Plenarprotokoll 19/233

Deutscher

Stenografischer Bericht

233. Sitzung

Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Inhalt:

Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- b) Wahlvorschlag der Fraktion der AfD: neten Paul Viktor Podolay, Dr. h. c. Thomas Wahl von Mitgliedern des Gremiums Sattelberger, , Bernhard gemäß § 3 des Bundesschuldenwesenge- Daldrup, Dr. und Rüdiger setzes Kruse ...... 29935 A Drucksache 19/28611 ...... 29936 A Begrüßung des neuen Abgeordneten Marcel c) Wahlvorschlag der Fraktion der AfD: Emmerich ...... 29935 B Wahl von Mitgliedern des Sondergre- Absetzung der Tagesordnungspunkte 16 f, 31 miums gemäß § 3 Absatz 3 des Stabili- und 39 sowie Zusatzpunkte 26 und 30 ...... 29935 C sierungsmechanismusgesetzes Änderung der Tagesordnung ...... 29935 D Drucksache 19/28612 ...... 29936 A

Wahlen ...... 29936 C

Tagesordnungspunkt 11: Ergebnisse ...... 29978 A, 29978 B, 29978 C Wahlvorschlag der Fraktion der AfD: Wahl eines Stellvertreters des Präsidenten (3. Wahlgang) Drucksache 19/28609 ...... 29935 D Tagesordnungspunkt 13: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie – Zusatzpunkt 3: Weiterentwicklung 2021 Wahlvorschlag der Fraktionen der CDU/CSU Drucksache 19/27530 ...... 29936 C und SPD: Wahl der Bundesbeauftragten für b) Unterrichtung durch den Parlamentari- die Opfer der SED-Diktatur beim Deut- schen Beirat für nachhaltige Entwicklung: schen Bundestag (Opferbeauftragte) gemäß Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie – § 5 des SED-Opferbeauftragtengesetzes Weiterentwicklung 2021 (Drucksache Drucksache 19/30432 ...... 29936 A 19/27530) – Stellungnahme des Parla- mentarischen Beirates für nachhaltige Entwicklung Drucksache 19/30530 ...... 29936 D Tagesordnungspunkt 12: c) Unterrichtung durch den Parlamentari- a) Wahlvorschlag der Fraktion der AfD: schen Beirat für nachhaltige Entwicklung: Wahl eines Mitglieds des Vertrauens- Bericht des Parlamentarischen Beirates gremiums gemäß § 10a Absatz 2 der für nachhaltige Entwicklung (Arbeits- Bundeshaushaltsordnung bericht der 19. Wahlperiode) Drucksache 19/28610 ...... 29936 A Drucksache 19/30130 ...... 29936 D II Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. , Donnerstag, den 10. Juni 2021 d) Erste Beratung des von der Bundesregie- terer Abgeordneter und der Fraktion der rung eingebrachten Entwurfs eines Ersten FDP: Mit Innovationen zu nachhaltigen Gesetzes zur Änderung des Bundes-Kli- Lebensgrundlagen maschutzgesetzes Drucksachen 19/22484, 19/30473 ...... 29937 C Drucksache 19/30230 ...... 29937 A k) Antrag der Abgeordneten , , , wei- e) Antrag der Abgeordneten Lorenz Gösta terer Abgeordneter und der Fraktion der Beutin, , Dr. Gesine FDP: Europäische Landschaftskonven- Lötzsch, weiterer Abgeordneter und der tion unterzeichnen und ratifizieren Fraktion DIE LINKE: Strom-Übertra- Drucksache 19/28339 ...... 29937 D gungsnetze in öffentlicher Hand bün- deln nach dem Klimaschutz-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts in Verbindung mit Drucksache 19/29961 ...... 29937 A Zusatzpunkt 4: f) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- zu dem Antrag der Abgeordneten Marc schusses für Wirtschaft und Energie zu dem Bernhard, , , Antrag der Abgeordneten , weiterer Abgeordneter und der Fraktion Karsten Hilse, Andreas Bleck, weiterer Abge- der AfD: Stromkunden entlasten – Er- ordneter und der Fraktion der AfD: Einfach neuerbare-Energien-Gesetz gerade in frei leben – Kein deutsches Engagement der COVID-19-Wirtschaftskrise ab- für den Großen Umbruch beziehungsweise schaffen Great Reset des Weltwirtschaftsforums – Drucksachen 19/22451, 19/24196 ...... 29937 B Mit Innovationen Umwelt und Wohlstand erhalten g) Beschlussempfehlung und Bericht des Drucksachen 19/29697, 19/30491 Buchstabe b 29937 D Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag der Abgeordneten Karsten in Verbindung mit Hilse, Dr. Rainer Kraft, Marc Bernhard, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD: Umweltverträgliche Kohle- Zusatzpunkt 5: kraftwerke weiter betreiben – Ausstieg Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- aus der Kohleverstromung stoppen schusses für Verkehr und digitale Infrastruktur Drucksachen 19/22431, 19/25887 ...... 29937 B zu dem Antrag der Abgeordneten , Frank Sitta, , weiterer h) Beschlussempfehlung und Bericht des Abgeordneter und der Fraktion der FDP: For- Ausschusses für Wirtschaft und Energie schung und Innovationen für klimafreund- zu dem Antrag der Abgeordneten Karsten liches Fliegen Hilse, Dr. , Marc Drucksachen 19/11039, 19/13986 ...... 29937 D Bernhard, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD: Erzeugung von Was- serstoff – Wohlstand und Umwelt- in Verbindung mit schutz – Synthetische Betriebs- und Treibstoffe mit Nuklearenergie der Zusatzpunkt 6: Generation IV Beschlussempfehlung und Bericht des Finanz- Drucksachen 19/22446, 19/25647 ...... 29937 C ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten i) Beschlussempfehlung und Bericht des Bettina Stark-Watzinger, Christian Dürr, Ausschusses für Umwelt, Naturschutz Dr. , weiterer Abgeordneter und nukleare Sicherheit zu dem Antrag und der Fraktion der FDP: Sustainable der Abgeordneten Dr. Lukas Köhler, Frank Finance – Transparenz und Vielfalt schaf- Sitta, Judith Skudelny, weiterer Abgeord- fen – Einheitliche EU-Taxonomie ablehnen neter und der Fraktion der FDP: Mehr Drucksachen 19/14785, 19/30462 Buchstabe b 29938 A Tempo für die Nachhaltigkeit – Mit Fortschritt und Innovation in die Zu- in Verbindung mit kunft Drucksachen 19/22493, 19/30496 ...... 29937 C Zusatzpunkt 7: j) Beschlussempfehlung und Bericht des Beschlussempfehlung und Bericht des Finanz- Ausschusses für Umwelt, Naturschutz ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten und nukleare Sicherheit zu dem Antrag , Stefan Schmidt, Dr. , der Abgeordneten Judith Skudelny, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Dr. Lukas Köhler, , wei- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Stabil und Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 III zukunftsfest – Den Finanzplatz Europa Dr. (BÜNDNIS 90/ zum Leitmarkt für Nachhaltigkeit machen DIE GRÜNEN) ...... 29955 A Drucksachen 19/14219, 19/30120 ...... 29938 A (SPD) ...... 29956 B (CDU/CSU) ...... 29957 B in Verbindung mit Marco Bülow (fraktionslos) ...... 29958 A (CDU/CSU) ...... 29958 D Zusatzpunkt 8: (Rostock) (CDU/CSU) ...... 29959 B Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu dem Antrag der Abgeord- Tagesordnungspunkt 14: neten , (Augs- burg), , weiterer Abgeordneter b) Antrag der Abgeordneten Dr. Bernd und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Baumann, Dr. , Jochen NEN: Klimaziele und Entwicklungspolitik Haug, weiterer Abgeordneter und der konsequent aufeinander ausrichten – Kli- Fraktion der AfD: Integrationsprobleme magerechtigkeit im Globalen Süden voran- durch kulturelle Prägungen wahrneh- bringen men – Neues Forschungsfeld beim For- Drucksachen 19/28474, 19/30431 ...... 29938 B schungszentrum des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge einrichten in Verbindung mit Drucksache 19/30416 ...... 29961 C

in Verbindung mit Zusatzpunkt 9: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- Tagesordnungspunkt 14: schusses für Umwelt, Naturschutz und nukle- are Sicherheit zu dem Antrag der Abgeordne- a) Beschlussempfehlung und Bericht des ten , Beate Walter- Ausschusses für Inneres und Heimat zu Rosenheimer, , weiterer Abge- dem Antrag der Abgeordneten Dr. Bernd ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE Baumann, Dr. Gottfried Curio, Jochen GRÜNEN: Personelle Umsetzungsstrategie Haug, weiterer Abgeordneter und der des Klimaschutzprogramms 2030 der Bun- Fraktion der AfD: Islamische Radikali- desregierung sierung frühzeitig erkennen – Studie Drucksachen 19/26218, 19/26708 ...... 29938 B zur politisch-religiösen Einstellung der Svenja Schulze, Bundesministerin BMU . . . . . 29938 B Muslime in Deutschland erneuern Drucksachen 19/29778, 19/30444 ...... 29961 D Dr. Rainer Kraft (AfD) ...... 29939 A Dr. (CDU/CSU) ...... 29940 B in Verbindung mit Dr. Lukas Köhler (FDP) ...... 29941 D Dr. (DIE LINKE) ...... 29942 D Tagesordnungspunkt 14: Dr. (BÜNDNIS 90/ c) Beschlussempfehlung und Bericht des DIE GRÜNEN) ...... 29944 A Ausschusses für Inneres und Heimat zu Dr. (SPD) ...... 29945 C dem Antrag der Abgeordneten , Karsten Hilse (AfD) ...... 29946 B , Marc Bernhard, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD: Rüdiger Kruse (CDU/CSU) ...... 29947 C Dem radikalen Islam den Boden entzie- Dr. Christoph Hoffmann (FDP) ...... 29948 C hen – Maßnahmenpaket gegen Islamis- ten und islamistische Verbände Lorenz Gösta Beutin (DIE LINKE) ...... 29949 B Drucksachen 19/23956, 19/26578 ...... 29961 D Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 29950 B in Verbindung mit Lorenz Gösta Beutin (DIE LINKE) ...... 29950 C Dr. Peter Tschentscher, Erster Bürgermeister Zusatzpunkt 10: () ...... 29951 C Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- Dr. Christoph Hoffmann (FDP) ...... 29952 A schusses für Inneres und Heimat zu dem An- Bettina Stark-Watzinger (FDP) ...... 29952 C trag der Abgeordneten , Dr. , Dr. Gottfried Curio, weiterer Abge- Dr. (CDU/CSU) ...... 29953 A ordneter und der Fraktion der AfD: Mehr (CDU/CSU) ...... 29954 B Transparenz bei der Analyse und öffentli- IV Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 chen Darstellung von Kriminalität im Kon- in Angelegenheiten des Verfassungs- text von Migration zur verbesserten Eva- schutzes und über das Bundesamt für luierung der Sicherheits-, Integrations- Verfassungsschutz – Bundesverfas- und Migrationspolitik sungsschutzgesetz – Drucksachen 19/23952, 19/24699 ...... 29962 A Drucksache 19/30412 ...... 29975 D Dr. Bernd Baumann (AfD) ...... 29962 A e) Beschlussempfehlung und Bericht des (CDU/CSU) ...... 29963 B Ausschusses für Inneres und Heimat zu dem Antrag der Abgeordneten Konstantin (FDP) ...... 29965 A Kuhle, Manuel Höferlin, , Dr. (SPD) ...... 29966 B weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Freiheit und Sicherheit schüt- Ulla Jelpke (DIE LINKE) ...... 29968 B zen – Für eine Überwachungsgesamt- Dr. (BÜNDNIS 90/ rechnung statt weiterer Einschränkun- DIE GRÜNEN) ...... 29969 B gen der Bürgerrechte (CDU/CSU) ...... 29970 C Drucksachen 19/23695, 19/29350 ...... 29975 D (AfD) ...... 29971 A f) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres und Heimat zu (FDP) ...... 29971 D dem Antrag der Abgeordneten Konstantin (SPD) ...... 29972 C Kuhle, Stephan Thomae, , weiterer Abgeordneter und der (CDU/CSU) ...... 29973 D Fraktion der FDP: Bürgerrechte und Sicherheit schützen – Für einen wirksa- men Verfassungsschutz Tagesordnungspunkt 15: Drucksachen 19/16875, 19/30477 ...... 29976 A a) Zweite und dritte Beratung des von der Dr. (CDU/CSU) ...... 29976 A Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung des Ver- Dr. (AfD) ...... 29977 A fassungsschutzrechts Uli Grötsch (SPD) ...... 29978 D Drucksachen 19/24785, 19/24900, Stephan Thomae (FDP) ...... 29980 B 19/30477 ...... 29975 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Dr. André Hahn (DIE LINKE) ...... 29981 A Ausschusses für Inneres und Heimat Dr. (BÜNDNIS 90/ – zu dem Antrag der Abgeordneten DIE GRÜNEN) ...... 29981 D Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, Ulla Michael Brand (Fulda) (CDU/CSU) ...... 29982 C Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Zivilgesellschaft (CDU/CSU) ...... 29983 B stärken, Verfassung wirksam schüt- zen Namentliche Abstimmung ...... 29984 B – zu dem Antrag der Abgeordneten Ergebnis ...... 29993 C Dr. Konstantin von Notz, Dr. Irene Mihalic, , weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Neustart des Tagesordnungspunkt 16: Verfassungsschutzes des Bundes a) – Zweite und dritte Beratung des von den Drucksachen 19/8960, 19/8700, 19/30477 29975 C Fraktionen der CDU/CSU und SPD ein- c) Erste Beratung des von den Abgeordneten gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Jens Maier, Jürgen Braun, Marcus Bühl, Modernisierung der Rechtsgrundla- weiteren Abgeordneten und der Fraktion gen der Bundespolizei der AfD eingebrachten Entwurfs eines Ge- Drucksachen 19/26541, 19/30468 ...... 29984 D setzes zur Stärkung der Verfassungsmä- ßigkeit und Rechtsstaatlichkeit im Bun- – Bericht des Haushaltsausschusses ge- desverfassungsschutzgesetz mäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 19/30406 ...... 29975 C Drucksache 19/30518 ...... 29984 D d) Erste Beratung des von den Abgeordneten b) Beschlussempfehlung und Bericht des Roman Johannes Reusch, Jens Maier, Ausschusses für Inneres und Heimat Tobias Matthias Peterka, weiteren Abge- – zu dem Antrag der Abgeordneten ordneten und der Fraktion der AfD einge- Konstantin Kuhle, Stephan Thomae, brachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeord- Änderung des Gesetzes über die Zusam- neter und der Fraktion der FDP: Für ein menarbeit des Bundes und der Länder Recht auf Anonymität im öffentlichen Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 V

Raum – Keine automatisierte Tagesordnungspunkt 17: Gesichtserkennung durch die Bun- despolizei a) Antrag der Abgeordneten , , Matthias W. – zu dem Antrag der Abgeordneten Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Dr. Konstantin von Notz, Dr. Irene Fraktion DIE LINKE: Missbrauch von Mihalic, Tabea Rößner, weiterer Abge- Leiharbeit stoppen ordneter und der Fraktion BÜND- Drucksache 19/30387 ...... 29997 A NIS 90/DIE GRÜNEN: Freiheit und Rechtsstaatlichkeit erhalten – Kein b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Einsatz biometrischer Gesichtserken- , Susanne Ferschl, nung in öffentlichen Räumen Dr. André Hahn, weiteren Abgeordneten Drucksachen 19/16862, 19/16885, und der Fraktion DIE LINKE eingebrach- 19/30468 ...... 29985 A ten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände- rung des Grundgesetzes – Verankerung c) Beschlussempfehlung und Bericht des des Grundrechts auf menschenwürdige Ausschusses für Inneres und Heimat zu und existenzsichernde Arbeit dem Antrag der Abgeordneten Martin Drucksache 19/24692 ...... 29997 A Hess, Dr. Bernd Baumann, Dr. Gottfried Curio, weiterer Abgeordneter und der c) Beschlussempfehlung und Bericht des Fraktion der AfD: Schnellstmögliche Be- Ausschusses für Arbeit und Soziales zu schaffung und Einführung von Distanz- dem Antrag der Abgeordneten Susanne Elektroimpulsgeräten für die Bundes- Ferschl, , Matthias W. polizei Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Drucksachen 19/22203, 19/26441 ...... 29985 A Fraktion DIE LINKE: Sachgrundlose Befristungen verbieten d) Beschlussempfehlung und Bericht des Drucksachen 19/831, 19/30442 Buchsta- Ausschusses für Inneres und Heimat zu be a ...... 29997 B dem Antrag der Abgeordneten , , Dr. Michael d) Beschlussempfehlung und Bericht des Espendiller, weiterer Abgeordneter und Ausschusses für Arbeit und Soziales zu der Fraktion der AfD: Digitalisierung dem Antrag der Abgeordneten Jutta der Polizeien und das Bundesprogramm Krellmann, Klaus Ernst, Matthias W. Polizei 2020 zur politischen Chefsache Birkwald, weiterer Abgeordneter und der erklären und unverzüglich umsetzen Fraktion DIE LINKE: 40 Stunden sind Drucksachen 19/27852, 19/29809 ...... 29985 B genug – Gesetzliche wöchentliche Höchstarbeitszeit reduzieren e) Beschlussempfehlung und Bericht des Drucksachen 19/578, 19/1030 ...... 29997 B Ausschusses für Inneres und Heimat zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Irene e) Beschlussempfehlung und Bericht des Mihalic, Dr. Konstantin von Notz, Monika Ausschusses für Arbeit und Soziales zu Lazar, weiterer Abgeordneter und der dem Antrag der Abgeordneten Jessica Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Tatti, Susanne Ferschl, Matthias W. Gebührenverordnung zum Bundespoli- Birkwald, weiterer Abgeordneter und der zeigesetz darf Grundrechtsgebrauch Fraktion DIE LINKE: Mehr Arbeitszeit- nicht beeinträchtigen souveränität für Beschäftigte schaffen Drucksachen 19/17540, 19/27967 ...... 29985 B Drucksachen 19/2522, 19/4657 Buchsta- be b ...... 29997 B (CDU/CSU) ...... 29985 C f) Beschlussempfehlung und Bericht des Dr. Christian Wirth (AfD) ...... 29986 B Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Susanne (SPD) ...... 29987 B Ferschl, , Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Konstantin Kuhle (FDP) ...... 29988 B Fraktion DIE LINKE: Damit jede Arbeitsstunde zählt – Arbeitszeitgesetz Ulla Jelpke (DIE LINKE) ...... 29989 A ergänzen Dr. Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/ Drucksachen 19/17134, 19/25379 Buch- DIE GRÜNEN) ...... 29990 A stabe a ...... 29997 C (CDU/CSU) ...... 29990 D g) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu Uli Grötsch (SPD) ...... 29991 D dem Antrag der Abgeordneten Susanne Ferschl, , Lorenz Gösta Michael Brand (Fulda) (CDU/CSU) ...... 29992 B Beutin, weiterer Abgeordneter und der VI Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Fraktion DIE LINKE: Evaluierung des – zu dem Antrag der Abgeordneten Pascal Mindestlohngesetzes zur Stärkung der Kober, , , Beschäftigtenrechte nutzen weiterer Abgeordneter und der Fraktion Drucksachen 19/27319, 19/30442 Buch- der FDP: Minijobs dynamisieren stabe c ...... 29997 C – zu dem Antrag der Abgeordneten h) Beschlussempfehlung und Bericht des Susanne Ferschl, Matthias W. Birkwald, Ausschusses für Arbeit und Soziales , weiterer Abgeordne- – zu dem Antrag der Abgeordneten ter und der Fraktion DIE LINKE: Mini- Jessica Tatti, Susanne Ferschl, Doris jobs in sozialversicherungspflichtige Achelwilm, weiterer Abgeordneter und Beschäftigung überführen – Sozial- der Fraktion DIE LINKE: Gute Arbeit versicherungssysteme stärken und soziale Sicherheit für Gig-Wor- Drucksachen 19/25807, 19/24370, ker bei der ortsgebundenen Platt- 19/24003, 19/27989 ...... 29998 B formarbeit – zu dem Antrag der Abgeordneten in Verbindung mit Jessica Tatti, Susanne Ferschl, Doris Achelwilm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Gute Arbeit Zusatzpunkt 11: und soziale Sicherheit für Crowd- Worker bei der ortsungebundenen Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- Plattformarbeit schusses für Arbeit und Soziales zu dem An- Drucksachen 19/16886, 19/22122, trag der Abgeordneten Dr. Wolfgang 19/25896 ...... 29997 D Strengmann-Kuhn, , Beate Müller-Gemmeke, weiterer Abgeordneter i) Beschlussempfehlung und Bericht des und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ausschusses für Wirtschaft und Energie NEN: Arbeitsförderung in der Krise – Für zu dem Antrag der Abgeordneten Susanne einen besseren Einstieg Ferschl, , Lorenz Gösta Drucksachen 19/27763, 19/28530 ...... 29998 B Beutin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Steuergelder ge- gen Missbrauch durch Konzerne schüt- in Verbindung mit zen Drucksachen 19/27190, 19/28079 ...... 29997 D j) Beschlussempfehlung und Bericht des Zusatzpunkt 12: Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Doris Antrag der Abgeordneten Beate Müller-Ge- Achelwilm, Cornelia Möhring, Dr. Petra mmeke, Anja Hajduk, Corinna Rüffer, weite- Sitte, weiterer Abgeordneter und der Frak- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- tion DIE LINKE: Gutes Leben und gute NIS 90/DIE GRÜNEN: Soziale Arbeit für alle – Eine geschlechterge- Mindestsicherung für Gig-, Click- und rechte Krisen- und Zukunftspolitik ist Crowdworker ermöglichen und stärken nötig Drucksache 19/27212 ...... 29998 B Drucksachen 19/26874, 19/30442 Buch- stabe b ...... 29997 D in Verbindung mit k) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Norbert Kleinwächter, Jürgen Pohl, René Springer, weiteren Ab- Tagesordnungspunkt 51: geordneten und der Fraktion der AfD ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur l) Beschlussempfehlung und Bericht des Änderung des Teilzeit- und Befristungs- Ausschusses für Arbeit und Soziales zu gesetzes dem Antrag der Abgeordneten Beate Drucksachen 19/1841, 19/28534 ...... 29998 A Müller-Gemmeke, Anja Hajduk, Markus l) Beschlussempfehlung und Bericht des Kurth, weiterer Abgeordneter und der Ausschusses für Arbeit und Soziales Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Arbeitszeit – Urteil des Europäischen – zu dem Antrag der Abgeordneten Uwe Gerichtshofs umsetzen, mehr Zeitsou- Witt, René Springer, Jürgen Pohl, weite- veränität ermöglichen rer Abgeordneter und der Fraktion der Drucksachen 19/20585, 19/25379 Buch- AfD: Aufhebung der Verdienstgrenze stabe b ...... 29998 C für geringfügig Beschäftigte durch eine dynamische Kopplung an die Inflation in Verbindung mit Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 VII

Tagesordnungspunkt 51: f) Antrag der Abgeordneten , Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Margit ppp) Zweite und dritte Beratung des von den Stumpp, weiterer Abgeordneter und der Abgeordneten , Michael Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Theurer, Johannes Vogel (Olpe), weite- NS-Euthanasie-Morde und Zwangsste- ren Abgeordneten und der Fraktion der rilisation – Nachgeschichte erforschen FDP eingebrachten Entwurfs eines Ge- Drucksache 19/28824 ...... 30011 B setzes zur Dynamisierung der Ver- dienstgrenzen der geringfügigen g) Antrag der Abgeordneten Detlev Beschäftigung Spangenberg, Dr. , Jörg Drucksachen 19/4764, 19/8375 ...... 29998 C Schneider, weiterer Abgeordneter und der Susanne Ferschl (DIE LINKE) ...... 29998 C Fraktion der AfD: Pflegende Eltern un- terstützen – Flexibilität der Verhinde- (CDU/CSU) ...... 29999 D rungspflege nicht einschränken (AfD) ...... 30001 A Drucksache 19/30415 ...... 30011 B Bernd Rützel (SPD) ...... 30001 D h) Antrag der Abgeordneten Andreas Bleck, Pascal Kober (FDP) ...... 30002 D Karsten Hilse, Marc Bernhard, weiterer Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ Abgeordneter und der Fraktion der AfD: DIE GRÜNEN) ...... 30003 C Windindustrie gehört nicht in den Mee- resraum – Keine Ausweisung von Vor- (CDU/CSU) ...... 30004 C ranggebieten für Windindustrie in der Norbert Kleinwächter (AfD) ...... 30005 C Ausschließlichen Wirtschaftszone im Rahmen der Raumordnung vornehmen Gabriele Hiller-Ohm (SPD) ...... 30006 C Drucksache 19/30405 ...... 30011 C Matthias Nölke (FDP) ...... 30007 C i) Antrag der Abgeordneten Dr. Heiko Dr. (SPD) ...... 30008 B Heßenkemper, Nicole Höchst, Jörn König, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD: Keine Pflichtmitgliedschaft Tagesordnungspunkt 50: der Industrie- und Handelskammern a) Erste Beratung des von den Fraktionen der im Deutschen Industrie- und Handels- CDU/CSU und SPD eingebrachten Ent- kammertag – Stattdessen den Deut- wurfs eines Sechsten Gesetzes zur Ände- schen Industrie- und Handelskammer- rung des Regionalisierungsgesetzes tag reformieren Drucksache 19/30400 ...... 30010 D Drucksache 19/30413 ...... 30011 C b) Erste Beratung des von den Abgeordneten k) Antrag der Abgeordneten Hagen Sven-Christian Kindler, , Reinhold, Frank Sitta, Grigorios Anja Hajduk, weiteren Abgeordneten und Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Fraktion der FDP: Öffentliches Leben er- NEN eingebrachten Entwurfs eines Geset- möglichen – Den Sommer 2021 nutzen zes zur Einschränkung der Privatisie- Drucksache 19/30346 ...... 30011 D rung öffentlicher Infrastrukturen im Bereich der Bundesfernstraßen (Bun- l) Antrag der Abgeordneten Michael desfernstraßenprivatisierungsein- Theurer, Grigorios Aggelidis, , schränkungsgesetz – BFStrPri- weiterer Abgeordneter und der Fraktion vEinschG) der FDP: 10-Punkte-Konjunkturpro- Drucksache 19/29788 ...... 30011 A gramm zum Nulltarif – Vorschläge des c) Antrag der Abgeordneten Jan Ralf Nolte, Nationalen Normenkontrollrats zum Berengar Elsner von Gronow, Rüdiger Bürokratieabbau umsetzen Lucassen, weiterer Abgeordneter und der Drucksache 19/30350 ...... 30011 D Fraktion der AfD: Übermittlung der m) Antrag der Abgeordneten Dr. Achim detaillierten, anonymisierten Vorwürfe Kessler, Susanne Ferschl, Doris gegen einzelne Soldaten des Komman- Achelwilm, weiterer Abgeordneter und dos Spezialkräfte der Fraktion DIE LINKE: Mehr Coro- Drucksache 19/30418 ...... 30011 A na-Impfungen in sozial benachteiligten d) Antrag der Abgeordneten Dr. André Hahn, Stadtteilen und ländlichen Regionen Gökay Akbulut, Ulla Jelpke, weiterer Ab- Drucksache 19/30393 ...... 30012 A geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Diskriminierung von Migrantenorgani- o) Antrag der Abgeordneten Hansjörg sationen im Vereinsrecht beenden Müller, Dr. Heiko Heßenkemper, Steffen Drucksache 19/24689 ...... 30011 B Kotré, weiterer Abgeordneter und der VIII Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Fraktion der AfD: Aufhebung der Sank- und der Fraktion DIE LINKE: Verbrau- tionen gegen Russland – Die deutsche cherrechte in der Berufsunfähigkeits- Wirtschaft stärken versicherung stärken Drucksache 19/30422 ...... 30012 A Drucksache 19/28905 ...... 30012 D p) Antrag der Abgeordneten Hansjörg h) Antrag der Abgeordneten Margarete Müller, Steffen Kotré, , Bause, Lisa Badum, , weiterer weiterer Abgeordneter und der Fraktion Abgeordneter und der Fraktion BÜND- der AfD: Nationale Reserven für kriti- NIS 90/DIE GRÜNEN: Klimaschutz sche Materialien, wie Seltene Erden, braucht Menschenrechte – Menschen- anlegen rechte brauchen Klimaschutz Drucksache 19/29214 ...... 30012 A Drucksache 19/29315 ...... 30012 D t) Antrag der Abgeordneten Enrico Komning, Dr. Heiko Heßenkemper, in Verbindung mit Hansjörg Müller, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD: Holz für die Tagesordnungspunkt 50: heimische Bauwirtschaft – Die mittel- ständische Wirtschaft wirklich schützen e) Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten Drucksache 19/30420 ...... 30012 B Kappert-Gonther, Beate Müller-Ge- mmeke, Britta Haßelmann, weiterer Abge- in Verbindung mit ordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Sonntagsöffnungszeiten von Öffentli- chen Bibliotheken ermöglichen Zusatzpunkt 13: Drucksache 19/7737 ...... 30013 A a) Antrag der Abgeordneten Armin-Paulus Hampel, Dr. Roland Hartwig, Petr in Verbindung mit Bystron, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD: Sofortiger Neustart der deutsch-russischen Beziehungen Tagesordnungspunkt 50: Drucksache 19/30425 ...... 30012 B j) Antrag der Abgeordneten , b) Antrag der Abgeordneten Dr. Christopher , Grigorios Aggelidis, weite- Gohl, Frank Sitta, Torsten Herbst, weiterer rer Abgeordneter und der Fraktion der Abgeordneter und der Fraktion der FDP: FDP: Sonntagsöffnung für öffentliche Maßnahmen für mehr Sicherheit im Bibliotheken Straßengüterverkehr Drucksache 19/23304 ...... 30013 B Drucksache 19/30391 ...... 30012 C d) Antrag der Abgeordneten Katharina in Verbindung mit Willkomm, Stephan Thomae, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Tagesordnungspunkt 50: Fraktion der FDP: Wohneigentum stär- ken – Weitere Kaufnebenkosten senken q) Antrag der Abgeordneten Udo Theodor Drucksache 19/30390 ...... 30012 C Hemmelgarn, , Marc e) Antrag der Abgeordneten Britta Katharina Bernhard, weiterer Abgeordneter und der Dassler, Mario (Südpfalz), Fraktion der AfD: Blackout begegnen – Stephan Thomae, weiterer Abgeordneter Notstromversorgung sicherstellen und der Fraktion der FDP: Förderung Drucksache 19/30404 ...... 30013 D des eSports in Deutschland Drucksache 19/30392 ...... 30012 C in Verbindung mit f) Antrag der Abgeordneten Dr. , Stephan Thomae, Grigorios Tagesordnungspunkt 50: Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Änderung der Ge- r) Antrag der Abgeordneten Jürgen Braun, schäftsordnung des Deutschen Bundes- Dr. , , wei- tages terer Abgeordneter und der Fraktion der AfD: Mittelvergabe an das Hilfswerk hier: Bürgerplenarverfahren der Vereinten Nationen für Palästina- Drucksache 19/30384 ...... 30012 D Flüchtlinge im Nahen Osten stoppen – g) Antrag der Abgeordneten Amira Den Friedensprozess zwischen Israel Mohamed Ali, Matthias W. Birkwald, und den Palästinensern fördern Dr. André Hahn, weiterer Abgeordneter Drucksache 19/30414 ...... 30014 A Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 IX in Verbindung mit nigten Königreich Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Dop- pelbesteuerung und zur Verhinderung Tagesordnungspunkt 50: der Steuerverkürzung auf dem Gebiet s) Antrag der Abgeordneten Wilhelm von der Steuern vom Einkommen und vom Gottberg, , , Vermögen in der durch das am 17. März weiterer Abgeordneter und der Fraktion 2014 in London unterzeichnete Proto- der AfD: Tarifermäßigung bei Einkünf- koll geänderten Fassung ten aus Land- und Forstwirtschaft fort- Drucksachen 19/29559, 19/30441 ...... 30015 C führen d) Zweite und dritte Beratung des von der Drucksache 19/30417 ...... 30014 B Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom in Verbindung mit 24. März 2021 zur Änderung des Abkommens vom 12. April 2012 zwi- schen der Bundesrepublik Deutschland Zusatzpunkt 13: und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteue- c) Antrag der Abgeordneten , rung und zur Verhinderung der Steuer- Britta Katharina Dassler, Alexander Graf verkürzung auf dem Gebiet der Steuern Lambsdorff, weiterer Abgeordneter und vom Einkommen in der durch das Pro- der Fraktion der FDP: Menschenrechten tokoll vom 11. Januar 2016 geänderten auch im Zuge von Sportgroßveranstal- Fassung tungen Geltung verschaffen Drucksachen 19/29486, 19/30235, Drucksache 19/30389 ...... 30014 C 19/30441 ...... 30015 D e) Zweite und dritte Beratung des von der in Verbindung mit Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Vorschlag für eine Zusatzpunkt 13: Verordnung (EU) .../... des Rates vom ... zur Ausdehnung der Anwen- i) Antrag der Abgeordneten Dr. Irene dung der Verordnung (EU) …/... des Mihalic, , Dr. Konstantin Europäischen Parlaments und des von Notz, weiterer Abgeordneter und der Rates über ein Aktionsprogramm in Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: den Bereichen Austausch, Unterstüt- Koordinierte Rückführung deutscher zung und Ausbildung zum Schutz des Staatsbürgerinnen und Staatsbürger gegen Geldfälschung für den Zeit- aus den ehemaligen IS-Gebieten ge- raum 2021–2027 („Programm Peri- währleisten cles IV“) auf die nicht teilnehmenden Drucksache 19/27876 ...... 30014 D Mitgliedstaaten Drucksachen 19/29560, 19/30439 ...... 30016 B f) – Zweite und dritte Beratung des von der Tagesordnungspunkt 51: Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Anpassung b) Zweite und dritte Beratung des von der der Bundesbesoldung und -versor- Bundesregierung eingebrachten Entwurfs gung für 2021/2022 und zur Ände- eines Gesetzes zu dem Protokoll vom rung weiterer dienstrechtlicher Vor- 19. Januar 2021 zur Änderung des schriften (BBVAnpÄndG 2021/2022) Abkommens vom 30. März 2011 zwi- Drucksachen 19/28677, 19/29571, schen der Bundesrepublik Deutschland 19/30476 ...... 30016 B und Irland zur Vermeidung der Doppel- besteuerung und zur Verhinderung der – Bericht des Haushaltsausschusses ge- Steuerverkürzung auf dem Gebiet der mäß § 96 der Geschäftsordnung Steuern vom Einkommen und vom Ver- Drucksache 19/30519 ...... 30016 C mögen in der durch das Protokoll vom g) Zweite Beratung und Schlussabstimmung 3. Dezember 2014 geänderten Fassung des von der Bundesregierung eingebrach- Drucksachen 19/29558, 19/30441 ...... 30015 B ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem c) Zweite und dritte Beratung des von der Zusatzprotokoll vom 20. Februar 2008 Bundesregierung eingebrachten Entwurfs zum Übereinkommen vom 19. Mai 1956 eines Gesetzes zu dem Protokoll vom über den Beförderungsvertrag im inter- 12. Januar 2021 zur Änderung des am nationalen Straßengüterverkehr 30. März 2010 in London unterzeichne- (CMR) betreffend den elektronischen ten Abkommens zwischen der Bundes- Frachtbrief republik Deutschland und dem Verei- Drucksachen 19/29564, 19/30497 ...... 30016 D X Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 h) Zweite und dritte Beratung des von der – zu dem Antrag der Abgeordneten Sven Bundesregierung eingebrachten Entwurfs Lehmann, Dr. , Anja eines Gesetzes zur Pflanzengesundheit Hajduk, weiterer Abgeordneter und der Drucksachen 19/28405, 19/30493 ...... 30016 D Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Stromsperren verhindern – Energie- i) Beschlussempfehlung und Bericht des versorgung für alle garantieren Ausschusses für Umwelt, Naturschutz Drucksachen 19/14334, 19/9958, und nukleare Sicherheit zu der Verordnung 19/25669 ...... 30018 A der Bundesregierung: Verordnung über die Beschaffenheit und Kennzeichnung p) Zweite und dritte Beratung des von den von bestimmten Einwegkunststoffpro- Abgeordneten Christian Kühn (Tübingen), dukten (Einwegkunststoffkennzeich- Lisa Paus, Britta Haßelmann, weiteren nungsverordnung – EWKKennzV) Abgeordneten und der Fraktion BÜND- Drucksachen 19/29627, 19/29997 Nr. 2.1, NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten 19/30499 ...... 30017 B Entwurfs eines Gesetzes zur neuen Wohngemeinnützigkeit (Neues Wohn- j) Beschlussempfehlung und Bericht des gemeinnützigkeitsgesetz – NWohnGG) Ausschusses für Umwelt, Naturschutz Drucksachen 19/17307, 19/30044 ...... 30018 B und nukleare Sicherheit zu der Verordnung der Bundesregierung: Verordnung zur q) Beschlussempfehlung und Bericht des Neufassung der Verordnung über Ausschusses für Bau, Wohnen, Stadtent- Großfeuerungs-, Gasturbinen- und Ver- wicklung und Kommunen zu dem Antrag brennungsmotoranlagen und zur Än- der Abgeordneten Christian Kühn (Tübin- derung der Verordnung über die Ver- gen), , Claudia Müller, weite- brennung und die Mitverbrennung von rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- Abfällen NIS 90/DIE GRÜNEN: Altschulden – Drucksachen 19/29628, 19/29997 Nr. 2.2, Existenzgefährdung für ostdeutsche 19/30494 ...... 30017 B Wohnungsunternehmen vermeiden Drucksachen 19/15921, 19/30044 ...... 30018 C m) Beschlussempfehlung und Bericht des r) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz Ausschusses für Verkehr und digitale In- und nukleare Sicherheit frastruktur zu dem Antrag der Abgeordne- – zu dem Antrag der Abgeordneten Sylvia ten , Sven-Christian Kotting-Uhl, Lisa Badum, Dr. Bettina Kindler, Dr. Bettina Hoffmann, weiterer Hoffmann, weiterer Abgeordneter und Abgeordneter und der Fraktion BÜND- der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NIS 90/DIE GRÜNEN: Mobilfunk als NEN: Tschernobyl mahnt – Atomaus- Daseinsvorsorge stieg konsequent umsetzen Drucksachen 19/16518, 19/27446 ...... 30018 D – zu dem Antrag der Abgeordneten Sylvia s) Beschlussempfehlung und Bericht des Kotting-Uhl, Lisa Badum, Dr. Bettina Ausschusses für Ernährung und Landwirt- Hoffmann, weiterer Abgeordneter und schaft zu dem Antrag der Abgeordneten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Renate Künast, , Friedrich NEN: Acht Jahre Fukushima – Atom- Ostendorff, weiterer Abgeordneter und ausstieg in Europa voranbringen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Drucksachen 19/2113, 19/8284, 19/30501 30017 C NEN: Lebensmittelverschwendung stoppen n) Beschlussempfehlung und Bericht des Drucksachen 19/14358, 19/30485 ...... 30018 D Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zu dem Antrag t) Antrag der Abgeordneten , der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Renate Künast, Lisa Paus, weiterer Abge- Lisa Badum, Dr. Bettina Hoffmann, wei- ordneter und der Fraktion BÜND- terer Abgeordneter und der Fraktion NIS 90/DIE GRÜNEN: Containern von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mehr Par- Lebensmitteln erlauben und entkrimi- tizipation bei der Zwischenlagerung nalisieren hochradioaktiver Abfälle Drucksache 19/26236 ...... 30019 A Drucksachen 19/6127, 19/29597 ...... 30017 D u) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres und Heimat zu o) Beschlussempfehlung und Bericht des dem Antrag der Abgeordneten Dr. Irene Ausschusses für Wirtschaft und Energie Mihalic, Luise Amtsberg, Canan Bayram, – zu dem Antrag der Abgeordneten Amira weiterer Abgeordneter und der Fraktion Mohamed Ali, Lorenz Gösta Beutin, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zusam- Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeord- menarbeit im föderalen Katastrophen- neter und der Fraktion DIE LINKE: schutz stärken Stromsperren gesetzlich verbieten Drucksachen 19/17749, 19/20188 ...... 30019 B Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 XI v) Beschlussempfehlung und Bericht des len – Rechte marginalisierter Gruppen Ausschusses für Arbeit und Soziales zu in Zeiten der COVID-19-Pandemie dem Antrag der Abgeordneten nachhaltig stärken Dr. , Beate Müller-Ge- Drucksachen 19/19538, 19/26781 Buch- mmeke, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, stabe b ...... 30020 B weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Arbeit- bb) Antrag der Abgeordneten Dr. Lothar nehmerfreizügigkeit in der EU fair Maier, Armin-Paulus Hampel, Dr. Roland gestalten und Ausbeutung stoppen Hartwig, weiterer Abgeordneter und der Drucksachen 19/24433, 19/30436 ...... 30019 B Fraktion der AfD: Weltkulturerbe Pal- myra und Stadt Tadmur wiederauf- w) Beschlussempfehlung und Bericht des bauen Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag Drucksache 19/30411 ...... 30020 B der Abgeordneten Omid Nouripour, , Uwe Kekeritz, weiterer Abge- cc) Beschlussempfehlung und Bericht des ordneter und der Fraktion BÜND- Ausschusses für Kultur und Medien zu NIS 90/DIE GRÜNEN: Deutsche Ägyp- dem Antrag der Abgeordneten Thomas tenpolitik an Fortschritte in den Hacker, Katja Suding, Grigorios Bereichen Zivilgesellschaft, Pressefrei- Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der heit und Menschenrechte binden Fraktion der FDP: Öffentlich-rechtlicher Drucksachen 19/22216, 19/27980 ...... 30019 C Rundfunk – Zukunftsfest machen und x) Beschlussempfehlung und Bericht des gesellschaftliche Akzeptanz erhöhen Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag Drucksachen 19/14032, 19/28393 Buch- der Abgeordneten , Margarete stabe b ...... 30020 C Bause, Dr. Franziska Brantner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- dd) Beschlussempfehlung und Bericht des NIS 90/DIE GRÜNEN: Zivilbevölkerung Ausschusses für Kultur und Medien zu schützen – Den Einsatz von Explosiv- dem Antrag der Abgeordneten Hartmut waffen in besiedelten Gebieten vermei- Ebbing, Thomas Hacker, , wei- den terer Abgeordneter und der Fraktion der Drucksachen 19/16842, 19/27982 ...... 30019 D FDP: Elektronische Tanz- und Clubkul- tur als immaterielles Kulturerbe unter- y) Beschlussempfehlung und Bericht des stützen Ausschusses für Bau, Wohnen, Stadtent- Drucksachen 19/16832, 19/28344 ...... 30020 D wicklung und Kommunen zu dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Christian ee) Beschlussempfehlung und Bericht des Kühn (Tübingen), Beate Walter- Ausschusses für Menschenrechte und Rosenheimer, weiterer Abgeordneter und humanitäre Hilfe zu dem Antrag der Ab- der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- geordneten , Alexander Graf NEN: Offensive für bezahlbaren Wohn- Lambsdorff, Grigorios Aggelidis, weiterer raum für Studierende Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Drucksachen 19/13551, 19/24804 Buch- Vorausschauende humanitäre Hilfe für stabe c ...... 30019 D die Sahel-Zone z) Beschlussempfehlung und Bericht des Drucksachen 19/19505, 19/23859 ...... 30020 D Ausschusses für Gesundheit zu dem An- trag der Abgeordneten Dr. Kirsten ff) Beschlussempfehlung und Bericht des Kappert-Gonther, Maria Klein-Schmeink, Ausschusses für Inneres und Heimat zu Filiz Polat, weiterer Abgeordneter und der dem Antrag der Abgeordneten Konstantin Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kuhle, Stephan Thomae, Grigorios Hohe Versorgungsqualität in der Ein- Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der wanderungsgesellschaft sicherstellen, Fraktion der FDP: Clankriminalität interkulturelle Öffnung im Gesund- effektiv bekämpfen heitswesen fördern Drucksachen 19/11105, 19/17182 Buch- Drucksachen 19/16844, 19/26628 Buch- stabe b ...... 30021 A stabe b ...... 30020 A gg) Beschlussempfehlung und Bericht des aa) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kultur und Medien zu Ausschusses für Gesundheit zu dem An- dem Antrag der Abgeordneten Thomas trag der Abgeordneten Maria Klein- Hacker, Katja Suding, Renata Alt, weiterer Schmeink, Filiz Polat, Dr. Kirsten Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Kappert-Gonther, weiterer Abgeordneter Spiele und Spieleautoren würdigen – und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE Rechtliche und vergütungsrechtliche GRÜNEN: Zugang zur Gesundheitsver- Rahmenbedingungen verbessern sorgung für alle Menschen sicherstel- Drucksachen 19/23682, 19/28646 ...... 30021 B XII Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 hh) Beschlussempfehlung und Bericht des oo) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres und Heimat zu Ausschusses für Bau, Wohnen, Stadtent- dem Antrag der Abgeordneten Konstantin wicklung und Kommunen zu dem Antrag Kuhle, Manuel Höferlin, Thomas Hacker, der Abgeordneten , Caren weiterer Abgeordneter und der Fraktion Lay, Dr. , weiterer Abgeordneter der FDP: Schutz der Bundestags- und der Fraktion DIE LINKE: Für einen wahl 2021 vor Desinformation und Hochschulsozialpakt – 50.000 neue Cyberangriffen Wohnheimplätze für Studierende Drucksachen 19/28743, 19/30479 ...... 30021 B Drucksachen 19/14154, 19/24804 Buch- stabe b ...... 30022 C ii) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie pp) Beschlussempfehlung und Bericht des zu dem Antrag der Abgeordneten Ralph Ausschusses für Bildung, Forschung und Lenkert, Lorenz Gösta Beutin, Dr. Gesine Technikfolgenabschätzung zu dem Antrag Lötzsch, weiterer Abgeordneter und der der Abgeordneten Nicole Gohlke, Dr. Petra Fraktion DIE LINKE: Bundeseinheitli- Sitte, Doris Achelwilm, weiterer Abgeord- che Netzentgelte für Strom neter und der Fraktion DIE LINKE: Kri- Drucksachen 19/16073, 19/29999 ...... 30021 C sensichere Unterstützungsangebote zur jj) Zweite und dritte Beratung des von den Verbesserung der sozialen Lage der Stu- Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch, Lorenz dierenden Gösta Beutin, , weiteren Drucksachen 19/23931, 19/28527 Buch- Abgeordneten und der Fraktion DIE LIN- stabe b ...... 30022 D KE eingebrachten Entwurfs eines … Ge- qq) Beschlussempfehlung und Bericht des setzes zur Änderung der Abgabenord- Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag nung der Abgeordneten , Drucksachen 19/10751, 19/30475 ...... 30021 D Dr. Franziska Brantner, Katja Keul, weite- kk) Beschlussempfehlung und Bericht des rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- Ausschusses für Verkehr und digitale In- NIS 90/DIE GRÜNEN: Glaubwürdigkeit frastruktur zu dem Antrag der Abgeordne- für Frieden, Diplomatie und Sicherheit – ten , Dr. Gesine Lötzsch, Impulse für eine gemeinsame Außen- Lorenz Gösta Beutin, weiterer Abgeordne- und Sicherheitspolitik der Europä- ter und der Fraktion DIE LINKE: Motor- ischen Union radfahrende besser schützen – Unter- Drucksachen 19/10185, 19/22288 ...... 30022 D fahrschutz muss Regel werden rr) Beschlussempfehlung und Bericht des Drucksachen 19/8647, 19/10001 ...... 30021 D Ausschusses für Gesundheit zu dem An- ll) Beschlussempfehlung und Bericht des trag der Abgeordneten Katja Dörner, Ausschusses für Wirtschaft und Energie , Maria Klein- zu dem Antrag der Abgeordneten Simone Schmeink, weiterer Abgeordneter und der Barrientos, Dr. Petra Sitte, Doris Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Achelwilm, weiterer Abgeordneter und Eltern mit kranken Kindern besser un- der Fraktion DIE LINKE: Fiktiver Unter- terstützen – Lohnfortzahlungsanspruch nehmerlohn jetzt – Soloselbstständigen und Kinderkrankengeld lebensnah und Freiberuflerinnen und Freiberuf- reformieren lern aus der Corona-Krise helfen Drucksachen 19/22501, 19/30465 Buch- Drucksachen 19/29273, 19/29933 ...... 30022 A stabe b ...... 30023 A mm) Antrag der Abgeordneten Simone ss) Beschlussempfehlung und Bericht des Barrientos, Dr. André Hahn, Dr. Petra Ausschusses für Gesundheit zu dem An- Sitte, weiterer Abgeordneter und der trag der Abgeordneten Maria Klein- Fraktion DIE LINKE: Staatsziele Kul- Schmeink, Dr. , tur und Sport ins Grundgesetz Dr. Kirsten Kappert-Gonther, weiterer Ab- Drucksache 19/29438 ...... 30022 B geordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Eine starke Stim- nn) Beschlussempfehlung und Bericht des me für Patientinnen und Patienten – Ausschusses für Bildung, Forschung und Patientenstiftung gründen und Unab- Technikfolgenabschätzung zu dem Antrag hängige Patientenberatung reformieren der Abgeordneten , Drucksachen 19/25382, 19/29888 ...... 30023 B Dr. Birke Bull-Bischoff, Dr. Petra Sitte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion tt) Zweite und dritte Beratung des von der DIE LINKE: Programm „Kultur macht Bundesregierung eingebrachten Entwurfs stark“ – Förderung anpassen, sichern eines Gesetzes zur Umsetzung der Digi- und verstetigen talisierungsrichtlinie (DiRUG) Drucksachen 19/28780, 19/30343 ...... 30022 B Drucksachen 19/28177, 19/30523 ...... 30023 B Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 XIII uu) Zweite Beratung und Schlussabstimmung bbb) Zweite und dritte Beratung des von dem des von der Bundesregierung eingebrach- Abgeordneten Tobias Matthias Peterka ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem und der Fraktion der AfD eingebrachten Abkommen vom 10. Februar 2021 zwi- Entwurfs eines Gesetzes zur Straf- schen der Regierung der Bundesrepu- schärfung bei Rückfall blik Deutschland und dem Schweizeri- Drucksachen 19/6371 (neu), 19/20138 . 30024 D schen Bundesrat über die gegenseitige ccc) Zweite und dritte Beratung des von den Feststellung der Gleichwertigkeit von Abgeordneten , Marc beruflichen Abschlüssen Bernhard, Jürgen Braun, weiteren Abge- Drucksachen 19/29557, 19/30472 ...... 30023 C ordneten und der Fraktion der AfD ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur ww) Beschlussempfehlung und Bericht des Änderung des Deutschen Richterge- Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität setzes (Mitwirkung von Proberich- und Geschäftsordnung zu dem Antrag der tern) Abgeordneten Joana Cotar, Jens Maier, Drucksachen 19/11942, 19/19304 ...... 30024 D Uwe Schulz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD: Reform des Bun- ddd) Beschlussempfehlung und Bericht des destages – Änderung der Geschäftsord- Ausschusses für Gesundheit zu dem nung des Deutschen Bundestages – Antrag der Abgeordneten Paul Viktor Digitale Abstimmungsgeräte nutzen Podolay, , Drucksachen 19/19243, 19/25779 ...... 30023 D Dr. Robby Schlund, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der AfD: Mehr xx) Beschlussempfehlung und Bericht des Transparenz für Versicherte – Kran- Ausschusses für Arbeit und Soziales zu kenkassen zu einer Bewertung ihrer dem Antrag der Abgeordneten Joana Dienstleistungen verpflichten Cotar, Dr. , Uwe Drucksachen 19/29299, 19/30245 ...... 30025 A Schulz, weiterer Abgeordneter und der eee) Beschlussempfehlung und Bericht des Fraktion der AfD: Keine gesetzliche Ausschusses für Gesundheit zu dem Regulierung des Einsatzes von KI- Antrag der Abgeordneten Detlev Lösungen in der Personalrekrutierung Spangenberg, Dr. Robby Schlund, Uwe Drucksachen 19/28459, 19/29991 ...... 30024 A Witt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD: COVID-19-Risiko- yy) Beschlussempfehlung und Bericht des gruppen bezüglich Vorerkrankungen Ausschusses für Bau, Wohnen, Stadtent- genauer definieren wicklung und Kommunen zu dem Antrag Drucksachen 19/29307, 19/30082 ...... 30025 B der Abgeordneten Joana Cotar, fff) Beschlussempfehlung und Bericht des Dr. Michael Espendiller, Uwe Schulz, wei- Ausschusses für Gesundheit zu dem An- terer Abgeordneter und der Fraktion der trag der Abgeordneten Ulrich Oehme, AfD: Ausarbeitung und Umsetzung Detlev Spangenberg, Dr. Robby einer Smart-Cities-Strategie Schlund, weiterer Abgeordneter und Drucksachen 19/28449,19/30373 ...... 30024 B der Fraktion der AfD: Die Folgen von Konsanguinität anerkennen und ein- zz) Beschlussempfehlung und Bericht des dämmen Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität Drucksachen 19/20688, 19/26572 ...... 30025 B und Geschäftsordnung zu dem Antrag der Abgeordneten Joana Cotar, Uwe Schulz, ggg) Zweite und dritte Beratung des von den Dr. Michael Espendiller, weiterer Abge- Abgeordneten Katrin Helling-Plahr, ordneter und der Fraktion der AfD: Aus- Stephan Thomae, Grigorios Aggelidis, strahlung des Parlamentsfernsehens weiteren Abgeordneten und der Fraktion ausweiten der FDP eingebrachten Entwurfs eines Drucksachen 19/29785, 19/30481 ...... 30024 B Gesetzes zur Änderung des Gen- diagnostikgesetzes – Vorgeburtliche Vaterschaftstests ermöglichen aaa) Zweite und dritte Beratung des von dem Drucksachen 19/16950, 19/30471 ...... 30025 C Abgeordneten Roman Johannes Reusch und der Fraktion der AfD eingebrachten hhh) Beschlussempfehlung und Bericht des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung Ausschusses für Kultur und Medien zu des Strafgesetzbuches und weiterer dem Antrag der Abgeordneten Thomas Gesetze ‒ Bekämpfung der Haushalt- Hacker, Katja Suding, Grigorios suntreue und zur Sicherstellung der Aggelidis, weiterer Abgeordneter und ordnungsgemäßen Verwendung der Fraktion der FDP: Digitalisierung öffentlicher Mittel der Archive der DDR-Opposition Drucksachen 19/2469, 19/7460 ...... 30024 C Drucksachen 19/14728, 19/28343 ...... 30025 D XIV Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 iii) Beschlussempfehlung und Bericht des Einführung einer Bagatellgrenze für Ausschusses für Kultur und Medien zu Rückforderungen im Zweiten Sozial- dem Antrag der Abgeordneten Thomas gesetzbuch Hacker, Katja Suding, Grigorios Drucksachen 19/29742, 19/30504 Buch- Aggelidis, weiterer Abgeordneter und stabe b ...... 30027 A der Fraktion der FDP: Propaganda mit Journalismus begegnen – Für rrr) Beschlussempfehlung und Bericht des eine starke Zivilgesellschaft auch in Ausschusses für Arbeit und Soziales zu Belarus dem Antrag der Abgeordneten Pascal Drucksachen 19/23929, 19/27729 ...... 30025 D Kober, Michael Theurer, Johannes Vogel (Olpe), weiterer Abgeordneter jjj) Beschlussempfehlung und Bericht des und der Fraktion der FDP: Mit dem Auswärtigen Ausschusses zu dem An- Führerschein gegen Langzeitarbeits- trag der Abgeordneten Renata Alt, losigkeit Alexander Müller, Michael Georg Drucksachen 19/29268, 19/29973 Buch- Link, weiterer Abgeordneter und der stabe a ...... 30027 B Fraktion der FDP: Grenzübergreifende Zusammenarbeit mit Polen stärken sss) Beschlussempfehlung und Bericht des Drucksachen 19/29744, 19/30460 ...... 30026 A Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Pascal kkk) Antrag der Abgeordneten Dr. Marcus Kober, Michael Theurer, Jens Beeck, Faber, , Frank Müller- weiterer Abgeordneter und der Fraktion Rosentritt, weiterer Abgeordneter und der FDP: Liberales Bürgergeld einfüh- der Fraktion der FDP: Beziehungen zu ren – Einstiegs- und Aufstiegsdyna- Taiwan fördern und nachhaltig ver- mik im Arbeitsmarkt verbessern – bessern Hartz IV reformieren Drucksache 19/30382 ...... 30026 B Drucksachen 19/15040, 19/30504 Buch- lll) Antrag der Abgeordneten Hagen stabe c ...... 30027 B Reinhold, Frank Sitta, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und ttt) Beschlussempfehlung und Bericht des der Fraktion der FDP: Pflicht zur Ver- Ausschusses für Arbeit und Soziales zu öffentlichung von Studien dem Antrag der Abgeordneten Pascal Drucksache 19/30347 ...... 30026 B Kober, Michael Theurer, Jens Beeck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion mmm) Antrag der Abgeordneten Dr. Christoph der FDP: Hartz IV entbürokratisieren Hoffmann, Dr. Marie-Agnes Strack- und vereinfachen Zimmermann, Otto Fricke, weiterer Drucksachen 19/10619, 19/30504 Buch- Abgeordneter und der Fraktion der stabe d ...... 30027 C FDP: Kommunen stärken − Förder- dschungel lichten uuu) Beschlussempfehlung und Bericht des Drucksache 19/28358 ...... 30026 C Auswärtigen Ausschusses zu dem An- trag der Fraktion DIE LINKE: 80 Jahre nnn) Beschlussempfehlung und Bericht des deutscher Überfall auf die Sowjet- Sportausschusses zu dem Antrag der union – Für eine Politik der Entspan- Abgeordneten Britta Katharina Dassler, nung gegenüber Russland und eine Stephan Thomae, , wei- neue Ära der Abrüstung terer Abgeordneter und der Fraktion der Drucksachen 19/29437, 19/30461 ...... 30027 D FDP: Transparenz schaffen und Potenzialanalysesystem verbessern vvv) Beschlussempfehlung und Bericht des Drucksachen 19/25243, 19/26470 ...... 30026 D Ausschusses für Bildung, Forschung ooo) Zweite und dritte Beratung des von den und Technikfolgenabschätzung zu dem Abgeordneten Katrin Helling-Plahr, Antrag der Abgeordneten Nicole Stephan Thomae, Grigorios Aggelidis, Gohlke, Dr. Birke Bull-Bischoff, weiteren Abgeordneten und der Fraktion Dr. Petra Sitte, weiterer Abgeordneter der FDP eingebrachten Entwurfs eines und der Fraktion DIE LINKE: Gute Bil- Gesetzes zur Änderung des Embryo- dung braucht gute Räume – Bundes- nenschutzgesetzes – Kinderwünsche mittel für Schul- und Hochschulbau erfüllen, Eizellspenden legalisieren Drucksachen 19/26564, 19/30344 ...... 30027 D Drucksachen 19/17633, 19/29731 ...... 30026 D www) Beschlussempfehlung und Bericht des qqq) Zweite und dritte Beratung des von den Ausschusses für Kultur und Medien zu Abgeordneten Pascal Kober, Michael dem Antrag der Abgeordneten Dr. Marc Theurer, Jens Beeck, weiteren Abgeord- Jongen, Martin Erwin Renner, Thomas neten und der Fraktion der FDP einge- Ehrhorn, weiterer Abgeordneter und brachten Entwurfs eines Gesetzes zur der Fraktion der AfD: Der Trauer Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 XV

