Gemeinde Chieming

Integriertes Klimaschutzkonzept

Wege zur Umsetzung der Energiewende

K.GREENTECH GmbH Pestalozzistr. 31 80469 München Tel.: 089 242 086 7-60 www.k-greentech.de Oktober 2013 1. Zusammenfassung...... 3 2. Allgemeine Daten...... 7 2.1 Allgemeine Daten der Gemeinde Chieming ...... 7 2.1.1 Lage...... 7 2.1.2 Landnutzung ...... 7 2.1.3 Bevölkerung, Flächen- und Gebäudenutzung...... 7 2.1.4 Wirtschaft...... 8 2.2 Engagement für den Klimaschutz...... 9

3. Bestandsanalyse Energie und CO2-Bilanz...... 11 3.1 Energiebilanz...... 12

3.2 CO2-Bilanz ...... 15 3.3 Bilanz der Energiekosten...... 19 4. Emissionsminderungspotenziale ...... 20 4.1.1 Methodik ...... 20 4.2 Szenarienentwicklung...... 22 4.3 Strompotenziale...... 23 4.3.1 Erzeugung ...... 23 4.3.2 Effizienz ...... 32 4.4 Wärmepotenziale...... 34 4.4.1 Erzeugung ...... 35 4.4.2 Effizienz ...... 42 5. Verkehr ...... 44 5.1.1 Analyse der Verkehrssituation in Chieming...... 44 5.1.2 Verkehrsprojekte in Chieming ...... 45 5.1.3 Verkehrssituation heute...... 46 5.1.4 Emissionsminderungspotenziale im Bereich Verkehr und Mobilität...... 52 Verkehrsvermeidung ...... 53 Verkehrsverlagerung ...... 55 Verkehrsoptimierung ...... 59 6. Akteursbeteiligung ...... 63 7. Maßnahmenkatalog ...... 66 8. Controllingkonzept...... 86 9. Konzept für die Öffentlichkeitsarbeit und Bürgerinformation ...... 88 10. Anhang ...... 90 10.1 Literaturverzeichnis ...... 90 10.2 Abkürzungsverzeichnis...... 92

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Treibhausgasreduktionspfad durch Maßnahmen ...... 4 Abbildung 2: Treibhausgasreduktion bis 2030 ...... 6 Abbildung 3: Strom- und Wärmeerzeugung 2011...... 12 Abbildung 4: Energiebilanz von Chieming mit ECORegion...... 13 Abbildung 5: Energiebilanz von Chieming aufgeteilt in Sektoren ...... 14 Abbildung 6: Vergleich der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien...... 15 Abbildung 7: Heiztechnik in Chieming ...... 16 Abbildung 8: Treibhausgasbilanz Gemeinde Chieming mit ECORegion ...... 17 Abbildung 9: Treibhausgasbilanz von Chieming nach Sektoren ...... 18 Abbildung 10: Energiemengen und finanzströme (regional) ...... 19 Abbildung 11: Strombedarf und lokale Stromerzeugung im Bilanzgebiet Chieming ...... 23 Abbildung 12: Solare Strahlung ...... 24 Abbildung 13: Solarpotenzial Chieming ...... 25 Abbildung 14: Solaranlagen in Chieming...... 25 Abbildung 15: Potenziale der Photovoltaik...... 27 Abbildung 16: Windenergienutzung Chieming ...... 28 Abbildung 17: Landnutzung Chieming ...... 30 Abbildung 18: Strompotenziale der Biomasse ...... 31 Abbildung 19: Potenzial der Tiefengeothermie ...... 32 Abbildung 20: Wärmeatlas Chieming...... 34 Abbildung 21: Wärmebedarf und lokale Wärmeerzeugung...... 35 Abbildung 22: Potenziale der Solarthermie...... 36 Abbildung 23: Wärmepotenziale der Biomasse ...... 37 Abbildung 24: Wärmeatlas Chieming...... 38 Abbildung 25: Kennzahlen von möglichen Wärmenetzvarianten ...... 39 Abbildung 26: Vergleich Saldo und Gestehungskosten der vier Varianten...... 39 Abbildung 27: Potenzial oberflächennahe Geothermie ...... 40 Abbildung 28: Wärmepotenziale der Geothermie ...... 42 Abbildung 29: Zulassungszahlen Chieming im Vergleich zu Deutschland ...... 46 Abbildung 30: Fahrleistung Chieming (FzKm) ...... 47 Abbildung 31: Treibstoffverbrauch Chieming ...... 48 Abbildung 32: Jährliche Kraftstoffkosten Chieming...... 49 Abbildung 33: Verkehrsemissionen Chieming ...... 50 Abbildung 34: Prognose Emissionen Verkehrssektor ...... 51 Abbildung 35: Videokonferenzen als Ersatz von Dienstleistungen...... 54 Abbildung 36: Ziel-Modal-Split für Chieming 2030...... 55

Abbildung 37: Spezifische CO2-Emissionen im Verkehr ...... 56 Abbildung 38: Elektromobilität Projekt aus Chieming...... 61 Abbildung 39: Beteiligungsgrade in Schema ...... 63 Abbildung 40: Akteursbeteiligung Haus des Gastes ...... 64 Abbildung 41: Treibhausgasreduktionspfad...... 67 Abbildung 42: Treibhausgasreduktion ...... 67 Abbildung 43: Treibhausgasreduktion bis 2030 ...... 68

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1. Zusammenfassung

Die Gemeinde Chieming engagiert sich bereits in diversen Themen und Projekten für die Umsetzung der Energiewende und für mehr Klimaschutz auf lokaler Ebene. Dazu gehören z.B. die Förderung des Radverkehrs sowie der Elektromobilität für Touristen und Bürger und Informationsveranstaltungen für die Bürger.

Das integrierte Klimaschutzkonzept 2013 ergänzt nun die bestehenden Ansätze um neue Ideen und Maßnahmen, so dass auch zukünftig der Energiebedarf reduziert und damit die Finanzmittelverluste ins Ausland minimiert werden können. Somit kann die Lebensqualität in Chieming weiter gesteigert und die lokale Wertschöpfung erhöht werden.

Zu diesem Zwecke wurde im Klimaschutzkonzept die Ist-Situation analysiert, lokale Potenziale ermittelt und gemeinsam mit lokalen Akteuren passende Maßnahmen entwickelt. Diese können nun Schritt für Schritt politisch diskutiert und verabschiedet werden, so dass die Energiewende seitens der Gemeinde aktiv begleitet wird.

Ist-Situation: Der ermittelte jährliche Treibhausgasausstoß beträgt in den Sektoren

Strom, Wärme und Verkehr ca. 37.000 t CO2-eq. Dies entspricht einem Treibhausgasausstoß von ca. 8 t CO2-eq pro Einwohner. Damit liegt Chieming etwas unter dem Landesdurchschnitt. Der Stromverbrauch lag 2012 bei ca. 23.000 MWh, der Wärmebedarf bei ca. 55.000 MWh und der Treibstoffverbrauch bei ca. 5,5 Mio. Litern. Diese Werte entsprechen in etwa den typischen Durchschnittwerten für Gemeinden dieser Größe. Lediglich der Anteil des jährlich benötigten Heizöls (ca. 5 Mio. Liter) ist - mangels Erdgasnetz – überdurchschnittlich hoch.

Für Strom, Wärme und Verkehr werden von Bürgern und der Wirtschaft jährlich ca. 13 Mio. Euro aufgewendet, davon fließen ca. 9 Mio. Euro ins Ausland ab. Das sind ca. 1.900 Euro je Einwohner. Diese Finanzmittel fehlen dem lokalen Wirtschaftskreislauf und sollten über Maßnahmen reduziert werden.

Potenziale: Die Potenziale zur lokalen und erneuerbaren Stromerzeugung sind primär bei Sonne und Wind angesiedelt. Bei Tiefengeothermie, Wasserkraft und Biomasse sind die zusätzlichen Stromerzeugungspotenziale nicht sehr groß.

Über Photovoltaik könnte bis 2030 9.000 MWh Strom zusätzlich gewonnen werden, was den Anteil der Stromerzeugung aus Sonnenlicht auf ca. 50 % schrauben würde. Diese Anlagen könnten sich wie folgt darstellen:

Beispiel:  eine Freiflächenanlagemit 2 MW Leistung,  20 mittelgroße Aufdach-Photovoltaikanlagen à 100 kWp Leistung und  500 kleine Photovoltaikanlagen für Einfamilienhäuser à 10 kWp.

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Ein Windrad am östlichen Rand der Gemeinde könnte mittelfristig weitere 15% beitragen.

Zur erneuerbaren Wärmeerzeugung gilt es einem Mix aus Solarthermie, Erwärme und Biomasse auszubauen, um das immer teurer werdende Heizöl zu verdrängen. Bis 2030 ist hier ein Zuwachs um ca. 14.000 MWh realistisch, dies entspricht einem Anstieg von 10% auf ca. 50%. Aufgrund der Struktur Chiemings wird dies maßgeblich dezentral z.B. durch Wärmepumpen und Solarthermie in Kombination erfolgen. Ein Wärmenetz in der Hauptstraße könnte ergänzend gleich mehrere Gebäude mit Wärme aus einem Heizwerk versorgen und ca. 2.300-3.900 MWh Wärme liefern.

Akteursbeteiligung: Im Haus des Gastes fanden die Veranstaltungen unter reger Beteiligung der Bürger und der Wirtschaft statt. Es wurden Maßnahmen diskutiert und auch zusätzlich speziell zum Thema Photovoltaik-Eigenstromverbrauch informiert.

Treibhausgasreduktionspfad

Anteil der CO2-Einsparungen je Maßnahme im Zeitverlauf in 1000t 14,00

12,00

10,00

8,00

6,00

4,00

2,00

0,00 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

PV-Zubau Dächer Aufbau Nahwärmenetze Klimafreundliches Neubaugebiet Sanierung Wärmedämmung Gebäude PV und Parken Ökostrom für Stadtverwaltung Informationen zu klimafreundlichen Konsumverhalten Bildung Schulen und Kindergärtern Offensive Mini-BHKW Energieeffiziente Straßenbeleuchtung Biogasanlage Errichtung eines Solarparks Ausbau Elektromobilität Errichtung eines Windrades Heizungssanierungsmaßnahmen Quartierskonzept Klimaschutz-Infoserie in Kommunalblatt Kommunales Energiemanagement Bioenergiedorf Stöttham

Erst die Umsetzung von mehreren Maßnahmen führen zum gewünschten Reduktionspfad

Abbildung 1: Treibhausgasreduktionspfad durch Maßnahmen

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Maßnahmen: Im Ergebnis scheinen folgende Maßnahmen für Chieming am erfolgversprechendsten:

Maßnahmenpaket Gemeinde

1 Kommunales Energiemanagement

2 Gründung einer Bürgerenergiegenossenschaft

Maßnahmenpaket Erzeugung

3 Bau einer Biogasanlage

4 Errichtung eines Solarparks in Chieming

5 Photovoltaik-Zubau auf Dächern

6 Kombination von Photovoltaik und Parken

7 (Mittelfristig) Bau einer Windkraftanlage mit Bürgerbeteiligung

8 Aufbau eines Nahwärmenetzes in der Ortsmitte (Biomassebasis)

9 Offensive Mini-BHKW auf Biomassebasis

Maßnahmenpaket Effizienz

10 Erhöhung der energetischen Sanierungsrate

11 Heizungssanierungsmaßnahmen

12 Umrüstung der Straßenbeleuchtung

13 Klimafreundliche Neubaugebiete

14 Erstellen eines integrierten Quartierskonzeptes

15 Bioenergiedorf Stöttham

Maßnahmenpaket Verkehr

16 Ausbau der Elektromobilität

Maßnahmenpaket Bildung

17 Klimaschutzinfoserie in der Gemeindezeitung

18 Kampagne Klimafreundlicher Konsum

19 Energiekampagnen in Kindergärten und Schulen

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Die Gemeinde Chieming sollte sich auf folgende Maßnahmen konzentrieren, da hier sowohl die lokale Wertschöpfung als auch die Treibhausgasreduktion am größten sind:

 Aufbau eines Wärmenetzes in der Hauptstraße  Förderung der Sanierung bzw. Wärmedämmung der Gebäude der Bürger  Ausbau der Stromerzeugung aus Photovoltaik  (Mittelfristige) Errichtung eines (Bürger-)Windrades

In Summe können mit den Maßnahmen bis 2030 ca. 11.000 Tonnen Treibhausgase jährlich reduziert werden, was eine Reduktion von ca. 30 % entspricht.

Treibhausgasreduktion bis 2030

CO2 Emissionen 2012 - 2030

1000 t CO2

50

45

40

35

30

25

20

15

10

5

0

Szenario Maßnahmen Referenzszenario Innovationsszenario

Abbildung 2: Treibhausgasreduktion bis 2030

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2. Allgemeine Daten

2.1 Allgemeine Daten der Gemeinde Chieming

2.1.1 Lage

Die Gemeinde Chieming im hat in zweierlei Hinsicht eine Rolle als grenz- markierende Gemeinde. Zum einen nimmt sie den größten Teil des Ostufers des namengebenden Chiemsees ein, zum anderen stellt eben diese Uferlinie die westli- che Grenze des oberbayrischen Landkreises dar. Chieming grenzt an die Gebiete von Seeon-Seebruck, , Nußdorf, Grabenstätt sowie Traunstein, im Westen begrenzt der See das Gebiet der Gemeinde. Zum Gebiet der Kommune zäh- len 38 amtlich benannte Ortsteile: Arlaching, Aufham, Außerlohen, Billing, Chieming, Egerer, Eglsee, Fehling, Grilling, Hart, Hilleck, Holzmann, Hub, Ising, Kainrading, Kleeham, Knesing, Kötzing, Laimgrub, Lenglach, Manholding, Meising, Neubauer, Oberhochstätt, Öd, Pfaffing, Pittersdorf, Schützing, Siedenberg sowie Storfling. Prä- gend für Region ist der namengebende Chiemsee, auch „Bayerisches Meer“ ge- nannt. Mit einer Wasserfläche von 82 km² und einer größten Tiefe von 73 m ist er flächenmäßig der größte See Bayerns und der drittgrößte See Deutschlands. 2.1.2 Landnutzung

Die Gesamtfläche der Gemeinde Chieming beläuft sich auf ca. 36 km². Auf dieser spiegelt sich die starke landwirtschaftliche Prägung des Chiemgaus wieder. So ent- fallen über die Hälfte des Gebietes (58,5 %) auf Landwirtschaftsflächen, die vor- nehmlich als Wiesen und Weiden genutzt werden, ergänzt von einem Anteil acker- baulicher Nutzung. Die Waldfläche beträgt ca. 29 %. Dieser große Anteil an mit Ve- getation bedeckter Fläche bildet eine gute Ausgangslage für die Nutzung von Bio- masse zur Energieerzeugung. Die landwirtschaftlichen Flächen sind primär als Standorte für Anlagen von erneuerbaren Energien gut geeignet. Dem gegenüber steht eine Siedlungs- und Verkehrsfläche von knapp 12 %. Die Landschaft ist ein essentieller Teil des Kapitals im touristischen Wirtschaftszweig, was bei der Abwä- gung verschiedener Formen regenerativer Energieerzeugung berücksichtigt werden muss (v.a. Windkraft). 2.1.3 Bevölkerung, Flächen- und Gebäudenutzung

Aktuell zählt die Gemeinde Chieming 5.046 Einwohner (Stand 19.09.2013), die Zweitwohnsitze sind hier mit einberechnet. Die Einwohnerentwicklung erfährt im Laufe der vergangenen Jahrzehnte ein langsames, aber konstantes Wachstum. Mit der Gebietsreform in Bayern im Jahr 1972, kam es zu einem scheinbaren Sprung der Einwohnerzahlen, der jedoch lediglich auf dem Papier existiert, da die damaligen Gemeinden Hart und Ising und der Ortsteil Oberhochstätt dem Chieminger Gemein- degebiet zugeschlagen wurden. Die Altersstruktur der Bevölkerung lässt die Herausforderungen des demographi- schen Wandels wie überall in Deutschland erahnen: Die breite Schicht der heute er-

7 werbsfähigen bzw. an der Schwelle zum Rentenalter stehenden Menschen (18-64 Jahre), macht zwei Drittel der aktuellen Bevölkerung aus. Ungefähr 20 % sind 65 Jahre alt oder älter. Dem gegenüber steht eine Nachfolgegeneration der unter 18- Jährigen mit nur knapp 20 %. Sie sind es, die die Auswirkungen des demographi- schen Wandels mit seinen sinkenden Geburtenraten und auch die Folgen des Kli- mawandels direkt erleben werden. 2.1.4 Wirtschaft

Von den in der Gemeinde Beschäftigten arbeiteten Ende 2011 fast 40% im produzie- renden Gewerbe, gefolgt von beinahe 30% im Sektor Handel, Verkehr und Gastge- werbe. Ein Vergleich mit den Zahlen des Landkreises Traunstein zeigt, wie groß der Faktor Fremdenverkehr für die Gemeinde ist: Durchschnittlich waren im Jahr 2011 ebenfalls gut 42 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im produzierenden Gewerbe tätig, jedoch lediglich 22,5 % im Bereich Handel, Verkehr, Gastgewerbe. Die Bilanz der Saison 2012 weist über 197.000 Gästeübernachtungen in Betrieben mit 9 oder mehr Gästebetten auf, davon entfallen gut 186.000 auf Gäste aus dem Inland. Diese Zahlen unterstreichen die Bedeutung des Tourismus für die Gemeinde Chieming. Ein bemerkenswertes Detail der Wirtschaft in der Region ist die lokale Währung „Chiemgauer“. Das Regiogeld wurde 2003 im Rahmen eines Schülerprojektes entwi- ckelt, dessen wachsende Beliebtheit dazu führte, dass sich das Projekt aus dem Schulkontext herausgelöst hat und von einem Verein als Rechtsrahmen getragen wird. Die Währung wird in den Landkreisen Traunstein und Rosenheim akzeptiert. Es ist eines der bekanntesten Teilprojekte der lokalen Agenda 21 und trägt durch seine Satzung, die u.a. eine Kooperation mit regionalen und ethisch-ökologisch orientierten Banken vorsieht, zur Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe bei. Das Geld kann nur innerhalb der Landkreise ausgegeben werden, sei es in bar oder elektronisch. Für das Engagement hinsichtlich der erfolgreichen Regionalwährung wurde der Trä- ger der Regionalen Agenda 21 Chiemsee, der Abwasser- und Umweltverband Chiemsee (AZV), mit dem kommunalen Agenda 21-Preis des Freistaats Bayern in der Kategorie Wirtschaft ausgezeichnet. Das Aktionsbündnis „Tag der Regionen“ rief für 2014 das Motto „Aus der Region, für die Region – Welt der kurzen Wege“ aus. In diesem Rahmen wird für die wirtschaftli- chen Stärken der Region geworben: Aktionen und Veranstaltungen, bei denen regio- nale Produkte, Handwerk und Dienstleistungen oder regionales Engagement im Mit- telpunkt stehen.

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2.2 Engagement für den Klimaschutz

Allein durch die enorme wirtschaftliche Bedeutung des Fremdenverkehrs für die Ge- meinde, steht die Erhaltung der lokalen Naturschönheiten und der Lebensqualität der Region im Vordergrund der Zukunftsplanungen. Seit Jahren findet das Wissen um die Verantwortung für die Klimaentwicklung in breit gestreuten Maßnahmen und Aktionen ihren Niederschlag. Eine Bündelung der Maß- nahmen erfuhr die Region im Rahmen der „Chiemseeagenda – Regionale Agenda 21 am Chiemsee“, in der seit dem Jahr 2000 die zehn Anliegergemeinden am Chiemsee organisiert sind. Zu diesem Zweck wurde der Abwasser- und Umweltver- band Chiemsee (AZV) um Kompetenzen im Bereich Umweltschutz und Nachhaltig- keit erweitert und fungiert seitdem als Träger. Die Chiemseeagenda führt als Regio- nale Agenda 21 die Ziele von Rio de Janeiro 1992 auf lokaler Ebene fort und setzt die Schritte auf dem Weg zu den formulierten Nachhaltigkeitszielen um. Solange der Aufbau einer zentralen Verwaltungsstruktur noch im Gange ist, treiben einzelne Pro- jekte rund um den Chiemsee die Bewegung in Richtung Klimaschutz und Nachhaltig- keit voran. Im Klimapapier „Wege zum kommunalen Klimaschutz am Chiemsee“ aus dem Februar 2008, wurde ein freiwilliger Maßnahmenkatalog im Anschluss an die Klimatagung für die zehn Seegemeinden formuliert. Zu den aktuellsten Aktivitäten zählt das Bestreben, in jeder Gemeinde ein Bürgersolarkraftwerk zu gründen. Um- setzung erfuhr diese Idee bereits in einigen Kommunen. Unter diesen Vorreitern be- fand sich auch die Gemeinde Chieming. Zusätzlich haben sich mehrere Gemeinden der Landkreise Rosenheim und Traun- stein – darunter ebenfalls Chieming – zur „LEADER-Aktionsgruppe Chiemgauer- Seenplatte“ zusammengeschlossen. Mit sieben Gründungsgemeinden im Jahr 2002, setzt die Gruppe mit einer wachsenden Zahl von Mitgliederkommunen in einzelnen Phasen Projekte zur Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Klimaschutz um. Unter die- sem Dach können sie sich um Gelder aus dem Förderprogramm "LEADER1" aus den "Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes" (ELER) bewerben. Diese Zuschussgelder decken bis zu 50 % der Maßnahmenkos- ten ab, die im weitesten Sinn unter die Förderkriterien der "Entwicklung des ländli- chen Raums" fallen. Das Regionale Entwicklungskonzept der „LEADER- Aktionsgruppe Chiemgauer-Seenplatte“ umfasst fünf große Handlungsfelder mit den Themen:  Sicherung der landschaftlichen Qualitäten  Bewahrung der Dorfgemeinschaften und der ländlichen Kultur  Optimierung der touristischen Basis-Infrastruktur  Zusatzeinkommen durch Dienstleistungen für Land- und Forstwirte  Innovative Angebote für Kinder und Jugendliche.

