MIP 2018 24. Jhrg. Holzhauser – Extremisten von gestern – Demokraten von heute? [...] Aufsätze

Extremisten von gestern – Demokraten von Positionen aufgefallen und zwangen ihre Konkurren- ten zu einer Antwort auf die Frage, wie mit ihnen heute? Zum Umgang mit systemfeindlichen 6 Parteien am Beispiel von Grünen und verfahren werden sollte : Sollte man sie einbinden oder ausgrenzen, sich ihnen anpassen oder sich ab- Linkspartei grenzen? Beide haben zudem gemein, dass sie zwar – wie darzustellen sein wird – als Systemgegner be- Thorsten Holzhauser1 gannen, diese Position aber, wenn auch unterschied- lich weit, verlassen haben. Angesichts dieser Wand- lungen lohnt sich ein Blick auf die Entwicklung die- Die Frage des Umgangs mit dem „Extremen“ ist so alt ser Parteien: Was lässt sich anhand der Integrations- wie die Demokratie selbst. Während sie in der ersten geschichte von Linken und Grünen über Vorausset- Hälfte des 20. Jahrhunderts vor allem im Zusammen- zungen, Möglichkeiten und Grenzen des Umgangs hang mit dem europäischen Faschismus und Kom- 2 mit Systemgegnern im demokratischen System der munismus debattiert wurde , ist sie in den vergange- Bundesrepublik sagen? Dabei kann gezeigt werden, nen Jahrzehnten mit dem Aufstieg neuer rechter und dass beide Parteien Objekte exkludierender, adaptie- linker Parteien in Europa erneut in den Fokus gerückt. render und inkludierender Strategien seitens ihrer Die Antworten gehen in Politik und Wissenschaft Konkurrenten wurden, was wiederum dazu beigetra- weit auseinander: Während die einen dazu aufrufen, gen hat, sie in unterschiedlichem Maße an den politi- Parteien, die als Gefahr für das politische System an- schen Basiskonsens der Bundesrepublik heranzufüh- gesehen werden, durch einen „Cordon Sanitaire“ zu ren und in diesem Sinne zu „entradikalisieren“. isolieren und von politischer Verantwortung fernzu- 3 halten , argumentieren andere, dass im Gegenteil „Extreme“ Parteien und politische Kultur eine zielgerichtete Einbindung zu einer Deradikali- sierung beitragen und damit systemstabilisierende Wer sich dem Umgang mit extremen Parteien zu- Wirkungen entfalten könne.4 wendet, muss zunächst klären, wen er damit meint und wen nicht. Auf die Frage, wann eine Partei als Blickt man auf die Empirie westlicher Demokratien, „radikal“, „extremistisch“ oder als „Anti-System- dann gibt es sowohl für den inkludierenden als auch Partei“ anzusehen ist (und welcher dieser Begriffe den exkludierenden Umgang mit Extremisten (und vorzuziehen ist), hat die Politikwissenschaft sehr un- solchen, die dazu erklärt werden) Präzedenzfälle.5 terschiedliche Antworten gegeben.7 In der Tradition Auch die Bundesrepublik hat in den letzten Jahr- der Politologie als „Demokratiewissenschaft“ wird zehnten Erfahrung mit dem Umgang mit systemkriti- oftmals die Haltung zur Demokratie selbst als Maß- schen Parteien gemacht. Das gilt nicht nur für den stab genommen: Wer den „demokratischen Verfas- rechten Rand: Auch die Partei Die Linke (bis 2005 sungsstaat“ und seine zentralen Normen ablehnt, ist PDS) und die Partei der westdeutschen Grünen sind ein „Extremist“, so die normative Extremismusfor- nach ihrem Entstehen mit dezidiert systemkritischen schung.8 Dem Zeithistoriker hingegen dienen solche Kategorien weniger als Analysewerkzeuge denn als 1 Der Autor ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand Vokabeln der Selbst- und Fremddeutung poli- am Lehrstuhl für Neueste Geschichte, Historisches Seminar, Johannes Gutenberg-Universität Mainz. tisch-gesellschaftlicher Akteure, d.h. der zeit- und ortsgebundenen Positionsbestimmung innerhalb ei- 2 Siehe dazu ausführlich Uwe Backes, Politische Extreme. Eine Wort- und Begriffsgeschichte von der Antike bis in die Ge- nes politischen Diskurses. Und dieser Diskurs ist genwart. Göttingen 2006. noch dazu historisch wandelbar: Während beispiels- 3 Vgl. Stefan Rummens/Koen Abts, Defending Democracy. The weise Vorbehalte gegenüber gesellschaftlichem Plu- Concentric Containment of Political Extremism. In: Political ralismus oder die Sehnsucht nach autoritärer Füh- Studies 58 (2010), S. 649-665; Giovanni Capoccia, Defending Democracy: Reactions to extremism in inter-war Europe. In: 6 Vgl. Dan Hough/Michael Koß/Jonathan Olsen, Party European Journal of Political Research 39 (2001), S. 431-460. in Contemporary German Politics. Basingstoke 2007, S. 66; 4 Vgl. Joost van Spanje/Wouter van der Brug, The Party as für die kritische Einschätzung der Grünen in den 1980er Jahren Pariah: The Exclusion of Anti-Immigration Parties and its Ef- vgl. beispielhaft Manfred Langner (Hg.), Die Grünen auf dem fect on their Ideological Positions. In: West European Politics Prüfstand. Analyse einer Partei. Bergisch Gladbach 1987. 