um die deutschen Opfer des Zweiten eeee) Beschlussempfehlung und Bericht des Weltkrieges mit einer Gedenkstätte Ausschusses für Verkehr und digitale Ausdruck verleihen Infrastruktur zu dem Antrag der Abge- Drucksachen 19/19156, 19/21344 . . . . . 30028 A ordneten Frank Sitta, Manuel Höferlin, Grigorios Aggelidis, weiterer Abge- xxx) Beschlussempfehlung und Bericht des ordneter und der Fraktion der FDP: Auswärtigen Ausschusses zu dem Smart – Gigabit-Gutschei- Antrag der Abgeordneten Thomas ne für den Breitbandausbau Ehrhorn, Dr. , Martin Drucksachen 19/14048, 19/15194 . . . . . 30029 A Erwin Renner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD: Presse- ffff) Beschlussempfehlung und Bericht des und Meinungsfreiheit schützen – Ausschusses für Inneres und Heimat zu EU-Aktionsplan zurückweisen dem Antrag der Abgeordneten Manuel Drucksachen 19/17781, 19/20205 . . . . . 30028 B Höferlin, Frank Sitta, , weiterer Abgeordneter und der Frak- yyy) Beschlussempfehlung und Bericht des tion der FDP: Smart Germany – Ausschusses für Kultur und Medien zu Cybersicherheit der 5G-Netze dem Antrag der Abgeordneten Martin Drucksachen 19/14046, 19/17170 . . . . . 30029 A Erwin Renner, Marc Bernhard, Petr gggg) Beschlussempfehlung und Bericht des Bystron, weiterer Abgeordneter und Ausschusses für die Angelegenheiten der Fraktion der AfD: Einsetzung der Europäischen Union zu dem Antrag einer Enquete-Kommission – Für der Abgeordneten Renata Alt, Michael eine neue Rundfunkordnung Georg Link, Thomas Hacker, weiterer Drucksachen 19/23728, 19/28393 Abgeordneter und der Fraktion der Buchstabe a ...... 30028 B FDP: Die europäische Perspektive zzz) Beschlussempfehlung und Bericht des der Länder des Westbalkans enga- Ausschusses für Bildung, Forschung giert und realistisch vorantreiben und Technikfolgenabschätzung zu Drucksachen 19/28357, 19/30385 . . . . . 30029 B dem Antrag der Abgeordneten Joana hhhh) Antrag der Abgeordneten Nicole Cotar, Uwe Schulz, Dr. Michael Westig, Dr. (Rhein- Espendiller, weiterer Abgeordneter Neckar), Michael Theurer, weiterer und der Fraktion der AfD: Ausarbei- Abgeordneter und der Fraktion der tung und Durchführung einer Infor- FDP: Beste Bildung – Auch für die mations- und Aufklärungskampagne Pflege für die Bevölkerung zu den Funk- Drucksache 19/30351 ...... 30029 C tions- und Wirkmechanismen Künstlicher Intelligenz durch die iiii)–vvvv) Beratung der Beschlussempfeh- Bundesregierung lungen des Petitionsausschusses: Drucksachen 19/24421, 19/30244 . . . . . 30028 C Sammelübersichten 891, 892, 893, 894, 895, 896, 897, 898, aaaa) Beschlussempfehlung und Bericht des 899, 900, 901, 902, 903 und 904 Ausschusses für Wahlprüfung, Immu- zu Petitionen nität und Geschäftsordnung zu dem Drucksachen 19/29821, 19/29822, Antrag der Abgeordneten Johannes 19/29823, 19/29824, 19/29825, Huber, , Jens Maier, wei- 19/29826, 19/29827, 19/29828, terer Abgeordneter und der Fraktion 19/29829, 19/29830, 19/29831, der AfD: Einfach frei leben – Mehr 19/29832, 19/29833, 19/29834 ...... 30029 C Demokratie wagen und eine Bürger- Marian Wendt (CDU/CSU) ...... 30030 A stunde im Bundestag einführen – Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages in Verbindung mit Drucksachen 19/29781, 19/30482 . . . . . 30028 D bbbb) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immu- Zusatzpunkt 14: nität und Geschäftsordnung zu dem Antrag der Abgeordneten Stephan b) Beschlussempfehlung und Bericht des Brandner, Jürgen Braun, Marcus Bühl, Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- weiterer Abgeordneter und der Frak- menarbeit und Entwicklung zu dem An- tion AfD: Auslegung von § 2 Absatz 1 trag der Abgeordneten Ulrich Oehme, Satz 2 und § 126 der Geschäftsord- , , nung des Deutschen Bundestages weiterer Abgeordneter und der Fraktion Drucksachen 19/26228, 19/28675 . . . . . 30028 D der AfD: Deutschsprachige Publikatio- XVI Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

nen von ministeriell mandatierten, poli- Aschenberg-Dugnus, weiterer Abgeordne- tisch handlungsempfehlenden Institu- ter und der Fraktion der FDP: Ausbau der tionen der Entwicklungspolitik dritten Start- und Landebahn des Flug- Drucksachen 19/14068, 19/16383 ...... 30031 D hafens München c) Beschlussempfehlung und Bericht des Drucksachen 19/5529, 19/6524: ...... 30032 D Ausschusses für Kultur und Medien zu i) Beschlussempfehlung und Bericht des dem Antrag der Abgeordneten Ulrich Ausschusses für Kultur und Medien Oehme, Marc Bernhard, Stephan – zu dem Antrag der Abgeordneten Doris Brandner, weiterer Abgeordneter und der Achelwilm, Dr. Petra Sitte, Simone Fraktion der AfD: Verpflichtende deut- Barrientos, weiterer Abgeordneter und sche Sprache in Publikationen von der Fraktion DIE LINKE: Öffentlich- ministeriell mandatierten, politisch rechtlichen Rundfunk zukunftsge- handlungsempfehlenden Institutionen recht entwickeln – Qualität, Regiona- Drucksachen 19/20689, 19/24152 ...... 30032 A lität und Solidarität ausbauen statt d) Beschlussempfehlung und Bericht des abbauen Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- – zu dem Antrag der Abgeordneten Tabea menarbeit und Entwicklung zu dem Rößner, Margit Stumpp, Dr. Konstantin Antrag der Abgeordneten Markus von Notz, weiterer Abgeordneter und Frohnmaier, Dietmar Friedhoff, Ulrich der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Oehme, weiterer Abgeordneter und der NEN: Öffentlich-rechtlicher Rund- Fraktion der AfD: Kürzung von Ent- funk – Bestand und Weiterentwick- wicklungsleistungen gegenüber der lung sichern Türkei Drucksachen 19/23937, 19/8475, Drucksachen 19/14347, 19/19836 ...... 30032 A 19/28393 Buchstaben c und d ...... 30033 A e) Beschlussempfehlung und Bericht des j) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- Ausschusses für Bildung, Forschung und menarbeit und Entwicklung zu dem Technikfolgenabschätzung zu dem Antrag Antrag der Abgeordneten Markus der Abgeordneten Kai Gehring, Beate Frohnmaier, Marcus Bühl, Dietmar Walter-Rosenheimer, Dr. Anna Friedhoff, weiterer Abgeordneter und der Christmann, weiterer Abgeordneter und Fraktion der AfD: Aggressionen und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Kaviar-Diplomatie in die Schranken NEN: Meisterstück für Gleichwertig- weisen – Entwicklungszusammenarbeit keit – Masterplan zur Stärkung der be- mit Aserbaidschan und der Türkei be- ruflichen Bildung enden Drucksachen 19/21721, 19/28964 ...... 30033 B Drucksachen 19/28796, 19/30178 ...... 30032 B k) Beschlussempfehlung und Bericht des f) Beschlussempfehlung und Bericht des Verteidigungsausschusses zu der Unter- Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- richtung durch die Wehrbeauftragte: Jah- menarbeit und Entwicklung zu dem resbericht 2020 (62. Bericht) Antrag der Abgeordneten Markus Drucksachen 19/26600, 19/30437 ...... 30033 C Frohnmaier, Marc Bernhard, , weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD: Verpflichtende Veröffentli- in Verbindung mit chung und Zuleitung der Ergebnisbe- richte der Externen Qualitätskontrolle Tagesordnungspunkt 32: der Deutschen Gesellschaft für Interna- tionale Zusammenarbeit an den Deut- b) Zweite und dritte Beratung des von der schen Bundestag Bundesregierung eingebrachten Entwurfs Drucksachen 19/23954, 19/29647 ...... 30032 C eines Siebzehnten Gesetzes zur Ände- g) Beschlussempfehlung und Bericht des rung des Arzneimittelgesetzes Ausschusses für Verkehr und digitale In- Drucksachen 19/23159, 19/30484 ...... 30033 C frastruktur zu dem Antrag der Abgeordne- ten , Alexander Müller, in Verbindung mit Frank Sitta, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Rechtssicherheit bei Rohmessdaten schaffen Tagesordnungspunkt 32: Drucksachen 19/27110, 19/29070 ...... 30032 C c) Beschlussempfehlung und Bericht des h) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung und Landwirt- Ausschusses für Verkehr und digitale In- schaft zu dem Antrag der Abgeordneten frastruktur zu dem Antrag der Abgeordne- , Renate Künast, ten Bernd Reuther, Frank Sitta, Christine Harald Ebner, weiterer Abgeordneter und Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 XVII

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- i) Wahlvorschlag der Fraktion der AfD: NEN: Antibiotikaeinsatz in der Geflü- Wahl der Mitglieder des Stiftungsrates gelhaltung verringern der Bundesstiftung Baukultur gemäß Drucksachen 19/13549, 19/30486 ...... 30033 D § 7 des Gesetzes zur Errichtung einer „Bundesstiftung Baukultur“ Drucksache 19/29932 ...... 30035 A

Zusatzpunkt 15: Tagesordnungspunkt 18: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion a) Wahlvorschlag der Fraktion der AfD: der FDP: Urteil des Bundesfinanzhofs ernst Wahl eines Mitglieds des Kuratoriums nehmen – Doppelbesteuerung von Renten der „Stiftung Denkmal für die ermorde- verhindern ten Juden Europas“ (CDU/CSU) ...... 30035 B Drucksache 19/28613 ...... 30034 A (FDP) ...... 30036 D b) Wahlvorschlag der Fraktion der AfD: (AfD) ...... 30037 C Wahl von Mitgliedern des Kuratoriums der „Bundesstiftung Magnus Hirsch- (SPD) ...... 30038 C feld“ Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) ...... 30039 C Drucksache 19/28614 ...... 30034 B Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn c) Wahlvorschlag der Fraktion der AfD: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ...... 30040 D Wahl der Mitglieder des Kuratoriums (CDU/CSU) ...... 30042 A der Stiftung „Deutsches Historisches Museum“ Ulrike Schielke-Ziesing (AfD) ...... 30042 D Drucksache 19/28615 ...... 30034 B Dr. (SPD) ...... 30044 A d) Wahlvorschlag der Fraktion der AfD: Johannes Vogel (Olpe) (FDP) ...... 30044 D Wahl der Mitglieder des Kuratoriums (CDU/CSU) ...... 30046 B der Stiftung „Erinnerung, Verantwor- (SPD) ...... 30047 B tung und Zukunft“ Drucksache 19/28616 ...... 30034 B Sepp Müller (CDU/CSU) ...... 30048 B e) Wahlvorschlag der Fraktion der AfD: Wahl von Mitgliedern des Stiftungsra- Tagesordnungspunkt 37: tes der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ gemäß § 19 Absatz 2 Satz 1 a) Zweite und dritte Beratung des von der Nummer 1 des Gesetzes zur Errichtung Bundesregierung eingebrachten Entwurfs einer Stiftung „Deutsches Historisches eines Siebzehnten Gesetzes zur Ände- Museum“ rung des Atomgesetzes (Siebzehntes Drucksache 19/28617 ...... 30034 C AtG-ÄnderungsG) Drucksachen 19/27659, 19/30488 ...... 30049 C f) Wahlvorschlag der Fraktion der AfD: b) – Zweite und dritte Beratung des von der Wahl eines vom Deutschen Bundestag Bundesregierung eingebrachten Ent- zu benennenden Mitgliedes des Kurato- wurfs eines Achtzehnten Gesetzes zur riums des Deutschen Instituts für Men- Änderung des Atomgesetzes schenrechte gemäß § 6 Absatz 2 Num- (18. AtGÄndG) mer 4 und 5 des Gesetzes über die Drucksachen 19/28682, 19/29587, Rechtsstellung und Aufgaben des Deut- 19/30045 ...... 30049 C schen Instituts für Menschenrechte (DIMRG) – Bericht des Haushaltsausschusses ge- Drucksache 19/28618 ...... 30034 C mäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 19/30349 ...... 30049 D g) Wahlvorschlag der Fraktion der AfD: c) Zweite und dritte Beratung des von den Wahl von Mitgliedern des Stiftungsra- Abgeordneten Dr. Rainer Kraft, Karsten tes der „Stiftung zur Aufarbeitung der Hilse, Marc Bernhard, weiteren Abgeord- SED-Diktatur“ neten und der Fraktion der AfD einge- Drucksache 19/28619 ...... 30034 D brachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur h) Wahlvorschlag der Fraktion der AfD: Änderung des Atomgesetzes Wahl eines Mitglieds des Stiftungsrates Drucksachen 19/27773, 19/30045 ...... 30049 D der „Stiftung Haus der kleinen For- d) Beschlussempfehlung und Bericht des scher“ Ausschusses für Umwelt, Naturschutz Drucksache 19/28620 ...... 30034 D und nukleare Sicherheit zu der Unterrich- XVIII Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

tung durch die Bundesregierung: Öf- b) Beschlussempfehlung und Bericht des fentlich-rechtlicher Vertrag über die Finanzausschusses zu dem Antrag der Ab- Zahlung eines finanziellen Ausgleichs geordneten Christian Dürr, Dr. Florian aufgrund des beschleunigten Atomauss- Toncar, , weiterer Abgeordne- tiegs ter und der Fraktion der FDP: Mehr Ver- Drucksachen 19/29015, 19/29474 Nr. 1.7, mögen aufbauen statt Leistung bestra- 19/30045 ...... 30049 D fen Drucksachen 19/25792, 19/30175 ...... 30056 A e) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs Cansel Kiziltepe (SPD) ...... 30056 B eines Ersten Gesetzes zur Änderung Albrecht Glaser (AfD) ...... 30056 D des Entsorgungsfondsgesetzes (1. Ent- sorgFondsÄndG) Dr. Thomas de Maizière (CDU/CSU) ...... 30057 D Drucksachen 19/28685, 19/29563, Christian Dürr (FDP) ...... 30060 A 19/30487 ...... 30049 D Jörg Cezanne (DIE LINKE) ...... 30061 B f) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz Stefan Schmidt (BÜNDNIS 90/ und nukleare Sicherheit zu dem Antrag DIE GRÜNEN) ...... 30061 D der Abgeordneten Dr. Rainer Kraft, (SPD) ...... 30062 C Karsten Hilse, Marc Bernhard, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD: Namentliche Abstimmung ...... 30063 C Fukushima und Tschernobyl sachlich betrachten – Der Atomausstieg war ein Ergebnis ...... 30074 C Fehler und muss rückgängig gemacht werden Drucksachen 19/23955, 19/24842 ...... 30050 A Tagesordnungspunkt 22: g) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie a) Zweite und dritte Beratung des von der zu dem Antrag der Abgeordneten Bundesregierung eingebrachten Entwurfs Dr. Rainer Kraft, Karsten Hilse, Marc eines Gesetzes zur Abwehr von Steuer- Bernhard, weiterer Abgeordneter und der vermeidung und unfairem Steuerwett- Fraktion der AfD: Kernkraft für bewerb und zur Änderung weiterer Ge- Umweltschutz setze Drucksachen 19/22435, 19/24904 Buch- Drucksachen 19/28901, 19/29643, stabe b ...... 30050 A 19/29997 Nr. 1.16, 19/30470 ...... 30066 B Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. b) Beschlussempfehlung und Bericht des Staatssekretärin BMU ...... 30050 B Finanzausschusses zu dem Antrag der Ab- Dr. Rainer Kraft (AfD) ...... 30051 A geordneten Markus Herbrand, Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, weiterer Abge- Judith Skudelny (FDP) ...... 30052 A ordneter und der Fraktion der FDP: Daten- Ralph Lenkert (DIE LINKE) ...... 30052 C schutz und Menschenrechte im Kampf gegen Steueroasen stärken Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ Drucksachen 19/29264, 19/30470 ...... 30066 B DIE GRÜNEN) ...... 30053 B () (SPD) ...... 30066 D Dr. (SPD) ...... 30053 D (AfD) ...... 30068 B Namentliche Abstimmung ...... 30055 A Fritz Güntzler (CDU/CSU) ...... 30069 B Markus Herbrand (FDP) ...... 30070 B Ergebnis ...... 30063 D Dr. (DIE LINKE) ...... 30070 D Stefan Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 30071 C Tagesordnungspunkt 20: a) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Markus Herbrand, Tagesordnungspunkt 24: Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, weite- ren Abgeordneten und der Fraktion der a) Zweite und dritte Beratung des von der FDP eingebrachten Entwurfs eines Geset- Bundesregierung eingebrachten Entwurfs zes zur Änderung des Vermögensteuer- eines Gesetzes zur Neuregelung des gesetzes (VStG) Berufsrechts der anwaltlichen und Drucksachen 19/25789, 19/30175 ...... 30056 A steuerberatenden Berufsausübungsge- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 XIX

sellschaften sowie zur Änderung weite- politik finanzierten Direktzahlungen rer Vorschriften im Bereich der rechts- (GAP-Direktzahlungen-Gesetz – beratenden Berufe GAPDZG) Drucksachen 19/27670, 19/30516 ...... 30072 D Drucksachen 19/29490, 19/30242, b) Zweite und dritte Beratung des von der 19/30513 ...... 30087 C Bundesregierung eingebrachten Entwurfs b) Zweite und dritte Beratung des von der eines Gesetzes zur Modernisierung des Bundesregierung eingebrachten Entwurfs notariellen Berufsrechts und zur Ände- eines Gesetzes zur Durchführung der rung weiterer Vorschriften im Rahmen der Gemeinsamen Agrar- Drucksachen 19/26828, 19/26920, politik geltenden Konditionalität 19/30503 ...... 30073 A (GAP-Konditionalitäten-Gesetz – GAP- KondG) in Verbindung mit Drucksachen 19/29489, 19/30240, 19/30513 ...... 30087 C c) Zweite und dritte Beratung des von der Zusatzpunkt 18: Bundesregierung eingebrachten Entwurfs Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- eines Gesetzes zur Durchführung des schusses für Recht und Verbraucherschutz zu im Rahmen der Gemeinsamen Agrar- dem Antrag der Abgeordneten Katrin Helling- politik einzuführenden Integrierten Plahr, Stephan Thomae, Grigorios Aggelidis, Verwaltungs- und Kontrollsystems weiterer Abgeordneter und der Fraktion der (GAP-Integriertes Verwaltungs- und FDP: Rechtsstandort Deutschland stärken – Kontrollsystem-Gesetz – GAPInVe- Juristische Ausbildung an das digitale Zeit- KoSG) alter anpassen Drucksachen 19/29488, 19/30241, Drucksachen 19/23121, 19/26308 Buchstabe a 30073 A 19/30513 ...... 30087 D Christian Lange, Parl. Staatssekretär BMJV . . 30073 B d) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs Stephan Brandner (AfD) ...... 30077 B eines Vierten Gesetzes zur Änderung Dr. Jürgen Martens (FDP) ...... 30078 C des Direktzahlungen-Durchführungs- gesetzes Niema Movassat (DIE LINKE) ...... 30079 B Drucksachen 19/29485, 19/30243, 19/30513 ...... 30087 D

Tagesordnungspunkt 23: in Verbindung mit Antrag der Abgeordneten , Omid Nouripour, Claudia Roth (), weiterer Abgeordneter und der Fraktion Zusatzpunkt 19: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kurskorrek- tur in der Russlandpolitik – Menschenrech- Antrag der Abgeordneten Renate Künast, te, Demokratie und europäische Friedens- Friedrich Ostendorff, Harald Ebner, weiterer ordnung konsequent verteidigen Abgeordneter und der Fraktion BÜND- Drucksache 19/29313 ...... 30081 A NIS 90/DIE GRÜNEN zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Par- Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ laments und des Rates mit Vorschriften für DIE GRÜNEN) ...... 30081 A die Unterstützung der von den Mitglied- Christian Schmidt (Fürth) (CDU/CSU) ...... 30081 D staaten im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik zu erstellenden und durch Waldemar Herdt (AfD) ...... 30083 A den Europäischen Garantiefonds für die (SPD) ...... 30084 A Landwirtschaft (EGFL) und den Europä- Renata Alt (FDP) ...... 30085 C ischen Landwirtschaftsfonds für die Ent- wicklung des ländlichen Raums (ELER) Klaus Ernst (DIE LINKE) ...... 30086 A zu finanzierenden Strategiepläne (GAP- Dr. (CDU/CSU) ...... 30086 D Strategiepläne) und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Euro- päischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Tagesordnungspunkt 26: Europäischen Parlaments und des Rates (KOM(2018) 392 endg.) a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs hier: Stellungnahme gegenüber der Bun- eines Gesetzes zur Durchführung der desregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 im Rahmen der Gemeinsamen Agrar- des Grundgesetzes XX Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Grüne Architektur der Gemeinsamen – zu dem Antrag der Abgeordneten Stefan Agrarpolitik stärken Liebich, Heike Hänsel, , Drucksache 19/30402 ...... 30088 A weiterer Abgeordneter und der Fraktion Hermann Färber (CDU/CSU) ...... 30088 B DIE LINKE: Weitere Aufrüstung Algeriens stoppen (AfD) ...... 30089 A Drucksachen 19/15048, 19/10291, (SPD) ...... 30089 C 19/25031 ...... 30096 B Dr. (FDP) ...... 30090 D e) Antrag der Abgeordneten , Heike Hänsel, Tobias Pflüger, weiterer Dr. (DIE LINKE) ...... 30091 C Abgeordneter und der Fraktion DIE LIN- Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ KE zu dem Vorschlag für eine Verord- DIE GRÜNEN) ...... 30092 B nung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Europä- (CDU/CSU) ...... 30093 A ischen Verteidigungsfonds Ratsdok. (CDU/CSU) ...... 30093 C 14285/20 hier: Antrag zur Erhebung einer Sub- sidiaritätsklage gemäß Artikel 23 Tagesordnungspunkt 25: Absatz 1a des Grundgesetzes in Verbin- dung mit § 12 des Integrationsverant- a) Antrag der Abgeordneten Sevim wortungsgesetzes und Artikel 8 des Pro- Dağdelen, Heike Hänsel, Michel Brandt, tokolls (Nr. 2) über die Anwendung der weiterer Abgeordneter und der Fraktion Grundsätze der Subsidiarität und der DIE LINKE: Waffenexporte stoppen Verhältnismäßigkeit und gesetzlich verbieten Drucksache 19/27962 ...... 30096 C Drucksache 19/29963 ...... 30095 D Sevim Dağdelen (DIE LINKE) ...... 30096 C b) Beschlussempfehlung und Bericht des Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU) ...... 30097 C Ausschusses für Wirtschaft und Energie Dr. Heiko Heßenkemper (AfD) ...... 30099 A – zu dem Antrag der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Heike Hänsel, Doris (SPD) ...... 30099 D Achelwilm, weiterer Abgeordneter und (FDP) ...... 30100 C der Fraktion DIE LINKE: Keine Waf- Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . 30101 B fen für die Türkei – zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Keul, , Agnieszka Tagesordnungspunkt 28: Brugger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- – Zweite und dritte Beratung des von der NEN: Die Genehmigung für U-Boote Bundesregierung eingebrachten Entwurfs an die Türkei widerrufen eines Gesetzes zur europäischen Vernet- Drucksachen 19/24449, 19/23732, zung der Transparenzregister und zur 19/28080 ...... 30096 A Umsetzung der Richtlinie 2019/1153 des Europäischen Parlaments und des c) Beschlussempfehlung und Bericht des Rates vom 20. Juni 2019 zur Nutzung Ausschusses für Wirtschaft und Energie von Finanzinformationen für die Be- zu dem Antrag der Abgeordneten Katja kämpfung von Geldwäsche, Terroris- Keul, Dr. Franziska Brantner, Margarete musfinanzierung und sonstigen schwe- Bause, weiterer Abgeordneter und der ren Straftaten (Transparenzregister- Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: und Finanzinformationsgesetz) Deutsch-französisches Abkommen im Drucksachen 19/28164, 19/30443 ...... 30103 A Rüstungsbereich – Einschränkungen in der deutschen Exportkontrolle verhin- – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß dern § 96 der Geschäftsordnung Drucksachen 19/15077, 19/16681 Buch- Drucksache 19/30524 ...... 30103 A stabe b ...... 30096 A in Verbindung mit d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie – zu dem Antrag der Abgeordneten Sevim Zusatzpunkt 20: Dağdelen, Heike Hänsel, Michel Brandt, Beschlussempfehlung und Bericht des Finanz- weiterer Abgeordneter und der Fraktion ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten DIE LINKE: Rüstungsexporte stop- Lisa Paus, Dr. Irene Mihalic, Dr. Konstantin pen – Missbrauch der europäischen von Notz, weiterer Abgeordneter und der Friedensidee verhindern Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Geld- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 XXI wäsche im Immobiliensektor stoppen, Mie- matisch bekämpfen – Grundlagen zur terinnen und Mieter vor Organisierter Kri- erfolgreichen Umsetzung der Istanbul- minalität und steigenden Mieten schützen Konvention schaffen Drucksachen 19/10218, 19/30443 ...... 30103 A Drucksachen 19/14380, 19/30480 ...... 30106 D Dr. Jens Zimmermann (SPD) ...... 30103 B e) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen Kay Gottschalk (AfD) ...... 30104 A und Jugend zu dem Antrag der Abge- Sepp Müller (CDU/CSU) ...... 30105 C ordneten Cornelia Möhring, Doris Achelwilm, Gökay Akbulut, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Femizide in Deutschland untersuchen, benennen und verhindern Tagesordnungspunkt 27: Drucksachen 19/23999, 19/30480 ...... 30106 D a) Beschlussempfehlung und Bericht des Gülistan Yüksel (SPD) ...... 30107 A Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen Nicole Höchst (AfD) ...... 30108 A und Jugend (CDU/CSU) ...... 30109 A – zu dem Antrag der Abgeordneten , Annalena Baerbock, Katja (FDP) ...... 30110 B Dörner, weiterer Abgeordneter und der Cornelia Möhring (DIE LINKE) ...... 30111 A Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 30111 D Verantwortung für Frauen in Frauen- häusern übernehmen – zu dem Antrag der Abgeordneten Nicole Tagesordnungspunkt 29: Bauer, Katja Suding, Daniel Föst, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der a) Zweite und dritte Beratung des von der FDP: Frauenhäuser als Teil des staat- Bundesregierung eingebrachten Entwurfs lichen Schutzauftrages wahrnehmen eines Gesetzes zur Änderung des Anti- Doping-Gesetzes – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulle Drucksachen 19/28676, 19/29565, Schauws, Annalena Baerbock, Katja 19/29997 Nr. 1.7, 19/30469 ...... 30113 B Dörner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: b) Beschlussempfehlung und Bericht des Beratungsangebote für gewaltbetrof- Sportausschusses zu der Unterrichtung fene Frauen stärken durch die Bundesregierung: Evaluie- Drucksachen 19/15380, 19/15770, rungsbericht der Bundesregierung zu 19/15379, 19/29312 ...... 30106 C den Auswirkungen der im Anti- Doping-Gesetz enthaltenen straf- und b) Antrag der Abgeordneten Katja Suding, strafverfahrensrechtlichen Regelungen Nicole Bauer, Grigorios Aggelidis, weite- Drucksachen 19/25090, 19/25419 Nr. 3, rer Abgeordneter und der Fraktion der 19/30469 ...... 30113 C FDP: Folgestudie zu der im Jahr 2011 c) Beschlussempfehlung und Bericht des veröffentlichten Studie „Zwangsverhei- Sportausschusses zu dem Antrag der Ab- ratung in Deutschland“ veranlassen geordneten Britta Katharina Dassler, Drucksache 19/30328 ...... 30106 C Stephan Thomae, Grigorios Aggelidis, c) Beschlussempfehlung und Bericht des weiterer Abgeordneter und der Fraktion Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen der FDP: Nationale Anti Doping Agen- und Jugend zu dem Antrag der Abgeord- tur – Alternative Möglichkeiten der neten Nicole Bauer, Katja Suding, Dopingkontrolle während der COVID- Matthias Seestern-Pauly, weiterer Ab- 19-Pandemie geordneter und der Fraktion der FDP: In- Drucksachen 19/19131, 19/20237 ...... 30113 C frastruktur für Betroffene häuslicher Jörn König (AfD) ...... 30113 D Gewalt in Deutschland krisenfest auf- stellen Dr. André Hahn (DIE LINKE) ...... 30114 C Drucksachen 19/19726, 19/30480 ...... 30106 D d) Beschlussempfehlung und Bericht des Tagesordnungspunkt 30: Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu dem Antrag der Abge- a) – Zweite und dritte Beratung des von den ordneten Cornelia Möhring, Doris Fraktionen der CDU/CSU und SPD ein- Achelwilm, Gökay Akbulut, weiterer Ab- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Errichtung und Führung eines Regis- Gewalt an Frauen und Mädchen syste- ters über Unternehmensbasisdaten XXII Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

und zur Einführung einer bundesein- Tagesordnungspunkt 33: heitlichen Wirtschaftsnummer für Unternehmen und zur Änderung wei- a) Zweite und dritte Beratung des von der terer Gesetze Bundesregierung eingebrachten Entwurfs Drucksache 19/29763 ...... 30115 D eines Gesetzes zur Änderung des Bür- gerlichen Gesetzbuchs und des Ein- – Zweite und dritte Beratung des von der führungsgesetzes zum Bürgerlichen Bundesregierung eingebrachten Ent- Gesetzbuche in Umsetzung der EU- wurfs eines Gesetzes zur Errichtung Richtlinie zur besseren Durchsetzung und Führung eines Registers über und Modernisierung der Verbraucher- Unternehmensbasisdaten und zur schutzvorschriften der Union und zur Einführung einer bundeseinheitlichen Aufhebung der Verordnung zur Über- Wirtschaftsnummer für Unterneh- tragung der Zuständigkeit für die men und zur Änderung weiterer Ge- Durchführung der Verordnung (EG) setze Nr. 2006/2004 auf das Bundesministe- Drucksachen 19/30005, 19/30229, rium der Justiz und für Verbraucher- 19/30474 ...... 30115 D schutz – Bericht des Haushaltsausschusses ge- Drucksachen 19/27655, 19/30527 ...... 30121 A mäß § 96 der Geschäftsordnung b) Zweite und dritte Beratung des von der Drucksache 19/30522 ...... 30116 A Bundesregierung eingebrachten Entwurfs b) Antrag der Abgeordneten Dr. Heiko eines Gesetzes zur Stärkung des Heßenkemper, Steffen Kotré, Enrico Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- Komning, weiterer Abgeordneter und der und Gewerberecht Fraktion der AfD: Unternehmensbasis- Drucksachen 19/27873, 19/30527 ...... 30121 A daten richtig verwalten Drucksache 19/30409 ...... 30116 A in Verbindung mit c) Antrag der Abgeordneten Michael Theurer, Grigorios Aggelidis, Renata Alt, Zusatzpunkt 21: weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Bürokratie-Entfesselungspa- Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- ket – Unsere Wirtschaft entlasten und schusses für Recht und Verbraucherschutz zu neues Wachstum entfachen dem Antrag der Abgeordneten Dr. Lothar Drucksache 19/30381 ...... 30116 A Maier, Stephan Brandner, Jens Maier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD: Co- Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU) ...... 30116 B Regulierung als ergänzendes Instrument Enrico Komning (AfD) ...... 30117 C des Wettbewerbsrechts und des Verbrau- cherschutzes Drucksachen 19/25808, 19/30019 ...... 30121 B Zusatzpunkt 31: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- in Verbindung mit desregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Geset- Zusatzpunkt 22: zes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- Drucksachen 19/27452, 19/28409, 19/30440 . . 30118 D schusses für Recht und Verbraucherschutz zu dem Antrag der Abgeordneten Tabea Rößner, Luise Amtsberg, Canan Bayram, weiterer in Verbindung mit Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Umsetzung der euro- päischen Modernisierungsrichtlinie – Zusatzpunkt 32: Lücken im Verbraucherschutz schließen Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- Drucksachen 19/29767, 19/30527 ...... 30121 B schusses für Wirtschaft und Energie zu dem Dr. (AfD) ...... 30121 C Antrag der Abgeordneten Claudia Müller, Anja Hajduk, Dieter Janecek, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE Tagesordnungspunkt 34: GRÜNEN: Transparenz und Demokratie in Industrie- und Handelskammern stärken Zweite und dritte Beratung des von der Bun- Drucksachen 19/28473, 19/30440 ...... 30119 A desregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Vereinfachung und Steffen Kotré (AfD) ...... 30119 A Modernisierung des Patentrechts (FDP) ...... 30120 A Drucksachen 19/25821, 19/30498 ...... 30122 D Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 XXIII

