fineOktober art Ausstellung 2017 fineOktober art Ausstellung 2017

9. bis 28. Oktober 2017 Galerie Kovacek & Zetter GmbH Stallburggasse 2 A-1010 Wien

Öffnungszeiten: Mo – Fr 10 – 18 Uhr Sa 11 – 14 Uhr

Telefon +43/1/512 86 36 Telefax +43/1/513 49 57 [email protected]

www.kovacek-zetter.at Vorwort teristischen starkenKonturierung undseinersinn- Egon Schiele stelltmitderfürsein Spätwerk charak- „Sitzender Aktvon vorn“ ausdemJahr1917 von de Werke in dieser Ausstellung zeigen zu können. Es freut unsdahersehr, Ihnenwirklich bedeuten- mit großem Engagementgerecht zuwerden. enzforschung –voraus. Demallemversuchen wir und fundierteAufarbeitung –Stichwort Proveni- ihrer Auswahl undsetzenzuRecht hoheQualität Käufer immerbesserinformiert undselektiver in kommt nieaufdenMarkt.Auch sindSammlerund und Privatbesitz, wird zunehmendgeschätzt und beiten gegenüber. Vieles bleibtinSammlungen eine abnehmende Anzahl an bedeutenden Ar- Zunahme an Sammlern und Interessenten steht globaler undtransparenter geworden, undeiner schwieriger undaufwendiger, derKunstmarkt diesen Perioden istindenletztenJahren immer Das Auffindenbedeutender Kunstwerke aus dieser Ausstellungpräsentieren zukönnen. schaftlich aufzuarbeiten,umsieschlussendlich in ren unddieseinfundiertenRecherchen wissen- Arbeiten namhafterKünstler fürSiezuakquirie- Es istunseinAnliegen,besondersinteressante sionismus undderklassischen Moderneliegen. hier aufdemösterreichischen Stimmungsimpres- Jahrhunderts, wobeiund 20. die Schwerpunkte Werkschau wiegewohnt aufdieMalerei des19. Wir konzentrieren unsindieserumfangreichen stellung einladenzudürfen. Wir freuen unssehr, Siezuunserer OktoberAus- Claudia Kovacek-Longin SophieZetter-Schwaiger

Bilder undihrer Geschichten! Wir wünschen vielFreude beimEntdecken der gerne zurVerfügung. Preisauskünfte wünschen, stehenwirjederzeit sand desKataloges. Falls SieFragen habenoder dürfen. WieimmerbeginntderVerkauf abVer- lich durch dieumfangreiche Ausstellungführen zu Wir würden unsfreuen, Sieschon baldpersön- 1930er Jahren, zeigen. staltete Arbeit„IrisundLupinen“ ausdenspäten druckende, inleuchtenden Farben expressiv ge- in unterschiedlichsten Blautönenunddiebeein- relle, eineintimeundformal reduzierte Landschaft können Ihnengleich zwei charakteristische Aqua- zu den bedeutendsten Werken der Moderne. Wir internationalen Kunstmarkt undzählenzuRecht ne Arbeiten erzielen heute Rekordpreise auf dem berühmten Künstlervereinigung „Brücke“ war. Sei- ist Emil Nolde, der 1906 und 1907 Mitglied der Einer derwichtigsten deutschen Expressionisten und einermalerischen Leichtigkeit vertreten. ragenden Blumenaquarell inleuchtenden Farben Anerkennung zuteilwurde, istmiteinemheraus- satz zuSchiele schon zuLebzeiten internationale große Expressionist Österreichs, demimGegen- Oskar Kokoschka, nebenEgonSchiele derzweite ner dereinflussreichsten Maler weltweit verwiesen. kürzlich eindrucksvoll aufseineBedeutungalsei- pektive in der Albertina im Frühling 2017 hat erst des berühmtenKünstlers dar. Diegroße Retros - lichen Direktheit eineherausragende Zeichnung von links nach rechts: Kathrin Macht Bianca Kleinbichler Claudia Kovacek-Longin Sophie Zetter-Schwaiger Sophie Cieslar Stefan Rodler BLAU TINA 11 BRANDEIS ANTONIETTA 16-18 BRESSLERN-ROTH NORBERTINE 55-58 BRUNNER FERDINAND 23-25 DARNAUT HUGO 10 Index DEFREGGER FRANZ VON 5, 13 DIESNER GERHILD 61 DITSCHEINER ADOLF 8 DOBROWSKY JOSEF 51 DÖLL AUGUSTE 6 EGGER-LIENZ ALBIN 2 EGNER MARIE 9, 14 EISENSCHITZ WILLY 59, 60 FAHRINGER CARL 50, 52 FRANK FRIEDRICH 19, 21 GRILL OSWALD 48 GURSCHNER HERBERT 41 HUBER ERNST 49 JUNGNICKEL LUDWIG HEINRICH 29, 31-33, 53, 54 KOKOSCHKA OSKAR 30, 43 LITTROW LEONTINE VON 1, 15 MOLL CARL 34 MØNSTED PEDER MØRK 22 NIKODEM ARTUR 42 NOLDE EMIL 38, 39 OPPENHEIMER MAX 28 ORLIK EMIL 26 OSEN ERWIN 27 PENDL ERWIN 20 PESCHKA ANTON 40 RIBARZ RUDOLF 12 SCHIELE EGON 37 STOITZNER JOSEF 44-47 WALDE ALFONS 35, 36 WISINGER-FLORIAN OLGA 3 ZOFF ALFRED 4, 7 Die 1857 in Triest geborene Camilla Leontine Bucht. Abbazia mit seinen noblen Grand Hotels, von Littrow entstammte einer altösterreichischen seinen prachtvollen Villen, den exklusiven Bade- Adelsfamilie. Ihr Vater Heinrich von Littrow war anstalten und großzügigen Parkanlagen war zu Fregattenkapitän der österreichischen Marine, Lebzeiten der Künstlerin das mondäne Seebad Kartograf, Schriftsteller und später Leiter der an der sogenannten Österreichischen Riviera, nautischen Akademie in Triest, ihr Onkel der be- das zudem durch die 1884 eröffnete Südbahn- rühmte Astronom Karl Ludwig von Littrow. Die linie Wien- bequem zu erreichen war. Mit Laufbahn des Vaters führte sie schon früh in die ihrer Freundin und Malerkollegin Olga Wisinger- Gegenden um Triest und Abbazia, die sich spä- Florian unternahm sie hier über viele Jahre ma- ter auf vielen ihrer Bilder als Motiv wiederfinden. lerische Streifzüge und verewigte die eindrucks- Ihre Ausbildung erhielt Leontine von Littrow an- vollen Bauten des Fin de siècle, die mediterranen fangs durch Malunterricht bei dem befreundeten Parks, die berühmte Uferpromenade Lungomare Wiener Porträt- und Historienmaler Hans Canon, und Alltagsszenen wie auslaufende Fischerboote später in Paris als Schülerin des ebenfalls ade- oder Wäscherinnen am Strand in zahlreichen ligen Jean d’Alheim, wo sie nachhaltig von der lichterfüllten Gemälden. Wie andere große Ma- impressionistischen Malerei der zeitgenössi- ler ihrer Epoche hatte auch Leontine von Littrow schen Franzosen beeinflusst wurde. Nach ers- Freude daran, ihre Motive zu variieren und so zu ten Erfolgen auf Ausstellungen in Wien, Bremen, neuen kompositorischen und ästhetischen Bild- München und London galt Leontine von Littrow lösungen zu gelangen. schon ab Mitte der 1880er als erfolgreiche Ma- Hier reiht sich auch unser nebenstehendes reiz- lerin des Meeres und der italienischen und dal- volles Gemälde ein: im Bildzentrum ein junges, matinischen Küstenlandschaft. Lange und künst- etwas schüchternes Mädchen, das die alten lerisch fruchtbare Studienaufenthalte verbrachte Steinstufen – die auch heute noch entlang des sie hier – oft gemeinsam mit ihrer langjährigen Lungomare zahlreich in kleine geschützte Buch- Freundin und Kollegin Olga Wisinger-Florian, ten führen – zum Meer hinabsteigt. Vielleicht um gelegentlich auch mit Emil Jakob Schindler – Wäscherinnen am Meer mit ihrer Arbeit oder wo sie zahlreich malerische Stadt- und Hafen- heimkehrenden Fischern beim Entladen ihrer ansichten, pittoreske Buchten, spontane Bran- maritimen Fracht zu helfen? Orangerot blühen- dungsstudien oder blumenumrankte Garten- des Geäst eines Oleanders und eine mächtige Leontine von Littrow Leontine von Littrow impressionen festhielt. Schon damals hoch ge- ionische Säule flankieren diese Szene und bilden schätzt, verkaufte sie Bilder an gekrönte Häupter eine kraftvolle kompositorische Vertikale. Über und Sammler – in ihrem Atelier in Abbazia ver- dieser schlichten und meditativen Szene, die kehrten etwa Ferdinand I. Fürst von Bulgarien, plastisch und mit vibrierenden Licht- und Schat- Erzherzog Karl Stephan von Österreich oder tenkontrasten in das gleißende südliche Sonnen- Kronprinzessin Stephanie von Österreich, mit licht getaucht ist, öffnet sich ein weiter pastell- der sie zeitlebens korrespondierte und auch be- blauer Sommerhimmel über dem Adriatischen freundet war. Bemerkenswert ist, dass Leontine Meer. von Littrow als einzige Künstlerin ihrer Zeit einen Diese wundervoll spontane Pleinairmalerei, ein LEONTINE VON LITTROW Auftrag zur Ausgestaltung der Hochparterresäle in seiner Alltagsschilderung und flirrenden Licht- (Triest 1856 - 1925 Abbazia) 1 mit Gemälden im Naturhistorischen Museum er- stimmung feinfühliges impressionistisches Werk Am Lungomare in Abbazia hielt – ein Zeichen besonderer Wertschätzung ih- der Künstlerin, erzählt einprägsam von längst ver- um 1890 res Werkes, die sich auch in der Ausstellung der gangenen Zeiten und erweckt auch im heutigen Öl auf Holz 37 x 39,5 cm Wiener Galerie Miethke im Mai 1914 manifestiert. Betrachter die Sehnsucht nach dem Süden. Ge- Die Künstlerin starb 1925 in ihrer künstlerischen mälde wie diese sind einmal mehr Beweis, dass Verzeichnet in: Littrow Archiv / Heimat Abbazia. Leontine von Littrow zu den bedeutenden Künst- Leontine von Littrow WV LL Nr. 168 Provenienz: Privatbesitz Spanien lerinnen ihrer Zeit gehört. Literatur: Vgl.: Christian Rapp, Nadia Rapp-Wimberger (Hg.), Leontine von Littrow malte gerne Motive aus der Österreichische Riviera. Wien entdeckt das Meer. Ausstellungskatalog, Wien Museum, Wien 2013; Gegend um Abbazia, jenes pittoresken Ortes im Friedrich von Boetticher, Malerwerke des Neunzehnten Nordosten der Halbinsel Istrien an der Kvarner Jahrhunderts, Neudruck Frankfurt 1969, 1. Band

Albin Egger-Lienz, eine der „Lichtgestalten“ der 1888 wohl während eines Ferienaufenthaltes ab- österreichischen Malerei des frühen 20. Jahr- seits des Studiums und der großen Kunstmet- hunderts, wurde 1868 als uneheliches Kind der ropole München entstanden ist. Hier verwirklicht Maria Trojer und des Kirchenmalers Georg Egger der erst 20-jährige Egger-Lienz was er bisher geboren. Schon früh fiel seine künstlerische Be- einerseits auf der Münchner Akademie, anderer- gabung auf, die von seinem Vater und einem be- seits durch Kopieren nach Alten Meistern in der freundeten Maler, Hugo Engl, tatkräftig gefördert Pinakothek und nicht zuletzt in intensiver Aus- wurde. 1884 immatrikulierte er an der Münchner einandersetzung mit seinem Vorbild Franz von Akademie – nicht zuletzt auch durch Franz von Defregger gelernt hatte. Defregger ein „Mekka“ für junge Tiroler Künstler Die große Ehre, von einem Künstler porträtiert – und studierte bis 1893. Ab diesem Zeitpunkt zu werden, wird auf entzückende Weise in dem war Egger-Lienz als freier Maler in München tätig Porträt spürbar: mit großer Ernsthaftigkeit im Aus- und nach seiner Übersiedlung nach Wien (1899) druck und fast ehrfürchtiger Zurückhaltung blickt Mitglied des Künstlerhauses und Mitbegründer der reizende Knabe mit seinen großen Augen des Hagenbundes. In diesen Jahren entstanden „en face“ zum Betrachter – sein verträumtes, fast auch die ersten Fassungen seiner berühmtesten engelhaft wirkendes Antlitz von blonden Locken Motive des „Sämanns“, des „Totentanzes“ und eingefasst. der „Schnitter“ oder „Bergmäher“. 1911 folgte er Nicht nur das fein modellierte Gesicht, sondern einer Berufung als Professor an die Kunsthoch- auch die Kombination von dunklem Wams und schule von Weimar, die er aber bald wieder auf- weißem Kragen vor dem braun lasierten Hinter- gab, um sich ab 1913 als freischaffender Maler in grund wecken Assoziationen an altmeisterliche St. Justina bei Bozen niederzulassen. Zahlreiche Porträtkunst. Auszeichnungen, Preise, Ehrenmitgliedschaften Ein seltenes Bildnis von der Hand des jungen und ehrenvolle Ankäufe sowie Angebote einer Albin Egger-Lienz, das in seiner einfühlsamen Albin Egger-Lienz Professur an der Wiener Akademie rundeten das Beobachtung und dem virtuosen, treffsicheren wegweisende Schaffen des großen Tiroler Künst- Pinselstrich bereits ein frühes und besonders lers schon zu Lebzeiten ab. reizvolles Bravourstück des Künstlers darstellt. Wohl bleibende Berühmtheit erlangte Egger- Lienz durch seine eindringlichen (über die Jahre) zunehmend reduzierter und zugleich monumen- taler werdenden Szenen aus dem einfach-kargen bäuerlichen Leben, durch seine erschütternden, mahnenden Soldaten- und Totenbilder aus dem Ersten Weltkrieg sowie durch seine unkonventio- nellen Interpretationen religiöser Themen. ALBIN EGGER-LIENZ (Stribach bei Lienz 1868 - 1926 St. Justina bei Bozen) Ölbilder von Albin Egger-Lienz sind am Kunst- 2 markt absolute und gesuchte Raritäten. Umso er- Knabenbildnis freulicher ist es, mit nebenstehendem Gemälde Edmund Foppa als Knabe ein ausgesprochenes Kleinod der frühen Porträt- 1888 kunst des Meisters präsentieren zu können: Das Öl auf Holz reizende Porträt eines Knaben, der einer hand- 42,6 x 34 cm schriftlichen Notiz auf der Bildrückseite zufolge Signiert und datiert rechts oben: A. Egger Lienz 1888 als Edmund Foppa (gemalt auf der Tammerburg Rückseitig bezeichnet: Original von A. Egger-Lienz bei Lienz) zu identifizieren ist – ein Bild, das Kinderbildnis des Dr. E. Foppa Gemalt auf der Tammerburg in Lienz im Jahre 1888

Provenienz: Familie Foppa Literatur: Wilfried Kirschl, Albin Egger-Lienz. Das Gesamtwerk, Bd. II, Wien 1996, S. 505, Wkv.Nr. M32; Vgl.: Albin Egger-Lienz. 1868–1926. Ausstellungskatalog, Leopold Museum, Wien 2008

Olga Wisinger-Florian, die Grande Dame des ihren Blick in die Ferne schweifen. Der neben ihr österreichischen Stimmungsimpressionismus, am Gatter angelehnte Stock lässt auf eine Tätig- wurde 1844 in Wien geboren. Von 1868 bis 1873 keit als Hirtin schließen. Bewusst wird durch die war sie als Pianistin europaweit sehr erfolgreich. Bildkomposition der Blick des Betrachters, ana- Aufgrund eines hartnäckigen Handleidens konn- log zu dem der Bäuerin, entlang des Zaunes auf te sie diese Karriere nicht weiterverfolgen und die ferne Landschaft in der Dämmerung – auch wandte sich der Malerei zu. Frauen waren zu die- der Mond steht bereits sichelförmig am Himmel ser Zeit an der Akademie nicht zugelassen, so – gelenkt. Der Horizont liegt sehr tief, wodurch nahm sie Privatunterricht bei Melchior Fritsch und die Künstlerin viel Raum hat, die Stimmung in der August Schaeffer. Wirklich geprägt hat sie aber Abenddämmerung zu gestalten. Virtuos fängt sie Emil Jakob Schindler, der sie gemeinsam mit in ihrer Malerei den Zauber des naturverbunde- Marie Egner und Carl Moll unter seine Fittiche nen Lebens am Land und das Sehnsuchtsgefühl nahm und mit der jungen Künstlerin zahlreiche danach ein. Studienreisen unternahm. Somit wurde in diesen Mit vorliegendem Gemälde gelingt Olga Wisinger- frühen Jahren ihr Malstil wesentlich von den vir- Florian ein perfektes Zusammenspiel von Licht, tuosen Naturdarstellungen Schindlers bestimmt, Farbe und Atmosphäre in der Tradition des ös- die in Anlehnung an die französische „paysage terreichischen Stimmungsimpressionismus, der intime“ im Umkreis der Ecole de Barbizon die ös- die Lichtstimmungen, die den einzelnen Stunden terreichische Landschaftsmalerei entscheidend des Tages innewohnen, in all ihren Facetten für beeinflusste. Rasch gelang es ihr aber aus dem sich entdeckt und interpretiert hat. Schatten des großen Lehrmeisters hervorzutreten „In der Abenddämmerung“ ist ein hervorragendes und sich als eigenständige Künstlerpersönlich- Werk, in dem die Künstlerin hinsichtlich der Poe- keit zu etablieren. Die öffentlichen Anerkennun- sie der Darstellung, der Sensibilität der Beobach- gen, die ihr zuteil wurden, belegen den Erfolg, tung und der malerischen Qualität in eine Reihe den sie mit ihrer Malerei hatte. 1888 erhielt sie zu stellen ist mit Künstlern wie Max Liebermann die „Mention honorable“ in Paris, 1891 in London, oder Lovis Corinth, die – ebenfalls dem Realismus 1897 wurde ihr die Kleine Goldene Staatsmedail- entwachsen – eine eigene Welt aus Farbe, Form le verliehen, 1891 die bayrische Ludwigsmedail- und Licht erschaffen haben. le und 1893 die Medaille der Weltausstellung in

Olga Wisinger-Florian Chicago. 1900 stellte sie auf der Pariser Weltaus- stellung aus. Olga Wisinger-Florian setzte sich auch sehr für die Gleichberechtigung ihrer weib- lichen Kolleginnen ein und war Präsidentin des Vereins österreichischer Schriftstellerinnen und Künstlerinnen in Wien. Sie starb über 80-jährig OLGA WISINGER-FLORIAN 1926 in Grafenegg. (Wien 1844 - 1926 Grafenegg) 3 In der Abenddämmerung Olga Wisinger-Florian versteht es geschickt, die um 1885 Idylle des dargestellten Motivs mit der Schilde- Öl auf Holz rung des Arbeitsalltages der Bauern zu verknüp- 32,5 x 21,1 cm fen. Im Gemälde „In der Abenddämmerung“ lehnt Signiert links unten: O. Wisinger-Florian

eine Bäuerin nach getaner Arbeit, in Kleid mit Das Bild wird in das in Vorbereitung Schürze und Kopftuch an einem Zaun und lässt befindliche Werkverzeichnis aufgenommen. Provenienz: Privatbesitz Österreich Literatur: Vgl.: Gerbert Frodl, Verena Traeger (Hg.), Stimmungsimpressionismus. Ausstellungskatalog, Österreichische Galerie Belvedere, Wien 2004, S. 230-253; Österreichische Galerie Belvedere (Hg.), Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie in Wien, Band IV, Wien 2000, S. 285 ff.; Michaela Schwab, Olga Wisinger-Florian (1844-1926). Diplomarbeit an der Universität Wien, Wien 1991

Alfred Zoff, 1852 als Arztsohn in Graz geboren, vor allem das Meer in all seinen Facetten bilden studierte zunächst Jurisprudenz und Medizin. die Themen dieses faszinierenden Werkblocks 1880 bis 1884 folgte ein Besuch der Wiener des Künstlers, in dem einige der besten und Akademie in der Malklasse unter Eduard Peith- qualitätsvollsten Arbeiten des österreichischen ner von Lichtenfels; anschließend ein Studium an Impressionismus zu finden sind. der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe beim bekannten Landschaftsmaler Die von malerischer Leichtigkeit geprägte Meis- Gustav Schönleber, der den jungen Künstler mit terschaft, die Alfred Zoff sich durch jahrelanges den Werken der Schule von Barbizon vertraut Reisen und scharfes Beobachten erworben hat, machte. Zahlreiche Reisen – zum Teil mit Schön- offenbart sich einmal mehr in nebenstehendem leber – führten Zoff in diesen Jahren bevorzugt lichterfüllten Gemälde. Mit exemplarischer, virtu- nach Italien, aber auch nach Holland und in die oser Pinselführung und zahlreichen fein ausge- Bretagne. 1907 wurde er als Professor an die Lan- führten Details gibt der Künstler im vorliegenden deskunstschule in Graz berufen, zuvor lebte er Gemälde ein Flusstal im Hinterland von Genua nacheinander in München, Krems an der Donau wieder. Die gleißende, hoch stehende Mittags- Alfred Zoff und Wien. Spätestens seit mehreren Ankäufen sonne und die vibrierende Hitze visualisiert er großer Marinelandschaften durch Kaiser Franz gekonnt mittels unscharfer Stellen am Fuße des Josef war der Künstler einem breiten Publikum jahrhundertealten Steinhauses. Der Künstler bekannt und seine Gemälde auf zahlreichen, richtet den Fokus auf das felsige Flussufer, das auch internationalen Ausstellungen mit großem von einem akkurat gemauerten Brückenbogen Erfolg vertreten. So erhielt er etliche nationale überwölbt ist, und rückt den Horizont weit hi- und internationale Preise, darunter die Silberne nauf, sodass nur ein schmaler Streifen Himmel Staatsmedaille der Internationalen Jubiläums- übrigbleibt. Dieser ist leuchtend blau und unter- ausstellung in Wien (1888), die „Medaille de streicht die vorherrschende Hitze, welche durch bronce“ der Weltausstellung in Paris (1900) und das fließende Nass des Flusses ein wenig gemil- die Große Goldene Staatsmedaille (1907). Alfred dert wird. Die Pinien und Pappeln am Fuße des Zoff, der auch Mitglied des Wiener Künstlerhau- Berges sowie vereinzelte Sträucher am Flussufer ses (ab 1883) und des Hagenbundes (ab 1900) sind in dunklem Grün wiedergeben, das in schön war, schuf mit seinen Marinen und Landschafts- nuanciertem Kontrast zu den hellen Ockertönen darstellungen aus Österreich ein beeindrucken- der Gräser und Kräuter steht. des Oeuvre, dessen hohe Qualität den Künstler Mit Gemälden wie dem romantischen „Flusstal zu einem der wichtigsten Vertreter des österrei- bei Genua“, die hervorragend den Zauber der chischen Impressionismus macht. mediterranen italienischen Landschaft eingefan- gen haben, reiht sich Alfred Zoff einmal mehr In den letzten beiden Jahrzehnten vor 1900 war ein in die Riege der klassischen österreichischen das Schaffen Alfred Zoffs geprägt von der Ausei- Stimmungsimpressionisten. nandersetzung mit der mediterranen Landschaft. Gleich seinem Mentor Gustav Schönleber fand ALFRED ZOFF er vornehmlich an der Küste und im Hinterland (Graz 1852 - 1927 Graz) 4 der ligurischen Riviera seine Motive, die er in Romantisches Flusstal bei Genua lebhaft-spontanen Naturstudien und eindrucks- 1894 vollen Salonbildern malerisch umsetzte. Schatti- Öl auf Leinwand ge zypressenbestandene Flusstäler, romantische 50,5 x 35 cm pinien- und olivenbaumbewachsene Hügel im Signiert und datiert links unten: gleißenden Sonnenlicht, jahrhundertealte, bunte Alfred Zoff 1894

Städtchen und Fischerdörfer an der Küste sowie Provenienz: Privatbesitz USA Literatur: Vgl.: Martin Suppan, Alfred Zoff. Ein österreichischer Stimmungsimpressionist. Landschaften. Marinen, Wien 1991, Abb. S. 300 ff.

