PROJEKTE | FORSCHUNG | LÖSUNGEN | TRENDS | in der Kommunalentwicklung Oktober 2014

Markenstärke von 60 deutschen Städten erhoben Seite 10-13

Methodik von Forschung: Stadtentwicklungs- Innenstadt prozessen der Zukunft Seite 16-17 Seite 1-3

„Synchrones InnenStadt- Citymanagement“ Entwicklungs-Fonds Seite 14-15 Seite 18-19

Identitätsbasierte Büro Innenstadtentwicklung Seite 6-9 eröffnet Seite 11 +++ÜBERSICHTSKARTE+++

Kassel

Marburg

Gießen Neuwied Fulda Hof Koblenz Frankfurt/ Main Wiesbaden Hanau Aschaffenburg Offen- Bayreuth Rüsselsheim Bamberg Trier bach Würzburg Worms Darmstadt Erlangen Frankenthal Ludwigshafen am Rhein Mannheim Fürth Nürnberg Kaiserslautern Heidelberg Neustadt/ Speye r Weinstraße Hockenheim Öhringen Karlsruhe Bretten Ludwigsburg Pforzheim Kirchheim am Ries Straubing Weil der Stadt Stuttgart Schwäbisch Gmünd Ingolstadt Ess- Göppingen Passau lingen Landshut Tübingen Ulm Günzburg Freising Neu-Ulm Riedlingen München Villingen-Schwenningen Biberach Freiburg Meßkirch Bad Waldsee Leutkirch Rosenheim Kempten Salem Kassel

Marburg

Gießen Neuwied Fulda Hof Koblenz Frankfurt/ Main Wiesbaden Hanau Schweinfurt Aschaffenburg Mainz Offen- Bayreuth Rüsselsheim Bamberg Trier bach Würzburg Worms Darmstadt Erlangen Frankenthal Ludwigshafen am Rhein Mannheim Fürth Nürnberg Kaiserslautern Heidelberg Neustadt/ Speye r Weinstraße Heilbronn Hockenheim Öhringen Karlsruhe Bretten Regensburg Ludwigsburg Aalen Pforzheim Kirchheim am Ries Straubing Weil der Stadt Stuttgart Schwäbisch Gmünd Ingolstadt Sindelfingen Ess- Göppingen Passau lingen Landshut Tübingen Ulm Günzburg Offenburg Reutlingen Freising Neu-Ulm Augsburg Riedlingen München Villingen-Schwenningen Biberach Freiburg Meßkirch Bad Waldsee Leutkirch Rosenheim Friedrichshafen Kempten Salem

Legende: Thematisierte Projekte in dieser Ausgabe Untersuchte Städte im Markenatlas MARKT- UND STANDORTANALYSEN

Annäherungen an die Innenstadt der Zukunft. Erste Ergebnisse aus einem Forschungsprojekt

Innenstädte – gleich, ob in schrumpfenden Regionen oder dynamischen Verdichtungsräumen – stehen auch heute vor großen Herausforderungen. Wissenschaft und Politik liefern auf Basis von Leitbildern zur Stadtentwicklung Kriterien für eine zukunftsfähige Innenstadt. Doch wie gehen Kommunen mit den aktuellen Herausforderungen um? Und werden Aspekte einer theoretisch formulierten „Innenstadt der Zukunft“ in der Praxis tatsächlich auch angegangen? Dies sind Fragestellungen, die auf Basis einer Masterarbeit an der Universität Dresden von Sophia Wienecke bei 104 baden-württem- bergischen Innenstädten aktuell analysiert werden. In Kooperation mit der imakomm AKADEMIE wird diese Analyse ergänzt um eine Evaluation von Good-Practice-Beispielen in diesen Innenstädten. Erste Ergebnisse liegen nun vor. Insbesondere die Good-Practice-Beispiele werden in einer Veranstaltungsreihe 2015 präsentiert!

Bild links: In der Innenstadt und am Rand des Landes- gartenschaugeländes (LGS) 2014 entstand jüngst das Gebäude „Forum Gold und Silber“. Es greift allein schon mit seiner Architektur die mehr als 600 Jahre bestehen- de Tradition des Goldschmiedehandwerks in Schwäbisch Gmünd (Mittelzentrum, ca. 58.300 Einwohner) auf. Nach der LGS bezieht die Geschäftsstelle des Edelmetallver- bandes einen Teil des Gebäudes. Zudem sind Ausstel- lungs- und Präsentationsflächen zu den Themen Edelme- tallverarbeitung und Design sowie Büro- und Praxisräume vorgesehen. Letztlich gelingt damit aber ein ganz zent- raler Ansatz der „Innenstadt der Zukunft“: Identifikation nicht nur sichtbar, sondern auch erlebbar (siehe auch neue Gastronomie, Zugang zu Wasser usw.) zu machen.

Der imakomm- STADTMARKENATLAS ist fertig!

Bestellformular als Beilage anbei!

THEMENÜBERSICHT

Annäherungen an die Innenstadt der Zukunft. Erste Ergebnisse aus einem Forschungsprojekt Seite 1-3

Gemeinsam schafft man mehr – Riedlinger Weg im Standortmarketing Seite 4-5

Identitätsbasierte Innenstadtentwicklung Seite 6-9

Markenstärke von 60 deutschen Städten erhoben Seite 10-13

imakomm AKADEMIE eröffnet Büro in Stuttgart Seite 11

Synchrones Citymanagement Seite 14-15

Gewusst, WIE! Gedanken zur Methodik von Stadtentwicklungsprozessen Seite 16-17

Mit dem InnenStadtEntwicklungs-Fonds zu einem lebendigen Stadtzentrum Seite 18-19

News Seite 20

imakomm AKADEMIE GmbH | Ulmer Straße 130 | 73431 Aalen | Fon: +49 7361 52829-0 | Fax: +49 7361 52829-20 | www.imakomm-akademie.de MARKT- UND STANDORTANALYSEN

Bild oben: Projekt „Steingau-Quartier“: Auf einer innerstäd- Grafik oben: Überblick zur methodischen Vorgehensweise (im Rahmen der Masterarbeit und des Forschungsprojektes der ima- tischen Brachfläche soll im Mittelzentrum Kirchheim unter komm AKADEMIE (Quelle: Sophia Wienecke). Das Besondere: Die good-practice-Beispiele werden auf Basis von Kriterien für eine Teck (ca. 39.300 Einwohner) ein Quartier mit kultureller, so- zukunftsfähige Innenstadt (Quelle: Literaturrecherche in wissenschaftlichen, politischen und Praxis-Quellen) und auf Basis von zialer und funktionaler Mischung entstehen. Bild unten: Der Auswertungen (Nachrecherche) zu über 330 genannten Projekten der teilnehmenden Kommunen abgeleitet. besondere Ansatz: Erst im Rahmen der Verhandlungen mit Bauträgern, Baugemeinschaften und einzelnen Bauherren soll der Grundstückszuschnitt definiert werden, um anhand dieser flexiblen Parzellenstruktur ein Nebeneinander unterschiedlich genutzter Eigentumseinheiten zu etablieren – und damit ein Quartier mit gemischter Bevölkerungsstruktur.

„Innenstadt der Zukunft“ – eine Annä- • Dichte und Kompaktheit Innenstadtvermarktung und eben zu Projek- herung • Nutzungsmischung ten in der jeweiligen Innenstadt hatten sich • Soziale Integration von 496 Kommunen mit einer Einwohnerzahl Jahrzehntelang folgte Stadtentwicklung ei- • Mit- und Selbstbestimmung der Bürger von 5.000 bis unter 100.000 Einwohnern 104 nem jeweils vorherrschenden Paradigma – • Öffentlicher Raum für Begegnung und Kommunen beteiligt. Befragt wurden Stadt- beispielsweise der „Funktionstrennung“. Das Kommunikation planer, Wirtschaftsförderer und Bürgermeister. heutige Verständnis von Stadtentwicklung • Identifikation Angaben zu mehr als 330 (!) innerstädtischen folgt nicht einem, sondern mehreren Ansätzen • Anpassungsfähigkeit an aktuelle Trends. Projekten aus 18 Handlungsfeldern wie „Woh- – die zukunftsgerichtete Stadt soll beispiels- nen im Zentrum“, „Arbeiten im Zentrum“ usw. weise kompakt mit kurzen Wegen und nach- Die Idee des Forschungsprojekts: zeigen: DAS Zukunftsprojekt gibt es ebenso haltig sein, Funktionsmischung ist angesagt Evaluation von innerstädtischen wenig wie DAS Leitbild der „Innenstadt der (siehe beispielsweise BMVI 2014 – Hinter- Projekten, die Kriterien der „Innen- Zukunft“. Sehr wohl aber werden einzelne der grundinformationen zur Leipzig-Charta). Ein stadt der Zukunft“ erfüllen oben genannten Kriterien innovativ umgesetzt. Leitbild für die Innenstadtentwicklung existiert nicht. Gleichwohl manifestiert sich das heu- Dies ist der wissenschaftstheoretische Hin- Klare Trends hin zur „Innenstadt der tige Verständnis von Stadtentwicklung ganz tergrund für die mehr als spannende Frage: Zukunft“ besonders im Zentrum und wird sowohl in Gibt es Projekte in der Praxis, welche mehrere der Wissenschaft als auch in der Politik ent- dieser Kriterien erfüllen? Untersuchungsraum So individuell die einzelnen innerstädtischen sprechend formuliert. Und Initiativen wie das für die Beantwortung ist das Bundesland Projekte zum Teil sind, so klar und allgemein „Netzwerk Innenstadt NRW“ greifen dies auch Baden-Württemberg. Bei einer sehr umfas- gültig sind die Trends bei Handlungsfeldern in der Praxis auf. Letztlich scheinen insbeson- senden Online-Abfrage unter Anderem zu ak- für die Innenstädte. Schlaglichter zeigt der dere folgende – zunächst abstrakte Kriterien – tuellen und künftigen Handlungsfeldern der folgende Info-Kasten. die „Innenstadt der Zukunft“ zu beschreiben: Innenstadtentwicklung, zu Strukturen bei der

2 | imakomm KONKRET | 2014 www.imakomm-akademie.de MARKT- UND STANDORTANALYSEN

Grafik rechts: Die Einschätzung der Kommunen zur Wettbe- werbsfähigkeit ihrer jeweiligen Innenstadt. Fast jede siebte Wettbewerbsfähigkeit des Zentrums Kommune sieht ihre Innenstadt im Nachteil, fast sechs von zehn Kommunen sehen ihre Innenstadt benachteiligt oder Frage 3: Wie schätzen Sie die aktuelle Wettbewerbsfähigkeit Ihres zumindest nur mäßig wettbewerbsfähig. Das ist ein alarmie- Zentrums im Vergleich mit anderen Städten/Gemeinden ähnlicher rendes Ergebnis, da die Städte und Gemeinden gleichzeitig die Größenordnung ein? Innenstadt als besonders wichtig für die gesamte Stadtent- (n=80) wicklung definieren. Neue Überlegungen zur Attraktivierung von Innenstädten scheinen also angebracht. 15% 11%

Erste ergebnisse zur „Innenstadt der Zukunft“ 30%

• Im Vergleich zu früheren „Innenstadt-Un- 44% tersuchungen“ scheint die Wettbewerbs- fähigkeit der Innenstädte aus Sicht der Stadtverwaltungen abzunehmen. Das ist sehr hoch eher hoch mittel eher gering sehr gering ein Besorgnis erregendes Ergebnis, da gleichzeitig fast neun von zehn Kommu- nen angeben, dass „ihr“ Zentrum ganz entscheidend für die gesamte Kommu- Fazit: nalentwicklung jeweils sei. Ein aktuelles Forschungsprojekt der imakomm AKADEMIE in Verbindung mit einer Masterarbeit an der Universität Dresden versucht eine Annäherung an die „Innenstadt der Zukunft“. Neben • Einzelhandel und Gastronomie sind umfassenden Befragungsergebnissen bei 104 baden-württembergischen Kommunen liegen bisher die zentralen Nutzungen in auch Angaben zu mehr als 330 innerstädtischen Projekten vor. Eine Evaluation dieser anhand den Innenstädten. Allerdings wird aus von Kriterien einer „Innenstadt der Zukunft“ zeigt zahlreiche Projekte mit innovativen Ansätzen. Sicht der Befragten künftig das Thema Im Rahmen einer Veranstaltungsreihe sollen diese Projekte und weitere Ergebnisse aus dem For- „Aufenthalt“ / Kommunikationsraum schungsprojekt im Frühjahr 2015 vorgestellt werden. noch bedeutender, und zwar unter dem Schlagwort „Entschleunigung“. Die Innenstadt könnte quasi zur Gegenbe- wegung einer dynamisierten Online-Welt werden: Als Ort mit unterschiedlichsten Funktionen, bewusst eben auch mit Orten zum „Durchschnaufen“.

