DaF-Szene Korea Nr. 25 ‚... in Korea—

herausgegeben von

und

Berlin & , Mai 2007

Abdruck, auch in Auszügen, nur mit Genehmigung der Autoren

ISSN 1860-4463 Inhalt

Grußwort von Mathias Adelhöfer 4

Michael Menke Vorwort 6

Lydia Schneeberger Cha Bum und die Fratzen verleihen Suwon Flügel (Richard Fratz) 7

Martin Praxenthaler / Thomas Kuklinski-Rhee

Eulen nach Athen, Taekwondo nach Korea? (Udo Mönig) 8

Michael Menke J.S.A. und die Schweizer in Korea (Jürg Winzenried) 11

Martin Praxenthaler ‚Wir sind hier nicht in Korea, sondern im Dogil Maeul.— 14

Birke Dockhorn Der Gelehrte im Herrenhaus (Werner Sasse) 16

Michael Menke Dr. Raimund Royer œ ein Österreicher heilt auf Koreanisch 23

Lydia Schneeberger Und als dann die Haare begannen auszufallen... (Birke Dockhorn) 26

Erik Richter Ausgesandt nach Korea (Schwester Lumine, Pater Bartolomäus Henneke, Emma Freisinger, Schwester Heide Brauckmann) 29

Michael Menke Zuerst gab es kein Visum (Malte Rhinow) 32

Benjamin Barthold Deutsche haben generell und vor allem in der Bierbranche einen guten Ruf (Joachim Felber) 35

Andrea König Von Glück und Glücklichsein, dem Satan in Itaewon, kleinen Männchen mit bösen Outfits und Wein mit Walnussaroma (Michael Richter) 39

Lydia Schneeberger Meilis Delikatessen (Christian Meilinger) 43

Benjamin Barthold Eigentlich wollte ich etwas in Richtung Fotografie machen (Wolfgang Sesser) 45

Lars Hartwig Mit einem Lächeln kommen Sie immer weiter als mit einem zu ernsten Gesicht (Heinz Wagner) 49

2

Heinz Wagner Zwei Herzen schlagen, ach, in meiner Brust (Lars Hartwig) 50

Guido Lindner Ein Gespräch (Guido Lindner, Manuel Wolf) 52

Andrea König Von in Sanssouci, Hunden in Sportoutfit und dem koreanischen Tiger (Nicole Risse) 55

Michael Menke Als Student in Korea (Tobias Bergmann) 59

Carmen Menzel Korea œ Ein Erfahrungsbericht 61

Hendrik Weinert Deutsche Lehrauffassung trifft koreanische Universitätstradition: Ein Erfahrungsbericht 64

Kai Rohs Deutsche in Korea?! œ Eine Umfrage unter koreanischen Studenten 67

Forum

Andrea König Hertz-Schmerz und Schallschwall: Korea auditiv 69

Michael Menke Rezension: Wilfried Ohms, Chimären 73

Andrea König Rezension: Mittelpunkt B2 74

Marcus Stein Tagungsbericht: 11. Internationales Symposium der KGDaF 76

Buchhinweis 79

und sonst ...

Autorenverzeichnis 80

Impressum 82

Kontakte 83

LVK und FALK e.V. g g g g g g g g g g 84

3 Grußwort

Brief aus Berlin zur 25. Ausgabe der ‚DaF-Szene Korea—

Liebe Macherinnen und Macher der ‚DaF-Szene Korea—!

Zum Erscheinen des 25. Heftes der ‚DaF-Szene Korea— möchte ich euch herzlich beglückwün- schen! Als Gründungsvater der Lektoren-Vereinigung Korea (LVK) und der ‚DaF-Szene Korea— freue ich mich sehr, dass ihr dieses Forum mit großem Elan, frischen Ideen und viel Fleiß fortgeführt, weiter- entwickelt und zu neuen Erfolgen geführt habt. Aus dem zarten Pflänzchen eines Lektoren-Rundbriefes ist das stattliche Bäumchen des Lektoren- Magazins geworden; es haben sich allerlei neue Zweige, frische Knospen und saftige Blätter gebil- det und man zieht respektvoll den Hut angesichts des kräftigen Wuchses. Weder beim Erscheinen der ersten Ausgabe der ‚DaF-Szene Korea— im März 1995, noch bei der Gründungsversammlung der LVK am 22. April 1995 in Seoul hätte ich mir träumen lassen, dass aus dieser Initiative, die anfangs sehr kontrovers diskutiert wurde, ein solch lebendiges und nachhaltiges Projekt werden würde. Von den zwölf Kolleginnen und Kollegen, die bei der Gründungsversammlung die Anwesenheitsliste unterschrieben, sind noch eine Kollegin und zwei Kollegen in Korea tätig. Ich bin gespannt, ob es in der aktuellen Ausgabe etwas über sie zu lesen Alsgibt... ich Ende 1996 meine Lektorentätigkeit in Korea beendete, hatten wir gerade Heft 4 der ‚DaF- Szene Korea— zum Thema ‚Germanistik in Korea— mit 50 Seiten herausgegeben. Was in den Jahren danach folgte, steigerte sich von Ausgabe zu Ausgabe. Es fällt mir schwer zu sagen, welches der bisherigen Hefte mein Lieblingsheft ist. Da war zum Bei- spiel Heft 8 (November 1998) zum Thema ‚100 Jahre DaF in Korea—, das ‚nach langer, schwerer Geburt— entstand und Spannendes zur Geschichte des Faches bietet. Oder die Nummer 11 (Juni 2000) mit dem Schwerpunkt ‚Landeskunde— und tollen, immer noch aktuellen Unterrichtstipps! Das Heft ‚Fenster auf Korea‘— (Nr. 12 - November 2000) ist ein kleiner Klassiker mit schnuckeli- gen Beobachtungen des koreanischen Alltags und œ im hinteren Teil des Heftes œ mit sechs span- nenden Konferenzberichten. Auch das Heft ‚DaF und Computer— (Mai 2001) gehört zu jenen, in denen man gerne wieder blättert, nicht zuletzt wegen der Nachricht, dass der DAAD eine Stelle zur Betreuung freier Lektoren geschaffen hat. Es ist gut zu sehen, dass manche Anstrengung von da- mals nach einigen Jahren Früchte trägt... Das Heft zur Fußball-WM (November 2001) ist ebenfalls ein Hit, weil die Austragungsorte inkl. Geheimtipps von Insidern vorgestellt werden. Und so geht das weiter: Mit jedem neuen Heft wächst die Begeisterung und man staunt über die Vielfalt der Themen und die Qualität der Beiträge. Ein echter Meilenstein ist zweifelsohne Heft 21 (Juni 2005) ‚Informationen für Lektoren in Korea—, die ich erstmals im November 1993 herausgegeben hatte und die nun in aktualisierter und erweiter- ter Form erschienen. Die Mischung aus Information und Bericht, aus Diskussion und Essay zu DaF in Korea hat sich bewährt und ist wohl auch das Geheimnis des Erfolgs. Die Leserschaft freut sich von Heft zu Heft auf eine anregende und informative Lektüre. Klar, dass sich angesichts der Fülle unterrichtsprakti- scher Anregungen ganz organisch eine Vertiefung und Verbesserung des eigenen Unterrichts- Repertoires ergibt œ nicht nur in Sachen DaF in Korea, sondern auch die jeweiligen kulturellen Eigenarten und Lerngewohnheiten betreffend.

4 Man sagt den Deutschen ja einen ausgeprägten Hang zur Vereinsbildung nach. Rein statistisch stehen wir in dieser Hinsicht nicht schlecht da: Die Vereinsstatistik von 2005 führt 594.277 in Deutschland eingetragene Vereine (e. V.) auf. Das sind noch längst nicht alle, da viele Klubs, Ge- werkschaften, Stiftungen, GmbHs etc. nicht eingetragen sind. Auch die LVK ist ein nicht eingetra- gener Verein. Durch die Gründung der Schwesterorganisation FALK (Freundes- und Arbeitskreis der Lektoren-Vereinigung Korea) im August 2004 in Berlin und die Eintragung im Vereinsregister des Amtsgerichts Charlottenburg ist die LVK allerdings in die Nähe eines ordentlichen Vereins gerückt. Dies hat unter anderem zur Folge, dass die Zeitschrift nunmehr mit einer International Standard Serial Number (ISSN) versehen ist, was nicht nur eine weltweit eindeutige Identifizierung ermöglicht, sondern auch einen Tantiemenanspruch bei der VG Wort bedeutet, so man dort ange- meldet ist. Ohne den tatkräftigen Einsatz zahlreicher alter und vor allem neuer Helferinnen und Helfer wäre die ‚DaF-Szene Korea— aber längst verblüht und verwelkt. Ohne das ehrenamtliche Engagement der aktiven Mitglieder bei der Organisation und Durchführung der Veranstaltungen der LVK sowie bei der Erstellung des Magazins wäre es nicht möglich, dieses Netzwerk am Leben zu erhalten. Alle Namen zu nennen, die dem Projekt über die Jahre Saft und Kraft verliehen haben, und ihnen einzeln zu danken, wäre einen eigenen Artikel wert. Stellvertretend sei zwei DaF-Recken gedankt, die ich aus meiner koreanischen Zeit persönlich kenne: Mit Humor und Gelassenheit führt der unermüdliche Michael Menke als guter Geist die Geschäfte der LVK fort. Im Hintergrund wirkt Alexander Kneider als Macher der Homepage und sorgt für die aktuelle Verbreitung über das Internet. Der vor einigen Jahren vorausgesagte Tod der koreanischen Germanistik lässt auf sich warten. In der Zwischenzeit vermitteln die Lektorinnen und Lektoren, die Deutschlehrerinnen und Deutschleh- rer in Korea ein vielfältiges und kunterbuntes Bild von Deutschland. Ein klein wenig hilft ihnen dabei auch dieses Magazin, indem es sie anregt und ermutigt, in ihrem Unterricht eine Welt auf- leuchten zu lassen, die von Korea aus gesehen fremd und verlockend zugleich erscheint. Insofern leistet diese Zeitschrift auch Beiträge zur nachhaltigen Akzeptanz Deutschlands in Korea. Das selbstbewusstere Auftreten seit dem Beschluss des Statuts im Dezember 2004 ist also vollauf be- rechtigt: Die ‚DaF-Szene Korea— fördert den fachlichen Austausch und den deutsch-koreanischen Kulturaustausch. Ich bin neugierig auf die nächsten 25 Hefte! Wohlan denn, macht alle fleißig mit, und es wird gelingen!

Mathias Adelhoefer (Zeichnung aus DaF-Szene Korea Nr.3, April ´96)

5 Vorwort

Michael Menke

Nein, mit Visa-Angelegenheiten, wie es viel- Die deutschsprachigen Personen unter den leicht das Titelblatt vermuten ließe, hat diese Ausländern sind also eine ziemlich kleine Ausgabe nur am Rande zu tun. Eigentlich Gruppe, und wenn wir nun hier noch die ‚Be- aber doch, denn jeder Ausländer, der länger in sonderen— herausfiltern wollen, ergibt sich Korea bleiben möchte, braucht nun mal so ein natürlich ein sehr kleiner, aber feiner Perso- Visum. Und damit sind wir bei unserem nenkreis, der meist sogar etwas im Verborge- Thema ‚ ... in Korea—. Wir möchten in diesem nen seinen Tätigkeiten nachgeht. Heft Deutsche, Österreicher und Schweizer Nicht alle konnten wir in der kurzen Zeit, die vorstellen, die sich über einen längeren Zeit- uns für Recherche, Interviews und Telefonate raum in Korea aufhalten und hier etwas tun, zur Verfügung stand, erreichen. So fehlen ein was man vielleicht nicht als ‚normale Tätig- paar Personen, von denen man vielleicht auch keit— bezeichnen würde (mit ‚normal— meinen schon einmal gehört hat, z.B. Lee Cham (frü- wir in diesem Fall diejenigen, die für Firmen her Lee Han-Uh), ein Deutscher (jetzt aller- in Korea tätig sind, und natürlich uns Lekto- dings Koreaner), der manchmal in Fernseh- rInnen und LehrerInnen). sendungen zu bewundern ist, des Weiteren ein Die meisten Ausländer in Korea sind ameri- deutscher Tauchlehrer auf Cheju-do oder ein kanische Soldaten, also auch nicht unbedingt Hersteller von Bienenwachs in der Nähe von der Typus von ausländischen Beschäftigten, Kwangju. Aber vielleicht finden unsere Leser den man normalerweise in einem industriali- in Korea noch selbst den einen oder die ande- sierten Land hat. In den letzten Jahren hat sich re, mit dem/der man ‚hier— eigentlich gar aber auch die Zahl der ausländischen asiati- nicht gerechnet hätte. schen Arbeiter erhöht, die meist in kleinen Wir hoffen auch, dass diese Texte und Inter- oder mittleren Betrieben beschäftigt werden views vielleicht auch dem DaF-Unterricht ein und dort die bei Koreanern eher unbeliebten wenig nützen, als ‚Deutsche Landeskunde in Arbeiten machen. Die meisten kommen aus Korea—. China und den südostasiatischen Ländern. Sieht man sich die Zahlen der Ausländer in Noch einmal zurück zu den Visa-Fragen: Korea an, so stellt man unweigerlich fest, dass Formulare, Informationen über Aufenthalts- es nicht allzu viele aus den deutschsprachigen bestimmungen etc. finden Sie auf der Website Ländern sind. Nach Informationen der jewei- http://www.immigration.go.kr/ , koreanisch ligen Botschaften halten sich derzeit etwa und englisch. 1500 Deutsche, 130 Österreicher und 100 Schweizer mit Resident-Status in Korea auf. Allein der Stadtstaat Singapur mit seinen zwei Millionen Einwohnern kann diesen Deutsch- Viel Spaß beim Lesen unserer 25. Ausgabe Anteil locker überbieten. wünscht das Redaktionsteam!

6 Cha Bum und die Fratzen verleihen Suwon Flügel Der deutsche Trainer Richard Fratz und Asiens Fußballer des 20. Jahrhunderts Cha Bum-Kun wollen die Bluewings zu einem der besten Klubs der Welt machen.

Lydia Schneeberger

Familie Fratz

Du bist seit Anfang 2006 Konditions- und und war die ersten 6 Wochen nur unterwegs; Rehatrainer in Südkorea und kümmerst dich Trainingslager im Süden in Nameh, in Ku- als diplomierter Sportwissenschaftler um die mamoto in Japan und eine Woche in Xian in verletzten Spieler und die Fitness der Suwon China. Im März kam dann meine Familie Samsung Bluewings. Wie kommt man zu so nach und alles bekam einen geregelteren Ab- einem Job? lauf, soweit es den im Fußball gibt. 2001 hatte ich Cha Du-Ri, Cha Bums Sohn, in Kann man sagen, dass sich im Sport die Men- der Reha in Deutschland. Vor der WM 2002 talität der Koreaner zeigt? in Korea wurden viele verletzte Spieler in das Nach einem Erfolg strahlen immer alle im Rehazentrum Sporeg nach Frankfurt ge- Verein. Das mag ich an den Koreanern so schickt. So haben Cha Bum und ich uns ken- sehr. Sie können sich nach einem Sieg irrsin- nen gelernt. Im Dezember 2005 hat mich nig freuen und nach einer Niederlage so rich- dann seine Frau angerufen, ob ich nicht im tig traurig sein œ aber nur einen Tag und dann Klub als Trainer arbeiten wolle. Ich konnte es herrscht wieder Aufbruchstimmung. Ich den- am Anfang gar nicht glauben, es kam doch ke, der Sport zeigt die Mentalität der Korea- sehr überraschend und klang alles eher nach ner sehr gut. Sie versuchen immer, das Beste versteckter Kamera. aus einer Situation zu machen, auch wenn Wie war deine erste Zeit im Land der Mor- einmal etwas schief geht. Oder noch besser ist genstille? vielleicht die Beschreibung, dass Koreaner Von Morgenstille habe ich hier nichts mitbe- wie dünne Aluminiumtöpfe sind; sie sind kommen. Am 15. Januar bin ich eingeflogen schnell heiß, aber auch wieder sehr schnell

7 kalt. Man kann Koreaner für eine Sache be- gegessen hat. Zu Hause hat jedoch seine Frau geistern, aber wenn man sie verletzt, dann die koreanische Küche nicht vergessen. lassen sie einen auch schnell wieder fallen. Konnte sich die Familie Fratz schon an die Viele koreanische Schüler sind natürlich lei- koreanische Kost gewöhnen? œ Sauerkraut denschaftliche Fußballfans, und oft wollen sie bereits durch Kimchi ersetzt? im Deutschunterricht Beckenbauer, Schwein- Ja, uns schmecken die koreanischen Speisen, steiger, Klinsmann oder Ballack genannt und wir gehen oft ums Eck Samgyeopsal gril- werden. Cha-Bum ist aber mit Abstand der len. Meine Frau Claudia kann so gut wie alles beliebteste Name. Er war sehr erfolgreich in essen, und Antonia und Jonathan knabbern Deutschland, und darauf ist man hier in liebend gerne getrocknete Tintenfische. Wenn Korea mächtig stolz. Hat der Star auch heute wir nach Hause fahren, haben wir immer ein noch einen Deutschland-Bezug? paar Packungen dabei, und in Deutschland Ja, er hat noch viele Freunde in Deutschland, laufen bereits die ersten Mutproben. freut sich immer sehr über gute Leistungen Was wünschen sich die Fratzen für Korea und der Deutschen, und seine Leidenschaft für Deutschland? Golf verbindet ihn hier in Korea mit der Wir waren im November an der DMZ. Das deutschsprachigen Community. Cha Bum hat war alles sehr traurig und spannend zugleich, die Zeit in Deutschland recht genossen. Seine und ich hoffe, das Land findet wieder zu- Kinder sprechen perfekt Deutsch, was sie aber sammen. Was den Fußball betrifft, so wün- auch können müssen. Seine Tochter Han-Na schen wir uns natürlich den Sieg für unseren arbeitet bei der Lufthansa in Seoul, und sein Klub œ viele Spiele wie das am 9. April. Wir Sohn Du-Ri spielt in Mainz; Set-Chi studiert haben im World Cup Stadion 1:0 gegen Seoul in der Schweiz. gewonnen. Dieses Game war echt der Ham- Klingt nach einer sehr internationalen Fami- mer. 53.179 Zuschauer sind Rekord für ein lie! Und wie ging es der koreanischen Stür- Vereinsspiel in Korea. Die Fifa hat Suwon merlegende mit der deutschen Küche? zum Team der Woche erklärt. Alles strahlte Die deutschen Speisen haben ihm keine Prob- und war megastolz! leme bereitet. Rippchen mit Kraut ist eine Spezialität in Frankfurt, die er sehr gerne www.fcbluewings.com

Eulen nach Athen, Taekwondo nach Korea?

Udo Mönig trainiert koreanische Kampfsportler

Martin Praxenthaler / Thomas Kuklinski-Rhee

In den Achtzigern war der Koreaner Bum-kun Wie bist du denn überhaupt zum Taekwondo Cha im deutschen Fußball ein populärer gekommen? Exot. Geht es dir als deutschem Taekwondo- Angefangen habe ich als Jugendlicher. Nach Meister in Korea ähnlich? dem Abi war ich vier Jahre bei der Bundes- Nein, das kann man überhaupt nicht verglei- wehr, in der Sportförderkompanie in Sontho- chen. Ich nehme ja auch schon lange nicht fen. Damals hieß sie noch ‚Sportschule—, eine mehr aktiv an Wettkämpfen teil, sondern trai- Kaderschmiede des deutschen Leistungs- niere Sportstudenten. Ein Unikum bin ich sports. Dort habe ich zusammen mit Georg wahrscheinlich schon in der koreanischen Streif, dem späteren Taekwondo-Bundes- Taekwondo-Szene, aber sicher alles andere trainer trainiert. Zum Schluss war ich Stabs- als ein Star. unteroffizier, aber ich hatte wirklich nicht so

8 viel mit dem Bundeswehrbetrieb zu tun. Da- meinem Taekwondo-Lehrer aus München, der mals haben wir fast nur trainiert œ ich war selbst in den 70er Jahren zweimal National- auch einmal in Korea zum Training œ und trainer Koreas war. Kim Sae-kyok war zu Wettkämpfe bestritten. Als es 1987 bei der dieser Zeit sicherlich der beste Trainer der Deutschen Meisterschaft nur für den 2. Platz Welt, und das damalige Team war das beste, gereicht hat und ich mir im Jahr danach auch bei dem ich je trainiert habe. Die Schule dort noch die Hand gebrochen habe, war ich raus. hat an die zwanzig Weltmeister produziert. Dann habe ich mir erstmal ein One-way- Obwohl dort alle Highschool-Kids waren, Ticket nach Pakistan gekauft und bin dort in hatte ich es schwer mitzuhalten. Da habe ich die Berge gegangen. mehr gelernt als in all den Jahren zuvor in … um dann als Taekwondo-Moses nach Deutschland. Gearbeitet habe ich in dieser Korea hinabzusteigen? Zeit als Deutschlektor an verschiedenen Na ja, natürlich nicht. Das erstklassige Taek- Highschools um meinen Aufenthalt zu finan- wondo hier hat mich fasziniert, und deshalb zieren. Später hatte ich dann zusammen mit bin ich zum Training und Lernen gekommen. meinem Freund Steve Capener einen Taek- Eine Laufbahn als Taekwondo-Lehrer in wondo-Club an der Ehwa. Gearbeitet habe ich Korea stand ja überhaupt nicht zur Debatte. dann an der Kyongnam-Uni in Masan. Die Ich war dann beim berühmten Dong-seong- Deutschabteilung dort wurde aber geschlos- Highschool-Team von Kim Sae-kyok, dem sen, und ich ging an die Mogwan in Daejeon. heutigen Cheftrainer des Samsung-Teams. Ihn Dort ist mir dann angeboten worden, Taek- kannte ich schon von meinem vorherigen wondo zu unterrichten. Besuch. Er ist auch Schüler von Ko Eui-min,

Udo Mönig Bist du immer noch dort tätig? do-Dojang in Korea, in dem ausdrücklich Nein, seit etwa zwei Jahren arbeite ich als keine koreanische Nationalflagge hängt. Der Taekwondo-Professor an der Youngsan-Uni wollte an seiner Uni zeigen, dass Taekwondo in . Das ganze beruht auf einer Initia- œ wie Fußball auch œ längst ein internationaler tive von Prof. Gu Hyo-song, der 16 Jahre in Sport ist. Beispielsweise gibt es in der Türkei Deutschland gelebt und in Hamburg promo- über eine Million Taekwondo-Kämpfer, auch viert hat. Er spricht fließend Deutsch, und wir im Iran ist der Sport sehr populär, er kommt haben den wahrscheinlich einzigen Taekwon- gleich nach Fußball. Dafür wollte Prof. Gu 9 einen ausländischen Lehrer. In ganz Korea denten. Die Studenten machen dort einen kamen für so einen Job nur etwa drei Perso- B.A. in Physical Education mit dem Haupt- nen in Frage, und die Wahl fiel schließlich auf fach Taekwondo. Wir haben inzwischen mich. schon Austauschprogramme mit England, Und wie finden das die Koreaner, dass Ihnen Irland und Deutschland aufgebaut. Gerade im eine Langnase zeigt, wie man kickt? Januar war ich mit dem Uni-Team bei Wett- Am Anfang gab es schon gewaltige Probleme. kämpfen in Tübingen, Bad Windsheim und in Das ging sogar soweit, dass mir die Auslän- Berlin, und im Januar war der erste deutsche derbehörde kein Visum erteilen wollte, bis der Austauschstudent bei uns (wenn auch mit Uni-Präsident dort persönlich intervenierte. gewissen Anlaufschwierigkeiten). Der Aus- Vielen Taekwondo-Leuten war es auch nicht tausch beinhaltet neben dem Besuch von recht, einen Ausländer in ihre Kreise aufzu- Trainingseinheiten auch Sprachkurse. Ich soll nehmen. Das hat sich aber mittlerweile gelegt. das Training eigentlich auf Englisch leiten. An der Abteilung gab es sowieso nie Schwie- Trotzdem muss ich viel Koreanisch im Unter- rigkeiten. Die Studenten schätzen es auch, richt benutzen, für die Trainingskommandos wenn sie der Trainer nicht nur scheucht, son- sowieso, aber auch manchmal für Erklärun- dern zusammen mit ihnen schwitzt. Das gen. Ich habe jetzt auch erst eine befristete macht fast kein Koreaner an koreanischen Stelle, aber man hat mir eine feste Anstellung Universitäten. in Aussicht gestellt, wenn ich einen M.A. in Bist du nur für das praktische Training zu- Physical Education mache. ständig? Wie ist es mit dem theoretischen Denkst du auch mal daran, wieder nach Überbau traditioneller ostasiatischer Philo- Deutschland zurückzukehren? sophien und Meditationstechniken? Das ist schwierig und ich habe sowieso keine Die sogenannte „Philosophie“ in der Kampf- Lust, in Deutschland zu leben. Grundsätzlich kunst beruht eher auf einer Verwechslung erwarten die meisten Schüler außerhalb Kore- oder manchmal auch Vermischung mit loka- as einen Koreaner oder zumindest Asiaten als len Traditionen. In den japanischen Kampf- Trainer œ so wie hier ein Englischlehrer west- sportarten, wie Kendo und auch ein bisschen lich aussehen soll. Dazu kommt, dass es in im Karate, sind das neben anderen Aspekte Deutschland die öffentlichen Vereine gibt und des lokalen Zen-Buddhismus. Taekwondo hat kaum jemand für professionellen Sportunter- meist die Verhaltensregeln des Konfuzianis- richt Geld ausgeben will. Und die echten Stel- mus übernommen und verkauft das jetzt als len im Verband sind rar, es gibt nur fünf bis „Kampfsport-Philosophie“. Hinzu kommen zehn bezahlte Trainerjobs im Bund und in oft noch sehr militaristische Aspekte im Bayern. Und das, was ich zur Zeit mache, ist Kampfsport (in China, Japan und Korea), weil auch wirklich einzigartig œ und es macht mir sie halt doch eher bei Soldaten entstanden Spaß. Als Ausgleich habe ich noch mit einem sind als in Tempeln. Taekwondo wurde als Freund ein Fitness-Center auf Ko Samui in koreanischer Nationalsport natürlich auch Thailand aufgemacht. Vielleicht wird da ja immer sehr vom Militär gefördert. Seine mal mehr draus. Wurzeln liegen im Karate, was aber natürlich nicht offiziell verbreitet wird. Geschichte und Udo Mönig lebt seit 1990 in Korea. Neben Philosophie wurden aus verkaufstechnischen seiner Tätigkeit als Deutschlektor und Taek- und Propagandagründen sehr verschleiert und wondo-Lehrer machte er einen B.A. in Asian umgeschrieben, aber das gilt nicht nur für Studies an der Universität of Maryland (Seoul Taekwondo. In all den Jahren in Korea ist mir Campus, Yongsan) und beschäftigte sich auch jedenfalls noch keiner beim Meditieren be- mit ‚North Korean Studies—. Vom nächsten gegnet und wenn, dann hätte ich wahrschein- Semester ab studiert er Sportwissenschaft an lich sowieso nur darüber gelacht. der Keimyang-Universität in Daegu. Udo Bitte beschreib doch einmal kurz eure Taek- Mönig ist mit einer Thailänderin verheiratet wondo-Abteilung. und hat einen kleinen Sohn. Es gibt außer mir zwei ordentliche koreani- sche Professoren für insgesamt etwa 100 Stu-

10 J.S.A. und die Schweizer in Korea

Interview mit Generalmajor Jürg Winzenried von der Schweizer Delegation der Neutral Nations Supervisory Commission in Korea

Michael Menke

Spätestens durch den koreanischen Film choslowakei (von Nordkorea nominiert). Es ‚Joint Security Area" (J.S.A.), der 2001 in die waren dies Länder, die selbst nicht am Korea- Kinos kam, wurde man daran erinnert, dass krieg teilgenommen hatten und damit neutral seit Ende des Koreakriegs 1953 eine schwei- waren. Die vier Staaten erfüllten ihre Aufga- zerische Abordnung an der innerkoreanischen ben gemeinsam: Zur Überwachung der Kon- Grenze Dienst tut. Diese Gruppe ist Teil der trollposten in Süd- und Nordkorea bildete ‚Neutral Nations Supervisory Commission— man Inspektionsteams. Sie waren und sind (NNSC). aber keine UN-Blauhelme, denn die UNO war Das Waffenstillstandsabkommen zwischen im Koreakrieg kriegsführende Partei auf Sei- den kriegsführenden Parteien œ im Süden das ten Südkoreas, geführt von den USA mit Be- UN Command, im Norden die Korean People teiligung weiterer Länder wie Kanada, Aust- Army und die Chinese People Volunteers œ ralien, Großbritannien, Frankreich, Südafrika, wies der NNSC ursprünglich Kontroll-, Beo- Belgien oder Luxemburg. Als Armeeangehö- bachtungs-, Inspektions- und Untersuchungs- rige ihres Landes haben die NNSC Delegier- funktion zu. Diese weit reichenden Funktio- ten ihren militärisch-diplomatischen Auftrag nen wurden jedoch bereits zu Beginn der unparteiisch zu erfüllen. Mission darauf reduziert, an einzelnen Kon- Zu Beginn dieses Einsatzes war das Kontin- trollposten den Nachschub von Militärperso- gent noch umfangreich, so reisten 1953 etap- nal und Kriegsmaterial nach Nord- und Süd- penweise 146 Schweizer nach Korea. Ab korea zu überwachen sowie vermutete oder 1956 wurden von der NNSC keine eigenstän- gemeldete Verletzungen des Waffenstillstan- digen Kontrollen mehr durchgeführt, sondern des zu untersuchen. lediglich Berichte verifiziert und an die Waf- Am Anfang beteiligten sich vier Nationen: fenstillstandskommission weitergeleitet. Da- Schweden und die Schweiz (vom UN Com- mit reduzierte sich auch die Zahl des mand vorgeschlagen), Polen und die Tsche- Personals, 1956 je Land 14 Mitglieder, 1960

11 neun, 1978 sechs Personen. Nach dem Um- persönlich habe, bevor ich nach Korea ge- bruch in Osteuropa und dem Ende des sozia- kommen bin, 17 Jahre in einer Bank gearbei- listischen Systems mussten sich 1993 die tet. Ich wollte nun aber einerseits nochmals Tschechoslowakei und 1995 Polen auf Druck eine Tätigkeit außerhalb der Schweiz (ich Nordkoreas aus der Kommission zurückzie- habe vorher bereits unter anderem in den Nie- hen. Polen entsendet in aller Regel zweimal derlanden, Großbritannien und den USA ge- pro Jahr eine Delegation für eine Plenarsit- arbeitet) aufnehmen und œ auch ganz bewusst zung der NNSC nach Panmunjom. Die Dele- als Alternative zu meiner bisherigen Tätigkeit gation reist aufgrund der politischen Wetter- œ einen Einsatz im Bereich der Friedensförde- lage allerdings über Südkorea ein. rung leisten. Es bleiben bis heute je fünf Schweizer und Welchen militärischen Rang haben die Perso- Schweden, die an der innerkoreanischen nen, die diesen Dienst ausführen? Grenze in Panmunjom stationiert sind. Ihre Zurzeit leisten ein Major General als Delega- Hauptaufgabe besteht aktuell darin, Präsenz tionschef, ein Oberst als stellvertretender De- zu zeigen und zu verdeutlichen, dass das Waf- legationschef, ein Major als Sekretär, ein fenstillstandsabkommen immer noch gültig Major als Quartiermeister und ein Hauptmann ist. Seit 2005 erfüllen die NNSC Offiziere als Camp- und Operationsoffizier Dienst in zusätzliche Aufgaben, welche der Aufrechter- der Schweizer Delegation. haltung des Waffenstillstandes dienen, indem Was sind heute Ihre konkreten Aufgaben oder sie z. B. die jährlichen Manöver der südkore- Ihre Tätigkeitsfelder? Als Außenstehender anischen und amerikanischen Streitkräfte würde ich annehmen, dass für Ihre eigentliche überwachen oder an der Inspektion der Beo- Aufgabe (Beobachtung von Waffenstillstand- bachtungs- und Wachtposten auf der Südseite verletzungen, …) nicht so viel Arbeit anfällt. der militärischen Demarkationslinie mitwir- Neben den bereits erwähnten Aufgaben, wel- ken. Das Schweizer Kontingent setzt sich aus che einerseits im Armistice Agreement aus einem Diplomaten, welcher der Gruppe vor- dem Jahre 1953 definiert oder 2005 neu zuge- steht und drei bis fünf Jahre bleibt, sowie aus teilt wurden, besteht ein großer Teil unserer vier Reserveoffizieren, die ein oder zwei Jah- Arbeit aus ‚Öffentlichkeitsarbeit“. Wir emp- re Dienst tun, zusammen. fangen pro Jahr viele Delegationen mit ‚offi- Wir wollten wissen, ob diese Aufgabe jemals ziellen Besuchern“ (z.B. Regierungs- und so heikel war, wie es im Film ‚J.S.A.— zu Parlamentsmitglieder, Militärs, Vertreter der sehen ist. Vielleicht erinnert sich der Leser an Wirtschaft) aus aller Herren Länder und in- den markanten Satz des Schweizer General- formieren diese Besucher über den Waffen- majors Botta, in dem auch das einzige deut- stillstand, die gegenwärtige politische Situati- sche Wort im Film zu hören ist: ‚This armed on auf der koreanischen Halbinsel sowie die chair is not so comfortable anymore after this Aufgaben der NNSC. nasty incident. Scheiße!“ Besteht für Ihren Dienst in Korea noch eine reale Notwendigkeit, oder ist die Tätigkeit der Herr Winzenried, wir haben dazu noch einige NNSC eine eher ‚historisch gewachsene— Fragen: Wie wird das Personal in der Aufgabe (mir fällt da als anderes Beispiel, Schweiz für diesen Dienst rekrutiert? Meldet das vielleicht etwas hinkt, die Schweizergarde man sich freiwillig zu diesem Dienst? Was des Papstes, ein) sind die Voraussetzungen? Hatten Sie persön- Es ist richtig, dass ein Teil der Aufgaben der lich den Wunsch nach Korea zu gehen? NNSC vor allem symbolischen Charakter hat. Bei den Schweizer Delegationsmitgliedern Da die von uns wahrgenommenen Kontroll- handelt es sich ausschließlich um Freiwillige. und Informationsaufgaben nach Ansicht des Voraussetzungen für einen Einsatz in der UN Commands und der Regierungen Schwe- NNSC sind gute Englischkenntnisse, mindes- dens und der Schweiz der Aufrechterhaltung tens den Grad eines Hauptmannes in der des Waffenstillstandes dienen, steht eine Auf- schweizerischen Armee, eine stabile psychi- hebung der NNSC gegenwärtig nicht zur Dis- sche Verfassung sowie das Bestehen eines kussion. vierwöchigen Vorbereitungskurses. Ich

12 Ihr ‚Arbeitsplatz— in Korea liegt, im Gegen- arbeiten ausschließlich mit der Military satz zu dem anderer Ausländern, die in Seoul Armistice Commission der UN (UNCMAC), oder anderen Städten tätig sind, in einem eher also der Südseite zusammen. Seit 1995 über- spärlich besiedelten Gebiet. Gibt es da queren wir auch die Military Demarcation manchmal so etwas wie Langeweile? Line nicht mehr. Ich persönlich bin seit Mitte September 2006 Ist Ihre Tätigkeit in Korea in der Schweiz in Korea im Einsatz und mir war es in der bekannt? ganzen Zeit bisher noch nie langweilig. Unse- Ja, in der Schweiz erscheinen gelegentlich re Arbeitszeiten und damit auch die Belastung Presseberichte über die Schweizer Beteili- lässt sich durchaus mit der Belastung in unse- gung in der NNSC. Gerade im Anschluss an ren früheren Tätigkeiten in der Schweiz ver- den Nukleartest der Nordkoreaner im Oktober gleichen. Für die Freizeit verfügen wir über 2006 gab es diverse Artikel in den wichtigsten eine sehr gute Infrastruktur und verbringen Zeitungen der Schweiz. Durch regelmäßige die freien Stunden mit Lesen, im Fitnessraum, Besuche von Schweizer Parlamentariern und beim Fernsehen und natürlich auch mit der hohen Offizieren der Schweizer Armee wird Kontaktpflege mit den Familien/Freunden die NNSC als wichtiger, langjähriger Beitrag über E-Mail in der Schweiz. Die Wochenen- der Schweiz zu Frieden erhaltenden Missio- den verbringen wir in aller Regel in Seoul. nen in Erinnerung gerufen. Wir haben nämlich auch in Seoul, mitten in Haben Sie den Film JSA gesehen? der Stadt, eine Unterkunft, welche wir von Ja, natürlich. Das Ansehen des Films ist ein Freitagabend bis Sonntagabend benutzen. Bestandteil unseres Einführungsprogramms Wenn ich es richtig verstanden habe, ist Ihr hier in Korea. Wir werden auch heute noch, Einsatzort direkt im Grenzbereich. Die also mehr als sechs Jahre nach dem Erschei- Schweiz wurde damals von Südkorea vorge- nen des Films, von vielen Koreanern auf den schlagen, an der NNSC teilzunehmen. Heißt Inhalt des Films angesprochen. das aber auch, dass Sie die innerkoreanische Gab es in der Vergangenheit irgendwelche Grenze überqueren können? (Ich habe da den Zwischenfälle? Status der alliierten Truppen in Berlin im Glücklicherweise gab es seit Bestehen der Kopf, die sich seinerzeit in allen Berliner NNSC keinen einzigen Zwischenfall im Sektoren bewegen konnten). Haben Sie dann NNSC Camp. Die letzten gravierenden Zwi- auch Kontakte zu Nordkoreanern, oder be- schenfälle in der Joint Security Area liegen schränkt sich Ihre Aufgabe auf die ‚Südsei- schon viele Jahre zurück. te—? Seit 1995 haben die NNSC Offiziere keine Kontakte mehr mit den Nordkoreanern. Wir Herr Generalmajor, vielen Dank!

13 ‚Wir sind hier nicht in Korea, sondern im Dogil Maeul!— Deutsche Rentner machen mobil.

