinhalb Jahren auf dem (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- Bauerntag gesagt und sage es Ihnen als alter Garde der SES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Ernst alten Agrarlobby noch einmal: Sagen Sie mir, woher das Hinsken [CDU/CSU]: Für einen solchen Blöd- Geld kommen soll! Sagen Sie mir, ob Sie es bei den Kin- sinn melde ich mich nicht!) dern und der Bildung streichen wollen! Sie lügen die Sie wollen zurück zu einer Scheinidylle der 80er- Bauern doch an. oder 90er-Jahre, als es noch eine Art Personalunion zwi- (Lebhafter Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE schen Bauernverband und Landwirtschaftsministerium GRÜNEN und bei der SPD – Widerspruch bei gab, der CDU/CSU) (Gerda Hasselfeldt [CDU/CSU]: So ein – Ja, ja, ja. Sie lügen die Bauern an. Schmarren!) Ihr Möchtegernkoalitionspartner, Herr Goldmann,als der Bauernverbandspräsident anrief und der Minister sagt in der „Berliner Zeitung“ von heute zu dem, was Sie seine Wünsche sofort aufschrieb. machen, das sei unseriöse Agrarpolitik. Ich sage Ihnen: ( [CDU/CSU]: Da ging es den Sie versprechen den Bauern und Bäuerinnen das Blaue Verbrauchern besser!) vom Himmel; aber es ist nicht vom Himmel zu holen. Haben Sie doch endlich einmal Mut zur Ehrlichkeit und Sie haben die Entwicklung verpasst und möchten zu- erzählen Sie hier nicht stundenweise etwas anderes! rück. Sie möchten eine Differenzierung und Diversifizie- rung gar nicht. Sie möchten sich gar nicht auf Globali- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sierung einstellen. Wenn Sie so weiterarbeiten, können und bei der SPD – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Sie die BSE-Krise problemlos wiederholen. Wir haben Jetzt kommen Sie einmal zur Sache!) sie hinter uns. Wir haben mit dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch eine neue Ära begonnen. (B) – Diesen Zwischenruf hätten Sie bei Frau Merkel ma- (D) chen können, die eine Dreiviertelstunde über Mut sprach (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und dann mutlos das Podium verließ. und bei der SPD – Lachen des Abg. Hans- Michael Goldmann [FDP] – Ernst Hinsken (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN [CDU/CSU]: Hoffentlich hören diese Rede die und bei der SPD – Widerspruch bei der CDU/ Bauern!) CSU) Das ist das Ende einer wichtigen Geschichte. Darauf warte ich seit Stunden. Denn nur einlullen reicht nicht. Ich freue mich im Übrigen darüber, dass Sie zwar al- les Mögliche an unserer Agrarpolitik in ideologischer (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Sagen Sie ein- Art und Weise kritisieren, aber nie unser Meisterstück: mal, was Sie für die Bauern tun!) das neue System der Berechnung ab dem 1. Januar Sie sind im Bereich Agrarpolitik eine Art Brumm-2005. Ich vergesse nichts. Erstens haben Sie sich jahre- kreisel. Sie wissen wahrscheinlich selber nicht mehr,lang dagegen gewehrt, überhaupt eine Reform zu ma- was Sie wollen. Frau Merkel hat uns aber vorhin erklärt, chen; sie saßen auf dem Schoß der Funktionäre des Bau- was sie will, als sie nämlich ganz klar sagte: Auchernverbandes. Chirac, der französische Präsident, muss sich bewegen. – (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sie hat an dieser Stelle klar die Ansage gemacht, in und bei der SPD) Europa Agrarsubventionen zu streichen. Streichen Sie also Ihre Redebeiträge! Ihrer war doch offensichtlichZweitens haben Sie sich immer dagegen gewehrt, dass falsch. wir endlich Gleichheit in den Prämien schaffen, dass nicht einer, der besonders gut wirtschaftet, der besonders (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN viel Rücksicht auf die Umwelt und auf die Tiere nimmt, und bei der SPD – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: bedeutend weniger kriegt als ein anderer, der die Tiere Das ist doch nicht wahr! Das stimmt doch dicht an dicht im Stall stehen hat. Ich bin froh, dass dies nicht! Mein Gott, bleiben Sie doch bei der anders sein wird. Genau diesen Punkt trauen Sie sich Wahrheit!) aber in Ihrer ideologischen Debatte nicht als zur Disposi- tion stehend zu bezeichnen. – Wissen Sie, „städterschlau“ gibt es nicht, aber „bau- ernschlau“ gibt es. Mindestens die Junglandwirte in die- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ser Republik wissen, dass Sie sie belügen. und bei der SPD) 17136 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Bundesministerin Renate Künast (A) Ich weiß, wie die Exportzahlen aussehen. Sie sindstelle ich mir die bäuerliche Tradition und die Landwirt- (C) von 24 Milliarden in 1999 auf 32 Milliarden Euro 2003 schaft nicht vor. gestiegen. In diesem Jahr kommt es wohl noch einmal zu einer Steigerung um 6 Prozent. Die Unternehmensge- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN winne sind letztes Jahr um 4,8 Prozent gestiegen, dieses und bei der SPD) Jahr wahrscheinlich um 10 Prozent; so sagen uns die Sie haben – das haben Sie jetzt wieder bewiesen – Wissenschaftler. keinen Plan und kein Ziel. Während andere jetzt versu- (Zuruf von der CDU/CSU) chen, die junge Garde des Proletariats zu sein – die Be- treffenden sind gerade nicht hier –, sind Sie leider Gottes – Ich weiß: Bauern jammern gerne. Zumindest die Funk- immer noch die alte Garde des Lobbyismus. Wir werden tionäre jammern immer auf hohem Niveau. auf Qualifikation und Qualität setzen und die Bauern werden damit weiter Geld verdienen. Ich weiß, dass dieErweiterung der Europäischen Union für die Landwirte und die Lebensmittelwirtschaft (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in dieser Republik zu höheren Absätzen geführt hat. Ich und bei der SPD – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: weiß auch, dass selbst beim Deutschen Bauernverband Die freuen sich schon, wenn Sie nicht mehr erkannt wurde, dass man mit Ökolandbau Geld verdie- dran sind!) nen kann. Wir haben bei den nachwachsenden Rohstof- fen eine Produktivitätssteigerung ungeheuren Ausma- ßes. Es gibt eine Warteliste für die Errichtung von Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Biomasseanlagen und wir vergeben heute mehr Kredite Das Wort hat der Kollege Michael Goldmann, FDP- für Solaranlagen als für Stallneubauten. Ich muss Ihnen Fraktion. sagen: Auf diese positive Entwicklung, die wir gegen Ih- ren erbitterten Widerstand durchgesetzt haben, sind wir Hans-Michael Goldmann (FDP): zu Recht stolz. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ein bisschen ruhiger und sachlicher, Frau Künast, geht und bei der SPD) es hoffentlich auch. Ich werde mich auf jeden Fall darum bemühen. Wir setzen systematisch auf Qualität, auf Qualifi- kation und auf Innovation. Eines sage ich ganz klar: (Dr. Uwe Küster [SPD]: Sie sollen nicht gleich Ich denke nicht im Traum daran, bei den Bauern zum zu Anfang schwindeln!) Beispiel in Bezug auf Pestizide und andere Chemika- (B) – Sie haben sich schon vorhin durch Schreien veraus-(D) lien EU-weit Harmonisierungen vorzunehmen, die ingabt. Als Verbraucherschützer muss ich sagen: Man en Deutschland zu dem gleichen schlechten Niveau, wie es beetjen sinnig, dann bekommen wir das schon gemein- das in anderen Ländern gibt, führen. Ich will, dass die sam hin. deutschen Produkte bei den entsprechenden Tests nicht negativ auffallen. Deshalb sind wir auf dem richtigen Herr Thalheim, herzlichen Dank für Ihre Arbeit! Ich be- Weg. dauere es sehr, dass Sie gehen. Sie gehen wahrscheinlich auch ein bisschen deshalb, weil Sie der letzte aufrichtige (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Agrarexperte innerhalb der SPD sind. Jan Oostergetelo und bei der SPD – Peter Bleser [CDU/CSU]: kenne ich ziemlich gut und Karl-Heinz Funke ist mit mir Wir wollen ihnen auch nicht Ihre Innovationen zusammen zur Schule gegangen. Da waren Sie in einer zumuten!) Linie. Aber was die SPD jetzt in diesem Bereich bietet, Man kann nicht beklagen, das sei teuer. Da muss man ist nicht sehr zukunftsfähig. Das ist im Grunde genom- überlegen: Wie werden diese Betriebe effizienter? Da men ein ständiges Wegducken vor der rein ideologischen muss man überlegen: Wie macht man mit den Geldern Linie, die von den Grünen in den letzten Jahren im Mi- der CMA Werbung für die hiesigen hochqualitativennisterium für Verbraucherschutz, Ernährung und Land- Produkte? So wird ein Schuh daraus. Deshalb hat näm- wirtschaft praktiziert worden ist. Das, Herr Thalheim, lich der liebe Gott die Werbung überhaupt erfunden. hätten Sie hier durchaus etwas kritischer anmerken kön- nen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE Ich will auch auf das ThemaAgrogentechnik zu GRÜNEN]: So viel zur Sachlichkeit!) sprechen kommen. Sie reden ja gerne über die Bauern- befreiung. Ich würde jedem, der darüber spricht, emp- – Zur Sachlichkeit kann man sagen: Du weißt ja selbst, fehlen, in der Historie nachzulesen, wie die so genannte dass der Kanzler hingeschmissen hat. Eure Abwahl wird Bauernbefreiung endete: für viele Bauern tödlich. kommen. Wir wollen definitiv keine neue Abhängigkeit der Land- (Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wirtschaft schaffen. Früher gab es eine Abhängigkeit von NEN]: Sei du mal nicht so laut, mein Lieber! – Interventionsaufkäufen und gekoppelten Zahlungen aus Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE Brüssel; in Zukunft würde es eine neue Abhängigkeit GRÜNEN]: Warten wir es mal ab, wer die von ein oder zwei großen Saatgutunternehmen geben. So Verbraucherstimmen bekommt!) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17137

Hans-Michael Goldmann (A) All diejenigen, die mit Verbraucherschutz, Ernährung (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – (C) und Landwirtschaft etwas zu tun haben, betrachten das Dr. Uwe Küster [SPD]: Oh, das Goldhähn- als eine Chance. Das sollte uns, die wir hier für die chen!) Agrarpolitik insgesamt Verantwortung haben, schon zu – Hören Sie mir doch wenigstens zu! Wenn Sie mich denken geben. schon anblaffen, (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE (Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Herr GRÜNEN]: Hast du die Verbraucher gefragt Goldmann, Sie wollten sachlich sein!) oder woher weißt du das?) dann sollten Sie zumindest meine ruhigen, sachlichen Ich gehe davon aus, dass es nach der Wahl im Bereich Ausführungen zur Kenntnis nehmen. der Agrarpolitik einen grundlegendenRichtungswech- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten sel in der Rückbesinnung auf Fachlichkeit, Leistungsfä- der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten des higkeit BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der (Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- SPD) NEN]: Etwas lauter, damit es jeder hört!) Frau Künast, was Sie jetzt machen, das ist genau Ihr Stil – das will ich Ihnen einmal sagen, auch wenn ich mir und Innovationen gibt, um Arbeitsplätze in diesem Be- Ärger mit Ihnen einhandele –: rotzfrech sein, aber nicht reich auf einem immer globaler werdenden Markt zuzuhören. schaffen. Nationale Kuschelpolitik kann nicht die Ant- wort auf die Herausforderungen sein, vor denen die Er- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten nährungswirtschaft, die Agrarwirtschaft und der Ver- der CDU/CSU – Ulrike Höfken [BÜND- braucherschutz insgesamt stehen. NIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist denn dein Spiegel?) (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Frau Künast, Sie haben es nie für nötig gehalten, sich im Ausschuss einer fachlichen Diskussion zu stellen. Wir werden diesen Weg nicht im Sinne von Lobby- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) ismus gehen; glauben Sie das nicht. Wir waren bei Raiffeisen nicht geladen und wir sitzen auch beim Deut- Ihre Präsenz im Ausschuss für Verbraucherschutz, Er- schen Bauernverband nicht in der ersten Reihe. Wir set- nährung und Landwirtschaft geht gegen null. zen vielmehr auf Fachlichkeit und auf die unternehmeri- (B) (Gitta Connemann [CDU/CSU]: Ja, und das (D) sche Kraft des Einzelnen, die wir zur Entfaltung bringen seit drei Jahren! Das ist peinlich genug!) wollen: durch steuerpolitische und arbeitsmarktpoliti- sche Überlegungen, die auf dem Ernährungs- und Agrar- Wir haben uns intensiv darum bemüht, bestimmte Vor- sektor in besonderer Weise zum Tragen kommen. Frau haben gemeinsam umzusetzen. Aber Sie haben unsere Hasselfeldt hat gesagt, dass es sich hierVorschläge um kassiert, ohne auch nur andeutungsweise auf 4,3 Millionen Menschen handelt. Das entspricht in der das, was wir Ihnen argumentativ vorgetragen haben, ein- Rankingliste Platz 4. Jeder zweite Arbeitsplatz in Nie- zugehen. dersachsen ist unmittelbar mit dem Ernährungssektor Die EU-Agrarreform, die Sie auf den Weg gebracht und der Agrarwirtschaft verkoppelt. Ich freue mich da- haben, war eine Idee der FDP. Die Kulturlandschaftsprä- rüber, dass wir zukünftig wieder eine Politik machenmie war unsere Idee. Diesen Weg gehen wir mit Ihnen können, die den Menschen, die in diesem Bereich tätig gemeinsam. Aber wir bitten darum, dass Sie ein bisschen sind, Chancen und Zukunft gibt. Respekt vor den konventionellen Landwirten haben, vor denen, die auf dem Schweinemarkt, dem Milchmarkt Frau Künast, Sie wissen, dass ich Sie menschlich und dem Kartoffelmarkt tätig sind. durchaus schätze. Aber tun Sie doch nicht so, als sei Ihre Politik von Fachlichkeit geprägt. Nein, Sie haben Ihr Frau Künast, Sie hören mir schon wieder nicht zu; Haus – Ihren Haushalt, Ihre Sachverständigen- und Be- (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ratergremien und die Beförderungsstrukturen Ihres NEN]: Doch! Ich habe zwei Ohren!) Hauses – systematisch genutzt, um Ihre ideologische Linie – die Kampflinie zwischen der Ökolandwirtschaft das ist typisch für Sie. auf der einen Seite und der schlimmen konventionellen Landwirtschaft auf der anderen Seite – durchzusetzen. (Zuruf von der FDP: Die soll sich endlich mal hinsetzen! – Gegenruf der Abg. Renate Künast (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich stehe Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- doch nicht auf meinen Ohren!) NEN]: Ach was! Das war doch schon vorher Es ärgert mich nicht, sondern es betrübt mich, dass je- so! Nicht immer nur die Grünen!) mand wie Sie eine solche Arroganz an den Tag legt, – Auch wenn Sie jetzt wieder schreien, Frau Künast, (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der muss ich Ihnen sagen: Sie sind fachlich gescheitert; denn CDU/CSU – Dr. Uwe Küster [SPD]: Reden Sie sind mit Illusionen angetreten. Sie lieber nicht von Arroganz!) 17138 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Hans-Michael Goldmann (A) während es uns darum geht, wieder eine vernünftige Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD): (C) agrarpolitische Linie einzuschlagen. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir alle haben für heute andere Re- (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Sie soll sich mal den vorbereitet. Herr Goldmann, Sie haben am Anfang hinsetzen! Sie hat ja überhaupt keinen An- die Sachlichkeit angemahnt. stand!) (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: GRÜNEN]: Das macht er ja immer!) Herr Kollege Goldmann, Sie müssen zum Ende kom- Ich hatte gehofft, Sie würden sachlich sein, aber weit ge- men. fehlt, wie fast immer. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Hans-Michael Goldmann (FDP): Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. Ich möchte den Anfang auch nutzen, um – das haben hier schon mehrere getan –Dr. Gerald Thalheim zu Ich will Ihnen ehrlich sagen: Zwar hatte ich eigentlich danken, der seit 1998 – schon unter Karl-Heinz Funke – eine etwas andere Rede vorbereitet. Aber, Frau Künast, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium ich muss feststellen: In diesem Bereich sind Sie fachlich für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft unterbemittelt. ist. Er hat mit Engagement und Weitsicht – ich glaube, das sehen wir alle so – immer für gute Lösungen in der Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Landwirtschaftspolitik gekämpft. Wir kennen ihn als ei- Herr Kollege Goldmann, ich kann Sie jetzt nicht mehr nen, ich kenne dich als einen, Gerald, der immer deutli- weiterreden lassen. Ihre Redezeit ist überschritten. che Worte spricht, (Max Straubinger [CDU/CSU]: Das ist aber Hans-Michael Goldmann (FDP): auch der einzige bei der SPD!) Sie haben personell Willkür betrieben. Es wird aller- der den Menschen kein X für ein U vormacht und der die höchste Zeit, dass Sie aus dieser Regierungsmannschaft Probleme ganz ehrlich angeht. Dafür bist du bei den verschwinden. Bauern nicht nur beliebt, sondern auch sehr hoch geach- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) tet. Ich bin froh, dass bald gewählt wird. Wir werden dafür (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Max (B) sorgen, dass die rot-grüne Regierung abgelöst und dass Straubinger [CDU/CSU]: Das war aber auch (D) in Deutschland endlich wieder vernünftige Agrarpolitik der einzige!) gemacht wird. Die Betriebe in Ostdeutschland sind dir, glaube ich, zu (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – ganz besonderem Dank verpflichtet. Ich selber möchte Dr. Gerald Thalheim [SPD]: Und wo waren hier auch die Gelegenheit nutzen, ein herzliches Danke- Ihre fachlichen Beiträge, Herr Goldmann?) schön zu sagen. Alles Gute für deine Zukunft! (Beifall bei Abgeordneten der SPD, des Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/ Herr Kollege Goldmann, wenn ich es richtig verstan- CSU und der FDP) den habe, haben Sie in Ihrem Debattenbeitrag gegenüber Meine Damen und Herren, Landwirtschaft zukunfts- der Ministerin das Wort „rotzfrech“ gebraucht. Das ist und wettbewerbsfähig zu machen, war immer unser ein unparlamentarischer Ausdruck. Ich bitte Sie herz- oberstes Prinzip. Das war nicht immer leicht. Opposition lich, sich dafür bei der Ministerin zu entschuldigen. und Bauernverband verunsichern mit markigen und mit plakativen Sprüchen. Ich will einmal ein paar Beispiele Hans-Michael Goldmann (FDP): nennen: Oktober 2003. Die GAP-Reform stelle die Ich entschuldige mich dafür, weil das der Ministerin landwirtschaftlichen Betriebe durch die gegenläufige gegenüber der Anstand des Parlaments gebietet. Aber Entwicklung sinkender Preise und steigender Produk- Frau Ministerin sollte einmal darüber nachdenken, ob tionskosten vor eine Zerreißprobe, so Bauernverbands- das, was sie gerade getan hat, ein angemessener ministe- präsident Sonnleitner. Vor einer Woche hieß es: rieller Umgang mit einem Kollegen ist, der sich in die- Insgesamt birgt die EU-Agrarreform jedoch gerade sem Bereich engagiert. für die deutschen Landwirte gute Möglichkeiten (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) und Zukunftschancen. So der gleiche Bauernverbandspräsident Sonnleitner. Da Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: frage ich mich: Was soll das denn? Nur Verunsicherung Das Wort hat die Kollegin Waltraud Wolff, SPD-des eigenen Berufsstandes? Oder ist es die Perspektivlo- Fraktion. sigkeit, die Sie in Ihrer Politik prägt? (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17139

Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (A) Wir haben immer und immer wieder den Dialog mit dem (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Durch wen? (C) Bauernverband gesucht und uns bemüht, gemeinsam Doch nicht durch euch! Durch den Verbrau- beste Möglichkeiten zu finden. Jetzt kommt vom Bau- cher!) ernverbandspräsidenten die Aufkündigung der Zusam- menarbeit – über die Presse, unter der Überschrift: Ein Speziell die Biomasseförderung – das hat auch Frau potenzieller Regierungswechsel ist ein Befreiungsschlag Ministerin Künast angesprochen – eröffnet hier völlig für die Bauern. neue Einkommensquellen; und das ist super. (Julia Klöckner [CDU/CSU]: Recht hat er!) In der EU-Politik haben wir von der Regierungsko- alition gestemmt, was nur ging. Die EU-Agrarreform Das präsentiert zu bekommen, ist mehr als ein Fauxpas, ist – das wissen wir alle – ein Paradigmenwechsel für meine Damen und Herren. Und ich muss sagen: Zu früh die deutsche Landwirtschaft. gebrüllt, Löwe! Glauben Sie mir eines: CDU und CSU tönen jetzt, (Beifall bei Abgeordneten der SPD) dass sie bei einem Regierungswechsel alles – bis hin zum Agrardiesel; das haben wir heute ja auch gehört – Denn in den Tickermeldungen von heute steht, Sonnleitner wieder ändern wollen. Ich sage Ihnen aber von dieser schrieb einen Brief an den Bundeskanzler, er brauchtStelle aus: Niemals! Sie sind froh, dass wir diese ein- Hilfe, weil er Angst hat um die EU-Agrarhilfen. schneidenden Maßnahmen vorgenommen haben. Sie (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Was hat hätten nie den Mut dazu gehabt. Sie werden nicht einen denn das miteinander zu tun? Das ist doch völ- Deut davon zurückdrehen. lig normal! Interessant ist allenfalls, dass er (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Friedrich nicht an Frau Künast geschrieben hat! – Eckart Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) von Klaeden [CDU/CSU]: Da braucht er mit Hilfe gar nicht zu rechnen!) Selbst Herr Goldmann hat diese Ankündigungen als un- seriöse Wahlversprechen bezeichnet; ich habe es in den Wenn ich eine Regierung erst derartig beschimpfe, wie dpa-Tickermeldungen gesehen. kann ich sie dann anschließend um etwas bitten? Da muss man sich schon einmal überlegen, was man will. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Habe ich gar nicht gesagt! Ich habe davor gewarnt!) Unsere Regierung ist nicht gegen die Bauern, wie im- mer wieder von Ihnen suggeriert wird, sondern unsere Stichwort Zuckermarktordnung: Diese Reformen Entscheidungen helfen auf dem Weg in eine wettbe-sind unumgänglich; das wissen wir. Die WTO hat ent- (B) werbsfähige Zukunft. Es ist die rot-grüne Regierung ge- schieden, dass die EU ihren Export weit zurückfahren(D) wesen, die das Krisenmanagement im Sinne der Produ- muss. Daran führt kein Weg vorbei. Wir als SPD haben zenten und Verbraucher aufgebaut hat. Die rot-grünezum Abbau des Außenschutzes – wie von der WTO ver- Regierung hat das Lebensmittel- und Futtermittelrecht langt – zu unseren Vorstellungen bezüglich der Umstruk- neu strukturiert und die Produktkennzeichnung von Le- turierungsmaßnahmen und dazu, dass die EU einmütig bensmitteln verbessert – blockiert haben CDU/CSU und in die WTO-Verhandlungen gehen muss – ansonsten ha- FDP. ben wir an dieser Stelle nämlich keine Chance –, Stel- lung genommen. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Was haben wir?) (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Uns allen hier ein Mehr an Verbraucherrechten einzuräu- Von daher finde ich die Forderung von CDU und CSU, men, habt ihr stets abgelehnt, nach dem Motto „Derden landwirtschaftlichen Betrieben bei denWTO-Ver- Markt wird es schon richten“. Wer hat das Verbraucher- handlungen besser zu helfen und sie zu vertreten, ein informationsgesetz scheitern lassen? Schwarz-Gelb. bisschen platt und einfach. Es tut mir Leid, aber es ist einfach nur eine Floskel – ansonsten nichts. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Weil es ein schlechtes Gesetz war!) Stichwort agrarsoziale Sicherung: Die SPD hat ihre Modernisierungsvorschläge schon lange auf den Tisch Meine Damen und Herren, der Markt richtet es ebengelegt. Frau Hasselfeldt, Sie haben das angesprochen. nicht. Deshalb halten wir an unseren Forderungen auch Ihre Fraktion ist abgetaucht. Von ihr war nichts zu sehen. künftig fest. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Ein anderer Punkt: erneuerbare Energien, wie wir wissen ein Erfolgsschlager. Das Einzige, was Sie können, ist, sich jährlich bei den Haushaltsverhandlungen hinzustellen und immer wieder (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ja, wunder- um die gleichen Bundesmittel zu streiten. bar!) (Gerda Hasselfeldt [CDU/CSU]: Sie können Das hätte Schwarz-Gelb auch haben können, aber Sie nichts anderes als kürzen!) haben es einfach verschlafen. In unserer Regierungszeit sind hier im vor- und nachgelagerten Bereich ungefähr Wo sind denn, bitte schön, Ihre Vorschläge? Wo haben 130 000 Arbeitsplätze neu entstanden. Sie je was aufgelegt? 17140 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

(A) Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: hoffe, dass Teile seiner Ideen in einer neuen Regierung (C) Frau Kollegin Wolff, Sie müssen zum Ende kommen. verwirklicht werden und er nicht noch einmal eine sol- che Zeit unter einer grünen Ministerin leiden muss. Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD): Herzlichen Dank und alles Gute für die Zukunft! Ja, ich komme gleich zum Schluss, Frau Präsidentin. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der FDP – Zuruf von der SPD: Da kön- Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: nen wir leider nicht klatschen!) Ja, Sie müssen wirklich gleich zum Schluss kommen. Meine Damen und Herren, ich glaube, diese Bundes- regierung hat noch nicht erkannt, was in diesem Land Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD): geschieht: Mehr als 5 Millionen Menschen sind arbeits- Ja, das ist mein letzter Satz. los, Millionen sorgen sich um ihren Arbeitsplatz, die (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Der war Staatsfinanzen sind zerrüttet, die Bürger ächzen unter ei- aber lang!) ner überbordenden Bürokratie Ein Wort will ich noch zur Schweinehaltungsrichtli- (Stephan Hilsberg [SPD]: Oh!) nie sagen. und diese Bundesregierung hinterlässt einen Scherben- haufen. Deswegen muss sie weg. Sie haben es ja selbst Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: erkannt. Deswegen wird der Bundeskanzler die Vertrau- Frau Kollegin! ensfrage stellen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD): 750 000 Euro Vertragsstrafe täglich stehen uns ins Frau Ministerin, in der Agrarpolitik sieht es nicht an- Haus, weil Sie das verdorben haben. ders aus. Mit Ihrer grün-sozialistischen Bevormun- dungspolitik Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: (Zurufe von der SPD: Oh!) Frau Kollegin, ich drehe Ihnen den Ton ab. haben Sie Tausenden Menschen in der Ernährungswirt- schaft ihren Arbeitsplatz genommen. Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD): (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – 750 000 Euro täglich – ein Dankeschön an die CDU/ Dr. Uwe Küster [SPD]: Mein Gott!) CSU von allen Steuerzahlern dafür. (B) (D) Darüber hinaus haben zahllose Landwirte, Gärtner, Win- Herzlichen Dank. zer, Obstbauern, Forstleute, Fischer täglich Sorge, dass (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ neue Horrormeldungen aus diesem rot-grünen Lager DIE GRÜNEN – Eckart von Klaeden [CDU/ kommen. CSU]: Origineller Abgang! – Ernst Hinsken [CDU/CSU]:) Das waren fünf Sätze!) (Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Besonders die Obstbauern, klar!)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Sie befürchten, dass auch sie ihre Existenz in den selbst- Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Peter ständigen Betrieben verlieren könnten. Bleser, CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Ganz anders ist das in Ihrem Ministerium. Da hat der Hans-Michael Goldmann [FDP]) Run auf die Rettungsboote begonnen. Sie versorgen Ihre Günstlinge. Diese werden – 27 an der Zahl – noch Peter Bleser (CDU/CSU): schnell befördert. Hier wird bei Ihnen eine ganz andere Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach „soziale Einstellung“ sichtbar. der grün-fundamentalistischen und kasperletheaterähnli- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – chen Rede der Frau Ministerin Widerspruch bei der SPD) (Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Na, na!) Die Bauern haben in den letzten Jahren deutliche Ein- fällt es mir besonders leicht, hier ein paar wohlwollende kommensverluste hinnehmen müssen. So ist ihr Ein- Worte zur Verabschiedung des Staatssekretärs Gerald kommen in den letzten fünf Jahren um 8 Prozent gesun- Thalheim zu sprechen. ken. Wenn die Einkommen durch die günstigen Preise bei den Ackerbaubetrieben nicht gestiegen wären, wäre Herr Thalheim hat sich inseinen vielen Jahren im die Bilanz noch viel negativer. Insbesondere die von Ih- Deutschen Bundestag – wir sind zusammen ins Parla- nen angeblich unterstützten Rind- und Milchviehbe- ment gekommen – durch eine sachorientierte Politik aus- triebe haben im letzten Jahr 7,8 Prozent ihres Einkom- gezeichnet. Ich behaupte, wir waren uns in vielen Fällen mens verloren. geistig näher als er mit seiner Ministerin. Deswegen will ich mich sehr herzlich für diese überfraktionelle Zusam- (Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: menarbeit bedanken und ihm alles Gute wünschen. Ich Die Preise machen wir doch nicht!) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17141

