„Lagerarchäologie“ zwischen Bürgerinitiativen und Denkmalpflege am Beispiel des KZ-Komplexes Natzweiler

Barbara Hausmair & Christian Bollacher

Zusammenfassung – Innerhalb der sich in jüngerer Zeit entwickelnden Archäologie der Moderne haben sich Spuren von NS-Verbrechen, insbesondere an Standorten ehemaliger Zwangslager, als Schwerpunktthema etabliert, das neben zahlreichen methodischen und prak- tischen Herausforderungen für Forschung und Denkmalpflege in besonderer Weise eine Reflexion des Verhältnisses zwischen denkmal- pflegerisch-archäologischer Praxis und gesellschaftlichen Diskursen erfordert. Als Manifestationen der NS-Terrorherrschaft und dem damit verbundenen Leid von Millionen von Menschen sind Orte von NS-Verbrechen höchst ambivalente Entitäten. Können sie einerseits als authentische und örtlich verankerte Überreste von Terror und Leid zu historischen Quellen für die verbrecherische Vergangenheit und Be- standteile von Erinnerungsdiskursen werden, ermöglicht ihre Negation andererseits das Vergessen einer schuld- und schmerzhaften Ge- schichte. Am konkreten Beispiel eines aktuellen Projekts am Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg, das sich den materiellen Spuren der Außenlager des KZ Natzweiler in Baden-Württemberg widmet, befasst sich dieser Beitrag mit dem Verhältnis von staatlicher Denkmalpflege und bürgerlichen Initiativen, die sich an ehemaligenAußenlager-Standorten für Gedenken und Vermittlung engagieren.

Schlüsselwörter – Archäologie; Archäologie der Moderne; Lagerarchäologie; NS-Zeit; Natzweiler; Denkmalpflege; Gedenkstätten

Title – “Camp archaeology” between citizen activism and heritage management on the example of the Natzweiler concentration camp complex

Abstract – In German archaeology the engagement with material traces of the modern period is a rather recent development which is dominated by the focus on remnants of Nazi crimes, in particular at sites of former internment camps. While research as well as heritage protection faces numerous methodological and practical challenges when studying or assessing remains of the recent past, an archaeo­ logy of recent crimes in particular requires a reflection on the relationship of the conservation and archaeological practice and social discourse. Places of Nazi crimes are physical reminders of Nazi terror and the suffering of millions of people and thus constitute highly ambivalent entities. As authentic and locally rooted remains of violence and suffering they may become historical sources of past atrocities or focal points for remembrance discourses, while their deliberate negation on the other hand may cast a criminal and painful history into oblivion. The Baden-Wuerttemberg State Office for Cultural Heritage Management currently runs a documentation project that archaeolo- gically assesses the material traces of satellite camps of the Natzweiler concentration camp in Baden-Wuerttemberg. Using this project as an example, this article discusses the relationship of state-led heritage protection and civil initiatives, who engage in commemoration and education at former satellite camps.

Keywords – archaeology; historical archaeology; camp archaeology; Nazi period; Natzweiler; heritage protection; memorials

Einleitung grenzung, Ausbeutung und systematischen Ver­ nichtung von Millionen von Menschen sind Orte Der archäologische und bodendenkmalpflegeri­ von NS-Verbrechen höchst ambivalente Entitäten. sche Umgang­ mit materiellen Spuren der jüngeren Können sie einerseits als authentische und örtlich Vergangenheit ist ein in den letzten Jahren rasant verankerte Überreste von Gewalt und Leid neben wachsendes Feld, das sowohl die archäologische ihrem historischen Quellenwert (Hausmair, 2016) Forschung als auch die Denkmalbehörden vor in gesellschaftlichen Verhandlungsprozessen zen­ methodische und praktische Herausforderungen trale Ansatzpunkte für die Auseinandersetzung stellt (vgl. Arndt et al., 2017). In Deutschland hat mit den NS-Verbrechen und ihren weitreichenden sich die Archäologie an Orten ehemaliger NS-Ver­ Konsequenzen werden (vgl. die Beiträge in Ker- brechen, insbesondere an Standorten ehemaliger sting et al., 2016), ermöglicht andererseits ihre Ne­ Zwangslager, als ein Schwerpunkt im Rahmen gation – die mit dem gezielten Rückbau vorhan­ dieser Archäologie der Moderne etabliert (Mehler, dener Relikte oder der baulichen Überplanung 2015; für Beispiele siehe Theune, 2014; Kersting belasteter Areale einhergehen kann – das Verges­ et al., 2016; Bernbeck, 2017), der neben den fach­ sen einer verbrecherischen und schmerzhaften Ge­ lichen Anforderungen in besonderer Weise eine schichte (vgl. Assmann, 1999). Reflexion vom Verhältnis denkmalpflegerischer/ Am konkreten Beispiel eines aktuellen Projekts archäologischer Praxis und gesellschaftlichen am Landesamt für Denkmalpflege Baden-Würt­ Diskursen­ fordert. Als Manifestationen der natio­ temberg (LAD), das sich der denkmalfachlichen nalsozialistischen Terrorherrschaft und der Aus­ Erfassung und Evaluierung der Außenlager des

Eingereicht: 17. Dez. 2018 Archäologische Informationen 42, 2019, 59-70 angenommen: 5. Jan. 2019 CC BY 4.0

online publiziert: 8. Feb. 2019 59 Fokus: Sharing Heritage Fokus: Sharing Heritage – Teilhabe als Bürger- und Menschenrecht Barbara Hausmair & Christian Bollacher

