Kultur- und Geschichtsverein 1954 am Main - Seckbach e.V.

Informationsblatt Nr. 2 Jahrgang 2009

Über die Kirchberger Kirche

Gegenüber der Schule des deutschen allerersten Kirchen auf dem Lande wurden Buchhandels stand auf dem heutigen Ge- zumeist in zentraler Lage zwischen mehre- lände der Gärtnerei Wucher bis ins Früh- ren Dörfern errichtet, die man im 8. Jahr- jahr 1757 eine uralte Kirche. Kreuzkirche hundert zu so genannten Urpfarreien zu- soll sie geheißen haben und auch St. Elisa- sammengefasst hat. Zur hiesigen gehörten beth, doch zuletzt sprach man von ihr nur mit Sicherheit Bergen, Enkheim und Seck- noch als der „Kirchberger Kirche“. Der bach. Sekundärquellen wollen wissen, Name nimmt Bezug auf einen Ort, der dass auch Fechenheim einbezogen war, noch in der ersten Hälfte des 18. Jahrhun- und dies würde man wohl auch für Bi- derts auf allen Landkarten verzeichnet ist, schofsheim und Bornheim vermuten. der aber wohl schon in den Pestjahren um die Mitte des 14. Jahrhunderts als Ansied- Zweihundert Jahre später war nichts lung ausgegangen war. Nach mittelalterli- mehr, wie es begonnen hatte. In Bischofs- chen Quellen zu urteilen, gehörte zu heim und Fechenheim waren Kirchen ent- Kirchberg eine eigene Gemarkung. In ei- standen, die um die Mitte des 9. Jahrhun- nem Register der Zinsen und Lehnsgelder derts als königliche Schenkungen an die der Schelme von Bergen von etwa 1380 852 errichtete Frankfurter Salvatorkapelle sind Kirchberger Äcker Bergen und Enk- gingen und fortan deren kirchlicher Auf- heim zugeordnet und keineswegs Seck- sicht unterstanden. Ähnlich muss es in bach, wie man es aufgrund der heutigen Bornheim gewesen sein, auch wenn die Gemarkungsgrenzen erwarten würde. In urkundliche Bestätigung fehlt. Zumindest den Quellen finden sich keinerlei Hinweise brüstet sich ein Bornheimer Pfarrer im 16. darauf, ob die Kirchberger Gemarkung bei Jahrhundert damit, dass seine Kirche älter ihrer Auflassung zwischen Bergen- sei als der Dom zu Frankfurt. Jedenfalls Enkheim und Seckbach geteilt wurde oder scheint die Kirchberger Urpfarrei bereits ob sie als Ganzes an Seckbach fiel. im 9. Jahrhundert auf Bergen, Enkheim und Seckbach reduziert gewesen zu sein. Nun datieren Kirchberg genannte Orte ebenso wie die namengebenden Kirchen Die Ersterwähnung des hiesigen Kirchberg aus der Zeit der jeweiligen Christianisie- lässt freilich auf sich warten - bis 1178. In rung. Diese war im Rhein-Main-Gebiet im einer Urkunde von St. Peter außer Mainz frühen 7. Jahrhundert abgeschlossen. Jene aus jenem Jahr ist neben vielen anderen