Peter Bleser (A) Seit Ihrem Amtsantritt sind es insgesamt 22 Prozent. Das den Solidarausgleich des Staates verweigert haben. Wer (C) sind die Tatsachen, mit denen die Menschen leben müs- andere als Heuschrecken bezeichnet, aber selbst gerade sen. Das Geschwätz, das Sie hier vortragen, nützt dain dieser Frage den Begriff soziale Marktwirtschaft nicht überhaupt nichts. versteht, der sollte sich schämen, Frau Ministerin. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- neten der FDP – Zuruf von der SPD: Das sind NEN]: Fassen Sie sich an die eigene Nase!) doch alles Blasen!) Leider hält dieser Trend noch an. Ich sage Ihnen: Wenn es nicht gelingt, diese vermögensverzehrende Po- Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: litik zu stoppen, dann werden wir insbesondere die Kul- Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der turlandschaft in den Grünlandregionen, sozusagen die Kollegin Wolff? Heimat der Milchviehbetriebe, so wie wir sie heute ken- nen, nicht aufrechterhalten können. Peter Bleser (CDU/CSU): (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Bitte schön. NEN]: Die bekommen bei mir mehr Geld, als sie sich bei Ihnen jemals träumen durften! Flä- Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD): chenprämie!) Herr Kollege Bleser, Sie haben hier mit einem leisen Unterton eine Bemerkung gemacht, die ich gerne noch – Frau Künast, ich habe Sie leider nicht verstanden. Sie einmal laut und deutlich hören möchte. Sie haben zum müssen, wenn Sie hinten sitzen, lauter rufen. Dann be- Agrardiesel gesagt: Wir erhöhen die Steuern nach dem kommen Sie auch eine Antwort. Gewinn der Wahlen auf 40 Cent. – Ich wollte einmal Noch verheerender ist Ihre Bilanz, wenn Sie die Net- nachfragen, ob dem so ist. towertschöpfung mit der anderer EU-Staaten verglei- (Gerda Hasselfeldt [CDU/CSU]: Sie haben das chen. 2001 waren wir noch auf dem dritten Platz. Heute gemacht!) sind wir unter den 25 EU-Staaten auf Platz 15 angekom- men. Hier wird der Niedergang in großer Deutlichkeit sichtbar. Folgerichtig sinken dieInvestitionen in der Peter Bleser (CDU/CSU): Landwirtschaft, weil die Menschen kein Vertrauen in die Frau Wolff, ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber Zukunft haben. Die Politik dieser Regierung, Ihre Poli- Sie haben nicht richtig zugehört. (B) tik, Frau Künast, legt sich wie Mehltau auf die Investi- (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Aber wirk- (D) tionsbereitschaft des gesamten Agrargewerbes. lich! Waltraud, das musst du doch wissen! Du (Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- bist doch die Sprecherin! Das ist ja abenteuer- NEN]: Der Mehltau war doch Kohl!) lich!) Es sind nicht nur mangelnde Fachkenntnis und Untä- Ich habe gesagt, dass diese Bundesregierung die Besteue- tigkeit, die zu diesem Ergebnis geführt haben, sondern rung von Agrardiesel auf 40 Cent erhöht hat, während Sie haben der deutschen Landwirtschaft durch einseitige die Franzosen das Gegenteil gemacht und die Besteue- Belastungen ganz bewusst Schaden zugefügt. rung pro Liter auf 1,66 Cent gesenkt haben. Das habe ich Ihnen vorgeworfen und dazu stehe ich auch. Eine solche (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Jawohl!) Politik ruft Wettbewerbsverzerrungen hervor. Während unsere Nachbarn in der Europäischen Union (Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- die Bedeutung der Landwirtschaft für die Volkswirt- NEN]: Was wollen Sie jetzt tun?) schaft erkannt haben und ihre Bauern im Wettbewerb zum Beispiel durch die Senkung der Agrardieselbesteue- Ich will das jetzt weiterführen, Frau Wolff. rung begünstigt haben – in Frankreich beträgt diese (Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Die Steuer nur 1,66 Cent –, hat diese Bundesregierung die Antwort!) Besteuerung im Durchschnitt auf 40 Cent erhöht. Indem Sie bei den Sozialversicherungen gekürzt haben, (Gustav Herzog [SPD]: Sagen Sie mal was zur haben Sie 2003 35 Millionen Euro und 2004 und wohl Sache!) auch 2005 jeweils 20 Millionen Euro für das Bundespro- gramm „Ökologischer Landbau“ verschleudert, wovon – Ich werde dazu noch etwas sagen, Herr Herzog; keine bei den Bauern kaum etwas angekommen ist. Sorge. Ich will jetzt die Kritik des Rechnungshofes vortra- Was noch schlimmer ist: Keine andere Berufsgruppe gen, die Sie einfach ignoriert haben. Ich zitiere: in Deutschland hat in diesem Jahr Beitragssteigerungen in der gesetzlichen Krankenkasse und der Unfallversi- Das Bundesministerium … hat … in weitem Um- cherung von jeweils mehr als 15 Prozent hinnehmen fang Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit finan- müssen. Der Grund dafür ist, dass Sie den wenigen ver- ziert, um die politische Grundausrichtung der bleibenden jungen Bäuerinnen und Bauern, die die stei- Bundesregierung darzustellen. Damit hat es gegen gende Zahl der älteren Menschen mitversorgen müssen, Haushaltsrecht verstoßen. 17142 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Peter Bleser (A) Es geht weiter im Bericht des Bundesrechnungshofes: – Er taucht doch immer auf den Veranstaltungen auf. –(C) Wenn Herr Sonnleitner nicht CSU-Mitglied ist, dann Nicht die Fachinformation, sondern die Werbung gehe ich davon aus, dass auch die BUND-Mitglieder für die politischen Ziele des Bundesministeriums nicht Mitglieder der Grünen sind. Ich habe darüber zu- steht dabei im Vordergrund. Die Maßnahmen hätten mindest keine Erkenntnisse. daher nicht aus dem Bundesprogramm finanziert werden dürfen. Meine Frage ist: Wenn solche Einzelprojekte Sie stö- ren, soll ich mich dann bei den Beratungen mit dem Kol- Das sind Rügen, die nicht schlimmer formuliert werden legen Eichel aufgefordert fühlen, im nächsten Haushalt könnten. Das hat Sie überhaupt nicht gestört. Sie haben die Zuwendungen beispielsweise für den Berufswettbe- Steuergelder veruntreut. werb des Deutschen Bauernverbandes zu streichen, weil er auch eine gewisse inhaltliche Ausrichtung hat? Wohin (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) soll das führen? Gleiches gilt für die Kampagne „Echt gerecht – clever kaufen“. Peter Bleser (CDU/CSU): (Zuruf von der SPD: Sagen Sie mal, was Sie Frau Ministerin, die Sorge, dass Sie noch einmal ei- vorhaben! Nur herummeckern!) nen Haushalt aufstellen müssen, sollten Sie sich nicht machen. Ich glaube, das ist erledigt. Sie haben auf dem Potsdamer Platz ein Riesenplakat für 56 000 Euro errichten lassen. Das war nichts anderes als (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) eine versteckte, aus Steuergeldern finanzierte Wahl- Ich will Ihnen ganz klar sagen: Ich bin der festen kampfaktion. Überzeugung, dass uns die Menschen in den ökologisch wirtschaftenden Betrieben mit sehr großer Mehrheit Wie verfilzt das Ministerium mittlerweile ist, zeigt wählen werden. Ich sage Ihnen auch, warum: Sie haben nicht nur die Flucht in die Rettungsbote, die ich gerade mit Ihrer Politik der Angebotsausdehnung und mit der schon genannt habe, Schwächung deutscher Biosiegel wie Demeter und Bio- (Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Sagen land dazu beigetragen, dass Biokartoffeln aus Ägypten Sie mal was zu Ihren Anträgen!) nach Deutschland eingeführt werden und die heimischen Bauern auf ihren Kartoffeln sitzen bleiben, weil sie die sondern auch, dass Sie grüne Hilfstruppen mitfinanziert Preise, die sie brauchen, auf dem Markt nicht durchset- haben. Sie haben zum Beispiel das Projekt des BUND zen können. Sie haben gerade den biologisch wirtschaf- „Informationen für Bäuerinnen und Bauern zum Einsatz tenden Betrieben schwersten Schaden zugefügt. (B) der Gentechnik in der Landwirtschaft“ mit 130 000 Euro (D) mitfinanziert. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – [CDU/CSU]: Setzen! Fünf!) (Zuruf von der CDU/CSU: Unglaublich!) Sie können sich wieder setzen, Frau Ministerin. Auch das ist eine sachfremde Ausgabe für den Wahl- (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: kampf, die man Ihnen anlasten muss. Ich dachte, Sie würden antworten!) Dass die Menschen diese Politik erkennen, ist klar. Der absolute Höhepunkt staatlicher Arroganz dieser Sie, Frau Ministerin, haben in einer Umfrage des Markt- Bundesregierung besteht darin, dass Sie 300 Feld- forschungsinstituts Produkt + Markt die Schulnote 5,3 beobachter losschicken, um die Bauern bei der Ausbrin- bekommen, also eine glatte Fünf. Damit müssen Sie le- gung von Pflanzenschutzmitteln zu beobachten. Das ben. Das ist die schlechteste Note von allen Landwirt- sind Stasimethoden. Das wirft ein bemerkenswertes schaftsministern Deutschlands. Licht auf Ihre Geisteshaltung. (Max Straubinger [CDU/CSU]: Das passt zu Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: ihrer Ideologie!) Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Künast? Die Bürger trauen diesem Staat, dieser Bundesregierung nicht mehr. Deshalb haben sie in Nordrhein-Westfalen begonnen, diese Regierung abzuwählen. Ich hoffe sehr, (CDU/CSU): Peter Bleser dass Ihr Wunsch, am 1. Juli hier das Vertrauen zu verlie- Bitte. ren, in Erfüllung geht. Wir werden unsere Unterstützung hier nicht versagen. Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und Herr Bleser, Sie haben jetzt einige Zahlungen von uns der FDP) für Projektförderungen aufgeführt. Soll ich das so ver- stehen, dass Sie möchten, dass dieses Ministerium für Sie haben aber auch danach gefragt, welche Vorstel- den nächsten Haushalt alle solche Projektförderungen lungen wir in der Agrarpolitik haben. Die will ich Ihnen streicht? Das heißt dann aber auch, dass das ohne An- jetzt gerne mitteilen. Wir wollen eine wissenschaftlich sehen der Parteimitgliedschaft erfolgen muss. Herrbegründete, wettbewerbsorientierte, tierartgerechte und Sonnleitner ist offensichtlich CSU-Mitglied. nachhaltige Landwirtschaft. (Zurufe von der CDU/CSU) (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Bravo!) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17143

Peter Bleser (A) Dabei haben wir die Lebensmittelsicherheit immer im (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ (C) Blickpunkt. Sie genießt bei uns absolute Priorität; damit DIE GRÜNEN – Hans-Michael Goldmann da überhaupt kein Zweifel entsteht. [FDP]: Das stimmt überhaupt nicht! Das hat er nicht gesagt!) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der FDP) Ich schließe die Aussprache. Wir wollen die Rechte der Verbraucher stärken, damit Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus- sie auf Augenhöhe mit den Anbietern am Markt teilneh- schusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Land- men können. Wir werden – das ist ganz wichtig – diewirtschaft auf Drucksache 15/5647 zu dem Antrag der Ideologisierung der Landwirtschaft sofort beenden. Wir Fraktion der CDU/CSU mit dem Titel „Ländliche werden aber auch die konventionelle und die ökologi- Räume durch eine moderne und innovative Landwirt- sche Landwirtschaft gleich behandeln und gleich för-schaft stärken und damit Arbeitsplätze sichern“. dern. Da braucht sich niemand Sorgen zu machen. Der Verbraucher soll entscheiden, welche Produkte er kauft. (Unruhe) Wir wollen ihn überhaupt nicht beeinflussen. – Ich bitte die Regierungsbank, sich zurückzuhalten, Wir wollen den 4,2 Millionen Menschen, die in der Herr Kollege Hartenbach; wir sind bei den Abstimmun- Agrarwirtschaft beschäftigt sind, wieder eine Zukunft gen. – Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf geben. Deswegen lautet die Devise: Kein Arbeitsplatz Drucksache 15/5249 abzulehnen. Wer stimmt für diese wandert mehr wegen selbstverschuldeter Verschlechte- Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltun- rung der Wettbewerbsfähigkeit ins Ausland ab! gen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen der CDU/CSU und der Daraus ergibt sich, dass wir bei den EU-Richtlinien FDP angenommen. bei einer Umsetzung von eins zu eins bleiben müssen. Tagesordnungspunkt 13 b: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Landwirtschaft auf Drucksache 15/5645 zu dem Antrag Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen. der Fraktion der CDU/CSU mit dem Titel „Das deutsche (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Biosiegel erfolgreich umsetzen“. Der Ausschuss emp- fiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/4840 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegen- Peter Bleser (CDU/CSU): probe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist Wettbewerbsverzerrungen müssen abgebaut und viele mit den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen der (B) weitere Schritte müssen erfolgen, die Frau Hasselfeldt CDU/CSU und der FDP angenommen. (D) schon genannt hat. Tagesordnungspunkt 13 c: Beschlussempfehlung des Da meine Redezeit zu Ende geht, will ich mich auf ei- Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und nen Schlusssatz beschränken. Landwirtschaft auf Drucksache 15/5646 zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU mit dem Titel „Mehr Ver- Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: braucherschutz durch eindeutigere Kennzeichnung und Nein, Ihre Redezeit geht nicht zu Ende, Herr Kollege; sendungsbezogene Rückstandsuntersuchungen von Ge- sie ist bereits überschritten. flügelfleischimporten in die EU aus Drittländern“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/5247 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh- Peter Bleser (CDU/CSU): lung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschluss- Sie können den Bäuerinnen und Bauern in diesem empfehlung ist mit den Stimmen der Koalition bei Ge- Land mitteilen: Bald werden sie von dieser Regierung genstimmen der CDU/CSU und der FDP angenommen. befreit sein und dann haben sie eine gute Zukunft. Tagesordnungspunkt 13 d: Beschlussempfehlung des Herzlichen Dank. Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- cherheit auf Drucksache 15/5526. Der Ausschuss emp- neten der FDP – Lachen bei Abgeordneten der fiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung die Ableh- SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- nung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU auf NEN) Drucksache 15/4935 mit dem Titel „Projekt des Um- weltbundesamtes zur so genannten unangekündigten Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Feldbeobachtung endgültig stoppen“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthal- Herr Kollege Bleser, Sie haben in Ihrer Rede der Mi- tungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim- nisterin, denke ich, vorgeworfen, dass sie Stasimethoden men der Koalition bei Gegenstimmen der CDU/CSU angewandt hat. und der FDP angenommen. (Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU und der FDP) Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/5033 Ich denke, das ist ein sehr ungebührlicher Vorgang, und mit dem Titel „Verdeckte und unangekündigte Feldbe- ich erteile Ihnen dafür einen Ordnungsruf. obachtung durch Umweltbundesamt (UBA) stoppen“. 17144 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner (A) Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegen- men der Koalition bei Gegenstimmen der CDU/CSU(C) probe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist und der FDP angenommen. mit den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen der CDU/CSU und der FDP angenommen. Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frak- tion der CDU/CSU auf Drucksache 15/5680? – Gegen- Tagesordnungspunkt 13 e: Beschlussempfehlung des probe! – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung undmit den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen der Landwirtschaft auf Drucksache 15/4409 zu dem Antrag CDU/CSU und Enthaltung der FDP abgelehnt. der Fraktion der FDP mit dem Titel „Agrarischen Vered- lungsstandort Deutschland stärken – Bürokratie abbauen Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf: und Rahmenbedingungen verbessern“. Der Ausschuss Erste Beratung des von den Abgeordneten empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/3103 abzuleh- Joachim Stünker, Olaf Scholz, Hermann nen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Ge- Bachmaier, weiteren Abgeordneten und der Frak- genprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung tion der SPD sowie den Abgeordneten Jerzy ist mit den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen Montag, Volker Beck (Köln), Birgitt Bender, wei- der FDP und Enthaltung der CDU/CSU angenommen. teren Abgeordneten und der Fraktion des BÜND- Tagesordnungspunkt 13 f: Abstimmung über den vom NISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent- Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur wurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Änderung des Grundstückverkehrsgesetzes und des Mindestkapitals der GmbH (MindestkapG) Landpachtverkehrsgesetzes, Drucksache 15/4535. Der – Drucksache 15/5673 – Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Land- Überweisungsvorschlag: wirtschaft empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Rechtsausschuss (f) Drucksache 15/5613, den Gesetzentwurf in der Aus- Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit schussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Beratung mit den Stimmen des ganzen Hauses angenom- Herr Kollege Thalheim, weil ich die Aussprache er- men. öffnen möchte, bitte ich, die Gespräche außerhalb des Dritte Beratung Plenarsaals fortzusetzen. und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Parla- (B) (D) Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –mentarische Staatssekretär Alfred Hartenbach. Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent- wurf ist damit in dritter Beratung mit den Stimmen des Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär bei der Bun- ganzen Hauses angenommen. desministerin der Justiz: Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Tagesordnungspunkt 13 g: Abstimmung über den Kollegen! Der Kollege Hartenbach entschuldigt sich für vom Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Gesetzes sein ungebührliches Benehmen. Ich habe Sie nur vertei- zur Änderung des Gesetzes über die Gemeinschaftsauf- digt, Frau Präsidentin, weil ich festgestellt habe, dass die gabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küsten- Landwirte der Opposition ganz offensichtlich Bohnen in schutzes“ auf Drucksache 15/4113. Der Ausschuss für den Ohren hatten. Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft emp- fiehlt auf Drucksache 15/4544, den Gesetzentwurf abzu- Ich komme nunmehr zur Sache. Mit dem heute einge- lehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zu- brachten Gesetzentwurf setzt die Regierungskoalition stimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmtein wichtiges rechts- und wirtschaftspolitisches Signal. dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit Wie von Bundeskanzler Gerhard Schröder in seiner Re- in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalition bei gierungserklärung am 17. März dieses Jahres angekün- Gegenstimmen der CDU/CSU und bei Enthaltung der digt, wollen wir durch eine substanzielleSenkung des FDP abgelehnt. Damit entfällt nach unserer Geschäfts- gesetzlich vorgeschriebenen Mindeststammkapitals ordnung die weitere Beratung. Bürokratie abbauen, Existenzgründungen erleichtern und damit mehr Menschen den Weg in die Selbstständig- Tagesordnungspunkte 13 h und 13 i: Interfraktionell keit ermöglichen. Das Mindestkapitalgesetz ist nur ein wird Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen erster Schritt. Wir stellen das GmbH-Recht insgesamt 15/4432 und 15/4801 an die in der Tagesordnung aufge- auf den Prüfstand und modernisieren es. Das GmbH-Ge- führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein- setz ist nämlich in den letzten 25 Jahren immer nur verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung punktuell geändert worden. Eine grundlegende Durch- so beschlossen. sicht ist überfällig. Das Bundesministerium der Justiz Wir kommen nun zur Abstimmung über die Ent-hat hierzu bereits umfassende Vorarbeiten geleistet. Mit schließungsanträge zum Agrarpolitischen Bericht 2005. dem heute zur Abstimmung stehenden Vorschlag setzen Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Fraktion wir in einer ersten Stufe das um, was schon im jetzigen der SPD auf Drucksache 15/5729? – Gegenprobe! – Ent- Stadium unproblematisch ist. Wir erwarten eine breite haltungen? – Der Entschließungsantrag ist mit den Stim- Zustimmung in diesem Hause. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17145