Franz (von) Defregger wurde 1835 als Sohn eines zahlreichen – bereits zu Lebzeiten durch Buchil- wohlhabenden Bauern auf dem Ederhof in Ost- lustrationen und Druckgrafik in ganz Europa ver- tirol geboren. Den kühnen Plan, nach dem frü- breiteten – feinfühligen Porträts sowie die vielfäl- hen Tod des Vaters nach Amerika auszuwandern, tigen Darstellungen aus heimatlicher Geschichte verwarf der junge Bauernsohn bald wieder, ver- und bäuerlichem Alltag zeichnen sich durchwegs kaufte den elterlichen Hof und ging 1860 nach durch ein außergewöhnliches Gespür für Kom- Innsbruck, um Bildhauerei an der Innsbrucker position und Farbgebung und eine genaue „psy- Kunstgewerbeschule bei Michael Stolz zu studie- chologisierende“ Beobachtungsgabe aus. ren. Dieser erkannte bald das außergewöhnliche Talent des Schülers und arrangierte ein Treffen Nebenstehende reizvolle Arbeit entstammt einer mit dem weithin berühmten Münchner Historien- Werkphase aus den 1880er Jahren des Künstlers, maler Karl Theodor von Piloty. Auf dessen Rat in der Motive wie „Der Besucher auf der Alm“, der bewarb sich Defregger an der Münchner Kunst- „Salontiroler“ oder eben auch der „Urlauber“ im- akademie und fand 1861 Aufnahme in die Mal- mer wieder aufs Neue variantenreich interpretiert klasse von Hermann Anschütz. 1863 bis 1865 werden. Unser virtuos gemalter „Bozzetto“, eine hielt er sich zu Studienzwecken in Paris auf und bereits sehr weit gereifte vorbereitende Studie arbeitete nach seiner Rückkehr im Atelier seines zu den nachfolgenden großformatigen „Salon- Mentors Piloty. Franz von Defreggers thematisch bildern“, rückt den Urlauber, einen adretten blau und stilistisch unverwechselbare Arbeiten fanden gewandeten jungen Mann, ins Zentrum der Er- bald so großen Anklang, dass er eine Professur zählung. In der alten dunklen Stube sitzt er auf ei- für Historienmalerei in der Komponierklasse der ner Ofenbank und ist von einer neugierigen bäu- Münchner Kunstakademie angeboten bekam erlichen Großfamilie, in der von der Großmutter und von 1878 bis 1910 dort unterrichtete. 1883 bis zum jungen Mäderl sämtliche Generationen erhielt er den Verdienstorden der bayrischen Kro- vertreten sind, regelrecht belagert. Aufmerksam ne und wurde in den Adelsstand erhoben. Franz wird seinen Erzählungen und Nachrichten aus ei- von Defregger führte einen glanzvollen Salon in ner Welt jenseits der steilen Tiroler Alpentäler ge- seinem repräsentativen Haus in München, besaß lauscht. Souverän hat der Künstler die gespannte aber einen zweiten Wohnsitz in Bozen, wo er viel und freundliche Ruhe dieses familiären Kreises Franz von Defregger Zeit verbrachte. 1921 verstarb er in München. eingefangen und die einzelnen Protagonisten in Haltung und Physiognomie perfekt geschildert. Franz von Defregger ist neben Friedrich August Auch die nuancierte Lichtregie – das warme von Kaulbach, Wilhelm Leibl und Franz von Len- ockerfarbige Licht der Stube und das satte erdige bach einer der bedeutendsten Künstler der so- Kolorit der Trachten – verleiht dieser Begegnung genannten Münchner Schule. In der zweiten mit dem Urlauber eine besonders heimelige und Hälfte des 19. Jahrhunderts prägten die Münch- lebendige Akzentuierung. FRANZ VON DEFREGGER ner Künstler die europäische Kunstentwicklung In diesem brillanten Kleinod, das mit flotten Pin- (Ederhof bei Stronach 1835 - 1921 München) 5 maßgeblich und machten die bayrische Haupt- selschwüngen aus einer fernen ländlichen Ver- Der Urlauber stadt zwischen 1850 und 1914 zu einem verita- gangenheit erzählt und das der Künstler wohl um 1890 blen Zentrum der Malerei. Wie kaum ein ande- zum Zeichen seiner Zufriedenheit mit einer Öl auf Leinwand rer Maler seiner Zeit war der Bauernsohn Franz selbstbewusst gesetzten Signatur versah, stellt 36,5 x 44,5 cm von Defregger wohl der kongeniale Chronist des Franz von Defregger einmal mehr seine unange- Signiert links unten: Defregger ländlichen Lebens, gewissermaßen ein „Insider“, fochtene Größe unter den europäischen Malern Rückseitig altes Klebeetikett: der bestens mit den bäuerlichen Historien, dem unter Beweis. Galerie Heinemann, München 10502

Alltagsleben und den Mentalitäten vertraut war. Provenienz: Galerie Heinemann, München; Schon früh, noch als er mit seinen Mitstudenten Sammlung Baurat Wilhelm Walther, Berlin-Grunewald; Privatsammlung Süddeutschland und Gabriel von Max im Atelier sei- Literatur: Hans Peter Defregger, Defregger 1835-1921, nes Lehrers Piloty arbeitete, schuf er monumen- Rosenheim 1983, Werkverzeichnis S. 321, m. Abb. Vgl.: Österreichische Galerie Belvedere (Hg.), Kunst des 19. tale Genre- und Historienbilder, die alsbald die Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie in Aufmerksamkeit der Kunstwelt erregten. Seine Wien, Band I, Wien 1992, S. 188 f. Ausgestellt: Galerie Heinemann, München 1909

AUGUSTE DÖLL 6 (Wien 1871 - 1955 Klosterneuburg) Blumenstillleben mit Kirschen 1905 Öl auf Leinwand 53,5 x 38 cm Signiert und datiert links oben: A. Döll (1)905 Rückseitig bezeichnet auf alten Klebeetiketten: Auguste Doll Kirschen (?) Blumenstrauß 300 Kronen Rückseitig Etikett des Wiener Künstlerhauses: 2392/1906 (von Mag. Paul Rachler, Künstlerhaus Archiv, bestätigt)

Provenienz: Privatbesitz Österreich Ausgestellt: Künstlerhaus Wien, 1906 ALFRED ZOFF (Graz 1852 - 1927 Graz) 7 Am Strand von De Panne 1901 Öl auf Karton 34 x 35 cm Signiert rechts unten: A. Zoff. Rückseitig vom Künstler bezeichnet: Alfred Zoff Graz Heinrichstr. 23 Am Strande von La Panne. (Belgien)

Provenienz: Privatbesitz Norddeutschland Literatur: Vgl.: Österreichische Galerie Belvedere (Hg.), Kunst des 20. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie in Wien, Band IV, Wien 2001, S. 301 ff.; Martin Suppan, Alfred Zoff. Ein österreichischer Stimmungsimpressionist. Landschaften. Marinen, Wien 1991, S. 307 f. Adolf Gustav Ditscheiner, 1846 in Wien geboren, dieser Zeit aus dem Atelier hinaus zur Land- studierte nach dem Besuch der Realschule 1866 schaftsmalerei in der freien Natur. Die künstleri- bis 1873 an der Wiener Akademie der bildenden sche Auseinandersetzung galt der Schönheit der Künste zusammen mit Emil Jakob Schindler, Eugen Natur, ihren verschiedenen Erscheinungsformen, Jettel, Robert Russ und Rudolf Ribarz bei den inno- der „Entdeckung der Landschaft…, als Trägerin vativen Professoren Albert Zimmermann und Edu- und Vermittlerin von Stimmungen, als Speicher ard Peithner von Lichtenfels. Angeregt durch seine von Licht und Farben…“2. In diesem künstlerischen Lehrer, die mit ihren Studenten alljährlich in die Hin- Kosmos zählen weite Ackerlandschaften, bisweilen terseer Berge in der Ramsau zur Sommerfrische mit einer Stadtsilhouette am Horizont, blühende fuhren, malte er ab 1870 Landschaften dieses Rau- Bauerngärten, idyllische Flussläufe oder auch – wie mes. Bereits 1871 wurde Adolf Gustav Ditscheiner in nebenstehendem Gemälde – menschenleere Mitglied des Künstlerhauses. 1876 übersiedelte er Seen- oder Aulandschaften zu Ditscheiners bevor- nach München, wo er sich längere Zeit aufhielt. An- zugter Motivwelt. lässlich der Weltausstellungen in Wien und Chicago wurde er mehrfach ausgezeichnet, 1899 wurde er Hier beweist Gustav Adolf Ditscheiner einmal mit der Kleinen Goldenen Staatsmedaille geehrt. mehr sein feinsinniges Temperament für die Erfas- Im Herbst 1904, im Todesjahr des Malers, widmete sung von Licht, Atmosphäre und Farbe in ihrem ihm das Künstlerhaus in Wien, dessen Ausstellun- magischen Zusammenwirken. Es ist nicht mehr gen er drei Jahrzehnte hindurch beschickt hatte, rekonstruierbar, ob das Gemälde vielleicht an ei- eine umfangreiche Gedenkschau. nem Donaualtarm im Wiener Prater, in den nieder- österreichischen Marchauen, an einem Waldteich Das Generalthema Adolf Gustav Ditscheiners war im Wienerwald oder in der Salzburger Seenland- die Landschaft mit besonderem Schwerpunkt auf schaft entstanden ist – alle diese Topografien ha- die bayrisch-österreichischen und südtirolischen ben die Landschaftsmaler und auch Gustav Adolf Alpenregionen. Der Künstler, der bereits zu Lebzei- Ditscheiner im ausgehenden 19. Jahrhundert stets ten zu den führenden Protagonisten des österrei- aufs Neue variiert und festgehalten. Mit sicherem chischen Stimmungsimpressionismus zählt, findet Duktus umreißt der Künstler hier die geheimnis- in seinen Werken allerdings zu einer ganz eigen- volle, glatt schimmernde Wasserfläche, aus der ständigen künstlerischen Auffassung. Seine Bilder einige grüne Halme sprießen und die üppige son- sind weniger gefühlsbetont, es geht ihm nicht so nenbeschienene Ufervegetation mit dicken Grä- sehr um den Ausdruck von ephemerer Stimmung sern, gelben Sumpfdotterblumen und fleischigen oder eigener Befindlichkeit, sondern um die mög- Huflattichblättern. Die vereinzelt an der Lichtung lichst authentische, wirklichkeitsnahe Schilderung stehenden Bäume und Büsche, deren Blattwerk sichtbarer Wahrheiten. Seine Ausführungen sind durch den pointierten Lichteinfall frühlingshaft gelb

Adolf Gustav Ditscheiner auch durchaus „realer“ als die der meisten Kolle- und grün flimmernd aufblitzt, werden weiter hinten ADOLF GUSTAV DITSCHEINER gen des Schindlerkreises. Weniger orientiert an von den mächtigen dunkel-beschatteten Baum- (Wien 1846 - 1904 Wien) 8 den malerischen, impressionistischen Entwicklun- silhouetten des Auwaldes umfangen. Ein freund- In der Au gen in Frankreich, zeigt Adolf Gustav Ditscheiner licher, wolkendurchsetzter Sommerhimmel rundet 1901 großes Interesse am zeitgenössischen Kunstschaf- diese friedvolle, zeitlose Naturidylle ab. Öl auf Leinwand fen in Deutschland und Holland, wobei besonders In seinem zart vibrierenden Malduktus, der fein 52 x 80 cm die Düsseldorfer Schule mit ihrem prägnanten Re- nuancierten Farbpalette und der empfindsam ge- Signiert und datiert links unten: Ad. Ditscheiner (1)901 alismus spürbaren Einfluss auf sein Werk hatte. sponnenen Lichtführung ist unsere Aulandschaft In der unberührten Natur zu arbeiten und „…der einmal mehr ein schönes Beispiel für die kultivierte Provenienz: Privatbesitz Österreich Literatur: Vgl.: Gerbert Frodl, Verena Traeger (Hg.), Wahrheit in der Darstellung der Atmosphäre und Landschaftsmalerei Gustav Adolf Ditscheiners und Stimmungsimpressionismus. Ausstellungskatalog, des Lichts – auch der Naturempfindung auf den für die erstrangige Qualität des österreichischen Österreichische Galerie Belvedere, Wien 2004; Grund zu kommen, …“1 war das wesentliche Ziel Stimmungsimpressionismus. Österreichische Galerie Belvedere (Hg.), Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen der Pleinairmalerei und bewegte viele Künstler Galerie in Wien, Band I, Wien 1992

1) Gerbert Frodl, in: Stimmungsimpressionismus, Österreichische Galerie Belvedere, Wien 2004, S. 12 2) ebd., S. 13

MARIE EGNER 9 (Bad Radkersburg 1850 - 1940 Wien) Sonnenuntergang Provenienz: Nachlass der Künstlerin; um 1915 Privatsammlung Graz Literatur: Vgl.: Gerbert Frodl, Verena Traeger (Hg.) Stimmungsimpressionismus, Öl auf Karton auf Leinwand Ausstellungskatalog, Österreichische Galerie Belvedere, Wien 2004, S. 100-111; 17,8 x 24,4 cm Martin Suppan, Rupert Feuchtmüller, Marie Egner. Eine österreichische Stimmungsimpressionistin, Wien 1993, Band II; Rückseitig Stempel der Vereinigung Österreichische Galerie Belvedere (Hg.), Kunst des 19. Jahrhunderts. bildender Künstlerinnen Österreichs Bestandskatalog der Österreichischen Galerie in Wien, Band I, Wien 1992, S. 212 f.

HUGO DARNAUT 10 (Dessau 1851 - 1937 Wien) Pfingstrosen Provenienz: Nachlass Heinrich und Maria Mendl (Anker Brot), Wien; um 1912 Privatbesitz Deutschland Mischtechnik auf Papier auf Karton Literatur: Vgl.: Heinz Mlnarik, Hugo Darnaut 1850-1937. Diplomarbeit an der Universität Wien, Wien 1993, S. 87, Abb. 62; 45,6 x 67,6 cm Gerbert Frodl, Verena Traeger (Hg.) Stimmungsimpressionismus, Ausstellungskatalog, Signiert rechts unten: H. Darnaut Österreichische Galerie Belvedere, Wien 2004; Österreichische Galerie Belvedere (Hg.), Kunst des 19. Jahrhunderts. Rückseitig Etikett des Wiener Künstlerhauses: Bestandskatalog der Österreichischen Galerie in Wien, Band I, Wien 1992 2186/1914 (von Mag. Paul Rachler, Künstlerhaus Archiv, bestätigt) Ausgestellt: Künstlerhaus Wien, 1914

Der 1845 gebürtigen Wienerin Tina Blau gelang Nebenstehendes spätes Werk, 1913 in Piran be- es – trotz aller Schwierigkeiten, die eine Künstle- gonnen und 1915 in Wien vollendet, stammt aus rin im ausgehenden 19. Jahrhundert überwinden dem Besitz des älteren Bruders der Künstlerin, musste – sich dank ihres überragenden Talents, Theodor, der wie sein Vater die Arztlaufbahn ein- einen bleibenden Rang in der Kunstgeschichte geschlagen hatte. Das Bild wurde 1917, ein Jahr zu erarbeiten. Da ihr der Zugang zur Akademie nach dem Tod Tina Blaus, in der großen Gedächt- verwehrt war, finanzierte der Vater, ein k. u. k. Mili- nisausstellung im Wiener Künstlerhaus gezeigt. tärarzt, seiner jungen Tochter private Malstunden. Die kleinen Holztafeln, auf denen die Malerin So erhielt sie mit 15 Jahren Unterricht beim be- bevorzugt arbeitete, eigneten sich vorzüglich, kannten Landschaftsmaler August Schäffer, der um an ihnen plein air vor Ort zu malen. So kann sie in ihrer Neigung, in der freien Natur zu arbei- man davon ausgehen, dass Blau die Abendstim- ten, bestärkte. Das Jahr 1869 war für Tina Blau mung mit den heranziehenden dunklen Wolken, durch einen Ausstellungsbesuch im Münchner die vom tiefstehenden Sonnenlicht in Rosa- und Tina Blau Blau Tina Glaspalast, wo erstmalig Hauptwerke der Schule Violetttöne getaucht werden, großteils in Piran von Barbizon gezeigt wurden, von entscheiden- gemalt hat. Die heute slowenische Küstenstadt1 der Bedeutung. Unter dem Eindruck dieser neu- am Golf von Triest gehörte mit ihrer von venezi- artigen Malerei sowie der faszinierenden Isarme- anischer Architektur geprägten Altstadt schon zu tropole blieb die junge Künstlerin fünf Jahre in Lebzeiten der Künstlerin zu den beliebten Rei- München, um bei dem berühmten Maler Wilhelm sezielen und erlebte in der Habsburg-Monarchie Lindenschmidt zu lernen und sich intensiv mit auch durch den Bau einer Bahnlinie einen Auf- der Naturauffassung der Barbizonisten auseinan- schwung. Im Wiener Atelier wurde noch im Detail derzusetzen. 1874 kehrte sie nach Wien zurück „delikat darübergearbeitet“, um dem Bild „eine und begann eine mehrjährige Atelier-, Reise- und besondere Oberflächenspannung zu verleihen“2. Lebensgemeinschaft mit Emil Jakob Schindler. TINA BLAU Immer wieder unternahm sie ergiebige Studien- Die letzten Boote kehren vor Einbruch der Dun- (Wien 1845 - 1916 Wien) reisen – unter anderem nach Ungarn, Holland kelheit in den Hafen zurück, die orangen Segel 11 Segelboote vor Piran oder Italien – und finanzieller Erfolg begann sich spiegeln sich in der weitgehend glatten Wasser- 1913/1915 einzustellen. 1883 etwa erhielt sie für den großen oberfläche. Meisterhaft versteht es Tina Blau das Öl auf Holz „Frühling im Prater“ die „Mention honorable“ im leichte Kräuseln der sanften Wellen, in denen 17,7 x 27 cm Pariser Salon. Im selben Jahr heiratete sie den sich das Abendlicht bricht, mit gezielt gesetzten Signiert rechts unten: Tina Blau Münchner Maler Heinrich Lang und übersiedel- Pinselstrichen einzufangen. Das ruhige Wasser Rückseitig signiert, datiert und betitelt: te abermals in die Isarstadt. Die Sommermonate steht im Kontrast zum bewegten Himmel, wo Tina Blau Pirano 1913 Wien 1915 aber arbeitete sie nach wie vor in ihrem Prate- sich Wolken türmen, um gleich wieder ausein- Rückseitig bezeichnet auf altem Klebeetikett: ratelier. Vielbeachtet nahm Tina Blau an den re- andergerissen zu werden, und die Farbpalette Tina Blau Pirano Privatbesitz nommierten Weltausstellungen in Paris (1889) von einem hellen gelblichen Weiß bis zu einem Dr. Theodor Blau VIII, Florianigasse 4 und Chicago (1892) teil, außerdem gab sie an dunklen Grauviolett reicht. Die Virtuosität im Er- Rückseitig Etikett des Wiener der Münchner Damenakademie Unterricht. Nach fassen flüchtiger Eindrücke und atmosphärischer Künstlerhauses: 1448/1917 (von Mag. Paul dem Tod ihres Mannes kehrte sie nach Wien zu- Verdichtungen offenbaren sich in diesem Bild in Rachler, Künstlerhaus Archiv, bestätigt) rück, wo sie Mitbegründerin der „Kunstschule für beeindruckender Pinselführung und mit einem Frauen und Mädchen“ wurde und hier von 1898 untrüglichen Gespür für die Komposition. Das Gemälde ist im Werkarchiv Tina Blau, Belvedere Wien, unter der WVZ-Nr. GE 1086 registriert. bis 1915 in der Klasse für Landschaftsmalerei und Provenienz: Dr. Theodor Blau, Wien; Stillleben lehrte. Tina Blau starb 1916 in Wien. Privatsammlung Graz Literatur: Vgl.: Tobias G. Natter (Hg.), Pleinair. Die Landschaftsmalerin Tina Blau. 1845-1916. Ausstellungskatalog, Jüdisches Museum, Wien 1996, S. 105; Gerbert Frodl, Verena Traeger (Hg.), Stimmungsimpressionis- mus. Ausstellungskatalog, Österreichische Galerie Belvedere, Wien 2004, S. 64-83; 1) Piran blickt auf eine sehr wechselhafte Geschichte zurück. Es stand nach der griechischen Österreichische Galerie Belvedere (Hg.), Kunst des 19. Besiedlung unter byzantinischer, venezianischer, österreichischer, sogar kurzzeitig französischer Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie und deutscher sowie italienischer und später jugoslawischer Herrschaft. Mit dem Zerfall in Wien, Band I, Wien 1992, S. 113-117 Jugoslawiens fiel die Stadt an Slowenien, wobei der genau Grenzverlauf zu Kroatien, Ausgestellt: Künstlerhaus Wien, Wien 1917 vor allem in der Bucht von Piran immer noch umstritten ist. 2) Tobias G. Natter, Claus Jesina, Tina Blau (1845 – 1916), Salzburg 1999, S. 12

RUDOLF RIBARZ 12 (Wien 1848 - 1904 Wien) Kinder in den Dünen bei Cayeux Provenienz: Privatbesitz Frankreich; 1880er Jahre Privatsammlung Wien Öl auf Holz Literatur: Vgl.: Martina Haja, Der Landschaftsmaler Rudolf Ribarz. Dissertation an der Universität Wien, Wien 1975, S. 155, Kat. Nr. 373 „Dorfstrasse a la Moliere des Sables“; 31,5 x 46 cm Gerbert Frodl, Verena Traeger (Hg.), Stimmungsimpressionismus. Signiert rechts unten: Ribarz Ausstellungskatalog, Österreichische Galerie Belvedere, Rückseitig signiert und bezeichnet: Ribarz-Motif Wien 2004, S. 164-177; Österreichische Galerie Belvedere (Hg.), Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der à la Moliere de Sable (Cayeux) Österreichischen Galerie in Wien, Band III, Wien 1998, S. 253 ff. FRANZ VON DEFREGGER (Ederhof bei Stronach 1835 - 1921 München) 13 Heilige Familie Studie zum Altarbild in Dölsach Öl auf Karton 32,5 x 32,8 cm

Provenienz: Privatbesitz Österreich Literatur: Hans Peter Defregger, Defregger 1835-1921, Rosenheim 1983, Abb. S. 314 Die in Radkersburg in der Steiermark geborene malerischen Reizen der Wachau nicht entziehen, Marie Egner begeisterte sich schon in jungen Jah- und so entstanden während mehrerer doku- ren für die Pleinairmalerei und sowohl Hermann mentierter Aufenthalte vor und nach 1900 stim- von Königsbrunn, ihr Zeichenlehrer in Graz, als mungsvolle Ansichten dieser Region. auch der Maler Carl Jungheim in Düsseldorf, bei dem sie von 1872 bis 1875 Unterricht nahm, för- In einem malerischen Winkel eines Bauern- derten diese Neigung. 1875 übersiedelte Marie gartens hat Marie Egner Position bezogen, hat Egner nach Wien, wo sie in ihrem Atelier eine Staffelei, Pinsel und Leinwand ausgepackt, um private Malschule eröffnete, die sie mit großem „en plein air“ mit zügiger, pastoser Pinselfüh- Erfolg bis 1910 leitete. Um 1880 lernte die Künst- rung ein Motiv festzuhalten, das idyllischer kaum lerin Emil Jakob Schindler kennen und verbrachte vorstellbar ist. Aus einer bodennahen Perspekti- mit ihm und seinen Schülern Carl Moll und Olga ve gesehen, breitet sich vor dem Betrachter ein Wisinger-Florian einige künstlerisch fruchtbare üppig wucherndes Krautfeld aus, dessen dichte, Sommer auf Schloss Plankenberg. Diverse Stu- fleischige Blattkaskaden mit grünlich–türkis–vi- dienaufenthalte führten die junge Künstlerin un- olett changierender Farbigkeit und mit gerade- ter anderem nach Dalmatien, Korfu, Deutschland zu greifbarer Plastizität geschildert sind. Dahin-