Jens Maier (AfD) ...... 30123 A zung der Reform der Grundsteuer und Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (Grundsteuerreform- Tagesordnungspunkt 35: Umsetzungsgesetz – GrStRefUG) Zweite und dritte Beratung des von der Bun- Drucksachen 19/28902, 19/29637, desregierung eingebrachten Entwurfs eines 19/29997 Nr. 1.13, 19/30489 ...... 30131 B Gesetzes über die Insolvenzsicherung durch – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß Reisesicherungsfonds und zur Änderung § 96 der Geschäftsordnung reiserechtlicher Vorschriften Drucksache 19/30521 ...... 30131 B Drucksachen 19/28172, 19/30515 ...... 30124 A (AfD) ...... 30131 C Sebastian Münzenmaier (AfD) ...... 30124 B

Zusatzpunkt 23: Tagesordnungspunkt 51: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines vv) Beschlussempfehlung und Bericht des Gesetzes zur Förderung verbraucherge- Ausschusses für Wirtschaft und Energie rechter Angebote im Rechtsdienstleistungs- zu der Verordnung der Bundesregierung: markt Siebzehnte Verordnung zur Änderung Drucksachen 19/27673, 19/30495 ...... 30125 C der Außenwirtschaftsverordnung Drucksachen 19/29216, 19/29474 Nr. 2.2, Dr. Lothar Maier (AfD) ...... 30125 D 19/30459 ...... 30132 C

Zusatzpunkt 24: in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Strafpro- Zusatzpunkt 25: zessordnung und zur Änderung weiterer Vorschriften Antrag der Abgeordneten Hansjörg Müller, Drucksachen 19/27654, 19/30517 ...... 30127 A Dr. Heiko Heßenkemper, Steffen Kotré, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der AfD: Roman Johannes Reusch (AfD) ...... 30127 A Investitionsschutz richtig gestalten – Den deutschen Mittelstand wirklich schützen Drucksache 19/30419 ...... 30132 C Tagesordnungspunkt 36: Leif-Erik Holm (AfD) ...... 30132 D a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung des Tabaksteuerrechts (Tabaksteuermoder- Tagesordnungspunkt 51: nisierungsgesetz – TabStMoG) Drucksachen 19/28655, 19/29589, k) Beschlussempfehlung und Bericht des 19/29997 Nr. 1.9, 19/30490 ...... 30128 A Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zu der Verordnung b) Beschlussempfehlung und Bericht des der Bundesregierung: Verordnung zur Finanzausschusses zu dem Antrag der Ab- Einführung einer Ersatzbaustoffver- geordneten , Christian ordnung, zur Neufassung der Bundes- Dürr, Dr. Florian Toncar, weiterer Abge- Bodenschutz- und Altlastenverordnung ordneter und der Fraktion der FDP: und zur Änderung der Deponieverord- Dampfprodukte fair besteuern nung und der Gewerbeabfallverord- Drucksachen 19/29210, 19/30490 ...... 30128 A nung (SPD) ...... 30128 B Drucksachen 19/29636, 19/29997 Nr. 2.3, Till Mansmann (FDP) ...... 30129 A 19/30478 ...... 30133 D Stefan Schmidt (BÜNDNIS 90/ Andreas Bleck (AfD) ...... 30134 A DIE GRÜNEN) ...... 30130 A Nächste Sitzung ...... 30135 C Tagesordnungspunkt 38: – Zweite und dritte Beratung des von der Anlage 1 Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur erleichterten Umset- Entschuldigte Abgeordnete ...... 30143 A XXIV Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Anlage 2 Anlage 9 Ergebnis der Wahl eines Stellvertreters des Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung Präsidenten des Deutschen Bundestages (3. Wahlgang) – des Antrags der Abgeordneten Susanne (Tagesordnungspunkt 11) ...... 30143 B Ferschl, Doris Achelwilm, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Missbrauch von Leiharbeit stoppen Anlage 3 – des von den Abgeordneten Niema Ergebnis der Wahl der Bundesbeauftragten für Movassat, Susanne Ferschl, Dr. André die Opfer der SED-Diktatur beim Deutschen Hahn, weiteren Abgeordneten und der Bundestag (Opferbeauftragte) gemäß § 5 des Fraktion DIE LINKE eingebrachten Ent- SED-Opferbeauftragtengesetzes wurfs eines Gesetzes zur Änderung des (Zusatzpunkt 3) ...... 30144 A Grundgesetzes – Verankerung des Grund- rechts auf menschenwürdige und existenz- sichernde Arbeit Anlage 4 – der Beschlussempfehlung und des Be- Ergebnis der Wahl eines Mitglieds des Ver- richts des Ausschusses für Arbeit und So- trauensgremiums gemäß § 10a Absatz 2 der ziales zu dem Antrag der Abgeordneten Bundeshaushaltsordnung Susanne Ferschl, Klaus Ernst, Matthias (Tagesordnungspunkt 12 a) ...... 30144 A W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Sachgrundlose Befristungen verbieten Anlage 5 – der Beschlussempfehlung und des Be- Ergebnis der Wahl von Mitgliedern des Gre- richts des Ausschusses für Arbeit und So- miums gemäß § 3 des Bundesschuldenwesen- ziales zu dem Antrag der Abgeordneten gesetzes , Klaus Ernst, Matthias (Tagesordnungspunkt 12 b) ...... 30144 A W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: 40 Stunden sind genug – Gesetzliche wöchentliche Höchstarbeitszeit reduzieren Anlage 6 – der Beschlussempfehlung und des Be- Ergebnisse der Wahl von Mitgliedern des Son- richts des Ausschusses für Arbeit und So- dergremiums gemäß § 3 Absatz 3 des Stabili- ziales zu dem Antrag der Abgeordneten sierungsmechanismusgesetzes Jessica Tatti, Susanne Ferschl, Matthias (Tagesordnungspunkt 2 c) ...... 30144 B W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Mehr Arbeits- zeitsouveränität für Beschäftigte schaffen Anlage 7 – der Beschlussempfehlung und des Be- Namensverzeichnis der Mitglieder des Deut- richts des Ausschusses für Arbeit und So- schen Bundestages, die an den Wahlen zu ziales zu dem Antrag der Abgeordneten den Tagesordnungspunkten 11 und 12 a bis c Susanne Ferschl, Jessica Tatti, Matthias sowie zum Zusatzpunkt 3 teilgenommen ha- W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und ben ...... 30145 A der Fraktion DIE LINKE: Damit jede Arbeitsstunde zählt – Arbeitszeitgesetz ergänzen Anlage 8 – der Beschlussempfehlung und des Be- Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten richts des Ausschusses für Arbeit und So- (SPD) ziales zu dem Antrag der Abgeordneten Susanne Ferschl, Pascal Meiser, Lorenz – zu der namentlichen Abstimmung über Gösta Beutin, weiterer Abgeordneter und den von der Bundesregierung eingebrach- der Fraktion DIE LINKE: Evaluierung des ten Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung Mindestlohngesetzes zur Stärkung der des Verfassungsschutzrechts Beschäftigtenrechte nutzen und – zu der Abstimmung über den von den – der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Ausschusses für Arbeit und So- Fraktionen der CDU/CSU und SPD einge- ziales brachten Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Rechtsgrundlagen – zu dem Antrag der Abgeordneten Jessica der Bundespolizei Tatti, Susanne Ferschl, Doris Achelwilm, (Tagesordnungspunkte 15 a und 16 a) ...... 30148 A weiterer Abgeordneter und der Fraktion Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 XXV

DIE LINKE: Gute Arbeit und soziale Abgeordneter und der Fraktion BÜND- Sicherheit für Gig-Worker bei der ortsge- NIS 90/DIE GRÜNEN: Arbeitsförderung bundenen Plattformarbeit in der Krise – Für einen besseren Einstieg – zu dem Antrag der Abgeordneten Jessica – des Antrags der Abgeordneten Beate Tatti, Susanne Ferschl, Doris Achelwilm, Müller-Gemmeke, Anja Hajduk, Corinna weiterer Abgeordneter und der Fraktion Rüffer, weiterer Abgeordneter und der DIE LINKE: Gute Arbeit und soziale Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sicherheit für Crowd-Worker bei der orts- Soziale Mindestsicherung für Gig-, Click- ungebundenen Plattformarbeit und Crowdworker ermöglichen und stär- ken – der Beschlussempfehlung und des Be- sowie richts des Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag der Abgeordneten – der Beschlussempfehlung und des Be- Susanne Ferschl, Fabio De Masi, Lorenz richts des Ausschusses für Arbeit und So- Gösta Beutin, weiterer Abgeordneter und ziales zu dem Antrag der Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE: Steuergelder ge- Beate Müller-Gemmeke, Anja Hajduk, gen Missbrauch durch Konzerne schützen Markus Kurth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE – der Beschlussempfehlung und des Be- GRÜNEN: Arbeitszeit – Urteil des Euro- richts des Ausschusses für Arbeit und So- päischen Gerichtshofs umsetzen, mehr ziales zu dem Antrag der Abgeordneten Zeitsouveränität ermöglichen Doris Achelwilm, Cornelia Möhring, Dr. Petra Sitte, weiterer Abgeordneter – des von den Abgeordneten Pascal Kober, und der Fraktion DIE LINKE: Gutes Michael Theurer, Johannes Vogel (Olpe), Leben und gute Arbeit für alle – Eine weiteren Abgeordneten und der Fraktion geschlechtergerechte Krisen- und Zu- der FDP eingebrachten Entwurfs eines Ge- kunftspolitik ist nötig setzes zur Dynamisierung der Verdienst- grenzen der geringfügigen Beschäftigung – des von den Abgeordneten Norbert (Tagesordnungspunkt 17 a bis l, Zusatzpunk- Kleinwächter, Jürgen Pohl, René Springer, te 11 und 12 sowie Tagesordnungspunkte 51 l weiteren Abgeordneten und der Fraktion und 51 ppp) ...... 30150 A der AfD eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zur Änderung des Teilzeit- und (CDU/CSU) ...... 30150 A Befristungsgesetzes Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . . 30150 D – der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Ausschusses für Arbeit und So- ziales Anlage 10 – zu dem Antrag der Abgeordneten Uwe Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung Witt, René Springer, Jürgen Pohl, weite- – des von der Bundesregierung eingebrach- rer Abgeordneter und der Fraktion der ten Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes AfD: Aufhebung der Verdienstgrenze zur Änderung des Atomgesetzes (Sieb- für geringfügig Beschäftigte durch eine zehntes AtG-ÄnderungsG) dynamische Kopplung an die Inflation – des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Achtzehnten Gesetzes – zu dem Antrag der Abgeordneten Pascal zur Änderung des Atomgesetzes Kober, Michael Theurer, Jens Beeck, (18. AtGÄndG) weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Minijobs dynamisieren – des von den Abgeordneten Dr. Rainer Kraft, Karsten Hilse, Marc Bernhard, wei- – zu dem Antrag der Abgeordneten teren Abgeordneten und der Fraktion der Susanne Ferschl, Matthias W. Birkwald, AfD eingebrachten Entwurfs eines ... Ge- Sylvia Gabelmann, weiterer Abgeordne- setzes zur Änderung des Atomgesetzes ter und der Fraktion DIE LINKE: Mini- – der Beschlussempfehlung und des Be- jobs in sozialversicherungspflichtige richts des Ausschusses für Umwelt, Natur- Beschäftigung überführen – Sozialversi- schutz und nukleare Sicherheit zu der cherungssysteme stärken Unterrichtung durch die Bundesregierung: Öffentlich-rechtlicher Vertrag über die und Zahlung eines finanziellen Ausgleichs auf- – der Beschlussempfehlung und des Be- grund des beschleunigten Atomausstiegs richts des Ausschusses für Arbeit und So- – des von der Bundesregierung eingebrach- ziales zu dem Antrag der Abgeordneten ten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Anja Änderung des Entsorgungsfondsgesetzes Hajduk, Beate Müller-Gemmeke, weiterer (1. EntsorgFondsÄndG) XXVI Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

– der Beschlussempfehlung und des Be- Thomae, Grigorios Aggelidis, weiterer richts des Ausschusses für Umwelt, Natur- Abgeordneter und der Fraktion der FDP: schutz und nukleare Sicherheit zu dem An- Rechtsstandort Deutschland stärken – trag der Abgeordneten Dr. Rainer Kraft, Juristische Ausbildung an das digitale Karsten Hilse, Marc Bernhard, weiterer Zeitalter anpassen Abgeordneter und der Fraktion der AfD: (Tagesordnungspunkt 24 a und b sowie Fukushima und Tschernobyl sachlich be- Zusatzpunkt 18) ...... 30154 D trachten – Der Atomausstieg war ein Feh- Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) ...... 30154 D ler und muss rückgängig gemacht werden – der Beschlussempfehlung und des Be- Hans-Jürgen Thies (CDU/CSU) ...... 30155 C richts des Ausschusses für Wirtschaft und (SPD) ...... 30156 B Energie zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . 30157 A Dr. Rainer Kraft, Karsten Hilse, Marc Bernhard, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD: Kernkraft für Umwelt- schutz Anlage 13 (Tagesordnungspunkt 37 a bis g) ...... 30151 D Erklärungen nach § 31 GO zu den Abstim- Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU) . 30151 D mungen über Karsten Möring (CDU/CSU) ...... 30152 C – den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes zur Durchfüh- rung der im Rahmen der Gemeinsamen Anlage 11 Agrarpolitik finanzierten Direktzahlungen Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung (GAP-Direktzahlungen-Gesetz – GAPDZG) – des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Abwehr – den von der Bundesregierung eingebrach- von Steuervermeidung und unfairem ten Entwurf eines Gesetzes zur Durchfüh- Steuerwettbewerb und zur Änderung wei- rung der im Rahmen der Gemeinsamen terer Gesetze Agrarpolitik geltenden Konditionalität (GAP-Konditionalitäten-Gesetz – GAP- – der Beschlussempfehlung und des Be- KondG) richts des Finanzausschusses zu dem An- trag der Abgeordneten Markus Herbrand, – den von der Bundesregierung eingebrach- Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, weite- ten Entwurf eines Gesetzes zur Durchfüh- rer Abgeordneter und der Fraktion der rung des im Rahmen der Gemeinsamen FDP: Datenschutz und Menschenrechte Agrarpolitik einzuführenden Integrierten im Kampf gegen Steueroasen stärken Verwaltungs- und Kontrollsystems (GAP- (Tagesordnungspunkt 22 a und b) ...... 30153 C Integriertes Verwaltungs- und Kontroll- system-Gesetz – GAPInVeKoSG) Dr. h. c. (Univ Kyiv) (CDU/CSU) ...... 30153 C – den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Cansel Kiziltepe (SPD) ...... 30154 A Änderung des Direktzahlungen-Durchfüh- rungsgesetzes Anlage 12 (Tagesordnungspunkt 26 a bis d) ...... 30157 D Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung (CDU/CSU) ...... 30157 D – des von der Bundesregierung eingebrach- (CDU/CSU) ...... 30158 A ten Entwurfs eines Gesetzes zur Neurege- (CDU/CSU) ...... 30158 B lung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsge- (CDU/CSU) ...... 30158 D sellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberaten- den Berufe Anlage 14 – des von der Bundesregierung eingebrach- Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten ten Entwurfs eines Gesetzes zur Moderni- Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sierung des notariellen Berufsrechts und NEN) zu der Abstimmung über den von der zur Änderung weiterer Vorschriften Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines sowie Gesetzes zur Durchführung der im Rahmen – der Beschlussempfehlung und des Be- der Gemeinsamen Agrarpolitik finanzierten richts des Ausschusses für Recht und Ver- Direktzahlungen (GAP-Direktzahlungen-Ge- braucherschutz zu dem Antrag der Abge- setz – GAPDZG) ordneten Katrin Helling-Plahr, Stephan (Tagesordnungspunkt 26 a) ...... 30159 B Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 XXVII

Anlage 15 Artikel 8 des Protokolls (Nr. 2) über die Anwendung der Grundsätze der Subsidia- Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung rität und der Verhältnismäßigkeit (Tagesordnungspunkt 25 a bis e) ...... 30159 D (CDU/CSU) ...... 30159 D – des Antrags der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Heike Hänsel, Michel Brandt, Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD) ...... 30160 C weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Waffenexporte stoppen und gesetzlich verbieten Anlage 16 – der Beschlussempfehlung und des Be- Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung richts des Ausschusses für Wirtschaft und – des von der Bundesregierung eingebrach- Energie ten Entwurfs eines Gesetzes zur europä- – zu dem Antrag der Abgeordneten Sevim ischen Vernetzung der Transparenzregister Dağdelen, Heike Hänsel, Doris und zur Umsetzung der Richtlinie Achelwilm, weiterer Abgeordneter und 2019/1153 des Europäischen Parlaments der Fraktion DIE LINKE: Keine Waffen und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Nut- für die Türkei zung von Finanzinformationen für die Be- – zu dem Antrag der Abgeordneten Katja kämpfung von Geldwäsche, Terrorismus- Keul, Margarete Bause, Agnieszka finanzierung und sonstigen schweren Brugger, weiterer Abgeordneter und der Straftaten (Transparenzregister- und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Finanzinformationsgesetz) Die Genehmigung für U-Boote an die Tür- – der Beschlussempfehlung und des Be- kei widerrufen richts des Finanzausschusses zu dem An- – der Beschlussempfehlung und des Be- trag der Abgeordneten Lisa Paus, Dr. Irene richts des Ausschusses für Wirtschaft und Mihalic, Dr. Konstantin von Notz, weiterer Energie zu dem Antrag der Abgeordneten Abgeordneter und der Fraktion BÜND- Katja Keul, Dr. Franziska Brantner, NIS 90/DIE GRÜNEN: Geldwäsche im Margarete Bause, weiterer Abgeordneter Immobiliensektor stoppen, Mieterinnen und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE und Mieter vor Organisierter Kriminalität GRÜNEN: Deutsch-französisches und steigenden Mieten schützen Abkommen im Rüstungsbereich – Ein- (Tagesordnungspunkt 28 und Zusatzpunkt 20) 30161 B schränkungen der deutschen Exportkon- Sebastian Brehm (CDU/CSU) ...... 30161 B trolle verhindern Michael Schrodi (SPD) ...... 30162 A – der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Ausschusses für Wirtschaft und Dr. Florian Toncar (FDP) ...... 30162 D Energie Dr. Axel Troost (DIE LINKE) ...... 30163 B – zu dem Antrag der Abgeordneten Sevim Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . 30163 D Dağdelen, Heike Hänsel, Michel Brandt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Rüstungsexport stoppen – Anlage 17 Missbrauch der europäischen Friedensidee verhindern Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – zu dem Antrag der Abgeordneten Stefan – der Beschlussempfehlung und des Be- Liebich, Heike Hänsel, Michel Brandt, richts des Ausschusses für Familie, Senio- weiterer Abgeordneter und der Fraktion ren, Frauen und Jugend DIE LINKE: Weitere Aufrüstung Alge- – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulle riens stoppen Schauws, Annalena Baerbock, Katja – des Antrags der Abgeordneten Andrej Dörner, weiterer Abgeordneter und der Hunko, Heike Hänsel, Tobias Pflüger, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: weiterer Abgeordneter und der Fraktion Verantwortung für Frauen in Frauenhäu- DIE LINKE zu dem Vorschlag für eine sern übernehmen Verordnung des Europäischen Parlaments – zu dem Antrag der Abgeordneten Nicole und des Rates zur Einrichtung des Europä- Bauer, Katja Suding, Daniel Föst, weiterer ischen Verteidigungsfonds Ratsdok. Abgeordneter und der Fraktion der FDP: 14285/20 Frauenhäuser als Teil des staatlichen hier: Antrag zur Erhebung einer Subsidia- Schutzauftrages wahrnehmen ritätsklage gemäß Artikel 23 Absatz 1a des – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulle Grundgesetzes in Verbindung mit § 12 des Schauws, Annalena Baerbock, Katja Integrationsverantwortungsgesetzes und Dörner, weiterer Abgeordneter und der XXVIII Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Agentur – Alternative Möglichkeiten der Beratungsangebote für gewaltbetroffene Dopingkontrolle während der COVID- Frauen stärken 19-Pandemie – des Antrags der Abgeordneten Katja (Tagesordnungspunkt 29 a bis c) ...... 30166 D Suding, Nicole Bauer, Grigorios (CDU/CSU) ...... 30166 D Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der (CDU/CSU) ...... 30167 C Fraktion der FDP: Folgestudie zu der im Jahr 2011 veröffentlichten Studie (SPD) ...... 30168 B „Zwangsverheiratung in Deutschland“ Britta Katharina Dassler (FDP) ...... 30169 B veranlassen (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 30169 D – der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Ausschusses für Familie, Se- nioren, Frauen und Jugend zu dem Antrag Anlage 19 der Abgeordneten Nicole Bauer, Katja Suding, Matthias Seestern-Pauly, weiterer Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung Abgeordneter und der Fraktion der FDP: – des von den Fraktionen der CDU/CSU und Infrastruktur für Betroffene häuslicher Ge- SPD eingebrachten Entwurfs eines Geset- walt in Deutschland krisenfest aufstellen zes zur Errichtung und Führung eines – der Beschlussempfehlung und des Be- Registers über Unternehmensbasisdaten richts des Ausschusses für Familie, Senio- und zur Einführung einer bundeseinheitli- ren, Frauen und Jugend zu dem Antrag der chen Wirtschaftsnummer für Unterneh- Abgeordneten Cornelia Möhring, Doris men und zur Änderung weiterer Gesetze Achelwilm, Gökay Akbulut, weiterer Ab- – des von der Bundesregierung eingebrach- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: ten Entwurfs eines Gesetzes zur Errich- Gewalt an Frauen und Mädchen systema- tung und Führung eines Registers über tisch bekämpfen – Grundlagen zur erfolg- Unternehmensbasisdaten und zur Einfüh- reichen Umsetzung der Istanbul-Konven- rung einer bundeseinheitlichen Wirt- tion schaffen schaftsnummer für Unternehmen und zur – der Beschlussempfehlung und des Be- Änderung weiterer Gesetze richts des Ausschusses für Familie, Senio- – des Antrags der Abgeordneten Dr. Heiko ren, Frauen und Jugend zu dem Antrag der Heßenkemper, Steffen Kotré, Enrico Abgeordneten Cornelia Möhring, Doris Komning, weiterer Abgeordneter und der Achelwilm, Gökay Akbulut, weiterer Ab- Fraktion der AfD: Unternehmensbasisda- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: ten richtig verwalten Femizide in Deutschland untersuchen, – des Antrags der Abgeordneten Michael benennen und verhindern Theurer, Grigorios Aggelidis, Renata Alt, (Tagesordnungspunkt 27 a bis e) ...... 30165 A weiterer Abgeordneter und der Fraktion Dr. (CDU/CSU) ...... 30165 A der FDP: Bürokratie-Entfesselungspaket – (SPD) ...... 30166 A Unsere Wirtschaft entlasten und neues Wachstum entfachen (Tagesordnungspunkt 30 a bis c) ...... 30170 C Anlage 18 Hansjörg Durz (CDU/CSU) ...... 30170 D Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung (SPD) ...... 30171 C – des von der Bundesregierung eingebrach- (FDP) ...... 30172 A ten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung (DIE LINKE) ...... 30172 C des Anti-Doping-Gesetzes Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 30173 A – der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Sportausschusses zu der Unter- richtung durch die Bundesregierung: Eva- Anlage 20 luierungsbericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen der im Anti-Doping- Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung Gesetz enthaltenen straf- und strafverfah- – des von der Bundesregierung eingebrach- rensrechtlichen Regelungen ten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur – der Beschlussempfehlung und des Be- Änderung des Gesetzes zur vorläufigen richts des Sportausschusses zu dem Antrag Regelung des Rechts der Industrie- und der Abgeordneten Britta Katharina Handelskammern Dassler, Stephan Thomae, Grigorios – der Beschlussempfehlung und des Be- Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der richts des Ausschusses für Wirtschaft und Fraktion der FDP: Nationale Anti Doping Energie zu dem Antrag der Abgeordneten Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 XXIX

Claudia Müller, Anja Hajduk, Dieter (FDP) ...... 30179 C Janecek, weiterer Abgeordneter und der (DIE LINKE) ...... 30179 D Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Transparenz und Demokratie in Industrie- Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . 30180 D und Handelskammern stärken Dorothee Bär, Staatsministerin BK ...... 30181 B (Zusatzpunkte 31 und 32) ...... 30173 D Dr. (CDU/CSU) ...... 30173 D Anlage 22 Sabine Poschmann (SPD) ...... 30175 A Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung Thomas Lutze (DIE LINKE) ...... 30175 D des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Verein- Claudia Müller (BÜNDNIS 90/ fachung und Modernisierung des Patentrechts DIE GRÜNEN) ...... 30176 B (Tagesordnungspunkt 34) ...... 30181 D (CDU/CSU) ...... 30182 A Alexander Hoffmann (CDU/CSU) ...... 30182 D Anlage 21 Dr. (SPD) ...... 30183 C Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung Dr. Nina Scheer (SPD) ...... 30183 D – des von der Bundesregierung eingebrach- Roman Müller-Böhm (FDP) ...... 30184 D ten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des (DIE LINKE) ...... 30185 C Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . 30186 A Gesetzbuche in Umsetzung der EU-Richt- linie zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutz- Anlage 23 vorschriften der Union und zur Aufhebung Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Verordnung zur Übertragung der des von der Bundesregierung eingebrachten Zuständigkeit für die Durchführung der Entwurfs eines Gesetzes über die Insolvenz- Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 auf das sicherung durch Reisesicherungsfonds und Bundesministerium der Justiz und für Ver- zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften braucherschutz (Tagesordnungspunkt 35) ...... 30186 D – des von der Bundesregierung eingebrach- (CDU/CSU) ...... 30186 D ten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- (CDU/CSU) ...... 30187 B und Gewerberecht Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD) ...... 30188 B sowie Gülistan Yüksel (SPD) ...... 30188 C – der Beschlussempfehlung und des Be- Roman Müller-Böhm (FDP) ...... 30189 D richts des Ausschusses für Recht und Ver- braucherschutz zu dem Antrag der Abge- (DIE LINKE) ...... 30190 C ordneten Dr. Lothar Maier, Stephan (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 30191 A Brandner, Jens Maier, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der AfD: Co-Regu- lierung als ergänzendes Instrument des Anlage 24 Wettbewerbsrechts und des Verbraucher- schutzes Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten (CDU/CSU) zu der Abstim- – der Beschlussempfehlung und des Be- mung über den von der Bundesregierung ein- richts des Ausschusses für Recht und Ver- gebrachten Entwurf eines Gesetzes über die braucherschutz zu dem Antrag der Abge- Insolvenzsicherung durch Reisesicherungs- ordneten Tabea Rößner, Luise Amtsberg, fonds und zur Änderung reiserechtlicher Vor- Canan Bayram, weiterer Abgeordneter schriften und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE (Tagesordnungspunkte 35) ...... 30191 D GRÜNEN: Umsetzung der europäischen Modernisierungsrichtlinie – Lücken im Verbraucherschutz schließen Anlage 25 (Tagesordnungspunkt 33 a und b sowie Zusatzpunkte 21 und 22) ...... 30177 B Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Sebastian Steineke (CDU/CSU) ...... 30177 B Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung ver- brauchergerechter Angebote im Rechtsdienst- Dr. Johannes Fechner (SPD) ...... 30178 A leistungsmarkt Dr. (SPD) ...... 30178 D (Zusatzpunkt 23) ...... 30192 B XXX Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) ...... 30192 B Sebastian Brehm (CDU/CSU) ...... 30204 B Sebastian Steineke (CDU/CSU) ...... 30192 D Bernhard Daldrup (SPD) ...... 30205 A Dr. Johannes Fechner (SPD) ...... 30193 C Markus Herbrand (FDP) ...... 30206 B Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD) ...... 30194 A Jörg Cezanne (DIE LINKE) ...... 30206 D Roman Müller-Böhm (FDP) ...... 30194 D Stefan Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 30207 B Friedrich Straetmanns (DIE LINKE) ...... 30195 C Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . 30195 D

Anlage 29 Anlage 26 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – der Beschlussempfehlung und des Be- des von der Bundesregierung eingebrachten richts des Ausschusses für Wirtschaft und Entwurfs eines Gesetzes zur Fortentwicklung Energie zu der Verordnung der Bundesre- der Strafprozessordnung und zur Änderung gierung: Siebzehnte Verordnung zur Än- weiterer Vorschriften derung der Außenwirtschaftsverordnung (Zusatzpunkt 24) ...... 30196 C – des Antrags der Abgeordneten Hansjörg Axel Müller (CDU/CSU) ...... 30196 C Müller, Dr. Heiko Heßenkemper, Steffen Dr. Johannes Fechner (SPD) ...... 30197 D Kotré, weiterer Abgeordneter und der Dr. Jürgen Martens (FDP) ...... 30198 C Fraktion der AfD: Investitionsschutz rich- tig gestalten – Den deutschen Mittelstand Friedrich Straetmanns (DIE LINKE) ...... 30199 A wirklich schützen Canan Bayram (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 30199 B (Tagesordnungspunkt 51 vv und Zusatzpunkt 25) ...... 30208 A Andreas G. Lämmel (CDU/CSU) ...... 30208 A Anlage 27 Bernhard Loos (CDU/CSU) ...... 30208 C Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung Markus Töns (SPD) ...... 30209 B – des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Moderni- Reinhard Houben (FDP) ...... 30209 D sierung des Tabaksteuerrechts (Tabak- steuermodernisierungsgesetz – TabSt- Alexander Ulrich (DIE LINKE) ...... 30210 A MoG) Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ – der Beschlussempfehlung und des Be- DIE GRÜNEN) ...... 30210 C richts des Finanzausschusses zu dem An- trag der Abgeordneten Till Mansmann, Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der Anlage 30 FDP: Dampfprodukte fair besteuern Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung (Tagesordnungspunkt 36 a und b) ...... 30200 A der Beschlussempfehlung und des Berichts Sebastian Brehm (CDU/CSU) ...... 30200 A des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz Olav Gutting (CDU/CSU) ...... 30201 A und nukleare Sicherheit zu der Verordnung der Bundesregierung: Verordnung zur Einfüh- Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) ...... 30201 D rung einer Ersatzbaustoffverordnung, zur Neu- (AfD) ...... 30202 B fassung der Bundes-Bodenschutz- und Alt- lastenverordnung und zur Änderung der Niema Movassat (DIE LINKE) ...... 30203 A Deponieverordnung und der Gewerbeabfall- verordnung Anlage 28 (Tagesordnungspunkt 51 k) ...... 30211 B Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung Michael Kießling (CDU/CSU) ...... 30211 B des von der Bundesregierung eingebrachten Michael Thews (SPD) ...... 30212 B Entwurfs eines Gesetzes zur erleichterten Um- setzung der Reform der Grundsteuer und Än- Judith Skudelny (FDP) ...... 30213 B derung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften Ralph Lenkert (DIE LINKE) ...... 30213 D (Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz – GrStRefUG) Dr. Bettina Hoffmann (BÜNDNIS 90/ (Tagesordnungspunkt 38) ...... 30203 D DIE GRÜNEN) ...... 30214 B Fritz Güntzler (CDU/CSU) ...... 30203 D , Parl. Staatssekretär BMU . . 30214 C Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 XXXI

Anlage 31 Anlage 32 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Michael Kießling (CDU/CSU) zu der Abstim- Florian Pronold (SPD) zu der namentlichen mung über die Beschlussempfehlung des Abstimmung über den von den Abgeordneten Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Markus Herbrand, Christian Dürr, Dr. Florian nukleare Sicherheit zu der Verordnung der Toncar, weiteren Abgeordneten und der Frak- Bundesregierung: Verordnung zur Einführung tion der FDP eingebrachten Entwurf eines Ge- einer Ersatzbaustoffverordnung, zur Neufas- setzes zur Änderung des Vermögensteuerge- sung der Bundes-Bodenschutz- und Altlasten- setzes (VStG) verordnung und zur Änderung der Deponie- verordnung und der Gewerbeabfallverordnung (Tagesordnungspunkt 51 k) ...... 30215 C (Tagesordnungspunkt 20 a) ...... 30215 D

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(A) (C)

233. Sitzung

Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Beginn: 9.00 Uhr

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Der kommt bis morgen früh auch. Jedenfalls wünsche ich Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bitte eine gute Zusammenarbeit. nehmen Sie Platz. Die Sitzung ist eröffnet. Jetzt weise ich darauf hin, dass Tagesordnungspunkt Vor Eintritt in die Tagesordnung gratuliere ich nach- 16 f abgesetzt wird. Nach der Aktuellen Stunde soll der träglich dem Kollegen Paul Podolay zum 75. Geburts- Tagesordnungspunkt 37 beraten werden. Nach Tagesord- tag, nungspunkt 30 sollen die zweite und dritte Beratung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der In- (Beifall) dustrie- und Handelskammern auf der Drucksache dem Kollegen Dr. zum 72. 19/27452 sowie die Beschlussempfehlung zum Antrag Geburtstag, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf der Drucksache 19/28473 aufgesetzt werden. Der Tagesordnungspunkt (Beifall) (B) 31 wird abgesetzt. (D) der Kollegin Ulla Jelpke zum 70. Geburtstag, Am Freitag werden Tagesordnungspunkt 39 und (Beifall) Zusatzpunkt 26 ebenfalls abgesetzt. Hier sollen die zwei- te und dritte Beratung des Gesetzes über die unterneh- dem Kollegen Bernhard Daldrup zum 65. Geburtstag merischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten auf Druck- (Beifall) sache 19/28649 aufgesetzt werden. In verbundener Beratung sollen eine Beschlussempfehlung zum Antrag und dem Kollegen Parlamentarischen Staatssekretär der Fraktion der AfD auf der Drucksache 19/26235, der Dr. Michael Meister zum 60. Geburtstag. Zusatzpunkt 14 a sowie eine Beschlussempfehlung zum (Beifall) Antrag der Fraktion Die Linke auf der Drucksache 19/29279 hinzukommen. Tagesordnungspunkt 19 – das Ganz besonders gratuliere ich dem Kollegen Rüdiger ist der Antrag auf Feststellung des Fortbestehens der Kruse, der heute seinen 60. Geburtstag feiert. epidemischen Lage von nationaler Tragweite – soll am (Beifall) Freitag nach Tagesordnungspunkt 43 aufgerufen werden. Tagesordnungspunkt 45 und die folgenden Punkte der Alle guten Wünsche an alle Jubilare im Namen des gan- Koalitionsfraktionen verschieben sich entsprechend. Die zen Hauses. Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die morgige Aktuel- Ich habe mir bei Durchsicht der Tagesordnung schon le Stunde zurückgezogen. Zusatzpunkt 30 wird also abge- überlegt – ich bitte die Parlamentarischen Geschäftsfüh- setzt. rer, mal zuzuhören –, ob ich nicht den Vorschlag machen Sind Sie mit all dem einverstanden? – Ich höre keinen soll, dass ich das Wort nur erteile gegen die Verpflich- Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. tung, dass man bis zum Ende der heutigen Sitzung hier anwesend bleibt. Dann rufe ich die Tagesordnungspunkte 11, 12 a bis 12 c und Zusatzpunkt 3 auf: (Heiterkeit) 11 Wahlvorschlag der Fraktion der AfD Aber im Ernst: Ich begrüße einen neuen Kollegen, Marcel Emmerich, für den ausgeschiedenen Kollegen Wahl eines Stellvertreters des Präsidenten Dr. Danyal Bayaz als Mitglied des Deutschen Bundes- (3. Wahlgang) tages. – Ist er da? Drucksache 19/28609 ( [DIE LINKE]: Das fängt ja ZP 3 Wahlvorschlag der Fraktionen der CDU/CSU gut an!) und SPD 29936 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble (A) Wahl der Bundesbeauftragten für die Opfer Nach Verlassen der Wahlkabine übergeben Sie bitte (C) der SED-Diktatur beim Deutschen Bundestag der Schriftführerin oder dem Schriftführer an der Wahl- (Opferbeauftragte) gemäß § 5 des SED-Opfer- urne Ihren Wahlausweis und werfen die fünf Wahlunter- beauftragtengesetzes lagen in die entsprechend farblich gekennzeichneten Wahlurnen. Drucksache 19/30432 Dann eröffne ich hiermit die Wahlen. Die Wahlgänge 12 a) Wahlvorschlag der Fraktion der AfD werden um 11.07 Uhr geschlossen. Wahl eines Mitglieds des Vertrauensgre- Gehen Sie nicht alle gleichzeitig! Sie haben zwei Stun- miums gemäß § 10a Absatz 2 der Bundes- den Zeit. Sie sollen ja die Rudelbildung draußen vermei- haushaltsordnung den. Drucksache 19/28610 Damit rufe ich die Tagesordnungspunkte 13 a bis 13 k sowie die Zusatzpunkte 4 bis 9 auf: b) Wahlvorschlag der Fraktion der AfD a) Beratung der Unterrichtung durch die Bun- Wahl von Mitgliedern des Gremiums ge- desregierung mäß § 3 des Bundesschuldenwesengeset- Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie – Wei- zes terentwicklung 2021 Drucksache 19/28611 Drucksache 19/27530 c) Wahlvorschlag der Fraktion der AfD Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (f) Wahl von Mitgliedern des Sondergre- Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz miums gemäß § 3 Absatz 3 des Stabilisie- Ausschuss für Wirtschaft und Energie Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft rungsmechanismusgesetzes Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenab- Drucksache 19/28612 schätzung Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick- Die Namen der Kandidatinnen und Kandidaten entneh- lung men Sie bitte den Stimmkarten. Ausschuss für Tourismus Ausschuss für Kultur und Medien Ausschuss Digitale Agenda Der Stellvertreter des Präsidenten ist nach unserer Ge- Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen schäftsordnung im dritten Wahlgang gewählt, wenn er die Mehrheit der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigt, Beratung der Unterrichtung durch den Parla- also die Zahl der Jastimmen größer ist als die Zahl der mentarischen Beirat für nachhaltige Ent- (B) Neinstimmen. Enthaltungen bleiben insofern unberück- wicklung (D) sichtigt. Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie – Wei- Bei allen weiteren Wahlen sind die Stimmen der Mehr- terentwicklung 2021 heit der Mitglieder des Bundestags, also mindestens 355 – Drucksache 19/27530 – Jastimmen, erforderlich. Stellungnahme des Parlamentarischen Die Wahlen erfolgen in der Abgeordnetenlobby. Sie Beirates für nachhaltige Entwicklung haben nach Eröffnung der Wahlen zwei Stunden Zeit, Drucksache 19/30530 um Ihre Stimmen abzugeben. Überweisungsvorschlag: Sie erhalten in der Abgeordnetenlobby an den Aus- Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (f) Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz gabetischen nach Vorzeigen Ihres Wahlausweises in der Ausschuss für Wirtschaft und Energie Farbe Grau fünf Stimmkarten in den Farben Gelb, Blau, Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur Orange, Rot und Grün. Da drei dieser Wahlen geheim Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenab- durchzuführen sind, erhalten Sie zu den Stimmkarten in schätzung den Farben Gelb, Blau und Grün zusätzlich drei Wahl- Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick- lung umschläge in denselben Farben. Ausschuss für Tourismus Ausschuss für Kultur und Medien In der Wahlkabine sind die fünf Stimmkarten anzu- Ausschuss Digitale Agenda kreuzen. Es darf zu jeder Kandidatin bzw. zu jedem Kan- Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen didaten nur ein Kreuz entweder bei „ja“, „nein“ oder Beratung der Unterrichtung durch den Parla- „enthalte mich“ gemacht werden. Die Stimmkarten für mentarischen Beirat für nachhaltige Ent- die drei geheimen Wahlen sind in der Wahlkabine in wicklung den jeweiligen farbidentischen Wahlumschlag zu legen. Bericht des Parlamentarischen Beirates Ich weise noch einmal darauf hin, dass das Fotografie- für nachhaltige Entwicklung ren oder Filmen der ausgefüllten Stimmkarten bei den (Arbeitsbericht der 19. Wahlperiode) geheimen Wahlen einen Verstoß gegen das Wahlgeheim- nis darstellt und die Ordnung und Würde des Hauses ver- Drucksache 19/30130 letzt. Für den Fall, dass ich von solchen Verstößen gegen Überweisungsvorschlag: das Wahlgeheimnis in der Sitzung oder später Kenntnis Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (f) Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung erlange, behalte ich mir schon jetzt vor, Ordnungsmaß- Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz nahmen zu ergreifen. Finanzausschuss Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29937