30 (2007), H. 5, S. 1022-1040; Wouter van der Brug/Meindert 7 Siehe Giovanni Capoccia, Anti-System Parties. A conceptual Fennema, Est-ce que le Cordon Sanitaire est Salutaire? In: reassessment. In: Journal of Theoretical Politics 14 (2002), Bob van den Broeck/Marie-Claire Foblets (Hg.), La Faillité H. 1, S. 9-35. de L’intégration. Le Débat Multiculturel en Flandre. Louvain-la- 8 Vgl. Eckhard Jesse/Isabelle-Christine Panreck, Populismus Neuve 2004, S. 199-203. und Extremismus. Terminologische Abgrenzung – das Bei- 5 Vgl. Rummens/Abts, Defending Democracy, S. 649. spiel der AfD. In: ZfP 64 (2017), H. 1, S. 59-76, dort S. 60. doi:10.25838/oaj-mip-20185-13 5 Aufsätze Holzhauser – Extremisten von gestern – Demokraten von heute? [...] MIP 2018 24. Jhrg. rung heute als Indiz für extremistische Tendenzen verschieben. Das „Extreme“ kann so irgendwann gelten, waren sie zu Zeiten der Weimarer Republik „normal“ werden. Oder die Konkurrenten versuchen Teil des politischen „Mainstreams“ und aus damali- drittens, die fraglichen Konkurrenten selbst an den ger Sicht nur schwer als „extrem“ zu definieren.9 politisch-kulturellen Konsens heranzuführen, sie zu Daraus folgt, dass eine Partei immer im Zusammen- „zähmen“, in der Hoffnung, diese und ihre Wähler hang des jeweiligen politischen Systems, seiner langfristig in das politische System zu integrieren ideologischen Tradition und kulturellen Prägung ge- (inkludierende Strategie). Für die Wahrnehmung der sehen werden sollte. Politische Parteien sind dem- so Aufgewerteten kann das nachhaltige Folgen ha- nach nicht per se extrem, sondern nur innerhalb ei- ben: Wer für Koalitionen mit „demokratischen Par- ner bestimmten politischen Deutungskultur, die über teien“ infrage kommt, kann so „extrem“ nicht sein. Sagbares und Nichtsagbares, politisch Gewolltes und Das Zusammenspiel und die Folge dieser Strategien Nicht-Gewolltes entscheidet.10 soll im Folgenden am Beispiel der Entwicklung der Aus dieser Perspektive geht es daher auch nicht in Grünen und der PDS/Linkspartei näher beleuchtet erster Linie darum, ob eine Partei aus analytischer werden, ehe sie in einem Fazit zusammengefasst Sicht tatsächlich als extremistisch oder als Anti-Sys- werden. tem-Partei anzusehen ist, sondern ob sie innerhalb einer bestimmten politischen Deutungskultur als ex- Vom Anti-System-Protest in die Mitte der Gesell- trem markiert, von anderen als Gefahr für das politi- schaft – Die Grünen sche System beschrieben oder wahrgenommen wird. Im Umgang mit solchen Parteien rückt daher auch Die westdeutsche Partei Die Grünen wurde 1980 ge- wesentlich das Handeln ihrer Konkurrenten in den gründet und ging aus sehr unterschiedlichen Bewe- Fokus. Nimmt man ihre Perspektive ein, dann ergeben gungen der 1970er Jahre hervor, die vor allem ihr sich drei alternative Strategien, die in der politischen Protest gegen die bestehenden Parteien und ihr Ver- Praxis meistens in Mischformen vorkommen: ständnis von Ökologie als einem neuen gesellschaft- lichen Paradigma einte.11 Mit diesem Anspruch wa- Erstens können die „Etablierten“ eine dezidierte poli- ren die frühen Grünen, die 1983 erstmals in den tische und programmatische Abgrenzung pflegen einzogen, für die „etablierten“ Kräfte der und versuchen, den jeweiligen Mitbewerber und sei- Bonner Republik zunächst einmal eine Herausforde- ne Positionen grundsätzlich als illegitim und gefähr- rung und gaben Anlass zum Streit, wie mit ihnen lich zu markieren (exkludierende Strategie). Die umzugehen sei. Aus historischer Perspektive ist auf- Konkurrenten können zweitens aber auch ihre eige- fällig, dass diese Diskussionen dezidiert an den be- nen Verhaltens- und Diskursmuster den radikaleren stehenden politisch-kulturellen Basiskonsens an- Mitbewerbern anpassen, und damit deren Positionen schlossen, wie er sich in den Nachkriegsjahrzehnten legitimieren und weniger extrem erscheinen lassen, zwischen CDU/CSU, SPD und FDP herausgebildet wie das zur Zeit einige etablierte Parteien Europas hatte und auch von großen Teilen der politisch-medi- im Hinblick auf manche populistische Position vor- alen Eliten außerhalb der Parteien unterstützt wurde. machen (adaptierende Strategie). Solche Strategien Die Grünen wurden als politische Kraft angesehen, dürften am ehesten dazu geeignet sein, den politisch- „die von dem bisherigen Konsens der im Bundestag kulturellen Basiskonsens eines Gemeinwesens nach- vertretenen demokratischen Parteien in entscheiden- haltig zu ändern und die Grenzen des Legitimen zu den Fragen abweicht“, wie es 1984 in einer CDU- Broschüre zu den Grünen hieß.12 Ihre Differenz zum 9 Vgl. Kurt Sontheimer, Antidemokratisches Denken in der bundesrepublikanischen Basiskonsens garantierte ih- Weimarer Republik. Die politischen Ideen des deutschen Na- nen Aufmerksamkeit und Erfolg, markierte sie aber tionalismus zwischen 1918 und 1933. München 1962; Tho- auch als potenziell gefährlich und koalitionsunfähig. mas Mergel, Führer, Volksgemeinschaft und Maschine. Poli- tische Erwartungsstrukturen in der Weimarer Republik und dem Nationalsozialismus 1918-1936. In: Geschichte und Ge- 11 Siehe hierzu Silke Mende, „Nicht links, nicht rechts, sondern sellschaft, Sonderheft 21 (2005), S. 91-127. vorn“. Eine Geschichte der Gründungsgrünen. München 2011; 10 Zum Begriff „politische Deutungskultur“ siehe Karl Rohe, Lothar Probst, Bündnis 90/Die Grünen (GRÜNE). In: Oskar The State Tradition in : Continuities and Changes. Niedermayer (Hg.), Handbuch Parteienforschung. Wiesbaden In: Dirk Berg-Schlosser/Ralf Rytlewski (Hg.), Political Cul- 2013, S. 509-540; Ferdinand Müller-Rommel/Thomas Poguntke, ture in Germany. Basingstoke/London 1993, S. 215-231; An- Die Grünen. In: Alf Mintzel/Heinrich Oberreuter (Hg.), Par- dreas Dörner, Politische Kulturforschung als Cultural Studies. teien in der Bundesrepublik Deutschland. 2. Aufl. Opladen In: Othmar Nikola Haberl/Tobias Korenke (Hg.), Politische 1990, S. 319-361. Deutungskulturen. Festschrift für Karl Rohe. Baden-Baden 12 CDU-Bundesgeschäftsstelle (Hg.), Die Grünen. Eine Analyse 1999, S. 93-110. der öko-marxistischen Radikalopposition. Bonn 1984, S. 3.