Marie Egner Marie Egner und wiederholt nach Italien. Nach einem Aufent- ter führt ein herrlich sprießender Blumengarten halt in London von 1887 bis 1889 stellten sich weiter in den Bildraum, ein dichtes und buntes erste berufliche Erfolge ein. Egner reüssierte auf Wogen von Sonnenblumen, Astern, Malven und den Jahresausstellungen des Wiener Künstler- Rosen, die sich in einer funkelnden Farbenpracht hauses und nahm an großen Kunstschauen im bis zum vertikal rhythmisierten Bretterzaun erstre- Ausland teil (Londoner Royal Academy 1888, cken. Hier erhebt sich ein schöner barocker Guts- Große Kunstausstellung in Berlin 1896, 1898 und hof, dessen fein ornamentierte Fassade hell im 1899, Weltausstellung in Paris 1900, Internatio- Sonnenlicht erstrahlt. Unter einem freundlichen, nale Kunstausstellung Düsseldorf 1904). Nach nur leicht bewölkten Sommerhimmel runden die dem Ersten Weltkrieg trat sie der Vereinigung harmonisch in die Landschaft eingefügten Wirt- bildender Künstlerinnen Österreichs bei, die ihr schaftsgebäude sowie die schattige Baumgrup- zu Ehren 1926 eine hundertachtzig Gemälde um- pe am rechten Bildrand dieses Wachauer Bau- fassende Werkschau organisierte. Marie Egner erngartenpanorama behutsam ab. zählt heute neben Tina Blau, Olga Wisinger- Die Malerei ist unmittelbar und spontan, der Pin- Florian und Leontine von Littrow zur berühmten selstrich duftig und virtuos, jedes Detail ist stim- MARIE EGNER „Quadriga“ der österreichischen Stimmungsim- mig und offenbart das große malerische Talent (Bad Radkersburg 1850 - 1940 Wien) 14 pressionistinnen. Marie Egners, die sich mit Gemälden wie die- Bauerngarten in der Wachau sem ihren Ruf als eine der wichtigsten österrei- um 1900 Anfang des 19. Jahrhunderts setzte mit Künst- chischen Künstlerinnen der Jahrhundertwende Öl auf Leinwand lern wie Jakob Alt, Rudolf von Alt oder Thomas erworben hat. Durch dieses sehr stimmungsvol- 48 x 71 cm Signiert links unten: M. Egner Ender die malerische Entdeckung der Wachau le Motiv, die vibrierende Farbenpracht und nicht ein, jenes Donauabschnittes zwischen Melk und zuletzt durch die überzeugende Räumlichkeit der Provenienz: Privatbesitz Deutschland Literatur: Carl Aigner und Heinz Syllaba (Hg.), Farben aus dem Göttweig, der mit seinen geschichtsträchtigen Darstellung ist „Bauerngarten in der Wachau“ ein Paradies - Die Landschaftsgärten des Plankenberger Burgruinen und Schlössern, seinen pittoresken, herausragendes Werk, das die Künstlerin souve- Malerkreises. Ausstellungskatalog, Museum Region verwinkelten Dörfern und den das Donautal säu- rän auf dem Höhepunkt ihres Schaffens zeigt und Neulengbach, Neulengbach 2014, S. 27 mit Abb. Vgl.: Gerbert Frodl, Verena Traeger (Hg.), Stimmungs- menden Weinterrassen zu den romantischsten das in dieser malerischen Qualität heute auf dem impressionismus. Ausstellungskatalog, Österreichische Galerie Landschaften Europas zählt. Ab 1880 verewig- Kunstmarkt nur noch selten zu finden ist. Belvedere, Wien 2004, S. 100-111; Österreichische Galerie Belvedere (Hg.), Österreichische Kunst des 19. Jahrhunderts. ten Künstler wie Emil Jakob Schindler, Robert Bestandskatalog der Österreichischen Galerie in Wien, Band I, Russ, Tina Blau oder Olga Wisinger-Florian die Wien 1992, S. 212 ff.; Martin Suppan, Rupert Feuchtmüller, Marie Egner. Schönheit der Donaulandschaft in Hauptwerken Eine österreichische Stimmungsimpressionistin. des Stimmungsimpressionismus. Wie so viele ih- 2 Bände, Wien 1981-1993 rer Kollegen, konnte sich auch Marie Egner den Ausgestellt: Museum Region Neulengbach, Neulengbach 2014

Die Persönlichkeit und das Werk Leontine von sich paarweise zum Plaudern zusammengefun- Littrows ist eine der spannendsten Neuentde- den. Eine von ihnen hat einen Korb in die Hüfte ckungen des letzten Jahrzehnts. Kaum präsent gestemmt und blickt zu einer zweiten hinauf, die am Kunstmarkt, da über Generationen in öster- sich aus dem Fenster gelehnt hat, um Wäsche reichischem, italienischem oder englischen Fa- zum Trocknen aufzuhängen. Unter dem Fenster milienbesitz gehütet, waren ihre Gemälde lange sind zwei kleine Mädchen zu sehen, eines steht Jahre nur wenigen Spezialisten und Sammlern beide Arme auf ein Fass gestützt und blickt in des österreichischen Stimmungsimpressionis- Richtung Fischerboote, das zweite hat sich hin- mus bekannt. In letzter Zeit allerdings ist vieles gekauert und klaubt etwas vom Boden auf. Da- in Bewegung geraten: so ist für Herbst 2017 die hinter sieht man im Eingang eines Hauses, halb Veröffentlichung einer ersten großen Monografie im Schatten, eine weitere junge Frau, die einen samt begleitendem Oeuvreverzeichnis geplant1, Kupferkessel am Kopf balanciert. Auch sie ist in der großen Schau „Österreichische Riviera. mit einer zweiten ins Gespräch vertieft. Wieder Wien entdeckt das Meer“ wurden erstmals ein- zwei weitere haben sich direkt an der Mole zum drucksvolle Gemälde der interessierten Öffent- Tratschen getroffen. Die ganze Szene vermittelt lichkeit zugänglich gemacht2 und auch das Mu- einen Eindruck der Harmonie und des Friedens, zej Grada Rijeke (Rijeka Museum) zeigt diesen frei von Hektik und Hast. Leo von Littrow bespielt Herbst eine Ausstellung mit zahlreichen Werken das große Format gekonnt mit souveräner Pinsel- der Künstlerin3. führung und leuchtendem Kolorit. Aufgrund der meisterhaften, impressionistisch aufgelockerten In vorliegendem imposanten Gemälde hat Le- Malerei und der gekonnten Erfassung eines Mo- ontine von Littrow das pittoreske Dorfleben an tivs unter Einbeziehung eines erzählerischen Mo- der dalmatinischen Küste festgehalten. Die nahe ments, kann man hier getrost von einem Haupt- ans Wasser gebauten Häuser bieten einen Aus- werk der Künstlerin sprechen. blick auf die Hafenmole und auf die malerische Meereslandschaft. So gelingt es der Künstlerin in ihrer charakteristischen, lockeren Malweise, eine maritime Szene mit sanft dahinwogender Wasserfläche, Fischerbooten und einem in der Leontine von Littrow Leontine von Littrow Ferne sichtbaren Küstenstrich mit einer dörfli- chen Genreszene zu kombinieren. Beide Bildteile werden gekonnt einander gegenübergesetzt und nehmen jeweils eine Bildhälfte ein. Das ländliche Leben wird von den Frauen bestimmt, Männer sind keine zu sehen, sie sind wohl bei der Arbeit LEONTINE VON LITTROW oder zur See gefahren. Lediglich auf den beiden (Triest 1856 – 1925 Abbazia) Fischerbooten, die in der Bildmitte vor Anker ge- 15 An der Küste bei Abbazia gangen sind, kann man einen Teil der männlichen um 1900 Dorfbewohner vermuten. Die Frauen, die hier Kör- Öl auf Leinwand be und Kupferkessel vor sich hertragen sind alle- 66 x 88 cm samt junge, hübsche Erscheinungen. Sie haben Signiert links unten: Leo Littrow

Verzeichnet in: Littrow Archiv / Leontine von Littrow WV LL Nr. 021 Provenienz: Privatbesitz Österreich Literatur: Vgl.: Christian Rapp, Nadia Rapp-Wimberger (Hg.), Österreichische Riviera. Wien entdeckt das Meer. Ausstellungskatalog, Wien Museum, Wien 2013, S. 238 f.; Friedrich von Boetticher, Malerwerke des Neunzehnten Jahrhunderts, Neudruck Frankfurt 1969, 1. Band, 2. Hälfte, S. 925 1) Barta, Dubrovic, Kolhammer, Mahringer: Littrow, Wien, Rijeka 2017 2) Ausstellung im Wien Museum, 14. November 2013 bis 30. März 2014. 3) 30. September – 29. Oktober 2017, www.muzej-rijeka.hr

Antonietta Brandeis studierte in Prag Malerei, eines frühsommerlichen Tages ein. Ein interes- übersiedelte aber bald mit ihrer Mutter und deren santes Detail findet sich in der linken Bildhälfte: zweiten Ehemann, einem Venezianer, in dessen hier bahnt sich ein Dampfschiff mit qualmenden Heimatstadt. Ihre weitere Ausbildung erfuhr sie als Rauchfang den Weg durch den Giudecca-Kanal eine der ersten weiblichen Studentinnen an der in Richtung Meer. Accademia di Belle Arti di Venezia. Schon wäh- rend der Studienjahre wurde ihre wundervoll prä- Spannend ist der Vergleich mit dem kleinen Ölbild zise Malerei mit mehreren Preisen ausgezeichnet. (Kat.Nr. 16), das ziemlich genau dieselbe Ansicht Die Künstlerin wirkte bei zahlreichen Ausstellun- zeigt. Hier hat die Malerin ihren Standort an der gen mit, vor allem in der Promotrice Veneta und Riva degli Schiavoni allerdings etwas weiter nach der in Florenz, aber auch auf der prestigeträchti- hinten verlegt, sodass die komplette Einmündung gen International Exhibition of Melbourne. Schon des Rio di Palazzo samt der Ponte della Paglia früh begeisterten sich Sammler für ihre zumeist rechts im Bild sichtbar wird. Auch die Stimmung kleinformatigen Ansichten ihrer Wahlheimat Itali- ist eine ganz andere: statt der warmen Sommerat- en. Nach 1900 fand man ihre Arbeiten verstärkt mosphäre kommt hier ein gedämpftes Licht zum in Ausstellungen englischer Galerien, der Samm- Ausdruck, das auf die kühlere Jahreszeit hinweist. lerkreis war internationaler geworden. Nach dem Die Beige-Grautöne in der Architektur werden Tod ihres Mannes 1909 lebte Antonietta großteils durch das graugrüne Lagunenwasser kontrastiert, in Florenz, wo sie auch 1926 verstarb. das in der dunstigen Herbstluft scheinbar nahtlos in die schemenhafte Silhouette der Punta della Die Faszination für Venedig sollte die Künstlerin Dogana im Hintergrund übergeht. Faszinierend, ein Leben lang begleiten. Ihre Schilderungen der mit welcher Präzision Antonietta Brandeis den nur pittoresken Plätze, Gassen und Paläste der La- von wenigen Menschengruppen bevölkerten Platz gunenstadt waren beliebte Erinnerungen für die vor dem Dogenpalast sowie die am Ufer vertäuten schon im 19. Jahrhundert zahlreichen Bewunde- Gondeln gestaltet. rer und Besucher der Stadt und sind auch noch heute international gesuchte Sammlerstücke. Es Wie auch im vorherigen Bild liegt der Horizont im

Antonietta Brandeis Antonietta Brandeis gelang Antonietta Brandeis immer wieder neue, zweiten Aquarell (Kat.Nr. 18) sehr tief und gibt so faszinierende Facetten zu entdecken und in ihrer der Malerin die Möglichkeit, eine duftige Wolken- Malerei in unterschiedlichsten Lichtstimmungen stimmung über dem Panorama Venedigs zu ge- festzuhalten. stalten. Vermutlich malt die Künstlerin diese An- sicht von der Insel San Giorgio Maggiore aus. Der So auch das großformatige Aquarell (Kat.Nr. 17), Blick fällt auf die Bucht von San Marco, in der sich in dem die Künstlerin wohl eine der bekanntes- zahlreiche Schiffe mit ihren bunten Segeln tum- ten Ansichten Venedigs festhält, nämlich den meln. Rechts im Bildvordergrund dominieren zwei Blick ausgehend vom Dogenpalast am rechten Fischerboote, die in allen Details wiedergegeben ANTONIETTA BRANDEIS Bildrand, über die Biblioteca Nazionale Marciana werden. Am Horizont erkennt man von links nach (Miskowitz 1848 - 1926 Florenz) 16 bis zur Einmündung des Canal Grande ins Bacino rechts die unverkennbaren Sehenswürdigkeiten Der Dogenpalast in Venedig di San Marco mit der Punta della Dogana an der der Serenissima: den Campanile, den Dogen- um 1900 Spitze sowie der dahinter liegenden Basilika San- palast und dahinter die orientalisch anmuten- Öl auf Malkarton ta Maria della Salute. Am linken Bildrand, jenseits den Kuppeln des Markusdoms. Dass Antonietta 16,8 x 23,7 cm des zweiten großen Kanals in Venedig, sieht man Brandeis zu den Meisterinnen der Vedutenmalerei Signiert rechts unten: ABrandeis die niedrigen Häuser der Giudecca-Insel. Um die- gehört, zeigt sich auch in den realistisch wieder- Rückseitig bezeichnet und undeutlich datiert: ses Panorama einzufangen, hat sich die Malerin gegebenen Wasserspiegelungen, die durch ihre Palazzo Ducale Venezia 28. April 19..

am Ufer des Rio di Palazzo niedergelassen, der Dynamik das alltägliche Leben in Venedigs Hafen- Provenienz: MacConnal-Mason & Son Ltd. unter der Seufzerbrücke hindurch fließt. In für ihre becken auch nach über hundert Jahren lebendig Fine Paintings, London; 1 Privatbesitz England Verhältnisse offener Malweise fängt sie in pastel- werden lassen. Literatur: Vgl.: Paolo Serafini, Antonietta Brandeis. 1848/1926, lig abgetönten Farben die flirrende Mittagshitze Turin 2010, Abb. 40 „Ponte della Paglia“

1) Was sowohl auf die Bildgröße, aber vor allem auch auf die Aquarelltechnik zurückzuführen ist.

ANTONIETTA BRANDEIS 17 (Miskowitz 1848 - 1926 Florenz) Das Bacino in Venedig mit dem Dogenpalast um 1900 Aquarell auf Karton auf Keilrahmen aufgezogen 40,5 x 69,4 cm Signiert rechts unten: ABrandeis

Provenienz: Privatbesitz USA Literatur: Vgl.: Paolo Serafini, Antonietta Brandeis. 1848/1926, Turin 2010, Abb. 40 „Ponte della Paglia“ ANTONIETTA BRANDEIS (Miskowitz 1848 - 1926 Florenz) 18 Segelboote in der Lagune von Venedig um 1890 Aquarell auf Papier 24 x 33 cm Signiert links unten: A. Brandeis

Provenienz: Privatbesitz Deutschland Literatur: Ottocento. Catalogo dell‘Arte italiana dell‘Ottocento, Mailand 2008, Nr. 37, D. 104. (1081452) (21) Vgl.: Paolo Serafini, Antonietta Brandeis. 1848/1926, Turin 2010, Fig. 57 „Barca da pesca davanti al Molo S. Marco“ Friedrich Frank wurde 1871 in Frankenmarkt in Erwin Pendl wurde als Sohn des Tiroler Bildhauers Oberösterreich geboren. Nach dem Studium an Emanuel Pendl 1875 in Wien geboren. Zunächst der Akademie der bildenden Künste, gründete Schüler seines Vaters sowie des Hoftheatermalers er mit Hermann Burghart ein Atelier für Theater- Hermann Burghart, betätigte er sich im Anschluss malerei in der Wien. Von 1914 bis 1918 war er als an seine Ausbildung im Wiener Architekturatelier Kriegsmaler an der italienischen Front. 1930/1931 und im Burgbau-Atelier. Der Künstler konnte sich bereiste er Ägypten und Palästina und 1935 erhielt vor allem auf dem Gebiet der Veduten- und Ar- den Auftrag zur Ausstattung des rumänischen Pa- chitekturmalerei einen Namen machen, war villons auf der Weltausstellung in Paris. Während aber auch als Illustrator und Schriftsteller tätig. des Zweiten Weltkrieges hatte er sein Atelier in 1897/1898 schuf er im Auftrag der Stadt Wien im Salzburg, wo bei einem Bombentreffer große Tei- Rahmen der Kaiser-Franz-Josef-Jubiläumsaus- le seines Werkes zerstört wurden. Friedrich Frank stellung ein 24 m² großes plastisches Modell der starb 1945 in Werfen-Weng in Salzburg. Der Künst- Inneren Stadt, das heute noch im Wien Museum ler ist vor allem für seine berühmten fein gemalten präsentiert wird. Anlässlich der Pariser Weltaus- Wiener Veduten sehr beliebt und geschätzt. stellung im Jahre 1900 fertigte er gemeinsam mit Um 1900 dürfte das Aquarell „Rotunde und Trab- Hugo Darnaut eine Wienansicht aus der Vogel- rennplatz“ (Kat.Nr. 19) entstanden sein. Die Rotun- perspektive. de war als Zentralgebäude für die Weltausstellung Das Haus der Industrie (Kat.Nr. 20) wurde 1906 in Wien 1873 nach einem Entwurf des Engländers bis 1909 nach Plänen des Architekten Karl König J. Scott Russel in abgeänderter Ausführung von errichtet und im März 1911 durch Kaiser Franz Carl Hasenauer gebaut worden. Die spektakuläre Joseph eröffnet. Mit feinem Pinselstrich schildert

Friedrich Frank Friedrich Frank Kuppelanlage – damals die größte ihrer Art welt- Erwin Pendl eine reizende, sehr lebendige All- weit – wurde begeistert aufgenommen. 1937 fiel tagsszene aus der Blickrichtung des Hochstrahl- der Bau einem Brand zum Opfer. Die Komposition brunnens – mit flanierendem Publikum, Kutschen- wird bestimmt durch die leicht schräg dargestell- fahrten und einer Straßenbahn im Hintergrund te Trabrennbahn, auf der gerade ein Wettbewerb – rund um den späthistoristischen Prachtbau, der stattfindet. Zahlreiche Besucher haben sich zu sich im 3. Wiener Gemeindebezirk am Schwar- diesem Ereignis entlang der Strecke eingefunden. zenbergplatz 4 befindet und der bis heute Sitz Wie das große Vorbild der Vedutenmalerei, Rudolf der Vereinigung österreichischer Industrieller ist. von Alt, gestaltet Friedrich Frank jedes noch so Eine lichterfüllte und verblüffend akkurate Male- kleine Detail und fängt die Stimmung des Früh- rei, in welcher Erwin Pendl, ein unangefochtener lingstages in der Krieau virtuos ein. Meister der österreichischen Aquarellvedute, eine Sehr beliebt waren und sind auch heute noch interessante Impression aus dem Wien vor dem Friedrich Franks Darstellungen der großen Se- Ersten Weltkrieg festhält. henswürdigkeiten seiner Heimatstadt Wien. Der „Stephansdom“ (Kat.Nr. 21) zählt sicherlich zu den gefragtesten Motiven des Stadtchronisten. In der FRIEDRICH FRANK Entstehungszeit des Aquarelles, um 1920, hatte (Frankenmarkt 1871 - 1945 Werfen-Weng) der Dom noch sein originales Dach, das ja im 19 Rotunde und Trabrennplatz letzten Kriegsjahr 1945 zerstört wurde. Wir blicken um 1900 vom Stock im Eisen auf den Südturm und links im Aquarell und Deckweiß auf Papier Bild auf die Westfassade mit den Heidentürmen. 23,6 x 30,2 cm Anfang des 20. Jahrhunderts war der Bereich um Signiert und betitelt rechts unten: den Dom, sowie Graben und Kärntnerstraße noch ROTUNDE U. TRABRENNPLATZ - WIEN - FRIEDRICH FRANK - nicht für den Verkehr gesperrt und viel befahren. Signiert, betitelt und nummeriert auf altem Aufsatzkarton: Fuhrwerke und Personen sind etwas kleiner wie- Wien - Rotunde mit Trabrennplatz 1331. Friedrich Frank dergegeben als es der Realität entsprechen wür- de, wodurch die Bedeutung und Monumentalität Provenienz: Privatsammlung Wien Literatur: Vgl.: Heinrich Fuchs, Die österreichischen Maler des 19. Jahrhunderts, des Bauwerkes noch mehr hervorgehoben wird. Ergänzungsband 1, Wien 1978

ERWIN PENDL 20 (Wien 1875 - 1945 Wien) Haus der Industrie am Wiener Schwarzenbergplatz um 1910 Aquarell auf Papier 26 x 40 cm (Passepartout-Ausschnitt) Signiert und bezeichnet rechts unten: ERWIN PENDL. WIEN.