1 Leader ist eine Abkürzung der französischen Begriffe: Liaison entre les actions de développement de l'économie rurale; zu deutsch: Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft. 9

Erweitert auf nunmehr 16 Gemeinden – weitere Gemeinden haben Interesse bekun- det – bewarb sich die Gemeinschaft erfolgreich um die Aufnahme in die nächste För- derperiode 2007 bis 2013 bei LEADER. Mittlerweile wurden über 70 Projekte ange- schoben, das Gesamtbudget liegt bei über 6 Mio. €. Fester Bestandteil der gemeinschaftlichen Bemühungen im Klima- und Umweltschutz und die Vertretung der gemeinsamen Interessen, ist die traditionelle Chiemseekon- ferenz, die in regelmäßigen Abständen abgehalten wird. Seit dem Jahr 2000 in zwei- jährigem Turnus. Sie dient den zehn Gemeinden am Chiemsee als gemeinsame Öf- fentlichkeitsplattform. Die Veranstaltung stellt auch eine Anlaufstelle für Wünsche, Vorschläge und Beschwerden von Bürgerseite dar. Beispielsweise wird der aktuelle Widerstand gegen die Erdgasbohrungen eines österreichischen Unternehmens in der Seeregion, die Bürgerinitiative (BI) "Chiemgauer Seenplatte – gegen Gasbohren" thematisch von der Konferenz aufgefangen. Während die „Chiemseeagenda – Regionale Agenda 21 am Chiemsee“ und die „LEADER-Aktionsgruppe Chiemgauer-Seenplatte“ die derzeitigen Herzstücke des kommunal koordinierten Klimaschutzes darstellen, müssen auch die um sie herum positionierten Einzelaktionen Würdigung erfahren. Vor allem öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen dienen dazu, die Bürger der Chiemseegemeinden zu beteiligen und einzubinden. Beispiele hierfür sind das zum sechsten Mal stattfindende „Stadtradeln“, in dessen Rahmen Deutschlands fahrradaktivstes Kommunalparlament und Kommu- nen gesucht werden. Gleichzeitig mit dem Auftakt der Aktion „Stadtradeln“, fand der „Tag der Mobilität“ des „Forums Ökologie“ statt, der von Fachvorträgen begleitet wurde. Auch in der Umweltbildung der nächsten Generation ist die Gemeinde aktiv. Das Energiesparprojekt „Fifty-Fifty“, unter Teilnahme der Volksschule Chieming, brachte Schüler und Lehrer mit einem Energieberater zusammen und setzte einen Wettbe- werb um maximale Energieeinsparung an den jeweiligen Schulen in Gang. Die teil- nehmenden Schulen und der AZV wurden für dieses Energiesparprojekt 2009 mit dem kommunalen Klimaschutzpreis (1. Preis) des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz ausgezeichnet. Aktuell gibt es Kampagnen wie die "Klimadetektive", an denen sich die Schulen beteiligen können.

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3. Bestandsanalyse Energie und CO2-Bilanz

In diesem Kapitel wird die Energie- und CO2-Bilanz der Gemeinde Chieming erläu- tert. Ein exaktes Wissen über die Ausgangslage bzw. den Energieverbrauch gewähr- leistet auch im Anschluss eine genaue Berechnung der Finanzflüsse in der Gemein- de. Aus diesem Grund wurde zunächst eine genaue Bestandsanalyse durchgeführt, die den Status Quo der Energieerzeugung und des Energiebedarfes wiedergibt. Mittels der Software ECORegion kann nun eine valide Berechnung der Energie- und

CO2-Bilanzen erfolgen. Das marktführende Bilanzierungstool ECORegion ist unter anderem für den European Energy Award® und den Konvent der Bürgermeister (Covenant of Mayors) der Europäischen Union zugelassen. Auf diesem Wege wird der Gemeinde ein nachhaltiges Instrument zur Treibhausgasbilanzierung an die Hand gegeben, mit dem die Bilanzen für die folgenden Jahre stets erneuert werden können. Der Vorteil der Bilanzierung anhand ECORegion ist, dass trotz der Festle- gung auf dieses bestimmte Instrument die Vergleichbarkeit mit anderen Bilanzie- rungsmethoden erhalten bleibt. Die Software ermöglicht zwei verschiedene Bilanzierungsmethodiken: die Bilanzie- rung nach dem Territorialprinzip sowie nach der LCA-Methodik. Bei der ersten Me- thode werden lediglich die in der betreffenden Region anfallenden Emissionen bilan- ziert. Für den Sektor Verkehr bedeutet dies beispielsweise, dass andernorts verfah- rene Treibstoffe nicht in die Bilanzierung mit eingehen. Nach dem Bilanzierungsprin- zip des LCA (Life Cycle Assessment) hingegen werden auch diese Treibhausgase inkludiert. Außerdem gehen die Emissionen für Produktion und Verteilung mit in die Berechnung ein. Bleibt man beim Beispiel Verkehr, bedeutet dies, dass sowohl die Emissionen durch das Fahren (in- und außerhalb des Gebietes) als auch jene für die Produktion des Autos notwendigen fossilen Rohstoffe bilanziert werden. Für die Situ- ation in Chieming wurden alle in diesem Rahmen berücksichtigten CO2-Emissionen einheitlich nach der LCA-Methodik bilanziert. Als Basis der LCA-Faktoren gilt die ecoinvent-Datenbank. Für die auf diese Weise ermittelten Ergebnisse muss auf kommunaler Ebene mit ei- ner Verallgemeinerungstendenz gerechnet werden, da die Software in wesentlichen Bereichen auf bundesdeutsche Durchschnittswerte zurückgreift. Um die Validität der Daten zu steigern, wurde ein auf Echtdaten gestützter Analyseansatz entwickelt, der speziell für den Bereich Wärme liegenschaftsscharfe Verbrauchsdaten aufgreift, be- reitgestellt von den lokalen Energieversorgern bzw. Netzbetreibern. Des Weiteren basieren die in den folgenden Kapiteln ermittelten Szenarien und Potenziale auf Re- chenwegen und fundierten Modellen, die auch in führenden Einrichtungen, wie bei- spielsweise dem Bundesumweltministerium oder renommierten Forschungsinstituten zum Einsatz kommen.

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3.1 Energiebilanz

Zunächst wurden über die Energieversorger bzw. die Netzbetreiber die aktuellen Da- ten des Stromverbrauchs sowie der Stromerzeugung aus regenerativen Energien ermittelt. Für den Wärmeverbrauch wurden Daten der Kaminkehrer ausgewertet, da die Gemeinde Chieming über kein Gasnetz verfügt. Außerdem wurden Daten der Gemeindeverwaltung, des Bayerischen Landesamtes für Statistik und des Kraftfahrt- bundesamtes herangezogen und in die Datenbank ECOregion eingespeist.

Strom- und Wärmeerzeugung 2011

Strom Wärme

13% 2% 1% Solarthermie 1% 7% 2% 4% Photovoltaik Biomasse Wasser Geothermie Biomasse

Stromimport sonstige Wärmeerzeugung lokal

83% 88% Wärmeimport (Heizöl)

Dezentrale Strom- Dezentrale Wärme- Erzeugungschancen wurden Erzeugungschancen wurden ermittelt ermittelt Fokus: Solarenergie Fokus: Heizölverdrängung

Aktuell ist Chieming zu über 80% von Heizöl- und Stromimporten abhängig

Abbildung 3: Strom- und Wärmeerzeugung 2011

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Um eine anschauliche Darstellung der Verteilungen der Energiebedarfe zu ermögli- chen, wurde eine Unterteilung in Strom, Wärme und Verkehr vorgenommen. Außer- dem wird im Folgenden der Energiebedarf nach den Sektoren Haushalt, Gewerbe, Handel und Dienstleistung (GHD), Verkehr sowie Industrie aufgeschlüsselt.

Energiebilanz mit ECORegion

Gesamter Energiebedarf 2011

• Strom: 23.300 MWh • Wärme: 55.000 MWh

• Verkehr: 35.000 MWh • Gesamt: 113.300 MWh

Der Gesamtenergiebedarf von Chieming beträgt ca. 113.000 MWh im Jahr, der Strombedarf steigt kontinuierlich

Abbildung 4: Energiebilanz von Chieming mit ECORegion

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Der Energiebedarf teilt sich in die drei Sektoren Haushalte, Gewer- be/Handel/Dienstleistungen (GHD) und Industrie auf.

Für den Strombedarf sind das wie folgt:  Haushalte: 9.000 MWh  GHD: 2.400 MWh  Industrie: 11.900 MWh

Für den Wärmebedarf sind das wie folgt:  Haushalte: 37.000 MWh  GHD: 15.000 MWh  Industrie: 3.000 MWh

Energiebilanz aufgeteilt nach Sektoren

Verkehr Wirtschaft 31 % 32 %

Haushalte 37 %

Die Sektoren Haushalte, Wirtschaft und Verkehr benötigen ungefähr zu gleichen Teilen Energie. Der Anteil der Wirtschaft wächst allerdings.

Abbildung 5: Energiebilanz von Chieming aufgeteilt in Sektoren

Der Haushaltssektor hat mit 37% den höchsten Energiebedarf. Durchschnittlich ver- braucht jede Person demnach 10.000 kWh Energie, aufgeteilt in Strom und Wärme im Jahr.

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Die lokale Stromerzeugung in Chieming wird dominiert durch Photovoltaik. Im Jahr 2011 speisten 163 Anlangen ca. 2.200 MWh Strom in das Netz der Bayernwerk AG ein, da sich aber in den letzten zwei Jahren nochmal viel am Photovoltaikmarkt getan hat, kann heute von einer Zahl von annähernd 200 Anlagen ausgegangen werden. Etwa 100 MWh Strom werden aus drei Wasserkraftanlagen erzeugt und ca. 800 MWh wird in einer Biomasseanlage erzeugt.

Vergleich der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien

Summe

Tiefengeothermie

Gemeinde Chieming Photovoltaik aktuell Bayern aktuell Bioenergie Ziel Bayern 2021 Windenergie

Wasserkraft

0% 10% 20% 30% 40% 50%

Chieming glänzt bei Strom aus Photovoltaik und Bioenergie. Strommengen aus Wasserkraft und Windenergie sind vernachlässigbar

Abbildung 6: Vergleich der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien

3.2 CO2-Bilanz

Über die Eingabe der Energieverbräuche wurden in der Software ECORegion der

CO2-Ausstoß der Gemeinde Chieming ermittelt. Alle verfügbaren Daten fanden Eingang in die CO2-Bilanz der Gemeinde und den zugehörigen Analyseansatz. Soweit sich Wertelücken in der sonst datenmäßig sehr fundierten Dokumentation durch die Gemeinde aufgetan haben, wurden diese kritischen Stellen durch bundesdeutsche und landesspezifische Durchschnittswerte ergänzt.

Der ermittelte jährliche Treibhausgasausstoß beträgt ca. 37.000 t CO2-eq. Dies entspricht einem Treibhausgasausstoß von ca. 8 t CO2-eq pro Einwohner. Die Emissionen auf Landesebene lagen zuletzt bei ca. 9 t pro Einwohner. Damit liegt Chieming etwas unter dem Landesdurchschnitt.

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Für das Jahr 2011 wurde der tatsächliche Energieverbrauch, (wie wir ihn von den Netzbetreibern erhalten haben) eingegeben, für die Jahre davor sind es Bundesdeutsche Mittelwerte. Hier wird deutlich, dass die Software über sehr genaue Daten verfügt, die Bilanz weicht durch Eingabe von echten Verbrauchswerten nur ca. 10% von der Startbilanz ab.

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die Gemeinde Chieming über kein Gasnetz verfügt, wodurch der Erdgaswert zugunsten des Heizöls entfällt. Daten über die Heizölheizungen wurden vom zuständigen Kaminkehrer bereitgestellt.

Heiztechniken in Chieming - Basis Kaminkehrerdaten

Mehrheitlich wurden Heizölheizungen eingebaut – Anteil der Biomasse reicht von 12% bis 36%

Abbildung 7: Heiztechnik in Chieming

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In Abbildung 9 ist der Anteil der Energieträger am Treibhausgasausstoß in Tonnen pro Jahr zu erkennen. Daraus wird ersichtlich dass der Ausstoß von Treibhausgasen für die Erzeugung von Strom in seiner mengenmäßigen Bedeutung über die Jahre kontinuierlich zugenommen hat. Für die Treibstoffe Benzin und Diesel ist über die Jahre eine Verschiebung zu sehen. Wo der mengenmäßige Anteil für Benzin langsam zurückgeht, nimmt der Anteil an Diesel am Treibhausgasausstoß weiter zu.

Treibhausgasbilanz mit ECORegion - CO2-Bilanz Chieming

Gesamter Energiebedarf 2011

• Strom: 13.280 MWh

• Wärme: 14.490 MWh

• Verkehr: 10.280 MWh

• Gesamt: 38.050 MWh

Mit ca. 38.000 t CO2-Emissionen je Jahr, also ca. 8 t / Einwohner liegt Chieming unter dem bundesdeutschen Durchschnitt.

Abbildung 8: Treibhausgasbilanz Gemeinde Chieming mit ECORegion

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Werden nun die einzelnen Sektoren betrachtet (vgl. Abb. 10), fällt auf, dass in Chieming die Haushalte anteilig über 40% für die Treibhausgasemissionen verantwortlich sind. Das Gewerbe nur zu etwa 35% und ca. 30% der Treibhausgasemissionen werden vom Verkehr verursacht. Der Treibhausgasausstoß im Bereich GHD ist seit dem Basisjahr 1990 deutlich angestiegen, im Bereich der Haushalte etwas gefallen. Zu erklären ist dies im Sektor Haushalte mit dem Einsatz von effizienteren Haushaltsgeräten und Energiesparlampen, im Sektor GHD mit einem Zuwachs an Gewerbebetrieben in der Gemeinde Chieming.

CO2-Bilanz aufgeteilt nach Sektoren

Verkehr Wirtschaft 29 % 35 %

Haushalte 43 %

Auch bei den Treibhausgasemissionen steigt der Anteil der Wirtschaft immer weiter an

Abbildung 9: Treibhausgasbilanz von Chieming nach Sektoren

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3.3 Bilanz der Energiekosten

Aufgrund der geringen natürlichen Rohstoffverfügbarkeit müssen in Deutschland fast alle fossilen Energieträger importiert werden. Auch in der Gemeinde Chieming fließt ein Großteil der Finanzmittel, der für Energie benötigt wird aus der Gemeinde ab. Wie in Abbildung 11 dargestellt, zahlen die Bürger und die Gemeinde jährlich ca. 9 Mio. Euro an Rohstoff-exportierende Länder wie z.B. Russland und Saudi Arabien für den Import der benötigten Energieträger. Das macht aufgrund des fehlenden Erdgasanteils und der PKW-Abhängigkeit überdurchschnittliche Finanzmittelabflüsse je Einwohner, nämlich umgerechnet ca. 1.900 Euro pro Einwohner, die dem lokalen Wirtschaftskreislauf fehlen.

Die Umsetzung der Energiewende ist daher nicht nur gut für die Umwelt, sie hilft vor allem auch die regionale Wertschöpfung zu steigern. Indem die Energie lokal vor Ort erzeugt wird, kann der Finanzmittelabfluss reduziert werden und das Geld verbleibt in der Region.

Chieming - Energiemengen und Finanzströme (regional)

Energiemenge Energie je Sektor Abfluss Finanzmittel

 113.000 MWh  113.000 MWh  8,8Mio. €

Strom 23.000 Strom 23.000

Heizöl 38.000

Wärme 55.000 Wärme 2,9 Mio. €

Holz 17.000 Verkehr 4,5 Mio. € Strom 1,4 Mio. €

Verkehr 35.000Verkehr 35.000

Hohes realisierbares Potenzial für lokale Wertschöpfung liegt im Sektor Wärme

Abbildung 10: Energiemengen und finanzströme (regional) Bedeutende Einsparpotenziale liegen vor allem im Bereich Wärme. Chieming kann durch noch unerschlossene Potenziale den Import von Energie sukzessive reduzieren und langfristig ganz einstellen.

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4. Emissionsminderungspotenziale

Die Summe der Effizienzpotenziale (Abschnitt 4.1) und der Potenziale der erneuerba- ren Energien (4.2), bilden die Gesamtheit der Reduktionspotenziale für Energie und den Ausstoß von Treibhausgasen. Im Folgenden legt eine detaillierte Analyse dar, in welchem Ausmaß und mit welcher Herangehensweise in der Gemeinde Chieming in den Bereichen Strom, Wärme und Verkehr Potenziale bis 2050 mobilisierbar sind. Die mobilisierbaren Potenziale sind aus wirtschaftlichen und technischen Potenzialen hergeleitet und daher ggf. kleiner als rein theoretische Potenziale aus vergleichbaren Studien. Dafür stellen sie erwartbare, reale Potenziale dar und keine rein theoreti- sche Annahme. Die Potenziale werden für die Jahre 2020, 2030, 2040 und 2050 in Szenarien formu- liert und ermöglichen so strategische Weichenstellungen sowie grundsätzliche zu- künftige Schwerpunktsetzungen. Konkrete Umsetzungsprojekte bis 2020 werden im Kapitel Maßnahmen erläutert. 4.1 Methodik

Die sogenannten Erzeugungspotenziale bilden die Grundlage für die Ermittlung des Versorgungsgrades mit erneuerbaren Energien und des möglichen Ausmaßes an energetischer Autarkie. Ein dreistufiger Prozess führt zur Formulierung der in der Gemeinde vorhandenen Potenziale. Dabei entpuppt sich der Begriff „Potenzial“ als Konzept mit unterschiedlichen Bedeu- tungen, abhängig von den gewählten Vorannahmen: Der Vergleich von Potenzialstu- dien beispielsweise ist oft problematisch, da unterschiedliche Basisinformationen und Prämissen verwendet werden. Absichernd zu der rein rechnerischen Ermittlung der Potenziale stützt sich die Erhe- bung zusätzlich auf einen Ansatz, der sich auf die Expertensoftware ArcGIS von ES- RI stützt. Dabei wurden Ausgangsdaten von Seite der Gemeinde Chieming, der Ver- sorgungswerke und weiterer Stellen zur Verfügung gestellt und bilden so die Grund- lage für eine GIS-gestützte Berechnung und Analyse. Anhand der Eingangsdaten (Katasterdaten, Energiebedarf, Luftbilder, Windgeschwindigkeiten, geothermische Potenziale etc.), wurden die geographischen Informationen in einem einheitlichen System vereint, quantifiziert gegenübergestellt und bewertet. Daraus wurde an- schließend das dreistufige System der Potenziale abgeleitet. Die ermittelten GIS- Daten werden der Gemeinde Chieming zur Verfügung gestellt, damit sie der Verwal- tung und potenziellen Investoren für weitere Flächenanalysen als Grundlage dienen können. Grundsätzlich unterscheidet man drei Potenzialebenen, die hierarchisch strukturiert sind und einer Logikkette folgend aufeinander aufbauen:

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Technisches Potenzial Unter dieser grundlegendsten Ebene der Potenziale versteht man alle unter techni- scher Machbarkeit verfügbaren Potenziale, ohne Rücksicht auf Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit, Ethik usw. Reale Restriktionen wie Bebauung und Geographie wer- den beachtet, um dieses Potenzial im Rahmen fester Grenzen zu formulieren. Grundsätzlich wird von einer nachhaltigen Bewirtschaftung ausgegangen. Ein einma- liges Ernten von Biomasse beispielsweise wird im Gegensatz zur nachhaltigen und sukzessiven Entnahme von Biomasse nicht als dauerhaftes technisches Potenzial verstanden. Maßgeblich sind damit die Größe der verfügbaren Fläche, physikali- sche/chemische Werte wie Energiedichte und weitere harte Kennzahlen wie die Kraft-Wärmekopplungs-Quoten. Die Benennung des technischen Potenzials kann daher mit einer relativ hohen Genauigkeit vorgenommen werden.

Wirtschaftliches Potenzial Das technische Potenzial bildet das Fundament für die Ableitung des wirtschaftlichen Potenzials, von dem dann gesprochen werden kann, wenn die voraussichtlichen Ge- stehungskosten einen marktfähigen Preis erwarten lassen. Die jeweilige aktuelle o- der zukünftig vermutbare Gesetzeslage zur Förderung findet dabei Berücksichtigung. Auch Investitions- und Betriebskosten sind enthalten. Sobald die Zahlen der Kosten für Rohstoffe, Personal und Infrastrukturen (Anlagen, Netze, etc.) sowie Fördermittel und Kosten der Konkurrenztechnologien verfügbar sind, dienen sie in ihrer Gesamt- heit als Annahmebasis und Kennzahlenpool zur Berechnung des wirtschaftlichen Potenzials. Je nach Wahl der Annahmen und der aktuellen Rohstoffpreise, kann das wirtschaftliche Potenzial Schwankungen unterliegen. Im Rahmen der vorliegenden Studie, wurde von einem konservativen Wert eines langsam reagierenden Systems ausgegangen, weshalb das darauf fußende wirtschaftliche Potenzial in einer belast- baren Form kalkuliert wurde und somit auch in Zukunft noch als realistisch betrachtet werden darf.

Mobilisierbares Potenzial Als finale Stufe in der Potenzialermittlung steht das zu benennende mobilisierbare Potenzial, in dessen Bestimmung vor allem weiche Faktoren eingeflossen sind, wie beispielsweise Annahmen zur Einstellung der Bevölkerung oder das Image der Energieform. Dabei können konkurrierende Interessenskonstellationen wie Flächen- nutzungen und Schutzgebietssyteme (Arten- und Biotopschutz, Bodenschutz, Was- serschutz) sowie bezüglich der Nahrungsmittelversorgung, ein Hemmnis bei der Mo- bilisierung wirtschaftlicher Potenziale bilden. Wie bereits zu Beginn dieses Kapitels erwähnt, hebt sich das in diesem Kontext ermittelte Potenzial durch seine Realitäts- nähe deutlich gegen die Erkenntnisse anderer Studien ab. Die Ursache ist darin zu suchen, dass letztere mit dem auf dem Papier attraktiveren, technisch-wirtschaftlich größeren Potenzialen arbeiten. In der konkreten Realisierung jedoch erweisen sich diese Ergebnisse meist als nicht belastbar und umsetzbar.

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4.2 Szenarienentwicklung

Die Studie „Modell Deutschland 2050“ stellt einen Ausgangspunkt für die Prognosen der Energieverbräuche bis 2050. Dabei werden folgende Voraussetzungen formuliert:

Vorketten und sogenannte „Graue Energie“ fallen nicht unter die Bilanzierung. Das bedeutet, dass in anderen Ländern ausgestoßene Emissionen auch dort berücksichtigt werden. Im Umkehrschluss werden die Produktionsemissionen der in Deutschland hergestellten Güter für den Export in Deutschland verbucht. Ebenfalls nicht betrachtet wird in dieser Studie der Einsatz nichtenergetischer Primärenergieträger.

Für die Effizienzszenarien wurde die derzeitige durchschnittliche Ausstattung eines deutschen Haushaltes berücksichtigt. Mit großer Wahrscheinlichkeit tritt eine Zunahme an elektronischen Geräten ein, was jedoch mit heutigen Standards nicht vorhersagbar ist. Diese Gerätezunahme schwächt die Senkung des angestrebten Strombedarfs ab, was in der vorliegenden Studie berücksichtigt wurde.