Martin Praxenthaler

Haus der Familie Straus-Kim Seit knapp vier Jahren geistert das deutsche dass vielleicht nicht nur Dankbarkeit die trei- Dorf auf Namhae durch die deutschen Me- bende Kraft war: ‚Namhae ist unterbevölkert, dien. Der bisweilen kaum verhüllte Spott über und der Aufschwung hat es nicht hierher Giebel und Gartenzwerge paart sich dabei mit geschafft. Ein deutsches Dorf aber könnte dem Hohelied des deutschen Drehkippfen- Touristen anziehen.— In ganz Asien stehen sters. Während die Deutschen ständig um Nachbauten europäischer Architektur als Tou- Qualität bemüht seien, ‚pfuscht der Koreaner, ristenattraktion, warum nicht auch ein deut- wo's geht—, konstatiert eine ehemalige Kran- sches Dorf in Süd-Südkorea, in dem auch kenschwester Ende April 2007 im ‚Weltspie- noch ein paar echte Deutsche wohnen? gel— der ARD, die an sich selbst nur noch ihr Diese Rechnung ging auf, zumindest für die- Aussehen als koreanisch bezeichnet. Auch jenigen, die sich einen ordentlichen Gewinn dem Reporter der ‚Zeit— hat es dieser phoneti- von den Exoten aus dem fernen Deutschland sche Stolperstein angetan, wenn ein koreani- und ihren Häusern versprachen. Am Wochen- scher Rückkehrer sich über die handwerkliche ende stauen sich schon seit einiger Zeit Ko- Qualität in seinem Heimatland äußert: ‚Alles lonnen von Reisebussen und Privatwagen in Pfusch!— (42/2005) Vielleicht wird ja ein den granitbegrenzten Straßen. Lehnwort draus œ erst ‚albeit—, dann ‚pu- Und wenn die Touristen unterwegs im Dorf sche—? sind, werden Grenzen überschritten, Garten- Aus Dankbarkeit habe der frühere Landrat zwerge zu Invaliden gemacht und Blumen aus von Namhae das Projekt ‚Dogil Maeul— ange- den Beeten gerupft. Nicht selten sind hinter stoßen, das zumindest einigen der vor bald den Häusern hockende Hinterteile zu erspä- vier Jahrzehnten nach Deutschland ausge- hen. ‚Alles Koreaner, die hier nichts zu su- wanderten Krankenschwestern und Bergarbei- chen haben—, so Armin Theis, der zweite der tern einen Altersruhesitz in der alten Heimat drei gebürtigen Deutschen im Dorf, ebenfalls ermöglichen sollte. Die ‚Zeit— spricht aus, im ‚Weltspiegel—. Das geht den Einwanderern 14 aus Deutschland natürlich schwer gegen den Reporter konfrontiert, interessiert ihn nicht. Strich, zumal nach Angaben von Ludwig Das Fernsehteam leistet Waffenbrüderschaft Straus-Kim, einem der drei gebürtigen Deut- und ‚stellt die Eindringlinge—, die dann schen, ursprünglich eine Begrenzung des ‚schuldbewusst abziehen.— Tourismus auf ein Gästezimmer pro Haus Das Klima scheint grundsätzlich vergiftet. vereinbart war. So hat er sich seinen Ruhe- Ludwig Straus-Kim jedenfalls hat nicht vor, stand jedenfalls nicht vorgestellt, zumal auch seine Zukunft im Belagerungszustand zu andere Versprechungen wie etwa eine für verbringen. Längst ist ihm aus anderen Ge- einen Altersruhesitz adäquate Infrastruktur genden angeboten worden, sich dort niederzu- nicht eingehalten worden seien. ‚Koreanische lassen. Auf eine Sendung im koreanischen und deutsche Menschen sind unter Vorgaben Fernsehen folgten zwar nach Auskunft von hierher gelockt worden, die überhaupt nicht Straus-Kim böse Briefe aus ganz Korea zu- eingehalten werden—, so Straus-Kim. Unter gunsten der Deutschen, doch die scheinen die dem Eindruck der steigenden Touristenzahl Verwaltung nicht sonderlich beeindruckt zu würde wohl auch die Marke ‚deutsches Dorf— haben. Die Antwort der Verwaltung auf seine zunehmend verwässert, jedenfalls entstünden Drohung, das Haus zu verkaufen und zu immer mehr Gebäude œ in erster Linie ganze gehen, sei entwaffnend ehrlich gewesen: Gästehäuser œ, denen etwas ‚typisch Deut- ‚Verkaufen Sie und gehen Sie. Das Haus sches— nicht mehr anzusehen sei. Es gehe halt bleibt ja da.— Abnehmer gäbe es wohl genug, ums Geldverdienen. Naja, um was sonst, und Namhae den Rücken zu kehren, fiele ihm möchte man sagen. nicht schwer, wohl aber Korea: ‚Ich habe hier Das Dorf ist jetzt tief gespalten zwischen de- so viele Freunde und Bekannte, wie ich in nen, die ihre Beete pflegen und ansonsten ihre meinem Leben in Deutschland nicht hatte.— Ruhe haben wollen, und eben denen, die in Schon in Deutschland war er im deutsch- den Touristen eine willkommene Verdienst- koreanischen Freundeskreis tätig, auch jetzt möglichkeit sehen. Straus-Kim scheut sich noch arbeitet er bei der Hörerecke der deut- nicht œ wie in einer Rundmail an Bekannte in schen Redaktion von KBS mit. Im Sommer Deutschland kundgetan œ, Vertreter der Ge- will er sich entscheiden. genpartei auf der Straße als ‚Verbrecher, hin- Im Mai fand im Hilton Resort auf Namhae terlistige Betrüger und Dreckschweine— zu eine internationale Konferenz zum Thema beschimpfen, die von einer ‚Diktatur- und ‚Active Aging— statt. Darunter haben sich die Betrugsverwaltung— gedeckt würden. Armin deutschen Rentner in Dogil Maeul sicher et- Theis berichtet in der ARD, wie er eine Ver- was anderes vorgestellt. waltungsangestellte an den Schultern gepackt und aus dem Haus befördert habe œ ‚ich habe reagiert, wie ein Deutscher im eigenen Haus reagiert. Wir sind hier nicht in Korea, wir sind im Dogil Maeul!— Im ‚Auslandsjournal— des ZDF vor einem Jahr reagierte ein Vertreter der Verwaltung noch einigermaßen höflich und merkte an, die Deutschen seien wohl noch nicht in Korea angekommen. Wegen der Touristen, die offenbar zwischen öffentlichem und privatem Raum anders un- terscheiden als Deutsche, hat Straus-Kim jetzt die Gartenzwerge in die Garage gestellt und Stacheldraht ausgerollt. Armin Theis hat eine Straßensperre aufgebaut und gibt zu Proto- koll, er habe bei den Feldjägern gelernt, wie man Fahrzeuge zum Anhalten bringt. Der von koreanischer Seite geäußerte Vorwurf der Der ganz normale Wahnsinn: Sonntäglicher Be- Nazi-Methoden, mit dem ihn der ARD- sucheransturm in Namhae

15 Der Gelehrte im Herrenhaus

Interview mit Werner Sasse

Birke Dockhorn

Professor Dr. Werner Sasse hatte bis 2006 aus Leidenschaft ist etwas anderes, und Wer- eine Professur für Koreanistik am Asien- ner Sasse erklärt es mir dann so: Afrika-Institut der Universität Hamburg. Ich bin ja nach Hause gekommen. Was habe Nach seiner Emeritierung kam er nach Korea ich denn in Deutschland gemacht? Morgens und richtete sich in Changpyeong in der Nähe aufstehen, die Kaffeemaschine anmachen, das von Gwangju ein traditionelles koreanisches Internet anmachen, reingehen und erstmal Haus wieder her. Ich sprach mit ihm dort über koreanische Zeitungen lesen. Dann bin ich in seinen Lebensweg, seine Einstellung zu Ko- die Uni gegangen und hab da den ganzen Tag rea, über Korea früher und heute, über das über Korea geredet. Ich war ja die ganze Zeit Studium und Studenten und über seine im Grunde genommen mit dem Kopf in Korea. gegenwärtigen und weiteren Pläne. Und ich fand immer, dass Koreanistik nicht * * * nur Bücherwissenschaft ist. Deswegen bin ich Auf dem Weg in den Südwesten Koreas, nach jedes Jahr mindestens ein paar Monate hier Gwangju, sehe ich aus dem Zugfenster und draußen gewesen, einfach nur um hier zu denke darüber nach, warum manche eigent- leben, da verstehst du die Leute mit der Zeit. lich immer in diesem Land leben möchten. Ich kann das nicht theoretisch begründen, Das bisschen Grün, das noch zu sehen ist, aber ich hab ein Gefühl für Korea bekommen. verschwindet auch gerade für Apartmenthäu- Ich mag die Leute sehr, die sind ja sehr ser oder Straßen. Warum möchte man sogar freundlich, sehr aufgeschlossen, und ich habe seinen Lebensabend hier verbringen, wie es viele gute Freunde hier. Werner Sasse tut, der sich mehr als sein hal- Und warum lässt man sich gerade in der Um- bes Leben lang mit Korea beschäftigt hat? gebung von Gwangju nieder? Die Provinz Möchte man nicht nach dem Berufsleben Jeolla gilt ja eigentlich bei vielen als ein biss- doch mal was anderes machen? Das ist wohl chen zurückgeblieben im Vergleich zu ande- die landläufige Vorstellung von Leuten, die ren Regionen, um deren Entwicklung man Beruf als Arbeit sehen, etwas, das sie sich mehr gekümmert hat, die Stadt Gwangju vielleicht gern machen, das man aber vom als wenig reizvoll. Ich erfahre, dass es schon Privatleben trennt. Beruf als Berufung und historisch vernachlässigt wurde, eigentlich

16 seit Beginn der Yi-Dynastie. Eine alte Feind- unter der hohen Decke des spitzen Giebels schaft. Widerstand gegen die neue Regierung mit herrlichen Deckenbalken. Zum Haushalt führte dazu, dass sich die Gegner hierher nach gehört auch ein Hund, zur Zeit ist der aber Jeolla zurückzogen, später wurde der Graben erst einmal in einer guten Hundeschule. Wir tiefer, weil Verbannte hierher geschickt wur- besuchen ihn später dort auch. Mir geht er den, auch Künstler sich hierher zurückzogen. schon bis zum Oberschenkel, doch noch ist er Diese Vernachlässigung und Nicht-Moderni- gar nicht ausgewachsen. Ein wunderschönes sierung hat aber auch Vorteile: viele alte Ge- großes Tier mit langem Fell und Ponyfransen bäude und Pavillons sind gerade hier noch über den Augen, zutraulich, gutherzig, ver- original erhalten, weil sie keinen modernen spielt und doch schon gut erzogen. Ein Ver- Gebäuden Platz machen mussten. Eine Fund- treter der koreanischen Rasse Sapsari, auch grube eigentlich für einen Korea-Liebhaber. wenn sein Herrchen eigentlich mittlerweile Allein schon sein Haus in Changpyeong. daran zweifelt, dass er überhaupt echt ist. Es Das Haus hat drei Höfe. In den kleinen Häu- gibt drei Hunderassen in Korea, zwei davon sern im ersten und im dritten Hof wohnten sind international anerkannt, der Jindo-gae früher die Bediensteten. Die ältere Frau in und der Sapsal-gae. Der Sapsal-gae ist größer koreanisch geschnittener Hose und Jacke aus und ruhiger als der Jindo-gae und größer als grobem Stoff und in Naturton-Lila, die da ein Schäferhund. Eigentlich ein teures Tier, steht, als wir den ersten Hof passieren, ist weil es nicht viele davon gibt, nur etwa 500. natürlich keine Bedienstete mehr. Sie begrüßt Sie waren fast vom Aussterben bedroht und den Professor fröhlich und beginnt ein biss- werden gerade wieder nachgezüchtet. Werner chen zu plaudern. Dann geht es um eine efeu- Sasse hat seinen geschenkt bekommen. besetzte Mauerecke herum in den mittleren, Eine Freundin von mir kam geschäftlich nach großen Herrenhof mit drei Gebäuden, von den Korea und ich wohnte in einem kleinen Gäs- Werner Sasse einige Zimmer bewohnt. Das tehaus in Seoul. Dieses Yeogwan ist ein tradi- ganze Gehöft, das 80 oder 90 Jahre alt ist, tionelles Gehöft mit einem Hof. Als wir anka- gehört zu einer Ansammlung von Gehöften, men, war die Besitzerin nicht da, dafür eine die alle von einer Familie sind und von denen Hündin mit drei Welpen, mit denen haben wir es im Dorf mehrere gibt. Einerseits werden dann gespielt. Da kam die Frau und sah das die Häuser œ vielleicht aus Pietät œ nicht ver- und merkte wohl, dass ich Tiere mag. Sie mietet, weil es Stammsitze sind, andererseits wollte wissen, wer ich bin und was ich mache, will auch keiner von der Familie in diesen und ich sagte dann, dass ich in Korea wohne. Häusern wohnen. Wenn keine Alten mehr da Da sagte sie, ich solle doch den Hund mit- sind, wohnen dort nur noch frühere nehmen, einfach so. Sie hätte tausend Dollar Bedienstete. Wie kam es also, dass Werner dafür haben können, und ich habe auch ge- Sasse ein solches Haus doch mieten konnte? fragt, ob sie ihn nicht lieber verkaufen will. Die Frau vom Landrat hatte gehört, dass ich Sie meinte, nein, sie verkauft sie nicht, son- ein Haus suche, und hat dann demjenigen, der dern gibt sie ab an Leute, wo sie das Gefühl verantwortlich ist für dieses Haus, ein Profes- hat, dass es den Tieren gut gehen wird. Un- sor in Gwangju, eingeredet, dass eben der gewöhnlich für Korea, aber das ist auch eine Großvater sich eigentlich glücklich schätzen besondere Frau, ihr kommt es nur darauf an, müsste, einen Gelehrten in dem Haus wohnen dass es den Hunden gut geht. Sie sagte dann zu haben, denn er war ja auch Gelehrter. Und auch, dass sie sehe, dass zwischen mir und auf diese Weise habe ich hier ein paar Räume dem Hund eine Beziehung bestünde. Sie be- gemietet. In anderen Räumen sind noch Sa- nutzte dazu das buddhistische Wort für eine chen vom Großvater und von der Familie; schicksalhafte Verbindung aus einem frühe- alte Möbel, Vasen und Bücher. ren Leben. Da habe ich dann gesagt: ‚Den Das Haus ist modernisiert, mit neu gebauter nehme ich!— Küche und Bad, einem kleineren Zimmer und Seinen Hund wird Werner Sasse immer dabei einem großen Arbeitszimmer mit Schreib- haben, sowohl in Gwangju, aber auch, wenn tisch, Büchern, Malsachen und einer Gitarre. er in Seoul wohnt. Dorthin pendelt er nun Wir sitzen in der gemütlichen kleinen Küche immer, um die Hälfte der Woche dort zu

17 arbeiten. An Ruhe ist ja wirklich nicht zu so leicht zu merken ist. Es gibt Koreaner, die denken, das liegt Professoren wohl im Blut. können Schulter klopfend amerikanisch sein, Aber genau betrachtet enden Engagement und und eine Minute später sind sie ganz korea- Wissensdrang natürlich auch nicht, nur weil nisch. Dieser Widerspruch im selben Men- man als emeritierter Professor nicht mehr mit schen ist für uns sehr schwierig, weil wir es den Verwaltungsaufgaben an der Uni belastet nicht abschätzen können. Wir sind ein biss- ist. Im Gegenteil, jetzt ist Zeit für die Dinge, chen gewöhnt, dass jemand, der jovial daher- die wirklich Spaß machen œ im Leben sowie kommt, auch jovial sein muss. Aber der kann in der akademischen Welt. ganz plötzlich ein sehr verknöcherter Ostasia- Da ist einmal die Chonnam-Universität in te werden, und zwei Minuten später ist er Gwangju, das Zentrum für die Forschung zum wieder der joviale Amerikaner. Das ist für Gwangju-Aufstand. Sie haben ihn eingeladen, mich manchmal ein bisschen schwer zu ver- weil sie sich Hilfe bei internationalen Kontak- stehen. ten erhoffen, und das macht er gern. Er möch- Worauf würde er denn Deutsche, die sich auf te versuchen, in die dort schon relativ gut einen Korea-Aufenthalt vorbereiten, beson- bekannte amerikanische Forschung auch von ders hinweisen? Welche interkulturellen Un- deutscher Seite Impulse zu geben. terschiede zwischen Koreanern und Deut- Nach Seoul pendelt er dagegen, um am schen hält er für besonders erwähnenswert? Korean-German Institut of Technology mit zu Das kann ich nur sehr allgemein beantworten. helfen einen BA-Studiengang aufzubauen. Das Allerwichtigste ist, dass die Leute kapie- Dieser Studiengang ist mit deutschen Stu- ren, dass sie im Ausland sind. Das heißt, sie diengängen verzahnt, und als sich die Kolle- sind nicht hier um zu belehren, sondern sie gen dort im Dschungel der vielen Bestim- sind hier um zu lernen. Sie sollten sich mit der mungen verloren, baten sie Werner Sasse um Geschichte und der Kultur wirklich auseinan- Mithilfe. Auch da sagte er gern zu, weil er das der setzen, damit sie in dem anderen den Kul- so spannend fand œ und obwohl er eigentlich turmenschen sehen können, und nicht den, der seinen Lebensabend nicht mit der Planung sich komisch verhält. Im Grunde genommen von Studiengängen verbringen wollte. Sein sind das also eigentlich menschliche Eigen- Hauptbetätigungsfeld sieht er aber darin, zwi- schaften: zuhören können, gucken können und schen den Kulturen zu vermitteln und mögli- nicht dauernd urteilen, sondern einfach sa- che Konflikte zu verhüten. Denn wenn dann gen: ‚Ach, die machen das offensichtlich so.— deutsche Professoren, die eingebunden in ihre Man sollte Kulturrelativist werden und die eigenen Lehrstühle dann hier in Korea für Grundhaltung bekommen, dass man hier ist, kurze Zeit unterrichten, führe das mit Sicher- um letztlich als Mensch daran zu wachsen. heit zu Konflikten. Man muss akzeptieren, dass alles, was hier Wenn deutsche Professoren mit der Vorstel- komisch ist, ja offensichtlich funktioniert. lung kommen, hier schnell was zu machen, Diese Grundhaltung ist eigentlich das, was dann heißt es ‚zack zack— œ und wenn ir- ich immer versuche, allen Leuten durch Trai- gendwas in Korea nicht geht, dann ist es ning beizubringen. Ich habe auch meinen ‚zack, zack—. Sie schreien zwar immer "balli, Studenten immer gesagt: ‚Das, was ihr hier balli", aber trotzdem geht es nicht so. lernt, ist anhand einer Kultur Fremdkultur- Hat er selbst eigentlich manchmal Schwierig- verhalten. Wenn ihr also in einer Bank arbei- keiten mit dem Verhalten von Koreanern? tet und nach Afrika geschickt werdet, dann Korea ist sehr stark geprägt von Landleben sagt nicht: Mist, warum habe ich Koreanistik und Tradition. In Seoul hat man dauernd mit studiert, sondern sagt: Ich habe gelernt, mich Leuten zu tun, die oberflächlich sehr ameri- einer fremden Kultur zu nähern. Wo ist die kanisiert sind. Aber das Amerikanische und Bibliothek?— Man sollte also verstehen ler- das Koreanische, die leben in ein und dem- nen, woher heutige Dinge in einer Kultur selben Menschen, und ich finde es auch heute kommen, wie z.B. der unglaubliche Nationa- immer noch ein bisschen schwierig im Um- lismus in Korea. gang mit Koreanern, dass das manchmal ganz Er selbst akzeptiere täglich, dass er ein unvermittelt umschlägt und dass das gar nicht Fremdkörper ist. Viele Dinge hätte er viel-

18 leicht gern anders, aber so sei es in Deutsch- de Forderung gestellt. Weil ich nicht wusste, land auch. Er sieht sich als Gast, der nicht wie ich das ins Deutsche übersetzen sollte, ungefragt mitgestalten will, der nicht sagt, die ohne dass der Deutsche gleich beleidigt auf- Koreaner sollten das so und so machen, son- springt, habe ich œ so wie ein Koreaner auch dern der akzeptiert, was so auf ihn zukommt. œ erstmal einfach nur gelacht. Ich hab den Manchmal reagiere er selbst fast ein bisschen Koreaner richtig ausgelacht und ihm gesagt: koreanisch: wenn etwas wirklich unangenehm ‚Das kann ich jetzt nicht übersetzen.— Dar- wird, dann lache er drüber und warte einfach, aufhin sagte er mir auf Koreanisch: ‚Ich wie es weitergeht. hab's ja auch nur probiert.— Ein deutscher Schriftsteller, der schon länger Wir werden unterbrochen, denn unangemel- in London lebt, sagte auf die Frage, warum er deter Besuch schneit herein. Bekannte, fast eigentlich im Ausland lebe und nicht in alle in der koreanisch geschnittenen, beque- Deutschland, dass das Schöne am Leben im men und dezent-farbigen Kleidung, die übri- Ausland sei, dass er nicht ständig zu belehren gens auch Werner Sasse trägt. (Endlich bin brauche, sondern gezwungen sei ständig zu ich in dem Alter und in der richtigen Gegend, lernen. Das finde ich gut, das ist auch meine dass ich so was tragen kann!) Unter den Be- Haltung. Ständig zu lernen, das mache ich suchern ist die Frau vom Landrat, die das gern. Haus vermittelt hatte. Eben dieses Haus wol- Auf meine Frage, woran er sich in Korea nie len nun alle mal sehen und dem Besitzer dazu wird gewöhnen können, fällt ihm auch partout gratulieren. Also rücken sie mit einem 24er- nichts ein. (Später beim Abendessen wird er Pack Toilettenpapier und außerdem Küchen- dann aber mit Erleichterung sagen: Ach, jetzt papier nebst einer Wassermelone an. Die hab ich was. Wieso schneiden die hier eigent- Wassermelone schneiden wir unter heftigem lich die Enden von den Salatblättern nicht Protest der Gäste gleich auf und lassen sie uns ab? Die Frage wäre also auch abgehakt.) mit ihnen zusammen schmecken. Und natür- Am besten œ wenn man das bei soviel positi- lich wird das Haus besichtigt. Unter viel Ge- ver Haltung überhaupt sagen kann œ gefallen schnatter und Gelächter läuft man von Raum ihm die Landschaft und die Leute. Die Land- zu Raum, unterhält sich über die Vorzüge des schaft mit ihren immer anwesenden Bergen Bades und der Toilette und bewundert das und den Ebenen dazwischen. Ich verstehe, große Studio mit den Büchern und Bildern. was er meint, als wir über die Reisfelder vor Eine Einladung zu einem Fest wird angekün- der Haupteingangstür blicken. Mich persön- digt, sobald der Termin feststehe, komme sie. lich stören die Gewächshäuser da weiter hin- Und dann steigen sie nach vielen Verbeugun- ten und die Strommasten auf den Bergen. gen wieder in ihren Kleinbus, fahren fröhlich Werner Sasse schaut auf koreanische Art viel winkend davon und der Hof liegt so ruhig da selektiver und meint außerdem, dass ja auch wie zuvor. unsere ‚Natur— in Deutschland eigentlich Als wir wieder in der Küche sitzen, möchte schon lange Kultur sei, die wir aber eben so ich wissen, warum und wann es denn über- vorgefunden hätten und daher als Natur ansä- haupt ein erstes Mal Korea gab. hen. Nach dem Abitur wollte ich eigentlich Die Koreaner mag er wegen ihrer zwar Archäologie studieren, oder Malerei, aber manchmal ruppigen, aber eigentlich doch mein Vater sagte, das sind alles brotlose immer sehr humorvollen Art. Das sei übrigens Künste, du wirst Kaufmann œ und damals auch etwas, was er Leuten, die nach Korea folgte man den Eltern ja noch. Ich fand das kommen, gern sagen möchte: grauenvoll und gehörte immer zu den Leuten, Ihr müsst euch angewöhnen, sehr viel Humor die verstehen konnten, dass man ein Angebot zu lernen. Ironie klappt überhaupt nicht in nicht annehmen wollte; ich würde mir den Korea, das nehmen sie für bare Münze. Aber Quatsch ja auch nicht in den Vorgarten Humor. Ich war einmal mit einem deutschen stellen! Das sind schlechte Voraussetzungen Kaufmann in einer Beratung mit Koreanern für einen Kaufmann. Und so wollte ich nach und das koreanische Gegenüber hat plötzlich meiner kaufmännischen Lehre dann auch mitten in der Unterhaltung eine völlig absur- nicht als Kaufmann arbeiten, sondern ich

19 wollte 1966 Entwicklungshelfer in Afrika Amt laufen, das anmelden und drei vier Stun- werden. Aber dieses Programm funktionierte den im Telefonamt warten, bis die Verbindung aus irgendwelchen Gründen nicht. Als das der da war. Und so sagte ich zu dem neuen Kol- Vater meiner Frau hörte, sagte er: ‚Kommt legen natürlich sofort auf Deutsch: ‚Mensch, doch nach Korea, hier können wir euch brau- erzähl mal!— Meine Kollegen hörten das und chen.— Er selbst arbeitete als deutscher Tech- fragten: ‚Was, Deutsch kannst du auch??— niker hier in der Nähe von Gwangju in der Da war natürlich dann die Bombe geplatzt. zweiten Fabrik, die man in Korea überhaupt Aber sie haben alle verstanden, warum ich gebaut hat œ im Rahmen der Entwicklungshil- mich als Ami ausgegeben hatte, denn essen fe. Man hatte aber gemerkt, dass eins der muss der Mensch natürlich. Ja, und dann Grundprobleme in Korea die nicht vorhande- haben sie mich in die Deutschabteilung ver- ne Technikerausbildung war. Es gab keine setzt. richtige Ausbildung zum Metallwerker, Wie war Korea denn damals im Vergleich zu Schreiner und so weiter, und außerdem lun- heute? gerten viele Kinder nach der Schule im Dorf Oh, 80 Dollar Pro-Kopf-Einkommen. Bet-tel- herum. Da hat man dann hier angefangen, arm! Aber damals funktionierte einfach die eine technische Schule zu bauen, einfach so, Gemeinschaft noch. Wer Hunger hatte, der in einer alten Dorfschule, die man von der ging in irgendein Haus rein und bekam zu Stadt bekommen hatte. Bald kamen dann auch essen œ wenn die was hatten. Und wenn du Anfragen aus Iri und aus Yosu, die wollten damals in ein Dorf kamst, dann konntest du ähnliche Schulen aufmachen. nicht einfach durchlaufen, sondern du wur- Das Ehepaar Sasse packte also seine Sachen dest sofort irgendwo reingerufen und bekamst und die zwei Kinder, kam nach Korea und einen Apfel oder so, und die Leute fragten lebte vier Jahre hier, völlig unvorbereitet. Zu neugierig, wo du herkamst. Da war Korea den beiden Kindern kamen dann in Korea anders als heute. noch Zwillinge. Die erste Sprache der Kinder Heute haben die Leute kaum noch Zeit. Hier war koreanisch, sie spielten ja den ganzen Tag auf dem Land ist das anders, aber in der Stadt im Dorf. Wenn sie dann nach Hause kamen, haben alle keine Zeit mehr, die Vergnügungen mussten sie plötzlich diese komische Sprache sind auch andere. Damals hatten alle kein der Eltern sprechen und haben aufgehört zu Geld, also haben sie alle prima gelebt. Denn reden. Da mussten die Eltern dann auch kore- damals waren die Koreaner auch schon sehr anisch lernen, wiederum einfach so, ohne lebenslustig. Wenn ich heute Leute von da- Sprachkurs. mals treffe, kommt immer wieder der Spruch: Bei der Arbeit ging es darum, den Lehrern die ‚War das nicht herrlich damals, als wir alle Schulbücher mit den Aufgaben zu erläutern. nur auf Pump gelebt und gefeiert haben?— Die Lehrer konnten zwar Deutsch, aber sie Heute lebt man ja auch auf Pump œ für das waren eben alles Germanisten und hatten Haus, für die Ausbildung der Kinder, aber noch nie eine Feile in der Hand gehabt, und damals ging es ums Essen. Ich habe als Lek- brauchten sie Hilfe. Werner Sasse half zwei tor damals 20.000 Won verdient, das waren Jahre lang und ging dann nach Seoul. 200 Dollar. Ich suchte einen Job, bekam keinen, und hörte Höre ich da ein bisschen Wehmut, die Sehn- dann, dass die Sunggyungwan-Universität sucht nach dem alten Korea? einen Lektor für Englisch suchte. Da bin ich Nein. Ich fand es damals toll, ich finde es hingegangen, habe mich vorgestellt und war heute auch toll. Es gibt viele Dinge, bei denen dann der Native-Speaker für Englisch. Ir- finde ich es schade, dass sie sich so entwickelt gendwann nach einem Semester ging ich mit haben. Wenn ich z.B. sehe, wie die armen den Kollegen was trinken und ein neuer Kol- Kinder so im 17. Stock leben oder statt zu lege kam dazu, der gerade in Deutschland spielen, bis nachts um 11 in einem Hagwon promoviert hatte. Ich hatte drei Jahre nichts rumhängen. Trotzdem ist ja das Land hochin- aus Deutschland gehört, ich wusste gar nicht, teressant geblieben. Seoul ist eine internatio- was dort los war. Damals musstest du ja, nale Stadt, da ist soviel los, das kann man gar wenn du telefonieren wolltest, in die Stadt ins nicht alles wahrnehmen. Und hier auf dem

20 Land gibt es auch immer noch so viele Sa- zunächst Einführungsbücher über Korea zu chen, die mir ständig neu sind. Es macht lesen und sich zu prüfen, ob er wirklich mehr Spaß, die weitere Entwicklung zu verfolgen. wissen will. Aber wer sich dann prüft und Noch einmal zurück ins Korea von 1970. entscheidet, der könne anhand der Koreanistik Nach insgesamt vier Jahren Korea mussten viel lernen. die Kinder damals in die Schule. Sasses Mit Koreanistik meint er die alte Koreanistik. probierten erst die koreanische Schule aus œ Die BA-Koreanistik, die eine Ansammlung das war furchtbar œ dann die ausländische œ von Fakten sei, die man auch lesen kann, hält das war noch schlimmer œ , und dann gingen er für ein überflüssiges Geschäft. Man müsse sie doch nach Deutschland zurück, damit die natürlich auch die Sprache lernen, aber Kore- Kinder eine Schulbildung bekamen. Werner anistik solle sich doch um die traditionelle Sasse machte sich Gedanken über seine Zu- Kultur kümmern, auch darum, überhaupt Bil- kunft und hörte, dass in Bochum die Korea- dung œ ich liebe dieses Wort œ zu bekommen. nistik aufgebaut werden sollte. Bruno Lewin Wenn es gelinge, diese Bildungskoreanistik war froh, ihn mit seinen Sprach- und Landes- zu retten, dann habe die Koreanistik eine sehr kenntnissen als Studenten zu bekommen. Im gute Zukunft und sei auch in Zukunft span- Computer gab es die Koreanistik auch schon, nend. weil sie in der Planung war, er konnte sich Wir sind im Grunde noch nicht präsent in also einschreiben, aber œ so wie die deutschen Deutschland. Sinologie und Japanologie ha- Fakultäten sind œ richtig eingerichtet wurde ben eine viel längere Geschichte, aber wir sie dann erst, nachdem er seine Doktorarbeit sind auch eine wichtige Hilfswissenschaft für abgegeben hatte. Hatte er damals schon den diese beiden Fächer. Gerade die Interpretati- Gedanken, sich dann professionell mit Korea on der chinesischen Klassiker war in Korea beschäftigen zu wollen? schärfer, weil sie von Ausländern gemacht Ich wollte Koreanistik studieren, weil ich so wurden. neugierig war. Nach den vier Jahren Erfah- Die Philologie als Grundwissenschaft sei da- rung und nichts verstehen œ ich hatte keine bei nur eine Möglichkeit, aber nicht die einzi- Ahnung von Konfuzianismus, keine Ahnung ge. Man könne auch Soziologie oder eine von Buddhismus, sondern ich hatte immer nur andere Wissenschaft einsteigen. Philologie gesehen, was die Leute machen œ da hatte ich biete sich an, weil es immer viel um Texte einfach Fragen. Wenn du vier Jahre im Aus- gehe. Im Grunde sei es aber egal, wenn man land warst, dann kannst du nur zwei Dinge nur immer den ganzen Zusammenhang be- machen. Entweder du sagst: ‚Okay, das trachte und seine Sichtweise nicht nur auf war's, ich will nicht mehr.—, oder du verbin- eine Zeit oder ein Gebiet beschränke. Das ist dest dich damit. Aber wenn ich zurück in den seiner Meinung nach das Problem der korea- Kaufmannsbetrieb oder auch in ein anderes nischen Germanistik, die œ soweit ich das als Studium gegangen wäre, da hätte ich dann Außenseiter beurteilen kann œ nur Literatur- immer im Hintergrund die vielen Fragen ge- wissenschaft ist. Ähnlich wie für die Korea- habt, was da eigentlich los war in Korea. Und nistik sieht er für die Germanistik die Not- das wollte ich wissen. Mir war es auch egal, wendigkeit, dass man vermitteln sollte, das ob ich das später beruflich machen kann. Gewachsensein von Kultur zu erahnen und Inzwischen war ich frei genug zu sagen, ich über den eigenen Text hinaus neugierig zu kann immer irgendwas machen. Dass sich sein. Deutschland sei mehr als die Literatur. dann daraus eine akademische Karriere er- Wenn mich hier Germanisten, die sich mit gab, das war ein Glücksfall. Schiller beschäftigen, fragen, wo Marbach So rät er auch heutigen potentiellen Koreanis- eigentlich liegt, dann läuft es mir kalt den tik-Studenten, unbedingt Interesse mitzubrin- Rücken runter. In der Forschung muss man gen und sich das schwere, aber dennoch nicht einen Schwerpunkt wie Literatur oder trockene Studium gut zu überlegen. Jeman- Grammatik haben, aber in der Lehre sollte dem, der das nur studieren will, weil er eine man den ganzen Bogen spannen können. koreanische Freundin hat oder Taekwondo Und Studenten können hier zwar oft Antwor- macht, rät er ab, oder er empfiehlt ihm, ten geben, aber die Neugier ist nicht da.

21 Schon Studenten sollten neugierig sein und Gegenteil, sondern sie hören erstmal zu und das rote Lämpchen entwickeln, das in dem sagen dann ‚Ja— und sagen dann möglicher- Moment aufleuchtet, wenn ich einen Begriff weise das Gegenteil. Man hört also viel län- vor mir habe, von ich nur glaube, dass ich ihn ger zu, das ist auch etwas, was ich sehr gern kenne und dass ich weiß, wie ich ihn überset- mag. zen muss. Auch im Sprachunterricht sollten Da sind wir wieder bei der Passion und Liebe Studenten schon lernen, genauer nach Hin- für das Land. Über die laufende Entwicklung tergründen zu fragen, und sie sollten sich haben wir vorhin gesprochen œ was ist mit der auch Informationen beschaffen können. Wiki- zukünftigen Entwicklung? pedia oder ein Lexikon ist da ein gutes Bild œ Ich bin mir natürlich nicht sicher, aber ich wenn man die Querverweise liest, wird man glaube, dass Korea inzwischen eine Entwick- plötzlich auf Pfade geführt, auf die man nie lung hinter sich hat, die so rapide war, dass gekommen wäre. Diese Fragen hätte man gar sich in den nächsten 10 Jahren so furchtbar nicht gehabt œ aber das Wissenschaft. viel nicht ändern wird. Sie werden noch rei- Aber denkt er eigentlich, dass es hier in Korea cher werden, sie werden noch mehr ver- einen zu hohen Prozentsatz an Leuten gibt, schwenden, als sie es jetzt schon tun, die die studieren? Schere zwischen reich und arm wird größer Hier in Korea gibt es keinen vernünftigen werden, die Schere zwischen gebildet und zweiten Bildungsweg. Das wird alles durch ungebildet auch. Aber Korea wird auf jeden die ‚taehakkyo— abgedeckt, das heißt ja gar Fall ein interessantes Land bleiben. nicht Universität, das heißt ja einfach nur Langweilig wird ihm also sicher nicht oberste Schulart. Tourismus, Krankenschwes- werden. Neben der bereits erwähnten For- tern usw. œ klar, die haben alle eine hohe schungstätigkeit und Studiengang-Aufbauhil- Ausbildung. Aber ich mache eben einen gro- fe ist Korea reich an Konferenzen, deren ßen Unterschied zwischen Bildung und Aus- Ergebnisse Jahre brauchen, um in die auslän- bildung. Früher hatten wir hier ein stärkeres dischen Publikationen zu kommen. Da ist Gewicht auf Bildung, heute ist das verlagert Werner Sasse nun sehr nah am akademischen auf Ausbildung. Das ist sicher pragmatisch Leben. Er möchte auch noch viele halbfertige richtig, aber schade. Es gibt aber schon wie- Sachen aus seinem Schreibtisch loswerden, der auch junge Leute, die privat Hanmun meist Dichtung, die hier in der Gegend um lernen. Verglichen habe ich jetzt übrigens das Gwangju entstanden ist. Außerdem gibt es alte Korea mit seiner eher humanistisch ge- jedes Jahr die Summer School an der HUFS, prägten Ausbildung und das neue Korea mit bei der er schon von Anfang an dabei war. einer Ausbildung, die praktischer ist. Nicht Und es gibt viele Angebote zu Vorträgen œ verglichen habe ich mit Deutschland. Den das macht ja auch Spaß. Vergleich würden die Koreaner prima aushal- Überhaupt macht er jetzt, wie gesagt, nur das, ten, Deutschland ist momentan eine Katastro- was ihm wirklich Spaß macht. Er hat wieder phe. angefangen zu malen (sein alter Traum und Hier in Korea wird Bildung ja eigentlich auch Studienwunsch), wahrscheinlich wird er im noch gewollt. Das zeigt sich auch in der Herbst eine Ausstellung machen, die Bekann- Sprache in sehr verallgemeinerter Form. Hier te von ihm organisieren œ Künstler, die seine in Korea wird nicht, wie im Deutschen, ein Bilder gesehen haben. Und er wird lesen, Herrschaftsverhältnis etabliert, nämlich Herr wandern und Korea genießen. und Frau, hier haben wir ein Lehrer-Schüler- Als ich wieder im Zug nach Seoul sitze und Verhältnis. Das ist nicht nur in der Sprache aus dem Fenster schaue, sehe ich nicht mehr so, sondern auch noch in der Kultur. Man tritt nur die Baustellen, sondern auch viel mehr dem anderen anders gegenüber, man will schöne Dinge. Das Gespräch mit dem passio- etwas lernen. Genauso sagen hier viele in nierten Koreanisten hat mir gut getan. Ich Vorlesungen, wenn sie im Widerspruch zu wünsche ihm für die Erfüllung aller seiner dem Gesagten stehen, nicht wie wir in Pläne einen langen, langen Lebensabend. Deutschland einfach platt ‚Nein— und das

22 Dr. Raimund Royer œ ein Österreicher heilt auf koreanisch

Michael Menke

Der Österreicher Dr. Raimund Royer ist Arzt kann man täglich um 17.55 Uhr im englisch- für fernöstliche Medizin und arbeitet im sprachigen Radiosender Arirang hören, Jaseng-Hospital in Seoul als Direktor der außerdem hat er Kolumnen in einigen eng- Internationalen Klinik. Dr. Royers Tipps zur lischsprachigen Zeitungen. Gesundheit und zur koreanischen Medizin

Herr Dr. Royer, seit wann sind Sie in Korea? im Fernen Osten ansehen, dazu hatte ich mir Fast genau 20 Jahre. Ich bin 1987 zum ersten drei Monate Zeit genommen. In Korea habe Mal nach Korea gekommen. ich dann verschiedene Sachen gemacht. Ich Was haben Sie gemacht, bevor Sie nach habe mich ein bisschen mit Buddhismus be- Korea kamen? Waren Sie Arzt? fasst, ich habe Taekwondo gemacht, und wie Nein, ich habe eigentlich etwas ganz anderes das eben so passiert, als ich Taekwondo gemacht. Bevor ich nach Korea gekommen gemacht habe, habe ich mich am Knöchel bin, habe ich für eine Handelsfirma gearbeitet, verletzt, und da wurde mir gesagt, für solche also ich bin eher aus dem Geschäftsbereich in Sachen müsste man zum Han-Uisa (koreani- dieses neue Metier übergesiedelt. schen Arzt) gehen und sich mit Akupunktur Und wie sind Sie dann zur Medizin bzw. zur behandeln lassen, das sei sehr wirksam, und koreanischen Heilkunde gekommen? das habe ich gemacht und dabei die erste Be- Das war eher durch einen kleinen Unfall. Als kanntschaft mit Akupunktur gemacht. Und ich zuerst nach Korea gekommen bin, war das das hat mich ganz einfach fasziniert. Ich bin eine Rucksackreise. Ich wollte mir ein Land mit diesen Nadeln behandelt worden, gar