6 doi:10.25838/oaj-mip-20185-13 MIP 2018 24. Jhrg. Holzhauser – Extremisten von gestern – Demokraten von heute? [...] Aufsätze

Dieser westdeutsche Nachkriegskonsens hatte sich in schen Systemopposition“.18 Dass die Grünen vor den doppelter Abgrenzung von Nationalsozialismus und Erfahrungen Deutschlands mit Systemfeinden als Kommunismus herausgebildet. In Gegnerschaft zu je- staatspolitisch zweifelhaft behandelt und beispiels- der Form des „Totalitarismus“ wurde die bürger- weise von der Geheimdienstkontrolle ausgeschlos- lich-parlamentarische Ordnung, wie sie im Grundge- sen wurden, war in diesem Sinne nur logisch.19 setz festgeschrieben wurde, als Inbegriff und Garant Es waren aber nicht nur solche, dezidiert auf das de- politischer Freiheit und Demokratie angesehen. Um mokratische Verfassungssystem der Bundesrepublik diese zu schützen, sollte im Zweifel auch „Mut zur In- bezogene Kriterien, die in den Diskussionen angeführt toleranz“ gegenüber den Feinden des parlamentarisch- wurden. In ebenso grundsätzlicher Art und Weise demokratischen Systems gezeigt werden.13 wurden die industrie- und konzernkritischen Vorstel- Obwohl dieser parlamentarisch-antitotalitäre Grund- lungen grünalternativer Wirtschaftspolitik von den konsens seit den 1960er Jahren unter Druck vor allem maßgeblichen Konkurrenten als „Systembruch“ ange- von links geraten war14, wirkte er sich auch noch sehen und als illegitim zurückgewiesen.20 Spätestens stark auf die Perzeption der frühen Grünen durch ihre seit dem Godesberger Programm der SPD hatte sich Konkurrenten aus. Mit ihrer Wurzel in den west- in der Bundesrepublik ein breiter Konsens zugunsten deutschen K-Gruppen, aber auch mit ihrer parlamen- der wohlfahrtsstaatlich regulierten „sozialen Markt- tarismuskritischen Haltung wurden die Grünen zu- wirtschaft“ durchgesetzt, die als ökonomische Grund- nächst aus eben dieser Perspektive heraus kritisiert. lage des bundesdeutschen Erfolgsmodells angesehen Vor allem der Union erschien die neue Partei als wurde.21 Dass bis heute in Extremismusdiskursen wirt- „verdeckte[...] Plattform“ für kommunistische „Sys- schaftspolitische Fragen eine Rolle spielen, verweist temveränderer“ und „Verächter [...] der parlamenta- auf die zentrale Rolle der Marktwirtschaft für das poli- rischen Demokratie“.15 Den Grünen wurde vorge- tisch-kulturelle Selbstverständnis der Republik.22 worfen, einen „Umbau unserer Gesellschaftsord- Von ähnlicher Relevanz waren auch die sicherheits- nung“ und die Errichtung einer Rätediktatur anzu- politischen Vorstellungen der frühen Grünen. Auch streben.16 Noch 1993 wurde der CSU-Landesgruppen- sie wichen vom bundesrepublikanischen Konsens ab, chef mit der Äußerung zitiert, die Grü- wie er sich in den ersten Jahrzehnten nach dem Zwei- nen seien „eine größere Gefahr für unser Land als die ten Weltkrieg herausgebildet hatte. Seit den 1960er Republikaner und die Rechten“.17 Aber auch viele Sozialdemokraten taten sich schwer mit den Alterna- 18 Wolf Michael Catenhusen, An die Adresse von Bahro und tiven und erblickten in deren scharfer Parteien- und Trampert. Grüne System-Opposition kann den Bonner Wende- Parlamentarismuskritik „bestürzende historische Pa- politikern nur recht sein. In: Sozialdemokratischer Pressedienst rallelen zur Politik der KPD in der Weimarer Repu- 39/234 vom 5. Dezember 1984, S. 2-3. Siehe hierzu auch blik“ und zu deren Strategie einer „antiparlamentari- Karsten D. Voigt, Ist eine parlamentarische Reform-Koalition möglich? Überlegungen zur Position der Sozialdemokraten gegenüber den Grünen. In: Sozialdemokratischer Pressedienst 42/18 vom 27. Januar 1987, S. 1-3; Norbert Seitz, Vom histo- 13 Carlo Schmid, Rede vor dem Parlamentarischen Rat am 8. Sep- rischen Projekt zum Schnittmengen-Deal. Die wechselvolle tember 1948. In: Wolfram Werner (Bearb.), Der Parlamentari- Geschichte von Rot-Grün. In: Volker Kronenberg/Christoph sche Rat 1948-1949. Akten und Protokolle. Band 9. München Weckenbrock (Hg.), Schwarz-Grün. Die Debatte. Wiesbaden 1996, S. 36. 2011, S. 47-64. 14 Vgl. Gert-Joachim Glaeßner, Kommunismus – Totalitarismus – 19 Vgl. Albrecht Funk, Verfassungswidrige, extremistische, radi- Demokratie. Studien zu einer säkularen Auseinandersetzung. kale und verfassungstreue Parteien. Zur Überprüfung der „Re- Frankfurt am Main et al. 1995, S. 25; Wolfgang Rudzio, Die publikaner“ durch die Ämter für Verfassungsschutz. In: Kriti- Erosion der Abgrenzung. Zum Verhältnis zwischen der demo- sche Justiz 22 (1989), H. 4, S. 467-474, dort S. 472. kratischen Linken und Kommunisten in der Bundesrepublik 20 Catenhusen, An die Adresse von Bahro und Trampert, S. 3; Deutschland. Opladen 1988. CDU-Bgst. (Hg.), Die Rotgrünen, S. 8; CDU-Bgst. (Hg.), DIE 15 CDU-Bgst. (Hg.), Die Rotgrünen. Argumente gegen die rot- GRÜNEN. Geschichte, Programm und Politik. Bonn, 15. Au- grünen Experimente. Bonn 1983, S. 6; Dies. (Hg.), Die Grünen, gust 1982, S. 35. S. 4 & S. 7. 21 Vgl. Julia Angster, Konsenskapitalisms und Sozialdemokra- 16 CDU-Bgst. (Hg.), Die Grünen, S. 7 & S. 11; siehe hierzu auch tie. Die Westernisierung von SPD und DGB. München 2003, Paul Kraatz/Tim B. Peters, Zwischen Abgrenzung und Annä- S. 11; Eckart Conze, Die Suche nach Sicherheit. Eine Ge- herung. Das Verhältnis der CDU zu den Grünen 1980-1990. schichte der Bundesrepublik Deutschland von 1949 bis in die In: HPM 20 (2013), S. 121-146. Gegenwart. München 2009, S. 259 ff. 17 Michael Glos, zit. n. Axel Vornbäumen, Die Ostkomponente 22 Siehe hierzu Richard Stöss/Uwe Backes/Hans-Gerd Jaschke, namens PDS. In: FR vom 21. Dezember 1993; vgl. auch Glos, Streitgespräch zum Thema Linksextremismus. In: Ulrich Do- Grüne und PDS sind gefährlicher als Republikaner. In: FAZ vermann (Hg.), Linksextremismus in der Bundesrepublik vom 8. Dezember 1993. Deutschland. 2. Aufl. Bonn 2012, S. 291-318, v.a. S. 301. doi:10.25838/oaj-mip-20185-13 7 Aufsätze Holzhauser – Extremisten von gestern – Demokraten von heute? [...] MIP 2018 24. Jhrg.