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Pfarreien auch Kirchberg als eine St. Peter unterstellte genannt. Dass in jener Urkun- de jedoch unmittelbar nach Kirchberg auch Bergen genannt wird, belegt, dass es schon im ausgehenden 12. Jahrhundert auch dort eine Pfarrkirche gab. Wahr- scheinlich stand auch die alte Enkheimer Laurentiuskirche schon. Dass Enkheim 1178 nicht erwähnt ist, besagt nur, dass die dortige Kirche keine Pfarreirechte be- saß. Dies gilt auch für eine Kapelle in Seckbach, auf die man keinen anderen Hinweis hat als den Flurnamen „Im Kap- pelgarten“. Die Seckbacher Reformierten waren erst 1757 so weit. Nach jahrelangem Hin und Dass die Kirchberger Kirche gleichwohl Her erhielten sie aus Kassel die landgräf- auch dann noch als die Hauptkirche des lich-hessische Erlaubnis zum Abbruch der Kirchspiels galt, als Bergen bereits eine Kirchberger Kirche, um aus den so gewon- Pfarrkirche besaß und die Pfarrer in Ber- nenen Baumaterialien eine Kirche in Seck- gen wohnten, wird deutlich, als die Berger bach selbst zu errichten. Seit 1966 gibt es Kirche 1519 nicht mehr zu nutzen war und auch diese nicht mehr. ihre Pfarreirechte an Enkheim fielen. Da- nach nämlich waren die Berger nicht etwa Von der Kirchberger Kirche war noch vor gehalten, die Enkheimer Kirche zu besu- fünf Jahren kaum mehr bekannt, als dass chen, sondern sie sahen sich auf die Kirch- es sie einmal gegeben hatte. Urkundlich berger Kirche zurückverwiesen. Noch 1684 gesichert war die Ersterwähnung von konnten die Berger beim reformierten Kirchberg, desgleichen der Abbruch der Konsistorium in Hanau nichts weiter errei- Kirche. Doch selbst der Standort war zu- chen als die Genehmigung zur Errichtung letzt umstritten, und nur nach langwieri- eines Betsaals, zu nutzen ausschließlich gen Recherchen war es möglich, ihn auf bei schlechtem Wetter. Es gab fortan kein ein paar Meter hin oder her festzulegen. anderes mehr, und als sich die Berger Ge- Letzte Gewissheit brächte das Auffinden meinde bis 1694 das Gelände für einen der Chorfundamente, die man wegen ihrer Totenhof bei ihrem Betsaal zusammenge- Härte 1757 nicht entfernen konnte, doch kauft hatte, war auch der Kirchberger ist das Gelände heute überbaut. Kirchhof für Beerdigungen nicht mehr vonnöten. Das Jahr 1734 schließlich brach- Auch über die Kirche selbst gab es nur te das Ende des Kirchspiels, das über ein- noch Mutmaßungen. Eine Kapelle sei sie tausend Jahre zuvor seinen Anfang ge- gewesen, hieß es, ein „Kirchlein in den nommen hatte. Gegen ihren Willen wurde Weinbergen“. die reformierte Seckbacher Gemeinde, die bis dahin eine Berger Filiale war, als Pfar- Tatsächlich aber war die Kirchberger Kir- rei etabliert. Dieser wurde die Kirchberger che die größte Kirche im östlichen Frank- Kirche als Pfarrkirche zugesprochen - und furter Umfeld und zugleich auch die archi- zu ihrer unendlichen Erleichterung waren tektonisch am aufwendigsten gestaltete. Bergen und Enkheim das alte Gemäuer Im Hessischen Staatsarchiv Marburg ha- damit ein- und für allemal los. ben sich dazu Akten und Dokumente aus