• Stadt- und Innenstadtmarketing stehen mittlerweile in der 2. oder 3. Generation – je nachdem, welcher Publikation man folgt. Es scheint sich aber eine 3. / 4. Generation anzukündigen: Nicht mehr Event-orientiert, auch nicht mehr mit dem Schwerpunkt Leerstandsmanagement und auch nicht allein strategisch orientiert, sondern: Ein Innenstadtmarketing, das Wohnen, Gestaltung öffentlicher Raum, Energie, Mobilität, neue Informations- und Kommunikationstechnologien und das Thema Innenstadt als Marke als Themen mehr als bisher angeht. Die Frage stellt Die Autorin: Der Autor: sich: Wird die Eier legende Wollmilchsau Sophia Wienecke, Dr. Peter Markert, Citymanager damit auch noch zum Stadt- Kontakt: imakomm AKADEMIE GmbH, planer und Ingenieur? Die Entwicklungen [email protected] geschäftsführender Gesellschafter, bleiben also mehr als spannend! Kontakt: [email protected]

www.imakomm-akademie.de imakomm KONKRET | 2014 | 3 STRATEGISCHE KOMMUNALENTWICKLUNG

„Gemeinsam schafft man mehr“ – Riedlinger Weg im Standortmarketing. Eine neue Kultur der Zusammenarbeit soll zu einem spezifischen Standortmarketing führen. Das Beispiel Riedlingen

Die Ausgangssituation in Riedlingen ist eine ganz Spezielle – und doch dürften einige Kommunen sich auch in Teilen darin wiederfinden: Riedlingen befindet sich in einer ländlich geprägten Region, allerdings mit einem starken Umland (zu denken ist alleine an die Städte Ulm, Ehingen, und das aufstrebende Mengen). Auf „emotionaler“ Sei- te herrscht in Riedlingen ebenfalls eine schwierige Ausgangslage vor. Was fehlt ist ein gewachsenes Gemeinschafts- gefühl. Trotz seiner Größe von etwa 10.500 Einwohnern hat Riedlingen zwei Gewerbevereine – HGR und RGW, die sich erst jüngst über die Notwendigkeit zu gemeinsamen Strukturen einig wurden. Effekt: Kaum eine Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Verwaltung, eher Misstrauen. Und gleichzeitig aber die fatale Denke: „Die Anderen sind bes- ser“. Vor diesem Hintergrund scheint ein Standortmarketing schwer, ein „übliches Vorgehen“ fruchtlos. Daher wählte Riedlingen einen besonderen Ansatz, der eine neue Kultur der Zusammenarbeit beim Standortmarketing versucht.

Die Chancen: Aufbruchsstimmung durch neue Personen, neue Vorge- hensweisen und einer Betonung von Transparenz.

Legt man die spezielle Ausgangssituation in Riedlingen zu Grunde, wird schnell klar, dass üb- liche methodische Vorgehensweisen hier kaum erfolgreich wären. Denn: Übliche Verfahren wie beispielsweise SWOT-Analyse und Medien- und Kommunikationsplan würden die Kernfragen nicht lösen, zum Teil nicht einmal erfassen! So wurden in Abstimmung mit den Auftraggebern Stadtver- waltung, HGR und RGW (drei Auftraggeber!) neue Analyse- und Beteiligungsformen erdacht. Dieser Schritt war durchaus auch mit Risiko behaftet, da eine Garantie des Gelingens so natürlich nicht ge- geben war – schließlich war ein solches Vorgehen in Riedlingen nicht „eingeübt“.

Wichtige Bausteine der neuen Vorgehensweisen waren unter Anderem die Transparenz des Pro- Beispiel für innovative Vorgehensweisen: öffentliche Gemeinderatssitzung in einem ersten Teil mit formalem Ablauf, in einem zweiten Teil mit Einladung an die Öffentlichkeit zur Erarbeitung von Maßnahmen an Thementischen gemeinsam zesses und das „Mitnehmen“ unterschiedlichster mit den Ratsmitgliedern, die in einem dritten Teil formal als Input für die Projektgruppe beschlossen wurden. Dadurch Akteure mit ebenso unterschiedlichem Kenntnis- soll auch Vertrauen in und Transparenz bei der Arbeit von Kommunalpolitik und Verwaltung belegt und gefördert werden. stand zum Prozess an sich. nicht das „höchste“, das „beste“ oder das „wei- Eine gänzlich neue Kultur des Zusam- Die Lösung: Zentrale Elemente des teste“ bieten und vermarkten. Der Riedlinger menarbeitens, Standortmarketings in Riedlingen Ansatz – und dies dürfte auch für manch andere Kommune gelten – muss zunächst bewusst nach Der Standortmarketingansatz von Riedlingen setzt Zahlreichen Herausforderungen, mit denen Klein- innen gerichtet sein und auf Qualität, Geschich- daher an zentralen, wenn auch ungewöhnlichen und Mittelstädte immer mehr zu kämpfen haben ten und Menschen abzielen, statt auf den Aufbau Stellschrauben an, um auf schlagkräftige, neue (demografische Entwicklung, Rückgang der von einigen wenigen Wettbewerbsvorteilen. Um und unorthodoxe Vermarktungsmaßnahmen zu Angebotsvielfalt in der Innenstadt, Wegzug von einen aktuellen Vergleich zu ziehen: Nicht weni- kommen. Beispiel: Kick-off Sitzung mit einer hochqualifizierten Arbeitskräften usw.) stehen in ge Experten halten genau diesen Ansatz für das breiten Beteiligung, um bereits zu Beginn des Riedlingen zwar viele Potenziale gegenüber (tou- Erfolgsgeheimnis des aktuellen Fußball-Welt- Projektes spätere Mitstreiter mit an Bord zu ha- ristische Ansätze, historische Innenstadt, reizvol- meisters – nicht fokussiert auf EINEN zentralen ben – oder auch eine „Expertenrunde vor Ort“ – le Landschaft usw.). Es scheint aber an echten Vorteil (Messi in Argentinien, Neymar in Brasili- eine Art Stadtspaziergang in großer Runde, die Highlights zu fehlen, welche in Umlandstädten en), sondern eine Breite an richtig guten, manch- die Themen Riedlingens an einem Nachmittag durchaus vorhanden zu sein scheinen (Münster mal auch verrückten Typen (man denke nur an auf den Punkt bringt. Vielleicht ja Parallelen zum in Ulm, Schloss in Sigmaringen usw.). Doch ein Thomas Müller…). unorthodoxen, aber anscheinend sehr effektiven Standortmarketing für Riedlingen darf zunächst Gruppenansatz des Campo Bahias1?

4 | imakomm KONKRET | 2014 www.imakomm-akademie.de STRATEGISCHE KOMMUNALENTWICKLUNG

Im Übrigen hat dieser Ansatz dazu geführt, US-amerikanischen Brauerei. Mit einem Augen- dass es nicht ein Innenstadtmarketing oder ein zwinkern könnte man also durchaus behaupten: Stadtmarketing wurde – sondern ein Ansatz „Wegen Riedlingen trinkt Amerika Bier!“ für die Innenstadt, die Gesamtstadt, den Wirt- schaftsstandort und für Tages-/Übernachtungs- Eine fördernde und fordernde Orga- gäste. Somit soll jede Maßnahmen in einem nisationsstruktur: lehrbuchhaften Bereich zur Optimierung aller Bereiche beitragen – quasi „Eine Stadt für Alle, Eine gemeinsame Marketinginstitution zur bes- Alle für eine Stadt“ seren Koordination von Marketingmaßnahmen ist zwingend, ebenso eine hauptamtliche Person zur Spezifische Ansätze in Reidlingen: Bewältigung der zahlreichen Aufgaben. Allerdings ist dies finanziell von den beiden bestehenden Ge- Fokus auf der stärkeren Ausprägung werbevereinigungen bei weitem nicht leistbar. Von „Uns waren vor allem die konsequente Beteiligung einer „Willkommenskultur“ – der Stadt soll und kann dies aber nicht komplemen- und die Förderung einer echten Kommunikations- tär geleistet werden. Folgerichtig liegt dem ange- kultur wichtig. Wir sehen Riedlingen mit seinem für Innenstadtkunden, für Tagesgäste, für dachten Organisations- und Finanzierungsmodell starken Ehrenamt gemeinsam mit der umtriebigen Pendler an der Bundesstraße – kurz: für alle. (hier: Stiftungsansatz mit Patronatserklärungen der Stadt-verwaltung nun auf dem richtigen Weg!“ Konkret bedeutet das: in Riedlingen wird künf- zentralen Akteure) der Gedanke der Dynamisierung tig der zentrale Fokus bewusst auf das Erschei- privater Finanzierungsanteile zugrunde: Zunächst Kornelia Eisele, erste Vorsitzende HGR, Frank Oster, nungsbild, die Qualität im Angebot und auf tat- übernimmt die Stadt einen weitaus größeren Finan- erster Vorsitzender RGW. sächlich „spürbare“ Besuchsgrunde gelegt. zierungsanteil, der aber im Zeitablauf anteilig und absolut zurückgefahren werden soll. Ein Wiederherstellen der „Nähe“ zwischen den eigentlichen Ortstei- len Riedlingens, den Gemeinden der Fazit: Verwaltungsgemeinschaft und der Letztlich ist das „Wie“ entscheidender als das „Was“. Der Standortmarketingprozess in Kernstadt – Riedlingen hat bereits neue Formen der Zusammenarbeit der Akteure vor Ort etabliert. Wei- tere Formen folgen in den nächsten Umsetzungsschritten. So wurde durch den strukturellen allein schon aus Marketingüberlegungen: Eine Aufbau die Nachhaltigkeit des Prozesses garantiert. Riedlingen hat durch die konsequente Orientierung der dispers verteilten Stadtteile aktive Beteiligung aller Akteure ein Konzept, das mit großer Wahrscheinlichkeit nicht in der zu Umlandkommunen bedeutet für die Ge- Schublade landen wird – weil es nie in einer Schublade war, sondern schon während des samtstadt Kaufkraftverluste. Dies kann aber Prozesses gelebt wird. nur revidiert werden, wenn sowohl emotional ein Wir-Gefühl aufgebaut wird, faktisch aber beispielsweise auch durch bessere ÖPNV-Tak- tungen hin zur Kernstadt auch tatsächlich eine „Binnenorientierung“ der Bevölkerung verein- facht wird. Riedlingen hat zudem das Glück, dass sich an und in der Innenstadt Flächen mit Möglichkeiten zur Entwicklung befinden. Deren Nutzungen sind allerdings sorgfältig abzuwä- gen – der Marketingansatz hat dies überhaupt erst ermöglicht.