Provenienz: Privatbesitz Wien Literatur: Vgl.: Österreichische Galerie Belvedere (Hg.), Kunst des 20. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie in Wien, Band III, Wien 1997, S. 168 FRIEDRICH FRANK (Frankenmarkt 1871 - 1945 Werfen-Weng) 21 Der Stephansdom in Wien um 1920 Aquarell auf Papier 31 x 23 cm (Passepartout-Ausschnitt) Signiert und betitelt rechts unten: WIEN. ST. STEPHANDSDOM FRIEDRICH FRANK

Provenienz: Privatbesitz Wien Literatur: Vgl.: Heinrich Fuchs, Die österreichischen Maler des 19. Jahrhunderts, Ergänzungsband 1, Wien 1978 Peder Mørk Mønsted 1 Sisley oderCamillePissaro schen Impressionisten wie Claude Monet, Alfred ration der deutschen und vor allem der französi- nen verwendet, beganndiejungeKünstlergene- Hintergrund fürhistorische undgenrehafte Sze- gen derLandschaftsmaler. Lange Zeit eherals Jahrhunderten zudengroßen Herausforderun- bereits wässrigen Tau- und Altschnee – zählt seit – vom pulvrigenNeuschnee überHarsch biszum Die Darstellungvon Schnee inallseinenFacetten gesucht. auch heuteaminternationalen Kunstmarkt sehr haften technischen Ausführunggefragt undsind Wasserlandschaften waren wegen dermeister- lem seine lichtdurchfluteten Schnee-, Wald- und Glaspalast inMünchen 1892 ausstellte.Vor al- oder derInternationalenKunstausstellung im spielsweise aufderPariser Weltausstellung 1889 dänischen Künstler, dermitgroßem Erfolg bei- galt Peder Mønstedalseinerderbekanntesten Salons gezeigt.Baldnach derJahrhundertwende lottenburg sowieauf den Münchner undPariser wurden aufzahlreichen AusstellungeninChar- bereiste NahostundNordafrika. SeineArbeiten te Peder MønstedItalien,dieSchweiz undParis, des Impressionismus. AufStudienreisen besuch- rei auseinanderundwurden sozuWegbereitern Einbeziehung von Lichtstimmungen inderMale- Lehrmeister setztensich aufihre Weise mitder Franzosen WilliamAdolpheBouguereau. Beide Krøyer und1882/1883 imAtelierdesberühmten seine MitarbeitimAteliervon Peder Severin schen Einflusserfuhr Peder Mønstedauch durch an derKunstakademie inKopenhagen. Stilisti- schaftsmaler Andreas Fritz. Ab 1875 studierteer er erhieltprivaten Malunterricht beidemLand- sich seinekünstlerische Begabungheraus und – geboren. Bereits alsSchuljunge kristallisierte habender Eltern–derVater war Schiffsbauer an derdänischen OstseeküstealsKindwohl - 1859 inBalleMøllederNähevon Grenaa Peder MørkMønstedwurde am10. Dezember ) Arp Museum BahnhofRolandseck, Bielefeld 2014 Oliver Kornhoff Lichtgestöber. (Hg.), Der WinterimImpressionismus. Ausstellungskatalog, 1 –undauch später Hektik unseres heutigenstädtischen Lebens ab. den diesesverträumte Motivfernab von Lärm und Silhouetten einigerHausdächer hervorlugen, run- Baumreihen, hinterdenenferne diebläulichen wolkenlosen Himmelragende, kahl-verästelte schon weich gewordenen Schnee. Hoch inden gefügt – hofft auf eineletzte Rodelpartie in dem im Hintergrund nostalgisch alsStaffagefigur ein- folgen. EinkleinerJungemitseinem Schlitten – positorisch reizvoll dem Verlauf der Uferböschung grünbraune Wiesenflecken freigelegt, diekom- vorstehenden Frühlings –schon einigegrößere Auch hatdiemildeSonne–als Zeichen desbe- einigen Fuß- undSchlittenspuren zerfurcht ist. Schneedecke amEndedesWintersbereits von Panorama einer breiten Wiese, deren bauschige in steilemTiefenzug bildeinwärts, flankiert vom gen lässt.Soschlängelt sich einkleinerBachlauf und unbeschwerte KindertageimSchnee anklin- Idylle amDorfrand, dieReminiszenzenanferne net sich dem Betrachter, eine sonnige verschneite heimatet seinkönnte.Einheiterer Wintertag öff- nauso gutimösterreichischen Voralpenland be- milden SonnedesSpätwinters,diemotivisch ge- lers –einehaptische Schneelandschaft inder magisch anmutendesStimmungsbilddesKünst- de „SonnigerWintertag“einhervorragendes, fast So istauch nebenstehendeslichterfülltes Gemäl- nisten hervorgebracht hat. JahrhundertsinderNachfolge20. derImpressio- was dieeuropäische Malerei desbeginnenden volle Winterlandschaften zumBestenzählen, perfekt ausgeführteundungemeinstimmungs- Peder MørkMønstedheraus, deren handwerklich rühmte Norweger Frits Thaulow undderDäne Unter dennordischen Malernragen hierderbe- lebendig undabwechslungsreich festzuhalten. Tauwetter imunmittelbarerlebtenAugenblick lichten Schneegestöber biszumfrühlingshaften Max von Esterle–diewinterliche Landschaft vom Österreicher wieAlfons Walde, GustavJahnoder

(Grenaa 1859 - 1941 Fredensborg) Literatur: Hans Paffrath, Werkübersicht Peder Mönsted. Zauber der Natur, Düsseldorf2013, Wkv.Nr. 1902_4 PEDER MØRK MØNSTED Signiert und datiert links unten: Signiert unddatiertlinksunten: Provenienz: Privatbesitz Österreich Ein sonnigerWintertag PMønsted. 1902.PMønsted. Öl aufLeinwand 32 x 48 cm x48 32 22 1902

Der bekannte Landschaftsmaler Ferdinand Für Kompositionen Brunners eher ungewöhnlich Brunner wurde 1870 in Wien geboren. Bereits ist die Frauengruppe, die sich auf den Steinstu- während seiner Studienzeit an der Wiener Akade- fen am Weg zum Castel zusammengefunden mie erhielt er sämtliche Preise, Auszeichnungen hat. Meistens sind die Bilder des Künstlers und Stipendien, die die Akademie zu vergeben menschenleer. Wir denken an die symbo- hatte. Eingebettet in den Kolorismus des Spätim- listischen Landschaften Arnold Böcklins, in pressionismus und beeinflusst von der Formge- denen Staffagen aus mehreren Personen bung des secessionistischen Malstils um 1900 oder Einzelfiguren den Mysterien und der fand der Maler früh zu seinem ganz eigenen Stil, Allmacht der Natur ausgeliefert zu sein der geprägt war von einer Stille und Weite, die scheinen. Der Kreis der drei Frauen hebt seine Bilder so unverwechselbar machen. Dabei das Bild Brunners in eine Bedeutungsebe- verzichtete er zumeist gänzlich auf menschliche ne, die über die reine Landschaftsmalerei Staffage. Seine Werke waren schon zu Lebzeiten hinaus verweist. Die am Himmel aufziehenden Arnold Böcklin, Die Toteninsel (3. Version), 1883 auf zahlreichen Ausstellungen zu sehen. 1945 grauen Wolken und die wie im Sturm gebeugte starb der Künstler in Wien. Gruppe der Zypressen in der Bildmitte verleihen der Komposition eine gewisse Dramatik. Zusätz- Nach Verlassen der Akademie erhielt Brunner ein lich hervorgehoben werden die Frauen durch die Staatsreisestipendium, das ihm in den Jahren kräftigen Farben ihrer Gewänder. Das leuchten- 1896/1897 einen längeren Aufenthalt in Italien de Rot des Umhangs der wohl älteren Frau, die ermöglichte. Die auf dieser Reise entstandenen uns den Rücken zugewandt hat, und das kräftige Impressionen wurden zum Teil im Atelier in grö- Blau des Kittels der jüngeren, an deren Seite ein ßere Formate umgesetzt und 1898/1899 auf den kleines Mädchen in kräftig orangem Kleid steht Jahresausstellungen im Wiener Künstlerhaus und die ein weiteres Kind im Arm hält, ziehen gezeigt. So war auch vorliegendes, für Brunner den Blick des Betrachters unweigerlich auf sich, ungewöhnlich großformatiges Werk – 1898 wohl bevor er sich den Schönheiten der umgebenden nach einer kleineren Ölstudie1 entstanden – im Landschaft widmen kann. Die hinter den Garten- Ferdinand Brunner Ferdinand Brunner Künstlerhaus zu sehen. Auffallend auch die Sig- mauern verborgene Pracht und Opulenz der Na- natur „Ferdinand Adam Brunner“ auf diesem sel- tur kontrastiert mit dem eher kargen Terrain im tenen monumentalen Frühwerk, die in späteren Bildvordergrund. Sollte sich ein Unwetter zusam- Werken nicht mehr auftaucht. menbrauen, wären die Frauen hier den Gewalten der Natur schutzlos ausgeliefert. Noch plaudert Wir blicken auf einen von Mauern umgrenzten das Grüppchen angeregt und sorglos, das tür- Garten mit Zypressen, zu dem ein ebenfalls von kisblaue Wasser des Sees rechts im Bild liegt einer steinernen Befriedung eingefasster Weg ruhig vor uns und spiegelt die Sonnenstrahlen führt. Rechts im Bild öffnet sich die Sicht auf den eines schönen Tages wider. Die Malweise, die FERDINAND BRUNNER (Wien 1870 - 1945 Wien) Albaner See. Der reich bewachsene Garten ist Teil in den späteren Bildern immer klarer und glatter 23 der großen päpstlichen Anlage, die im Ort Castel im Farbauftrag wird, ist hier noch dem Spätim- Zypressen bei Castel Gandolfo Gandolfo 24 Kilometer südöstlich von Rom in den pressionismus verhaftet. Zarte Blumenköpfe sind 1898 Albaner Bergen an der Via Appia liegt und wegen weiß in die Wiese gestupft, Steinformationen und Öl auf Leinwand der günstigen Lage seit 1628 als Sommerresi- Mauerwerk sind detailreich wiedergegeben und 115 x 204 cm denz der Päpste dient. Das schon auf den römi- die Gewänder und Gesichter der Frauen zart Signiert und datiert links unten: schen Kaiser Domitian zurückgehende gleichna- ausformuliert. Ein beeindruckendes Frühwerk von FERDINAND ADAM BRUNNER 1898 mige Schloss war in Folge Sitz der Adelsfamilien Ferdinand Brunner, das musealen Charakter hat Rückseitig Etikett des Wiener Künstlerhauses: Gandolfi und Savelli und präsentiert sich heute in und eine Bereicherung jeder Sammlung darstellt. 1229/1898 (von Mag. Paul Rachler, Künstlerhaus Archiv, bestätigt) barocker Pracht. Als exterritoriales Gebiet ist es Teil des Vatikans. Provenienz: Privatsammlung Wien Literatur: Vgl.: Heinrich Fuchs, Ferdinand Brunner, Wien 1979, Abb. S. 22 Ausgestellt: Künstlerhaus Wien, Wien 1898

1) Vergleiche zum Beispiel „Motiv bei Castel Gandolfo“ von 1896 in: Heinrich Fuchs, Ferdinand Brunner, Wien 1979, Abb. S. 22.

FERDINAND BRUNNER 24 (Wien 1870 - 1945 Wien) Landschaft mit Windmühle um 1910 Öl auf Leinwand 22 x 49 cm Signiert links unten: FERDINAND BRUNNER

Provenienz: Privatbesitz Österreich Literatur: Vgl.: Heinrich Fuchs, Ferdinand Brunner, Wien 1979, S. 58, 64; Österreichische Galerie Belvedere (Hg.), Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie in Wien, Band I, Wien 1992, S. 128 ff.; Marianne Hussl-Hörmann, Ferdinand Brunner. In der Stille die Welt erfassen, in: Parnass, Heft 4, Wien 2002, S. 80-85 FERDINAND BRUNNER (Wien 1870 - 1945 Wien) 25 Im Alpenvorland um 1915 Öl auf Leinwand auf Karton 19 x 29,7 cm Signiert rechts unten: FERDINAND BRUNNER

Provenienz: Privatsammlung Österreich Literatur: Vgl.: Heinrich Fuchs, Ferdinand Brunner, Wien 1979; Österreichische Galerie Belvedere (Hg.), Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie in Wien, Band I, Wien 1992, S. 128 ff.; Marianne Hussl-Hörmann, Ferdinand Brunner. In der Stille die Welt erfassen, in: Parnass, Heft 4, Wien 2002, S. 80-85 EMIL ORLIK 26 (Prag 1870 - 1932 Berlin) Beim Wambacher in Hietzing 1910 Mischtechnik auf Papier auf Malkarton 32,6 x 50 cm Signiert, datiert und betitelt rechts unten: Orlik beim Wambacher. 1910. Lainzerstr. Rückseitig bezeichnet: Emil Orlik Prag 1870-1932 Berlin

Provenienz: Privatsammlung Graz Literatur: Vgl. Eugen Otto (Hg.), Emil Orlik. Leben und Werk. 1879 bis 1932, Prag-Wien-Berlin, Wien 1997 ERWIN OSEN (Wien 1891 - 1970 Dortmund) 27 Junge mit Teddybären 1959 Mischtechnik auf Papier 50 x 35 cm Signiert und datiert Mitte unten: ERWIN DOM OSEN 1959 21. V

Privatsammlung Deutschland, Provenienz: Privatbesitz Wien; Literatur: Vgl.: Österreichische Galerie Belvedere (Hg.), Kunst des 20. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie in Wien Belvedere, Band III, Wien 1997, S. 146 f. Max Oppenheimer, der als Sohn des Musikschrift- die Musik und den Akt des Musizierens in völlig stellers und Journalisten Ludwig Oppenheimer neuartiger Weise zu veranschaulichen. 1885 in Wien geboren wurde, kam schon im Alter von fünfzehn Jahren als Gastschüler von Profes- Das „Quartett“ von 1948 ist gewissermaßen eine sor Griepenkerl an die Wiener Akademie der bil- ins Querformat auseinander gezogene Variante denden Künste. 1903 setzte er seine Studien an des „Rosé-Quartetts“ von 1920, aber im Unter- der Akademie in Prag fort, von wo aus er in der schied zur früheren Arbeit wird die zweite Geige Folge die Wiener „Kunstschau“ mit einigen Bil- am rechten Bildrand zur Gänze, und nicht nur mit dern bestückte. Bei seiner Rückkehr nach Wien dem Hals und der Schnecke, dargestellt. Auch schloss er sich dem Künstlerkreis um Oskar das Kolorit hat sich verändert: statt des von den Kokoschka und Egon Schiele an. Ab 1912 ver- Anzügen der Musiker inspirierten grauen Hinter- wendete er das Markenzeichen „MOPP“ zum grundes dominiert in dem rechteckigen Blatt ein Signieren seiner Werke. Oppenheimers Lebens- warmer Gelbton, der der Darstellung eine heitere weg war von zahlreichen Umzügen zwischen Note verleiht. Wien, Berlin und der Schweiz geprägt, bevor er Unser nebenstehendes „Quartett“ stellt außer- 1938 in die USA emigrierte und bis zu seinem dem eine für Sammler hochinteressante Be- Lebensende 1954 in New York wohnte. sonderheit dar, ist sie doch keine „gewöhnliche“ handsignierte Farblithografie – auch eine solche Neben den zahlreichen expressiv-psychologisie- wäre in kleiner Auflage selten genug – sondern renden Porträts gilt sein Interesse der Darstellung ein vom Künstler in Teilen handkolorierter Pro- von Musik. Selbst seit früher Kindheit mit Violin- bedruck („Epreuve corrigée“). Offenbar noch um unterricht aufgewachsen, führt er dieses oft wie- Verbesserungen in der Farbgebung bemüht, hat derkehrende Thema in verschiedenen Techniken Max Oppenheimer vor allem die rötlichen Kor- und Variationen aus. Ausgehend vom 1914 ent- pusse der Streichinstrumente sowie die gelben standenen Gemälde „Heßquartett1, das die ein- Silhouetten der Personen mit markanten Aqua- Max Oppenheimer zelnen Musikerporträts in der Komposition noch relllasuren verstärkt. miteinbezieht, kommt es schon ein Jahr später Dieses faszinierende und als große Rarität anzu- zu einer formalen Steigerung des Motivs, indem sehende Werk besticht durch die präzise wieder- Oppenheimer im Ausstellungsplakat für den gegebene Haltung der Musiker beim Streichen Kunstsalon Wolfsberg2 erstmals die Musiker als ihrer Instrumente, wie sie nur durch genaue Be- Protagonisten ausschließt und sich in der Litho- obachtungsgabe sowie durch eigene Kenntnis grafie ausschließlich auf die den Klang erzeugen- des Violinspiels möglich ist. Beide Voraussetzun-

den Musikinstrumente, die Hände der Streicher gen erfüllte der hochmusikalische Maler, der un- MAX OPPENHEIMER (Wien 1885 - 1954 New York) und die Notenhefte konzentriert. Diese werden zufrieden war, „umgeben mich nicht meine Bilder, 28 in Anlehnung an futuristische Gestaltungsmittel Bücher und Geigen“, wie er seiner Mutter in ei- Quartett so ineinander verschachtelt, dass herkömmliche nem Brief von 1919 mitteilte3. 1948 Kompositionskriterien, wie die Perspektive, völlig Handkolorierte Farblithografie auf Papier außer Kraft gesetzt werden. Das Fehlen jeglicher 21,5 x 30,8 cm (Druckgröße) horizontal oder vertikal ausgerichteter Struktur 30,3 x 43,1 cm (Blattgröße) erzeugt eine Dynamik, die die Bewegung beim Handsigniert rechts unten: MOPP Musizieren wiedergibt und die gespielten Töne Signiert im Stein rechter Rand: MOPP sozusagen optisch hörbar macht. Durch diese Betitelt und datiert Mitte unten: Quatuor - 1948 formale Reduktion gelingt es Max Oppenheimer, Bezeichnet links unten: Epreuve corrigée (Sonderdruck neben der regulären Auflage von 50 Stück)

Provenienz: Privatsammlung England Literatur: Max Oppenheimer. Verzeichnis der Druckgraphik, 1) MOPP. Max Oppenheimer, 1885-1954. Ausstellungskatalog, Jüdisches Museum der Stadt Wien, Galerie Pabst, München 1993, Wkv.Nr. L 26 Wien 1994, Abb. S. 114; Marie-Agnes von Puttkamer, Max Oppenheimer – MOPP (1885-1954), Vgl.: Marie-Agnes von Puttkamer, Max Oppenheimer – MOPP (1885-1954). Leben und malerisches Werk mit einem Werkverzeichnis der Gemälde, Wien 1999, S. 242, Wkv.Nr. 93 Leben und malerisches Werk mit einem Werkverzeichnis der Gemälde, Wien 1999; 2) MOPP. Max Oppenheimer, 1885-1954. Ausstellungskatalog, Jüdisches Museum der Stadt Wien, MOPP. Max Oppenheimer, 1885-1954. Ausstellungskatalog, Wien 1994, Abb. S. 115 Jüdisches Museum der Stadt Wien, Wien 1994 3) ebd., S. 192, 1919

Ludwig Heinrich Jungnickel gilt heute als einer der Folge wagt er sich thematisch ausgehend von ei- bedeutendsten österreichischen Maler, der vor al- nem im Jugendstil verwurzelten floral-dekorativen lem mit seinen Tierbildern bis weit über die Gren- Stil immer mehr ins Groteske und Märchenhafte. zen hinaus große Anerkennung erlangen konnte. Für die Wiener Werkstätte entwirft er 1910 zwei In seinen Ölbildern und Aquarellen gelingt es ihm Postkarten-Serien: die sechsteilige Serie „Da- immer wieder, verschiedene Lebewesen in cha- menmode“ und die Werkfolge „Tierhumoresken“ rakteristischen Posen und Ausdruck festzuhalten (Kat.Nr. 31, 32) mit Mischwesen aus Mensch und und ihnen liebenswerte Individualität zu verleihen. Insekt. In humorvoller Art und Weise präsentiert er uns seine Einstellung Mensch und Tier gegen- Der Künstler wurde 1881 in Bayern als eines von über. Jungnickel verachtet am Menschen das Ver- fünf Kindern geboren und verließ mit nur 16 Jah- bildete, Dekadente und vermisst das Naturhafte, ren seine Familie, um über die Alpen nach Öster- das ihm nur ihm Tier begegnet. reich zu wandern. Nach kurzen Studienaufenthal- ten in Rom und an der Akademie der bildenden 1902 an der Wiener Kunstgewerbeschule bringt Künste in Wien, ließ er sich in der Bundeshaupt- Alfred Roller seinem jungen Schüler Ludwig Hein- stadt nieder. Wirklich sesshaft wurde er aber nicht, rich Jungnickel die Kunst der Schablonenspritz- wie seine zahllosen Reisen belegen. Jungnickels technik nahe. Dieser eignet sich diese perfekt an Frühwerk, geprägt durch seine Freundschaft mit und setzt sie als selbstständiges Ausdrucksmit- Gustav Klimt wurzelt im Wiener Jugendstil, was tel ein. Die Technik ist extrem zeitaufwendig. Für vor allem in seinem druckgrafischen Werk deut- jede Farbe muss eine eigene Schablone ange- lich wird. Um 1909/1910 gelang ihm der interna- fertigt werden, die die Fläche des gewünschten tionale Durchbruch. Seine Tierdarstellungen wur- Tons freilässt und den Rest des Bildes bedeckt. den mehrfach ausgezeichnet. In der Folge wurde Die Farbe selbst wird mit einer Spritze, die vor ein er 1911 als Professor an die Kunstgewerbeschule Sieb gehalten wird, aufgebracht. Je nach Dick- in Frankfurt am Main berufen. In seiner künstleri- flüssigkeit der Farbe und Abstand der Spritze von schen Entwicklung bewegte sich Jungnickel vom Sieb und Papier kann der Künstler die Größe der Flächenhaften des Secessionismus weg hin zu Farbspritzer verändern und so mit einem feineren einem wesentlich expressiveren Zeichenstil, wo- oder gröberen Korn experimentieren. Arbeitet er bei das Tier immer mehr zum vorrangigsten Bild- feucht in feucht vermengen sich die Pigmente und thema wurde. Die Fabel mit ihren moralisierenden neue Töne und Schattierungen entstehen. Wenn Inhalten war ihm willkommene Inspirationsquelle. die untere Schicht bereits angetrocknet ist, heben In ihr sind Tiere mit menschlichen Eigenschaften sich die neu aufgebrachten Pigmente stärker von versehen und legen ebensolches Verhalten mit der unteren Lage ab. Es ist unmöglich, selbst bei all seinen Konsequenzen an den Tag. Dieser gleichem Motiv, ein identes Blatt in Farbmischung Kunstgriff verleiht Jungnickels Tierdarstellungen und -effekt und mit gleichem Korn herzustellen,

einen hohen Grad an Identifizierungsmöglich- so dass jedes Werk in Schablonenspritztechnik LUDWIG HEINRICH JUNGNICKEL (Wunsiedel 1881 - 1965 Wien) keiten und erklärt ihre bis heute ungebrochene als Unikat angesehen werden muss. Auch stellte 29 Anziehungskraft. Jungnickel diese Drucke in äußerst geringer Zahl Waldwiese (Obstgarten)

Ludwig Heinrich Jungnickel Ludwig Heinrich Jungnickel her, was sie zu wahren Raritäten macht. 1903 Der Bekanntheitsgrad Ludwig Heinrich Jungnickels Wir freuen uns, aus dieser ebenso frühen wie sel- Schablonenspritztechnik schnellt mit dem frühen grafischen Werk, den tenen Werkphase dieses großen österreichischen 33 x 59,4 cm (Druckgröße) Signiert rechts unten: L. H. JUNGNICKEL Postkarten, den Entwürfen von Tapeten, Stoffen Künstlers mit der „Waldwiese“ (Kat.Nr. 29) und und Geschenkpapier, seinen Wanddekorationen den „Tennisspielerinnen“ (Kat.Nr. 33) zwei hervor- Provenienz: Privatsammlung Kärnten Literatur: Tobias G. Natter, Max Hollein, und Buchillustrationen in die Höhe. So ist es kein ragende Sammlerstücke anbieten zu können. Klaus Albrecht Schröder (Hg.), Zufall, dass er neben Gustav Klimt mit der Gestal- Kunst für alle. Der Farbholzschnitt in Wien um 1900. tung des berühmten von Josef Hoffmann erbau- Ausstellungskatalog, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina, Wien 2016/2017, Abb. S. 342; ten Palais Stoclet in Brüssel beauftragt wird. In der Ilse Spielvogel-Bodo, Ludwig Heinrich Jungnickel. Ein Leben für die Kunst, Klagenfurt 2000, Abb. S. 101, Wkv.Nr. OG.11

OSKAR KOKOSCHKA LUDWIG HEINRICH JUNGNICKEL LUDWIG HEINRICH JUNGNICKEL 30 (Pöchlarn 1886 - 1980 Montreux) 31 (Wunsiedel 1881 - 1965 Wien) 32 (Wunsiedel 1881 - 1965 Wien) Drei Hirten, Hund und Schafe Zwei Insektenmenschen stehend Zwei Grillen nach links WW Postkarte Nr. 116 WW Postkarte Nr. 380, Serie „Tierhumoresken“ WW Postkarte Nr. 377, Serie „Tierhumoresken“ 1906-1908 1910 1910 Farblithografie Farblithografie Farblithografie 13,4 x 8,5 cm (Druckgröße) 14 x 9 cm 14 x 9 cm Bezeichnet unten: WIENER WERKSTÄTTE WIEN I. Signiert im Druck rechts unten: JUNGNICKEL Signiert im Druck rechts oben: JUNGNICKEL

GRABEN 15. POSTKARTE NO. 116 Provenienz: Privatsammlung Kärnten Provenienz: Privatsammlung Kärnten Rückseitig typografischer Text Literatur: Ilse Spielvogel-Bodo, Ludwig Heinrich Jungnickel. Literatur: Ilse Spielvogel-Bodo, Ludwig Heinrich Jungnickel. Ein Leben für die Kunst, Klagenfurt 2000, Abb. S. 245, Ein Leben für die Kunst, Klagenfurt 2000, Abb. S. 245, Literatur: Hans M. Wingler, Friedrich Welz, Oskar Kokoschka. Wkv.Nr. GG.52/5, Abb. S. 363; Wkv.Nr. GG.52/2, Abb. S. 363; Das druckgraphische Werk, Salzburg 1975, Wkv.Nr. 12, Abb. S. 65 LUDWIG HEINRICH JUNGNICKEL (Wunsiedel 1881 - 1965 Wien) 33 Tennisspielerinnen Lawn Tennis 1905/1906 Schablonenspritztechnik 29,2 x 54,2 cm (Druckgröße) Signiert rechts unten: L. H. JUNGNICKEL

Provenienz: Privatbesitz Wien Literatur: Tobias G. Natter, Max Hollein, Klaus Albrecht Schröder (Hg.), Kunst für alle. Der Farbholzschnitt in Wien um 1900. Ausstellungskatalog, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina, Wien 2016/2017, Abb. S. 344; Ilse Spielvogel-Bodo, Ludwig Heinrich Jungnickel. Ein Leben für die Kunst, Klagenfurt 2000, Abb. S. 105, Wkv.Nr. OG.12, Abb. S. 322 Carl Moll wurde 1861 in Wien in eine gutbürger- Um 1919 verbringt der Künstler wiederholt die liche Familie geboren. Als schwächliches Kind – Sommermonate auf dem Gut Förev der Unterneh- er litt unter Anämie – war ihm der Schulbesuch merfamilie Zsolnay bei Pressburg, wo er in den nicht möglich: „Lernen durfte ich nicht, beschäf- schönen alten Gärten und Parks malt, die ihm ein tigen sollte ich mich, also gab man mir Bleistift reiches Angebot an Motiven bieten. Es sind meist und Wasserfarben – zum Spielen. Der erste Zufall, Szenen, in denen Menschen zwar Bildprotagonis- der meinen Lebensweg beeinflusste“1. Später in- ten sind, aber gegenüber einer machtvollen Ve- skribierte Carl Moll an der Wiener Akademie der getation, dem ausladenden Grün der Bäume und bildenden Künste. Nach nur kurzem Studium wur- Wiesen, nur eine untergeordnete kompositorische de ihm in einer Ausstellung des Künstlerhauses Rolle spielen. In unserem Fall ist es ein Paar, das im Frühjahr 1881 ein Gemälde von Emil Jakob sich in den saftigen Wiesen zu einer Ruhepau- Schindler zum „Schlüsselerlebnis“, und schon se, vielleicht auch einem Picknick, im Schatten