Parl. Staatssekretär Alfred Hartenbach (A) Die Herabsetzung des Mindestkapitals ist richtig, weil sich im Laufe der Zeit als nicht mehr richtig herausge-(C) wir heute eine Diskrepanz zwischen dem aktuell gelten- stellt und eben zu einem Hemmnis bei der Gründung ei- den Mindeststammkapital der GmbH von 25 000 Euro ner Gesellschaft entwickelt, wie immer wieder beklagt und den tatsächlichen Anforderungen des Wirtschafts- wird. lebens haben. Die weit überwiegende Zahl von Unter- Wir sollten nun das, was einmal richtig war, was dann nehmensneugründungen findet heute auf dem Dienst- zwischenzeitlich nicht mehr richtig war und heute wie- leistungssektor statt, nämlich mehr als 85 Prozent der der auf den Prüfstand gehört, gemeinsam in Angriff neh- Neugründungen. Diese Unternehmen können oftmalsmen. Wir sollten hier ein Signal setzen gegen Bürokra- mit relativ geringem Startkapital gegründet werden,tie, für neue Unternehmensgründungen und damit auch ohne danach unterkapitalisiert zu sein. Für solche Unter- für die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Ich wäre froh, nehmen ist das derzeitige Mindeststammkapital zu hoch wenn wir dieses Signal noch in dieser Legislaturperiode und damit ein Gründungshindernis. setzen könnten. Bei einem gemeinsamen guten Willen Auch im europäischen Vergleich liegt Deutschland ist das möglich. mit dem geltenden Mindeststammkapital heute an der Ich hoffe, Sie merken, Frau Präsidentin: Ich habe eine Obergrenze. Nur Österreich liegt mit 34 000 Euro noch Punktlandung gemacht. darüber. Die Folge ist: Die Unternehmen machen sich die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu- Danke schön. nutze und weichen aufGesellschaftsformen anderer (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ EU-Mitgliedstaaten aus. Es steht zu befürchten, dass DIE GRÜNEN) die deutsche GmbH in ihrer jetzigen Form an Bedeutung verlieren könnte, und auch derGläubigerschutz in un- serem GmbH-Recht geht zunehmend ins Leere, wenn Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: wir die Attraktivität unserer GmbH im Wettbewerb der Das Wort hat die Kollegin Andrea Voßhoff, CDU/ europäischen Gesellschaftsformen nicht verbessern. CSU-Fraktion. Der Gesetzentwurf sieht für GmbH-Neugründungen Andrea Astrid Voßhoff (CDU/CSU): nach dem 1. Januar 2006 eine Absenkung des vorge- Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kolle- schriebenen Mindeststammkapitals auf 10 000 Euro vor. gen! An diesem Gesetzentwurf ist eigentlich nur der Damit eröffnen wir vielen kleinen und mittleren Unter- Hintergrund zu begrüßen. nehmen die Rechtsform der GmbH. Wir erleichtern ih- nen damit den Schritt in dieSelbstständigkeit und die (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto (B) Schaffung neuer Arbeitsplätze. Zugleich bietet die Min- Solms) (D) destkapitalgrenze von 10 000 Euro noch eine angemes- sene Seriositätsschwelle, auch im Hinblick auf die Funk- Das will ich auch gern tun, denn es war gut und richtig, tion eines Gläubigerschutzes in der Gründungsphase. dass das BMJ eine Bitte der Justizminister der Länder aus dem Jahr 2002 aufgenommen hat, die Reformbe- Es wird immer wieder behauptet, die 10 000 Eurodürftigkeit des GmbH-Rechtes auf den Prüfstand zu stel- seien willkürlich gegriffen und man hätte das Mindest- len. Seit 1980 hat es keine größere Revision zum Recht kapital entweder gleich auf null Euro herabsetzen oder der GmbH gegeben; der Herr Staatssekretär hat es vor- aber alles beim Alten lassen können. Diese Zuspitzung hin erwähnt. Entwicklungstendenzen zur missbräuchli- ist falsch. 10 000 Euro kennzeichnen eine Größe, bei der chen Verwendung der GmbH zum Nachteil von Gläubi- gerade kleine Dienstleistungsgesellschaften einen Ge- gern werfen Fragen nach Korrekturen auf. Auch die schäftsumfang erreichen können, der ein Bedürfnis nach unterschiedliche Ausgestaltung der Rechtsformen ver- Haftungsbeschränkung zur Folge hat, ohne dass die Ge- gleichbarer Unternehmensformen in anderen Mitglied- sellschaft notwendigerweise unterkapitalisiert sein muss. staaten der Europäischen Union lässt eine kritische Be- Das bestätigt auch ein Blick ins europäische Ausland. trachtung der bestehenden Rechtsform der GmbH Mit einer Mindestkapitalgrenze von 10 000 Euro werden durchaus notwendig erscheinen. wir im europäischen Vergleich in einem angemessenen Außerdem erleben wir, dass die Rechtsform der mittleren Rahmen liegen. GmbH mit dem bestehenden Gläubigerschutzsystem von außen unter Druck zu geraten scheint. Durch die Recht- Mit einem Gründungskapital in Höhe sprechung von des EuGH und des BGH können Gesellschaf- 10 000 Euro sind wir im Übrigen auch wieder ungefähr ten anderer EU-Länder ohne Mindestkapital ungehindert dort, wo wir 1981 gewesen sind. am deutschen Markt auftreten. Ich denke dabei zum Bei- (Zuruf des Abg. Rainer Funke [FDP]) spiel an die Rechtsform der englischen Limited, deren Mindestkapital 1 englisches Pfund beträgt und die sich – Ich komme gleich noch auf Ihre Bemerkung zurück, in Deutschland offenbar einer gewissen Beliebtheit er- Herr Funke. – Damals war die rot-gelbe, man sagte auch, freut. Es ist daher in regelmäßigen Abständen immer die sozialliberale Koalition der Ansicht, man müsse die wieder zu lesen und zu hören, dass die Limited der Gläubiger besser schützen und sollte auch bei Insolven- GmbH nach deutschem Recht angeblich überlegen ist. zen Kapital zur Verfügung haben. Was damals vielleicht Auch sind immer wieder Rufe nach der 1-Euro-GmbH richtig war, dass nämlich dem Geschäftsführer dieseslaut geworden, um dem Bedürfnis nach Haftungsbe- Kapital zur Verfügung steht – das muss er im Übrigen schränkung ohne Mindestkapital für Klein- und Kleinst- auch versichern, wenn er eine Gesellschaft gründet –, hat unternehmer gerecht zu werden. Ich bezweifle diesen 17146 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Andrea Astrid Voßhoff (A) Ansatz. Aber Sie sehen, es gibt genügend Gründe, das nehmen die richtige ist? Können diese Unternehmen die (C) bestehende GmbH-Recht unter die Lupe zu nehmen. Kosten, die mit dem Verwaltungsaufwand der Rechts- form der GmbH nun einmal verbunden sind, auch tra- Meine Damen und Herren von Rot-Grün, Ihr heute zu gen? Was ist mit dem Steuerrecht? Eine Reduzierung des diskutierender Gesetzentwurf wird diesem Anspruch Mindeststammkapitals hat nach Angaben des Verbands nicht gerecht. Er ist schlicht nichts Halbes und nichts der Vereine Creditreform eine eher kontraproduktive Ganzes. Wirkung, nämlich eine deutliche Erhöhung der Insolvenz- (Beifall bei der CDU/CSU) anfälligkeit, zur Folge. Creditreform hat festgestellt: Je höher das Stammkapital, desto geringer die Insolvenzan- Er ist auch nicht frei von politischem Aktionismus; denn fälligkeit. der skizzierte Reformbedarf wird in einem ersten Schritt allein auf die Herabsetzung des Stammkapitals reduziert Da nach geltendem GmbH-Recht das Stammkapital und weitere Reformschritte werden lediglich in einem bei der Gründung nur zur Hälfte eingezahlt werden zweiten Gesetz angekündigt. Er erweckt auch den Ein- muss, bedeutet die von Ihnen beabsichtigte Reduzierung druck einer vorschnellen Reaktion, vielleicht sogar einer der Stammeinlage im Ergebnis, dass zunächst nur falsch verstandenen Konkurrenz mit anderen europäi- 5 000 Euro zur Gründung einer GmbH einzuzahlen oder schen Rechtsformen, bei denen teilweise auf ein Min- durch Sacheinlagen abzudecken wären. Dass Sie sich Ih- destkapital mehr oder weniger verzichtet wird. Dierer Sache selbst nicht so ganz sicher sind, meine Damen „neuen“ ausländischen GmbH-Modelle sind von einer und Herren von Rot-Grün, ergibt sich aus der Begrün- Etablierung bei uns, so denke ich, noch weit entfernt. dung Ihres Gesetzentwurfes. Sie schließen diesen näm- lich mit der Warnung ab, Unternehmen mit höherem Ka- Im Gesetzentwurf begründet Rot-Grün die Reduzie- pitalbedarf seien freilich auch in Zukunft gut beraten, rung des Stammkapitals damit, dass Existenz- so schon bei der Gründung einhöheres Kapital zu zeich- gründungen erleichtert werden, die GmbH im interna- nen. tionalen Wettbewerb der Rechtsformen gestärkt wird und es im Übrigen ein Beitrag zum Bürokratieabbau ist. (Rainer Funke [FDP]: Das ist auch richtig!) Ich möchte mit Letzterem beginnen. Allein in der Re- Für viele solcher Unternehmen seien 25 000 Euro von duzierung der Mindeststammeinlage kann ich keinenAnfang an zu wenig, so mahnen Sie vorsorglich. nennenswerten Beitrag zum Bürokratieabbau sehen. Was hat es mit Bürokratieabbau zu tun, wenn zur Gründung Mit diesem Gesetzentwurf wirft Rot-Grün deshalb der GmbH nur weniger einzuzahlen ist? Heißt bei Ihnen mehr Fragen auf, als dass konkrete Antworten auf den weniger Geld auch weniger Bürokratie? Dann haben Sie Reformbedarf beim GmbH-Recht gegeben werden. Die (B) mit Blick auf den desaströsen Bundeshaushalt aus Ihrer Waagschale zwischen der durch die Rechtsform der(D) Sicht ja eine Menge zum Bürokratieabbau beigetragen. GmbH gewährten Haftungsbeschränkung einerseits und dem gesellschaftsrechtlichen Gläubigerschutz anderer- Die alleinige Absenkung des Mindeststammkapitals seits ist nicht im Gleichgewicht, wenn, wie Sie es vor- wird die Rechtsform der GmbH im europäischen Wett- schlagen, nur das Mindestkapital herabgesetzt wird, bewerb nicht stärken. Dazu bedarf es vielmehr einer De- ohne dass die sich daran anschließenden Fragen des regulierung des GmbH-Rechts insgesamt sowie gezielter Gläubigerschutzes beantwortet werden. Maßnahmen zur schnelleren und unbürokratischeren Gründung und einer schnelleren Handelsregistereintra- Natürlich stellt sich die Frage, welche Bedeutung im gung. Die Vorschriften des GmbH-Rechts zur Kapital- bestehenden Recht der GmbH die derzeit geforderte aufbringung und -erhaltung sind kompliziert und fürHöhe des Mindeststammkapitals im Verhältnis zur Haf- Nichtjuristen kaum noch nachvollziehbar. Schauen Sie tungsbeschränkung noch hat. Kreditinstitute – das wis- sich nur einmal den Belehrungskatalog in den notariellen sen wir – machen ihre Darlehenszusagen oftmals nicht Gesellschaftsverträgen über die Haftungsrisiken der Ge- vom eingezahlten Stammkapital abhängig, sondern for- sellschafter in der Gründungsphase der GmbH bis zu de- dern nur allzu oft die persönliche Haftung der Beteilig- ren Eintragung in das Handelsregister, über die Haf-ten. Ohne jede Aussage bleibt ihr Gesetzentwurf zu der tungsrisiken bei verdeckter Sacheinlage oder über die Frage der Bewertung, ob und wenn ja, inwieweit dieser Ausfallhaftung an! Haftungsrückgriff bei einer Reduzierung des Stammka- pitals noch weiter ausgedehnt wird, und daher eher kon- Auch an Ihrer Begründung, die Reduzierung destraproduktiv wirkt. Stammkapitals werde Existenzgründungen fördern, ist nur vordergründig etwas dran. Allein die Herabsetzung Ich komme zum Schluss. Bei der Debatte zur letzten des Mindeststammkapitals führt ja nicht zu einer Grün- Änderung des GmbH-Rechts im Jahr 1980, als das Min- dungserleichterung; denn Prüfungsumfang und Prü- destkapital erhöht wurde, gab es 225 000 GmbHs in fungsaufwand für Bar- und Sachgründungen bleiben be- Deutschland. Heute sind es 1 Million. Das System der stehen. GmbH, denke ich, hat sich dem Grunde nach bewährt. Dass Reformbedarf gegeben ist, habe ich skizziert. Die- Selbst wenn es belegbar wäre, dass die Mehrzahl der ser Reformbedarf kann aber nicht allein mit der Reduzie- Existenzgründungen im Dienstleistungssektor zu regis- rung des Stammkapitals gedeckt werden. trieren ist, die mit einem geringeren Startkapital aus- kommen können, woraus ist eigentlich ersichtlich, dass Es ist weder ersichtlich noch aus der Begründung er- die Rechtsform der Kapitalgesellschaft für diese Unter- klärbar, wieso die Reduzierung des Stammkapitals unab- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17147

Andrea Astrid Voßhoff (A) hängig von weiteren Fragen des GmbH-Rechts jetzt vor- malige sozialdemokratisch-liberal geführte Regierung(C) gezogen und entschieden werden muss. das Mindeststammkapital für die GmbH heraufgesetzt. Mit diesem Entwurf, meine Damen und Herren, ge- Wir sollten das jetzt gründlich beraten. Ich hoffe, dass ben Sie auf die wesentlichen Fragen der Reform deswir zu einem guten Ergebnis kommen. GmbH-Rechts keine zufrieden stellende Antwort. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU) (Beifall bei der FDP)