Ein Wiederentdecken von Emotio- nen, Menschen und Geschichten:

Keine großen Highlights, aber tatsächliche be- sondere Begebenheiten sollen in den Fokus des Marketingansatzes gerückt werden – um in ei- ner ersten Phase überhaupt wieder so etwas wie Stolz und damit die Basis für ein selbst- Der Autor: Der Autor: bewusstes Außenmarketing zu legen. Beispiel: Marcus Oliver Schafft, Sebastian Vetter B.Sc., Riedlingen hat viele prägende Persönlichkeiten Bürgermeister der Stadt Riedlingen, imakomm AKADEMIE GmbH, in die Welt entlassen, so auch Herrn Frederick Kontakt: Bereich Strategische Kommunalentwicklung, Miller, Gründer der mittlerweile zweitgrößten [email protected] Kontakt: [email protected] 1Das Campo Bahia war das WM-Quartier der deutschen Natio- nalmannschaft. Kleine Wohngemeinschaften haben die Grup- pendynamik der Mannschaft entscheidend beeinflusst.

www.imakomm-akademie.de imakomm KONKRET | 2014 | 5 MARKT- UND STANDORTANALYSEN

Identitätsbasierte Innenstadtentwicklung Zurück zu den Wurzeln bringt Leben in den Standort. Das Beispiel Weil der Stadt

Nahezu jede Stadt bzw. Gemeinde hat Besonderheiten. Diese können ein ganz zentraler Schlüssel für die Profilierung im Wettbewerb mit anderen Kommunen sein – insbesondere für jene Städte, die mit starken Ober- und Mittelzentren im Umland „zu kämpfen“ haben. Entscheidend ist, dass diese authentischen Alleinstellungsmerkmale für Kunden, Einwoh- ner und Besucher erlebbar und wichtig sind – oder werden. Diesen Ansatz greift die Innenstadtoffensive Weil der Stadt auf. Das Besondere: Ein solcher Ansatz kehrt quasi zurück zu den Kernfragen einer jeden Stadt: Was sind unsere histo- rischen Wurzeln? Was zeichnet uns aus, was macht uns einzigartig? Wie können diese Wurzeln heute erlebbar gemacht werden? Zentrale Elemente einer Stadtentwicklung werden also ergänzt um den fundamentalen Aspekt der erlebbaren (!) Identität einer Stadt bzw. Innenstadt. Und dies ist leider in nur wenigen Städten tatsächlich der Fall. Ein Erfahrungs- bericht aus Weil der Stadt.

Die Ausgangssituation: Das Umland Die „neue Innenstadt“ – Wesentliche Funktionsräume / Besuchsgründe: holt die Kaufkraft lang Weil der Stadt, Unterzentrum mit 18.400 Einwohnern, liegt in der Nähe von größeren 5 Johannes-Kepler-Park Städten wie Böblingen, Sindelfingen und und Würmterrassen aber auch der Landeshauptstadt 11 Stuttgart und somit in einem sehr starken 3 Wettbewerbsumfeld. Aber auch kleinere 10 2 h 6 Kommunen im Standortumfeld arbeiten mit Hochdruck an ihrer Attraktivität, um die Gunst von Kunden, Besuchern und Neubürgern zu 1 2 4 gewinnen. Mit Erfolg: Die Kaufkraftbindungs- kurz kurz quote im Einzelhandel bei den Einwohnern 8 aus Weil der Stadt liegt bei niedrigen 55%, 9 die Zentralität bei 76%. Carlo-Schmid-Platz 10 7 Die Weil der Städter Innenstadt ist seit Jahren durch einen zunehmenden Funktionsverlust lang der Handelslagen gekennzeichnet. Mit gerade einmal 28% der Verkaufsfläche ist die Innen- Quelle: imakomm AKADEMIE, Stand: April 2014 stadt nur noch vergleichsweise schwach als Kartengrundlage: Einkaufsstandort. Durch den nur lückenhaften Glück+Jetter, Akkermann+Raff = Aufenthaltsqualität / Gastronomie = Touristische Infrastruktur = Kulturelle / Einwohner-orientierte Infrastruktur = V.a. Wohnfunktion Einzelhandels- und Dienstleistungsbesatz ist die Innenstadt für Kunden bzw. Besucher nicht = Eventfläche = größere Einzelhandelsprojekte = Wegeverbindungen attraktiv halten / machen einheitlich erlebbar, für Gewerbetreibende un- tereinander entstehen kaum Fühlungsvorteile. Grafik oben: Eine zentraler Baustein der Innenstadtentwicklung: Das funktionsräumliche Entwicklungskonzept. Dieses definiert Den innerstädtischen Platzlagen fehlt größten- die städtebauliche und funktionale Weiterentwicklung von innerstädtischen Teilräumen und versucht dabei, für unterschiedliche Zielgruppen unterschiedliche Besuchsgründe mit den jeweiligen Themen der Stadt (Kepler, freie Reichsstadt usw.) zu installieren. teils eine klare Funktion. Folgerichtig ist die Effekt: Die besonderen Themen der Stadt ziehen sich wie ein roter und erlebbarer (!) Faden durch die Innenstadt. Beispiele: Kundenfrequenz im Zentrum gering. Planetenkunstwerke, ein Weltraumspielplatz (Bereich 5) usw. Zudem Gastronomiebetriebe, die beispielsweise ein Kepler-Vesper anbieten. Wichtig: Auch die eigene Bevölkerung soll sich mit den „Wurzeln“ der Stadt beschäftigen. Bereits bestehende Thea- terspielgruppen sollen durch Aufführung kleinerer Theaterstücke die Vergangenheit der Stadt spürbar machen – auch hierfür Vor diesem Hintergrund haben die Stadt Weil sind Plätze eingeplant (Bereich 1), Schulklassen gestalten die Innenstadt beispielsweise durch Bemalung von Pflanzenkübeln mit der Stadt und der Gewerbeverein gemeinsam Weltraumthemen aktiv mit (Bereich 9). Übrigens: Die einzelnen Teilräume und Installationen wurden nicht zufällig platziert. Vielmehr mit der imakomm AKADEMIE eine so genannte stecken dahinter weitere Überlegungen der imakomm AKADMEIE und der Projektgruppe zu fußläufigen Distanzen, zu Einsehbar- keiten und Änderungen im bestehenden Parkraumkonzept. „Innenstadtoffensive“ erarbeitet. Gemeinsam mit Vertretern von Gewerbeverein, Einzelhan- del, Stadtverwaltung und weiteren Multipli- Die Chance: Authentische Themen le: Neben dem Status als Fasnetshochburg mit katoren und Bürger/innen sowie in enger Ab- sind da – sie werden von der Mehrzahl mehr als 40.000 Besuchern pro Jahr und einer stimmung mit der Stadtverwaltung wurde ein nur langsam vergessen… historisch gewachsenen Altstadt verfügt Weil der ganzheitliches Innenstadtentwicklungskon- Stadt als Geburtsort des Astronomen Johannes zept mit klaren strategischen Vorgaben und Das Besondere: Die Stadt hat authentische The- Kepler bereits heute theoretisch über einen ho- gezielten Maßnahmen in den Bereichen Städ- men – um damit das Potenzial, sich im Stand- hen Bekanntheitsgrad. Aber: Diese Potenziale tebau, Verkehr, Vermarktung, usw. erarbeitet. ortwettbewerb besser zu positionieren. Beispie- sind für unterschiedliche Zielgruppen kaum erleb-

6 | imakomm KONKRET | 2014 www.imakomm-akademie.de MARKT- UND STANDORTANALYSEN

Bild oben: Mehrere Teilräume der Innenstadt sollen Farben und Formen unterschiedlicher Planeten aufgreifen, beispielsweise auch bei der Illumination. So wird der Marktplatz das Thema „Sonne“ erhalten – und entsprechend in warmen gelb-Tönen einmal illuminiert werden. Bild links: Beteiligung ist wichtig – sonst gelingt eine identi- tätsbasierte Innenstadtentwicklung nicht. So könnte ein von Schulklassen gestalteter Innenstadtbereich einmal aussehen: Via „Marsmännchen“ wird der Weg zwischen Parkhaus und Altstadt „verkürzt“.

Zentrale Elemente einer Innenstadtentwicklung werden also ergänzt um den fundamentalen Aspekt der erlebbaren (!) Identität einer Stadt bzw. Innenstadt.

Architekten und Planer würden erwidern: „Aber identitätsbildende Architektur wird doch schon immer umgesetzt“. Stimmt. Nur pro- vozierend formuliert: „Ein neuer Brunnen mit Kepler-Standbild würde nur Wenige wirklich interessieren und nicht zu mehr Frequenz führen“. Daher umfasst der Ansatz in Weil der Stadt u.a. folgende Aspekte: und erkennbar. Weder im öffentlichen Raum noch in „Der Ansatz in Weil der Stadt: den Ladenlokalen und auch nicht in der Kommuni- Die Wurzeln spürbar und wichtig • Gestaltung des öffentlichen Raums mit den kation der Akteure. Die Themen sind bekannt, aber machen.“ authentischen Themen – abgestimmt auf nicht wirklich mehr „auf dem Schirm“. Beleg liefert unterschiedliche Zielgruppen (Kinder, Ju- eine ebenfalls durchgeführte Kundenbefragung, an Wie die Analyse gezeigt hat, sind in Weil der gendliche usw.). der sich über 1.100 Personen beteiligt haben: As- Stadt Potenziale durchaus und auch nach- soziationen liegen durchaus in diesen Themen. Als weisbar da – allerdings ist keines bisher zu • Gestaltung des öffentlichen Raums teilweise Stärke wurden sie aber kaum genannt. einem echten Wettbewerbsvorteil ausgebaut. auch durch die Bürger/innen. So sollen bei- Die Strategie verfolgt genau dies. Echte Be- spielsweise durch Schulklassen Blumentöpfe Folgerichtig muss aber genau hier angesetzt wer- suchsgründe sollen zu einer Verlängerung der mit dem Thema Weltraum bemalt werden. den, denn: Allein über das Angebot kann die Stadt (bisher auffallend kurzen) Aufenthaltsdauer nicht mit dem Umland mithalten. Historisches wie führen und Kundengruppen wieder zurück in • Sicherlich auch mit einem Augenzwinkern soll mit Gebäude usw. sind mit Ausnahme von Tages- und die Stadt holen. den Themen auch Genuss verbunden werden. So Übernachtungsgästen für Kunden kaum Besuchs- werden beispielsweise „Kepler-Pralinen“ kreiert grund. Also müssen die tatsächlich vorhandenen Die Innenstadtoffensive kehrt quasi zurück zu – quasi Verwandte der Mozart-Kugeln… Themen neu und zielgruppenspezifisch erlebbar den Kernfragen einer jeden Stadt: Was sind un- gemacht werden. Dadurch entsteht mehr Kun- sere historischen Wurzeln? Was zeichnet uns aus, • Selbstverständlich wird das Thema auch denfrequenz – und somit auch die notwendige was macht uns einzigartig? Und nun eben – an- tatsächlich vermarktet – durch Werbemittel Bedingung, Lücken im Angebot überhaupt wieder ders als in vielen Städten – die Frage: Wie können (beispielsweise Tüten) mit entsprechenden schließen zu können. diese Wurzeln HEUTE erlebbar gemacht werden? Aufdrucken.

www.imakomm-akademie.de imakomm KONKRET | 2014 | 7 MARKT- UND STANDORTANALYSEN

Bild:: Wunderschöner Rahmen, aber fehlende Funktionen von innerstädtischen Platzlagen. Der Marktplatz wird derzeit ausschließlich als Parkplatz genutzt. Das soll sich ändern. Zukünftig sollen getrennte und abgestufte Bereiche entstehen und eine Reduzierung der Parkierungsfläche auf dem Marktplatz zugunsten von Außengastronomie und hoher Aufenthaltsqulität erfolgen.

