Rechte F reunde Populismus Offiziell bemüht sich die AfD um Distanz zu Radikalen. Aber gerade im Osten sehen viele Parteifunktionäre die -Bewegung und neurechte Denker als natürliche Verbündete.

role, sogar für die jüngste Pegida-Hetze gegen Fotos dunkelhäutiger Kinder auf Schokoladenpackungen. Deshalb will AfD- Chefin eine Partnerschaft un - bedingt verhindern. Aber die Bundesvor - stände sind zu zerstritten, um entschlossen zu handeln. Viele fürchten auch, ein Anti- Pegida-Kurs könnte Wähler verprellen, vor allem im Osten, wo die AfD derzeit Zu - stimmungswerte um 20 Prozent einfährt. Also verfolgt man einen Mittelweg: Ver - gangene Woche beschloss der Vorstand, „dass AfD-Mitglieder weder als Redner noch mit Parteisymbolen bei Pegida- Veranstaltungen auftreten sollen“. Auch „Redeauftritte von Pegida-Vertretern und Pegida-Symbole auf AfD-Veranstaltungen lehnen wir ab“. Sogar dieser eher weiche Beschluss, der weder explizite Verbote noch Sanktionen enthält, stößt auf harten Widerstand im rechten Parteimilieu. „Der Beschluss widerspricht dem Geist

T der AfD seit dem Essener Parteitag“, klagt R E N

U Hans-Thomas Tillschneider, Abgeordneter R G

S in Sachsen-Anhalt und Chef der „Patrioti - E N

N schen Plattform“ in der AfD. In Essen habe A H O J doch Frauke Petrys Lebensgefährte Marcus AfD-Vordenker Kubitschek: Den Protest flüssig halten Pretzell noch die AfD zur Pegida-Partei ernannt. „Der Beschluss des Vorstands ist n diesem Maiabend in Magdeburg chen, ruft er dem Publikum zu: „Ich sehe ein Rückschritt“, sagt Tillschneider. „Er er - ist das ganze rechte Spektrum in bei Ihnen allen eine Mitteilungs- und Ver - füllt einen Herzenswunsch von Bernd Lu - ADeutschland vertreten: die AfD, der netzungspflicht“, und „bei der AfD eine cke, der stets auf Distanz zu Pegida ging.“ Straßenprotest, die Intellektuellen und ihre absolute Organisations- und Strukturie - Tillschneider sucht gezielt die Nähe zu Medien. Auf Einladung von Jürgen Elsässer, rungspflicht“. Die Partei sei „nur ein Bau - den Dresdner Protestlern, erst kürzlich trat Chefredakteur des Kampfblatts „Compact“, stein in diesem Widerstandsgebäude, das er vor ihnen auf. „Liebe Kameraden! Deut - liest Akif Pirin çci aus seinem neuen wir zu errichten haben“. Für das gemein - sche!“, rief der Islamwissenschaftler von Werk. Der türkischstämmige Skandalautor same Ziel sollten alle nach „ordentlicher der Bühne: „Ohne Pegida stünden wir („Deutschland von Sinnen“, „Die große Arbeitsteilung“ anpacken: „Im Organi - nicht dort, wo wir heute stehen. Pegida Verschwulung“) präsentiert in der Magde - gramm des Widerstandsmilieus findet sich hat den Boden für eine neue Islampolitik burger Eventhalle sein neues Buch „Um - jeder in irgendeiner Weise wieder.“ der AfD bereitet.“ volkung“, erschienen im Verlag des rechts - Die Rechte als monolithische, schlagkräf - Da Tillschneider solche Auftritte weiter nationalen Vordenkers Götz Kubitschek. tige Organisation – das ist nicht nur Ku - bestreiten will, wird die Patriotische Platt - Das Publikum ist durchgehend deutsch, bitscheks Traum. Vor allem im Osten ist form den Vorstandsbeschluss vor dem Par - Männer wie Frauen, wenige Rentner, viele die Rechtsfront vielerorts Realität. Vertreter teischiedsgericht angreifen. Die AfD-Rich - im Studentenalter. Schon in der Schlange von AfD, Pegida und Rechtsintellektuellen ter sollen klären, ob die Bundesspitze Kon - vor dem Eingang begrüßen sich Gäste mit tauschen sich aus, marschieren gemeinsam, taktverbote zu Pegida verhängen darf und Winken und Handschlag. Man kennt sich wollen den Protestmob, die Poli tiker und was geschieht, wenn man sie ignoriert. von den Demos, von Pegida, Magida, Le - die Denker zu einer Einheit verschmelzen. Es ist fraglich, ob ein Bruch mit Pegida gida, Thügida, und natürlich von Kundge - „Pegida ist ein Katalysator für uns“, sagt der AfD nutzen würde. Umfragen von 2015 bungen der AfD. Die Partei ist ebenfalls Thüringens AfD-Chef Björn Höcke, der zeigen, dass bei den Sympathisanten der präsent, direkt neben dem Einlass hat sie jüngst einen Pegida-Organisator als Redner Rechtspartei das Verständnis für die Mär - einen Werbestand mit Flyern („Es reicht!“) eingeladen hatte und dies selbst ein „wich - sche der Islamgegner besonders groß ist. und Mitgliedsanträgen aufgestellt. tiges Signal“ nennt. Auch Höckes Kollege „Es gibt quer durch die Republik ein ein - Nach der holprigen Lesung Pirin çcis, aus Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, heitliches ideelles Pegida-AfD-Milieu“, be - nach seinen Tiraden gegen „staatlich ge - sieht den „Schulterschluss“ von Pegida und richtet der Dresdner Politikwissenschaftler prüfte Ziegenhirten aus Pakistan“ oder die AfD als längst vollzogen an. Werner Patzelt, „obwohl beide nicht orga - „familiäre Fuck-and-Forget-Strategie“ der Der Kurs ist heikel, denn ein Bündnis nisatorisch verflochten sind und es in West - Afrikaner, hat Verleger Kubitschek noch würde die AfD haftbar machen für jedes deutschland fast keine Demonstrationen mal das Wort. Alle müssten nun mitma - Hass-Transparent, jede wirre völkische Pa - gibt.“ Was die Anhänger beider Gruppen

