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gern die Fußballer. Als Ziel- gruppe sind die Kicker ideal: wohlhabend und ahnungslos. Da liegt der Bedarf auf der Hand. „Das sind junge Leu- te“, sagt Lutz Meyer, dem bei Arthur Andersen das Fußbal- ler-Geschäft obliegt, „mit re- lativ geringer wirtschaftlicher Erfahrung, aber viel Geld.“ Mit den richtigen Anlagetips können die Stars so nahe wie möglich an brutto für netto gelangen, bei windigen An- bietern droht ihnen eine Zu- kunft als Sozialfall. Beispiele von Opfern kennt fast jeder Profi aus sei- nem eigenen Umfeld. Denn ähnlich wie Ärzte und Künst- ler verloren auch viele Kicker in den achtziger Jahren mit Bauherrenmodellen Großtei- le ihrer Ersparnisse. Ewald SPORTIMAGES T. SCHREYER T. SVEN SIMON SVEN Lienen etwa wäre gern mit 27 Fußballprofis Lienen (1991), Ziege, Eckstein: „Einige Spieler werden sich wundern“ Jahren aus dem Berufsfußball ausgestiegen; dreier Eigen- tumswohnungen und eines 600000-Mark- FUSSBALL Kredits wegen schnürte der Linksaußen – heute Trainer in Rostock – noch elf weite- re Jahre die Stollenschuhe. Bei anderen, Steilpaß ins Portemonnaie wie dem Kölner Gerd Strack oder dem ehemaligen Bayern-Profi Norbert Nacht- weih, mündete die an sich erfolgreiche Kar- Rund hundert Bundesligaprofis kassieren riere in vorübergehender Zahlungsun- siebenstellige Gehälter. Scharen von Anlageberatern fähigkeit. Allen gemein ist die Erkenntnis, ringen deshalb trickreich um ein Mandat. auf die falschen Berater gesetzt zu haben. Mit der Zahl der Stellen vor dem Kom- en Besprechungsraum der Firma stellige Gagen, allein beim FC Bayern greift ma ist das Anforderungsprofil an die per- Heinze & Partner in Iserlohn das Ballpersonal etwa 50 Millionen Mark sönlichen Manager der Profis noch mal Ddurchweht ein Hauch von Bundes- ab. So viel Geld will sinnvoll angelegt sein. gewachsen. In Zeiten, in denen Topspieler liga-Flair. Die Wände zieren Fotos mit Als Folge sehen sich die Besserverdiener höhere Löhne beziehen als mancher mit- handschriftlichen Grüßen prominenter neuerdings einem Massenwerben ausge- telständische Betrieb an Umsatz erwirt- Fußballer wie Michael Tarnat und Marcel setzt. Finanzdienstleister vielfältiger Cou- schaftet, scheint es nicht mehr damit ge- Witeczek; über den Fernseher flimmert leur buhlen trickreich um ein Mandat: Um- tan, die Transfers abzuwickeln und den n-tv mit den aktuellen Kapitalmarktkur- gesattelte Sportler wie der Ex-Zehnkämp- Rest einem befreundeten Steuerberater zu sen, ganz wie in der Umkleidekabine des fer Jürgen Hingsen, dubiose Anlagefirmen überlassen. Roger Wittmann, 38, der neben FC Bayern München. „Die Börse“, erkennt vom Schlag der Göttinger Gruppe und Nationalspieler rund 40 wei- Firmenchef Lothar Heinze mit geübtem selbst internationale Wirtschaftsbera- tere Fußballer betreut, bekommt zuweilen Blick, „ist heute schwach.