Jahren hatten alle Parteien des Bundestags im demokratie der potenzielle Bündnispartner abhan- Grundsatz die Einbindung der Bundesrepublik in das dengekommen. Eine rot-grüne Zusammenarbeit – und westliche Bündnissystem akzeptiert. Die spezifische damit ein Wechsel hin zu einer inkludierenden Stra- Mischung aus Multilateralismus, Atlantizismus und tegie – wurde daher für manche Sozialdemokraten zu Europäismus war in Abgrenzung sowohl vom Natio- einem erstrebenswerten Modell, um die eigene Mehr- nalsozialismus als auch zur Ostbindung der DDR zum heitsfähigkeit zurückzugewinnen. Die seit den 1980er Teil der bundesdeutschen „Staatsräson“ geworden.23 Jahren gegen innerparteiliche Widerstände versuchten Die abweichende Position der Grünen dagegen wurde rot-grünen Koalitionen auf Landesebene bis hin zum von ihren Gegnern zur Gefahr für die „außenpoliti- Eintritt der Grünen in die Bundesregierung 1998 wa- schen Grundlagen für unsere Freiheit und unsere Si- ren der sichtbare Ausdruck dieser Bemühungen.27 cherheit“ erklärt, wie die CDU 1983 in einer Argumen- Vorangetrieben wurden diese von einer jüngeren Ge- tesammlung gegen „Die Rotgrünen“ formulierte.24 neration von SPD-Politikern, die auch ihrer eigenen Hauptkritikpunkte waren dabei das distanzierte Ver- Partei ein „angegrüntes“28 Profil verpassten: Das 1989 hältnis der Grünen zu den USA und ihre Forderung verabschiedete Berliner Programm der SPD mit sei- nach einer Auflösung der NATO, was als „Unter- nem Konzept eines sozial-ökologischen „Umbaus“ werfung unter den Willen Moskaus“ galt.25 von Wirtschaft und Gesellschaft stellte dabei den Die frühen Grünen erschienen in den Augen ihrer Abschluss einer Öffnung der SPD für grünalternative Positionen und damit einer stärker adaptierenden po- Gegner also in erster Linie als antiparlamentarische, 29 antikapitalistische und antiwestliche Protestpartei litischen Strategie im Umgang mit den Grünen dar. und damit als Antithese zum politisch-kulturellen Und noch mehr: Die gesamte politische Kultur der Basiskonsens der Bundesrepublik.26 Im politischen Bundesrepublik hat sich seit Entstehung der Grünen Diskurs wurde dabei in gleichem Maße auf Grund- signifikant verändert, sodass manche originär grüne gesetz und Verfassungsnormen wie auf außerkonstitu- Position heute selbst im bürgerlichen Lager als tionelle Fragen der Sicherheits- und Wirtschaftspolitik mehrheitsfähig gilt. verwiesen. Der Charakter der frühen Grünen wurde Diese Mischung aus Adaption und Inklusion seitens nicht ausschließlich am „demokratischen Verfassungs- ihrer Konkurrenten korrespondierte mit deutlichen staat“ des Grundgesetzes gemessen, sondern an der Wandlungsprozessen innerhalb der Grünen selbst. Gesamtheit des politisch-kulturellen Basiskonsenses Gerade die Aussicht einer stärkeren Einbindung in der Bundesrepublik. politische Verantwortung übte dabei eine formierende Die darauf basierende Exklusionsstrategie im Umgang Wirkung aus und trug dazu bei, dass sich in den er- mit den Grünen aber wurde bald schon prekär, je bittert geführten innerparteilichen Kämpfen schließ- stärker sich die Einsicht Bahn brach, dass damit kei- lich der „realpolitische“ Flügel der Grünen durchset- ne grünen Wahlerfolge verhindert werden konnten. zen konnte. Diese Auseinandersetzungen um Pro- Vor allem innerhalb der SPD entstanden Anreize, die gramm und Strategie können auch als Streit für und Öko-Partei einzubinden statt auszugrenzen. Nach dem gegen eine Annäherung an den politisch-kulturellen Wechsel der FDP von der sozialliberalen zur christ- Basiskonsens der Bundesrepublik verstanden werden: lich-liberalen Koalition im Jahr 1982 war der Sozial- Während die einen in ihrer Partei eine antikapitalisti- sche und parlamentarismuskritische Antisystem-Be- 23 Vgl. Werner Link, Die außenpolitische Staatsräson der Bun- wegung sehen wollten, vertraten andere eine dezi- desrepublik Deutschland. Überlegungen zur innerstaatlichen Struktur und Perzeption des internationalen Bedingungsfel- dierte Abkehr von linker Systemkritik und sahen sich 30 des. In: Manfred Funke et al. (Hg.), Demokratie und Diktatur. durch das Ende des Realsozialismus darin bestätigt. Geist und Gestalt politischer Herrschaft in Deutschland und Nach jahrelangen Richtungskämpfen kehrte schließ- Europa. Bonn 1987, S. 401-416; dort S. 404; Edgar Wolfrum, Die geglückte Demokratie. Geschichte der Bundesrepublik 27 Siehe hierzu ausführlich Seitz, Vom historischen Projekt zum Deutschland von ihren Anfängen bis zur Gegenwart. Stuttgart Schnittmengen-Deal. 2006, S. 195; Steffen Kailitz, Die politische Deutungskultur 28 Ebd., S. 53. der Bundesrepublik Deutschland im Spiegel des „Historiker- 29 streits“. In: Ders. (Hg.), Die Gegenwart der Vergangenheit. Vgl. Vorstand der SPD (Hg.), Grundsatzprogramm der Sozi- Der „Historikerstreit“ und die deutsche Geschichtspolitik. aldemokratischen Partei Deutschlands. Beschlossen vom Pro- Wiesbaden 2008, S. 14-37, dort S. 26. gramm-Parteitag der Sozialdemokratischen Partei Deutsch- lands am 20. Dezember 1989 in Berlin. Bonn 1990, S. 37 ff. 24 CDU-Bgst. (Hg.), Die Rotgrünen, S. 21. 30 Vgl. Frieder Dittmar, Das Realo-Fundi-Dispositiv. Die Wirt- 25 CDU-Bgst. (Hg.), Die Grünen, S. 18; vgl. auch Dies. (Hg.), schaftskonzeptionen der Grünen. Marburg 2007, S. 328; Die Rotgrünen, S. 7 & S. 21. Hans-Joachim Veen & Jürgen Hoffmann, Die Grünen zu Be- 26 Siehe hierzu auch Funk, Verfassungswidrige, extremistische, ginn der neunziger Jahre. Profil und Defizite einer fast eta- radikale und verfassungstreue Parteien, S. 470 ff. blierten Partei. Bonn; Berlin 1992, S. 56.

