We b e r , Friedrich W.: Die Leiningischen Landgerichte im Wochen-Echo. Jg. 1, Nr. 1 ff. Wormsgau: Im Sumpfwald, auf dem Kaldenberg und hei 1966 ff. Dirmstein Wochen-Zeitschr., die in d. Regel Berichte, Nachrichten in: Nordpfälzer Geschichtsverein. 46.1966. Nr. 1, S. 1—14. usw. aus Rheinhessen u. Worms bringt. Weiler, Wilhelm: Ein Tuffband mit „Kissenboden" aus Daniel Wohlgemuth zum 90. Geburtstag. Sonderaus- dem Jung-Pleistozän Süd-Rheinhessens stellung Pfalzgalerie Kaiserslautern. in: Notizbl. d. Hess. Landesamtes f. Bodenf. in Wies- (Kaiserslautern 1966.) 8 ungez. Bl. m. Abb. baden. 93.1965, S. 193—195. [Nebst Abb.] [Umschlagt.] [Ersch. auch als Sonderdr.] Hallenbad Worms. Zur Eröffnung am 20.11.1965. (Hrsg, Beschreibung e. Tuffbandes aus d. Anfangsabschnitt d. durch d. Stadtverw. Worms. Bearb. u. Gest.: Carl aus d. Würm II —- Vorstoß folgenden Interstadials. E. J[ohann] H[einrich] Villinger.) Teil d. Tuffbandes bildet e. sogenannten „Kissenhoden". (Worms 1965.) 72 S. Lage: Baugrube f.d. Hochbehälter d. Stadt Worms nördl. d. Pfrimm b. Leiselheim. Sternflug Worms. Nibelungenflug anläßl. d. Backfisch- Wilhelm Weiler-Festschrift. Mit 37 Taf., 74 Abb. festes d. Nibelungenstadt Worms ... u. 14 Tab. Worms 1966. 16 S. Frankfurt a. M. 1965. 498 S. [Umschlagt.] (Sendcenbergiana Lethaea. 46 a.) Zeitschrift für die Geschichte des.Oberrheins. Wilhelm Weiler zum 75. Geb. 23. 9. 1965. S. 491—498: 112. NF. 73.1964. Schriften v. Prof. Dr. Wilh. Weiler. Es fehlt: Weiler: Der 113. NF. 74.1965. geologische Aufbau Rheinhessens Mainzer Zeitschrift. Mittelrhein. Jahrbuch f. Archäo- in: 150 Jahre Wormser Zeitung. 1926, S. 172—175. logie, Kunst u. Geschichte ... Zwei Jahrzehnte Wiederaufbau. Das neue Worms. Mainz. 59. 1964. 60/61. 1965/66. Sonderbeil. d. Wormser Zeitung v. 8./9. 5. 1965. Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Worms. 64 S. Landeskunde. (Wilhelm Wiegand:) 75 Jahre Kolpings-Familie 73. 1962 ff. Worms. 1891—1966. Süddeutsche Zuckerrübenzeitung. Mitteilungsbl. Worms 1966. 4 ungez. Bl. d. Verb, süddt. Zuckerrübenbauer u. s. Landesverb. Wormser Woche. Die aktuelle Wochenzeitung für Stadt Red.: B. Orth, Worms. Jg. 1 ff. und Land. Ludwigshafen 1965 ff. (Worms) Nachrichten aus Worms u. d. Wormser Raum. 1966, Nr. 1—3. [Mehr nicht ersch.] Detlev Johannes

BUCHBESPRECHUNGEN Bürgerbuch der Stadt Kaiserslautern 1597—1800. Be- 1597—1734" (S. 247—344) wird das ausgebreitete Material arbeitet von Fritz Braun und Franz Rink unter Verwendung unter namenkundlichem Aspekt betrachtet. Herkunft, Be- von Vorarbeiten von Richard Louis f und Hermann Bolle. rufe oder persönliche Eigenarten spiegeln sich in ihnen. Die Kaiserslautern 1965. (= Veröffentlichungen des Stadt- Art der Behandlung des Themas läßt ein Nachschlagewerk archivs Kaiserslautern, Band 1. Zugleich Band 4 der „Schrif- zur reizvollen Lektüre werden. Man sucht neugierig nach ten zur Geschichte von Stadt und Landkreis Kaiserslautern".) dem eigenen Namen und hört nicht mehr auf zu lesen. Die Mit Abbildungen und 1 Falttabelle. 443 S. sorgfältige wissenschaftliche Arbeit steht unaufdringlich dahinter. Christmann geht den ältesten Belegen für jeden Als Band 1 der „Veröffentlichungen des StadtA Kaisers- Namen nach und gibt sich nicht mit passenden Ableitungen lautern" liegt nach zehnjähriger Arbeit dieses Bürgerbuch nach den Sprachgesetzen zufrieden. Die Ausbildung der vor, herausgegeben im Auftrag der Stadtverwaltung Kai- Familiennamen setzt für Kaiserslautern im frühen 14. Jh. serslautern durch Stadtarchivrat Dr. O. Münch. Ein respek- ein. Doch kommen durch Zuzug im 16. Jh. Personen aus tabler Band ist es geworden, obgleich manches nicht darin Landstrichen in die Stadt, die der Entwicklung nachhinken, zu finden ist, was seinerzeit in der Subskriptionseinladung so daß sich der Prozeß über Jahrhunderte hinzieht. Unter aufgeführt war. Doch ist das Endergebnis langjähriger Berücksichtigung der großen Städte (Köln, Speyer, Worms) Arbeit keineswegs weniger als angekündigt sondern eben sagt Christmann: „Unsere deutschen Familiennamen ent- etwas anders geworden. Das Buch läßt drei Abteilungen wickelten sich ungefähr in der Zeit von 1200 bis 1600." erkennen: 1. Edition der Quellen: Kaiserslautemer Bürger- Insgesamt ist sein umfangreicher Beitrag das Hauptstück aufnahmen 1597 bis 1799: kurpfälzische Schatzungslisten des Aufsatzteiles. Fritz Braun befaßt sich mit „Ein- 1611, 1656, 1683, 1721; französisches Einwohnerverzeichnis wanderung und Auswanderung" vor dem Jahr 1800. Metho- 1800 (S. 15—225). Sie alle sind nach J. Sdmlzes Richtlinien disch interessant ist, daß die Quellenlage dazu zwingt am von R. Louis i, H. Bolle, F. Braun und F. Rink bearbeitet. jeweiligen Einwanderungsort zu suchen. Nicht oft ist im Mit ihnen liegen die neben den Kirchenbüchern wichtig- alten Heimatort etwas über Ab- und Auswanderer akten- sten Quellen des StadtA Kaiserslautern sowie des StA kundig geworden. Dagegen wurden am neuen Wohnplatz Speyer zur Kaiserslautemer Personengeschichte in der die Zuwanderer aufgezeichnet — man vergleiche den Vor- Neuzeit