23 nicht mal in dem Bereich, wo ich mich ver- Medizin quasi ein Ersatz für die Schulmedizin letzt hatte, sondern in die Hand und überall oder eine Ergänzung? woanders, nur nicht in den Fuß. Und trotzdem Wir sind hier auf bestimmte Krankheitsbilder ist der Schmerz gleich besser geworden, und spezialisiert, z.B. Bandscheibenvorfälle, Rü- das hat mich einfach fasziniert. Dem wollte cken- und Gelenksprobleme, wir sehen unsere ich nachgehen œ was ist dahinter. Dann habe Behandlung schon als einen vollwertigen ich mich erkundigt, wie man das lernen kann. Ersatz zur Schulmedizin, nicht nur komple- Das ist ein eigenes Studium hier, läuft parallel mentär. Wir glauben, dass wir mindestens zum schulmedizinischen Studium, und ich genauso gut diese gesundheitlichen Probleme habe mich entschlossen, das zu machen. behandeln oder heilen können wie die Schul- Dann haben Sie hier ihren Doktor in fernöst- medizin. licher Medizin gemacht? Diese Heilmethode gerät in den westlichen Ja, das war der Abschluss. Medien manchmal in den Ruf, lediglich auf Was ist der richtige (koreanische) Ausdruck bestimmte lukrative Bereiche (Impotenz, ...) für diese Heilmethode? spezialisiert zu sein, und zur Dezimierung Der koreanische Name ist Han Ui Hak, ‚kore- verschiedener Tierarten beizutragen. Wie anische Medizin—, der international gebräuch- sehen Sie das? liche Name ist ‚Oriental Medicine—. Es gibt Es gibt natürlich bei uns Rezepturen, für die hier Bestrebungen, den Namen in ‚Traditional wir tierische Grundelemente verwenden. Korean Medicine— umzuändern. In Deutsch- Wenn Sie jetzt z.B. Tigerkrallen ansprechen, land ist es wahrscheinlich eher bekannt als das wird so gut wie nicht mehr verwendet, das ‚Traditionelle Chinesische Medizin— ist eher ein Relikt. Jede Art von Medizin ent- Wenn es ‚Oriental Medicine— heißt, bedeutet wickelt sich weiter, natürlich auch unsere das ja eigentlich, dass es um eine Heilmetho- Medizin, und man muss sich an die Gegeben- de geht, die in ganz Asien verbreitet ist. Aber heiten der Natur anpassen. Es gibt ja auch ich glaube, die Koreaner wollen da auch ih- genug Ersatz. Es gibt da so alte Rezepturen, ren eigenen Weg betonen. Gibt es denn regio- und die kommen dann in die Medien, beson- nale Unterschiede, z.B. zur chinesischen ders, wenn es um die männliche Potenz geht. Heilkunde? Hirschhörner sind da sehr beliebt, aber mitt- Es gibt natürlich Unterschiede, wobei man lerweile werden diese Hirsche in riesigen sagen muss, dass die Wurzeln dieser Medizin Farmen in Neuseeland speziell für diesen aus Raum China, Mandschurei, Korea kom- Zweck gezüchtet, von daher ist das sicher men. Aber es haben sich auch regionale Be- kein Problem. Es gibt da auch so bestimmte sonderheiten gebildet und eigene Methoden Mittel wie z.B. Robben-Hoden, aber das sind entwickelt, aber alles basiert auf einer Grund- veraltete Sachen. Die verwenden wir nicht philosophie. Ich nenne da mal Begriffe wie mehr. Ying und Yang, dann die fünf Grundelemen- Kommen viele ausländische Patienten zu Ih- te, wobei in Korea noch die konstitutionelle nen? Nach der Website Ihres Hospitals zu Medizin hinzukommt, die gibt es seit über urteilen sind diejenigen, die kommen, z.B. der 100 Jahren, wobei die Krankheiten nicht so österreichische, schweizerische, deutsche sehr nach den Symptomen unterteilt werden, Botschafter, mit den Ergebnissen sehr zufrie- sondern nach der Grundkonstitution des Men- den. schen, nach der Funktion seiner Organe. So Wir hatten auch schon viele andere Botschaf- gibt es z.B. eine Konstitution, bei der die Le- ter hier, natürlich auch Vertreter von ver- ber-Funktion sehr gut ausgebildet ist, dafür schiedenen Firmen. Der Ausländeranteil unter die Lungenfunktion sehr schwach, dieser Ty- unseren Patienten steigt vielleicht auch des- pus tendiert dann eher zu Krankheiten im halb, weil ich hier arbeite. Ich bin seit letztem Lungensystem. Jahr im Sommer in diesem Krankenhaus, Sie arbeiten hier in einem richtigen Hospital davor hatte ich eine lokale Praxis mit anderen für koreanische Medizin, es gibt ca. 100 Bet- Koreanern. Der Grund für meinen Wechsel an ten für stationäre Behandlung. Ist für die Pa- dieses Krankenhaus war, dass man hier eine tienten, die zu Ihnen kommen, die koreanische Internationale Klinik eingerichtet hat, und

24 dann in die Zukunft blickend das Konzept Das kommt drauf an. Da ich die Internationa- dieses Krankenhauses, also die Behandlung le Klinik in unserem Hospital leite, kommen mit natürlichen und traditionellen orientali- zu mir in erster Linie die Ausländer. Die schen Mitteln, mit moderner Technik kombi- Sprache spielt da auch eine große Rolle. niert. Natürlich haben wir auch die im Hospi- Normalerweise werden keine Koreaner zu mir tal üblichen Geräte, besonders für die geschickt. Es gibt aber dennoch Koreaner, die Diagnose, für Blutuntersuchungen, Röntgen, von mir behandelt werden möchten, die Ultraschall usw. Wir haben dazu auch Fach- kommen dann zu mir. Die sind natürlich in leute hier, die eigentlich Schulmediziner sind. der Minderheit, aber sie sind immer sehr zu- Dieses Konzept ‚Treffen West-Ost— bewährt frieden. sich sehr gut in der Praxis, und das möchte In Deutschland (und ich nehme an, in Öster- unser Präsident auch exportieren. Für mich als reich ist das auch so) haben ‚andere Heilme- Europäer wäre da natürlich der europäische thoden— (z.B. Homöopathie, Naturheilkunde) ‚Markt— interessant. gegenüber der Schulmedizin einen schweren Man will jetzt auch versuchen, Patienten aus Stand. Ist das in Korea ähnlich, oder wird anderen Ländern anzusprechen ... diese traditionelle Medizin weitgehend akzep- Das ist natürlich auch eine Idee. Dieser Medi- tiert? zin-Tourismus nimmt immer mehr zu, und ich Traditionelle Medizin ist hier etwas Norma- glaube natürlich, dass wir da einiges bieten les, aber das heißt nicht, dass die Schulmedi- können. Da wir alternative Behandlungsme- zin die traditionelle Medizin anerkennt. Hier thoden anbieten können, fallen wir ein biss- gibt es auch Spannungen zwischen den beiden chen in diesen alternativen Boom, der sicher Richtungen. in Zukunft noch zunehmen wird, weil mitt- Eine ganz praktische Frage: Kann ich als lerweile viele Menschen gewissen Vorbehalte normal krankenversicherter Mensch in Korea gegen die Schulmedizin haben. In ‚gebildete- Ihre Klinik besuchen, bzw. werden die Kosten ren Kreisen— nimmt die Tendenz zu alternati- teilweise von der Krankenversicherung getra- ven Sachen zu. gen? Die Kosten sind wohl in Korea auch nicht so Akupunktur wird von der koreanischen Kran- hoch wie in anderen industrialisierten Län- kenversicherung mit dem üblichen Prozent- dern. satz übernommen, andere Sachen wie z.B. Das würde ich sicher sagen, vor allem im unsere Medizin muss man selbst bezahlen. Vergleich zu Ländern in Europa oder zu Amerika kostet eine Untersuchung hier nur Vielen Dank für das Interview! einen Bruchteil, und die Qualität ist die glei- che. Wie sehen Sie die koreanischen Patienten? Dr. Royer kann man in seinem Hospital in Akzeptieren sie den Ausländer, der koreani- Apkujong-dong in Seoul besuchen, oder auf sche Heilkunst praktiziert oder gehen die der englischsprachigen Website dann lieber zu einem koreanischen Arzt? www.jaseng.net

25 Und als dann die Haare begannen auszufallen... Birke Dockhorn, Deutschlektorin, über ihre Chemotherapie in Korea

Lydia Schneeberger

Im Juli 2006 wurde bei dir ein bösartiger Wetters. Wir wollten also, dass trotz allem Tumor in der Brust gefunden, was natürlich unser Leben so normal wie möglich weiter- ein Riesenschock war. Du hast dich dann geht, und die Aussichten, im grauen deut- entschlossen, die OP in Deutschland machen schen Herbst und Winter ohne Arbeitsaufgabe zu lassen, die Chemo und Bestrahlung jedoch eine Chemotherapie durchzustehen, waren da in Korea. Viele haben die Hände über dem nicht sehr verlockend. Kopf zusammengeschlagen, als sie das Wort Was die medizinische Seite angeht, waren wir Korea nur hörten und dir geraten, nicht wie- der Meinung, auch hier in Korea gut aufgeho- der nach Seoul zu gehen, sondern alles in ben zu sein. Das hat sich auch bestätigt. Ge- Deutschland behandeln zu lassen. Warum rade Seoul hat viele große Kliniken zur Aus- habt ihr, du und dein Mann, euch trotzdem für wahl, und deren Standard ist sehr hoch. Korea entschieden? Man hatte dir in Deutschland gesagt, die Einerseits aus rein ökonomischen Gründen. Chemotherapie sei heute international stan- Ich bin die Hauptverdienerin in unserer Ehe, dardisiert. Kannst du das bestätigen? und da war es viel wert, dass ich eine Arbeit Nicht ganz. Es gibt offenbar einen europäi- hatte. Wenn ich die aufgegeben hätte und schen und einen amerikanischen Standard. mein Mann erst eine Arbeit hätte suchen müs- Gleich ist, dass ein Zyklus vom Tag der Infu- sen, wäre alles noch komplizierter geworden, sion an drei Wochen dauert, in denen sich vor abgesehen davon, dass er mich dann im Alltag allem das Knochenmark erholen muss, damit nicht so gut hätte unterstützen können. Ein genug weiße Blutkörperchen gebildet werden weiterer wichtiger Grund war aber auch mein können. Unterschiedlich ist die Kombination persönlicher Wunsch nach Arbeit und einer der Medikamente und die Anzahl der Zyklen. Aufgabe. Drittens ist Korea im Moment ein- In Deutschland wären es nur sechs Zyklen fach unser Lebensmittelpunkt, wo wir gern gewesen, hier in Korea wendet man den ame- leben, nicht zuletzt wegen des oft sonnigen rikanischen Standard an. Der dauert sechs 26 Wochen länger, soll dafür durch die andere auf Deutsch musste ich mich mit vielen neuen Zusammensetzung aber auch besser verträg- Begriffen auseinander setzen. Mit der Zeit lich sein. ging es besser und besser, und ich kann mitt- Wie waren deine Erfahrungen mit den korea- lerweile auch auf Koreanisch ganz gut über nischen Ärzten? Was stärkte dein Vertrauen in all diese Dinge reden. Das hat mir vor allem die hiesige Ärzteschaft? in der Kommunikation mit den Kranken- Als ich nach einem Krankenhaus für die Be- schwestern geholfen. Mit den Ärzten habe ich handlung gesucht habe (entschieden habe ich meistens Englisch gesprochen, da sprechen mich dann für die Samsung-Klinik), war mir sie einfacher und langsamer und ich konnte neben einigen anderen Dingen vor allem die doch sicherer sein nichts zu verpassen. Kommunikation zwischen Arzt und Patient Sind die Kosten für die Behandlung eigentlich wichtig. Damit meine ich nicht in erster Linie sehr hoch? Hast du eine Versicherung? die Englischkenntnisse der Ärzte. Koreani- Ich bin über die Uni krankenversichert, und schen Ärzten wird oft nachgesagt, dass sie diese Versicherung deckt im Normalfall einen seltsam oder sogar ärgerlich auf Nachfragen Teil der Kosten ab. Für Krebserkrankungen reagieren, weil sie ihre Autorität und ihren gibt es aber eine Sonderregelung, so dass ein Status in Frage gestellt sehen. Das habe ich größerer Teil der Kosten übernommen wird. tatsächlich auch ein-zwei Mal erlebt, aber ich Dafür muss man sich extra registrieren und habe solche ‚Götter in Weiß— auch in eine extra Karte beantragen. Das haben für Deutschland getroffen. Normalerweise wird mich die Leute im Krankenhaus gemacht; ich man aber heutzutage im Gespräch über alles hätte es nicht gewusst. Trotz allem sind aber informiert. Und als Patient hat man natürlich die Kosten, die der Patient tragen muss, im- immer das Recht, Dinge zu hinterfragen und mer noch sehr hoch. Gott sei Dank habe ich Behandlungen abzulehnen, auch hier in eine private Krankenversicherung in Deutsch- Korea. land, die diese Kosten übernimmt. Insgesamt fühltest du dich hier im Kranken- Du hast sicher noch viele abenteuerlichen haus also gut aufgehoben? Können die Deut- Anekdoten zu erzählen, die dir so im Laufe schen da was von den Koreanern lernen? der Zeit passiert sind... Ich habe ja in Deutschland keine Chemothe- Ja, die abenteuerlichste ist die Geschichte der rapie gemacht, und weiß daher nicht, wie es Drainageflasche, mit der ich von Deutschland dort gewesen wäre. Was ich vergleichen kann, nach Korea reisen und die ich hier noch ein- sind Spritzen geben, Infusionen legen und mal wechseln lassen musste. Die ist aber lei- Blut abnehmen. Und da haben die koreani- der zu lang um sie hier im Detail zu erzählen. schen Schwestern und Pfleger meiner Erfah- Eine andere sind die Erlebnisse in der Not- rung nach den deutschen einiges voraus. Sie aufnahme im Krankenhaus, in die ich nach sind sehr professionell und sehr geschickt, der letzten Chemo mit einer Infektion musste. außerdem sind die Nadeln sehr fein œ man Ich musste mit hohem Fieber und einer Infu- merkt meistens kaum was. Das Blutabnehmen sionsflasche am Arm eine Nacht im Warte- und Infusionen legen ist in Korea zwar auch raum verbringen, weil keine Betten frei wa- nicht schmerzfrei, aber im Vergleich zu ren, und am nächsten Tag habe ich nicht etwa Deutschland scheint das oberste Ziel hier zu ein Bett in einem Zimmer bekommen sondern sein, dem Patienten wirklich so wenig in einem Krankensaal mit 15 Betten. In der Schmerzen wie möglich zu bereiten. Das hat, dritten Nacht war ich dann in einem anderen glaube ich, die Chemotherapie insgesamt Krankensaal, in dem die Betten wenigstens doch auch ein bisschen leichter erträglich durch Vorhänge voneinander getrennt waren. gemacht. Aber die eigentlich so dringend benötigte Reichten deine Sprachkenntnisse, um dich in Ruhe hatte ich dort auch nicht. Das Licht der Welt der koreanischen Chemotherapie, blieb die ganze Nacht an, es wurden ständig Spritzen, Infusionen und Blutkörperchen zu- neue Patienten eingeliefert und betreut, am recht zu finden? Nebenbett picknickte die Familie eines Anfangs nicht. Allerdings wusste ich vieles anderen Patienten fröhlich vor sich hin, ge- auch auf Englisch nicht wirklich, und sogar genüber schnarchte jemand, daneben wurde

27 telefoniert, woanders jemandem der Nacken Die Reaktionen waren beeindruckend. Einer- massiert, und an der Tür gegenüber war gleich seits war da die Sorge: ich wurde immer wie- der Operationssaal, in den dringende Fälle der gefragt, wie es mir geht, und als ich tat- geliefert wurden, und manchmal mussten die sächlich mal länger krank war, habe ich viele Ärzte den laut weinenden Angehörigen auch SMS von den Studenten bekommen, die mir mitteilen, dass sie nichts mehr für den Patien- gute Besserung gewünscht haben. Anderer- ten tun konnten. Alles nah am Leben, so ist es seits aber habe ich mich wirklich normal als eben nun mal, aber für jemanden aus Deutsch- Lehrerin akzeptiert gefühlt, trotz meines ver- land mit Bedürfnis nach Ruhe und Privatsphä- änderten Aussehens. Das hat sehr gut getan. re einfach furchtbar. Da brauchte ich all mei- Und wie ging es mit deiner Arbeit? War es ne Kraft und Neugier auf ungewöhnliche schwierig, Chemo und Unterricht zu verein- Erlebnisse, um das gut zu überstehen. baren? Und als dann die Haare begannen auszufal- Es ging eigentlich sehr gut. Unterrichten ist ja len... etwas anderes als ein 8-Stunden-Tag im Büro; ... bin ich zum Friseur gegangen und habe sie ich war bei der Vorbereitung auch viel zu abrasieren lassen. Ich wollte nicht mit anse- Hause, wo ich mich jederzeit hinlegen konnte. hen, wie sie immer dünner werden. Die Fri- Trotzdem war es nicht immer leicht. Die seuse hat dreimal nachgefragt, ob sie wirklich Chemo war alle drei Wochen an einem Frei- alle Haare abschneiden soll. Sie konnte wirk- tag und danach konnte ich mich am Wochen- lich nicht glauben, dass ich mich von meinen ende einigermaßen erholen. Manchmal war langen blonden Haaren trennen wollte. Fast mir aber auch noch am Dienstag oder Mitt- umgefallen ist sie dann aber, als mein Mann woch übel, und dann fiel es mir schon ein um den gleichen Schnitt bat, denn er hat sich bisschen schwer, mich auf den Weg in die aus Solidarität und auch aus Neugier ebenfalls Uni zu machen, besonders wenn ich nach einen kahlen Kopf rasieren lassen. Eine Weile Yongin musste, zum zweiten Campus der waren wir dann ‚Familie Kahlkopf“, aber er HUFS œ dorthin fahren wir anderthalb Stun- konnte im Gegensatz zu mir die Haare wieder den mit dem Bus. Aber dadurch, dass ich wachsen lassen und hat das auch getan. terminlich gefordert war, hat mir die Arbeit Meine Haarlosigkeit war übrigens kein Prob- auch geholfen, denn so konnte ich mich nicht lem. Es wurde ja Winter, und in Korea ist es ‚hängenlassen—. Auch die Konzentration beim nicht ungewöhnlich, immer eine Mütze zu Unterrichten selbst hat mir nur gut getan, weil tragen. Viele meiner Studenten sehe ich selten ich dann gar nicht an die Übelkeit gedacht ohne Mütze, und manche, die nichts wussten, habe. haben sich wahrscheinlich überhaupt keine Du hast es also nicht bereut, wieder nach Gedanken gemacht, warum sie mich nie ohne Korea gekommen zu sein und die Behandlung Kopfbedeckung gesehen haben.Hast du dei- hier gemacht zu haben? nen Studenten von deiner Krankheit erzählt? Nein, ich habe es nicht bereut. Ich glaube Wie sind sie damit umgegangen? aber, dass ich auch viel Glück gehabt habe, Ja, ich habe ihnen davon erzählt. Ich fand es denn es lief alles recht gut und es ging mir œ besser, dass sie es von mir hören statt durch im Vergleich zu anderen Fällen von Chemo- Gerüchte. Aber ich habe es auch vor allem therapie, von denen ich gelesen hatte œ die deshalb erzählt, weil es wegen meiner Be- meiste Zeit auch körperlich ziemlich gut. handlung ein paar organisatorische Schwie- Glück habe ich außerdem mit meinen deut- rigkeiten gab: Unterricht musste verlegt wer- schen und koreanischen Kollegen, die großes den oder manchmal auch ausfallen. Und es Verständnis für meine Situation gezeigt und hätte auch immer passieren können, dass ich mich durch Unterrichtsvertretungen oder die ernsthaft krank werde, dann hätte wieder eine Übernahme anderer Aufgaben nach Kräften andere Lösung gefunden werden müssen. Mir unterstützt haben. schien es vernünftiger, einfach die Wahrheit Bei ihnen möchte ich mich an dieser Stelle zu erzählen, so konnte ich auch am ehesten noch einmal besonders bedanken! mit Verständnis und Kooperation rechnen.

28 Ausgesandt nach Korea

Erik Richter

Wenn ich in Waegwan bei den alljährlich Umgebung. Als sie 1970 kam, waren die Ver- stattfindenden Exerzitien der Missionare und hältnisse noch sehr einfach. So gab es nicht Missionarinnen in Korea die verschiedenen sehr viele asphaltierte Straßen. Das Motorrad Teilnehmer treffe, bin ich jedes Mal faszi- musste irgendwo abgestellt werden, und zu niert, wie unterschiedlich die Art der Beru- Fuß mit schwerem Gepäck wurden viele Dör- fung und der Aufgabe ist. Da sind Seelsorger fer besucht. Zwar halfen die Bewohner, aber und Seelsorgerinnen, Krankenschwestern die Wanderungen waren doch sehr mühsam. oder eine Ärztin. Da ist auch eine Schwester, die sich nur dem Gebet verschrieben hat. Manches war aber schon fortschrittlich, etwa Ebenso ist eine Ordensgründerin zu finden, an Dias für die Katechese. Aber mangels Strom die jeden Tag neue Herausforderungen im mussten die Projektoren mit einem eigenen Management gestellt werden. Auch Hand- Generator betrieben werden, der auch zum werker sind darunter. Bei allen Unterschieden Gepäck gehörte. haben doch alle eines gemeinsam: Bei den Die Gastfreundschaft in diesen Jahren war Menschen hier in Korea zu sein. Dabei sind sehr groß. So sind die Dorfbewohner losgezo- nicht alle nur bei den Koreanern geblieben. gen und haben extra deutsches Bier besorgt, Einige haben ein anderes, weiteres Ziel bevor der Pfarrer und Sr. Lumine kamen. Die außerhalb Koreas im Blick, um mit Hilfe Abneigung gegen das Bier hat Sr. Lumine dessen, was sie hier geschaffen haben, ande- noch schnell unterdrücken müssen und ein ren Menschen im Glauben und/oder in Not bisschen davon getrunken. Die größere Freu- beizustehen. Einige dieser Frauen und Män- de war es, dass die Dorfbewohner davon den ner habe ich interviewt und möchte sie hier ganzen Rest œ also fast alles œ genossen. porträtieren. Nach etwa 10 Jahren musste Sr. Lumine Ko- rea verlassen, weil die heimische Provinz in Bei den Menschen sein œ eine Schwester Deutschland sie zurückrief. Die Sehnsucht möchte bei den Armen leben nach Korea und zu den Menschen hier blieb aber in ihrem Herzen. Um so größer war die Sr. Lumine versteht sich nicht als die große Freude, als sie auf Wunsch der koreanischen Macherin. Sie hat ihren Ordensnamen ganz Schwestern wieder nach Korea gesandt wur- bewusst ausgewählt: Sie möchte ein Licht de. Diesmal arbeitete Sr. Lumine für die Blin- vom großen Licht Jesus Christus sein, das denmission. 1994 baute sie ein Haus für Sozi- mithelfen soll zu leuchten in dieser Welt. alwaisen auf, das sie bis letztes Jahr mit Ganz nahe bei den armen Menschen zu sein, bewohnte. das war ihr Traum seit ihrer Kinder- und Ju- Seit einem Jahr kümmert sich Sr. Lumine um gendzeit in Osnabrück. Ihre erste Aufgabe Ausländer in Korea. Zumeist wird sie geru- stellte sich nach einem Sprachkurs bei den fen, wenn ausländische Frauen in Korea in Menschen auf dem Land in der Nähe von Schwierigkeiten geraten. Viele von ihnen sind . Die meisten Einwohner haben das über ein Ehevermittlungsinstitut hierher ge- erste Mal eine Europäerin gesehen. Mit einem holt worden. In der Landwirtschaft besteht ein Schmunzeln erzählt sie, wie die Kinder ihr Bedarf an der Vermittlung von Kontakten, beim Zähneputzen zuschauten. ‚Guck mal, aber nicht nur dort. Doch die Erwartungen der die putzt sich die Zähne wie wir auch!— haben Frauen und der Ehemänner sind sehr ver- die Kinder erstaunt ausgerufen. schieden. Wenn dann etwas oder jemand nicht Ihre erste Aufgabe bestand in der ambulanten funktioniert, gibt es Probleme. Sr. Lumine Versorgung der Menschen und der Katechese versucht dann mit einer Unterkunft, mit Be- im Dorf und den anderen Dörfern in der gleitung zu Behörden u.v.m. zu helfen. Auch

29 in dieser Aufgabe fühlt sie sich wohl. Ihre Heute ist Pater Bartolomäus Pfarrer in Kasil, Berufung ist es, bei den Menschen zu sein. wo er als Wegbegleiter seit 1999 tätig ist. Besonders den Armen oder Geringen fühlt sie Wenn er Korea mit der Zeit seiner Ankunft sich verbunden und will für sie da sein. vergleicht, stellt er fest: ‚Damals gab es wohl echteren Frohsinn. Die Leute hatten kein Bei den Menschen sein œ ein Priester möchte Geld, aber Zeit. Zeit haben heute ja noch nicht die Menschen begleiten einmal die Kinder.— Nicht dass Pater Barto- lomäus, alles was früher war, besser findet, Als Pater Bartholomäus Henneke 1961 bei aber die Sorgen sind in den letzten dreißig den Benediktinern in Münster-Schwarzach Jahren bei den Menschen nicht weniger seine Profess ablegte, war Korea gewiss nicht geworden. Das müsste nicht sein. sein Traumland. Aber er fand schnell einen Weg zu den Menschen. 1968 wurde er nach Es geht weiter œ den Aussätzigen beistehen Korea gesandt. Seine ganze Zeit war er fast ausnahmslos in der Pfarrei tätig. Nebenbei Als Emma Freisinger von Österreich nach wurden ihm auch Aufgaben im Kloster anver- Korea ging, hatte sie zunächst nicht vor zu traut. Seit 1970 arbeitet Pater Bartholomäus bleiben. Ihre Aufgabe bei den Leprakranken für die Menschen hier in Korea in der Pfarrei. forderte sie sehr und erst nach vier Monaten Er begann in der Pfarrei Heilig Geist in hier vor Ort spürte sie: Hier muss sie bleiben. Waegwan. Seine Hauptaufgabe sah er darin œ So gab sie auch den Gedanken an Heirat und und sieht sie auch heute noch so œ, den Men- eigene Familie auf. Der Liebe, die zu Hause schen beizustehen, dass das Leben gelingt und auf sie wartete, gab sie schweren Herzens eine nicht von Ruhm, Gier oder Vergnügen ver- Absage, da die Sehnsucht nach Korea und den schlungen wird. Menschen hier einfach größer war. ‚Ich bin deutsch. Ich sehe keinen Sinn darin, das zu ändern.— So hat Pater Bartholomäus seinen deutschen Pass heute noch. Er ist der einzige nichtkoreanische Pfarrer in seiner Region. Das aber ist kein Nachteil. Häufig wird er nach seiner Sichtweise gefragt. Er tritt dabei nicht lehrerhaft auf, um zu zeigen, wie etwas gemacht werden muss. Aus seiner Ein- stellung heraus, bei den koreanischen Men- schen zu sein, äußert er seine Meinung. Denn seine ganze Arbeit ist die eines Wegbeglei- ters, der nicht den Weg vorgibt, aber hilft den Weg zu gehen, den wir Menschen in Korea gehen. Zwischendurch gab es schon die Überlegung heimzukehren. Aber der damalige Abt Martin wehrte sich kategorisch. So blieb Pater Barto- lomäus und wurde zu seiner Pfarreiarbeit Sekretär des Abtes für die ‚Auswärtigen An- gelegenheiten.— Auf diese Weise erfüllt Pater Bartolomäus eine Brückenfunktion: Korea nach Übersee zu vermitteln und das überseei- Emma Freisinger sche Denken der koreanischen Klosterleitung Ihre Sorge galt den Menschen, um die sich verständlich zu machen. Der gelernte ‚Draht— kaum einer kümmern wollte: vom Deutschen zu den Koreanern nicht nur von der Sprache, Aussätzigen Hilfswerk 1952 nach Korea sondern auch vom Gefühl und Handeln her, ausgesandt, kümmerte sie sich um die Lepra- kam auch dieser Aufgabe zugute. kranken.

30 Die Arbeit war mühsam und nicht einfach. schen ihrer geistlichen Heimat und der neuen Aber nicht nur die Arbeit war schwierig. Heimat zu entscheiden. ‚Was ich einmal an- Auch wenn sich Emma Freisinger nach vier gefangen habe, das versuche ich auch durch- Jahren darüber im Klaren war, hier bleiben zu zuziehen.— Sie hatte als Lehrerin für die wollen, ist der Priester, der die Lepra-Station Schuhputzerkinder in Seoul angefangen, aber fand, nicht mit ihren Zielen einverstanden. So bald darauf auch in der Krankenpflege Aus- sah es fast danach aus, dass ihre Arbeit in bildungen begonnen. Von dort wurde sie aber Korea dem Ende zugehe. Da nahm die Fami- an die medizinische Universität verwiesen, lie des Erzbischofs sie auf. Der Vater des damit sie Ärztin würde. Erzbischofs Lee nahm sie wie an Kindes statt an und gewährte ihr damit den Schutz der Familie. Der Erzbischof unterstützte ihre Aufgabe und ließ ihr bei allen Vorhaben freie Hand. So übernahm sie in der Nähe von Dae- gu die Lepra-Station, die Teil einer dermato- logischen Abteilung war. Es kamen jeden Tag viele, viele Hautkranke zu der Klinik, unter denen auch die Lepra-Kranken waren, die darunter nicht weiter auffielen. Ansonsten wäre es schwer gewesen, an die Lepra- Kranken heranzukommen. So baute sie diese Abteilung aus und verließ die Station, nach- dem sie ihren Auftrag als erfüllt sah. Lepra gibt es als eine bedrohliche Krankheit nicht mehr in Korea. ‚Aber es gibt noch woanders Orte, wo wir helfen können—, gibt Emma Freisinger zu bedenken. ‚China ist so nah und die Not dort so groß!— Und so träumt Emma Freisinger davon, von Korea aus eine ähnliche Arbeit Sr. Heide Brauckmann aufzubauen. Dazu braucht sie gewiss noch Als sie sich 1969 für Korea und gegen den Unterstützung, aber wer sie kennt und erlebt Verbleib in der Kongregation vom Kostbaren sieht, dass dieser Traum Wirklichkeit werden Blut entschied, war sie über fünf Jahre auf wird. sich allein gestellt und meisterte ihre Ausbil- dung allein. Dann bekam sie Kontakt zu den Es geht weiter œ die Armut als Herausforde- Columban-Schwestern, die sie nach einem rung neuen Noviziat in ihre Mitte aufnahmen. Für diese Kongregation arbeitete Sr. Heide nicht Sr. Heide Brauckmann kam vor über vierzig nur in Korea, sondern auch in Hongkong für Jahren nach Korea. Dass sie selbst mal einen die Boatpeople. Sie kehrte aber kurz darauf Orden gründen würde, der über Korea hinaus nach Korea zurück und sollte die Begleitung tätig ist, hätte sie damals nicht gedacht. eines Programms zur Bekämpfung von TBC Aber beginnen wir von vorne. Die Sauerlän- übernehmen. Nach dem sie die Planungen derin wurde 1966 von ihrem damaligen Orden abgeschlossen hatte, beschloss die Ordenslei- der Schwester vom Kostbaren Blut nach Ko- tung, sie aus Korea in ein anderes Land zu rea entsandt. Damals war die Entscheidung entsenden. Wieder stand Sr. Heide vor der für diesen Orden klar, während sie sich an- schwierigen Entscheidung: diese Gemein- sonsten ‚nur den Armen verschrieben hat.— schaft oder Korea. Dieses Mal aber war die Doch nach nur drei Jahren verließ diese Kon- Entscheidung komplizierter. Zwar wurde an gregation aus innerorganisatorischen Gründen Sr. Heide schon mehrmals der Gedanke he- wieder Korea und Sr. Heide sah sich mit ei- rangetragen, selber einen Orden zu gründen. nem Mal vor die Entscheidung gestellt, zwi- Nun wurde es aber ernst, nachdem Bischof

31 Daniel Tji von Wonju sie drängte, selbst eine diese Arbeit des Managements und des medi- Gemeinschaft ins Leben zu rufen. Nach einem zinischen Dienstes schafft œ bei wochenlan- Jahr Bedenkzeit in Irland war für sie klar, gem 24-Stundendienst œ bleibt ihr Geheimnis. dass sie dazu eigentlich nach Korea entsandt ‚Ich schaffe das einfach.— Ihr Traum ist und worden war. Sie verließ die Sicherheit einer bleibt, bei den Armen zu sein. Darum hat die bestehenden Gemeinschaft abermals und ent- Kongregation ihre Arbeit in Afrika weiter schloss sich, den neuen Schritt zu wagen. Am ausgedehnt. Und deshalb ist auch für Sr. Hei- 11.9.1983 legte sie als erste Schwester der de, bei aller Liebe für das Land, Korea nicht neuen Gemeinschaft in der Kapelle des Bi- die Endstation eines Auftrages, sondern ein schofshauses zu Wonju die Versprechen ab. erfüllter Auftrag auf dem Weg zu neuen Auf- Mit ihr begannen auch drei Novizinnen dieses gaben unter den Armen dieser Welt. Unternehmen. Viele verschiedene Tätigkeiten hat Sr. Heide seither übernommen. Zur Medi- Das soll Mission sein? zin und der Schule hatte sie noch einen Ab- schluss als Sozialarbeiterin an der Universität Diese Frage mag sich jeder stellen, der diese gemacht. So arbeitete sie u.a. zwischendurch Aufgaben der oben beschriebenen Missionare auch noch in der Gefängnispastoral. sieht. Aber Pater Bartholomäus spricht es am So vielfältig die Aufgaben von Sr. Heide wa- deutlichsten aus, was allen Missionaren zu- ren, so vielfältig sind die Aufgaben der Kon- sammen innewohnt. Er will, wie die Schwes- gregation, der franziskanischen Missions- tern und Emma Freisinger auch, ‚Wegbeglei- schwestern des Dienstes: Sozialarbeit, ter— sein. Also nicht mit einer Brechstange Krankenpflege, Schule und pastorale Arbeit Missionar sein, der auf Versprechen basierend in ihren weiten Feldern. Vielfältig ist der wie ‚mit Jesus geht es dir immer gut, ohne Dienst, den Sr. Heide noch ausübt. Nicht nur, Jesus geht es dir immer schlecht!— o.ä. Men- dass sie als Chefärztin das Krankenhaus und schen ‚fängt—. Es geht darum, als Diener den Hospiz in Wonju leitet, sie ist gleichzeitig Menschen zu begleiten und in der Erfüllung Generaloberin der Kongregation, die weltweit seiner Aufgaben, die Not hier zu bekämpfen rund 270 Mitglieder umfasst. Seit etwa fünf und zu überzeugen. Nicht durch die offen- Jahren ist die Kongregation in Sambia tätig. sichtliche Bibel in der Hand, sondern im Auch dort gibt es große Not. So hat sich die Umsetzen der Bibel und im Vorleben wird Kongregation dort besonders der AIDS-Hilfe versucht, die Überzeugung und den Glauben verschrieben. Aber umgekehrt wollen auch an die Liebe Gottes den Menschen nahe zu viele junge Sambierinnen in den Orden. Und bringen. So wurde den Menschen in Korea so sind dort schon in kurzer Zeit über 40 nichts genommen, sondern etwas geschenkt. Schwestern in Sambia eingetreten. Wie sie

Zuerst gab es kein Visum

Interview mit Malte Rhinow

Michael Menke

Sie haben in Deutschland evangelische Theo- Versöhnung zwischen Israelis und Palästinen- logie studiert und in diesem Feld gearbeitet. sern einsetzte. Er ist heute übrigens mein Wie sind Sie auf den Bereich Korea gekom- Bischof. Seitdem konnte ich mir den Dienst in men? einer deutschsprachigen Auslandsgemeinde Bei einer Studienreise nach Israel mit Vikars- der Evangelischen Kirche in Deutschland kollegen hat mich die Arbeit des damaligen (EKD) gut vorstellen. Dass ich schließlich in Propstes der deutschsprachigen Erlöserkirche Südkorea gelandet bin, hat seinen Grund vor in Jerusalem sehr fasziniert, der sich für die allem in der Ehe mit meiner koreanischen

32 Frau, die ich während des Studiums in einem war zum Pfarrdienst im Auftrag der EKD in Wohnheim für Theologiestudenten und der EGDS. In der LCK wurde ich 2002 mit -studentinnen kennen gelernt hatte. Sie wollte der Gründung und Leitung eines Gemeinde- nach ihrer Promotion gerne in Korea lehren. aufbauinstituts beauftragt. 2004 habe ich des- Meinerseits spielte vor allem der Wunsch eine halb meinen Vertrag mit der EKD und EGDS Rolle, meine Frau besser verstehen zu kön- nicht verlängert und bin seither nur für die nen. In der Tat hat das Kennenlernen der LCK tätig, die mich 2005 zum Professor für koreanischen Kultur und Sprache unserer Ehe Praktische Theologie an der Luther Universi- so gut getan, dass ich es Eheleuten, die aus tät in Shingal berufen hat. Kürzlich habe ich völlig verschiedenen Kulturkreisen stammen, meinen Vertrag mit dem bayerischen nur ans Herz legen kann, eine Zeitlang im Missionswerk, das sich jetzt ‚Mission Eine Land des anderen zu leben. Welt— nennt, bis 2011 verlängert. Wann waren Sie zum ersten Mal in Korea? Der Begriff ‚Mission— erweckt nicht bei Das erste Mal habe ich Südkorea mit meiner allen, besonders bei Menschen, die der Kir- Frau im Sommerurlaub 1990 besucht, also in che nicht sonderlich zugetan sind, Begeiste- der spannenden Zeit zwischen dem Fall der rung. Was ist Ihrer Meinung nach die Aufga- Berliner Mauer und der deutschen Vereini- be der Mission (von deutscher und von gung. koreanischer Seite)? Was waren Ihre beruflichen Stationen in Mission bedeutet eigentlich Sendung, Auftrag Korea? und wird in diesem Sinne ganz unbefangen in Beworben hatte ich mich auf eine geteilte Politik, Militär und Wirtschaft verwendet. Stelle, je zur Hälfte Dienst in der Evangeli- Nur die Mission der Kirche hatte in Deutsch- schen Gemeinde deutscher Sprache in Seoul land lange Zeit kein gutes Image. Übrigens (EGDS) im Auftrag der EKD und Dienst als auch in weiten Kreisen der Kirche nicht. Da- ökumenischer Mitarbeiter des Berliner Missi- für gibt es viele Gründe. Eine große Rolle hat onswerks in der Presbyterianischen Kirche in wohl der Satz ‚Jeder soll nach seiner eigenen der Republik Korea (PROK). Da die PROK Facon selig werden— gespielt, mit dem Fried- sich unter der damaligen Diktatur für Men- rich der Große zur Toleranz gegenüber ande- schenrechte, Demokratisierung und Wieder- ren Religionen aufrief, den man angesichts vereinigung Koreas einsetzte, verweigerte mir des Islamverständnisses der Taliban heute die südkoreanische Regierung zunächst das wohl etwas differenzierter sehen dürfte. Die Visum. Die Verhandlungen zogen sich so Skepsis gegenüber der christlichen Mission lange hin, dass die EKD kurzerhand Pfarrer hat sicher auch mit der Missionsgeschichte zu Günter Böhnke auf die Pfarrstelle Seoul ent- tun, in der die Mission teilweise im Gefolge sandte. Beim zweiten Anlauf wurde mein der Kolonisation erfolgte und die autochtho- Visum schließlich genehmigt, unter der nen Kulturen nicht immer ernstnahm und Voraussetzung, dass ich als Gastdozent an der angemessen würdigte. Die Zwangstaufe der Hanshin-Universität arbeitete, die zur PROK Sachsen hat jedoch nicht die Kirche, sondern gehört. Deshalb habe ich von 1992 bis 1997 Karl der Große zu verantworten. Tatsächlich und dann noch einmal von 1997 bis 2000 war die christliche Mission insgesamt viel offiziell als Gastdozent gearbeitet, war jedoch besser als ihr Ruf. Viele Missionare waren nebenher ehrenamtlich auch als ökumenischer solidarisch mit der Bevölkerung ihres Missi- Mitarbeiter für die PROK tätig. Eine zweite onsgebietes, haben die einheimischen Spra- Verlängerung meines Vertrages mit dem Ber- chen erlernt, die fremde Kultur studiert und liner Missionswerk war nicht möglich, da das Mission als Gespräch, also dialogisch betrie- Missionswerk in Folge der deutschen Verei- ben. Natürlich verändern Religionen die Kul- nigung in große finanzielle Schwierigkeiten tur eines Landes. Wer die christliche Mission geraten war. Von 2000 bis 2004 war ich als wegen ihrer kulturverändernden Konsequen- ökumenischer Mitarbeiter des Missionswerks zen kategorisch ablehnt, sollte sich fragen, ob der Evangelisch-Lutherischen Kirche in er nicht ein zu positives Verständnis von Bayern für die Lutherische Kirche in Korea Kultur und eine zu negative Vorstellung vom tätig (LCK), wobei ich zu 40% freigestellt christlichen Glauben hat. Einheimische selber