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble (A) Ausschuss für Wirtschaft und Energie Erzeugung von Wasserstoff – Wohlstand (C) Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Ausschuss für Arbeit und Soziales und Umweltschutz – Synthetische Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Betriebs- und Treibstoffe mit Nuklear- Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur energie der Generation IV Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenab- schätzung Drucksachen 19/22446, 19/25647 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick- lung i) Beratung der Beschlussempfehlung und des Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Ausschuss Digitale Agenda Berichts des Ausschusses für Umwelt, Natur- Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen schutz und nukleare Sicherheit (16. Aus- Haushaltsausschuss schuss) zu dem Antrag der Abgeordneten d) Erste Beratung des von der Bundesregierung Dr. Lukas Köhler, Frank Sitta, Judith eingebrachten Entwurfs eines Ersten Geset- Skudelny, weiterer Abgeordneter und der zes zur Änderung des Bundes-Klima- Fraktion der FDP schutzgesetzes Mehr Tempo für die Nachhaltigkeit – Mit Drucksache 19/30230 Fortschritt und Innovation in die Zukunft Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (f) Drucksachen 19/22493, 19/30496 Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft j) Beratung der Beschlussempfehlung und des Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur Berichts des Ausschusses für Umwelt, Natur- Ausschuss für Tourismus Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union schutz und nukleare Sicherheit (16. Aus- Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen schuss) zu dem Antrag der Abgeordneten e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Judith Skudelny, Dr. Lukas Köhler, Olaf in Lorenz Gösta Beutin, Ralph Lenkert, der Beek, weiterer Abgeordneter und der Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeordneter Fraktion der FDP und der Fraktion DIE LINKE Mit Innovationen zu nachhaltigen Lebens- Strom-Übertragungsnetze in öffentlicher grundlagen Hand bündeln nach dem Klimaschutz- Beschluss des Bundesverfassungsgerichts Drucksachen 19/22484, 19/30473 Drucksache 19/29961 k) Beratung des Antrags der Abgeordneten Hartmut Ebbing, Judith Skudelny, Frank (B) Überweisungsvorschlag: (D) Ausschuss für Wirtschaft und Energie (f) Sitta, weiterer Abgeordneter und der Frak- Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit tion der FDP f) Beratung der Beschlussempfehlung und des Europäische Landschaftskonvention Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und unterzeichnen und ratifizieren Energie (9. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Marc Bernhard, Karsten Drucksache 19/28339 Hilse, Andreas Bleck, weiterer Abgeordneter ZP 4 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- und der Fraktion der AfD richts des Ausschusses für Wirtschaft und Ener- Stromkunden entlasten – Erneuerbare- gie (9. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeord- Energien-Gesetz gerade in der COVID- neten Marc Bernhard, Karsten Hilse, Andreas 19-Wirtschaftskrise abschaffen Bleck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Drucksachen 19/22451, 19/24196 der AfD g) Beratung der Beschlussempfehlung und des Einfach frei leben – Kein deutsches Engage- Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und ment für den Großen Umbruch beziehungs- Energie (9. Ausschuss) zu dem Antrag der weise Great Reset des Weltwirtschaftsforums – Abgeordneten Karsten Hilse, Dr. Rainer Mit Innovationen Umwelt und Wohlstand Kraft, Marc Bernhard, weiterer Abgeordne- erhalten ter und der Fraktion der AfD Drucksachen 19/29697, 19/30491 Buchstabe b Umweltverträgliche Kohlekraftwerke weiter betreiben – Ausstieg aus der Kohle- ZP 5 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- verstromung stoppen richts des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur (15. Ausschuss) zu dem Antrag der Drucksachen 19/22431, 19/25887 Abgeordneten Bernd Reuther, Frank Sitta, h) Beratung der Beschlussempfehlung und des Torsten Herbst, weiterer Abgeordneter und der Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Fraktion der FDP Energie (9. Ausschuss) zu dem Antrag der Forschung und Innovationen für klima- Abgeordneten Karsten Hilse, Dr. Heiko freundliches Fliegen Wildberg, Marc Bernhard, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der AfD Drucksachen 19/11039, 19/13986 29938 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble (A) ZP 6 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Seit über zehn Jahren fordert die SPD ein Klimaschutz- (C) richts des Finanzausschusses (7. Ausschuss) zu gesetz. Sie alle hier im Parlament wissen, wer das nicht dem Antrag der Abgeordneten Bettina Stark- wollte und wer dann auch versucht hat, meinen Entwurf Watzinger, Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, zu verwässern. weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP (Karsten Hilse [AfD]: Machen Sie jetzt schon Sustainable Finance – Transparenz und Viel- Wahlkampf, Frau Schulze?) falt schaffen – Einheitliche EU-Taxonomie ablehnen Dem hat das Bundesverfassungsgericht eine ganz klare Absage erteilt. Es fordert, die Lasten zwischen den Gene- Drucksachen 19/14785, 19/30462 Buchstabe b rationen gerechter zu verteilen und konkrete Ziele für die ZP 7 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Zeit ab 2030 zu benennen. Ich kann hier ganz klar sagen: richts des Finanzausschusses (7. Ausschuss) zu Wir setzen dieses Urteil sehr gerne um. Deshalb habe ich dem Antrag der Abgeordneten Lisa Paus, Stefan innerhalb weniger Tage ein novelliertes Gesetz vorge- Schmidt, Dr. Danyal Bayaz, weiterer Abgeordne- legt – für mehr Klimaschutz, für mehr langfristige Plan- ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- barkeit und Verlässlichkeit und vor allem ein Gesetz, das NEN den sozialen Ausgleich organisiert, ohne den wir Klima- schutz nicht erfolgreich werden durchführen können. Stabil und zukunftsfest – Den Finanzplatz Eu- ropa zum Leitmarkt für Nachhaltigkeit ma- (Beifall bei der SPD) chen Meine Damen und Herren Abgeordnete, es gab ja Poli- Drucksachen 19/14219, 19/30120 tiker, die nach dem Klimaurteil gesagt haben, man solle das Thema aus dem Wahlkampf heraushalten. Ich halte ZP 8 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- das für eine absurde Forderung. Der Kampf gegen den richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu- Klimawandel ist das große Thema unserer Zeit – trotz sammenarbeit und Entwicklung (19. Ausschuss) Corona. Es ist auch eines der wichtigen Themen im kom zu dem Antrag der Abgeordneten Uwe Kekeritz, - Claudia Roth (Augsburg), Lisa Badum, weiterer menden Wahlkampf. Es geht jetzt darum, wie wir Klima- schutz am besten erreichen. Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Das novellierte Klimaschutzgesetz ist ein Angebot an Klimaziele und Entwicklungspolitik konse- die junge Generation. Es steckt einen verlässlichen Rah- quent aufeinander ausrichten – Klimagerech- men für die Zukunft. Wie dieser Rahmen ganz genau (B) tigkeit im Globalen Süden voranbringen gefüllt wird, also mit welchen konkreten Maßnahmen (D) über die hinaus, die wir schon beschlossen haben, das Drucksachen 19/28474, 19/30431 wird natürlich in den kommenden Wochen und Monaten das Topthema sein. Das ist auch gut so. Es geht schließ- ZP 9 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- lich um unsere Lebensgrundlagen, die Lebensgrundlagen richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz der jungen Generation und um die wichtigste industrie- und nukleare Sicherheit (16. Ausschuss) zu dem politische Aufgabe unserer Zeit. Antrag der Abgeordneten Gerhard Zickenheiner, Beate Walter-Rosenheimer, Dieter Janecek, wei- Wir sehen an den aktuellen Debatten, zum Beispiel um terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- die Aufteilung des CO2-Preises bei den Heizkosten zwi- NIS 90/DIE GRÜNEN schen Mietern und Vermietern, dass es die Menschen Personelle Umsetzungsstrategie des Klima- interessiert, wie Klimaschutz sozial gerecht organisiert schutzprogramms 2030 der Bundesregierung werden kann. Da hilft es nicht – das sage ich hier auch ganz deutlich –, wenn Kollegen aus der Unionsfraktion Drucksachen 19/26218, 19/26708 so tun, als ob Vermieter künftig die Hälfte der Heizkosten für ihre Mieterinnen und Mieter zahlen sollen. Es geht um Für die Aussprache wurde eine Dauer von 90 Minuten den CO -Preis – einen Bruchteil dieser Kosten. Es ist nur beschlossen. 2 gerecht, diesen Aufschlag zumindest hälftig aufzuteilen, Damit eröffne ich die Aussprache und erteile das Wort weil Mieterinnen und Mieter durch ihr Heizverhalten der Bundesumweltministerin Svenja Schulze. zwar die CO2-Kosten beeinflussen, aber die Vermieter darüber entscheiden, welche Heizung im Keller steht, (Beifall bei der SPD) was dann eben die CO2-Kosten ausmacht.

Svenja Schulze, Bundesministerin für Umwelt, (Beifall bei der SPD) Naturschutz und nukleare Sicherheit: Es geht darum, hier wirklich eine Lenkungswirkung zu Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her- entfalten, also die alte Ölheizung endlich rauszuschmei- ren! Das bestehende Klimaschutzgesetz ist noch keine ßen und durch neue klimaneutrale Heizsysteme zu erset- zwei Jahre alt. Aber das Bundesverfassungsgericht will zen, so wie das eben im Moment auch von der Bundes- mehr – mehr Klimaschutz und mehr Generationengerech- regierung unterstützt wird. tigkeit, und das ist auch gut so. Auch die SPD wollte von Beginn an mehr, und eine breite Mehrheit der Menschen (Karsten Hilse [AfD]: Was sind denn klima- in Deutschland will das auch. neutrale Heizungen?) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29939

Bundesministerin Svenja Schulze (A) Lassen Sie uns zusammen ambitionierten Klimaschutz fung von Armut weltweit ist, setzt diese Bundesregierung (C) machen: mit der großen Mehrheit in unserem Land, mit weiter einseitig auf die Ziele Klimaschutz und die Redu- einer gemeinsamen Kraftanstrengung aller demokrati- zierung vermeintlicher Ungleichheit. schen Parteien und verbunden mit dem sozialen Aus- gleich, der dann eben dafür sorgt, dass niemand über- Für Ihren Beitrag zum sogenannten Klimaschutz sind fordert wird. Die Beratungen über die Novelle des Sie bereit, andere, im Gegensatz dazu ganz reale Nach- Klimaschutzgesetzes bieten gute Gelegenheiten dazu. haltigkeitsziele und Indikatoren zu vernachlässigen. Für Dafür möchte ich hier ausdrücklich noch mal werben; den Anstieg der sogenannten erneuerbaren Energien neh- denn ich finde, das ist jede Anstrengung wert. men Sie die Abholzung von Wäldern und die Industria- lisierung von Flächen in Kauf. Aber damit widersprechen Vielen Dank. Sie dem Nachhaltigkeitsziel 15: Nachhaltigkeit in (Beifall bei der SPD – [CDU/ Ökosystemen an Land sowie nachhaltige Waldbewirt- CSU]: Traurige Bilanz!) schaftung. Das Abholzen von Wald, um eine Windener- gieanlage hineinzustellen, ist keine nachhaltige Waldbe- wirtschaftung. Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Dr. Rainer Kraft, AfD, ist der nächste Redner. (Beifall bei der AfD) (Beifall bei der AfD) Sie widersprechen auch dem Nachhaltigkeitsziel 2: Bekämpfung des weltweiten Hungers, indem Sie Agrar- Dr. Rainer Kraft (AfD): flächen für Windenergieanlagen und Solarfarmen opfern. Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kollegen! Bevor Ihre ganze angeblich nachhaltige Energiepolitik ist der wir den Blick auf die Nachhaltigkeit legen, ein kurzes größte Feind des Nachhaltigkeitsziels 7. Sie sorgt nicht Wort zum Antrag der FDP bezüglich klimaneutralem für preiswerte, zuverlässige und saubere Energie, sondern Fliegen: Ihr Antrag ist von 2019, und er ist nicht gut für eine Zukunft, in der Strom zum Luxusgut wird, das gealtert, muss man sagen. In einer Zeit, in der die Luft- nur unzuverlässig und, wenn, nur zu horrenden Preisen hansa bereits 24 000 Stellen gestrichen hat und über die zur Verfügung steht. Und durch die Abschaltung von Streichung von weiteren 10 000 Stellen nachdenkt, prä- Kernkraftwerken wird diese Energie auch noch schmutz- sentieren Sie einen Antrag, in dem der Deutsche Bundes- iger. tag das fulminante Wachstum der Luftfahrtbranche mit den damit einhergehenden CO2-Emissionen feststellen Es geht weiter mit den Widersprüchen. Und es wird soll. immer abstruser, wie Ihre Politik die Nachhaltigkeitsziele (B) konterkariert. Sie sagen, Sie strebten eine Senkung des (D) Ja, liebe FDP, in welchem Bunker habt ihr die letzten Primärenergiebedarfes an. Aber gleichzeitig wollen Sie 15 Monate verbracht, dass euch entgangen ist, dass die eine komplett strombasierte Power-to-X-Wirtschaft etab- Luftfahrtbranche in der größten Krise steckt, seitdem es lieren. Die dabei wegen der auftretenden massiven ener- die Luftfahrt überhaupt gibt? Während also die Men- getischen Umwandlungsverluste erforderliche Energie schen um ihre Jobs bangen, wollen Sie, dass wir uns müssen Sie aber am Anfang erst einmal erzeugen. Das mit dem CO2-Ausstoß gemäß vollkommen überalterten heißt, Ihr Primärenergiebedarf geht erst mal drastisch Prognosen beschäftigen. Für diese Taktlosigkeit sollten nach oben; er schießt Ihnen durch die Decke. Eine wider- Sie sich ein ganz kleines bisschen schämen. sprüchlichere Politik hat man selten gesehen, und sie (Beifall bei der AfD) gehört im Herbst einfach abgewählt.

Liebe FDP, ein bisschen sollten Sie auch an Ihren (Beifall bei der AfD) Prioritäten arbeiten. Denn die Aufgabe der Fluglotsen ist es nicht, die CO2-Emissionen von Flugzeugen zu redu- Ihren Kampf gegen die angebliche Ungleichheit führen zieren, sondern das Flugzeug mitsamt Crew und Passa- Sie mit den immer gleichen sozialistischen Vorschlag- gieren sicher an den Bestimmungsort zu bringen. hammermethoden. Wer erfolgreich oder fleißig ist, effi- (Beifall bei der AfD) zient oder produktiv, der bekommt Steuern, Abgaben und Bürokratie übergebraten, bis sich alles dem bekannten Ganz kurz noch zu den jüngeren Anträgen der Grünen: Gerechtigkeitsbegriff der SPD unterordnet: Weniger für Liebe Grüne, Gendersprache ist Idiotensprache, alle, oder wir machen alle gleich – gleich arm. (Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Idiotin- nen!) (Beifall bei der AfD) und damit ist hier alles dazu gesagt. Mit der Verbesserung der Lebensumstände am unteren Ende haben Ihre Maßnahmen wenig zu tun. Ganz im (Beifall bei der AfD) Gegenteil: Sie belasten die unteren Einkommen durch Nun aber alles zur Nachhaltigkeit. Die Überarbeitung Ihre Energie-, Steuer- und Finanzpolitik. Damit erschwe- der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie doktert an den ren Sie es den Menschen, ein unabhängiges, selbstbes- Symptomen herum, ohne das zentrale Problem zu adres- timmtes Leben in Würde aus eigener Kraft und ohne sieren. Dieses zentrale Problem ist die falsche Schwer- Abhängigkeit von staatlichen Transferleistungen führen punktsetzung der deutschen Regierung in Bezug auf die zu können. originären Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030. Ob- wohl das Hauptanliegen der Agenda 2030 die Bekämp- (Beifall bei der AfD) 29940 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Dr. Rainer Kraft (A) Aber ganz offensichtlich ist es Ihre Absicht, den Men- lieren, auch wegen der Frage der Generationengerechtig- (C) schen durch hohe Steuern und Abgaben erst möglichst keit, und dass wir für die Zeit danach die Schritte für das viel wegzunehmen, um bei ihnen dann mit kleinen Bro- Erreichen von Klimaneutralität genau beschreiben. samen wieder Wohlwollen, Wohlverhalten und damit Wie nehmen wir diesen Auftrag jetzt an? Indem wir Wählerstimmen einzukaufen. das Klimaschutzgesetz ambitioniert weiterentwickeln. Zuletzt etwas zu Ihren leicht absurden Indikatoren der Und das möchte ich an dieser Stelle auch mal sagen, Nachhaltigkeitsstrategie, zum Beispiel der Erfassung von Frau Ministerin: Auch die Unionsfraktion ist für diese Straftaten, die sinken sollen. Na ja, das wäre wünschens- ambitionierte Weiterentwicklung, und ich würde mich wert, wenn die Anzahl von Straftaten im Lande sinken freuen, wenn Sie in der Öffentlichkeit nicht immer ande- würde, nicht deren Erfassung, oder – besser noch – wenn res behaupten, Frau Ministerin. die Aufklärungsquote in Deutschland steigen würde. Ja, (Beifall bei der CDU/CSU – Alexander das wäre ein Schritt hin zu Rechtsstaatlichkeit. Aber die Dobrindt [CDU/CSU]: Wieso behauptet sie bloße Erfassung ist das nicht; denn die bloße Erfassung anderes? Sie könnte doch einfach mal die Rea- ist nur ein bürokratischer Verwaltungsakt. lität beschreiben!) (Beifall bei der AfD) Wir werden unser Klimaziel, bis 2030 55 Prozent we- Oder wollen wir Verhältnisse haben wie zum Beispiel in niger CO2 auszustoßen, jetzt auf 65 Prozent erhöhen, und Mexiko? Dort werden Straftaten fleißig erfasst, aber nur wir nehmen uns vor, die Klimaneutralität schon früher, zu circa 2 Prozent aufgeklärt. In Mexiko herrscht also de 2045, zu erreichen. Das ist sehr, sehr ambitioniert. Und da facto Rechtlosigkeit. Aber schön, dass sie dort alles muss ich mich schon wundern, wenn die Grünen, die bis erfasst haben. vor Kurzem 65 Prozent gefordert haben, jetzt nach dem Motto „höher, schneller, weiter“ auf einmal 70 Prozent Als Fazit bleibt festzuhalten, dass die überarbeitete fordern. Das ist nämlich unrealistisch, liebe Kolleginnen deutsche Nachhaltigkeitsstrategie keine Kohärenz mit und Kollegen von den Grünen. der derzeit ausgeübten Politik in Deutschland aufweist. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Ihre Politik führt zu Armut, zu Deindustrialisierung, zu ordneten der SPD) massivem Flächenverbrauch, zu Energieknappheit und zu Umweltzerstörung. Was immer Gutes in der Agen- Wir machen Klimaschutzpolitik mit Augenmaß, nicht da 2030 steckt, wird von Ihrer Politik zunichte gemacht, nur aus der Sicht der Umwelt- und Klimapolitik, sondern und übrig bleibt am Ende nur Ihr ökosozialistischer Ein- wir betrachten auch die Auswirkungen auf die Wirtschaft, heitsbrei. auf die Arbeitsplätze, auf die soziale Frage, und wir müs- (B) sen auch die Akzeptanz der Menschen behalten. Wir mer- (D) (Beifall bei der AfD) ken, dass das Thema Klimawandel in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Die Menschen spüren die Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Folgen für Mensch, Tier, Natur. Die Übersterblichkeit hat Jetzt hat das Wort die Kollegin Dr. Anja Weisgerber, in den Hitzesommern zugenommen. Wir merken es an CDU/CSU. den Wäldern, wir merken es an der Trockenheit, in der Landwirtschaft. Und deshalb ist es wichtig, dass wir un- (Beifall bei der CDU/CSU) sere Klimapolitik ambitioniert fortsetzen. ( [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU): NEN]: Sie tun es nicht!) Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Wir machen das im europäischen und internationalen Kollegen! In dieser Legislaturperiode haben wir beim Rahmen. Es war nämlich , die auf europä- Klimaschutz einiges erreicht, und wir setzen diese Klima- ischer Ebene durchgesetzt hat, dass die anderen EU-Staa- schutzpolitik ambitioniert fort. Das Bundesverfassungs- ten auch mal mitziehen und das EU-Ziel von 40 auf gericht hat nicht die Instrumente unserer Klimaschutz- 55 Prozent erhöht wird; denn alleine, liebe Kolleginnen politik infrage gestellt. Allen Unkenrufen zum Trotz und Kollegen, können wir unsere Klimaziele nämlich haben wir das 2020-Ziel jetzt auch erreicht, und zwar nicht erreichen. Wir brauchen auch die anderen EU-Staa- nicht nur wegen Corona, wie es immer behauptet wird, ten; wir brauchen auch die anderen Staaten der Welt. Wir sondern vor allen Dingen wegen unserer Instrumente. müssen auch die Entwicklungs- und Schwellenländer ( [CDU/CSU]: So ist es!) dazu bringen, ihre Wirtschaft von Anfang an klima- freundlich aufzubauen. Das ist unsere Politik! Wir ma- Nur im Verkehrssektor merkt man die Coronapandemie, chen Klimaschutz nicht mit der nationalen Brille, sondern weil sich die Mobilität eingeschränkt hat. Aber in allen wir haben den Weitblick, auch auf Europa und die inter- anderen Bereichen haben wir die Ziele wegen unserer nationale Ebene, meine Damen und Herren. Instrumente erreicht. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- ordneten der SPD) ordneten der SPD) Dann muss ich mich als Nächstes noch mal über die Wir nehmen den Auftrag des Bundesverfassungsge- Grünen wundern. Sie sagen, ja, die Klimaziele sind jetzt richts jetzt auch ambitioniert an. Was war die Kritik? festgelegt worden, aber bei den Maßnahmen würden wir Dass wir bis 2030 die Ziele noch ambitionierter formu- uns wegducken und gar nichts machen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29941

Dr. Anja Weisgerber (A) (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Und das machen wir jetzt; wir senken die EEG-Umlage. (C) NEN]: Ja, das stimmt! Schauen Sie sich doch (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- mal den Herrn Scholz und Herrn Scheuer an ordneten der SPD) letzte Woche!) Wir wollen mit der Erhöhung der Pendlerpauschale die Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben 80 Milliarden Bürgerinnen und Bürger im ländlichen Raum mitnehmen. Euro in ein Maßnahmenprogramm und in ein Konjunk- turpaket gesteckt, mit dem wir auf Klima- und Umwelt- (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- innovationen setzen, das in allen Bereichen Anreize NEN]: Das ist doch alles beschlossen! Mit schafft – das ist unser Motto. Dann zu behaupten, dass uns!) wir keine Maßnahmen auf den Weg bringen, ist schlicht Wir haben das Wohngeld erhöht, und wir investieren in falsch. Das muss man hier im Hohen Haus auch mal den Umstieg auf alternative Technologien. Wir setzen auf ansprechen. Innovation und Fortschritt. Wir wollen Begeisterung und (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) nicht Askese. Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns. Jetzt komme ich zu den Maßnahmen. Wir nehmen in allen Bereichen die Bürgerinnen und Bürger mit. Wir Vielen Dank. gestalten den Umstieg im Bereich der Industrie. Wir wol- (Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. len die Wasserstoffstrategie voranbringen, um die Dekar- Alexander Dobrindt [CDU/CSU] – Gegenruf bonisierung auch in der Industrie durchzusetzen. Wir der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/ nehmen, wie gesagt, aber auch die Bürger mit: Wir för- DIE GRÜNEN]: Sie waren doch bei den Ver- dern den Umstieg auf das Elektroauto. Wir haben ein handlungen dabei, Herr Dobrindt! – Gegenruf umfassendes Heizungsaustauschprogramm auf den Weg des Abg. Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: gebracht, das Bundesprogramm zur Förderung effizienter Eure Haltung ist keine Haltung oder Kritik! – Gebäude; die Antragstellungen haben sich verdoppelt, Gegenruf der Abg. Britta Haßelmann [BÜND- verdreifacht, NIS 90/DIE GRÜNEN]: Ohne uns hätten Sie (Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Ein Erfolg!) doch gar keine Mehrheit im Bundesrat gehabt! Das ist die Wahrheit!) ein Riesenerfolg. Das gilt es hier mal anzusprechen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Lukas Köhler, FDP, ist der nächste Redner. NEN]: Sie haben trotzdem das Bundesverfas- (B) sungsgerichtsurteil gekriegt!) (Beifall bei der FDP) (D) Abschließend möchte ich an dieser Stelle noch etwas zur Bepreisung sagen. Wir haben drei Instrumente: das Dr. Lukas Köhler (FDP): Klimaschutzgesetz mit einem Monitoringmechanismus, Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten das Maßnahmenprogramm, und das Dritte ist die Beprei- Damen und Herren! Das Ziel des Klimaschutzes ist rela- sung. Wir wollen eine moderate Bepreisung, und wir tiv klar und offensichtlich, und zumindest die meisten wollen in den Anfangsjahren die Menschen auch dabei Fraktionen dieses Hauses haben sich darauf committet: unterstützen, umzusteigen. Die Grünen wollen den Preis- das 1,5-Grad-Ziel. anstieg früher und höher, und in Wahrheit wollen sie auch Die Neufassung dieses Klimaschutzgesetzes ist aber noch viel mehr, als sie angesprochen haben. nicht aufgrund dieser Zielsetzung vorgenommen worden, (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sondern aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungs- NEN]: Sie wollen gar nichts!) gerichts. Das muss man sich schon noch mal näher angu- cken. Frau Schulze, Sie habe es gerade geschafft, leider Aber jetzt kommt der entscheidende Unterschied: Die nichts zum Gesetz zu sagen, aber den Punkt, den das Grünen wollen on top das Verbot des Verbrennungsmo- Bundesverfassungsgerichtsurteil aufgemacht hat, falsch tors, das Verbot der Ölheizung; sie wollen Ordnungs- aufzugreifen. Sie haben über die konkreten Ziele gespro- recht. Und die Wahrheit ist: Das macht dann alles noch chen; aber das Bundesverfassungsgericht verpflichtet uns teurer! vor allen Dingen, einen Pfad aufzuzeigen, wie wir die (Beatrix von Storch [AfD]: Das ist Ihr nächster Freiheit kommender Generationen schützen. Und das Koalitionspartner! Denken Sie darüber mal leistet dieses Gesetz nicht, und das ist eigentlich ein nach!) Skandal.

Die Alternative ist dann CO2-Bepreisung – moderat. (Beifall bei der FDP) CO2 ist die neue Währung. CO2-Bepreisung ist ein Ich möchte Ihnen auch sagen, warum das so ist. Sie Gamechanger, aber moderat. Gleichzeitig wollen wir haben in dieser Neufassung vor allen Dingen für die Zeit die Menschen entlasten, aber nicht mit dem Energiegeld, nach 2030 den Auftrag, diesen Pfad fortzuschreiben. Was wofür man extra eine Behörde aufbauen muss, um dann Sie jetzt gemacht haben, ist, jährliche Ziele festzulegen. monatlich 8,30 Euro zu verteilen, was technisch gar nicht Ich habe mir das mal näher angeguckt: Sie haben von geht. Vielmehr wollen wir ganz gezielte Entlastungen, 2032 bis 2034 eine Emissionsminderung von 2 Prozent wir müssen diesen Strompreis senken. festgeschrieben, von 2034 bis 2035 3 Prozent, von 2036 (Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: So ist es!) bis 2038 wieder 2 Prozent, 2038 bis 2039 wieder 3 Pro- 29942 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Dr. Lukas Köhler (A) zent. Beim Betrachten der Jahreszahlen stellt man sich Jetzt haben Sie aber – das ist das Fatale – 2045 als Ziel (C) schon die Frage: Hat das jemand gewürfelt? Wie kommen aufgeschrieben, ohne europäisch zu koordinieren. Was Sie denn darauf, exakt vorgeben zu können, in welchem passiert denn 2045, wenn wir dann in Deutschland klima- Jahr was passiert? Fällt einmal ein Stahlwerk aus dem neutral sind? Was passiert dann? Die Emissionen, die CO2-Ausstoß raus, wird ein Stahlwerk direkt reduziert, dann noch bis 2050 übrig sind, werden per Wasserbett- dann gibt es sofort einen massiven Sprung in Ihren Jah- effekt über ganz Europa verteilt. Im schlimmsten Fall reszahlen. Es ist doch absurd, zu denken, die Politik heute haben Sie für unseren Klimaschutz richtig viele Kosten könnte schon wissen, welche Technologie in 10, 15 Jahren aufgerufen, um europäisch nichts, aber auch gar nichts zu die richtige ist, welche funktioniert hat, wo wir Dinge erreichen. Das ist doch keine Klimapolitik. Das ist ein erreicht haben. Das ist doch Wahnsinn! Abgesang an Vernunft. Und dann kommen Sie auf die Idee, zu sagen: Na ja, (Beifall bei der FDP) neben diesen Jahressenkungszahlen, die wir vorgeben Meine Damen und Herren, Sie zeigen in diesem Gesetz wollen, haben wir noch Sektorziele. Wenn der Ausfall keinen einzigen Pfad auf, wie Sie das wirklich machen des Stahlwerks dafür gesorgt hat, dass wir den CO2-Aus- wollen. Sie reden nicht darüber, dass Sie Negativemissio- stoß meinetwegen im Jahr 2034 – ich weiß es nicht – nen brauchen. Sie reden nicht darüber, wie Sie schneller massiv gesenkt haben, kann es trotzdem sein, dass der europäisch, auch in Deutschland, erneuerbare Energien Verkehrssektor in diesem Jahr die Reduktion nicht aufbauen. Sie haben es am Anfang des Jahres noch nicht geschafft hat. Dann sind Sie bei Sofortmaßnahmen, und mal geschafft, das EEG an das neue Ziel der Europä- im Gebäudebereich und im Verkehrssektor bedeuten ischen Union anzupassen, so wie Sie es in einem eigenen Sofortmaßnahmen ganz harte Einschnitte für Bürgerin- Entschließungsantrag gefordert haben. Sie haben gar nen und Bürger; denn Sofortmaßnahmen, Maßnahmen, nichts erreicht! die in einem halben Jahr dafür sorgen müssen, dass (Beifall bei der FDP) CO2 reduziert wird, sind zum Beispiel Fahrverbote an Sonntagen oder das Einschränken bei der Heizung. Es Sie haben ein paar Zahlen aufgeschrieben und sonst kann doch niemand in diesem Hohen Haus wollen, dass nichts für den Klimaschutz getan. wir den Menschen sagen: Ihr dürft in eurer Wohnung nicht wärmer als meinetwegen 20 Grad heizen. – Das Hätten Sie, wie Sie es als Union auch öfters mal ankün- kann doch nicht das Ziel eines Sofortprogramms sein! digen, den Emissionshandel ausgeweitet, Meine Damen und Herren, das ist doch keine Maßnahme, ( [CDU/CSU]: Wir haben ihn wie man zu mehr Klimaschutz kommt. ausgeweitet!)

(B) (Beifall bei der FDP – Dr. Matthias Miersch ein klares CO2-Limit eingezogen und einen klaren Sen- (D) [SPD]: Sagt doch überhaupt keiner!) kungspfad für die nächsten Jahren aufgezeigt, (Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Dann Dann hat das Bundesverfassungsgericht der Bundesre- wären wir bei 1,40 Euro! Jetzt sind es 40 Cent!) gierung aufgegeben, vor allen Dingen nicht nur eine eige- ne Planung vorzulegen, sondern auch dafür zu sorgen, dann könnte Klimaschutz funktionieren. Was Sie ge- dass wir eine europäisch eingebundene Strategie haben. macht haben, ist leider nicht mehr als ein netter Wahl- Was Sie jetzt gemacht haben, ist aber genau das Gegen- kampfversuch. Es ist traurig, dass Sie das als Klima- teil. Sie haben jetzt im Vorgriff, vor den Verhandlungen in schutz bezeichnen. Europa, schon festgelegt, dass Sie bis 2030 – darüber hat (Beifall bei der FDP) das Bundesverfassungsgericht gar nicht gesprochen – auf 65 Prozent hochgehen. Das klingt wahlkampfmäßig nach einer Steigerung der Ambitionen, aber es ist tatsächlich Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: eigentlich nur ein Etikettenschwindel; denn im Bereich Nächster Redner ist der Herr Fraktionsvorsitzende der des Effort Sharing – nur den können Sie ja hier eigentlich Linken, Dr. Dietmar Bartsch. regulieren –, also nicht im Bereich des Emissionshandels, (Beifall bei der LINKEN) sondern in den Bereichen Verkehr und Wärme, wo es Lastenteilung gibt, werden wir höchstwahrscheinlich sowieso auf 65 Prozent hochgehen müssen. Die Bundes- Dr. Dietmar Bartsch (DIE LINKE): regierung muss natürlich ihre Ambitionen steigern; wir Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mei- waren bereits bei 55 Prozent. ne Damen und Herren! 40 Jahre lang warnt die Wissen- schaft vor den Folgen des menschengemachten Klima- Jetzt haben Sie sich aber – und das ist das Schlimme – wandels, und fast so lange, meine Damen und Herren die Verhandlungsmasse weggenommen. Sie haben sich von Union und SPD, sind Sie in Regierungsverantwor- der Verhandlungsmöglichkeit auf europäischer Ebene tung. Ja, Frau Schulze, das ist das große Thema – ich beraubt, mit den Ländern im Osten Europas reden zu stimme Ihnen ausdrücklich zu –; aber Sie haben eben können und zu sagen: Ja, Mensch, wenn wir auf, sagen viel zu lange die Augen vor diesen Herausforderungen wir mal, 66 Prozent oder auch nur 64 Prozent hochgehen, zugekniffen. dann könnt ihr das und das machen. – Das ist weg, das ist (Beifall bei der LINKEN) vom Tisch, und das ist doch traurig. Immer hat eine von Ihnen beiden regiert, und wir sehen (Beifall bei der FDP) jetzt die Resultate. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29943

Dr. Dietmar Bartsch (A) Obwohl die Fakten lange auf dem Tisch gelegen ha- satten Aufpreis. Ich meine, Sie wissen doch: In dem (C) ben, haben Sie es geschafft, dass Klimapolitik, Klima- Benzinpreis von 1,55 Euro sind 90,7 Cent Steuern und schutz jetzt zu einem Schnellschuss werden. Dieser ist Abgaben enthalten. Dazu kommt noch die Kfz-Steuer. klimapolitisch vielfach ineffektiv. Er ist vor allen Dingen Und das reicht Ihnen nicht? teuer für die Bürgerinnen und Bürger, und er ist in seinen (Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Wie war Folgen vielfach unsozial. Ohne die vielen jungen Leute, gleich noch mal Ihr Vorschlag?) die für Klimaschutz auf die Straße gegangen sind, ohne das Bundesverfassungsgericht wären Sie doch heute auf Liebe Kolleginnen und Kollegen, am Wochenende dem Stand, den Sie damals verabschiedet haben. beginnt die Fußballeuropameisterschaft. In einer Diszip- lin sind wir schon Europameister: bei den Strompreisen. – (Beifall bei der LINKEN) Sie sind nirgendwo so hoch wie bei uns. Das ist der Titel, Ich sage mal ganz klar: Sie legen ein Gesetz vor, ein den sich verdient hat; das ist sein Pokal. Klimaschutzpaket. Ich kann mich noch sehr gut erinnern: Deutschland ist Europameister bei den Strompreisen. Es wurde doch hier im Haus darüber gejubelt, wie toll das (Dr. Rainer Kraft [AfD]: EEG-Umlage!) ist. Das wurde doch hochgejubelt, und zwar von allen. Dann kommt das Verfassungsgericht und kassiert das. 4,7 Milliarden Euro der Verbraucher haben Sie zu Jah- Jetzt sind Sie dankbar dafür, und jetzt können Sie was resbeginn in die EEG-Umlage gepumpt. Aber die Strom- Neues machen. Ich frage mich: Warum haben Sie das preise sind eben nicht gesunken. Stabilisierung ist keine nicht gleich gemacht? Senkung. Ihr EEG-Gesetz ist teurer Murks, meine Damen und Herren. Wieder kündigen Sie auch heute nur an. Was (Beifall bei der LINKEN) ist denn mit den Heizkosten? Ich meine, dieses Thema ist Jetzt auf einmal höre ich von Frau Weisgerber: Wir doch für jeden transparent gewesen. Sollen das jetzt wirk- sind ambitioniert. – Ja, warum waren Sie denn nicht vor- lich die 60 Prozent der Haushalte bezahlen, die keine her ambitioniert? Das wäre doch dringend notwendig Wahl haben, womit sie heizen? Deren steigende Kosten gewesen. Es gibt doch niemanden mit Verstand, der die will die Union völlig auf die Mieterinnen und Mieter dringende Notwendigkeit einer Politik, die den Anstieg übertragen. Das ist wirklich nicht in Ordnung, und auch der globalen Erwärmung auf höchstens 1,5 Grad das kriegen Sie in Ihrer Koalition nicht hin. begrenzt, leugnet. Aber es ist doch absurd, deshalb vor (Beifall bei der LINKEN) allen Dingen an der Preisschraube zu drehen, um das Klima zu retten. Das ist Lobbyismus und nichts anderes. Strom, Heizung, Sprit, sie agieren als Preistreiber, der Was tun Sie denn wirklich für Nahverkehr und Bahn? die Löhne und Renten der Menschen auffrisst, meine Viel zu wenig! Was tun Sie, um die Güter weg von den (B) Damen und Herren, und dem Klima leider überhaupt (D) Lkws auf der Straße hin zur Schiene zu bringen, meine nicht nutzt. Wie nehmen Sie die Bürgerinnen und Bürger Damen und Herren? Was tun Sie, um etwas daran zu mit? Frau Weisgerber hat es eben gesagt: Das ist Alibi- ändern, dass die großen Konzerne Produkte herstellen, politik, das ist Abzocke als Klimaschutz. die schnell kaputtgehen? Was tun Sie dagegen, dass Pro- dukte fünfmal um den Globus verschifft werden, oder (Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Was?) eben auch dagegen, dass Kurzstreckenflüge überflüssig Schaffen Sie Alternativen für die Leute! werden? An den Strukturen – das ist mein Kernvorwurf – ändern Sie so gut wie nichts. Dafür greifen Sie den Bür- Was sagen Sie denn den Menschen in meiner Heimat gerinnen und Bürger ins Portemonnaie. Das ist die Wahr- Mecklenburg-Vorpommern? Was sagen Sie der Kranken- heit, meine Damen und Herren. schwester, die eine Ölheizung hat und einen Verbrenner fährt? Was sagen Sie der? Sagen Sie der, sie muss einfach (Beifall bei der LINKEN) mehr bezahlen? Das genau kann nicht sein. Sie haben die letzten Jahre verpennt. Jetzt betreiben Sie (Beifall bei der LINKEN – Widerspruch der eine Klimapolitik auf Kosten der Pendler, der Familien Abg. Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]) und der ganz normalen Leute. Frau Schulze, Sie haben angekündigt: Wir wollen die Lasten gerecht verteilen. – Sie haben doch in Ihrer Regierungszeit 6 500 Kilometer Dann kann ich nur vorschlagen: Nehmen Sie ausdrück- Bahnstrecke stillgelegt. Das müsste endlich mal anders lich unsere Vorschläge in den Beratungen auf! Dann kann sein. Es ist doch real so, dass in Berlin alle Hecken zer- das wirklich was werden. treten sind, weil Sie sich in den letzten Tagen immer wieder in die Büsche geschlagen haben. Das ist die Wahr- (Beifall bei der LINKEN) heit, meine Damen und Herren. Sie verweigern sich, die großen Klimasünder in die (Beifall bei der LINKEN – Alexander Dobrindt Pflicht zu nehmen. [CDU/CSU]: Die Linke hat zu Recht bei den (Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Welche Wählern in Sachsen-Anhalt verloren! Bei die- Vorschläge waren das noch mal?) ser Argumentation!) Sie haben versprochen, die Menschen mit Ihrem Kli- Klimapolitik wird nur dann erfolgreich sein, wenn Sie mapaket zu entlasten. Aber die Menschen werden nicht gesellschaftliche Mehrheiten auch bei denen, die entlastet entlastet; sie werden belastet. Mieterinnen und Mieter, werden müssen, bekommen. Pendler, Familien bezahlen die Klimapolitik. Seit Jahres- Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir als Linke haben beginn zahlen die Menschen für Sprit und Heizung einen einen konkreten Plan. 29944 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Dr. Dietmar Bartsch (A) (Lachen bei Abgeordneten der SPD) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – (C) Widerspruch bei der SPD – Dr. Lukas Köhler Bitte nehmen Sie möglichst viel davon in den Beratungen [FDP]: Das hätten Sie am Freitag ja mal erklä- auf. Dafür braucht es vor allen Dingen Strukturreformen ren können! Warum haben Sie denn die Aktuel- und keine Moral- und Preiskeule. Das hilft. Wir brauchen le Stunde dafür nicht genutzt?) einen Klimawandel, Liebe Union, statt eine Debatte über den richtigen Weg (Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Nein, wir zu führen und eigene Vorschläge zu bringen, versuchen brauchen keinen Klimawandel!) Sie, diese Debatte zu zerstören. und dafür ein gesellschaftliches Klima, dass dieser mög- Liebe SPD, statt sich um die berechtigten Sorgen der lich wird. Menschen im Übergang und um einen wirksamen sozia- Herzlichen Dank. len Ausgleich zu kümmern, schürt euer Kanzlerkandidat ausgerechnet gemeinsam mit Andi Scheuer – (Beifall bei der LINKEN – Alexander Dobrindt dass euch das nicht selber peinlich ist – für eine „“- [CDU/CSU]: Jetzt spricht er auch noch für den Schlagzeile Ressentiments um Benzinnot. Klimawandel!) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Die Bundeskanzlerin macht sich ja immer Sorgen über Nächster Redner ist der Fraktionsvorsitzende von die gesellschaftlichen Mehrheiten beim Thema Klima- Bündnis 90/Die Grünen, Dr. Anton Hofreiter. schutz. Genau diese gesellschaftlichen Mehrheiten, die es im Moment gerade gibt, versuchen Sie zu untergraben. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Sie stellen Ihre kurzfristigen Parteitaktiken und Ihren Wahlkampf über den gesellschaftlichen Zusammenhalt Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): und über das Wohl des Landes. Das ist bei dieser histori- Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und schen Aufgabe unverantwortlich. Kollegen! Klimaneutralität ist das wichtigste Zukunfts- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – projekt unserer Zeit. Sie ist im wörtlichen Sinne über- [SPD]: Frau Baerbock hat lebenswichtig. Sie ist zentral für alle Lebensbereiche: doch diese Debatte angezettelt!) für unseren Wohlstand, für zukunftsfähige Arbeitsplätze, für die Freiheit zukünftiger Generationen und für den Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden die Zusammenhalt unserer Gesellschaft. gigantische Aufgabe, die vor uns liegt, nicht mit Poesieal- bumsprüchen und einem Zickzackkurs à la Armin (B) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Laschet oder einseitigen Verkürzungen à la Olaf Scholz (D) Sie haben uns ja ein neues Klimaschutzgesetz vorge- bewältigen. Sie können das ja noch einmal nachlesen, legt. Ja, dieses Gesetz könnte und sollte in den Zielen zum Beispiel gestern beim Rat für Nachhaltige Entwick- noch ambitionierter sein. Und: Ja, dieses Gesetz ist wie- lung und bei der Leopoldina: Es braucht eine CO2- der mal nicht das Ergebnis gestaltender Politik, sondern Bepreisung und kluges Ordnungsrecht und eine Förder- wurde vom Bundesverfassungsgericht erzwungen. – Was politik und eine offensive Investitionspolitik. ich Ihnen aber wirklich vorwerfe, ist, dass Sie einmal (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – mehr höhere Ziele beschließen, ohne die dafür notwen- Timon Gremmels [SPD]: Das machen wir digen Maßnahmen ausreichend mitzuliefern. doch!) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wir brauchen eine Offensive für erneuerbare Energien, und wir müssen schneller raus aus der Kohle. Wir müssen Wissen Sie, Klimaschutz fällt halt nicht einfach vom Bahn, Bus und Fahrrad ausbauen, und wir müssen so Himmel, sondern Klimaschutz muss man mit konkreten schnell wie möglich raus aus dem Verbrennungsmotor. Gesetzen und Vorschlägen machen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir erleben das glei- Dr. Lukas Köhler [FDP]: Das sagt aber nicht che Scharmützel, das wir seit Jahren kennen: Die SPD die Leopoldina! Sie müssen schon richtig zitie- will keinen höheren CO -Preis, die Union blockiert beim 2 ren, Herr Hofreiter!) Ausbau der erneuerbaren Energien und bei einem ver- nünftigen sozialen Ausgleich. Aber, ehrlich gesagt, ich Das alles sind Instrumente und Maßnahmen, die inei- denke, von Ihnen hätte gar niemand ein ambitioniertes nandergreifen. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, Sofortprogramm erwartet. Dieses Versagen war von der können wir keine Wunschliste machen, aus der man Öffentlichkeit längst eingepreist. sich raussucht, was einem gerade ideologisch oder wahl- kampftaktisch in den Kram passt. Hören Sie endlich auf, Aber was ich Ihnen von der SPD und ganz besonders das eine gegen das andere auszuspielen. Klimaschutz Ihrem Kanzlerkandidaten vorwerfe, ist das, was Sie in erfordert jetzt aufgrund des jahrelangen Nichthandelns, den letzten Wochen abgezogen haben. Das hat noch mal dass wir in allen Bereichen und mit allen Instrumenten eine ganz andere Qualität. Sie haben sich entschlossen, handeln. bewusst gegen eine ambitionierte Klimaschutzpolitik, die Sie vor zwei Wochen selbst noch gefordert haben, zu (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Felde zu ziehen. Das ist angesichts der Herausforderun- Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Wir haben gen mehr als armselig. die Klimaschutzziele 2020 erreicht!) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29945