Konzentrationslagers (KZ) Natzweiler-Struthof in den (Riexinger & Ernst, 2003; Fischer & Herr, 2006 Baden-Württemberg widmet (Bollacher & Haus- Markowitsch & Zwick, 2011). Als die Deutschen im mair, 2018), befasst sich dieser Beitrag mit dem Herbst 1944 das Stammlager und die Außenlager Verhältnis von staatlicher Denkmalpflege und im Elsass aufgrund des Heranrückens der Alliier­ bürgerlichen Initiativen, die sich an ehemaligen ten räumten, wurde auch die Kommandantur in Außenlager-Standorten für Gedenken und Ver­ die Nähe von Obrigheim verlegt. Einen zweiten mittlung engagieren. Im Sinne der Tagung liegt Schwerpunkt bildete der Natzweiler-Komplex der Fokus dabei auf der Frage, wie sich Gedenk­ im heutigen Zollernalbkreis zwischen Tübingen initiativen den materiellen Spuren der NS-Zeit und entlang des Albtraufs aus, wo unter annähern und welche möglichen Synergien sich dem Decknamen „Unternehmen Wüste“ zehn große zwischen zivilem Engagement und staatlicher Schieferölwerke und drei Versuchsanlagen errich­ Denkmalpflege ergeben können. tet wurden, die den drohenden Kollaps der deut­ schen Treibstoffversorgung abwenden sollten. Für diese bis April 1945 nur partiell realisierten und KZ-Natzweiler-Komplex: vollkommen ineffizienten Anlagen wurden ­ sie Relikte der NS-Zeit als Herausforderung für ben Außenlager von Natzweiler eingerichtet, in die Landesdenkmalpflege denen über 10.000 Häftlinge ausgebeutet wurden. Mehr als ein Drittel von ihnen starb (Opfermann, Seit Anfang 2018 erfolgt im Rahmen eines Pilot­ 2000; Glauning, 2006; Walther, 2018). In circa 20 projekts des LAD die bodendenkmalfachliche weiteren Außenlagern wurden Häftlinge für wei­ Er­fassung der in Baden-Württemberg gelegenen tere Untertageverlagerungen (z. B. Bauer, 1984; Außenlager des KZ Natzweiler unter Einbezie­ Baur & Wörner, 2001; Fuss, 2001; Scheck, 2014), hung der zugehörigen Arbeitsstätten (Bollacher die Produktion in Rüstungsfirmen (z. B. Seubert, & Hausmair, 2018).1 1989; Schäfer, 1990), die Beseitigung von Bomben­ Das KZ Natzweiler wurde 1941 von den Natio­­ schäden sowie Bau- und Ausbesserungsarbeiten nalsozialisten in den Vogesen im damals besetzten­ an kriegsrelevanter Infrastruktur (z. B. Wein et al., Elsass eingerichtet, um durch die Zwangsarbeit 2007; Faltin et al., 2008) ausgebeutet. Der Großteil von KZ-Häftlingen den lokal vorkommenden der Lager wurde im März und April 1945 von der roten Granit für prestigeträchtige Bauprojekte SS geräumt und die Häftlinge in Todesmärschen des Regimes in Berlin und Nürnberg abzubauen. Richtung Dachau getrieben (Huth, 2013). Von den über 50.000 Menschen aus circa 30 euro­ Die Ziele des LAD-Projekts sind von archäo­ päischen Ländern, die im Laufe des Krieges nach logisch­ -denkmalfachlicher Seite mannigfaltig: Natzweiler oder in eines seiner über 50 Außenkom­ zunächst­ soll durch die Fortschreibung der Kul­ mandos in Frankreich und Südwestdeutschland turdenkmalliste der historischen Bedeutung des verschleppt wurden, starben 14.000 bis 20.000 in Natzweiler-Komplexes als paradigmatischem Bei­ Folge widriger Arbeits- und Lebensbedingungen spiel für die Ausbeutungsmaschinerie der NS-Zeit oder durch unmittelbare Gewalt (Steegmann, 2010). und dem damit verbundenen Leiden tausender Mit dem Fortschreiten des Zweiten Weltkrieges Menschen in Baden-Württemberg Rechnung ge­ kam es in Deutschland und seinen besetzten Ge­ tragen werden. Gleichzeitig dient die Erfassung bieten zu einer rapide ansteigenden Verdichtung als Pilotstudie, in deren Rahmen Kriterien und des Zwangslagersystems, um der durch den Krieg Leitlinien für den künftigen Umgang der Landes­ schwer geschwächten deutschen Wirtschaft billige denkmalpflege mit archäologischen Relikten aus Arbeitskräfte zu organisieren (Herbert, 1999). Auf zeitgeschichtlichen Kontexten erarbeitet werden dem Gebiet des heutigen Baden-Württemberg ent­ sollen, wobei hier auch die Erfahrungen aus ande­ standen neben einer bis dato nicht näher bekannten ren Ländern, wie Brandenburg (siehe Kersting & Zahl an Zwangsarbeits- und Kriegsgefangenenla­ Müller, 2015), eingebunden werden. Zudem sol­ gern ab 1943/44 circa 35 Außenlager des KZ Natz­ len im Rahmen des Projekts generierte Daten und weiler (Benz & Distel, 2007). Ein Zentrum des KZ- Erkenntnisse auch der künftigen archäologischen Komplexes entwickelte sich am Unteren Neckar Forschung zum System der Konzentrationslager in im Umfeld der Salzbergwerke um (Lkr. Baden-Württemberg dienen. Heilbronn) sowie der Gipsgruben bei Obrigheim Die Grundlagen für die Entscheidung, welche (Lkr. Neckar-Odenwald-Kreis), wo für die Unter­ der im Rahmen des LAD-Projekts erfassten Re­ tageverlagerung kriegswichtiger Fabriken zum likte unter Denkmalschutz gestellt werden, sind Schutz vor alliierten Bombardements mindestens von rechtlicher Seite dieselben wie für materiel­ acht Außenlager von Natzweiler eingerichtet wur­ le Überreste aus anderen Epochen. Das baden-