Vizepräsident Dr. : Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Die Rede des Kollegen Werner Schulz vom Bünd- nis 90/Die Grünen nehmen wir zu Protokoll.1) Das Wort hat jetzt der Kollege Olaf Scholz von der SPD-Fraktion. Jetzt hat der Kollege Rainer Funke von der FDP- Fraktion das Wort. Olaf Scholz (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Re- Rainer Funke (FDP): form des GmbH-Rechts steht seit einiger Zeit an. Wir Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ge- haben bei diesem Thema Verschiedenes miteinander zu setzentwurf, der uns heute zur ersten Lesung vorliegt, ist diskutieren; das eine ist die Frage des Mindestkapitals. das eingedampfte Ergebnis der Beratung der Regierung Ich gebe gern zu, dass es auch weitere Fragen gibt. Aber zur andauernden Debatte über die Reform der GmbH. wenn man schnell über eine Frage Einigkeit erzielen Dass der Gesetzentwurf mit einer einzigen inhaltlichen kann und das Ergebnis auch schnell hilft, dann sollte Regelung heute so umfangreich debattiert wird, ist ein man dies nicht unterlassen, nur weil weitere Fragen an- deutliches Zeichen dafür, dass die Regierung mit ihmstehen, zumal dann nicht, wenn man sich deren Lösung Wahlkampf betreiben will. Sie möchte den Anschein er- für später vornimmt. Genau dies schlägt der Gesetzent- wecken, etwas für den deutschen Mittelstand zu tun. Ob wurf vor. die vorgeschlagene Änderung wirklich hilft, müssen wir Warum brauchen wir diesen Gesetzentwurf? Zum erörtern und sicherlich auch im Ausschuss gründlich dis- Ersten gibt es Hindernisse bei der Gründung von kutieren. Unternehmen, die von den Vorrednern schon zu Recht Mit den vom Bundeskanzler im März verkündetendargestellt wurden. Manche Unternehmensgründer wün- 20 Maßnahmen zur Fortsetzung der Agenda 2010 wird schen, in der Rechtsform der GmbH zu agieren, benöti- (B) unter anderem das Ziel verfolgt, dieGründung einer gen aber gar kein Eigenkapital, das den heute gültigen(D) GmbH zu entbürokratisieren und erheblich zu erleich- Mindestkapitalvorschriften entspricht, und werden da- tern. Als einzige Lösung bieten Sie nunmehr diesen klei- durch an einer GmbH-Gründung gehindert. Es ist nicht nen Gesetzentwurf zur Herabsetzung des Mindest-einzusehen, warum wir in einer Zeit, in der wir Men- stammkapitals. schen ermuntern, der Arbeitslosigkeit zum Beispiel da- durch zu entgehen, dass sie selber unternehmerisch aktiv Herr Kollege Hartenbach, man kann zu diesem Ent- werden, an rechtlichen Vorschriften festhalten, die dies wurf so oder so stehen; das gebe ich zu. Wer Geschäfte den Menschen erschweren. Darum bin ich mit dem Bei- machen will, soll möglichst auch Kapital mitbringen.trag von Herrn Funke ganz einverstanden, der gesagt hat, Das braucht er für den Gläubigerschutz. Ferner muss er wir sollten dies einmal ausprobieren; sollten wir später gegenüber den Banken eine vernünftige Eigenkapitalba- feststellen, dass es Probleme gibt, dann könnte man es sis nachweisen; denn sonst bekommt er zum Beispielwieder ändern. Meine Vermutung ist, dass es keine Pro- aufgrund der Regeln von Basel II nicht genügend Darle- bleme geben, dies aber dieAttraktivität dieser Rechts- hen. Auf der anderen Seite, Herr Kollege Hartenbach, form für Gründer erhöhen wird. das gestehe ich Ihnen zu, benötigen insbesondere Dienstleister häufig gar nicht ein so hohes Eigenkapital, Dabei sollten wir zweierlei sehr ernsthaft bedenken. zum Beispiel jene 25 000 Euro, weshalb man diesen mit- Das Erste ist, dass die Banken und alle, die einem Grün- telständischen Unternehmen durchaus die Möglichkeit der Geld leihen, sowieso zu ihrem Geld kommen. Die einräumen sollte – das finde ich richtig –, mit geringe- Rechtsform der GmbH schützt niemanden davor; die rem Kapital zu wirtschaften. Aus diesem Grunde sind Banken holen sich das Geld von einem selbst und lassen wir bereit, diesen Entwurf auch noch in dieser Legisla- sich vorher alles Notwendige unterschreiben, damit es turperiode mit Ihnen zu beraten und zu sehen, ob wirgewissermaßen einen Haftungsdurchgriff auf den Ge- dem Mittelstand auf diese Weise helfen können. sellschafter des Unternehmens geben kann. Wenn sich allerdings herausstellen sollte, dass das (Rainer Funke [FDP]: Das muss ja auch so insbesondere im Dienstleistungsbereich zu einem höhe- sein!) ren Insolvenzrisiko führt, dann wären wir bereit, dieses Niemand, der eine GmbH mit 25 000 Euro Mindest- Gesetz wieder zu ändern und das Mindeststammkapital stammkapital hat, kommt um dieses Problem herum. erneut heraufzusetzen. Aus gutem Grund hat ja die da- Das ist erst dann anders, wenn es sich um ein wesentlich höheres Stammkapital und um ein gewachsenes und 1) Anlage 6 solides Unternehmen handelt. Deshalb ist dies kein 17148 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Olaf Scholz (A) wirklicher Grund, sich nicht zu trauen, die Herabsetzung den ist, in 24 Stunden bekommen können. Dies sollten(C) des Mindeststammkapitals jetzt vorzunehmen. wir uns als Ziel setzen. Das Zweite hat ein bisschen mit den Juristen und der Letzte Bemerkung – als Sozialdemokrat ist mir das Veränderung der Rechtskultur zu tun. Immer mehr Men- wichtig –: Es gibt nicht nur begeisterte Aufsätze darüber, schen wollen, wenn sie ein Unternehmen gründen, eine was für eine tolle Rechtsform die „Limited“ sei, sondern Kapitalgesellschaft – in diesem Fall die GmbH – grün- manche glauben auch, dass sie mit der Wahl einer sol- den: wegen des Namens und vieler anderer Dinge. Als chen Rechtsform die deutschen Regelungen zur Mitbe- Rechtsanwalt habe ich vielen gesagt, sie sollten ihr Un- stimmung umgehen könnten. Es ist natürlich wahnwit- ternehmen als Einzelkaufleute führen: zig, bei einer Unternehmensgründung schon ins Kalkül zu ziehen, dass man später einmal 1 000 Arbeitnehme- (Otto Fricke [FDP]: Genau das!) rinnen und Arbeitnehmer haben könnte. Trotzdem pas- Ihr habt überhaupt keine Probleme und um die Haftungs- siert so etwas. Warum sollten wir den Leuten da ihre fragen kommt ihr ohnehin nicht herum. Dies habe ich Illusionen lassen? Ich glaube vielmehr, dass wir, wenn eben bereits dargestellt. Als Rechtsanwalt ist man es ja wir die Rechtsform der GmbH besser ausgestalten, der auch gewohnt, selbst mit seinem ganzen persönlichen Wirtschaft und den Menschen in diesem Land nützen. Vermögen für all den Unsinn geradezustehen, den man Hierfür kann also Rechtspolitik einen wichtigen Beitrag anrichten könnte. leisten. (Joachim Stünker [SPD]: Oder die Versiche- Schönen Dank. rung! – Otto Fricke [FDP]: Oder die Kolle- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ gen!) DIE GRÜNEN) – Oder die Kollegen, ja. – Trotzdem müssen wir diese Veränderung reflektieren. Die Zunahme der Rechtsform Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: „GmbH“ hat natürlich etwas damit zu tun, dass immer Das Wort hat jetzt der Kollege Otto Bernhardt von der mehr Menschen diese Rechtsform wählen. Wir leisten CDU/CSU-Fraktion. einen Beitrag zur Wirtschaftsförderung, wenn wir dem Wunsch dieser Menschen Rechnung tragen. Otto Bernhardt (CDU/CSU): Der erste Punkt betrifft also die Förderung der Unter- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das nehmensgründung und die Schaffung vieler neuer Unter- Gesellschaftsrecht in Deutschland ist in der Tat in Be- nehmen in dem für uns so wichtigen Dienstleistungsbe- wegung gekommen. Hintergrund ist im Wesentlichen (B) reich. der Tatbestand, dass eine Kapitalgesellschaft, die in ei- (D) nem EU-Land gegründet wird, in allen anderen EU-Län- Der zweite Punkt ist aus meiner Sicht sehr wohl ein dern tätig werden darf. Wenn die mir vorliegenden Zah- zentraler Punkt: Im Rahmen der Globalisierung gibt es len stimmen, gibt es inzwischen mehr als 10 000 auch so etwas wie einenRechtsformenwettbewerb. „Limiteds“ in Deutschland, aber auch eine Reihe von Manche tragen das Wort Globalisierung als Schlagwort französischen, baltischen und anderen Gesellschaftsfor- vor sich her und leiten daraus alles Mögliche ab. Aufmen. manche Veränderungen aber müssen wir in der Tat Rücksicht nehmen. Es gibt ja die Schlechtberatung Tau- Wenn wir uns anschauen, warum man auf diese Ge- sender von Menschen auch durch deutsche Rechtsan-sellschaftsformen ausweicht, dann stellen wir fest, dass wälte, die sagen, man könne einfach, billig und schnell das Thema Eigen- bzw. Stammkapital nur ein Punkt un- eine „Limited“ gründen und die dann auch in einemter anderen und mit Sicherheit nicht der wichtigste ist. deutschen Register eintragen lassen. Abgesehen davon, Es gibt darüber hinaus zwei weitere Gründe dafür dass damit viele Illusionen über die Geschwindigkeit der auszuweichen. So spielt dabei auch die Zeit eine Rolle, Eintragung in das deutsche Register verbunden sind, die man benötigt, eine Gesellschaft zu gründen. Die handelt es sich hier um etwas, wovor wir als Gesetzge- Gründung einer GmbH inDeutschland dauert einige ber die Menschen schützen müssen. Wir haben die Auf- Monate, in anderen Ländern dauert dagegen die Grün- gabe, die Rechtsform der GmbH so attraktiv zu machen, dung von Kapitalgesellschaften oft nur wenige Tage. dass sich die Menschen nicht von Verführern auf ein fal- sches Gleis bringen lassen. Jeder, der die Rechtsformen Ein dritter Punkt, vielleicht der wichtigste überhaupt, „Limited“ und „GmbH“ einmal sorgfältig verglichenist, dass die Gründung einer GmbH in Deutschland ei- hat, weiß, dass es ein schlechter Rat ist, der nichts weiter nige tausend Euro kostet, während die Gründung einer als Ärger und Kosten hat. Aber es geschieht jeden Tag. „Limited“ nur wenige hundert Euro kostet. Das hängt Deshalb tun wir nach meiner festen Überzeugung gut da- nicht zuletzt mit der notariellen Eintragung und ähnli- ran, den Menschen dadurch zu helfen, dass wir diechen Dingen zusammen. Rechtsform der GmbH im internationalen Wettbewerb attraktiver machen. Das sind die entscheidenden Punkte. Vor diesem Hin- tergrund sollten wir uns wirklich überlegen, ob es sinn- Im zweiten Schritt – dies ist richtigerweise schon ge- voll ist, nur bei einem von diesen drei Punkten etwas zu sagt worden – müssen wir dazu beitragen, dass ändern, sie zumal wir – der Vorredner von den Sozialdemo- schneller eingetragen werden kann. Man muss kraten die hat es gesagt – die Gesellschaftsformen nicht so GmbH, ohne dass die Gründung lange vorbereitet wor- einfach vergleichen können. In England brauchen Sie Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17149