2 den Jahren 1613, 1749 bis 1757 und 1762 Das aufgehende Mauerwerk sollte eine gefunden und in der ev. Mariengemeinde Höhe von elf Metern erreicht haben. Am zu Seckbach eine Pfarrchronik der einsti- östlichen Ende des Hauptschiffs waren gen reformierten Gemeinde von 1764. beidseitig „Erker“ angebaut, wahrschein- Dass sich die vielen in diesen Quellen lich kleine Nebenchöre, wie man sie von enthaltenen Details letztlich stimmig zu- der Einhardsbasilika in Michelstadt- sammenfügen ließen, ist freilich einem Steinbach kennt. Der nördliche „Erker“ ist Glücksfall geschuldet. auf der Zeichnung deutlich zu erkennen. Das tief herabgezogene und im unteren Im Nachlass von Herrn Henschke fand Herr Bereich aufgeschobene Dach legt im Ein- Reul die wiedergegebene Kopie einer klang mit den Textquellen ein nördliches Bleistiftzeichnung, die angeblich „Bergen Seitenschiff nahe, der von der Kirche ab- b/ Frankfurt“ zeigt, tatsächlich aber, wie gerückte Turm ein südliches. Das schmale Herr Reul sofort erkannte, nichts anderes Hauptschiff besaß eine Balkendecke mit als die Kirchberger Kirche. Das Original ist einem Doppeldielenboden. Der Chor da- verschollen, und der Zeichner - angeblich gegen war eingewölbt, desgleichen eine ein J.C.W. Reinheimer – lässt sich nicht „Kammer oder Sakristey“. Diese war, nach identifizieren. Dennoch steht außer Zwei- den auf der Zeichnung wiedergegebenen fel, dass man es mit einer weitgehend au- östlichen Dachkonturen zu urteilen, an die thentischen Darstellung aus der Mitte des Südseite des Chors angebaut. Der südliche 18. Jahrhunderts zu tun hat. Die Datierung Einzelturm erscheint auf der Zeichnung fällt deshalb leicht, weil im mittleren Hori- von der geosteten Kirche nach Südwesten zont die 1752 errichtete Bornheimer Jo- weggedreht: Den Textquellen zufolge be- hanniskirche angedeutet ist, während die saß er eine „Nordostenseite“. Auch sein Kirchberger Kirche im April 1757 abgetra- campanileartiger Charakter ist textlich be- gen wurde. stätigt: Der Turm war an die Kirche „nur Die Zeichnung und die Textquellen haben angebauet“, und man hätte ihn abbrechen sich in einer einzigartigen Weise wechsel- können, ohne dass die Kirche selbst Scha- seitig erhellt und bestätigt. In der Summe den genommen hätte. – und nur sie ist hier möglich – liest es sich so: In der Länge maß die Kirchberger Kir- Wie man sich den „Anbau“ des Turms vor- che um die dreißig Meter, Hauptschiff und zustellen hätte, lässt sich bei der gegebe- Chor waren jedoch nicht breiter als allen nen Nordostansicht der Kirche auf der falls siebeneinhalb Meter. Zeichnung nicht ausmachen, und auch die schriftlichen Quellen enthalten darauf kei- nerlei Hinweise. Man bräuchte die Süd- westansicht der Kirche, und eine solche gibt es tatsächlich - in Conrad Fabers Vo- gelschau der Stadt Frankfurt am Main von Südwesten aus dem Jahr 1552. Fabers Pa- norama der Belagerung Frankfurts im Schmalkaldischen Krieg zeigt die Kirchber- ger Kirche an der nordöstlichen Periphe- rie: Im Original nimmt die Abbildung der Kir-

C. Faber, Vogelschau von Südwesten, 1552 (Ausschnitt). © ISG che gerade einmal etwa einen Quadrat- Frankfurt am Main zentimeter ein. Trotz der dadurch unab-

3 dingbaren Vereinfachungen ist bei Fabers haftige Basilika angebaut worden. [Nach- allgemeiner Detailgenauigkeit nicht zu träglich eingefügt: Der reformierte Seck- bezweifeln, dass er zumindest die aus der bacher Pfarrer Petri hat 1764 die Erbau- Ferne noch auszumachenden Eigentüm- ung der Kirche um das Jahr 1000 datiert. lichkeiten des Bauwerks richtig wiederge- Er sollte damit, was den Hauptkörper des geben hat. Auch er zeigt den gegen die Baus angeht, nicht ganz falsch gelegen ha- Fluchtung der Kirche gedrehten Turm, und ben.] Der auch bei Faber breit gelagerte auch die auffällige architektonische Be- Hauptkörper der Kirche stützt jedenfalls sonderheit des schmalen, niedrigen die oben vorgetragene These von Seiten- Schiffs, das den Turm mit dem hohen, aus- schiffen, wobei das Fehlen der „Erker“ ladenden Hauptkörper der Kirche verbin- wohl dem Zwang zur Vereinfachung zuzu- det, schließt jede freie Erfindung aus. schreiben ist