“ tungskonzerne wie Arthur Andersen bela- „unheimlich Respekt davor, in welchen Das Ambiente ist mit Be- Größenordnungen man sich dacht gewählt. Denn als Part- bewegt“. ner hat Heinze, 45, sich Tho- Umsichtige Spielerberater mas Helmer ausgesucht, den kooperieren deshalb mit An- Kapitän des Deutschen Re- lagespezialisten. Wittmann kordmeisters. Im Doppelpaß vermittelt seine Schäfchen mit dem ehemaligen Natio- an die Prinz zu Hohenlo- nalspieler beackert der Steu- he-Jagstberg & Banghard erberater ein lukratives Feld: GmbH, der Mönchenglad- Die Agentur Heinze & Part- bacher Manager Norbert ner hat sich der Vermögens- Pflippen, zu dessen Kunden- beratung von Fußballprofis stamm , verschrieben. , Lars Ricken Die Zeichen stehen auf und zählen, heu- Boom: In den vergangenen erte Arthur Andersen an. Jahren sind die Profigehälter Die meisten Fußballspieler geradezu explodiert. Rund werden indes von Finanz- hundert Bundesligakicker jongleuren direkt angegan- kassieren inzwischen sieben- Partner Helmer, Heinze im Firmenprospekt: „Ablage Papierkorb“ gen. Fast täglich, so weiß der

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Duisburger Mittelstürmer Uwe Spies zu drohten dem Verkäufer: „Sie können sich berichten, landen Offerten von vorgebli- die Zeitung aussuchen, in der Sie erschei- chen Geldvermehrern und Steuerverhin- nen wollen.“ derern in seinem Briefkasten. Die Deut- Eine neue Variante wurde voriges Jahr sche Vermögensberatung AG versuchte es unter den feinen Kaufleuten der Hanse- zwei Jahre lang über Inserate in der Mit- stadt Hamburg publik. Dort betätigte sich glieder-Zeitschrift der Vereinigung der Ver- sogar der örtliche Bundesligaclub als Ver- tragsspieler (VdV). Das Unternehmen, dem mögensberater. Jürgen Engel, Schatzmei- der Branchendienst „Gerlach-Report“ vor- ster des Hamburger SV, wollte auch den wirft, „unbedarfte Anleger in die Irre“ zu Verein an den Segnungen der Steuerge- führen, stieg zum Sommer auch als Tri- schenke beim Aufbau Ost teilhaben lassen. kotwerber beim 1. FC Kaiserslautern ein. Er erwarb drei Immobilien in Greifswald, Die Sponsorenschiene gilt als probates Stralsund und Plau am See für 19,2 Mil- Mittel, sich in den Spielerkreis einzu- lionen Mark. Einen Teil ihrer Gage sollten schleichen. Beim VfB Stuttgart, dem der die HSV-Profis in die Bauten investieren. baden-württembergische Finanzminister Doch die meisten fanden das innova- Gerhard Mayer-Vorfelder vorsteht, ließ die tive Modell heikel, lediglich ein Spieler Clubführung ihren Angestellten Unterla- zeichnete. Vielleicht hatten die HSV-Kicker auch nur eine übersinnliche Ahnung. Denn wie der SPIEGEL aufdeckte (23/1997), war der Ausflug des e. V. ins Geldwesen vor allem für den Schatzmeister von Vorteil: Engel hatte eine Provision in Höhe von 993830 Mark kassiert. Am 28. Oktober muß sich der Hotelier deshalb vor dem Amtsgericht Hamburg-Mitte wegen des Vorwurfs der Untreue verantworten. Cleverer ging da der Duisburger Steu- erberater Heinz Pudell an die Kundschaft ran: Er ließ sich zum Schatzmeister der Fußballer-Gewerkschaft VdV wählen, der 74 Prozent der deutschen -Be- schäftigten angehören. Im Verbandsorgan „Wir Profis“ bietet Pudell auf der Service- Seite unter der Rubrik „Steuer und Kapi- talanlage“ seine eigenen Dienste an.