Dr. Anton Hofreiter (A) Liebe Kolleginnen und Kollegen, so unverantwortlich Dr. Matthias Miersch (SPD): (C) Ihr Handeln ist: Die vielen Fragen der Menschen in un- Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es serem Land sind es nicht. Wir haben wahnsinnig viel Zeit ist schon ganz spannend, die Reden von den unterschied- verloren beim Klimaschutz. Umso größer sind jetzt die lichsten Fraktionen zu hören. In der Opposition ist das Herausforderung und der Zeitdruck. Da gibt es berechtig- auch immer alles ganz, ganz einfach. Aber hier zu sagen, te Sorgen. es sei nichts geschehen, ist schon, finde ich, unredlich. (Timon Gremmels [SPD]: Ist euch egal!) (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Die Beschäftigten der Autoindustrie sorgen sich um ihre Meine Fraktion hat über zehn Jahre dafür gekämpft, Arbeitsplätze, Menschen auf dem Land um ihre Mobili- dass Klimaschutz endlich verbindlich wird. Ich weiß tät, Mieterinnen und Mieter über weiter steigende Mie- noch sehr genau, wie ich mit verhandelt ten. habe. Der Begriff des Klimaschutzgesetzes durfte nicht in den Koalitionsvertrag; Zielvorgabe war lediglich ein Ge- (Timon Gremmels [SPD]: Ist euch doch auch setz zur Erhaltung der Ziele. Drei Jahre später reden wir egal!) alle über das Klimaschutzgesetz. Der UN-Generalsekre- Genau dafür machen wir konkrete Vorschläge. Unser tär hat vor wenigen Monaten von dieser Stelle aus gesagt: Ziel ist es, mit dem Energiegeld vor allem Menschen mit Das Klimaschutzgesetz, das die Bundesrepublik geringerem Einkommen zu entlasten. Während Sie Deutschland auf den Weg gebracht hat, ist international öffentlich polemisieren, kümmern wir uns um den sozia- vorbildhaft. – Daran müssen Sie sich messen lassen, liebe len Ausgleich. Kolleginnen und Kollegen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Lachen bei der AfD – Timon Gremmels [SPD]: der CDU/CSU) Wo denn? – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Dass wir jetzt über den Weg streiten, das ist eben Da müssen Sie doch selber lachen, Herr Politik. Und es ist das Ziel des Klimaschutzgesetzes, Hofreiter!) dass wir uns jedes Jahr messen lassen, ob wir Ziele er- Unser Ziel ist, mit Klimazuschüssen Geringverdiener reicht haben und nicht erreicht haben. Herr Köhler, natür- bei der Anschaffung eines emissionsfreien Autos oder lich gibt es ein Monitoring, was die unterschiedlichen einer Wärmepumpe zu unterstützen; Sie hingegen verun- Entwicklungen letztlich mit aufgreift. Das Entscheidende sichern Pendlerinnen und Pendler. Unser Ziel ist, dass die ist aber, dass sich keine Bundesregierung, die nach uns Eigentümer den CO2-Anteil der Heizkosten tragen statt kommt, in dem Zeitraum bis 2045 wegducken kann. Kli- die Mieter/-innen. maschutz ist verbindlich, ist Gesetz, und das ist histo- (B) risch, liebe Kolleginnen und Kollegen. (D) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Anja Die können nämlich die Art der Heizung nicht auswäh- Weisgerber [CDU/CSU]) len; das kann der Vermieter machen. Unser Ziel ist eine aktive Industriepolitik und Qualifizierung für die Arbeits- Über den richtigen Weg muss man streiten. Die Politik plätze von morgen. Und: Wir wollen ein sozial gerechte- hat im Wesentlichen drei Instrumente. res Land mit höherem Mindestlohn, mit starken Gewerk- Erstens. Sie kann Regeln geben. Das ist das Ordnungs- schaften und mit guten Löhnen. recht. Diese Regeln gelten für alle. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zweitens haben wir die Förderung. Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Mit höheren Steuern und mehr Verboten! Das ist doch Ihr Drittens haben wir die Bepreisung. Die Kollegin Ziel!) Weisgerber hat es eben dargestellt: Wir haben das größte Konjunkturprogramm in der Bundesrepublik Deutsch- Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf dem Weg zur land aufgelegt, etwas, was vor allem auch an dem System Klimaneutralität müssen wir als Gesellschaft über uns der Nachhaltigkeit orientiert ist. Das ist Fördern, liebe hinauswachsen. Das macht Führung aus. Genau diese Kolleginnen und Kollegen. Führung verweigern Sie, verweigern Armin Laschet und Olaf Scholz. Die Richtlinienkompetenz beim Klima- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten schutz haben Sie doch längst abgegeben. Es wird Zeit, der CDU/CSU) dass Schwarz-Rot insgesamt seine Richtlinienkompetenz Im Übrigen, das Bundesverfassungsgericht hat gerade abgibt. nicht das Klimaschutzgesetz und die Zielsetzung 2030 Vielen Dank. kritisiert. Das machen wir, weil die Europäische Union ambitionierter sein will und wir auch in Vorleistung treten (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – müssen. Das ist auch eine Verdrehung der Tatsachen, die Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das war Sie hier gerade vornehmen. die Rede für den Parteitag am Samstag!) (Beifall bei der SPD)

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Wenn die Grünen, Herr Kollege Hofreiter, dann sug- gerieren, dass die Erhöhung des CO2-Preises die Errei- Nächster Redner ist der Kollege Dr. Matthias Miersch, chung der Klimaschutzziele und die ambitionierteren SPD. Ziele tatsächlich sicherstellen würden, dann ist das in (Beifall bei der SPD) der Tat ein richtiger Dissens zwischen uns. Denn noch 29946 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Dr. Matthias Miersch (A) vor anderthalb Jahren haben Sie, Herr Hofreiter – damals sungsgerichts reagiert, um die für unser Volk extrem (C) haben CDU/CSU, SPD und Grüne sehr sorgsam geguckt, schädlichen Vorgaben umzusetzen. Das lässt vermuten, wie stark ein Preissignal sein darf, ohne soziale Verwer- dass hier das Urteil nicht nur wie gerufen kommt, sondern fungen zu verursachen –, einem Kompromiss zuge- vielleicht sogar von ihr, wenn auch über Umwege, be- stimmt, der genau diesen Pfad vorsieht. Jetzt zu verlan- stellt wurde. Denn anders ist es nicht zu erklären, warum gen, dass vorgezogen wird, ist die Aufkündigung dieses Kläger und Beklagte so glücklich, ja regelrecht eupho- Kompromisses, liebe Kolleginnen und Kollegen. risch über das Urteil sind. Der ehemalige stellvertretende (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion Herr Harbarth und seine Kollegen haben somit ganze Arbeit geleistet. Wenn Sie dann noch suggerieren, damit das ambitio- nierte Klimaschutzziel zu erreichen, dann sage ich Ihnen: Mit dieser Verstärkung im Rücken hat das Kabinett Wie soll das denn passieren? Sie diskutieren jetzt auf auch ganze Arbeit geleistet – nicht gekleckert, sondern geklotzt – und mal eben per Federstrich Klimaneutrali- Ihrem Parteitag Anträge über CO2-Preise von über 180 Euro. Ich kann Ihnen sagen: Wir haben einen schritt- tät – was auch immer das sein soll – von 2050 auf 2045 weisen Anstieg des Preises. Im Übrigen, Herr Köhler, ab vorgezogen, unter dem Motto: Nach uns die Sintflut. 2027 haben wir ein Emissionshandelssystem etabliert. (Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE (Beifall bei Abgeordneten der SPD) GRÜNEN]: Dass Sie keine Ahnung haben, ist ja logisch!) Das wird uns vor große Herausforderungen stellen. Des- wegen sage ich: Die nächsten vier Jahre sind entschei- Es schert dabei niemanden, dass kein noch so aktives dend; denn wenn wir nicht auf Bundes-, Landes- und Handeln einen rein statistischen Wert, der das Klima kommunaler Ebene dazu kommen – dass Peter Tschent- nun mal ist, schützen kann. Es schert auch niemanden, scher hier ist, ist ein ganz wichtiges Signal –, dass wir die dass das Kabinett Merkel und Sie alle – von den roten Alternativen in den nächsten vier Jahren schaffen, also über die grünen Kommunisten bis hin zu den Magen- einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien, der tasozialisten – Deutschland damit größtmöglichen Scha- alternativen Energiequellen und der Förderinstrumente, den zufügen werden, die den Umstieg ermöglichen, dann treffen wir die, die (Beifall bei der AfD) es nicht mehr bezahlen können, und das ist nicht unsere Antwort. auch wenn Sie das natürlich vehement bestreiten und, ohne dabei rot zu werden, sogar das glatte Gegenteil (Beifall bei der SPD) behaupten. Ich will mir an der Stelle sparen, ausführlich darauf Mit der beabsichtigten massiven Senkung der Emissio- (B) hinzuweisen, was die Grünen in ihrer Landesregierung nen fahren Sie so gut wie alle Wirtschaftszweige wissent- (D) teilweise machen. In Baden-Württemberg sind sämtliche lich und vorsätzlich in den Keller und opfern bedenkenlos Maßnahmen unter einen Finanzierungsvorbehalt gestellt. den über Generationen fleißiger Menschen erarbeiteten So geht dann auch nicht effektiver Klimaschutz. Wohlstand in Deutschland. Das ist das eigentliche Pro- (Beifall bei der SPD) blem, ja die Katastrophe eines scheinheilig als zum Schutz künftiger Generationen ausgegebenen Klima- Lassen Sie uns in den nächsten Jahren Schritt für schutzgesetzes und seiner furchtbaren Wirkung. Schritt darüber reden, wie der Instrumentenmix den Zusammenhalt dieser Gesellschaft unter Wahrung der Mit dem bekannten Urteil wird das Ganze fast unum- Klimaziele miteinander in Einklang bringt. Das ist die kehrbar gemacht, und alles wider besseres Wissen; denn sozialdemokratische Antwort. Wir haben uns gegründet, jedem mit durchschnittlichen kognitiven Fähigkeiten ist weil wir gesagt haben, die großen Herausforderungen klar, dass, selbst wenn die Hypothese stimmen sollte, können Menschen nur gemeinsam bewältigen. Das ist dass das menschengemachte CO2 einen maßgeblichen unsere Antwort. Wir haben die gesetzliche Grundlage Einfluss auf Klimaschwankungen hat – wofür es bis heu- mit dem Klimaschutzgesetz geschaffen, und jetzt geht te keinen einzigen wissenschaftlichen Beweis gibt –, es um die Maßnahmen. Ich freue mich auf die Debatten (Timon Gremmels [SPD]: Na ja!) in den weiteren Jahren. Deutschlands Anteil daran verschwindend klein wäre. (Beifall bei der SPD) Selbst wenn Deutschland in Jahresfrist nicht ein einziges Gramm CO2 ausstieße, verringerte sich die hypothetische Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Temperaturerhöhung um 0,000653 Grad; das ist prak- Jetzt erteile ich dem Kollegen Karsten Hilse, AfD, das tisch nichts. Sie wissen das. Sie leitet allein der streng- Wort. religiöse Glaube der Klimasekte an die Klimaerhitzung und daran, dass die Welt dem deutschen Vorbild irgend- (Beifall bei der AfD) wann folgen werde. Sie wird einen Teufel tun. Herr Hilse, ziehen Sie die Maske über die Nase. (Beifall bei der AfD) Denn niemand, der klar im Kopf ist, wird diesem Pfad ins Karsten Hilse (AfD): Na klar. – Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen Elend folgen, weil CO2 eben kein Teufelszeug oder gar und Herren! Liebe Landsleute! So schnell wie bei dieser Gift ist, sondern die Quelle allen Lebens auf der Erde. Kein Leben auf der Erde würde ohne CO existieren. Novellierung des Klimaschutzgesetzes hat noch nie eine 2 Bundesregierung auf eine Vorgabe des Bundesverfas- (Zuruf des Abg. Timon Gremmels [SPD]) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29947

Karsten Hilse (A) – Gucken Sie mal in Ihr Chemiebuch. Mein Onkel obwohl es uns viele Billionen Euro kosten wird, Millio- (C) Werner hätte zu Ihnen gesagt: Wenn wir dich nicht hätten, nen wertschöpfender Arbeitsplätze vernichtet und Millio- dich bräuchten wir gar nicht. – Herr Gremmels, bitte. nen Menschen in die Armut getrieben werden. (Beifall bei der AfD) (Beifall bei der AfD) Niemand, der noch Wohlstand für sein Volk erlangen Dann – also spätestens jetzt – muss die Frage erlaubt sein, will – Sie wollen das entgegen Ihrem Eid nicht –, wird wes Geistes Kind die Verantwortlichen für dieses Gesetz Deutschland auf seinem höllischen Weg folgen. Schauen waren: Nur sektenartig fehlgeleitet und dumm oder schon Sie sich nur die Emissionsentwicklung sogenannter Ent- bösartig und dumm? wicklungsländer, zum Beispiel China, an. Sie dürfen bis ( [AfD]: Wahnsinnig!) zum Jahr 2030 ihre CO -Emissionen in dem Maße stei- 2 Aber so ist es in einem Land, in dem Vergewaltiger zu gern, wie sie es als notwendig erachten. China erhöht Bewährungsstrafen verurteilt werden seine Emissionen pro Jahr ungefähr um den gleichen Wert, wie ihn Deutschland insgesamt ausstößt. Wenn (Widerspruch bei der LINKEN) Deutschland also kein einziges Gramm CO2 mehr aus- und Menschen, die keine Zwangsgebühren für Propagan- stoßen würde, hätte China das in einer Jahresfrist wieder da und Indoktrinationsfernsehen bezahlen wollen, im ausgeglichen. Das macht nicht nur deutlich, dass Sie Knast sitzen. Wir fordern Freiheit für Georg Thiel, und offensichtlich kognitive Schwierigkeiten haben, das The- zwar sofort! ma in seiner Gänze zu erfassen, sondern auch, dass die Pariser Klimaübereinkunft bestenfalls als Lippenbe- Vielen Dank. kenntnis verstanden wird. (Beifall bei der AfD) (Beifall bei der AfD) Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Allerdings ist es auch gut geeignet, um Konkurrenten Rüdiger Kruse, CDU/CSU, ist der nächste Redner. um die Zukunft auf dieser Welt – noch ist Deutschland Konkurrent – durch deren Selbstzerstörung aus dem Weg (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Dietmar zu räumen. Welch Irrglaube, welche Hybris spricht aus Bartsch [DIE LINKE]: Happy Birthday!) diesem Gesetz. Es ist schon so, wie Ottmar Edenhofer, seinerzeit Vize- und jetzt Co-Chef des Potsdam-Instituts Rüdiger Kruse (CDU/CSU): für Klimafolgenforschung, in einem unbedachten Ja, wunderbar, am Geburtstag reden zu dürfen. Vielen Moment äußerte und als Richtung vorgab: Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist (B) (D) Wir verteilen durch die Klimapolitik de facto das tatsächlich ein ganz tolles Gefühl, an seinem Geburtstag Weltvermögen um. Dass die Besitzer von Gas, Koh- zu reden. Man kann sich kaum was Schöneres vorstellen, le und Öl davon nicht begeistert sind, liegt auf der und dann kommt so ein Vorredner von der AfD und Hand. Man muss sich von der Illusion freimachen, macht einem klar, dass das Leben ab einem gewissen dass internationale Klimapolitik Umweltpolitik ist. Alter, das man erreicht hat, nicht einfach nur schön sein Das hat mit Umweltpolitik, mit Problemen wie kann. Waldsterben oder Ozonloch fast nichts mehr zu tun. (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU so- wie bei Abgeordneten der FDP und des (Beifall bei der AfD) BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Siegbert Umverteilung ist der einzige Zweck dieses Gesetzes. Droese [AfD]: Schön auswendig gelernt!) Sie plündern den Großteil des deutschen Volkes aus, da- Vor so einem Geburtstag wird man ja immer gefragt, mit sich einige wenige die schon prall gefüllten Taschen was man sich wünscht. Ich habe mir mit 16 Jahren die weiter füllen können, im In- und im Ausland. Antwort zurechtgelegt: Ich wünsche mir den Weltfrie- den. – Da meinen viele: Na ja, das ist vielleicht ein biss- (Beifall bei der AfD) chen naiv; aber der Typ ist ja auch blond. – Es ist aber ein Wenn dann noch im allgemeinen Teil des Gesetzentwur- ganz schöner Wunsch; denn erstens ist es so, dass er ja fes steht: „Alternativen: Keine“, dann ist das nicht nur meistens nicht in Erfüllung geht; bisher ist er nicht in frech gelogen; denn wir haben, zu unserem Namen pas- Erfüllung gegangen. Dann kann man ihn zu Weihnachten send, Alternativen aufgezeigt, wiederverwenden. Und der zweite Punkt ist, dass sich der Adressat in dieser einen Sekunde, in der man das so (Timon Gremmels [SPD]: Wo ist denn Ihr Ge- scherzhaft gesagt hat, vielleicht auch berufen fühlt, ein setzentwurf?) bisschen was dazu beizutragen. die selbst den Klimaapokalyptikern mit der Kernenergie, Heute, zum 60. Geburtstag, breche ich es runter: Ich vor allem Reaktoren der Generation IV, einen Weg auf- wünsche mir, dass dieses Land, unser Land, innerhalb der zeigen würden, wie man das Klima, wenn es denn not- nächsten Dekade nachhaltig wird. Das ist die Grundvo- wendig wäre, retten könnte. „Alternativen: Keine“ ist, raussetzung für die Erfüllung des anderen Wunsches: Ich schon wenn man wohlwollend wäre, bitterböse Ironie; glaube, eine Welt, in der man den Klimaschutz vernach- aber noch dümmer, noch bösartiger ist, wenn dort unter lässigt, wird keine friedliche Welt sein. Eine Welt, in der Erfüllungsaufwand steht, es gebe keinen, weder für die wir die Belange der Menschen nicht mitnehmen – indem Bürger noch für die Verwaltung noch für die Wirtschaft, wir Klimaschutz betreiben, indem wir die Wirtschafts- 29948 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Rüdiger Kruse (A) kraft erhalten und indem wir auch die sozialen Belange durchdacht worden. Wenn man in einer akuten Krise (C) im Blick haben –, wird keine friedliche Welt sein. Denn darauf kommt, in dem Zuge auch die Wasserstoffstrategie wir hätten ja nichts gewonnen, wenn wir den radikalst- auf richtig gute Füße zu stellen, dann ist das weit in die möglichen Klimaschutz betreiben und das Leben über- Zukunft gedacht. Und es ist auch vollkommen richtig, das haupt nicht mehr lebenswert ist: zu tun. Wir können vielleicht nicht rundum zufrieden sein, aber wir können ganz froh sein über das, was wir (Siegbert Droese [AfD]: Aber genau das wird bisher gemeinsam erreicht haben. Das ist erst mal die sein! – Dr. [AfD]: Richtig!) Grundvoraussetzung. wenn die Leute keine Arbeit haben, wenn wir kein Geld für Bildung haben, wenn es keine Zukunft gibt. Deswe- Es ist auch ganz klar, dass wir das jetzt angehen, noch gen steht ja auch hier, in dieser Debatte, der Klimaschutz vor der Sommerpause. Auch wenn es nur noch wenige gewissermaßen hinter dem Komma. Klimaschutz ist sehr Monate sind, wollen wir keine Zeit verlieren, sondern sie wichtig; aber das Übergeordnete ist die Nachhaltigkeit. nutzen. Wir haben die Zeit in den letzten Jahren gut genutzt, und wir werden dieses Tempo noch steigern. 2009 – da bin ich in den Bundestag gekommen – hätten Das ist das Spannende daran, wenn man sein Ziel kennt, wir bestimmt noch keine lebhafte Debatte zur Nachhal- wenn man einen Kurs hat und losläuft. Mit dieser tigkeit geführt wie heute. Das war so ein Orchideenthe- Geschwindigkeit werden wir unsere Ziele einhalten. Da ma. Es gab schon den PBnE; der hat auch immer eine bin ich sehr, sehr zuversichtlich. Ich bedanke mich bei gute Arbeit gemacht. Und dann haben wir uns gesteigert. Ihnen allen, dass Sie tatkräftig dabei mitgeholfen haben. Wir haben im letzten Jahr hier zwei Debattentage kom- plett für das Thema Nachhaltigkeit genutzt. Wir haben Vielen Dank. heute eine leidenschaftliche Debatte dazu. Wir haben (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- im Herbst letzten Jahres beschlossen, dass Nachhaltigkeit ordneten der SPD) die Leitlinie unserer Politik sein soll. Ja, das sind Worte; aber das Denken und das Sprechen kommen vor dem Handeln. Das heißt, da haben wir sehr, sehr viel erreicht. Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Nächster Redner ist der Kollege Dr. Christoph Wenn man eine Pyramide baut und zwei Drittel der Hoffmann, FDP. Steine verbraucht hat, dann ist niemand beeindruckt, auch wir selber nicht; denn Pyramiden erkennt man an (Beifall bei der FDP) ihrer Spitze. Beeindruckend wird also sein, wenn wir im Jahre 2040, 2041, 2042 oder auch 2045 den Schlussstein Dr. Christoph Hoffmann (FDP): setzen und sagen können: Ja, wir haben es erreicht, wir (B) Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und (D) haben es geschafft. – Dafür haben wir in den letzten Herren! Ich spreche heute als Obmann der FDP im Parla- Jahren die Grundvoraussetzungen geschaffen. mentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung und als Mit dem Klimaschutzgesetz haben wir in seiner ersten einziger Förster im Deutschen Bundestag zu Ihnen zum Fassung einen ganz wesentlichen Schritt gemacht. Das ist Thema Nachhaltigkeit, einem Prinzip, das die Förster vom Verfassungsgericht auch gar nicht kritisiert worden. erfunden haben. Es hieß vielmehr: Ihr müsst auch für die folgenden Jahre aufzeigen, wie ihr es machen wollt. – Da kommt man in (Beifall bei Abgeordneten der FDP) die Situation, die von der FDP angesprochen worden ist, Die Förster haben erkannt und sich dazu verpflichtet, nämlich dass man über viele Jahre hinweg ganz genaue dass nicht mehr Holz genutzt werden darf, als nach- Pläne macht. Man kann natürlich fragen: Woher willst du wächst, damit auch kommende Generationen noch denn wissen, was in zehn Jahren ist? – Das erinnert mich Wald, Holz und Energie haben. Das wurde dann in Ge- ein bisschen an das Thema Wiedervereinigung. Da gab es setze gegossen, zum ersten Mal im liberalen Baden 1854. auch verschiedene Pläne. Das Wichtigste an diesen Plä- Diese Idee der Nachhaltigkeit wurde nicht aus irgend- nen aber war, dass wir uns überhaupt in Bewegung ge- einem Gespinst heraus geboren, sondern aus der Knapp- setzt haben, dass wir in die richtige Richtung gegangen heit, aus der ökonomischen Notwendigkeit zur dauerhaf- sind. Wenn dann auf diesem Weg das eine schneller pas- ten Versorgung einer Produktionsanlage mit Holz, sprich: siert und das andere dafür langsamer, dann macht das ja Energie. Diese ökonomische Notwendigkeit gibt es heute nichts. Aber wenn man keinen Plan hat, wenn man nicht für viele Naturressourcen. Denken wir an die Fische in weiß, wohin man gehen will, wenn man keinen Kompass den Meeren. Wo ist da die Nachhaltigkeit? Was tut die hat, dann kommt man niemals am Ziel an. Menschheit dafür? Das darf nicht so weitergehen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- (Beifall bei Abgeordneten der FDP) neten der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Lukas Köhler [FDP]) Auch in unserem Land ist die Nachhaltigkeit im Regie- rungshandeln trotz alter und neuer Nachhaltigkeitsstrate- Wenn Sie sich die Haushaltspolitik der letzten Jahre gie, trotz diverser Gremien nicht ausreichend verankert. anschauen, dann stellen Sie fest: Auch dort hat sich viel Das muss sich ändern. Wie steht es zum Beispiel um die geändert. Wir haben wegen der Coronakrise einen Extra- Nachhaltigkeit der Finanzen? Die Schuldenbremse war haushalt erlassen. Eigentlich wäre es typisch gewesen, doch dafür gedacht, dass für unsere Kinder und Enkel sich dabei nur auf den Augenblick zu konzentrieren. Die- auch noch etwas da ist. ser Haushalt entspricht jedoch in fast allen Punkten un- seren Nachhaltigkeitsvorstellungen. Da ist das Ganze (Beifall des Abg. Michael Theurer [FDP]) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29949

Dr. Christoph Hoffmann (A) Wenn es jetzt aber ein bisschen härter und politisch unan- (Zuruf des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜND- (C) genehm wird, wollen Grüne, SPD, Linke und CDU diese NIS 90/DIE GRÜNEN]) Schuldenbremse vielleicht wieder lösen. Das gibt es mit Und genau das ist das Problem, mit dem wir gerade kon- den Freien Demokraten sicher nicht. Mehr Geld ausge- frontiert sind. ben, als man hat, ist nicht nachhaltig. (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der FDP) Ich zeige Ihnen einmal ihr Buch „Der Preis des Über- Aber zurück zum Ursprung der Nachhaltigkeit. Wie lebens“. Als Wissenschaftlerin hat sie es gewusst; als steht es um Nachhaltigkeit bei Wald und Klima? Wir Umweltministerin, als Politikerin hat sie nicht danach verlieren weltweit 10 Millionen Hektar Wald jedes Jahr. gehandelt, sondern zugelassen, dass beispielsweise die Schon jetzt stammen 20 Prozent der CO2-Emissionen aus Deutsche Bahn in eine Aktiengesellschaft umgewandelt Waldbränden und Flächenbränden. Um dies und auch alte worden ist. Sie hat zugelassen, dass 6 000 Schienenkilo- Energiesünden auszugleichen, brauchen wir weltweit meter abgebaut worden sind, dass ganze ländliche Regio- mehr Wald für den Klimaschutz. Exakt das haben die nen vom öffentlichen Nahverkehr abgekoppelt worden Freien Demokraten schon 2019 gefordert und hier bean- sind. Sie hat zugelassen, dass das Erneuerbare-Ener- tragt; aber CDU, SPD und selbst die Grünen haben das gien-Gesetz immer weiter ausgehöhlt worden ist, dass abgelehnt. Das ist unverantwortliche Parteiräson, meine immer mehr Ausnahmen für große Konzerne beschlossen Damen und Herren. So wird es nichts mit der Nachhal- worden sind und das Ganze dann auf die Verbraucher- tigkeit. innen und Verbraucher abgewälzt worden ist. Wir müssen (Beifall bei der FDP) ganz klar sagen: Eine Politikerin, die derart versagt, ge- hört abgelöst. Deswegen bin ich froh, dass Bundestags- Wald bindet CO2. Schon im Pariser Klimaabkommen wahlen anstehen und wir die Chance auf einen echten ist formuliert, dass wir die Klimaziele nur erreichen kön- Politikwechsel haben. Dieser echte Politikwechsel wird nen, wenn wir CO2 wieder aus der Atmosphäre heraus- nur ohne die Union gelingen. bekommen. Im neuen Klimaschutzgesetz findet sich aber kein Wort dazu; das fehlt komplett. Das ist völlig irre! (Beifall bei der LINKEN) (Beifall des Abg. Michael Theurer [FDP]) Wir haben über den CO2-Preis gesprochen, auch in den letzten Wochen. Dieser CO2-Preis ist zum einen klima- Das ist nicht der Pfad, den wir gehen müssen. politisch unwirksam und zum anderen krass ungerecht. (Beifall bei der FDP) Ich darf das an einem Beispiel sehr deutlich machen: Er ist ungerecht für Einkommensschwache; denn bei diesem Nochmals: Wir brauchen weltweit mehr Wald für den (B) CO2-Preis erfolgt die Entlastung über die sogenannte (D) Klimaschutz, etwa 750 Millionen Hektar. Das ist Klima- Pendlerpauschale, und die Pendlerpauschale ist anre- schutz und Nachhaltigkeit in einem. Machen statt reden – chenbar bei der Lohnsteuer. Das heißt, diejenigen, die das ist die Devise der Liberalen. viel haben, bekommen auch viel zurück bei diesem Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen die Mut- CO2-Preis, und diejenigen, die wenig oder gar nichts und Ambitionslosigkeit im politischen Handeln beenden. haben, die gar keine Steuern zahlen können, werden Machen wir das Prinzip der Förster, die Nachhaltigkeit, zusätzlich belastet durch diesen CO2-Preis. Das ist die zur Philosophie unseres politischen Handelns in der Zu- bahnbrechende Ungerechtigkeit, vor der wir stehen. Des- kunft. wegen sagen wir: Wir wollen diesen ungerechten CO2- Preis nicht. (Beifall bei der FDP) (Beifall bei der LINKEN) Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Liebe Grüne, auf einen Punkt will ich noch zu sprechen Nächster Redner ist der Kollege Lorenz Beutin, Die kommen; denn da war leider auch von eurer Seite ein Linke. Stück Heuchelei dabei. Hier im Deutschen Bundestag hat Annalena Baerbock Herrn Dobrindt von der CSU (Beifall bei der LINKEN) das Angebot gemacht, diesen ungerechten CO2-Preis noch zu erhöhen. Da war keine Rede von einem Energie- Lorenz Gösta Beutin (DIE LINKE): geld, da war keine Rede von einem sozialen Ausgleich. Ja Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! meint ihr wirklich, ihr könnt gemeinsam mit der CSU Wenn ihr es heute nicht macht, wird es für eure Kinder eine gerechte Klimapolitik machen? und Enkelkinder doppelt oder dreifach teuer. Wenn wir (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) heute nicht handeln, dann haben wir Hunger und Dürre. Welchen Preis sind wir bereit für unser Überleben zu Eine gerechte Klimapolitik geht doch nur, wenn wir eine zahlen? – Das, was klingt, als habe es Greta Thunberg Alternative jenseits von der CSU entwickeln. vielleicht im letzten Jahr oder gerade neulich gesagt, war (Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Eine ge- die deutsche Bundeskanzlerin 1997 als Umweltministe- rechte Klimapolitik geht nur mit der CSU!) rin. Sie hat auch gesagt: Der Kampf gegen den Klima- wandel ist eine Frage des Überlebens. – Jetzt, fast 25 Jahre Ihr müsst euch auch entscheiden. später, müssen wir sagen: Sie hat versagt. Sie hat (Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. gewusst, was auf uns zukommt, aber sie hat nicht ent- Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sprechend gehandelt. NEN]) 29950 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Lorenz Gösta Beutin (A) Und dann steht hier Frau Weisgerber und sagt, mehr (Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Wer hat (C) gerechte Klimapolitik zu machen, wäre doch unrealis- denn die Mehrwertsteuer bei der Bahn tisch. Ich darf Ihnen sagen, was unrealistisch ist. Unrea- gesenkt?) listisch ist, so weiterzumachen wie bisher. Unrealistisch Doch zur Sache. ist, unsere Lebensgrundlagen weiter zu zerstören. Realis- tisch ist, die Zukunft der Menschheit zu sichern. Realis- (Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Ja, reden tisch ist, das Pariser Klimaabkommen einzuhalten. Rea- Sie doch mal zur Sache!) listisch ist, den Kohleausstieg auf 2030 vorzuziehen und Nach unserem bisher beschlossenen Klimaschutzgesetz gleichzeitig die Beschäftigten zu schützen, gleichzeitig ergibt sich für 2025 ein Aufschlag auf das Benzin von mit den Gewerkschaften zusammenzuarbeiten. Es geht 15,5 Cent. doch nur sozial gerecht. Es geht doch nur, wenn wir die Bevölkerung mitnehmen. (Dr. Lukas Köhler [FDP]: Warum haben Sie das nicht in der Aktuellen Stunde am Freitag (Beifall bei der LINKEN) gemacht? Das wäre der richtige Ort gewesen!) Es geht doch nur mit einer klaren Klimapolitik, aus der Nehmen wir die heute zu beschließende Verschärfung sich niemand herauskaufen kann, die verständlich und für hinzu, ergibt sich, dass unsere Kandidatin an diesem alle in dieser Gesellschaft sozial gerecht ist. Ergebnis sehr viel näher dran ist als zum Beispiel der Kandidat der SPD. Vielen Dank. (Beifall bei der LINKEN – Alexander Dobrindt Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: [CDU/CSU]: Deshalb geht es nur mit der Frau Kollegin Kotting-Uhl, gestatten Sie eine Zwi- CSU!) schenfrage des Kollegen Beutin?

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nächste Rednerin ist die Kollegin Sylvia Kotting-Uhl, Ja, von mir aus. Bündnis 90/Die Grünen. (Zuruf von der CDU/CSU: Der hat doch gerade (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – geredet!) Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Können Sie – Ja, ich bin gefragt worden. Sorry! uns mal erklären, wie Sie mit den Linken Kli- maschutz machen wollen?) (B) Lorenz Gösta Beutin (DIE LINKE): (D) Liebe Kollegin Kotting-Uhl, hier im Deutschen Bun- Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): destag hat Annalena Baerbock in der letzten Sitzungs- Das machen doch die mit euch. – Sehr geehrter Herr woche auf meine Frage, ob man mehr Markt oder mehr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will heu- soziale Gerechtigkeit wolle und ob man das gemeinsam te von einem unschönen Begriff reden, nämlich von der in einem anderen Bündnis oder ohne die CDU machen Heuchelei, von der Heuchelei über den CO2-Preis in sei- wolle, gesagt, dass sie beides will, mehr Markt und mehr nen Auswirkungen auf die Benzinpreise und dem, was soziale Gerechtigkeit. Und sie hat Herrn Dobrindt expli- dazu geäußert wurde. Ich zitiere Olaf Scholz: Wer immer zit angeboten, diesen CO2-Preis, von dem ihr selber sagt, weiter an der Spritpreisschraube dreht, ignoriert die Nöte dass er sozial ungerecht ist, zu erhöhen. Kannst du mir der Bürger. – Ich zitiere : In der Mobi- erklären, inwiefern es sozial gerecht sein soll, diesen lität gibt es auch einen sozialen Aspekt. – Die FDP möch- CO2-Preis gemeinsam mit der Union zu erhöhen? Wie te eine Benzinpreisbremse, wollt ihr das sozial gerecht machen? Das ist eine voll- kommene Heuchelei an dieser Stelle, leider auch von (Dr. Lukas Köhler [FDP]: Quatsch!) euch. und die Linke redet von „Klimapolitik auf dem Rücken (Zuruf der Abg. Dr. Anja Weisgerber [CDU/ der kleinen Leute“. – Da haben Sie sich wirklich zu einer CSU]) ganz großen Koalition der Heuchelei zusammengefun- Ihr könnt mit der CDU doch keinen sozial gerechten den. CO2-Preis machen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Von der Verkehrspolitik unseres Verkehrsministers zu Mir ist es völlig egal, ganz ehrlich, mit wem wir einen reden, lohnt sich schon fast gar nicht mehr. Hätte er mal, sozial gerechten CO2-Preis machen, wenn wir ihn denn wenn er den sozialen Aspekt in der Mobilität wollte, eine bekommen – gerne mit euch, gerne mit der SPD, aber ambitionierte Bahnpolitik betrieben, anstatt sich immer gerne auch mit der CDU, so es denn möglich sein sollte. nur in Brüssel darum zu kümmern, dass die Grenzwerte nicht abgesenkt werden! (Dr. Matthias Miersch [SPD]: Wir haben aber einen CO2-Preis!) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Ich will mal sagen, was ein sozial gerechter CO2-Preis Aber der SUV der kleinen Leute war ihm wichtiger als ist. Niemand hier hat ein Konzept vorgelegt mit einem alles andere. sozialen Ausgleich plus Lenkungswirkung. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29951

Sylvia Kotting-Uhl (A) (Dr. Lukas Köhler [FDP]: Natürlich! – heute allein über Klimaschutzpolitik ausgeglichen wer- (C) Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Das stimmt den soll. So funktioniert das auch nicht. doch gar nicht!) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Lenkungswirkung und sozialen Ausgleich hat man, wenn man das Energiegeld umsetzt, Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Jetzt erhält das Wort der Erste Bürgermeister der wenn man den Bürgern das Geld pro Kopf zurückgibt. Freien und Hansestadt Hamburg, Peter Tschentscher. (Zurufe von der CDU/CSU und der FDP) (Beifall bei der SPD) Dann hat man einen sozialen Ausgleich, und dann wird Dr. Peter Tschentscher, Erster Bürgermeister (Ham- die Zahnarztgattin in München, von der es schon wieder burg): heißt, sie kriege das Energiegeld ja genauso wie alle Vielen Dank. – Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeord- anderen, nicht davon profitieren. Sie profitiert davon nete! Wenn man als Mitglied des Bundesrates schon die nicht; denn sie fährt den SUV, sie wohnt in der großen Möglichkeit hat, im Bundestag zu sprechen, dann ist das Wohnung, und sie jettet mal eben zum Wochenende Klimaschutzgesetz ein sehr guter Grund, sie auch wahr- irgendwohin. Genau diese Leute können sich überlegen, zunehmen; denn Klimaschutz ist eine gesamtgesell- ob sie diesen hohen CO -Preis bezahlen wollen oder ob 2 schaftliche, eine gesamtstaatliche Aufgabe, in der Bund, sie sich umstellen wollen, was wir dringend brauchen. Länder und Kommunen an einem Strang ziehen und gut (Zurufe von der LINKEN) zusammenarbeiten müssen.