Otto Bernhardt (A) zwar nur 1 Pfund Eigenkapital, aber die Haftung für ei- Ich rufe als letzten Punkt der heutigen Tagesordnung (C) nen Geschäftsführer ist dort eine ganz andere. Das heißt, 15 a und 15 b auf: wir müssen den Zusammenhang zwischen Eigenkapital, a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Carl- Gläubigerschutz und Haftung diskutieren. Wenn wir das Ludwig Thiele, Gisela Piltz, Dr. Max Stadler, jetzt noch durchbringen wollten, stellt sich doch jeder weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP die Frage, ob der Deutsche Bundestag nichts anderes zu tun hat, als eine solche Änderung im Schnellverfahren Wiederherstellung des Bankgeheimnisses herbeizuführen. – Drucksache 15/5043 – (Beifall bei der CDU/CSU) Überweisungsvorschlag: Finanzausschuss (f) Gerade in diesen Dingen ist es, wie ich glaube, sehr Rechtsausschuss wichtig, vorher ausführlich mit Fachleuten aus dem Be- Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit reich des Gesellschafts- und Steuerrechts zu diskutieren. Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Diese werden uns manche kritische Frage stellen. Wir haben fraktionsintern solche Gespräche geführt. Dabei b) Beratung des Antrags der Abgeordneten warnten die Fachleute vor einem Schnellschuss. Ich sage Dr. Michael Meister, Heinz Seiffert, Otto das mit aller Deutlichkeit. Bernhardt, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der CDU/CSU Bei den Ausführungen mancher zur Thematik der Existenzgründungen entsteht bei mir der Eindruck, Vorschriften zum Kontenabruf überarbeiten dass sie weit weg von der Wirklichkeit sind. Ich bin Un- – Drucksache 15/5334 – ternehmensberater und führe noch Existenzgründungen Überweisungsvorschlag: durch. Ich weiß, dass alle Förderinstitute sagen: Lasst Finanzausschuss (f) die Hände von der Kapitalgesellschaft und gründet eine Innenausschuss Einzelgesellschaft! Die meisten folgen diesem Rat – es Rechtsausschuss geht hier um eine Frage der Information – und wählen Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit nicht das Gebilde einer GmbH, die ja auch mit vielen Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung Kosten verbunden ist. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die Heute konnten Sie in der Zeitung lesen, dass dieFDP fünf Minuten erhalten soll. – Ich höre keinen Wi- Stiftung Marktwirtschaft, die ein neues Steuermodell derspruch. Dann ist so beschlossen. entwickelt, sehr deutlich sagt, dass man sich vor dem (B) Hintergrund einer einheitlichen Besteuerung die Ge- Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red- (D) samtproblematik von Personen- und Kapitalgesellschaf- ner dem Kollegen Carl-Ludwig Thiele von der FDP- ten noch einmal ansehen sollte. Selbstverständlich sind Fraktion das Wort. wir bereit, darüber im Ausschuss zu beraten und, wenn es sein muss, auch noch in dieser Legislaturperiode eine Carl-Ludwig Thiele (FDP): Entscheidung herbeizuführen. Wir glauben aber, dass die Herzlichen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehr- Erwartungen, die mit einer bloßen Senkung des Min-ten Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren heute in deststammkapitals von 25 000 auf 10 000 Euro verbun- erster Lesung den Antrag der FDP-Fraktion auf Wieder- den sind, zu hoch gesteckt sind. Dieses wird nicht als Si- herstellung des Bankgeheimnisses. Nach dem monatli- gnalwirkung verstanden werden. Das Ganze wirdchen Bericht der Bundesbank hatten wir in den ersten verpuffen. Daher bitten wir Sie, diesen Punkt, der wich- drei Monaten dieses Jahres einen unglaublichenKapi- tig, aber nicht der wichtigste ist, in eine Diskussion ein- talabfluss von 150 Millionen Euro netto aus unserem zubringen, bei der es um die Überarbeitung des GmbH- Lande. Diese gigantische Kapitalflucht zeigt, dass die Rechtes und – das sage ich angesichts der aktuellen Bürger kein Vertrauen mehr in den Staat und Angst vor Steuerdiskussion – des Gesellschaftsrechtes in Deutsch- einem Schnüffelstaat haben. Die FDP ist der Auffas- land insgesamt geht und bei der auch die europäischen sung, dass den Bürgern diese Angst genommen werden Entwicklungen einbezogen werden. Ich glaube, das wäre muss. Die FDP lehnt den gläsernen Bürger ab. sachgerechter als der jetzt vorgesehene Schnellschuss. (Beifall bei der FDP) Danke schön. Deshalb betrachten Liberale es als eine ihrer besonderen (Beifall bei der CDU/CSU) Aufgaben, Freiheit und Eigentum der Bürger zu schüt- zen. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: (Florian Pronold [SPD]: Aber nicht durch Ich schließe die Aussprache. Steuerhinterziehung!) Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent- Wenn ich den Bürgern im Bereich der Steuern die wurfs auf Drucksache 15/5673 an die in der Tagesord- Angst nehmen will, dann benötige ich ein für die Bürger nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es akzeptables Steuerrecht. Das Steuerrecht muss klar, ein- anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann fach und verständlich sein, auch was Kapitaleinkünfte ist die Überweisung so beschlossen. betrifft. 17150 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Carl-Ludwig Thiele (A) (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der Wir alle haben unabhängig vom Wahlkampf und un- (C) CDU/CSU) abhängig von der jeweiligen Parteizugehörigkeit die Aufgabe, die Zukunft dieses Landes neu zu gestalten. Vor allem müssen die Bürger wieder Vertrauen in die Po- litik gewinnen. Das setzt aber voraus, dass die PolitikDeshalb bitte ich alle, sich dafür einzusetzen, dass wir zu planbar und verlässlich wird. einer grundsätzlichen Steuerreform und schnellstmög- lich zur Einführung einer Abgeltungsteuer in unserem Das Bankgeheimnis ist nach Ablauf der Steueramnes- Lande kommen. Die Kapitalflucht findet nämlich wei- tie weggefallen. Diese Steueramnestie hätte ein Erfolg terhin statt. Sie muss gestoppt werden. Kapital ist ein werden können; sie wurde aber ein Flop. Es fehlte das scheues Reh. Es braucht wieder Geborgenheit. Wir müs- Vertrauen in die Politik; vor allem aber fehlte eine plan- sen dafür sorgen, dass das Kapital hier einen sichereren bare und verlässliche Steuerpolitik mit klaren Konturen. Hafen hat. Deshalb ist die FDP der Auffassung, dass wir eine Abgeltungsteuer für Kapitalerträge einführen sollten. Ich komme zum Schluss. Die FDP will keinen Denn bei der Einführung einer Abgeltungsteuer kann das Schnüffelstaat. Die FDP will den mündigen Bürger. Die Bankgeheimnis seinen Stellenwert wiederbekommen, da FDP will vor allem, dass der Staat seinen Bürgern ver- die Besteuerung unmittelbar bei den Erträgen erfolgt. traut, damit die Bürger diesem Staat wieder vertrauen können. Die FDP, Herr Pronold – um direkt dem zu widerspre- chen, was Sie gleich sagen werden –, setzt sich für einen Herzlichen Dank. leistungsfähigen Staat ein. Wir wollen, dass Kapital nach Deutschland zurückkehrt, damit dieses Kapital in (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Otto Deutschland Erträge erwirtschaftet und für diese Erträge Bernhardt [CDU/CSU]) in Deutschland und nicht im Ausland Steuern anfallen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Das Wort hat jetzt der Kollege Florian Pronold von Wir – das ist eben der große Unterschied – verspre- der SPD-Fraktion. chen uns langfristig höhere Einnahmen aus der Versteue- rung der Kapitalerträge, wenn diese Besteuerung direkt (SPD): von den Banken vorgenommen wird. Hierdurch wird ei- Florian Pronold nerseits die Gleichmäßigkeit der Besteuerung gewähr- Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! leistet und wird die Besteuerung der ZinseinkünfteSehr geehrter Herr Thiele, wenn man Ihnen folgte und sichergestellt. Andererseits werden das Vertrauensver- Ihre Forderung, den Bürgerinnen und Bürgern zu ver- hältnis zwischen Bank und Kunden und die Daten der trauen, in allen Bereichen umsetzte, müsste man konse- (B) einzelnen Bürger zuverlässig geschützt. Deshalb macht quenterweise eine Selbstveranlagung bei der Lohn- und (D) die Zinsabgeltungsteuer Kontoabfragen der Finanzbe- Einkommensteuer ermöglichen; schließlich ist der Bür- hörden schlichtweg überflüssig. ger prinzipiell ehrlich und zahlt gern Steuern. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Der Staat darf schon kontrollieren!) Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, die derzeitige Regelung ist von einem grundsätzlichen Miss- Ich weiß nicht, ob die FDP mit ihrer Forderung, den trauen des Staates in seine Bürger geprägt. Wir Liberale Bürgerinnen und Bürgern zu vertrauen, so weit ginge. wollen aber, dass der Staat seinen Bürgern grundsätzlich vertraut und nicht von vornherein misstraut. Mit der Ka- Die spannende Frage lautet: Warum kommt es in die- pitalflucht reagieren die Bürger genau so, wie wir das in sem Maße zu Kapitalflucht? Etwa aufgrund – so lautet der Anhörung und in den Debatten hier vorhergesagt ha- Ihre Unterstellung – der Rechtslage? ben. Wir brauchen eine Änderung der Zinsbesteuerung. (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Nicht nur! Auch Dafür ist die Abgeltungsteuer der richtige Weg. Dieser wegen Rot-Grün!) Weg wäre möglich gewesen. Die Rechtslage und ihre Umsetzung geben zu einer sol- Frau Parlamentarische Staatssekretärin Hendrickschen Behauptung bisher keinen Anlass. Seitdem sich die hatte in den Beratungen des VermittlungsausschussesRechtslage im April geändert hat, ist die Anzahl der Ab- eine Erklärung vorgelegt, die eine Abgeltungsteuer rufe pro Tag auf ein Viertel gesunken. durchaus ermöglicht hätte. Dieser Vorschlag ist aller- dings später leider an der Union gescheitert. Das ist aber In der Kampagne, die betrieben worden ist, hat man in verschüttete Milch von gestern. Die FDP begrüßt, dass den Medien immer so getan – aus Ihrem Bereich wurde jetzt auch maßgebliche Unionspolitiker – ich hoffe, dass dies entsprechend unterfüttert –, als wäre es jetzt jedem Ministerpräsident Koch ein solcher bei Ihnen ist – für Finanzbeamten oder jedem Sachbearbeiter in irgendeiner eine Abgeltungsteuer votieren. Verwaltung möglich, sich per Computer Kontobewe- Wir hoffen, dass auch die Union jetzt diesen Weggungen anzuschauen. Magazine und Interessenverbände, geht, damit die Besteuerung von Kapitalerträgen anders der Bund der Steuerhinterzieher – Entschuldigung: Bund geregelt werden kann, wenn es in Deutschland zu einem der Steuerzahler – und andere, haben diese Angst bei den Neuanfang der Politik und damit auch der Steuerpolitik Bürgerinnen und Bürgern geschürt. Man hat den Ein- kommt. druck erweckt, als könnte sich zukünftig jeder, der so tut, als hätte er daran irgendein Interesse, mir nichts, dir (Beifall bei der FDP) nichts die Konten aller Bürger anschauen. „Focus“ hat Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17151

Florian Pronold (A) geschrieben: Täglich wird es 50 000 Abrufe geben. Zur- Wenn er Zweifel hat, hat er jetzt eine neue Möglich- (C) zeit sind es pro Tag 25. Ich sage das nur, um deutlich zu keit, die er bisher nicht hatte. Bisher hätte er zu jeder machen, wie weit Prognose und Wirklichkeit auseinan- Sparkasse, jeder Volksbank dieser Republik laufen und der klaffen. Sie haben bei dieser Kampagne mitgemacht fragen müssen, ob der Abgeordnete, der Steuerbürger und haben die Angst vieler Menschen immer wieder ent- XY, dort ein Konto hat. Damit wäre er bei der Vielzahl sprechend geschürt. von Banken, die wir haben, sehr lange beschäftigt gewe- Diese Angst war unbegründet. Warum? Weil es bei sen. uns ein – wir haben für das entsprechende Gesetz ge- (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Aber bei einer Abgel- sorgt – rechtsstaatliches Verfahren gibt. Übrigens hat das tungsteuer bräuchte er nicht zu laufen!) Bundesverfassungsgericht, das zu dieser Frage angeru- fen worden ist, dieses Verfahren in einer Eilentscheidung Das Bundesverfassungsgericht hat gesagt, die Gleichmä- für rechtens erklärt. ßigkeit der Besteuerung könne nur dann sichergestellt werden, wenn es eine realeKontrollmöglichkeit gebe, (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Für vorläufig ob der Bürger steuerehrlich ist. Diese gibt es jetzt. Man rechtens!) kann dabei jedoch nicht auf das Konto blicken. Vielmehr – Natürlich muss man die Hauptsacheentscheidung ab- ist man jetzt lediglich in der Lage, abzufragen, bei wel- warten. Das ist immer so; überhaupt keine Frage. cher Bank in der Bundesrepublik Deutschland jemand überhaupt ein Konto hat. Da durch einen unmittelbaren Eingriff in diePrivat- sphäre möglicherweise Rechte von Bürgerinnen und (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Bei einer Abgel- Bürgern verletzt werden, prüft das Bundesverfassungs- tungsteuer braucht man das gar nicht!) gericht auch bei einer solchen Eilentscheidung sehr ge- nau und wägt die Risiken und die Betroffenheit der un- Auch wenn ein Konto gefunden wird, kann nicht au- terschiedlichen Rechtsgüter ab. tomatisch aufs Konto geschaut werden. Es ist doch klar, dass dieses Verfahren ganz anders ist, (Abg. Otto Fricke [FDP] meldet sich zu einer als in der Öffentlichkeit suggeriert wurde. Wenn die Fi- Zwischenfrage) nanzverwaltung einen begründeten Verdacht hatte und – Lassen Sie mich das noch ausführen. Dann lasse ich ein Bürger seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekom- die Zwischenfrage zu, wenn der Herr Präsident es er- men ist, dann hatte sie schon bisher die Möglichkeit, das laubt. Steueraufkommen auf dem Wege der Schätzung festzu- setzen oder Konteneinblick zu nehmen, sofern ein vor- hergehendes Verfahren nicht zum Erfolg geführt hat. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: (B) Bitte schön. (D) (Otto Fricke [FDP]: Nur wusste es der Bürger da von Anfang an!) Florian Pronold (SPD): – Ja. Der weiß es jetzt auch. Die Finanzverwaltung muss den Steuerpflichtigen da- Die neue Rechtslage ist in dieser Frage überhauptmit konfrontieren, doch ein Konto gefunden zu haben. nicht anders als die alte. Dann sagt unser sozial tätiger FDP-Abgeordneter: Da- rauf liegen noch 3,50 Euro. Ich bin umgezogen und habe (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ das Konto vergessen. Wenn der Finanzbeamte das DIE GRÜNEN) glaubt, ist die Sache damit erledigt. Nur wenn er es nicht Nehmen wir einen praktischen Fall! Ein armer FDP- glaubt, wenn er immer noch begründete Zweifel hat, Bundestagsabgeordneter gibt jährlich seine Steuererklä- kann er das bisherige Verfahren einleiten. rung ab. Seit Jahren meldet er überhaupt keine Zins- Der einzige Unterschied ist, dass jetzt die Möglichkeit einkünfte. Es könnte sein, dass er ein sozialer Mensch besteht, festzustellen, ob und wenn ja, wo jemand über- ist – was ja bei der FDP zu unterstellen ist –, seine gan- haupt ein Konto hat. Wenn diese Kontostammdatenab- zen Diäten an die Bürgerinnen und Bürger verschenkt, frage erfolgt, muss der Steuerpflichtige darüber infor- deswegen nie Kapital gebildet hat und keine Zinsen be- miert werden, egal ob sie zum Erfolg führt oder nicht. kommt. Es könnte auch sein, dass er das Geld versoffen Man kann juristisch darüber streiten, ob das im Gesetz hat. Es könnte sein, dass seine Zinseinkünfte unter dem stehen muss oder ob eine Verwaltungsanweisung aus- Freibetrag liegen und er sie nicht melden muss. Das ist reicht. überhaupt keine Frage. Wenn der FDP-Abgeordnete keine Zinsen angibt, der Bitte schön. Finanzbeamte aber denkt, dieser sei sparsam und müsse irgendwoher Zinsen bekommen, dann muss er den Steu- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: erpflichtigen zuerst fragen: Könnte es sein, dass Sie ver- Bitte schön. Wenn Sie das genehmigen, ist es in Ord- gessen haben, Zinseinkünfte zu melden? – Wenn dernung. FDP-Bundestagsabgeordnete antwortet, er habe keine, weil er all sein Geld den Armen geschenkt habe, und der Otto Fricke (FDP): Finanzbeamte das glaubt, dann ist das Verfahren schon Herr Kollege Pronold, ich finde es sehr angenehm, am Ende. dass Sie sich sehr viele Sorgen um die Kapitaleinkünfte (Otto Fricke [FDP]: Einfach so?) von FDP-Bundestagsabgeordneten machen. Ich bin mir 17152 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Otto Fricke (A) sicher, dass das bei SPD-Abgeordneten nicht der Fall ist; Sie müssen erst einmal den Herrn Merz, falls er noch Fi- (C) denn dann würde man sich ja bestimmter Kapitalisten nanzexperte der Union ist und er noch etwas zu sagen bedienen und mit deren Hilfe irgendwelche Zinsein-hat, überzeugen. Den Herrn Koch als Zeugen dafür zu künfte erzielen. benennen, dass man den Geldtransfer ins Ausland ver- hindern will, halte ich angesichts der Vorgänge in der Aber Sie haben bei Ihren Ausführungen etwas ver- Hessen-CDU für gewagt. Ich will aber keine unbewiese- schwiegen. Sie haben nämlich verschwiegen, aus wel- nen Verdachtsmomente in den Raum stellen. chem Grunde der Finanzbeamte den Verdacht hat, der Steuerpflichtige könnte doch Zinseinkünfte haben. Nach Solange die Zinsabgeltungoder eine vergleichbare Ihrer Argumentation – daraus ergibt sich die Frage –Regelung, nach der diese Steuer an der Quelle abge- müsste ein Finanzbeamter bei jedem Bürger, der keine schöpft wird, Zinseinkünfte hat, nachfragen. (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Wäre doch ver- Mich würde erstens interessieren, ob er bei jedem nünftig!) nachfragen muss, der keine Zinseinkünfte angibt, egal wie viel er verdient. noch nicht im Gesetz steht – über die verwaltungstechni- schen Aspekte können wir uns schnell einigen; es gibt Zweitens. Wenn dasNachfragen so viel Arbeit aber noch andere Gesichtspunkte, die bei einer Abgel- macht, ist es dann nicht viel besser, fairer und vor allen tungsteuer natürlich auch zu bedenken sind; das ist ja Dingen sozial gerechter, gar nicht erst abzufragen, son- nicht die einzige Frage –, schwebt darüber das Damo- dern – bevor ein Bürger bei der Angabe einen Fehler ma- klesschwert der Verfassungswidrigkeit, weil wir bei chen könnte – direkt an der Quelle das Geld bei denen zu den Kapitalerträgen keine Verifizierung vornehmen kön- holen, die entsprechend leistungsfähig sind, und dafür zu nen. Das Bundesverfassungsgericht hat gesagt: Das sorgen, dass dort der soziale Ausgleich erfolgt? muss aber möglich sein. Der Staat muss in der Lage sein, die Steuerehrlichkeit der Bürgerinnen und Bürger im Florian Pronold (SPD): Zweifelsfall zu überprüfen, aber nicht in jedem Einzel- Natürlich muss nicht bei jedem Bürger nachgeprüft fall. Er muss aber überhaupt in der Lage sein, dies über- werden. Auch wenn ein FDP-Abgeordneter es sich nicht prüfen zu können. Das Bundesverfassungsgericht hat vorstellen kann: Die Masse der Bürgerinnen und Bürger Recht, wenn es sagt: Der ehrliche Steuerzahler darf nicht kommt überhaupt nicht in die Verlegenheit, Zinsein-der Dumme sein. künfte angeben zu müssen, nämlich weil sie zu niedrig (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sagen wir auch! – sind. Das ist so. Die Masse muss die entsprechende An- Otto Fricke [FDP]: Richtig!) lage nicht abgeben. (B) Deswegen haben wir eine Variante gewählt, die inte- (D) Es muss also ein Verdacht vorhanden sein. Glauben ressanterweise auch vom Bundesrat behandelt worden Sie, dass die Finanzverwaltung bei ihrer Überlastung ist. Bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit hatte die nichts Besseres zu tun hätte, als bei allen Bürgern nach- Bayerische Staatsregierung die Federführung. Sie hatte zufragen? Wenn das der Fall wäre, dann müsste sich das keinerlei Bedenken. Merkwürdigerweise reihte sich die ja in den Zahlen niederschlagen. Dann müsste es jetzt Bayerische Staatsregierung dann in den Chor derer ein, mehr Anfragen geben als vorher. Das ist aber nicht der die so wie im Unionsantrag etwas fordern, was bereits zu Fall. Außerdem ist die Verwaltung in Deutschland im- 99 Prozent geltende Rechtslage ist. mer noch an Recht und Gesetz gebunden. Auch in der Finanzverwaltung besteht ein gebundenes Verwaltungs- Man kann sich noch überdie Frage streiten, die wir ermessen. gerade angesprochen haben, ob eine Verwaltungsanwei- sung ausreicht oder ob man die Informationspflicht ge- Wir können uns lang und breit über die Vorzüge der genüber dem betroffenen Bürger in das Gesetz schreiben Zinsabgeltungsteuer unterhalten. Ich erinnere daran, muss. Das ist ein juristischer Unterschied, über den man wie erfolgreich die Quellenbesteuerung unter Waigel streiten kann. Praktisch hat dies aber für die Bürgerinnen umgesetzt worden ist. Das hätten Sie schon damals unter und Bürger überhaupt keine Auswirkungen. Wir können Schwarz-Gelb hinbekommen können. in dieser Situation für mehr Steuergerechtigkeit sorgen, (Otto Fricke [FDP]: Weder Sie noch ich!) weil wir jetzt in der Lage sind, Steuerhinterziehung bei Kapitalerträgen theoretisch zu erfassen. Das hat nicht funktioniert. Solange wir hier über unge- legte Eier reden – – Auch eine zweite Variante wäre möglich gewesen. Die hätte aber eine viel umfangreichere Offenbarung (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Da soll ja eines durch die Bürgerinnen und Bürger erfordert, wäre aber gelegt werden!) genauso verfassungsfest gewesen: Das wären Kontroll- – Es ist aber immer noch ungelegt. mitteilungen. Dann gäbe es für jede Zinszahlung ent- sprechende Kontrollmitteilungen. Das wäre eine viel (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das ist aber im umfangreichere Offenlegung, als es in dem jetzigen Ver- Antrag drin!) fahren der Fall ist. – Ja, in Ihrem. Der Bundesdatenschutzbeauftragte, der hier zitiert (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Darum geht es worden ist, hat in der Anhörung deutlich gemacht, dass ja!) er keine grundsätzlichen Bedenken hat, eine solche Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17153