Fokus: Sharing Heritage 60 „Lagerarchäologie“ zwischen Bürgerinitiativen und Denkmalpflege am Beispiel Natzweiler württembergische Denkmalschutzgesetz definiert ihren bewährten Instrumentarien … diese Herausfor- Kulturdenkmale als „Sachen, Sachgesamtheiten und derung … meistern“ können (Arndt et al., 2017, Teile von Sachen, an deren Erhaltung aus wissen- 241), müssen die fachlichen Parameter, die für die schaftlichen, künstlerischen oder heimatgeschichtlichen Integration der Materie in den Regelbetrieb der ar­ Gründen ein öffentliches Interesse besteht“ (§2 Abs. chäologischen Inventarisation und Denkmalpfle­ 1 DSchG BW). Als materielle Quellen der ver­ ge nötig sind – von der Formulierung spezifischer brecherischen Geschichte Deutschlands, der da­ Denkmalwerte über die Entwicklung passender mit verbundenen Ausbeutung und „Vernichtung Schutz- bzw. Grabungskonzepte bis zur restau­ durch Arbeit“ tausender Menschen und der Aus­ ratorischen und interpretatorischen Bewältigung wüchse der Kriegsindustrie gegen Ende des Zwei­ eines völlig neuartigen Fundmaterials – erst erar­ ten Weltkriegs, die auch einen enormen Einfluss beitet werden. Neben den methodischen Heraus­ auf das zeitgenössische Landschaftsbild in Baden- forderungen stellen sich auch sehr grundlegend Württemberg hatten – man denke etwa an die praktische Fragen, im konkreten Fall der NS-Zeit hektarweise erfolgte Alterierung landwirtschaft­ etwa, wie alleine die Menge an Lagern und Ver­ lichen Geländes durch die Schieferölproduktion brechensorten – tausende davon übersäten in der des „Unternehmen Wüste“ oder die U-Verlage­ NS-Zeit Deutschland und seine besetzten Gebiete rungen am Unteren Neckar (s.o.) – erfüllen noch – inventarisatorisch und praktisch bewältigt wer­ substanziell vorhandene Spuren des Natzweiler- den könnten. Allein der Rechercheaufwand droht Komplexes die rechtlich vorgegebenen Kriterien hier die personellen Kapazitäten zu überfordern. für Denkmale fraglos. Neben diesen fachlichen Fragestellungen tut Dass die Erfassung der Natzweiler-Außenla­ sich im Hinblick auf den Tagungsgegenstand ein gerstandorte in den meisten Fällen erst im Rah­ weiteres Themenfeld auf, das es zu reflektieren men des LAD-Pilotprojektes erfolgt, spiegelt die gilt: nämlich in welchem Verhältnis die staatliche Herausforderungen wider, denen sich die Denk­ Denkmalpflege, die immer nur eine Auswahl der malpflege angesichts der großen Zahl moderner materiellen Gesamtüberlieferung auf Basis archäo­ Relikte gegenübersieht. Denn obwohl diese Orte logisch-historischer und rechtlicher Kriterien zum aus rechtlicher Perspektive denkmalwürdigen Re­ Kulturdenkmal erheben kann, zur Rezeption die­ likten anderer Epochen gleichzustellen sind und ses kulturellen Erbes in lokalen Gemeinschaften auch die mit einer Unterschutzstellung einher­ steht. Die Definition von Denkmalen im rechtlichen gehenden Abwägungsprozesse mit anderen Trä­ Sinne, die sich auf die staatlich legitimierte Deu­ gern öffentlicher Belange, wie den Zuständigen tungshoheit der Fachbehörden gründet, ist nicht für Infrastrukturentwicklung oder Naturschutz zwingend identisch mit dem, was unterschied­ (ausführlich hierzu Ickerodt, 2011; 2014), oder lichen Bevölkerungsgruppen als bedeutsames Grundstückseigentümerinnen und -eigentümern, materielles Erbe und Teil des eigenen Identitäts­ dieselben sind, bedarf es erst der Erarbeitung ei­ verständnisses erscheint. Diskrepanzen zwischen ner Systematik für den bodendenkmalfachlichen rechtlich definierten „Denkmalen“ und in der Ge­ Umgang mit solch jungen Relikten. sellschaft wahrgenommenem „kulturellem Erbe“ Das verhältnismäßig junge Feld der Archäo­ sind bedingt durch Unterschiede in Werten, Inte­ logie der Moderne wird an deutschen Univer­ ressen, Wissen und Ansprüchen verschiedener ge­ sitäten noch nicht in ausreichender Weise in die sellschaftlicher Gruppen, von denen eine auch die Lehre eingebunden. Grundlegende Kenntnisse Denkmalpflege darstellt (Hofmann, 2017, 10; 14).2 über die mit der Industrialisierung explosionsar­ tig anwachsende und sich diversifizierende ­ma terielle Kultur oder spezifische methodische ­ Fä Zwischen Ablehnung und Aneignung – higkeiten, die für die Recherche und den Umgang Natzweiler-Außenlager im gesellschaftlichen mit historischem Quellenmaterial der jüngeren Diskurs Vergangenheit erforderlich sind, stellen sowohl für die akademische Erforschung als auch die Dass die Denkmalpflegemitunter konfliktbehaftet denkmalfachliche Beschäftigung eine notwendige sein kann, ist nicht neu. Der gesetzliche Auftrag, Voraussetzung dar, die aber noch nicht in einem im öffentlichen Interesse bedeutsame materielle befriedigenden Ausmaß zur Verfügung steht. Die Spuren und Zeugnisse der (Landes-)Geschichte Grundlagen für den Umgang mit diesen jungen zu schützen, kollidiert oft mit einer Vielzahl an­ Überresten in der praktischen Denkmalpflege sind derer öffentlicher Interessen (s.o.), aber auch mit daher erst im Entstehen begriffen. Trotz der opti­ Partikularinteressen von Teilen der Bevölkerung mistischen Haltung, dass die Fachbehörden „mit oder Einzelpersonen – insbesondere, wenn sich