Das Erzeugungsenergiepotenzial sowie die Bedarfsprognosen stützen sich auf ein bewährtes Excel-Modell, welches auf einer Reihe von Datensätzen fußt. Zu den Quellen dieser Zahlen zählen die Gemeinde Chieming, der Landkreis Traunstein, der Freistaat Bayern und die Bundesrepublik Deutschland, als Vertreter letzterer vor allem das Umweltbundesamt und das Wirtschaftsministerium. GIS-Analysen und Studien renommierter Forschungsinstitute und Unternehmen runden die Grundlage für die Vorausbestimmung ab. Die Bedarfsprognosen erscheinen mit einer bei derartigen Aufgabenstellungen üblichen Abweichungsquote von plus/minus 10 % valide. Technologiesprünge und unvorhersehbare Ereignisse können naturgemäß nicht berücksichtigt werden und ggf. die Entwicklung signifikant beeinflussen.

Referenz- und Innovationsszenario

Unter Referenzszenario versteht man ein Szenario mit ambitionierter Fortsetzung heutiger Energie- und Klimaschutzpolitik. Dem gegenüber steht das Innovationsszenario, das den Umbau zur emissionsarmen bzw. klimaneutralen Gesellschaft mit einem möglichst hohen Reduktionsziel der Treibhausgase gegenüber 1990 verfolgt. Beide Modellannahmen werden miteinander kontrastiert.

Das Festhalten an den Rahmenbedingungen des Referenzszenarios wird ein Erreichen der Klimaneutralität nicht ermöglichen. Erst die für das Innovationsszenario notwendigen Maßnahmen erlaubt eine Ausrichtung auf die Klimaschutzziele. Dabei wurden die Degressionen auf die Realverbräuche der Gemeinde Chieming angewendet. Im Haushaltssektor erfolgte eine Aufteilung in die Bereiche Raumwärme, Warmwasser, Kochen und Elektrogeräte. Die Sektoren GHD und Verkehr wurden differenziert betrachtet, da jeder Sektor spezifische Entwicklung der Energieverbräuche erfahren wird.

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4.3 Strompotenziale

Es genügt nicht den Energieverbrauch allein zu reduzieren bzw. zu vermeiden, um den Klimaschutzzielen in ausreichender Weise gerecht werden zu können. Der Ersatz fossil erzeugter Energie durch erneuerbare Energieträger muss ebenfalls als unverzichtbarer Beitrag zur Erreichung der Reduktionsziele herangezogen werden. Vor dem Hintergrund dieser Prämissen werden auch die lokalen Potenziale und Gegebenheiten der Gemeinde Chieming hinsichtlich der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien sowie der Steigerung der Stromeinsparung und -effizienz eingehend untersucht und dargestellt.

4.3.1 Erzeugung

Wie in Kapitel 3.1 im Rahmen der Energiebilanz bereits erläutert, wird die aktuelle lokale Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern in der Gemeinde Chieming vorwiegend durch die Nutzung der Photovoltaik bereitgestellt. Zudem erzeugen eine Biomasseanlage und drei Wasserkraftanlagen erneuerbaren Strom im Gemeindegebiet. Insgesamt werden zum gegenwärtigen Zeitpunkt in etwa 13 % des Strombedarfes der Gemeinde lokal und erneuerbar erzeugt. Im Folgenden werden die Nutzungspotenziale detailliert untersucht, für jede erneuerbare Energieart einzeln dargestellt und deren anteilige Entwicklung bis zum Jahr 2050 prognostiziert.

Strombedarf und lokale Stromerzeugung

Mobilisierbares Potenzial Stromerzeugung im Bilanzgebiet Chieming 35.000

30.000

25.000

20.000

15.000

MWh 10.000

5.000

0 2011 2020 2030 2040 2050

Photovoltaik Dächer Photovoltaik Freiflächen Windkraft Wasserkraft Biomasse Geothermie Strombedarf Referenzszenario Strombedarf Innovationsszenario

Insbesondere über Photovoltaik kann Chieming bis ca. 2030 seinen Strombedarf über lokale erneuerbare Erzeugung bilanziell selbst decken

Abbildung 11: Strombedarf und lokale Stromerzeugung im Bilanzgebiet Chieming 23

Solarenergie

Auf Grundlage der Auswertungen im GIS konnte ein stark an die Realität angenäherter Wert der gesamt verfügbaren, potenziellen Flächen zur Nutzung von Solarenergie ermittelt werden. Dabei wurde die Art und Nutzung derjenigen Gebäude berücksichtigt, deren Dachflächen untersucht wurden. Aber auch ein Anteil an Fassaden- und Freiflächen wurde in die Berechnung integriert.

Die Globalstrahlungswerte in Chieming betragen bis zu 1.140 kWh/m² Strahlung (siehe Abbildung 13), wodurch die Gemeinde im bundesweiten Vergleich überdurchschnittlich gute natürliche Voraussetzungen für die Nutzung der Solarenergie aufweist.

Solare Strahlung

Zur Einordnung:

1.181 – 1.200

Ideale Lage und Solarstrahlung

Abbildung 12: Solare Strahlung

Abbildung 14 zeigt die für Photovoltaikanlagen am besten geeigneten Dächer in Chieming. Durch eine gezielte Ansprache dieser Dacheigentümer durch die Gemeinde kann der Ausbau mit lokalen Partnern weiter vorangetrieben werden.

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Solarpotenzial Chieming

Abbildung 13: Solarpotenzial Chieming

Solaranlagen in Chieming

Die 200 Photovoltaikanlagen haben aktuell ca. 3.000 kWp an Leistung

Abbildung 14: Solaranlagen in Chieming 25

Das ermittelte technische Potenzial bezieht sich auf die Gesamtheit aller möglichen Dach-, Fassaden- und Freiflächen. Da jedoch nordwärts gerichtete und besonders kleine Dachflächen wenig Rentabilität der Anlage versprechen, müssen diese vom wirtschaftlichen Potenzial abgezogen werden.

Schlussendlich hängt die Ausbauquote aber von der Bereitschaft der Dacheigentümer ab, ihre Dach- oder sonstigen Flächen für die solare Energienutzung zur Verfügung zu stellen bzw. selbst zu investieren.

Die bis zum Jahr 2030 mobilisierbaren 9.000 MWh könnten sich wie folgt darstellen:

Beispiel:

 eine Freiflächenanlagemit 2 MW Leistung,  20 mittelgroße Aufdach-Photovoltaikanlagen à 100 kWp Leistung und  500 kleine Photovoltaikanlagen für Einfamilienhäuser à 10 kWp.

Bis zum Jahr 2050 werden voraussichtlich 20.000 MWh an mobilisierbarem Potenzial erreicht (siehe Abbildung 16 Potenziale der Photovoltaik). Dies bedeutet eine hohe Abdeckung der Dachflächen mit Photovoltaikmodulen auf den Gebäuden, die aufgrund ihrer Statik und Nutzung dafür geeignet sind. Politisch bedingte Fördermechanismen können die Steigerung der Stromerzeugung aus solarer Energie beschleunigen, im Gegenzug aber auch bremsen. Die Gemeinde Chieming kann in diese Entwicklung jedoch kaum eingreifen, sodass dieser Einflussfaktor nicht betrachtet wurde.

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Potenziale der Photovoltaik

Potenziale der Photovoltaik (in MWh)

40.000

35.000

30.000

25.000

20.000 MWh

15.000

10.000

5.000

0 2010 2020 2030 2040 2050

Technisches Potenzial Wirtschaftliches Potenzial Mobilisierbares Potenzial

Bis 2030 könnten beispielsweise eine Freiflächenanlagemit 2 MWp, 20 mittelgroße Aufdach-Photovoltaikanlagen à 100 kWp und 500 kleine PV-Anlagen à 10 kWp den Solarstrom liefern

Abbildung 15: Potenziale der Photovoltaik

Windkraft Aktuell wird im Gemeindegebiet Chieming kein Strom aus Windenergie erzeugt. Nach Auskunft des Windatlas des TÜV Süd sind im Gemeindegebiet auf einer Höhe von 140 Metern maximale Windgeschwindigkeiten im Bereich von 5,25 bis zu 5,9 m/s zu erwarten. Diese Windverhältnisse wären nahezu ausreichend, um einen wirt- schaftlichen Betrieb gewährleisten zu können. Eine Aussage zur Wirtschaftlichkeit von Windkraftanlagen kann jedoch nicht allein auf Basis der mittleren Windge- schwindigkeiten getroffen werden. Entscheidend ist die Verteilung der Windge- schwindigkeiten im Jahresverlauf, welche anhand eines vor Ort installierten Mess- masten ermittelt werden kann.

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Windenergienutzung Chieming

Am östlichen Ortsrand wäre ein Windrad möglich

Abbildung 16: Windenergienutzung Chieming

Abbildung 17 verdeutlicht potentielle Flächen für die Windenergienutzung im Nord- westen und Nordosten des Gemeindegebietes. Die Auswahl dieser Fläche beruht dabei unter Berücksichtigung von Abstands- und Restriktionsflächen. Das mobilisierbare Potenzial schließt dabei alle Flächen aus, die die Abstandsrege- lungen zu Siedlungen und die verschiedenen Belange des Naturschutzes nicht ein- halten können. Die Errichtung eines Windrades im Gemeindegebiet mit ca. 2,5 MW könnte mittels verbesserter Technik ab 2020 realisiert werden und ca. 3.000 MWh regenerativen Strom liefern.

Aus Gründen der kalkulatorischen Vorsicht haben wir für die nächsten Jahre keine nennenswerten Potenziale aus Windkraft ausgewiesen. Wir gehen davon aus, dass für einen wirtschaftlichen Betrieb mehr als 5,5 m/sek Windgeschwindigkeit und eine Vollaststundenanzahl von mindestens 1.500 gegeben sein muss. Ab ca. 2020 kann die verbesserte Technik ein Windrad an der östlichen Gemeindegrenze ggf. wirtschaftlich machen.

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Wasserkraft Die Wasserkraft zur Erzeugung elektrischer Energie stellt eine seit langem erprobte und bewährte Art der Nutzung von erneuerbarer Energie in Bayern dar.

Wie bereits in Kapitel 3.1 beschrieben, decken drei Wasserkraftwerke den Stromdedarf der Gemeinde Chieming aus erneuerbaren Energien mit ca. 168 MWh zu 1 %. Bezüglich der Wasserkraft wurden bereits Voraussetzungen getroffen und Rahmenbedingungen abgesteckt, wonach sich das Potenzial bis 2050 nicht stark vergrößern lässt. Diese Bedingungen stellen in der Regel ökologische Aspekte dar. Demzufolge deckt sich auch im Jahr 2050 das technische wie auch das wirtschaftliche mit dem bereits mobilisierten Potenzial von ca. 168 MWh.

Biomasse Die energetische Nutzung von Biomasse ist in mehreren Gesichtspunkten als vorteilhaft zu beschreiben und auf vielfältige Art einsetzbar. Die Aufbereitung zu festen, flüssigen und gasförmigen Brennstoffen ermöglicht sowohl den Einsatz zur Strom- und Wärmebereitstellung, aber auch als Kraftstoff im mobilen Bereich. Weiterhin ist die Biomasse im Gegensatz zu anderen regenerativen Energieträgern lagerfähig und damit speicherbar. Biomasseanfall und Energienachfrage können durch eine bedarfsgerechte Steuerung aufeinander abgestimmt werden. Die Nutzung als Regelenergie trägt dazu bei die Netzstabilität aufrechtzuerhalten, da die Stromgewinnung der volatilen Energieträger wie Wind und Sonne gepuffert werden kann. Empfehlenswert ist der Einsatz von Biomasse in Anlagen zur Kraft-Wärme- Kopplung.

Das Gemeindegebiet Chieming weist mit ca. zwei Dritteln ein hohes Potenzial an land- und forstwirtschaftlichen Flächen auf (siehe Abbildung 18 Landnutzung Chieming). Hinsichtlich der energetischen Betrachtungsweise ergibt sich dadurch ein nicht zu verachtendes Potenzial an Biomasse als erneuerbaren Energieträger. Mit der Verwendung von Biomasse als Energielieferant sind häufig Konkurrenzen bezüglich der Nahrungs- und Futtermittelproduktion verbunden. Daher sind sensible Abwägungen mit anderen Flächennutzungen unumgänglich, um die Nut- zung von Energiepflanzen nachhaltig anbauen zu können. Das technische Potenzial betrachtet zunächst keine Flächennutzungskonflikte. Hier wird generell das gesamte zur Verfügung stehende Potenzial der Biomasse ermittelt. Über die Jahre gesehen steigt das technische Potenzial stetig an, da angenommen werden kann, dass Biomasse zur energetischen Strom- und Wärmeversorgung aus- schließlich in KWK-Anlagen eingesetzt wird, um die anfallende Wärme ebenfalls in effizienter Weise nutzen zu können.

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Das wirtschaftliche Potenzial passt sich dem technischen relativ genau an (siehe Ab- bildung 19 Strompotenziale der Biomasse). Gründe dafür liegen in den bereits jahre- lang erprobten und marktfähigen Möglichkeiten der Biomassenutzung. Weiter ermög- lichen die Regelungen im EEG rentable Führungsweisen und fördern gleichermaßen die Ausbauziele. Das mobilisierbare Potenzial steigt entsprechend von knapp 1.000 MWh im Jahr 2011 auf bis zu 5.000 MWh im Jahr 2050. Das heißt bis 2050 werden zwei zusätzli- che Biogasanlagen mit jeweils 500 kWp (el) als realistisch betrachtet.

Landnutzung Chieming

Abbildung 17: Landnutzung Chieming

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Strompotenziale der Biomasse

Strom-Potenziale der Biomasse (in MWh)

20.000

18.000

16.000

14.000

12.000

10.000 MWh

8.000

6.000

4.000

2.000

0 2010 2020 2030 2040 2050

Technisches Potenzial Wirtschaftliches Potenzial Mobilisierbares Potenzial

Die Potenziale sind begrenzt. Langfristig sind weitere Anlagen unter Berücksichtigung des Landschaftsbildes möglich

Abbildung 18: Strompotenziale der Biomasse

Geothermie Energie ist aus der Erdwärme grundsätzlich in jeder Tiefe und an jeder Stelle vorzufinden. Die Ergiebigkeit steigt dabei mit zunehmender Tiefe an. Grundsätzlich lässt sich die Geothermie in oberflächennahe Geothermie und Tiefengeothermie unterteilen. Die Stromerzeugung ist nur mit der Technik der Tiefengeothermie möglich, weswegen das Potenzial stark von den geologischen Voraussetzungen abhängt. Neben ausreichend hohen Temperaturen zur Stromerzeugung, sind weiterhin die geologische Beschaffenheit des Untergrundes sowie der Erschließungsaufwand und die damit einhergehenden Investitionskosten zu berücksichtigen. Hier ist die Technologie der Kraft-Wärme-Kopplung denkbar. In der Gemeinde Chieming sind die Voraussetzungen nur bedingt günstig. Die Ei- genschaften des Untergrunds und die vorherrschenden Temperaturen sind für die Stromerzeugung nicht ausreichend. Das Potenzial wurde hier also mit 0 MWh an- gegeben. In nördlicher Richtung steigen die Temperaturen im Untergrund allerdings stark an.

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Potenzial tiefe Geothermie

Mäßige Voraussetzungen für die Nutzung der Tiefengeothermie (85-90°C in 3000 m Tiefe)

Abbildung 19: Potenzial der Tiefengeothermie 4.3.2 Effizienz

Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Energieversorgung muss sich die Gemeinde Chieming an die Bausteine des sogenannten energetischen Dreisprungs halten: Energieeinsparung, Effizienz und erneuerbare Energien. Zunächst sollte die Gemeinde alle Möglichkeiten ausschöpfen um Energie einzusparen. Beispielsweise durch technische Optimierungen, aber auch durch Energieeinsparung. Der zweite Schritt beinhaltet die Steigerung der Energieeffizienz. Kraft-Wärme-Kopplung und der Einsatz energieeffizienter Geräte sind Beispiele für große Stellhebel. Die anschließend noch benötigte Energie sollte aus regenerativen Quellen erzeugt werden.

Der aktuelle Strombedarf der Gemeinde Chieming beträgt ca. 23.000 MWh, davon entfallen ca. 12.000 MWh auf den Sektor Gewerbe. Wie bei den Haushalten sind die größten Stromverbräuche bei der Beleuchtung und der Verwendung von Elektrogeräten zu verbuchen. Doch auch bei gewerblichen Prozessen, wie Produktionsstraßen und chemischen Prozessen, wird viel Energie benötigt. Im Gegensatz zur relativ einfachen Bedarfsreduktion bei der Beleuchtung, ist es schwieriger Effizienzanstrengungen in gewerblichen Prozessen durchzusetzen. Hier sind die Betreiber selbst gefragt, ihre Prozesse zu optimieren und durch kontinuierliches Energiemonitoring Einsparmöglichkeiten aufzudecken. Erfahrungsgemäß nimmt der Haushaltssektor, neben dem Sektor Industrie und Gewerbe, Handel, Dienstleistungen (GHD) einen großen Anteil am Verbrauch ein. 32

Hier bestehen große Einsparmöglichkeiten, denn eine große Strommenge wird bei der so genannten „Weißen Ware“ benötigt. Das sind vor allem Geräte wie Kühlschrank, Gefrierschrank, Waschmaschine oder Trockner. Zwar steigt die Energieeffizienz von Elektrogeräten bereits heute, aber durch zum Teil hohe Lebensdauern von Geräten benötigt der komplette Austausch der derzeit noch in Betrieb befindlichen, ineffizienteren Geräte viel Zeit. Die Beschleunigung der Austauschrate dieser Geräte könnte eine Steigerung der Effizienz begünstigen. So könnten Anbieter von Elektrogeräten bzw. die Gemeinde Chieming zu einem Umtausch „alt gegen neu“ aufrufen und die alten Geräte zugleich sachgerecht entsorgen. Dennoch ist durch Weiterentwicklung und entsprechende Preissenkungen in Zukunft überwiegend mit einer Zunahme an energiesparenden Haushaltsgeräten in den Effizienzklassen A (+++) zu rechnen. Ein weiterer sehr wichtiger Aspekt bezüglich des Strombedarfs ist die Beleuchtung. Die Beleuchtung bezieht sich dabei auf die Raumausleuchtung sowie die Beleuchtung öffentlicher Räume. Langfristig empfiehlt sich die Umstellung auf LED- Leuchten (licht-emittierende Diode), die, im Gegensatz zu heute immer noch üblichen Leuchtmitteln, eine höhere Lichtausbeute pro eingesetztem Watt aufweisen. Wird an öffentlichen aber auch privaten Bereichen nur bei Anwesenheit Licht benötigt, kann der Einsatz von Präsenzmeldern sinnvoll sein. Die Substitution von Stromheizungen und elektrischen Warmwasserbereitern ist ein weiterer großer Stellhebel bei der Stromeinsparung. Eine Informationskampagne im Rathaus bietet hier eine optimale Möglichkeit, die betroffenen Bürger über Sanierungsmöglichkeiten zu informieren und ihnen ggf. gute lokale Handwerker an die Hand zu geben.

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4.4 Wärmepotenziale

Um die Treibhausgasemissionen im Wärmesektor zu reduzieren, müssen sowohl die Potenziale für erneuerbare Energie ermittelt als auch große Effizienzpotenziale gehoben werden. Wärmeerzeugung ist mehr als die Stromerzeugung ein regionales Thema. Bei Geo- und Solarthermie kann sogar – im Unterschied zu rohstoffbasierten Energien - transportbedingt von sehr kleinräumigen Anwendungen ausgegangen werden. Mit Ausnahme der Biomasse führt der Einsatz der erneuerbaren Energie- formen (Solarthermie und Geothermie) durch den unbegrenzt zur Verfügung stehenden erneuerbaren Rohstoff zu einer deutlichen Reduktion des Primärenergieverbrauchs im Wärmesektor.

Für die Gemeinde wurde ein auf Echtdaten basierender Wärmeatlas erstellt, die Daten wurden uns von den lokalen Kaminkehrern übermittelt. Mit Hilfe des Wärmeatlas war es möglich Gebiete mit hohem Wärmebedarf zu identifizieren und diese dann auf die Möglichkeit einer dezentralen Wärmeversorgung zu untersuchen.

Wärmeatlas Chieming

Abbildung 20: Wärmeatlas Chieming

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4.4.1 Erzeugung

Neben Stromerzeugung/-nutzung und Verkehr ist die Wärmeerzeugung bzw. - nutzung der größte Antrieb des Treibhausgasausstoßes. Da Wärme im Gegensatz zu Strom nicht in gleicher Weise im gesamten Bundesgebiet verteilt werden kann, sondern am Ort des Bedarfs erzeugt werden muss, ist die Wärme besonders zu betrachten.

Wärmebedarf und lokale Wärmeerzeugung

Mobilisierbares Potenzial Wärmeerzeugung im Bilanzgebiet Chieming 60.000

50.000

40.000

30.000

MWh 20.000

10.000

0 2011 2020 2030 2040 2050

Solarthermie Biomasse Geothermie Wärmebedarf Innovationsszenario Wärmebedarf Referenzszenario

Über zunehmenden Einsatz von Wärmepumpen, aber auch Biomasse kann eine lokale erneuerbare Wärmevollversorgung ab 2035 erreicht werden

Abbildung 21: Wärmebedarf und lokale Wärmeerzeugung

Wie in Abbildung 22 zu erkennen, wird der aktuelle Wärmebedarf aus erneuerbaren Energien zum größten Teil durch die Nutzung der Biomasse bewerkstelligt. Im Jahr 2050 wird sich die Wärmeerzeugung in Chieming aus folgenden erneuerbaren Energieträgern zusammensetzen: Den größten Teil wird wahrscheinlich bereits ab 2030 die oberflächennahe Geothermie abdecken, gefolgt von der Biomasse als zweitgrößten erneuerbaren Wärmelieferanten und der Solarthermie.

Im Folgenden werden die einzelnen Energiepotenziale genauer beleuchtet und eine Strategie zur dezentralen und netzgebundenen Wärmebereitstellung dargelegt.

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Solarthermie Die Solarthermie eignet sich besonders zur Wärmebereitstellung im privaten Sektor, da hier die Energiedichte im Vergleich zum gewerblichen Sektor für eine wirtschaftli- che Betriebsweise groß genug ist. Einsatzmöglichkeiten bestehen in der Bereitstel- lung von Warmwasser, aber auch zur Unterstützung vorhandener Heizungsanlagen, die durch fossile Energieträger gespeist werden. Hier kann bereits ein wichtiger

Schritt in Richtung CO2-Reduktion unternommen werden. Durch die Montage der Solarthermiemodule vorwiegend auf Hausdächern, kann es zu einer gewissen Flächenkonkurrenz mit der Aufdachphotovoltaik kommen. Be- rücksichtigt man jedoch den sinkenden Wärmebedarf der Haushalte durch energe- tisch optimierte Bauweisen und Sanierungsraten und die Potenziale der Photovoltaik zur Stromeinspeisung, ist davon auszugehen, dass weitaus mehr Dachflächen der Photovoltaik zugeschrieben werden. Von dieser Konkurrenz ausgehend konnte für die Gemeinde Chieming ein mobilisier- bares Potenzial solarer Wärme von ca. 4.000 MWh im Jahr 2050 ermittelt werden. Für Chieming kommt eine weitere Technologie Frage, den Wärmebedarf regenerativ zu decken: eine Kombination aus gas- oder strombetriebenen Wärmepumpen zusammen mit Solarthermieanlagen.