Florian Pronold (A) Abfragemöglichkeit zu schaffen. Seine Bedenken richte- 150 Millionen Euro. Aber es sind 150 Milliarden Euro, (C) ten sich zum einen auf die Frage: Ist im Gesetz präzise die Deutschland verlassen. geregelt, wer abrufen kann? Dazu gibt es unterschiedli- che Auffassungen; darüber wird das Bundesverfassungs- (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Ja, Entschuldi- gericht noch entscheiden. Aber es ist auch einzelgesetz- gung! Milliarden!) lich in den Leistungsgesetzen geregelt, ob eine Behörde Das ist die Wirkung. dies machen kann oder nicht. Zum anderen ging es um die Frage der Information der Betroffenen, wenn ein sol- Wenn es uns darum geht, den Finanzplatz Deutsch- cher Eingriff erfolgt. Auch das ist per Verwaltungsan- land zu stärken, dann müssen wir uns mit den Fragen weisung entsprechend geregelt worden, sodass es ausauseinander setzen: Ist es gut, wie das läuft? Muss und rechtsstaatlichen Gesichtspunkten überhaupt keinenkann hier etwas verändert werden? Das Ganze dreht sich Grund mehr gibt, daran zu zweifeln. letztlich um das viel zitierte Bankgeheimnis. Wenn ich mich richtig erinnere, haben wir das letzte Mal im Wir können vielmehr die frohe Botschaft verkünden, Oktober 2001 darüber diskutiert, also einen Monat nach dass wir es durch die Möglichkeit der Kontrolle schaf- dem 11. September 2001. fen, mehr Steuerehrlichkeit zu erreichen, und dass die ehrlichen Steuerzahler nicht länger die Dummen sind. Damals forderte die PDS in einem Antrag, das Bank- Das ist doch eine positive Botschaft. Wenn Sie wollen, geheimnis abzuschaffen. Alle Fraktionen, auch die So- dass kein Kapital ins Ausland abwandert, dann unterstüt- zialdemokraten, haben in der damaligen Debatte ganz zen Sie diese fadenscheinigen Kampagnen nicht, die von klar gesagt: Wir sind für die Erhaltung des Bankgeheim- Leuten gemacht werden, die das Zahlen von Steuern an nisses. Ich stelle das nur noch einmal fest. Ich habe in sich schon für ein Verbrechen halten! dieser Debatte gesagt: Bin Laden wird seine Konten nicht unter „Bin Laden“ führen. Wer also glaubt, dass Herzlichen Dank. Regelungen in diesem Bereich helfen können, der irrt. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Natürlich weiß jeder, dass das Bankgeheimnis in DIE GRÜNEN – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Deutschland seit vielen Jahren sehr stark ausgehöhlt ist Wir haben einen konkreten Antrag einge- und wir eigentlich nur noch von einem Rest sprechen bracht!) können. Aber man muss auch wissen, dass in verschie- denen Ländern sehr unterschiedlich mit dem Bankge- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: heimnis umgegangen wird: In der Schweiz hat es Verfas- Das Wort hat der Kollege Otto Bernhardt von dersungsrang, in Österreich und Luxemburg wird es sehr CDU/CSU-Fraktion. eng ausgelegt, und die Vereinigten Staaten haben damit (B) überhaupt kein Problem, während der Deutsche daran(D) hängt und es Einfluss auf seine Entscheidungen hat. Otto Bernhardt (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit dem (Jörg-Otto Spiller [SPD]: Die haben kein Problem 1. April dieses Jahres kann und darf die Bundesanstalt damit? Die haben kein Bankgeheimnis!) für Finanzdienstleistungsaufsicht die Stammdaten aller – Ich meine: Dort gibt es kein Bankgeheimnis und die fast 500 Millionen Konten in Deutschland abfragen, und Bevölkerung hat damit kein Problem; das ist der Punkt. zwar ohne dass es das Kreditinstitut merkt und ohne dass In Deutschland ist die Situation eine andere. der Betroffene davon erfährt. Das sind zunächst einmal die Fakten. Jetzt müssen wir uns die Frage stellen: Wie reagieren wir auf die Befindlichkeiten unserer Bevölkerung, um (Florian Pronold [SPD]: Das ist nicht so! Das sicherzustellen, dass ihr Geld hier bleibt? Die FDP ist falsch!) macht dazu zwei konkrete Vorschläge: Der eine lautet: Zur Frage, wie oft davon Gebrauch gemacht wird, gibt weg mit der Kontenabfrage. Der andere heißt: Übergang es in der Presse in der Tat sehr unterschiedliche Meldun- zur Zinsabgeltungsteuer. gen. Bankenverbände zum Beispiel sprechen von vielen Wir haben an diesen Themen mitgewirkt. Ich sage Ih- Tausend Abfragen. nen ganz deutlich: Für uns kann es nicht darum gehen, (Jörg-Otto Spiller [SPD]: Ich denke, sie wissen den Kontenabruf zu beseitigen. Uns geht es vielmehr nichts davon! Das haben Sie doch gerade darum, ihn auf das notwendige Maß zu begrenzen und in selbst gesagt!) Abstimmung mit dem Datenschutzbeauftragten be- stimmte Konkretisierungen vorzunehmen. Dies betrifft – Ich habe gesagt: Sie wissen nichts von den einzelnen zum Beispiel die Frage: Wer genau darf abfragen? Denn Abfragen. Sie wissen: Es gibt eine ganze Reihe von Behörden, die Entscheidend ist die Frage: Wie wirkt dies auf dieabfragen dürfen. Das führt zu Unsicherheit. Deshalb for- Bürger? Ich kann nur sagen: Die Banken in Österreich dern wir in unserem Antrag bestimmte Konkretisierun- jubeln. Das ist der Tatbestand. gen, zum Beispiel bezüglich der Pflicht, die Betroffenen im Nachhinein über die Abfrage ihres Kontos zu infor- (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: So ist es!) mieren. Die entsprechende Summe ist bereits genannt worden. Sie wissen, dass es in unserer Fraktion, was die Sie, Herr Thiele, sprachen irrtümlicherweise Abgeltungsteuer von betrifft, unterschiedliche Auffassungen 17154 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

Otto Bernhardt (A) gibt. Ich bin sicher, dass dieser Aspekt bei der geplanten Der Antrag zeigt, dass gerade die FDP zwar die Vorteile (C) großen Steuerreform eine wichtige Rolle spielen wird. der straffreien Legalisierung von Schwarzgeld gerne Ich verhehle nicht, dass ich Sympathien für die Abgel- mitnimmt, aber nicht bereit ist, die daraus folgenden tungsteuer habe, nicht zuletzt, weil sie viel Bürokratie Konsequenzen zu tragen. ersparen würde und ihren Regelungen zufolge viele Of- (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Genau! – fenlegungspflichten von vornherein überflüssig wären. Otto Fricke [FDP]: Was?) Aber genauso schnell, wie Sie gerade eben im Galopp das Mindeststammkapital von GmbHs von 25 000 auf Zudem hat nur derjenige, der etwas zu verbergen hat, 10 000 Euro reduziert haben, zur Abgeltungsteuer über- Grund, sich über diese – im Übrigen nur eingeschränk- zugehen, das wäre, wie ich glaube, nicht der richtigete – Kontenabfragemöglichkeit aufzuregen. Weg. (Otto Fricke [FDP]: Das erklären Sie mal Ih- Im Rahmen der Steuerreform, die wir, CDU/CSU und ren verbliebenen Bürgerrechtlern!) FDP, gemeinsam vorhaben und die wir – ich bin sicher – Der ehrliche Steuerbürger hat keine Nachteile zu erwar- in Kürze gemeinsam durchsetzen werden, wird dies ein ten wichtiger Punkt sein. Dabei wird auch das Thema Bank- geheimnis Platz in unseren Überlegungen haben. Denn (Otto Fricke [FDP]: Dann kann man auch ei- eines steht für uns fest: Wenn es uns nicht gelingt, das nen Rund-um-die-Uhr-Lauschangriff befür- Vertrauen der Deutschen in unser System wieder nach- worten! – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Der ehr- haltig herzustellen, dann wird nicht nur kein Geld nach liche Bürger hat auch beim Lauschangriff Deutschland zurückkommen, sondern dann wird noch nichts zu befürchten!) mehr Geld Deutschland verlassen. Ich glaube, was wir in unserem Antrag vorhaben – die Kontenabfrage auf ein und auch die Antragstellervon Sozialleistungen wie Minimum zu beschränken und bestimmte Dinge weiter BAföG und Wohngeld müssen keine Nachteile befürch- zu konkretisieren –, ist ein kleiner Schritt, ein kleiner ten, wenn sie ihre Vermögensverhältnisse ehrlich darle- Beitrag – mehr kann das nicht sein –, um das Vertrauen gen. Der Bürger hat ein Recht darauf und darf darauf in das deutsche Bankensystem bei der Bevölkerung zu vertrauen – Vertrauen ist hier ein ganz wichtiger Begriff –, stärken und sicherzustellen, dass zumindest das Geld, bei der Besteuerung gleichmäßig, nach einheitlichen das hier ist, hier bleibt. Es wird nicht ausreichen, um das Maßstäben, behandelt zu werden. Ebenso hat der Bürger Geld zurückzuholen, das einmal gegangen ist. das Recht, dass Leistungen des Staates nur an diejenigen gezahlt werden, die tatsächlich Anspruch haben. Wir Herzlichen Dank. mussten beim Gesetz zur Förderung der Steuerehrlich- keit eine Interessenabwägung vornehmen und haben uns (B) (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) (D) für die Steuergerechtigkeit als ganz zentrale bürgerli- che Freiheit entschieden. Im Übrigen hat das Bundesver- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: fassungsgericht im März – der Kollege Pronold hat es er- Als letzte Rednerin des heutigen Tages hat die Kolle- wähnt – ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die gin Jutta Krüger-Jacob von Bündnis 90/Die Grünen das gleichmäßige Erhebung von Steuern wichtiger Belang Wort. des Gemeinwohls ist. (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das geht mit ei- Jutta Krüger-Jacob (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ner Abgeltungsteuer!) Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der FDP wird nicht die Zustimmung der Grünen Viele Bürgerinnen und Bürger haben sich gerade zur finden. schwarz-gelben Regierungszeit über ungleiche und un- gerechte Maßstäbe beschwert und sind bis vors Bundes- (Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Was? – Otto verfassungsgericht gezogen. Mit dem Urteil zur Zins- Fricke [FDP]: Das ehrt uns!) besteuerung wurde der Gesetzgeber – damals war die – Ich weiß, Sie sind nicht überrascht. FDP mit in der Verantwortung – ultimativ dazu aufgefor- dert, die bestehenden gesetzlichen Vorschriften auch Schon der Titel des Antrages soll offensichtlich in die durchzusetzen. Daraufhin wurde dieZinsabschlag- Irre führen. Denn das zivilrechtlicheBankgeheimnis steuer eingeführt, um Ermittlungsmöglichkeiten für die – und nur ein solches kennen wir – besteht nur im Innen- Finanzbeamten zu schaffen; ansonsten hätte weiter eine verhältnis zwischen Bank und Kunde und wurde durch Ungleichbehandlung von Zins- und Arbeitseinkünften die Änderungen in der Abgabenordnung nicht berührt. bestanden. Die Forderung nach Wiederherstellung geht damit ins Leere. Mit dem viel zitierten „gläsernen Bürger“ hat die Kontenabfragemöglichkeit überhaupt nichts zu tun – Die Kontenabfragemöglichkeit, die im Zuge der ebenso wenig wie das Aufstellen einer solchen Behaup- Schaffung einer Brücke hin zur Steuerehrlichkeit imple- tung mit verantwortungsvoller Politik. Kontenabrufe er- mentiert wurde, ist ein wichtiger Baustein zu ebendieser folgen weder willkürlich noch heimlich. Im Übrigen ist Steuerehrlichkeit. Der Deal bei der Steueramnestie war, die Rechtmäßigkeit derselben auch gerichtlich nachprüf- dass Schwarzgeld gegen eine Nachversteuerung durch bar. Die Beamten in den Finanzämtern und anderen Be- Straffreiheit legalisiert und im Gegenzug eine Möglich- hörden erfahren nichts über die Kontenstände und nichts keit zur Abfrage von Bankkonten implementiert wird. über die Kontenbewegungen. Sie bekommen nur Aus- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17155