61 Fokus: Sharing Heritage Barbara Hausmair & Christian Bollacher letztere durch staatliche Vorgaben in ihrer per­ Unter dem NS-Regime wurden zwischen 1933 sönlichen Entscheidungsfreiheit eingeschränkt und 1945 Millionen von Menschen aus ganz Euro­ sehen (Ickerodt, 2014, 294–295). In der Regel sto­ pa verfolgt, verschleppt, ausgebeutet und ermor­ ßen archäologische Entdeckungen – sofern sie det. Fragen nach einer Rückkehrmöglichkeit in ein von Seiten der Fachleute entsprechend kommuni­ „normales Leben“ stellen sich für die Opfer oder die ziert werden – aber auf positive Resonanz in der Angehörigen jener, die den NS-Terror nicht über­ Öffentlichkeit. Gräber aus der Eisenzeit, römische lebten, bis heute. Die „Vergangenheitsbewältigung“ Siedlungen oder Funde aus dem Mittelalter we­ der NS-Zeit in Deutschland und Österreich­ als cken die Neugier und regen zur Auseinanderset­ Nachfolgestaaten Nazi-Deutschlands ist bekann­ zung mit der Lokalgeschichte an, was eine identi­ terweise von Schwierigkeiten geprägt (Pearce, tätsstiftende Wirkung haben (Kersting, 2015) und 2008; Assmann, 2013; Ziegler & Kannonier-Finster, so auch die Akzeptanz denkmalrechtlicher Be­ 2016). Nach über 70 Jahren ist es mehrheitlicher lange in der Zivilgesellschaft fördern kann (dazu Konsens, dass mit der NS-Geschichte verantwor­ kritisch Ickerodt, 2014, 303). Die Belegung histo­ tungsvoll umgegangen werden muss, doch ob rischer Relikte mit Bedeutung und deren Inte­ dieser Konsens stabil ist, wird sich angesichts des gration in historische Narrative, die sinnstiftende aktuellen Rechtsrucks in Europa erst noch zeigen Referenzen für die Gegenwart in der Vergangen­ müssen. In vielen deutschen und österreichischen heit verankern, sind integraler Bestandteil für die Familien und lokalen Gemeinschaften ist die NS- Konstruktion von gegenwärtigem Zusammen­ Zeit immer noch Anlass für Konflikte, zumindest gehörigkeitsgefühl, der Definition gemeinsamer ab dem Punkt, wo es um Verhalten von Groß- oder Werte und Zukunftsperspektiven, damit aber Urgroßeltern, die Beteiligung oder das Zusehen auch gleichzeitig Teil von Abgrenzungsprozessen der örtlichen Bevölkerung bei den Verbrechen der gegenüber anderen, die nicht als Teil des eigenen Nazis oder Nutznießertum geht (Welzer et al., Identitätskollektives angesehen werden. Dieser 2002). Das Meinungsspektrum in der Zivilgesell­ dissonante Charakter kulturellen Erbes (s. Tun- schaft streut erheblich: von unermüdlichem En­ bridge & Asworth, 1996) macht es auch leicht zum gagement von Bürgerinitiativen oder Einzelper­ Instrument für die Durchsetzung von Legitima­ sonen, die sich aus unterschiedlichsten Motiven tionsansprüchen und ideologiebasierten Agen­ um die Erforschung der lokalen NS-Geschichte den. Die Konstruktion (eines Verständnisses) und eine aktive Erinnerung bemühen, über inte­ von kulturellem Erbe ist dabei weder linear noch ressiertes und weniger interessiertes Publikum, statisch, sondern als Teil sozio-kultureller und Menschen, die das ganze Thema lieber verges­ sozio-politischer Praktiken und Aushandlungs­ sen möchten, es für irrelevant oder zu belastend prozesse dynamisch und einem Selektionspro­ halten, bis hin zum rechtsextremen Rand, wo der zess unterworfen, in dem zumeist Orten und Ob­ NS-Zeit nachgetrauert, Nazigräuel geleugnet oder jekten mit affirmativer Wirkung hohe Relevanz sogar verherrlicht werden. Wie zentral für solche zukommt (Macdonald, 2009, 2). Spuren vergan­ Diskurse die physischen Orte der NS-Verbrechen gener Gewaltverbrechen, besonders solcher, die sind, wird im Folgenden am Beispiel des KZ- nicht lange zurückliegen und im kollektiven oder Komplex Natzweiler grob nachgezeichnet.3 individuellen Gedächtnis noch relativ präsent sind, machen eine Interpretation als positive Refe­ renzpunkte schwierig – manifestiert sich in ihnen Verdrängte Orte doch Gewalt, Zerstörung, Schuld und Leid (Mes- Mit der Machtübernahme der Alliierten in Ba­ kell, 2002, 566). Solchem „traumatisierten“ und den-Württemberg im April 1945 erfolgten auf „traumatisierendem“ Erbe wohnt ein hohes Maß an Anordnung der Besatzungsverwaltungen Unter­ Ambivalenz inne: es kann als abstoßend und stö­ suchungen zu den ehemaligen Außenlagerstand­ rend empfunden und in Konsequenz negiert wer­ orten. Im Fokus stand die Öffnung von Massengrä­ den, um sich einer belastenden Vergangenheit bern. Exhumierungen, wie in Hailfingen-Tailfingen zu entledigen; es kann aber auch faszinieren und (Wein et al., 2007) oder , zielten auf die schockieren – die Problematik, die hierbei aus Identifizierung der Opfer und das Sammeln von dem sogenannten „Dark Tourism“ erwächst, sei Evidenz für die Verbrechen der Nazis. Gleichzei­ nur am Rande erwähnt (siehe hierzu Sharpley & tig nutzten die Alliierten die Exhumierungen, um Stone, 2009) – oder zu einer Auseinandersetzung die deutsche Bevölkerung mit den Verbrechen zu auffordern, die in eine kritische Reflexion des ei­ konfrontieren, und setzten verhaftete NSDAP-Mit­ genen Selbstverständnisses mündet (Macdonald, glieder und deutsche Kriegsgefangene für die Ar­ 2009; Bernbeck, 2017, 367–368). beiten ein (Opfermann, 2000). Den Exhumierungen