gedruckt vor. Welche Möglichkeiten zu genealogi- gang der Bürgeraufnahme. So muß der Forscher den umge- schen, sprach-, rechts- und wirtschaftsgeschichtlichen oder kehrten Weg zurücklegen, den einst der Auswanderer zog. soziologischen Forschungen hier eröffnet wurden, wird an Daß dabei weniger systematische Suche in aller Welt als drei Beispielen in Abteilung 2 vorgeführt. fleißiges Sammeln von Zufallsfunden die Grundlage der Hermann Bolle zeigt in seinem Aufsatz „Bürgerauf- Kartei zu bilden hat, liegt auf der Hand. Um so erfreulicher nahme und Bürgerrecht in Kaiserslautern" (S. 227—245), das Interesse der Kaiserslautemer Stadtverwaltung, die wie sich die zahlreichen Hinweise und Bemerkungen hei Braun allen Nachkommen der Auswanderer sagen läßt: den Namen für eine Klärung des Rechtsstatus einzelner „Sie sollen wissen, daß der Oberbürgermeister dieser Stadt Gruppen (Bürger, Beisassen, Ausmärker) auswerten lassen. sich über jeden Besucher freut". Die alphabetische Zusam- Auskünfte über Erhebung und Höhe eines Bürgereinzugs- menstellung der Auswanderer ist nicht sehr umfangreich. geldes oder den sich wandelnden Berufsspiegel der Einwoh- Man liest sie jedoch wie eine Chronik, da Berichte und nerschaft bieten sie ebenso wie Hinweise auf besondere Briefe mit aufgenommen sind und so hinter dem Namen Verpflichtungen der Bürger zum Schutze des Gemein- Lebensweg und Schicksal sichtbar werden (S. 347—378). wesens (Besitz eines Feuereimers und eines Gewehres). Abteilung 3 bilden Orts- und Namensregister, ohne die das Bolle kann und will nur Hinweise geben auf die Aussagen, Buch unbenutzbar wäre. Die Namenseinträge im Quellen- die die Quellen bei entsprechender Fragestellung zu liefern teil sind durchnumeriert, für den Aufsatzteil wird auf die imstande sind. In dem Beitrag von Ernst Christ- entsprechende Seite verwiesen. Am Ende des Register- mann „Deutung der Familiennamen für die Zeit von teiles ist eine von Fritz Braun zusammengestellte Falttabelle

84 eingeheftet, in der als Kurve und in geographisch aufge- Druckereien hersteilen. Doch scheint mit der Aufgabe der schlüsselten Zahlen die jährlichen Bürgeraufnahmen zwi- eigenen Druckerei auch sein Schriftstellereifer zu erlahmen. schen 1597—1769 dargestellt sind. Deutlich läßt sich die Wann nun seine Meistersangreform anzusetzen ist, bleibt böse Zeit des 30jährigen Krieges und der Kriege Ludwigs weiterhin unklar. Doch nimmt Fischer hierfür die zweite XIV. als Einbruch ablesen. Der Tiefpunkt liegt um 1640. Hälfte der 70er Jahre an, „denn damals verwendete . . . Die Kombination von Quellenedition und Untersuchungen Folz bereits die Mehrzahl der von ihm selbst erfundenen macht Vorzug und Reiz dieses Bürgerbuches aus. Stadt- Töne". Der Einbruch in die starre Singertradition, die nur wappen, Merianbild und einige Faksimiles vervollständi- die alten, überkommenen Töne anerkannte, war gelungen. gen die gediegene Aufmachung. Was mit im Hinblick auf Als Ort dieser Reform hat Nürnberg zu gelten. einen breiteren Käuferkreis konzipiert sein mag, hat sich Nachdem Fischer die falschen Hypothesen aus dem Wege in der Sache bewährt. Kaiserslautern kann für die Neu- geräumt hat, wird die Forschung zu einem zuverlässigeren zeit eine Bürgerbuchedition vorweisen, aus der Stadt- Bild von Hans Folz, seinem Leben und Wirken kommen. geschichtsforscher vieler Fachrichtungen Nutzen ziehen Für die Wormser Musikgeschichte aber muß er, leider, werden und um die man die Stadt beneiden wird. abgeschrieben werden. Fritz Reuter Fritz Reuter . Forschungen und Studien Hanns Fischer. Hans Folz. Altes und Neues zur Ge- zur Geschichte Ingelheims von Kurt Böhner, Walter schichte seines Lebens und seiner Schriften, in: Zs. f. dt. Sage, Peter Classen, Horst Fuhrmann, Adalbert Erler, Altertum und dt. Lit, Band XCV. H. 3 (1966), S. 212—236. Ludwig Petry, Ernst Emmerling. Herausgegeben von Bei einer Betrachtung der Wormser Musikgeschichte mußte Johanne Autenrieth. Emst Klett Verlag Stuttgart 1964. eine Beschäftigung mit Hans Folz von Wichtigkeit sein. 4° 304 Seiten. Uber seine Person und sein eventuelles meistersingerliches In dem vorliegenden Buch wird eine umfassende Darstel- Wirken durften Hinweise auf das bürgerliche Musizieren lung des Ingelheimer Gebietes, der Ingelheimer Pfalz und im Worms des 15. Jh. erwartet werden, die vielleicht die der geschichtlichen und kunstgeschichtlichen Hintergründe Brücke zum „Musikkränzlein" von 1561 geschlagen und und Erinnerungen gegeben. Wenn der Untertitel nicht die so eine musikalische Tradition aufgezeigt hätten. Reihe namhafter Gelehrter aufzählte, könnte man ihn fast Hanns Fischer, Herausgeber von: Hans Folz. Die als Einschränkung des Hauptthemas „Ingelheim" empfin- Reimpaarsprüche, München 1961, hat in dem vorliegenden den. Als Einleitung des groß angelegten Werkes bildet der Aufsatz Daten und Fakten zur Biographie sowie zu den Bericht über die Vor- und Frühgeschichte des Ingelheimer Schriften des Meistersingers vorgelegt, die bei der Arbeit Landes von Kurt Böhner eine Grundlage für alle späteren an seiner Edition