Jutta Krüger-Jacob (A) kunft, ob und wo ein Steuerpflichtiger Konten unterhält, Es ist keine systematische Herangehensweise, eine(C) und dies auch nur dann, wenn es zur Festsetzung vonAbgeltungsteuer einzuführen, nur um die Kontrollmög- Steuern oder zur Bewilligung von Sozialleistungen er- lichkeiten des Staates zu verhindern, zumal auch diese forderlich ist und – genau das ist der springende Punkt – Steuer mit Kontrollmitteilungen verbunden wäre. Der wenn der Bürger sich weigert, dem Finanzamt auf An- Antrag zeigt eigentlich nur, dass es einfacher ist, Forde- frage richtige Auskunft zu erteilen. rungen zu erheben, als sie mit allen Konsequenzen zu Ende zu denken und dann auch umzusetzen. Die FDP fordert auch die Einführung einerAbgel- tungsteuer auf Kapitalerträge. Die Behauptung, eine (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Warum?) solche Steuer sei einfach, transparent, könne Kapital- Danke schön. flucht verhindern und ein Mehraufkommen bringen, wie wir eben gehört haben, taucht nicht das erste Mal auf. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Bei den intensiven Auseinandersetzungen mit der Thematik mussten wir feststellen – auf die wiederholten Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Aufforderungen hin haben wir uns damit auseinander Ich schließe die Aussprache. gesetzt –, dass es keineswegs einfach ist, wenn man eine ansonsten unausweichliche Steuermehrbelastung der Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf Kleinsparer vermeiden will. Man bräuchte dafür einden Drucksachen 15/5043 und 15/5334 an die in der Ta- Freistellungs- oder Erstattungsverfahren für all diegesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Kleinsparer, die heute gar nicht oder deutlich geringer Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann als mit einer Abgeltungsteuer steuerlich belastet werden. sind die Überweisungen so beschlossen. Dies würde einen erheblichen bürokratischen Mehrauf- Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages- wand bedeuten. Im Übrigen verhindert die Abgeltung- ordnung. steuer keine Kapitalflucht, es sei denn, sie wäre so nied- rig, dass wir mit Steuerausfällen in Milliardenhöhe statt Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun- mit Steuermehreinnahmen rechnen müssten. Auch der destages auf morgen, Freitag, den 17. Juni 2005, 9 Uhr, immer wieder kommende Verweis auf Österreich zieht ein. nicht, da bei der dortigen Einführung der Abgeltung- Die Sitzung ist geschlossen. steuer der Steuersatz erhöht wurde. Das ist hier ja offen- sichtlich nicht gewünscht. (Schluss: 15.53 Uhr)

(B) (D)

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(A) Anlagen zum Stenografischen Bericht (C)

Anlage 1 Die Einfügung „im Einzelfall“ hat zur Folge, dass in einem konkreten Fall Anhaltspunkte dafür vorliegen Liste der entschuldigten Abgeordneten müssen, dass von einem Erzeugnis eine Gefährdung für die Sicherheit und Gesundheit ausgeht und aufgrund un- zureichender wissenschaftlicher Erkenntnis oder aus entschuldigt bis sonstigen Gründen die Unsicherheit nicht innerhalb der Abgeordnete(r) einschließlich gebotenen Zeit behoben werden kann. Allgemein beste- hende Anhaltspunkte reichen nicht aus, die Öffentlich- Dr. Bauer, Wolf CDU/CSU 16.06.2005 keit über einen konkreten Sachverhalt im Sinne des Abs. 1 zu informieren. Nicht jede neue wissenschaftli- Bosbach, Wolfgang CDU/CSU 16.06.2005 che Erkenntnis, die nicht in Zusammenhang mit einem konkreten Verwaltungsvorgang steht, verpflichtet zur Fischer (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 16.06.2005 Öffentlichkeitsinformation. Joseph DIE GRÜNEN Zweitens. Zu § 70 Abs. 7 LFGB Heynemann, Bernd CDU/CSU 16.06.2005 § 70 Abs. 7 LFGB in der Fassung des Einigungsvor- schlags lautet wie folgt: „(7) Das Bundesministerium Hintze, Peter CDU/CSU 16.06.2005 wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustim- mung des Bundesrates Vorschriften dieses Gesetzes oder Laumann, Karl-Josef CDU/CSU 16.06.2005 der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverord- nungen zu streichen oder in ihrem Wortlaut einem ver- Lengsfeld, Vera CDU/CSU 16.06.2005 bleibenden Anwendungsbereich anzupassen, soweit sie durch den Erlass entsprechender Vorschriften in unmit- Michalk, Maria CDU/CSU 16.06.2005 telbar geltenden Rechtsakten der Europäischen Gemein- schaft im Anwendungsbereich dieses Gesetzes unan- Multhaupt, Gesine SPD 16.06.2005 wendbar geworden sind.“ Nitzsche, Henry CDU/CSU 16.06.2005 Diese Regelung erlaubt es dem Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, Otto (Godern), Eberhard FDP 16.06.2005 Anpassungen des nationalen Rechts an unmittelbar gel- (B) tendes Gemeinschaftsrecht, das Anwendungsvorrang(D) Piltz, Gisela FDP 16.06.2005 hat, ohne Zustimmung des Bundesrates vorzunehmen. Der Verordnungsgeber kann von der ihm eingeräum- Dr. Pinkwart, Andreas FDP 16.06.2005 ten Befugnis, das Gesetz selbst zu ändern, nur restriktiv Gebrauch machen; bestehen Unklarheiten über den In- Scheffler, Siegfried SPD 16.06.2005 halt oder die Reichweite einer unmittelbar geltenden Schily, Otto SPD 16.06.2005 Vorschrift der Europäischen Gemeinschaft, wäre eine entsprechende Anpassung des Gesetzes Aufgabe des Ge- setzgebers; der Verordnungsgeber wäre in diesen Fällen nicht berechtigt, von der Ermächtigung des § 70 Abs. 7 Anlage 2 LFGB Gebrauch zu machen. Es ist ihm nämlich ver- wehrt, seinen Willen an den des Gesetzgebers zu setzen. Erklärung Das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Er- des Abgeordneten Michael Müller (Düsseldorf) nährung und Landwirtschaft sagt zu, die Länder bei ent- (SPD) zur Abstimmung über die Beschluss- sprechenden Verordnungsvorhaben rechtzeitig vorher zu empfehlung des Vermittlungsausschusses zu beteiligen. dem Gesetz zur Neuordnung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts (Zusatztagesordnungs- punkt 5 a) Anlage 3 Erklärung In den abschließenden Verhandlungen des Vermitt- des Abgeordneten Ludwig Stiegler (SPD) zur lungsausschusses am 15. Juni 2005 ist eine Protokoll- Abstimmung über die Beschlussfassung des erklärung der Bundesregierung vereinbart worden. Diese Vermittlungsausschusses zu dem Zweiten Ge- Protokollerklärung gebe ich nachfolgend zur Kenntnis. setz zur Neuregelung des Energiewirtschafts- rechts (Zusatztagesordnungspunkt 5 d) Die Bundesregierung gibt zu Art. l (Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch) des genannten Gesetzes fol- In den abschließenden Verhandlungen des Vermitt- gende Protokollerklärungen ab: lungsausschusses am 15. Juni 2005 ist eine Protokoll- erklärung der Bundesregierung vereinbart worden. Diese Erstens. Zu § 40 Abs. l Satz 2 Nr. 3 LFGB Protokollerklärung gebe ich nachfolgend zur Kenntnis: 17158 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005

(A) Die Bundesregierung erklärt zum Vermittlungsergeb- von Verbraucherinteressen durch ein Verbandsklagerecht (C) nis: aber ablehnt, leuchtet vor dem Hintergrund einer über- lasteten Gerichtsbarkeit nur ein, wenn ideologische Erstens. Ländervollzug – Organleihe: Die Bundesre- Scheuklappen angelegt werden. Dass bei den Kenn- gierung ist grundsätzlich bereit, denjenigen Ländern, zeichnungsvorschriften zu den Stromquellen eine Mehr- welche die Regulierungsaufgaben ganz oder teilweise heit im Vermittlungsausschuss zwar Kernkraft und er- nicht selbst wahrnehmen wollen, die Bundesnetzagentur neuerbare Energien, nicht jedoch die fossilen im Wege der Organleihe zur Verfügung zu stellen. Vo- Energieträger im Einzelnen kennzeichnen möchte, rich- raussetzung ist, dass die entsprechenden Erklärungen der tet sich gegen den Verbraucherwunsch nach umfassender jeweiligen Länder gegenüber dem Bund bis zum 1. Au- Information und stellt eine unerträgliche Bevormundung gust 2005 vorliegen. dar. Zweitens. Verordnungen: Die Bundesregierung ist be- Dass die unionsgeführten Bundesländer darauf be- reit, die Verordnungen zum Netzzugang und zu den standen haben, einige Kompetenzen von der Bundes- Netzentgelten mit den Änderungen, wie sie in der Sit- zung der Arbeitsgruppe s de Vermittlungsausschusses netzagentur auf die Länder zu übertragen, soll wohl vom 10. Juni 2005 vereinbart worden sind, nach entspre- Bestände garantieren, wird aber letztlich zu mehr Büro- chender Beschlussfassung durch den Bundesrat im Kabi- kratie führen. Statt einer einzelnen Agentur, die für faire nett zu verabschieden. und einheitliche Bedingungen im gesamten Bundes- gebiet sorgt, werden 16 Landesbehörden künftig regio- nal unterschiedliche Maßstäbe anlegen. Lediglich der Anlage 4 Umstand, dass für alle Netzentgelte im Strom- und Gas- markt gleichermaßen eine Ex-ante-Genehmigung einge- Erklärung nach § 31 GO holt werden muss, stärkt die Beteiligungs- und Mitspra- der Abgeordneten Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/ chemöglichkeiten der Verbraucherverbände und setzt DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Be- das richtige Signal. schlussfassung des Vermittlungsausschusses zu Vor dem Hintergrund dieser Erklärung stimme ich dem Zweiten Gesetz zur Neuregelung des Ener- dem Energiewirtschaftsgesetz zu. giewirtschaftsrechts (Zusatztagesordnungs- punkt 5 d) Der vorliegende Gesetzentwurf ist als energiewirt-Anlage 5 schaftliche Rahmengesetzgebung von großer Bedeutung (B) auch für die Art und Weise der Energieversorgung der Erklärung (D) privaten Endverbraucher. Neben der Versorgungssicher- des Abgeordneten Jörg van Essen (FDP) zur heit erwarten Verbraucher einen funktionsfähigen Wett- Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes bewerb und die verbraucherfreundliche Regulierung der zur Änderung des Reichsvermögen-Gesetzes Strom- und Gaspreise. Die Rolle des Verbrauchers als (Tagesordnungspunkt 30 l) Marktteilnehmer und sein Vertrauen in den Energie- markt sollen gestärkt werden. Wie im Aktionsplan Ver- Namens der Fraktion der FDP erkläre ich: Unser Vo- braucherschutz der Bundesregierung vorgegeben, sollen tum lautet Nein. vor allem der Wechsel des Strom- oder Gaslieferanten vereinfacht werden und eine effiziente Regulierungsbe- hörde den diskriminierungsfreien Netzzugang und die Gestaltung von Netzentgelten und Netznutzungsbedin- Anlage 6 gungen kontrollieren. Zu Protokoll gegebene Rede Das vom Deutschen Bundestag verabschiedete Ge- zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur setz, Bundestagsdrucksache 15/3917 in der Fassung Neuregelung des Mindestkapitals der GmbH Drucksache 15/5268, hat diesen Vorgaben Rechnung ge- (MindestkapG) (Tagesordnungspunkt 14) tragen und in verbraucherpolitischer Hinsicht eine Viel- zahl an innovativen Lösungen und einen angemessenen Interessenausgleich gefunden. Besonders hervorzuheben Werner Schulz (Berlin) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- war die schlagkräftige Aufsichtsbehörde, die schritt-NEN): Wir diskutieren heute über den Fraktionsentwurf weise Liberalisierung des Mess- und Zählerwesens, das zum Mindestkapital der GmbH. Wir wollen das Min- Klagerecht der Verbraucherverbände und die umfas-destkapital für die Gründung einer Kapitalgesellschaft sende und transparente Stromkennzeichnung. absenken und damit eine Antwort auf den Wettbewerb der Rechtsformen, den wir in Europa haben, geben. Nunmehr sind nach den Beratungen im Vermittlungs- ausschuss zwar im Großen und Ganzen vernünftige Re- Schon über 8 000 deutsche Unternehmen haben sich gelungen gefunden, die Verbraucherrechte jedoch an ei- als Private Limited Company in Großbritannien ange- nigen Stellen erheblich beschnitten worden, ohne dass meldet. Das geht schnell und unbürokratisch, ein Min- eine tragfähige Begründung ersichtlich wäre. Warum die destkapital ist nicht notwendig. Die Rechtsform der Unionsmehrheit im Bundesrat jedem einzelnen Verbrau- Limited GmbH & Co. KG eröffnet neue Steuersparmo- cher ein Klagerecht zugesteht, die gebündelte Vertretung delle. Das ist kein guter Zustand. Wir wollen, dass Grün- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. Juni 2005 17159

(A) der, die eine Kapitalgesellschaft für eine Geschäftstätig- Wir konnten durchsetzen, dass 53 von 94 Handwerks- (C) keit in Deutschland gründen, dies auch künftig wieder in berufen ohne formale Qualifikationen ausgeübt werden Deutschland nach dem hier geltenden Recht tun. können. Ergebnis: Nach Jahren des Rückganges hat 2004 zum ersten Mal wieder die Zahl der Handwerksbe- Die Wirtschaftsverbände äußern sich kritisch zu dem triebe zugenommen, und zwar um rund 41 000 oder Vorhaben. Sie fürchten um die Zahlungsfähigkeit der4,8 Prozent. Dieser Zuwachs hat in den Berufen stattge- Unternehmen. Die Zahlungsfähigkeit und das Insolvenz- funden, die zulassungsfrei geworden sind. Viele, die risiko hängen aber nicht vom eingezahlten Mindestkapi- durch die rigide Handwerksordnung zuvor in die tal ab. Die Verbände sollten also einmal erklären, wie sie Schwarzarbeit getrieben worden sind, konnten in die Le- es erreichen wollen, dass Kapitalgesellschaften wieder galität zurückkehren. Wir wollen deshalb die Reform der vermehrt in Deutschland gegründet werden. Handwerksordnung, die wegen des Widerstandes der Union auf halber Strecke stehen blieb, weiterführen. Nur Natürlich müssen auch die Verfahren erleichtert und noch die besonders gefahrenträchtigen Berufe sollen un- beschleunigt werden. Übrigens können die Länder hier ter den Meisterzwang fallen; das sind etwa zehn. eine Menge tun. Es bestehen große Unterschiede zwi- schen den einzelnen Ländern, was die Fristen für die An- Sie von der Union führen immer wieder die Zahl der meldung einer GmbH angeht. Insolvenzen ins Feld. Auch das ist ein Teil der unredli- chen Kampagne mit dem Ziel, den Standort Deutschland Auf Bundesebene tun wir, was möglich ist, um dieschlechtzumachen. In fast jeder Rede taucht die Zahl Verfahren zu erleichtern und Bürokratie abzubauen.von fast 40 000 Insolvenzen im Jahr 2004 auf. Sie ver- Bündnis 90/Die Grünen setzen auf mehr Selbstständig- gessen dabei aber die Zahl der Gründungen. Sie lag im keit. Wir setzen auf fairen Wettbewerb. Die Reform der letzten Jahr sehr hoch, nämlich bei 553 000. Der Grün- Handwerksordnung ist eine Erfolgsgeschichte. Das ha- dungsüberschuss lag im Jahr bei 137 000 Unternehmen. ben Sie von der Union und der FDP bis heute nicht be- Seit 2002 nimmt der Saldo aus Gründungen und Liqui- griffen, denn Sie waren dagegen. dationen kontinuierlich zu.

(B) (D)

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