Carl Moll im Herbst dieses Jahres nahm der Meister Carl eines heißen Sommertages niedergelassen hat. Moll als Privatschüler auf. Der junge Künstler, der Die Wiese ist von hellen Flecken durchsetzt – später die Witwe seines 1892 verstorbenen Lehr- schimmernde Sonnenstrahlen, die sich ihren Weg meisters und Mentors heiratete – und somit auch durch das dichte Geäst der alten Bäume bahnen der Stiefvater von Alma Mahler, geborene Schind- konnten. In der linken Bildhälfte gleitet der Blick ler, wurde – knüpfte in diesen Jahren an die stim- in die Tiefe über eine im gleißenden Licht liegen- mungsimpressionistische Landschaftsmalerei an. de Landschaft, aus deren Richtung sich eine Frau Seit 1894 Mitglied des Wiener Künstlerhauses, nähert. Die rechte Hälfte ist vollkommen von den war er 1897 neben Gustav Klimt, Josef Hoffmann, majestätischen Baumriesen des Parks eingenom- Kolo Moser und anderen einer der Mitbegründer men, mit breiten Pinselstrichen und einem dün- der Wiener Secession. Hier – wie auch später in nen Farbauftrag in intensiven Grüntönen geschil- der Galerie Miethke – organisierte Carl Moll zahl- dert, die eine Frische und Vitalität ausstrahlen, die reiche bedeutende und wegweisende Ausstel- ihresgleichen sucht. lungen österreichischer und internationaler Kunst. Carl Moll bewegt sich hier motivisch auf einem In diesen so wichtigen Jahren der anbrechenden Terrain, das eine lange Tradition besitzt und in Wiener Moderne schuf er Interieur- und Vorstadt- Frankreich durch die Bilder Edouard Manets oder ansichten, die heute zu den „Ikonen“ der öster- Claude Monets berühmt wurde. Gewiss waren CARL MOLL reichischen Malerei jener Zeit zählen. Intensive Werke dieser Künstler auch Carl Moll bekannt, (Wien 1861 - 1945 Wien) 34 Reisetätigkeit und seine eigene Malerei rückten der sich ja zusammen mit Emil Jakob Schindler Sommertag im Grünen in den Jahren nach 1912 zunehmend in den Vor- intensiv mit den französischen Impressionisten um 1919 dergrund. Ebenfalls führte sein Engagement als auseinandergesetzt hatte. Sowohl in den Wer- Öl auf Leinwand freier Kurator in den 1920er und 1930er Jahren zu ken Monets als auch in den vierzig Jahre später 60,5 x 60 cm wegweisenden Ausstellungen moderner Kunst. entstandenen Arbeiten Carl Molls spielt das völ- Monogrammiert rechts unten: CM 1930 erschien seine Publikation über den zeitle- lig neuartig wahrgenommene und interpretierte Das Gemälde wird in das Werkverzeichnis bens bewunderten Mentor Emil Jakob Schindler2. Wechselspiel von vibrierenden Sonnenflecken Carl Moll aufgenommen. 1931 erhielt der Künstler anlässlich seines 70. Ge- und farbig-dunklen Schatten auf dem Boden eine (Reihe Belvedere Werkverzeichnisse, Autorin: Dr. Cornelia Cabuk) burtstages eine vielbeachtete Ausstellung in der tragende Rolle. In seinem mit unnachahmlichem Provenienz: Privatbesitz Deutschland Wiener Secession, zudem wurden ihm die Golde- Duktus inszenierten Zusammenwirken von flir- Literatur: Vgl.: Tobias G. Natter, Gerbert Frodl, Carl Moll ne Staatsmedaille und die Ehrenbürgerschaft der rendem Licht, satter Farbigkeit und sommerlicher (1861-1945). Ausstellungskatalog, Österreichische Galerie Stadt Wien verliehen. Zahlreiche Gemälde Carl Atmosphäre hat Carl Moll, die großen Meister des Belvedere, Wien 1998; Hans Dichand, Astrid Gmeiner (Hg.), Carl Moll. Seine Molls, die zum Besten der österreichischen Kunst französischen Impressionismus hinter sich las- Freunde. Sein Leben. Sein Werk, Salzburg 1985, S. 65 ff., des 20. Jahrhunderts gehören, befinden sich heu- send, hier ein museal-modernes Meisterwerk von Abb. 73, 77 sowie Farbtafel 26; Österreichische Galerie Belvedere (Hg.), Kunst des 19. te in wichtigen österreichischen und internationa- zeitloser Schönheit und Harmonie geschaffen. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen len Museen und Privatsammlungen. Galerie in Wien, Band III, Wien 1998, S. 92-97; Arthur Roessler, Carl Moll. Ein Beitrag zur zeitgenössischen Künstlergeschichte, in: Der getreue Eckart, Wien o. J., S. 20-33 1) Carl Moll in: Tobias Natter, Gerbert Frodl, Carl Moll, Ausstellungskatalog, Österreichische Galerie Belvedere, Wien 1998, S. 25 2) Carl Moll, Emil Jakob Schindler 1842-1892. Eine Bildnisstudie, Wien 1930

Alfons Walde wurde 1891 als Sohn des Zeichen- Die Revuetänzerin zeugt von der wichtigen Rolle lehrers Franz Walde in Oberndorf in Tirol geboren der Fotografie als Inspirationsquelle im Oeuvre Al- Nach dem Abschluss der Grundschule inskribier- fons Waldes. Er „begann … sehr früh Postkarten te Walde 1910 an der k. u. k. Technischen Hoch- zu sammeln – meist Reproduktionen nach Ge- schule in Wien Architektur, allerdings mit einem mälden, vor allem aus dem Tänzerinnen- und Re- Schwerpunkt in zeichnerisch-kreativen Fächern. vuemilieu – und hat diese Motivsammlung später 1911 fand in Innsbruck die erste, sehr erfolgreiche auch um eigene Fotografien erweitert.“1 Auch die Ausstellung mit seinen Werken statt. Gustav Klimt Bildidee zu der Tänzerin stammt, der Kompositi- und Egon Schiele, die ihm auch freundschaftlich on und Farbigkeit nach zu urteilen, von einer Por- verbunden waren, erwiesen sich für die weitere trätfotografie. Dieses besonders frühe Werk aus künstlerische Entwicklung als prägend, und be- dem Jahr 1915 zeigt eine Dame im Profil, die sich stärkten ihn darin, sich weiterhin mit der intimen leicht nach vorne beugt. Sie trägt einen für Welt seines ursprünglichen Lebensbereiches zu Revuetänzerinnen so typischen Federkopf- befassen. Nach den Kriegsjahren als Tiroler Kai- schmuck, in dem Walde ganz im Sinne des serschütze ließ sich Alfons Walde in Kitzbühel nie- Jugendstils eine Ornamentik, die an Gustav der. In den zwanziger Jahren profitierte er sowohl Klimt denken lässt, umsetzt. Ihre Augen in künstlerischer, als auch persönlicher Hinsicht sind sanft geschlossen und es kann an- vom heiteren Milieu des aufstrebenden Winter- genommen werden, dass die Tänzerin bis Alfons Walde Alfons Walde sportortes. Ab 1924 gestaltete er Plakate für die auf den opulenten Kopfschmuck unbeklei- Tiroler Fremdenverkehrswerbung und Postkar- det ist, was den intimen Charakter des Mo- tenserien mit den charakteristischen Schneebil- mentes noch unterstreicht. Die in strenger dern aus Tirol. In der zweiten Hälfte der 1920er Profilansicht wiedergegebene Frau hebt sich klar Franz von Stuck, Tilla Durieux als Circe, 1913 Jahre entwickelte seine Malerei mit einfachen, vor dem dunklen Hintergrund ab, aus dem sie, als präzise formulierten Kompositionen und einer kla- mystische Femme fatale, wie aus dem Schatten ren Farbigkeit Analogien zur Neuen Sachlichkeit: hervortritt. Ein Vergleich mit Franz von Stucks Por- Nach dem Zweiten Weltkrieg, während dessen er trät der Schauspielerin Tilla Durieux in ihrer Rolle sich in sein Berghaus am Hahnenkamm zurück- als Circe (1913) zeigt eine kompositorisch und gezogen hatte, war Alfons Walde vor allem mit motivisch sehr ähnliche Gestaltungsweise – der architektonischen Entwürfen befasst. 1956 wurde schwarze Hintergrund, der die Dame geheimnis- ihm als späte offizielle Anerkennung der Professo- voll umgibt und die eindeutige Zugehörigkeit zum rentitel verliehen. Er gilt heute neben Albin Egger- Theatermilieu, die sich, wie im Falle von Waldes Lienz als der „Tiroler Maler“ schlechthin, dessen Revuetänzerin in der Aufmachung der Abgebilde- unverwechselbare, leuchtende Winterlandschaf- ten zeigt. ten weit über die Grenzen Österreichs hinaus be- „Gerade wegen ihres intimen Charakters zählen ALFONS WALDE rühmt wurden. diese Sujets zu den malerisch freiesten Bild- (Oberndorf 1891 - 1958 Kitzbühel) 35 schöpfungen, in denen er unabhängig von den Revuetänzerin Der weibliche Akt und intime Frauenporträts, Zwängen des Verkaufes agieren konnte. Man um 1915 wie im Falle des abgebildeten Werks, stellen im spürt die Lust und Liebe, das innere Engagement, Tempera und Bleistift auf Papier Schaffen Alfons Waldes neben den Landschaften die Offenheit für Dinge, die ihn unmittelbar in sei- 34 x 21 cm ein weiteres zentrales Thema dar. Der Umfang ner Lebensintensität berührt und zur Umsetzung Beiliegend Fotoexpertise mit Bestätigung 2 und die Reichhaltigkeit dieser Motive lassen sich in malerische Aussagen befruchtet hatten.“ des Enkels des Künstlers Michael Berger erst heute im Rückblick festhalten. Zu Lebzeiten vom 6.12.2016. erregten die Aktzeichnungen zum Teil großen Provenienz: Nachlass des Künstlers Anstoß und wurden deswegen der Öffentlichkeit Literatur: Vgl.: Alfons Walde. Ausstellungskatalog, selten präsentiert. Leopold Museum, Wien 2006; Gert Ammann, Alfons Walde. 1891-1958, Innsbruck 2001, Abb. S. 155; Österreichische Galerie Belvedere (Hg.), Kunst des 20. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien, Band IV, 1) Gert Ammann, Alfons Walde 1891-1958, Innsbruck 2001, S. 60 Wien 2000, S. 205-209 2) ebd., S. 156

Wie unermüdlich Alfons Walde nach neuen Mo- Spannungsvoll hat Alfons Walde den Kontrast tiven und wirkungsvollen Inszenierungen „sucht“, zwischen dem schon dunklen, in geheimnisvoll führt er uns mit nebenstehender „Abenddämme- schimmernden Farben gehaltenen Tal sowie rung über Kitzbühel“ vor Augen, die er wandernd den noch ein letztes Mal aufblitzenden, in Weiß, erlebte und mit eindringlicher Lebendigkeit in Rosa und Violett nuancierten Schneefeldern der einem starken Hochformat für die Nachwelt fest- Gipfel inszeniert. Mit wenigen mosaikartigen, ex- hielt: von erhöhtem Standpunkt blickt der Künstler pressiven Pinselzügen gelingt es dem Künstler, hinunter ins Tal, wo sich bereits die Schleier der in meisterlicher Reduktion der Formen und mit Nacht über der Landschaft ausbreiten. Mittig sind äußerst subtiler Farbwahl, das beeindruckende die beiden markanten spätgotischen Kitzbüheler Landschaftspanorama seiner Kitzbüheler Heimat Kirchen - die Andreas- und die Liebfrauenkirche räumlich und atmosphärisch überzeugend einzu- - auszumachen, deren Baukörper Alfons Walde fangen. mit wenigen Pinselzügen und in starker Redukti- on mit der umgebenden diffusen Landschaft zu Auch und gerade in diesen kleineren und persön- verschmelzen scheint. Die Fassaden und Türme lichen Formaten wie nebenstehender „Abend- reflektieren noch letzte amorphe Schimmer des dämmerung über Kitzbühel“ erweist sich Alfons Tageslichtes und werden bald in die Dunkelheit Walde als begnadeter Künstler, der mit kraftvol- der in smaragdgrünen Farbtönen changierenden lem Pinsel und pointierter Farbpalette der majes- Alfons Walde Alfons Walde Landschaft versinken. Über der Siedlung steigen tätischen Bergwelt seiner Heimat ein bleibendes im Hintergrund die in sattem tiefblau charakteri- Denkmal setzt. sierten steilen Hänge der Giggling und des Stein- bergkogels empor, zunehmend undifferenzierte dunkle Wald- und Wiesenstücke, die bis an die noch hell erleuchtete Baumgrenze klettern. Hier, hoch oben, liegt eindrucksvoll das letzte zarte, abendliche Sonnenlicht über den Schneefeldern und moduliert Kuppen und Mulden in einem herr- lichen Farbenspiel. Ein ruhiger, pastellig-blauer Himmel, mit dem hier ein schöner Frühlingstag in den Bergen ausklingt, rundet diese friedliche und stille Abenddämmerung in Tirol ab.

ALFONS WALDE (Oberndorf 1891 - 1958 Kitzbühel) 36 Abenddämmerung über Kitzbühel Blick auf Steinbergkogel und Giggling um 1925 Öl auf schwarzem Papier 28,3 x 18 cm Rückseitig Nachlassstempel Gutachten von Peter Konzert vom 27.10.2000 liegt bei.

Provenienz: Privatsammlung Oberösterreich Literatur: Vgl.: Alfons Walde. Ausstellungskatalog, Leopold Museum, Wien 2006, S. 75; Gert Ammann, Alfons Walde. 1891-1958, Innsbruck 2001

Bereits früh machte sich bei Egon Schiele außer- die Linienführung so perfekt, dass es ihm gelingt gewöhnliches zeichnerisches Talent bemerkbar. das Dargestellte mit einer einzigen ungebroche- Seine Jugendzeit war allerdings überschattet von nen Linie zu erfassen und gleichzeitig emotional Krankheit und Tod des Vaters und dem Vormund, aufzuladen. In seinen letzten Lebensjahren, in de- seinem Onkel Leopold Czihaczek, fehlte jegli- nen auch der „Sitzende Akt von vorn“ entstanden ches Verständnis für die künstlerischen Ambiti- ist, findet Egon Schiele mit seiner Kunst bereits onen des Neffen. Gegen dessen Willen brach er großen Zuspruch. Hatte er früher Freunde und 1906 die Schulausbildung ab, um an der Wiener Modelle von der Straße herangezogen, war er Akademie zu studieren. Enttäuscht von der kon- nun so erfolgreich, dass er eine Fülle professio- servativen Ausbildung unter Christian Griepenkerl neller Modelle zur Verfügung hatte. Die zwischen beendete der junge Künstler die Akademie nach 1917 und 1918 entstandenen Arbeiten weisen im nur drei Jahren und bildete sich autodidaktisch Gegensatz zu den früheren, expressiveren Wer- weiter. Im Sommer 1909 wurde er Mitbegründer ken, eine plastischere und kompaktere Formge- der „Neukunstgruppe“ und lernte Josef Hoffmann bung auf. Nachdem die Zeit ab 1912 von einem und Gustav Klimt kennen, der es dem Künstler „melodiös welligen“2 Stil geprägt war, reduziert ermöglichte, auf der „Kunstschau“ erstmalig öf- Schiele die Körper nunmehr auf stereometrische fentlich auszustellen. Private Förderer wie Heinrich Grundformen, was letztendlich zu einer immer Benesch oder der Kunsthistoriker Arthur Roessler größeren Abstraktion führt. Egon Schiele spielten in diesen frühen Jahren eine zentrale Rolle und ermöglichten es Egon Schiele, konse- Nebenstehende Darstellung zeigt eine sitzende quent seinen Weg zu gehen. Im Mai 1910 über- Frau in frontaler Ansicht, ihren Blick in die Ferne siedelte er nach Krumau, dem Geburtsort seiner gerichtet. Die rechte Hand zum Kinn geführt, ruht Mutter und zog die ländliche Idylle dem „schwar- ihr Ellenbogen auf ihrem angewinkelten, rechten zen Wien“1 vor. 1911 folgte ihm auch Wally Neuzil, Bein. Der rechte Stiefel sowie ihr linker Arm sind die fortan sein bevorzugtes Modell wurde. Es be- nur angedeutet wiedergegeben. In unterschied- gann eine überaus produktive Phase im Schaffen licher Dichte und Stärke im Auftrag führt Schiele des jungen Künstlers. 1912 wurde Egon Schiele die schwarze Kreide und erzeugt mit seiner, für im niederösterreichischen Neulengbach wegen diese Zeit typischen, konvexbogigen Umriss- angeblicher Unzucht mit Minderjährigen verhaftet führung und durch geschickt gesetzte Konturen und musste mehrere Tage im Gefängnis verbrin- Körperlichkeit und Volumen. Die hohe künstleri- gen. Die Anklage wurde zwar fallen gelassen, der sche Qualität der Zeichnung ist besonders an der Künstler zog aber, getroffen vom Unverständnis Darstellung des Gesichts erkennbar. Das in ma- seiner Kunst gegenüber, nach Wien zurück. Wie- nierierter Linienführung wiedergegebene lockige der war er von Förderern wie den Familien Hauer Haar geht dabei fließend in den Nasenansatz und Lederer abhängig. 1915 heiratete er Edith über. Mit sicherem Strich fasst Schiele Kinn und Harms und wurde bald darauf zum Militärdienst Wangen ein, zart erfolgt der Schwung der Lippen EGON SCHIELE eingezogen. Bereits 1917 erwarb die Österreichi- und Nasenflügel. (Tulln 1890 - 1918 Wien) sche Galerie Arbeiten Egon Schieles, die öffent- 37 Sitzender Akt von vorn liche Anerkennung war erreicht. Im Herbst 1918 Arbeiten wie diese, die am internationalen Kunst- 1917 starb Egon Schiele kurz nach seiner Frau Edith an markt sehr gesucht sind, zeigen die herausragen- Kreide auf Papier der Spanischen Grippe. de Begabung dieses „genialsten Zeichners aller 42,5 x 20,3 cm Zeiten“3. Rückseitig Studie von zwei Augen und einer Nur wenige Künstler führen ihren Zeichenstift mit Nase in Kreide einer derartigen Virtuosität und schlafwandleri- schen Sicherheit wie Egon Schiele. Er beherrscht Provenienz: Privatsammlung Schweiz; Gutekunst & Klipstein, Bern, Juni 1957; Frank Perls, Beverly Hills: Felix Landau, Beverly Hills; Privatsammlung USA Literatur: Jane Kallir, Egon Schiele. The Complete Works, 1) Egon Schiele an Anton Peschka in: Jane Kallir, Egon Schiele. The Complete Works, New York 1998, Wkv.Nr. 2042, Abb. S. 586 Expanded Edition, New York 1998, S. 77 2) Rudolf Leopold, Egon Schiele. Gemälde. Aquarelle. Zeichnungen, Salzburg 1972, S. 252 3) Otto Benesch in: Rudolf Leopold, Egon Schiele. Gemälde. Aquarelle. Zeichnungen, Salzburg 1972, S. 8

Emil Nolde, einer der führenden Maler des Ex- Die farbliche Brillanz der Aquarelle Emil Noldes pressionismus und einer der großen Aquarellis- ist bestechend, die Leuchtkraft der meist unver- ten des 20. Jahrhunderts, wurde 1867 als Hans mischten Töne verstärkt der Künstler manchmal Emil Hansen in Nolde in Schleswig-Holstein1 ge- noch durch einen zusätzlichen Farbauftrag auf boren. 1884 bis 1888 erhielt er an der Kunstge- der Rückseite des Japanpapiers. Die verschie- werbeschule in Flensburg eine Ausbildung zum denen Blumenmotive finden sich ausgebreitet Schnitzer und Zeichner und arbeitete in verschie- im prachtvollen Garten Seebülls. Intensivblaue denen Möbelfabriken. 1892 trat er als Lehrer für Lupinen und Iris, die von Gelb, über Orange und gewerbliches und ornamentales Zeichnen ins Zartrosa bis zu Dunkelviolett changieren, bilden Gewerbemuseum St. Gallen ein und unterrichte- die Komposition. Die füllige Dichte der rechten te dort bis 1897/1898. Erste Erfolge mit als Post- Bildhälfte kontrastiert der Künstler bewusst mit karten gedruckten kleinen, farbigen Zeichnungen einer leergelassenen Stelle im linken oberen Teil, der Schweizer Berge bestärkten ihn in dem Ent- den er nur zart lasiert mit einem geheimnisvollen schluss, Maler zu werden. Nach einer Ablehnung Leuchten erfüllt. Die horizontal gelagerten Blü- an der Münchner Akademie ging er an die private tendolden der Lupinen mit ihren nach oben dem