33 sind oft dankbar, wenn das Christentum sie geprägt und in über 120 Denominationen von kulturellen Problemen wie Blutrache, zersplittert, während die vom Konfuzianismus Kannibalismus oder Geisterfurcht befreit und und Buddhismus beeinflusste katholische eine Atmosphäre des Vertrauens und der Kirche reifer wirkt. Koreanische Christen Nächstenliebe schafft. In Südkorea gab es leben ihren Glauben viel aktiver und nehmen früher den Brauch, Alte auszusetzen und dem regelmäßig am gemeinsamen Gottesdienst Hungertod zu überlassen. Und wie die Ar- teil, beten intensiv und lang, lesen meist täg- chäologie gezeigt hat, gab es früher im Ge- lich in der Bibel, zahlen nicht nur 2% Kir- biet, das wir heute Deutschland nennen, Men- chensteuer wie Kirchenglieder in Deutsch- schenopfer. Wer würde die Rückkehr in eine land, sondern geben normalerweise 10% ihres solche vorchristliche Kultur für sich selber Einkommens an die Gemeinde und, was uns wünschen? besonders auffällt: sie sprechen offen und In Südkorea hat Mission unter Christen ein gerne über den Glauben. Pfarrer in Korea ausgesprochen positives Image. So will man können je nach Größe, Lage und Finanzkraft die Zahl der südkoreanischen protestantischen ihrer Gemeinde ein Managergehalt bekom- Auslandsmissionare von derzeit ca. 13.000 men oder bettelarm sein, während in Deutsch- auf 100.000 erhöhen. Solcher Eifer ist wohl land Pfarrer alle ein ähnliches Gehalt bekom- etwas übertrieben. Wenn ich recht sehe, ist men. In Korea gibt es sehr viele Sekten, die Mission aber inzwischen auch in Deutschland oft nur schwer von christlichen Gemeinden zu kein Tabu mehr. Mit zunehmender Ent- unterscheiden sind. christlichung der Gesellschaft wird die Missi- Sie sind einer der wenigen Deutschen, die gut on, die man bisher nur im Ausland praktizie- Koreanisch sprechen. Wo haben Sie Korea- ren zu sollen meinte, derzeit als Mission vor nisch gelernt? Könnten Sie uns einen Rat- Ort von den Gemeinden wiederentdeckt und schlag geben, wie man am besten Zugang zu zwar als Einladung zum christlichen Glauben dieser Sprache findet? und als Weitersagen der frohen Botschaft, Um wirklich gut Koreanisch zu lernen, war dass es bei Gott Vergebung gibt. ich 1992 schon zu alt. In den ersten beiden Was sind Ihrer Meinung nach die größten Jahren in Korea war das Sprachstudium der Unterschiede zwischen Kirche in Deutschland wichtigste Teil meiner Dienstaufgaben. Ich und in Korea? habe zunächst sechs Monate fünf Tage in der Das ist eine sehr große Frage, die einer aus- Woche an der Yonsei Universität studiert, und führlichen Antwort bedürfte. Ich nenne einige dann wegen zunehmender Aufgaben wöchent- Dinge frei von der Leber weg: Die Kirche in lich vier Mal an der privaten Sprachschule Deutschland hat eine fast zweitausendjährige Ganada (das hat nichts mit Kanada zu tun, Geschichte, die katholische Kirche in Korea sondern meint die ersten drei Buchstaben des erst gut 220 Jahre und die protestantische gar koreanischen Alphabets) in der Nähe der nur gut 120. Die koreanische Kirche, insbe- Hongik Universität. Koreanisch ist so schwer, sondere die protestantische Kirche steckt also dass man es als Erwachsener wohl nur lernen noch in den Kinderschuhen und ist sehr le- kann, wenn man in Korea lebt. Es erfordert bendig und aktiv und lebenslustig, anderer- eine Menge an Kraft und Energie, die ersten seits jedoch auch noch unreif und wenig re- Hürden zu meistern. Die Gefahr, in dieser flektiert und leichtsinnig. Anders als in Zeit einer generellen Wut auf Korea zu erlie- Deutschland, wo die Christen je zur Hälfte gen, ist nicht gering. Nach ein, zwei Jahren evangelisch oder katholisch sind, ist die ka- kann man seine Sprachkenntnisse jedoch auch tholische Kirche in Korea deutlich kleiner als ohne Sprachkurs verbessern, einfach durch die protestantischen Kirchen zusammen. Die das Leben in Korea. Je höher das Sprachni- katholische Kirche ist europäisch geprägt, die veau, desto größer wird der Anteil des Chine- protestantischen Kirchen (mit Ausnahme der sischen. Chinesische Zeichen habe ich aller- anglikanischen Kirche) ganz überwiegend dings nur wenige gelernt. Koreanisch zu amerikanisch. Die protestantischen Kirchen lernen ist eine Lektion in Demut und Geduld. sind größtenteils stark vom Schamanismus, Wer sich geniert, Fehler zu machen, sollte es Konfuzianismus und kapitalistischen Denken wohl lieber lassen.

34 Deutsche haben generell und vor allem in der Bierbranche einen guten Ruf

Interview mit dem deutschen Braumeister Joachim Felber

Benjamin Barthold

Herr Felber, bitte stellen Sie sich zunächst War dies Ihre erste berufliche Auslandsstati- einmal vor: Wer sind Sie und wie lange sind on? Wenn nicht, beschreiben Sie bitte die Sie bereits in Korea? Unterschiede Ihrer Aufenthalte in Korea mit Mein Name ist Joachim Felber, ich komme Ihrem bzw. Ihren vorherigen Auslandsauf- aus Bayern und bin jetzt mit einer kurzen enthalt(en)? Unterbrechung seit über drei Jahren in Korea. Der Hauptunterschied von der Arbeit hier in Ich war in dieser Zeit bei drei verschiedenen Seoul zu Ilsang ist, dass das ein ländlicher Brauereien angestellt. Angefangen hat es Bereich war und Kangnam, das ist halt Seoul nicht weit weg von hier, auf der anderen Stra- und Stadtzentrum. In der vorigen Brauerei ßenseite auch in Kangnam (Seoul) als Pro- war ich auch nur für die Brauerei an sich zu- jektleiter für drei Monate, um die Brauerei ständig. Hier habe ich mehr Aufgaben und damals in Betrieb zu nehmen, Rezepte zu das Spektrum ist wesentlich umfangreicher: entwickeln und den Nachfolger einzuarbeiten. Zuerst einmal arbeite ich hier als Braumeister, Dann war ich 19 Monate in Insang. Dort habe dann bin ich aber auch noch Direktor vom ich alles gemacht von der Projektierung bis ganzen Food- und Beverage-Bereich und un- zur Leitung der Bauerei. Danach war ich dann terstütze auch unseren Inhaber in Sachen wieder vier Monate in Deutschland, in Bonn Marketing, speziell auch mit der deutschen und seit November 2005, bin ich wieder in Community hier vor Ort. Wir stellen drei Korea. Diesmal beim Hofbräuhaus hier in Biersorten her: Helles, Dunkles und Weizen- Kangnam. bier und dann immer auch eine Saisonspezia- Ist dieser Arbeitsaufenthalt im Rahmen eines lität wie z.B. Frühlingsbier oder Oktoberfest- Austauschprogramms erfolgt oder von Ihnen bier. Auch Starkbier haben wir ausprobiert. völlig privat organisiert worden? Aber Starkbier kommt bei den Koreanern Der Aufenthalt ist hauptsächlich privat orga- nicht so gut an, habe ich die Erfahrung ge- nisiert. macht.

35 An sonstigen kulturellen Unterschieden, gera- Braumeister vor Ort sein muss, ebenso wie de auch zu Deutschland, da gibt es eine ellen- ein deutscher Koch. lange Liste. Ein großer Unterschied ist z.B. Persönlich hat es mich vor allem gereizt, mal hier im Restaurant, wenn man abends weg- was anders zu machen. Auf der einen Seite ist geht: Man isst was, jeder isst sein eigenes es ein völlig anderer Kulturkreis, auf der an- Gericht und nach dem Essen trinkt man. Hier deren Seite ist es halt auch das Geld, weil in Korea ist das ganz anders. Hier trinkt und man einfach mehr verdienen kann als in isst man immer gleichzeitig und man bestellt Deutschland. Eigentlich wollte ich dieses auch für die ganze Gruppe, zwei oder drei Arbeiten im Ausland nicht mehr weiterma- Gerichte, die man sich teilt und jeder bedient chen, wegen der Familie. Aber Korea lässt sich und wechselt. einen nicht so einfach los. Es ist aber auf Auch die Arbeitsweise ist anders bei den Ko- Dauer keine längerfristige Perspektive. Ich reanern: Auf der einen Seite sind sie hekti- werde das vielleicht noch zwei, drei Jahre scher, auf der anderen Seite ist aber alles auch machen. Das kommt darauf an, was sich sonst wieder nicht so stressbelastet wie bei uns da- so Neues ergibt. Wenn mein Sohn ein Studi- heim. Die arbeiten lieber mal ein, zwei Stun- um beginnt und meine Frau herzieht, dann den länger. Bei uns muss immer alles perfekt könnte es sein, dass ich tatsächlich länger organisiert sein, durchgestylt und so schnell bleibe. Aber dieses getrennte Familienver- wie möglich, effektiv erledigt werden. hältnis ist auf Dauer schon belastend. Wie kommt man als Bierbrauer ausgerechnet Beschreiben Sie bitte ihren derzeitigen Ar- nach Seoul, einem aus deutscher Brauer- beitgeber sowie ihre konkrete Funktion und Perspektive doch eher ungewöhnlichen Ziel? Aufgaben (ggf. im Vergleich zu Ihrer berufli- Was waren Ihre Motive für die Wahl gerade chen Stellung in deutschen Unternehmen, bei dieses Landes? denen Sie gearbeitet haben)? 2002 ist in Korea das Gesetz geändert worden Ja, der Hauptunterschied ist die Sprache, das und seit diesem Zeitpunkt sind auch kleine ist schon ein Problem. In Deutschland könnte Hausbrauereien erlaubt. Aber man hatte da- ich alles selber organisieren bzw. Bestellun- mals noch null Knowhow und hat deshalb gen machen bei Zuliefererfirmen und hier ist angefangen, sehr stark ausländische Fachkräf- man halt immer auf einen koreanischen Mit- te anzuwerben, vor allem Deutsche. Weil arbeiter angewiesen, der übersetzt. Die meis- auch die meisten Maschinenhersteller, die das ten Kollegen können natürlich kein Deutsch, ganze Equipement liefern, aus Deutschland ich kann kein Koreanisch. Also nimmt man in kommen. Inzwischen gibt es zwar auch kore- aller Regel Englisch her. Es wäre allerdings anische und chinesische Anlagenbauer, aber auch keine wesentliche Erleichterung, wenn Deutsche haben generell und vor allem in der die Kollegen Deutsch könnten. Mit Englisch Bierbranche einen guten Ruf. Mittlerweile kommt man eigentlich gut zurecht, nur man- sind zwar nicht mehr ganz so viele Deutsche che Fachausdrücke, die sich nicht übersetzen hier. Als ich angekommen bin damals, gab es lassen, die muss man dann eben erklären. In sieben oder acht deutsche Braumeister in Se- der Brauerei gibt es nämlich sehr viele Begrif- oul, jetzt sind es nur noch zwei oder drei. Das fe, die aus der alten Zunftsprache kommen, ist natürlich auch eine finanzielle Frage. Der die auch normale Deutsche nicht verstehen. koreanische Kollege ist wesentlich billiger. Gibt es im Vergleich zu deutschen Brauerei- Wenn der vernünftig angelernt wird, können unternehmen Unterschiede in Bezug auf die die das unter sich ausmachen. In Zukunft wird Organisation der jeweiligen Prozessabläufe es wohl in der Regel so aussehen, dass Deut- (Produktion, Marketing/Vertrieb), der Ar- sche nur noch ein-, zweimal im Jahr kommen beitseinstellung/Mentalität sowie der Mitar- werden, um nach dem Rechten zu sehen und beiterführung und wenn ja, wie würden Sie eventuelle Fehler zu besprechen. Wobei das diese beschreiben? Hofbräuhaus hier in Seoul ein direktes Li- Ja, vor allem die Organisation ist ganz anders. zenzunternehmen des Hofbräuhauses in Mün- In Deutschland macht man einen Plan, wann chen ist und deshalb immer ein deutscher man was wie erledigen will und in Korea improvisiert man mehr. Gut, es gibt ein paar

36 Arbeitsgänge, da muss man acht Stunden verschiedene Lehrgänge, die in Deutschland dabei bleiben, aber bei anderen, z.B. Reini- oder den USA angeboten werden. Das sind gungsarbeiten, da werden doch die Arbeiter oft halbjährige Lehrgänge. Und es gibt mitt- schnell mal getauscht. Da kommt der Kollege lerweile auch schon etliche Koreaner, die in und fragt, kannst du mir nicht mal schnell Deutschland ihren Braumeister oder ihren deinen Arbeiter für dies und das leihen? Und Brauingenieur gemacht haben. Aber die haben da ist man auf der einen Seite wesentlich fle- natürlich keine Brauerlehre vorher gemacht, xibler, aber man muss andererseits auch viel sondern eben ‚nur— ihr (Chemie-) Studium. mehr hinterher sein, hinterher laufen und kon- Und denen fehlt dann natürlich Berufspraxis. trollieren, weil die Leute manchmal nicht Und die wichtige Erfahrungszeit, die macht recht wissen, was sie nun machen sollen. Das, man nach der Lehre. Da lernt man erst richtig. was der sagt oder das, was der andere sagt? Und es kommt natürlich auch darauf an, in Oder auch im kaufmännischen Bereich, dass was für einen Betrieb die einsteigen. Ob das man wirklich langfristige Marketingplanung ein Großbetrieb ist oder ein Kleinbetrieb. Die macht. Businesspläne und so, das ist doch Anforderungen sind ganz anders. In den klei- alles mehr kurzfristig orientiert hier. Das ist nen Betrieben muss man alles machen. In eben koreanische Mentalität. Ausnahmen sind einer Großbrauerei, da ist man in einer klei- vielleicht noch die großen Firmen, die Chae- nen Abteilung und viel spezialisierter. Dafür bols, die arbeiten sehr effektiv, aber das ist sind die Anforderungen in einem Großbetrieb eher die Ausnahme. Bei mittelständischen wieder höher an Effektivität und Aktualisie- oder kleinen Unternehmen gibt es so was in rung. Bei einer Kleinbrauerei ist das durch die der Regel gar nicht. Auch wenn man was kleineren Mengen nicht ganz so wichtig. Neues plant: In Deutschland gibt es dann eine Wie beurteilen sie die eventuellen Unter- Ausschreibung, wer das mit dem besten Preis- schiede im Vergleich zum Ausbildungssystem Leistungsverhältnis macht. In Korea läuft in Deutschland? hierbei fast alles über Familie, Freunde und Das kommt darauf an. Wenn ich einen Be- Bekanntschaften. Und dadurch kriegt man triebsleiter brauche, dann finde ich die deut- auch nicht immer die Leute, die man eigent- sche Ausbildung besser. Wenn ich aber nur lich gern hätte, sondern manchmal halt jemanden für eine kleine Sparte brauche, dann jemanden, der sagt, er kann das machen. Ob kann man das andere System auch nehmen, er es dann auch wirklich kann, ist eine zweite dieses sehr spezielle Anlernen. Also umfang- Frage. reicher und besser ist schon die Ausbildung in Was können deutsche Bierbrauer von ihren Deutschland. Bloß, brauche ich die immer? koreanischen Kollegen lernen? Das ist die Frage. Dass man manchmal die Dinge lockerer sieht, Würden Sie jungen Koreanern eine Brauer- dass man nicht den ganzen Tag auf die Uhr Lehre in Deutschland empfehlen? Wenn ja, schaut, wann Feierabend ist. Wenn mehr Ar- warum? beit anfällt, dann macht man das und am Ich würde jungen Koreanern trotzdem eine nächsten Tag geht man halt dafür eher. Dass Ausbildung in Deutschland empfehlen. Denn man in der Arbeitszeitregelung flexibler wird. ·Made in Germany‘ hat immer noch ein sehr Das ist nicht unbedingt nur auf Brauer bezo- hohes Ansehen. Und damit sind dann die Be- gen, sondern eher generell. Vom Fachwissen rufschancen in Korea wesentlich höher. Das her kann es allerdings noch keinen nennens- gilt sowohl für die klassische Berufsausbil- werten Rückfluss geben. dung im dualen System als auch für ein ent- Gut qualifizierte Mitarbeiter sind für Braue- sprechendes Studium. reiunternehmen überall auf der Welt Was halten Sie bei einem solchen Vorhaben unerlässlich, um gutes Bier brauen zu können. (Lehre im Ausland) für besonders wichtig? Wie wird die Ausbildung/Qualifizierung des Welche Rolle würden Ihrer Meinung nach Berufsnachwuchses in Korea organisiert? Deutschkenntnisse dabei spielen? Im Brauerbereich ist da eigentlich nicht viel Ja, gerade Deutschkenntnisse sind dabei sehr vorhanden. Die koreanischen Brauer sind wichtig. Es gibt nach wie vor nur sehr wenige meistens studierte Chemiker. Es gibt dann Institute, die eine Ausbildung in Englisch

37 anbieten. Es gibt zwar mittlerweile einige, rumliegen lassen, die sind ganz schnell weg. aber die Auswahl ist eben doch geringer. Ge- Korea ist auch ein sicheres Land. Ich bin auch rade in der dualen Ausbildung sind Sprachen- noch nie irgendwie belästigt worden oder so. kenntnisse wichtig, vor allem für die Prüfun- Wie haben Sie die Kommunikationsprobleme gen. Bei einem Studium, da kann ich mir das während Ihres Aufenthaltes in Korea gelöst? noch erarbeiten, aber bei einer Lehre geht das Haben Sie dazu unter Umständen auch die nicht mehr so einfach. deutsche Sprache nutzen können und wenn ja, Sonst wäre noch wichtig, dass die jungen bei welchen Gelegenheiten und in welcher Koreaner sich dort ansiedeln, wo es schon Form? eine größere koreanische Gemeinde gibt. Ich Die habe ich eigentlich immer noch nicht habe doch die Erfahrung gemacht, dass Kore- gelöst. Wie gesagt, man muss sich immer aner sehr an ihrer Heimat hängen. Man muss einen ·Übersetzer‘ holen. Deutsch kann und sich ja deswegen nicht abgrenzen, aber es muss ich aber sehr oft nutzen. Wir importie- geht auch um Hilfen, bei Behördengängen ren ja sehr viel, nicht nur sämtliche Rohstoffe, z.B. Also München und vor allem Frankfurt, sondern auch Ersatzteile. Oder auch die Wiesbaden kommen da in Frage. Außerdem Rundschreiben an die deutsche Community. müsste man sich überlegen, ob man überall in Das alles geht zwar auch in Englisch, aber mit Deutschland sicher ist als Ausländer. Wirk- Deutsch ist es halt viel leichter. Man muss lich, man schämt sich, wenn man erlebt, wie auch mit dem Zoll und mit Speditionsunter- freundlich und herzlich man hier im Ausland nehmen verhandeln. Also, wenn kein Deut- aufgenommen wird und dann in der Zeitung scher hier vor Ort wäre, müsste schon ein von solchen Verrückten liest, die Asylanten- Koreaner da sein, der Deutsch kann. heime anzünden oder so was! Sicher, das ist Wie würden Sie Ihren ganz persönlichen nur eine Minderheit, aber trotzdem... ‚Karrieremehrwert— beschreiben, den Sie Welches waren Ihre schönsten œ auch persön- durch diesen beruflichen Auslandsaufenthalt lichen œ Erlebnisse in Korea und mit den erworben haben? Menschen dieses Landes? Groß ist der Vorteil eigentlich nicht. Es bringt Ja, vor allem Reisen in Korea mit Koreanern. zwar sicher was, wenn man Auslandserfah- Ein koreanischer Freund z.B., der hat uns fünf rung hat. Man weiß ja, wie das im Ausland oft Tage lang durch Jeju geführt. Da hat er mal läuft: Man muss selbständiger arbeiten, viel zwei Jahre gelebt. Da lernt man Ecken ken- mehr improvisieren. Das lernt man schon. Ob nen, die man mit einer Reisegruppe nie sehen einem das negativ ausgelegt wird, kommt würde. Oder auch mit dem Chef hier waren eher auf die Länge des Aufenthaltes drauf an. wir im Osten in den Bergen. Das war dann Wenn man zwanzig Jahre im Ausland war, auch sehr familiär und mal was anderes als dann kann es schon mal sein, dass der deut- immer nur Leuchtreklame und Autos. sche Arbeitgeber zweifelt, ob man sich wieder Welche negativen Erlebnisse haben Sie ge- integrieren kann. Kommt man dann noch mit habt? der deutschen Mentalität zurecht? Wichtig ist Solche Erlebnisse hat man immer wieder, wo so was aber auch eher in gehobenen Positio- man am liebsten die Brocken hinschmeißen nen. möchte. Wo z.B. alles furchtbar schlecht or- Wie haben Sie sich im Vorhinein auf ihre ganisiert ist, aber der Ärger ist dann auch Koreaaufenthalte vorbereitet? schnell wieder vorbei. Also, etwas wirklich Das ging alles immer so plötzlich. Ich habe Schlechtes habe ich eigentlich noch nicht ein bisschen im Internet gesurft, mir grundle- erlebt hier. Kleine Probleme hat man immer, gende Informationen über das Land besorgt, in Deutschland ja auch. Die hat man überall. Währung und so. Korea ist ja nicht so bekannt Was ich sehr schätze an Korea, ist die Ehr- in Deutschland. Im Grunde weiß ja kein lichkeit der Menschen. Man kann ohne Weite- Deutscher hierüber richtig Bescheid. Es war res im Restaurant seinen Geldbeutel und das also schon in gewisser Weise ein Sprung ins Handy auf dem Tisch liegen lassen und aufs kalte Wasser. Klo gehen. Es liegt alles noch genauso da. Würden Sie sich mit Ihren jetzigen Erfahrun- Nur Süßigkeiten, die darf man nicht einfach gen anders auf einen solchen Auslandsaufent-

38 halt vorbereiten, als Sie es im Vorhinein ge- man hier in die Dritte Welt reist, auch wenn tan haben? das viele immer noch denken. In einem zivilisierten Land kommt schon Wie fällt Ihre berufliche, aber auch persönli- immer irgendwie zurecht, z.B. auch die gan- che Gesamtbilanz des Aufenthaltes in Korea zen Impfungen, die einem empfohlen werden, aus? Beschreiben Sie bitte die wichtigsten sind im Grunde genommen nicht wirklich positiven und negativen Aspekte. nötig. Am besten ist es, wenn man die Sehr positiv. Alles in allem sehr positiv. Es ist Möglichkeit hat, wenn man sich mit das, dass man einen komplett anderen Kultur- jemandem unterhält, der schon mal hier war. kreis, andere Familienbeziehungen einfach Die offiziellen Internetseiten sind teilweise mal kennen lernt. Dass man seinen geistigen nicht zu gebrauchen. Es muss auch keiner aus Horizont erweitert. Es ist wirklich so: Man der Brauerei sein. Es geht mehr ums Umfeld, kommt schon zum Nachdenken, was bei uns Visum, Versicherung und so. Das kann man in Deutschland auch falsch gemacht wird, was ja auch gut übers Internet machen, mit Ge- in Korea besser gemacht wird, aber auch um- sprächsforen. Ordentliche Reiseführer gibt es gedreht, was bei uns besser gemacht wird. ja kaum. Hier verändert sich auch vieles so Das kann man dann besser abwägen und beur- schnell. teilen. Man kriegt auch einen anderen Blick Welche wären Ihre wichtigsten Empfehlungen auf die eigene Heimat. an Personen, die œ wie Sie œ eine zeitlang in Korea arbeiten wollen? Also wichtig ist schon einmal die englische Sprache. Sonst gibt es eigentlich nichts. Man Vielen Dank für das Interview, Herr Felber, kann hier alles kaufen. Es ist ja nicht so, dass und auch weiterhin alles Gute.

Von Glück und Glücklichsein, dem Satan in Itaewon, kleinen Männchen mit bösen Outfits und Wein mit Walnussaroma

Interview mit Michael Richter, Restaurantgeschäftsführer

Andrea König

© foto by kwien

Ein schöner Tag. Endlich zeigt der Frühling, noch ein schöner Platz, wo es sich bei einem was er zu bieten hat: Sonne, angenehme guten Kaffee gemütlich abschalten lässt, ab Temperaturen, Azaleen und Co als farbige von Großstadttrubel, Uni und Alltagsgeschäf- Tupfer überall und frisches Grün, da, wo man ten. Da sitze ich dann früher als verabredet in es lässt. Fehlt zum perfekten Nachmittag nur Gecko‘s Garden und warte auf meinen

39 Gesprächspartner, den Geschäftsführer von Hongkong das Angebot, in Korea zu arbeiten Gecko‘s Terrace und Gecko‘s Garden, zwei und er sagte zu. Das war dann auch der erste etablierten gastronomischen Institutionen in Kontakt mit Korea, Koreanern, Koreanisch. Itaewon. Drei Jahre blieb er zunächst, lernte seine spä- Viel Deutsches findet man in beiden nicht, tere Frau kennen, ging für ein paar Jahre mit sieht man ab von einigen Bieren und Gerich- ihr zurück nach Deutschland, eine Tochter ten. Aber wenn man in Gecko‘s Terrace zu wird geboren, und dann geht es 2000 zurück später Stunde für Seoul doch eher ausgefalle- nach Seoul, um bei einer Schwägerin im 1999 ne Musikwünsche (ich weiß heute nicht mehr, eröffneten Gecko‘s Terrace ins Geschäft ein- ob es auf Grund einer Wette oder wegen eines zusteigen. Brot backen und hinterm Tresen Anfalls von Nostalgie dazu kam) wie Ver- stehen. Sieben Tage die Woche, bis spät in dammt lang her von BAP äußert, dann kriegt die Nacht bzw. früh in den Morgen. Als das man die schon mal erfüllt! Gecko‘s Terrace Gecko‘s Terrace gut zu laufen begann, wollte ist eine gut besuchte Bar mit ausschließlich man etwas eigenes. 2002, kurz vor der Fuß- koreanischer Bedienung, in der man zu jeder ball-WM eröffnete dann Gecko‘s Garden. Das Tageszeit internationales Publikum finden große Wohnhaus, in dem die Familie Richter kann, Heerscharen von Englischlehrern, GIs, und 4 andere Familien vorher gewohnt hatten, Geschäftsleuten, jungen Koreanern und wer war komplett umgebaut und zu dem gemacht sonst noch Lust auf Bier oder Longdrinks, worden, wie es sich heute den Gästen präsen- deftiges Essen, Musik, Billiard, Dart hat. Da tiert. geht es abends und besonders an den Wo- Und wie gut spricht man nach all den Jahren chenenden hoch her. Rappelvoll und gute in Korea und mit einer koreanischen Frau Stimmung. Koreanisch? Es geht so. Die Frau spricht Ruhiger hingegen, aber nicht weniger gut jedenfalls viel besser Deutsch als er Korea- besucht, ein paar Ecken weiter, ist es in nisch. ‚Magst du Koreanisch?— œ ‚Koreanisch Gecko‘s Garden. Eine grüne Oase mit mehre- mögen? Mögen tut man Französisch oder ren Sitzbereichen auf verschiedenen Ebenen Spanisch, aber Koreanisch ist interessant.— sowohl drinnen als auch draußen, mit vielen Und so begegnet mein Gegenüber allem Ko- Details liebevoll dekoriert und eingerichtet reanischen recht positiv, immer offen und mit mediterranem Flair, lädt ein, um in Ruhe loyal. Naja, es sei denn, es geht um einige gut zu essen und zu trinken. Trink- und Kleidungsgewohnheiten des Nor- Wer aber steht hinter diesen Lokalen? Nicht malkoreaners oder um das Verkehrschaos. viele Gäste wissen, dass der Geschäftsführer Und bei einigen Leuten stimme die Relation ein Deutscher ist. Ich kenne ihn bis jetzt auch zum Geld nicht immer. Zu den koreanischen nur vom Telefon seit der Verabredung für Mixritualen bei gewissen Saufgelagen: ‚So‘n dieses Interview. Und dann kommt er die mit armer Whisky, der 30 Jahre darauf gewartet Grün überwucherte Eingangstreppe rauf: Mi- hat, dass man ihn genießt ...! Das ist schon chael Richter. Ein freundlicher Mittvierziger, schade!— Oder kleinen Männchen in bösen heller, legerer Anzug, Sonnenbrille. Unkom- Outfits, Adjashis mit quittegelben Krawatten pliziert, charmant. Auf Fragen antwortet er und Sonnenbrille, die sich fühlten wie Charles locker, aber überlegt, manchmal eher ver- Bronsen, wenn er gen Sonnenuntergang reite. schmitzt, dann wieder sehr bedacht, offen und Aber jede Kritik an Korea wird gleich wieder ehrlich. relativiert, nicht, weil jemandem bewusst *** wird, man würde ihn da schwarz auf weiß Weil Gastronom auf Englisch Restaurateur zitieren und es könne später gegen ihn ver- irgendwie komisch klingt, schreibt er bei der wendet werden. Nein, zu jedem Minus gebe Einreise ins Feld Occupation lieber Artist es eben immer auch ein Plus, oder?! Und oder Patissier. Der Konditormeister aus der vieles, was einen störe, könne einen auch Nähe von Köln kam 1990 das erste Mal nach irgendwie inspirieren, z.B. das Geräusch- und Korea und arbeitete damals im InterContinen- Geruchschaos auf Märkten. Und bei Mode- tal Seoul. Nicht dass er sich Korea ausgesucht entgleisungen schaue man eben weg. Und hätte. Vielmehr kam nach einigen Jahren in über das manchmal rüde Verkehrsverhalten

40 regt man sich besser auch nicht auf, fährt man Korea?— œ ‚Die laufen nicht gerade! œ Aber doch im nächsten Moment genauso. eigentlich ist das auch nur ein Problem, wenn Was ihn an Ausländern in Korea störe? Wenn man es eiliger hat und überholen will.— die sich über Korea ausließen. Die wären ja ‚Und woran musstest du dich erst gewöh- wohl alle freiwillig hier. Sich über Taxifahrer nen?— œ ‚ An Kimchi.— Am Anfang hätte er es aufregen? Ja, das habe er am Anfang auch mehr gehasst als geliebt, heute macht er sein gemacht, aber wenn man den Bogen erstmal eigenes Kimchi. Überhaupt, die koreanische raus hat, sind das doch wohl die nettesten Küche findet er gut und isst auch normaler- Kerle. weise nur koreanisch. Was ihm noch an Korea gefalle? Ins Auto Wohin geht ein Restaurantbesitzer eigentlich setzen und in Richtung Osten fahren, in die abends ‚auf ein Bier—? Früher am liebsten an kleinen Hafenstädte. Auch wenn die nicht die eigene Bar, da gab es gar nicht so viele mehr ganz so reizvoll sind wie noch vor ein Alternativen. Dort hat die Atmosphäre auch paar Jahren. Und die Menschen seien freund- einfach gestimmt. Aber inzwischen geht‘s lich. Auf meine Frage, was er zu der Behaup- nicht mehr auf ein Bier, sondern lieber mit tung meint, dass die Koreanerinnen die einer guten Flasche Wein ins Gecko‘s Garden schönsten und besten Frauen seien, antwortet œ oder nach Hause. er: ‚Der Anteil an schönen Frauen ... Stop! an Auf der Weinliste in Gecko‘s Garden steht schönen Menschen ist schon hoch.— Man ach- eine Auswahl guter Weine. Nur solche, hinter te hier mehr auf sein Äußeres, auf seine Ge- denen er selber stehe. Und wie mein Gegen- sundheit œ die meisten sind schlank œ , auch über dann von dem sizilianischen spricht, der auf gute Umgangsformen. Die Menschen ein Aroma von Walnussschale habe, merkt erscheinen ihm glücklicher. Letztes Jahr in man: Hier spricht ein Kenner. Angeboten Deutschland hingegen fielen ihm die reichen werden Weine, die schmecken und bezahlbar Deutschen auf, die mit dicken Taschen durch sein sollen, damit man sich auch mal eine die Shoppingmeile rennen, aber mit ‚so ´ner zweite Flasche leisten könne, wenn einem Flappe—. Eigentlich müssten die doch viel danach ist, weil der Abend grad so schön ist. glücklicher aussehen! Die haben doch alles. Ist er eigentlich ein strenger Chef? Das glaube Oder im Intercity Frankfurt-Köln. ‚Dat is er nicht. Er hat selbst lange genug in der schonn anders!— Die teuren Handys zur Schau Branche gearbeitet. Unter den unterschied- gestellt œ und lautstark telefoniert, die Lap- lichsten Chefs. Da gäbe es den, der die Sau tops auf dem Tisch und wichtig, wichtig... In raus lassen muss, und den, der auf Teamarbeit Korea hingegen lächelten die Leute mehr. Das setzt œ und zu letzteren zählt er sich. Kennt er falle einem gleich auf, schon auf dem Flugha- alle Angestellten beim Namen? Pause. Grin- fen. Koreaner seien wohl zufriedener mit ih- sen. Es sind so um die 80 Leute. Die mit rem Leben als die Deutschen. ‚Künstlernamen— ließen sich schon leichter Ein großer Pluspunkt sei, dass Seoul für seine merken. Größe unheimlich sicher ist. Gut, in Itaewon Mir fällt immer die angenehme, lockere, aber muss man inzwischen auch aufpassen und professionelle Art der Bedienung im Gecko‘s kann seine Sachen nicht mehr einfach unbe- auf. Wenn es da zu später Stunde ans Auf- aufsichtigt lassen, aber das mache das interna- räumen geht, nun nicht unbedingt der Mo- tionale Publikum. ment, dem man als Gast normalerweise gern Außerdem sei der Service in Korea unschlag- beiwohnt, bemerkt man das entspannte, kolle- bar. Während es in Deutschland unmöglich giale Miteinander und Hand-in-Hand- sei, innerhalb der vier Wochen Urlaub einen Arbeiten der Belegschaft. Einige Jungs arbei- ISDN-Anschluss für die Mutter zu bekom- ten da, seitdem ich vor ungefähr 2 Jahren das men, entschuldige sich der Koreaner, wenn erste Mal da war. Wie wählt man denn die man ihn abends anruft, weil er es am gleichen Leute aus? Einige hätten schon dort gearbei- Abend nicht mehr schaffe, aber morgen früh tet, als er noch selbst hinterm Tresen stand. In würde er sofort kommen! dem Geschäft trennt sich die Spreu vom ‚O.K., wenn es nicht viel an Korea zu kritisie- Weizen von selbst. Richtig berufsspezifisch ren gibt, was macht dich schmunzeln in ausgebildet für die Gastronomie seien ja die

41 wenigsten. Einige saßen gestern vielleicht Größer hingegen sei das Problem Arbeitslo- noch im Büro oder in der Uni und entscheiden sigkeit geworden. Auch das Verkehrschaos sich plötzlich mal für was anderes und wollen würde immer schlimmer. Und die schlechte kellnern. Man findet schnell heraus, ob einer Luft. Aber das sei ja nicht nur ein selbstge- für den Job gemacht sei oder eben nicht. Als machtes Problem. Der unangenehmer wer- Mitarbeiter seien Koreaner o.k. œ fleißig, ehr- dende Gelbe Sand sei kein Problem, dass nur lich, loyal. Und wenn man sie zur Kritik er- Korea betrifft. muntere, üben sie auch die. Und wie sieht er Korea in 50 Jahren? Vereint, Was hat sich denn in der Zeit, seit er 1990 das und als einflussreiche Wirtschaftsmacht wer- erste Mal nach Korea kam, verändert, sowohl de Korea Japan links- eh- rechts liegengelas- zum Positiven als auch zum Negativen? sen haben. Korea als main world player. Und In Itaewon. Itaewon sei vor 7 Jahren ein böses es werde noch mehr Abgase geben. Nein! gewesen. Da wohne der Satan. Da ging Was könnte er Neuankömmlingen mit auf den man nicht hin. Es gab fast nur Ausländer. Das Weg geben für Korea und ein Leben hier? hätte sich geändert und Michael Richter Das komme natürlich drauf an, mit welchen glaubt, ruhigen Gewissens sagen zu können, Wassern derjenige gewaschen sei. Wichtig sei dazu einen großen Beitrag geleistet zu haben. es offen zu bleiben, ein bisschen Abenteuer- In Gecko‘s Garden waren diverse koreanische lust mitzubringen, auch wenn es ums Essen Magazine und das Fernsehen und haben die geht. Aber offen zu sein, sei wiederum eigent- Kulisse für Fotoshootings und als Schauplatz lich kein spezifischer Tipp für Koreabesucher. benutzt. Da wurde ein anderes Bild von Itae- Wir seien halt alle Ausländer œ irgendwo. won gezeichnet. Das hat auch wieder Korea- Als letzten Teil vom Interview zücke ich ein ner nach Itaewon gezogen. Heute sind 80% kleines Diktiergerät für ein kleines Quickin- seiner Gäste Koreaner. terview. Michael Richter soll möglichst spon- Die seien in den letzten Jahren überhaupt tan, ohne lange zu überlegen, ohne große offener geworden, weltoffener. Seien ja in- Pausen, antworten. Nach dem bisherigen Ge- zwischen auch mehr in der Welt rumgereist. spräch ahne ich schon, dass das sein Ding Seoul sei schöner geworden, lebenswerter, nicht ist, aber das will ich jetzt durchziehen. gerade auch unter dem letzten Bürgermeister. Und liebenswürdiger Weise spielt er mit: Mehr Grün, sauberer.