Fokus: Sharing Heritage 62 „Lagerarchäologie“ zwischen Bürgerinitiativen und Denkmalpflege am Beispiel Natzweiler folgte meist die Errichtung von Friedhöfen für die wegung nach einem Brechen des Schweigens der (nicht identifizierbaren) Toten, die teilweise direkt Elterngeneration, blieben die Orte der Verbrechen über den Massengräbern – etwa in Schörzingen selbst zunächst unbeachtet. (Opfermann, 2000) – und/oder etwas abseits der Siedlungsgebiete angelegt wurden. An einer Er­ haltung der Lagerbauten als Mahnmale waren zu Bürgerliches Engagement und Entstehung von diesem Zeitpunkt weder die Alliierten noch die Gedenkstätten Einheimischen interessiert. Gebäude, die schon vor Nachdem aus der Forderung nach Rechenschaft der Lagerzeit existiert hatten, wurden mehrheitlich der Wunsch zu einer gesamtgesellschaftlichen wieder ihrer ursprünglichen Funktion zugeführt, Reflexion und Erinnerungskultur im Sinne einer etwa als Schulen (z. B. Neckarelz­ I und - „Vergangenheitsbewahrung“ (Assmann, 1999, 45) Sandhofen; Markowitsch & Zwick, 2011; Brennei- erwachsen war, wie sie von Richard von Weizsä­ sen, 2011) oder Flugzeughangars (z. B. Leinfelden- cker 1985 in seiner Rede zum 40-jährigen Ende des Echterdingen; Faltin et al., 2008). Barackenlager Zweiten Weltkrieges (1939–1945) formuliert wur­ wie Sandweier (Benz & Distel, 2007), de, begannen vielerorts engagierte Bürgerinnen (Opfermann, 2000) oder Neckarelz II (Markowitsch und Bürger den lokalen Auswüchsen der NS-Zeit & Zwick, 2011) wurden kurzfristig als Unterkünfte in ihren Heimatorten nachzuspüren und die Lo­ für Heimatvertriebene, Ausgebombte oder deut­ kalbevölkerung mit den örtlichen Manifestationen sche Kriegsgefangene genutzt, mehrheitlich aber des NS-Terrors zu konfrontieren. In dieser Phase im Laufe weniger Jahre abgerissen. Industrieanla­ liegen auch die Anfänge der ersten Gedenkinitia­ gen wurden weiter genutzt oder ausgeschlachtet tiven des Natzweiler-Komplexes, wobei hier jeder und abgerissen (Markowitsch, 2018). Die Schie­ Verein – manche davon entstanden erst in den ferölwerke des „Unternehmen Wüste“ etwa wurden letzten Jahren – für sich eine individuelle, immer unter enormem Aufwand rückgebaut, die riesigen noch fortschreitende Entwicklung vorzuweisen Werksareale wieder in Agrarland umgewandelt hat.4 Waren in den 1980er Jahren die ersten Be­ und an ansässige Landwirte rückübereignet, wobei mühungen von engagierten Einzelnen und Per­ auch Entschädigungszahlungen für den wirtschaft­ sonengruppen mancherorts durch Konflikte mit lichen Ausfall während der NS-zeitlichen Nutzung örtlicher Kommunalpolitik und Einheimischen geltend gemacht wurden. Diese massiven Eingriffe geprägt – man fühlte sich durch die Arbeit der radierten oberflächlich nahezu alle Spuren aus, die Aktivistinnen und Aktivisten provoziert, da sie an das ausbeuterische Ölprojekt hätten erinnern den örtlich tradierten und vielfach noch in den können. Nur in wenigen Fällen, etwa im ehema­ von Assmann (1999) charakterisierten Verdrän­ ligen Wüste-Werk 10 bei Zepfenhan, blieben Be­ gungsstrategien der frühen Nachkriegsphase (s.o.) tonfundamente der Anlage erhalten (Opfermann, wurzelnden­ Narrativen der NS-Vergangenheit 2000), über die durch Aufforstungsmaßnahmen (Blenich & Ullrich, 2018, 52; 56) widersprachen –, aber rasch „Gras wuchs“ (Montag & Strasdeit, 2011). erfuhren Graswurzelbewegungen in anderen A. Assmann (1999, 44) charakterisiert in ihrer Kommunen schon früh Unterstützung durch lo­ Nachzeichnung der Entwicklung deutscher Erin­ kale Amtsträgerinnen und -träger und die Zivilbe­ nerungsgeschichte die erste Zeit nach dem Krieg völkerung (z. B. Scheck, 2014, 224–230). (bis Ende der 1950er Jahre) als Phase des „kommu- Ein die verschiedenen Praktiken der Gedenk­ nikativen Schweigens“, welches das kollektive Ge­ initiativen verbindendes Element war und ist die wissen erleichtern sollte und von der Konstruk­ Auseinandersetzung mit den örtlichen Gegeben­ tion einer Kollektivunschuld begleitet war, in der heiten der einzelnen Standorte. Mit der Recherche sich die deutsche Bevölkerung selbst als Opfer der zu den Schicksalen der Opfer stellte sich auto­ Nazis stilisierte und so Fragen nach Schuld und matisch die Frage nach den räumlich-materiellen Verantwortung negierte. Der nachkriegszeitliche Bedingungen des NS-Terrors und nach eventuell Umgang mit den materiellen Spuren der NS-Zeit, noch vorhandenen Spuren. Hervorzuheben ist, wie oben beschrieben, kann als Teil dieser Ver­ dass sich der Fokus hierbei nicht nur auf die KZ- drängungsprozesse verstanden werden, denn Friedhöfe ¬– meistens die einzigen noch deutlich die Tilgung der Lager und Industrieanlagen ent­ erkennbaren Erinnerungsorte an die Opfer – oder fernte gleichzeitig die physischen Marker der Ter­ die ehemaligen Lagerareale beschränkt(e). Letzte­ rormaschinerie aus dem Blickfeld und damit aus re sind ohne solide Kenntnisse der Lokalgeschich­ dem Gedächtnis. Auch mit der „Kritik der Vergan- te oder explizite Erläuterung kaum wahrnehm­ genheitsbewältigung“ (Assmann, 1999, 44) ab den bar, da oberflächlich in vielen Fällen keine Spuren 1950/60er Jahren und der Forderung der 68er-Be­ mehr vorhanden sind, Areale mittlerweile (teil-)