zusammenkamen. Das Lebensbild des Hans Beschreibungen. Hier wird die Landschaft vorgestellt, in Folz läßt sich mit ihrer Hilfe wesentlich genauer nachzeich- ihrer Stmktur, in den Möglichkeiten der Besiedlung, in nen, als dies seither möglich war. Zwei wichtige Daten sind ihrer Fruchtbarkeit und heutigen Nutzung. Böhner be- zu merken: 1459 ist im Nürnberger Amts- und Standbuch schreibt aber vor allem den Weg der menschlichen Besied- „Hanns Bafbirer von Wurms" genannt, der auf Allerheiligen lung des Landes, ausgehend von den Völkerverbänden des 2 Gulden Bürgergeld gibt; nach dem Nürnberger Toten- Nomadentums, von denen die Funde der Steinwerkzeuge geläutbuch ist Folz im Januar 1513 gestorben. Fischer berichten, die in der näheren und weiteren Umgebung ge- nimmt wohl zu Recht an, daß Folz nach Erlernung des macht wurden. Barbierhandwerks in Worms auf die Wanderschaft ging Die folgenden Perioden der jüngeren Steinzeit, der Bronze- und sich schließlich in Nürnberg niederließ. Hier ist er zeit und der Urnenfelderzeit zeigen die Erschließung des später als Wundarzt (was die Barbiere auch waren, da die Ingelheimer Gebiets durch menschliche Siedlungen, die „ertzete der medicin", die „doctores der arzeney" jener dann in spätkeltischer und vor allem in der römischen Zeit in unserem Sinne als Internisten zu bezeichnen sind, Zeit zur Grundlage späterer Erscheinungsformen werden. während die Chirurgie handwerksmäßig betrieben wurde Ein kleines Stück Erde mit seinen Menschen wird hier und die Chirurgen etwa in Worms der Schilderzunft ange- immer wieder in den Zusammenhang mit großräumigen hörten), Schriftsteller und Poet sowie Drucker (offenbar Ereignissen gestellt, die mit Caesar, mit dem Limes und nur eigener Werke) nachzuweisen. Von den beiden siche- dem Durchbruch der Germanen zu umreißen sind. ren Jahresdaten aus kann man auf den Zeitraum schließen, in den sein Geburtsdatum fällt. Geht man davon aus, daß Hervorzuheben sind neben den sorgfältig ausgewählten Folz Nürnberger Bürger wurde, um nach seiner Gesellen- Abbildungen von Funden der einzelnen Perioden vor wanderschaft sich hier als Meister zu etablieren, so kom- allem die Fundkarten, die deutlich hier den Wandel und men die Jahre zwischen 1435 und 1440 am ehesten in Be- dort die Kontinuität erkennen lassen. In sechs abschließen- tracht. Dann ist er aber so jung nach Nürnberg gekommen, den Abschnitten behandelt Böhner nach der Betrachtung „daß eine vorausliegende meistersingerliche Tätigkeit in der fränkischen Landnahme noch eingehend die Orte Worms ausgeschlossen ist" (S. 235). So muß das bisherige Nieder-Ingelheim mit St. Remigius, Ober-Ingelheim mit Folz-Bild im Hinblick auf Worms korrigiert werden. Fi- der Bergkirche St. Wigbert, Frei-Weinheim und Groß- scher zeigt, wie die Literaturwissenschaft über Hypothesen Winternheim sowie den Saalhof und die Fundstellen frän- bis zu Behauptungen nicht nur eine musikalische Betäti- kischer Friedhöfe. Besonders mit diesen letzten Abschnit- gung in Worms und einen daraus entstandenen Zwist mit ten legt Böhner bereits den Grund zu den folgenden Bei- dem Rat wegen unerwünschten Neuerungen, sondern so- trägen von W. Sage und P. Classen, die der Ingelheimer gar eine nirgendwo belegte „Singschule seines Heimat- Pfalz gelten, die mit Recht das Hauptthema des ganzen ortes Worms" konstruiert hat (233). Zwar ist damit nichts Buches ist. gegen eine Singschule in Worms gesagt, aber eben auch Zunächst beschreibt Walter Sage die archäologische und nichts dafür. Die Bemühungen um Folz werden die Worm- baugeschichtliche Erforschung der Ingelheimer Pfalz, die, ser Musikgeschichte also nicht aufhellen. wie alle Pfalzanlagen, nur in unvollkommenem Ausmaß In einer Anmerkung schreibt Fischer, daß die Wormser bekannt ist. Er legt einleitend unsere bisherigen Kenntnisse Quellen noch nicht überprüft seien. Das dürfte auch nichts über die Pfalzen in Frankfurt und Aachen dar. In Frank- erbringen, da Bürgerbücher, Zunftbücher und dergleichen furt, der im letzten Weltkrieg schwer getroffenen Stadt, für diese Zeit fehlen. Die von H. Boos veröffentlichten war die Möglichkeit zu Grabungen gegeben, bei denen 3 Bände „Quellen zur Geschichte der Stadt Worms" enden durch Entdeckung etlicher Fundamentstücke die Ausdeh- zwar nicht 1400, vielmehr umfaßt Band 3 etliches Material nung der Pfalz etwas deutlicher wurde, obwohl sie nach zum 15. Jh. Aber Folz ist nicht aufzufinden, ebensowenig wie vor kein umfassendes Bild der Pfalzanlagen ermög- wie im Urkundenbestand des Stadtarchivs oder der Zorn'- lichen. Auch in Aachen ist nur ein geringer Teil der Pfalz schen Chronik. bekannt. Dabei muß man sich den Plan auf S. 69 anschauen, Der älteste nachweisbare Reimpaarspruch und zugleich der trotzdem einen recht guten Eindruck der bisherigen überhaupt ein Werk von Folz ist der im Text auf 1473 Ergebnisse vermittelt. datierte „Beichtspiegel". Bis zum Jahr 1479, in dem er auf In Ingelheim liegen interessante Abbildungen und Be- eigener Presse zu drucken beginnt, entstehen weitere schreibungen aus dem 16.—18. Jahrhundert vor, die mit Reimpaarsprüche, Fastnachtsspiele und medizinische Fach- einigen Beobachtungen und Ausgrabungen im 19. Jahr- arbeiten („Pestregimen in Versen"). Seine Presse arbeitet hundert den Anschein einer sicher vorstellbaren Pfalz- von 1479 bis 1488, danach läßt er noch einiges in fremden anlage begründeten. Wie wenig greifbare Substanz sich

