Bezirk Hochtaunus Ökumenische Wohnhilfe im Taunus e.V.

Pressemitteilung

20 Jahre Ökumenische Wohnhilfe im Hochtaunus – eine kritische Bilanz

Bad Homburg v.d.H. – Im kommenden Jahr feiert die Ökumenische Wohnhilfe im Taunus e.V. (ÖWH) ihr 20-jähriges Jubiläum. Seit 1991 gibt es diese gemeinsame Initiative der katholischen und evangelischen Kirchen im und Main-Taunus-Kreis. In dieser Zeit haben 1280 Personen über die Vermittlung der ÖWH eine Wohnung gefunden. Im Jahr 2010 (Stand: 30.09.2010) ließen sich 52 Haushalte aus dem Hochtaunuskreis von der ÖWH beraten. 52% der Klienten waren Deutsche, 48% Ausländer; 89% bestreiten ihren Lebensunterhalt ganz oder teilweise mit Sozialhilfe (SGB II und SGB XII). 29% leben allein (Ein-Personen-Haushalte), 31% zu zweit und 19% zu dritt. 52% der Klienten kommen aus Bad Homburg, 27% aus . 79% leben in einer Privatwohnung, 13% in einer Sammelunterkunft, 8% sind obdachlos.

„Die Menschen, die zu uns in Bad Homburg und in Hofheim in die Beratung kommen, sind zunehmend Singles, darunter viele Hartz IV-Empfänger, alleinerziehende Mütter mit einem oder mehreren Kindern, Asylberechtigte, Aussiedler und alleinstehende Menschen, die bereits obdachlos sind bzw. von Obdachlosigkeit bedroht sind“, erläutert Marcus Krüger, Geschäftsführer der ÖWH. „Sie hätten aufgrund ihrer finanziellen Situation auf dem sogenannten freien Wohnungsmarkt im Hochtaunuskreis wenig Chancen“, ergänzt er und verweist damit auf die Schicksale der Klienten.

Finanziert wird die Arbeit der ÖWH vor allem durch die ca. 70 Mitglieder des Fördervereins (Einzelpersonen und Kirchengemeinden). Auch Zuschüsse des Main-Taunus-Kreises und vieler Kommunen aus beiden Landkreisen und die tatkräftige Unterstützung vieler Sponsoren macht die Arbeit der ÖWH möglich.

Seit der Gründung des Vereins war es das erklärte Vereinsziel, Menschen in Wohnungsnot zu beraten und ihnen Wohnungen zu vermitteln. Gleichzeitig tritt die ÖWH bewusst in der politischen Öffentlichkeit als Anwalt der Menschen auf, die als Bürger und Bürgerinnen

1 zweier Landkreise im „Speckgürtel“ der Rhein-Main-Region aus unterschiedlichen Gründen ihr Recht auf eine Wohnung nicht selbst öffentlich einklagen können.

Im Rückblick ist die stolze Erfolgs-Bilanz so auch ein Seismograph für eine gesellschaftliche Situation, die man nur als Skandal bezeichnen kann und die die Beratungs- und Vermittlungsarbeit des Vereins deutlich erschwert:

 Die Armut in Deutschland nimmt zu. Die Bilanz nach fünf Jahren Hartz IV zeigt einen deutlichen Anstieg der Sozialhilfezahlen. So sind die Fallzahlen z.B. im Main-Taunus- Kreis (im Hochtaunuskreis wird kein Sozialbericht veröffentlicht) in den Jahren 2005- 2009 um 19,3 % angestiegen. Erste Prognosen für das Jahr 2010 zeigen einen weiteren Anstieg.

 Die wachsende soziale Schieflage in unserer Gesellschaft wirkt sich immer stärker auf den lebenswichtigen Bereich Wohnen aus. Die vom Gesetzgeber für Leistungsberechtigte nach SGB II und SGB XII (Sozialhilfe) festgelegte Forderung, innerhalb einer festgelegten 6-Monatsfrist in eine billigere Wohnung umzuziehen, bringt viele Menschen zur Verzweiflung. Die angespannte Wohnungsmarktsituation spiegelt sich auch im Hochtaunuskreis wieder: die Nachfrage nach kleinen Wohnungen einfacher und mittlerer Preisklasse ist dauerhaft gegeben.