63 Fokus: Sharing Heritage Barbara Hausmair & Christian Bollacher

überbaut sind oder noch existierende Gebäude an­ konzeptes. Durch die Errichtung von Informa­ derweitig genutzt werden. Dieser Umstand mag tions­tafeln und „Gedenkmalen“ werden auch jene ein Grund sein, warum schon in der Frühpha­ Orte markiert, an denen die Bautätigkeit der letz­ se der Gedenkbewegung die Orte, an denen die ten Jahrzehnte wohl auch die letzten Reste im Bo­ Häftlinge Zwangsarbeit leisten mussten, erhöhte den vernichtet hat, wie im Fall des ehemaligen KZ Aufmerksamkeit erfuhren. Hier waren zumin­ Spaichingen (Initiative KZ-Gedenken in Spaichin- dest bei genauem Hinsehen noch vereinzelt rui­ gen, 2018); wo zumindest scheinbar nichts mehr nöse Reste oder wahrnehmbare Einschnitte in der vorhanden ist, wie in Kochendorf – die eigentliche Landschaft vorhanden, die wie stumme Zeugen Gedenkstätte liegt hier im Salzbergwerk Kochen­ der Verdrängung und dem Vergessen widerstan­ dorf, wo Häftlinge einst für eine U-Verlagerung den hatten. Die sich mit dieser Herangehensweise schuften mussten (Miklos-Klein-Stiftung, 2018); erschließende Vielschichtigkeit der räumlichen oder wo der direkte Zutritt nicht möglich ist, wie in Strukturen, die einen eigentlichen Lagerstandort Leinfelden-Echterdingen, wo man vom Mahnmal konstituierten, ist in allen Gedenkinitiativen inte­ am Rande des Stuttgarter Flughafens auf den Han­ graler Bestandteil der Forschungs- und Vermitt­ gar blicken kann, der einst als KZ genutzt wurde lungstätigkeit geworden. und heute im Sperrbereich der American Airbase Schon Ende der 1980er Jahre richtete die Initia­ liegt (Geschichtswerkstatt KZ-Gedenkstätte Ech- tive Gedenkstätte Eckerwald (2018) einen Gedenk- terdingen-Bernhausen, 2018). Auch die erst 2005 in und Lehrpfad in den Ruinen des Wüste-Werks 10 einem Massengrab gefundenen 34 jüdischen Häft­ ein. Später entstanden auch Lehrpfade und Infor­ linge des Lagers liegen hier im nicht zugänglichen mationstafeln der KZ-Gedenkstätte an Bereich wiederbestattet. Örtlichkeiten des „Unternehmen Wüste“ in der dor­ Öffentliche Lehrpfade und die aktive Spuren­ tigen Gemeinde (Gedenkstättenverein KZ Bisingen suche im Gelände, wie sie im Rahmen von Füh­ e.V., 2018) bzw. jüngst auch in Erzingen durch rungen angeboten wird, thematisieren die einstige den Arbeitskreis „Wüste“ (2018). Der Ge­ Realität des Häftlingsalltags auch jenseits des La­ schichtslehrpfad „Goldfisch“ der KZ-Gedenkstätte gerzaunes. Die Einbeziehung und Vermittlung Neckarelz (2018) vermittelt die Leiden der für die unterschiedlicher Örtlichkeiten, die das funktio­ gleichnamige U-Verlagerung ausgebeuteten Häft­ nale Gefüge eines Lagerkomplexes bildeten, schaf­ linge – u.a. entlang der noch obertägig erhaltenen fen einen räumlichen und narrativen Kontext, der Relikte der einst im Bergwerk befindlichen Rü­ die lokalen und regionalen Zusammenhänge der stungsfabrik. Die eigentliche Gedenkstätte befin­ menschenverachtenden Ausbeutung und der NS- det sich – wie auch in Mannheim-Sandhofen (KZ- Kriegswirtschaft vermittelt. Gedenkstätte Mannheim-Sandhofen, 2018) – in der Die Vereine haben sich in vielschichtiger Wei­ Schule, die einst zum KZ umfunktioniert wurde. se den verdrängten Spuren des Leidens und der Der „Weg der Erinnerung“ der KZ-Gedenkstätten­ Gewalt angenähert, sie durch Kenntlichmachung initiative Leonberg (2018) führt zu den ehemaligen und Vermittlungs- und Forschungstätigkeit als Lagerstandorten, Arbeitsstätten und Grablegen relevantes Erbe einer schmerzhaften Vergangen­ der Gefangenen der zwei Leonberger KZs. In Hes­ heit in das lokale Bewusstsein ihrer Gemeinden sental – einem der wenigen Fälle, in denen das ehe­ und das kollektive Gedächtnis zurückgeholt und malige Lagerareal heute auch Gedenkstätte ist –, zu Erinnerungs- und Begegnungsorten gemacht. wurden die ehemaligen Barackenstandorte durch Bei diesen Aneignungsprozessen scheinen tat­ landschaftsgestalterische Maßnahmen nachge­ sächlich noch vorhandene (bzw. wahrnehmbare) zeichnet (KZ-Gedenkstätte Hessental, 2018). Die materielle Relikte nicht die einzige, aber eine doch KZ-Gedenkstätte Vaihingen/Enz (2018) ist über zentrale Rolle gespielt zu haben. Einer denkmal­ den Fundamenten der Entlausungsbaracke des rechtlichen Definition oder staatlichen Vorgaben ansonsten großflächig überplanierten KZs errich­ hat es in jedem Fall nicht bedurft. tet und bezieht einen noch erhaltenen Luftschutz­ In Baden-Württemberg sind bis heute über ein stollen des dortigen U-Verlagerungsprojekts in die Dutzend ehrenamtlich getragener Gedenkstätten Vermittlung mit ein. In sind bzw. -initiativen an ehemaligen Stätten des KZ- die Ruinen der U-Verlagerung Vulkan (Initiative Komplex Natzweiler entstanden, die sich mit der Gedenkstätte Vulkan, 2018) oder in Hailfingen- Gründung des Verbunds der Gedenkstätten des Tailfingen die Reste der Rollbahn des Militärflug­ ehemaligen KZ-Komplex Natzweiler (2018) im platzes, auf dem die KZ-Häftlinge ausgebeutet Jahr 2017 enger vernetzt haben. Im März 2018 wurden (KZ-Gedenkstätte Hailfingen-Tailfingen, wurde dem Lagerkomplex Natzweiler als Mahn­ 2018), wesentlicher Bestandteil des Vermittlungs­ mal für ein friedliches Europa das Europäische

Fokus: Sharing Heritage 64 „Lagerarchäologie“ zwischen Bürgerinitiativen und Denkmalpflege am Beispiel Natzweiler