Fazit: Bei der Innenstadtoffensive Weil der Stadt handelt es sich zunächst keineswegs um einen neuen Ansatz der Innenstadtentwicklung, sondern vielmehr um die Rückkehr zu den Kernfragen jeder Stadt: Was sind unsere historischen Wurzeln? Was zeichnet uns also aus und was macht uns einzigartig? Und nun eben – anders als in vielen Städten – die Frage: Wie können diese Wurzeln HEUTE erlebbar gemacht werden? Zentrale Elemente einer Innenstadtentwicklung werden also ergänzt um den fundamentalen Aspekt der erlebbaren (!) Identität einer Stadt bzw. Innenstadt. Gerade bei einer solchen identitätsbasierten Innenstadtentwicklung muss es sich um einen integrierten bzw. ganzheitlichen Ansatz handeln. Die Identität darf sich schließlich nicht „nur“ im öffentlichen Raum widerspiegeln. Nach wie vor müssen also neben den Bereichen Einzelhandel und Verkehr Fragen der Vermarktungsstrukturen gelöst werden. Auch bedarf es bei einem Fokus auf städtebauliche Fragestellungen bewusst auch kurzfristig umsetzbarer Maßnahmen. Wird dies berücksichtigt, scheint sicher: Eine identitätsbasierte Innen- stadtentwicklung wird zur langfristigen Profilierung der Stadt / Gemeinde führen. Und: Der Prozess hierfür erfordert Mut und Konsequenz. Er ist aber möglich, bietet auch scheinbar „im Wettbewerb abgehängten Kommunen“ neue Perspektiven und mach sogar Spaß! Das Beispiel Weil der Stadt ist Beleg hierfür.

8 | imakomm KONKRET | 2014 www.imakomm-akademie.de MARKT- UND STANDORTANALYSEN

Bild: Blick auf die Würm und Teile der historischen Altstadt – zwei wesentliche Highlights in Weil der Stadt. Die Innenstadtoffensive definiert Maßnahmen, die diese Attraktionen stärker in Szene setzen. Dabei geht es um Marketingansätze aber auch um städtebauliche Maßnahmen (Schaffung von Besuchsgründen), jeweils aber mit Bezug auf authentische Alleinstellungsmerkmale in Weil der Stadt.

Der Autor: Der Autor: Der Autor: Thilo Schreiber, Dipl.-Geograph Stephan Mayr, Dipl.- Geograph Matthias Prüller, Bürgermeister Stadt Weil der Stadt, imakomm AKADEMIE GmbH, imakomm AKADEMIE GmbH, Kontakt: Bereich Markt- und Standortanalysen, Bereich Markt- und Standortanalysen, [email protected] imakomm AKADEMIE GmbH, Kontakt: Kontakt: [email protected] [email protected]

www.imakomm-akademie.de imakomm KONKRET | 2014 | 9 MARKENSTRATEGIEN

Markenstärke von 60 deutschen Städten erhoben

Stadtmarken sind die nächste Generation im Stadtmarketing. Die Ermittlung der Markenstärke von Städten kann zu Analyse- und Controllingzwecken eingesetzt werden und liefert wertvolle Ansatzpunkte für die Markenführung. Die ima- komm AKADEMIE hat 4.000 Bürger/innen zu ihrer Wahrnehmung von 60 ausgewählten deutschen Stadtmarken befragt und eine neue, einzigartige Studie erstellt.

Der Städte- und Shoppingtourismus boomt. Die als Marken beschäftigen. Zu wissen, wie die ei- Das von uns beauftragte Marktforschungs- Urbanisierung und der Zuzug der Menschen vom gene und andere Stadtmarken wahrgenommen unternehmen Produkt und Markt Marketing Land in die Städte schreitet trotz – oder wegen – werden, ist essenziell wichtig. Die zahlreichen, Research GmbH & Co. KG führte im April des demografischen Wandels unaufhörlich voran. sekundärstatistischen Städterankings können und Mai 2014 eine bevölkerungsrepräsenta- Fachkräfte suchen sich ihre Arbeitgeber verstärkt dies nicht leisten. Sie liefern zwar eine Menge an tive Online-Befragung bei insgesamt 4.019 danach aus, in welcher Stadt sie (mit ihrer Fami- „objektiven“ Indikatoren und Zahlen, Daten, Fak- Probanden durch. Diese Gesamtanzahl teilt lie) zukünftig arbeiten und wohnen wollen und die ten über die Stärke „auf dem Papier“, aber eben sich auf in eine Bundesstichprobe mit 2.001 Standortwahl von Unternehmen wird stark beein- nicht über die Aspekte, die die Entscheidungen Befragten und zusätzliche Landesstichpro- flusst vom Image der Stadt und der Region. Hun- im Alltag maßgeblich prägen: die Einstellungen, ben mit insgesamt 2.018 Personen, davon derttausende, wenn nicht Millionen von Menschen Vorurteile und Meinungen in den Köpfen der jeweils rund 700 aus Baden-Württemberg treffen permanent Entscheidungen für und gegen Menschen über die Städte. und Bayern sowie jeweils rund 300 aus Hes- bestimmte Städte. Das von einer Stadt bestehen- sen und Rheinland-Pfalz. Befragt wurden die de (Vor)Urteil spielt dabei eine wichtige Rolle, un- Die wenigen Stadtmarkenerhebungen, die es Nicht-Einwohner der 60 Städte, um bewusst abhängig davon, ob dieses Image möglicherweise gibt, werden zwar auch in Form von Rankings nur die Fremdbilder zu erheben. Um das Kon- faktisch völlig „falsch“ ist. erstellt, grenzen sich aber von den kennzahlen- zentrationsniveau der Befragten und das Qua- basierten Städterankings dadurch ab, dass sie litätsniveau der Ergebnisse hoch zu halten, Bei diesen Entscheidungen werden Städte als Primärerhebungen sind, d.h. durch Befragungen erhielt jeder Proband exakt zehn Städte per Marken wahrgenommen. Städte sind auch aus von Menschen zustande kommen. Im internati- Zufallsgenerator vorgelegt. So wurde sicher- wissenschaftlicher Sicht unstrittig Marken. Es gibt onalen Kontext misst z.B. der „Anholt-GfK-Roper gestellt, dass jede Stadt von 330 Personen aus starke und schwache Stadtmarken, die gut oder City Brands-Index“ das Marken-image von 50 der Bundesstichprobe sowie zusätzlich 300 (in schlecht geführt werden. Starke Stadtmarken sind Metropolen weltweit; aus Deutschland ist nur Hessen und Rheinland-Pfalz) bzw. 350 Perso- die, die bei den Menschen durch eine positive Be- Berlin dabei. Alle zwei Jahre werden rund 5.000 nen (in Bayern und Baden-Württemberg) aus sonderheit im Gedächtnis verankert sind, denen Personen in einer Online-Erhebung befragt. Lon- der Landesstichprobe bewertet wurden. sie eine hohe Lebensqualität zuschreiben, die sie don, Sydney, Paris, New York und Rom hießen als sympathisch, stark und schön erleben – oder letztes Mal die Sieger. Im nationalen Kontext gibt Der imakomm-Stadtmarkenatlas besteht aus bei einer ihnen unbekannten Stadt zumindest ver- es nur den „Brandmeyer Stadtmarken-Monitor“. mehreren Teilen, von denen wir hier in diesem muten, dass dies so ist – und denen sie vertrau- 2010 wurden bundesweit 2.002 Personen zu al- Artikel den Hauptteil, die Ermittlung des ima- en, dass dies auch zukünftig so sein wird. Starke len deutschen Städten über 250.000 Einwohnern komm-Markenstärke-Index für Städte (IMX-S), Stadtmarken beeinflussen unsere Entscheidun- sowie den Landeshauptstädten – insgesamt 34 herausgreifen. Der Index setzt sich aus elf gen und lenken unser Verhalten. Städte – befragt. Stärkste Stadtmarke war Mün- gleich gewichteten Komponenten zusammen, chen vor , Berlin, Dresden und Köln. Den die wir auf Grundlage des aktuellen Wissens- Die Markenführung von Städten ist die nächste Stadtmarken-Monitor-Autoren Peter Pirck und standes in den Bereichen Markenstärke- und Generation im Stadtmarketing. Unserer Erhe- Klaus-Peter Franzen kommt das große Verdienst Markenimagemessung, Place-Branding und bung zufolge dürften sich bereits zwei Drittel zu, mit ihrer Arbeit das Thema „Städte als Marken“ Stadtforschung ausgewählt haben. Darunter aller deutschen Städte mit dem Thema Städte in Deutschland deutlich vorangebracht zu haben. sind die Markenbekanntheit, Sympathie, Ein- zigartigkeit, Klarheit, Qualität und das Vertrau- en in die Marke. Die Befragten sollten ihren Grad der Zustimmung auf einer Skala von 1 Fazit: bis 10 eintragen. Die Markenstärke kann hier Die wenigen Stadtmarken-Rankings untersuchen nur große Städte ab 250.000 Einwohner. insgesamt einen Maximalwert von 100 Punk- Übergreifende empirische Daten zu Städten mit weniger Einwohnern existieren nicht. Die- ten erreichen. Neben der Erstmaligkeit der Er- se Forschungslücke war der Anlass, ein neuartiges Stadtmarken-Ranking zu erstellen, das hebung weist die Studie eine weitere Beson- auch Städte mit weniger Einwohnern einbezieht. Uns interessiert, wie neben München, Stutt- derheit und Neuheit auf. Wir werten nicht nur gart, Frankfurt oder Mainz beispielweise die Stadtmarken Heidelberg, Passau, Marburg oder differenziert nach drei Altersklassen aus, son- Trier wahrgenommen werden. Aus Praktikabilitätsgründen zogen wir eine Untergrenze bei ca. dern auch danach, wie die Städte zum einen 50.000 Einwohnern; bundesweit gibt es rund 200 Städte, die über dieser Grenze liegen. Da von den Bundesbürgern und zum anderen von eine Vollerhebung kaum machbar ist, nahmen wir Bundesländer als Bezugsrahmen. Wir kon- den Bewohnern aus dem Bundesland, beurteilt zentrieren uns dabei zunächst auf Bayern und Baden-Württemberg, für die wir die jeweils werden. Zum Teil sind hierbei erstaunliche Un- zwanzig größten Städte untersuchten, sowie auf Hessen und Rheinland-Pfalz, für die wir die je- terschiede festzustellen. weils zehn größten Städte analysierten. Für jedes Bundesland liegt ein eigener Berichtsband vor.

10 | imakomm KONKRET | 2014 www.imakomm-akademie.de MARKENSTRATEGIEN

Im Vergleich der Markenstärke der größten Städte in den vier untersuchten Bundesländern zeigt sich, dass die Befragten aus dem Bundesgebiet die durchschnittliche Markenstärke der bayerischen Städte höher einschätzen (66,8 Punkte) als die der baden-württembergischen (66,1 Punkte), der rheinland-pfälzischen (65,6 Punkte) und der hessischen Städte (64,2 Punkte).