© foto by kwien

42 Drei Begriffe, die für Korea stehen lasse mich noch durch die verschiedenen Klein, dynamisch, angenehm. Räume des Gecko‘s Garden führen. Zum Ein Superlativ für Korea Schluss gibt‘s ein frischgebackenes Brötchen Das waren doch gerade drei, oder nicht!? aus der kleinen Bäckerei im Obergeschoss, Was vermisst du außerhalb von Korea wo es herrlich duftet und wo zwei junge Ko- Korea. reanerinnen mit Mehl und Teig hantieren. Ist Was vermisst du nicht? (lange Pause) zwar ein Brötchenchen, aber œ hm œ lecker! Große Pause. Das schmeckt nach Deutschland! Kimchi ist ... Lecker. Auf Glück und Glücklichsein waren wir an Hunde. diesem Nachmittag auf der schattigen Terras- Auch lecker. se öfter zu sprechen gekommen. Im Nachhi- Der koreanische Tiger. nein stellte ich dann noch eine zuvor verges- Gibt‘s den? sene Frage, die Antwort war eine Fortsetzung Jejudo. des roten Fadens. Warum eigentlich der Name Schön. Gecko? Auch überall zu sehen, auf Bierde- Monsunregen. ckeln, auf dem Eingangsschild, auf den Noch schöner. T-Shirts und Schürzen der Bedienung? œ In Frühling in Korea. Südostasien ist es ein Glücksbringer. Wunderschön, wie jeder Frühling irgendwo. Danke für das Interview, den Kaffee und das So, das erste Interview meines Lebens, in dem Glas Wein. ich die Fragen gestellt habe, ist geschafft. Ich

Meilis Delikatessen

Wo die Wurst Wurst sein darf und der Leberkäse zur Delikatesse wird œ Christian Meilinger aus St. Johann im Pongau erobert als erster österreichi- scher Metzger Asiens die Gaumen der Koreaner.

Lydia Schneeberger

Nachdem sich das Hilton 15 Jahre über deine haben; sind beim ersten Anblick aber oft ent- Dienste freuen durfte, bist du jetzt Kochpro- täuscht, weil sie es mit dem japanischen Ton- fessor an der Woosong-Universität in Seoul. katsu verwechseln. Die Würste kommen Macht der Job Spaß? natürlich sehr gut an; sie sind ja schließlich Ja, ich unterrichte sehr gerne, und Kochen ist hausgemacht. sowieso mein Hobby. Die Studenten sind Die Koreaner ‚verzieren— ihre Würste nor- auch wirklich sehr angenehm. Nur manchmal malerweise mit einer zentimeterdicken Ket- versuchen sie über die Noten zu verhandeln chup- und Mayonnaiseschicht. Was sagst du und fangen an zu weinen; da sag ich dann: dazu? ‚Bin ich eine Bank?“ So was machen wir nicht, aber die Wurst soll Samstag und Sonntag bist du immer in der jeder so essen, wie sie ihm am besten Metzgerei, die während der Woche von deiner schmeckt. Nur Kimchi kommt mir nicht ins Frau betreut wird. Was sind denn eurer Mei- Haus. Wir haben hier Kimchiverbot! nung nach die österreichischen Lieblingsspei- Ich habe gehört, dass dein Gulasch im Salz- sen der Koreaner? burgerland recht berühmt war. Lässt sich so Die meisten wollen zumindest einmal in was Exotisches in Korea verkaufen? ihrem Leben ein ‚Wiener Schnitzel“ gegessen

43 Ja, sicher! Die Koreaner mögen Gulasch; es der Leberkäse zur Delikatesse wird.... œ danke hat eine gewisse Schärfe, und das schmeckt lieber Meili!— ihnen natürlich. Was glaubst du, wie lange muss ein Ösi im Bei einer Besprechung anlässlich des Staats- Ausland gelebt haben, um die einheimische besuches hat der Herr Botschafter eine ‚ech- Küche so richtig zu schätzen? te Meili-Ente mit Rotkraut— aufgetischt. Wir Die eigene Küche vermisst man immer, und haben uns alle gefragt, woher der Christian früher oder später landet jeder mal bei mir. eigentlich seine Enten kriegt. Manche kommen schon in der ersten Woche, Na, von den koreanischen Metzgern! Ente ist andere halten es länger aus. ja auch in Korea eine Spezialität, nur wird sie Seit dem 28. April gibt es nicht nur die Metz- hier ganz anders zubereitet.Am Staatsfeiertag gerei, sondern auch das erste österreichische und bei diversen anderen Anlässen in der Restaurant in Seoul œ sogar mit Dachterras- Residenz stürzen sich die Auslandsösterrei- se! Darf man auch dort mit einem vernünfti- cher richtiggehend auf deinen œ so nennen gen Bierpreis rechnen? wir ihn œ ‚Lebenskäse—. Bernhard Vierthaler, Auf alle Fälle! œ und mit authentischer Kü- der Leiter der Österreichbibliothek in Seoul, che; es soll ja schmecken wie zu Hause! hat nach dem Verzehr von mindestens fünf großen Stücken einmal gesagt: ‚Ach, wenn Na, dann freuen wir uns auf die gemeinsamen Abende bei dir in Itaewon!

Der Chefkoch mit Gästen auf dem Balkon des neuen Restaurants in Itaewon Das neue Restaurant befindet sich in Seoul, ein paar Meter von der U-Bahnstation Itaewon (Ausgang 4), hinter Gecko‘s Terrace. Die Metzgerei ein paar Meter weiter in der gleichen Straße..

44 Eigentlich wollte ich etwas in der Richtung Fotografie machen Interview mit dem österreichischen Braumeister Wolfgang Sesser

Benjamin Barthold

Herr Sesser, bitte stellen Sie sich zunächst Vermittelt wurde ich durch eine kleine, deut- einmal vor: Wer sind Sie und wie lange waren sche Firma, die Sudhäuser bzw. Brauereien Sie in Korea? baut. Arbeitgebermäßig und vertraglich war Ich bin vierunddreißig Jahre alt, [...] im chine- aber alles rein koreanischer Natur. sischen Tierzeichen Tiger geboren und auf- War dies Ihre erste berufliche Auslandsstati- gewachsen in Mondsee, einem kleinen Markt on? Wenn nicht, beschreiben Sie bitte die östlich von Salzburg, wo ich auch meine Ju- Unterschiede Ihres Aufenthaltes in Korea mit gend verbracht habe. Ihrem bzw. Ihren vorherigen Auslandsaufent- Eigentlich wollte ich ja etwas in der Richtung halt(en)? Fotografie machen, habe aber diesbezüglich Meine erste und auch letzte berufliche Aus- (zum Glück) absolut keine Lehrstelle be- landserfahrung vor Seoul war 1995 auf einem kommen und bin somit in das Alkoholbusi- Schiff, genauer gesagt, auf der ‚MS Berlin—, ness hineingeschlittert und Bierbrauer gewor- dem ‚Traumschiff— œ Sascha Hehn und so den. Mein Werdegang war sieben Jahre weiter. (Die ältere Generation unter uns soll- ‚Augustinerbräu— in Salzburg, dann die Meis- ten es noch aus dem Fernsehen kennen.) terschule bei den Schwaben in Ulm und an- Allerdings kann man die zwei Situationen, die schließend zweieinhalb Jahre als Braumeister Arbeit auf dem Schiff und den Aufenthalt in in Seoul. Korea, nicht vergleichen. Als Seemann auf Ist dieser Arbeitsaufenthalt in Korea im Rah- einem Dampfer, wie es die ‚MS Berlin— war, men eines Austauschprogramms erfolgt oder hat man höchstens mal Zeit auf einen kleinen von Ihnen völlig privat organisiert worden? Stadtspaziergang und zwei, drei Bier, wenn 45 man gerade mal im Hafen ist. Man sieht zwar Schulung der Mitarbeiter; Bierdegustationen die verschiedenen Städte bzw. Länder, man mit Kunden; Schank-, Zapf- und Bierschu- erlebt sie aber nicht. lungen für Mitarbeiter; Brauereiführungen für Wie kommt man als Bierbrauer ausgerechnet Kunden; Guest-Relation-Management; Kon- nach Seoul, einem aus deutscher / österreichi- zepterstellung neuer Events und Ideen sowie scher Brauer-Perspektive doch eher unge- Repräsentation des Unternehmens. wöhnlichen Ziel? Was waren Ihre Motive für Gibt es im Vergleich zu Österreich Unter- die Wahl gerade dieses Landes? schiede in Bezug auf die Organisation der Motive nach Korea zu kommen, hatte ich jeweiligen Prozessabläufe (Produktion, Mar- keine. Genauso wenig hatte ich damals eine keting/Vertrieb), der Arbeitseinstellung / Ahnung, wo genau auf der Weltkugel das Mentalität sowie der Mitarbeiterführung und Land überhaupt liegt. Korea konnte ich mit wenn ja, wie würden Sie diese beschreiben? den Olympischen Spielen und der Fußball- Bier braut man im Großen und Ganzen über- weltmeisterschaft assoziieren œ das war‘s all gleich. Noch dazu haben wir in Seoul auf dann auch schon. einer deutschen Anlage produziert. Somit Der alleinige und einzige Grund in Seoul zu kann man sagen, dass es keine gravierenden landen, war der miserable und unattraktive Unterschiede zu heimischen Unternehmen im Arbeitsmarkt für Jungbraumeister in den hei- Prozessablauf gibt. mischen Gefilden. Was Marketing und Vertrieb betrifft, habe ich Glücklicherweise hatte ich nach der Meister- in Seoul die Erfahrung gemacht, dass die Ko- prüfung zwei Optionen: Möglichkeit 1 war reaner es zwar gut meinen, aber das Resultat eine Brauerei in einem kleinen Vorort von einer durchgeführten Idee oft mit einem Griff Heilbronn. Dort war gar nix los. Möglichkeit ins Klo endet. Dies mag daran liegen œ hier 2 war Korea mit Seoul. auf eine Wirtshausbrauerei bezogen œ, dass Einerseits gefiel mir der Gedanke, in einem das Konzept des Lokals zwar eindeutig kleinen Dorf zu versumpfen, in dem es nur ‚German Style Restaurant— heißt, aber keiner einen Metzger und einen Kirchenwirt gibt, der verantwortlichen Leute mit diesem Beg- überhaupt nicht, andererseits wurde mein riff etwas anfangen kann, da noch keiner je- innerer Drang, etwas für mich komplett Neues mals in einem richtigen Lokal dieser Art war, kennen zu lernen, immer größer und verlo- und kaum jemand der koreanischen Füh- ckender. rungspersonen etwas mit deutscher Kultur Wo haben Sie in Korea gearbeitet? Beschrei- anzufangen weiß. ben Sie bitte das Unternehmen sowie ihre Bezüglich der Arbeitsmoral kann ich nur konkrete Funktion und Aufgaben. sagen, dass meine koreanischen Kollegen mit Mein Arbeitgeber war ein renommiertes Hotel der Firma verheiratet waren. Mehr braucht in Seoul, das auch einige Outlets im COEX man zu diesem Punkt nicht erwähnen. beherbergt, wo auch die Wirtshausbrauerei Was können deutsche/österreichische Bier- steht. brauer von Ihren koreanischen Kollegen ler- Da dies mein erster Braumeisterjob war, kann nen? ich keine Vergleiche bezüglich der Aufgaben Es mag hart klingen, aber arbeitstechnisch in heimischen Betrieben aufzählen. Jedoch kann man von den koreanischen Kollegen kann ich sagen, dass es in Brauereien dieser nichts lernen. Woher auch? In Korea gibt es Größe auf dem ganzen Globus keine Unter- für diese Branche leider keine Ausbildung, schiede gibt; man ist, was Brauerei und Bier man wird eingeschult und das war‘s. Von der betrifft, für alles zuständig. menschlichen Seite aus gesehen, wird einem In kurzen Worten gesagt, kann man folgende jedoch viel an gegenseitigem Respekt gelehrt. Funktionen aufzählen: Pflege, Wartung und Gut qualifizierte Mitarbeiter sind für Braue- Instandhaltung der Brauerei; Einkauf der reiunternehmen überall auf der Welt Rohstoffe (Malz, Hopfen und Hefe); Einbrau- unerlässlich, um gutes Bier brauen zu können. en diverser Biersorten; Konzepterstellung und Wie wurde die Ausbildung/Qualifizierung des Umsetzung neuer Biersorten; Führung und Berufsnachwuchses in Korea organisiert? Verantwortung der Qualitätssicherung;

46 Im Brauereibusiness, wie schon im vorheri- an allererster Stelle die Praxis, die Erfahrung, gen Punkt erwähnt, gibt es in Korea leider die man sich in diversen Betrieben aneignen keine ernsthafte Organisation, die sich um die kann. Die Lehrlinge müssen an die Maschinen Ausbildung der Brauereikräfte kümmert. gelassen werden, nach dem Motto ‚learning Hin und wieder kommt es vor, dass ein by doing—. Die Theorie, die in der Berufschu- finanzkräftiger Arbeitgeber seine Brauer auf le unterrichtet wird, hilft dabei, das Puzzle ein meist dreimonatiges ‚Bier-Institut— nach zusammenzusetzen. Deutschland und/oder in die USA schickt, Die Sprachenbarriere wäre zweifellos ein was einem ‚Schnellsieder-Kurs— ähnelt. In gravierendes Problem. Meines Wissens gibt solchen Kursen werden die Basis sowie es in Deutschland, geschweige denn in Öster- Grundprozesse gelehrt, jedoch geht man nicht reich keine Berufschule für Brauer und Mäl- weiter in die Materie ein. zer, die in Englisch unterrichtet, wohl aber Wie beurteilen sie die eventuellen Unter- eine englischsprachige Meisterschule. Ange- schiede im Vergleich zum Ausbildungssystem boten werden allerdings nur Brauerkurse, die in Deutschland/Österreich? zwar in Englisch unterrichtet werden, jedoch Als Österreicher, Deutscher bzw. Schweizer mit keiner dreijährigen Lehre mithalten kön- hat man das enorme Glück ein duales Ausbil- nen. dungssystem, um das uns die ganze Welt be- Welches waren Ihre schönsten œ auch persön- neidet, genießen zu dürfen. lichen œ Erlebnisse in Korea und mit den Die Berufspraktische Ausbildung erfolgt Menschen dieses Landes? schwerpunktmäßig in den Ausbildungsbetrie- Alles hier aufzuzählen, möchte ich Ihnen und ben, begleitet durch einen berufspezifischen-, mir nicht antun, es gab sehr, sehr viele schöne sowie allgemeinen Unterricht an einer berufs- Erlebnisse, die ich nicht vergessen werde. bildenden Pflichtschule, sprich Berufschule. Das wichtigste für mich war, in Korea viele Dies führt zu einer praxisorientierten Ausbil- wunderbare Menschen kennen gelernt zu ha- dung. ben, bei denen man sich sicher sein kann, dass Kommen wir in Korea an, ist es für den beruf- sie Freunde fürs Leben bleiben. lichen Werdegang wichtig, studiert zu haben. Was ich sehr geschätzt und genossen habe, Je besser der Name der Uni, desto besser die war die außerordentliche Freundlichkeit, der Jobaussichten. Was die Handwerksberufe Respekt anderen Personen gegenüber sowie betrifft, kann ich nicht sagen, ob es für diese die Zuvorkommenheit der Koreaner mit ihren überhaupt eine spezifische Ausbildung gibt. Bräuchen und Ritualen. Und das Essen; die Meiner Meinung nach wird man in Korea koreanische Küche und die Esskultur ist fan- z. B. beim Tischler angelernt und nach zwei tastisch. Oft hat es mir fast die Tränen her- Tagen steht auf der Visitenkarte ‚Tischler— zu ausgedrückt, weil es so gut war. lesen. Welche negativen Erlebnisse haben Sie ge- Würden Sie jungen Koreanern eine Brauer- habt? Lehre in Deutschland empfehlen? Wenn ja, Im Grunde sehr wenige. Die meisten negati- warum? ven Erlebnisse haben sich in der Firma abge- Ja, auf alle Fälle! Einerseits um die fachliche spielt. Was mich hin und wieder geärgert hat, Qualifikation zu erwerben, andererseits, um war der oft nicht nachzuvollziehende Gedan- einen tiefgründigen Einblick in die Materie kengang so mancher Koreaner sowie, dass Bier mit ihrem schier unendlichen Möglich- man als Ausländer zwar ohne Weiteres akzep- keiten zu bekommen. Allerdings würde es œ tiert wird, aber doch als Gast gesehen wird es sei denn, man spricht Deutsch œ an der und somit im Betrieb etwas ‚belächelt— wird. Kommunikation scheitern. Oft werden Vorschläge, Ideen oder Verbesse- Was halten Sie bei einem solchen Vorhaben rungskonzepte von den Vorgesetzten so lange (Lehre im Ausland) für besonders wichtig? zurückgehalten, bis man das Land verlässt Welche Rolle würden Ihrer Meinung nach und dann als die eigenen verkauft. Das Positi- Deutschkenntnisse dabei spielen? ve an dem Ganzen ist, dass ich gelernt habe, Meiner Meinung nach, als Handwerksbrauer-, darüber zu lachen. bzw. Handwerksbraumeister, steht für mich

47 Wie haben Sie die Kommunikationsprobleme in eine gute Brauerei will. Hin und wieder während Ihres Aufenthaltes in Korea gelöst? kann man sich auch als eine Art Entwick- Haben Sie dazu unter Umständen auch die lungshelfer sehen. deutsche Sprache nutzen können und wenn ja, Wie haben Sie sich im Vorhinein auf den Auf- bei welchen Gelegenheiten und in welcher enthalt in Korea, in Seoul vorbereitet? Form? Nicht anders, als wenn ich in eine Brauerei 50 Im Großen und Ganzen bin ich mit Englisch km von meinem Heimatort gegangen wäre. Es immer gut durchgekommen. Deutsch ist nicht ging alles ziemlich schnell. Reiseführer über schlecht, wenn man deutschsprachige Freunde Korea waren in der Provinzstadt Salzburg oder in der Brauerei hin und wieder Lands- nicht zu bekommen, Internet hatte ich keines, männer, trifft und mit denen ein Bier trinkt es war eine Reise ins komplett Ungewisse. und ein bisserl quatscht. Würden Sie sich mit Ihren jetzigen Erfahrun- Es gab ein Erlebnis, wo mich die deutsche gen anders auf einen solchen Auslandsaufent- Sprache allerdings fast in den Wahnsinn trieb: halt vorbereiten, als Sie es im Vorhinein ge- Im Winter 2004 braute ich ein Bockbier und tan haben? nannte es sinngemäß auch ‚Bockbier—. Es war Nein. bernsteinfarben, vollmundig, rund zu trinken, Welche wären Ihre wichtigsten Empfehlungen guter, feinblasiger Schaum, nicht zu stark an Personen, die œ wie Sie œ eine zeitlang in gehopft und auch nicht zu teuer. Bis auf ein Korea arbeiten wollen? paar Ausländer kaufte den guten Weihnachts- Die Mentalität der Einheimischen respektie- bock aber absolut kein Mensch. Nach einiger ren, ein paar Brocken Koreanisch lernen œ Zeit kamen wir drauf, dass Koreaner für den damit gewinnt man irrsinnig viel an Sympa- Kugelfisch (Globefish) auch das Wort ‚Bock— thie œ ein Moped kaufen œ das verleiht einem verwenden. Ahaaa! Wir haben das Bier dann in der Stadt das Gefühl der Freiheit œ alles auf ‚Premium X-mas Beer— umgetauft und es ausprobieren, was es zu Essen gibt und trink- verkaufte sich wie warme Semmeln. freudig sein. Wie würden Sie Ihren ganz persönlichen In Korea zu arbeiten ist keine Hexerei, man ‚Karrieremehrwert— beschreiben, den Sie muss sich nur etwas anpassen können. Das durch diesen beruflichen Auslandsaufenthalt sind vielleicht keine guten Empfehlungen, erworben haben? was das Arbeiten betrifft, dazu kann ich aber Asien gilt berufsmäßig schon nicht als leich- auch keine geben; es ergibt sich ohnehin von tes Pflaster. Korea schon gar nicht. Allgemein selbst. sagt man: Wenn man es in Korea ein paar Wie fällt Ihre berufliche, aber auch persönli- Jahre geschafft hat, schafft man es überall. che Gesamtbilanz des Aufenthaltes in Korea Da die Branche, in der ich mich bewege, nicht aus? Beschreiben Sie bitte die wichtigsten wirklich groß ist und es sehr viele Auslands- positiven und negativen Aspekte. braumeister gibt, bei denen die Jobvergabe zu Neben der fachlichen Qualifikation konnte ich 90% auf Mundpropaganda basiert, ist es auch viel an interkultureller Erfahrung sam- schon von enormem Vorteil, es einige Jahre meln, welche in gewissem Maße mein Leben im Ausland ausgehalten zu haben. bzw. meine Lebenseinstellung geprägt hat. Will ich aber wieder zurück nach Europa, Persönlich konnte ich mir in Seoul den Traum zum Zentrum der Bierkultur, ist es mehr oder erfüllen, ein wunderbares, ausgiebiges Leben weniger egal Auslandserfahrung zu haben, zu führen, in dem es an nichts gefehlt hat. diese Brauereien nehmen auch gerne einhei- Würde ich heute einen Anruf für ein Jobange- mische Arbeitskräfte. bot aus Korea bekommen, ich würde justa- Jedoch in Ländern, wo man das Brauereiwis- ment und ohne zu zögern wieder zurückge- sen (noch) nicht hat, wo der Biermarkt noch hen. auf den großen Boom wartet, ist es unerläss- Vielen Dank für das Interview, Herr Sesser, lich Auslandserfahrung zu haben, wenn man und Ihnen auch weiterhin alles Gute.

48 Mit einem Lächeln kommen Sie immer weiter als mit einem zu ernsten Gesicht Interview mit Heinz Wagner

Lars Hartwig

Heinz Wagner

Herr Wagner, wie und wann kamen Sie nach Es gibt Besichtiger für Schiff- und Maschi- Korea? nenbau, für Elektrotechnik und auch für Ma- Vor 22 Jahren versetzte mich der Germani- terial. Die sehen sich genau an, was in der sche Lloyd als Leiter der damaligen Inspekti- Produktion eingesetzt wird, prüfen die Pro- on für Korea nach Busan. Wir waren damals dukte und erstellen dann ein Zertifikat. Dem- gerade einmal sechs Mitarbeiter. Nach den entsprechend hat ein Besichtiger großen Ein- Vorstellungen und Anweisungen meiner Vor- fluss auf die Produktion. Sein Urteil gesetzten in Hamburg sollte ich œ wie es hieß bestimmt, ob das Produkt mit dem notwendi- œ die ‚Aktivitäten bei den Besichtigungen für gen Zertifikat an den Abnehmer ausgeliefert fahrende Schiffe— vergrößern und auch werden kann. Damit kommt dem Besichtiger Schiffsneubauten anstoßen. Beide Ziele konn- eine entscheidende Position und Funktion in ten wir erreichen: Das heutige Area Office in der Kette von Schiffbau und Zulieferbetriebe Busan kontrollierte den Neubau der größten zu. Containerschiffe und stärksten Schiffsdiesel Ist es aus Ihrer Sicht einfach, sich als auslän- in unserer Gesellschaft. So ist es kein Wun- dische Firma in Korea zu etablieren? der, dass wir firmenintern auch beim Umsatz Vor allem in einem Bereich, in dem auch vorne lagen. koreanische Unternehmen tätig sind, war und Haben Sie sich schon immer für den Schiffbau ist es für eine ausländische Firma nicht immer interessiert? einfach. Das hat sich aber etwas geändert, seit Als Schüler war ich einmal auf Klassenfahrt das Lohn- und Gehaltsniveau an den auslän- in Hamburg. Dort habe ich im Hafen den dischen Standorten denen in Korea angenä- größten Tanker der Welt gesehen und war hert wurde und dementsprechend auch aus- fasziniert. Später bin ich zur See gefahren und ländische Produkte zu günstigeren landete schließlich im internationalen Schiff- Konditionen angeboten werden konnten. bau, hauptsächlich in den ehemaligen Ost- Auch die Rechtspraxis und die gewerkschaft- block-Staaten und in der VR China, dann in lichen Aktionen unterscheiden sich teilweise Korea. deutlich von der Situation in Deutschland. Das Kerngeschäft beim Germanischen Lloyd Sie sind jetzt seit über 20 Jahren in Korea. erledigen die so genannten Schiffsbesichtiger. Welche drei Dinge gefallen Ihnen besonders Was ‚besichtigen— die da eigentlich? gut?

49 Die teilweise praktizierte Sauberkeit im öf- Gehen Sie mehr nach Ihren Fähigkeiten als fentlichen Leben und auch die Möglichkeit, nach Ihren persönlichen Vorlieben! Sehen Sie mit Hilfe von halbstaatlichen Institutionen sich auch genau die Zukunftsaussichten eines sein persönliches Wohlbefinden zu erreichen. Bereichs an und machen Sie dann Praktika Und schließlich ist die Kriminalität doch recht während des Studiums. Wenn Sie dann eine niedrig. Position gefunden haben, achten Sie auf ein Sie blicken auf eine lange und erfolgreiche ehrliches Verhältnis zu Ihrem Betrieb, zu berufliche Karriere zurück. Was blieb Ihnen Ihren Vorgesetzten und zu Ihren Kollegen. besonders in Erinnerung? Und schließlich: Mit einem Lächeln kommen Schwierigen Diskussionen folgten oft noch Sie immer weiter als mit einem zu ernsten schwierigere Aktionen, wenn es darum ging, Gesicht. technische Änderungen durchzuführen und Freuen Sie sich auf Ihr Leben nach dem Beruf Beanstandungen zu beheben. Umgekehrt gab und wo werden Sie es verbringen? es ein sehr großes Engagement, wenn es galt, Oh ja, ich freue mich auf den Ruhestand, der Dinge in Ordnung zu bringen, bevor ein fi- aber durch weitere Verbindungen zu meiner nanzieller Ausgleich notwendig wurde. Sehr professionellen Vergangenheit hoffentlich wohltuend war auch der allgemeine Wille zur nicht ganz so ruhig wird. Ich werde mich in Kooperation und die Bereitschaft, sich nach Thüringen niederlassen, der Heimat meiner getaner Arbeit zusammen zu setzen und über Vorväter. etwas anderes als Arbeit zu diskutieren. Un- vergesslich wird mir bleiben, wie hoch viele Heinz Wagner ist dem internationalen Schiff- Koreaner die klassische deutsche Musik und bau seit 1959 nach einer Berufsausbildung Literatur schätzen und wie sie die deutsche auf einer Werft, einem Ingenieursstudium und Wiedervereinigung bewundern. der Seefahrt verbunden. Seit dem Jahr 2005 Was würden Sie jungen Menschen, die heute ist er auch als Gastprofessor an der Korea vor der Berufswahl stehen, mit auf den Weg Maritime Universität tätig. Er ist in zweiter geben? Ehe mit einer Koreanerin verheiratet.

Zwei Herzen schlagen, ach, in meiner Brust

Interview mit Lars Hartwig Heinz Wagner

Lars Hartwig

Was hat Sie als Pädagoge dazu bewogen, sich schaftlich-organisatorisches. Die Leitung einen Arbeitsplatz im Schiffbau zu suchen? eines firmeninternen, international ausgerich- Ich bin kein klassischer Pädagoge, sondern teten Ausbildungszentrums wie hier beim Wirtschaftspädagoge. Insofern schlugen Germanischen Lloyd entspricht daher meiner schon immer zwei Herzen in meiner Brust œ persönlichen Idealvorstellung beruflicher ein erzieherisch-pädagogisches und ein wirt- Tätigkeit. 50 Wie sind Ihre Eindrücke nach den ersten Wo- ein Zeichen für einen dauerhaften Arbeits- chen in unserem Area Office in Busan? platz? Der Arbeitsalltag an der Universität und der Dauerhafte Arbeitsplätze werden selten in der in der Firma sind kaum vergleichbar. Das heutigen Zeit. Aber der Germanische Lloyd betrifft Arbeitsrhythmus und -organisation ist eine Firma mit langer Tradition und in den genauso wie die eigene Stellung. Während die letzen Jahren so stark gewachsen, dass es Lehrtätigkeit von der Interaktion mit den Stu- durchaus meine Hoffnung ist, langfristiger denten dominiert wird und daher recht über- Bestandteil einer sich fortsetzenden Erfolgs- schaubar und leichter beeinflussbar ist, er- story zu werden. Beruflich gibt es in meinen weist sich die Kommunikation in einem Augen nichts Schöneres, als Teil eines Gan- komplexen Firmennetzwerk als wesentlich zen zu sein, mit dem man sich identifiziert schwieriger und stellt dementsprechend auch und das dabei noch von Wachstum und Erfolg höhere Anforderungen an die soziale Kompe- geprägt ist. tenz. Der Einstieg hier ist mir aber auch leicht Stellt diese neue Aufgabe an Sie schwierigere gemacht worden: Die Mitarbeiter im Area Anforderungen als Ihre ehemalige Beschäfti- Office haben mich mit offenen Armen aufge- gung? nommen und sind jederzeit bereit, mir bei Grundsätzlich würde ich diese Frage bejahen. Fragen oder Problemen zu helfen. Wie viele andere habe auch ich den Eindruck, Ihre Tätigkeit wird sich hauptsächlich auf die dass der Lehrberuf mir im Blut liegt. Dazu Erstellung und Gestaltung von Ausbildungs- kommt, dass für Lehrer Korea nahezu ein programmen und die persönliche Ausbildung pädagogisches Paradies ist œ Unterrichts- von Ingenieuren im Schiffbau beziehen. Sehen störungen waren mir in fast acht Jahren an der Sie hier viel Neues auf sich zukommen? Uni fremd. Vor allem die organisatorischen Absolut, ich sehe es als die vielleicht größte Anforderungen sind in meiner jetzigen Tätig- Herausforderung an, mir fachlich zumindest keit weitaus höher, denn im Wirtschaftsleben ein Überblickswissen zu verschaffen, damit muss man sich nun mal einem höheren Druck eine breite Basis für einen gemeinsamen Dia- stellen und kommt ohne Flexibilität kaum log mit den Ingenieuren besteht. weiter. Wo sehen Sie die Schwerpunkte Ihrer Tätig- keit mit Trainees aus aller Welt? Wenn eine Firma wie der Germanische Lloyd international agiert und Angestellte aus allen Kontinenten beschäftigt, dann sind bei der Integration von neuen Mitarbeitern nicht nur fachliche, sondern auch kulturelle Aspekte zu Lars Hartwig kam im Jahr 1999 nach Korea berücksichtigen. Darüber hinaus spielt auch und arbeitete zunächst als freier Lektor an die Firmenphilosophie, also Firmenwerte und der Youngsan Universität in Yangsan. Bis -grundsätze, sicherlich eine wichtige Rolle, zum Februar 2007 unterrichtete er an den um der Firma weltweit ein einziges Gesicht zu Abteilungen Deutsch und European Area geben. In beiderlei Hinsicht möchte ich den Studies der Pusan Universität of Foreign Trainees Wissen vermitteln und ein Einleben Studies. In dieser Zeit war er einer der Initia- erleichtern. toren und Organisatoren des Busaner Maifes- Ihr neuer Arbeitgeber feiert gerade seinen tes. Auch er ist verheiratet mit einer Koreane- 140-jährigen Geburtstag. Ist das für Sie auch rin und hat zwei Söhne.

51 Ein Gespräch

Guido Lindner

G: Endlich ist es warm geworden! Faszinie- nicht getan. Meine Eltern waren mit ein paar rend, wie schnell sich der Wechsel von Winter koreanischen Ehepaaren befreundet, mit de- zu Sommer vollzog. Ich habe das Gefühl, gar nen wir uns ab und an trafen, und einmal keinen Frühling erlebt zu haben. Ich erinnere besuchte uns die jüngere Schwester meiner mich daran, noch vor zwei Wochen mit Win- Mutter für ein paar Monate, aber ansonsten terbekleidung zur Arbeit gegangen zu sein hatte ich kaum Zugang zur koreanischen Kul- und am nächsten Tag bekam ich schier einen tur. Hitzeschlag, als ich vor die Tür trat. Seit dem Wegzug aus ihrem Heimatland Ko- M: Willkommen in Korea, dem Land der rea vergingen etwa 21 Jahre, bis meine Mut- Extreme! ter das erste Mal wieder ihren Fuß auf korea- Ich habe mir aber sagen lassen, dass es nicht nischen Boden setzte œ zusammen mit meinem immer so war und dass es in früheren Jahren Vater und mir. Das war 1989. durchaus ein ‚Frühlingserwachen— gab. Aber M: Das muss damals ja ein einschneidendes dafür sind wir ja beide nicht lange genug im Erlebnis für dich gewesen sein. Wie alt warst Land, um das erlebt zu haben. du da? Ich bin noch nicht einmal ein ganzes Jahr G: Ich war damals 17 Jahre alt und weit da- hier. Im Juni letzten Jahres habe ich bei der von entfernt zu verstehen, was diese Begeg- Swatch Group Korea meine Arbeit aufge- nung wirklich bedeutete. Erst im Laufe der nommen. Die Swatch Group vereint mehrere folgenden Jahre entwickelte sich bei mir Uhrenmarken der Schweiz unter einem Dach. überhaupt erst das Interesse an meinen kore- Ich als gelernter Uhrmacher bin hier als tech- anischen Wurzeln, und so flog ich 1997 kurz nischer Berater im Kundenservice angestellt. vor Beginn meines Studiums für sieben Wo- G: Da bist du ein gutes Vierteljahr länger chen zum ersten Mal alleine nach Korea und hier als ich. Ich kam nämlich ein paar Wo- besuchte meine Verwandten im Süden von chen vor meinem Geburtstag in Korea an, am Südkorea. Die ersten Eindrücke würde ich vor 6. September. allem mit Worten wie ‚Vertrautheit— und Mein Hauptanliegen war und ist es noch im- ‚Geborgenheit— beschreiben. Ich fühlte mich mer, Koreanisch zu lernen, um die Kultur von Anfang an als ein Mitglied der Familie kennenzulernen und sich mit den Menschen angenommen, und das war eine ganz neue hier, aber vor allem mit meinen Verwandten Erfahrung für mich, denn meine Familiener- verständigen zu können. Mein Vater ist Deut- fahrung in Deutschland ist eher von Miss- scher und meine Mutter ist Koreanerin. Jetzt trauen und Streit geprägt. Ich hatte, glaube arbeite ich an einer Fremdsprachenoberschu- ich, das erste Mal bewusst das Gefühl, ein- le als Deutschlehrer und muss mich, nachdem fach so als Person akzeptiert zu sein und mich ich bereits seit Februar kaum etwas gemacht so geben zu können, wie ich bin, und das gab habe, jetzt bald mal aufraffen, bewusst Kore- mir ein ungeheures Gefühl von Frieden. Da- anisch zu lernen. nach war ich noch dreimal hier œ das letzte M: Dann hast du also nicht schon als kleines Mal 2001. Kind Koreanisch gelernt? M: Da hast du mir einiges voraus. G: Leider nicht. Meine Mutter ging als Kran- Ich war vor meinem jetzigen Aufenthalt erst kenschwester in den siebziger Jahren nach einmal hier. Gemeinsam mit einem Team der Deutschland, wo sie bald darauf meinen Va- christlichen Organisation ‚Jugend mit einer ter kennen lernte und sich entschied, dort zu Mission— war ich zu Beginn des Jahres 2005 bleiben. Obwohl es für sie sehr viel einfacher vier Wochen lang in Korea unterwegs. Wir gewesen wäre, mit mir Koreanisch zu spre- haben damals an diversen Jugendkonferenzen chen, hat sie das aus unerfindlichen Gründen mitgewirkt und in diversen Gottesdiensten

52 unsere Erfahrungen damit geteilt, was wir Familien von unserem koreanischen Leiter- zuvor während unserer Ausbildung im Jün- ehepaar. gerschaftskurs gelernt haben. So mussten wir uns z.B. nicht ein einziges Der Grund nach Korea zu kommen war für Mal selbständig verpflegen. Für jede Mahlzeit mich auch eine Familienbindung, wenn man wurden wir zu jemandem nach Hause oder in so will. Meine Frau ist Koreanerin. Ich habe ein Restaurant eingeladen. mich deshalb bemüht, eine Arbeitsstelle in Wir waren überall willkommen und sogar Korea zu finden. begehrt. Alle schienen sich für uns zu interes- Kennen gelernt haben wir uns im Zentrum der sieren. Bei unserer Ankunft wussten wir noch Organisation YWAM (Youth with a mission / nicht so genau, was wir hier vier Wochen lang Jugend mit einer Mission). Dort habe ich den machen sollten. Unsere Auftritte haben sich erwähnten Jüngerschaftskurs gemacht und aber bald herumgesprochen und uns eine An- meine jetzige Frau hat deren Englischschule frage nach der anderen beschert. Schlussend- besucht. lich war unser Terminkalender so voll ge- G: Das ist ja lustig, denn ich habe deine Frau stopft, dass wir vielen Anfragen gar nicht ja auch bei einem Sprachkurs kennen gelernt, mehr nachkommen konnten. allerdings hier in Korea und bei einem Überall, wo wir hinkamen, waren die Leute Deutschkurs am Goethe-Institut… sehr freundlich und hilfsbereit. Sie haben es M: Ja richtig, sie belegte den Deutschkurs im mir damit einfach gemacht, Land und Leute Februar dieses Jahres und als sie dich traf, zu lieben. Ich hatte den Eindruck, in der kore- dachte sie gleich, aha, den nehme ich mit und anischen Gesellschaft seien alle füreinander stelle ihn meinem Mann vor. Da freut er sich, da, wie in einer großen Familie, sehr friedfer- mal mit jemandem Deutsch reden zu können. tig und sozial. G: Es passte ja auch gut, denn an dem Abend G: Das erinnert mich an meine ersten Erfah- gab es diese Fotoausstellung zur Menschen- rungen im Schoß meiner Familie. Auch ich rechtscharta der Vereinten Nationen, zu der fühlte mich wie ein kleiner König behandelt. ihr von der Schweizer Botschaft eingeladen Es gab immer das beste Essen und wir gingen wurdet und zu der mich deine Frau mit hin- oft auswärts essen oder machten Ausflüge. genommen hatte. Der Schweizer Botschafter Manchmal war das aber auch ein wenig bi- war da und noch einiges an Prominenz. Ich zarr, denn ich verstand ja meine Verwandten weiß noch, dass ich mich ziemlich fehl am kaum und so fühlte ich mich manchmal wie Platze fühlte, denn alle waren ganz fein ange- ein Möbelstück œ fortgetragen, ohne zu wis- zogen und ich kam in Jeans und Sweatshirt sen, wohin es geht. Ich erinnere mich noch an daher. Ich glaube, es tat dann sein übriges, ein Erlebnis, da holte meine Tante mich dass deine Frau und ich uns gleich nach den abends mit dem Auto ab, und wir und ihre Begrüßungsreden am kalten Buffet gütlich Familie fuhren auf die Autobahn. Ich wusste taten. ja nicht, wohin, und war recht müde. Irgend- M: Ich glaube, das wurde an dem Abend nicht wann schlief ich ein und als ich wieder auf- so streng gesehen. Auch wenn meiner Erfah- wachte, waren wir wieder zurück in der Stadt rung nach in Korea generell sehr viel Wert auf und sie setzten mich zu Hause bei meiner das Äußerliche gelegt wird. Oma ab. Für meine Tante war das ein ‚Aus- Vielleicht ist es auch dieser Schein, der mir flug—, für mich eine eher unverständliche und bei meinem ersten Aufenthalt hier das Gefühl zeitvergeudende Aktion. Wir konnten aber gab, hier fast wie im Paradies zu sein. Ich war schon bald danach gemeinsam darüber la- wirklich in vielerlei Hinsicht sehr beein- chen. druckt: die gute und moderne Infrastruktur, M: Ja, das ist wahrscheinlich auch der beste das Essen, welches ich von Anfang an sehr Weg, um mit dem, was wir an Unverständli- gut fand, die pulsierenden Städte, die riesigen chem und vielleicht Negativem erleben, um- Kirchgemeinden, usw. zugehen. Es gibt ja wirklich vieles in der ko- Zudem wurden wir als Team unglaublich reanischen Gesellschaft, von dem wir Westler verwöhnt œ von den Pastoren, anderen lernen können. So zum Beispiel die Gast- Kirchenmitgliedern, Freunden sowie den freundschaft. Hat man erst einmal Leute