85 jedoch dahinter verbarg, konnte erst in den allerletzten Nach dem Tode Ludwigs (840) trat Ingelheim für fast ein Jahrzehnten nachgewiesen werden. Andererseits ist dar- Jahrhundert völlig in den Hintergrund, wofür Classen die auf hinzuweisen, daß gerade in Ingelheim gute Chancen politisch unsichere Zeit als einen der Gründe aufführt, daß vorhanden sind, mehr Klarheit über Pfalzanlagen im all- man nicht mehr die im offenen Land die Königsmacht re- gemeinen und im besonderen finden zu können. präsentierende Pfalz, sondern feste Orte aufsuchte. Er nutzt Das wichtigste Kapitel des ganzen Buches ist die Ge- in seiner Beschreibung diese Pause geschickt aus, indem er schichte der Königspfalz Ingelheim von Peter Classen. die allgemeinen Verhältnisse im Wormsgau und in den Wenn man diesen umfangreichen Aufsatz in einem Zug angrenzenden Gebieten schildert. Dabei tritt, wie vorher liest, hat man am Ende fast vergessen, daß kurz vorher, schon an manchen Stellen, die Bedeutung dieses Gaues sowohl in der Arbeit von Sage wie auch am Beginn der und seines Mittelpunktes Worms deutlich hervor. Da ist Ausführungen von Classen, deutlich gezeigt wurde, daß einmal die Reidisteilung im Vertrag von Verdun 843 zu wir herzlich wenig über die räumlichen Gegebenheiten nennen, in dem Ludwig der Deutsche zu seinen rechts- der Pfalz wissen. Umso farbiger ist das Bild der politischen rheinischen Gebietsteilen auch den Worms-, Speyer- und Zusammenhänge im hohen und späten Mittelalter, das der Nahegau mit den Bischofsstädten Worms, Mainz und Verfasser hier geformt hat und in dem er immer wieder Speyer erhielt, kaum wegen des Weines, sondern viel- Ingelheim in vielfältiger Weise in den Vordergrund stellt. mehr deswegen, weil diese Territorien zu sehr auf dem rechtsrheinischen Gebiet verwurzelt waren. Nachdem Ingelheim ohne besondere Höhepunkte die Jahr- Dann erwähnt Classen manche in ihrem Ausmaß und in tausende vor- und frühgeschichtlicher Kulturen erlebt ihrer Zielsetzung noch nicht überschaubaren Vorstöße der hatte, trat es fast mit einem Schlag in das helle Licht der fränkischen Königsherrschaft (vgl. Bistum Worms!) vom politischen Ereignisse, als aus dem seitherigen Königshof Wormsgau über den Rhein hinweg nach Osten (Würz- eine Königspfalz wurde. Dabei gibt es für Ingelheim ge- burg!). Mit Otto dem Großen beginnt erneut der Aufstieg nausowenig eine Festlegung auf einen „Typ" wie bei der Königspfalz zu einer der ersten Pfalzen des Reiches. anderen Pfalzen. Begriff, Inhalt und Aufgabe einer Pfalz Für 937 ist sein erster Aufenthalt belegt, dem noch zehn sind in jedem einzelnen Fall zu beschreiben, so auch in weitere folgten. Unter Otto I. wurde Ingelheim auch eine Ingelheim. weitere wichtige Funktion zuteil, nämlich den Rahmen für Während die merowingischen Könige des 6. Jahrhunderts die Feiern des Osterfestes abzugeben. In den Jahren zwi- noch die Verwaltungssitze der Römer übernahmen, traten schen 950—1040 fanden von den 66 Osterfeiern auf deut- seit dem 7. Jahrhundert neben die städtischen „Palatia" schem Boden mehr als 10 in Ingelheim statt. Otto II., solche auf dem Lande, diö dann im Laufe des 8. Jahr- Otto III., Heinrich II., Konrad III. und Heinrich III., unter hunderts sogar vorübergehend in den Vordergrund traten. dem das letzte königliche Osterfest in Ingelheim gefeiert Ausgehend vom Grundbesitz als Grundlage allgemeinen wurde, sind wiederholt in Ingelheim nachgewiesen. Ansehens weist Classen sowohl auf die hervorragende Unter Heinrich IV. und Heinrich V. spielte Ingelheim keine Stellung des Königs als größtem Grundbesitzer hin als große Rolle mehr. Daran änderte sich auch nichts, als auch auf die Organisation dieses Grundbesitzes, dessen Friedrich I. Barbarossa die Pfalz erneuerte und einmal Mittelpunkt jeweils die Königshöfe waren. Einige von (1162) dort weilte. Der jeweils einmalige Aufenthalt Hein- diesen wurden in dem Augenblick Königspfalz, als sie richs VI., Friedrichs II. und Heinrichs VII. seien nur ab- den König und dessen Gefolge aufzunehmen hatten. schließend noch erwähnt. Ingelheim spielte nur noch eine Obwohl die älteste Nachricht über einen Aufenthalt König gewisse Rolle im Rahmen der territorialen Herrschaften Pippins das Jahr .754 nennt, obwohl König Karl 774 zum im Rhein-Main-Gebiet, vor allem zwischen dem Kaiser ersten Male in Ingelheim weilte, stammt die erste urkund- und dem mächtigen Mainzer Erzbischof. In Ingelheim führ- liche Erwähnung des Namens (Inghilinhaim) erst aus dem ten königliche Ministerialen ein ritterliches Leben. Unter Jahre 807. Ingelheim gehörte damals zum Wormsgau, wohl ihnen wird am Ende des 12. Jahrhunderts Werner von Bo- dem wichtigsten Gebiet der fränkischen Herrschaft am landen genannt, dessen Reichslehen auch