Potenziale der Solarthermie

Potenziale der Solarthermie (in MWh)

40.000

35.000

30.000

25.000

20.000 MWh

15.000

10.000

5.000

0 2010 2020 2030 2040 2050

Technisches Potenzial Wirtschaftliches Potenzial Mobilisierbares Potenzial

In Verbindung mit Wärmepumpen kann die Solarthermie eine gewichtige Rolle in der Wärmeversorgung spielen

Abbildung 22: Potenziale der Solarthermie

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Biomasse Wie in Kapitel 4.3.1 bereits ausgeführt, kann aus Biomasse sowohl Strom als auch Wärme erzeugt werden. Vor allem in der Kombination beider Energiearten – in Kraft- Wärme-Kopplung – sind die höchsten Wirkungsgrade und somit die höchste Effizienz der Nutzung erreichbar. Insofern ist die Wärmebereitstellung auch an die Strom- erzeugung gekoppelt. Aber auch die reine Erzeugung von Wärme aus Biomasse ist vor allem in dezentraler Versorgung möglich, da sie beispielsweise eine gute Alternative zu den zum Teil vorhandenen Ölheizungen in Gebieten ohne Gasanschluss darstellen. Die dezentrale Erzeugung bringt dem ländlichen Raum viele Vorteile, darunter eine von den Ölpreisentwicklungen unabhängige Selbstversorgung mit Energie. Aktuell erzeugt die Biomasse im Gemeindegebiet rund 3.800 MWh, das entspricht rund 6 % an der gesamten erneuerbar erzeugten Wärme. Bis zum Jahr 2050 ließe sich das mobilisierbare Potential auf bis zu knapp 12.000 MWh steigern.

Wärmepotenziale der Biomasse

Wärme-Potenziale der Biomasse (in MWh)

50.000

45.000

40.000

35.000

30.000

25.000 MWh 20.000

15.000

10.000

5.000

0 2010 2020 2030 2040 2050

Technisches Potenzial Wirtschaftliches Potenzial Mobilisierbares Potenzial

Sowohl über ein Heizwerk / Wärmenetz als auch durch dezentrale Biomasse-Heizungen kann Heizöl verdrängt werden

Abbildung 23: Wärmepotenziale der Biomasse

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Als zentrale Wärmeversorgungsoption wurde ein Wärmenetz diskutiert. Zur Abschätzung der Wirtschaftlichkeit wurde das Wärmenetz in der Hauptstraße in Chieming simuliert. Es wurde aus fördertechnischen Gründen keine Projektierung vorgenommen. Die Simulation ergab einen Wärmebedarf und unter Ansatz von Rahmenkennzahlen auch erste Erkenntnisse zur Wirtschaftlichkeit eines Wärmenetzes mit Holzhackschnitzel im Heizwerk als Grundlastrohstoff und Heizöl/Erdgas als Spitzenlastenergieträger. Ein Erdgasanschluss der Gemeinde wird seitens des Netzbetreibers im Landkreis geprüft.

Für die Umsetzung des Projektes Wärmenetz sind eine Detailprüfung sowie die Entwicklung von Betreibermodellen mit der Gemeinde, einer Genossenschaft, dem Netzbetreiber und lokalen Unternehmen im Anschluss an das Konzept unerlässlich.

Wärmeatlas Chieming

in der Hauptstraße wäre aktuell ein Wärmenetz möglich. Dezentrale Ansätze dominieren. Die Option „Bioenergiedorf“ kann bereits vorbereitet werden

Abbildung 24: Wärmeatlas Chieming

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Kennzahlen von möglichen Wärmenetzvarianten

Basiskennzahlen Kurzes Netz Langes Netz - Rohstoffe: - Netzlänge: 430m - Netzlänge: 920m Holzhackschnitzel/Erdgas - Wärmebedarf: 2.300 MWh - Wärmebedarf: 3.900 MWh - Wärmegeführte Anlage - 59 Gebäude - 102 Gebäude - Anschlussquote: 70% - Netzverluste: 9-10% - Netzbaukosten: 250-350€/m Heizwerk Heizkraftwerk - Fremdkapital: 70% - Leistung th: 300 kWp Grundlast - Leistung th: 500 kWp Grundlast - AfA: 20 a - Leistung th: 600 kWp Spitzenlast - Leistung th: 1.500 kWp Spitzenlast - Materialkosten Grundlast Jahr 1: - Invest: - Invest: 3,00 Ct./kWh - lang: 1,3 Mio. - lang: 2,3 Mio. - Materialkosten Spitzenlast Jahr 1: - kurz: 0,75 Mio. - kurz: 1,3 Mio. 5,00 Ct./kWh - Arbeitspreis Wärme im 1. Jahr (Durchschnitt): 0,08 €/kWh (th)

Die Errichtung eines Wärmenetzes in der Hauptstraße ist gesondert zu prüfen, Grunddaten liegen im Wärmeatlas vor

Abbildung 25: Kennzahlen von möglichen Wärmenetzvarianten

Vergleich von Saldo und Gestehungskosten der vier Varianten Saldo €80.000 kurz HW €60.000 kurz KWK €40.000 lang HW lang KWK €20.000

€- 1234567891011121314151617181920 €(20.000) Gestehungskosten €(40.000) 14,00

€(60.000) kurz HW 13,00 €(80.000) kurz KWK lang HW €(100.000) 12,00 lang KWK €(120.000) 11,00

10,00

9,00

8,00

7,00

6,00 1234567891011121314151617181920 Nur mit guten Basisannahmen kommt das Projekt nach acht Jahren in einen positiven Bereich

Abbildung 26: Vergleich Saldo und Gestehungskosten der vier Varianten

39

Tiefen- und oberflächennahe Geothermie Im Gegensatz zur Stromerzeugung, kann für die Wärmeerzeugung sowohl die Oberflächen- als auch mittelfristig die Tiefengeothermie zum Einsatz kommen.

Die oberflächennahe Geothermie eignet sich besonders für dezentrale Wärmelösungen in Neubaugebieten, in denen eine klimaschonende Bauweise forciert wird.

Laut dem LfU ist der Einsatz von oberflächennaher Geothermie fast im gesamten gemeindegebiet problemlos möglich, aber mit einigen Einschränkungen (Bohrtiefe darf meist nicht über 10m ausfallen). Natürlich muss für jedes Projekt eine Einzelfallprüfung durch die Fachbehörde durchgeführt werden.

Potenzial oberflächennahe Geothermie

Informationen des LfU zum Standort: • Die hydrogeologischen und geologischen Bedingungen sind nicht kritisch • Für die Bohrtiefe besteht aus Gründen des Grundwasserschutzes voraussichtlich eine Begrenzung auf 10 m. • Nach den vorliegenden Erkenntnissen befindet sich in unmittelbarer Nähe keine bekannte geologische Störung, die Einfluss auf die Lagerung und die Festigkeit des Gesteins haben könnte • Bis 100 m Tiefe werden voraussichtlich Locker- über Festgesteinen durchbohrt. • Alternativ ist der Bau einer Grundwasser-Wärmepumpe voraussichtlich möglich

Erdwärmesonden, Erdwärmekollektoren und Grundwasserwärmepumpen sind realisierbar.

Abbildung 27: Potenzial oberflächennahe Geothermie

40

Über folgende Techniken lässt sich die oberflächennahe Geothermie derzeit nutzen:

Erdwärmekollektoren sind Wärmetauscher, die als Rohrregister unter der Frostgrenze verlegt werden. Im Rohrsystem zirkuliert eine Flüssigkeit (Sole), die die Wärme aufnimmt und an die Wärmepumpe abgibt. Erdwärmekollektoren nutzen die Sonnenenergie, die durch Einstrahlung, Niederschlag oder Wärmeübertragung aus der Luft in den Boden übergeht. Der Kollektor unterliegt systembedingt dem jahreszeitlichen Temperaturverlauf, was zur Folge hat, dass in Zeiten des größten Wärmebedarfs (Winter) am wenigsten Wärme genutzt werden kann. Die Regeneration der entzogenen Wärme ist durch den jahreszeitlichen Temperaturzyklus gegeben.

Erdwärmesonden sind meist vertikale Bohrungen mit ein bis zwei (oder auch mehreren) U-Rohren als Wärmetauscher. Die Bohrung wird mit einem hochwärmeleitfähigem Beton verpresst um den Energietransport aus dem Untergrund sicherzustellen. Der Energietransport zur Wärmepumpe erfolgt wieder durch die Sole, die entzogene thermische Energie wird durch die nachfließende Wärme aus dem Untergrund ersetzt. Die Sonden werden meist in einer Tiefe von 30 – 100 m abgeteuft, was eine konstante Wärmegewinnung zum Vorteil hat.

Bei der Grundwasserwärmepumpe wird das Grundwasser über einen Förderbrunnen erschlossen, mittels Unterwasserpumpen direkt zur Wärmepumpe gefördert und in einem so genannten Schluckbrunnen dem Grundwasserkörper wieder zurückgeführt. Die Grundwasser-Wärmepumpenanlagen vermeiden Wärmetauschverluste im Untergrund und können das ganze Jahr über hohe Wärmequellentemperaturen von 8 – 10°C nutzen. Ein wirtschaftlicher Betrieb liegt meist in Tiefen zwischen 20 und 50 m.

Erdberührte Betonbauteile: Je nach Baugrundverhältnissen sind für große Gebäude tiefe Betonstrukturen notwendig. Da Beton eine gute Wärmeleitfähigkeit besitzt, eignen sich diese Strukturen sehr gut für die Speicherung und Gewinnung von thermischer Energie. Bereits bei der Herstellung der Betonstrukturen werden - ähnlich wie bei den Erdwärmesonden - die Leitungsrohre mit verlegt, was die geothermische Nutzung des Untergrunds ohne großen Mehraufwand ermöglicht.

Die oberflächennahe Geothermie eignet sich in Kombination mit einer Strom-/Gas- Wärmepumpe besonders für Neubaugebiete, in welchen eine klimaschonende Bauweise forciert wird.

In Betrachtung dieser Techniken könnte bis 2050 ein Potenzial von bis zu 18.000 MWh Wärme mobilisiert werden.

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Wärmepotenziale der Geothermie

Wärme-Potenziale der Geothermie (in MWh)

25.000

20.000

15.000 MWh 10.000

5.000

0 2010 2020 2030 2040 2050

Technisches Potenzial Wirtschaftliches Potenzial Mobilisierbares Potenzial

Die Wärmepotenziale aus der Erde können etappenweise gesteigert werden. Nur langfristig kann auch tiefer gebohrt werden.

Abbildung 28: Wärmepotenziale der Geothermie

4.4.2 Effizienz

Da sowohl Strom- und Wärmebedarf als auch Strom- und Wärmeversorgung separat behandelt werden, soll im Folgenden die Energieeffizienz bezüglich des Wärmebedarfs weiter erläutert werden.

Bundesweit sind die größten Emissionsminderungen durch die verschiedenen Maßnahmen im Bereich der Energieeffizienz zu erwarten. Das „Modell Deutschland“ geht von etwa 46 % der gesamten Emissionsminderung durch Effizienz aus, wobei vor allem die Effizienzverbesserungen im Gebäudesektor und in der Wirtschaft entscheidende Beiträge leisten. Effizienztechnologien werden konsequent weiterentwickelt und auf Marktfähigkeit erprobt. Im Gebäudebereich sind steuerliche Anreize, Zuschüsse und Anpassungen im Mietrecht als außerordentliche Treiber zu bewerten. Dennoch sollte mittels lokaler Anreize und Informationen eine erhöhte Sanierungsquote implementiert werden. Aktuell liegt diese im Bund zwischen 0,9 bis 1,3 %, müsste aber auf über 2 % erhöht werden, um diese Ziele zu erreichen.

Entscheidende Faktoren in Bezug auf den Heizwärmebedarf werden der Wohnungsgröße und der Summe der Wohnflächen zugeschrieben. Gemäß der sozio-demographischen Entwicklung, wird der Anteil der Wohnfläche pro Kopf langfristig ansteigen, was einer effizienten Gebäudenutzung und der Verringerung des pro - Kopf - Treibhausgasausstoß entgegen spricht. 42

In der Gemeinde Chieming besitzen die Haushalte mit rund 37.000 MWh den größten Wärmebedarf. Der Wärmebedarf des GHD Sektors beläuft sich auf ca. 15.000 MWh, in der Industrie lediglich auf ungefähr 3.000 MWh.

Für die Gemeinde Chieming ist es deshalb von größerer Bedeutung, die Effizienzpotentiale vor allem für die Haushalte und den GHD Sektor näher zu erläutern. Um die Effizienz hier steigern zu können, bietet die Berücksichtigung der gesetzlichen Rahmenbedingungen mit den darin enthaltenen Mindeststandards eine erste und umfassende Hilfestellung für Haushalte, Gewerbe und Verkehr. Mit der Einhaltung der Energiestandards, vor allem im Neubau, können weitreichende Energiebedarfsreduzierungen im Gebäudebereich durchgesetzt und für die Zukunft sichergestellt werden. Durch die Vorgabe der Europäischen Gebäuderichtlinie wird ab 2020 im Neubaubereich ein Niedrigst-Energiebaustandard vorgeschrieben. Doch auch ältere Gebäude lassen sich mit entsprechenden Sanierungsmaßnamen auf ein energieeffizienteres Niveau heben. In beiden Fällen können neben Förderungen auf Bundesebene (wie z.B. das KfW Förderprogramm „Energieeffizient Sanieren“) kreative lokale Konzepte angedacht werden.

Den verwendeten Baumaterialien fällt dabei eine besonders wichtige Rolle zu. Laut Energieeinsparverordnung wird in Zukunft mit einer stetigen Verbesserung in allen Bereichen der Bau- und Gebäudetechnik gerechnet. Durch Effizienzmaßnahmen können große Anteile des aktuellen Energiebedarfes für die Raumwärmeerzeugung eingespart werden. Besonders Gebiete mit flächig relativ hohem Energiebedarf stellen hierfür einen guten Ansatzpunkt dar. Darauf aufbauend können neben der Identifizierung potenzieller Sanierungsgebiete auch Aussagen über eine Wärmeversorgung mittels Wärmenetzen abgeleitet werden.

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5. Verkehr

Der private und der öffentliche Verkehr nehmen einen großen Anteil an der Entstehung von Emissionen ein. Jedoch hat eine Kommune im Verkehrssektor kaum direkte Einflussmöglichkeiten auf das Verkehrsaufkommen und die individuelle Wahl der Verkehrsmittel. Die eigentliche Verantwortung liegt auf nationaler Ebene und in der Automobil-Industrie, da dort die Schalthebel für technische und steuerliche Möglichkeiten anzusetzen sind, welche den Verkehr maßgeblich umgestalten und klimafreundlicher aufbauen können. Die Gemeinde Chieming kann nur in kleinem Rahmen Einfluss nehmen, indem sie eine Vorbildfunktion bei der Nutzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel gegenüber der Bevölkerung einnimmt oder auch durch raumplanerische Maßnahmen den Verkehr lenkt und Rahmenbedingungen zur möglichst klimaschonenden Mobilität inkl. Elektromobilität schafft. 5.1 Analyse der Verkehrssituation in Chieming

Wie Chieming schon zur Zeit des römischen Reiches mit der römischen Militärstraße Juvavum-Augusta Videlicorum (Salzburg-Augsburg) gut an das antike Verkehrsnetz angeschlossen war, so ist die Gemeinde auch heute für den Nah- als auch für den Fernverkehr hervorragend erreichbar. Zu den regionalen Verbindungsstraßen zählen u.a. die Staatsstraße St 2098 und St 2095 (Rosenheim – Traunstein) sowie die B 304 München-Wasserburg. Südlich des Sees führt die A 8 vorbei, die München und Salzburg verbindet und durch ihre Verbindung zum Grenzübergang eine wichtige Rolle spielt. Die nächst gelegenen größeren Städte sind München (100 km), Rosenheim (50 km) und Salzburg (50 km). Die Schifffahrt spielt vor allem in den Sommermonaten für den Tourismuszweig eine wichtige Rolle. Mit der Bahn kann Chieming über die Strecke München-Salzburg bis Traunstein (Intercity-Halt) erreicht werden. Die nächstgelegenen regionalen Bahnhöfe sind Traunreut-Matzing, Traunstein sowie Übersee an der Bahnstrecke Rosenheim– Salzburg. Chieming hat Anschluss zu den Buslinien der RVO. Eine Besonderheit stellt hierbei die Chiemseeringlinie dar. Vor allem als Wanderbus für die Urlauber konzipiert, nutzen auch Bürger der Seeanrainer-Gemeinden die Linie verstärkt, seit 2013 ermäßigte Tickets für Gemeindebewohner erhältlich sind. Die Chiemseeringlinie umrundet den Chiemsee während der Urlaubssaison von Ende Mai bis Ende September auf direktem Weg. Um den Einwohnern in Chieming eine noch höhere Mobilität zu ermöglichen, wurde bereits im Jahr 2003, nur 9 km von der Gemeinde Chieming entfernt, die Carsharinginitiative Carsharing Traunstein (CST) e.V. aus einer Initiative der "Lokalen Agenda 21" der Stadt Traunstein gegründet. Die Anzahl der Mitglieder ist von 4 in 2003 auf 19 in 2010 angestiegen. Das System des Vereins ist durchdacht und bietet den Mitgliedern jede Flexibilität.

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Die Voraussetzungen für den Fahrradverkehr in der Gemeinde sind generell gut. Da es in der Region um Chieming kaum Steigungen gibt, erfreut sich das Radfahren dort großer Beliebtheit. Durch die gut ausgebauten Radwege wie beispielsweise der Mozart-Radweg, der Römerweg Via Julia oder der Benediktweg, können auch überörtliche Routen nach Chieming genutzt werden. Abgesehen davon gibt es noch viele unterschiedliche Radwege wie beispielsweise der 63 km lange Chiemsee- Radweg, welcher wie der Name schon sagt den Chiemsee umschließt. 5.2 Verkehrsprojekte in Chieming

Chieming hat in den letzten Jahren einige Projekte angestoßen, welche sowohl den Verkehrs- als auch den Tourismusbereich betreffen und gut miteinander verknüpfen. Folgende Übersicht stellt eine Auswahl dar:

 Einführung von individuell geführten Radwanderungen  Einführung von elektronisch verfügbaren Radtouren oder GPS-Radtouren-CD für satellitengesteuerte Radnavigation  Kostenlose Nutzung der Chiemsee Ringlinie (Nahverkehrslinie) für Gäste mit Kurkarte sowie Fahrradbeförderung durch diese gegen ein geringes Entgelt  Einführung von Fahrradverleihsystemen (Radverleih "Coovi" , Radverleih "Tour- Me")  Möglichkeit der Nutzung von E-Bikes beim örtlichen Radverleih  Nutzung von barrierefreien Unterkünften, Gastronomie, Badestellen, Wanderwegen, Informationsstellen, öffentlichen Toilettenanlagen etc.)  Frühe Einführung von Carsharing in Traunstein (Entfernung von Chieming: 9 km )

Ein Teil der zur Verfügung stehenden Verkehrsmittel wurde durch die Gemeinde bereits an die Bedürfnisse der Feriengäste angepasst. So umrundet die Chiemseeringlinie den Chiemsee von Ende Mai bis Ende September auf direktem Weg an sieben Tagen pro Woche. Die Gästekarte der Gemeinde Chieming macht diesen Bus für Urlauber attraktiv, da sie die kostenlose Benutzung der Linie ermöglicht. Auch Fahrradbeförderung ist möglich. Da seit 2013 ermäßigte Beförderungskarten für die Bewohner der Chiemseegemeinden erhältlich sind, wird die Linie auch von ihnen zunehmend mehr frequentiert. Der übrige ÖPNV wird durch die Linien des Regionalverkehrs Oberbayern (RVO) abgedeckt. Chieming zählt zu den Vorreitern in Sachen Mobilität durch E-Bikes, deren Angebot sich gezielt an Urlauber richtet, um die Chiemgauer Landschaft zu erkunden. Sie können bei zwei Partner-Fahrradverleihern entliehen und auch aufgeladen werden.

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5.3 Verkehrssituation heute

Wie bereits erwähnt, hat die Gemeinde Chieming ca. 5046 Einwohner. Die Wirtschaft der Gemeinde ist hauptsächlich vom Tourismus geprägt. Um geeignete Maßnahmen im Bereich Verkehr formulieren zu können und die damit einhergehenden CO2-Emissionen zu reduzieren, ist es erforderlich zuerst die momentane Verkehrssituation in Chieming zu analysieren, um einen Vergleich mit der Prognose bis zum Jahr 2050 darstellen zu können. Die Zahlen der zugelassenen Fahrzeuge spiegeln wieder, dass trotz Anbindung an die Bahn und in den Haushalten verfügbaren Fahrrädern, die Personenverkehrsleistung im Jahr 2012 noch zu mehr als ¾ über PKW mit Verbrennungsmotor erfolgte. Im Gegensatz dazu ist der Anteil der Hybrid- und Elektroautos noch so gering, dass er auf der Grafik kaum erkennbar ist. Insgesamt gesehen entspricht die Entwicklung der Zulassungszahlen in Chieming, abgesehen von den Zugmaschinen, dem Bundesschnitt. Dies ist für Orte mit der Struktur und Lage Chiemings typisch und muss in Ansätzen in Richtung Klimaschutz berücksichtigt werden.

Zulassungszahlen Chieming im Vergleich zu Deutschland

Chieming 269.581 Deutschland 2 64.995 23 1 2.052.739 7.114 2.578.567 PKW 374 3.982.978 Verbrennung 211 smotor Krafträder

324 LKW (Bio- /Diesel)

Zugmaschine 43.359.015 2.980 n

Quelle: KBA Zulassungszahlen, Schätzung K.Greentech zu Hybrid- und Elektrofahrzeugen in Chieming Die zugelassenen Fahrzeuge in Chieming entsprechen abgesehen von den Zugmaschinen dem Bundesschnitt

Abbildung 29: Zulassungszahlen Chieming im Vergleich zu Deutschland

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Den größten Anteil machen mit 2.980 zugelassenen Fahrzeugen im Jahr 2012 noch die PKW-Zulassungen mit einem herkömmlichen Verbrennungsmotor aus. Gefolgt von 324 zugelassenen Krafträdern (Motorrad/ Roller), 211 zugelassenen LKW´s und 324 Zugmaschinen. Der Anteil an Hybrid- und Elektroautos ist im Jahr 2012 sowohl in Chieming als auch in Deutschland noch sehr unterrepräsentiert, sodass diese beiden Bereiche in der oben dargestellten Abbildung kaum Beachtung finden. Hier sollte in den nächsten Jahren unbedingt ein Umdenken stattfinden. Die Fahrleistung in Chieming, welche auf Daten der zugelassenen Fahrzeuge und der jährlichen typischen Fahrleistung basiert, zeigt ein ähnliches Bild wie die zugelassenen Fahrzeuge. Hier wird deutlich, dass der PKW mit Verbrennungsmotor auch in dieser Grafik der größten Säule entspricht. Zusammengefasst fahren die 2.980 PKW in Chieming jährlich über 35 Millionen Fahrzeug-Kilometer.