53 kennen gelernt, sind diese sehr freigiebig und Zum Beispiel konnte ich mich darüber aufre- unkompliziert. Eingeladen wird zwar eher gen, dass für die Fahrradfahrer an manchen nicht nach Hause, dafür aber in Restaurants. Stellen der Stadt kein vernünftiger Fahrrad- Was ich auch schön finde, ist, dass unter Ar- weg vorhanden war. Oder dass Autos vor beitskollegen Snacks verteilt und geteilt wer- einer Ausfahrt parken oder mir als Radfahrer den und vieles mehr. die Vorfahrt nehmen. Und jetzt bin ich hier in G: Ich denke, als Ausländer hat man in Korea Korea und … Naja, ein Kommentar erübrigt einen ganz besonderen Status, und das be- sich. kommt man einfach auch zu spüren. Ich bin Mit der Balli-Balli-Kultur habe ich auch so froh, dass in der Regel doch eine positive meine Erfahrungen gemacht, vor allem im Einstellung herrscht. Ich erlebe die Menschen Unterricht. Da habe ich oft das Gefühl, die zwar als sehr vorsichtig gegenüber Fremden, Schüler erfassen wichtige Punkte nicht, weil aber ich habe den Eindruck, wenn sie erken- sie einfach zu ungeduldig und mit den Gedan- nen, dass keine Gefahr von mir ausgeht, dann ken schon beim nächsten Punkt sind (oder sind sie so offenherzig und hilfsbereit. Wenn auch völlig absent, aber das ist ein anderes ich mich einmal verlaufen hatte und irgend- Thema). Auch beim Essen an der Schule ist es jemanden fragte, dann riss sich diese Person in der Regel so, dass pro Mahlzeit einmal, förmlich ein Bein aus, um mir zu helfen. Oder wenn nicht gleich zweimal meine Tischnach- in einer Essstube (Shikdang) habe ich eigent- barn wechseln. Ich esse nun auch wirklich lich fast immer erlebt, dass man versuchte, langsam und versuche auch bewusst zu essen, auch Sonderwünsche zu erfüllen. Die habe ich und dann bleibt es nicht aus, dass meine Kol- oft, denn als Vegetarier finde ich in den nor- legen fertig sind, während ich noch nicht mal malen Essstuben nur eine sehr eingeschränkte die Hälfte von meinem Essen verspeist habe. Auswahl an Gerichten. Inzwischen nehme ich es gelassen hin und Auf jeden Fall finde ich diese Offenherzigkeit freue mich eben über die wechselnden Ge- und dieses Entgegenkommen immer wieder sprächspartner am Tisch. beeindruckend. M: Das hört sich nach einer wichtigen Eigen- M: Diesen Kundenservice erlebe ich hier schaft an, die da aus dem hervorsticht, was du auch als etwas Besonderes. Damit hängt auch erzählst. Auch ich habe gelernt, wie wichtig ein Thema zusammen, das einem in Korea es ist, sein Augenmerk auf die positiven Din- unweigerlich begegnet, nämlich dass immer ge zu richten. Es gibt überall auf der Welt viel alles schnell gehen muss. So kam bei uns zum Negatives, das einem das Leben vermiesen Beispiel für den bestellten Internetanschluss kann, wenn man es zu hoch gewichtet. Es gilt noch gleichentags ein Monteur ins Haus œ er offen zu bleiben für Neues und immer bereit wäre sogar am Sonntag gekommen. zu sein, dazuzulernen. Oder innert kürzester Zeit wird hier ein kom- G: Die meisten Erfahrungen haben ja in der plett neuer Stadtteil gebaut. Allerdings ge- Regel auch zwei Gesichter und es liegt an schieht dies meist ohne Rücksicht auf Verlus- mir, ob ich das Negative so akzeptiere oder te. Ich denke dabei an die langen und versuche, das Positive darin zu sehen. Diese unregelmäßigen Arbeitszeiten und die oft Freiheit zu haben ist mir hier in Korea sehr schlechten Arbeitsbedingungen; die Anwoh- bewusst geworden. Und meistens wandelte ner und Geschäfte, die ohne wenn und aber sich dann auch die Situation wie von selbst. umgesiedelt werden; den wachsenden Ver- Ich denke da vor allem an meinen Unterricht, kehr und die zunehmende Luftverschmut- wenn ich das Gefühl hatte, eine Klasse sei zung, die ohnehin schon unerträglich ist... problematisch. Ich versuchte dann beim G: Ich glaube, dass wir in Europa manchmal nächsten Mal mit gefühlsmäßigem Abstand zu sehr eingelullt sind in unserer heilen Welt zur Situation in die Klasse zu gehen und siehe und den Blick verlieren für Lebensumstände da, der Unterricht lief richtig gut. Oftmals ist und Situationen in anderen Ländern. Für es wirklich unser Denken, das uns in einer mich ist eine wichtige Erfahrung, dass sich Situation behindert und sie als negativ erle- durch den Aufenthalt hier vieles relativiert, ben lässt. Buddha war es, der sagte, unser was mir zu Hause noch so wichtig erschien. Geist erschafft die Welt. Und das erlebe ich

54 immer wieder und immer intensiver, auch G: Tja, da geht es dir wie mir. Ich kann mir wenn es natürlich Dinge gibt, die eben nega- gar nicht vorstellen, länger hier zu leben. Ich tiv sind, gleich wie man es dreht und wendet. vermisse vor allem Jena, die Stadt, in der ich Da bleibt dann nur das Verdrängen. die letzten neun Jahre lebte. Ich vermisse die M: Damit könnte man auch meine Erfahrun- Möglichkeit, mit dem Fahrrad in der Stadt gen erklären. Immer wenn ich in ein neues herumzufahren und einfach eine halbe Stunde Land kam, nahm ich zunächst fast nur das durch die Stadt zu spazieren und in einem Gute wahr. Selbst wenn es Negatives gab, Wald, auf einem Hügel zu sein, Touren in die verdrängte ich das irgendwie. Vieles schien wunderschöne Umgebung zu unternehmen, anfangs sogar besser zu sein als im eigenen und natürlich vermisse ich die Gespräche und Land. Sobald ich dann über längere Zeit in Treffen mit meinen Freunden oder die unzäh- diesem fremden Land mit der anderen Kultur ligen Cafés, wo man im Sommer draußen und Sprache gelebt hatte, wurden mir dann sitzen und die Seele baumeln lassen kann. auch die negativen Punkte mehr und mehr Und ich vermisse es, Wasser aus der Leitung bewusst und ich begann, meine Heimat wie- trinken zu können... der mehr zu schätzen und gewohnte Dinge zu Ich werde auf jeden Fall noch bis nächstes vermissen. Jahr bleiben, denn bis dahin geht mein Ver- G: Du wirst also nicht mit deiner Frau hier in trag an der Schule. Ich kann mir vorstellen, Korea bleiben? noch ein Jahr dranzuhängen, aber ich weiß M: Bei mir hängt es vor allem davon ab, wie auch, dass ich in jedem Fall zurückkehren es sich an meiner Arbeitsstelle weiterentwi- werde nach Deutschland, denn wie ein altes ckelt. Ich hätte ja im Moment kaum andere Seemannslied besingt: ‚da is miene Heimat, Möglichkeiten mir den Lebensunterhalt zu da bin ick tu Huus—. verdienen. Die Firma möchte, dass ich min- Vielleicht brauche ich die Zeit hier in Korea destens drei Jahre bleibe. Zurzeit stimmt es auch dafür: um zu erkennen, wo ich wirklich für mich, und ich habe trotz einigen Schwie- zu Hause bin. rigkeiten vorläufig nicht vor aufzugeben. Grundsätzlich kann ich es mir aber nicht vor- stellen langfristig hier zu bleiben. Ich mag es nicht, in der Großstadt zu leben, und kann es Das Gespräch führten Guido Lindner, 36, aus mir nicht vorstellen, den Rest meines Lebens Deutschland und Manuel Wolf, 29, aus Solo- hier zu verbringen. Ich vermisse die Natur thurn in der Schweiz. sehr.

Von Hangul in Sanssouci, Hunden in Sportoutfit und dem koreanischen Tiger Interview mit Nicole Risse

Andrea König

Mein zweites Interview für dieses Heft hätte Seoul vor etwa zwei Jahren kennen gelernt. von den äußeren Umständen kaum unter- Wir sind an einem Freitag zum späten Nach- schiedlicher sein können. Meine Interview- mittag im pulsierenden Herzen der Stadt, in partnerin kenne ich schon eine Weile. Wir Gwangwamun verabredet. Ich bin ein halbe kommen zwar aus dem gleichen Landkreis im Stunde zu spät. Stau ist Stau, dagegen ist nie- Harz, haben uns aber œ wie das so ist œerst in mand gefeit. Wir treffen uns am Eingang des

55 des Kyobo-Hochhauses, wo sie in der 20. umrahmt das freundliche Gesicht. Ein Ener- Etage ihr Büro hat, und gehen in eines dieser giebündel. Redegewandt, engagiert, intensiv, Riesencafés gleich gegenüber. Um diese Zeit herzlich. ist hier jeder Tisch besetzt. Draußen ist es angenehm warm. Deswegen sind in der Rau- Nicole kam das erste Mal 1996 für ein Jahr cherzone die großen Fenster zur Straße weit nach Korea, nachdem sie ein Jahr zuvor als geöffnet, Straßenlärm dringt herein, geschäf- Gruppenleiterin eines Internationalen Work- tiges Treiben. Großstadt pur. Lautsprecher- camps in Potsdam das erste Mal in Kontakt durchsagen, die zum Abholen der bestellten mit Korea kam. Der Kontakt war jung, attrak- Getränke auffordern. Um uns herum junge tiv und zum Verlieben, wurde eine Sommer- Pärchen, Geschäftsleute, schnatternde Freun- liebe und brachte ihr in jenen Tagen neben der dinnen, lesende Studenten œ und wir mitten- Arbeit im Park von Sanssouci das koreanische drin. Ich habe ungefähr eine Stunde Zeit, Alphabet bei und weckte ihr Interesse an dem meine Fragen loszuwerden, dann muss meine kleinen ostasiatischen Land. Lesen konnte Interviewpartnerin nochmal ins Büro zurück, Nicole also schon mal, als sie im Jahr darauf um vorm Wochenende ein paar Dinge erledi- nach Korea kam, aber viel mehr Koreanisch gen. konnte sie nicht. Zunächst lebte sie in Ilsan in einer Gastfamilie, der sie zu einem guten Teil ihr Koreanisch verdankt. Auf Spaziergängen mit der Mutter lernte Nicole, die Dinge ko- reansich zu benennen und abends am Tisch mit der Gastfamilie, zwei Schwestern und den Eltern, wiederholte sie alles und der Vater trimmte ihre Aussprache œ geduldig, stunden- lang, unerbittlich, was man eben ‚einpauken— nennt. Das war aber die beste Schule für den Anfang, sie spricht inzwischen fließend Kore- anisch und ihre Aussprache ist nahezu akzent- frei. Zurück in Deutschland begann Nicole an der Humboldt-Uni Berlin Koreanistik zu stu- dieren. Da will ich jetzt wissen, ob sie einem Uneingeweihten ad hoc erklären könne, in- wiefern die Form der Hangul-Zeichen der Stellung der Sprechwerkzeuge nachempfun- den sein soll. Theoretisch sollte sie das kön- Nicole Risse ist seit Juni 2004 Direktorin der nen, aber ihre Schule mit dem Gastvater wäre EKF (Europe-Korea Foundation), dem eindeutig der bessere Weg gewesen, die Aus- ‚Wohltätigkeitsarm— der Europäischen Han- sprache zu üben. delskammer, und in dieser Funktion auch 2000 kam sie wieder nach Korea, schloss ihr Initiatorin des WWK (Wine and Women Studium hier ab und arbeitete bei Kim & Korea). Die EKF entwickelt Kulturprogram- Chang Law Firm, einer großen Anwaltskanz- me, die Europa und Korea einander näher lei, wo sie übersetzte und sich um die deut- bringen sollen und auch auf wirtschaftlicher schen Mandanten kümmerte. Hier erwähnt Ebene das Verständnis zwischen den beiden sie, dass sie manchmal bereue, Koreanistik im Regionen verbessern soll. Außerdem werden Hauptfach studiert zu haben. Besser wäre es koreanische Künstler, Kinderheime, gemein- gewesen, etwas ‚Handfestes— zu studieren nützige Vereine unterstützt, z.B. das Aeran- und die Sprache nebenbei zu lernen. Was sie won, eine Einrichtung, die alleinstehenden heute im Berufsleben bräuchte, habe wenig und minderjährigen Müttern hilft. mit dem Koreanistik-Studium zu tun. Außer- Vor mir sitzt also eine zierliche, quirlige Per- dem habe sie sich damit auf eine bestimmte son. Anfang 30, große, helle, leuchtende Au- Region festgelegt, was sie so eigentlich nicht gen hinter kleiner Brille. Das wellige Haar wollte. Ihr Interesse gilt nämlich z.B. auch

56 Lateinamerika. Zur Zeit lernt sie Spanisch. und Weise des Planen und Arbeitens sei ei- Wer weiß, wo sie in 10 Jahren sein wird! Sie nerseits faszinierend aber auch nervig, an- ist sich sicher, dass es nicht Korea sein wird, strengend und ermüdend. aber sie würde immer versuchen, etwas zu Und welche anderen Unterschiede und Paral- tun, was mit Korea zu tun habe, aber wo es lelen siehst du zwischen deutscher und korea- ‚hoffentlich ruhiger als in Korea— ist. nischer Mentalität, möchte ich wissen. Ich möchte wissen, was ihr an Korea auf An- Die Deutschen würden strukturierter und kon- hieb gefallen hat, woran sie sich erst gewöh- sequenter planen und sie seien liberaler. Aber nen musste und woran sie sich wohl nie ge- das sei sicher nur eine Frage der Zeit, denn wöhnen wird. Gefallen habe ihr sofort die die Deutschen haben hierbei einen langen Kultur. Vor allem aber habe œ gleich am An- Prozess hinter sich, den Koreaner noch vor fang œ ein Buch ihr Bild von Korea geprägt sich haben. und ihre Liebe zu diesem Land geweckt. In Die Deutschen würden Anderssein eher als das vorkoloniale Korea, das in ‚Der Yalu Koreaner akzeptieren und seien dabei indivi- fließt— von Mirock Li beschrieben wird, habe dueller, während der Koreaner ein Gruppen- sie sich verliebt. Gelesen hat sie es erst auf mensch ist. Deutsch, später auch noch einmal auf Korea- Aber beide hätten eine ähnliche Auffassung nisch. von Pünktlichkeit. Augenfällige Parallelen Gewöhnen musste sie sich an Motorradfahrer gäbe es ansonsten eher bei Italienern und Ko- auf dem Bürgersteig. Sie erinnert sich noch, reanern: Besonders hinsichtlich der Auffas- dass sie an ihrem ersten Tag in Seoul mehr- sung von Familie und die markante Mutter- mals ‚dem Tod von der Schippe gesprungen— Sohn-Beziehung. ist. Aber wenn sie zurückdenkt, war sie an- Worüber kann sie in Korea schmunzeln? fangs ziemlich blind gegenüber negativen ‚Über Love-Motels, wenn die Paare wieder Eindrücken und nicht sehr kritisch. Das kam rauskommen.— erst mit der Zeit. Zum Beispiel würde sie sich Und worüber herzhaft lachen? ‚Über Liebes- nie an das Geruchspotpourri von Soju, Kalbi, paare in Partnerlook und Hunde in Handta- Knoblauch, Kaffee und Zigarette in der U- schen.— Kürzlich sei sie im Namsanpark ei- Bahn gewöhnen, auch nicht an das Auf-die- nem Hündchen in Sportoutfit begegnet. Straße-Spucken, und auch nicht an die stete In Korea gibt es vier Jahreszeiten. Wird ja Verwunderung darüber, dass ein Nicht-Asiate von Koreanern immer wieder gern erzählt. Stäbchen zu handhaben weiß und scharfe Was würde nun sie potentiellen Besuchern Speisen verträgt. Bei ihrer Arbeit mit Korea- erzählen. Denjenigen, die gar nichts wissen, nern stößt ihr manchmal deren Sturheit auf. würde sie erst mal erzählen, dass Korea eine ‚Wenn sie etwas nicht wollen, lassen sie sich hochentwickelte Industrienation ist und dass auch nicht mit den besten Argumenten über- Samsung und Daewoo koreanische Firmen zeugen.— Noch etwas stört sie: Dass viele sind. Und wenn schon über Jahreszeiten ge- Koreaner immer nur ein perfektes Korea prä- sprochen wird, dann dass ‚der Sommer sentieren wollen und die negativen Seiten schrecklich und die schönsten Jahreszeiten bzw. Probleme nicht wahrhaben wollen. schrecklich kurz seien. Und wenn jemand die Ich möchte wissen, was ihrer Meinung nach Koreaner verstehen möchte, dann sollte er die Zusammenarbeit mit Koreanern prägt. sich über koreanische Geschichte kundig ma- Wenn erst mal alles beschlossen sei, dann chen. klappe es auch. Projekte werden durchgezo- Auf die Frage, was man von den Koreanern gen; wenn es hart auf hart kommt, dann pa- lernen könne, kommt eine schnelle Antwort: cken sie an œ und schaffen es auch. Aber die ‚IT, Internet, Service.— Bei ihrem letzten Um- Planungsphase sei mühsam. Entscheidungen zug innerhalb von Seoul habe es nicht mal und Beschlüsse bräuchten sehr lange. Aber einen Arbeitstag gedauert, bis in der neuen dann ginge es los. Schritt für Schritt und von Wohnung alle Technik aufgebaut, verlegt, langer Hand zu planen, sei der Koreaner Ding angeschlossen, funktionstüchtig war. Versu- allerdings nicht. Dafür aber kurz vor Schluss che mal einer in Deutschland innerhalb einer noch eine brillante Idee umsetzen. Diese Art Woche nur den ISDN-Anschluss zu kriegen!

57 (Hier habe ich ein Déjà-vu von meinem ersten offener gegenüber dem Anderssein. Aber 50 Interview.) Jahre wären eine lange Zeit; vielleicht werde Um beim Thema Deutsche zu bleiben, frage Korea wiedervereinigt sein. ich, was sie an den Deutschen störe. Gerade bei den letzten Besuchen in Deutschland sei Und zum Schluss noch ein Quickinterview. ihr aufgefallen, dass die Deutschen immer Nicht lange nachdenken! meckern, sich laufend beschweren und nie 3 Begriffe, die für dich Korea bedeuten zufrieden sind. Kimchi, Adjuma, ehm œ Taxifahrer Während des Interviews kommen wir mehr- 1 Superlativ für Korea mals auf koreanische Traditionen zu sprechen. Dynamischst Es wäre sehr schade, dass Koreaner für eine Was vermisst du außerhalb von Korea Weile ihre Traditionen vernachlässigt hätten Kimchi und es jetzt unwahrscheinlich scheint, den Was vermisst du außerhalb von Deutschland? Verlust rückgängig machen zu können. Heute Brot ‚wird Tradition nicht gelebt, sondern ge- Kimchi ist ... zeigt—. In Deutschland hätte es ähnliche Ten- Kimchi denzen gegeben, aber da hätte man ‚rechtzei- Hunde tig die Kurve gekriegt—. Das bringt uns zum bellen nächsten Thema, was sie hier vermisst. Jedes der koreanische Tiger Jahr fehle ihr das Osterfeuer und die Ach Gott, wenn mir nochmal einer erklären Walpurgisnacht. will, dass die koreanische Halbinsel wie ein Wie gut ist sie eigentlich über Aktuelles aus Tiger aussieht...! DEN TIGER SIEHT MAN Deutschland informiert? Kreis- und Land- NICHT! tagswahlen in Sachsen-Anhalt 2007 z.B. (mit Jejudo der niedrigsten Wahlbeteiligung in der Ge- Harobang [omnipräsente Figur aus Vulkange- schichte der BRD), oder DSDS oder Knut? stein], da fällt mir einiges ein... ‚Knut? Wer ist Knut?— Ihr vollgepackter Ar- Monsunregen beitsalltag (nicht selten 10 und mehr Stunden, Schwül, eklig, klebrig, und er ist nie da, wenn oft auch an den Wochenenden) ließen ihr Monsun angesagt ist. wenig Zeit zum regelmäßigen, intensiven Frühling in Korea Zeitunglesen, höchstens mal morgens auf dem Cherry blossoms. Wunderschön. Spaziergän- Weg zur Arbeit oder wenn es abends mal ge im Namsan. Paare, die sich vor den Bäu- nicht so spät geworden ist. Sie hätte auch men fotografieren lassen. keine Ahnung, was im deutschen Fernsehen Apartmenthäuser abgeht, sei über Popkultur nicht auf dem Lau- Betonklötze fenden. Dafür könne sie im Urlaub in der Han Deutschland stundenlang vorm Fernseher (...) nee, schreib mal nicht! Das Monster aus sitzen! ‚The Host—. Als letztes möchte ich von Nicole wissen, was Korean fashion sich ihrer Meinung nach in der Zeit, seit sie Passt mir nicht. Fashion victims. Seltsame Korea erlebt, verändert hat und wo sie Korea Zusammenstellung von Farben und Mustern. in 50 Jahren sieht. Es gäbe weniger soziale ‚NoNos—, und auch Danke für das Interview! die Situation der Frau habe sich im Vergleich zu früher verbessert. Aber da müsse trotzdem noch viel passieren. PS: Spät abends kriege ich dann noch einen Das Stadtbild von Seoul habe sich in den letz- Anruf: ‚Ich weiß, wer Knut ist!!!— Inzwischen ten zwei, drei Jahren rausgemacht, obwohl sendet sogar CNN Reportagen über die Knut- auch da noch viel zu tun ist. Hysterie in Deutschland. Wieder so ein Zu- Technologisch wird Korea immer noch weit fall, der unsere Bekanntschaft von Anfang an vorn liegen, aber kulturell wird es alles verlo- prägte. ren haben. Im Sozialen wird es hoffentlich

58 Als Student in Korea

Interview mit Tobias Bergmann

Michael Menke

Kannst Du Dich bitte selbst kurz vorstellen? Ja, genau, zufällig kam da auch eine Delega- Mein Name ist Tobias Bergmann, ich bin in tion aus Incheon nach Göttingen, ich habe die Deutschland 25 Jahre alt, studiere an der Uni- Direktorin aus dem dortigen Internationalen versität Göttingen, meine Hauptfächer sind Büro persönlich kennen gelernt, wir haben ein Wirtschafts- und Sozialpsychologie, und Poli- bisschen geredet, und die Bewerbung für die tik, wobei ich mich dabei auf internationale Incheon Universität ging dann sehr schnell Beziehungen konzentriere. Nebenfächer sind über die Bühne, weil ich der einzige Bewerber Wirtschaft und Internationales Recht. Ich war. Ich konnte mich noch für ein koreani- komme aber nicht aus Göttingen, sondern aus sches Stipendium bewerben, was glückli- der Nähe von Paderborn. cherweise auch geklappt hat. Das ging alles Vor etwa zwei Jahren habe ich mir gedacht, sehr schnell, vom Zeitpunkt der Bewerbung dass ich langsam mal ein Auslandssemester bis zur Zusage dauerte alles nur drei Monate. machen sollte, da war ich bereits im vierten Welche Unterrichtsveranstaltungen belegst Semester. Dabei habe ich mich an meine frü- Du in Incheon? heren Klassenkameraden erinnert, aus dem Meine Hauptfächer sind eigentlich etwas an- Gymnasium, da waren nämlich zwei Korea- ders, hier in Korea mache ich zunächst mal ner. Zu denen hatte ich ein sehr gutes Ver- Koreanisch-Sprachkurse, daneben auch Eng- hältnis, wurde auch oft in ihr Haus eingeladen lisch-Sprachkurse und ein bisschen Franzö- und habe dort das Familienleben kennen ge- sisch, dazu im letzten Semester Wirtschafts- lernt. Ich habe dann später aber leider den kurse, die kann ich für mein Nebenfach Kontakt verloren. anrechnen lassen, und in diesem Semester Ich habe versucht, über den DAAD Informa- mache ich Public Administration und wieder tionen über ein Studium in Korea zu beschaf- einen Wirtschaftskurs. Public Administration fen, über Stipendien usw. Letztendlich kam es kann ich mir in Göttingen für Politik anrech- dann aber ganz anders, denn in demselben nen lassen. Außerdem höre ich in Deinem Jahr hatte meine Uni mit der Incheon- Kurs European Trade Practice als Gasthörer. Universität das Austauschprogramm intensi- Gibt es in den Seminaren noch mehr auslän- viert. dische Studenten? Du bist jetzt also für ein Jahr an der Universi- Nein, die sind zwar auf Englisch, aber da bin ty of Incheon. ich der einzige Ausländer. Es gibt hier noch

59 viele andere Ausländer, aber z.B. die Chine- Chinesen, Taiwanesen, Russen, Amerikaner, sen studieren International Trade und haben ... einfach andere Fächer. Ja, natürlich, ich lebe im Wohnheim mit Chi- Die Kurse, in denen ich bin, sind meist sehr nesen zusammen, mit denen besuche ich auch klein, fünf oder sechs Teilnehmer. Die Kurs- die Koreanisch-Kurse, wir gehen auch abends leiter sind in diesem Semester ausschließlich aus, auch mit den anderen Ausländern, oder englische Native Speaker. Im letzten Jahr machen Sport, aber ich muss sagen, dass ich hatte ich etwas Probleme mit den koreani- hauptsächlich mit Koreanern unterwegs bin. schen englischsprechenden Professoren, die Daneben habe ich aber auch noch andere Aus- sprachen sehr fließend Englisch, aber hatten länder kennen gelernt. In Incheon gibt es ja einen starken Akzent und waren nicht einfach nicht so viele, und wenn man da mal jeman- zu verstehen. den auf der Straße trifft, spricht man sich Man macht hier als Ausländer also nicht so meistens an. viele Kurse, aber damit hatte ich auch nicht Was sind Deiner Meinung nach die größten gerechnet, dass ich hier also ohne Zeitverlust Unterschiede zum Studium in Deutschland? studieren könnte. Aber die Auslandserfahrung Ich sage mal ganz ehrlich, ich verstehe nicht ist mir da wichtiger. so ganz, warum die Koreaner Tag und Nacht Hast Du Kontakt zu koreanischen Studenten lernen. Die lernen so unglaublich viel, da sind an der Uni? sie Weltmeister, aber ich verstehe nicht was. Ja, und das ist der absolute Pluspunkt an die- Wenn wir in Wirtschaft die Postgraduierten- ser Uni. Die ist eigentlich recht übersichtlich, Kurse haben, da wird dann der ‚Economist— mit nicht so vielen Studenten, und vielleicht gelesen oder ‚Forbes—, und dann ist Hausauf- liegt es auch daran, dass es hier nicht so viele gabe, dass man in der nächsten Sitzung dar- westliche Studenten gibt, dass man einfach über sprechen soll. Das ist also keine wirt- viel schneller mit den Leuten in Kontakt schaftswissenschaftliche Fachliteratur, kommt. Ich habe also sehr viele koreanische sondern ein Magazin, und daraus besteht das Studenten kennen gelernt. Seminar, und am Ende des Seminars gibt es Sind das dann z.B. Studenten, die Deutsch eine Klausur, und in der muss man als ‚mul- studieren? tiple choice— 15 Fragen beantworten, so etwas Also, ich habe schon einige ‚Freunde—, auch machen wir im Grundstudium, und für die wenn das für Deutsche ein starkes Wort ist, Klausur setze ich mich eine Stunde hin, und bei den Social Sciences kennen gelernt, mit dann ist die Klausur ok. Ich weiß nicht, was denen ich viel unternehme, Deutsch- die Koreaner da Tag und Nacht lernen. Vieles Studenten natürlich auch, oder Englisch- ist einfach Allgemeinwissen. Ich kann das Studenten, aber auch durch Zufall auf der natürlich nur zu den Kursen sagen, die ich Straße. Ich habe hier sozusagen eine beschäf- besucht habe. Jedenfalls verstehe ich nicht, tigte Freizeit. Ich habe auch von anderen aus- warum Koreaner so fürchterlich viel lernen, ländischen Studenten gehört, die z.B. an der schon in der Schulzeit, mit viel Druck. Seoul National Universität oder an der Yon- Der größte Unterschied ist die Einteilung in sei-Uni studieren, dass dort die Ausländer freshman, senior, usw. Alle fangen gleichzei- etwas von den Koreanern separiert werden, tig an und hören gleichzeitig auf, das ist bei dass die dort zwar ein tolles Programm haben, uns natürlich ganz anders. Auch diese Alters- mit Ausflügen, aber dass die letztendlich nicht hierarchie, wer wen duzt oder siezt, ist mir so sehr mit ihren koreanischen Kommilitonen etwas fremd. In Deutschland kann man Kurse in Kontakt kommen, und das ist hier eben frei wählen und lernt damit auch verschieden ganz anders. Ich kann hier jeden Kurs neh- Leute kennen. men, den ich will, es gibt keine Extra-Kurse Was machst Du in Deiner Freizeit? für Ausländer, und damit so viele Leute ken- Alles mögliche, Freunde treffen, ... Hier besu- nen lernen, wie ich will, und das ist natürlich che ich viele Konzerte, ich bin schon viermal klasse. in die Oper gekommen, weil es hier Bonus- Hast Du Kontakt zu anderen ausländischen karten gibt, auch für normalerweise unheim- Studenten an der Uni? Es gibt hier ja noch lich teure Konzerte. Ich war neulich mal in

60 einem Konzert eines Violinisten, da saßen um hat man sich gerade mal eingewöhnt, danach mich herum lauter bekannte Schauspieler, lernt man viele Leute erst richtig kennen. Künstler. Dann gehe ich oft mit Freunden in Beim Studium kann man sich aus dem Vorle- die Kneipe, Soju-Jib, Norae-Bang (die korea- sungsangebot sicher etwas heraussuchen, das nische Form von Karaoke), essen gehen oder einen interessiert, beim Kursniveau sollte man nur quatschen, Fußballspiele, Baseball œ oh, aber nicht so Tolles erwarten, sondern norma- langweilig, dann mache ich Fahrten durch das le Ansprüche behalten. In jedem Fall lernt Land, nach Pusan, in den Süden an die Küste. man sehr nette Menschen sehr gut kennen, Tempel-stay in Haeinsa, das war sehr beein- kommt intensiv mit der Kultur in Kontakt. druckend im Schnee. In zwei Wochen fahren Dieses Jahr war bislang wirklich einmalig, ich wir nach Chindo, und nach dem Semester würde eigentlich gern ein Jahr dranhängen, wollte ich noch einmal nach Japan fahren. aber ich muss erst mal mein Studium ab- Und ich fahre natürlich oft nach Seoul, ein- schließen und würde dann vielleicht im Rah- kaufen. men einer Dissertation wiederkommen, oder Würdest Du auch anderen Studenten aus für ein Praktikum, mal schauen. Deutschland raten, in Korea zu studieren, Kritik? kurz oder lang? Kritik? Ja, man kommt sich manchmal vor Das kommt darauf, welche Ziele man hier hat. wie ein Affe im Zoo. Und man muss etwas Wenn man mit der koreanischen Gesellschaft vorsichtig sein, ob die Leute nur mit einem in Kontakt kommen will, ist eine Uni wie Kontakt haben wollen, um Englisch zu lernen Incheon sicherlich ideal. Man sollte dann aber oder anzuwenden, oder ob sie wirklich an auch länger bleiben, nach nur einem Semester einem interessiert sind.

Korea œ Ein Erfahrungsbericht

Carmen Menzel

Gemeinsam mit meinem Kollegen Hendrik of Visual Communication Design als Dozen- Weiner war ich anderthalb Jahre an der Kei- tin für Grundlagen des Kommunikationsde- myung Universität in Daegu im Department signs und Design Management tätig.

Unterrichtserfahrungen Studentenschaft. Informationen zu den Kur- Meine Zeit in Korea war für mich eine sehr sen verbreiteten sich wie von selbst und Or- positive Erfahrung und ich blicke insgesamt ganisatorisches wurde ohne Einwände zügig zufrieden zurück. Die Arbeit mit den koreani- und unkompliziert geregelt. So konnten z.B. schen Studenten war œ abgesehen von sprach- Projektausstellungen oder Wettbewerbe ohne lichen Schwierigkeiten œ unkompliziert und größere Schwierigkeiten diszipliniert und in erfrischend. Sehr angenehm war vor allem die guter Stimmung vonstatten gehen, was einem Zuverlässigkeit in der Selbstorganisation der die Arbeit wirklich unschätzbar erleichtert.

61 Zu Beginn meines Aufenthalts gab es Schwie- nur der Leiter der Abteilung Englisch sprach. rigkeiten in der Kommunikation mit den Stu- Zum anderen schien unsere aktive Beteiligung denten, da meine Vorlesungen zunächst durch an den Geschehnissen des Studiengangs nicht den Fachbereichsleiter und einem weiteren als notwendig angesehen zu werden. Im We- Kollegen aus einer anderen Abteilung œ sicher sentlichen hing die Unterstützung für unsere gut zur Erleichterung beider Seiten gemeint œ Aktivitäten von den Interessen des Abtei- vom Englischen ins Koreanische übersetzt lungsleiters ab. Da er uns persönlich wohlge- wurden und es verbunden damit einige inhalt- sonnen war, hat er vor allem in finanzieller liche Verluste gab, die für die jeweils zu be- Hinsicht universitäre Projekte gefördert. Posi- arbeiteten Aufgaben zu einigen Irritationen tiv war aber auch auf jeden Fall die freie Ges- führten. Außerdem war durch die Überset- taltung der Unterrichtsinhalte, die wir eigen- zung kein unmittelbarer Kontakt zu den Stu- verantwortlich bestimmen konnten. denten möglich. Das änderte sich zum Glück ab dem zweiten Semester und vereinfachte Zu Beginn unseres Aufenthaltes war es meine Arbeit erheblich. Anfangs gab es Be- schwierig, Informationen zum Lehrprogramm rührungsängste von Seiten der Studenten, sei zu erhalten. Denn aus unserer Sicht hätten es aufgrund der Sprachbarriere oder aus Unsi- sich durch bessere Absprachen von Unter- cherheit über die in Teilen ungewohnte Unter- richtsinhalten viel Zeit und Missverständnisse richtsdidaktik. Doch nach und nach nahmen vermeiden lassen. Da wir die ersten ausländi- die Studenten das Angebot, eigene Entschei- schen Dozenten am College für Art und De- dungen für ihre Projekte treffen zu können, sign waren und entsprechende Erfahrungswer- gerne an. Das eine oder andere persönliche te zum Umgang miteinander fehlten, kann Treffen mit den einzelnen Seminargruppen man darüber sicher in Teilen hinwegsehen. erleichterte zudem die Zusammenarbeit. Mir Den Arbeitsalltag hat die mangelnde Kom- erschien eine persönliche Vertrauensbasis munikation allerdings nur unnötig erschwert. unerlässlich für das Gelingen meiner Kurse, Denn auch trotz wiederholter vorsichtiger um Berührungsängste und Vorbehalte so ge- Nachfragen und wohlgemeinter Vorschläge ring wie möglich zu halten. Per E-Mail hielt verbesserte sich die Zusammenarbeit diesbe- ich regelmäßigen Kontakt zu den Studenten züglich leider nicht. Wir haben wirklich ver- und stellte Unterrichtsmaterialien web-basiert sucht, den Bitten um Verständnis für die ko- zur Nachbearbeitung zur Verfügung, um reanische Kultur zu entsprechen, aber eine eventuelle sprachliche Defizite auszugleichen. professionelle Ebene internationaler Zusam- Diese Angebote erwiesen sich als sehr hilf- menarbeit lebt wesentlich von dem wohlwol- reich, was auch durch entsprechende Reaktio- lenden Verständnis von und für beide Seiten nen der Studenten bestätigt wurde. Die Pro- und Schwierigkeiten müssen dementspre- jektergebnisse waren trotz unterschiedlicher chend auch von beiden Seiten aktiv angespro- Auffassungen von Design, kultureller Unter- chen und geklärt werden. Persönliche Befind- schiede und Sprachschwierigkeiten wirklich lichkeiten sind dabei auszuklammern. Alles gut und ich war manchmal überrascht, wie andere verunsichert lediglich und wirkt vor tapfer und fleißig die Koreaner die sich daraus allem frustrierend. Denn sicher ist man den ergebende Frustration überwunden und sich koreanischen Kollegen auch ungewollt aus ‚durchgebissen— haben. Die Arbeit mit den Unwissenheit das eine oder andere Mal ‚auf Studenten hat mir u.a. daher sehr viel Spaß die Zehen getreten—, aber solche Fehltritte gemacht. Arbeitseifer, Neugierde, Humor und lassen sich für die Zukunft nicht vermeiden, freundschaftliche Gesten bleiben mir darüber wenn sie nicht angesprochen werden. Für hinaus in bester Erinnerung. eventuelle Entschuldigungen oder Klärung von Missverständnissen wurde damit kaum Die Zusammenarbeit innerhalb der Abteilung Raum geschaffen und man blieb oft etwas Eine unmittelbare Zusammenarbeit mit den hilflos und unsicher über die Richtigkeit eige- Kollegen fand leider nur in Teilen statt. Das ner Aktivitäten und Vorschläge zurück. Damit lag zum einen sicher an sprachlichen Schwie- war das Kommunikationsproblem neben pri- rigkeiten, da in den ersten beiden Semestern vaten Gründen, fehlenden Möglichkeiten der

62 persönlichen, beruflichen Weiterbildung und betreut, auch wenn einem nicht immer alles des Wissensaustauschs auch schließlich der auf Anhieb klar war. Was die von der Univer- entscheidende Grund, Korea nach drei Semes- sität gestellte Wohnung betraf, wurden wir tern zu verlassen und die Verträge nicht wie gut und hilfsbereit durch die Hausmeister angeboten zu verlängern. unterstützt. Was die kulturelle Einbindung betrifft, so gab Einige Unsicherheit gab es bezüglich vertrag- es vonseiten der Abteilung leider keine Unter- lich vereinbarter Arbeitsbereiche, in die wir stützung zum Erlernen des Koreanischen, dann doch nicht in der Weise wie erwartet obwohl die Keimyung Universität gute Pro- involviert wurden. Dies bezog sich vor allem gramme zu koreanischer Kultur und Sprache auf geplante internationale Kooperationen mit für ihre ausländischen Dozenten bereit hält. deutschen Hochschulen oder die aktive Teil- Davon erfuhren wir allerdings erst drei Wo- nahme an Interna. Diesbezüglich hätten wir chen vor unserer endgültigen Abreise. Denn gerne mehr Unterstützung von unserer Seite der Campus des Colleges für Art und Design eingebracht, als uns letztlich ermöglicht wur- befindet sich nicht am selben Standort wie der de. Rückblickend betrachtet kann dieser Um- Rest der Universität. Somit waren wir über stand in so weit erklärt werden, dass wir im Veranstaltungen oder Angebote dort meistens Kollegium vergleichsweise jung waren und es nicht informiert. Ohne die freundliche und sicher einfach mehr Zeit gebraucht hätte, um umsorgende Unterstützung vor allem der Ab- eine stärkere Einbindung in diese Tätigkeiten teilung für deutsche Sprache und Literatur am auf einer tieferen Vertrauensbasis zu entwi- Hauptcampus der Keimyung hätten wir vieles ckeln. Andererseits muss man selbst schnell leider überhaupt nicht erfahren. zu Ergebnissen gelangen, um sich persönlich Dennoch in guter Erinnerung bleiben einzelne und beruflich weiter entwickeln zu können. Kollegen, die œ wenn auch z.T. nicht des Eng- Den kulturellen Hintergrund (Ansichten, lischen mächtig œ mit ihrer Haltung und Ausbildung, Kontakte, etc.), den man mit- freundlichen Art ihre Sympathie uns gegen- bringt und der vonseiten der Uni erwünscht über zum Ausdruck gebracht haben. Andere war, möchte man ja auch in positiver Weise haben uns sehr unterstützt, indem sie Telefo- einbringen. nate geführt, Probleme zu lösen geholfen oder einfach einmal ein nettes Gespräch mit uns Fazit geführt haben œ von der großartigen koreani- Abschließend betrachtet bereue ich meine schen Gastfreundschaft ganz zu schweigen! Entscheidung œ sowohl nach Korea zu gehen Positiv und unkompliziert war der Kontakt zu als auch es wieder zu verlassen œ überhaupt den höheren Verwaltungsebenen der Keim- nicht. Ich habe viele Erfahrungen sammeln yung Universität. Generell kann man sagen, können, die mir anderweitig verwehrt geblie- dass sich u.a. auch wegen der zunehmenden ben wären. Die koreanische Kultur hat tiefen Internationalisierung ein Aufenthalt an der Eindruck auf mich gemacht und das eine oder Keimyung Universität sicher lohnt. Die andere vermisse ich nach meiner Rückkehr Arbeitsbedingungen sind hinsichtlich finan- nach Deutschland, vor allem Freunde, die ich zieller und technischer Ausstattung sehr an- in Korea gefunden habe. genehm. Als Reiseland ist Korea ebenfalls sehr ange- nehm und macht einen sicheren und entspann- Administratives ten Eindruck. Man erreicht alles unkompli- Administrative Angelegenheiten waren un- ziert und schnell mit öffentlichen kompliziert, auch wenn in dieser Hinsicht die Verkehrsmitteln. Die herzliche Hilfsbereit- eine oder andere persönliche Hilfe vonnöten schaft der Koreaner gibt einem immer das war, um an die richtigen Informationen oder Gefühl, dass man nicht ‚unversorgt— irgend- Stellen heranzukommen. Eine umfassende wo stehen bleibt. In punkto Gastfreundschaft Einführung in die Struktur der Universität und Dienstleistung kann man viel Gutes von hätte im Vorfeld sicher Abhilfe schaffen kön- Korea lernen. nen. Aber gemäß der koreanischen Höflich- In bester Erinnerung jedoch bleiben mir vor keit fühlte man sich stets gut aufgehoben und allem die Koreaner selbst: Fremde, Freunde,

63 Kollegen und vor allem meine Studenten. Ich Frage, mit der man nicht ‚abrechnen— sollte. habe mich nie einer unangenehmen Situation Ich zumindest für meinen Teil schaue ohne gegenüber gesehen und mich daher in Korea einen nachtragenden Gedanken auf meine sehr wohl gefühlt. Die Schwierigkeiten im Zeit in Korea zurück. Im Gegenteil: Ich habe Arbeitsumfeld kann man im Wesentlichen auf Chancen erhalten, die ich in Deutschland mangelnde Kommunikation zurückführen. nicht so ohne weiteres gehabt hätte. Ich den- Das ist zum einen sicher eine kulturelle, zum ke, als Ausländer hat man es in Deutschland anderen aber auch eine schlicht menschliche in weiten Teilen sicher auch nicht leichter.