Kulturerbesiegel verliehen. Die Auszeichnung und Erforschung Archäologie und Bodendenk­ würdigt zugleich die Vermittlungsarbeit der Ge­ malpflege ebenfalls erst systematische Strategien denkstätten an ehemaligen Natzweiler-Standor­ entwickeln müssen.6 ten in Frankreich und Deutschland.5 Hier wird einmal mehr deutlich, dass die Denk­ malpflege kein statischer Apparat ist, sondern sich mit wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Dis­ Denkmalpflege und Bürgerinitiativen kursen weiterentwickeln muss. Wenn auch ver­ zögert und regional in unterschiedlichem Tempo, In der Zivilgesellschaft hat eine aktive Auseinan­ hat man die Relevanz eines schwierigen und ver­ dersetzung mit den materiellen Spuren der NS- hältnismäßig jungen Kulturerbes und die damit Vergangenheit also deutlich früher eingesetzt als einhergehende Verantwortung erkannt. Damit ist in den archäologischen Wissenschaften und der auch der gesetzliche Auftrag verbunden, „das vom Denkmalpflege – ein Umstand, der an die Anfän­ Denkmalschutz umfasste kulturelle Erbe des Landes ge der historischen Erforschung der NS-Zeit erin­ und die Maßnahmen zu seinem Erhalt in der Öffent- nert (siehe Friedländer, 2002, 211). De facto sind lichkeit zu vermitteln“ (§3a Abs. 5 DSchG BW). Au­ die jüngeren Entwicklungen innerhalb der archä­ genscheinlich beschränkt diese Formulierung die ologischen Profession als Resultate von Impulsen bürgerliche Teilhabe am kulturellen Erbe auf eine aus der Zivilgesellschaft und der großen staat­ passive Partizipation. In der Praxis ist die aktive lichen Gedenkstätten zu verstehen, wie die An­ Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen, geschicht­ fänge der „Lagerarchäologie“ deutlich zeigen (sie­ lich ausgerichteten Vereinen und engagierten he die Beiträge in Kersting et al., 2016). Die erste Forscherinnen und Forschern aus der Zivilbevöl­ Grabung in einem KZ-Außenlager in Deutschland kerung aber fester Bestandteil der Denkmalpfle­ fand Anfang der 1990er Jahre in Witten-Annen ge, der in vielfacher Weise Synergien in den vom (Nordrhein-Westfahlen) statt. Schülerinnen und gesetzlichen Rahmen und den divergierenden In­ Schüler hatten bei einem Besuch der Gedenkstätte teressen (und Aufgaben) vorgegebenen Möglich­ Dachau den Namen ihrer Heimatstadt auf einer keiten beinhaltet. Liste von Außenlagern entdeckt und in der Folge Das trifft auch auf das Natzweiler-Projekt zu. das vergessene Lager lokalisiert. Die damit ent­ Auch hier gilt zu bedenken, dass die Auffassungen fachte öffentliche Diskussion über die lokale NS- von kulturellem Erbe bei Denkmalpflege und Ge­ Vergangenheit führte letztlich zu einer archäo­ denkinitiativen, obgleich sie breite Schnittmen­ logischen Untersuchung (Isenberg, 1995). Ebenso gen aufweisen, nicht vollkommen deckungsgleich erforderten Neukonzeptionen in den großen KZ- sind. Schon jetzt zeichnen sich Fälle ab, in denen Gedenkstätten nach der Wende eine denkmal­ ehemalige Örtlichkeiten des KZ-Komplexes aus fachliche Begleitung bei Eingriffen in die Bausub­ denkmalfachlicher Sicht nicht unter Schutz ge­ stanz und in den Boden der ehemaligen Lager (s. stellt werden können, da eine hinreichende Sub­ Kersting et al., 2016). Auch inhaltlich ist die zi­ stanzerhaltung nicht gegeben ist. vilgesellschaftliche Forschung den Fachbehörden Für lokale Akteurinnen und Akteure können und der archäologischen Forschung einen Schritt solche Orte dennoch von hoher Bedeutung und voraus. Kapriziert sich die Archäologie insbeson­ ungeachtet fehlender Relikte allein aufgrund der dere in der Forschung bis dato fast ausschließlich hier zu lokalisierenden historischen Ereignisse auf Lagerstandorte (vgl. hierzu Theune, 2014; schützenswert sein. Diese Haltung ist ethisch Bernbeck 2017), zeigt das Beispiel Natzweiler, dass nachvollziehbar, die Denkmalpflege bleibt jedoch die Annäherung an die schwierige Geschichte ein­ an das haptische Relikt gebunden; wo nur der Ge- zelner Standorte, wie sie durch die Gedenkinitia­ nius loci verbleibt, findet sie keinen Gegenstand. tiven praktiziert wird, eine Auseinandersetzung Die Ziele beider Seiten sind aber nicht unähnlich: mit der räumlichen und historischen Vielschich­ dem Vergessen historischer Ereignisse, wenn auch tigkeit voraussetzt. Lager wurden nicht willkür­ in unterschiedlicher Weise, entgegenzuwirken. Al­ lich in die Gegend gesetzt, sie dienten fast immer lein dieser Schnittpunkt ist von denkmalfachlicher einem konkreten kriegswirtschaftlichen Zweck. Seite Grund, sich besonders um einen Austausch Diese untrennbare Verstrickung von Ausgren­ zu bemühen und Synergien zu erzeugen. zung und Kriegswirtschaft manifestiert sich ma­ Wohlwissend, dass die Fachbehörde sich teriell in ganzen „Unkultur-“ oder noch treffender einem für sie neuem Feld zuwendet, sind wir mit „Vernichtungslandschaften“ aus Lagern, Ar­beits­ Beginn des Projekts daher an die Gedenkstätten stätten,­ Massengräbern und die sie verbindenden an ehemaligen Natzweiler-Standorten mit der Bit­ Wege und Transportstrecken, für deren Erfassung te um Unterstützung herangetreten. Zunächst ist

65 Fokus: Sharing Heritage Barbara Hausmair & Christian Bollacher das dort vorhandene Expertenwissen von großer In dieser Hinsicht ermöglicht das Entgegen­ Bedeutung für eine fundierte, hochwertige Er­ kommen der Gedenkstätten in der Initialphase fassung. Das zeigt sich etwa beim Vorgehen zur des Projekts vor allem eine Teilhabe der Denk­ Erstlokalisierung ehemaliger Lager und Arbeits­ malpflege am Wissensschatz der Lokalforschung. stätten – dem ersten Schritt der denkmalfachlichen Dieser Wissenstransfer soll und darf natürlich Erfassung. Als Standardwerk für eine Groblokali­ nicht einseitig bleiben. Die im Laufe des Projekts sierung dienen in der deutschsprachigen Archäo­ entstehenden Erkenntnisse fließen in geeigneter logie im Falle der Konzentrationslager zumeist Weise wieder an die Gedenkstätten zurück, sei die Kurzbeschreibungen einzelner Lager in der es in Form grafischer Darstellungen von GIS-ge­ neunbändigen Enzyklopädie „Der Ort des Terrors“ stützten Luftbildauswertungen oder geophysi­ (Benz & Distel, 2005-2009). Im Band zu Natzweiler kalischen Messergebnissen, die an ausgewählten (Benz & Distel, 2007) stammen (mit wenigen Aus­ Standorten den archäologischen Erhaltungszu­ nahmen) fast alle Einträge zu den Außenlagern stand non-invasiv eruieren und abbilden und da­ von Personen aus dem Umfeld der Gedenkstätten. mit auch einen „Blick in den Boden“ ermöglichen. Dasselbe gilt für umfangreichere Publikationen Auch im Rahmen von Testgrabungen, die in der zu Teilen des Natzweiler-Komplexes oder einzel­ Forschungsagenda des Projektes ebenfalls vorge­ nen Lagerstandorten, die ebenfalls mehrheitlich sehen sind, ist an eine Partizipation der Gedenk­ von Lokalforscherinnen und -forschern aus dem stätten gedacht – sei es in Form von Führungen Gedenkstättenmilieu stammen (z. B. Opfermann, oder dem Angebot freiwilliger Mitarbeit. 2000; Riexinger & Ernst, 2003; Scheck, 2014). Die Langfristig soll aber auch die Unterschutzstel­ akademische Geschichtsforschung hat sich mit die­ lung noch vorhandener, aussagekräftiger Relikte sem KZ-Komplex nur in Einzelfällen befasst (z. B. die Gedenkstätten in ihren Bemühungen unterstüt­ Glauning, 2006; Steegmann, 2010; Markowitsch, zen und den Raum für Vermittlungsarbeit offen 2018), was dem schwierigen Zugang zu den histo­ halten. Bereits jetzt sind die materiellen Spuren der rischen Quellen geschuldet sein mag. Ein großer NS-Zeit an vielen Orten des Natzweiler-Komplexes Teil der aufgrund der nationalsozialistischen Ak­ durch Infrastrukturprojekte und Bauaktivitäten tenvernichtungswut zu Kriegsende stark fragmen­ verloren gegangen. Wo dies noch nicht geschehen tierten schriftlichen Überlieferung zu Natzweiler ist, kann der Denkmalschutz auf eine langfristige gelangte in französische Archive, wo der Zugang Erhaltung hinwirken oder – falls andere Interessen u.a. durch Sprachbarrieren erschwert war. überwiegen sollten – im Vorfeld des absehbaren Die Lokalforschung beruht auf einem beacht­ Verlustes eine fachgerechte Ausgrabung erwirken, lichen Bestand der einzelnen Gedenkstättenarchi­ die den dokumentarischen Wert der materiellen ve, der durch teilweise jahrzehntelange Sammeltä­ Hinterlassenschaft für Forschung und Zivilgesell­ tigkeit entstanden ist. Die Einsichtnahme in diese schaft sichert. Selbstverständlich werden im Zuge Quellen ermöglicht es dem Projekt, seinen For­ des Projekts auch jene Lagerstandorte untersucht, schungsgegenstand in einer Tiefe zu durchdrin­ an denen sich bis heute noch keine lokalen Gedenk­ gen, die andernfalls angesichts der zeitlichen und stätten-Initiativen der Aufarbeitung der lokalen personellen Begrenzung einen nicht zu leistenden NS-Vergangenheit angenommen haben. Rechercheaufwand in Archiven in Deutschland, Im Sinne des Tagungsthemas „Sharing Heri- Europa und den USA voraussetzen würde. tage“ kann also resümiert werden, dass „kulturelles Nicht weniger relevant für eine fachgerechte Erbe“ ein heterogenes Konstrukt ist, das immer Evaluierung und stringente Inventarisation ist in Bezug zu unterschiedlichen gesellschaftlichen die Bereitschaft der Gedenkstättenmitglieder, bei Gruppen gesetzt werden muss, nicht zuletzt, gemeinsamen Ortsterminen ihre Kenntnis lokaler wenn es sich um ein Erbe einer traumatisierten Gegebenheiten und oberflächlich noch sichtbarer Vergangenheit handelt. Ist es im Fall der Natz­ Relikte des Lagersystems sowie ihr Wissen um die weiler Außenlager die relativ spät auf dieses Erbe Geschichte von Nachnutzung und Zerstörung zu aufmerksam gewordene Denkmalpflege, die nun teilen. Lokal tradiertes Wissen liegt häufig nicht primär um dessen Schutz durch rechtliche Instru­ schriftlich vor – ein Umstand, der ebenfalls die mente bemüht ist, so sind es die Gedenkstätten, Unterstützung durch Bürgerinnen und Bürger die durch ihre Vermittlungs- und Gedenktätig­ voraussetzt, denn nicht immer werden solche Er­ keiten breiten Teilen der Bevölkerung eine ak­ innerungen und Geschichten bereitwillig außer­ tive Teilhabe an diesem Erbe im Hier und Jetzt halb der eigenen Gemeinschaft geteilt, besonders ermöglichen. Gerade diese Pluralität und die Be­ nicht mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einer mühungen einer produktiven Zusammenarbeit staatlichen Behörde. werden es hoffentlich ermöglichen, dass die mate­