die Vogtei über Rhein. Classen schreibt dazu, daß im Ingelheimer Gebiet beide Ingelheim und deren ganze Umgebung umfaßte. keine Schenkungen freien Eigentums an die Klöster Die Gründe für die „Königsburg" Ingelheim und ihre Lorsch, Fulda und andere erfolgten, und, ganz im Gegensatz Identität mit der überlieferten Boiander Burg und für de- zu vielen anderen Orten des Gaues, der gesamte Grund- ren Lokalisierung an der Ecke des „Saales" sind insofern besitz Königsgut war, was wir seit etwa 740 für die Haus- mit großem Nutzen zu lesen als auch hier die örtlichen meier nachweisen können. Interessant ist, daß Karlmann Verhältnisse von Classen in die vielseitig wirkende Terri- dem Bistum Würzburg unter anderem die Remigiuskirche torial-Politik überzeugend eingearbeitet wurden. in Ingelheim schenkte und Karl der Große die Kirche in Ober-Ingelheim dem Kloster Hersfeld. Darin ist keine Im 13. und 14. Jahrhundert führten die wechselvollen Zei- Aufgabe von Königsgut zu sehen, wie es anderenorts in ten zur völligen Auflösung des Ingelheimer Reichsgutes der Regel zu beobachten ist, da die Empfänger Reichs- und zur Verpfändung Ingelheims an die Kurpfalz im Jahre kirdien waren, in der Schuld der Könige stehend, womit 1375. eine gute Verwaltung der Schenkung sicher war. Ludwig Petri führt in einem der folgenden Kapitel die In diese Zeit fällt die erste Blütezeit Ingelheims, das jetzt Geschichte dieser Örtlichkeit weiter. Klar in einzelne Ab- vom Königshof zur Königspfalz wurde, womit auch die schnitte gegliedert, gibt er die Beschreibung des Ingel- Nachrichten von den Aufenthalten der Könige und Kaiser heimer Grundes zwischen Ausgang des 14. und zur Mitte an diesem Ort einsetzen. Obwohl der erste Aufenthalt des 19. Jahrhunderts. Ausgehend von der Verpfändung an Karls des Großen schon für das Jahr 774 nachzuweisen ist, die Kurpfalz hatten die Ingelheimer stets die ihnen trotz- kann man von einer Königspfalz Ingelheim erst seit 787 dem zustehenden Freiheiten oft mit Nachdruck und Er- sprechen, als Karl hier überwinterte und diese Örtlichkeit bitterung zu verteidigen, wobei sie sich wiederholt zwi- damit gleich zu Beginn jene großen Anforderungen erfül- schen den Fronten der Rivalen Kurmainz und Kurpfalz len mußte, die an eine Winterpfalz gestellt wurden. Der sahen. Die Reformation mit ihren Folgeerscheinungen, das Grund hierfür, wie überhaupt für die Erhebung der Pfalz Vordringen des Calvinismus und schließlich der 30jährige Ingelheim, ist nicht zu erkennen. Genausowenig läßt sich Krieg bilden die Umstände und Situationen, mit denen sich aus diesen Tatsachen die Bedeutung oder gar der Umfang Ingelheim im 16. und 17. Jahrhundert auseinandersetzen der Pfalzanlage nachweisen. Der letzte Aufenthalt Kaiser mußte. Der Wiederaufbau unter dem Haus Pfalz-Simmern Karls fällt in das Jahr 807. und die Verwicklungen der pfälzischen Herrschaft in die vielfältigen europäischen Erbfolgekriege gingen auch an Unter Ludwig dem Frommen erlebte Ingelheim wiederholt Ingelheim nicht spurlos vorüber, da seit der Französischen längere Aufenthalte des Kaisers. 819 fand hier eine große Revolution das Schicksal der umgebenden Orte und Rhein- Reichsversammlung statt, 826 waren zwei weitere Reichs- dörfer teilte. tage in Ingelheim. Im Jahre 826 erlebte die Pfalz einen Eine wertvolle Ergänzung vor allem des Aufsatzes von ihrer Höhepunkte, als die Reichsversammlung und die Classen stellt die Arbeit von Horst Fuhrmann über die Synode, also die weltliche und die kirchliche Versammlung Synode von Ingelheim dar. In Ingelheim stattfindende sich unter dem Kaiser vereint zusammenfanden. Ludwig Bischofsversammlungen sind für die Jahre 788, 826, 840, der Fromme starb in Ingelheim, wo er mehr als zehnmal 984, 985, 972, 980, 993 und 996 überliefert. Diese Jahre geweilt hatte. spiegeln zugleich die politischen Schwerpunkte der Pfalz

86 wider und lassen auch die große Pause zwischen 840 und Westpreußen sollen dem Band über Schlesien folgen. Drei 940 deutlich erkennen. Dies ist auch verständlich, weil Bände über Österreich, Schweiz und Liechtenstein werden der König und nicht etwa der Erzbischof von Mainz oder das ganze Unternehmen abrunden, womit ein Handbuch ein anderer geistlicher Würdenträger zu diesen Synoden der historischen Stätten der deutschsprachigen Länder vor- einlud. Darum ist es auch erklärlich, wenn auf diesen Sy- liegen wird. Georg liiert noden mehr über politische als kirchliche Fragen ver- handelt wurde. Durch eine gute Einführung in die kirchen- rechtlichen Grundlagen der Synoden sind Gang und Er- Otto Bocher: Alte Taufsteine in den prote- gebnis einzelner Synoden gut zu verfolgen. stantischen Kirchen der Pfalz, in: Der Turm- hahn. Blätter vom künstlerischen Schaffen und Bauen Adelbert E r 1 e r bringt einen zusammenfassenden Aufsatz in der pfälzischen Landeskirche 10, 1966, S. 1-—20. über den Ingelheimer Oberhof. Die Akten und Urkunden dieses im späten Mittelalter in Ingelheim wirkenden Be- Der Verfasser bringt für ein Thema wie dieses die besten rufungsgerichtes gehören zu den wichtigsten Rechts- Voraussetzungen