Deutsche Lehrauffassung trifft koreanische Universitätstradition:

Erfahrungsbericht über den 1² jährigen Aufenthalt als Dozent an der Keimyung Universität Daegu, Fachbereich Visuelle Kommunikation.

Hendrik Weinert

Von September 2005 bis Februar 2007 arbei- koreanischen Seite eine Annäherung zu er- tete ich zusammen mit meiner Kollegin möglichen. Carmen Menzel als Dozent im Bereich Visu- Der Empfang in Daegu war herzlich und elle Kommunikation der Keimyung Universi- beidseitig etwas unsicher. Meine Kollegin tät Daegu. und ich bekamen jeder ein Appartement zur Wie kam es dazu? Auf einer Design-Kon- Verfügung gestellt. Von koreanischer Seite ferenz in Bremen im Frühjahr 2005 hielten erfuhren wir, dass im Design-Bereich zum Frau Menzel und ich einen kurzen Vortrag ersten Mal ausländische Dozenten in Korea über unsere damalige Tätigkeit. Das weckte tätig wurden (mir ist inzwischen eine weitere bei einigen koreanischen Professoren im Pub- deutsche Lehrperson in diesem Bereich an likum Interesse. So entstand der Kontakt, der einer Seouler Universität bekannt, aber zu einer Einladung verbunden mit dem Ange- tatsächlich gilt der Kunst- und Design Bereich bot einer Lehrtätigkeit an der Keimyung Uni- an den Koreanischen Hochschulen als sehr versität führte. Meinem Arbeitsaufenthalt in geschlossen und ist normalerweise durch ko- Südkorea lag also kein Austausch mit einer reanische Dozenten mit Auslandserfahrung deutschen Universität oder die Vermittlung besetzt.) des DAAD zugrunde, sondern ein direkter Klare Absprachen über die Art und Weise Kontakt. Die Beweggründe von koreanischer unserer Tätigkeit an der Uni gab es im Seite aus waren vor allem der in den Vorhinein nicht. Nach Eintreffen an der Uni Universitäten herrschende hohe Druck zur wurde jeder von uns gebeten, eine Internationalisierung der Lehre. Unter Vorlesungsreihe zum Thema ‚Design Plan- anderem im Bereich Design hat Deutschland ning & Management— zu halten. Wir bezogen in Südkorea einen sehr guten Ruf und so unsere Büros und schon ging der Arbeitsalltag besteht ein starkes Interesse an einer los. Eine erklärende Einführung in den Zusammenarbeit.Angesichts des schwierigen deutschen Stel- Fachbereich und in die Strukturen der Univer- lenmarktes und der Perspektive auf eine sität fand leider nicht statt. Sie wäre für uns spannende Tätigkeit zögerte ich nicht lange, sehr hilfreich gewesen. Auf viele Fragen dieses Angebot anzunehmen. In direkter Ver- unsererseits zu Lehrinhalten, der Organisation handlung mit der Uni fixierten wir zuerst ei- der Uni sowie zu den in unserem Vertrag nen Halbjahresvertrag, um uns und auch der fixierten weiteren Tätigkeiten neben der

64 Lehre (Mithilfe bei der Veränderung des Cur- Alltag und im (seltenen) direkten Kontakt mit riculums, Mithilfe beim Aufbau eines fachbe- den Studenten gelang uns das zunehmend. Da reichseigenen Institutes) bekamen wir etwas es keinerlei Lehrmaterialien für die Lehrinhal- stereotyp folgende Antwort: ‚You just need to te gab, informierte ich die Studenten regelmä- teach.— und ‚Take it easy!— ßig per E-Mail, damit sie dem Unterricht bes- Vor ca. 70 Studenten hielt ich also meine ser folgen konnten. Ich versuchte eine Vorlesung und gab Übungen aus. Die Vorle- persönlichere Ebene zwischen mir und den sung und der gesamte Unterricht erfolgte auf Studenten aufzubauen, was durch die Ano- Englisch und wurde durch den Fachbereich- nymität der großen Gruppe (70 Studenten) leiter ins Koreanische übersetzt, da die Eng- stark behindert wurde. Im Kontakt mit unse- lischkenntnisse der meisten Studenten nicht ren Kollegen blieb ein formaler Umgang be- ausreichend waren. Leider war die Lehre in stimmend. Eine Zusammenarbeit œ auf wel- diesem Semester durch die Lehrform der Vor- cher Ebene auch immer œ entwickelte sich lesung, die hohe Sprachbarriere, durch sehr trotz unserer offenen Angebote über die ge- unterschiedliche Wissenshintergründe der samte Zeit unseres Aufenthaltes leider nicht. Studenten und nicht zuletzt durch viele Un- klarheiten auf beiden Seiten (von meiner Seite Unter der Vorraussetzung, in kleineren Grup- aus: Was ist der Lebenshintergrund der Stu- pen mit bis zu 20 Studenten und ohne Über- denten? Welche berufliche Zukunft erwartet setzer unterrichten zu können, sowie mit einer sie in Korea?) in ihrem Nutzen für die Stu- Absprache über die zu unterrichtenden Lehr- denten sehr begrenzt und blieb auch für mich gebiete verlängerten meine Kollegin und ich unbefriedigend. unsere Verträge um 2 Semester. Trotz wiederholter Nachfrage war über das Im 2. Semester gestaltete sich der Unterricht Leistungsniveau der Studenten, die Lehrziele positiver. Die Begrenzung der Kursteilnehmer und œprämissen des Studienganges sowie die auf ca. 20 und der Wegfall der Übersetzung Pläne des Fachbereiches zu unserem Aufent- erzwang geradezu einen direkten Kontakt halt nichts zu erfahren und so tappten wir von zwischen Dozent und Studenten, was den Beginn an etwas im Dunkeln und tasteten uns Austausch und die Dynamik im Unterricht nach dem ‚Try and Error—-Prinzip vorwärts. stark förderte. Die hohe Sprachbarriere und Leider erhielten wir auch keine Unterstützung die ‚Angst— der Studenten vor dem Englisch- bei unserem Wunsch, Koreanisch zu lernen, sprechen konnte so nach und nach einge- was uns sehr behinderte einen tieferen Ein- dämmt und teilweise überwunden werden. blick in die alltäglichen und gesellschaftlichen Als sehr hilfreich erwies sich der direkte Strukturen Südkoreas zu bekommen oder E-Mail Kontakt zu den Studenten. Sie beka- einfach einen besseren Kontakt zu den Kolle- men alle wichtigen Informationen noch ein- gen und Studenten aufbauen zu können. mal schriftlich von mir zugeschickt und konn- Andererseits konnten wie die Lehrinhalte ten sich so die Inhalte erarbeiten. Der völlig frei bestimmen, bekamen Unterstüt- persönliche Kontakt und ein gutes und inte- zung bei Wünschen (z.B. einen Workshop für ressiertes Verhältnis zu den Studenten erwies die Studenten zu organisieren, eine Exkursion sich als sehr wichtige Basis in der täglichen mit den Studenten durchzuführen). An Geld Arbeit, auf der all die auftretenden Schwie- und gutem Willen mangelte es also nicht. rigkeiten gemeistert werden konnten. Umso irritierender war die fortlaufende Be- In diesem Semester unterrichtete ich Studen- handlung als Außenstehender oder Fremder: ten des ersten Semesters (Freshman) in die nicht Einbeziehung in das Kollegium, z.B. ‚Grundlagen des Designs— sowie Studenten in Institutsitzungen, an denen sonst alle Do- des achten Semesters im Fach ‚Multimedia—. zenten teilnahmen, das sehr späte oder gar Die meisten Studenten waren sehr offen, nicht Bekanntgeben und Informieren über wissbegierig und interessiert. Zunehmend wichtige Termine und Ereignisse. entwickelte sich eine gute Lerndynamik. Die Wir versuchten uns nach bestem Wissen und Studenten versuchten trotz der Überforderung Gewissen den Gepflogenheiten und Verhal- durch die Benutzung der Fremdsprache, die tensweisen in Südkorea anzupassen. Im Andersartigkeit der im Unterricht angespro-

65 chenen Fragen und trotz der vielen parallelen, ten vorübergehend erhebliche Irritationen und zeitintensiven Kurse ihre Übungen und Auf- Probleme. In der Regel entschuldigten sich gaben gut zu bearbeiten und eigene Ideen die koreanischen Kollegen für die auftreten- einzubringen. Gegen Ende des Semesters den Schwierigkeiten mit den in Südkorea konnte ich dann mit allen Studenten eine klei- vorherrschenden kulturelle Verhaltensweisen ne Ausstellung der Arbeitsergebnisse des (Hierarchie, Distanz) und den ungeschriebe- Kurses organisieren, die die Studenten mäch- nen Gesetzen (‚Korean Style—). Tatsächlich tig stolz machte. stehen diese Traditionen einer international Im 3. Semester hatte ich das Glück ca. 2/3 der gängigen Zusammenarbeit teilweise entgegen. Studenten weiter in meinen Kursen, diesmal Angesichts der hochgesteckten Ziele der ko- ‚Environmental Design—, unterrichten zu reanischen Hochschulen in Hinblick auf eine können. Dadurch ergab sich eine gute Basis internationale Zusammenarbeit sowie das für den Unterricht. Viele Anforderungen und hohe Maß an vorhandenen Auslandserfahrun- Verhaltensweisen waren schon vertraut, so gen der koreanischen Dozenten ist eine solche der ‚Zwang— zum offenen Statement im Un- Haltung allerdings wenig nachvollziehbar. Ich terricht, Dinge öffentlich in der Gruppe zu hätte mir manchmal einen souveräneren bzw. betrachten oder Ideen während des Unter- internationaleren Umgang bei der Klärung richts vor und mit allen zu teilen, zu hinter- offener Fragen gewünscht. Stattdessen blieb fragen und weiterzuentwickeln. (Das sind ja leider eine anhaltend spürbare Reserviertheit typische europäische oder westliche Verhal- der Kollegen gegenüber uns ausländischen tensweisen, die für die koreanischen Studen- Gastdozenten über die gesamte Zeit unseres ten in einer ‚offiziellen— Unterrichtssituation Aufenthaltes erhalten und verstärkte sich so- sehr ungewohnt sind.) Auch nötige fachlichen gar noch. Grundlagen waren nun bekannt, so dass die Wir versuchten durch eine fortwährende Be- inhaltliche Arbeit schneller in Gang kam. reitschaft und Offenheit zur Verständigung Durch einen Kontakt zur Deutschen Botschaft und zum Verstehen des Anderen alle auftre- in Seoul war es uns möglich, mit den Studen- tenden Probleme zu meistern. Mit dieser ten zwei Projekte für die Deutsche Botschaft Grundhaltung konnten meine Kollegin und zu erarbeiten. Die Ergebnisse dieser Projekte ich eine schöne und erlebnisreiche Zeit in erreichten ein vorzeigbares Niveau und wur- Südkorea verleben. Zu der Entscheidung, den von Dezember 2006 bis Februar 2007 im meinen Aufenthalt in Südkorea nach 1² Jah- Foyer der deutschen Botschaft ausgestellt. ren zu beenden, führten die an der Keimyung Durch diese Ergebnisse wird erkennbar, was Universität nicht vorhandene bzw. nicht er- in einer Gruppenarbeit trotz großer sprachli- kennbare Möglichkeit zur fachlichen Weiter- cher und kultureller Verständigungsschwie- entwicklung, der hohe Energieaufwand bei rigkeiten, Zeitproblemen und unterschiedli- der Bewältigung offener Fragen und nicht chen Erfahrungshintergründen erreicht zuletzt persönliche Gründe. werden kann. Abschließend bleibt festzustellen, dass in Südkorea im Bereich des Designs ein sehr Die Erfahrung, an der Keimyung Universität großes Potenzial für die Zusammenarbeit mit zu unterrichten ist eine ganz besondere. Am Deutschland besteht, welches derzeit kaum tiefsten ist mir das Interesse und Engagement erschlossen ist. Eine Verstärkung der Aktivi- der Studenten und ihr Drang nach Neuem, für täten Deutschlands auf diesem Gebiet könnte sie Interessantem in Erinnerung geblieben. auch das Interesse an der deutschen Kultur Viele organisatorische und die Arbeit betref- und Sprache in Südkorea nachhaltig auffri- fenden Fragen waren schwer zu besprechen schen. und manchmal kaum zu lösen. Sie verursach-

66 Deutsche in Korea?! œ Eine Umfrage unter koreanischen Studenten

Kai Rohs

Fast sieben Jahre ist es jetzt her, dass der Student 3: Verfasser aus Deutschland zu einem Vorstel- ‚Seit drei Jahren lebt eine Deutsche in Korea, lungsgespräch an eine koreanische Universität sie ist mit ihrem Ehemann gekommen, der in geladen wurde. Dieses Vorstellungsgespräch Korea arbeitet. Sie wirkt an mehreren Projek- blieb dem Verfasser aus mehreren Gründen in ten mit. Als Kind war sie schon einmal sieben besonderer Erinnerung. Ein Grund dafür war Jahre in Korea, da auch ihr Vater in Seoul auch, dass der damalige Universitätspräsident tätig war. Sie ist der Meinung, dass damals ihn im Laufe des Gespräch fragte, ob er einen der Straßenverkehr in Korea noch nicht so Herrn namens Lee Han-Woo kenne. Auch in chaotisch war. Aus Itaewon ist sie weggezo- den folgenden Jahren wurde der Verfasser gen, da es dort zu viele Ausländer gebe. Sie immer wieder auf diesen Herrn Lee Han-Woo hofft, dass sie noch viele Erfahrungen im angesprochen. Man mag nun fragen, um wen Umgang mit Korea und Koreanern sammeln es sich bei Lee Han-Woo denn handelt. Lee und die koreanische Kultur besser verstehen Han-Woo ist oder war zumindest wohl einer kann.“ der populärsten Deutschen in Korea. Seine Student 4: Popularität, die in allen gesellschaftlichen ‚Ich denke an Michael Geier. Michael Geier Schichten in Korea spürbar ist, resultiert da- ist der ehemalige deutsche Botschafter in her, dass Herr Lee als Deutscher, der perfekt Korea. Er hat gesagt, dass das Ansehen Kore- Koreanisch spricht, in mehreren in Korea so as in Deutschland durch Veranstaltungen zum beliebten Fernsehserien aufgetreten ist. Korea-Jahr gestiegen ist. Außerdem hat er Aber was verbinden koreanische Studenten erklärt, dass er Vorbereitungen treffen wird, heutzutage mit dem Thema ‚Deutsche in um die koreanische Wiedervereinigung aktiv Korea—? Der Verfasser hat zur Erstellung zu unterstützen.“ eines Meinungsbildes zehn seiner Studenten Student 5: ausgewählt, hier sei nun das Ergebnis der ‚Ich kenne eine Deutsche namens Lilian Beh- Umfrage wiedergegeben: rendt, die in einer Show bei KBS aufgetreten Student 1: ist. In dieser Show gab es noch andere Deut- ‚Ich denke an den deutschen Manager eines sche, aber sie hat einen deutschen Vater und Luxushotels an der Südküste Koreas, das im sie hat eine koreanische Mutter. Sie hat ein vergangenen Jahr eröffnet worden ist.“ besonderes Interesse an traditioneller koreani- Student 2: scher Musik.“ ‚In einer Zeitung habe ich von einem Deut- Student 6: schen gelesen, der an einer berühmten Uni- ‚In der Universitätszeitschrift las ich von versität in Seoul die Graduiertenschule be- einem deutschen Gelehrten, der Professor an sucht und seit vier Monaten in Korea lebt. der Universität Hamburg und Vorsitzender Das Leben im Studentenwohnheim war zu- der Europäischen Koreanistenvereinigung ist. nächst sehr anstrengend für ihn, was auch Er ist in Frankfurt geboren und hat viel für die daran lag, dass er beim Betreten seines Zim- Koreanistik getan. Er ist nach Korea gekom- mers seine Schuhe ausziehen musste. Er hatte men, um dort seinen Lebensabend zu verbrin- Mitleid mit seinen Zimmergenossen, die den gen.“ Gestank seiner Füße riechen mussten. Auch Student 7: konnte er sich nicht daran gewöhnen, dass im ‚Ich kenne einen deutschen Regisseur, der an Zimmer mit Vorliebe koreanische Nudeln einer koreanischen Universität Professor für gegessen wurden. Aber mittlerweile fühlt er postmoderne Musik ist.“ sich schon besser, da er mit der koreanischen Kultur vertrauter geworden ist.“

67 Student 8: in Korea haben. An Lee Han-Woo, mit dem ‚Ich habe von einer Deutschen, die Lilian der Verfasser als Deutscher in den letzten Behrendt heißt, gehört, sie ist in einer Fern- Jahren immer wieder konfrontiert wurde, sehshow aufgetreten. Der Vater ist Deutscher, denkt nur noch ein Student, was daran liegen die Mutter ist Koreanerin. Sie ist nach Korea dürfte, dass Lee Han-Woo zur Zeit nicht mehr gekommen, um die Sprache ihrer Mutter zu im Fernsehen auftritt und im schnelllebigen lernen. Sie ist sehr hübsch, daher ist sie be- Korea vieles auch schnell in Vergessenheit kannt in Korea.“ gerät. Trotzdem scheint es kein Zufall zu sein, Student 9: dass zwei Studenten an eine Deutsche denken, ‚Lee Han-Woo ist ein Deutscher, der 1954 die ebenfalls durch Fernsehauftritte auf sich geboren ist. Er heißt eigentlich Bernhard aufmerksam gemacht hat. Denn das Fernse- Quandt, er ist verheiratet und hat zwei Kinder. hen hat einen erheblichen Einfluss auf die Er hat in vielen Fernsehserien mitgespielt.“ Meinungsbildung in Korea. Die Tatsache, Student 10: dass diese Frau das Kind eines deutsch- ‚In der Chosun-Zeit hat der Deutsche Möl- koreanischen Ehepaars ist, scheint das Inte- lendorff in Korea gelebt. Er war der königli- resse der Studenten eher noch zu steigern. che Schatzmeister. Er war beteiligt an den Auch über mangelndes Verständnis der Ge- internationalen Abkommen mit den USA, pflogenheiten des Gastlandes, wie es beim England und Deutschland.“ Interview mit Student 2 deutlich wird, wird offensichtlich mit einem Augenzwinkern hinweggesehen. Dies zeigt, wie offen, tolerant Das Interview zeigt, dass die Studenten ganz und vorurteilslos junge Menschen in Korea verschiedenartige Erfahrungen mit Deutschen heutzutage sind.

68 Forum

Hertz-Schmerz und Schall-Schwall

Korea auditiv

Andrea König

© foto by kwien Kkwaenggwaris

Also, das Ohr ist bekanntlich ein hochkom- bei den Ohren nur versuchen, wegzuhören, sie plexes, ausgeklügeltes Organ, aber eigentlich sich zuzuhalten, Ohrstöpsel reinzustopfen; auch ganz schön drollig. Ich meine zum Bei- aber so richtig hilft das letztendlich alles spiel drollig anzuschauen, zumindest der Teil, nicht. Gott oder Mutter Natur, wird sich was den man sieht. Aber was man nicht sieht dabei gedacht haben, unser Hörorgan unver- (normalerweise), trägt dann so lustige Be- schließbar zu machen; da gibt es biologisch- zeichnungen wie Hammer, Amboss, Steigbü- philosophische Erklärungen, aber ich hätte gel und Schnecke. Da denkt außer Spezialis- auch nichts, worüber ich an dieser Stelle ten und überdurchschnittlich gut Allgemein- schreiben könnte. gebildeten keiner auf Anhieb an ein menschli- Korea. Land der Morgenstille. Ha! In Seoul ches Körperorgan. Nun denn. Das ist gar nicht muss man früh aufstehen, um Stille zu erfah- mein Thema, sondern vielmehr, was an jenes ren. drollige Körperorgan dringt, was an jenes in Auch auf die Gefahr hin, dass einige bis hier- K o r e a dringt. Das sind selbstverständlich hin geneigte Leser nach den nächsten Sätzen teilweise auch woanders in den unendlichen nicht weiterlesen werden, möchte ich mit dem Weiten des Universums gehörte Geräusche, wohl übelsten und von wohl jedem Korea- Töne, Klänge, aber eben zu einem großen Teil Besucher schnell bemerkten œ nennen wir es doch sehr landesspezifische. Dem Einen recht freundlich œ Spucken beginnen, dann möchte man sich stundenlang hingeben, das haben wir das hinter uns. Spucken. Das gibt Andere lässt einen schallend lachen, Vielem es in allen Kulturen und ist ja auch mehr oder kann man sich nicht entziehen œ ob man will weniger als natürlicher Vorgang normal. Ge- oder nicht. Während man die Augen schlie- spuckt haben wir alle schon mal. Nicht grade ßen, sich die Nase zuhalten kann, kann man die feine englische Art, aber manchmal geht

69 es nicht anders. Da ist eigentlich auch nicht anderswo. Wird ja auch jedes zweite Kind soo viel Geräusch. Eigentlich. Aber koreani- zum Klavierunterricht verdonnert. Hat ja sches Spucken! Lassen Sie mich diesen akus- sonst nichts zu tun. Zweiter Punkt: Musikali- tischen Vorgang ein wenig aufdröseln und in sches auf dem Campus. Sicher nicht nur ein drei hörbare Phasen einteilen, die mehr oder typisches Geschehen an meiner Uni: Gruppen weniger stark ausgeprägt nacheinander auftre- von Studenten, die unter Bäumen sitzen oder ten k ö n n e n, jedoch nicht zwangsläufig im Kreis oder anderen Formationen schreiten m ü s s e n, in Korea aber leider oft tun. Da und hüpfen und traditionelle koreanische Per- hätten wir zunächst das Räuspern. Ein wahrer kussion-Instrumente schlagen. Allen voran Euphemismus für diesen schmerzhaften (zu- die Kkwaenggwaris, ein Handgong, der in der mindest für den Hörer) Prozess des Hochho- Form einem Tamburin ähnelt, aber aus Metall lens von allem, was da in Rachen, Lunge, ja, ist, und dann mehrere Janggos, sanduhrförmi- unter den Zehennägeln festsitzt und entsorgt ge Trommeln. Die im Rhythmus immer wie- werden soll und ratternd, krachend, brachial der variierenden Stücke schallen über den hochgeholt wird. Auf offener Straße, auf Toi- Campus, verbreiten ein exotisches Flair, stö- letten, in Parks, in der U-Bahn, in Restau- ren auch nicht, wenn sie durch geöffnete rants, im Wald, alleine, in der Menschenmen- Fenster hereinschweben, wenn man andere ge, egal! Wat mut, dat mut. Ist alles hoch- grad mit Passiven, Dativen oder anderen Iven geholt und ordentlich gesammelt und zurecht- malträtiert. gelegt, muss das natürlich raus. Und es Ein anderer Klangkörper, der eher meditative kommt die zweite hörbare Phase. Nennen wir Ruhe verbreitet, ist eine kleines Schlagin- es Abspucken. (Bor, es ist wirklich eklig! strument aus Bambus oder Holz, das mit ei- Leser? Sind Sie noch da?) Und nach einer nur nem Stöckchen geschlagen wird. Aber es ist Bruchteile von Sekunden währenden Stille eher ein stetes Klopfen, denn Musik. Diesen folgt Phase drei: das nicht weniger unange- fast hypnotisierenden Klang hört man in nehme Geräusch des Aufplatschens des Aus- buddhistischen Tempeln, also auch ab und an gespieenen. Letzteres besonders häufig in beim Wandern, manchmal allerdings nur aus Raucherecken an den Aschenbechern zu hö- der Konserve durch Lautsprecher, wenn man ren. Eigentlich ein Grund, das Rauchen auf- sich einer der in den Bergen versteckten zugeben, aber naja. Tempelanlagen nähert. Um so anziehender ist So, das hätten wir. Ich freue mich, lieber Le- das Klopfen, wenn ein Mönch im dichtesten ser, dass Sie noch da sind. Großstadttreiben am Straßenrand sitzt und das Dem Mark und Bein Erschüttenden möchte Holz schlägt. Wie ein Ticken, ein Tropfen, ich Wohlklingendes folgen lassen, Natürli- nicht im Rhythmus des Herzschlags, sondern ches: Das Zirpen der Zikaden im Herbst. Ich eher dem der Atemfrequenz. hab noch nie eine Zikade gesehen, aber wenn Aber das waren dann auch schon die wohl- man sich einem zischenden, wispernden, ra- tuenden Geräusche. Kommen wir zu den lus- schelnden Baum nähert und das Zirpen plötz- tigen. lich abbricht, um nach einigen Augenblicken Natürlich kann man Toilettentüren verriegeln. erneut schnell anschwellend einzusetzen, das Aber um herauszufinden, ob das Klo besetzt ist immer wieder ein beeindruckendes Klang- ist oder nicht, drückt man hier nicht die Klin- erlebnis. Und die Elstern. Das keckernde Ge- ke oder zieht bzw. drückt am Türknauf, son- räusch der Schwarz-Weißen, die hier ein biss- dern man klopft. Und so die Gestörte (ich chen kleiner sind als ihre europäischen gehe davon aus, auf Männerklos läuft das Verwandten, dafür aber zahlreicher, begleitet ähnlich ab) eine Hand frei hat, wird zurück- einen das ganze Jahr hindurch. geklopft. Sehr drollig! Sitzt man auf dem Klo Stichwort Musik. Nicht die in Konzertsälen, einer öffentlichen Einrichtung und hört im Radio und aus der Konserve, sondern zum jemanden nahen, dann kann man auch dem Beispiel die Klavierklänge, oft auch nur wert, Klopfen entgehen, in dem man sich unauffäl- Klimpern genannt zu werden, aus offenen lig, eindeutig räuspert. Dass ich lange genug Fenstern von Privatwohnungen und Privat- in Korea war, bemerkte ich, als ich bei einer schulen. Die gibt es in Korea viel häufiger als privaten Party in Deutschland den Klopfcheck

70 machte und mich die umstehenden Gäste Uhhhhhhhhhhh, das nach hinten hoch geht. verwundert ansahen. Nachvollziehbar beschrieben? Nicht? Naja, ich bin halt nicht das weibliche Pendant zu Patrick Süßkind, der Gerüche zu versprachli- chen in der Lage ist. Dieser Ton ist aber wirk- lich ohnegleichen. Noch etwas zu Stimmen. Im Koreanischen gibt es diesen kehligen Laut, wenn man etwas betonen will. Er erinnert manchmal leicht an das Geräusch der ersten Spuckphase und läuft damit in meinem westlichen Ohr nicht unter angenehm. Übernommen habe ich allerdings ganz schnell das Zischen, das entsteht, wenn man die Luft zwischen den zusammenge- pressten Zähnen einzieht. Wenn man dabei Besetzt oder frei? In Korea wird geklopft den Kopf noch ein bisschen schief legt, ver- Die Berge und das Wandern fanden am Rande steht jeder, dass man sich gerade etwas schon Erwähnung, dann muss man aber auch Schwierigem oder Unangenehmen gegenü- einen der witzigsten typisch koreanischen bersieht. Töne ansprechen. Es handelt sich um einen Technik. Oh, was gibt es da nicht alles zu dem erfolgreichen Bergbezwinger eigenen hören! Mal abgesehen von allem, was mit Brüller. Jeder in Korea weiß wohl, was jetzt Handys zusammenhängt, also Summen, Sur- kommt. Am Gipfel angekommen, teilt man ren, Vibrieren im Unterricht zum Beispiel der Welt die Freude über das gelungene Un- oder diverse Klingeltöne, die einen in der U- terfangen mit einem laut gebrüllten, lang hin- Bahn erschrecken, ja nerven, wenn der Ange- gezogenen ‚Yaaaaaahooh— mit. Da Wandern klingelte, in tiefen Schlaf verfallen, nicht ran- ein beliebter Sport in Korea ist und wochen- geht; Korea ist ein wahres Piep- und Ding- endein, wochenendaus tausende Großstadt- dong- und Klingelwunderland. Allein in den müde und Gesundheitsbewusste die Wander- öffentlichen Verkehrsmitteln! Da piepen die pfade emporkraxeln, kann dieses Schreien Automaten, wenn man seine Karte entwertet. schon mal nervig werden, zumal von einigen Es fahren U-Bahnen ein mit einem an Bom- auch das Bezwingen von Hügeln und Hügel- benalarm erinnernden I-Uh-I-Uh-I-Uh. Um- chen als Teilerfolg, also mitteilenswert, ange- steigestationen werden mit einer Violinenmu- sehen wird. Noch viel schlimmer aber ist der sik angekündigt. Und auch jedes Drang einiger Wandersleut‘ nach ständiger Türenöffnen- und Schließen und die Abfahrt Informiertheit. Es ist unbeschreiblich unhöf- hat seine Signaltöne. Aber es gibt auch richti- lich, belästigend, haarsträubend, unerhört ge Musik! Beschallte U-Bahnhöfe, ganz nach taktlos und wider die Natur und alles Wan- dem Gustos des Bahnhofvorstehers, vermute dervolk, wenn winzige Kofferradios auf volle, ich. Von Klassik bis Jazz und gern auch kore- schnarrende Lautstärke gestellt am Rucksack anische Popsongs. Das Warten wird je nach baumeln. Jungs, das tut nich Not! Stimmung und Hörvorlieben der Wartenden Bleiben wir jedoch bei Rufen. Ein schwer und der Qualität der Technik versüßt oder zur nachzuahmender, geschweige denn leicht zu akustischen Qual. beschreibender Ruf ist das anerkennende Lautsprecherdurchsagen soll an dieser Stelle Cheering junger Mädchen. Nachzuhören bei ein eigener Absatz gewidmet werden. Es gibt koreanischen Talkshows und Sitcoms, wenn derer so viele, dass ich Gefahr laufe, etwas zu ein toller Typ die Bühne betritt oder was tol- vergessen. les macht oder sagt œ aber auch in Power- Dem U-Bahnfahrgast zur Information wird point-Präsentationen, im Unterricht, wenn ein bei Heranbrausen des Zuges noch schnell auf Foto von dem œ zugegeben attraktiven œ Refe- Koreanisch und Englisch von Band mitgeteilt, renten in dessen Vortrag über eine Europarei- wohin es gehen wird. Des Koreanischen nicht se eingebaut ist. Dann erklingt ein chorales mächtig, kann ich nur das wohlartikulierte

71 Englische zitieren: ‚The train to [in meinem ordinäres Kaugummi-Katschen vielmehr ein Fall allmorgendlich] Bongwhasan is now penetrantes Knacken. Ich habe schon des öfte- arriving.— Gut zu wissen, zumal alle Züge von ren den Wagon gewechselt, wenn eine Adju- diesem Bahnsteig in diese Richtung fahren. ma (warum auch immer sind es meist Frauen Im Zug dann die durchaus hilfreichen Durch- zwischen 35 und 50 Jahren, stark geschminkt sagen über nahende Umsteigemöglichkeiten; und herausgeputzt) sich in meinem Hörum- gleiches im Bus. Wobei es im Bus noch die feld dieser Kauübung hingab und meine bö- praktische Vorankündigung der übernächsten sen Blicke nicht bemerkte, geschweige denn Station gibt, damit man sich rechtzeitig auf zu deuten wusste. In meiner Phantasie stellte den Weg zur Tür machen kann. An die ich mir anfangs medizinische Kaugummis, Schmerzgrenze gehen im Bus allerdings Wer- mit kleinen Testosteron- und Östrogenkügel- bespots (ich glaube zumindest, dass es sich chen vor, die über die Beschwerden des Kli- um Werbung handelt), die mit schriller Musik makteriums hinweghelfen sollen. Inzwischen und unglaublich quietschig-quäkenden Frau- habe ich erfahren, dass es gewöhnliche Kau- enstimmen eine Herausforderung fürs Trom- gummis sind, mit denen geschickt winzige melfell darstellen. Blasen geformt werden, die dann knackend Lautsprecherdurchsagen begegnen einem platzen. Ich habe mich damit abgefunden, weiterhin in Fahrstühlen und können dem dass es Situationen gibt, in denen man seinen Ausländer zum Lernen der Zahlen dienen. In ersehnten Sitzplatz für eine geräuschärmere großen Cafés weiß man zwar dank Durchsa- Umgebung aufgeben muss. Es kann natürlich gen, wer was bestellt hat und dass es jetzt durchaus passieren, dass man dann neben fertig ist und abgeholt werden kann, aber zu einem gelenkknackenden Mitmenschen lan- einer entspannenden Kaffeehausatmosphäre det, der wahlweise Finger, Nacken oder was trägt das nur bedingt bei. Aber noch schockie- sonst noch knacken lässt. Bei mir verursacht render war der Moment, als ich das erste Mal das eisige Rückenschauer. in einem Apartmenthaus zu Besuch war. Spät Unter der Rubrik drollig wiederum läuft das am Abend schallte plötzlich eine krächzende Klackern von Absatzschuhen. Und derer gibt Adjaschi-Stimme durch das Wohnzimmer, es in Korea markant mehr als an allen Orten, dass ich Herzrasen kriegte. Da beruhigte mich auch nicht, dass es nur um irgendeinen falschgeparkten PKW in der Tiefgarage ging. Wahnsinn! Auch kein Hörerlebnis der ange- nehmen Art sind die kleinen Verkaufslaster, die in Endlosschleifen trötend, blechern eine Litanei über das Tagesangebot runterleiern. Allerdings hab ich dadurch auch ein paar Zah- len gelernt. Eine geniale Erfindung hingegen sind die Klingelknöpfe auf den Tischen in Kneipen und Restaurants, mit denen man die Bedie- nung ranrufen kann. Genial aber nur so lange man nicht in der Nähe des Tresens sitzt, wo die Klingeltöne eingehen, denn man möchte an denen ich bisher gewesen bin. Ein Bekann- ja nicht jedes Mal aufmerksam gemacht wer- ter, im Vorfeld zu diesem Beitrag befragt, den, wenn im Lokal noch jemand Nachschub musste verzückt lächelnd sofort an das tau- braucht. sendfache Klick-Klack vor dem bestuften Körpergeräusche. Schmatzen und Schlürfen. Portal einer hiesigen Frauenuni denken. Für Nun gut, der eine findet es äußerst unappetit- viele Männer wahrscheinlich ein Hörparadies, lich, der nächste bemerkt es, aber denkt sich und ich finde es possierlich. Während ich es wohlwollend, dass es dem Nachbarn offen- wiederum als Strafe empfinde, in einen Fahr- sichtlich schmeckt. Aber dann gibt es da die- stuhl mit einer koreanischen Weiberschar ses Katschen. Nein, eigentlich isst es nicht eingeschlossen zu sein. Gefühlte 150 Dezibel

72 auf zwei Quadratmetern. Akustische Klaust- trag, einen Artikel über typisch deutsche rophobie. Wenn es das noch nicht gibt, habe Klänge und Geräusche zu verfassen, sähe ich ich hiermit diesem Leiden einen Namen ge- mich dazu außer Stande. Das Ohr scheint auf geben. In diesen Momenten kann ich mich das Ungewohnte empfindlicher zu reagieren. nur wundern, dass jemals jemand Korea mit dem Wort Stille in Zusammenhang gebracht Und während ich all das in die Tastatur ge- hat. tippt habe, von Zu-Papier-Bringen kann ja Global gedacht sollte ein Geräusch so schnell heutzutage nicht mehr die Rede sein, konnte wie möglich reduziert werden, nämlich das im ich Klangzeuge des am Anfang und am aus- Standgas laufender Motoren. Nirgendwo habe führlichsten beschriebenen Geräuschs werden. ich so oft parkende und oft auch fahrerlose Mehrmals durchbrach es die beflissene Stille. Mopeds und Autos gesehen, nein besser: ge- Sicher drangen noch alle möglichen Geräu- hört. Hallo? Umweltbewusstsein? Dann schon sche vorbeifahrender Autos, schreiender Kin- lieber singende Waschmaschinen, die das der, schwatzender Nachbarinnen durch geöff- Ende des Waschgangs mitteilen oder die gan- nete Fenster, aber nur DAS hat mich immer ze koreanische Kako- und Euphonie, die auf wieder aus der Arbeit gerissen. DAS den letzten Seiten angesprochen worden ist, Geräusch werde ich in Deutschland nicht nonstop. vermissen. Es wäre interessant zu erfahren, was Koreaner in Deutschland hören. Bekäme ich den Auf-