So entsprach die Kirchberger Kirche im Mit der Romanik kam die Fassadengliede- Ganzen keinem der sonst üblichen Bauty- rung auf, und dass auch die Fassaden der pen. Sie muss in vielerlei Hinsicht einzigar- Kirchberger Kirche gegliedert waren, las- tig gewesen sein, was sich nur durch eine sen zwei Textquellen vermuten. 1613 komplexe Baugeschichte erklären lässt. spricht der Seckbacher Zentgraf von den Auf die beiden frühesten Bauphasen „schöne Muster und Forme“, an denen scheint der eigenartig gefluchtete südliche Philipp II. von Hanau „allzeit ein Wohlge- Einzelturm hinzudeuten. Herr Dipl.- fallen getragen“ habe. 1764 schreibt der Architekt Brück aus Enkheim, Mitglied in reformierte Seckbacher Pfarrer Petri, man der Arbeitsgemeinschaft Heimatmuseum, habe an der Architektur der Kirche innen sieht darin einen Hinweis auf eine ent- wie außen ersehen können, dass sie von sprechend dem Turm ausgerichtete Holz- den Alten dereinst als „Hauptkirche auf kirche, die eigentliche Urkirche. Holzkir- dem Lande“ errichtet worden sei. chen sind als Vorgängerbauten späterer Einer letzten Bauphase schließlich sollten Steinkirchen für und Kal- Chor und Sakristei geschuldet sein. Sie be- bach nachgewiesen. Sie werden allgemein saßen beide, wie die Textquellen belegen, in das 6. oder frühe 7. Jahrhundert datiert. ein starkes Gewölbe, und - anders als die Kirchtürme hat man vom 8. Jahrhundert übrigen Fundamente - konnte man die des an errichtet. Man hätte also in der zweiten Chors wegen ihrer Härte nicht ausbre- Bauphase der hölzernen Urkirche einen chen. Nach Ausweis der Zeichnung aus steinernen Turm vorangestellt. Dass der dem 18. Jahrhundert muss man den Chor Turm von 1552 und 1757 noch der urs- mit seinen hohen Fenstern wie auch die prüngliche war, ist wenig wahrscheinlich. Sakristei der Spätromanik oder der Früh- Es ist vielmehr anzunehmen, dass bei jed- gotik zuordnen, also einer Zeitspanne von wedem Nachfolgeturm die ursprüngliche der Mitte des 13. Jahrhunderts bis ins frü- Fluchtung beibehalten wurde. he 15. Jahrhundert. Bei der Errichtung des In einer dritten Bauphase muss die Holz- Chors und der Sakristei wurden offenbar kirche durch eine geostete, frühromani- der Hauptköper der Kirche mit seinen Sei- sche Steinkirche ersetzt worden sein. Da- tenschiffen und Nebenchören unter ein bei dürfte es sich um die von Faber dar- einziges, hochragendes Dach gebracht. gestellte Verbindung vom Turm zum Dies verleiht der Kirche im Verein mit dem Hauptkörper der Kirche handeln. In einer Chor und seinen hohen Fenstern die goti- vierten Phase wäre an das vorhandene sche Anmutung, die von ihr auf der Bleis- Ensemble noch in der Romanik eine wahr- tiftzeichnung ausgeht.