8 doi:10.25838/oaj-mip-20185-13 MIP 2018 24. Jhrg. Holzhauser – Extremisten von gestern – Demokraten von heute? [...] Aufsätze lich Ende der 1980er Jahre ein Großteil des Antisys- gen sich stattdessen innerhalb eines breiten Grund- temflügels den Grünen den Rücken, weil er der Par- konsenses, der sie bis weit ins bürgerliche Lager hin- tei eine übermäßige Anpassung an das bundesrepu- ein koalitionsfähig macht. Dass keiner der genannten blikanische System und den dahinterstehenden Politik- Punkte in den „Jamaika“-Sondierungen nach der konsens vorwarf: „In den Grünen gibt es heute nur Bundestagswahl 2017 eine Rolle spielte, demons- noch wenig Zustimmung für eine Kritik des Parla- triert diese Wandlung mehr als alles andere. mentarismus oder eine Ablehnung von Regierungsbe- teiligungen im Rahmen des Kapitalismus“, wie es Auf dem Weg in die Bundesrepublik – von der 1990 in einer Austrittserklärung linker Parteimitglie- SED zur Partei Die Linke der hieß.31 Während sich die Grünen zunehmend von ihrem An- Stattdessen setzten die Grünen in den 1990er Jahren ti-System-Protest verabschiedeten, tauchte im politi- auf eine moderatere, sich dem Basiskonsens der schen System der Bundesrepublik eine neue system- Bundesrepublik annähernde Außendarstellung, was in kritische Partei auf: Die Partei des Demokratischen der Forschung als Entideologisierung und „Professi- Sozialismus (PDS). Angesichts ihrer Herkunft aus onalisierung“ der Partei gedeutet wurde.32 Das er- der DDR-Staatspartei SED kann es nicht verwun- leichterte der Partei, in rot-grüne Landesregierungen dern, dass die PDS gerade in ihren Anfangsjahren einzutreten, was wiederum den ideologischen Neu- noch sehr viel dezidierter als die westlichen Grünen orientierungsprozess vorantrieb: Seit Beginn der als Antithese zum bundesrepublikanischen Basiskon- 1990er Jahre bekannten sich die Grünen zur parla- sens erschien. Ähnlich wie die Grünen zuvor standen mentarischen Demokratie des Grundgesetzes und auch große Teile der PDS der politischen und öko- suchten nach Alternativen im System, statt zum Sys- nomischen Ordnung der Bundesrepublik kritisch ge- tem.33 Das Verhältnis zur bundesdeutschen Wirt- genüber, in der sie eine „Herrschaft des Kapitals“ sa- schaftsordnung basierte fortan auf einer „kritischen hen.37 In der Außenpolitik warnte die Partei vor ei- Akzeptanz der Marktwirtschaft“.34 Und auch in au- nem „vierte[n] Reich, das die NATO verstärkt“,38 ßenpolitischen Fragen setzte sich innerhalb der Grü- und forderte – wie die Grünen zuvor – eine Auflö- nen eine Neuorientierung durch, die sie immer wei- sung der transatlantischen Allianz.39 Und gerade ter von radikalpazifistischen und NATO-kritischen auch die antitotalitäre und antiextremistische Tradi- Orientierungen ihrer Anfangsjahre entfernte.35 Am tion der Bundesrepublik, inklusive ihrer sogenannten Ende war es die rot-grüne Regierungsbeteiligung, die „wehrhaften Demokratie“, stellte für Postkommunis- einen sich bereits länger vollziehenden Prozess kata- ten ein Feindbild dar, das politische Gegner als Ver- lysierte: Nach heftigen Debatten und einem ikoni- fassungsfeinde diskriminiere.40 schen Farbbeutelwurf auf Außenminister Joschka Fischer entschied sich ein grüner Parteitag im Mai Diese fundamental-systemkritische Haltung, die in 1999 schließlich, den NATO-Krieg gegen Jugosla- vielem der Positionierung der frühen Grünen ähnel- wien mitzutragen.36 te, wurde vor dem Hintergrund der SED-Vergangen- heit als umso problematischer angesehen, zumal die Im Ergebnis haben die heutigen Grünen ihre frühen PDS auch in geschichtspolitischer Hinsicht polari- NATO-kritischen Positionen ebenso hinter sich ge- sierte: Während die Konkurrenten Anfang der lassen wie andere Anti-System-Positionen und bewe- 1990er Jahre versuchten, die Erinnerung an die 31 Archiv Grünes Gedächtnis, B.I.3 – Bu/Vo/BGSt, Bundesvor- „SED-Diktatur“ neben der „Aufarbeitung“ der NS- stand [122]: Marianne v. Ilten u.a., Wir verlassen die Grüne Vergangenheit zum zweiten Pfeiler eines „neuen an- Partei. Hamburg, 6.4.90. 37 Vgl. Lothar Probst, Die PDS – von der Staats- zur Regie- 32 Vgl. Markus Klein & Jürgen W. Falter, Der lange Weg der rungspartei. Eine Studie aus Mecklenburg-Vorpommern. Grünen. Eine Partei zwischen Protest und Regierung. Mün- Hamburg 2000, S. 25 f. chen 2003, S. 61 f.; Veen & Hoffmann, Die Grünen zu Be- 38 ginn der neunziger Jahre, S. 162. Archiv Demokratischer Sozialismus (ADS), PDS-PV-050: Stenografische Niederschrift der Tagung des Parteivorstandes 33 Vgl. Niko Switek, Bündnis 90/Die Grünen. Koalitionsent- der SED-PDS am 6. Januar 1990 (Rede ), S. 18; scheidungen in den Ländern. Baden-Baden 2015, S. 106 f. vgl. auch PDS (Hg.), Programm der Partei des Demokrati- 34 Dittmar, Das Realo-Fundi-Dispositiv, S. 342 & S. 368-372. schen Sozialismus. Beschlossen von der 1. Tagung des 3. Par- 35 Siehe hierzu Andreas Stifel, Vom erfolgreichen Scheitern ei- teitages der PDS, 29. bis 31. Januar 1993. Berlin 1998, S. 5. ner Bewegung. Bündnis 90/Die Grünen als politische Partei 39 Vgl. PDS (Hg.), Programm [1993], S. 23. und soziokulturelles Phänomen. Wiesbaden 2018, S. 100-117. 40 Dt. Bundestag, Drs. 12/6570 (12. Januar 1994), S. 42; vgl. 36 Vgl. Edgar Wolfrum, Rot-Grün an der Macht. Deutschland auch Sebastian Prinz, Die programmatische Entwicklung der 1998-2005. München 2013, S. 76-82; Stifel, Vom erfolgrei- PDS. Kontinuität und Wandel der Politik einer sozialistischen chen Scheitern einer Bewegung, S. 111-117. Partei. Wiesbaden 2010, S. 189 f. doi:10.25838/oaj-mip-20185-13 9 Aufsätze Holzhauser – Extremisten von gestern – Demokraten von heute? [...] MIP 2018 24. Jhrg. titotalitären Konsenses“ zu machen,41 lehnte die PDS wie der Berliner CDU-Senator Elmar Pieroth, ein Un- jeden Versuch der „moralischen Vernichtung der ternehmer aus Rheinland-Pfalz, in PDS-Manier die DDR“42 ab und hielt an der Deutung der DDR als ei- DDR-Vergangenheit vor „pauschalen Angriffe[n]“ nem legitimen Versuch fest, die faschistische Ver- aus dem Westen in Schutz nahm,46 dann kann das gangenheit Deutschlands zu überwinden und eine auch als Versuch verstanden werden, die bei einem gerechte Gesellschaft zu errichten.43 Für ihre Kon- Teil des Elektorats erfolgreichen Sprachformeln und kurrenten ebenso wie für einen großen Teil der poli- Deutungsmuster