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verbinde, sei die Sorge vor Überfremdung Auch Björn Höcke findet, man sollte den gen Petry. Diese Partei könnte die Radikalen und Islamisierung. „Die AfD steht für Pe - Pegida-Beschluss der AfD-Spitze „nicht all - an sich binden, dann wäre die AfD sie los. gida in der Wahlkabine, Pegida verkörpert zu hoch hängen“: „Erfahrungsgemäß geht Auch Marc Jongen, eine Art Hausphilo - die AfD auf der Straße“, fasst Patzelt zu - über viele Parteibeschlüsse schnell soph der Partei und Schüler Peter Sloter - sammen. hinweg. Es ist alles ins Rutschen gekom - dijks, lobt den Beschluss des Bundesvor - Die Frage ist allerdings, was die langfris - men.“ Höcke und sein Seelenverwandter stands und warnt vor zu viel Nähe zum tige Folge einer offiziellen Partnerschaft Kubitschek haben aus ihrer Verachtung des plumpen Protestmilieu. „Es gibt zwar un - wäre. Der Ton der rechten Demonstranten politischen Establishments nie einen Hehl bestreitbar inhaltliche Überschneidungen wird schärfer, die Ausfälle gegen Flüchtlin - gemacht. Sie sehen Parteien als Zerrspiegel mit Pegida. Wir müssen aber darauf ach - ge, die angeblich nur nach Deutschland kä - des Bürgerwillens, als Machtapparate, die ten, dass wir als AfD ein deutlich unter - men, um zu vergewaltigen („Rapefugees“) den Charakter verderben und nur dem scheidbares Profil behalten“, sagt Jongen. oder die Scharia einzuführen („Invasoren“), Streben nach Posten dienen. Höcke wie „Über Pegida habe wir keine Kontrolle, da - werden drastischer. Kubitschek wollen die Protestbewegung rum ist eine gewisse Distanz geboten.“ Tatsächlich hat sich die Runde der „Spa - durch Demonstrationen „flüssig halten“. Vor der Bundestagswahl wird die AfD ziergänger“ zum bräunlichen Sammel- Die Rechtsdenker scheinen das Prinzip von ihr Verhältnis zum rechten Rand klären becken entwickelt. Unter die Dresdner De - George Orwells „1984“ zu verfolgen: „If müssen. Erste Vorbereitungstreffen finden monstranten, angeführt vom mehrfach vor - there is hope, it lies in the proles“ – die bereits statt: Vor einigen Wochen reiste bestraften , mischen sich letzte Hoffnung gegen das System, gegen Jongen nach Merseburg in Sachsen-Anhalt.