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döstlich von Frankfurt, gab sie den beiden Nun stellt sich die Frage, warum mit der anderen die Ausrichtung vor? Und: Hat Kirchberger Kirche über Jahrhunderte man den Kirchberger Turm bei der Erbau- hinweg ein baulicher Aufwand getrieben ung der geosteten Steinkirche nur deshalb wurde, für den sich hier außer bei den nicht angerührt, weil man noch immer von Frankfurter Kirchen weit und breit keine der Symbolik seiner Fluchtung wusste? Es Entsprechung erkennen lässt. Die Quellen gibt eine weitere Merkwürdigkeit. Alle bleiben die Antwort schuldig, doch es ha- drei Kirchen, von denen die Rede war, ben sich anderweitig Anhaltspunkte ge- hießen „Kreuzkirche“. Deutet diese Na- funden, die aufmerken lassen. mensgleichheit auf einstige Missionszent- ren hin, bei denen die Aufrichtung eines Wie es aussieht, kam der Kirchberger Kir- Kreuzes der Errichtung der Kirche voraus- che von Anfang an in doppelter Hinsicht ging? Es spricht alles dafür, doch Gewiss- eine symbolische Bedeutung zu. Zum ei- heit wird man nicht mehr erlangen kön- nen lag sie in Sichtweite und auf identi- nen. schem Niveau dem unzweifelhaft vorfrän- kischen Gerichtsort Bornheimer Berg ge- Der spätromanische oder auch frühgoti- genüber, was die Vermutung stützt, dass sche Chor und die daran angebaute Sakris- sie an der Stelle eines vorchristlichen Hei- tei geben ein weiteres Rätsel auf. Warum ligtums errichtet wurde – germanisch, rö- wurden sie errichtet und von wem? Der misch oder keltisch. Zum anderen haben Verdacht drängt sich auf, dass hier die Rol- Messungen ergeben, dass die Urkirche le der Kirchberger Kirche als Wallfahrtskir- durch ihre Fluchtung, die bis zuletzt in der che ins Spiel kommt. Einer späten Sekun- eigenartigen Ausrichtung des Turms be- därquelle zufolge soll sie auch St. Elisabeth wahrt blieb, auf das einstige Domareal zu geheißen haben. Lässt sich daraus schlie- Mainz ausgerichtet war, das man unweit ßen, dass sie nach der Kanonisierung der des heutigen Doms am Standort der Jo- Elisabeth von Thüringen im Jahre 1235 als hanniskirche vermutet. Die Linie liegt auf das Ziel von Elisabeth-Wallfahrten etab- 242 Grad, und sie schneidet die östliche liert wurde? Gibt es eine Verbindung zu Grenze des alten Kirchberger Kirchhofs den drei Eppsteinern, die im 13. Jahrhun- unterhalb der Wilhelmshöher Straße in dert Mainzer Bischöfe waren? Immerhin einem rechten Winkel. Zufall? Wohl eher war die Kirchberger Kirche, die wahr- nicht. Denn eine Fluchtung auf 242 Grad scheinlich ursprünglich als königliche Ei- wurde auch für die ausgegangene Crut- genkirche errichtet worden war, beleg- zenkirche zu Kalbach ermittelt, nur bedeu- termaßen ein Eppsteiner Patronat. War tet es in diesem Falle, dass die Kirche auf der Anbau des Chores und der Sakristei die Kaiserpfalz in Ingelheim ausgerichtet also das Prestigeobjekt eines jener Epp- gewesen wäre. Noch kurioser: Auch die steiner Bischöfe aus dem 13. Jahrhundert? Preungesheimer Kreuzkirche liegt mit ihrer Es muss jedenfalls unglaublich viel Geld Längsachse auf 242 Grad, und deren Ver- geflossen sein, Geld, das Bergen, Enkheim längerung führt ebenfalls nach Mainz, und Seckbach nie hätten aufbringen kön- trifft dort aber, soweit ersichtlich, auf kei- nen. nen historisch signifikanten Ort. Von den drei parallel gefluchteten Kirchen war also Was es mit der Kirchberger Kirche letztlich nur die Kirchberger Urkirche auf die dama- auf sich hatte, wird sich kaum mehr he- lige Mainzer Bistumskirche ausgerichtet. rausfinden lassen. Vor dreißig Jahren war War sie die älteste der drei Kirchen nor- von der „rätselhaften Bergkirche“ die Re-