der Postkommunisten zumindest in tischen Öffentlichkeit blieben diese Positionen jen- Teilen zu übernehmen, um mit deren Wählerinnen seits des etablierten Konsenses lange Beweis, dass und Wählern „ins Gespräch zu kommen“, wie die die PDS nichts gelernt hatte und eine „linksradikale“ damalige CDU-Generalsekretärin es bzw. „extremistische“ Partei darstellte, mit der sich ausdrückte.47 jede Kooperation verbot.44 Selbst die Grünen schlos- Sehr viel bedeutsamer aber war langfristig, dass sich sen sich dieser Position an und nutzten die Gelegen- insbesondere bei Sozialdemokraten und Grünen seit heit, durch Abgrenzung von der PDS ihre eigene Mitte der 1990er Jahre Elemente einer inkludierenden Wandlung zu demonstrieren: (Auch) die PDS müsse Strategie im Umgang mit der „SED-Nachfolgepartei“ sich von „linksradikalen Positionen“ trennen, einen abzeichneten. Zwar blieb Abgrenzung der dominie- „realistischen Kurs“ einschlagen und „aus demokra- rende Modus – eine rot-rot-grüne Koalition auf Bun- tischer Überzeugung in der Bundesrepublik ankom- desebene bleibt bis heute für viele undenkbar. Auf men“, um als legitime und vor allem bündnisfähige Landesebene dagegen wurde die PDS schon in den politische Kraft anerkannt zu werden, wie Fraktions- 1990er Jahren in gemeinsame Bündnisse integriert.48 chef Joschka Fischer im Jahr 1996 forderte.45 Die anfänglich große Aufregung hierüber ebbte Aber auch in der Auseinandersetzung mit der PDS schnell ab. Als SPD und Grüne in Sachsen-Anhalt zeigte sich schon bald, dass die eingeschlagene Ex- 1994 erstmals beschlossen, entgegen früherer Bekun- klusionsstrategie ihrer Konkurrenten keine Wahlerfol- dungen eine Minderheitsregierung mit Tolerierung der ge verhinderte, sondern ihre Position als ostdeutsche PDS anzustreben, sahen westdeutsche Beobachter Protestpartei eher noch bestärkte. Je deutlicher dies darin noch einen „Amoklauf“,49 der die „Gemein- wurde, desto eher versuchten sich die Mitbewerber, samkeit der Demokraten“ aufkündige.50 Nicht weniger und zwar quer durch alle politischen Lager, an einer als eine „Kampfansage für [sic!] die Demokratie“ sei stärker adaptierenden Strategie. Wenn selbst Politiker das, so der CDU-Vorsitzende Helmut Kohl vor sei- ner Fraktion.51 Aber schon Ende der 1990er Jahre 41 Siehe dazu Thomas Schaarschmidt, Auf dem Weg zu einem hatte sich das Klima so weit geändert, dass die SPD neuen antitotalitären Grundkonsens? Die Erinnerung an die in Mecklenburg-Vorpommern ganz offiziell mit der Diktaturvergangenheit und der Übergang zur Demokratie in PDS koalieren und eine „Normalisierung der Ver- Deutschland nach 1945 und 1989. In: Thomas Großbölting et 52 al. (Hg.), Das Ende des Kommunismus. Die Überwindung der hältnisse“ propagieren konnte. Diktaturen in Europa und ihre Folgen. Essen 2010, S. 29-41. Die eingeschlagene Inklusionsstrategie wurde nun als 42 ADS, BT/12.WP-007: Uwe-Jens Heuer, Ekkehard Lieberam edukatorische Maßnahme begründet: Wie die Grünen & Gerhard Riege, Positionspapier zum Tribunalvorschlag und zur Einsetzung einer Enquetekommission. Vorlage für die 7. 46 CDU streitet um ‚Rote Socken’-Kampagne. In: Morgenpost Sitzung der Abgeordnetengruppe PDS/LL am 18. Februar vom 26. August 1996. 1992. 16. Februar 1992, S. 2. 47 Interview mit Angela Merkel. In: Deutschlandfunk vom 21. 43 Vgl. Dan Hough, The fall and rise of the PDS in eastern Ger- November 1999, URL . 44 Vgl. für CDU, SPD und FDP: Beschluß Nr. H81. In: CDU-Bgst. 48 Siehe hierzu ausführlich Thorsten Holzhauser, „Niemals mit (Hg.), 3. Parteitag der Christlich Demokratischen Union Deutsch- der PDS“? Zum Umgang der SPD mit der SED-Nachfolge- lands. Niederschrift. Düsseldorf, 26.-28. Oktober 1992. Bonn partei zwischen Ausgrenzungs- und Integrationsstrategie [1992], S. 440; Die Chancen der Einheit endlich nutzen. Dresd- (1990-1998). In: VfZ 62 (2014), H. 2, S. 285-308. ner Erklärung des SPD-Parteivorsitzenden Rudolf Scharping und 49 Rot-Grün von Gnaden der PDS? In: Süddeutsche Zeitung der ostdeutschen Landes- und Fraktionsvorsitzenden. In: So- vom 29. Juni 1994. zialdemokratischer Pressedienst 49/154 vom 12. August 1994, 50 S. 5 f.; Cornelia Schmalz-Jacobsen (Hg.), F.D.P. contra PDS: Einheitsfront de luxe. In: FAZ vom 29. Juni 1994. Argumente statt Polemik. Eine Kurzstudie der F.D.P.-Bundesge- 51 Archiv für Christlich-Demokratische Politik, CDU/CSU-Frak- schäftsstelle. In: Fdk 314/90 vom 2. November 1990, S. 9 f. tion, 12. WP, 08-012-127/2: Protokoll der Sondersitzung der 45 Joschka Fischer, Ohne wirkliche Erneuerung ist die PDS nicht Fraktion am 22. Juli 1994, S. 15 (Wortbeitrag Helmut Kohl). koalitionsfähig. In: Leipziger Volkszeitung vom 27. Juli 52 Archiv der sozialen Demokratie (AdsD), SPD-PV, Protokoll 1996; Ders., „Die Lust am Verändern“. Interview. In: Der der Klausurtagung des Parteivorstandes am 9. Oktober 2000 Spiegel 34/1996 vom 19. August 1996, S. 52-55, dort S. 55. in Berlin, S. 9.

10 doi:10.25838/oaj-mip-20185-13 MIP 2018 24. Jhrg. Holzhauser – Extremisten von gestern – Demokraten von heute? [...] Aufsätze zuvor sollte auch die PDS zu einer „normalen“ Partei es der PDS-Landesvorsitzende von Mecklenburg- innerhalb des politischen Systems der Bundesrepublik Vorpommern Helmut Holter ausdrückte.58 „Akzep- domestiziert werden.53 Schließlich fördere das Mitre- tanz und Entdämonisierung“59 wurden zu Schlüssel- gieren „immer die allmähliche Integration einer oppo- begriffen in der politischen Strategie der PDS. sitionellen Partei und entzaubert den Protest – dies ist In der Folge vollzogen auch die Sozialisten einen nicht zuletzt Erfahrung des Umganges der SPD mit ähnlichen, wenn auch keineswegs genauso umfängli- den Grünen aus den 80er Jahren“, wie es nun in der chen Annäherungsprozess an die hegemoniale politi- SPD-Zentrale hieß.54 Die PDS sollte demnach nicht sche Kultur der Bundesrepublik, wie ihn die Grünen ausgegrenzt, sondern durch Einbindung „von der zuvor erlebt hatten. Ähnlich wie bei diesen veränder- Systemopposition weg“55 und an den politischen Ba- te sich auch der Blick der PDS-Sozialisten auf das siskonsens der Bundesrepublik herangeführt werden. „System“ Bundesrepublik: Die parlamentarische De- Konkret beinhaltete dies, dass die PDS nicht nur mokratie erschien manchem früheren Kommunisten Grundgesetz und Demokratie anerkennen und sich immer