immer wieder Hooligans und NPD-Akti - Merkel und den Parteienstaat ist ein Mas - Hier fand in einem Wirtshaus unweit des visten, und auch bei Ablegern wie Magida senaufstand der einfachen Leute. Doms erstmals ein konspiratives Abend - (Magdeburg) oder Pogida (Potsdam) spa - Vor einem Jahr gründete Kubitschek die essen zwischen AfD-Spitzenleuten und der zieren Extremisten gern mit. Die Radika - Bewegung „Ein Prozent für unser Land“, neuen Rechten statt. Auf Vermittlung von lisierung scheint noch nicht abgeschlossen. die von der Prämisse ausgeht, Deutschland Björn Höcke trafen sich Jongen und AfD- „Auf die Dauer dürfte es für jede politische lasse sich verändern, wenn nur ein Prozent Vize Alexander Gauland mit Götz Ku- Bewegung gefährlich sein, sich das Pegi - der Bürger mitmachten – egal wie gebildet, bitschek und seiner Frau Ellen Kositza. da-Etikett anzuhaften“, warnt Patzelt. gemäßigt oder radikal sie sind. Flyer der hatte solche Kontakte ve - Für die AfD verbirgt sich hinter der Pe - Ein-Prozent-Bewegung tauchten im Land - hement abgelehnt und die Frage der Par - gida-Frage auch noch die Richtungsfrage, tagswahlkampf öfter auf AfD-Veranstaltun - teimitgliedschaft von Kubitschek und Ko - wie bürgerlich man nach Luckes Abgang gen auf. Und soeben ließ sich Höcke als sitza zum Casus Belli erhoben. Heute ist sein will. Ist die AfD eine Partei für das Redner einladen bei dem Forum „Herkules die Aufnahme von Ellen Kositza für die „Pack“ () oder für Akade - Kreis“, das alle vereinen will: AfD-Mitglie - AfD-Spitze kein großes Thema mehr, und miker? Oder lässt sich beides vereinen? der, Ein-Prozent-Aktivisten und poli tisch Marc Jongen erinnert sich gern an den Bei diesem Thema sind die AfD-Strate - Interessierte. „fruchtbaren Gedankenaustausch“ mit gen alles andere als einig. Alexander Gau - Doch es gibt Kräfte in der AfD, die nicht dem „rechten Dissidenten“ Kubitschek. land etwa propagiert von jeher, die AfD an die Macht der Straße glauben. Frauke Pe - Der übertreibe zwar bei manchen Fragen, müsse „Partei der kleinen Leute“ sein. try etwa lehnt nach anfänglichen Kontakten aber das gehe wohl nicht anders: „Es Gauland ging früh als Beobachter zu den jeden Umgang mit Pegida ab. Anders als braucht großen Eigensinn, um so viele Jah - Dresdner Demonstrationen; als der Pegi - Höcke fürchtet sie offenbar auch nicht die re gegen den Zeitgeist zu arbeiten. Erst da-Abgrenzungsbeschluss im Vorstand zur Gründung einer Pegida-Partei. Das sollten jetzt dreht der Wind in seine Richtung.“ Abstimmung stand, enthielt er sich. die ruhig machen, zitieren Vorstandskolle - Melanie Amann

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