Fahrleistung Chieming (FzKm)

40.000.000 35.000.000 30.000.000 25.000.000 20.000.000 15.000.000 10.000.000 5.000.000 0

Quelle: KBA, Shell, K.Greentech

Die 2.980 PKW in Chieming fahren jährlich über 35 Mio. Kilometer

Abbildung 30: Fahrleistung Chieming (FzKm)

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Der Treibstoffverbrauch der Gemeinde Chieming richtet sich nach den zugelassenen Fahrzeugen multipliziert mit der jährlichen typischen Fahrleistung und den durchschnittlichen typischen Verbräuchen. Er bezieht sich auf das Jahr 2012. Da der durchschnittliche Verbrauch eines LKWs höher als der eines PKWs ist, verbrauchen die ca. 211 in Chieming zugelassenen LKWs fast 3 Mio. Liter jährlich. Der Verbrauch von Elektro- und Hybridfahrzeugen nimmt hier noch keinen relevanten Anteil ein, da die zugelassenen Fahrzeuge in dieser Sparte dementsprechend gering bis gar nicht vorhanden sind.

Treibstoffverbrauch Chieming

23.000 1.920 PKW 187.000 360 Verbrennungs motor Krafträder

LKW (Bio- 2.324.400 /Diesel)

Zugmaschinen 2.954.000

sonstige KFZ

77.760 Hybridautos

Quelle: KBA, Shell, BMVBS, K.Greentech Den meisten Treibstoff verbrauchen die ca. 211 in Chieming zugelassenen LKW: Fast 3 Mio. Liter jährlich!

Abbildung 31: Treibstoffverbrauch Chieming

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Auch die jährlichen Kraftstoffkosten in der Gemeinde Chieming sind im Jahr 2012 alleinig auf Verbrennungsmotoren zurückzuführen. Der höchste Kostenfaktor ist dabei der Dieselkraftstoff. Der Grund dafür ist, dass Diesel zumeist von LKWs getankt wird, welche auch die höchsten Verbräuche haben. Hier würden sich bei Umstellung auf Biodiesel und Elektromobilität mit alternativer Stromgewinnung allerdings auch bedeutsame Kosteneinsparungen erreichen. Insgesamt werden in Chieming jährlich knapp 8 Millionen Euro für Treibstoffe ausgegeben. Von diesem Betrag fließen ca. 90 % aus dem Gemeindegebiet ab, welche durch Förderung alternativer Energiequellen die wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde sogar unterstützen könnte.

Jährliche Kraftstoffkosten Chieming

€9.000.000 €8.000.000 €7.000.000 €6.000.000 Benzin €5.000.000 Diesel

€4.000.000 Summe €3.000.000 €2.000.000 €1.000.000 €- PKW Verbrennungsmotor LKW (Bio-/Diesel) Summe

Quelle: KBA Zulassungszahlen, Statista, APIII, K.Greentech

Dieselkraftstoffe machen in Chieming den größten Teil der Kraftstoffkosten aus

Abbildung 32: Jährliche Kraftstoffkosten Chieming

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Der größte Anteil an CO2-Emissionen im Bereich Verkehr wird momentan noch vom Individualverkehr dominiert. Auch hier spielen alternative Antriebsmotoren bisher kaum eine Rolle was allerdings auch an den geringen Zulassungszahlen von Elektro- und Hybridfahrzeugen für 2012 liegt. Mit dem Ziel der Bundesregierung mindestens 1 Million Elektrofahrzeuge bis 2020 auf den Markt zu bringen, soll hier eine Veränderung stattfinden, die sich auch auf Chieming auswirken wird.

Verkehrsemissionen Chieming (tCO2)

7.000

6.000

5.000

4.000

3.000

2.000

1.000

0

Quelle: UBA, KBA, Shell, K.Greentech Die Verkehrsemissionen von Chieming werden vom Individualverkehr dominiert

Abbildung 33: Verkehrsemissionen Chieming

Um zukünftig auch im Verkehrsbereich weniger CO2 Emissionen auszustoßen, wurde das ehrgeizige Ziel angepeilt bis 2050 einen höheren Anteil der Zulassungszahlen im Bereich Elektromobilität zu erreichen als bei Fahrzeugen mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren. Außerdem bietet die Elektromobilität gute Wachstumschancen. So gehen Experten bereits im Jahr 2020 von einem weltweiten Marktanteil der Elektro- und Hybridfahrzeuge von bis zu 33 % aus.

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Hinsichtlich der klimaschädlichen CO2 Emissionen, ist im Jahr 2012 in Chieming noch ein deutlicher Trend sichtbar:

Verkehr

Prognose Emissionen Verkehrssektor

12.000

10.000 PKW Krafträder 8.000 LKw Zugmaschine sonstige KFZ 6.000 Hybridauto Elektroauto 4.000 Summe

2.000

0 heute 2020 2030 2040 2050

Die Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor sinken nur langsam. Der Einsatz von Elektrizität und Biomasse als Treibstoff ist noch nicht wirtschaftlich

Abbildung 34: Prognose Emissionen Verkehrssektor

Der Verkehr zählt generell als ein sehr energieintensiver Bereich. Wenn die geforderten Klimaschutzziele der Bundesregierung erreicht werden sollen, muss auch in diesem Bereich in den nächsten Jahren eine Trendwende und ein Umdenken in Richtung E-Mobilität stattfinden. Die Energieprognose 2011-2030 von Exxon Mobile kommt allerdings zu der Einschätzung, dass auch in 2030 noch über 90 % der Fahrzeugzulassungen PKW mit einem Verbrennungsmotor sein werden. Um kurz- bis mittelfristig Treibhausgase einsparen bzw. minimieren zu können, müssen daher auch Fahrzeuge mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren (Otto-, Diesel- und Erdgas-PKW) weiterentwickelt und verbessert werden. Durch die Förderung von Fahrzeugen mit Start-Stopp-Automatik oder mit Bremskraftrückgewinnung können durch den sinnvollen Einsatz von Elektrizität in der Antriebstechnologie

Emissionsminderungen erreicht werden. Der CO2 Ausstoß würde somit laut Energieprognose 2011-2030 von Exxon Mobile bei einer Neuzulassung eines Verbrennungsmotors von ca. 150 g auf ca. 105 g pro km zurückgehen.

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Langfristig gesehen sollte allerdings die Förderung von alternativen Antriebstechnologien wie Elektro- oder Hybridfahrzeugen im Vordergrund stehen. Damit kann ab ca. 2030 ein nennenswerter Rückgang der THG-Emissionen im Verkehrssektor erreicht werden. Bei einer Umstellung muss darauf geachtet werden, dass keine Verschiebung vom Verbrennungsmotor hin zu Strom, der aus Kohle- und Gaskraftwerken kommt entsteht, da dieser bei der Reduzierung der Emissionen eher kontraproduktiv wäre. Deshalb muss die Nutzung alternativer Energiequellen für die Stromgewinnung bei Elektromotoren gefördert werden.

5.4 Emissionsminderungspotenziale im Bereich Verkehr und Mobilität

Seit 1990 sinken in den meisten Bereichen in Deutschland die CO2-Emissionen. Die einzige Ausnahme bildet der Verkehrssektor. Hier können in den letzten Jahrzehnten lediglich geringfügige Reduktionen der CO2-Emissionen festgestellt werden. Steigende Verkehrsleistungen und höhere Motorisierungsgrade wirken hier gegen klimafreundliche Entwicklungen. Diesem Bundestrend kann sich auch Chieming nicht entziehen. Auch dort sind daher entsprechende Minderungspotenziale begrenzt, besonders bedingt durch die Standortlage und Position als wachsender Tourismusstandort. Demzufolge ist im Gemeindegebiet ein wachsender Freizeit- Pendler- und Durchgangsverkehr zu erwarten. Im Verkehrsbereich gibt es grundsätzlich verschiedene Handlungsfelder, die ein Emissionsminderungspotenzial enthalten. Diese sind: a. Verkehrsvermeidung b. Verkehrsverlagerung c. Verkehrsoptimierung

Bei den Reduktionsmaßnahmen im Verkehrsbereich ist jedoch zu beachten, dass Einzelmaßnahmen nicht einfach addiert werden können. Verschiedene Maßnahmen stehen in gegenseitiger Wechselwirkung und wirken somit verstärkend oder mindernd aufeinander ein.

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5.4.1 Verkehrsvermeidung

Im Klimaschutz steht der Aspekt der Vermeidung an erster Stelle, um bereits im Vorfeld die entstehenden Kosten und Aufwände zu vermeiden, die im Nachhinein wesentlich kosten- und zeitintensiver gelöst werden müssen. Das Reduktionspotenzial im Verkehrsbereich liegt deswegen darin, den Bedarf an Verkehr zu beeinflussen bzw. zu reduzieren und Wegstrecken zu verkürzen (z.B. im Konzept der „Stadt der kurzen Wege“). Konkrete Maßnahmen setzen dabei an den Ursachen der Verkehrsentstehung an. Folgende Handlungsoptionen bestehen in diesem Bereich:

Verkehrsvermeidende Siedlungs- und Verkehrsplanung

Die Siedlungsstruktur sollte möglichst so gestaltet werden, dass sie nicht die Nutzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel behindert. Dabei müssen vorhandene und geplante Siedlungsflächen geschickt aus- und bebaut werden, um die Einwohner zu motivieren, sich klimaschonender fortzubewegen und kurze lokale Wege längeren Fahrten vorzuziehen. Hier könnte Chieming durch eine zukünftige dynamische Entwicklung von Neubaugebieten die Möglichkeit nutzen, das Gebiet gut fußläufig, über Radwege und den ÖPNV an die Ziele im Gemeindezentrum und an den Bahnhof anzubinden. Bei der verkehrlichen Erschließung sollte zudem der Umweltverbund (ÖPNV, Bahn, Rad- und Fußverkehr) weiterhin ausgebaut und gefördert werden. Da das Verkehrsaufkommen nicht allein von der Situation und den Maßnahmen der Gemeinde Chieming sondern auch von umliegenden Städten und Gemeinden abhängig ist, ist eine interkommunale Zusammenarbeit von Vorteil; entsprechende Belange bei bauleitplanerischen Erwägungen können so gegenseitig berücksichtigt werden. Dazu dient maßgeblich der Flächennutzungsplan, welcher mit zahlreichen Akteuren abgestimmt wird.

Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe

Das Emissionsminderungspotenzial liegt bei der Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe z.B. darin, kurze Lieferwege zu fördern. Bei der Ansiedlung neuer Betriebe sollte dabei mit umliegenden Gemeinden eine gemeinsame Koordination stattfinden und die Ansiedlung der Betriebe bevorzugt werden, die als Zulieferer oder Abnehmer für bereits vorhandene Betriebe in Frage kommen. Darüber hinaus sollten lokale Produkte z.B. aus der Landwirtschaft stärker gefördert werden.

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Nutzung klimafreundlicher Alternativen

Außerdem sollte geprüft werden, ob es sinnvolle Alternativen zu geplanten (Dienst)- Fahrten gibt, die überdies auch noch kostengünstiger sind. Ein Beispiel hierfür ist beispielsweise die Einberufung einer Videokonferenz, anstatt eine Dienstreise anzutreten oder mit der Bahn zu fahren statt das Flugzeug zu nutzen.

Videokonferenzen als Ersatz von Dienstreisen

Bereits heutige Technik kann Dienstreisen und damit Treibhausgas- emissionen reduzieren

Abbildung 35: Videokonferenzen als Ersatz von Dienstleistungen

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5.4.2 Verkehrsverlagerung

Ein hohes Potenzial zur Emissionsminderung besitzt die Verlagerung von höher emittierenden Verkehrsmitteln (Lkw, PKW, Flugzeug) auf andere Verkehrsmittel (Fahrrad, Fuß, Bahn, Bus, CarSharing). Die zentrale Größe zur Errechnung des Potenzials ist hier der Modal-Split (Anteil der Wege der verschiedenen Verkehrsmittel). Der Ziel Modal-Split für die Gemeinde Chieming kann laut Einschätzung von K. GREENTECH folgende Anteile erreichen:

Ziel-Modal-Split für Chieming 2030

Modal-Split (% Wege)

100%

90% 22 25 28 80% Fuß 11 70% 10 Fahrrad 8 3 15 60% 7 50% ÖPNV 40% MIV (inkl. 30% 59 62 50 Mitfahrer) 20%

10%

0% Bayern heute Chieming heute Ziel Chieming 2030

Quelle: MD 2008, Infas, K.Greentech Chieming kann über Optimierung der Nutzungsbedingungen des Fahrrades, der Fußgängerwege und des ÖPNV den Modal-Split langfristig verändern

Abbildung 36: Ziel-Modal-Split für Chieming 2030

Mittelfristig wird sich der motorisierte Individualverkehr zu Gunsten von ÖPNV, Fahrrad und Fuß verringern. Der Anteil an PKW mit Verbrennungsmotor wird auch in Zukunft noch nicht völlig vom Markt verdrängt werden. Die Zulassungszahlen für PKW mit Verbrennungsmotoren sind zwar rückläufig, werden aber erst ab ca. 2030 steil nach unten verlaufen. Generell steigt der Anteil an Elektro- und Hybridautos aber schon ab 2020 kontinuierlich an. Eine starke Verlagerung hinsichtlich Elektro- und Hybridfahrzeugen findet dann ab ca. 2040 statt. Ein weiterer Faktor ist die Auslastung der einzelnen Verkehrsträger und den damit zusammenhängenden CO2-Emissionen pro transportierter Person oder Tonne.

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Folgende Tabelle zeigt einen Vergleich des Auslastungsgrades der verschiedenen Verkehrsmittel im Personenverkehr:

Spezifische CO2-Emissionen im Verkehr

Eisenbahn/ Eisenbahn/ Flugzeug Pkw Linienbus Metro/Tram Reisebus Nahverkehr Fernverkehr

Auslastung 73 % 1,5 Pers. 21 % 21 % 20 % 44 % 60 %

CO 2 3691) 144 95 75 72 52 32 (g/Personen-km)

Über eine Steigerung der Auslastung des MIV ließen sich die Emissionen je Fahrgast reduzieren

1) alle klimawirksamen Effekte des Flugverkehrs (Radiative Forcing Index), auch zur Erzeugung der Energieträger (Strom, Kerosin, Diesel), wurden berücksichtigt. Quelle: UBA, 2010, S.12

Abbildung 37: Spezifische CO2-Emissionen im Verkehr

Verlagerung auf den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV)

Ein bedarfsorientierter ÖPNV ist essentiell für die Unabhängigkeit vom privaten PKW und die Nutzung eines umweltfreundlichen Verkehrsmittels, welches alle Zielgruppen nutzen können. Dadurch kommt dem ÖPNV eine bedeutende Rolle bei der Gestaltung der alltäglichen, individuellen Mobilität zu. Allerdings ist hier nur eine Emissionsminderung zu erreichen, wenn von den höher emittierenden Verkehrsmitteln auf den ÖPNV umgestiegen wird. Aus diesem Grund sollten Maßnahmen in diesem Bereich immer mit einer Verkehrsvermeidung des MIV und der gleichzeitigen Förderung des Rad- und Fußgängerverkehrs einhergehen. Generell verursachen Bus- oder Bahnfahrten durchschnittlich zwei Drittel weniger

CO2 als die Fahrt mit dem eigenen PKW und bieten daher ein gutes Reduktionspotenzial. Bundesweit nimmt das Umweltbundesamt (UBA) an, dass in den kommenden Jahren 10 % der innerörtlichen PKW-Fahrten auf den ÖPNV verlagert werden. Aufgrund des hohen Freizeitverkehrs sollte Chieming den Fokus verstärkt auf diese Zielgruppe und eine entsprechende Verlagerung durch verbesserte Angebote durch Kooperation mit der Bahn oder mit dem 56

Carsharingverein auf Schiene oder auf Fahrgemeinschaften legen. Maßnahmen in Abstimmung mit dem S-Bahn-ähnlichen Regionalzug „Seehas“ und den Zügen der IC & IRE-Verbindungen zur Ausweitung des Angebots in infrastruktureller Hinsicht (mehr Haltestellen, bessere Taktung), aber auch im Service (Kombinationsangebote mit einem Fahrradservice und/oder der Carsharinginitiative fahrgut car-sharing hegau-bodensee e.V.) sind hier wichtige Schritte.

Verlagerung auf den Fahrrad- und Fußverkehr

Laut INFAS und DIW (2004) werden in Deutschland pro Tag 272 Mio. Wege und mehr als drei Mrd. Personenkilometer zurückgelegt. Fahrrad und Fuß haben bezogen auf die Personenkilometerleistung dabei jedoch nur einen Anteil von ca. 2,6 % bzw. 3,3 % (UBA 2010). Ebenso wie beim Fahrrad, sind die meisten Fahrten mit dem Auto (bundesweit fast 50 %) kürzer als 5 km und somit eine Kurzstrecke. Auf diese Distanz bedeutet die Autonutzung meistens noch keinen Zeitvorteil. Diese Strecken können meist leicht zu Fuß (v.a. unter einem km) oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden und dadurch entsprechende, durch den MIV induzierte Emissionen reduzieren. Der Anteil des Fahrrad- und Fußverkehrs am Modal Split schwankt deutschlandweit stark. Im bundesweiten Durchschnitt besitzen beide in Summe einen Anteil von 32 % an allen Wegen. In Städten wie bspw. Freiburg liegt der Anteil bei über 50 % und in ländlichen Räumen generell meist zwischen 9 % und 11 %. In Chieming liegt der Anteil am Fahrrad- und Fußverkehr bei ca. 35 %. Hier ist trotz der genannten Projekte im Verkehrsbereich noch viel Umsetzungspotenzial speziell in Richtung Radverkehr vorhanden. Der Ausbau und die Optimierung des Fußgängernetzes sowie zusätzliche Orientierungshilfen wie beispielsweise Mittelinseln, Zebrastreifen sowie die Anpassung von Fußgängerampeln können einen ersten Schritt darstellen, um die Attraktivität von Kurzstrecken für Fußgänger zu steigern. Nun sollten weitere Aktivitäten und v.a. eine Umsetzung von Maßnahmen (Verbesserungen der Infrastruktur und der Servicedienstleistungen, Involvierung des Fahrrads im betrieblichen Mobilitätsmanagement) folgen. Das Umweltbundesamt geht davon aus, dass eine Verlagerung von 50 % der PKW-Fahrten unter 5 km auf das Fahrrad Innerorts und eine Steigerung der durchschnittlichen Rad- bzw. Fußverkehrsleistung insgesamt von ca. 47 % bis 2020 möglich ist. Entsprechend würden die Emissionen sinken. Eine Erhöhung des Radverkehrs ist für Kommunen wie Arbeitgeber (je nach Vertragsverhältnis) auch in finanzieller Hinsicht von Vorteil. Laut UBA könnten die Kommunen jährlich ca. 1,1 Mrd. € sparen, wenn die Radverkehrsleistung je Einwohner in Deutschland der der Niederlande entspräche. Im Vergleich zu den PKW-km müssen Kommunen in Deutschland im Jahr pro Fahrrad-km nur ca. ein Zehntel an finanziellen Mitteln aufwenden. Darüber hinaus ist die Einrichtung von 57

PKW-Stellplätzen wesentlich kostenintensiver als die Installation eines Fahrrad- Stellplatzes. Um den Umstieg für die Bürger vom MIV auf das Fahrrad attraktiver zu machen, ist es unumgänglich, das Radverkehrsnetz weiter auszubauen. Darüber hinaus könnten Fahrradstellplätze weiter modernisiert und qualitativ hochwertiger ausgebaut werden. Auch der Ausbau und die Erhöhung des Angebotes an Fahrradverleihsystemen sowie die Einführung von Bike+Ride Abstellplätzen kann zu einer Steigerung der Fahrradauslastung führen.

CarSharing

Das „Auto-Teilen“ kann in verschiedener Form stattfinden: zum einen privat und zum anderen durch kommerzielle Anbieter. Zwischen Nachbarn oder Freunden geht es aber darum, dass mehrere Personen einen PKW gemeinsam nutzen und dadurch möglicherweise eine Neuanschaffung wegfällt oder das bisherige Auto abgeschafft wird. Inzwischen gibt es viele kommerzielle Angebote, bei welchen die Nutzer eine Vielzahl von verschiedenen Fahrzeugtypen je nach Wegezweck nutzen können. Fahren mehrere Personen gleichzeitig im Auto, wird zudem die Auslastung pro PKW erhöht. Im bundesweiten Durchschnitt ersetzt jedes CarSharing Fahrzeug vier bis acht private PKW. CarSharing kann folglich zu einer Minimierung des Verkehrsaufkommens und den dadurch verursachten Emissionen führen. Ein weiterer positiver Nebeneffekt ist der verringerte Bedarf an Parkplätzen. Darüber hinaus sind die im CarSharing eingesetzten Fahrzeuge jünger und niedriger motorisiert als die Durchschnittsflotte der deutschen Privat-PKW2. Daraus resultiert ein niedrigerer spezifischer Kraftstoffverbrauch. Laut einer Schweizer Evaluationsstudie setzt jeder aktive Schweizer CarSharing-Nutzer mobilitätsbedingt

290 kg CO2 weniger frei, im Vergleich zu einer Situation ohne verfügbares CarSharing-Angebot. Für Deutschland sind derlei Daten noch nicht verfügbar, jedoch gibt es den „Blauen Engel“ für CarSharing3, welcher für umweltschonendere Fahrzeuge vergeben wird. In diesem Punkt hat die Gemeinde Chieming bereits eine Vorreiterrolle eingenommen, da die Carsharinginitiative Carsharing Traunstein (CST) bereits seit ca. 14 Jahren besteht. Daher ist die lobenswerte Initiative weiterhin zu fördern und zu vermarkten, um eine noch größere Verkehrsverlagerung auf das CarSharing zu erreichen.