mit, da er das Studium der Kunst- quellen dieser Zeit. Ausgehend von einer allgemeinen geschichte durch das der Theologie ergänzte. Deshalb wird Einführung in Aufgabenbereich und Tätigkeit des Gerich- man mit besonderer Aufmerksamkeit nicht nur die stilisti- tes und der Schöffen bringt Erler einige Beispiele von Ur- sche Einordnung der einzelnen Kunstwerke verfolgen, teilen, die einen ausgezeichneten Einblick gewähren. sondern vor allem mit großem Nutzen die Gedanken über die Hintergründe bestimmter Darstellungen und Formen Fragt man schließlich nach dem, was von all den ver- wie auch über die Bedeutung der Taufe lesen. gangenen Zeiten an sichtbaren Dingen geblieben ist, so Den ersten großen und grundlegenden Aufsatz hat Otto findet man in dem abschließenden Artikel über die Bau- Böcher im 5. Band 1961/62 unserer Zeitschrift „Der Worms- und Kunstdenkmäler in Ingelheim von Ernst Emmerling " veröffentlicht. Die vorliegende Abhandlung bietet eine abrundende Darstellung. Die Bilder stehen hier eben- durch die beiden Abschnitte „Theologische Voraussetzun- so deutlich wie die beschreibenden Worte des Verfassers. gen" und „Grundsätzliches zur Taufkunst" eine Erweite- Man stellt dabei fest, daß trotz allem Wandel der Zeiten rung der dort zusammengefaßten kunstgeschichtlichen noch sehr viel an profaner und kirchlicher Architektur Einordnung. Auch hat der Verfasser hier eine zeitliche Er- vorhanden ist und daß sich auch hier das wechselvolle weiterung vorgenommen. Er geht aus von zwei Piscinen Geschehen in der Ingelheimer Geschichte verfolgen läßt. spätromanischer Zeit, die sich heute in Weilerbach und Ausgehend von der Idee Ernst Boehringers ist ein Werk Höningen befinden. Hochgotisdie Taufsteine finden sich entstanden, für das man ihm, der Herausgeberin Johanna zwar in Oberhessen und Rheinhessen, sind aber in der Autenrieth und den einzelnen Verfassern Dank und An- Pfalz erst in den späten Exemplaren des 15. Jahrhunderts erkennung sagen kann. Das Buch bildet eine umfassende in Esthal und Trippstadt nachzuweisen. Darlegung der Geschichte Ingelheims. Druck und Aus- Ein reiches Bild, deshalb auch Mittelpunkt des ganzen stattung durch den Verlag Ernst Klett seien hierbei eben- Aufsatzes, bilden die spätgotischen Pokaltaufsteine, falls hervorgehoben. Georg liiert unterteilt in die durch Maßwerk und Astwerk sich unter- scheidenden Stücke. Ein kurzer Überblick über das Weiter- leben dieser Formen bis in das 17. Jahrhundert und in ein Handbuch der historischen Stätten Deutsch- zelnen Fällen darüber hinaus schließt den kunstgeschicht- lands, Band VIII: Sachsen. lichen Teil, eine abschließende Betrachtung verknüpft Herausgegeben von Walter Schlesinger. Verlag Al- Taufe und Taufsteinkunst. fred Kröner, Stuttgart 1965 (Kröners Taschenausgabe, Trotz der territorialen und damit zwangsläufig etwas Band 312). willkürlichen Beschränkung legt Böcher hier eine abge- LXX —- 440 S., 9 Karten, 10 Stadtpläne. rundete Arbeit vor, die zu jenen Beispielen gehört, wo wissenschaftliche Gründlichkeit und allgemeine Verständ- Was in den Besprechungen der vorangegangenen Bände lichkeit der Darstellung sich begegnen. (IV. Hessen, V. Rheinland-Pfalz, I. Schleswig-Holstein und Hamurg, II. Niedersachsen und Bremen, VII. Bayern in Dem „Turmhahn" sei gedankt, daß er diesen Aufsatz in dieser Zeitschrift (Band 4, 1959/60, 129 f., Band 6, 1963/64, einer hervorragenden Ausstattung vorlegt. Er hat damit 106) allgemein gesagt wurde, gilt auch hier. Walter Schle- viel zum Verständnis für heute zu sehr als Selbstverständ- singer, Ordinarius für mittlere Geschichte in Marburg, ist lichkeit hingenommene Überlieferungen beigetragen. der Historiker, der gerade dieses in seiner Geschichte und Georg liiert in seinem heutigen Umfang nicht in jedem Falle klar überschaubare Territorium so fassen konnte, daß eine sehr geschlossene Einführung als geschichtlicher Überblick zu- Staatliches Nordpfalzgymnasium stande kam. Er hat, wie es schon der Brauch bei den frühe- Kirchheimbolanden. 1965. ren Bänden war, eine Reihe von Fachleuten der für ein Festschrift zur Einweihungsfeier des Neubaues. Hrsg. solches Unternehmen notwendigen und geeigneten Fach- Verein Nordpfalzgymnasium e. V. Kirchheimbolanden gebiete um sich geschart, die vorwiegend aus den sächsi- (1965). 180 S. mit zahlreichen Abb. schen Landen kommen. Reich bebildert und mit Geleitworten von Kultusminister Hervorzuheben ist das gegenüber den früheren Bänden Dr. Orth, Landrat Nicklas u. a. versehen legt das Nord- wesentlich erweiterte Literaturverzeichnis, wofür man pfalzgymnasium anläßlich der Einweihung seines Neu- Herausgeber und Verlag dankbar sein wird. baues eine gediegene und ansprechende Festschrift vor. Sie enthält neben Ausführungen über den Bau, die Schul- Ausgehend von der geschichtüchfen Entwicklung des Lan- praxis, Schulerinnerungen von Lehrern wie Schülern so- des, dargestellt von W. Schlesinger, der das Gebiet wie statistischen Angaben drei Beiträge, die für die Hei- „Sachsen" in den Grenzen von 1952 mit seinen Wandlun- matgeschichte Kirchheimbolandens