Rezension: Wilfried Ohms, Chimären

Michael Menke

Schauplätze deutschsprachiger Literatur sind Schwartz‘ Verbindung zu Korea ist auf der selten im Ausland angesiedelt, kaum mal in einen Seite seine ehemalige Schülerin In-Hee, Asien und so gut wie nie in Korea. Eine Aus- die früher an der Kunstakademie in Wien nahme bildete der Roman ‚Bastard— von Raul studiert hat. Er hatte schon damals eine Affäre Zelik (besprochen in der DaF-Szene Korea mit ihr und setzt diese nun in Korea fort. Der 20), und nun ist ein weiteres Buch dazuge- zweite Grund, warum er sich hier aufhält, ist kommen, dessen Handlung sich im Land der seine Frau Alexandra, die als Gastdozentin an Morgenstille abspielt: ‚Chimären— von dem einer Universität tätig ist (ja, richtig, sie unter- österreichischen Autor und Orientalis- richtet Deutsch!). Der dritte und wichtigste ten/Koreanisten Wilfried Ohms. Anlass für seinen Aufenthalt ist aber, dass er im Auftrag eines römischen Kunsthändlers einen koreanischen Krug aus dem 16. Jahr- Held der Geschichte ist der Künstler hundert fälschen soll. Schwartz. Er hat sich lange nahezu vergeblich Schwartz hat eine Tochter namens Esther, die darum bemüht, seinen eigenen Kunststil zu die Deutsche Schule in Seoul besucht und finden, dafür aber eine große Perfektion im sich in einen jungen Koreaner verliebt, und Fälschen anderer Künstler erreicht und damit ansonsten bietet der Text auch noch weitere einen ‚Secondhand-Ruhm— erworben. Man erotische Wahlverwandtschaften an: Schwartz könnte sagen, dass er vielleicht gerade des- mit In-Hee, seine Frau mit einer Zufallsbe- wegen ein so guter Fälscher ist, weil er keinen kanntschaft in der U-Bahn und später dann eigenen Stil hat, und er büßt mit jeder weite- mit einer Kollegin von der Universität. ren Fälschung mehr von seiner eigenen Krea- Dem koreakundigen Leser zeigt der Text etli- tivität ein. che bekannte Facetten aus diesem Land. Scheinbar wirkliche Personen und Plätze

73 kommen vor, wobei wir natürlich immer dar- Leute Gazemasken vor dem Gesicht, um sich an erinnert werden müssen, dass der Text vor dem täglich dichter werdenden Smog zu Fiktion ist. Mit der Frau des französischen schützen ...—. Weitere bekannte Bilder sind Kulturattaches hatte sie sich gut verstanden, der korrupte koreanische Polizeibeamte, der der neue Leiter des Goetheinstituts schien ein Schwartz am Ende überführt und ihn für sich kompetenter Mann zu sein, der österreichi- arbeiten lässt, oder die koreanische Gattin sche Handelsdelegierte war wie üblich sturz- eines arbeitssüchtigen Börsenmaklers, die in betrunken gewesen. Und gerade die Ortsbe- einem der Neureichenviertel im Süden schreibungen geraten manchmal so wohnt, sich scheinbar dort langweilt und dar- realistisch, dass man geneigt ist, diese Wirk- um einen Liebhaber hat. Aber andersherum lichkeit auf die Handlung zu übertragen. Ent- gefragt: Sind das alles wirklich nur Kli- lang des Han Flusses, in Myongdong, der schees? belebtesten Einkaufsgegend von Downtown, Wie schon angedeutet, der Betrüger Schwartz und in beinahe jedem anderen Viertel gab es begeht einen Fehler nach dem anderen, fliegt abseits der Hauptstraße kleine Gassen mit am Ende auf, und auch so ziemlich alles ande- verschwiegenen Bars, winzigen Restaurants re geht bei seinem Aufenthalt in Korea schief. und diskreten Stundenhotels, so genannte Das führt aber nicht zu seiner Läuterung, son- Yogwans, die von außen kaum als solche zu dern zu dem Entschluss, heim nach Österreich erkennen waren. Aber auch gewisse Stereoty- zu gehen und sich dort an die Fälschung von pen, die man eigentlich auf ganz Ost-Asien Spitzwegs Werken zu machen. anwenden könnte, fehlen nicht. Das Bild der heißen und schlechten Luft zieht sich durch ‚Chimären— ist kein langer Roman, eher eine die Handlung, das den Schauplatz Korea eher Erzählung über 150 Seiten, die sich aber sehr in Nachbarschaft mit anderen tropischen süd- gut und flott liest. Im hektischen und schnell- ost-asiatischen Ländern bringt: ‚Über der lebigen Korea braucht man dafür vielleicht Stadt lag eine bleierne Hitze, die sich auch einen Tag. nachts nicht abschwächte, und die Menschen mürrisch und träge machte. In den ärmeren Wilfried Ohm, Chimären Vierteln kam es immer wieder zum Stromaus- Leykam-Verlag Graz 2007 fall, weil die Ventilatoren und Kühlgeräte das ISBN 978-3-7011-7574-1 Netz überlasteten. In der City trugen viele 18,40 Euro

Rezension: Mittelpunkt B2

Andrea König

Mit Mittelpunkt B2 vom Klett-Verlag wird die tung auf die neue Prüfung ‚Goethe-Zertifikat Lehrwerkszene um ein sehr gutes Arbeitsmit- B2— (vom Goethe-Institut) und die Prüfung tel bereichert. Die Autorengruppe hat ein äu- ‚Zertifikat Deutsch Plus— (von TELC œ The ßerst gelungenes Lehrbuch entwickelt, das auf European Language Certificates). dieser Niveaustufe einen informativen, ab- Gleich zu Beginn: eine der Stärken ist die wechslungsreichen und œ im wahrsten Sinne Viel- und Sorgfalt, mit der sich das Buch der des Wortes œ beredten Unterricht verspricht. Entwicklung der Sprechfertigkeit der Lerner Zielgruppe sind junge Erwachsene. Das widmet. Es gibt auf jeder Seite ansprechende Lehrwerk ist für den DaZ- und DaF- Übungen, die neben einem umfangreichen Unterricht gleichermaßen geeignet. Repertoire an hilfreichen und lebensnahen, als Mittelpunkt B2 orientiert sich konsequent an auch anspruchsvollen Redemitteln nicht nur den Kannbestimmungen des Europäischen die Ausdrucksfähigkeit der Lerner verbessern Referenzrahmens und integriert die Vorberei- werden, sondern auch viele Denkanregungen

74 geben. Den Sprechübungen stehen die sehr Verfassens der Rezension lag der Autorin nur guten Hörtexte in nichts nach. Die gewissen- das Lehrbuch nebst Audio-CDs vor, die wei- haft ausgewählten und ansprechend präsen- terführenden Übungen im Arbeitsbuch konn- tierten Hör- und Lesetexte bieten ein hohes ten somit in die Kritik nicht einfließen.) Dabei Maß an landeskundlichen Informationen, sind folgen der selbständigen Regelfindung ver- aber darüber hinaus allgemein- und wertebil- ständliche Erklärungen, Übungen und Lern- dend; die Beiträge sind von erfrischender hilfen. Als Beispiel für Letzteres sei die Lern- Aktualität und Authentizität. Sehr gut werden formel ‚tekamolo— genannt (S.27), um sich deutsche Mentalitäten und Denkweisen ver- die Reihenfolge der Angaben im Satzmittel- mittelt. Auf 182 Seiten gibt es in zwölf Lekti- feld einzuprägen: temporal-kausal-modal- onen so viel zu erfahren und zu lernen, dass lokal. Eine dreißig Seiten umfassende Refe- schon das Stöbern im Buch Lust auf die Ar- renzgrammatik findet sich am Ende des Lehr- beit mit diesem Lehrwerk macht. buchs. Das Layout ist zwar mehrfarbig, wirkt auf den Positiv fallen die abwechslungsreichen, inter- ersten Blick trotzdem eher nüchtern, förmlich aktiven Übungsformen auf. Kaum eine Dop- und vielleicht sogar überfrachtet, stellt sich pelseite, auf der nicht Angebote für Partner- aber bei näherer Betrachtung schnell als funk- oder Kleingruppenarbeit gemacht werden, sei tional und übersichtlich heraus. Bebilderung es durch Aufforderungen zur Zusammenarbeit und Illustrierung sind zurückhaltend und fal- oder zum Austausch über selbst Erarbeitetes. len im Vergleich mit anderen Lehrwerken fast Rollenspiel, Präsentation, Diskussionsrunde, spärlich aus, sind aber von hoher Qualität und Interview œ das Spektrum ist breit. Dabei sind Aussagekraft und entbehren nicht eines ge- die Sprechanlässe durchweg motivierend und wissen Charmes. werden durch das umfangreiche Angebot an Ein Blick ins umfangreiche Inhaltsverzeich- Redemitteln begleitet. nis, vier eng bedruckte Seiten, zeigt Lernziele, Auch werden kreative Vorschläge für die Kannbeschreibungen und Sprachhandlungen Arbeit im Klassenraum, also die Ausgestal- der zwölf Lektionen. Jede Lektion besteht aus tung desselben gemacht. sechs Doppelseiten. Die für die jeweilige Lek- Eine große Bandbreite findet sich bei den tion gesetzten Lernziele stehen zunächst noch Textsorten. Zeitungsbericht, E-Mail, Apho- einmal ausführlich auf der ersten Doppelseite rismus, Sprichwort, Zeitungsannonce, Werbe- der Lektion, als auch klein gedruckt am obe- text und diverse Briefformen, aber auch Ge- ren Rand der rechten Seiten. dichte. Letztere sonst oft von Lernenden als Die Einteilung in sechs Doppelseiten pro Lek- auch Lehrenden als schwierig eingestufte tion mag eine gewisse Vorhersagbarkeit und Textsorte kommt hier in einer sehr schönen, Eintönigkeit vermuten lassen, dem ist aber angemessenen Auswahl und wird methodisch nicht so, da Umfang, Anordnung und Aufga- gut aufbereitet. benstellungen der Übungen variieren. Im Lehrbuch kommen auch kreative, auflo- Das Themenspektrum deckt Gängiges ab, wie ckernde Spiele und Quiz nicht zu kurz. Reisen, Arbeit allgemein als auch Arbeiten Hervorzuheben sind des Weiteren Tipps zum international, Natur und Umwelt, Gefühle, Lernen und zu Lerntechniken, die zu Selbstre- Nachbarschaft, Globalisierung, aber die Auto- flexion anregen und die Lernerautonomie ren haben sich neugierig machende, originelle fördern. Kapitelüberschriften für jede Doppelseite Einziger Kritikpunkt betrifft die im Vorwort einfallen lassen und viele neue Aspekte und versprochene Vorbereitung auf die Ansatzpunkte gefunden. B2-Prüfungen von Goethe-Institut und TELC. Bei der Grammatikarbeit wird sich unter dem Mit lediglich neun über das Lehrwerk (einzigen immer wiederkehrenden) Übungsti- verstreuten Übungen für das ‚Goethe- tel ‚ Sprache im Mittelpunkt: ...— pro Lektion Zertifikat B2— und gar nur sechs für ‚Zertifi- im Schnitt drei grammatischen Phänomenen kat Deutsch Plus— und zwei Übungen, die gewidmet. Bereits Gelerntes wird kurz in beide Prüfungen betreffen, erhalten weder Erinnerung gerufen und dann teilweise sehr potenzielle Prüflinge noch die Lehrkraft ge- umfangreich ausgebaut. (Zum Zeitpunkt des nügend Einblick in die gesamte Prüfung.

75 Mittelpunkt B2 wird sicher auf das Sprachni- veau B2 führen, aber als Prüfungsvorberei- Daniels, Albert; Estermann, Christian; Köhl- tung dürfte es nur bedingt geeignet sein. Kuhn, Renate; Sander, Ilse; Butler, Ellen; Aber zusammengefasst lässt sich Mittelpunkt Tallowitz, Ulrike B2 wirklich empfehlen. Der Klett-Verlag hat Mittelpunkt B2: Deutsch als Fremdsprache damit sein erstes und ein sehr gutes Lehrwerk für Fortgeschrittene. Ernst Klett Sprachen, für den DaF-Mittelstufenbereich herausge- 2007. bracht. Mit Herz und Verstand erarbeitet, (Lehrbuch: ISBN 978-3-12-676600-5, betritt das Lehrwerk die Bühne, braucht 3 Audio-CDs: ISBN 978-3-12-676606-7) keinen Vergleich scheuen und wird hoffent- lich viel Beifall finden.

Tagungsbericht: 11. Internationales Symposium der KGDaF ‚Deutsch als Zweitsprache. Neuere Ansätze in Theorie und Praxis— (6. - 7. 4. 2007, Kyungsung/Universität Busan)

Marcus Stein

Der Titel des diesjährigen Internationalen Fremdsprache und Zweitsprache entweder Symposiums der KGDaF hatte im Vorfeld aus-tauschbar verwendet werden oder aber eine gewisse Verwirrung gestiftet: In der der Begriff Zweitsprache als Oberbegriff gilt. fremdsprachendidaktischen Szene sowie im sich mit ihr partiell überschneidenden Umfeld Dennoch drückte sich im Tagungstitel der Sprachlehr- und -lernforschung wird ja natürlich eine Ausrichtung vieler Beiträge, unter dem Begriff ‚Deutsch als Zweitsprache— insbesondere der zentralen Beiträge des in der Regel ein Erwerbskontext verstanden, Tagungsleiters selbst aus, die deutlich über der im Wesentlichen bestimmt ist von ‚unge- das hinauswies, was in fremdsprachen- steuerten—, also nicht unterrichtlich didaktischen Kreisen üblicherweise diskutiert organisierten Formen der Aneignung einer wird: Der einleitende Vortrag Zweitsprachen- Nicht-Erstsprache. Aus dieser Sicht stellte erwerb œ Sein und Schein (Rainer Dietrich, sich daher folgerichtig die Frage, welchen Mitarbeit: Friederike Niedthner, cand. Phil.) Sinn eine Tagung mit dieser umriss œ dankenswerterweise in auch für Schwerpunktsetzung in einem Land haben Nicht-Psycholinguisten gut verständlicher sollte, in dem der Erwerb deutscher Weise zunächst die beiden grundlegenden Sprachkenntnisse außerhalb des Unterrichts theoretischen Ansätze zur Erklärung des so gut wie bedeutungslos ist. Psy- ·Zweitsprachen‘-Erwerbsverlaufs: Während cholinguistische Ansätze œ und der Leiter des funktiona-listische Ansätze davon ausgehen, diesjährigen KGDaF-Symposiums, Prof. Dr. dass der Erwerbsprozess vor allem durch die Rainer Dietrich (HU Berlin), ist zu den pro- in sozialen Handlungskontexten entstehenden minenten Vertretern eines solchen im deut- und sich mit fortschreitendem Erwerb weiter schen Sprachraum zu zählen œ unterscheiden ausdifferenzierenden Ausdrucksbedürfnisse jedoch demgegenüber weniger prinzipiell vorangetrieben wird, postulieren insbesondere zwischen gesteuerten und ungesteuerten Er- die im Rahmen generativer Ansätze werbskontexten. Aus dieser Perspektive bildet Chomskyscher Prägung entwickelten univer- der Fremdsprachenunterricht eher einen von salgrammatischen Ansätze ein angeborenes vielen möglichen variablen Faktoren, die den sprachbezogenes (universal-grammatisches) Fortgang des Erwerbs einer Nicht-Erstsprache Wissen, das den Erwerbsverlauf in wesentli- beeinflussen, so dass hier die Begriffe 76 chen Punkten vorherbestimmt. Dementspre- zen im Deutschen als Zweitsprache und Mor- chend bildet die Frage, ob und in welcher phologische Verarbeitung im Deutschen als Weise ein solches Wissen welche Aspekte des Zweitsprache). Dietrich erörterte in einem Erwerbs einer zweiten Sprache experimentell Überblick über die letzten 15 Jahre psycho- nachweisbar beeinflusst, ein zentrales Thema linguistischer Forschung zum Zweitsprachen- psycholinguistischer Forschung. Wenn auch erwerb u.a. die ineinandergreifenden Konzep- (vor allem methodische Details) solcher te der Interimsprache (interlanguage), der Experimente für den Sprachdidaktiker oft nur universalen Erwerbsprinzipien und der schwer durchschaubar sind, gilt œ so Dietrich Erwerbsreihenfolge. Sie beziehen sich auf die - für die Ergebnisse eher das Gegenteil. Er Tatsache, dass der Erwerb von Sprachkompe- widmete daher den zweiten Teil seines Vor- tenzen in der Zweit-/Fremdsprache universa- trages der Darstellung eines Experiments, len Prinzipien folgt, so dass sich grob dessen Resultate u. a. darauf hinweisen, dass bestimmte Erwerbsphasen unterscheiden las- (a) Zweitsprachenlerner anders als Erstspra- sen, die durch die Art der strukturellen Orga- chen-Lerner bestimmte syntaktische Regeln nisation der für sie typischen sprachlichen (Stellung des finiten Verbs) erst deutlich nach Äußerungen (anders gesagt: durch eine je dem Erwerb der Verbflexion beherrschen, eigene, relativ autonome lernersprachliche nämlich auf dem Niveau der früheren Mittel- Grammatik) charakterisierbar sind. Die An- stufe und (b) der Erwerb dieser Regeln durch eignung bestimmter struktureller Regelhaftig- universalgrammatisches Wissen gesteuert sein keiten in der Zielsprache setzt die Beherr- könnte. In der Tat können solche Ergebnisse schung bestimmter anderer voraus, so dass von der Sprachdidaktik nicht gut ignoriert sich relativ feste Reihenfolgen des schrittwei- werden. Insofern lieferte dieses einleitende sen Erwerbs je einzelner Strukturbereiche Referat eine plausible Legitimation für den beschreiben lassen, die durch äußere Faktoren thematischen Schwerpunkt der Tagung und (auch durch den Fremdsprachenunterricht) überzeugte durchaus als Plädoyer für eine nicht grundsätzlich veränderbar ist. Äußere engere Zusammenarbeit von Zweitsprachen- Faktoren (und Fremdsprachenunterricht) wir- erwerbsforschung und Fremdsprachendidak- ken vielmehr im positiven Falle beschleuni- tik. Die Frage allerdings, welche Antwort die gend, im negativen Falle verlangsamend oder Didaktik auf Ergebnisse psycholinguistischer gar verhindernd. Allerdings sind auch hier Forschung zu geben hätte, wird ihr von der mögliche didaktische Schlussfolgerungen Psycholinguistik aber nicht abgenommen. alles andere als eindeutig: Klar ist allenfalls, Das Symposium litt insgesamt unter einem zu dass man (bei spontaner Produktion) die (an- umfangreichen und thematisch sehr in die nähernd) fehlerlose Beherrschung bestimmter Breite gehenden Programm: Die verhältnis- Regelhaftigkeiten auf einem bestimmten mäßig zahlreichen Beiträge können hier daher Sprachniveau nicht erwarten darf (s. o. das auch zumeist nur flüchtig gewürdigt werden. Beispiel zur Verbstellung). Ob man daraus Grob ordnen lassen sie sich in vier Themen- den Schluss ziehen sollte, entsprechende Re- kreise: 1. Kognitive Grundlagen und Prozesse geln unterhalb dieses Niveaus gar nicht zu des Zweit-/Fremdsprachenerwerbs 2. Inhalte behandeln oder z. B. nur für den Einsatz bei des DaF-Unterrichts 3. Lehr-/ Lernverfahren nicht-spontaner (schriftlicher) Sprachverwen- und œmittel 4. Bewertung und Beurteilung dung und ob sich durch letzteres der Erwerbs- von Lehr-/Lernprozessen. verlauf beschleunigen lässt, ist empirisch nicht geklärt und wird solange ungeklärt blei- Mit den kognitiven Grundlagen und Prozes- ben, wie die Didaktik sich damit begnügt, ihre sen des Fremd-/Zweitspracherwerbs beschäf- Entscheidungen auf methodisch wenig kon- tigten sich neben dem einleitenden Referat ein trollierbar zusammengetragenes Erfahrungs- weiterer Beitrag von Rainer Dietrich (Ent- wissen und mehr oder weniger ideologische wicklungen in der empirischen Untersuchung Postulate zu gründen. Der Appell, die Aus- des Zweitspracherwerbs) sowie zwei Referate wirkungen methodischer Vorgehensweisen im von Myung-Won Choi, Upyong Hong und Fremdsprachenunterricht auf der Grundlage Yu-Sun Nam (Zur Anbindung von Relativsät- wissenschaftlicher Standards empirischer

77 Forschung zu untersuchen, um didaktische namen im Deutschen œ unter besonderer Be- Entscheidungen besser begründen zu können, rücksichtigung einer Lerner-Lexikographie), bildete denn auch ein latentes Leitmotiv vieler weiter von Elisabeth Piirainen, Universität Diskussionsbeiträge Dietrichs zu weiteren Münster, (Wortspiel in der Phraseologie des Beiträgen des Symposiums. Deutschen) sowie von Ilpo Tapani Piirainen, ebenfalls Universität Münster, (Usus und Die von Choi, Hong und Nam vorgestellte Norm: Die deutsche Rechtschreibung als Ge- Studie zur morphologischen Verarbeitung bot genstand von Reformen). Hirataka zeigte an- ebenfalls Anknüpfungspunkte für die Sprach- hand einer Fragebogenuntersuchung mit japa- didaktik: Sie bestätigte Ergebnisse anderer nischen Gaststudenten in Deutschland, wie Studien, dass die Verarbeitung morphologisch sich empirische Daten zu Kontaktsituationen komplexer Wörter durch ·Zweitsprachenler- (aufgegliedert nach Domänen und Schauplät- ner‘ nur bei semantisch transparenten und zen, Kommunikationstypen, Themen und formal regelmäßigen Bildungen auf ent- Inhalten) bei der Planung und Erstellung von sprechende mentale ·Regeln‘ zurückgreift, Lehrwerken umsetzen lassen und welche während unregelmäßige und intransparente Probleme sich dabei stellen. Jeongs Referat Bildungen holistisch gespeichert und abgeru- führte systematisch in die Typologie von fen werden. Damit stellt sich aus didaktischer Phrasemen ein, um dann zu zeigen, für wie Sicht zum Beispiel die Frage, inwieweit und wenig hilfreich sich die Bedeutungs- und auf welche Weise sich der Fremdsprachenun- Verwendungsangaben in gängigen phraseolo- terricht bei der Behandlung morphologisch gischen Nachschlagewerken für nicht- komplexer Wörter/Wortformen und den Re- erstsprachliche Lerner des Deutschen darstel- geln ihrer Bildung an diesem Befund orientie- len. Auch Elisabeth Piirainen hob die große ren sollte. Bedeutung zumindest rezeptiver phraseologi- scher Kenntnisse für fortgeschrittene DaF- Ein Workshop zu Methoden der Zweitsprach- Lerner hervor, zumal spontane ebenso wie erwerbsforschung, der für die letzte Sitzung usualisierte Wortspiele auf der Basis von der Tagung angesetzt war und der vielleicht Phraseologismen ein überaus frequentes Phä- hätte deutlicher machen können, wie die Psy- nomen besonders in journalistischen Texten cholinguistik des Zweit-/ Fremdsprachener- darstellen. werbs und die Unterrichtspraxis bzw. deren Dem Themenkomplex Lehr-/ Lernverfahren Erforschung sich gegenseitig befruchten und œmittel widmeten sich u. a. der Beitrag könnten, musste leider ausfallen, da das ge- von Jianhua Zhu, Dongji-Universität, (Ent- drängte Programm, das für jedes Referat nur wicklung der komplexen Sprachfertigkeiten 30 Minuten einschließlich Diskussion vorsah, durch kulturorientierte Lehrwerksentwick- unvermeidlich zu zeitlichen Verzögerungen lung), in dem ein neues chinesisches DaF- führte. So blieb wohl gerade für die Teilneh- Lehrwerk (‚Klick auf Deutsch—) vorgestellt mer, die der Psycholinguistik weniger nahe wurde, das aktuelle didaktische Konzepte wie standen, die Frage im Vagen, wie gewinn- Interkulturalität und Handlungsorientierung in bringend sich die mühsame Auseinanderset- adäquater Form für die regionale Lehr- zung mit der psycholinguistischen Zweit- /Lernsituation an chinesischen Hochschulen spracherwerbsforschung für den umzusetzen versucht. Dieser Versuch verdient Unterrichtspraktiker am Ende darstellt. aus der Perspektive der DaF-Szene in Korea insofern besondere Beachtung, als hierzulan- Im weiteren Verlauf des Symposiums wurden de solche Konzeptionen bisher kaum prägen- Fragen der Auswahl, Organisation und/oder den Einfluss auf die Lehrwerksgestaltung Aufbereitung des Lernstoffs behandelt von gewonnen haben. Weitere Beiträge zu Lehr- Fumiya Hirakata, Keio-Universität, (Kontakt- /Lernverfahren und œmitteln lieferten Kai situationen japanischer DaF-Lerner in Rohs, Hanshin-Universität, (Auswirkungen Deutschland œ Schlussfolgerungen für den der Erkenntnisse der Tertiärsprachenfor- Unterricht), von Su-Jeong Jeong, Seoul Nati- schung auf die Gestaltung von DaF- onaluniversität, (Phraseolexeme mit Eigen- Lehrwerken), Chae Yon-Suk, Kyungbook

78 Nationaluniversität, (Zur Theorie und Praxis behutsamer Heranführung an die notwendigen multimedialer Vermittlung von Filmen im Arbeitsweisen œ nicht nur machbar, sondern Deutschunterricht œ Ein Unterrichtsmodell vor allem außerordentlich gewinnbringend. anhand des Spielfilms ‚Pünktchen und An- Marcus Stein, Chung-Ang-Universität, (Der ton— nach einem Roman Erich Kästners), Sprachtest Deutsch im Rahmen der zentralen Reinhold Rauh, Chosun-Universität, (Die Universitätszugangsprüfung: Überlegungen Relevanz der Kombination von Sprache und zu Funktion, Wirkung und Alternative ) wies filmischem Bild für den Fremdsprachenunter- in seiner Analyse der Testaufgaben des im richt) und Holger Steidele, Sungshin-Frauen- Referatstitel genannten Sprachtestes auf gra- Universität (Ent-deckendes Lernen und ler- vierende Schwachstellen hin und plädierte œ nendes Lehren mittels ‚Werbung— im DaF- v. a. im Hinblick auf erwartbare positive Unterricht). Auswirkungen auf den Deutschunterricht an Zwei Beiträge, die sich mit Fragen der Beur- den Allgemeinen Oberschulen für eine teilung und Bewertung von erworbenen Abschaffung des Testes in seiner bisherigen Fremdsprachenkenntnissen beschäftigten, Gestalt. rundeten das breite thematische Spektrum des Symposiums ab: Martin Praxenthaler, Pusan In der von Rainer Dietrich geleiteten Ab- Nationaluniversität, (Ein Sprachenportfolio schlussdiskussion des Symposiums wurde für Korea?!) stellte das im Zusammenhang noch einmal deutlich, dass das dichtgedräng- mit dem Gemeinsamen Europäischen Refe- te, thematisch heterogene und in manchen renzrahmen entwickelte Sprachenportfolio Teilen für eine Reihe von Teilnehmern nicht vor, das sowohl als ein Instrument der Doku- unmittelbar als DaF-relevant wahrgenomme- mentation von erworbenen Fremdsprachen- ne Programm zu deutlicher Erschöpfung bei kenntnissen als auch als eines der (lernerauto- vielen geführt hatte. Die Organisatoren zu- nomen) Selbstkontrolle und Selbststeuerung künftiger KGDaF-Symposien wären gut bera- von Fremdsprachenlernprozessen anzusehen ten, für deutliche Entzerrung der verschiede- ist. Besonders unter letzterem Aspekt sei der nen Bereiche und eine klarere Konzentration Einsatz des Portfolios auch in Korea œ bei auf bestimmte Schwerpunkte zu sorgen.

Buchhinweis

Süd-Korea: Bildung und Begegnung aus dem Inhalt: Martha Friedenthal-Haase / Wolfgang Mitter Martha Friedenthal-Haase / Wolfgang Mitten (Herausgeber) Süd-Korea: Bildung und Begegnung. Einleitung Bildung und Erziehung, Heft 1/2007 zu diesem Heft Böhlau-Verlag Köln In-tahk Oh / Jai jeong Choi Süd-Korea hat in den letzten fünfzig Jahren einen Rezeption und Transformation der "deutschen glanzvollen Aufstieg in Wirtschaft, Wissenschaft Pädagogik" in Korea und Technologie vollzogen und sich schließlich Kyu Hwan Lee als eine international anerkannte prosperierende Changing higher Education Reform Policy in Demokratie etablieren können. Welchen Anteil and the Idea of the Universität haben nun Erziehung, Lernen und Bildung an diesen Erfolgen? Die Beiträge dieses Heftes von Yong-min Song "Bildung und Erziehung", verfasst von südkorea- Die Lehrerausbildung in Korea im Vergleich mit nischen Erziehungswissenschaftlern, die zugleich Deutschland auch mit dem deutschen Bildungswesen durch langjährige Forschungen vertraut sind, bieten Ok-bun Lee eine Bestandsaufnahme zu wichtigen Aspekten Die Entwicklung der lebensbegleitenden Bildung eines bemerkenswert leistungsfähigen asiatischen in Korea Bildungssystems. Dabei fließt ihre interkulturelle koreanisch-deutsche Erfahrung teils direkt, teils Sang-o Lee indirekt in die Darstellungen ein. Städtische Erwachsenenbildung in Südkorea in vergleichender Sicht 79 Autorenverzeichnis

Mathias Adelhoefer: studierte Deutsch und Englisch an der TU Berlin und an der University of Exeter, England; war 1992 Lektor an der Gyeongsang National University, Chinju, und von 1993 bis 1996 an der Hankuk University of Foreign Studies, Seoul; Honorarlehrer am Goethe-Institut Seoul (1994-96); seit 1998 Sprachlehrer am Goethe-Institut Berlin; 2003 bis 2004 Leiter der Spracharbeit am Goethe-Institut Osaka.

Benjamin Barthold: Diplom-Handelslehrer; Studium der Volkswirtschaftslehre an der Uni- versität Freiburg i. Br. und der Wirtschaftspädagogik, inkl. Germanistik, an der Universität Magdeburg. Dort auch Zusatzstudium DaF. Für das Jahr 2007 als DAAD-Sprachassistent am ·Department for German Language and Literature‘ der Yonsei-Universität (Seoul) tätig.

Birke Dockhorn: Studium: Koreanistik, Anglistik, Germanistische Linguistik und DaF an der Humboldt-Universität Berlin, 2001-2004 Mitarbeiterin am Institut für Koreanistik in Tü- bingen und am Lehrstuhl DaF in Augsburg. Seit September 2004 Lektorin an der Hankuk University of Foreign Studies in Seoul. Interessengebiete: DaF, Hochschuldidaktik, Interkul- turelle Kommunikation, Esperanto.

Lars Hartwig kam im Jahr 1999 nach Korea und arbeitete zunächst als freier Lektor an der Youngsan University in Yangsan. Bis zum Februar 2007 unterrichtete er an den Abteilungen Deutsch und European Area Studies der Pusan University of Foreign Studies. In dieser Zeit war er einer der Initiatoren und Organisatoren des Busaner Maifestes. Er ist verheiratet mit einer Koreanerin und hat zwei Söhne.

Andrea König: geb. 1970, Halberstadt, ostdeutsche Laufbahn bis zum Abitur 1989, Magis- terstudium DaF / Anglistik / Skandinavistik an der Ernst-Moritz-Arndt-Uni Greifswald von 1997-2003, seit Sept. 2004 Deutschlektorin an der Korea Uni Seoul.

Thomas Kuklinski-Rhee: wohnhaft in Yongin, Gyeonggi-do. M.A. in Philosophie, derzeit Doktorand in Sportgeschichte an der Korea National Sport University im Olympic Park, Seoul. Arbeitgeber: Gyeonggi-Universität, Suwon; German School of Music Weimar, Kangnam-Universität, Yongin.

Guido Lindner: Friedrich-Schiller-Universität Jena, Diplom-Psychologiestudium und Privat- ausbildung zum Verhaltenstrainer. Freiberuflicher Trainer u.a. an der IHK Erfurt und an der Polizeiakademie Meiningen im Bereich Führungslehre. Auslandsaufenthalte in der Schweiz und Australien. Dort u.a. Beschäftigung mit Koreanistik, Ethnographie und Salsa. Lernte dort auch die ‚No-worry-Kultur— der Australier zu schätzen, die ihm hier in Korea schon oft ge- holfen hat, gelassen über Unwägbarkeiten hinwegzusehen. Deutschlehrer an der Seongnam Fremdsprachen-Oberschule

Michael Menke: University of Incheon, Studium der Germanistik, Publizistik und Musikwis- senschaften in Göttingen, Berlin und Wien. Bis 1991 Journalist. Arbeits- und Interessensge- biet: Gegenwartsmusik, Verhältnis Musik und Sprache.

Martin Praxenthaler, Dr.: Studium der Romanischen Philologie, des DaF und der Politik- wissenschaft in München, Promotion in Germanistik an der Universität Duisburg. Frühere Tätigkeiten für Fachzeitschriften, seit 2003 Sprachdozent bei den "Deutschkursen für Auslän-

80 der bei der Universität München". Seit März 2006 beurlaubt zur Wahrnehmung eines DAAD- Lektorats an der Pusan National University. Schwerpunkte: Sprach(en)- und Kulturpolitik, DaF

Erik Richter: Pfarrer, Priester des Erzbistums Paderborn. Studien in Paderborn und München. Zum Priester geweiht 1991 in Paderborn. Seit 2001 Pfarrer an der Deutschsprachigen Katho- lischen Gemeinde Seoul. Daneben Deutsch-Unterricht am Katholischen Priesterseminar und an der Katholischen Universität in Seoul.

Kai Rohs: Studium der Rechtswissenschaft (Tübingen), Koreanistik (Bochum), Zusatzstudi- um "Deutsch als Fremdsprache" (Bochum). Von 2000-2004 Lektor an der Soongsil-Uni, zur Zeit Lektor für DaF an der Sogang-Uni, Dongduk-Frauenuni und am Sprachforum Humboldt- Zentrum für Deutsche Sprache und Kultur- in Seoul.

Lydia Schneeberger: seit 2002 an der Myung-Duk Foreign Language High School, Seoul. Lehramtsstudium für Italienisch und Geschichte an den Universitäten Wien, Bologna und Macerata (Italien). 1996-1998 Deutschlehrerin in Italien, danach Deutsch- und Italienischleh- rerin in Wien.

Marcus Stein: Studium Allgemeine Linguistik, Soziologie, DaF und Philosophie in Bielefeld, Arbeitsplatz: seit 10 Jahren Chungang-Univ. Seoul, Forschungsgebiete: Didaktik und Metho- dik des DaF-Unterrichts, insbesondere Lehrmaterialentwicklung, psycholinguistische Grund- lagen des Fremdsprachenerwerbs, Gesprächsanalyse, Phonetik/Phonologie, Kulturanthropo- logie, Ethnographie.

Heinz Wagner ist dem internationalen Schiffbau seit 1959 nach einer Berufsausbildung auf einer Werft, einem Ingenieursstudium und der Seefahrt verbunden. Seit dem Jahr 2005 ist er auch als Gastprofessor an der Korea Maritime University tätig. Er ist in zweiter Ehe mit einer Koreanerin verheiratet.

81 Impressum

Herausgeber: Freundes- und Arbeitskreis der Lektoren-Vereinigung Korea (FALK e.V.) Postanschrift: Dr. Reinhold Arnoldi / Prinzregentenstr. 7 / D-10717 Berlin und Lektoren-Vereinigung Korea (LVK) Postanschrift: C.P.O. Box 5447, 100-654 Seoul, Republik Korea. Mail: [email protected]

Vorstand FALK: Vorstand LVK:

Dr. Reinhold Arnoldi (Geschäftsführer) Andrea König (Vorstandssprecherin) 8 [email protected] (++82 / 2 / 921-4102 8 [email protected] Christina Youn-Arnoldi (stellvertr. Geschäftsführerin) Michael Menke (Geschäftsführer) 8 [email protected] (++ 82 / 2 / 422-3511 8 [email protected]

Birke Dockhorn 8 [email protected] Dr. Kai Köhler 8 [email protected] Dr. Martin Praxenthaler 8 [email protected] Kai Rohs 8 [email protected] Markus Stein 8 [email protected]

Homepage: Hans-Alexander Kneider, http://www.lvk-info.org

Bankverbindungen: Deutschland: Deutsche Bank 24, BLZ 100 700 24, Konto 4108106 Südkorea: Kookmin-Bank, Konto-Nr. 795-21-0072-726 Kontoinhaber jeweils Michael Menke

Redaktion: Benjamin Barthold, Birke Dockhorn, Dr. Kai Köhler, Andrea König, Guido Lind- ner, Michael Menke, Dr. Martin Praxenthaler, Kai Rohs, Lydia Schneeberger.

Layout: Andrea König Titelbild: Michael Menke Anzeigenleitung: Michael Menke

Die DaF-Szene Korea wird in Berlin und Seoul herausgegeben vom Freundes- und Arbeitskreis der Lektoren-Vereinigung Korea (FALK e.V.) und der Lektoren-Vereinigung Korea (LVK). Sie erscheint zweimal jährlich im Mai und im November. Die DaF-Szene Korea bringt Themenhefte zum deutsch-koreanischen Kulturaustausch und zum Unterricht für Deutsch als Fremdsprache, in denen die Unterrichtsbedingungen in der ostasiatischen Region besonders berücksichtigt werden. Das Ma- gazin bedient die Rubriken Unterrichtsentwürfe, Forum, Rezensionen und Konferenzberichte. Kulturfeuilletons und Berichte sollen Lebens-, Arbeits- und Vertragsbedingungen transparent machen, die für neue Lektoren in Korea relevant sind. Auch wissenschaftliche Beiträge sind willkommen, dabei werden aber essayistische Arbeiten bevorzugt. Neue Entwicklun- gen im Bereich der Literatur-, Sprach- und Kulturwissenschaft werden in Hinblick auf ihre Bedeutung für die Germanistik in Ostasien diskutiert. Die DaF-Szene Korea fördert insbesondere die wissenschaftlichen Diskussionen zwischen den Mitglie- dern von LVK und FALK, steht aber allen Interessierten als Plattform zur Verfügung.

Auflage: 750

Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe: 15. Oktober 2007. Bitte senden Sie Ihren Text als attachment per e-mail oder auf einer Diskette an unsere Postfachadresse. Formatieren Sie den Text bitte nicht und nehmen Sie auch keine Silbentrennung vor! Die Datei sollte eine .txt, .doc, oder .rtf-Datei sein. Beachten Sie bitte die Regeln der neuen Rechtschreibung.

Wir danken dem DAAD und den Anzeigenkunden für die finanzielle Unterstützung dieser Ausgabe!

ISSN 1860-4463

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