Grafik: Hier beispielhaft die wichtigsten Ergebnisse für Bayern: Die stärkste Stadtmarke unter den zwanzig größ- ten bayerischen Städten ist – nicht gänzlich unerwartet – München. Die bayerische Landeshauptstadt ist sowohl aus Sicht der bundesweit Befragten (82,0 Punkte) wie auch aus Sicht der bayerischen Einwohner (84,0 Punkte) bei (fast) allen Auswertungen auf Platz 1. Was überrascht, ist die Deutlichkeit des Vorsprungs. München spielt in einer eige- nen Liga, für die die Bezeichnung „Champions League“ fast schon eine Untertreibung wäre. Die spannende Frage ist: Wer belegt die weiteren Spitzenplätze hinter der Weltstadt mit Herz? Quelle: imakomm-Stadtmarkenatlas Bayern, 2014.

imakomm AKADEMIE eröffnet Büro in Stuttgart

Die imakomm AKADEMIE wächst und eröffnet ein weiteres Büro in Stuttgart. Nachdem bereits im Juli das Regionalbüro Rheinland-Pfalz seine Tätigkeit aufnahm, das jedoch vom Büro Aalen aus betreut wird, eröffnete die imakomm AKADEMIE am 1. September das neue Büro Stuttgart.

In Stuttgart-Plieningen, einen Katzensprung von der Autobahn A8, dem Flughafen und der Landesmesse Baden-Württemberg ent- fernt, wird unter der Leitung von Dr. Bernd Radtke der Geschäftsbereich Markenstrate- gien angesiedelt. Von dort aus werden alle Markenprojekte für Städte, Kommunen, öf- fentliche Institutionen und kleine und mittle- re Unternehmen betreut. Eine enge Verbin- dung mit dem Hauptsitz Aalen, der weiterhin als Zentrale und Herzstück der imakomm AKADEMIE bestehen bleibt, ist auch zukünf- tig gewährleistet.

Die Adresse des neuen Büros: imakomm AKADEMIE, 70599 Stuttgart-Plieningen, Echterdinger Straße 30, Tel.: 0711 / 96 89 79 - 27, Fax: 0711 / 96 89 79 - 30, Das Team in Stuttgart-Plieningen: Elias Henrich, Dr. Bernd Radtke, Dipl.-Geographin Mareike Merx Mail: [email protected]

www.imakomm-akademie.de imakomm KONKRET | 2014 | 11 MARKENSTRATEGIEN

Beispiel Bayern: Aus Bundessicht ist Nürnberg die zweitstärkste bayerische Stadtmarke, gefolgt von Augsburg. Die drei mit Abstand größten bayerischen Städ- te werden somit auch als stärkste bayerische Stadtmarken wahrgenommen. Auf Platz 4 steht mit Würzburg ebenfalls eine Großstadt; auf Platz 5 folgt jedoch als große Überraschung mit Passau eine mit rund 50.000 Einwohnern vergleichsweise kleine, aber tourismusstarke Stadt. Regensburg als viertgrößte Stadt folgt auf Rang 6. Die anderen drei Großstädte schneiden bescheiden bis ziemlich unterdurchschnittlich ab: Ingolstadt auf Rang 11, Erlangen auf Rang 15 und Fürth auf Rang 19. Die weiteren Schlusslichter sind Hof und Schweinfurt.

Aus Sicht der bayerischen Befragten ergeben sich einige bemerkenswerte Abweichungen. Zwar ist auch für sie München ganz vorne, doch dahin- ter auf Rang 2 kommen Nürnberg und gleichauf überraschenderweise Regensburg, das bei den bayerischen Bürgern deutlich besser abschnei- Im Folgenden stellen wir weitere ausgewählte zwanzig größten bayerischen Städten. Was det als bei den Bundesbürgern. Passau auf Platz Ergebnisse vor, wobei wir aus Platzgründen bereits auf den ersten Blick eine kleine Sen- 4 klettert sogar nochmals einen Rang höher als nur auf drei der elf Komponenten der Marken- sation darstellt, wird beim zweiten hinschauen in der Bundesstichprobe. Die fünftstärkste Stadt- stärke eingehen können. noch dadurch untermauert, dass Regensburg marke ist in der Wahrnehmung der bayerischen bei den ab 65-Jährigen alleine auf Platz 1 des Einwohner Bamberg, gefolgt von Würzburg. Augs- Die sympathischsten der zwanzig größten Sympathieranking liegt - sogar relativ deutlich burg wird von den bayerischen Befragten deutlich bayerischen Städte sind in den Augen der vor München. Insgesamt belegen aus bayeri- schlechter bewertet als von den bundesweit Be- bundesweit Befragten München, Nürnberg, scher Sicht Nürnberg, Passau, Bamberg und fragten und kommt nur auf Rang 7. Die hinteren Augsburg, Würzburg, Passau und Regensburg. Würzburg die Plätze 3 bis 6. Plätze belegen Neu-Ulm, Schweinfurt und Hof. Bei den ab 65-Jährigen belegt Würzburg sogar Erwähnenswert ist, dass bei der Zielgruppe der Platz 2. Aus der Perspektive der bayerischen Bei der Frage „Wer wird als schönste Stadt un- 14- bis 29-Jährigen Ingolstadt als fünftstärkste Einwohner hingegen ist Regensburg gleichauf ter den zwanzig größten bayerischen Städten Stadtmarke eingeschätzt wird. mit München die sympathischste unter den wahrgenommen“ kommt aus Sicht der Bundes-

Bild links: DIE Stadtmarke in Bayern: München Bild rechts: „Bayerischer Vizemeister“ gemäß imakomm-Stadtmarkenatlas: Nürnberg

12 | imakomm KONKRET | 2014 www.imakomm-akademie.de MARKENSTRATEGIEN

Bild oben: Passau stichprobe München auf Platz 1, danach folgen und Umsetzungsphase interessante Ansatzpunkte Nürnberg, Augsburg und Würzburg. Regensburg für die Vermarktung oder Entwicklungsprojekte und Passau belegen zusammen Rang 5. In den einer Stadt bringen. Die vorgestellte Studie macht Augen der Probanden aus Bayern ist nach Mün- deutlich, dass Markenstärkeerhebungen nicht nur chen Regensburg die zweitschönste Stadt unter für Metropolen und große Städte, sondern auch den zwanzig größten bayerischen Städten, vor für Mittelstädte durchgeführt werden können. Passau, Nürnberg, Bamberg und Würzburg. Be- merkenswert: Die 14- bis 29-jährigen Bayern schätzen Rosenheim als fünftschönste Stadt ein – ob die gleichnamigen TV-Cops hierbei ei- Info-Kasten: nen Beitrag leisten? imakomm - Stadtmarkenatlas

Das höchste Vertrauen in eine positive Zu- • Für jedes der vier Bundesländer gibt es kunftsentwicklung unter den zwanzig größten einen eigenen imakomm-Stadtmarkenatlas. bayerischen Städten haben die Bundesbürger in München, Nürnberg und Augsburg, gefolgt • Die 212- bzw. 252-seitigen imakomm- von Würzburg, Passau und Regensburg. Über- Stadtmarkenatlanten mit allen Detail- raschend kommen bei den jüngeren Bun- auswertungen zur Markenstärke und desbürgern (14- bis 29-Jährige) Erlangen ihren Komponenten, einer Zusatzaus- auf Platz 4 und Freising auf Platz 6. Auch die wertung mit der Gegenüberstellung von bayerischen Einwohner attestieren München Markenstärke und Substanzstärke, die höchste Zukunftsfähigkeit, danach folgen die für alle Städte aus „objektiven“ Der Autor: Nürnberg und Regensburg sowie Augsburg Kennzahlen ermittelt wird, sowie Dr. Bernd Radtke, und Ingolstadt, wobei hier die wahrgenomme- den Markenprofilen der untersuchten imakomm AKADEMIE GmbH ne wirtschaftliche Stärke Ingolstadts (Platz 2 Städte können online auf der Website geschäftsführender Gesellschafter, in der Bewertung der Landesstichprobe) eine www.imakomm-akademie.de bestellt Kontakt: große Rolle spielt. werden. [email protected] Zusammenfassend kann konstatiert werden, • Ferner werden die Methodik, Ergebnisse dass die Erhebung der Markenstärke in der Ana- und Anwendungsmöglichkeiten in vier lysephase eines Stadtmarkenprozesses wichtige dezentralen Veranstaltungen in Rhein- und neue Erkenntnisse für die Stadtmarketing- land-Pfalz (16.10.), Bayern (29.10.), verantwortlichen liefern kann und in der Cont- Baden-Württemberg (06.11.) und Hessen rollingphase für das Reporting von Markenfüh- (18.11.) vorgestellt. Die Veranstaltungsorte rungs-Zielerreichungsgraden an die politischen sowie die Anmeldemodalitäten erfahren Entscheidungsträger bestens geeignet ist. Zudem Sie ebenfalls auf der imakomm-Website. können die Erkenntnisse auch in der Strategie-

www.imakomm-akademie.de imakomm KONKRET | 2014 | 13 STRATEGISCHE KOMMUNALENTWICKLUNG

„Synchrones Citymanagement“: Schlaglichter aus dem praxisorientierten Aufbau eines Citymarketing in Günzburg

Der Titel des Projektes in Günzburg – „Umsetzungsoffensive Citymanagement Günzburg“ – deutet es schon an: Mit viel Elan von verschiedenen Beteiligten sollen zielorientiert Umsetzungsstrukturen (Management) für ein Citymarketing aufgebaut werden. Doch dafür schien von Beginn an ein lehrbuchhaftes Vorgehen in Form einer deduktiven Ableitung von Visionen, dann Zielen, dann Inhalten und schließlich erst Strukturen nicht geeignet, weil zu langwierig. Andererseits wäre die unmittelbare Suche nach einem „Kümmerer“, ohne zunächst Schwerpunkte der Inhalte festzulegen, reiner Aktionismus und zum Scheitern verurteilt. Die Kunst besteht in einem parallelen Vorgehen aus Ableitung einer Strategie und zeitgleicher Definition von Strukturen und parallelem Umsetzen von Maßnahmen. So entsteht gewissermaßen ein „synchrones Citymanagement“, das üblichen Ansätzen widerspricht. Schlaglichter aus der Stadt Günzburg.