2 Bundesverband Carsharing e.V. 3 http://www.label-online.de/label-datenbank?label=275 58

5.4.3 Verkehrsoptimierung

Wie schon erläutert wird sich der Anteil an PKWs mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren erst einmal nicht bemerkenswert verringern. Dabei nehmen Dieselfahrzeuge einen immer höheren Stellenwert ein. Diese haben nämlich schon heute einen geringeren und spezifischeren Kraftstoffverbrauch, der zukünftig sogar noch weiter sinken wird. Auch PKWs mit Gasantrieb wie bspw. Erdgas oder

Flüssiggas sind umweltschonender und tragen somit zur Reduzierung von CO2- Emissionen bei. Ein mit Erdgas betriebener Verbrennungsmotor emittiert dabei sogar noch ein Viertel weniger CO2 als flüssige Kraftstoffe. Somit ist kurzfristig gesehen die Förderung und Weiterentwicklung von Diesel- und Erdgas betriebenen PKWs ein wichtiger Ansatzpunkt um schnell und effektiv zur

Reduzierung der CO2-Emissionen beizutragen. Auf lange Sicht wird der Ausbau von Elektromobilität unverzichtbar sein, da ein Elektrofahrzeug das dazu noch mit Ökostrom betrieben wird im Gegensatz zu einem

Fahrzeug mit herkömmlichem Verbrennungsmotor fast keine CO2 Emissionen ausstößt. Durch die Erhöhung einer effizienten Nutzung der Verkehrsmittel, können ebenfalls Emissionen im Verkehrsbereich reduziert werden. Ein wichtiges Mittel ist hier die Steigerung des Auslastungsgrades der Verkehrsmittel. Dies ist sowohl im ÖPNV möglich als auch im MIV. Um den Auslastungsgrad im ÖPNV zu erhöhen, spielen die bereits dazu genannten Möglichkeiten der Verlagerung von MIV auf den ÖPNV sowie der Angebotsoptimierung und dadurch Attraktivitätssteigerung eine Rolle. Eine Steigerung der Fahrgastzahlen im Busverkehr ist durch die Fortführung der Angebotserweiterung (Erhöhung der Taktung, weitere Haltestellen) zudem möglich. Weitere Optionen liegen in der Bildung von Fahrgemeinschaften. Hier könnten durch eine Online-Mitfahrzentrale für Pendler in und aus der Stadt Fahrgemeinschaften gebildet werden. Von diesem kostenlosen Portal würden auch die Bürger in den umliegenden Gemeinden profitieren, da die Umgebung in die Suche mit eingeschlossen wäre. Eine weitere Chance zur Erhöhung der Effizienz ist der Einsatz alternativer Antriebstechnologien wie Hybridbusse im ÖPNV und Elektrofahrzeuge, sowohl im privaten als auch im dienstlichen Bereich. Hier könnte der Ausbau einer CO2- reduzierten und entsprechend gekennzeichneten Fahrzeugflotte v.a. im kommunalen Bereich zur Außenwirkung und Vorbildrolle für die Bürger beitragen und diese dazu bewegen, in alternative Fahrzeuge zu investieren. Erdgas, Flüssiggas, Biokraftstoffe, und Wasserstoff sind weitere Optionen für klimaverträglichere Verkehrsalternativen.

59

Deutschlandweit ist der Anteil alternativer Kraftfahrzeuge mit 7.114 (Elektrofahrzeugen) und 64.995 (Hybridfahrzeugen) mit insgesamt 0,2 % des Gesamtaufkommens an PKW (83 %) noch nicht erwähnenswert. LKW, die heute noch hauptsächlich mit Dieselkraftstoff betrieben werden, werden zukünftig wahrscheinlich in erster Linie mit Biokraftstoffen betrieben. Sie haben mit 4,9 % am Gesamtaufkommen der zugelassenen Fahrzeuge einen relativ geringen Anteil. Bei den PKW wird sich ab 2020 ein Wandel in Richtung Elektromobilität ergeben. Die Bundesregierung erwartet bis zu diesem Zeitpunkt bis zu 1 Million zugelassener Elektrofahrzeuge. Wenn sich der Trend auf Chieming übertragen lässt, kann mit einer Zahl von rund 140 Elektrofahrzeugen in 2020 gerechnet werden. Viele externe Bedingungen wie die technologische und marktwirtschaftliche

Entwicklung oder ordnungsrechtliche Rahmenbedingungen (verbindliche CO2- Grenzwerte), beeinflussen die Handlungsoptionen für eine Gemeinde wie Chieming. Damit könnte neben Erdgas- und hybriden Antriebsformen v.a. aber der Punkt Elektromobilität für Chieming relevant sein zumal hier über einen gemeinsamen Fahrzeugpool der Unternehmen im Ortsteil Egerer eine beschleunigte Einführung möglich erscheint. Hinsichtlich ihrer Energiebilanz sind Elektrofahrzeuge bereits heute effizienter als Verbrennungsmotoren. Maßgebliche Minderungspotenziale hängen jedoch stark vom verwendeten Strom, der Entwicklung des Strommixes sowie der Effizienzentwicklung im konventionellen Fahrzeugbereich ab. Das Umweltbundesamt unterstützt die Entwicklung in dieser Sparte, da es in diesem Bereich große Potenziale und Entwicklungschancen sieht und davon ausgeht, „dass Elektrofahrzeuge mittelfristig für viele Einsatzprofile im PKW-Kurz- und Mittelstreckenverkehr konkurrenzfähig werden“4. Darüber hinaus wird angenommen, dass mit aufbereitetem Biogas und regenerativen Strom betriebene Elektrofahrzeuge langfristig mit einem Beitrag von über 50 % eine wichtige Rolle bei der nachhaltigen Energieversorgung des Verkehrs übernehmen werden. Nicht vernachlässigbar ist der Aspekt der Unabhängigkeit vom immer weniger und daher teurer werdenden Erdöl sowie einer erhöhten Lebensqualität aufgrund geringerer Schadstoff- und Lärmbelastung.

4 UBA 2010, S.55 60

Übersicht über die Verleihmöglichkeiten von E-Bikes, Pedelecs und Mofas

Chieming kann über Angebote zur Elektromobilität ein Bewusstsein für die Technik fördern

Abbildung 38: Elektromobilität Projekt aus Chieming

Die Umstellung auf alternative Antriebstechnologien erreicht in Chieming im Szenario bis 2050 einen rapiden Rückgang des Treibstoffverbrauches herkömmlicher

Verbrennungsmotoren. Dies hätte den Effekt, dass sich der CO2-Ausstoß laut einer Energieprognose von Exxon Mobile pro Fahrzeug von heute 150 g (Verbrennungsmotor) auf 6 g (bei Elektrofahrzeugen) und auf 72 g (bei Hybridfahrzeugen im Jahr 2050 senken ließe.

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass der Anteil der CO2-Emissionen bei Förderung der Elektromobilität im Verkehrssektor in Chieming bis 2050 stark fallen wird.

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Zudem können CO2-Emissionen durch eine kraftstoffsparende und damit effiziente Fahrweise gemindert werden – in Deutschland liegt die Zahl laut

Bundesumweltministerium bei jährlich ca. fünf Millionen Tonnen CO2. Nach Berechnungen des Verkehrsclub Deutschland (VCD) bedeutet dies, dass bei einer durchschnittlichen Fahrleistung von 13.000 Kilometern jeder Autofahrer 0,33 Liter auf 100 Kilometer einsparen müsste, um dieses Einsparpotenzial zu erreichen. Ein weiterer Ansatzpunkt wäre ein breites Informationsangebot für die Bewohner der Gemeinde Chieming zur aktiven Mitgestaltung des Verkehrsgeschehens. Programme wie beispielsweise Eco-Drive Schulungen setzen auf den Ausbau der individuellen Mobilitätskompetenz, die nicht nur das Fahrverhalten beinhaltet, sondern auch das Wissen um verkehrs- und umweltbezogene Themen, beispielsweise eine kraftstoffsparende Fahrweise. Viele weitere, v.a. weiche Maßnahmen wie Informationsvermittlung und themenspezifische Veranstaltungen sind schwer bis gar nicht messbar, spielen aber dennoch eine wichtige Rolle zur Erreichung einer nachhaltigen Mobilität und sollten nicht vernachlässigt werden.

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6. Akteursbeteiligung Für eine erfolgreiche Umsetzung der Maßnahmen ist eine rechtzeitige Einbindung aller wichtigen Akteure notwendig. Deren Auswahl hängt von Thema und Perspektive ab. Um Akteure zu beteiligen gibt es eine Fülle an Methoden, die sich an Aufwand und Intensität der Beteiligung (Stärke des Beteiligungsgrades) unterscheiden. Fol- gende Abbildung zeigt die verschiedenen Stufen der Beteiligung, welche von der rei- nen Informationsvermittlung bis hin zur Kooperation reichen:

Beteiligungsgrade im Schema

Hoher Beteiligungsgrad

Mittlerer Beteiligungsgrad

Geringer Kooperieren (Partnerschaft) Beteiligungsgrad Gemeinsam beraten & Anhören, entscheiden erörtern

Informieren

Scheinbeteiligung

Quelle: eigene Darstellung K.GREENTECH , nach Selle 2000

Abbildung 39: Beteiligungsgrade in Schema

Für die Entwicklung von Handlungsempfehlungen und handlungsspezifischen Maß- nahmen wurden über den gesamten Zeitraum der Konzepterstellung die wichtigsten Akteure aus Chieming miteinbezogen. Mit der Gemeindeverwaltung wurde ein Fahr- plan für die Umsetzung des Klimaschutzkonzepts entwickelt.

Für das Klimaschutzkonzept Chieming wurde ein partizipativer Ansatz gewählt. In Form von mehreren Arbeitstreffen und einem öffentlichen Akteursworkshop sowie einer Informationsveranstaltung „Photovoltaik für Dacheigentümer“ wurde mit der Bevölkerung bzw. ausgewählten Akteuren ein reger Austausch zum Status Quo so- wie der weiteren Vorgehensweise geführt. Neben der Diskussion von erneuerbaren Energiepotenzialen aus Biomasse, Sonnenenergie, Windenergie und Erdwärme war die Erarbeitung eines spezifischen Emissionsminderungspfads für die Gemeinde das Hauptthema der Arbeitstreffen. In den beiden Workshops wurden 19 Maßnahmen

63 entwickelt, mit welchen die Gemeinde ihr Ziel, die Einsparung von 26.000 t CO2 bis zum Jahr 2030, erreichen wird.

Veranstaltungen in Chieming:

 26.11.2012: Kick-off Klimaschutzkonzept  21.02.2013: Arbeitstreffen  18.04.2013: Akteursworkshop  19.06.2013: Informationsveranstaltung Photovoltaik  23.09.2013: Arbeitstreffen  12.11.2013: Gemeinderat

Akteursbeteiligung Haus des Gastes

Abbildung 40: Akteursbeteiligung Haus des Gastes

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Als beteiligte Akteure in Chieming sind zu nennen:

 Herr Graf, erster Bürgermeister Gemeinde Chieming  Herr Mayer, Gemeinde Chieming, Geschäftsleitung  Herr Weiß, Gemeinde Chieming, Bauamt  Herr Heller, Gemeinde Chieming, Gemeinderatsmitglied  Herr Wimmer, Gemeinde Chieming, Gemeinderatsmitglied  Herr Aschl, Aschl Bau GmbH  Herr Birk, Taxiunternehmer  Herr Engmann, EHG-Verwaltungs-GmbH  Herr Gschwendner, Demeter  Herr Haas, Haas GmbH Anlagenbau  Herr Dr. Ing. Hauk, Max Solar GmbH  Herr Hartmann, Maler Hartmann GmbH  Herr Kirchmaier, Bauernverband Chieming  Herr Lampersberger, Georg Lampersberger GmbH  Herr Magalow, Gut Ising K. Magalow KG  Frau Obermaier, Klinik Alpenhof GmbH & Co. Betriebs KG  Herr Dr. Ing. Oldenburg, Oldenburg Kunststofftechnik GmbH  Frau Dr. Seeholzer, Landratsamt Traunstein

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7. Maßnahmenkatalog

Die Maßnahmenpakete für die Gemeinde Chieming wurden mit den lokalen Akteuren ausgearbeitet und in die Aufgabenbereiche Gemeinde, Energie-Erzeugung, Effizienz, Verkehr und Bildung eingeteilt. Die fünf Maßnahmenpakete sind in Form von Maßnahmenblättern untergliedert, wodurch die Lesbarkeit vereinfacht wird. Es liegen konkrete Maßnahmen mit genauen Handlungsanweisungen vor, die direkt von Politik und der Gemeindeverwaltung beschlossen werden können. Um ein erfolgversprechendes Projekt gewährleisten zu können, ist es zwingend notwendig, die Durchführbarkeit und Verträglichkeit der entwickelten Maßnahmen zu berücksichtigen, sowie die politischen Ziele auf konkrete Vorhaben anzupassen. K.GREENTECH legt großen Wert auf eine aktive Kommunikation mit den lokalen Akteuren und verkörpert einen praxisnahen Ansatz. Zu den vorgeschlagenen Maßnahmen werden konkrete Angaben bezüglich deren aktueller Sachstand in der Gemeinde Chieming erläutert, die (Weiter-) Entwicklung beschrieben und die angestrebten Zielvorgaben generiert. Außerdem werden Anregungen geäußert, sowie erste Handlungsschritte für die Umsetzungsphase angeführt. Die aufgeführten Angaben über potenzielle Investitionen und Renditedimensionen dienen als Anhaltspunkt für weitere Kalkulationen. Basierend auf der Berechnung der Treibhausgaseinsparung pro Maßnahme kann eine Einschätzung abgegeben werden, ob Anzahl und Umfang der Maßnahme für das angestrebte Ziel ausreichend ist. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass der eigentliche Anteil der CO2-Einsparung je Maßnahme dabei erheblich variieren kann.

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Treibhausgasreduktionspfad

Anteil der CO2-Einsparungen je Maßnahme im Zeitverlauf in 1000t 14,00

12,00

10,00

8,00

6,00

4,00

2,00

0,00 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

PV-Zubau Dächer Aufbau Nahwärmenetze Klimafreundliches Neubaugebiet Sanierung Wärmedämmung Gebäude PV und Parken Ökostrom für Stadtverwaltung Informationen zu klimafreundlichen Konsumverhalten Bildung Schulen und Kindergärtern Offensive Mini-BHKW Energieeffiziente Straßenbeleuchtung Biogasanlage Errichtung eines Solarparks Ausbau Elektromobilität Errichtung eines Windrades Heizungssanierungsmaßnahmen Quartierskonzept Klimaschutz-Infoserie in Kommunalblatt Kommunales Energiemanagement Bioenergiedorf Stöttham

Erst die Umsetzung von mehreren Maßnahmen führen zum gewünschten Reduktionspfad

Abbildung 41: Treibhausgasreduktionspfad

Beitrag zur Maßnahme zur CO2-Reduktion im Jahr 2020

Quartierskonzept 6,0%

Klimaschutz-Infoserie in Kommunalblatt Bioenergiedorf Stöttham Kommunales 0,0% 5,1% Energiemanagement 0,2%

Heizungssanierungsmaßnahm PV-Zubau Dächer en 14,3% 7,5% Ökostrom für Stadtverwaltung 1,1% Aufbau Nahwärmenetze 3,5% Klimafreundliches Errichtung eines Windrades Neubaugebiet 17,1% 0,1% Biogasanlage 12,0%

Offensive Mini-BHKW Errichtung eines Solarparks 2,1% 5,5% Informationen zu Sanierung Wärmedämmung klimafreundlichen Energieeffiziente Gebäude Konsumverhalten Straßenbeleuchtung 21,9% 0,0% 0,2% Bildung Schulen und PV und Parken Kindergärtern 0,1% 0,0%

Ausbau Elektromobilität 3,3%

Abbildung 42: Treibhausgasreduktion

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Treibhausgasreduktion bis 2030

CO2 Emissionen 2012 - 2030

1000 t CO2

50

45

40

35

30

25

20

15

10

5

0

Szenario Maßnahmen Referenzszenario Innovationsszenario

Abbildung 43: Treibhausgasreduktion bis 2030

Es gilt die inhaltliche und finanzielle Mobilität von Bürgern, Wirtschaft und weiteren Akteuren zu erreichen, um die Ziele erfolgreich umsetzen zu können. Zusammen mit den beteiligten Akteuren wurden die für die Gemeinde Chieming passenden Maßnahmen aus einem großen Katalog selektiert:

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Maßnahmen: Im Ergebnis scheinen folgende Maßnahmen für Chieming am erfolgversprechendsten:

Maßnahmenpaket Gemeinde

1 Kommunales Energiemanagement

2 Gründung einer Bürgerenergiegenossenschaft

Maßnahmenpaket Erzeugung

3 Bau einer Biogasanlage

4 Errichtung eines Solarparks in Chieming

5 Photovoltaik-Zubau auf Dächern

6 Kombination von Photovoltaik und Parken

7 (Mittelfristig) Bau einer Windkraftanlage mit Bürgerbeteiligung

8 Aufbau eines Nahwärmenetzes in der Ortsmitte (Biomassebasis)

9 Offensive Mini-BHKW auf Biomassebasis

Maßnahmenpaket Effizienz

10 Erhöhung der energetischen Sanierungsrate

11 Heizungssanierungsmaßnahmen

12 Umrüstung der Straßenbeleuchtung

13 Klimafreundliche Neubaugebiete

14 Erstellen eines integrierten Quartierskonzeptes

15 Bioenergiedorf Stöttham

Maßnahmenpaket Verkehr

16 Ausbau der Elektromobilität

Maßnahmenpaket Bildung

17 Klimaschutzinfoserie in der Gemeindezeitung

18 Kampagne Klimafreundlicher Konsum

19 Energiekampagnen in Kindergärten und Schulen

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Die Gemeinde Chieming sollte sich auf folgende Maßnahmen konzentrieren, da hier sowohl die lokale Wertschöpfung als auch die Treibhausgasreduktion am größten sind:

 Aufbau eines Wärmenetzes in der Hauptstraße  Förderung der Sanierung bzw. Wärmedämmung der Gebäude der Bürger  Ausbau der Stromerzeugung aus Photovoltaik  (Mittelfristige) Errichtung eines (Bürger-)Windrades

Auf den nächsten Seiten werden die Maßnahmen nochmal einzeln in ausführlicher Form beschrieben.

Maßnahmenpaket Gemeinde:

1 Aufbau eines Kommunalen Energiemanagements (KEM) Ziel Regelmäßige Fortschreibung und Kontrolle der Verbräuche in den kommunalen Liegenschaften. Sachstand Bisher gibt es in Chieming noch kein offizielles kommunales Energiemanagement. Beschreibung Energieverbrauchserfassung- und –auswertung, Durchführung von Gebäudeanalysen, Planung und Durchführung von Energieeinsparmaßnahmen. Beispiele: gering intensive Maßnahmen wie optimale Betriebsführung von Anlagen und intensive Maßnahmen wie Wärmedämmung. Praxiserfahrungen belegen, dass sich der Zeitaufwand (ca. 20 h/a) selbst finanziert und sogar noch Überschüsse (durch Energieeinsparung generiert). Erste Schritte Erstellung eines Aufgabenplans, Vorstellung/Abstimmung im Gemeinderat. Zeitraum Nach Abschluss des Klimaschutzkonzepts Zielgruppe Gemeinde Akteure Gemeinde, Gebäudemanagement Investition Nur Zeit, ca. 20 h/a Investitionen Nur Zeit, ca. 20 h/a Gemeinde Renditedimension Anmerkungen Könnte der geförderte Klimaschutzmanager übernehmen

2 Gründung einer Bürgerenergiegenossenschaft Ziel Lokale Wertschöpfung, Unterstützung und schnelle Umsetzung von Energieprojekten (auch finanziell) Identifizierung des Bürgers mit seiner Kommune, Stärkung des Gemeinschaftsgedankens Sachstand Bisher gibt es in der Gemeinde Chieming noch keine Energiegenossenschaft. Im Jahr 2011 sind in Deutschland bereits knapp 600 Energiegenossenschaften gezählt worden.