Die Menschen, die wenig CO2-emittierend leben – das Mit der Novelle zum Klimaschutzgesetz werden die sind die Menschen mit geringen Einkommen –, profitie- Klimaziele mit Rückenwind des Bundesverfassungsge- ren von dem Energiegeld. Ihr habt das leider auch immer richts noch einmal erhöht. Das ist wichtig zur Erreichung noch nicht begriffen. Ich fasse es nicht. des 1,5-Grad-Zieles, aber es ist eine enorme Aufgabe. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wenn wir dabei Erfolg haben wollen, müssen wir uns [DIE LINKE]: Ihr begreift ja alles!) über die Dimension dieser Aufgabe im Klaren sein. Ich war bei den Kanzlerkandidaten. Wir haben ja noch Nirgendwo wird das so deutlich wie in einer großen einen dritten Kanzlerkandidaten, und da regiert das Prin- Metropole wie Hamburg mit rund 2 Millionen Einwoh- zip Wegducken. Über Spritpreise so oder so zu reden, das nern, dem größten Industriestandort Deutschlands. Wir sei kleinteilig, sagt Armin Laschet. Das ist nicht klein- haben einen Klimaplan mit rund 400 konkreten Maßnah- (B) (D) teilig. Das ist die Ehrlichkeit, die wir brauchen. Aber das men aufgestellt. Es geht allein in Hamburg um über Wegducken: So, wie sich Armin Laschet in seinem Wahl- 250 000 Gebäude, die energetisch zu sanieren sind. Eine kreis vor der Konkurrenz, vor einer Auseinandersetzung Mobilitätswende ist zu organisieren mit Milliardeninves- mit dem Kollegen Oliver Krischer wegduckt, so duckt er titionen in neue U- und S-Bahnen, Hunderte Kilometer sich weg, wenn heute ein Konzept beschlossen wird, das neue Radwege, über 2 000 emissionsfreie Busse und festlegt, wie die Spritpreise sein werden, und hofft, dass nebenbei noch über 20 Betriebshöfe und Werkstätten, es keiner merkt. So funktioniert das nicht, liebe Leute. um solche Fahrzeuge mit Elektro- und Wasserstofftech- nologie zu betreiben. – Das spielt sich in ganz Deutsch- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) land ab, im Großen und im Kleinen, überall in Ihren So werdet ihr im Wahlkampf nicht reüssieren, und so Wahlkreisen. Und genau dafür brauchen die Städte und könnt ihr die Leute auch nicht mitnehmen, wovon Anja Gemeinden die Unterstützung der Länder und des Bun- Weisgerber zu Recht redet. Die Leute wollen Ehrlichkeit, des. sie wollen Redlichkeit, sie wollen wissen, was auf sie (Beifall bei der SPD) zukommt. Dann reden wir über den sozialen Ausgleich, und den machen wir am besten über das Energiegeld. Das ist die erste Botschaft, die ich Ihnen dringend ans Herz legen möchte. (Beifall der Abg. Britta Haßelmann [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) Die zweite Botschaft lautet: Wie man es auch dreht und wendet im Klimaschutz, wir brauchen in Zukunft enorme Ein Wort zum Schluss noch, weil gesagt wurde, dass Mengen Strom aus Solar-, Wasser- und Windkraft, um sozialer Ausgleich und Sozialpolitik in unserem Konzept fossile Energieträger in der Stromproduktion, aber eben nicht vorkämen. Klimaschutz ist Sozialpolitik. Wir wis- auch in anderen Sektoren zu ersetzen, im Verkehr, in der sen ganz genau, dass global wie lokal die Menschen mit Industrie. kleinem Einkommen, die armen Menschen, den Preis für keine Klimaschutzpolitik, für schlechte Klimapolitik In Hamburg wurde Anfang des Jahres – mit Unterstüt- bezahlen werden. Aber auf der anderen Seite kann es zung der Umweltministerin – eines der größten Kohle- auch nicht sein, dass verfehlte Sozialpolitik, für die nicht kraftwerke aller Zeiten vom Netz genommen. die Grünen in den letzten Jahren zuständig waren, son- (Karsten Hilse [AfD]: Das ist eines der dern diese Parteien hier, modernsten Kohlekraftwerke!) (Dr. Lukas Köhler [FDP]: Was ist denn mit dem Dieser Strom muss natürlich ersetzt werden. Genau an Bundesrat? Denken Sie an Ihre Beteiligung an dieser Stelle soll, wenn es nach uns geht, einer der größ- Landesregierungen!) ten Wasserstoffelektrolyseure Europas entstehen. 29952 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Erster Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher (Hamburg) (A) (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der SPD) (C) Für diesen brauchen wir viel regenerativen Strom. Deshalb sollten wir die geplante Änderung des Klima- schutzgesetzes von Frau Schulze unterstützen und sofort (Dr. Götz Frömming [AfD]: Wann denn?) damit beginnen, den regenerativen Energiemix zu ver- Wir brauchen Grünen Wasserstoff, um Mobilität über bessern und Reallaborprojekte zu fördern, damit Unter- große Distanzen, Mobilität im Schwerlastverkehr zu ge- nehmen in neue Technologien investieren können. Wir währleisten. Aber wir brauchen diesen Wasserstoff auch sollten auch damit beginnen, die Rahmenbedingungen zur Verringerung des CO2-Ausstoßes in der Industrie. so zu setzen, dass diese neuen Technologien wirtschaft- lich genutzt werden können. Schon heute wird bei der Kupferproduktion in Ham- burg nur halb so viel CO2 freigesetzt wie im weltweiten (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Durchschnitt. Zugleich ist das Kupferunternehmen eines Dr. Andreas Lenz [CDU/CSU]) der größten Metallrecyclingunternehmen. Nebenbei heizt Wenn Sie noch Ideen brauchen, laden wir Sie gerne das Unternehmen mit der Prozessabwärme Wohnungen nach Hamburg ein, um zu zeigen, was schon heute geht in der HafenCity. Das ist der Weg, den wir gehen müssen, und wie man das gemeinsam voranbringen kann. nicht nur beim Kupfer. (Zuruf des Abg. Karsten Hilse [AfD]) Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Die Ziele sind gesetzt, ab jetzt kommt es aufs Handeln an. Herr Erster Bürgermeister, gestatten Sie eine Zwi- schenfrage des Kollegen Dr. Hoffmann? Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD) Dr. Peter Tschentscher, Erster Bürgermeister (Ham- burg): Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Ja, sehr gerne. Nächste Rednerin ist die Kollegin Bettina Stark- Watzinger, FDP. Dr. Christoph Hoffmann (FDP): (Beifall bei der FDP) Vielen Dank, Herr Präsident. – Vielen Dank, Herr Bür- germeister, dass Sie diese Frage zulassen. Wenn ich es richtig weiß, gibt es in Hamburg Pläne für ein Holzheiz- Bettina Stark-Watzinger (FDP): kraftwerk. Das ist eigentlich eine gute Idee, aber das Holz Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und (B) dazu soll aus Namibia kommen. Ist das wirklich nach- Kollegen! Die Kollegen Lukas Köhler und Christoph (D) haltig und sinnvoll? Hoffmann haben es klargemacht: Die Freien Demokraten setzen mit Blick auf den Klimaschutz nicht auf das Prin- zip Hoffnung, sondern wir wollen durch eine klare CO2- Dr. Peter Tschentscher, Erster Bürgermeister (Ham- Mengenbegrenzung dem Raubbau am Klima endlich burg): einen Riegel vorschieben. Das ist eine interessante Frage. Wir haben die Prüfung noch einmal zurückgestellt, weil es im Herkunftsland (Beifall bei der FDP) Diskussionen gibt, die wir von hier aus nicht beurteilen Das ist das wirksamste Instrument, und es setzt das frei, können. Aber die Nutzung von Bioenergie, um zu hei- was wir in unserem Land haben, nämlich den Erfinder- zen – in diesem Fall mit Holz, einem regenerativen Pro- geist. Machen wir uns nichts vor: Nur durch Innovation dukt –, ist durchaus ein guter Weg, wenn das Regenera- werden wir den Klimawandel stoppen. Nur durch neue tive dabei gesichert ist. Ich kann Ihnen da nur Technologien werden wir Wohlstand und Klimawandel beipflichten: In der Holzwirtschaft ist es seit Jahrzehnten zusammenbringen. üblich, darauf zu achten, dass ein Baum, den man fällt, durch einen neuen ersetzt wird. (Beifall bei der FDP) Ich möchte auf das Thema Industrie zurückkommen Was wir brauchen, damit wir Vorbild und Taktgeber sein und sagen: Der Weg, den wir nicht nur bei Kupfer, son- können, sind Kapitalmärkte, die das finanzieren; denn dern auch bei Stahl, bei Aluminium und in der Industrie uns muss bewusst sein: Hohe private Investitionen sind insgesamt gehen müssen, ist der Weg über Innovationen. notwendig, Stichwort „Sustainable Finance“. Wir dürfen unsere Industrie, weil sie schon heute klima- Was müssen wir also tun? Ja, die Menschen sollen freundlicher ist als sonst wo auf der Welt, nicht ins Aus- gemäß ihrer Wünsche anlegen können, in Nachhaltigkeit land verdrängen, sondern müssen sie bei uns klima- investieren können. Sie brauchen eine bessere Datenlage, freundlich und wettbewerbsfähig machen. damit sie langfristig Risiken auch besser einschätzen (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten können. Sie brauchen Standardisierung. Sie brauchen der CDU/CSU) Vereinheitlichung und Transparenz. Aber was wir nicht brauchen, ist eine Taxonomie. Eines sollten wir im Be- Eines ist klar: Wer in Klimaschutztechnologien die reich Sustainable Finance nicht machen, nämlich eine Nase vorn hat, der wird auch wirtschaftlich gewinnen. Taxonomie als ein planwirtschaftliches Lenkungsinstru- Es geht um Klimaschutz, und es geht um Wertschöpfung, ment einsetzen. um Arbeitsplätze, um Wohlstand für die kommenden Generationen. (Beifall bei der FDP) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29953

Bettina Stark-Watzinger (A) Die Taxonomie soll in jedem Produktionsprozess vorge- Zukunft gegenüber der Gegenwart zu ihrem Recht zu (C) ben, was nachhaltig ist und was nicht. Wie werden wir verhelfen. Andere bezeichnen nachhaltige Politik auch aber nachhaltig, wenn der Produzent von Komponenten als Enkeltauglichkeit. von Windrädern diese gar nicht mehr produzieren kann, weil er keine Finanzierung mehr bekommt? Wie soll Die Brundtland-Kommission definierte nachhaltige unser Mittelstand den Weg zur Klimaneutralität schaffen, Entwicklung in dem Sinne, dass die Bedürfnisse der wenn keine Bank, kein Finanzinstitut ihn mehr finan- Gegenwart befriedigt werden, ohne zu riskieren, dass ziert? Hören wir auf, die klimaneutrale Welt zu zeichnen, künftige Generationen ihre Bedürfnisse nicht befriedigen wie sie sein soll. Zeigen wir lieber den gangbaren Weg können. Was das konkret bedeutet, darum ringen, darüber auf, wie wir dorthin kommen. diskutieren wir im Parlamentarischen Beirat für nachhal- tige Entwicklung. Uns eint, dass wir alle zu einer nach- (Beifall bei der FDP) haltigen Entwicklung stehen, auch wenn wir zuweilen Diejenigen, die Erlösung wollen, müssen verbieten recht unterschiedliche Dinge darunter verstehen. Danke und beten. Wer Lösungen will, muss arbeiten, die Ärmel an dieser Stelle für die Zusammenarbeit in einem ganz hochkrempeln und forschen. Ich bin für Letzteres. Ma- besonderen Gremium, auf das wir als Bundestag aus mei- chen wir endlich sinnvollen Klimaschutz! ner Sicht auch ein Stück weit stolz sein dürfen. (Beifall bei der FDP) (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD]) Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Nächster Redner ist der Kollege Dr. Andreas Lenz, Nachhaltigkeit, eine nachhaltige Entwicklung ist im- CDU/CSU. mer ein Prozess. Schaut man auf die Deutsche Nachhal- tigkeitsstrategie, dann sind wir bei der Zielerreichung (Beifall bei der CDU/CSU) nicht überall auf Kurs. Während wir beispielsweise bei der Ressourcenschonung und beim Ausbau der Erneuer- Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU): baren auf Kurs sind, die Ziele sogar übererfüllen, sieht es Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und beim Endenergieverbrauch, etwa im Personenverkehr, Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vieles wurde oder auch bei der sogenannten globalen Umweltinan- im Bereich der Nachhaltigkeit während der letzten Jahre spruchnahme leider schlechter aus. Aber daran arbeiten erreicht. Wir haben keine Zeit verloren, Herr Hofreiter, wir. Wir machen uns hier ehrlich und arbeiten ambitio- aber wir haben natürlich auch keine Zeit zu verlieren. Wir niert an der entsprechenden Zielerreichung. haben das Klimaschutzziel 2020, also eine Reduzierung (B) der CO2-Emissionen um 40 Prozent, erreicht. Das wird Wir sehen an den Indikatoren auch, dass Nachhaltig- (D) oft unterschlagen. Das war eine Riesenanstrengung und keit natürlich auch Klimaschutz beinhaltet, aber eben eine große Leistung für ein Industrieland, das wir sind nicht nur. Wir brauchen eine wirtschaftlich positive Ent- und das wir natürlich auch bleiben wollen, liebe Kolle- wicklung, um die Ziele in Gänze überhaupt erreichen zu ginnen und Kollegen. können, auch beim Klimaschutz. Dafür muss Carbon Wir haben mit dem Klimaschutzpaket und mit dem Leakage, die Abwanderung der Industrie, verhindert wer- Konjunkturpaket geliefert. Diese beinhalten ganz klare den. Dafür brauchen wir global anschlussfähige, markt- Akzente in Richtung Klimaschutz und sehen Investitio- lich basierte Konzepte. Wir müssen auch hier die Dinge nen in Höhe von insgesamt 80 Milliarden Euro in Anreize zusammenbringen und zusammendenken. Das machen und Innovationen vor. Sie wirken; das sehen wir. Wir wir, liebe Kolleginnen und Kollegen. setzen nicht nur ambitionierte Ziele, sondern wir liefern auch mit konkreten Maßnahmen, die greifen. Das werden (Beifall bei der CDU/CSU) wir weiterhin so machen, liebe Kolleginnen und Kolle- Der Beirat ist für die Aufnahme der nachhaltigen Ent- gen. wicklung als Staatsziel im Grundgesetz. Der Vorteil einer (Beifall CDU/CSU) solchen Staatszielbestimmung besteht darin, dass eben Dennoch sehen wir, dass das Ausmaß der Aufgabe alle drei Dimensionen abgebildet sind: Umwelt, Soziales Klimaneutralität gewaltig ist. Wir wollen dabei alle und Ökonomie. Die entsprechende Abwägung muss im- Dimensionen der nachhaltigen Entwicklung berücksich- mer individuell vorgenommen werden. Als Beirat haben tigen: die Ökologie, also den Klimaschutz, die soziale wir die Nachhaltigkeitsprüfung bei der Gesetzgebung ge- Dimension, niemanden zurückzulassen, und die Ökono- stärkt und wollen das auch weiterhin machen. Im Rah- mie, also die wirtschaftliche Entwicklung. Wir bringen men der Gesetzesfolgenabschätzung bietet sich hier wei- die Dinge zusammen. Wir bringen die Menschen zusam- ter sehr hohes Potenzial, auch bei der Entbürokratisierung men. Das ist der Unterschied zwischen uns und anderen, des Gesetzgebungsprozesses insgesamt. liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir brauchen immer auch die europäische Komponen- Die Debatte über Nachhaltigkeit, über eine nachhaltige te und den globalen Ansatz beim Thema der nachhaltigen Entwicklung ist in der Mitte der Gesellschaft angekom- Entwicklung, übrigens auch beim Klimaschutz. Die EU men, und das muss sie auch: raus aus den Parlamenten, geht mit dem sogenannten Green Deal ambitioniert raus aus den Gremien, raus aus der Community, hinein in voran, beispielsweise im Bereich der Kreislaufwirtschaft. die Breite der Gesellschaft. Es geht dabei darum, heute Auch das ist ein wichtiger Teil einer nachhaltigen Ent- schon an morgen zu denken bzw., anders gesagt, der wicklung. 29954 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Dr. Andreas Lenz (A) Wir müssen letztlich Nachhaltigkeit richtig machen. Sie wollen einen fairen Wahlkampf führen, „mit Fakten (C) Übrigens haben wir mit der Kohlekommission im und Argumenten“ und ohne „persönliche Diffamierun- Zusammenhang mit dem Kohleausstieg gezeigt, wie es gen“. Wenn das Ihr fairer Wahlkampf ist, dann verzichten geht, die Dinge zusammenzubringen und Zukunftsper- wir gerne darauf. spektiven zu geben. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Dr. Rainer Kraft [AfD]: Das werden wir Eines macht mich aber wirklich fassungslos. Mit Ihrem sehen!) Wahlkampfgetöse gefährden Sie von den Grünen eine Leave no one behind – niemanden zurücklassen –, das echte nachhaltige Politik. nehmen wir ernst. Wir wollen Perspektiven in allen (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das Bereichen. Wir wollen Deutschland als Chancen-, ist unglaublich!) Deutschland als Aufstiegsland, nachhaltig und zukunfts- fähig. Ich möchte da die Debatte um die Spritpreise aufgreifen. 16 Cent mehr für den Liter haben Sie gefordert. Was heißt Die Grundlage für all das ist auch und gerade die denn Nachhaltigkeit? Nachhaltigkeit heißt, dass man finanzielle Nachhaltigkeit. Auch hier geht es letztlich wirtschaftliche, soziale und ökologische Aspekte unter um Generationengerechtigkeit: jetzt nicht zulasten kom- einen Hut bringt und so eine tragbare Lösung findet. mender Generationen zu wirtschaften, sich nicht übermä- Also, 16 Cent mehr pro Liter, da gab es große Empörung. ßig zulasten der kommenden Generationen zu verschul- Wir haben Sie dafür kritisiert. den. Wir, die Union, stehen für Solidität der Haushalte. Sie werfen uns hingegen Heuchelei vor, weil wir durch Auch das ist Nachhaltigkeit. Zu dieser finanziellen Soli- den nationalen CO -Preis den Sprit auch um 15 Cent dität müssen und werden wir nach der Krise auch zurück- 2 teurer machen. Eines vorweg: Ja, richtig, auch wir ma- kehren. Spare in der Zeit, dann hast du in der Not – das chen den Sprit teurer. hat sich auch in dieser Krise bewahrheitet. Solide, modern, nachhaltig und damit zukunftsfähig, das ist (Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) unser Bild für die Zukunft. Es geht uns gar nicht um die Frage, ob wir die fossilen In diesem Sinne: Herzlichen Dank. Kraftstoffe teurer machen sollen, aber wir streiten über die Frage, wie wir dahin kommen. Wir erhöhen den Ben- (Beifall bei der CDU/CSU) zinpreis innerhalb von fünf Jahren schrittweise. Sie wol- len den Spritpreis auf einen Schlag erhöhen. Unsere Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Rechnung lautet: 15 Cent – und nicht: 15 Cent plus (B) Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will darauf auf- 16 Cent obendrauf. Das ist der Unterschied. (D) merksam machen, dass Sie noch eine gute halbe Stunde (Beifall bei der CDU/CSU) Zeit haben, bis die Wahlurnen für die fünf Wahlgänge geschlossen werden. 16 Cent, ist der Vorschlag ökologisch sinnvoll? Höchstwahrscheinlich nicht. Jeder Autofahrer müsste Jetzt erteile ich als nächstem Redner dem Kollegen Kai pro Jahr circa 75 Euro mehr für Sprit ausgeben. Das Whittaker, CDU/CSU, das Wort. wird niemanden dazu bewegen, auf das E-Auto umzu- steigen. Deshalb sagen wir den Leuten: Der Sprit wird (Beifall bei der CDU/CSU) in den kommenden fünf Jahren etwas teurer, danach noch teurer. Deshalb nutzt die Zeit, nehmt die Subventionen in Kai Whittaker (CDU/CSU): Anspruch und steigt um, wenn ihr euch ein neues Auto Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! anschafft. Angesichts Ihrer sinkenden Umfragewerte amüsiert es Ist der Vorschlag wirtschaftlich sinnvoll? Ebenfalls mich schon, wie Sie von den Grünen argumentativ um Fehlanzeige. Wenn man die heutigen Steuern auf Benzin sich schlagen, allen voran leider auch Sie, geschätzte in einen CO2-Preis umrechnet, kommt man schon jetzt Frau Kollegin Haßelmann. Sie haben uns letzte Woche auf fast 300 Euro pro Tonne. Das ist fast zehnmal mehr, auf Twitter vorgeworfen, beim Klimaschutzgesetz nichts als jeder andere Bereich bezahlen muss – und das, ob- zu tun, und haben darunter auch noch den Hashtag wohl in diesen anderen Bereichen mit heutiger Technolo- #Klimaheuchler gepackt. gie und weniger Kosten mehr CO2 eingespart werden Ich kann nur sagen: Das Urteil des Bundesverfassungs- kann. gerichts zum Klimaschutzgesetz ist am 29. April gefällt (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: worden. Das ist exakt 43 Tage her. In der Zwischenzeit Was soll das denn für eine Rechnung sein?) gab es zwei Sitzungswochen. In der letzten Sitzungswo- che haben wir bereits angekündigt, dass wir in dieser Ich frage mich, warum Sie sich ausgerechnet noch einmal Woche über die Reform des Klimaschutzgesetzes beraten die Autofahrer herauspicken. Ich glaube, Sie haben Ihren werden. Wir sind keine Klimaheuchler, sondern wir ma- Kampf gegen das Auto noch nicht aufgegeben. chen unsere Arbeit. Heuchlerisch ist, wenn Sie uns vor- (Beifall bei der CDU/CSU) werfen, nichts zu tun, obwohl Sie es besser wissen müss- ten. Ist der Vorschlag denn wenigstens sozial gerecht? Auch da halten Sie dem Praxistest nicht stand. Sie wollen (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- ein Bürgerenergiegeld einführen, also eine Kopfpauscha- ordneten der SPD) le, bei der jeder Bürger Geld zurückerstattet bekommt, Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29955

Kai Whittaker (A) das ihm erst abgeknöpft wird. Konkret heißt das: Der (Alexander Dobrindt [CDU/CSU], an die Abg. (C) Bürger geht in Vorleistung und wartet brav, dass er sein Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- eigenes Geld wieder zurückbekommt. NEN]: Nehmt sie doch auf die Rednerliste, wenn sie reden will!) Obendrein würden Sie eine Bürokratie aufbauen. Wir bräuchten von jedem die Kontodaten, um 7,50 Euro pro unterstützen auch Sie – völlig kostenlos hergeben, die Person und Monat überweisen zu können. Das ist eine aber massiv, vor allem von den Wohlhabenden, genutzt Lösung aus dem Theoriehandbuch, meine Damen und wird. Das heißt, der Status quo ist doch so, dass die Leute Herren! mit wenig Geld in der Tasche – (Beifall bei der CDU/CSU – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Das ist überhaupt keine Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Lösung! Das ist eine Lösung aus dem Toll- Frau Kollegin! haus!) Dr. Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: – diejenigen subventionieren, die viel Geld haben. Herr Kollege Whittaker, gestatten Sie eine Zwischen- frage? Danke. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Kai Whittaker (CDU/CSU): Herzlich gerne, ja. Kai Whittaker (CDU/CSU): Ich hatte etwas Mühe, die Frage zu identifizieren, die Dr. Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie mir jetzt in Ihren drei Minuten vorgetragen haben. Entschuldigung, Herr Kollege, aber da sind jetzt so (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Ich viele verdrehte Zahlen im Raum, dass ich da doch kurz auch!) hineingehen will. Erstens. Wir fordern nicht 15 Cent plus 16 Cent. Sie Aber ich kann gerne versuchen, das zu beantworten. fordern 15 Cent, wir fordern 16 Cent; das ist kein sehr Noch einmal: Wenn man Ihre 16 Cent in ein Bürger- großer Unterschied. energiegeld umrechnet, dann kommen 7,50 Euro bis Zweitens. Auch die Bahn zum Beispiel zahlt für ihre maximal 8 Euro pro Monat pro Person heraus. Das wol- len Sie jedem Deutschen monatlich überweisen, und dazu (B) Strecken. Dass also über den Autoverkehr auch zum Bei- (D) spiel die Straßen mitfinanziert werden, das ist etwas völ- brauchen Sie von jedem die Kontodaten. Die haben Sie nicht. Das ist ein riesengroßer Bürokratieweg. Deshalb lig Normales. Das können Sie nicht auf den CO2-Preis anrechnen. haben wir einen anderen, einen pragmatischeren Weg vorgeschlagen. Wir haben die Pendlerpauschale erhöht, Drittens. Zum Bürgerenergiegeld haben Sie gerade ge- wir haben für Geringverdiener einen Mobilitätsbonus sagt, es bringe doch gar nichts, wenn man zum Ende des eingeführt, und wir werden die EEG-Umlage weiter Jahres etwas zurückbekomme. Wir sind doch der Gesetz- absenken. Wir haben es Anfang dieses Jahres gemacht, geber! Dann gestalten wir es eben so, dass man das Geld und wir werden es auch in Zukunft tun. Genau das ist der vorher zurückbekommt. Bei der EEG-Umlage funktio- Weg, den wir, die Union, weitergehen wollen: Wenn der niert das doch auch, dass man die Berechnung vorher CO2-Preis weiter steigt, müssen an anderer Stelle Steuern vornimmt und die Umlage macht und dann hinterher aus- und Abgaben in gleichem Umfang sinken. Das ist unser geglichen wird. Natürlich kann man das Bürgerenergie- pragmatischer Weg. Wir brauchen Ihr kompliziertes Bür- geld auch am Anfang des Jahres auszahlen; dann hat es gerenergiegeld nicht. jeder Bürger. (Beifall bei der CDU/CSU) Und ja, natürlich ist das sozial gerecht. Die Reicheren, die reichsten 10 Prozent der Deutschen verursachen Wir müssen das Geld den Bürgern nicht umständlich ungefähr so viel CO2-Ausstoß wie die gesamte ärmere zurückgeben, sondern wir nehmen es ihnen erst gar nicht Hälfte zusammen. Das heißt, die Leute mit wenig Geld aus der Tasche. Ein bisschen mehr Pragmatismus bei der in der Tasche bekommen über das Bürgerenergiegeld Debatte! deutlich mehr Geld zurück, als sie über den CO2-Preis Warum also brechen Sie so etwas vom Zaun? Alles, zahlen. was Sie mit dieser Debatte bewirken, ist, dass sich die (Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Herr Präsi- Menschen von so einer Politik abwenden, weil sie Klima- dent, darf man hier solche Reden halten vom schutz als Konsumverzicht empfinden. Dafür gibt es in Platz aus? – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/ diesem Land keine Mehrheiten. Damit schaden Sie aktiv DIE GRÜNEN]: Ja, das darf man! – Alexander dem Klimaschutz in diesem Land. Deshalb bin ich umso Dobrindt [CDU/CSU]: Nein, darf man nicht!) dankbarer dafür, dass wir, die Union, hier in den letzten Jahren für eine klare nachhaltige Politik eingestanden Das, was ungerecht ist, das ist der Status quo. Das, was sind. ungerecht ist, das ist heute, dass wir nämlich die knappe Ressource Atmosphäre – das Ziel, wie viele Emissionen (Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNIS- eigentlich noch gehen für die Klimaziele, SES 90/DIE GRÜNEN) 29956 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Kai Whittaker (A) Wir müssen es nämlich in Zukunft schaffen, dass wir sind 2015 im Rahmen der Agenda 2030 festgelegt wor- (C) Gesetze nicht nur nach den Kosten bewerten, sondern den. Es ist ganz wichtig, dass wir diese Ziele im Auge auch nach dem Nutzen. Das können wir am besten, indem behalten. wir die 17 Nachhaltigkeitsziele der UN nehmen und da- Der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwick- ran messen, was die Gesetze in Zukunft bringen. Ich bin lung hat auch in dieser Legislaturperiode wieder viele froh, dass der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Fachgespräche mit Vertretern und Vertreterinnen aus Entwicklung genau das so durchgesetzt hat und der Bun- Wirtschaft, Wissenschaft, der Zivilgesellschaft und vie- destag letztes Jahr die entsprechenden Mittel genehmigt len mehr zu diesem Thema geführt. Ich will das hier noch hat, um ein solches System zu entwickeln. einmal ganz deutlich sagen: Das, was wir daraus gelernt Insofern bin ich dem Bundesverfassungsgericht sehr haben, das, was wir von den Experten erfahren haben, ist, dankbar für sein Urteil, weil es genau diese Politik unter- dass Geschäftsmodelle, Vorhaben, die heute Nachhaltig- stützt. Politik muss sich daran messen lassen, ob sie gene- keit nicht berücksichtigen, langfristig scheitern werden. rationengerechte Entscheidungen trifft. Wir müssen Lust Das muss man einfach an dieser Stelle festhalten. auf die Bekämpfung des Klimawandels machen, indem (Beifall bei der SPD sowie des Abg. wir zu Forschung und Innovation anreizen, Ideen umset- Dr. Andreas Lenz [CDU/CSU]) zen, und nicht, indem wir den Leuten Konsumverzicht predigen. Dafür werden Sie keine Mehrheiten haben. Deutschland hat die Chance, Innovationen voranzu- bringen. Wir sprechen aktuell von der Dekade des Han- (Beifall bei der CDU/CSU) delns für Nachhaltigkeit. Wir müssen heute die Weichen Mit Blick auf Ihr Wahlprogramm kann ich nur sagen: stellen, um dieser Vorreiterrolle gerecht zu werden. Mit Ihr Ausgabenwahlprogramm ist höchstwahrscheinlich der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie haben wir einen verfassungswidrig. Das macht nämlich schon einen Fahrplan, um dieses Ziel erreichen zu können. Die Nach- Unterschied aus zwischen einer Partei, die Führungsan- haltigkeitsziele dürfen aber dabei nicht isoliert betrachtet spruch will, und einer Partei, die Führungsanspruch hat: werden, sondern sie müssen zusammen gedacht werden. die Größe, sich an den eigenen Forderungen messen las- Genau da greift jetzt die Nachhaltigkeitsstrategie an. Der sen zu müssen. Darum wird es in diesem Wahlkampf Klimawandel und die Coronapandemie haben uns gehen. gezeigt, wie wichtig es ist, vorausschauend zu handeln. Das Thema Resilienz, also Krisenvorbeugung und Kri- Danke. senbewältigung, wurde ebenfalls in der Aktualisierung (Beifall bei der CDU/CSU – Britta Haßelmann der Nachhaltigkeitsstrategie aufgenommen. Aus meiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Im Gegensatz Sicht, aus unserer Sicht ist das auch das richtige Zeichen. zu Ihnen haben wir ein Wahlprogramm! Weil, (B) (Beifall bei der SPD sowie des Abg. (D) das im Kopf zu haben, reicht nicht! Sie müssen Dr. Andreas Lenz [CDU/CSU]) das auch aufschreiben! – Kai Whittaker [CDU/ CSU]: In zwei Wochen ist es so weit, Frau Im PBnE haben wir die Weiterentwicklung der Nach- Haßelmann! – Britta Haßelmann [BÜND- haltigkeitsstrategie intensiv begleitet. Zur Zusammenar- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, da bin ich beit will ich hier noch einmal sagen – die Diskussion ist gespannt!) heute sehr aufgeregt, der Wahlkampf lässt grüßen –: In vielen Dingen waren wir konsensorientiert. Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen, die im Parlamentari- Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: schen Beirat für nachhaltige Entwicklung mitgewirkt ha- Michael Thews, SPD, ist der nächste Redner. ben. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ Michael Thews (SPD): DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Rainer Kraft Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin- [AfD]) nen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Klima- Um der Nachhaltigkeit auch auf parlamentarischer schutz – das wurde heute in der Debatte noch einmal Ebene noch mehr Gewicht zu verleihen, bedarf es aller- ganz deutlich – ist das zentrale Thema unserer Zeit. dings grundlegender Veränderungen. Wenn wir natürli- Aber ich will den Blick noch etwas weiten; denn der che Ressourcen unserer Ökosysteme und das Klima Schutz der natürlichen Ressourcen, der Umbau der Wirt- schützen wollen, dann muss Nachhaltigkeit das zentrale schaft zu einer Kreislaufwirtschaft und die Bewahrung Prinzip des politischen Handelns werden. Hierfür brau- unserer Umwelt sind keinesfalls von dem Thema Klima- chen wir noch weiter reichende Gesetzesfolgenabschät- wandel zu trennen. Nachhaltiges Handeln ist essenziell, zungen und die Umwandlung des PBnE in einen eigenen um nachfolgenden Generationen ein Leben auf diesem Nachhaltigkeitsausschuss. Der PBnE hat deshalb eigene Planeten zu ermöglichen, bei einem gleichzeitig hohen Vorschläge eingebracht und in seinem Arbeitsbericht Lebensstandard auch für zukünftige Generationen. noch einmal darauf hingewiesen. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. In den Fachgesprächen des PBnE wiesen die Expertin- Dr. Andreas Lenz [CDU/CSU]) nen und Experten immer wieder auch auf die Rolle der Die Vielfältigkeit des Begriffs „Nachhaltigkeit“ spie- Kreislaufwirtschaft hin, eine Auffassung, die ich bekann- gelt sich dabei in den 17 SDG. Ich habe dieses Zeichen termaßen teile. Nicht umsonst ist die Nachhaltigkeitsstra- wie viele Kolleginnen und Kollegen hier am Revers. Sie tegie als eine der neuen Transformationsbereiche mit auf- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29957

Michael Thews (A) genommen worden. Dabei geht es darum, dass wir als Unser Fahrplan dafür ist die Deutsche Nachhaltigkeits- (C) Einzelpersonen nicht nur weniger Ressourcen verbrau- strategie. Ich bin überzeugt, dass wir für die gelungene chen, sondern dass Konsum und Produktion komplett Transformation zu einer nachhaltigen Lebensweise eine neu gedacht werden. Ressourcen dürfen nicht mehr ver- aktive Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger brauchen. braucht werden, sie müssen gebraucht werden. Mit dem Wir müssen uns als Gesellschaft darüber verständigen, Kreislaufwirtschaftsgesetz, dem Verpackungsgesetz, der wie wir uns ein gutes Leben künftig vorstellen und wie Einwegkunststoffkennzeichnungsverordnung und vielem wir zu einem wertorientierten, nachhaltigen Wachstum mehr haben wir in dieser Legislaturperiode viel erreicht. kommen. Meine Fraktion hat immer dafür gekämpft, dass wir diese Dinge auch voranbringen. Als Mitglied des Bildungs- und Forschungsausschus- ses bin ich gerne Botschafterin für Nachhaltigkeit inner- (Beifall bei der SPD) halb und außerhalb des Parlaments; denn das BMBF Mit dem beschlossenen Kohleausstieg, der Reform des fokussiert schon große Bereiche seines Handelns auf Erneuerbare- Energien-Gesetzes und dem Klimaschutz- Nachhaltigkeit. Im Bildungsbereich wird der Nationale gesetz haben wir den anderen wichtigen Bereich der rege- Aktionsplan Bildung für nachhaltige Entwicklung konse- nerativen Energien in dieser Legislaturperiode wirklich quent umgesetzt. Wir haben die Mittel für die FONA- angepackt und viele Dinge dort auf den Weg gebracht. Strategie, die Strategie der Forschung für Nachhaltige Das Denken in Kreisläufen stellt eine wichtige Säule der Entwicklung, jetzt auf 4 Milliarden Euro verdoppelt. Nachhaltigkeit dar. Der SPD ist es deswegen besonders Zum Beispiel erforscht FONA ressourceneffiziente wichtig, dass auch die soziale Dimension nicht vernach- Stadtquartiere für die Zukunft. Wissenschaft und For- lässigt wird. Nachhaltigkeit darf nicht nur für diejenigen schung helfen, die Transformation real werden zu lassen attraktiv sein, die es sich leisten können. Auf diesem Weg und Chancen zu nutzen und geben der Wirtschaft Pla- müssen wir alle Bürgerinnen und Bürger mitnehmen, nungssicherheit. denn Nachhaltigkeit bringt auch neue Chancen für uns Nachhaltigkeit ist eine Querschnittsaufgabe, die alle und folgende Generationen. Politikbereiche betrifft. Wir haben großen Handlungsbe- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten darf bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie, der CDU/CSU) denn wir verfehlen ihre Ziele in vielen Bereichen. Der PBnE hat in mehreren Stellungnahmen in dieser Wahl- Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, gilt nicht nur in periode formuliert, wie wir Nachhaltigkeitspolitik struk- Deutschland, sondern auch für unsere Partner in der gan- turell wirksamer umsetzen können. Dazu zählt ein kohä- zen Welt. Die Verstöße gegen Menschenrechte und die renteres Handeln der einzelnen Ministerien und, in jeder Zerstörung der Umwelt werden wir auch hier vor Ort (B) Legislaturperiode eine Bestandsaufnahme zur Umset- (D) langfristig spüren. Dafür brauchen wir auch ein starkes zung und Erreichung der 17 Ziele zu erarbeiten, als und durchsetzungsfähiges Lieferkettengesetz. Grundlage für Etappenziele, die die Bundesregierung Fairer Bedingungen bedarf es hierzulande auf dem sich jeweils vornimmt. Das haben wir schon beschlossen. Arbeitsmarkt, in der Bildung und im Gesundheitssystem. Wir setzen uns für die Verbindung von sozialer, wirt- Für die kommende Wahlperiode hoffe ich, dass die schaftlicher und ökologischer Nachhaltigkeit ein. Denn Plenarwoche „Nachhaltigkeit und Klima“ eine feste Insti- das zentrale Prinzip der Agenda 2030 – wir haben es tution im Parlamentskalender werden wird, weil das Ple- gerade schon gehört – lautet: „Leave no one behind“ – num des Bundestags der Ort für gesamtgesellschaftliche niemand soll zurückgelassen werden. Nur so kann echte Zukunftsfragen ist. Wir müssen das große Ganze bei un- Nachhaltigkeit wirklich entstehen. seren Zielen für Klimaneutralität, Ressourcenschonung, Artenvielfalt, nachhaltiges Wachstum im Blick behalten, Vielen Dank. und es muss regelmäßig Grundsatzdebatten dazu geben. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) (Beifall bei der CDU/CSU)

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Die vielleicht noch wichtigere Empfehlung ist, einen echten Nachhaltigkeitscheck für Gesetze durchzuführen. Nächste Rednerin ist die Kollegin Sybille Benning, Ich erhoffe mir davon mehr Transparenz über Zielkonf- CDU/CSU-Fraktion. likte, die es häufig zwischen einzelnen Zielen der nach- (Beifall bei der CDU/CSU) haltigen Entwicklung gibt, und eine für jeden nachvoll- ziehbare Bewertung dieser Dilemmata. Sybille Benning (CDU/CSU): Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, es war mir Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin- eine große Ehre, die Arbeit des PBnE der letzten beiden nen und Kollegen! „Aufbruch in ein Jahrzehnt der Nach- Wahlperioden zu begleiten. Da dies voraussichtlich mei- haltigkeit“, das war das Motto des 20. Jahrestages des ne letzte Rede im Plenum des Bundestages ist, möchte ich Rates für Nachhaltige Entwicklung am Dienstag. Inner- allen Kolleginnen und Kollegen, die sich für die konsen- halb der planetaren Belastungsgrenzen wirtschaften und suale Arbeit in diesem Beirat konstruktiv engagiert ha- zugleich ein Leben in Würde für alle Menschen ermög- ben, für die gute, fraktionsübergreifende Zusammenar- lichen, das hat der Sachverständigenrat für Umweltfragen beit danken. als „die größte wirtschaftliche Transformation und Modernisierungschance seit der deutschen Einheit“ (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP bezeichnet. und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 29958 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Sybille Benning

(A) Wir sollten den Aufbruch in ein Jahrzehnt der Nach- verbrauchen, dass wir so viel CO2 in die Luft schießen, (C) haltigkeit beherzt angehen. Ich drücke die Daumen, dass dass, wenn wir so weitermachen, unsere Kinder eben dafür in der kommenden Wahlperiode auch ein neuer nicht mehr diese Freiheit haben. Das ist übrigens mit Ausschuss für nachhaltige Entwicklung einen Schub gibt. dem Begriff der „Ökodiktatur“ gemeint. Dieser Begriff Vielen Dank. meint nicht, dass irgendjemand Beschränkungen usw. beschließt, sondern der Begriff der „Ökodiktatur“ meint, (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- dass wir heute so handeln, unsere Beschlüsse so umset- neten der SPD und der Abg. Dr. Bettina zen, dass unsere Kinder und Enkel am Ende eben nicht Hoffmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) mehr frei sind, dass sie unter einer Ökodiktatur leben. Das ist die klare Einschränkung von Freiheit, die wir nicht Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: zulassen dürfen. Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Marco Bülow. Deswegen müssen wir handeln, und deswegen ist es auch unstatthaft, ökologische und soziale Belange aus- Marco Bülow (fraktionslos): einanderzubringen. Es ist unglaublich, dass einige auf Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das einmal ihr soziales Herz entdecken – nach vielen unsozia- Bundesverfassungsgericht urteilte, dass fehlender Klima- len Beschlüssen –, wenn es um Klimapolitik geht. Genau schutz die Freiheit der jungen und der zukünftigen Gene- das müssen wir unterbinden, und wir müssen es hinbe- rationen gefährdet. Ich würde deswegen gerne die kurze kommen, diesen Freiheitsbegriff wieder auf die Füße zu Redezeit nutzen, um über den Begriff „Freiheit“ zu spre- stellen. Dann wären wir einen Schritt weiter, und dann chen. hätten unsere Kinder und Enkel auch eine Chance. Freiheit ist ein sehr hohes Gut, auch für mich. Hannah Vielen Dank. Arendt, die Philosophin, hat das in den Mittelpunkt ihrer (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und Arbeit gestellt und dazu einen Aufsatz „Die Freiheit, frei des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) zu sein“ verfasst. Ich kann nicht nur jedem Liberalen, sondern allen Menschen empfehlen, dieses Buch zu le- sen. Ihre Hauptaussage ist: Für die Freiheit, frei zu sein, Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: muss die Befreiung der Freiheit vorangehen, die Befrei- Matern von Marschall, CDU/CSU, ist der nächste Red- ung von Furcht und sozialer Not; ansonsten gibt es keine ner. Freiheit. (Beifall bei der CDU/CSU) (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) (B) (D) Genau das muss im Mittelpunkt stehen. Das hat absoluten Matern von Marschall (CDU/CSU): Vorrang. Deswegen ist die Anwendung von „Freiheit“ Herzlichen Dank. – Herr Präsident! Im September auf die Freiheit des Marktes oder die Freiheit beim Rasen 2015 haben die Vereinten Nationen die globalen Nach- auf der Autobahn eine absolute Verkürzung, nicht statt- haltigkeitsziele angenommen. Es waren nur zwei Parla- haft und diesem Begriff nicht angemessen. mentarier aus dem Deutschen Bundestag dort: der Kolle- ge Träger von der SPD und ich. Es war insofern auch der (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) Beginn einer stärkeren parlamentarischen Beteiligung bei Hans Jonas, ein weiterer Philosoph, hat das erweitert diesem global relevanten Thema. Wenn ich „parlamenta- und die Verbindung von Freiheit und Verantwortung her- rische Beteiligung“ sage, dann meine ich auch eine Be- gestellt. Er spricht von der Verantwortung unseres Han- teiligung der Öffentlichkeit, die wir als Parlamentarier in delns und vom Prinzip Verantwortung, wobei er sich auch dieser repräsentativen Demokratie hinaustragen. Das ist auf Kant beruft. Bei ihm wird deutlich, dass wir nicht jetzt sehr viel besser geworden; wir hatten hier eine De- alles tun dürfen, was wir wollen oder was wir können. batte dazu. Wir hatten den Generalsekretär der Vereinten Freiheit endet immer da, wo sie die Freiheit von anderen Nationen, Guterres, hier zu Gast, der im Dezember ver- und eben auch der zukünftigen Generationen einschränkt. gangenen Jahres auch auf diese wichtigen Ziele hinge- Seine Maxime ist: wiesen hat. Handle so, daß die Wirkungen deiner Handlung ver- Was können wir, was kann Deutschland im internatio- träglich sind mit der Permanenz nalen Kontext beitragen, um die Erreichung dieser Ziele auch in anderen Ländern voranzubringen? Es geht hier – ich wiederhole: mit der Permanenz – vor allen Dingen auch um die Frage der Datenerhebung. echten menschlichen Lebens auf Erden. Es geht also um die Frage: Wie können die Indikatoren, die in dieser globalen Nachhaltigkeitsagenda existieren, Auch das ist eine umweltpolitische Verantwortung: besser, überprüfbarer sozusagen evaluiert und dargelegt unsere Lebensgrundlagen permanent zu schützen. werden? Da machen wir einiges. Da machen wir vor allen Ansonsten wird die Freiheit gefährdet, spätestens die un- Dingen vieles in der Forschung, und da ist noch viel serer Kinder und Enkel. Genau so sollten wir handeln. Arbeit zu leisten, insbesondere wenn ich mir anschaue – Das heißt, dass Umwelt- und Klimaschutz Menschen- das ist mit dem Begriff „Mutter Erde“ so wesentlich ver- schutz ist; das vergessen wir so häufig. Genau dort haben knüpft –, wie wir den internationalen Schutz der Wälder – wir versagt, dort sind wir unserer Verantwortung eben Kollege Hoffmann von der FDP hat es angesprochen –, nicht gerecht geworden, weil wir in den letzten 30, 40 Jah- aber auch der Böden vorantreiben müssen. Hierzu müs- ren nicht darauf geachtet haben, dass wir alle Ressourcen sen wir aber auch erst einmal wissen, welchen Beitrag Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29959