und darüber hinaus gen und Einschränkungen aus dem hohen Mittelalter her- bemerkenswert sind. aus entwickelt, folgen in alphabetischer Reihenfolge Horst Penner behandelt die „Scholae Kircheimensis". Städte, Gemeinden, Klöster, Schlösser und sonstige Ört- Umfangreiches Material wurde gründlich zu einer Schul- lichkeiten, die als „Historische Stätten“ gelten können. geschichte verarbeitet. Ausgehend von den Klosterschulen Bei der gegebenen Subjektivität der Auswahl findet man in Zell, Dreisen und Rothenkirchen als Bildungsstätten des hier doch die Antwort auf viele Fragen, die an ein solches Mittelalters zeigt er die Entwicklung über die Kleriker- „Handbuch" gestellt werden dürfen. Die beigegebenen schule — Ortspfairer zugleich Lehrer — zur infolge der Stadtpläne der Städte Bautzen, Chemnitz (seit 1953 Karl- Einführung der Reformation in Nassau-Weilburg ein- Marx-Stadt), Dresden (Altstadt und Neustadt), Freiberg, gerichteten Kirchheimer Lateinschule im 16. Jahrhundert. Görlitz, Leipzig, Meißen, Plauen und Rochlitz sind über- Im 17. Jahrhundert ist eine „deutsche Schule" als Grund- sichtlich und illustrieren die Entwicklung dieser Städte. schule zur Lateinschule vorhanden. Die Bemühungen der Es ist erfreulich, daß in dieser Reihe auch die mittel- Fürsten von Nassau-Weilburg um Schulordnung und Leh- deutschen Länder im großen Begriff „Deutschland“ er- rerbesoldung zeigen wechselnde Erfolge. Bekannt ist der scheinen, jenseits aller politischen Zuständigkeiten. Wei- sogenannte „ABC-Buch-Streit". Ein 1776 bei Kranzbühler tere Beschreibungen, so Berlin-Brandenburg und Ost-und in Worms gedrucktes Lesebuch für protestantische Schulen

87 in Nassau-Weilburg verletzte die religiösen Gefühle der Franz Bösken. Quellen und Forschungen zur Orgel- Lutheraner, da es zu stark vom Geist der Aufklärung be- geschichte des Mittelrheins. Band 1: Mainz und Vororte einflußt schien. Daraus entwickelte sich 1778 ein regel- — Rheinhessen — Worms und Vororte. Mainz 1967. Mit rechter Aufstand um Kirchheimbolanden. Der Fürst mußte 8 Bildtafeln und 4 Übersichtsschemata. 544 S. (Beiträge nach Oppenheim fliehen. zur mittelrheinischen Musikgeschichte, herausgegeben von Während die Lateinschule die französische Zeit 1798—1814 der Arbeitsgemeinschaft für mittelrheinische Musikge- überdauerte, wurde sie nach dem Übergang der Stadt an schichte, Nr. 6). Bayern geschlossen. Man suchte sich mit einer privaten Lateinschule zu behelfen, bis 1836 wiederum eine städti- Das gewichtige Buch ist aus einer rund zwanzigjährigen sche Lateinschule eingerichtet werden durfte, deren direk- Beschäftigung mit Orgeln, Orgelbau und Orgelbauern her- ter Nachkomme das Nordpfalzgymnasium ist. vorgegangen. Den Mittelrhein will Vf. als einen Bereich Johannes Pröger stellt unter der Überschrift „Der kö- verstanden wissen, der sich aus aufeinanderbezogenen nig aller jnstrumenten“ Mozarts Verhältnis zur Orgel Schwerpunkten weit mehr ergibt als aus geographischen und Orgelkomposition dar. Zeugnisse über Mozarts Orgel- oder territorialen Festlegungen. Solche Schwerpunkte spiel sowie Aufzeichnungen im Londoner und Holländi- bilden Mainz, Worms und , von denen Verbin- schen Skizzenbuch weisen auf frühe Beschäftigung mit der dungslinien nach allen Richtungen wie auch zueinander Orgel hin. Bei Mozarts bekannter Reise 1777/78 nach führen. Das zeigt Vf. graphisch an 4 Übersichtsschemata, Mannheim und Paris hat er einige Tage am Hof in Kirch- die jeweils für einzelne Jahrhunderte die Beziehungen im heimbolanden verbracht und auf der „Mozartorgel" in der Orgelbau von Ort zu Ort aufzeigen und zugleich über Pauluskirche gespielt. (Pröger hat vor Jahren die Register den engeren untersuchten Raum hinaus Einflüße und Aus- rekonstruiert, wie sie zur Zeit des Mozartaufenthaltes be- strahlungen erkennen lassen. Archivgegebenheiten, Ma- schaffen waren!) 1779/81 ist Mozart Hoforganist in Salz- terialfülle und die Notwendigkeit einer klaren Begrenzung burg und beschäftigt sich auch danach mit Orgelspiel und der Arbeit — schon wegen sich anschließender Untersu- -Kompositionen. Am Schluß des interessanten und sorg- chungen— führten dazu, daß der junge Verwaltungsbereich fältig gearbeiteten Beitrages geht der Autor noch auf die Rheinhessen den Rahmen einer Untersuchung ausmacht, Kompositionen für automatische Orgelwerke ein. Es darf die im Hochmittelalter ansetzt. Doch hat Vf. Mainz und als verdienstvoll gelten, diese weitgehend unbekannte Worms als Schwerpunkte herausgehoben, so daß sich die Seite von Mozarts Schaffen deutlich gemacht zu haben. in alphabetischer Folge dargebotenen Gemeinden deutlich Einen weiteren musikgeschichtlichen Beitrag liefert Heinz von diesen weitaus wichtigeren Plätzen abheben. Haag, der „Dokumente zur Geschichte der Kirchheim- Im Ortsteil werden alle vom Vf. gesammelten Nachrichten bolandener Hofmusik zur Zeit der Fürstin Caroline (1743— über Orgeln und Orgelbau der jeweiligen Gemeinde aus- 1783)" darbietet. Er führt in die musikalische Praxis der führlich dargeboten und kommentiert. Vor dem Ortsteil „Kleinen Residenz" ein