5 de, weil man weder wusste, wo sie ge- An der Mündung des Flusses Sarno ent- standen hatte, noch wie man sie sich vor- stand ein kleiner Hafen, in dem Waren aus stellen sollte. Doch auch jetzt, nachdem dem Umland verschifft wurden. diese Fragen beantwortet sind, bleibt die Kirchberger Kirche in vielerlei Hinsicht So entwickelte sich Pompeji innerhalb we- weiterhin rätselhaft. niger Jahrhunderte zu einer wohlhaben- den Handelsstadt. 290 v. Chr. wurde die Redensartlich gibt es die Kirche noch im- Stadt von den Römern besetzt. mer, und zwar, wie man glaubhaft versi- chert, in Kilianstädten. Auf die neugierige Es wurden drei Thermenanlagen errichtet Frage, „Wo macht Ihr denn hin?“, könnte und Wasserleitungen aus Blei verlegt. die schnippische Antwort auch heute noch Pompeji verfügte über ein Theater, ein lauten: „Nach Seckbach an die aal Kersch. Odeon und eine Arena. Neben dem Han- del blühten Kunst und Kultur. Die Römer D. Zeh sprachen auch der fleischlichen Lust zu: 13 öffentliche Bordelle wurden bei den Aus- grabungen entdeckt. Im Jahre 62 n. Chr. Unser Ausflug in die Antike wurden weite Teile Pompejis durch ein Erdbeben zerstört. Das Geld aus Rom floss spärlich und so zog sich der Wiederaufbau über Jahre hin. Als im Jahre 79 n. Chr. das endgültige Aus der Stadt durch den Vesuv besiegelt wurde, waren noch nicht alle Schäden des Bebens repariert und die Be- wohner waren noch mit der Sanierung ih- rer Häuser beschäftigt, als das endgültige Ende der Stadt besiegelt wurde. Eine wahrlich interessante und traurige Ge- Unser diesjähriger Busausflug führte uns schichte. am 11.7.2009 in die Antike, zum Pompeja- num in Aschaffenburg. Die Nachbildung in Aschaffenburg ließ uns erahnen in welchem Wohlstand die Pom- Angeregt durch die Ausgrabungen in pejaner lebten. In einer etwa 1stündigen Pompeji ließ König Ludwig I. von Bayern Führung tauchten wir in die Welt der Rö- 1840 bis 1848 diese Idealkonstruktion ei- mer ein. nes römischen Wohnhauses errichten. Wir hatten vor Ort eine Führung gebucht, die uns gekonnt das Leben in Pompeji na- chempfinden ließ.

Pompeji wurde im 6. vorchristlichen Jahr- hundert von den Griechen gegründet. Der fruchtbare vulkanische Boden sorgte für reiche Ernten und es entstand ein lebhaf- ter Handel mit Olivenöl und Wein, der an den Hängen des Vesuvs prächtig gedieh.

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Die von uns gebuchte Führung klärte uns vor den Büsten des Hausherrn Nigidius Vaculla und seiner Frau, deren Kinder und Sklaven über das Leben im Haus einer wohlhabenden Familie auf und vermittelte einen Einblick in deren Aufgaben. Wir wurden mit den Essenssitten bekannt gemacht und über antike Lebensmittel aufgeklärt. Wir staunten über die feine Ausstattung des Hauses, vor allem über die toll bemalten Wände. Wir zogen von Hörstein. Petrus hatte an diesem Tag kei- Zimmer zu Zimmer und machten neue ne gute Laune, es regnete unaufhörlich. Entdeckungen. Dann kamen wir durch das

Atrium, das mit Springbrunnen und Wan- Wir hatten uns mit der Winzerin, Frau Si- delgang den Mittelpunkt des Hauses bil- mon, zu einer Führung durch die Wein- det, das die Kinder auch als Spielplatz berge von Hörstein nach Wasserlos verab- nutzten. redet. Leider hielt der Regen den Grossteil Höhepunkt der Führung war die Verwand- unserer Mitglieder von davon ab, so dass lung unseres Vorsitzenden zum römischen nur ein kleiner Teil der Mitfahrer der Win- Hausherrn, indem ihm vor unseren Augen zerin folgte. Frau Simon verstand es sehr eine Toga angelegt wurde. humorvoll zu erzählen und hatte zu unse-

rer Freude in den Weinbergen Wein der jeweiligen Lage deponiert. Anfangs hatte jeder Teilnehmer ein Probiergläschen er- halten, und so kam es zu den Weinproben in freier Natur. Eine Brezel sorgte für den entsprechenden Grundlage. Nach ca. 1 Stunde hatten wir unser Ziel, die Winzerstube des Weingutes Simon, erreicht, wo uns die Nichtwanderer schon

erwarteten. Nach ausgiebigem Gelage und

und Genuss des Weines brachte uns der Nach der gut 1 ½- stündigen Führung und Besichtigung führte uns der Bus nach

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Bus gegen 22.00 Uhr wohlbehalten wieder nach Hause.