Emil Nolde Malschule Adolf Hölzls nach Dachau und 1899 Licht zu gebogenen Spitzen bringen Dynamik ins nach Paris an die Académie Julian. Ab 1903 war Bild. Typisch für die Blumenbilder ist die Nahsicht, im Sommer die Insel Alsen der Hauptwohnsitz die die intensive Verbindung, die der Künstler zur von Emil Nolde und seiner Frau Ada, im Winter Natur verspürt, zusätzlich hervorhebt. Das Wer- lebte er meist in Berlin. In den Jahren 1906 und den und Vergehen, das Leben an sich bildet Emil 1907 war er Teil der Künstlervereinigung „Brücke“, Nolde rein mit der Farbigkeit ab: „Ich wollte im ab 1909 Mitglied der Berliner Secession, später Malen immer gern, daß die Farben durch mich als der Neuen Secession. Den Ersten Weltkrieg ver- Maler auf der Leinwand sich so folgerichtig aus- brachte der Künstler vorwiegend in Dänemark. wirkten, wie die Natur selbst ihre Gebilde schafft, 1926 erwarben er und Ada eine leerstehende wie Erz und Kristallisierungen sich bilden, wie Warft2, die sie Seebüll nannten und errichteten Moos und Algen wachsen, wie unter den Strahlen dort ein Wohn- und Atelierhaus mit einem pracht- der Sonne die Blume sich entfalten und blühen vollen Garten. Trotzdem sich Emil Nolde selbst muß.“3 als urdeutschen Künstler betrachtete, wurden seine Bilder 1937 in der Ausstellung „Entartete Zu Recht wird Emil Nolde, einer der bedeutends- Kunst“ gezeigt, zahlreiche seiner Werke wurden ten Künstler der ersten Hälfte des 20. Jahrhun- beschlagnahmt und zerstört. Ab 1938 bis 1945, derts, als „Farbmagier“4 bezeichnet. der Künstler war mit einem Malverbot belegt, ent- standen die sogenannten „Ungemalten Bilder“, kleinformatige Aquarelle, die man gut verstecken EMIL NOLDE konnte und die erst nach seinem Tod entdeckt (Nolde 1867 - 1956 Seebüll) wurden. 1944 wurde die Berliner Wohnung durch 38 Iris und Lupinen Bomben zerstört. Erst nach 1945 wurde der Maler 1935/1940 mit zahlreichen Auszeichnungen und Ehrungen Aquarell auf Japanpapier bedacht. Emil Nolde starb 1956 in Seebüll. Post- 33,8 x 46,8 cm hum wurden seine Arbeiten noch auf der docu- Signiert rechts unten: Nolde menta II und III in Kassel gezeigt. Beiliegend Fotoexpertise von Prof. Manfred Reuther 1) Nolde ist ein Ortsteil von Burkal, das 1920 nach einer Volksabstimmung Dänemark zugesprochen vom 26. Juli 2017; die Arbeit ist in seinem Archiv wurde, womit der Künstler die dänische Staatsbürgerschaft bekam, die er bis an sein Lebensende behielt. unter „Nolde A - 38/2017“ registriert. Er fühlte sich aber stets der friesischen und schlesischen Herkunft seiner Eltern verbunden. 2) Eine Warft ist ein künstlich aus Erde aufgeschütteter Siedlungshügel, der dem Schutz bei Sturmfluten dient. Provenienz: Privatbesitz USA Warften gibt es in den nordwestdeutschen Marschgebieten, in der Nordsee auf den Halligen sowie in den Literatur: Vgl.: Agnes Husslein-Arco, Stephan Koja (Hg.), Emil Nolde. Niederlanden und im südwestlichen Dänemark. In Glut und Farbe. Ausstellungskatalog, Unteres Belvedere, 3) Emil Nolde auf: http://www.kunstzitate.de/bildendekunst/kuenstlerueberkunst/nolde_emil.htm Wien 2013/2014, S. 256 ff.; (zugegriffen am 23.8.2017) Manfred Reuther (Hg.), Emil Nolde, Seebüll-Köln 2010, S. 114 f. 4) Agnes Husslein-Arco, Stephan Koja (Hg.), Emil Nolde. In Glut und Farbe. Ausstellungskatalog, Unteres Belvedere, Wien 2013/2014, S. 13 © Nolde Stiftung Seebüll Neben den wundervollen Blumenbildern Emil Abendhimmel. Hier werden die vorherrschenden Noldes gibt es auch Landschaftsbilder, die durch Blautöne von Grün und ins Braun changieren- ihre geheimnisvolle Dramatik und außergewöhn- den Rottönen unterwandert, auch das Gelb des liche Lichtstimmungen beeindrucken. Besucher Himmels taucht an unvermuteter Stelle als der Londoner Tate Gallery sind vielleicht schon freigelassener Bildgrund auf und zeigt ein- dem imposanten Gemälde „Meer B“ von 1930 mal mehr die Meisterschaft Emil Noldes in begegnet, das einen trotz seiner auf den ersten der schwierigen Aquarellmalerei, die kei- Blick reduzierten Farbigkeit in den Bann zu zie- ne Fehler verzeiht und Nachbesserungen hen weiß, oder haben in einer der zahlreichen unmöglich macht. Hier muss jeder Pinsel- Ausstellungen seine teils aufgewühlten, teils strich sitzen. Die schwarzen, mit Tusche ge- meditativen Meeresbilder bewundert. „Noldes zogenen Umrisslinien, die den Uferverlauf Landschaften... lassen sich in die Tradition einer und die Landschaftsebenen eingrenzen, nordischen Romantik einordnen, die die mensch- hat der Künstler wohl nachträglich mit „der Feder Emil Nolde, Bewegtes Meer, 1948 lichen Seelenlandschaften im Spiegel einer mal über eine freie Farbkomposition gelegt“2. Denn erhabenen, mal melancholischen, mal bedrohli- es ist ihm wichtig, dass sich während des Malens

Emil Nolde chen Natur zu erfassen sucht.“1 „die Zeichnung aus den Farben entwickelt“, dass „Zeichnen und Malen ungeteilt ein Vorgang sind“ 3. Auch vorliegendes Aquarell „Abendstimmung am See“ gehört zu diesen außergewöhnlichen Land- Emil Nolde gehört zweifellos zu jenen Künstlern, schaftskompositionen. Es ist spät geworden und die „die Kunst Europas bedeuten“ und „in unaus- die letzten Boote streben dem sicheren Ufer zu. löschlicher Weise die Spur ihres Geistes der Ge- Am Himmel kann man zwischen dunklen Wolken samtentwicklung eingeprägt haben“4. noch das intensive Gelb der letzten Sonnenstrah- len leuchten sehen, die an manchen Stellen auch in der spiegelglatten Wasseroberfläche reflektie- ren. Der leicht gewölbten Uferlinie entlang lagern parallel Hügel- und Bergketten und ragen in den

EMIL NOLDE (Nolde 1867 - 1956 Seebüll) 39 Abendstimmung am See 1925/1930 Aquarell und Tusche auf Japanpapier 34,7 x 48 cm Signiert links unten: Nolde. Beiliegend Fotoexpertise von Prof. Manfred Reuther vom 23. Oktober 2012; die Arbeit ist in der Nolde-Stiftung Seebüll registriert.

Provenienz: Galerie Valentien, ; Privatsammlung Peru (seit 1953) Literatur: Vgl.: Manfred Reuther, Nolde Stiftung Seebüll (Hg.), Emil Nolde. Mein Garten voller Blumen, Seebüll-Köln 2014, S. 62 ff.; 1) Manfred Reuther (Hg.), Emil Nolde, 2. Auflage, Seebüll-Köln 2014, S. 15 Agnes Husslein-Arco Stephan Koja (Hg.), Emil Nolde. In Glut und Farbe. 2) ebd., S. 183 Ausstellungkatalog, Unteres Belvedere, Wien 2013/2014, Abb. S. 210 ff.; 3) ebd., S. 183 Manfred Reuther (Hg.), Emil Nolde, Seebüll-Köln 2010, Abb. S.13 ff., S. 113 ff. 4) Martin Haberditzl (Direktor der Österreichischen Galerie im Belvedere), Ver Sacrum, Wien 1901, in: Agnes Husslein-Arco Stephan Koja (Hg.), Emil Nolde. In Glut und Farbe. Ausstellungkatalog, Unteres Belvedere, Wien 2013/2014, S. 13 © Nolde Stiftung Seebüll Anton Emanuel Peschka wurde am 21. Februar Äußerst farbintensiv gestaltet Peschka diese 1885 in Wien geboren. Von 1906 bis 1910 stu- herbstliche Waldlandschaft. Über große Felsbro- dierte er bei Christian Griepenkerl an der Akade- cken im Vordergrund, die in Orange-Ocker fast zu mie der bildenden Künste in Wien, wo er Egon glühen scheinen und bei näherer Betrach- Schiele kennenlernte und sich mit ihm anfreun- tung eine ganze Palette an Farbtönen in dete. Über ihn schloss er auch Bekanntschaft sich vereinen, wandert der Blick des Be- mit Gustav Klimt. Im Jahr 1914 heiratete er Egon trachters einen schmalen, schlangenför- Schieles Lieblingsschwester Gertrud. migen Weg entlang die steile Bergflanke Im Dezember 1909 stellte Peschka in der Neu- empor. Rechts im Bild rahmen hochragen- kunstgruppe aus, deren Gründungsmitglied er de kahle Stämme in vorwiegend Blautö- war. 1910 und 1919 wurden seine Bilder im Wie- nen gehalten die Komposition ein und ner Künstlerhaus gezeigt und von 1922 bis 1935 finden in einem zarten, fast laublosen war er als Mitglied des Hagenbundes bei fast al- Baum links im Bild ein Gegengewicht. Die len Ausstellungen mit seinen Werken vertreten. Linearität der Stämme gibt dem wilden Ebenso präsentierte er seine Arbeiten im Rah- Farbwald Struktur und eine mögliche räumliche Maurice de Vlaminck, Landschaft bei Chatou men der Salzburger Künstlervereinigung „Was- Verortung. Das Kolorit hat ein Eigenleben, das die (Ansicht von Bougival), 1906 sermann“ sowie bei der Künstlergruppe „Maerz“ Lokalfarbe losgelöst von einer Raumfarbe, einer in Linz. Der Maler verstarb am 9. September 1940 Beleuchtung und auch unabhängig von der ge- in seiner Heimatstadt. sichteten Realität und unseren Erfahrungswerten Sein Oeuvre, das stark von Egon Schiele beein- abbildet. Das Licht ist keiner Quelle zuzuordnen,

Anton Peschka Anton Peschka flusst ist, umfasst vor allem Landschaften und es dringt aus jeder Pore des Bildes, aus jedem Akte und ist unter anderem im Belvedere, Wien, Farbton. in der Albertina, Wien, und im Wien Museum Der Künstler möchte das Erlebnis, die Empfin- (Porträt Egon Schieles) vertreten. Im Jahre 1993 dung, die er in dieser herbstlichen Landschaft wurde der Peschkaweg in Wien-Hietzing nach hatte, dem Betrachter vermitteln, ihm durch diese ihm benannt. heftig-expressive Malweise ebensolche Bewun- derung für die Farbexplosionen an einem son- 1923 ist das farbintensive Bild „Im Herbstwald“ nigen Tag im Herbstwald entlocken. Und man entstanden, fünf Jahre nach Egon Schieles Tod. kann sich diesem Sturm der Gefühle, dieser Na- In dieser Zeit hat sich Anton Peschka stilistisch turpracht, die hier auf die Leinwand gebannt ist, von seinem Freund vollends emanzipiert und ist auch nicht entziehen. gleichzeitig dessen Weg in den Expressionismus konsequent weitergegangen. Sicherlich hat er die Anton Peschka wird in der Kunstliteratur oft zu Malerei der französischen Fauves – im Speziel- Unrecht in den übermächtigen Schatten seines len erinnert dieses Bild an so manche Landschaft Schwagers, Egon Schiele, gestellt. Dabei zählt er Maurice de Vlamincks – genau studiert. Auch die zu den fortschrittlichsten und wichtigsten öster- ANTON PESCHKA Kenntnis der „Brücke“-Maler, allen voran der Ar- reichischen Maler der ersten Hälfte des 20. Jahr- (Wien 1885 - 1940 Wien) 40 beiten Ernst Heckels und Karl Schmidt-Rottluffs, hunderts, was hier einmal mehr hervorgehoben Im Herbstwald kann für die Entstehung dieses Bildes vorausge- werden soll. 1923 setzt werden. Öl auf Leinwand 57,2 x 62,5 cm Signiert und datiert links unten: A. Peschka 1923 Rückseitig am Keilrahmen: Ausstellungsstempel „Kunst ins Volk“ 1935 sowie alte Ausstellungsnummer

Provenienz: Privatbesitz Wien Literatur: Vgl.: Österreichische Galerie Belvedere (Hg.), Kunst des 20. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie in Wien, Band III, Wien 1997, S. 169 f.; Österreichische Galerie Belvedere (Hg.), Die Verlorene Moderne. Der Künstlerbund Hagen 1900-1938. Ausstellungskatalog, Österreichische Galerie im Schloss Halbturn, Burgenland 1993, S. 172

Herbert Gurschners malerisches Talent führte ihn und so entstanden immer neue, oft streng geo- früh an die Kunstgewerbliche Fachschule in Inns- metrisierende Städtebilder, meist in nahsichti- bruck und die private Malschule von Walter Thor, ger Komposition und eigentümlich verfremdeter bevor er 1918 an der Königlichen Akademie der Bil- Farbgebung. In Stil und Kolorit häufig noch durch denden Künste in München inskribierte. Um 1920 die machtvollen künstlerischen Auffassungen pendelte der junge Künstler zwischen München des als „Übervaters“ der modernen Tiroler Kunst und Innsbruck und beschickte zahlreiche Ausstel- zu apostrophierenden Albin Egger-Lienz beein- lungen. In diese Zeit fiel auch die enge Freund- flusst1, zeigen sich gerade bei Herbert Gurschner schaft mit Ernst Nepo, Alphons Schnegg und Rudolf auch Auseinandersetzungen mit nachklingenden Lehnert, allesamt Künstler des „Mühlauer Kreises“. secessionistischen und expressionistischen Strö- 1924 vermählte er sich mit der um einige Jahre mungen. älteren englischen Adeligen Ella Dolores Erskine, die ihm wichtige Kontakte zu englischen Künstler- Nebenstehendes Gemälde gehört zu dieser Werk- und Sammlerkreisen vermittelte. Während dieser gruppe, mit der der junge Maler um 1920 in Jahre unternahm der junge Künstler ausgedehnte, mehreren frühen Innsbrucker Ausstellungen mit oft monatelange Reisen nach Italien. 1928 wurde beachtlichem Erfolg erstmals an die Öffentlichkeit Gurschner als Gastaussteller in den italienischen trat2. Durch eine steile mittelalterliche Häuserflucht, Pavillon zur Biennale in Venedig eingeladen. Ab deren Tiefenperspektive mittels des extremen 1929 stellte er in der renommierten Londoner Fine Hochformats geschickt gesteigert wird, sieht der Art Society aus, was den künstlerischen Durch- Betrachter auf eine schmale Raumöffnung zum bruch in England bedeutete. Die gute Auftragslage Oberen Stadtplatz, die den Blick auf Apsis und ermöglichte ihm weitere Reisen nach Frankreich Turm der Stadtpfarrkirche St. Nikolaus freigibt. In und Italien sowie eine Reise mit dem Zeppelin in dunklem, erdigem Kolorit schimmern die jahr- die USA. Den Winter verbrachte er auf den Ber- hundertealten Gemäuer der engen Gasse, die mudas. In London feierte er mit Ausstellungen bei Fassaden fein rhythmisiert durch kraftvolle dunkle Agnew’s und in New York in den Cooling Galle- Umrisslinien und mosaizierende Farbflächen aus Herbert Gurschner Herbert Gurschner ries weitere Erfolge. Nach dem Zweiten Weltkrieg rotbraunen, ockerfarbigen und olivgrünen Pin- verstärkte Herbert Gurschner seine Kontakte zu selzügen. Diese schwungvolle, fast ornamentale Österreich wieder und besuchte regelmäßig Inns- Pinselhandschrift setzt sich, nunmehr in hellerem bruck. Bis zu seinem Tod blieb er seinem Heimat- Kolorit, in der Pflasterung der Gasse und in der land Tirol, das ihm bei allen Ausstellungserfolgen architektonischen Wiedergabe der gegliederten in England und Amerika immer als wichtigste In- Kirchenfassade, des matt-violett schimmernden spirationsquelle für seine Malerei diente, sehr ver- hohen Dachstuhls und des grün changierenden bunden. Turmes eindrucksvoll fort. Ein pastellig-gelblicher Himmel emaniert mildes, wahrscheinlich abendli- In den Jahren um 1920 war Hall in Tirol für die ambu- ches Licht über die imposante mittelalterliche Alt- lanten Kunstunternehmungen Herbert Gurschners stadt Halls. HERBERT GURSCHNER (und ebenso zahlreicher anderer Tiroler Maler wie In diesem Gemälde, das durch seine frühe Ent- (Innsbruck 1901 - 1975 London) 41 etwa Wilhelm Nicolaus und Theodor Prachensky stehung eine Rarität im Oeuvre des Künstlers dar- Motiv aus Hall in Tirol oder Oskar Mulley) ein wichtiger Arbeitsbereich. stellt, zeigt sich seine Malerei bereits in ihrer cha- 1920 Denn die original erhaltene mittelalterliche Altstadt rakteristischen formalen und koloristischen Brillanz Öl auf Malkarton bot – mit ihren spitzen Grabendächern, verwinkel- und wurde in den zeitgenössischen Rezensionen 52,5 x 24 cm ten Baukörpern und auch barocken Fassaden – ein in höchsten Tönen gelobt. Nicht ohne Grund zählt Signiert und datiert rechts unten (geritzt): reiches Reservoir an pittoresken Motiven. Die land- Herbert Gurschner heute neben Alfons Walde, H. GURSCHNER 1920 schaftliche und städtehistorische Schönheit ihrer Artur Nikodem oder Wilhelm Nicolaus Prachensky Rückseitig Künstleretikett: Tiroler Heimat mit einem frischen, modernen Blick zu den bedeutendsten Vertretern der Tiroler Male- HERBERT GURSCHNER festzuhalten, schien das Motto dieser Künstler rei des 20. Jahrhunderts. AKAD. MALER MÜHLAU. MÜNCH(EN).

Provenienz: Privatbesitz Tirol 1) Claudia und Roland Widder (Hg.), Herbert Gurschner, Innsbruck 2000, S. 38 Literatur: Roland und Claudia Widder (Hg.), Herbert Gurschner. 2) Beispielsweise in den Innsbrucker Kunsthandlungen Unterberger, Czichna und Swatschek. Ein Tiroler in London, Innsbruck-Wien 2000, Abb. S. 62, Abb. 54

Artur Nikodem wurde 1870 als Sohn eines österrei- auf die Zugspitze, auf den Kitzbüheler Hahnen- chischen Offiziers und einer veronesischen Adeli- kamm und auf den Hausberg Innsbrucks, den Pat- gen geboren. Nach der Schulzeit in Innsbruck ging scherkofel. Auch der Ausbau des Straßen- er 1888 gegen den Willen der Eltern nach Mün- netzes und die Eröffnung des Innsbrucker chen, um dort an der Akademie zu studieren. Die Flughafens 1925 spielen eine wesentliche künstlerische Laufbahn wurde allerdings durch den Rolle bei der touristischen Entwicklung der Eintritt in die Kriegsmarine nur ein Jahr später auf- Region. Die Patscherkofelbahn ist eine geschoben. Seine Militärzeit 1889/1890 bei der k. Luftseilbahn, die den Innsbrucker Stadtteil u. k. Marine führte den jungen Mann über die Ad- Igls mit dem 2246 Meter hohen Gipfel der ria in die Levante und bis nach Ägypten. Nach der Tuxer Alpen verbindet. Bereits 1912 wurde erbetenen Entlassung aus dem Militär trat er 1891 mit der Planung begonnen, aber erst 1928 in den staatlichen Postdienst ein und zog 1893 für ging es an die tatsächliche Ausführung Gabriele Münter, fünfzehn Jahre nach Meran. Hier knüpfte er wichti- und im selben Jahr noch an die Inbetriebnahme Seenlandschaft mit Kugelbäumen, ge Kontakte zu Leo Putz, Albin Egger-Lienz sowie der damals längsten Drahtseilbahn Österreichs. um 1909 Carl Moser und nahm auch an Ausstellungen des „Meraner Künstlerbundes“ teil. 1908 verlegte er Die Bedeutung und Kühnheit dieses Meister- seinen Lebensmittelpunkt wieder nach Innsbruck. werks der Technik, von dem allerdings nur eine Der erste Weltkrieg führte den Künstler nach Bul- Gondel und ein wenig Seil rechts oben im Bild garien und in die Türkei, in die faszinierende Welt gezeigt werden, wird durch die Steilheit des Han- des Orients. Nach seiner vorzeitigen Pensionierung ges rechts, die mit Hilfe der neuen technischen

Artur Nikodem Artur Nikodem 1920 widmete er die folgenden zwei Jahrzehnte Möglichkeiten fast spielerisch überwunden wer- ausschließlich der Fotografie1 sowie der Malerei, den kann, dramatisch inszeniert. Aus der Gondel die er mit großem Erfolg auf zahlreichen deutschen blickt man die mit Almrausch bewachsene Berg- und österreichischen Ausstellungen präsentierte. flanke empor und hinab ins Tal, wo Kirchlein und Artur Nikodem gehört neben Albin Egger-Lienz Häuser wie Spielzeug in die sattgrüne Landschaft und Alfons Walde zu den bedeutendsten Künst- gewürfelt scheinen. Noch liegt Schnee auf den lern der Tiroler Moderne und den wichtigsten Ma- Wipfeln der majestätisch blauen Berge, die das lern der österreichischen Zwischenkriegszeit. Die Stubaital flankieren. Die Hänge der weiter entfern- Wurzeln seiner Malerei liegen im Wiener Jugend- ten Gebirgszüge werden durch das Sonnenlicht stil und im Secessionismus und sind in weiterer in zartes Rosa getaucht. Die satten Kontraste der Folge geprägt durch die neuen Strömungen der leuchtenden Farben prägen dieses Bild ebenso ARTUR NIKODEM Münchner Szene, vor allem dem „Blauen Reiter“, wie die kühne Komposition mit dem abrupten (Trient 1870 - 1940 Innsbruck) 42 und durch die Errungenschaften der französischen Wechsel zwischen An- und Aufsicht, kombiniert Patscherkofelbahn Malerei vom Impressionismus bis zu den Fauves. mit einem extrem hoch angesetzten Horizont. Sti- Originalentwurf zu einem Plakat listisch macht sich in diesem Werk die Auseinan- 1931 In den frühen 1930er Jahren befindet sich Artur dersetzung mit den Arbeiten des „Blauen Reiters“ Tempera und Kreide auf Papier Nikodem am Höhepunkt seiner malerischen Lauf- bemerkbar, deren expressiv-farbige Flächenkunst 55 x 45,5 cm bahn2. Privat bringt das Jahr die zweite Ehe mit sich hier wiederfindet. Vor allem im Ouevre Ga- Monogrammiert links unten: nkm. dem jungen Malermodell Barbara Hoyer, dem er briele Münters entdeckt man Parallelen zu Artur Signiert, datiert und bezeichnet auf altem in zahlreichen Bildern und Fotografien ein künstle- Nikodems Bestrebung, die Welt aus Farben auf- Rückkarton: Entwurf zu einem Plakat/ risches Denkmal setzt. 1931 entsteht der Entwurf zubauen, jene Idee die „Bildmittel der Linie und Patscherkofelbahn ANikodem 1931

3 für ein Plakat zur Innsbrucker Patscherkofelbahn. der Farbe mit der gebauten Struktur der Natur“ Provenienz: Privatbesitz Italien Ende der 1920er Jahre werden in Österreich die zu vereinigen. Literatur: Elio Krivdic, Günther Dankl (Hg.), Artur Nikodem. Maler und Fotograf der Moderne, Innsbruck 2017, m. Abb. ersten Seilbahnen errichtet, von der Tiroler Seite Vgl.: Günther Dankl, Judith Simoni-Lang, Artur Nikodem (1870-1940) „... Kunst ist Schaffen aus seiner Seele“. Ausstellungskatalog, Tiroler Landesmuseum 1) Die im Zuge der Nachlassaufarbeitung an die Öffentlichkeit gelangten fotografischen Arbeiten nehmen in ihrer Brillanz und mit ihrer Ferdinandeum, Innsbruck 2000; avantgardistischen Kompositorik einen eigenen Platz im Schaffen des Künstlers ein. Wenngleich sie schon in Einzelausstellungen gewürdigt Gottfried Hohenauer, Artur Nikodem, Innsbruck 1961: wurden (eine davon in der Robert Mann Gallery in New York 2002), steht eine kunsthistorische Aufarbeitung noch aus. 2) Die Stadt Nürnberg richtet 1931 im Rahmen der Städtischen Sammlung ein eigenes Nikodem-Kabinett mit vierzehn Bildern des Künstlers ein. Das Bild ist für die Ausstellung „Artur Nikodem“ 3) Günther Dankl in: Artur Nikodem (1870–1940) „... Kunst ist Schaffen aus seiner Seele“. Ausstellungskatalog, Tiroler Landesmuseum im Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck vom Ferdinandeum Innsbruck, Südtiroler Kulturinstitut, Waltherhaus, Bozen 2000, S. 28 20. September bis 9. November 2018 vorgesehen.