deutlicher als „Gewinn“60; und vor allem wo von ihrer Vergangenheit distanzieren müsse, sondern man selbst regierte, verlor man schnell seine system- dass sie auch die Bedingungen des modernen Kapi- transzendierenden Ambitionen und war im Gegenteil talismus zu akzeptieren und ihre „Skepsis gegenüber bemüht zu zeigen, dass die PDS „strikt auf dem Bo- [der] NATO“ abzulegen habe, wie SPD-Generalse- den des Grundgesetzes steht und eine realistische kretär Müntefering im Oktober 2000 mit deutlicher Politik betreiben kann“, wie die PDS-Fraktion in Referenz auf den noch immer geltenden bundesrepu- Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 1999 formulier- blikanischen Basiskonsens forderte.56 te.61 Dass die aus der Partei hervorgegangene Linke Dass diese Domestizierungsstrategie ganz im Sinne in Ländern wie Brandenburg und Berlin seit Jahren sozialdemokratischer Machtpolitik war, verstand sich mitregiert und in Thüringen sogar den Ministerpräsi- von selbst. Allerdings heißt das nicht, dass sie er- denten stellt, ohne das „System“ maßgeblich verän- folglos war. Bedeutsam war in diesem Zusammen- dert zu haben, steht deutlich in dieser Tradition. hang, dass die tonangebende „reformpolitische“ Füh- Selbst in der für Sozialisten so kritischen Frage der rungsgruppe innerhalb der PDS diese Fremddeutung Wirtschaftsordnung setzte bald ein Wandel ein. als „postkommunistisches Lernprojekt Richtung Re- Nachdem sie mit dem Scheitern des Realsozialismus formpolitik und westliche Demokratie“57 selbst unter- ihres ökonomischen Modells verlustig gegangen wa- stützte und ihrerseits einen auffallend deutlichen Wil- ren, orientierten sich große Teile der Partei zuneh- len zur Inklusion im politischen System der Bundesre- mend an sozialdemokratischen Konzepten. Obwohl publik entwickelte. Ganz in der staatsnahen Tradition sie sich noch immer als „sozialistisch“ definierten, der SED stehend, wollten führende Politikerinnen begannen die „Reformer“ an der Parteispitze, die und Politiker der PDS wie Gregor Gysi, André Brie „Errungenschaften der sozialen Marktwirtschaft“62 oder auch im „bürgerlichen Parlamentaris- zu preisen. Sie erklärten sich selbst zu Verteidigern des mus“ mitmischen: „Wer sich nicht als Teil dieser „rheinischen Kapitalismus“ Westeuropas gegen die Gesellschaft versteht, wird ihr keine Impulse zur vermeintlich unsozialere angelsächsische Variante, Veränderung und Entwicklung geben können“, wie 53 AdsD, SPD-LV MV, 3/MVAB000122: Überlegungen zu den 58 ADS, PDS-LV MV, Alt-Sign. 2008-XVII-560: Helmut Holter, Gesprächen zwischen SPD und PDS [1995]. ... aber Lichtjahre liegen vor uns. 10 Jahre PDS Mecklenburg- 54 AdsD, Dep. Thierse, 1/WTAA001646: Klaus-Jürgen Scherer, Vorpommern. Rede zur Podiumsveranstaltung „PDS – Überlegungen zur Auseinandersetzung der Sozialdemokratie Schwieriges und offenes Projekt“. Rostock, 17. Juni 2000, S. 3. mit der PDS. Beitrag für die Konferenz „Die PDS und ihre 59 , Das Magdeburger Modell schafft Akzeptanz Bedeutung in der Parteienlandschaft des vereinigten Deutsch- und Entdämonisierung. Rede auf der Hauptversammlung der land“ 17. und 18. März 1995 in der Akademie für Politische PDS Magdeburg am 17. Juli 1999. In: PDS-Pressedienst vom Bildung Tutzing. 18. März 1995, S. 9. 13. August 1999. 55 Die PDS als möglicher Koalitionspartner der SPD? Interview 60 ADS, PDS-LV MV, Alt-Sign. 2008-XVII-51: Helmut Holter, mit Franz Müntefering. In: Deutschlandfunk vom 11. Oktober „Zu den Ergebnissen der Wahlen ’94 und zur weiteren Politik 2000, URL . Schwerin, 3. Oktober 1994, S. 30. 56 Ebd. 61 ADS, Gysi-008: PDS-Fraktion, „Ein Jahr rot/rot“. Bilanz und 57 Klaus-Jürgen Scherer, Die SPD und die PDS. In: Peter Barker Schlussfolgerungen. 18. Oktober 1999, S. 1. (Hg.), The Party of Democratic Socialism in Germany. Modern 62 Gregor Gysi, Gerechtigkeit ist modern. Eine notwendige Ant- Post-Communism or Nostalgic Populism? Amsterdam/Atlanta wort auf Gerhard Schröder und Tony Blair / Zwölf Thesen für 1998, S. 182-193, dort S. 184. eine Politik des modernen Sozialismus. Berlin 1999, S. 4. doi:10.25838/oaj-mip-20185-13 11 Aufsätze Holzhauser – Extremisten von gestern – Demokraten von heute? [...] MIP 2018 24. Jhrg. wie ein PDS-Parteitagsbeschluss im Jahr 2000 for- partei entgegensteht.66 Allerdings ist nicht ausge- mulierte.63 Auf dieser Grundlage konnte sich die Partei schlossen, dass auch die Linkspartei nach eventuel- schließlich 2005 mit enttäuschten Sozialdemokraten lem Eintritt in eine Bundesregierung eine ähnlich und Gewerkschaftern aus dem Westen verbünden und unwahrscheinliche Hinwendung zum Atlantizismus er- sich als „Linkspartei“ neu positionieren. Langfristig leben könnte wie die Grünen in ihrer rot-grünen Re- ging dieser Wandel so weit, dass selbst führende gierungszeit. Dann wäre vom Anti-System-Protest Vertreterinnen und Vertreter des linken Parteiflügels der Linken auch in dieser Hinsicht nicht mehr viel zu wie Sahra Wagenknecht, in den 1990er Jahren noch spüren. Aushängeschild des orthodox-kommunistischen Flü- gels, nun öffentlich als Marktwirtschaftler gesehen Fazit werden wollten und in bürgerlichen Feuilletons mit dem Erbe des Ordoliberalismus kokettierten: Ludwig Aus den dargelegten Ausführungen lassen sich drei Erhard wäre heute bei der Linkspartei „am besten auf- Beobachtungen ableiten. Erstens hat es in der Ge- gehoben“, so Wagenknecht im Dezember 2012.64 schichte der Bundesrepublik Parteien gegeben, die anfänglich als Gefahr für das politische System und Eine wesentliche Folge dieser Entwicklung ist, dass seine Normen angesehen wurden, sich von diesem die Diskussionen um Die Linke stark abgeklungen Image aber zunehmend lösen konnten. Es wurde ar- sind. Dass die Linkspartei heute kaum mehr und die gumentiert, dass diese Wahrnehmung wesentlich mit Grünen überhaupt nicht mehr als grundsätzliche Ge- der Distanz bzw. Nähe dieser Parteien zum etablier- fahr für unsere Demokratie beschrieben werden, ist ten politisch-kulturellen Basiskonsens der Bundesre- sichtbarer Ausdruck dieser doppelten Verschiebung: publik zusammenhängt. Aus dieser Sicht ist „Extre- einer Wahrnehmungsverschiebung, die aber zugleich mismus“ im politischen Diskurs weniger eine abso- auch mit einer Profilveränderung zusammenhängt: lute denn eine relationale Kategorie und sie bezieht Die Linkspartei