Der Tenor von Allen die mit waren: Es war, wie immer, sehr schön. RB

Herbstveranstaltung © W.Renneisen

Am 4. Oktober 2009 trat Walter Renneisen im großen Saal der Gaststätte Zum Rad „Das römische Reich mit seinem Programm ein Imperium der Landwirtschaft Römische Gutshöfe im „Deutschland, Deine Hessen“ Umfeld von Seckbach“ auf. Er war das High Light in unserer dies- jährigen Veranstaltungsreihe, er ist auf vielen Bühnen in Deutschland unterwegs. Deswegen war es nicht einfach W.Renneisen trotz seiner vielen Engage- ment zu gewinnen. Umso mehr freuten wir uns über einen gut gefüllten Saal. Er ließ ein Feuerwerk nach dem andern ab und dies in hessischer Mundart, Frankfor- derisch, wetterauerisch etc.. Wir erfuhren hierbei einiges von Hessen was uns so nicht bekannt war; es war wie eine Ge- Dieser Titel war das Thema unserer alljähr- schichtsstunde über Hessen. In den 2 lichen, traditionellen Vortragsreihe. Und Stunden seines Auftrittes zeigte er nicht wir konnten dazu wieder unseren Römer- nur seine Qualitäten als Kabarettist son- experten von der Saalburg, Mario Becker, dern dass er auch verschiedene Musikin- dafür gewinnen. strumente beherrscht, egal ob Geige, Kla- vier, Trompete und Schlagzeug. Der Mann Mit den Worten „Wenn die Leute etwas ist ein Genie, man könnte ihm stunden- von den Römern hören, bekommen sie lang zuhören. leuchtende Augen“ begann das Vor- Wir danken Walter Renneisen, dass er sich standsmitglied Dr. Zeh die Begrüßung. - obwohl er abends noch einen weiteren Über 100 Interessierte ließen sich von Auftritt hatte - die Zeit für uns genommen Herrn Becker in seinen Bann ziehen. hat.

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Die landwirtschaftlichen Bedingungen trug, eine römische Kornkammer war. 50 waren hier optimal und die Fruchtbarkeit 000 Soldaten entlang des Limes wollten ja des Bodens rund um die Wetterau ist seit ernährt und finanziert werden. jeher sehr hoch. Außerdem befand sich Auf Platz 18 habe die germanische Provinz Seckbach in direkter Nähe zu der damali- der rentabelsten Annexionen rangiert. Be- gen Residenz Nida, das heutige Heddern- sonders entlang der Nidda habe es eine heim, welches ca. 3000 bis 4000 Einwoh- Menge Höfe gegeben. Bis zu 5oo solcher ner zählte und ein Wirtschaftszentrum bil- Höfe sollen es in Hessen gewesen sein. dete. Wohlhabende Römer oder auch altgedien- Es wird vermutet, dass am Nussgarten, am ter Veteran bekamen die Erlaubnis zum Steinacker und in der Nähe der Steingasse Bau ihrer villa rusticae. Nachdem die ers- sogenannte villa rusticae, also große römi- ten Gewinne eingefahren waren, begann sche Gutshöfe lagen. Für ihre Existenz der weitere Ausbau solcher Villen. sprechen Luftbildaufnahmen, die Nähe zu Für Herrn Becker sind die landwirtschaftli- Frischwasserquellen und der römischen chen Aktivitäten der Römer der Schlüssel Reichsstraße. zur Ökonomie des Imperium Romanum, das zu 90% von Landwirtschaft lebte. Dass in Seckbach und Umgebung noch kaum römische Hinterlassenschaften ent- deckt wurden, führt er auf die jetzige dich- te Besiedlung zurück und auf die Tatsache, dass die Archäologen bis vor einigen Jah- ren noch nicht über die heutigen Mittel verfügten. Außerdem sei römisches Bau- gut nach dem Zerfall des Imperiums gerne zum Bau neuer Häuser verwandt worden. Es sei jedoch nur eine Frage der Zeit, so Herr Becker, bis man auch hier auf römi- sche Hinterlassenschaften stoße. Halten 1 Eingang zur Villa rusticae, 2 Gesinde- sie die Augen offen, sprach Herr Becker zu häuser, 3 Mauern verhindern, dass die seinen Zuhörern, denn bei vielen Bauvor- Nutztiere den Hof verließen, 4 das Haupt- haben würden Spuren früherer Besiedlun- haus; gen aus ökonomischen Gründen gerne übersehen. Die Römer waren immer stolz auf ihre bäuerliche Herkunft und haben mit äu- Der Vortrag war wie immer lebendig und ßerster wissenschaftlicher Genauigkeit bereichert durch viele Dias. Die Zuhörer Landwirtschaft betrieben. Viele Pflanzen gingen begeistert nach Hause, es hätte und Tiere, die wir heute noch kennen, noch länger dauern können. wurden von den Römern aus anderen RB Provinzen hier eingeführt oder hier ange- Neues Material für unser baut. Roggen zum Beispiel, der ursprüng- lich aus Kleinasien stammte, so der Rö- Museum merexperte Becker. Auch glauben die Archäologen, dass das deutsche Sied- Von der Familie Hildebrand-Caspary, lungsgebiet rund um den 550 km langen Leonhardsgasse 14, erhielten wir eine Rei- Limes, das den Namen Germania Superior he von Schriftstücken aus den Jahren von