Fokus: Sharing Heritage 66 „Lagerarchäologie“ zwischen Bürgerinitiativen und Denkmalpflege am Beispiel Natzweiler riellen Spuren von Natzweiler noch lange als au­ Literatur thentische Zeugen der traumatischen Vergangen­ heit erhalten bleiben und gleichzeitig durch die Arbeitskreis „Wüste“ Balingen. (2018). https://www. Gedenkinitiativen für ihr wertvolles Engagement akwueste.de [8.12.2018]. genutzt werden können. Arndt, B., Halle, U., Ickerodt, U., Jungklaus, B., Mehler, N., Müller, U., Nawroth, M., Peine, H.-W., Theune, C., & Wemhoff, M. (2017). Leitlinien zu einer Anmerkungen Archäologie der Moderne. Blickpunkt Archäologie, 4/2017, 236–245. 1 Das Natzweiler-Projekt ist auf vier Jahre ausgelegt und wird von der Autorin und dem Autor dieses Beitrags betreut. Asmuss, B., & Hinz, H.-M. (Hrsg.) (1999). Zum

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69 Fokus: Sharing Heritage Barbara Hausmair & Christian Bollacher

Danksagung Über die Autoren Barbara Hausmair ist Historische Archäologin Das LAD Baden-Württemberg bedankt sich bei und Wissenschaftlerin im Natzweiler-Projekt am den Mitgliedern der Gedenkstätten an ehemaligen LAD. 2017 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Standorten von Lagern des KZ-Komplex Natzwei­ Institut für Vorderasiatische Archäologie/Frei­ ler in Baden-Württemberg für die enge Zusam­ en Universität Berlin. 2014-16 ZIF Marie-Curie- menarbeit und die Unterstützung für das Projekt. Fellow Zukunftskolleg/Universität . 2013 Promotion in Ur- und Frühgeschichte an der Universität Wien („Todeskonzepten und Bestat- Finanzierung tungsritual in der frühmittelalterlichen Alamannia“). 2009-12 Forschungsaufenthalte an den Universi­ Der Beitrag entsteht im Rahmen des Erfassungs­ täten Cambridge und Reading sowie am Interna­ projekts zu Natzweiler-Standorten in Baden- tionalen Forschungszentrum Kulturwissenschaf­ Württemberg am Landesamt für Denkmalpflege ten Wien. Forschungsschwerpunkte: Archäologie im Regierungspräsidium Stuttgart, welches aus NS-zeitlicher Zwangslager; Theorie und Metho­ Landesmitteln finanziert ist. dik frühmittelalterlicher und historischer Archäo­ logien; (früh-) mittelalterliche Bestattungs- und Sozialarchäologie. Erklärung über Autorschaften Christian Bollacher ist Fachgebietsleiter der Ar­ Hausmair: KZ-Natzweiler-Komplex: Relikte der NS- chäologischen Inventarisation am LAD und Ini­ Zeit als Herausforderung für die Landesdenkmal­ tiator des Natzweiler-Projekts. Studium der Vor- pflege; Zwischen Ablehnung und Aneignung – Natz­ und Frühgeschichte, Urgeschichte und Geologie weiler-Außenlager im gesellschaftlichen Diskurs. in Tübingen, Innsbruck und Cagliari (IT). 2005 Hausmair & Bollacher: Denkmalpflege und Bür­ Dissertation über die keltische Viereckschanze gerinitiativen. auf der „Klinge“ bei Riedlingen. Zwischen 1999 und 2006 verschiedene Tätigkeiten für die archäo­ logische Denkmalpflege in Baden-Württemberg. 2006-12 Bayerisches Landesamt für Denkmalpfle­ ge, Referat Inventarisation. Seit 2012 am LAD (Re­ ferat Operative Archäologie).

Dr. Barbara Hausmair und Dr. Christian Bollacher Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart, Referat 84.2 – Operative Archäologie Berliner Straße 12 73728 am Neckar

https://orcid.org/0000-0001-7698-7620

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