 Gleichzeitig ist die Zahl der öffentlich geförderten Wohnungen (Sozialwohnungen) im Hochtaunuskreis stark rückläufig.

 Arbeitslosigkeit, steigende Lebenshaltungs-, Heiz- und Energiekosten (Anstieg seit 2002 um 55,2 % bei gleichbleibendem Verbrauch!) bringen immer mehr Menschen in Geldnot und in Mietschulden. Dies zeichnet sich auch für das Jahr 2010 als deutliche Tendenz ab. Kündigungen durch Mietschulden nehmen stark zu.

„Man kann die Frage stellen, was der Schutz der Privatsphäre (GG Art. 13) für jemanden wert ist, der keine Wohnung findet, die zu bezahlen ist“, ergänzt Dr. Alexander Dietz vom Evangelischen Dekanat Hochtaunus, Kuratoriumsmitglied der ÖWH. „Wir als Kirchen sehen es als unseren Auftrag, hier die politisch Verantwortlichen immer wieder kritisch anzufragen“.

Zumindest die Neuregelung der Miettabelle im Hochtaunuskreis darf sich die ÖWH als Erfolg dieses kritischen Dialogs von Kirche mit Politik auf die Fahnen schreiben: im April 2010 hatte die ÖWH in Abstimmung mit der Liga der freien Wohlfahrtspflege im Taunus und der

2 katholischen und evangelischen Kirche öffentlich zu einer grundlegenden Reform der seit 16 Jahren unveränderten, inhaltlich und rechtlich veralteten Tabelle aufgerufen. Die sich anschließende politische Auseinandersetzung zwischen dem amtierenden Sozialdezernenten Dr. Wolfgang Müsse und dem Verein verlief außergewöhnlich scharf. Am Ende des Prozesses wurden die Forderungen der ÖWH jedoch fast vollständig erfüllt.

„Als Geburstagskind darf man sich ja etwas wünschen“, ergänzt Christoph Diringer, Vorstandsmitglied der ÖWH. „Da die Not groß ist, haben wir gleich vier Wünsche: den Wiedereinstieg der Kommunen des Hochtaunuskreis in den sozialen Wohnungsbau, eine Kapitalanlage der Kirchen in den Wohnungsbau für Mitarbeiter und sozial Bedürftige, die finanzielle Förderung der energetischen Sanierung vorhandener Wohnungen und die Bekämpfung der wachsenden Armut im Hochtaunuskreis, insbesondere der viel zu hohen Kinderarmut und der zukünftig sehr wahrscheinlich ansteigenden Altersarmut“.

20 Jahre Herbergssuche – trotz der kritischen Bilanz ein Grund zum Feiern. So lädt die ÖWH am 22. Januar 2010, 19:30 Uhr (Einlaß 19 Uhr) zu einer Jubiläumsfeier in das Mehrgenerationenhaus Eschborn (Evangelisches Gemeindezentrum - Hauptstr. 18). „Niemand muss langatmige Jubiläumsreden befürchten, stattdessen werden Frieder Claus & friends ‚Bettler’s Oper“ aufführen, Songs und Szenen aus dem armen und reichen Land“, so Marcus Krüger. Wer eine Eintrittskarte im Vorverkauf erwerben möchte, kann dies für 10,- Euro zzgl. VVG bei Foto König in Bad Homburg tun (Louisenstr: 89, Tel. 06172-685270) oder im Katholischen Bezirksbüro Hochtaunus, Dorotheenstr. 11 (Tel. 06172-6733-0). Wer die Arbeit der ÖWH für Wohnungssuchende mit einer Spende unterstützen möchte, kann dies bei der Taunus Sparkasse tun (BLZ 512 500 00, Kt.Nr. 359 705 25).

Kontakt: Christoph Diringer, Tel. (06172) 6733-28, Mail: [email protected] Marcus Krüger, Tel. (06192) 90 01 91, Mail: [email protected] Dr. Alexander Dietz, Tel. (06172) 308869, Mail: [email protected]

Spendenkonto Ökumenische Wohnhilfe im Taunus e.V.: Taunus Sparkasse BLZ 512 500 00 Konto-Nr.: 359 705 25

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