Die Ausgangssituation: Gleiche Ziele, Die Vorgehensweise: Strategie, Struk- unterschiedliche Vorstellungen über tur und Finanzierung eines Cityma- Info-Kasten: Zeitlich komprimierte ein Citymanagement nagements erarbeiten und parallel be- Schritte auf dem Weg zur Lösung reits Maßnahmen umsetzen für das Citymanagement Günzburg Bereits im Jahr 2012 wurde die Stadt Günzburg in das Städtebauförderprogramm „Leben findet innen Im Vergleich zu „üblichen“ Ansätzen war die Vorge- • Auf Basis einer komprimierten Analyse Stadt“ aufgenommen. Klares Ziel dabei ist die Stär- hensweise im Projekt entsprechend der individuel- wurden bisherige Ansätze und Aufga- kung und Entwicklung der Innenstadt in Kooperati- len Ausgangssituation eine andere. Von Beginn an benverteilungen sowie Anregungen zu on von privater und öffentlicher Hand. Um dies zu gab es einen klaren Schwerpunkt auf die praxiso- zukünftigen Aufgaben im Innenstadtmar- erreichen, sind in Günzburg beste Voraussetzun- rientierte Umsetzung. Auch aufgrund des optimalen keting von Günzburg erfasst. gen gegeben: Wirtschaftsvereinigung und Stadt- Wechselspiels zwischen Vorarbeit der imakomm verwaltung möchten das Beste für die Innenstadt AKADEMIE und den konzentrierten und konstrukti- • Darauf aufbauend wurden dann Lösun- und ziehen somit an einem Strang. Klar ist auch, ven Diskussionen und Ergänzungen in den Projekt- gen für optimale Inhalte und Aufgaben dass beide hohe Erwartungen an eine effiziente gruppen (mit Vertretern aus der Wirtschaft, Stadtrat sowie eine Einbindung eines Cityma- und schnelle Umsetzung haben – „geredet“ wurde und Stadtverwaltung), stand das Ergebnis für die nagements in die bisherigen Strukturen schließlich lange genug. Dabei trafen gleichzeitig Umsetzungsoffensive Citymanagement Günzburg sowie die Finanzierung eines hauptamt- aber auch zunächst verschiedene Vorstellungen ungewöhnlich schnell fest. lichen Citymanagers definiert. Bewusst hinsichtlich der zukünftigen Inhalte und Strukturen wurde im Projekt der Ansatz „Inhalt vor eines Citymanagements aufeinander. Diese galt es Das heißt: Kein langer, für die Beteiligten ermüden- Form“ verfolgt: Im ersten Schritt wurden kooperativ zu diskutieren und auf einen oder auch der, weil ohne „sichtbare Ergebnisse“ verlaufender inhaltliche Schwerpunkte eines künftigen mehrere gemeinsame „Nenner“ zu bringen. Prozess. Sondern eine effiziente Vorgehensweise Innenstadtmarketings definiert, um dann aus einem Wechselspiel zwischen konzeptioneller die künftige Organisationsstruktur und Arbeit und parallel schon Umsetzung von Maßnah- weitere Rahmenbedingungen zu erarbei- men – die Beteiligten konnten also den Nutzen neu- ten. Bei den Inhalten wurden nicht allein er Strukturen vorab (!) schon sehen. Der imakomm Themen des künftigen Citymanagements, AKADEMIE kamen dementsprechend die Aufgaben sondern ganz konkrete Maßnahmen de- zu, einerseits die konzeptionelle Ausarbeitung für finiert. Diese wurden noch während der die Hauptaufgaben des Citymanagements zu erar- konzeptionellen Phase vereinzelt umge- beiten. Andererseits war es von großer Bedeutung, setzt („projektbegleitende Aktionen“). schnell – schon während der konzeptionellen Pha- se – Sichtbares zu zeigen. Denn: In der Stadt Günz- Bild oben: Gemeinsame Stärke: öffentlich-privates Kooperationsmo- burg hatte es bereits in der Vergangenheit Ansätze • Im Rahmen von nur zwei Projektgrup- dell. Das Projekt „Umsetzungsoffensive Citymanagement Günzburg“ sowie die weitere Umsetzung werden im Städtebauförderungspro- für ein Stadtmarketing gegeben, deren Umsetzung pensitzungen wurden die inhaltlichen gramm „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren – Leben findet innen aber letztlich nicht erfolgte. Das heißt, bereits bevor Schwerpunkte für das künftige Cityma- Stadt“ mit Mitteln des Bundes und des Freistaats Bayern gefördert. die zukünftigen Umsetzungsstrukturen eingerichtet nagement Günzburg und die Organisa- waren – bekanntlich gehen für eine Vereinsgrün- tionsstruktur festgelegt. Darüber hinaus dung, Stellenausschreibung etc. einige Monate ins wurden selbstverständlich – gerade auch Land – wurde mit der „Praxis“ soweit möglich be- für die projektbegleitenden Aktionen – reits begonnen. noch weitere Abstimmungsgespräche mit Bild links: Aktion Osterfrühstück: Ein buntes Bild gab es, als verschiedenen Institutionen wie Vertretern mehr als 30 Geschäfte in der Günzburger Innenstadt ihren der Stadtverwaltung und dem Vorstand Kunden in der Woche vor Ostern ein kostenloses Osterfrühstück anboten. Diese Aktion der Wirtschaftsvereinigung und der Stadt der Wirtschaftsvereinigung bzw. dem Günzburg wurde mit Unterstützung der imakomm AKADEMIE Handelsausschuss Günzburg geführt. durchgeführt – ganz bewusst während der konzeptionellen Phase des Aufbaus eines Citymanagemnets.

14 | imakomm KONKRET | 2014 www.imakomm-akademie.de Umsetzungsoffensive Citymanagement Günzburg Günzburg / Aalen, Mai 2014

STRATEGISCHE KOMMUNALENTWICKLUNG

Kümmerer / 1. Ansprechpartner für die Innenstadt

(1) „Ansiedlungs- (2) Aufbau (3) Events / (4) Gestaltung & (5) Leben und offensive“ Netzwerk Marketing- Erreichbarkeit Wohnen in der S c Innenstadt aktionen Innenstadt h w

u.a. Branchenmix Themen wie: e r

verbessern, Leerstand u.a. Kommunikation, u.a.: Kaufkraft- Parken (Ideen), Altstadt- Projekte mit p u

vermeiden, sinnvolle Motivation, Nutzen Kopplung / Wegeführung, der Bürgerschaft. nkte Zwischennutzungen, für die Mitglieder,… Verkaufsförderung/ Beschilderung,… Ziel: Identifikation,…

Flächenmanagement,… Öffentlichkeits- Impulsgeber und Impulsgeber und arbeit,… Vermittler Vermittler

„Amts- „Immo- Federfü hrung Arbeitsgruppe inkl. Arbeitsg ruppe, Arbeitsgr uppe mit leiter- runde“ Citymanage ment, Wirtsc hafts- Stadtbaua mt als Bürgersc haft und O R G runde“ (Arbeits- Kooperat ion Wirt- vereinigung und regelmäßi ger „Gast“ Stadtbau-/ O rdnungsamt

kreis) schaftsver einigung, Stadtverwa ltung u.a. z.T. als „Gast“ A regelmäßig Ämter Jour

fixe

Schwerpun kt der Aufgaben (vor allem im 1. Jahr) – und weiter darauf Wichtige Aufgaben – jedoch erst a n 2. Stelle aufbauend bzw. als „Ideengeber“

Grafik: Modell zu Umsetzungsschwerpunkten/Organisation/ 1 von 33 Funktion Citymanager. Die Besonderheiten hier: Die Aufga- ben im Citymanagement wurden klar definiert und auch in Fazit: ihrer zeitlichen Umsetzung priorisiert. Die Art der Umsetzung variiert je nach Thema. Erfolgreiche Innenstadtmarketingkonzepte funktionieren nicht ohne einen passgenauen Ansatz, in dem die jeweilige Situation vor Ort ihre Berücksichtigung findet. Die intensive dabei aber zeitlich komprimierte Zusammenarbeit mit Wirtschaft, Stadtverwaltung und Politik in zwei Projektgruppensit- zungen konnte die zeitlichen Ressourcen schonen. Mit der Definition der Aufgaben im Citymanage- ment vorab, können bereits im Voraus unterschiedliche Vorstellungen und Ansprüche an ein Cityma- Kooperative Finanzierung bringt nagement und so der Effekt der Überforderung einer „Eierlegenden Wollmilchsau“ weitestgehend „Spielgeld“ abgewendet werden. Erfolg hat das Modell aber auch gerade dann, wenn alle Beteiligten von Beginn an aktiv für die Idee der Zusammenarbeit werben – und dabei über einen „synchronen Ansatz“ aus Ob der Fülle der Aufgaben war schnell klar: Es muss konzeptioneller Arbeit und paralleler (!) Umsetzung von Maßnahmen den Nutzen neuer Strukturen einen hauptamtlichen „Kümmerer“ für die Themen bereits belegen kann! der Günzburger Innenstadt geben. Und: Ein City- management funktioniert selbstverständlich nicht ohne eine Finanzierung und damit „Spielgeld“ für die Umsetzung von Projekten. Dabei wurde sich ganz nach dem kooperativen Ansatz des Förder- programms auf ein Finanzierungsmodell geeinigt: Für jeden Euro aus der Wirtschaft legt die Stadt Günzburg einen Euro drauf! Damit entsteht gleich- zeitig auch der Anreiz, weitere Mitglieder zu wer- ben. Die hervorragende Ausgangslage ist in diesem Fall außerdem, dass einzelne Maßnahmen in der Startphase auch über Mittel des Förderprogramms unterstützend finanziert werden können. Und auch die Wirtschaftsvereinigung hat ein Zeichen gesetzt: Für die ersten Jahre wird hier ein großer Beitrag zur „Anschub-Finanzierung“ geleistet. Der Autor: Die Autorin: << Jetzt zählt´s! >> Gerhard Jauernig, Mareike Merx, Oberbürgermeister, Stadt Günzburg, imakomm AKADEMIE GmbH, Um das Konzept „rund“ zu machen, steht nun als Kontakt: Projektleiterin Strategische wesentlicher weiterer Schritt die Informations- und [email protected] Kommunalentwicklung, Gründungsveranstaltung für den neuen Cityverein Kontakt: Günzburg an. Damit dann möglichst zeitnah auch der [email protected] hauptamtliche „Kümmerer“ eingesetzt werden kann.

www.imakomm-akademie.de imakomm KONKRET | 2014 | 15 STRATEGISCHE KOMMUNALENTWICKLUNG

Gewusst, WIE! Gedanken zur Methodik von Stadtent- wicklungsprozessen

Die Methodik bei Stadtentwicklungsprozessen ist weitestgehend etabliert, gleichzeitig ändern sich die Anforderungen an Beteiligungsprozesse immer mehr. Bisherige Methoden erreichen die Bürgerschaft zu wenig, scheinen teilweise wenig motivierend. Ergebnis: Geringe Beteiligung, wenig echte Impulse aus entsprechenden Prozessen heraus. Gerade deshalb sind neue Ideen und kreative methodische Ansätze gefragt, um der berechtigten Forderung nach mehr – eigentlich eher „anderer“ – Bürgerbeteiligung gerecht zu werden.