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Beschreibung Eine Energiegenossenschaft bietet Akteuren und interessierten Bürgern die Möglichkeit sich aktiv im Bereich der Energiewende und des Klimaschutzes zu beteiligen. Sie bieten darüber hinaus auch Anlage- und Investitionsmöglichkeiten in lokale und regionale Energieprojekte. Eine Bürgerenergiegenossenschaft könnte u.a. auch für die Photovoltaik-Freifläche, das Wärmenetz an der Hauptstraße oder das Bürgerwindrad aktiv werden. Erste Schritte Zusammenschluss von Interessierten zu einer Gründungsgruppe Entwickeln einer Geschäftsidee mit Projekten Satzung der Energiegenossenschaft erarbeiten Geschäftsplan erstellen Zeitraum Nach Abschluss des Klimaschutzkonzepts Zielgruppe Gemeinde, Privatpersonen Akteure Private und rechtliche Personen THG-Einsparung - Investition - Investitionen - Gemeinde Renditedimensio - n Anmerkungen -

Maßnahmenpaket Erzeugung:

3 Bau einer Biogasanlage Ziel Mit dem Bau einer Biogasanlage wird das Angebot an nachwachsenden Rohstoffen im Gemeindegebiet genutzt und die Energieerzeugung aus erneuerbaren Energie ausgebaut. Hierdurch kommt es zu reduzierter Treibhausgasemission. Sachstand Aktuell sind drei Biogasanlagen installiert. Beschreibung Nach Meldung des Netzbetreibers speisen aktuell drei Biogasanlagen in das Stromnetz ein. Die gesamte installierte Leistung beträgt 140 kW. Es werden ca. 800 MWh erzeugt. Auf Basis des natürlichen Potenzials im Gemeindegebiet, wird davon ausgegangen, dass eine weitere Anlage installiert werden kann. Zur energetischen Verwertung kommen dabei nicht allein nachwachsende Rohstoffe wie Mais oder Gras, sondern vor allem auch organische Reststoffe aus der Landwirtschaft, der Landschaftspflege oder von Privathaushalten. Erste Schritte Kontaktaufnahme mit Landwirten oder anderen in Frage kommenden Betreibern; Ermittlung des Aufkommens an biogenen Reststoffen in der Gemeinde; Zeitraum Ab 2025 Zielgruppe Landwirte oder andere in Frage kommende Betreiber, Energiegenossenschaft Akteure Energieversorger, Landwirte, Gemeinde

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THG-Einsparung Ca. 8.700 t bis zum Jahr 2030 Investition 500.000 € (je nach Anlagenleistung) Investitionen - Gemeinde Renditedimension 4–6 % Anmerkungen Ggf. in Kombination mit Bioenergiedorf Stöttham

4 Errichtung eines Solarparks in Chieming Ziel Durch den Bau eines Solarparks kann die regenerativ erzeugte Strommenge noch weiter erhöht werden. Sachstand Bisher speisen bereits 163 Photovoltaikanlagen in das Stromnetz ein. Die gesamte installierte Leistung beträgt knapp 2 MWp. Es werden dadurch ca. 2.200 MWh erzeugt. Beschreibung Ein PV-Park mit 3 MWp würde auf einen Schlag die EE-Stromquote von 13 % auf knapp 30 % erhöhen. Erste Schritte Standortsuche Identifikation von Interessenten (Bürger) Finanzierungs-/Umsetzungsmodell (Genossenschaft) Zeitraum Nach Abschluss des Klimaschutzkonzepts Zielgruppe Bürger Akteure Gemeinde, Energiegenossenschaft, private Projektierer THG-Einsparung Ca. 1.200 t/a Investition Ca. 3 Mio. Euro Investitionen Gemeinde Renditedimension Ca. 6 – 10 % bei Eigenverbrauch / Direktvermarktung Anmerkungen -

5 Photovoltaik-Zubau auf Dächern Ziel Durch den Ausbau von Photovoltaikanlagen auf Dachflächen kann die Autarkie der Gemeinde im Sektor Strom erhöht, die lokale Wertschöpfung gesteigert und die Treibhausgasemissionen reduziert werden. Sachstand Nach Meldung des Netzbetreibers speisen aktuell ca. 163 Photovoltaikanlagen in das Stromnetz ein. Die gesamte installierte Leistung beträgt knapp 2 MWp. Es werden ca. 2.200 MWh erzeugt. Beschreibung Es wird von einem durchschnittlichen jährlichen Zubau von etwa 400 kW bis 2030 ausgegangen. Erste Schritte Ansprache der größten Dacheigentümer Zeitraum Nach Abschluss des Klimaschutzkonzepts Zielgruppe Dacheigentümer Akteure Gemeinde, Dacheigentümer, private Projektierer 72

THG-Einsparung Ca. 170 t pro Jahr bei 300 Dächer Investition Ca. 1.400 €/je kWp, Tendenz fallend Investitionen - Gemeinde Renditedimension Ca. 3-4 % Anmerkungen -

6 Kombination von Photovoltaik und Parken (100% Ökostrom) Ziel Einspeisung der Photovoltaik-Leistung ins Netz und Verwendung zum Aufladen von Elektrofahrzeugen. Später kann die Photovoltaik- Leistung direkt als Energiequelle für Elektroautos nutzen, ohne Einspeisung ins Stromnetz. Sachstand PV-Strom bisher nur durch Einspeisung ins Stromnetz verwendbar. Bisher gibt es noch keine Solarports in Chieming. Beschreibung Errichtung von ersten Mustersolarports. Bauleitplanerische „wohlwollende“ Genehmigung durch die Gemeinde. Sukzessiver Umbau (30% bis 2030) von privaten und öffentlichen Parkplätzen zu Solarcarports. Erste Schritte Rücksprache mit dem Landkreis Traunstein (dort werden Elektroautos bereits mit PV-Strom getankt – z.B. vor dem LRA). Errichtung eines Carports am Rathaus. Zeitraum Nach Abschluss des Klimaschutzkonzepts Zielgruppe Bürger, Touristen Akteure Gemeinde, Sponsoren, lokale Firmen

THG-Einsparung Bei 500 Carports bis 2030 ca. 2000 t CO2. Investition - Investitionen 1 Carport kostet ca. 8000 € Gemeinde Renditedimension Ca. 4-5% Anmerkungen

7 Bau einer Windkraftanlage mit Bürgerbeteiligung Ziel Erhöhung der lokalen Stromerzeugung Lokale Wertschöpfung durch lokale Investitionen Identifizierung des Bürgers mit seiner Kommune, Stärkung des Gemeinschaftsgedankens Sachstand Aktuell steht noch kein Windrad in der Kommune, im Osten der Gemeinde befinden sich aber geeignete Gebiete. Beschreibung Durch Bürgeranlagen profitieren die Einwohner von Chieming direkt von der Energiewende. Durch Gründung einer Energiegenossenschaft kann eine anteilmäßige Finanzierung erfolgen. 1 Windrad mit 3 MWp würde den erneuerbaren Stromanteil von 13% auf ca. 30% erhöhen.

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Erste Schritte Standortsuche mit Nachbargemeinden Interessengruppen (z.B. Landwirte und Waldbesitzer, Umweltverbände) miteinander vernetzen Akzeptanzsicherung der Bürger durch Organisation von Veranstaltungen / Infoständen und durch öffentliche Pressearbeit Finanzierungs-/Umsetzungsmodell Flächen und Pachtmodell Identifikation von Interessenten Zeitraum Im Anschluss an das Klimaschutzkonzept Zielgruppe Bürger Akteure Bauamt, Energiegenossenschaft, Projektierer THG-Einsparung Ca. 7.000 t/a Investition Ca. 3.000.000 € Investitionen Personalkosten für Koordination; Hilfestellungen und Informationen Gemeinde rund um das Thema "Windenergie" zukaufen. Renditedimension Um 5 – 8 % Anmerkungen Finanzierung durch Bürgerfonds und Investoren Alternativ: Einbindung eines Stadtwerkes Stadtwerke bilden eine Projektgesellschaft mit der Kommune, auf deren Gebiet künftig ein Windkraftrad stehen soll. Die Kommune kann bis zu 51 Prozent der Anteile an der Gesellschaft erwerben und entweder selber behalten oder an Bürger verteilen. Die Stadtwerke München halten mindestens 49 Prozent der Anteile und übernehmen die technische und kaufmännische Geschäftsführung. Vorteil für die Bürger: Stadtwerke übernehmen Risiko ab der Projektierung

8 Aufbau eines Nahwärmenetzes in der Ortsmitte (Biomassebasis) Ziel Der Aufbau eines Wärmenetzes auf Basis erneuerbarer Energien und/oder Kraft-Wärme-Kopplung soll für die Gemeinde geprüft werden. Dabei sollen die größten Wärmeverbraucher in die entsprechenden Wärmenetze miteingebunden werden, um eine möglichst hohe und gleichmäßige Wärmeabnahme garantieren zu können. Die effiziente Energieerzeugung durch Kraft-Wärme-Kopplung steht dabei im Vordergrund. Auch der Einsatz von Biomasse zur Erzeugung der Wärme in einem Heizwerk soll untersucht werden, dabei sind aber weitere Planungen und Maßnahmen der Gemeinde zu beachten.

Sachstand Bisher gibt es einen kleinen Nahwärmeverbund der Firma EVIS in der Egererstrasse in Chieming. Im Rahmen des Klimaschutzkonzepts wurde die Möglichkeit einer Nahwärmeversorgung (auf Basis von Holzhackschnitzel+Erdgas) der Hauptstraße geprüft und unter bestimmten Voraussetzungen für wirtschaftlich realisierbar befunden

Beschreibung Die höchste Wärmedichte ist in der Hauptstraße anzutreffen. Hier sind auch kommunale Gebäude wie das Rathaus und das Haus des Gastes. Es gilt nun die Varianten zu schärfen und die 74

Gebäudeeigentümer mit den zugehörigen Verbrauchs- und Anlagendaten zu integrieren. Das Programm NaStromE-För oder ein Quartierskonzept könnte genutzt werden. Zudem ist für die Gemeinde eine Beteiligung am Netz oder an der Erzeugungsanlage zu prüfen. Hier gilt es tragfähige Rollen und Betreibermodelle zu finden, die am Markt funktionieren. Erste Untersuchungen im Rahmen der Wärmeatlaserstellung lassen auf ein positives Saldo nach ca. 7 Jahren schließen sofern Wärmeerzeugung, Transport und Vertrieb in einer Hand sind.

Erste Schritte Identifizierung der Top Verbraucher aus dem Wärmeatlas Um die Maßnahme anzustoßen nimmt die Gemeinde Kontakt mit den Unternehmen und möglichen Energieversorgern auf und bringt die möglichen Kooperationspartner zu Gesprächen zusammen. Gemeinde, Energieversorger und Unternehmen entwickeln gemeinsam eine entsprechende Wärmeversorgungslösung.

Zeitraum Im Anschluss an das Klimaschutzkonzept Zielgruppe Privathaushalte, Kommunale Gebäude Akteure Gemeinde, Biogasbauern, Hackschnitzel-/Pelletsbetreiber, Gewerbe/Handwerk, Energieversorger, Bauunternehmen THG-Einsparung Ca. 10.000 t bis 2030 Investition 1 -2 Mio € je nach Länge des Netzes und der Art der Wärmeerzeugung Investitionen Ggf. Beteiligung am Netz Gemeinde Renditedimension ca. 0-4 % Anmerkungen Langfristige Verträge mit Rohstoff- / Wärmelieferanten sichern die Rendite ab

9 Offensive Mini-BHKW auf Biomassebasis Ziel Auf Biomassemassebasis betriebene, dezentrale Mini- und Mikro- BHKWs ersetzten kontinuierlich alte, ineffektive Ölheizungen. Hierdurch ergeben sich Treibhausgaseinsparungen.

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Sachstand Die Anlagen können sowohl strom- wie wärmegeführt betrieben werden. Durch die Erzeugung in Kraft-Wärme-Kopplung wird ein hoher Wirkungsgrad von bis zu 90 % erreicht, wodurch letztlich Energie- und Treibhausgaseinsparungen erreicht werden. Hackschnitzel oder Pellets können auch in BHKW eingesetzt werden. Das Holz wird allerdings nicht direkt verbrannt, sondern zunächst in einem Holzvergaser aufwändig in Holzgas umgewandelt. Gasmotoren verbrennen dann das Holzgas und treiben das Hackschnitzel-Blockheizkraftwerk an. Sie eignen sich für ein großes Blockheizkraftwerk: ein Blockheizkraftwerk mit Holzvergaser ist noch teurer, aber durch die geringen BHKW-Holz-Preise kann sich das BHKW bei hohem Brennstoffumsatz rechnen. Auch bei sog. Micro-BHKWs in einem Leistungsbereich zwischen 5 und 15 kW, die zur Versorgung von Einfamilienhäusern geeignet sind, lässt sich eine Entwicklung hin zu sinkenden Investitionskosten und einer höheren Wirtschaftlichkeit erkennen. Beschreibung Es wird davon ausgegangen, dass bis zum Jahr 2030 ca. 200 Haushalte auf eine Versorgung mit dezentralen, gasbetriebenen KWK-Anlagen umgestellt werden können. Um den Ausbau aktiv voran zu bringen kann ein eine Informationskampagne oder ein kommunales Förderprogramm zu den Vorteilen der Technologie hilfreich sein. Erste Schritte Vermitteln von Informationen zur Technologie und Darlegung der Vorteile. Pilotanwender finden und Wirtschaftlichkeit in der Praxis testen Ausarbeiten von Förderkriterien Zeitraum Ab sofort Zielgruppe Privathaushalte, Gewerbe Akteure Gewerbe, Gemeinde THG-Einsparung Ca. 3.000 t bis zum Jahr 2030 Investition Ca. 12.000 -15.000 € je Mini-/Micro-BHKW Investitionen Ca. 500€/Anlage im Rahmen eines kommunalen Förderprogramms Gemeinde Renditedimension - Anmerkungen -

Maßnahmenpaket Effizienz:

10 Erhöhung der energetischen Sanierungsrate Ziel Durch eine Steigerung der Sanierungsquote im Gebäudebereich sinkt der Energiebedarf kontinuierlich. Dadurch können hohe Energie- und Treibhausgaseinsparungen erzielt werden. Sachstand Die aktuelle Sanierungsquote in der BRD beträgt ca. 1%, dieser Wert wird auch für Chieming angenommen. Beschreibung In dieser Maßnahme liegt eine sehr hohe lokale Wertschöpfung, da durch die Förderung von Sanierungsmaßnahmen in weiteren Feldern neue Aufträge für das Handwerk generiert werden. Zudem erzeugt die Maßnahme eine hohe Effizienzwirkung, da die 76

Gebäudesanierung auch einen großen Hebel bei der CO2-Reduktion darstellt. Erste Schritte Identifizieren entsprechender Sanierungsgebiete (evtl. Förderprogramm „Quartierskonzept“) Handwerk ansprechen Zeitraum Nach Abschluss des Klimaschutzkonzepts Zielgruppe Gebäudeeigentümer Akteure Bürger, lokales Handwerk, Gemeinde THG-Einsparung Bei einer angenommenen realisierbaren Sanierungsquote von 1,8 % können bis 2030 ca. 23.000 t CO2 eingespart werden Investition Pro Sanierungsobjekt z.B. 30.000 € Investitionen Evtl. Zuschuss zu Sanierungsprojekten von ca. 1.500-3.000 € Gemeinde Renditedimension Die eingesetzten Fördergelder generieren ein Vielfaches an lokalen Investitionen, wodurch sich indirekt Steuereinnahmen für die Gemeinde ergeben. Anmerkungen -

11 Heizungssanierungsmaßnahmen Ziel Veraltete Heizungssysteme arbeiten vielfach ineffizient und sorgen somit für einen hohen THG-Ausstoß. Ziel ist die Energie- und Treibhausgaseinsparung in den Haushalten und im Gewerbe, aber auch in den öffentlichen Liegenschaften. Sachstand Bisher gibt es keine speziellen Förderungen oder Zuschüsse durch die Gemeinde. Beschreibung Jahrzehnte alte Heizungssysteme sollten sukzessive ausgetauscht werden, da moderne Brennwertkessel einen konstant hohen Nutzungsgrad aufweisen. Eine kostengünstigere Maßnahme ist z.B. der hydraulische Abgleich. Er sorgt dafür, dass alle Räume über alle Stockwerke hinweg gleichmäßig mit Wärme beliefert werden. Das spart Heizenergie und entlastet die Heizungspumpe. Alte Regler an den Heizkörpern durch moderne regelbare Thermostatventile zu ersetzen, kostet ebenfalls nicht viel. Doch durch die exakte Temperatureinstellung und eine individuelle Zeitsteuerung für jeden Raum sinken die Heizkosten spürbar. Durch Zuschüsse der Gemeinde können Anreize geschaffen werden. Erste Schritte Absprache mit der Gemeindeverwaltung wegen möglicher Förderungen bzw. Zuschüsse Erstellung von Infomaterialen Aktionszeitraum festlegen Zusammenarbeit mit lokalen Handwerkern sichern Zeitraum Nach Abschluss des Klimaschutzkonzepts Zielgruppe Bürger von Chieming Akteure Gemeindeverwaltung, Bauamt, Handwerk THG-Einsparung Insgesamt ca. 8000 t bis 2030 Investition Heizkesseltausch: ca. 2.700 € 77

Hydraulischer Abgleich: ca. 250 € Investitionen Nur Zuschüsse z.B. 50 Euro pro hydraulischem Abgleich, 200 Euro Gemeinde pro Heizkesseltausch Renditedimension - Anmerkungen -

12 Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED Leuchten Ziel Ersatz von Quecksilberdampflampen und Halogenlampen im Außenbereich (Straßenlaternen). Sachstand Bisher sind noch keine LED Laternen im Ort installiert. Beschreibung Der Einsatz von modernen LED Lampen gibt der Gemeinde Chieming die Möglichkeit stufenweise die veralteten und ineffizienten Beleuchtungsanlagen auf den neuesten Stand zu bringen und damit langfristig Energie und Energiekosten zu sparen und die Umwelt zu entlasten. Erste Schritte Identifizierung von möglichen Straßenzügen, Kontaktaufnahme mit Installationsfirmen Zeitraum Im Anschluss an das Klimaschutzkonzept Zielgruppe Kommune Akteure Bauamt THG Einsparung Ca. 1.800 t bis 2030 Investition Ca. 600 Euro pro Straßenlaterne Investitionen Ca. 600 Euro pro Straßenlaterne Gemeinde Renditedimension - Anmerkungen Die Gemeinde Taching hat bereits 100% ihrer Straßenbeleuchtung umgestellt und gibt gerne Auskunft.

13 Klimafreundliche Neubaugebiete Ziel Es werden an Hand verschiedener energetischer Kennzahlen Mindeststandards definiert, die in neu ausgewiesenen Baugebieten eingehalten werden müssen. Diese gehen über die Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEv) hinaus, was somit zu verminderten THG-Emissionen führt. Sachstand Bisher gibt es im Neubaubereich keine über die gesetzlichen Anforderungen hinausreichenden Anforderungen. Beschreibung Bei Ausweisung von neuem Bauland wird ein energetischer Mindeststandard im Zuge der Bauleitplanung festgelegt. Die Kriterien hierbei können an die EnEv angelehnt sein und die Vorgaben zu Primärenergiebedarf, Heizwärmebedarf oder die energetische Qualität der Gebäudehülle übertreffen. Erste Schritte Absprache mit dem Bauamt über die genauen Kriterien Festsetzungen in der Bauleitplanung

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Zeitraum Im Anschluss an das Klimaschutzkonzept Zielgruppe Personen, die planen ein Eigenheim zu bauen Akteure Gemeindeverwaltung THG-Einsparung Bei 15 Neubauten können bis 2030 ca. 1000 t im Vergleich zu einem „Standard“-Neubaugebiet vermieden werden. Investition - Investitionen - Gemeinde Renditedimension - Anmerkungen Energiestandards sollten keine unüberwindbare Hürde für Bauherren darstellen.

14 Erstellen eines integrierten Quartierskonzeptes Ziel Erstellung einer gebäudescharfen Ausgangsanalyse im Quartier um inhaltlich tiefere Aktionspläne und Handlungskonzepte zu verwirklichen. Ein Quartierskonzept untersucht Kosten, Machbarkeit, Information & Beratung, baukulturellen Zielsetzungen sowie Gebäudescharfe Maßnahmen (usw.). Weitere Ziele: Energieeinsparung und Vorbereitung eines Wärmenetzes. Sachstand Bislang besitzt die Gemeinde Chieming noch kein integriertes Quartierskonzept. Die Hauptstraße mit ca. 100 Gebäuden oder der Ortsteil Stöttham würde sich hierfür eignen. Beschreibung Mit Hilfe des KfW-Programms 432 können Kommunen in einem integrierten Quartierskonzept zu konkreten gebäudescharfen Lösungsalternativen bezüglich einer klimafreundlichen Wärmeversorgung kommen. Dabei werden auch die Anwohner einbezogen. Die Gemeinde wird durch das Programm mit 65 % Förderzuschlag unterstützt. Erste Schritte Quartiersdefinition und Antragstellung  KfW Antrag stellen im Quartier.  Analyse der Effizienz- und Sanierungspotenziale und techni- schen Wärmeversorgungsmöglichkeiten (Atlas).  Abstimmung der Analyseergebnisse mit vorhandenen Stan- dards und Konzepten.  Aufstellung der Kosten und Darstellung der Wirtschaftlichkeit der Sanierungsmaßnahmen und der neuen Infrastruktur.  Analyse möglicher Umsetzungshemmnisse und Maßnahmen zur Hemmnis-Überwindung.  Erstellung des detaillierten Maßnahmenkatalogs und Hand- lungskonzepts für jedes Gebäude.  Erstellung des Umsetzungszeitplans mit Beteiligungskonzept. Zeitraum Nach Abschluss des Klimaschutzkonzepts Zielgruppe Gebäudeeigentümer (teils Gemeinde) Akteure Gemeinde, Bürger Investition

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Investitionen Ca. 14.000 € Eigenanteil, (Ca. 40.000 Euro (je nach Quartiersgröße) Gemeinde – davon 65% KfW Zuschuss) Kofinanzierung durch Heizwerkbetreiber möglich Renditedimension Anmerkungen

Beispiel für Ortsteil als Quartier

15 Bioenergiedorf Stöttham Ziel Der Ortsteil Stöttham soll innerhalb von wenigen Jahren durch 100% regenerative Energie für Strom und Wärme versorgt werden. Stromversorgung soll durch die BHKW\'s und PV-Anlagen regenerativ werden. Wärmeversorgung über wärmenetz und dezentrale Anlagen. Als Ziel sind alle Hausbesitzer und Gewerbetreibende entweder am Nahwärmenetz angeschlossen oder haben Einzel-Holzscheit- Heizungen/ Pelletsheizungen. Sachstand Durch eine erfolgreiche Umstellung wäre Stöttham der Vorreiter im Gemeindegebiet Chieming. Bisher wird ein Großteil der Häuser mit Öl geheizt. Beschreibung Um die Strom- und Wärmeversorgung umzugestalten, bedarf es nicht nur des Ausbaus der Infrastruktur für die Erzeugung erneuerbarer Energie: Es müssen auch die Möglichkeiten zur Energieeinsparung etwa durch Gebäudedämmung ausgeschöpft werden. Eine weitere Voraussetzung ist, dass der größte Teil der Wärmepumpen mit ausreichend dimensionierten thermischen Speichern ausgestattet wird. Kern des Projektes wäre der Aufbau eines Wärmenetzes in dem Ortsteil zusammen mit einer „Bürger-Genossenschaft Stöttham“. Erste Schritte  Lokales Biomasseaufkommen sowie Gülle und Mist prüfen  Ortsansässigen Landwirte wegen Anbau und Lieferung an- sprechen (50 bis 100 Hektar Anbaufläche?)  Restriktionen prüfen z.B. Wasserschutzgebietszonen  Wärmeabnehmer mit Sommerwärmebedarf sondieren  Wärmenetz sauber durchrechnen  Prüfung einer Kombination mit Dorferneuerung, Straßensa- nierungen (Verlegung des Nahwärmenetzes kann dann fi- nanziell günstiger werden)  Mit Einwohnern sprechen, um letztendlich vorhandene Ein- sparpotentiale je Gebäude erfolgreich auszuschöpfen  Dorfgemeinschaft involvieren (Diese ersten Schritte könnte ein Quartierskonzept der KfW finanzieren)  Genossenschaft gründen 80

 Vorverträge zu Wärmenetzanschluss abschließen  Fördermittel beantragen  Realisierung des Wärmenetzes und der Erzeugungsanlage

Zeitraum Nach Abschluss des Klimaschutzkonzepts Zielgruppe Energiegenossenschaft, Stötthamer Bürger Akteure Gemeinde, lokale Akteure THG-Einsparung Investition Ca. 700.000 € für Netz und Anlage Investitionen Koordination, Voruntersuchung Gemeinde Renditedimension Durch eine eigene Wärmeversorgung bleiben die Kosten der Stötthamer Bürger stabil.