Oskar Kokoschka – Universalkünstler, Welten- Die frühesten Blumenstillleben im Schaffen bürger, „enfant terrible“ und einer der Väter des Oskar Kokoschkas datieren in die 1920er Jah- österreichischen Expressionismus – wurde 1886 re, im englischen Exil ab 1938 widmet sich der in Pöchlarn in Niederösterreich geboren. In Wien Künstler wohl auch als Antithese zu den Kriegs- besuchte er von 1905 bis 1909 die Kunstgewer- schrecken und als Gegenpol zu seinen politisch beschule unter Carl Otto Czeschka und entwarf motivierten Bildthemen verstärkt diesem Genre. bereits in dieser Zeit Postkarten, Fächer und Vi- Sie sind ihm Sinnbild des Wachsens und Verge- gnetten für die Wiener Werkstätte. Auf der bahn- hens, aber dienen auch als Metapher für Hoff- brechenden „Internationalen Kunstschau“ in Wien nung und Lebenskraft. In seinem Werk ab 1953, 1908 erregten seine malerischen Werke skanda- mit der Übersiedelung an den Genfer See, gewin- löses Aufsehen. In Wien unverstanden, reiste Os- nen Blumenbilder, zumeist in Aquarelltechnik, zu- kar Kokoschka 1910 nach Berlin, um mit Herwarth sehends an Bedeutung. Im großen Garten seiner Walden in seiner progressiven Zeitschrift „Der Villa Delphin findet er die nötige Inspiration und Sturm“1 zusammenzuarbeiten und sein berüch- bestaunt immer wieder die Wunder der Natur: „Es tigtes Drama „Mörder, Hoffnung der Frauen“ zu ist wirklich ein Paradies, und jetzt sehe ich, wie veröffentlichen. 1912, als Assistent an der Kunst- notwendig mir der Kontakt zur Natur ist nach 16 gewerbeschule, begann sein turbulentes Liebes- Jahren stinkender, lärmender Großstadt.“2 verhältnis mit Alma Mahler. Nach dem Scheitern der Beziehung meldete er sich bei Kriegsbeginn „Er fing in den Blumenaquarellen das Licht ein, zum Militärdienst und wurde 1915 in Galizien das durch die Blüten und Blätter schimmerte. schwer verwundet. Nach dem Krieg setzte sein Seine Hand war frei und leicht, aber gleichzeitig internationaler Durchbruch ein und von 1919 bis diszipliniert wie die eines Geigers, ein Auge, das 1924 wurde er als Professor an die Dresdner Aka- in wenigen Minuten sieht, ordnet, verarbeitet. In demie berufen. Im darauffolgenden Jahrzehnt un- diesen wenigen Minuten drängt sich die Erfah- Oskar Kokoschka Oskar Kokoschka ternahm Oskar Kokoschka ausgedehnte Reisen rung eines Künstlerlebens zusammen.“3 Es ist ein durch Europa, Nordafrika und Gebiete um das rasches Arbeiten ohne jede Vorzeichnung – die östliche Mittelmeer, die ihn zu zahlreichen Städte- Aquarellfarbe spontan auf das Papier gesetzt –, porträts und Landschaftsbildern inspirierten. 1934 das die Meisterschaft Oskar Kokoschkas in jedem bis 1938 verlegte der Künstler seinen Wohnsitz Pinselzug offenbart. Seine Blumen – hier Cle- nach Prag. Im Zuge der „Aktion Entartete Kunst“ matis und Rosen – malt er in voll aufgeblühtem wurden zahlreiche Werke seiner Hand aus deut- Zustand, manchmal schon an der Grenze zum schen Museen entfernt und teils vernichtet. Auf- Verwelken, in üppiger Pracht, dem der Moment grund der immer prekärer werdenden politischen der Vergänglichkeit schon innewohnt. Mit ihrer Situation emigrierte er 1938 nach London und er- unglaublichen Brillanz und Leuchtkraft gehören hielt 1947 die englische Staatsbürgerschaft. 1953 diese Aquarelle zu den Höhepunkten des späten übersiedelte Kokoschka nach Villeneuve an den Werks des Künstlers, der neben Gustav Klimt und

Genfer See und leitete im selben Jahr erstmals Egon Schiele zu den kunsthistorisch bedeutends- OSKAR KOKOSCHKA (Pöchlarn 1886 - 1980 Montreux) die „Schule des Sehens“ an der Internationalen ten österreichischen Malern zählt und dessen 43 Sommerakademie in Salzburg. 1980 verstarb er Werke auch international zu den anerkanntesten Rosen und Clematis hoch geschätzt und viel geehrt in seiner Schwei- und gefragtesten gehören. 1970 zer Wahlheimat. Aquarell auf Papier 65 x 47,7 cm Signiert und datiert rechts unten: OKokoschka 1970

Provenienz: Privatbesitz Schweiz 1) Sowohl die Zeitschrift als auch die gleichnamige Sturm-Galerie waren bedeutsam für die Verbreitung des Literatur: Vgl.: Klaus A. Schröder, Expressionismus, Kubismus und Futurismus in Deutschland und Österreich. Walden gründete auch eine Antonia Hoerschelmann (Hg.), Sturm-Schule und zeichnete verantwortlich für die Sturm-Bühne, die Sturm-Buchhandlung und veranstaltete Oskar Kokoschka: Exil und neue Heimat 1934-1980. Sturm-Abende zum künstlerischen Austausch. Ausstellungskatalog, Albertina, Wien 2008, S. 210 ff.; 2) Olda Kokoschka, Heinz Spielmann (Hg.), Oskar Kokoschka. Briefe I-IV, Düsseldorf 1984-1988, Band IV, S. 26 Veronique Mauron, Werke der 3) Klaus Albrecht Schröder, Antonia Hoerschelmann (Hg.), Oskar Kokoschka. Exil und neue Heimat 1934-1980. Oskar Kokoschka–Stiftung, Musée Jenisch-Vevey, Ausstellungskatalog, Albertina, Wien 2008, S. 208 Mainz 1994, S. 124 ff., S. 203.

JOSEF STOITZNER 44 (Wien 1884 - 1951 Bramberg) Apfelbaum 1922 Farbholzschnitt 12,7 x 12,7 cm (Druckgröße) Signiert, betitelt und bezeichnet auf altem Originalpassepartout (rückseitig montiert): Josef Stoitzner „Apfelbaum“ Original Holzschnitt-Handdruck

Literatur: Vgl.: Josef Stoitzner 1884 Wien - 1951 Bramberg. Zeichnung / Holzschnitte / Steindrucke, Ausstellungskatalog, Museum Bramberg, Bramberg 2008

Originalgröße JOSEF STOITZNER (Wien 1884 - 1951 Bramberg) 45 Vorfrühling in den Tauern um 1930 Mischtechnik auf Papier 35,5 x 27 cm (Passepartout-Ausschnitt) Signiert rechts unten: JOSEF STOITZNER

Provenienz: Privatbesitz Wien Literatur: Vgl.: Erich Marx, Peter Laub (Hg.), Josef Stoitzner. 1884-1951. Ausstellungskatalog, Salzburg Museum, Salzburg 2010, Abb. S. 130, S. 167 Der Sohn des Malers Konstantin Stoitzner erhielt Jahre – die konsequente hohe künstlerische seine erste Ausbildung an der Wiener Kunstge- Qualität sowie die breite gesellschaftliche Akzep- werbeschule und studierte von 1906 bis 1908 an tanz seiner Arbeiten außer Frage. Und gerade die der Akademie der bildenden Künste unter Franz Landschaften Josef Stoitzners scheinen schon bei Rumpler. 1905 begann er seine Tätigkeit als Zei- seinen kunstinteressierten Zeitgenossen, gewis- chenlehrer, unter anderem in den Jahren von 1916 sermaßen den Nerv der Zeit getroffen zu haben, bis 1919 als Nachfolger Tina Blaus an der Wiener vermitteln sie doch eindringlich die Sehnsucht Frauenakademie. Ab 1922 war er auch Fachins- nach unberührter, menschenleerer Natur, dem pektor für den Zeichenunterricht an den Bundes- ursprünglichem Landleben auf abgeschiedenen erziehungsanstalten in Wien, Wiener Neustadt alten Bauerngehöften oder in friedvollen Dörfern und Graz-Liebenau. Seine langjährige Lehrtätig- abseits des Lärms und der Hektik des modernen keit sollte ihn schließlich auch an seine einstige Daseins. Bildungsstätte, die Wiener Akademie, zurückfüh- ren, wo er von 1932 bis 1944 als Lehrbeauftragter Josef Stoitzners „fruchtbarste Schaffenszeit“2 wäh- für Methodik des Zeichenunterrichts verantwort- rend und nach dem Ersten Weltkrieg ist geprägt lich war. 1944 wurden seine Wiener Wohnung, von Ausflügen ins Wiener Umland bis zu den Hü- sein Atelier und die darin gelagerten Druckstöcke gellandschaften des Wechselgebiets. In diesem und Werke durch einen Bombentreffer zerstört. Kontext ist auch nebenstehende schöne „Land- Josef Stoitzner war Mitglied der Künstlergruppe schaft bei Sittendorf im Wienerwald“ entstanden3. „Der Kreis“, der Wiener Secession und des Wie- Eine weitläufige, friedvolle und (damals noch)

Josef Stoitzner ner Künstlerhauses. Seine Werke – meist Land- landwirtschaftlich geprägte Vorfrühlingsidylle im schaften, Stillleben und Interieurs – sind einem Wienerwald hat der Künstler hier in beeindrucken- unverwechselbaren, idealisierenden Realismus der markanter Koloristik und subtiler Lichtregie für verpflichtet und geprägt von pastosem Farbauf- die Nachwelt festgehalten. Die warme Luft bringt trag, kraftvollen Konturen und kontrastreichem den Schnee bereits zum Schmelzen, der nunmehr Licht-Schattenspiel. 1951 verstarb Josef Stoitzner in mosaikartigen hellen Flecken die samtig-bräun- im Alter von 67 Jahren in Bramberg, wo er auch lichen Wiesen rhythmisiert, auf welchen bereits als bestattet wurde. erste Frühlingsboten gelbe Primeln sprießen. Die strengen, kammartigen Ackerfurchen ziehen den Die Faszination, die von Josef Stoitzners Gemälden Blick weit hinein in den Bildraum, entlang eines ausgeht, hat spätestens seit dem großen musealen großen schneebedeckten Heumandls zu einem Werküberblick im Salzburg Museum 2010 einen einsamen Bauerngehöft, das zwischen mächtigen neuen Höhepunkt erreicht1. Der Begeisterung für Bäumen und sanft schwingenden Hügeln einge- seine charaktervollen Gemälden kann sich auch bettet liegt. Ein hoher pastellblauer Himmel wölbt heute kaum ein Betrachter entziehen, zumal seine sich über diesem zeitlosen Panorama, durchzo- Werke in bestechender Klarheit komponiert und gen von schier endlosen Wolkenformationen, die maltechnisch bravourös ausgeführt sind. Seine im milden Licht eines späten Tages von duftigen Auffassung der Landschaft bleibt zwar in der re- Gelb- und Violetttönen durchtränkt scheinen.

alistischen Tradition der Landschaftsmalerei des „Landschaft bei Sittendorf im Wienerwald“ ist ein JOSEF STOITZNER (Wien 1884 - 1951 Bramberg) ausgehenden 19. Jahrhunderts, lässt aber alles frühes und sehr stimmungsvolles Meisterwerk von 46 Romantisierende und Beschauliche hinter sich charakteristischer festgefügter Tektonik und kristal- Bei Sittendorf im Wienerwald und wirkt im Sinn einer kühlen Sachlichkeit zeitlos liner Klarheit, in dem Josef Stoitzner bereits sein um 1920 modern. Wie bei kaum einem anderen Maler die- lebenslanges „Generalthema“ – die österreichi- Öl auf Leinwand ser bewegten Zeit, stehen – von den Anfängen der sche Landschaft im Wechselspiel der Jahreszeiten 90 x 70 cm Signiert rechts unten: STOITZNER JOSEF. Jahrhundertwende bis zum Spätwerk der 1940er – auf beeindruckende Weise verwirklicht. Provenienz: Privatbesitz Österreich Literatur: Vgl.: Erich Marx, Peter Laub (Hg.), Josef Stoitzner. 1884-1951. Ausstellungskatalog, 1) Ausstellung: Josef Stoitzner (1884-1951). Landschaften – Stillleben – Interieurs, Salzburg Museum, Salzburg Museum, Salzburg 2010, Abb. S. 40 f., S. 136 Neue Residenz, 30. Jänner bis 30. Mai 2010. 2) Erich Marx, Peter Laub (Hg.), Josef Stoitzner. 1884-1951. Ausstellungskatalog, Salzburg Museum, Salzburg 2010, S. 41 3) Die Katastralgemeinde Sittendorf mit der gleichnamigen Ortschaft gehört heute zur Gemeinde Wienerwald im Bezirk Mödling.

Josef Stoitzners Anfänge zu Beginn des 20. Jahr- vordergründig schlichte florale Arrangements hunderts standen im Zeichen des damals europa- eindringlich zu inszenieren und dezent mit der In- weit gefeierten Jugendstils. Wie viele zeitgenössi- terieurthematik zu verschmelzen. Unsere Kompo- sche Künstler – etwa Carl Moll, Ludwig Heinrich sition besticht hier durch ein kontrastvolles Wech- Jungnickel, Broncia Koller oder Rudolf Kalvach selspiel von prägnanten, herausleuchtenden und beschäftigte auch er sich jahrelang intensiv mit beschatteten Zonen, wobei das Licht nicht – wie Techniken, Möglichkeiten und Ausdrucksformen bei den Impressionisten – alles durchdringt, son- der Druckgrafik1. Mit seinen delikaten, formal und dern einzig dazu dient, holzschnittartig helle und motivisch unverwechselbaren Farbholzschnitten dunkle Farbflächen im Bild zu erzeugen. So heben wurde Josef Stoitzner – spätestens nach Verlei- sich die fast barockisierend ausgeleuchteten rosa hung der Goldmedaille der BUGRA 19142 – auch und gelben Pfingstrosen, die nonchalant in ein einem größeren Publikum bekannt. Diese de- simples Glas gesteckt sind, sowie die roten Gera- zidiert grafische Komponente sollte aber auch nien mit ihren fleischigen grünen Blättern haptisch sukzessive in sein malerisches Schaffen einflie- und leuchtend von einem dunklen, fast schwarzen ßen und fortan eine bestimmende Rolle spielen. Grund ab. Nur die Kante einer Kommode, ein ge- Malerisch-pastose Mosaikartigkeit der Formen schwungener Schrank sowie das Fragment eines und die Härte der Zeichnung bringt er in ein Vorhanges schimmern diffus und geheimnisvoll spannungsreiches Verhältnis und vereint diese aus der umgebenden Dunkelheit. Grafisch ge- Prinzipien der flächigen und linearen Stilisierung nau und botanisch exakt sind die einzelnen plas- mit einer gesteigerten raumplastischen Wirkung. tischen Blüten und das wuchernde Blattwerk zu

Josef Stoitzner Die Prägnanz, mit der fortan jede Form herausprä- einem harmonischen, fast dekorativen Ornament pariert wird, und der in der Bildkomposition über- verwoben. Mit der gleichen Präzision führt uns der all durchgreifende Ordnungssinn steigern die Künstler auch das Glas mit seinen Lichtreflexen Anschaulichkeit seines malerischen Kosmos zu und die matte Tonalität des irdenen Blumentopfes ungewohnter Klarheit und Schärfe. vor Augen. „Während sich der Impressionismus mittels einer Im seinem Oeuvre hat sich Josef Stoitzner neben immer schemenhafteren Wiedergabe von der dem Hauptthema der Landschaft immer wieder Außenwelt verabschiedet, konsolidiert Stoitzner auch mit dem Genre des Stilllebens auseinander- seine Bildordnung durch markante Verläufe der gesetzt. Manchmal erweitert er das Blumenbild Licht- und Schattengrenzen und starke Hell-Dun- durch ein Interieur, malt ein Fenster mit Blumen kel-Gegensätze.“4 oder eine begrünte Veranda, oftmals ist es aber Seine präzise Anschauung und auch die große ein schlichtes Bouquet, das opulent die Bildfläche Freude am Malen kommen in diesem frischen, füllt. Dabei spielt er „mit dem aus unterschiedli- frühlingshaften Blumenarrangement mit großer chen Richtungen einfallenden Licht und bewirkt Lebendigkeit zur Geltung. In Gemälden wie die- durch die starke Annäherung an das Motiv eine sem erweist sich Josef Stoitzner einmal mehr als perspektivische Komprimierung des Raumes“3. unangefochtener Meister der Naturschilderung, Auch nebenstehendes „Blumenstillleben mit Ro- der uns mit seiner unverwechselbaren malerisch- JOSEF STOITZNER sen und Geranien“ zeugt von Josef Stoitzners Fä- technischen Virtuosität stets aufs Neue zu faszi- (Wien 1884 - 1951 Bramberg) 47 higkeit, neben monumentalen Panoramen auch nieren vermag. Blumenstillleben mit Rosen und Geranien um 1925 Öl auf Malkarton 71 x 53 cm Signiert links unten: JOSEF STOITZNER

Provenienz: Privatbesitz Österreich Literatur: Vgl.: Erich Marx, Peter Laub (Hg.), Josef Stoitzner. 1884-1951. Ausstellungskatalog, Salzburg Museum, 1) Vgl.: Tobias G. Natter, Max Hollein, Klaus Albrecht Schröder (Hg.), Kunst für alle. Der Farbholzschnitt in Wien um 1900. Salzburg 2010, Abb. S. 33 f., S. 60 ff. Ausstellungskatalog, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina, Wien 2016/2017 2) BUGRA, Internationale Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik, veranstaltet von der damaligen „Buchstadt“ Leipzig. 3) Erich Marx, Peter Laub (Hg.), Josef Stoitzner 1884–1951. Ausstellungskatalog, Salzburg Museum, Salzburg 2010, S. 31 f. 4) ebd., S. 32

Oswald Grill wurde 1878 in Wien geboren. Der Nebenstehendes Gemälde ist ein schönes Bei- Künstler lernte zuerst an der Wiener Kunstgewer- spiel für die kultivierte Landschaftsdarstellung beschule und studierte später an der Akademie Oswald Grills. In diesem herrlichen Panorama, in München bei Carl von Marr und Alexander von das in seiner ruhigen, fast zeitlosen Monumen- Wagner. Zunächst lebte und arbeitete er in Dach- talität an die stillen „Weltenlandschaften“ Ferdi- au, kehrte aber dann wieder in seine Heimatstadt nand Brunners erinnert, steht der Betrachter auf Wien zurück. Ab 1908 war er Mitglied des Wiener einer Anhöhe am westlichen Ufer des Attersees. Künstlerhauses, auf dessen Ausstellungen er re- Den malerischen Auftakt bildet eine entzückende gelmäßig vertreten war. 1911 erhielt er die Kleine Frühlingswiese, die, mit weißen, gelben und rosa Goldene Staatsmedaille, gefolgt von zahlreichen, Blüten dicht gesprenkelt, über einen Promenade- weiteren Auszeichnungen. 1929 wurde Oswald weg zu einer Baumgruppe sanft abfällt, welche Grill der Professorentitel verliehen und 1948 der entlang des Ufers steht. Hinter den dichtgrünen Goldene Lorbeer des Wiener Künstlerhauses. Baumwipfeln schweift der Blick nach Norden über Als Präsident des Zentralverbandes der bilden- die geheimnisvoll schillernde ruhige Wasserflä- den Künstler Österreichs setzte sich Oswald Grill che, die durch zarte Wellen und Strömungsbe- für die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage wegungen behutsam rhythmisiert ist. Weit oben, des Künstlerstandes ein. Seine Bilder bestechen gegen den Horizont und Seewalchen zu, begin- Oswald Grill Oswald Grill durch ihre naturalistischen und klaren Naturstim- nen die immer flacher werdenden Ufer im blauen mungen. 1964 verstarb der Künstler in Wien. Dunst eines Frühlingstages zu verschwimmen. Der Attersee war für Oswald Grill zeit seines Ein mildes gleichmäßiges Licht sickert durch die Lebens ein beliebtes und zentrales Motiv. Der ausgedehnten Wolkenfelder, die über den See Künstler verbrachte die Sommermonate gerne treiben und mit durchscheinenden blauen Him- an dem großen See und in seiner Umgebung im melsfenstern hier und dort in Auflösung begriffen Salzkammergut, und großartige winterliche Land- sind. Die freundliche, frühlingshafte Szenerie ist schaftsbilder belegen, dass es ihn auch in der menschenleer, nur Stille und das ruhige Walten kalten Jahreszeit immer wieder dorthin zog. Die der Natur sind für den Betrachter zu spüren. Region mit ihrem außerordentlichen landschaft- Ein eindrucksvolles Panorama aus der künstleri- lichen Reiz war schon seit der Jahrhundertwen- schen Heimat Oswald Grills, das durch eine fein de beliebtes Ziel für die aus Wien anreisenden abgestimmte Farbigkeit, den harmonischen Blick Sommerfrischler. Maler, Schriftsteller und Kom- auf die Landschaft und die atmosphärische Stim- ponisten – beispielsweise Gustav Klimt, Arthur mung begeistert. Das repräsentative Format und OSWALD GRILL Schnitzler oder Gustav Mahler – schlugen ihr der Zauber der Darstellung dürften mit ein Grund (Wien 1878 - 1964 Wien) 48 Sommerquartier an dem malerischen See auf. gewesen sein, dass das Gemälde im Jahre 1956 Blick über den Attersee Rauschende Feste, musikalische und dichteri- im Wiener Künstlerhaus ausgestellt wurde. Mit 1955 sche Darbietungen sowie mondäne Segelregat- Bildern wie diesem fügt sich Oswald Grill in die Öl auf Leinwand ten rundeten den Aufenthalt der großstädtischen beste Tradition der österreichischen Landschafts- 79,5 x 108 cm Sommergäste ab. malerei ein. Signiert und datiert links unten: O. GRILL. (19)55. Rückseitig betitelt und bezeichnet: „Blick in die Ferne“ Oswald Grill Rückseitig Ausstellungsetikett des Wiener Künstlerhauses: 1956/399 (von Mag. Paul Rachler, Künstlerhaus Archiv, bestätigt)

Provenienz: Privatsammlung Österreich Literatur: Vgl.: Österreichische Galerie Belvedere (Hg.), Kunst des 20. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie in Wien, Band II, Wien 1995, S. 60 f.; Elsa Brezina, Oswald Grill, in: Der getreue Eckart, o.J., S. 287-293 Ausgestellt: Künstlerhaus Wien, Wien 1956

Ernst Hubers künstlerische Laufbahn begann als Neben seinen unverwechselbaren Landschafts- Schriftsetzer und Lithograf. Nebenbei bildete er und Reisebildern ist von Anfang an das Still- sich autodidaktisch zum Maler weiter und be- leben – und hier besonders das Blumenstück suchte in der Kunstgewerbeschule einen Abend- – ein zentrales Thema in Ernst Hubers Oeuvre. kurs für ornamentales Zeichnen. Während einer Wie meisterlich der Künstler dieses Metier be- Ausstellung der „Kunstgemeinschaft Wien“ 1919 herrscht, zeigt einmal mehr nebenstehendes im Palmenhaus des Burggartens präsentierte besonders schönes und großformatiges Blumen- Ernst Huber mit großem Erfolg erstmals eigene stillleben, das im Sommer 1944 wahrscheinlich in Bilder der Öffentlichkeit – bereits im Jahr darauf Wagrain entstanden ist. In Gemälden wie diesem wurde er von Josef Hoffmann zur Teilnahme an ist Ernst Huber auf der Höhe seines Schaffens der Kunstschau im Österreichischen Museum für – er schöpft aus dem bereits erarbeiteten for- Kunst und Industrie eingeladen, um gemeinsam malen Fundus, gestaltet frei und zwanglos, ganz mit Robin C. Andersen, Herbert Boeckl, Anton aus der Lust am schöpferischen Akt. Bildfüllend Faistauer und Oskar Kokoschka auszustellen. gruppieren sich prächtige, leuchtende Sommer- Eine intensive Reisetätigkeit, die den Künst- blumen – zu erkennen sind Sonnenblumen, Dah- ler nach Dalmatien, Italien, Palästina und nach lien und Cosmeen – zu einem duftigen Strauß,

Ernst Huber Ernst Huber Nordafrika führte, bestimmte die darauffolgen- der vor dem bewusst monochrom gehaltenen den Jahre. 1928 wurde er Mitglied der Wiener Hintergrund umso farbstärker und plastischer Secession. hervortritt. Die Pinselführung von Ernst Huber ist Die 1930er Jahre waren von zahlreichen Reisen locker und beschwingt und definiert dennoch durch Europa, aber auch den alljährlichen Aufent- die Formen der Sommerblumen, die der Künst- halten in Zinkenbach am Wolfgangsee bestimmt, ler in einem Bauerngarten gepflückt haben mag, wo Ernst Huber gemeinsam mit Malerfreunden mit großer Präzision. Das Kolorit ist von sensibler wie Josef Dobrowsky, Ferdinand Kitt, Georg Ausgewogenheit und besticht vor allem durch die Merkel oder Franz von Zülow eine Malerkolo- Verwendung kraftvoller, pastos gesetzter Primär- nie konstituierte. 1935 erhielt der Künstler den farben neben zart ablasierten und gedämpfteren Großen Österreichischen Staatspreis für Malerei Nuancen. und zwei Jahre später den Ehrenpreis der Stadt Wien. Während des Zweiten Weltkrieges über- Unser „Sommerblumenstrauß“, der seine Wur- siedelte er nach Wagrain, wo er in zahlreichen zeln auch in Ernst Hubers Beschäftigung mit der imposanten Ölbildern und Aquarellen die Salz- bunten Welt der Volkskunst hat, ist ein überaus burger Bergwelt im Wechsel der Jahreszeiten repräsentatives Gemälde, in dem es dem Künst- festhielt. Ernst Huber, dem 1949 ehrenhalber der ler gelingt, die Farbenpracht des Sommers mit

Professorentitel verliehen wurde, zählt heute ne- großer Lebendigkeit und Harmonie einzufangen. ERNST HUBER (Wien 1895 - 1960 Wien) ben Malern wie Anton Faistauer, Herbert Boeckl, 49 Josef Dobrowsky oder Franz von Zülow zu den Sommerblumenstrauß bedeutendsten Künstlern der österreichischen 1944 Klassischen Moderne. Öl auf Leinwand 100 x 73 cm Signiert und datiert rechts unten: E. HUBER (19)44

Provenienz: Privatsammlung Österreich Literatur: Vgl.: Bruno Grimschitz, Ernst Huber, Salzburg 1960; Regine Schmidt (Hg.), Ernst Huber 1895-1960. Ausstellungskatalog, Österreichische Galerie Belvedere, Wien 1984; Birgit Huber, Ernst Huber. Leben und Werk. Diplomarbeit an der Universität Wien, Wien 2002, S. 66 ff.