Matern von Marschall (A) zum Klimaschutz diese Maßnahme, nämlich die Kohlen- dauern, eine hohe Wertbeständigkeit und erfüllen dabei (C) stoffspeicherung in Böden, die Kohlenstoffspeicherung heute auch strengste Bauauflagen. Architekten, Planer, in Wäldern, eigentlich leistet. Hier ist viel Forschungs- Bauherren und Behörden müssen hier stärker umlenken. arbeit zu leisten, Forschungsarbeit, die etwa auch in mei- Wichtig ist jetzt, unsere Wälder mit einem Waldumbau ner Heimatstadt, in , in der Forst- fit für die Zukunft zu machen. Wir müssen jetzt die lichen Versuchs- und Forschungsanstalt geleistet wird, Grundlagen legen, um für die Zukunft unsere Wälder Forschung, die aus dem Bundesforschungsministerium als Naturraum und Rohstofflieferant zu erhalten. und auch aus dem Landwirtschaftsministerium unter- stützt wird und die dann auch andere Länder in die Zweitens: die Zukunft unserer Energieversorgung. Lage versetzt, ihre Beiträge zum globalen Klimaschutz Deutschland wird auch in Zukunft einen großen Teil sei- besser, zielgerichteter und nachvollziehbarer zu machen. ner Energie importieren müssen. Für den Import der Energieträger der Zukunft ist die Rolle der deutschen Wir unterstützen diese Arbeit zum Beispiel auch beim Seehäfen als Energiehäfen enorm wichtig; das gilt insbe- Schutz des Regenwaldes in großem Umfang und übri- sondere für den Import von CO2-neutralem Wasserstoff gens auch im Einklang mit dem Schutz der indigenen und dessen Derivaten. Alle Infrastrukturen für Umschlag Völker, die in weiten Teilen in diesen großen Naturräu- und den Weitertransport sind auszubauen. Die Häfen sind men, den großen Urwäldern, leben. Ich halte das für ganz die Steckdosen, der Backbone einer nachhaltigen Ener- wichtig. Dort gehen Menschenrechte mit globalen Nach- gieversorgung. Die Seehäfen ermöglichen Deutschland haltigkeitszielen und Klimaschutz Hand in Hand. auch neue globale Kooperationen und Energiepartner- Ich denke, wir sollten in Zukunft noch mehr darauf schaften und halten uns unseren Einfluss auf globale achten, dass die freiwilligen Berichte der Länder, auch nachhaltige Entwicklung offen. der Bundesrepublik Deutschland, zum Fortschritt bei Drittens: regionale Lebensmittelversorgung. Die Bür- der Erreichung der Nachhaltigkeitsziele, die den Verein- gerinnen und Bürger auch in meinem Wahlkreis wollen ten Nationen vorgelegt werden, auch uns Parlamentariern regionale Produkte kaufen, essen und genießen. Unsere rechtzeitig zur Verfügung stehen, damit wir die Diskus- Bäuerinnen und Bauern sind hier der beste Partner an sion um unser Fortkommen hier im Parlament auch füh- unserer Seite; sie sind nicht die Klimaferkel der Nation. ren können. Wir müssen den „grün“ gelabelten Lebensstil der Stadt- Herzlichen Dank. bevölkerung mit den Lebensbedingungen und den Pro- dukten des ländlichen Raumes in Einklang bringen. Das (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. wäre wahre regionale Nachhaltigkeit. Dr. Lukas Köhler [FDP]) (Beifall bei der CDU/CSU) (B) (D) Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Eine moderne Landwirtschaft bedeutet schon im Voraussichtlich letzter Redner in dieser Debatte ist der Selbstverständnis unserer Landwirte einen nachhaltigen Kollege Peter Stein, CDU/CSU. Umgang mit Ökosystem und Klima. Das und nichts ande- res – schon gar nicht Verbote – führt zu einer angemesse- (Beifall bei der CDU/CSU) nen Wertschätzung der Verbraucherinnen und Verbrau- cher gegenüber unseren Bäuerinnen und Bauern. Peter Stein (Rostock) (CDU/CSU): Ich bedanke mich ganz herzlich für Ihr Interesse. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachhaltigkeit und Ideologie, das passt nicht zusammen. (Beifall bei der CDU/CSU) Der Erfolg von Nachhaltigkeit liegt im einvernehmlichen und verständlichen Miteinander in unserer Gesellschaft, Vizepräsidentin Petra Pau: nicht im Verbot, nicht im Gesetz und nicht im sozialen Ich schließe die Aussprache. Druck. Der Erfolg liegt in der Akzeptanz. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ist noch ein Mitglied Nachhaltigkeit beginnt bei jedem von uns, und Nach- des Hauses anwesend, welches seine Stimme zu den haltigkeit endet in der Erfüllung der Nachhaltigkeitsziele Wahlen nicht abgegeben hat? – Dann bitte ich, das bis der Vereinten Nationen. Deutschland, seine Regierungen, 11.07 Uhr zu erledigen. Dann werden die Urnen ge- seine Unternehmen und Konzerne, aber besonders auch schlossen. unsere Bürgerinnen und Bürger sind schon weit auf dem Weg zu einer nachhaltigen Lebensweise. Lassen Sie mich Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf in aller Kürze drei Bereiche dazu ansprechen. den Drucksachen 19/27530, 19/30530, 19/30130, 19/30230 und 19/29961 an die in der Tagesordnung auf- Erstens. Den deutschen Wäldern geht es mehrheitlich geführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es weitere nicht gut – und das, obwohl der Nachhaltigkeitsbegriff Überweisungsvorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann originär aus der Forstwirtschaft kommt. Der Klimawan- verfahren wir wie vorgeschlagen. del setzt unseren Wäldern zu. Tagesordnungspunkt 13 f. Wir kommen zur Abstim- Weltweit ist der herkömmliche Bausektor ein großer mung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für CO2-Treiber, wenn mit Asphalt, Beton und Stahl gearbei- Wirtschaft und Energie zu dem Antrag der Fraktion der tet wird. Holz wird mit seinen klimapositiven Eigen- AfD mit dem Titel „Stromkunden entlasten – Erneuerba- schaften dringend gebraucht. 1 Kubikmeter Holz bindet re-Energien-Gesetz gerade in der COVID-19-Wirt- 1 Tonne CO2. Moderne Holzbauten haben lange Lebens- schaftskrise abschaffen“. Der Ausschuss empfiehlt in sei- 29960 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Vizepräsidentin Petra Pau (A) ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/24196, den Tagesordnungspunkt 13 k. Abstimmung über den An- (C) Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 19/22451 trag der Fraktion der FDP auf Drucksache 19/28339 mit abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh- dem Titel „Europäische Landschaftskonvention unter- lung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Nie- zeichnen und ratifizieren“. Wer stimmt für diesen An- mand. Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der trag? – Die FDP-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – Die Koalitionsfraktionen, der FDP-Fraktion, der Fraktion Die Koalitionsfraktionen und die Fraktion Bündnis 90/Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen die Grünen. Wer enthält sich? – Die AfD-Fraktion und die Stimmen der AfD-Fraktion angenommen. Fraktion Die Linke. Der Antrag ist damit abgelehnt. Zusatzpunkt 4. Beschlussempfehlung des Ausschusses Tagesordnungspunkt 13 g. Beschlussempfehlung des für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag der Fraktion Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag der AfD mit dem Titel „Einfach frei leben – Kein deut- der Fraktion der AfD mit dem Titel „Umweltverträgliche sches Engagement für den Großen Umbruch beziehungs- Kohlekraftwerke weiter betreiben – Ausstieg aus der weise Great Reset des Weltwirtschaftsforums – Mit Inno- Kohleverstromung stoppen“. Der Ausschuss empfiehlt vationen Umwelt und Wohlstand erhalten“. Der in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschluss- 19/25887, den Antrag der Fraktion der AfD auf Druck- empfehlung auf Drucksache 19/30491, den Antrag der sache 19/22431 abzulehnen. Wer stimmt für diese Be- Fraktion der AfD auf Drucksache 19/29697 abzulehnen. schlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent- Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer hält sich? – Niemand. Die Beschlussempfehlung ist stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschluss- gegen die Stimmen der AfD-Fraktion mit den Stimmen empfehlung ist gegen die Stimmen der AfD-Fraktion mit der übrigen Fraktionen des Hauses angenommen. den Stimmen der übrigen Fraktionen des Hauses ange- nommen. Tagesordnungspunkt 13 h. Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag Zusatzpunkt 5. Beschlussempfehlung des Ausschusses der Fraktion der AfD mit dem Titel „Erzeugung von für Verkehr und digitale Infrastruktur zu dem Antrag der Wasserstoff – Wohlstand und Umweltschutz – Syntheti- Fraktion der FDP mit dem Titel „Forschung und Innova- sche Betriebs- und Treibstoffe mit Nuklearenergie der tionen für klimafreundliches Fliegen“. Der Ausschuss Generation IV“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Be- empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache schlussempfehlung auf Drucksache 19/25647, den An- 19/13986, den Antrag der Fraktion der FDP auf Druck- trag der Fraktion der AfD auf Drucksache 19/22446 ab- sache 19/11039 abzulehnen. Wer stimmt für diese Be- zulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – schlussempfehlung? – Die Koalitionsfraktionen, Die Lin- (B) Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Niemand. Die ke und Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt dagegen? – (D) Beschlussempfehlung ist gegen die Stimmen der AfD- Die FDP-Fraktion und die AfD-Fraktion. Wer enthält Fraktion mit den Stimmen der übrigen Fraktionen des sich? – Niemand. Die Beschlussempfehlung ist ange- Hauses angenommen. nommen. Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, welches Tagesordnungspunkt 13 i. Beschlussempfehlung des seine Stimme zu den Wahlen bisher nicht abgegeben Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare hat? – Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Wahlen Sicherheit zu dem Antrag der Fraktion der FDP mit und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer – – dem Titel „Mehr Tempo für die Nachhaltigkeit – Mit Fortschritt und Innovation in die Zukunft“. Der Aus- (Ein Abgeordneter geht in Richtung der Urnen) schuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf – In Ordnung. Ich bitte, die Stimme jetzt aber zügig abzu- Drucksache 19/30496, den Antrag der Fraktion der FDP geben. auf Drucksache 19/22493 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Das sind die Koalitions- (Weitere Abgeordnete gehen in Richtung der fraktionen, die AfD-Fraktion, die Fraktion Die Linke und Urnen) die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt dage- gen? – Die FDP-Fraktion. Wer enthält sich? – Niemand. – Gut. Also, ich unterbreche jetzt erst mal das Prozedere, Die Beschlussempfehlung ist angenommen. und wir stimmen weiter ab. Ich hoffe, dass diejenigen, die ihre Stimme bisher nicht abgeben konnten, das in den nächsten zwei Minuten schaffen. Tagesordnungspunkt 13 j. Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Zusatzpunkt 6. Beschlussempfehlung des Finanzaus- Sicherheit zu dem Antrag der Fraktion der FDP mit schusses zu dem Antrag der Fraktion der FDP mit dem dem Titel „Mit Innovationen zu nachhaltigen Lebens- Titel „Sustainable Finance – Transparenz und Vielfalt grundlagen“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Be- schaffen – Einheitliche EU-Taxonomie ablehnen“. Der schlussempfehlung auf Drucksache 19/30473, den An- Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschluss- trag der Fraktion der FDP auf Drucksache 19/22484 empfehlung auf Drucksache 19/30462, den Antrag der abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh- Fraktion der FDP auf Drucksache 19/14785 abzulehnen. lung? – Die Koalitionsfraktionen, die AfD-Fraktion, die Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Die Koa- Fraktion Die Linke und die Fraktion Bündnis 90/Die litionsfraktionen, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen. Grünen. Wer stimmt dagegen? – Die FDP-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – Die FDP-Fraktion. Wer enthält Wer enthält sich? – Niemand. Die Beschlussempfehlung sich? – Die AfD-Fraktion. Die Beschlussempfehlung ist ist angenommen. angenommen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29961

Vizepräsidentin Petra Pau (A) Zusatzpunkt 7. Beschlussempfehlung des Finanzaus- wenn ich bei Überziehung dem nächsten Redner oder (C) schusses zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die der nächsten Rednerin Redezeit abziehe, tragen Sie das Grünen mit dem Titel „Stabil und zukunftsfest – Den bitte in Ihren Fraktionen aus. Natürlich werden Sie Finanzplatz Europa zum Leitmarkt für Nachhaltigkeit ansonsten in Ihren Rechten als Abgeordnete nicht machen“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschluss- beschnitten. empfehlung auf Drucksache 19/30120, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache ( [Erfurt] [SPD]: Sie haben 19/14219 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschluss- unsere volle Unterstützung!) empfehlung? – Die Koalitionsfraktionen, die AfD-Frak- – Ich danke für die Unterstützung durch die Parlamentari- tion und die FDP-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – Die schen Geschäftsführer/-innen. Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke. Wer enthält sich? – Niemand. Die Beschlussempfehlung ist (Dr. Bernd Baumann [AfD]: Wir haben zu- angenommen. sätzliche Sitzungstage beantragt!) Zusatzpunkt 8. Beschlussempfehlung des Ausschusses Ich rufe die Tagesordnungspunkte 14 b, 14 a und 14 c für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu sowie den Zusatzpunkt 10 auf: dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Klimaziele und Entwicklungspolitik konse- b) Beratung des Antrags der Abgeordneten quent aufeinander ausrichten – Klimagerechtigkeit im Dr. Bernd Baumann, Dr. Gottfried Curio, Globalen Süden voranbringen“. Der Ausschuss empfiehlt , weiterer Abgeordneter und in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache der Fraktion der AfD 19/30431, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grü- nen auf Drucksache 19/28474 abzulehnen. – Wer stimmt Integrationsprobleme durch kulturelle für diese Beschlussempfehlung? – Die Koalitionsfraktio- Prägungen wahrnehmen – Neues For- nen, die AfD-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer stimmt schungsfeld beim Forschungszentrum des dagegen? – Die Fraktion Die Linke und die Fraktion Bundesamtes für Migration und Flücht- Bündnis 90/Die Grünen. Wer enthält sich? – Niemand. linge einrichten Die Beschlussempfehlung ist angenommen. Drucksache 19/30416

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, welches Überweisungsvorschlag: seine Stimme zu den Wahlen nicht abgegeben hat? – Das Ausschuss für Inneres und Heimat (f) Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenab- ist nicht der Fall. Ich schließe die Wahlen und bitte die schätzung Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung Ausschuss für Kultur und Medien (B) zu beginnen. Die Ergebnisse der Wahlen werden Ihnen (D) später bekannt gegeben.1) a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Inneres und Wir fahren mit den Abstimmungen fort. Heimat (4. Ausschuss) zu dem Antrag der Zusatzpunkt 9. Beschlussempfehlung des Ausschusses Abgeordneten Dr. Bernd Baumann, für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zu dem Dr. Gottfried Curio, Jochen Haug, weiterer Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Abgeordneter und der Fraktion der AfD Titel „Personelle Umsetzungsstrategie des Klimaschutz- Islamische Radikalisierung frühzeitig er- programms 2030 der Bundesregierung“. Der Ausschuss kennen – Studie zur politisch-religiösen empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache Einstellung der Muslime in Deutschland 19/26708, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grü- erneuern nen auf Drucksache 19/26218 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Die Koalitionsfraktio- Drucksachen 19/29778, 19/30444 nen, die AfD-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Wer c) Beratung der Beschlussempfehlung und des enthält sich? – Die Fraktion Die Linke. Die Beschluss- Berichts des Ausschusses für Inneres und empfehlung ist angenommen. Heimat (4. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Jens Maier, Ulrich Oehme, Bevor ich jetzt den nächsten Tagesordnungspunkt auf- Marc Bernhard, weiterer Abgeordneter und rufe, möchte ich auf Folgendes hinweisen. Sie merken, der Fraktion der AfD wir haben uns eine ganze Menge Arbeit vorgenommen. Ich kann Ihnen berichten, dass wir, wenn wir planmäßig Dem radikalen Islam den Boden entzie- vorankommen, exakt eine Minute vor Eröffnung der mor- hen – Maßnahmenpaket gegen Islamisten gigen Sitzung fertig werden. und islamistische Verbände (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Drucksachen 19/23956, 19/26578 FDP) ZP 10 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Ich werde in den Verhandlungsführungen alles daranset- richts des Ausschusses für Inneres und Heimat zen, dass die verabredeten Redezeiten eingehalten wer- (4. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten den. Sollten Sie innerfraktionell Probleme bekommen, Martin Hess, Dr. Bernd Baumann, Dr. Gottfried Curio, weiterer Abgeordneter und der Fraktion 1) Ergebnis Seite 29978 A, 29978 B, 29978 C der AfD 29962 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Vizepräsidentin Petra Pau (A) Mehr Transparenz bei der Analyse und öffent- Wenn es um Integrationsprobleme geht, darf nur poli- (C) lichen Darstellung von Kriminalität im Kon- tisch korrekt gefragt werden. text von Migration zur verbesserten Evaluie- (Zuruf von der AfD: Hört! Hört!) rung der Sicherheits-, Integrations- und Migrationspolitik Fragen lauten dann: Wo werden Migranten diskriminiert, ausgegrenzt, von Teilhabe ausgeschlossen? Schuld sind Drucksachen 19/23952, 19/24699 dann meistens die Deutschen. Nicht erforscht werden Für die Aussprache wurde einer Dauer von 60 Minuten kulturelle Wertvorstellungen und Verhaltensmuster, die beschlossen. Migranten aus ihren Herkunftsgebieten mitbringen und die auch Integration behindern können. Solche For- Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abge- schung wird finanziell ausgetrocknet; denn – so Koop- ordnete Dr. Bernd Baumann für die AfD-Fraktion. mans – an der Integrierbarkeit fremder Kulturelemente (Beifall bei der AfD) dürfe hierzulande nicht gezweifelt werden. In Deutsch- land werden also Forschung und freie Wissenschaft unterdrückt, weil Sie alle hier die Antworten fürchten, Dr. Bernd Baumann (AfD): weil die nicht in Ihr links-grün verzerrtes Weltbild pas- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Großer sen, meine Damen und Herren. Aufruhr jüngst in Frankreich. (Beifall bei der AfD) Vizepräsidentin Petra Pau: Die türkischstämmige Soziologin Necla Kelek warnt: Herr Baumann, das war ein kleines Missverständnis. Die massiven Kulturunterschiede sind so groß, dass sie – wörtlich – danach schreien, empirisch untersucht zu wer- den. Sie hat recht. Vieles in Deutschland entwickelt sich Dr. Bernd Baumann (AfD): geradezu dramatisch. Kelek verweist auf die Frauen, die Wie bitte? in Frauenhäusern Schutz vor ihren Männern suchen,

Vizepräsidentin Petra Pau: (Zuruf der Abg. [SPD]) Es sitzt hier gerade eine Präsidentin. und von denen sind 80 Prozent aus dem muslimischen Kulturkreis kommend. Ein weiteres Beispiel ist die Ver- (Beifall der Abg. Mechthild Rawert [SPD]) stümmelung der Genitalien von Frauen und Mädchen. Hierzulande erlebten diese Tortur bereits 70 000 Frauen Dr. Bernd Baumann (AfD): und Mädchen, oft ohne Betäubung, dazu Abertausende (B) Ach so. Ich beginne noch mal von vorne. Zwangsehen, Kinderehen, Verwandtenehen, Ehrenmor- (D) de; allein in Berlin 6 000 Zwangsehen im Jahr. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Großer Aufruhr jüngst in Frankreich. Ein Brandbrief, eine War- All dies wollen die Altparteien nicht wahrhaben. Hier nung: Tausend hohe Offiziere, darunter 20 Generäle, hat- zeigen sich völlig andere Menschenbilder. Das sind die ten den Mut, das Scheitern der Integration offen zu schmutzigen Seiten von Multikulti. All das blenden Sie benennen: Ganz unterschiedliche Kulturen und Mentali- aus, um weiter Ihrer Utopie, ja geradezu Ihrer Religion täten träfen aufeinander, unvereinbar und immer gewalt- von Buntheit und Vielfalt zu huldigen, und das kann so tätiger. Frankreich drohe der Bürgerkrieg. Wörtlich: „Die nicht weitergehen, meine Damen und Herren. Gewalt nimmt von Tag zu Tag zu.“ Wer hätte vor zehn (Beifall bei der AfD) Jahren gedacht, dass Lehrer vor ihren Schulen enthauptet würden? Ähnlich ist es mit den eingewanderten orientalischen Clans. In mittlerweile fast allen deutschen Großstädten Bei uns sind die Probleme nicht viel kleiner, nur traut terrorisieren sie ganze Stadtteile, kassieren Schutzgeld, sich hier niemand, so offen darüber zu reden. In Umfra- handeln mit Drogen, mit Frauen, mit Waffen. gen sagen 78 Prozent der Deutschen, sie hätten Angst, offen über kritische Themen wie Migration zu reden. (Zuruf des Abg. Marian Wendt [CDU/CSU]) Fast 80 Prozent! All diese Menschen bringen ihre Kultur mit. Die Polizei (Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Wer wohl daran spricht von ethnisch-kultureller Kriminalität. Das Lan- schuld ist?) deskriminalamt NRW sagt wörtlich: Tradierte Verhal- tensmuster aus den Herkunftsländern werden in Deutsch- Das ist Ihre Schuld. land weitergelebt. – Also entstehen auch Clans nicht (Beifall bei der AfD) durch Diskriminierung und Ausgrenzung, sondern durch die mitgebrachte Kultur. Sie entfachen ein Klima der Einschüchterung. Sie demontieren unsere Demokratie. (Zurufe der Abg. Aydan Özoğuz [SPD] und Mechthild Rawert [SPD]) Schlimmer noch: Selbst Wissenschaftler trauen sich Diese Hintergründe müssen wir besser erforschen. Sie hierzulande nicht mehr, negative Folgen der Integration stemmen sich verbissen dagegen, weil Sie die Realität zu untersuchen. Einer der führenden Migrationsforscher auf unseren Straßen schlicht nicht wahrhaben wollen, in Europa, Ruud Koopmans von der Berliner Humboldt- meine Damen und Herren. Universität, klagt jetzt an – wörtlich –: „Es wird die Forschung gefördert, die politisch gewünscht ist.“ (Beifall bei der AfD) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29963

Dr. Bernd Baumann (A) Auch auf Wirtschaft und Arbeitsmarkt kann sich die die Anträge, die von Ihnen heute vorliegen, dann können (C) Kultur auswirken, sagen Experten wie Wolfgang Horst Sie auch nicht von uns erwarten, dass wir uns ernsthaft Reuther. Er war 38 Jahre bei den Vereinten Nationen, mit Ihren Anträgen auseinandersetzen. auch viele Jahre als UNESCO-Direktor in arabischen Ländern. Er lernte dort: Verhaltenskultur und Mentalität (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und dem können auch die wirtschaftliche Entwicklung hemmen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Bernd In der orientalischen Großfamilienkultur gebe es Dinge Baumann [AfD]: Ich weiß nicht, wovon Sie wie Loyalität, Verlässlichkeit und gute Zusammenarbeit reden! Haben Sie die Anträge nicht gelesen?) meist nur innerhalb von Familienverbänden; darüber – Ich habe Ihre Anträge gelesen. Der Titel eines Antrags hinaus wird es problematisch. Vertrauen, Teambildung, lautet: „Dem radikalen Islam den Boden entziehen“. Ich präzise Zuarbeit – in westlichen Firmen selbstverständ- kann Ihnen sagen: Mindestens genauso wichtig ist es, der lich – sind oft nur schwer möglich. Also auch bei Arbeits- radikalen AfD in Deutschland den Boden zu entziehen, kulturen gilt Reuthers Zitat: Beide Welten sind wenig Herr Kollege Baumann. kompatibel. – Nehmen Sie das endlich zur Kenntnis! Auch Arbeitsmarktprobleme müssen nicht von vornhe- (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, rein Folge von Diskriminierung sein. Sie könnten auch der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE kulturelle Hintergründe haben, die wir vielleicht nur sehr GRÜNEN – Dr. Bernd Baumann [AfD]: schwer ändern können. Das müssen wir besser erfor- Schön, dass Sie das gleichgesetzt haben! Da schen. spricht die CDU!) (Beifall bei der AfD) Die Agitation gegen den Islam und gegen alle Musli- minnen und Muslime in Deutschland ist seit der Gründ- Ein ähnliches Bild an unseren Schulen! Forscher stel- ung der AfD ein Eckpfeiler der Partei; sie gehört gewis- len zum Beispiel fest, dass Schüler vietnamesischer Her- sermaßen zur DNA. kunft den Sprung aufs Gymnasium sehr schnell schaffen. 64 Prozent schaffen das, fünfmal häufiger als türkischs- (Dr. Bernd Baumann [AfD]: Schon Helmut tämmige Schüler – fünfmal so häufig! Dabei starten die Kohl hat gewarnt! Helmut Schmidt auch!) Migranten aus Vietnam mit ähnlichen Vorbedingungen, mit ebenso geringen Deutschkenntnissen, kommen aus Es gibt kein prominentes Mitglied Ihrer Partei, das sich ähnlich niedrigen sozialen Schichten und haben ein ähn- nicht schon abfällig und diffamierend über Muslime in lich geringes Bildungsniveau als Ausgang wie die aus der Deutschland geäußert hat. Damit verlassen Sie immer Türkei. Auch hier gilt: Der jeweilige Bildungserfolg wieder den Boden konstruktiver Religionskritik, wie sie auch in Deutschland geübt werden muss, Herr Kollege (B) basiert – so die Forscher wörtlich – auf den unterschied- (D) lichen ethnisch-kulturellen Traditionen. – So kann man Baumann. sämtliche Gesellschaftsbereiche durchgehen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Der wohl weltweit renommierteste Migrationsforscher ordneten der SPD und der LINKEN) Professor Paul Collier von der Universität Oxford sagt Sinnbildlich dafür ist der Ausspruch von Alice wörtlich: Es gibt, so unbequem dies auch sein mag, Weidel – man muss das immer wieder wiederholen –, erhebliche kulturelle Unterschiede, die wichtige Aspekte die hier gesagt hat: des sozialen Verhaltens prägen, und Migranten bringen diese Kultur mit. – So Collier. Und Teile dieser mitgeb- Burkas, Kopftuchmädchen und alimentierte Messer- rachten Kultur behindern bei uns nicht nur die Integration männer und sonstige Taugenichtse werden unseren der Zuwanderer. Schlimmer: Sie drohen bei anhaltender Wohlstand, das Wirtschaftswachstum und vor allem Massenzuwanderung unsere deutsche und europäische den Sozialstaat nicht sichern. Kultur zu verändern, unsere Identität, unser kulturelles Selbst – in eine Richtung, die wir nicht wollen und die (Beifall bei Abgeordneten der AfD) auch die Mehrheit in Deutschland und Europa nicht will, Das ist genau Ihr Menschenbild. Sie sprechen heute von meine Damen und Herren. „islamischer Radikalisierung“. Da sieht man schon, dass Sie gar nicht unterscheiden wollen zwischen dem Islam (Beifall bei der AfD – Zurufe der Abg. Marian als Religion und islamistischem Extremismus, über den Wendt [CDU/CSU], Aydan Özoğuz [SPD] und wir reden müssen. Mechthild Rawert [SPD]) (Dr. Bernd Baumann [AfD]: Ich habe von Kul- Vizepräsidentin Petra Pau: tur gesprochen, von kulturellen Verhaltenswei- Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege sen, nicht von Religion! – Jan Korte [DIE LIN- Christoph de Vries das Wort. KE]: Mit Unkultur kennen Sie sich aus, das ist klar! Ganz in Ihrer Tradition!) (Beifall bei der CDU/CSU) Aus Ihrer ganzen Rede ist hervorgegangen: Sie haben kein Interesse an einem friedlichen Zusammenleben in Christoph de Vries (CDU/CSU): Deutschland, an Lösungen. Ihnen geht es darum, eine Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gruppe zu diffamieren, an den Pranger zu stellen, Mus- Herr Kollege Baumann, wenn Sie es in Ihrer ganzen lime in Deutschland unter Generalverdacht zu stellen und Rede nicht schaffen, ein einziges Wort zu verlieren über das Land zu spalten. 29964 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Christoph de Vries (A) (Dr. Bernd Baumann [AfD]: Ihre Politik ist das (Enrico Komning [AfD]: Aber leider erfolg- (C) Problem, nicht die Muslime! Ihre falsche Poli- los!) tik!) Wir machen das – das will ich auch sagen – zusammen Sie haben kein Interesse an einem friedlichen Zusam- mit den vielen, vielen liberalen, gut integrierten Musli- menleben, Herr Baumann. men, die unsere Grundwerte in Deutschland teilen, (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und (Beatrix von Storch [AfD]: Die meisten brau- der SPD) chen Polizeischutz!) Deswegen werden wir auch keine Zeit auf dieses die im Übrigen auch immer wieder Opfer von Bedrohun- Antragssammelsurium verschwenden, das Sie uns hier gen durch Islamisten in Deutschland werden. Wir ma- vorgelegt haben. chen das nicht gegen diese Menschen. Ich will darüber reden, was wir als Union machen. Ich (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- freue mich, dass wir ein Positionspapier zum politischen ordneten der FDP) Islamismus verabschiedet haben. Da beschreiten wir Dieses Positionspapier haben wir einstimmig be- einen anderen Weg als Sie: Probleme klar benennen, schlossen. Das ist auch nicht so ein Stückwerk, wie Sie Integrationshemmnisse Schritt für Schritt beseitigen, es vorgelegt haben, sondern das ist ein ganz umfassender aber auch klar zwischen Religion und religiös motivier- Handlungsansatz. Wir brauchen breite Grundlagenfor- tem Extremismus unterscheiden. schung in Deutschland. Wir haben über 200 Lehrstühle (Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das ist doch im Bereich Antisemitismus/Rechtsextremismus – alles Geschwätz! Sie regieren doch schon ewig! wichtig und notwendig –; wir haben aber keinen einzigen Sie regieren! Sie müssen doch nichts fordern!) im Bereich des Islamismus. Da müssen wir dringend in Deutschland etwas machen. – Nein, das ist kein Geschwätz, Herr Kollege Baumann. Die Union ist das Bollwerk gegen Extremismus in allen Wir wollen eine Dokumentationsstelle „Politischer seinen Formen in Deutschland, Islamismus in Deutschland und Europa“, die wissen- schaftliche Forschungs- und Dokumentationsarbeit zu (Lachen bei der AfD) den Aktivitäten des politischen Islamismus leistet. Wir und das unterscheidet uns maßgeblich von Ihnen. wollen auch einen Expertenkreis „Politischer Islamismus in Deutschland“ beim Bundesinnenministerium einrich- (Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. ten, der der Bundesregierung und dem Bundestag jedes Dr. Alexander Gauland [AfD]) Jahr einen Bericht zu den Entwicklungen im Bereich des (B) Wir verharmlosen nicht den Linksextremismus oder Islamismus in Deutschland vorlegt und die Verantwor- (D) den Rechtsextremismus, aber eben auch nicht den politi- tungsträger sensibilisiert. Ich kann Ihnen versichern: schen Islamismus, der ja durchaus eine Gefahr für unse- Wir meinen das ernst. Wir werden noch in dieser Wahl- ren gesellschaftlichen Zusammenhalt ist. Wir haben ein periode konkrete Schritte umsetzen. Problem damit; das ist überhaupt keine Frage. Darüber (Enrico Komning [AfD]: Wird ja auch Zeit!) müssen wir auch reden. Ich bin dem Bundesinnenminister, der heute nicht dabei Viel zu lange lag der Fokus auf dem islamistischen sein kann, ausdrücklich dankbar, dass er diesen Weg mit- Terrorismus. Aber es geht natürlich auch darum, den beschreitet und dass er das unterstützt. Blick auf den ideologischen Nährboden zu werfen, der darunter liegt; da bin ich gar nicht von Ihnen entfernt. Wir Denn eins ist auch völlig klar: Vereine und Verbände, haben es in den letzten Monaten gesehen: Wir hatten die die eine Gefahr für unsere freiheitliche demokratische grauenhafte Enthauptung des französischen Lehrers Grundordnung sind, die vom Bundesamt für Verfas- Samuel Paty, die dazu geführt hat, dass Hunderte Schü- sungsschutz beobachtet werden, können nicht gleichzei- lerinnen und Schüler auch in Deutschland, in Berlin und tig Partner unseres Staates sein. Sie können nicht mit anderswo Sympathiebekundungen für diese abscheuliche finanziellen Mitteln unterstützt werden. Das muss in Zu- Tat geäußert haben. Das zeigt uns doch, dass wir ein kunft beendet werden. Problem haben. Als vor Kurzem Bomben der Hamas (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – auf israelische Städte wie Tel Aviv und andere flogen, Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE gab es auch Sympathiebekundungen, gab es Flaggenver- GRÜNEN]: Das sagen Sie mal dem Herrn brennungen, wurden übelste judenfeindliche Hassparolen Laschet in Nordrhein-Westfalen!) geschrien. Das zeigt uns, dass es hier natürlich Hand- lungsbedarf gibt. Meine Redezeit ist fast zu Ende. Aber ich will noch eines sagen, auch mit Blick auf meine Heimatstadt Ham- (Enrico Komning [AfD]: Ja, dann handeln Sie burg. Dort gibt es das Islamische Zentrum Hamburg. Das endlich!) ist die Propagandazentrale des iranischen Mullah-Regi- – Genau. Aber wir machen das mit dem Ziel, mes in Deutschland. Sie propagiert die Vernichtung Israels; sie bestreitet das Existenzrecht Israels. Diese (Enrico Komning [AfD]: Sie machen gar Organisation macht der Senat der Stadt Hamburg zu sei- nichts!) nem Vertragspartner, während er gleichzeitig einen Anti- unsere freiheitliche Gesellschaft zu bewahren. Wir ma- semitismusbeauftragten beruft. Das ist absoluter Wahn- chen das mit einem konstruktiven Impuls. sinn. So was darf es nicht mehr geben. Wir brauchen Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29965

Christoph de Vries (A) Ablehnung und Distanz zu den Islamisten in Deutsch- Bei einem Teil der Menschen und bei einem Teil der- (C) land, und wir müssen sie genauso behandeln wie alle jenigen, die mir Nachrichten schreiben, hat sich die Kom- anderen politischen Extremisten. munikation aber in den letzten Tagen und Wochen verän- dert. Das hängt mit den antisemitischen Vorfällen Vielen Dank. zusammen, die es in den letzten Wochen in Deutschland (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. gegeben hat – auch aus der muslimischen Community. Konstantin Kuhle [FDP]) (Karsten Hilse [AfD]: Aus welcher Communi- ty denn noch?) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Konstantin Kuhle für die Da werden Israelfahnen angezündet, der Polizeischutz FDP-Fraktion. für Synagogen muss intensiviert werden. Wir erleben, dass auf Versammlungen, auf die viele Muslime gehen, (Beifall bei der FDP) Transparente hochgehalten werden, auf denen der Holo- caust offen relativiert wird. Konstantin Kuhle (FDP): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am ver- (Karsten Hilse [AfD]: Der wird nicht relati- gangenen Sonntag starb eine vierköpfige muslimische viert, der wird geleugnet! Nehmen Sie doch Familie bei einem rassistischen Anschlag im kanadischen mal auch dieses Wort in den Mund!) London. Nach Auskünften der Sicherheitsbehörden Wer so was macht, der hat mit dem erbitterten Widerstand steuerte der Fahrer eines Pick-up-Trucks sein Fahrzeug hier aus dem Parlament zu rechnen und der kann keinerlei gezielt in die Menschengruppe, um Muslime zu töten. Toleranz erwarten. Nur ein neunjähriger Junge überlebte. Ereignisse wie die- ser Anschlag in Kanada zeigen uns, dass es Gewalt, Dis- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten kriminierung und Rassismus gegenüber Muslimen gibt. der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNIS- Dass es das auch in Deutschland gibt, hat der Anschlag in SES 90/DIE GRÜNEN – Karsten Hilse [AfD]: Hanau im Jahr 2020 gezeigt. Leugner sind das! -Gegenruf der Abg. Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE Meine Damen und Herren, wir haben in Deutschland GRÜNEN]: Genauso wie der Vogelschiss bei neben der Gewalt gegen Muslime auch ein Problem mit Ihnen! Von wem kommt denn die Formulie- der Diskriminierung von Muslimen. Es ist in Deutschland rung mit dem Vogelschiss? Der kommt doch einfacher, mit den Vornamen Anna oder Anton eine Woh- aus Ihren Reihen! – Gegenruf des Abg. nung zu finden als mit den Vornamen Mohammed oder (B) Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU]: Hören (D) Fatma. Wir reden auch hier im Bundestag sehr häufig Sie doch einmal zu! – Gegenruf der Abg. über muslimische Terroristen und Extremisten. Wir reden Beatrix von Storch [AfD]: Frau Brantner, ver- aber sehr selten über muslimische Unternehmerinnen, gessen Sie nicht, die Maske aufzusetzen wegen (Beatrix von Storch [AfD]: Ja, komisch!) der Aerosole usw.! Bei Zurufen setzen Sie sie immer ab! – Karsten Hilse [AfD]: Genau! über Steuerzahler, über muslimische Ärzte, die es in Sonst schreien Sie bei uns deswegen auch so Deutschland sehr wohl gibt und die sich, glaube ich, rum!) auch wünschen würden, dass wir mal über diese musli- mische Mitte in Deutschland stärker reden. – Ich würde gerne fortfahren. (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD Meine Damen und Herren, nachdem ich das entspre- und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie chend kommuniziert und thematisiert habe, habe ich inte- bei Abgeordneten der LINKEN – Zuruf von ressante Nachrichten bekommen, die mich aber sehr trau- der AfD: Gerne!) rig gemacht haben. Die Nachricht, die mich eigentlich am Es ist nämlich so, dass wir in den politischen Parteien traurigsten gemacht hat, die ich von Muslimen bekom- und auch im Parlament oftmals nicht die nötige Sensibi- men habe, war die Nachricht: Wir hätten nicht gedacht, lität mitbringen für Diskriminierungs- und Gewalterfah- dass du dich auch von Juden kaufen lässt. – Das ist eine rungen bestimmter Gruppen; und dazu gehören auch im Kern antisemitische Aussage, und sie zeigt uns, dass Muslime. Ich habe das selber erfahren, als ich hier im es einen spezifischen Antisemitismus in muslimischen Bundestag vor einigen Monaten eine Rede gehalten Milieus gibt. Wer über antimuslimischen Rassismus habe, in der ich etwas gegen die Diskriminierung von spricht, wer darüber spricht, dass es gruppenbezogene Muslimen gesagt habe. Ich habe daraufhin unheimlich Menschenfeindlichkeit gegenüber Muslimen gibt, der viele Nachrichten aus der muslimischen Community be- darf nicht dazu schweigen, dass es auch gruppenbezoge- kommen. Ich kann gar nicht mehr zählen, wie viele Ein- ne Menschenfeindlichkeit gibt, die in muslimischen ladungen zum Fastenbrechen ich bekommen habe. Es Communitys kultiviert und weitergegeben wird. waren sehr freundliche Nachrichten, es gab sehr großen (Christoph Bernstiel [CDU/CSU]: Sehr rich- Zuspruch und auch sehr großes Interesse an unserem tig!) politischen System. Ich habe über die letzten Monate und Jahre mit diesen Menschen sehr intensiven und Das ist ein großes Problem, und ich erwarte, dass inner- sehr guten Kontakt und Austausch gehabt, und der halb der muslimischen Communitys daran gearbeitet besteht auch zum großen Teil bis heute fort. wird. 29966 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Konstantin Kuhle (A) Ich habe andere Nachrichten bekommen, in denen es es wurde vor Synagogen gezogen, es kam erstmals seit (C) hieß: Wir dachten, du bist einer von uns. Wir dachten, du vielen Jahren wieder zu Sachbeschädigung an Gotteshäu- stehst auf unserer Seite. – Ich erwarte auch, dass man sern. innerhalb der muslimischen Communitys mal von dieser Gruppenbezogenheit wegkommt, vom „wir“ oder „ihr“, (Karsten Hilse [AfD]: Ja, von wem denn?) vom „wir“ oder „die“. Das – ich kann es nicht anders sagen – war ein Mob auf (Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU]: Sehr deutschen Plätzen und Straßen, den ich in diesem Land richtig!) nicht sehen will. Dieser Mob hat die volle Härte des Rechtsstaates verdient. Es gibt nämlich für Muslime in Deutschland – sehr viele wissen das – auch so etwas wie eine individuelle Verant- (Dr. Bernd Baumann [AfD]: Hat das was mit wortung, zu reflektieren, was es für Radikalisierungsme- den Migranten zu tun, oder nicht?) chanismen in der eigenen Community gibt – Stichwort Schon länger ist es so – ich habe mit einigen Gemein- „Antisemitismus“, Stichwort „Homophobie“. Das brau- den gesprochen, die betroffen waren –, dass aufgerufen chen wir. Wir brauchen mehr innermuslimische Debat- wird, die Kippa nicht in der Öffentlichkeit zu tragen. ten. Wir brauchen mehr Religionsunterricht auf Deutsch, Zudem wurden in diesen Tagen sogar Gottesdienste abge- am besten mit Imamen und Geistlichen, die in Deutsch- sagt, weil man nicht für die Sicherheit der Menschen, die land nach unseren Standards ausgebildet werden. in diese Gottesdienste gehen wollen, garantieren kann. (Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE Ich sage ganz klar: Das ist beschämend für dieses Land. GRÜNEN]: Aber nicht, wie Sie es in NRW Und wir dürfen nicht nachlassen, bis in diesem Land machen mit der DITIB!) jeder, egal welcher Religion, ohne Angst und ungehindert auf die Straße und zu seiner Religionsstätte gehen kann. Wir brauchen mehr Pluralismus in den muslimischen Das ist unverzichtbar. Communitys, mehr individuelle Verantwortung und we- niger Pauschalisierungen in beide Richtungen. Das wäre (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Karsten ein richtiger und ein guter Schritt. Hilse [AfD]: Sie müssen überhaupt erst mal anfangen! – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Sie regieren doch!) Vizepräsidentin Petra Pau: Herr Kuhle, Sie können weitersprechen, tun das dann Die AfD, die sich hier schon wieder lärmend aber auf Kosten Ihrer Kollegen. bemerkbar macht, hat einen Antrag zu einem Thema vor- gelegt, von dem man, wenn man liest, was sie geschrie- (B) (D) ben hat, den Eindruck bekommt, dass sie sogar im Ansatz Konstantin Kuhle (FDP): etwas davon verstehen könnte. Sie schreiben hier ganz Deswegen, meine ich, sollten wir diesen Weg gehen. am Anfang Ihres Antrags – ich zitiere –, „dass sehr viele Vielen Dank. Muslime Einstellungen zu Demokratie, Rechtsstaat und Religion haben, die mit der freiheitlich-demokratischen (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Grundordnung nicht vereinbar sind“. Davon verstehen der CDU/CSU) Sie allerdings etwas; denn Sie selber haben ja viele in Ihren Reihen, die Einstellungen haben zu Demokratie, Vizepräsidentin Petra Pau: Rechtsstaat und Religion, die mit der freiheitlich-demo- Für die SPD-Fraktion hat nun Professor Dr. Lars kratischen Grundordnung nicht vereinbar sind. Castellucci das Wort. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der (Beifall bei der SPD) FDP) Von Ihnen haben wir da sicherlich keine Ratschläge Dr. Lars Castellucci (SPD): nötig. Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Sie könnten sich auch mal mit etwas Selbstdistanz, die sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen Ihnen natürlich komplett fremd ist, überlegen, warum der und Kollegen! In der letzten Sitzungswoche standen Zentralrat der Juden sich immer dagegen verwahrt, von wir, denke ich, alle auch unter dem Eindruck der De- Ihnen vereinnahmt zu werden, und sagt, Ihre Unterstüt- monstrationen, die an dem Wochenende und den Tagen zung im Kampf gegen Antisemitismus werde nicht benö- davor stattgefunden haben und die die Kampfhandlungen tigt. in Israel und Palästina zum Anlass genommen haben, auch hier in Deutschland auf die Straße zu gehen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Parteipoli- Ich will sagen: Man kann in diesem Land von seinem tische Rücksichtnahme!) Demonstrationsrecht Gebrauch machen, wenn man das im Rahmen der Gesetze und im Rahmen der gegebenen Radikalität und Extremismus jeder Form und jeder Regeln tut. Aber hier ist an einigen – ich betone: an Couleur lehnen wir ab und müssen wir uns entgegenstel- einigen – Stellen das Demonstrationsrecht missbraucht len. Aber die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Der worden. Es ist gegen Jüdinnen und Juden Hass und Hetze Feind der Demokratie und die antisemitischen Übergriffe auf den Straßen gewesen. Es wurden Flaggen verbrannt, in diesem Land gehen auf das Konto von rechts. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29967

Dr. Lars Castellucci (A) (Beatrix von Storch [AfD]: Sie wissen, dass das steht. Ich schlage Ihnen vor, dass wir ein Dashboard ent- (C) falsch ist! – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Was wickeln, in dem jeder, der eine Anzeige aufgibt, jederzeit für eine Lüge!) nachschauen kann, wie es um das Verfahren steht, bis es Das ist das, was die Zahlen uns sagen. zu einer Verurteilung gekommen ist. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Abg. Konstantin Kuhle [FDP]) Deswegen ist unsere erste Aufgabe, dem verlängerten Das wäre ein Fortschritt. Arm dieser Extremisten im Land, der sich in deutschen Parlamenten in Gestalt Ihrer Partei breitmacht, den Und wissen Sie, was der erste Schritt dazu gewesen Kampf anzusagen; und den sage ich Ihnen hiermit auch wäre? Ein periodischer Sicherheitsbericht; an. (Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Beifall bei der SPD – Dr. Bernd Baumann NEN]: Ja!) [AfD]: Das ist die SPD! Helmut Schmidt dreht der ist diesem Parlament auch versprochen worden. sich im Grab um! – Beatrix von Storch [AfD]: Hören Sie mit den Lügen auf!) (Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Ja!) Wer Radikalität entgegenwirken will, muss für drei Dinge sorgen: Was bis zum heutigen Tage dieser Legislaturperiode eben nicht vorliegt, ist der periodische Sicherheitsbericht. Das Erste ist tatsächlich der starke Rechtsstaat. Jetzt will ich auch mal den Koalitionspartner ansprechen: Ein (Konstantin Kuhle [FDP]: Das ist von der SPD starker Rechtsstaat und Repression heißt eben nicht im- versprochen worden! – Dr. Irene Mihalic mer nur, dass man eine neue Gesetzesverschärfung erfin- [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist er det, sondern wir müssen in allererster Linie dafür sorgen, denn? Den habt ihr auch versprochen!) dass die Gesetze, die wir haben, auch umgesetzt werden. Er hätte uns möglicherweise Auskünfte zum Verlauf von Strafverfahren und zu ihrer Aufklärung geben können. (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Und dass die Polizei die Instrumente dafür be- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) kommt!) Das ist ein schweres Versäumnis des Innenministeriums, Ein Beispiel: Es gab über 500 Teilnehmende an der und das ist an dieser Stelle, wenn man schon dabei ist, Demonstration in Mannheim. Die Polizei dort hat es Probleme anzusprechen, auch klar zu kritisieren. geschafft, dass bei fast zwei Dritteln der Beteiligten Per- (B) sonalien festgestellt worden sind Vizepräsidentin Petra Pau: (D) (Marian Wendt [CDU/CSU]: Sehr richtig!) Kollege Castellucci, gestatten Sie eine Frage oder Be- und dass mit den Ton- und Videoaufnahmen, die dort merkung aus den Reihen Ihres Koalitionspartners? gemacht worden sind, nun ein Abgleich stattfinden kann. Ich bin sicher, dass wir in Mannheim eine hohe Dr. Lars Castellucci (SPD): Aufklärungsquote haben werden Mit Blick auf die Zeit gestatte ich das jetzt nicht. (Marian Wendt [CDU/CSU]: Und in Berlin?) Der zweite Punkt, um den wir uns kümmern müssen, ist die Prävention; Radikalisierung fällt nicht vom Him- und dass die Personen, die Fahnen verbrennen und sich mel. Wir haben es mit ganz unterschiedlichen Fällen zu antisemitisch äußern, zur Rechenschaft gezogen werden tun. Es gibt Menschen, die neu zu uns kommen, die viel- können. leicht in ihrem Leben von Demokratie und Rechtsstaat- Fragen Sie mal in anderen deutschen Städten, was dort lichkeit noch nicht viel mitbekommen haben – das ist passiert ist. Dort hatte die Polizei zum Teil Mühe, allein wahr –; aber es gibt auch viele Menschen, die bereits diese Demonstrationen abzuriegeln oder zu verhindern, im Land sind und rechte, antisemitische, demokratie- dass die Teilnehmenden vor die dortige Synagoge ziehen. feindliche Einstellungen haben, weil sie uns irgendwo Deswegen: Es kommt auf die Umsetzung unserer Geset- verloren gegangen sind. Um dem entgegenzuwirken, ze an. Wir müssen unsere Behörden, wir müssen die braucht es mehr Engagement; dafür braucht man Demo- Polizei stärken und mit den Ressourcen ausstatten, die kratiearbeit, dafür braucht man Strukturen, da muss man sie braucht. die Menschen stärken, die sich für Demokratiearbeit ein- setzen. (Zuruf des Abg. Marian Wendt [CDU/CSU]) (Dr. Bernd Baumann [AfD]: Sie regieren doch! Sie braucht auch unser Vertrauen und unsere Rückende- Was fordern Sie hier?) ckung für den schwierigen Auftrag, den sie für uns alle wahrnimmt. Deshalb ist es ein starkes Stück, was hier passiert. Herr de Vries, Sie sprachen davon, dass es ein Positionspapier (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Ihrer Fraktion gibt; das ist ja wunderbar. Ich sage Ihnen Mehr noch als das! Warum ist es in Deutschland mal, was ich habe: Ich habe einen Beschluss des Kabi- eigentlich so, dass man bei jedem blöden Paket, das nettsausschusses für ein Demokratiefördergesetz, ich man irgendwo bestellt hat, nachverfolgen kann, wo es habe ein entsprechendes Eckpunktepapier des Bundes- gerade im Stau steckt, wenn man aber eine Anzeige kabinetts. Sie halten die wichtige Arbeit daran hier im macht, nicht weiß, wie es eigentlich um das Verfahren Parlament auf! 29968 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Dr. Lars Castellucci (A) (Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Marian Meine Damen und Herren, die AfD unterstellt pau- (C) Wendt [CDU/CSU]) schal – ich zitiere –: „Nicht wenige Muslime vertreten Damit versündigen Sie sich an der inneren Sicherheit, eine Form von Islamismus …“. Dazu jongliert sie in ihren und das wird auf Sie zurückfallen, wenn wir demnächst Anträgen mit zweifelhaften Zahlen, um das Gespenst von die Zahlen bekommen. vermeintlich Hunderttausenden gewaltbereiten Musli- men an die Wand zu malen. Ich bin mir sicher: Würde (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das man eine Studie unter den Anhängern der AfD machen, werden wir sehen! – Marian Wendt [CDU/ dann sähen dort die Zustimmungswerte zu Demokratie, CSU]: Das entscheidet das Parlament, nicht Rechtsstaat und Toleranz gegenüber anderen Lebenswei- wir!) sen Und ein letzter Punkt – da kann ich direkt an den Kol- (Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- legen Kuhle anschließen –, den wir gegen Radikalisie- NEN]: Gibt es gar nicht!) rung in diesem Land brauchen, ist, an einem Wir zu arbeiten, dass all die Menschen, die in diesem Land weitaus schlechter aus als bei den meisten Muslimen. leben, die sich an die Gesetze halten, die hier Steuern (Beifall bei der LINKEN) zahlen, Arbeitsplätze schaffen oder einfach nur gucken, Die AfD will islamistische Vereine kurzerhand verbie- dass sie über die Runden kommen und ihre Lieben ernäh- ten lassen. Bei aller Kritik an der dort gepflegten reak- ren, das Gefühl haben, ein gleichberechtigter Teil dieses tionären Auslegung des Islam halte ich eine solche For- Landes zu sein. derung schlicht für grundgesetzwidrig. Dem Staat ist es (Beifall des Abg. Konstantin Kuhle [FDP]) nicht gestattet, Religionsinhalte zu kontrollieren. Glau- bensinhalte sind selbst dann von der Religionsfreiheit An diesem Wir müssen wir alle – und tatsächlich alle! – geschützt, wenn sie als verfassungsfeindlich anzusehen gemeinsam arbeiten. sind. Vielen Dank. (Dr. Lars Castellucci [SPD]: Sehr richtig!) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Andernfalls müssten auch so manche evangelikalen Eife- der FDP) rer oder stockkonservative Ultras ein Verbot fürchten.