Bekannte Ausgangssituation: Beteili- • Gleichzeitig überfordern manche Themen die bringen zu können bei der Erarbeitung von gung ja, aber die schweigende Mehr- „Nicht-Experten“. Also macht ein Beteiligen Themen/Maßnahmen. Gleichzeitig muss aber heit bringt sich nicht ein keinen Sinn bzw. stellt eine Barriere dar = auch ein Gremium bestehen, das die Gedan- „Da-kann-ich-eh-nichts-zu-sagen-Syndrom“. ken der Bevölkerung zielorientiert verarbeite, Im Verlauf eines Stadtentwicklungskonzeptes um sie dann einer Weiterbearbeitung wieder ist es fundamental, einen möglichst breiten • Sprachbarrieren und kulturelle Barrieren hin- zuzuführen. Der Prozess muss also „atmen“, Teil der Bevölkerung mit einzubeziehen. Nur dern gleichzeitig viele Bürger/innen daran, sprich permanent wechseln zwischen zielo- dann gelingt eine Berücksichtigung guter Ide- sich in den bestehenden Formen der Prozesse rientiertem Vorgehen ohne breite Beteiligung en, nur dann gelingt auch Akzeptanz bei der einzubringen. und bewusst breiter Bearbeitung von Themen Umsetzung von Maßnahmen. Doch nicht selten / Maßnahmen. folgendes (zugegebenermaßen zugespitztes) • Themen scheinen oft abstrakt-theoretisch. Bild: Eine öffentliche Veranstaltung im Rahmen Und der Weg hin zu konkreten Maßnahmen Anbieten und abholen – Bürgerbe- eines Stadt- bzw. Gemeindeentwicklungspro- führt über Analyse- und Strategiesitzungen. teiligungsinstrumente an Zielgrup- zesses. Von den 12.500 Einwohnern sind 70 Das schreckt wohl ab – die Prozesse drohen pen anpassen, um die „schweigende gekommen, 14 davon sind Gemeinderäte, 12 langatmig und zeitaufwändig zu sein und Mehrheit“ zu erreichen weitere arbeiten bei der Stadtverwaltung. Zum damit auch fern von individuellen Problemla- Glück handelt es sich bei den „restlichen“ 44 gen. = „Not-invented-here-Syndrom“. Durch die vielfältigen medialen Angebote ist Bürger/innen um jene, die auch schon beim es auch in Stadtentwicklungsprozessen nicht Agenda-Prozess und der Zukunftswerkstatt Beteiligungsinstrumente – „klassi- schwer, sich zu informieren, da Protokolle per „familienfreundliche Kommune“ aktiv waren. sche“ und neue – sind durchaus vor- Newsletter versandt oder Umfragen online aus- Sie haben immer gute Ideen, engagieren sich. handen, müssen aber weiterentwickelt gewertet werden können. Trotzdem gibt es zahl- Sie sind aber langsam offensichtlich der Ar- werde. Gedanken und Thesen zu einer reiche gesellschaftliche Gruppen, die sich nicht beitsgruppensitzungen auch müde. Doch wo sinnvolleren Methodik beteiligen wollen (aufgrund kultureller Barrieren) sind die junge Menschen der Stadt, wo Men- oder können (aufgrund Sprachbarrieren oder – schen mit Migrationshintergrund, wo jene aus Die Erfahrung der imakomm AKADEMIE zeigt wie bei Kindern – zu hoher thematischer Kom- dem „Problemstadtteil X“? sich, dass grundsätzlich nicht die Bereit- plexität). Daher müssen diese Bevölkerungsteile schaft, sich zu beteiligen, nachgelassen hat, durch eine Abstimmung der Instrumente zur Be- Barrieren, die klassische Instrumente sondern vielmehr die Bereitschaft, dies über teiligung auf die jeweilige (!) Ausgangssituation allmählich wirkungslos werden lassen einen längeren Zeitraum hinweg und in der der Zielgruppe angepasst werden. üblichen Form zu tun. Nicht als Lehrbuch, In der Praxis scheint derzeit Folgendes in sondern im Sinne von Gedanken / Thesen Sachen Beteiligung zu passieren (einzelne scheinen folgende Ansätze hin zu einer neuen Begrifflichkeiten sind durchaus mit einem Au- / weiterentwickelten Methodik bei Stadtent- genzwickern versehen!): wicklungsprozessen sinnvoll:

• Der Ruf nach Beteiligung ist sehr laut – doch Punktuell und breit – ein „atmender“ die Beteiligungsmöglichkeiten sind so zahl- Prozess ist nötig reich, dass die Bürger/innen teilweise über- sättigt und müde ob dieser Prozesse sind = Ein breit angelegter Beteiligungsprozess ist „Nicht-schon-wieder-eine-Umfrage-Syn- basisdemokratisch – aber nicht selten auch drom“. ermüdend, langatmig, und wird oft als nicht zielführend empfunden. Das Gegenteil – ein • Die methodischen Ansätze „hinter den Prozes- exklusiver Kreis erarbeitet Dinge, welche dann sen“ wurden ebenfalls schon x-mal eingeübt: der Öffentlichkeit präsentiert werden – wird Stärken-Schwächen-Analyse, dann Punkte nicht akzeptiert. Also muss ein Beteiligungs- Eine selten eingebundene – gleichwohl aber sehr wichtige – Zielgruppe: Kinder und Jugendliche. Beispiel hier: Grund- kleben, dann… = „Nicht-schon-wieder-Punk- prozess immer wieder die Möglichkeit geben, schüler malen in einer „Phantasiereise“ „ihre“ Gemeinde und tekleben-Syndrom“. sich punktuell – zeitlich also begrenzt – ein- beteiligen sich so bei einem Gemeindeentwicklungsprozess.

16 | imakomm KONKRET | 2014 www.imakomm-akademie.de STRATEGISCHE KOMMUNALENTWICKLUNG

Zielgruppen und Beispiele für Beteiligungsinstrumente

Beteiligungsinstrumente Zielgruppe Barriere Wie? (Beispiele)

Gemeinsame Veranstaltung beispielsweise mit einem Migranten Kultur, Sprache „Internationaler Abend“ türkisch-islamischen Verein

Kinder Komplexität des Themas Bilderwettbewerb Kinder malen „ihre“ zukünftige Stadt

Meist fehlendes Interesse an der Schüler Schüler-Talk In Schulstunden wird das Thema als Unterrichtseinheit eingebaut Thematik („uncool“)

Quelle: imakomm AKADEMIE, 2014.

Gegenstromprinzip duktive Modell oft als zu abstrakt empfunden wird und die Zielfindung aus bereits vorhande- Die klassische Form eines Stadtentwick- nen Maßnahmen heraus einfacher erscheint. lungsprozesses verläuft streng deduktiv – das heißt, dass erst Ziele definiert werden, davon Abwechslung / Spaß / Motivation Schwerpunkte abgeleitet und schließlich kon- krete Maßnahmen formuliert werden. Diese Kritiker meinen, es sei schon genug „Spaß- Vorgehensweise muss auch beibehalten wer- gesellschaft“. Dies ist hiermit auch nicht ge- den, allerdings weniger starr: So sollte es als meint. Aber: Sollen Bürger/innen zur Mitarbeit „Gegenstromprinzip“ möglich sein, „von unten motiviert werden und kreative Ideen einbrin- her“ induktiv die ersten Maßnahmenideen zu gen, dann bedarf es auch motivierender und einer Strategie zu bündeln und daraus das Ziel kreativer Veranstaltungen. Ein klarer Auftrag abzuleiten. Die Erfahrung zeigt, dass das de- an die Kommunen. Im Rahmen eines Gemeindespaziergangs werden städtebau- liche Themen direkt vor Ort diskutiert. Anstatt eines Spazier- gangs kann auch eine Stadtrundfahrt veranstaltet werden, bei welcher alle Teilorte angefahren werden und für alle offen ist („offener Bus“).

Fazit: Mehr denn je bedarf es Bürgerbe- teiligung – insbesondere bei Stad- tentwicklungsprozessen. Doch die Beteiligungsbereitschaft scheint ku- rioserweise abzunehmen – zumindest bei üblichen Beteiligungsformen bzw. -instrumenten. Und: Zahlreiche Bevöl- kerungsgruppen werden mit „klassi- schen“ Beteiligungsinstrumenten kaum erreicht. Sie bilden aber eine schwei- gende Mehrheit. Aus unserer langjäh- rigen Projekterfahrung zeigen wir im Der Autor: Der Autor: Artikel auf, welche Barrieren hierfür Andreas Bauer, M.A., Dipl.-Geograph Florian Groß, unter Anderem verantwortlich sind – imakomm AKADEMIE GmbH, imakomm AKADEMIE GmbH, und wie diese eventuell ja überwunden Bereich Marktforschung, Bereiche Strategische Kommunalentwicklung, werden können. Kontakt: Markt- und Standortanalysen, [email protected] Kontakt: [email protected]

www.imakomm-akademie.de imakomm KONKRET | 2014 | 17 STRATEGISCHE KOMMUNALENTWICKLUNG

Mit dem InnenStadtEntwicklungs-Fonds zu einem lebendigen Stadtzentrum

Bild links: Ehemalige Winzergenossenschaft (Kaiserslauterer Straße 1) Jahrelanger Leerstand und Schandfleck der Stadt. Bild rechts: Heute durch eine Tanzschule und Gastronomienutzung zu einem Treffpunkt für alle Generationen geworden.

Hintergrund und Historie Bausubstanz. Allerdings zeigte sich, dass die • Entwicklung von Konzepten auf der Grundlage Möglichkeiten und die Laufzeit eines solchen städtischer Zielvorgaben und gemeinsame Die Kreisstadt Bad Dürkheim an der Weinstra- „Fonds“ durch die Abhängigkeit vom kommu- Umsetzung mit den Innenstadtakteuren. ße ist ein voll ausgestattetes Mittelzentrum im nalen Haushalt begrenzt sind. Um die Innen- Rhein-Neckar Raum am Übergang vom Pfälzer stadtentwicklung zu verstetigen, wurde daher Die Beratungstätigkeit Wald zur Rheinebene. Den derzeit rund 19.000 ein Instrument gesucht, welches langfristig Einwohnern bietet die Stadt neben hochwerti- und von der öffentlichen Haushaltslage unab- Sie umfasst u.a. Funktions- und Nutzungspro- gen Wohnquartieren ein infrastrukturelles An- hängig eingesetzt werden kann. bleme, Finanzierungs- und Fördermöglichkei- gebot, das vor allem in den Bereichen Bildung, ten, bauliche, technische und gestalterische Kultur und Gesundheit weit über die Funktion Konzept und Zielsetzung Aspekte sowie baurechtliche Fragestellungen. eines Mittelzentrums hinausgeht. Als Kurort Die Beratungsleistungen können durch Grund- sind das Gesundheitswesen und der Tourismus Auf dieser Basis wurde der InnenStadtEnt- stückseigentümer und Gewerbetreibende be- die bedeutendsten Wirtschaftszweige. Sein wicklungs-Fonds (ISE-Fonds) entwickelt. Die- ansprucht werden. Daneben wird eine inves- positives Image verdankt die Stadt auch sei- ser Fonds ist als langfristiges Umsetzungsin- tive Förderung gewährt. Fördermittel sind an nen hervorragenden Weinen und dem größten strument zur Initiierung privatwirtschaftlicher vorherige Beratungsleistungen geknüpft, um Weinfest der Welt – dem Dürkheimer Wurst- Investitionen im Sinne eines Public-Priva- auf diese Art den effektiven Einsatz der Mit- markt. te-Partnership-Modells (PPP) angelegt. Hierzu tel und die Nachhaltigkeit der Projekte zu ge- wurde der vorhandene Ansatz des Stadtbild- währleisten. Derzeit löst jeder Euro öffentliche Trotz dieses Hintergrundes folgte die wirt- pflege-Fonds inhaltlich erweitert und organi- Förderung 9 € privates Kapital aus. Neben bau- schaftliche Entwicklung in der Innenstadt seit satorisch sowie finanziell weiterentwickelt. lichen Maßnahmen sind Unternehmens- und Ende der 90er-Jahre dem allgemeinen nega- Geschäftsideen sowie Marketingmaßnahmen tiven Trend. So waren zunehmend Leerstände Mit dem Fonds wird privates Kapital für die In- förderfähig. oder untergenutzte Ladenflächen zu beklagen. nenstadtentwicklung genutzt, um notwendige Dieser Entwicklung war auch mit der Stadtsa- Projekte anzustoßen und zu realisieren. Durch Finanzen und Organisation nierung nicht zu begegnen, da sich die Förder- die Beratung und Förderung wird Akzeptanz tatbestände nicht der wirtschaftlichen Proble- geschaffen und die Effektivität des Mittelein- Finanzierung und Führungsstruktur werden matik annahmen. satzes verbessert. Projekte im Rahmen des partnerschaftlich von den öffentlichen und ISE-Fonds werden durch zwei unterschiedliche den privaten Akteuren gestaltet. Das zentrale In diesem Zusammenhang wurde bereits seit Ansätze initiiert: Gremium des ISE-Fonds ist ein kommuna- 1989 in Teilen der Innenstadt neben den Sa- ler Ausschuss, der dem Haupt-, Finanz- und nierungsmaßnahmen der „Stadtbildpflege- • Initiative durch Immobilieneigentümer oder Wirtschaftsförderungsausschuss angegliedert fonds“ ins Leben gerufen: Ein kommunales Gewerbetreibende auf Grund einer konkreten wurde. Dieser Ausschuss hat die Erarbeitung Programm zum Erhalt und zur Pflege der alten Problemlage bzw. Handlungsnotwendigkeit. und Genehmigung des Rahmenplans, sowie