Carl Fahringer, 1874 in Wiener Neustadt geboren, Das starke Hochformat ist der Silhouette des studierte sechs Jahre an der Wiener Akademie Tieres angepasst, das sich im dichten Grün des der bildenden Künste bei Siegfried l’Allemand, Dschungels geschickt an den Früchten einer blü- Christian Griepenkerl und August Eisenmenger. henden Pflanze gütlich tut. Carl Fahringer hat den 1898 wechselte er an die Münchner Akademie Papagei gekonnt im Blattwerk eingebettet, die zu Carl Marr. breiten Pinselstriche, die er gleichermaßen für Beeinflusst von der Münchner Schule des spä- die Vogelfedern und die dicken Blätter verwen- ten 19. Jahrhunderts entwickelte er seinen un- det, lassen das Tier gleichsam mit der Pflanze verkennbaren spätimpressionistisch-expressiven verschmelzen und verstärken den Eindruck vom Stil. Von 1903 bis 1905 war Fahringer Mitglied des dichten Dschungel, der gewissermaßen aus dem Hagenbundes, ab 1907 des Wiener Künstlerhau- Bild herausquillt. ses. Noch vor dem Ersten Weltkrieg unternahm er ausgedehnte Studienreisen, die ihn nach Frank- Ein Bild dieser malerischen Qualität, mit einem reich, Italien, auf den Balkan, nach Kleinasien und der gesuchtesten Motive aus Fahringers Oeuvre, Ägypten führten. Im Krieg war er als Kriegsmaler stellt heute am Kunstmarkt eine große Rarität dar in Russland und Italien stationiert. 1922 und 1929 und darf als wahre Besonderheit gewertet werden. besuchte er Java, Sumatra und Bali. Diese Reisen können als Wendepunkt in seinem Werk ange- sehen werden. Ab da verwendete Fahringer eine weitaus farbintensivere Palette mit helleren, kräf- Carl Fahringer Carl Fahringer tigeren Tönen. Hafen- und Marktszenen wurden neben Tierdarstellungen zu seinen bevorzugten Themen. 1929 bis 1945 unterrichtete Fahringer an der Wiener Akademie. 1952 starb er in Wien.

In den 1920er Jahren ist der nebenstehende prächtige „Blaue Ara“ gemalt worden. Immer wie- der hat sich Carl Fahringer exotischen Vögeln, insbesondere aber den majestätischen Papa- geien gewidmet, denen er auf seinen Reisen begegnet sein muss. Der etwas mehr als einen Meter große, unverkennbar blaugelb gezeichne- te Hyazinth-Ara, mit seinem mächtigen Haken- schnabel, ist von den Papageien der weltweit größte und wird einfachheitshalber auch blauer Ara genannt. Schon immer haben diese faszinie- renden Vögel mit dem leuchtenden Federkleid Eindruck auf die Menschen gemacht, so ist es

nicht weiter verwunderlich, dass auch Fahringer CARL FAHRINGER (Wr. Neustadt 1874 - 1952 Wien) nicht umhin konnte, diesen Tieren seine beson- 50 dere Aufmerksamkeit zu widmen. Blauer Ara um 1929 Öl auf Leinwand auf Hartfaser 65,7 x 43,3 cm Signiert rechts unten: C. Fahringer

Provenienz: Privatsammlung Wien Literatur: Vgl.: Österreichische Malerei der Zwischenkriegszeit. Die Sammlung der österreichischen Nationalbank, Wien 2005; Albert Graf-Bourquin, Carl Fahringer 1874-1952, Lustenau 1970

JOSEF DOBROWSKY 51 (Karlsbad 1889 - 1964 Tullnerbach) Gladiolen 1943 Aquarell und Gouache auf Papier 56,5 x 47 cm (Passepartout-Ausschnitt) Signiert und datiert rechts unten: J. Dobrowsky (19)43

Provenienz: Privatsammlung Graz Literatur: Vgl: Josef Dobrowsky. Wahrnehmung und Farbe, Ausstellungskatalog, Österreichische Galerie Belvedere, Wien 2014; Österreichische Galerie Belvedere (Hg.), Kunst des 20. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie in Wien, Band III, Wien 1997, S. 146 f. CARL FAHRINGER (Wr. Neustadt 1874 - 1952 Wien) 52 Soldatenaras um 1930 Mischtechnik auf Papier auf Karton 43 x 33 cm Signiert links unten: C.FARINGER (sic!)

Provenienz: Privatbesitz USA Literatur: Vgl.: Österreichische Malerei der Zwischenkriegszeit. Die Sammlung der österreichischen Nationalbank, Wien 2005; Österreichische Galerie Belvedere (Hg.), Kunst des 20. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Öster- reichischen Galerie in Wien, Band I, Wien 1993, S. 207 ff.; Albert Graf-Bourquin, Carl Fahringer 1874-1952, Lustenau 1970 LUDWIG HEINRICH JUNGNICKEL 53 (Wunsiedel 1881 - 1965 Wien) Zwei Esel um 1935 Aquarell und Kohle auf Papier 36 x 45 cm Signiert rechts unten: L. H. JUNGNICKEL

Provenienz: Privatsammlung Deutschland Literatur: Vgl.: Ilse Spielvogel-Bodo, Ludwig Heinrich Jungnickel. Ein Leben für die Kunst, Klagenfurt 2000, Abb. S. 222 ff. LUDWIG HEINRICH JUNGNICKEL (Wunsiedel 1881 - 1965 Wien) 54 Park in Abbazia 1925 Öl auf Leinwand 75 x 70 cm Signiert links unten; L. H. JUNGNICKEL Rückseitig datiert und bezeichnet: Exotischer Südlicher Strand (gemalen 1925) Prof. L. H. Jungnickel 1881-1965 Wien-Villach, Rom

Provenienz: Privatsammlung Kärnten Literatur: Ilse Spielvogel-Bodo, Ludwig Heinrich Jungnickel. Ein Leben für die Kunst, Klagenfurt 2000, Abb. S. 182; Österreichische Galerie Belvedere (Hg.), Kunst des 20. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie in Wien, Band II, Wien 1995, S. 185 ff. NORBERTINE BRESSLERN-ROTH 56 (Graz 1891 - 1978 Graz) Leopard 1922 Linolschnitt 21,1 x 15,8 cm (Druckgröße) Signiert rechts unten: Bresslern-Roth Bezeichnet links unten: Handdruck

Provenienz: Sammlung Rudolf Leopold, Wien Literatur: Vgl.: Otto Pascher (Hg.), Norbertine v. Bresslern-Roth. 2. erweiterte Auflage, Graz-Wien 1973

NORBERTINE BRESSLERN-ROTH 55 (Graz 1891 - 1978 Graz) Pfefferfresser I 1928 Linolschnitt 26,6 x 22,9 cm (Druckgröße) Signiert rechts unten: Bresslern-Roth Signiert im Druck rechts unten: N. B.- ROTH

Literatur: Vgl.: Otto Pascher (Hg.), Norbertine v. Bresslern-Roth. Linolschnitte, Graz-Wien 1972 NORBERTINE BRESSLERN-ROTH 57 (Graz 1891 - 1978 Graz) Jakos 1927 Linolschnitt 23,4 x 19,3 cm (Druckgröße) Signiert rechts unten: Bresslern-Roth NORBERTINE BRESSLERN-ROTH Bezeichnet links unten: Handdruck (Graz 1891 - 1978 Graz) 58 Betitelt und bezeichnet auf beiliegendem Greyhound alten Klebeetikett: Grey Parrots Bresslern-Roth 1926 Provenienz: The Fine Art Society, London; Linolschnitt Privatbesitz England 25,2 x 12,5 cm (Druckgröße) Signiert rechts unten: Bresslern-Roth. Bezeichnet links unten: Handdruck

Provenienz: Privatbesitz Österreich Willy Eisenschitz, Spross einer Wiener Advoka- Neben den licht- und farbdurchtränkten Küsten- tenfamilie, studierte ab 1911 an der Wiener Aka- landschaften Südfrankreichs, den mit Olivenbäu- demie der bildenden Künste Malerei. Bereits ein men und Lavendelfeldern übersäten Landstri- Jahr später zog es ihn aber in das Zentrum des chen der Provence oder den kargen Fluss- und internationalen Kunstgeschehens nach Paris. Zeit Bergregionen der Drôme stellt das Genre Stillle- seines Lebens begleitete ihn die damals entfachte ben zwar eine durchgehende, aber bislang we- Leidenschaft für die Kunst der großen Franzosen niger beachtete Facette im Schaffen von Willy Paul Gauguin, Paul Cézanne oder Henri Matisse. Eisenschitz dar. Ein Korrektiv diesbezüglich war 1914 heiratete er Claire Bertrand, eine Studienkol- die monumentale Einzelausstellung, die dem legin an der berühmten Académie de la Grande großen franko-österreichischen Künstler 2011 im Chaumière. Im selben Jahr beschickte er seine NAMOC Museum Peking gewidmet war, in der erste Ausstellung in Wien, „Junge Künstler Ös- einige seiner schönsten Blumenbilder und Inte- terreichs“ in der Secession. Während des Ersten rieurs zu sehen waren, die in den 1920er und Weltkrieges war Willy Eisenschitz (als „feindlicher 1930er Jahren in Frankreich entstanden sind. Ausländer“) in einem Lager bei Angers interniert, wo er an Tuberkulose erkrankte. Die ersten Nach- 1928, als Willy Eisenschitz erstmals im berühm- kriegsjahre lebte er mit seiner Familie (inzwischen ten Salon d’Automnes in Paris ausstellte, entstand war er Vater zweier Kinder geworden) in schwei- – wahrscheinlich schon in seinem künstlerischen zerischen und französischen Luftkurorten. Das Refugium Les Minimes unweit von Toulon in der Jahr 1921 brachte durch einen Aufenthalt an der Provence – nebenstehendes lichterfülltes Gemäl- südfranzösischen Küste einen Wendepunkt in de. Auf einer blauen damastartigen Tischdecke, seinem künstlerischen Schaffen. Das irisierende flankiert von drapierten gelben Vorhängen, zeigt Licht und die intensiven Farben der Region be- der Künstler einen einfach verzierten grau-blauen

Willy Eisenschitz Willy eindruckten Willy Eisenschitz so sehr, dass sein Tonkrug mit einem prächtigen, beinahe bildfül- Wunsch in den Süden zu ziehen, immer größer lenden Blumenarrangement: ein üppiger Strauß wurde. Ab 1927 lebten und arbeiteten der Künst- aus roten Mohnblumen, rosa Nelken, fleischfar- ler und seine Frau für viele Jahrzehnte in dem benen Gerbera sowie gelb perlenden Mimosen ehemaligen pittoresken Kloster Les Minimes bei scheint dem Betrachter aus dem Krug regelrecht La Valette-du-Var in der Provence. Als Mitglied entgegen zu quellen. Mit schwungvollem und der Societé Nationale des Beaux-Arts nahm er doch präzise nachvollziehbarem Pinselstrich hat 1928 erstmalig an der berühmten Ausstellung der Künstler mit spürbar großer Freude am Ma- des Salon d’Automne in Paris teil. 1935 erhielt len, diese Blumenpracht der Provence lebendig er die französische Staatsbürgerschaft und 1937 und mit großer Plastizität festgehalten. Der kraft- wurde er mit der Goldmedaille der Pariser Welt- volle Duktus und das intensive Leuchten der rein ausstellung ausgezeichnet. Nach dem Tod seiner gesetzten Farben sind hier von einer Modernität, Frau 1969 zog sich Eisenschitz nach Paris zurück, die an Werke von Henri Matisse und der Fauves wo er bis zu seinem Lebensende 1974 lebte und denken lässt, mit deren Bildauffassung sich Willy WILLY EISENSCHITZ arbeitete. Die großen Retrospektiven im Linzer Eisenschitz in seinen frühen Arbeiten beschäftigt (Wien 1889 - 1974 Paris) 59 Lentos Museum 1999, im französischen Musee hat. Sommerblumenstrauß d’Art de Toulon 2001 und im NAMOC Museum „Sommerblumenstrauß“ ist ein äußerst repräsen- 1928 Peking 2011 sowie zahlreiche Publikationen wie tatives Gemälde von ausgesuchter Qualität aus Öl auf Leinwand etwa die maßgebliche Monografie mit Werkver- dem seltenen frühen Schaffensabschnitt dieses 73 x 73 cm zeichnis des französischen Kunsthistorikers Jean unverwechselbaren Künstlers und stellt eine ve- Signiert und datiert rechts unten: Perreau 1999 spiegeln die große, auch internatio- ritable Bereicherung jeder Sammlung österreichi- Willy Eisenschitz 1928

nale Anerkennung und Wertschätzung des Wer- scher Zwischenkriegsmalerei dar. Provenienz: Privatbesitz Frankreich; kes von Willy Eisenschitz. Privatbesitz Deutschland Literatur: Vgl.: Willy Eisenschitz. 1889-1974 Paris. Ausstellungskatalog, National Art Museum of China, Bejing 2011, Abb. S. 174 ff.; Jean Perreau, Willy Eisenschitz. 1889-1974. Werkverzeichnis, Linz 1999, Abb. S. 224

Jahrhunderte lang übte die Provence eine Faszi- Auch unser Bild zeigt emphatisch die herbe, nation auf Künstler aus. Schriftsteller, Maler, aber naturbelassene Schönheit dieser bergigen Fels- auch Reisende haben sich von diesem Land- küste der südlichen Provence: eine kraftvolle strich inspirieren lassen, wurden hier ansässig Impression ohne überflüssige narrative Details, und verbrachten Studienreisen und Malaufenthal- mosaikartig komponiert aus breiten, leuchtenden te. Von der Rhône über die Provenzalischen Vor- Pinselzügen an der Grenze zur Abstraktion. Durch alpen, dem küstennahen Massif des Maures bis Aneinanderreihung kleiner und größerer Farbfle- in die Meeralpen, die Alpes maritimes, erstrecken cke und -striche lässt der Künstler einen über- sich die abwechslungsreichen Landschaften der zeugenden weiten Landschaftsraum aus karger Provence. Vegetation und Fels erstehen. Das intensive Licht „Die Entdeckung der Provence ist in meinen Au- eines tiefblauen Himmels und die beinahe greif- gen das Schlüsselerlebnis; bis dahin fühlte ich bare Hitze, die über der Landschaft liegt, strahlen mich immer von etwas Erlerntem abhängig; ich dem Betrachter aus dem Bild fühlbar entgegen. war befangen. Die Landschaft der Provence hat Über diese späten Gemälde, die gewissermaßen mich auf einmal befreit und seit damals ist die als Quintessenz von Willy Eisenschitz‘ Schaf- Entwicklung beständig weitergegangen“, schreibt fen apostrophiert werden dürfen, resümiert der Willy Eisenschitz 19361. Unermüdlich reisend, Kunstkritiker Betrand Duplessis: „Es ist die See- noch in seinen späten Jahren, nach dem Tod sei- le der Provence, die Eisenschitz in jeder seiner ner Frau 1969, entdeckt er nahe Marseille den Kompositionen einfaßt, wie einen in seiner Mut- Fischerhafen Les Goudes, am Rand des Fels- tererde eingebetteten Aquamarin“.3 massives von Marseilleveyre, wo er sich in Folge Die zügig-pastose Pinselführung und die bravou- mehrfach aufhält. Die imposanten, ins Meer fal- röse Licht- und Farbmodulation beeindrucken an lenden Kalksteinhügel erinnern ihn an die Berge dieser mediterranen Landschaft, die Willy Eisen-

Willy Eisenschitz Willy seiner Kindheit, das „Tirol am Meer“, wie er gerne schitz in ihrer Wildheit und Ursprünglichkeit her- sagt2. Diese von Licht gebleichten Landschaften vorragend erfasst hat. aus Steinen, Meer und Himmel hält Willy Eisen- schitz mit spürbarer Begeisterung in einem letz- ten faszinierenden Werkzyklus fest, der diese von Jahrtausenden der Erosion geformte steinerne Wildnis, zart überzogen von einer spärlichen Flo- ra, in ihrer majestätischen Atmosphäre eindrucks- voll verewigt.

WILLY EISENSCHITZ (Wien 1889 - 1974 Paris) 60 Les Goudes um 1970 Öl auf Leinwand 46 x 61 cm Signiert links unten: W. Eisenschitz

Provenienz: Privatbesitz Südfrankreich Literatur: Vgl.: Willy Eisenschitz. Vienna 1889-1974 Paris. Ausstellungskatalog, National Art Museum of China, Bejing 2011, Abb. S. 110; Bernard Denvir, Willy Eisenschitz. 1889-1974. The Wertheimer Foundation, London 2004, Abb. S. 100 ff.; Jean Perreau, Willy Eisenschitz. 1889-1974. Werkverzeichnis, Linz 1999, S. 271

1) Willy Eisenschitz in: Jean Perreau, Willy Eisenschitz 1889-1974. Werksverzeichnis, Linz 1999, S. 23 2) ebd., S. 41 3) ebd., S. 55

Gerhild Diesner wurde am 4. August 1915 als An französische Vorbilder knüpft auch nebenste- viertes von fünf Kindern in Innsbruck - Mühlau hendes schönes Blumenstillleben an, das nicht geboren. Ab 1930 verbrachte sie alljährlich die nur Zeugnis für Gerhild Diesners ureigene Bega- Sommermonate in England und übersiedelte von bung für koloristische Zusammenhänge, sondern 1935 bis 1937 zu ihrer Schwester nach London. darüber hinaus auch Dokument für die Ehrfurcht Dort besuchte sie die renommierte Chelsea Art und Faszination vor der einfachen Welt der Dinge School ebenso wie die School of Art in Brighton. ist, die die Künstlerin bis in das hohe Alter hinauf 1937 zog sie nach München und studierte dort an beibehalten hat. Das Stillleben, das neben der in- der Akademie für angewandte Kunst auf Wunsch haltlichen und symbolischen Aussage seit jeher ihres Vaters in der Abteilung für Gebrauchsgrafik. auch als Manifestation der reinen Lust an maleri- Während der schwierigen Kriegsjahre übersiedel- scher Wiedergabe und Lebensfreude war, wurde te sie 1943 mit Unterstützung eines befreundeten neben der Landschaft das bevorzugte Bildthema Architekten nach Paris und nahm das Studium an der Künstlerin. Insbesondere seit dem Ende des der bekannten Académie André Lhote und auch 19. und den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhun- an der Ecole de la Grande Chaumière auf. Ein derts gewinnt es auf der Suche nach neuen Aus- Jahr später kehrte die Künstlerin nach Innsbruck drucksmitteln als unerschöpfliches Thema eine zurück. Nach dem Kriegsende werden fast alle besondere Bedeutung. Es wird von Paul Cézanne Arbeiten aus Diesners Pariser Zeit in München und Paul Gauguin ebenso geschätzt wie von den von Besatzungssoldaten zerstört. 1949 heiratete Kubisten oder Expressionisten, die im Gefolge von Gerhild Diesner den Bildhauer Bodo Kampmann. Vincent van Goghs „Sonnenblumen“ gerade das In den Jahren von 1955 bis 1975 unternahm die Blumenstillleben zu einer expressiven Farbglut

Gerhild Diesner Gerhild Diesner Malerin zahlreiche Studienreisen nach England, steigern. Gerhild Diesner knüpft nicht zuletzt unter Portugal und besonders nach Italien in die Tos- dem Eindruck der in Paris gesehenen Ausstellung kana und das Gebiet rund um den Gardasee und „Blumen und Früchte“ an diese Tradition an1, und verweilte dort für längere intensive Arbeitsaufent- versetzt in der Folge die scheinbar „stillen“, einfa- halte. Die Künstlerin erhielt 1975 den Professoren- chen und regungslosen Gegenstände in ein ge- titel und im Jahre 1995 den Kunstpreis des Lan- ordnetes, allein von Farbe und Form bestimmtes des Tirol. Gerhild Diesner starb 1995 in Innsbruck. Gefüge blühenden und vibrierenden Lebens. So hat die Künstlerin in nebenstehendem Bild Die Bilder Gerhild Diesners, in denen lyrisches in charakteristischer kraftvoller Manier einen Naturerleben, ursprüngliche Gestaltungskraft und schönen Sommerblumenstrauß in einem rusti- koloristische Verve eine unverwechselbare Ver- kalen Krug vor monochrom blauem Hintergrund bindung eingehen, gehören zum wesentlichen arrangiert. In den reinen, unvermischten Farben GERHILD DIESNER Bestand der österreichischen Kunst nach 1945.“ der Fauves leuchten dem Betrachter die Blüten (Innsbruck 1915 - 1995 Innsbruck) Gerhild Diesner selbst sieht in den großen Ma- oranger Gerberer, blau-gelber Iris, einer gold- 61 Bunte Blumen lern der französischen Moderne wie etwa Paul gelben Anemone und eines weiß gesprenkelten 1993 Gauguin, Paul Cezanne, Vincent van Gogh oder Zierlauchs zwischen verflochtenem grünem Blatt- Öl auf Leinwand Henri Matisse ihre künstlerische Anregung und werk entgegen. In bewusst reduzierter, fast naiv 34 x 34 cm Herkunft. Sie schafft Gemälde von großer Authen- vereinfachter Formensprache zaubert die große Signiert und datiert links unten: tizität wobei ihr primäres Ausdrucksmittel die rein Bildpoetin Gerhild Diesner in diesem reifen und (19)93 Diesner empfundene Farbe in freier Umsetzung im Sinne repräsentativen Werk ein lumineszentes Bild voll des französischen Malers Henri Matisse und der schwebenden und glühenden Lebens, und fast Provenienz: Privatsammlung Deutschland; Privatsammlung Österreich Fauvisten ist. scheint es, als hätte sie die Welt des Alltages hin- Literatur: Vgl.: Matthias Boeckl, ter sich gelassen und die Wirklichkeit in festliche Gerhild Diesner 1915-1995, Innsbruck 2007; Günther Dankl, Diesner. Ausstellungskatalog, Erinnerung verwandelt. Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck 1995; Wilfried Kirschl, Gerhild Diesner, Innsbruck 1979 Ausgestellt: Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck 1995 1) So äußert sich Gerhild Diesner im 1975 erschienenen „Tiroler Porträt“: „Viele sehr gute Ausstellungen sah ich in Paris: von Matisse die großen herrlichen Stilleben, auch von Braque war ich begeistert. Eine Ausstellung mit dem Titel „Blumen und Früchte“ ist mir noch im Gedächtnis. Die Bilder waren von Gauguin, van Gogh, Matisse, Bernard, Bonnard und anderen. Ich nahm diese Bilder mir vielen Anregungen für mein Malen auf“, in: Günther Dankl, Diesner, Ausstellungskatalog Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck1995, S. 16

Herausgeber Galerie und Verleger: Kovacek & Zetter GmbH Stallburggasse 2 A-1010 Wien [email protected] www.kovacek-zetter.at

Redaktion: Stefan Rodler

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Impressum Claudia Kovacek-Longin Sophie Zetter-Schwaiger Sophie Cieslar Bianca Kleinbichler Kathrin Macht Stefan Rodler

Lektorat: Kathrin Macht

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Fotos: Galerie Kovacek & Zetter GmbH citronenrot VIENNA STUDIO

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