M. TRIPPEL / IMAGES.DE M. TRIPPEL Den frechsten Steilpaß ins Portemon- Partner Wittmann, Hingsen naie der Fußballer schlug jedoch der Iser- Unwiderstehliches Renommee lohner Lothar Heinze. Erst erstellte er sei- nem Klienten nur die gen der Göttinger Gruppe ins Fach legen – Steuererklärung, dann verkaufte er ihm auch aus Dank für die fünf Millionen Mark, Immobilien, und schließlich gründete er die das Unternehmen dem Verein jährlich mit dem Einser-Abiturienten Helmer die für die Trikotwerbung überweist. Als wei- „Heinze & Partner Beratungs- und Be- teren Schritt durften die Profis einen Vor- treuungs-Gesellschaft für Bundesligapro- trag über sich ergehen lassen, in dem die fis“. Der Abwehrrecke gibt nicht nur seinen Göttinger Gruppe an einigen Rechenbei- guten Namen, er arbeitet auch intensiv mit spielen ihre angebliche Leistungsstärke – etwa wenn er den Adressenbestand der vorführte. Agentur aus dem Kollegenkreis aktuali- Auch in den VIP-Räumen der Clubs siert oder hoffnungsvolle Talente zu ak- treiben sich nach Spielende gern Tritt- quirieren versucht. brettfahrer herum, die den todsicheren An- Sebastian Backer zum Beispiel, Jugend- lagetip versprechen. „Da sind so viele un- nationalspieler beim FC Bayern, hatte in seriöse Typen bei“, beklagt VfB-Torjäger einem Zeitungsinterview verraten, daß Hel- , „die dir über das Freund- mer sein Idol sei. Prompt setzte Heinze den schaftliche kommen.“ prominenten Kompagnon in Marsch, mit Auf einer Geburtstagsparty von Hans- Backer „mal ’ne Tasse Kaffee zu trinken“. Wilhelm Müller-Wohlfahrt,Vereinsarzt des Es blieb beim Kaffee. Auch die Hoch- FC Bayern, schmiegte sich ein Finanzex- glanzbroschüre, mit der Heinze & Partner perte an die Profis und für sich werben, hat Backer nicht über- Michael Sternkopf.Am Ende der schnellen zeugen können. Damit liegt der Nach- Freundschaft hatten beide je ein Apparte- wuchsspieler auf einer Linie mit gestande- ment in Bonn zu heillos überhöhten nen Profis wie dem Bremer Jens Todt, der Quadratmeterpreisen erworben. Während den Prospekt seiner „Ablage Papierkorb“ Sternkopf das Sonderangebot zahlte, übereignete. gelang Ziege ein Rückzieher. Bayern- Dabei kann Heinze durchaus auf erfolg- Manager Uli Hoeneß, Zieges damaliger reiche Geschäftsbeziehungen mit Profi- Berater Pflippen und ein Rechtsanwalt fußballern verweisen. Zwischen 1993 und

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1996 verhökerte er allein im Leipziger Bundesliga-Spitzenverdienern enormer Raum und im thüringischen Kurort Mas- Beliebtheit. Jedoch verzichteten etliche serberg Objekte in zweistelliger Millio- Steuersparer darauf, die Anlagen persön- nenhöhe an Bundesligaspieler. So kauften lich aufzusuchen und die langfristige Ren- die Nationalspieler Helmer und Ziege tabilität zu prüfen. „Einige Spieler“, pro- sowie die Profis Günter Kutowski und gnostiziert VdV-Finanzexperte Pudell, Michael Lusch für 2,5 Millionen Mark ein „werden sich wundern, wenn die Miet- Schulgebäude, das sie sanieren ließen und garantie ausläuft.