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1855 bis 1952, die uns Hinweise über das stellvertretender Vorsitzender, Leben in Seckbach bringen. Horst Mütz, verstorben. So wurde 1888 von der Mariengemeinde Ein ausführlicher Nachruf folgt. eine „einmalige außerordentliche kirchli- che Umlage“ erhoben. Ob der seit 1886 neue Gemeindepfarrer Wilhelm Knöll da- mit die neue Orgel bezahlt hat, ist nicht bekannt. Sie war 1886 für 4700 Mark an- geschafft worden. Ferner erhob die Mariengemeinde jährli- che Beiträge von den Gemeindemitglie- dern für das „Grab- und Kirchengeläut“. Über die Zulassung als Ortsbürger in Seck- bach musste der Gemeinderat beschlie- Veranstaltungen im Jahr 2010: ßen. Das Protokoll dieser Handlung diente dem Neubürger als Urkunde. 07.02. Feuerzangenbowle Nach der Planung der öffentlichen Anla- 19.03. Jahreshauptversammlung gen Huthpark und Lohrberg wurde ab 05.05. Grüne-Sosse-Wanderung 1910 von den angrenzenden Grundstücks- 17.07. Tagesfahrt nach Fulda eigentümern Abgaben für die Herstellung 12.09. Strassenfest Wilhelmshö- der Parks erhoben. her Strasse 10.10. Trad.Vortragsveranstaltung Den Angehörigen danken wir für die Über- 26.11. Jahresabschlussfeier lassung der Schriften.

Weitere Unterlagen erhielten wir von un- serem Mitglied Wilfried Nicolaus, der dem Sie erhalten zu allen Veranstaltungen eine Verein ein Riesenpaket von Büchern und Einladung zugesandt. Schriften mit geschichtlichem Inhalt über- gab. Diese einzeln aufzuführen würde den Rahmen dieser Info sprengen. Wir begrüßen unsere neuen An dieser Stelle vielen Dank an Wilfried Mitglieder: Nicolaus für diese Schenkung.

Margot Ott S.Neubauer

Hedwig Kreher

Ute Becker

Eine traurige Mitteilung:

Am 1.Dezember 2009 ist unser

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Impressum: Kultur- und Geschichtsverein 1954 Frankfurt a.M.-Seckbach e.V. Geschäftsstelle Hochstädter Strasse 1a Redaktion: Roland Bolliger Telefon: 069 - 94762157

Email: [email protected] Homepage: www.kulturundgeschichtsverein.de

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