und noch mehr die Grünen haben sich nicht nur auf das konstitutionelle System, son- ihren Widerstand gegen die hegemoniale politische dern auf die gesamte politische Deutungskultur, die Deutungskultur der Bundesrepublik nach und nach auch solche Faktoren der Wirtschafts- und Sicher- aufgegeben und wurden zugleich stärker in politi- heitspolitik umfasst, die nicht unbedingt als Kernbe- sche Verantwortung eingebunden, wobei sich beide stand des „demokratischen Verfassungsstaates“ an- Prozesse gegenseitig antrieben und verstärkten. gesehen werden können. Andererseits hat die Linkspartei bisher weder pro- Zweitens wurde am Beispiel der Grünen und der grammatisch noch in der öffentlichen Wahrnehmung PDS/Linkspartei dargestellt, dass das Verhalten der einen ähnlich umfänglichen Wandel durchlebt wie Konkurrenz einen entscheidenden Einfluss auf die die Grünen. Zum einen wirft die SED-Vergangenheit politischen Wandlungen systemkritischer Parteien noch immer einen Schatten, der nur sehr allmählich ausüben kann. So trug in beiden Fällen eine Mi- verblasst. Zum anderen aber hat sich die Linkspartei schung aus exkludierenden, adaptierenden und in- – in bewusster Abgrenzung von den Grünen – bis kludierenden Strategien dazu bei, sowohl Grüne als heute nicht auf den transatlantischen Konsens ihrer auch – in geringerem Maße – PDS/Linkspartei an Konkurrenten eingelassen. Vorsichtige Versuche der den politischen Basiskonsens der Bundesrepublik Parteiführung wie beispielsweise auf dem PDS-Par- heranzuführen und zu entradikalisieren – wobei in teitag in Münster im Jahr 2000, die Partei durch eine beiden Fällen der Aussicht auf symbolische Aner- flexiblere Positionierung für eine „realistische und kennung und auf praktische Machtbeteiligung eine mehrheitsfähige“ Außenpolitik zu öffnen, schlugen wichtige Anreizfunktion zukam.67 fehl und wurden durch die Parteimehrheit zurückge- wiesen.65 Die außenpolitische „Unzuverlässigkeit“ Allerdings muss drittens auch konstatiert werden, der Sozialisten bleibt daher ein zentraler Faktor, der dass der Erfolg einer Inklusionsstrategie notwendiger- einer bundespolitischen Aufwertung zur Regierungs- weise die Bereitschaft innerhalb der strategischen

63 Politische Erklärung des Münsteraner Parteitages der PDS. In: 66 Vgl. Cordula Eubel, Matthias Meisner & Stephan Haselsberger, Disput 4/2000, S. 19-20, dort S. 19. Rot-Rot-Grün zweifelt an Rot-Rot-Grün. In: tagesspiegel.de 64 „Wir brauchen Märkte“. Interview mit Sahra Wagenknecht. vom 12. Juni 2017, URL . heit statt Kapitalismus. Frankfurt/Main 2011. 67 Zu dem Ergebnis, dass gemischte Strategien im Umgang mit 65 6. Parteitag in Münster vor mehreren schwerwiegenden Ent- Extremisten erfolgreich sein können, kommt auch Capoccia, scheidungen. In: PDS-Pressedienst vom 7. April 2000. Defending Democracy.

12 doi:10.25838/oaj-mip-20185-13 MIP 2018 24. Jhrg. Holzhauser – Extremisten von gestern – Demokraten von heute? [...] Aufsätze

Führungsgruppe der zu integrierenden Partei voraus- lang, antidemokratische Systemfeinde einzuhegen.68 setzt, sich auf die maßgeblichen politisch-kulturellen Und ganz abgesehen davon, ob eine Inklusion der Codes und Spielregeln einzulassen, um als legitime Rechten normativ wünschenswert ist, gibt es aktuell und bündnisfähige politische Kraft anerkannt zu wer- auch wenig Indizien dafür, dass eine solche Strategie den. Das war sowohl unter grünen „Realos“ (und Re- im Fall der AfD eine gangbare Alternative darstellt: gierungslinken) als auch unter den sogenannten „Re- Zum einen gibt die Partei wenig Anlass zu glauben, formern“ der PDS der Fall. Diese waren in unter- dass sie sich domestizieren ließe. Vielmehr scheint schiedlichem Maße bereit, bestimmte politische Po- die Partei ihr Glück weiter in der radikalen und ma- sitionen aufzugeben, die als mit dem politisch-kultu- ximalen Abgrenzung vom politischen Basiskonsens rellen Basiskonsens der Bundesrepublik unvereinbar ihrer Konkurrenten zu suchen. Und zum anderen angesehen werden, um auf diese Weise Anerken- scheinen die Etablierten momentan eher auf Adapti- nung und Koalitionsfähigkeit zu gewinnen – auch on zu setzen: Man grenzt sich zwar von der AfD als wenn das zugleich einen gewissen Profilverlust als Partei ab, nähert sich in Teilen aber deren Positionen Protestpartei bedeutete. an – mit der Gefahr, dass sich die politische Kultur der Bundesrepublik eher den Rechten anpasst als Die Zähmung des „Extremen“ erscheint daher eben- umgekehrt. so möglich wie riskant. Dafür spricht nicht nur der Weg der Grünen in die politische Mitte, sondern auch das Beispiel der Linkspartei, die aktuell sicht- lich damit kämpft, ihre Ausstrahlung auf Protestwäh- ler zu behaupten – gerade auch angesichts neuer Konkurrenz durch die Alternative für Deutschland. Diese gibt heute mehr als jede andere Partei in Deutschland Grund zur Diskussion um den richtigen Umgang mit Populisten und Extremisten. Lassen sich aus den dargelegten Ausführungen zur Entwick- lung von Grünen und PDS also auch Rückschlüsse für den Umgang mit der AfD ableiten? Auch wenn es nicht die Sache des Historikers ist, politische Ratschläge zu geben oder gar Prognosen zu erstellen, so kann doch gesagt werden, dass jeder Versuch des Vergleichs sowohl die strukturellen Ge- meinsamkeiten als auch die erheblichen politischen Unterschiede zwischen den fraglichen Parteien be- rücksichtigen muss. Dass bei der Diskussion um die AfD nicht nur verfas- sungspolitische, sondern gerade auch gesellschaftspo- litische Gegensätze (etwa der Asyl- und Einwande- rungspolitik oder der Erinnerungs- und Identitätspoli- tik) eine Rolle spielen, liegt ebenso auf der Hand wie die Tatsache, dass die neue Rechte gerade deswegen reüssiert, weil sie sich als Alternative zum politi- schen Basiskonsens der Bundesrepublik zu inszenie- ren versteht. Das heißt aber noch lange nicht, dass eine Partei wie die AfD pauschal als ungefährlich eingeschätzt werden sollte, zumal eben ganz grund- sätzliche Fragen der demokratischen Gleichheit und Liberalität zur Disposition stehen. Dem hiesigen Be- fund der Integrierbarkeit früherer Systemgegner ste- hen nach wie vor die zahlreichen Fälle der Zwi- schenkriegszeit entgegen, in der es eben nicht ge-

68 Für verschiedene Beispiele siehe Capoccia, Defending Demo- cracy. doi:10.25838/oaj-mip-20185-13 13