Anmerkungen

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Maßnahmenpaket Verkehr:

16 Ausbau der Elektromobilität Ziel Verlagerung von Fahrten mit Fahrzeugen mit fossil betriebenen Antriebssystemen zu Fahrten mit Elektroantrieb. Sachstand Geringe Verbreitung von Elektromobilität bei Bürgern und Unternehmen (Fahrräder, Roller, PKW). Beschreibung Das Projekt soll Elektromobilität mit sauberem Strom über den Bundestrend hinaus fördern und verbreiten. Zudem sollte eine Vernetzung mit dem Landkreis und umliegenden Gemeinden stattfinden, um eine sinnvolle Ladeinfrastruktur zu etablieren. Hemmschwellen zur Nutzung von Elektromobilen könnten durch die Veranstaltung eines E-Aktionstages überwunden werden, an dem Testfahrten möglich sind und Informationen rund um das Thema Elektromobilität durchgeführt werden. Erste Schritte Identifizieren von geeigneten Standorten für den Aufbau einer Ladeinfrastruktur; Festlegung eines einheitlichen Standards bezüglich der Ladeinfrastruktur; Klärung rechtlicher Rahmenbedingungen z. B. betreffend der Verrechnung der Ladekosten; Installation erster „E-Tankstellen“ Zeitraum Nach Abschluss des Klimakonzepts Zielgruppe Bürger, Pendler Akteure Gemeinde, ggf. Sponsoren und Landratsamt Traunstein Investition Ebenfalls abhängig von Fahrzeugtyp; Je PKW liegen die Anschaffungskosten aktuell bei 40.000€, Tendenz sinkend. Für die Schaffung der Infrastruktur ist z.B. die Errichtung von Solar- Carports bzw. Solar-Bikeports möglich. Investition pro Carport ca. 15.000 € (für 2 Fahrzeuge). Bei der Errichtung einer Ladesäule belaufen sich die Kosten auf ca. 2.000 € bis 5.000 €, falls allerdings eine 50 kW DC Schnellladesäule installiert werden soll, liegen die Kosten pro Schnellladesäule bei ca. 35.000 €.

Investitionen Personalaufwand Gemeinde Renditedimension Anmerkungen

Maßnahmenpaket Bildung:

17 Klimaschutzinfoserie in Gemeindezeitung Ziel Aktivierung von Bevölkerungsteilen, die noch nicht so aktiv im Bereich Klimaschutz sind. Informationsbereitstellung zu Themen wie Energieeinsparung und Effizienz im Haushalt. Sachstand Die Gemeindezeitung erscheint in regelmäßigen Abständen und wird jedem Bürger in den Briefkasten geworfen. Das Blatt wird gut angenommen. Bisher gibt es noch keine regelmäßigen Informationen zum Themenblock Klimaschutz. 82

Beschreibung Alle 6 bis 8 Wochen könnte ein Artikel von verschiedenen Autoren (LK, ESB, Genossenschaft) zu einem bestimmten Thema erscheinen. Beispiele:  Steckerleisten  Heizungssanierung  Energietische Sanierung  LED im Wohnbereich  …

Erste Schritte „Redakteure“ finden, Themen besprechen Zeitraum Nach Abschluss des Klimaschutzkonzeptes Zielgruppe Alle Bürger aus Chieming Akteure Gemeinde Investition Pro Artikel ca. 5 Stunden Investitionen Personalkosten Gemeinde: Renditedimension - Anmerkungen -

18 Kampagne klimafreundlicher Konsum Ziel Ersatz von ineffizienten Haushaltsgeräten durch energiesparende Geräte. Bis 2030 könnten alle heutigen Geräte gegen effizientere ausgetauscht werden. Sachstand Unter den Haushaltsgeräten ist vor allem die sogenannte „weiße Ware“ (z.B. Kühlschränke, Waschmaschinen, Spülmaschinen) für den größten Teil des privaten Stromverbrauchs verantwortlich. Auf die „weiße Ware“ entfällt heute über die Hälfte des Stroms, der in Privathaushalten verbraucht wird. Ein Austausch der veralteten (und in die Jahre gekommenen) Geräte verringert den Stromverbrauch und den CO2-Ausstoß erheblich. Beschreibung Eine Tauschaktion von insbesondere alten, ineffizienten Haushaltsgeräten gegen Geräte neuesten Energiestandards kann von der Gemeinde angeregt und ggf. organisiert werden. Gesteuert werden kann das Projekt auch in Zusammenarbeit mit Verbraucher(schutz)-Verbänden, Energieagenturen oder den regionalen Energieversorgern, die die Bürger dementsprechend beraten und auf das Angebot hinweisen können. Die Bürger sollten mit einer gezielten Informationskampagne auf die Tauschaktion hingewiesen werden. Erste Schritte Kontakt mit Geräteherstellern und Händlern aufnehmen und die Möglichkeiten für eine Sammelbestellung ermitteln. Kommunikation in der Bevölkerung, ggf. als Informationskampagne Zielgruppe Privathaushalte, aber auch Gewerbe

Akteure Gemeinde, Landkreis, Verbraucherverbände THG- Pro Gerät, das ausgetauscht wird, können ca. 250 kWh Strom pro Jahr Einsparung gespart werden. Mit der Maßnahme könnten bis 2030 jährlich ca. 100 83

Geräte ausgetauscht werden. Das ergibt eine Summe von 25 MWh Stromeinsparung pro Jahr, was durchschnittlich in eine CO2-Einsparung von 16 t/a mündet. Diese summiert sich jedes Jahr um diesen Betrag weiter auf, sodass bis 2030 ca. 270 t CO2 vermieden werden könnten. 25kWh*623g/kWh*1000=16 t/a

Investition Berechnungen zeigen, dass bei einem Tausch gegen ein Gerät gleicher Größe und mit gleichem Komfort die Mehrkosten je nach Geräteart, Hersteller und Größe nach ca. 3-10 Jahren durch die Energiekosteneinsparungen wieder erwirtschaftet sind. Eine Sammelbestellung kann hier mit den zu erwartenden 10-20% günstigeren Preisen weitere Anreize schaffen.

Investition Personalaufwand für Planung und Organisation (geschätzt ca. 50 Std. für Gemeinde Konzeption im ersten Jahr und ca. 30 Std. pro Folgejahr).

Rendite- dimension

Anmerkungen Es dürfen nur alte oder kaputte Geräte ersetzt werden. Die Geräte müssen abgegeben werden, damit sie nicht trotzdem weiterbetrieben werden.

19 Energiekampagnen in Kindergärten und Schulen Ziel Möglichst früh die Kinder für einen sparsamen Umgang mit Energie begeistern. Sachstand Die Hauptschule in Chieming hat bereits zusammen mit drei anderen Schulen am Chiemsee über den Abwasser- und Umweltverbund am Bayerischen Agenda-Wettbewerb „gemeinsam für den Klimaschutz“ (Fifty-Fifty) teilgenommen. Dabei ging eingesparte Energie zur Hälfte als Geldbetrag wieder an den Verband und die Schulen zurück. Bisher gibt es kaum regelmäßige Aktivitäten in Schulen oder Kindergärten zum Thema Klimaschutz. Beschreibung Schon die jüngsten Bürger der Gemeinde sollen einen schonenden Umgang mit Energie lernen. Zur Erreichung der Klimaschutzziele ist es wichtig die heranwachsende Generation für das Thema Klimaschutz zu sensibilisieren. Es könnte z.B. durch ein Energie-

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Team (aus Lehrern/Betreuern, aber auch Schülern) bestehende Mängel gesucht und aufgezeigt werden. Auf eine spielerische Art („Energiedetektive“) können die Kinder so an das Thema herangeführt werden. Z.B. achten die Detektive auf richtiges Lüften, Lichteinsparung und klären die Mitschüler auf. Weiter könnten mehrmals im Jahr Themenwochen stattfinden. So kommt es nach und nach zu einem veränderten Nutzungsverhalten. Die Kinder geben ihr Wissen an ihre Geschwister weiter.

Erste Schritte Zusammenstellung von Ideen für die Schulen/Kindergärten. Kontaktaufnahme mit Schulen. Zeitraum Ab sofort Zielgruppe Schulen, Kindergärten Akteure Gemeindeverwaltung, Klimaschutzmanager THG-Einsparung - Investition - Investitionen - Gemeinde Renditedimension - Anmerkungen Die Kampagne wird jährlich neu aufgelegt.

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8. Controllingkonzept

Um die von der Politik (Gemeinde, Klimabündnis) vorgegebenen CO2- Minderungsziele und dessen langfristige Wirksamkeit umsetzten zu können, muss eine dauerhafte Überprüfung in regelmäßigen Abständen gewährleistet werden. Bei der Gemeinde Chieming ist die Erstellung von Excel-Tabellen dabei mit wenig Aufwand verbunden. Damit können Zwischenstandprüfungen sowie die Beobachtung der Energieverbrauchsentwicklung und der Emissionstrends durchgeführt werden. Durch die konstante Dokumentation der Werte, hat Chieming eine optimale Grundlage geschaffen, um weitere regelmäßige Überprüfungen der Entwicklungsergebnisse mit Excel durchzuführen. Die modellhafte Ermittlung der Fortschreibungsgrundlage erfasst alle bereits festgesetzten Quellen, welche zur weiteren Verwendung zur Verfügung stehen. Dadurch entsteht eine Routine, bei der die Datendokumentation immer wieder nach einem festen Schema abläuft. Es umfasst eine regelmäßige Datenabfrage bei den gleichen zuständigen Stellen, die auch Teil dieser Routine sind. Die Daten des Vorjahres werden zu einem vorher festgelegten Zeitpunkt von den einzelnen Fachstellen wie bspw. Land- und Forstwirtschaft, Naturschutz oder Gebäudemanagement an eine zentrale Stelle gemeldet. Die Bündelung der einzelnen Daten kann mit wenig Aufwand von der Gemeindeverwaltung Chieming in einer Excel-Tabelle erfasst werden, um die Vollständigkeit garantieren und kontrollieren zu können. Des Weiteren werden Daten von den Energieversorgern bzw. Netzbetreibern angefordert, um diese zu überprüfen. Die Daten der nicht- leitungsgebundenen Energieträger können mit den Daten der Netzbetreiber abgeglichen werden, sodass nicht jedes Jahr die Daten neu berechnet werden müssen. Ein Turnus von ca. drei bis fünf Jahren für die Aktualisierung der Wärmedaten (der nicht-leitungsgebundenen Energieträger) wird jedoch empfohlen. Für eine regelmäßige Datenkontrolle wird einmal im Jahr ein Bericht an den Gemeinderat erstellt. Darin werden nicht nur Zahlen zu den eigenen Liegenschaften erfasst, sondern auch Quoten der erneuerbaren Energie bei Strom- und Wärmeerzeugung aus dem Gemeindegebiet um einen Vergleich darstellen zu können. Aus diesen Informationen kann herausgelesen werden, ob weitere Maßnahmen nötig sind sowie auf kurzfristige Entwicklungen eingegangen werden. Als nächstes werden die Ergebnisse der Öffentlichkeit präsentiert (vgl. Kapitel 9 Konzept zur Öffentlichkeitsarbeit). Dies kann bspw. im Rahmen der Klimaschutz- Infoserie oder auch über Gemeinderatsausschüsse erfolgen. Des Weiteren wird alle drei Jahre der Maßnahmenkatalog überprüft und aktualisiert. Der aktuelle Sachstand kann danach in einer Broschüre veröffentlicht werden um Bürgern und Gemeindeverwaltung die Fortschritte zu präsentieren und sich somit mit dem Thema des Klimaschutzes zu identifizieren.

Durch diese Vorgehensweise werden die einzelnen Maßnahmen zu den CO2- Minderungszielen in der Gemeinde Chieming strukturiert sowie einzelne

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Projektschritte mit der letzten Messung vergleichbar. Die Maßnahmen können aufbauend auf die fundierte Vorarbeit durch das Integrierte Klimaschutzkonzept auf ein machbares Maß reduziert und verteilt werden. Außerdem kann die Gemeinde den Aufwand für Konzepte und Projekte mit diesem Instrument in Richtung Energiewende und Klimaschutz besser dosieren. Zusätzlich besteht die Möglichkeit rechtzeitig finanzielle Mittel einzuplanen. Aufgrund der unterschiedlichen Größe, Dauer und Treibhausgasreduktion jeder einzelnen Maßnahme muss mit Schwankungen oder sprunghaften Erfolgen gerechnet werden. Diese Abweichungen bleiben aber in kalkulierbarem Rahmen. Ein weiterer Vorteil liegt im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit. Durch die Erstellung eines Internetportals, in welchem aktuelle Fortschritte im Bereich erneuerbare Energien und Klimaschutz leicht und verständlich dargestellt werden. Dadurch kann mit geringem Aufwand die interessierte Bevölkerung über den Stand der Energiewende informiert werden.

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9. Konzept für die Öffentlichkeitsarbeit und Bürgerinformation

In diesem Kapitel wird aufgezeigt, wie die weiter oben angeführten Maßnahmen in eine für die Gemeinde Chieming geeignete Strategie zur Öffentlichkeitsarbeit und Bürgerinformation eingebettet werden können. Das Ziel der Öffentlichkeitsarbeit ist es, möglichst viele Bürger der Gemeinde auf das integrierte Klimaschutzkonzept aufmerksam zu machen und Möglichkeiten zu einer aktiven Bürgerbeteiligung an der Umsetzungsphase aufzuzeigen. Entsprechend ist die Öffentlichkeitsarbeit und die Kommunikation mit den lokalen Akteuren und Besuchern der Gemeinde ein zentrales Element des Klimaschutzkon- zeptes der Gemeinde Chieming. Die Umsetzung des Konzeptes wird mit praxisnahen Maßnahmen begleitet und unterstützt, welche darauf ausgerichtet sind öffentliche aber auch private Akteure und Touristen zum individuellen und gemeinschaftlichen Handeln bezüglich des Klimaschutzes zu bewegen. Gleichzeitig soll in der Bevölke- rung Chiemings eine Akzeptanzsteigerung hinsichtlich der vorgestellten Maßnahmen impliziert und gefördert werden. Eine erfolgreiche Strategie zur Öffentlichkeitsarbeit intensiviert somit einen der wichtigsten Teilbereiche der Akteursbeteiligung und zeichnet sich durch eine mitgestaltende Bürgerschaft aus. Denn nur mit der Summe aller weiter oben genannter Einsparungs- und Effizienzbeiträge seitens der privaten Haushalte, gelingt für Chieming ein maximal großer Schritt in Richtung der vorgege- benen Klimaschutzziele. Grundsätzlich sieht das Konzept der Öffentlichkeitsarbeit zunächst vor die bestehen- de Bereitschaft der ansässigen Bürger zu Veränderungen aufzunehmen, um dann die Interessen gezielt auf die zu erbringenden Maßnahmen im Rahmen der Energie- wende und des Klimaschutzes zu lenken. Weiter sollen auch Aktionen für Bürger und Touristen mit Fokus auf Themen, die noch weiterer Vermittlungsarbeit und Auf- klärung bedürfen mit eingebunden werden. Mögliche Aktionen könnten sein:  ECO-Radltag, Bürger und Touristen radeln auf Pedelecs und E-Bikes  Thermographie-Nachtspaziergang, Hauseigentümer spazieren durch die Ge- meinde und sehen sich (ihre) Gebäude mit einer Thermographie-Kamera an  Solardachchecks, Dacheigentümer treffen sich mit lokalen Handwerkern und Projektierern und vereinbaren Dachchecks  Probefahrten mit Elektroautos, eine Chieminger Bürger-Delegation fährt nach München zur E-Car-Tech, Messe für Elektromobilität und testet neue Elektroau- tos Es wird daher empfohlen, die dargelegten Ansätze intern zu prüfen und deren Ak- zeptanzbereitschaft auch gegenüber veränderter Situationen und künftiger Gege- benheiten zu untersuchen. Weiter ist vor allem für die Erreichbarkeit der lokalen aber auch regionalen Zielgruppen auf eine intensive Kommunikation unter Verwendung der passenden Medien zu achten. Auch regelmäßige Veranstaltungen machen

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Schwerpunktthemen emotional und rational leichter zugänglich und schaffen Präsenz in der öffentlichen Diskussion. Die verschiedenen Grade der Akteursbeteiligung lassen sich auch auf die Arbeits- schritte der Öffentlichkeitsarbeit übertragen. Essentiell ist in dieser Hinsicht ein spe- ziell auf die Gemeinde zugeschnittenes Veranstaltungskonzept sowie die Information der Bevölkerung über die lokalen Medien. Als vorteilhaft erweist sich die Integration bereits vorhandener Strukturen der Informationsermittlung. So kann beispielsweise ein Großteil der Bürger zunächst über lokale oder regionale Zeitungen über die an- stehenden Veranstaltungen z.B. im Haus des Gastes informiert werden. Bilden sich im weiteren Verlauf der Öffentlichkeitsarbeit Interessensgruppen heraus, so kann eine gezieltere Kundmachung über Bürgerblätter oder E-Maillisten in Betracht gezo- gen werden. Auf der Homepage der Gemeinde empfiehlt es sich die einzelnen Vor- habensschritte, Möglichkeiten einer Bürgerbeteiligung und Termine fortlaufend zu dokumentieren und aktualisieren. Die Gemeinde könnte auch eine weiterhin vorbildliche Stellung einnehmen und bei- spielsweise die Installation neuer Technologien z.B. Solaranlagen und Pelletheizun- gen an kommunalen Gebäuden vorantreiben oder im Wärmebereich auf wärmeeffizi- ente Dämmungen setzen. Denkbar wäre auch die Umstellung der kommunalen Fahrzeugflotte auf Fahrzeuge mit klimaschonenderen Antrieben oder die Ermögli- chung von Probefahrten mit Elektroautos oder E-Bikes für die Bürger der Gemeinde Chieming. Folgende erste Schritte auf dem Gebiet der Öffentlichkeitsarbeit in der Gemeinde Chieming wurden bereits unternommen:  Pressemeldung zur öffentlichen Bekanntgabe des integrierten Klimaschutzkon- zeptes  Sensibilisierung aller beteiligten Akteure und interessierten Bürger in Veranstal- tungen  Identifizierung der Interessensgruppen und Ableitung weiterer Themenspezifi- scher Workshops  Sonderveranstaltung zu Photovoltaik und Eigenverbrauch  Fortlaufende Präsentation von Teilschritten im Rathaus

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10. Anhang

10.1 Literaturverzeichnis

2050: 100% - Energieziel 2050 - 100% Strom aus erneuerbaren Energien, Dessau- Roßlau 2010

BauGB Klimaschutz, Heidelberg 2011

Die Folgen des Klimawandels in Deutschland - Was können wir tun und was kostet es?, Berlin 2012

Effiziente Energienutzung in Bürogebäuden Planungsleitfaden, Augsburg 2008

Einspeiser-Daten Gemeinde Chieming (e.on Bayern), Chieming 2012

Energie aus Biomasse, Berlin, Heidelberg 2009

Energieeffizienz mit städtebaulicher Breitenwirkung - Technische und wirtschaftliche Voraussetzungen für flächenhafte Umsetzung von energetisch hochwertigen Modernisierungen in zusammenhängenden Wohnquartieren - Abschlussbericht zum Forschungsprojekt AZ 26422, Berlin 2011

Energienutzungsplan für den Landkreis Traunstein, Amberg 2013

Energieprognose 2011-2030 Deutschland - Wie viel Zukunft steckt im Auto von heute? Hamburg 2011

Erneuerbare Energien in Zahlen - Nationale und internationale Entwicklung, Berlin 2011

Erneuerbare Energien in Zahlen - Nationale und internationale Entwicklungen, Berlin 2012

Globale Landflächen und Biomasse nachhaltig und ressourcenschonend nutzen, Berlin 2012

Kern et al. Kristine, Kommunaler Klimaschutz in Deutschland, Handlungsoptionen, Entwicklung und Perspektiven, Berlin 2005

Klimaneutral Leben - Verbraucher starten durch beim Klimaschutz, Dessau-Roßlau 2011

Kofler Alexander; Watermann Kay, EVN Sonnenkraft Potenzialanalyse Technischer Bericht - Bericht über das Verfahren zur Berechnung der Eignung großer Flächen für die Nutzung der solaren Energie, Maria Enzersdorf 2011

Kommunale Wertschöpfung durch Erneuerbare Energien, Berlin 2010

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Nachhaltigkeit und Akzeptanz von Bioenergie In: Euroforum Lehrgang in 8 schriftlichen Lektionen. Euroforum Verlag. Lektion 1, Düsseldorf 2011

Netzabsatz-Daten Gemeinde Chieming (e.on Bayern), Chieming 2011

Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2025, München/ Freiburg 2007

Quaschning Volker, Regenerative Energiesysteme, München 2009

Richter Jan; Lindenberger Dietmar, Potenziale der Elektromobilität bis 2050, Eine szenarienbasierte Analyse der Wirtschaftlichkeit, Umweltauswirkungen und Systemintegration, Köln 2010

Shell PKW-Szenarien bis 2030 Fakten, Trends und Handlungsoptionen für nachhaltige Mobilität Hamburg 2009

Sonnenkreis Traunstein Klima- und Energiekonferenz, Traunstein 2013

Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (SvB) nach ausgewählten Wirtschaftszweigen, Nürnberg 2013

Statistik kommunal 2011 Eine Auswahl wichtiger statistischer Daten für die Gemeinde Chieming (Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung), München 2012

Statistik kommunal, München 2012

Umweltökonomische Gesamtrechnungen Weiterentwicklungen der Berechnungen zum Energieverbrauch und zu den CO2-Emissionen des Straßenverkehrs im Rahmen des NAMEA Rechenansatzes – Methodenbericht, Wiesbaden 2011

Unger Martin (TÜV SÜD), Stellungnahme Restriktionsanalyse: Teilbereiche "Intelligente Planung" inkl. Ertragsabschätzung für Vorrangflächen im Landkreis Traunstein, Regensburg 2013

Wagner et. al. Andrea, Klimaschutz & Unternehmen, Praktische Ansätze der Kommunen zur Förderung nachhaltigen, Wirtschaftens, Köln 2012

Wirtschaftlichkeit energetischer Modernisierung im Mietwohnungsbestand - Begleitforschung zum dena-Projekt „Niedrigenergiehaus im Bestand“ dena- Sanierungsstudie Teil 1, Berlin 2010

Ziesing Dr. Hans-Joachim, Modell Deutschland Klimaschutz bis 2050 - Vom Ziel her denken, Frankfurt a.M. 2009

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10.2 Abkürzungsverzeichnis

ADFC Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club B+R Bike and Ride BafA Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle BauGB Baugesetzbuch BHKW Blockheizkraftwerk

CO2-eq CO2-Äquivalent DB Deutsche Bahn DC direct current – engl. für Gleichstrom dena Deutsche Energie-Agentur DIW Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung eea European Energy Award EEG Erneuerbare Energien Gesetz EnEV Energieeinsparverordnung EU Europäische Union FFH Flora-Fauna-Habitat FNP Flächennutzungsplan Fzkm Fahrzeugkilometer GHD Gewerbe, Handel, Dienstleistungen GIS Geographisches Informationssystem GWh Gigawattstunden INFAS Institut für angewandte Sozialwissenschaft IPCC Intergovernmental Panel on Climate Change kW Kilowatt kWh Kilowattstunde KWK Kraft-Wärme-Kopplung kWp Kilowatt Peak LCA Life Cycle Assessment MIV Motorisierter Individualverkehr MWh Megawattstunde NGO Non-Governmental Organization – engl. für Nichtregierungs- organisationen

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ÖPNV Öffentlicher Personennahverkehr PV Photovoltaik ROG Raumordnungsgesetz SHK-Innung Sanitär Heizung Klempner Innung THG Treibhausgase UBA Umweltbundesamt VZK Vollzeitkraft WEA Windenergieanlage WKA Windkraftanlage WS Workshop

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