“ der Gemeinde Masserberg als Rathaus ver- Augenmaß scheint den Dribbelkünstlern mieteten.Auf mindestens 30 Jahre kassiert nicht unbedingt gegeben. Der ehemalige das Quartett monatlich 15 000 Mark – Nationalspieler Dieter Eckstein, 34, ließ macht bis 2024 rund 5,4 Millionen Mark. sich von seinem Berater Holger Klemme Mit etwas bescheidenerem Auftritt ist vor Jahren zwei Häuser à 600000 Mark an- auch Olaf Thon ins Geschäft mit der Al- drehen; unterschrieben hatte er „den Hau- tersvorsorge eingestiegen. Der Schalker fen Formulare“ während einer Autofahrt. Kapitän, den sie wegen seines Hangs zum Als die große Profikarriere sich dem Ende weisen Dozieren „Professor“ nennen, neigte, vermochte er die Monatsraten von hat den Umgang mit Policen und Ta- 15000 Mark nicht mehr aufzubringen. In rifzonen früh geübt. Schon mit 18 Jahren ist er als Versicherungs- praktikant selbst „rich- tig zu Kunden gefah- ren“. Eine Kaufmanns- ausbildung tauschte er zwar gegen die Natio- nalmannschaftskarriere ein, doch fortan küm- merte sich Thon eigen- händig ums Finanzielle: Immobilien, ein paar kleine Aktien, eine Le- bensversicherung – er sei, sagt er, ein „kon- servativer Anleger“. Nebenbei gründete

Thon die Versicherungs- WITTERS W. agentur „LJT Asseku- Ehepaar Effenberg: Hotelgeschäft angekurbelt ranz Makler GmbH“. Das Unternehmen drängt derzeit mit einer der Not stieß der frühere Stürmer der Sportinvaliditätsversicherung auf den Frankfurter Eintracht die Immobilien für Markt und bedient sich dabei einer be- insgesamt 750000 Mark ab. währten Kontaktbasis: Es kooperiert mit Eckstein (289 Bundesligaspiele, 84 Tore) der Helmer-Agentur. spielt heute in der Bayernliga für die SG Daß sich Steuersparmodelle leichter ver- Post Süd Regensburg; etwas anderes kann kaufen, wenn sie von prominenten Sport- er nicht. Mit monatlich 1600 Mark versucht größen feilgeboten werden, hat auch die er seinen Schuldenberg in Höhe von Kapitalanlage-GmbH Prinz zu Hohen- 360000 Mark abzutragen. lohe-Jagstberg & Banghard erkannt. Für Solch Ungemach hat den Einsatz im Athletenkreis nahm Fir- von vornherein ausgeschaltet. Das Ma- menchef Egon Banghard den ehemaligen nagement obliegt Ehefrau Martina. Die Zehnkämpfer Jürgen Hingsen in seine harte Verhandlerin investierte einen Teil Mannschaft auf. Der Hüne aus Duisburg der fünf Millionen Mark, die der Mittel- hält vor allem sein Renommee für unwi- feldstratege bei Borussia Mönchenglad- derstehlich: Wenn er komme, tönt er, bach bezog, in das Hotel Burg Wegberg.Als „brech’ ich sofort das Eis“. Mitglied einer Investorengruppe ließ er das Etwas vollmundig hatte Hingsen zuletzt historische Gemäuer für acht Millionen in einem Sportmagazin behauptet, „einen Mark erwerben und herrichten. Dann Rahmenvertrag mit der Spielergewerk- brachten die Effenbergs den Bundesliga- schaft der Profifußballer abgeschlossen“ club dazu, das Hotelgeschäft anzukurbeln: zu haben. Nur: Die Kicker-Vereinigung Vor den Heim- und Auswärtsspielen in weiß nichts von ihrem unschätzbaren der näheren Umgebung buchte sich die Glück. Wahr ist hingegen, daß einige von Borussia in der Nobelherberge des Mann- Spielerberater Wittmann betreute Kicker schaftskapitäns ein. diverse Objekte erworben haben, die Damit ist es nun vorbei: Mit dem Wech- Hingsen offerierte – zum Beispiel zwei sa- sel des Stars zum FC Bayern hat Ver- nierte Plattenbauten in Berlin-Schönefeld. einsmanager Rolf Rüßmann sofort reagiert Der Osten, fußballerisch seit der Wende – die Elf nächtigt jetzt im Hotel Leuther- eher Ödland, erfreut sich bei den meisten mühle. ™

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