18 | imakomm KONKRET | 2014 www.imakomm-akademie.de STRATEGISCHE KOMMUNALENTWICKLUNG

die Zustimmung zu Förderungen ab 5.000 € zahlt. Die Kapitaleinlagen von privaten Dritten suchen, um das Warenangebot zu verbessern. aus dem ISE-Fonds zur Aufgabe. In diesem werden zum Aufbau eines eigenen Kapitalstock Auf diesem Weg konnten in den vergangenen Ausschuss sind auch die privaten Geldgeber verwendet, um nach Abschmelzen des Wett- Jahren Marken wie Jack Wolfskin, Gerry We- (Stadtwerke Bad Dürkheim GmbH und der Ge- bewerbspreisgeldes den InnenStadtEntwick- ber, Triumpf, Max Mara oder Goldschmieden werbeverein Bad Dürkheim) vertreten. lungs-Fonds weiterführen zu können. Auf und Buchläden nach Bad Dürkheim gebracht Grund der derzeitigen Finanzstruktur werden werden. Die Verwaltungsaufgaben des „InnenStad- weiterführende Finanzierungsinstrumente (bei- tEntwicklungs-Fonds Bad Dürkheim“ werden spielweise Wertausgleichsbeträge, freiwillige Die Erfahrung dabei zeigt, dass es nicht die durch die Stadtverwaltung Bad Dürkheim BID-Abgabe, Haushaltsmittel der Wirtschafts- großen Summen sind, die eine Entwicklung vo- wahrgenommen. Diese bewilligt die Förde- förderung) nicht genutzt. ranbringen, sondern das Wissen um die Wech- rungen aus dem ISE-Fonds nach Maßgabe der selwirkungen innerhalb der Innenstadt sowie Förderrichtlinien. Für Förderungen unter 5.000 Erfahrungswerte und Erfolgsfaktoren die Beratung und die Dienstleistungen für die € ist eine Zustimmung durch den kommunalen Eigentümer und Ladenbesitzer. Ausschuss nicht erforderlich. Die Verwaltung Ein Faktor ist die Umsetzung von Events in der ist zentraler Ansprechpartner und hat die or- Innenstadt. Hier wurden in den letzten Jahren Der entscheidende Erfolgsfaktor ist allerdings ganisatorische und inhaltliche Verantwortung mit der (W)Einkaufsnacht, stop&listen, night- die enge Verzahnung von Städtebau und Wirt- des ISE-Fonds, die Vorbereitung und Erstellung groove, Marktfrühstück und der Aufwertung schaft. Diese erfolgt nicht auf dem Papier, des Rahmenplanes sowie das Berichtswesen der Märkte an Verkaufsoffenen Sonntagen sondern wird durch regelmäßige konkrete gegenüber dem kommunalen Ausschuss „In- wahre Imageträger geschaffen. Absprachen und in gemeinsamen Gesprächen nenStadtEntwicklungs-Fonds“ zur Aufgabe. mit den Eigentümern oder Gewerbetreibenden Ein bedeutender Faktor ist die Schaffung einer gelebt. In diesem Projekt stehen Wirtschafts- Nachdem die einmalige Kapitaleinlage des Vertrauensbasis seitens des ISE-Fonds mit den förderung und das Bauamt auf der gleichen Wettbewerbspreisgeldes (Preisgeld aus dem Akteuren der Innenstadt. So sind beispielswei- Seite und versuchen gemeinsam, die Innen- Wettbewerb „Werkstatt Innenstadt“) seitens se Geschäftsaufgaben oftmals Monate vorher stadt weiter zu entwickeln. Nach 77 geförder- des Landes nicht möglich war, werden die „intern“ bekannt und bieten der Wirtschafts- ten Maßnahmen und einer Leerstandsquote Fördermittel derzeit analog zum Landespro- förderung die Möglichkeit, gezielt nach Sorti- von weniger als 3% zeigt sich, dass dieser gramm „Städtebauliche Erneuerung“ ausge- menten und Einzelhändlern für die Flächen zu Weg sich auszahlt.

„private Kapitalgeber“

Preisgeld 400.000€ Banken und Sparkasse Zugriff über Sonderzuweisung, „Treuhandfonds“ verbleibt im Landeshaushalt Stadtwerke Ziel Gewerbetreibende Kapitalbeteiligung privater Dritter Stadt Bad Dürkheim Erarbeitung von Zinsgewinnen Steuern/ Abgaben Öffentliche Fördermittel Wertausgleichsbeträge z. B. Verfügungsfonds

BID-Abgabe Der Autor: Dipl.- Ing. Marcus Brill, Finanzierung der Projekte Stadt Bad Dürkheim, Wirtschaft und Tourismus,

Kontakt:

[email protected]

Grafik: Finanzierungsmodel des InnenStadtEntwicklungs-Fonds

www.imakomm-akademie.de imakomm KONKRET | 2014 | 19

+++NEWS+++

Erfolgreicher Ideenwettbewerb für Praxisorientierte Innenstadtentwick- se u. a. in der Stadt Bretten (ca. 28.200 Einwohner, Salems „Neue Mitte“ lungskonzepte bzw. Einzelhandels- Region Karlsruhe) und der Gemeinde Kirchheim konzepte am Ries (ca. 1.900 Einwohner, Region Ostwürt- Einer hochspannenden Entwicklung steht die temberg) entwickelt. Projektstart in beiden Kom- Gemeinde Salem, ca. 11.000 Einwohner im Die imakomm AKADEMIE wurde von mehreren munen war im Zeitraum Mai bis Juli 2014. Landkreis Friedrichshafen, gegenüber. Zwi- Städten für Konzepte zur künftigen Innenstad- schen Schlosssee und bestehender Bebau- tentwicklung bzw. für praxisorientierte Einzel- „Ärmel hoch“ – Umsetzungsbeglei- ung soll eine neue Mitte entstehen, die eine handelskonzepte jüngst beauftragt. So beispiels- tung bei Marketing bauliche Identität für die elf Teilorte der Ge- weise von den Städten Bad Waldsee, Meßkirch meinde Salem stiften soll. Im Rahmen eines und Leutkirch. Ziel sämtlicher Konzepte ist es, Nicht selten darf die imakomm AKADEMIE nicht städtebaulichen Ideenwettbewerbs war eine neben strategischen Vorgaben auch konkrete nur Marketingkonzepte erarbeiten, sondern auch klare Rangfolge von Konzepten durch eine Maßnahmen zu definieren. Im Rahmen der ganz- für und in den Kommunen umsetzen. So beispiels- Jury, bestehend aus Stadtplanern, Architek- heitlichen Standortbetrachtung gelingt es somit, weise in Günzburg (ca. 19.600 Einwohner, Regie- ten, Vertretern des Gemeinderates und der begrenzte finanzielle und personelle Ressourcen rungsbezirk Schwaben/Bayern). Für die Stadt hat Verwaltung, ausgewählt worden. Die ima- auf zentrale Maßnahmen zu konzentrieren und die imakomm AKADEMIE bisher u. a. ein Citymar- komm AKADEMIE war als Sachverständiger wichtige Impulse für die Entwicklung der Innen- ketingkonzept erarbeitet. Nun setzen wir auch eingesetzt worden. städte und Handelsstandorte zu setzen. Events und die Gründung eines Innenstadtvereins vor Ort um. In der Stadt Hockenheim (ca. 21.000 Einwohner, Rhein-Neckar-Kreis) übernimmt die imakomm AKADEMIE einzelne Maßnahmen aus dem kürzlich einstimmig beschlossenen Stad- tentwicklungskonzept, das ebenfalls von der ima- komm AKADEMIE erarbeitet wurde. Auch hier geht es u. a. darum, neue Stadtmarketingstrukturen zu etablieren.

Umsetzung Marke Biberbach: Entwicklung Stadtslogan Zielgerichtetes Lösen aktueller Integrierte Stadtentwicklungs- Herausforderungen – Praxisworkshop konzepte (ISEK) zur effektiven Gemeinsam mit und für die Stadt Biberach (ca. für Handels- und Gewerbevereine Weiterentwicklung von Kommunen 31.200 Einwohner, Region Donau-Iller) hat die imakomm AKADEMIE in einem sehr zielorien- Die imakomm AKADEMIE ist Partner bei einer Mit dem Begriff ISEK scheint alles gesagt – eine tierten Prozess eine Stadt-Marke entwickelt. Veranstaltung der IHK Heilbronn zum The- Stadtentwicklung mit viel Bürgerbeteiligung. Doch Nun begleiten wir die Akteure auch bei der ma „Standortmarketing reloaded: Wie Han- ein solches Verständnis von Stadtentwicklung wur- konkreten Umsetzung in Form eines Stadtslo- dels- und Gewerbevereine fit für die Zukunft de viel zu kurz greifen. Um tatsächlich Bürgerbetei- gans. Anders als üblich wird dieser systema- werden können“ am 19. November 2014 im ligung auch bei einer „schweigenden Mehrheit“ zu tisch (statt „rein kreativ“) abgeleitet, damit bei Blauen Saal im Rathaus Öhringen. erreichen und damit tatsächlich effektive Entwick- diesem meist hoch emotionalen Thema eine lungskonzepte zu erarbeiten, wurden besondere Versachlichung gelingt und gerade deshalb methodische Ansätze für die Entwicklungsprozes- kreativ gearbeitet werden kann.

imakomm AKADEMIE GmbH Internet-Adresse: Bildnachweise: S. 12 Fotolia, Nürnberg, Altstadt an der Ulmer Straße 130 (Wi.Z) www.imakomm-akademie.de S. 1 / 2 / 3 / 4 / 5 / 6 / 7 / 8 / 9 / 11 / 12 / Pegnitz © SeanPavonePhoto 73431 Aalen 13 / 14 / 15 / 18 / 17 Imakomm AKADEMIE S. 13 Wikipedia, Passau, Cc-by-sa-3.0 Redaktionsleitung: S. 2 Stadt Kirchheim /Teck S. 15 Gerhard Jauernig, Stadt Günzburg Vertreten durch die Geschäftsführer Dr. Peter Markert S. 4 Waltraud Wolf S. 18 / 19 Marcus Brill, Dr. Peter Markert und Dr. Bernd Radtke S. 5 Kornelia Eisele Stadt Bad Dürkheim Gestaltung: S. 5 Frank Oster S. 20 Stadt Salem Kontakt: projektteam AG, S. 5 Marcus Oliver Schafft, S. 20 Stadt Leutkirch im Allgäu Fon +49 7361 52829-0 Stadt Riedlingen Fax +49 7361 52829-20 S. 7 luchschen_shutter - Fotolia.com Haftungshinweis: E-Mail: [email protected] S. 9 Thilo Schreiber, Stadt Weil der Stadt Trotz sorgfältiger Recherche überneh- S. 12 Fotolia, Frauenkirche vor Alpen- men wir keine Haftung für Text- und panorama © davis Bildelemente.

www.imakomm-akademie.de

imakomm AKADEMIE GmbH | Ulmer Straße 130 | 73431 Aalen | Fon: +49 7361 52829-0 | Fax: +49 7361 52829-20

Strategische Kommunal- entwicklung Kompetenz

Markt- und Leidenschaft Standort- analysen

frischer Wind

Marken- Seriosität strategien