und stellt die Hofmusiker mit gibt Vf. einen „Überblick über die orgelgeschichtliche Ent- ihren Kompositionen vor. Hier wird einmal mehr deutlich, wicklung" vom 13. bis 19. Jh. Sind die Meister zunächst daß es des Mäzens, des zu finanziellem und personellem anonym, so werden ab 14./15. Jh. immer häufiger Namen, Engagement bereiten Liebhabers bedarf, wenn sich ein biographische Daten und Werkhinweise überliefert. Frank- Kulturzentrum gleich welcher Kunstrichtung bilden soll. furt erweist sich in diesem Zeitraum als Orgelbauzentrum, Fritz Reuter doch wohnen in Mainz und Worms ebenfalls bedeutende Orgelbauer. Im 17./18. Jh. dominiert unter den Kirchen- fürsten aus dem Hause Schönborn Mainz, wo ein main- Fritz Geisthardt. Wirtschaft in Mittelnassau. Hundert fränkisch-süddeutscher Einfluß besteht im Gegensatz zum Jahre Industrie-und Handelskammer Limburg 1864 —1964. von Frankreich her beeinflußten Trier. Limburg an der Lahn 1964. 148 S. und 10 Abb. Daß Mainz als Sedes archiepiscoporum auch in der Orgel- Aus Anlaß ihres 100jährigen Bestehens hat die IHK Limburg geschichte von größerer Bedeutung war als Worms, konnte eine von Oberarchivrat Dr. Geisthardt verfaßte Darstellung man erwarten. Dem Kenner fällt indessen auf und Vf. weist ihrer Geschichte herausgegeben. Nach einer Einführung darauf hin, daß für Worms eine ungleich schlechtere Quellen- in Aufgaben, Organisation und Vorbild der deutschen IHK lage besteht und daher manches nicht mehr rekonstruier- findet sich im ersten Hauptteil einüberblick über „Wirtschaft bar ist. Gute Orgelbauer wohnten allezeit in Worms und und Politik im Herzogtum Nassau vor der Gründung der zweifellos gab es in der Stadt mehr Orgeln als sich heute nassauischen Handelskammer" sowie deren kurze Existenz nachweisen lassen. Einige Ergänzungen vermag Rezensent als nassauische Kammer. 1866 wird Nassau preußisch, ab beizufügen, sie sind allerdings jüngeren Datums. 1877 wird 1870 gilt für die Kammer das preußische „Gesetz über die in der alten Synagoge eine Chor- und Orgelempore erstellt, Handelskammern". Anschaulich und verhältnismäßig breit kurze Zeit später muß von einem unbekannten Orgelbauer stellt Vf. die verschiedenen Aspekte der Kammertätigkeit eine Orgel hier aufgestellt worden sein. Sie ist aus Erwäh- dar. Die Grenzziehung 1945 führt zur Abtrennung bisher zur Limburger Kammer gehöriger Gebiete, die an das neue nungen und von einem Foto her bekannt, ohne daß wir etwasüberRegisterundDisposition wissen. 1938 verbrannte Land Rheinland-Pfalz fallen, während Limburg zu Hessen sie. Ebenfalls unbekannt sind Register und Disposition gehört. Die Kammer mußte „durch die Abtrennung auf zwei der 1889 im Spiel- und Festhaus von Walcker erbauten Drittel ihres Gebietes, ihrer Mitglieder und ihrer Einnahmen Orgel sowie ihrer 1934 errichteten Nachfolgerin, erbaut verzichten". Immerhin arbeitete sie ab Mai 1945 wieder, von Gebr. Link (verbrannt 1945). Die Pädagogische Hoch- wenn auch unter z. T. sehr schwierigen Umständen. schule Worms besitzt eine kleine Kemperorgel und ein Die Aufgabe der IHK ist Vertretung von Industrie und größeres, 1967 aufgestelltes Werk von Oberlinger. Anstelle Handel gegenüber den Staatsbehörden, Beratung der Mit- der 1945 zerstörten Orgel von Späth, Ennetach, in der glieder und Förderung der Zusammenarbeit zwisdien Staat Pauluskirche, erbaute die gleiche Firma 1947 ein neues und Wirtschaft. Um diesen Aufgaben gerecht zu werden, Werk mit 32 Registern. 1963 schließlich bauten Gebr. Link muß sie wandlungsfähig sein und sich den Zeiterforder- ihre in der Lutherkirche aufgestellte Orgel völlig um, so nissen anpassen. Sie stand stets „der wirtschaftlichen Praxis daß dort heute ein neues Werk mit 40 Registern steht. sehr nahe". Unter diesem Gesichtspunkt bemühte sie sich auch um das Eisenbahnwesen und die Schiffbarmachung Bösken hat mit immensemFleiß, Spürsinn, gediegener Sach- der Lahn. kenntnis und einer umfassenden Literaturbeherrschung ein klar aufgebautes und durch Register erschlossenes Kom- Das mit Literaturverzeichnis, Sach-, Personen-, Firmen-und pendium rheinhessischer Orgeln eschichte vorgelegt. Kleine Ortsregister versehene Buch bietet am umgrenzten Bei- Ungenauigkeiten (Daten 20. Jh.) zeigen höchstens, wie spiel einen Einblick in Werden und praktisdie Arbeit einer wenig sorgfältig oft Auskünfte erteilt werden. Dem 2. Band, IHK. Vf. zeigt die wirtschaftlichen, politischen, landschaft- der die Regierungsbezirke Koblenz, Trier, Wiesbaden und lichen und personellen Voraussetzungen auf, unter deren anschließende Gebiete (=ehemals Kurmainz) sowie Biogra- Einfluß die jetzt 100jährige Geschichte der IHK Limburg phien der Orgelbauer umfassen soll, darf man mit großen steht. Der Leser empfängt mancherlei Anregungen und Erwartungen entgegensehen. Rezensent gesteht aber, daß wünscht sich eine ähnlich sorgfältige Darstellung auch für er sich nicht vorzustellen vermag, wie all das Genannte den Bereich seiner örtlichen IHK. in einem Band Platz finden soll. Fritz Reuter Fritz Reuter

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