Vizepräsidentin Petra Pau: (Beatrix von Storch [AfD]: Sie reden so viel dummen Quatsch! Das ist nicht auszuhalten!) Das Wort hat die Kollegin Ulla Jelpke für die Fraktion Die Linke. Jeder darf glauben, was er will, Frau von Storch, auch (B) wenn er an eine muslimische Verschwörung glaubt, wie (D) (Beifall bei der LINKEN) offenbar die AfD. Verboten ist allerdings, auf Grundlage von Glaubensüberzeugungen Straftaten zu begehen. Das Ulla Jelpke (DIE LINKE): sollten sich die Gefolgsleute der AfD mal reinziehen. Wer Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die AfD im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. arbeitet sich mit den vorliegenden Anträgen, aber auch mit dem Beitrag heute von Herrn Baumann einmal mehr (Beifall bei der LINKEN) an ihrem Lieblingsfeindbild ab, nämlich dem Islam. Sie Wo Islamisten, Nazischläger oder andere Fanatiker zur schürt Angst und Hass gegen Muslime. Keine andere Gewalt gegen Andersdenkende aufrufen, wo sie Spenden Bevölkerungsgruppe wird von der AfD so systematisch für Terrorgruppen sammeln, gibt es genug rechtliche dämonisiert. Dem gilt es entschlossen entgegenzutreten, Möglichkeiten, dagegen vorzugehen, bis hin zu Verboten. meine Damen und Herren; denn wir dürfen nicht zulas- Leider gibt es tatsächlich eine ganze Reihe hochproble- sen, dass Muslime ständig unter den Generalverdacht der matischer Islamverbände, in denen sich Muslimbrüder, Demokratiefeindlichkeit gestellt werden. Graue Wölfe und Agenten Ankaras tummeln, in denen (Beifall bei der LINKEN) gegen Christen, Juden und vermeintlich Ungläubige geh- etzt wird. Schon im Grundsatzprogramm der AfD lautet eine Zwischenüberschrift: „Der Islam im Spannungsverhält- (Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD]) nis zu unserer Werteordnung“. Millionen von muslimi- Zum Glück repräsentieren diese islamistischen Verein- schen Bürgerinnen und Bürgern werden hier unter den igungen nur einen Bruchteil der Muslime, Frau von Generalverdacht der Demokratiefeindlichkeit gestellt. Storch. Doch damit entlarvt sich in erster Linie die AfD selbst Umso mehr ist es ein Skandal, wenn solchen Verbän- als Verfassungsfeindin. Denn niemand darf wegen seines den – gerade unter dem CDU-Vorsitzenden und Kanzler- Glaubens oder seiner religiösen Anschauungen benach- kandidaten Laschet – der rote Teppich ausgerollt wird. teiligt oder bevorzugt werden. Das ergibt sich aus dem Erst im Mai beschloss die NRW-Regierung, dass der Grundrecht der Religionsfreiheit und dem allgemeinen türkische Islamverband DITIB beim Islamunterricht an Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes. staatlichen Schulen mitbestimmen darf. Ich finde, es (Beifall bei der LINKEN) muss ganz klar sein: Erdogans langer Arm hat in deut- schen Klassenzimmern nichts verloren. Die Linke sagt dazu ganz klipp und klar: Der Islam gehört zu Deutschland – ebenso wie die Menschen, die ihn (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- leben. NIS 90/DIE GRÜNEN) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29969

Ulla Jelpke (A) Meine Damen und Herren, es hat leider auch viel mit feindliches Süppchen kochen können. Da kann ich nur (C) antimuslimischem Rassismus, mit der Erfahrung von sagen: Nicht und niemals mit uns, meine Damen und Ausgrenzung und Diskriminierung zu tun, dass solche Herren! rechten islamistischen Gruppen weiterhin Zulauf haben. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Statistisch gesehen findet in Deutschland jeden zweiten Dr. Bernd Baumann [AfD]: In der Studie ist Tag ein Angriff auf eine Moschee, eine muslimische Ein- von gewaltbereiten Muslimen die Rede, die richtung, einen muslimischen Repräsentanten statt. knapp Hunderttausend zählen!) (Zuruf des Abg. Dr. Bernd Baumann [AfD]) Selbstverständlich ist Integration kein einfacher Weg Hinzu kommt eine Vielzahl von Übergriffen auf Musli- und ganz sicher auch keine Einbahnstraße. Die BAMF- me. Muslimas werden auf offener Straße angespuckt, Studie zeichnet da ein sehr konkretes und auch realisti- beschimpft und ihnen werden die Kopftücher herunterge- sches Bild. Aber am Ende ist es doch so: Wer Integration rissen. Die rechten Terroranschläge in Halle 2019 und einfordert, muss sie auch selber wollen. Aber das tun Sie Hanau 2020 mit neun Toten haben verdeutlicht, wie nicht. sich Rassismus und Antisemitismus und Hass auf Musli- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) me zu einem brandgefährlichen Weltbild verbinden. Die hartnäckigsten Integrationsverweigerer, das sind Sie Die Linke fordert: Islamfeindlichkeit muss ebenso ent- von der AfD, und zwar in jeder Hinsicht: Integrationsver- schieden bekämpft werden wie Antisemitismus und weigerer, weil Sie nicht wollen, dass Migrantinnen und andere Formen des Rassismus. Wir brauchen echte Migranten hier in unserer Gesellschaft ankommen; Integ- Gleichberechtigung, unabhängig von Herkunft, Religion rationsverweigerer aber auch, weil Sie sich selbst nicht und Staatsbürgerschaft. Wir brauchen soziale Sicherheit, integrieren wollen in unsere Gesellschaft, in unseren gute Bildung und demokratische Mitwirkungsmöglich- demokratischen Rechtsstaat. keiten für alle, die hier leben. Das ist zugleich die beste Prävention gegen ein Abgleiten in Islamismus oder in (Widerspruch der Abg. Beatrix von Storch eine andere Form von Fundamentalismus. [AfD]) Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. So betrifft das, was Sie an Muslimen in Ihrem Antrag beim Thema Demokratie kritisieren, doch Sie in gleich- (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. em Maße. Gerade Unterstützer/-innen der AfD haben laut Dr. Lars Castellucci [SPD]) der Leipziger Autoritarismus-Studie 2020 ein besonders kritisches Verhältnis zur Demokratie. Vizepräsidentin Petra Pau: (B) (Dr. Bernd Baumann [AfD]: Eine linke Studie! (D) Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Hat mit Wissenschaft nichts zu tun!) Dr. Irene Mihalic das Wort. Dort kann man nämlich nachlesen: (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Der Demokratie als Staatsidee gilt zwar weiterhin die hohe Zustimmung der AfD-Wählerschaft, aber Dr. Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): diese wird nur unter Vorbehalt gegeben. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Über 5 Millionen Musliminnen und (Erhard Grundl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Muslime leben in Deutschland, so die jüngste Studie NEN]: Hört! Hört!) des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zu mus- Das, was unter dem Begriff der Demokratie verstan- limischem Leben in Deutschland. Das sind um die den wird, ist höchst zweifelhaft, erreicht diese 6,5 Prozent der Gesamtbevölkerung. Knapp die Hälfte, Gruppe doch konstant hohe Werte für Gruppenbezo- nämlich 47 Prozent, hat die deutsche Staatsbürgerschaft. gene Menschenfeindlichkeit … Gewaltbereitschaft, Die AfD erwähnt diese Studie zwar in ihrem Antrag, Chauvinismus, Ausländerfeindlichkeit und Antise- reißt sie aber völlig aus dem Zusammenhang. Vor allem mitismus. die zusammenfassende Analyse auf Seite 11 scheint ihr (Dr. Bernd Baumann [AfD]: Ideologischer nicht zu gefallen. Ich zitiere: Blödsinn und keine wissenschaftliche Arbeit! – Der Einfluss der Religion auf die Integration Gegenruf der Abg. Katharina Dröge [BÜND- wird häufig überschätzt: Aus den Analysen ergibt NIS 90/DIE GRÜNEN]: Hören Sie mal zu! Sie sich, dass zwischen Musliminnen und Muslimen können noch was lernen!) sowie Personen, die ebenfalls einen Migrationshin- Dementsprechend sind auch die meisten AfD-Wäh- tergrund aus den berücksichtigten muslimisch lerinnen und -Wähler damit unzufrieden, wie die geprägten Herkunftsländern haben, aber einer ande- Demokratie in der Bundesrepublik funktioniert. ren Religion angehören, kaum Unterschiede im Hin- blick auf die betrachteten Integrationsindikatoren (Dr. Bernd Baumann [AfD]: Ja, das ist richtig!) bestehen. Oder nehmen wir mal die Zustimmung zu folgender Dieses Ergebnis passt der AfD nicht, weil da nämlich im Aussage: Der Staat sollte berechtigt sein, schwere Ver- Kern steht: Die Religion spielt keine Rolle. – Deshalb brechen mit dem Tod zu bestrafen. – Das sagt auch sagen Sie: Es muss einfach eine neue Studie her, damit Thomas Seitz. Nach allem, was ich weiß, kein Muslim, Sie etwas haben, auf dem Sie Ihr rassistisches und islam- aber Mitglied der AfD! 29970 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Dr. Irene Mihalic (A) (Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNIS- aber eigentlich pushen Sie mit aller Energie Desintegra- (C) SES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Bernd Baumann tion, Menschenfeindlichkeit und verfassungsfeindliche [AfD]: Nicht unser Programm!) Einstellungsmuster. Diesem hassbasierten Politikmodell erteilen wir mit jedem Atemzug und aus tiefster Über- Das alles zeigt: Problematische Einstellungen bis hin zeugung eine ganz klare Absage. zur Verfassungsfeindlichkeit, meine Damen und Herren, stehen nicht im Zusammenhang mit der Religion. Die Ganz herzlichen Dank. AfD selbst ist der beste Beweis dafür. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ulla Jelpke [DIE LINKE]) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Vizepräsidentin Petra Pau: Solche Einstellungen finden wir in allen Lebenswelten Das Wort hat der Kollege Marian Wendt für die CDU/ unserer Gesellschaft. Deshalb müssen wir Radikalisie- CSU-Fraktion. rungsprozessen durch zivilgesellschaftliche Präventions- arbeit vorbeugen, meine Damen und Herren. Leider tun (Beifall bei der CDU/CSU) wir hier immer noch viel zu wenig. Und an die Bundes- regierung und an die Koalitionsfraktionen gerichtet, muss ich sagen, dass es wirklich ein Armutszeugnis ist, dass Marian Wendt (CDU/CSU): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Sie es in den letzten vier Jahren nicht geschafft haben, Kollegen! Die Pandemie geht, und damit kehrt die AfD hier im Deutschen Bundestag ein ordentliches Demokra- zu ihren altbekannten Mustern und Feindbildern wie den tiefördergesetz auf den Weg zu bringen, Muslimen zurück. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beatrix von Storch [AfD]: Warum muss man die Notlage wieder feststellen, wenn die Pande- das die zahlreichen zivilgesellschaftlichen Initiativen in mie geht?) unserem Land endlich auf eine solide finanzielle Basis stellt. Sie wollen damit wieder ein paar Prozentpunkte beim Wähler erhaschen. Aber ich glaube – das hat die Land- (Lachen bei Abgeordneten der AfD) tagswahl in Sachsen-Anhalt deutlich gezeigt –, der Wäh- ler lässt sich nicht von Ihnen spalten. Er will keine Spal- Integration und gesellschaftlichen Frieden gibt es nicht tung des Landes. Er will klare Führung. Er will Einheit (B) zum Nulltarif. Wer hier spart oder nichts tut, der fördert und braucht nicht Ihre Radikalisierung. Dieser Weg wird (D) Kräfte wie die AfD und ihr hochgefährliches Umfeld von uns konsequent aufgezeigt, und Sie werden bei der genauso wie andere demokratiefeindliche Bestrebungen. Bundestagswahl keinen Erfolg mehr haben, wenn Sie Selbstverständlich ist auch der Islamismus eine solche unser Land weiter spalten wollen. Bestrebung, die wir mit aller Schärfe in den Blick neh- men müssen. Wir als Grüne haben deshalb bereits in der (Beifall bei der CDU/CSU) letzten Wahlperiode als Erste einen Untersuchungsaus- Zur Demokratie gehört – das ist richtig –, dass man schuss zum Anschlag auf dem Breitscheidplatz gefordert, seine Meinung frei äußern und dafür auch demonstrieren weil wir die Sorge hatten, dass das Umfeld des Täters kann. Sie ist auch dafür da, Minderheiten und andere nicht genügend beleuchtet wird. Diese Sorge wurde Positionen, die nicht der Regierungsmeinung entspre- durch die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses ja chen, zu schützen; und das ist gut so. auch bestätigt. (Jan Korte [DIE LINKE]: Es melden sich zwei Übrigens, wenn es nicht so traurig wäre: Es gab eigent- Faschisten gleichzeitig!) lich keine Fraktion, die sich so wenig an der Aufklärung des schwersten islamistischen Anschlags in der Bundes- Unsere Grundrechte sind ein hohes Gut in unserer Bun- republik beteiligt hat wie die AfD-Fraktion. Das ist aber desrepublik. Sie stehen am Anfang unserer Verfassung auch kein Zufall. Denn Ihnen geht es ja auch nicht um und sind die Leitlinien unseres Handelns im Alltag. Aufklärung oder um die Lehren daraus. Sie sind auch hier Regierung, Bundestag und Justiz bindet Recht und Ge- nur an den Ergebnissen interessiert, die Ihnen in Ihren setz unmittelbar. rassistischen Kram passen. Die Verhinderung solcher Anschläge und die Abwehr entsprechender Gefahren Vizepräsidentin Petra Pau: interessieren Sie eigentlich nicht. Kollege Wendt, gestatten Sie eine Frage oder Bemer- Genauso ist es mit den Anträgen der AfD: Vordergrün- kung der Abgeordneten von Storch? dig scheint es um Studien zu gehen; aber eigentlich leh- nen Sie Wissenschaftlichkeit zutiefst ab. Vordergründig Marian Wendt (CDU/CSU): geht es um Radikalisierung; aber eigentlich wollen Sie Ja. Bitte. nur Muslime stigmatisieren. Vordergründig thematisieren Sie Demokratie und Rechtsstaat; (Jan Korte [DIE LINKE]: Oje! Schon einmal ein Fehler! – Zuruf von der CDU/CSU: Ach je! (Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD]) Schlimmer Fehler!) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29971

(A) Beatrix von Storch (AfD): nicht nur Recht und Gesetz. Es braucht auch eine konse- (C) Vielen Dank, Herr Wendt, dass Sie die Zwischenfrage quente Unterstützung von Polizei und Justiz, die Recht zulassen. – Sie haben gerade gesagt: „Die Pandemie und Gesetz durchsetzen müssen. geht.“ Wir nehmen alle mit Freude zur Kenntnis, dass (Beifall bei der CDU/CSU) auch die festgestellten Inzidenzen, welchen Wert sie auch immer haben, deutlich fallen, nämlich unter 20. Dazu ist es entscheidend, dass die politische Führung eines Hauses – der zuständige Innenminister – loyal hin- Deswegen frage ich Sie: Wird die Fraktion von CDU/ ter seiner Polizei steht, dass nicht jede Maßnahme infrage CSU den für morgen geplanten Tagesordnungspunkt 19 gestellt wird. „Feststellung des Fortbestehens der epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ von der Tagesordnung abset- Ich bin froh, dass in Baden-Württemberg, wo die CDU zen? Wenn Sie hier gerade gesagt haben: „Die Pandemie mitregiert, kontrolliert wird, festgestellt wird und Daten- geht“, dann werden wir diesen Punkt doch nicht mehr material von Videos der Polizei ordentlich ausgewertet brauchen und diese Feststellung nicht mehr treffen müs- wird. Ich kann mir das in Berlin, ehrlich gesagt, nicht sen. vorstellen. Hier stellt sich der SPD-Innensenator immer kritisch gegen seine Polizei und hinterfragt jede einzelne (Christoph Bernstiel [CDU/CSU]: „Geht“ heißt Maßnahme. Diese Beispiele zeigen: Die CDU steht für nicht, dass sie weg ist! – Jan Korte [DIE LIN- eine klare Unterstützung der Polizei, für einen sicheren KE]: Die Frage hätten Sie besser morgen ge- Staat. Bei der SPD muss man das leider hinterfragen. stellt!) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Auf meinem Plan steht er noch drauf. Es ist natürlich auch ein Fakt – das stellen wir mit Bestürzung fest –, dass Delikte mit antisemitischem Marian Wendt (CDU/CSU): Bezug einen starken Anstieg zu verzeichnen haben. Das Bereits in dem Verb „gehen“ kommt zum Ausdruck, hat viele Ursachen. Ja, es gibt immer mehr junge Musli- dass jemand oder etwas nicht weg ist, sonst hätte ich me, die Antisemitismus in sich tragen. Diese werden in gesagt: Die Pandemie ist weg. Moscheen radikalisiert. Sie haben Erfahrungen aus den (Beifall bei der CDU/CSU) Heimatländern – auch dort werden sie radikalisiert –, oder sie haben Erfahrung durch Krieg, Flucht und Ver- Es bedeutet, dass wir auf einem guten Weg sind, damit sie treibung. bald weg ist. Die Feststellung des Fortbestehens der epi- demischen Lage ist aus unserer Sicht weiterhin notwen- Wir als Unionsfraktion – unser Sprecher Mathias dig, damit wir spätestens im September sagen können: Middelberg hat das entsprechend vorgebracht – sagen (B) Die Pandemie ist weg. immer wieder ganz klar: Wer die deutsche Staatsbürger- (D) schaft haben möchte, kann nicht antisemitisch sein. Es ist (Beatrix von Storch [AfD]: Nach der Wahl!) deswegen richtig und wichtig, da anzuknüpfen. Wer Deswegen stimmen Sie lieber unseren Anträgen zu! Ma- Staatsbürger in unserem Land sein will, kann nicht Anti- chen Sie konstruktive Arbeit, damit wir sagen können: semit sein. Wir werden das entsprechend umsetzen. Corona ade! (Beifall bei der CDU/CSU – Jan Korte [DIE LINKE]: Was ist mit deutschen Antisemiten?) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine Demokratie Kommen wir zurück zur Debatte. Es ist wichtig, dass beinhaltet nicht nur Rechte des Bürgers, sondern auch wir die Grenzen, die ich aufgezeigt habe, haben. Es gibt Pflichten. Wir müssen füreinander einstehen. Wir müssen aber Grenzen beim individuellen Schutz von Grund- gemeinsam gegen Antisemitismus, gegen Islamismus, rechten. So ist es für uns und damit auch für mich nicht gegen Hass und gegen Extremismus einstehen. Dafür hinnehmbar und es ist unerträglich, wenn diese Rechte lohnt es sich, jeden Tag gemeinsam – gemeinsam, nicht ausgenutzt werden und die Gewalt der Hamas, die sie im spalterisch – für unser Land zu arbeiten. Nahen Osten ganz konkret an den Tag legt, auf Demons- trationen in Deutschland ihre Fortsetzung findet. Es ist In diesem Sinne: Vielen Dank. für mich nicht hinnehmbar und es ist unerträglich, wenn (Beifall bei der CDU/CSU) auf Demonstrationen in unserem Land israelische Fahnen verbrannt werden und Hass gegen Juden geschürt wird. Es ist unerträglich, wenn in Berlin oder anderswo Juden Vizepräsidentin Petra Pau: wegen des Tragens einer Kippa attackiert werden. Wir Das Wort hat die Kollegin Linda Teuteberg für die dürfen das nicht hinnehmen, und wir werden das auch FDP-Fraktion. künftig nicht hinnehmen. (Beifall bei der FDP) Das Attentat gegen Walter Lübcke, die Anschläge von Hanau und von Dresden haben uns bereits leidvoll auf- Linda Teuteberg (FDP): gezeigt, dass wir viele Probleme mit politisch motivierter Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gewalt haben. Deshalb ist es richtig, dass wir in den Der Tagesordnungspunkt bietet auch Gelegenheit, kurz nachfolgenden Debatten den Verfassungsschutz stärken, vor Ende dieser Legislaturperiode ein paar Anmerkungen die Polizei stärken, die Prävention verbessern. Jede Tat ist zur Integrationspolitik dieser Großen Koalition, dieser eine zu viel. Ich bin meinem Kollegen Castellucci für das Bundesregierung zu machen und vor allem dazu, was Beispiel aus Mannheim sehr dankbar. Es braucht nämlich sie nicht geleistet hat. Dass wir in der Bundesrepublik 29972 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Linda Teuteberg (A) Deutschland eine faktische Einwanderungsgesellschaft Vielen Dank. (C) sind, wirft die Frage auf: Geben wir uns damit zufrieden, dass das dann die normative Kraft des Faktischen ist, oder (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Marc geht es um die faktische Kraft des Normativen? Unser Jongen [AfD] – Dr. Bernd Baumann [AfD]: politischer Anspruch sollte Letzteres sein. Wenn die ganze FDP so tapfer wäre wie Frau Teuteberg, wäre viel gewonnen!) (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU]) Vizepräsidentin Petra Pau: Wir brauchen eine Integrationspolitik, die zeigt, dass Das Wort hat der Kollege Helge Lindh für die SPD- wir liberal, aber nicht naiv sind und für unsere Werte Fraktion. einstehen. Gerade diese Werte bringen viele Menschen dazu, zu uns kommen zu wollen. Die Bundesregierung (Beifall bei der SPD) hat eine Fachkommission eingesetzt, die sich mit den Rahmenbedingungen der Integrationsfähigkeit befassen Helge Lindh (SPD): sollte. Nun ist es in einer offenen Gesellschaft, in der Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Demokratie normal, dass es auch Dissens, Vielfalt, ver- Ich habe seit gestern heftige, hämmernde Kopfschmer- schiedene Voten gibt. Aber das Interessante ist doch, dass zen. Seit ich in der Nacht die vier Anträge der AfD gele- die Minderheitenvoten von Barbara John, Stephan Löwl sen habe, ist es eine manifeste Migräne geworden. Diese und Daniel Thym gerade Kernfragen der Integrationspo- Migräne ist aber nichts gegenüber den Kopfschmerzen – litik betreffen, über die Konsens bestehen sollte. Es geht und das ist noch harmlos ausgedrückt –, gegenüber die- etwa darum, dass es nicht mehrheitsfähig war, zu sagen, sem dauerhaften Schmerz, den eine solche Haltung, wie dass Integration vor allem auch eine Bringschuld, eine sie in den Anträgen dokumentiert ist, und den auch die individuelle Anstrengung der Menschen ist, die zu uns Diskurse, die sich darum bewegen, bei den Musliminnen kommen, und nicht allein der Aufnahmegesellschaft und Muslimen und Menschen, die in diesem Land als oder des Staates. Das aber ist ganz wichtig. migrantisch identifiziert werden, seit Jahren auslösen. (Beifall bei der FDP) Über diesen Schmerz, den sie tagtäglich erleben, sollten wir einmal sprechen. Ebenfalls problematisch an diesem vorgelegten Be- richt ist, dass aus der Statistik zur Politisch motivierten (Beifall bei der SPD) Kriminalität im Hinblick auf antisemitische Taten fal- Ich ziehe das auf mit einer Anspielung auf Bill Clinton: sche, fragwürdige, verharmlosende Schlussfolgerungen „It’s the economy, stupid“. Ich nenne es: It’s the lang- gezogen werden. Und – ganz wichtig für die Debatte (B) uage, stupid. – Gucken wir uns die Sprache einmal an. (D) über Migration und Integration –: Es war auch nicht mög- Auch im Titel der heutigen Debatte und auch auf der Seite lich, in dieser Kommission mit Mehrheit festzustellen, des Bundestages findet man einerseits Integrationspro- dass die rechtstaatliche Steuerung von Migration eine bleme durch kulturelle Prägung, andererseits politisch- wichtige, legitime Aufgabe unseres demokratischen religiöse Einstellung, und in einem Untertitel findet sich Rechtsstaates ist. Manche Probleme wie islamistischer dann auch noch Antragsberatung zu Integrationspolitik. Terrorismus oder Clankriminalität werden völlig unterge- Alles wieder sauber zusammengerührt: Religion, Islam, wichtet. Integration, Migration. Es gibt in diesem Land – nur als Deshalb: Wir brauchen eine seriöse Migrationsfor- kleine Anleitung – Musliminnen und Muslime, die hier schung, die, anders als der Bericht dieser Kommission, geboren sind, die man nicht integrieren muss im Gegen- auch wirklich Leitlinien für pragmatische Politik gibt, satz zur AfD-Fraktion. (Dr. Bernd Baumann [AfD]: Ja!) (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf der die von wissenschaftlicher Redlichkeit und nicht von Abg. Beatrix von Storch [AfD]) politischem Aktivismus geprägt ist. Vielleicht wäre das eine Überlegung, der man sich einmal (Dr. Bernd Baumann [AfD]: Ja!) annähern könnte. Denn wir brauchen klare Anforderungen an Menschen, Und dann findet sich interessanterweise in dem Link die zu uns kommen: Was erwarten wir? – Wir müssen für die ganz frisch in der „Zeit“ vorgestellten Studie von auch konsequent trennen zwischen der humanitären Ver- Ruud Koopmans, die Sie sicher sehr begrüßen werden, antwortung, die wir wahrnehmen wollen, humanitär folgende Wortfolge: Islam, Deutschland, Forschung, Ext- bedingter Zuwanderung einerseits und Fachkräftezuwan- remismus, Kopftuch. – Interessant! Dieses Bild vermit- derung andererseits. teln wir – ich spreche jetzt einmal vom „Wir“ als gesell- schaftlichen Diskurs – seit Jahren, seit Jahrzehnten, (Beifall bei der FDP) (Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das Bild der Für all das brauchen wir eine gute gesellschaftliche Realität!) und politische Debatte. Die werden wir führen müssen, und zwar auch in diesem Bundestagswahlkampf und auch noch orchestriert von Titeln in Magazinen mit danach. Wir müssen zeigen, was bei uns nicht toleriert betenden Muslimen, bärtigen Männern und Ähnlichem. wird und was unsere Vorstellungen von gelingender Das sind die Bilder, die wir vermitteln und die wir auch Integration sind. Lassen Sie uns diese Debatte führen. sprachlich vermitteln, und Sie machen das ganz beson- Sie ist überfällig. ders. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29973

Helge Lindh (A) Dann noch ein Drittes. Sie – wieder die Sprache – (Dr. Bernd Baumann [AfD]: Über die habe ich (C) sprechen von Verhaltenskultur, kulturellen Prägungen gar nicht gesprochen!) und verhaltenskulturellem Agieren. Das Interessante an Was senden wir an sie alle aus? Wie sprechen wir Ihrem Antrag ist: Was Sie als Muster beschreiben – Paral- darüber? Was meinen Sie, wie diese Personen es emp- lelgesellschaft, Probleme mit der Religionsfreiheit, Pro- finden, wenn man so über sie spricht: „Ja, ihr seid ja gut bleme mit der Toleranz, traditionelle Frauenfeindlichkeit, integriert“, „Ihr seid so liberal“, oder „Toll, wie ihr das Probleme mit der bürgerlich westlichen Werteordnung –, friedliche Zusammenleben garantiert“. Wenn ich musli- passt genau auf Sie. misch wäre, muslimisch identifiziert würde, hätte ich die (Dr. Bernd Baumann [AfD]: Sagen die Wis- Schnauze voll in diesem Land, tagtäglich. Es ist doch senschaftler!) Grundverständnis in Deutschland, dass jeder Mensch, der hier lebt, als Subjekt Würde hat, Anerkennung Das ist entweder unfreiwillige Komik oder ungeahnte erfährt, respektiert wird und sich nicht zu erklären und Selbstkritik; Sie können es sich aussuchen. zu rechtfertigen hat. (Beifall bei der SPD) Es gibt Religionsfreiheit im Grundgesetz. Das heißt, Dass Sie von Verhaltenskultur sprechen, ist nicht zufäl- man hat die Freiheit, zu glauben; man hat aber auch die lig; das hat System. Was Sie machen, ist eine Kulturali- Freiheit, nicht zu glauben. Und jetzt kommt’s: Man hat sierung des Diskurses und im Übrigen – man muss nur damit auch die Freiheit, sich nicht erklären zu müssen, ob den Antrag lesen; ich habe es getan – eine Kulturalisie- man glaubt oder nicht glaubt, und sich nicht zu seinem rung der Kriminalpolitik, die Sie sich in den Statistiken Glauben bekennen zu müssen. Man hat die Freiheit. Jeder wünschen. Das ist ein durchschaubares Spiel; denn der Christ in diesem Land hat selbstverständlich das Recht, Rassismus von heute kommt nicht mehr platt bio- sich für seinen Glauben nicht rechtfertigen zu müssen, logistisch daher, einfach nur mit dem Rassebegriff, son- keine wandelnde Kategorie zu sein, sondern als Subjekt dern der verkauft sich als Kultur. Deshalb ist bei Ihnen wahrgenommen zu werden und nicht immer als Reprä- auch ganz gezielt der Begriff Verhaltenskultur zu finden. sentant des Christentums. (Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das Landeskri- Verdammt noch mal – das regt mich auf –, wenn wir es minalamt von NRW spricht so!) nicht endlich schaffen, allen Musliminnen und Muslimen in diesem Land diese gleichberechtigte Anerkennung zu Das, was Sie machen, um es beim Namen zu nennen, gewähren und das zu überwinden, was wir mit der soge- und anstreben, ist eine Rassifizierung des deutschen nannten Islamkritik in Ihren Anträgen, aber auch in vielen Rechts; nichts anderes. Die AfD will eine Rassifizierung unserer Beiträge – ich beziehe mich selbst ein – leisten, – des deutschen Rechts. Es hat noch mehr System – it’s the (B) language, stupid –: verhaltenskulturell. Lesen Sie einmal (D) Max Weber, aber Sie in der AfD haben ja ein gewisses Vizepräsidentin Petra Pau: Nichtverhältnis zur deutschen Geistesgeschichte. Er Kollege. unterscheidet zwischen subjektivem Handeln – das ma- chen Individuen, Subjekte – und Verhalten. Bei Musli- Helge Lindh (SPD): men kommen Sie natürlich mit Verhalten. Verhalten ist, – dann versündigen wir uns gegen den Unternehmer, geistesgeschichtlich betrachtet, im Deutschen so was wie gegen die Mitarbeiterin von Dussmann, rein reaktiv, instinktiv. (Dr. Bernd Baumann [AfD]: Über die habe ich Damit kommen wir zum entscheidenden Punkt. Was nicht gesprochen!) machen wir eigentlich in diesen Debatten über Muslimin- nen und Muslime? gegen die Influencerin und auch gegen all die anderen. (Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das haben Sie bis Vielen Dank. heute nicht verstanden!) (Beifall bei der SPD) Was machen wir tagtäglich mit unserer Bevormundung und unserem paternalistischen Gestus? Dabei geht es mir Vizepräsidentin Petra Pau: nicht um abstrakte Identitätsdebatten, es geht mir nicht Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege ums Feuilleton; die Diskurse sind mir in diesem Moment Christoph Bernstiel das Wort. völlig egal. Es geht mir darum: Was für eine Botschaft senden wir – Sie mit Ihrem Antrag, aber auch wir – mit (Beifall bei der CDU/CSU) vielen Debatten, die wir hier führen, und der Art, wie wir sie führen? Was für eine Botschaft senden wir an den Christoph Bernstiel (CDU/CSU): Chemieunternehmer, der der Vater meines Mitarbeiters Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und ist und der muslimisch ist und sich so versteht? Was für Kollegen! Liebe Zuschauer! Die AfD hat heute mehrere eine Botschaft senden wir an die muslimische Akademi- Anträge aufgesetzt, die mehr oder weniger unter dem kerin, die Influencerin im Netz ist? Was für eine Bot- Titel „Islamismusprävention“ zusammengefasst werden schaft senden wir an den muslimisch identifizierten Mit- können. arbeiter des Saaldienstes hier im Bundestag? Und was für eine Botschaft senden wir an die muslimische Frau, die (Dr. Bernd Baumann [AfD]: Es geht um Ver- mir heute Morgen bei Dussmann das Brötchen gereicht haltenskultur, nicht um Religion!) hat? Dazu zunächst zwei Dinge, die mir aufgefallen sind. 29974 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Christoph Bernstiel (A) Erstens. Zum Ende der Legislaturperiode ist es der und Gewalt bei unseren Kindern unterzubringen; ver- (C) AfD tatsächlich gelungen, ihre Anträge besser zu schrei- steckt in Comics, versteckt in Musikvideos oder auch in ben als noch am Anfang der Legislaturperiode. Leider Minispielen. sind sie noch sehr weit entfernt von dem, was man einen guten und fundierten Antrag nennt. Dass das keine bloße Theorie ist, zeigen Fälle aus der Praxis. Ich erinnere an den Fall Linda W., eine 16-jährige Zweitens. Sie sind sehr gut, liebe AfD, im Anprangern deutsche Schülerin, Notendurchschnitt 2,1, alles andere und Großmachen von real existierenden Problemen. als eine Problemschülerin; alles andere als ein Kind, das Beim Anbieten von praxistauglichen Lösungen sind Sie im Problemmilieu aufgewachsen ist. Trotzdem hat sie allerdings ein Totalausfall; das muss man so sagen. sich radikalisiert, ist über Nacht über Istanbul ausgereist, hat sich dem „Islamischen Staat“ angeschlossen und dann (Beifall bei der CDU/CSU) ein grausames Schicksal erlitten. 2015 gab es in meinem Und jetzt müssen Sie ganz tapfer sein – auch das müssen Bundesland Sachsen-Anhalt den Fall Leonora M., 15 Jah- Sie sich anhören –: In der Methodik sind Sie jetzt auf dem re alt, ebenfalls ausgereist, hat sich dem IS angeschlos- Niveau der lieben Kollegen von der Linksfraktion ange- sen, dort in einem Kalifat zwei Kinder geboren. Sie ist kommen. Die machen nämlich genau das Gleiche: Sie jetzt zurück in Deutschland, geläutert, aber immer noch machen real existierende Probleme sehr groß, aber bei schwer gezeichnet. Welche Folgen das für diese zwei den Lösungen hapert es dann. Kinder hat, wird sich noch zeigen. (Kerstin Kassner [DIE LINKE]: Gähn! – Wei- Meine Damen und Herren, wenn wir über Prävention terer Zuruf der Abg. Ulla Jelpke [DIE LINKE]) sprechen, wenn wir über Deradikalisierung sprechen, dann müssen wir die Islamisten aus unseren Kinderzim- Insofern sind sich die beiden Ränder hier im Parlament mern vertreiben. Ihr Vorgehen müssen wir entschieden wieder näher, als ihnen das vielleicht lieb ist. bekämpfen.

(Beifall bei der CDU/CSU) (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Nun konkret zu Ihren Anträgen. Sie fordern ja unter Linda Teuteberg [FDP]) anderem, dass islamische Predigten nur noch in deutscher Dass das nicht nur Worte sind, haben meine Vorredner Sprache stattfinden sollen. Das zeugt von zweierlei: von bereits erwähnt. Wir machen einiges. Noch heute werden völliger Unkenntnis unseres eigenen Rechtssystems, aber wir das Bundesverfassungsschutzgesetz verabschieden, auch von Unkenntnis im Hinblick auf den Koran. Wenn mit dem wir die Quellen-TKÜ endlich über die Ziellinie Sie sich näher damit beschäftigen, wissen Sie, dass es bringen werden. Damit ist es möglich, solche verschlüs- sehr schwierig ist, den Koran zu übersetzen, weil er (B) selten Chats auszuspähen und die Hintermänner dingfest (D) nach strenger Glaubensvorschrift so geschrieben ist, zu machen. dass er sich, in Originalsprache gesprochen, reimt, damit er melodisch ist. Wenn Sie fordern, den Koran nur noch Wir haben schon das BND-Gesetz verabschiedet. Da- in Deutsch zu zitieren, dann frage ich Sie: Wie machen mit können wir Terroristen im Ausland ausfindig ma- Sie es mit der Katholischen Kirche? Wollen Sie in Zu- chen, die aus dem Ausland versuchen, hier in Deutsch- kunft auch verbieten, dass katholische Gottesdienste in land, in unseren Kinderzimmern Kämpfer für ihre Latein gehalten werden? Das ist komplett unlogisch und verschrobene Weltanschauung anzuwerben. auch wirklich Unsinn in Ihrem Antrag, meine Damen und Herren. Wir haben auch das Bundespolizeigesetz; das ist ganz entscheidend. Liebe AfD, das fordern Sie ja in Ihrem (Beifall des Abg. Marian Wendt [CDU/CSU]) Antrag; man könnte also wieder sagen: Ist schon erle- digt. – Die Bundespolizei wird in Zukunft die Möglich- Dann fordern Sie mehr Prävention, Prävention in keit haben, von der Strafverfolgung bis zur Abschiebung Bereichen, in denen die Bundesregierung bereits tätig ein Verfahren durchgängig zu führen. Damit schließen ist. Sie weisen explizit auf das Programm „Demokratie wir ein Schlupfloch, das viele radikale Islamisten in un- leben!“ hin, was ja vom Bundesinnenministerium maß- serem Land ausgenutzt haben: das Ranking zwischen den geblich gefördert wird. Wenn es um das Thema „Deradi- Behörden. Dieses Schlupfloch werden wir heute noch kalisierung und Prävention von Islamisierung“ geht, las- schließen, wenn wir das Bundespolizeigesetz endlich ver- sen Sie aber einen entscheidenden Punkt völlig außen abschieden. vor. Sie beschränken sich nämlich nur auf die Moscheen. Das BKA hat dazu eine sehr interessante Studie veröf- (Beifall bei der CDU/CSU) fentlicht. Was sind die drei wichtigsten Umfelder, in de- nen sich Menschen in unserem Land radikalisieren? Hier Ich komme zum Schluss. Die Gefahr des Islamismus die Top 3: im Freundeskreis, beim Besuch in der und des radikalen Islamismus in unserem Land ist real. Moschee und – auf Platz 3 – im Internet. Aber wir bekämpfen sie nicht mit einfacher Polemik, und wir lösen sie schon gar nicht mit einfachen Anprange- Das Internet ist in diesen Debatten völlig außen vor rungen. Das geht nur mit guten Gesetzen. Die gibt es geblieben. Dabei ist es doch genau dieses Medium, wo nicht von der AfD, sondern von uns, von der Union. sich insbesondere junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren radikalisieren. Das ist eine extrem beunruhi- Herzlichen Dank. gende Tendenz. Islamisten nutzen gezielt die Kinderzim- mer, um dort ihre Botschaften von Hass, Antisemitismus (Beifall bei der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29975

(A) Vizepräsidentin Petra Pau: – zu dem Antrag der Abgeordneten (C) Ich schließe die Aussprache. Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Fraktion DIE LINKE Drucksache 19/30416 an die in der Tagesordnung aufge- führten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es weitere Über- Zivilgesellschaft stärken, Verfassung weisungsvorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann ver- wirksam schützen fahren wir wie vorgeschlagen. – zu dem Antrag der Abgeordneten Tagesordnungspunkt 14 a. Wir kommen zur Be- Dr. Konstantin von Notz, Dr. Irene schlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Hei- Mihalic, Luise Amtsberg, weiterer Abge- mat zu dem Antrag der Fraktion der AfD mit dem Titel ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ „Islamische Radikalisierung frühzeitig erkennen – Studie DIE GRÜNEN zur politisch-religiösen Einstellung der Muslime in Deutschland erneuern“. Der Ausschuss empfiehlt in sei- Neustart des Verfassungsschutzes des ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/30444, den Bundes Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 19/29778 Drucksachen 19/8960, 19/8700, 19/30477 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh- lung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Nie- c) Erste Beratung des von den Abgeordneten mand. Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Jens Maier, Jürgen Braun, Marcus Bühl, wei- Koalitionsfraktionen, der FDP-Fraktion, der Fraktion Die teren Abgeordneten und der Fraktion der Linke, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen die AfD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes Stimmen der AfD-Fraktion angenommen. zur Stärkung der Verfassungsmäßigkeit Tagesordnungspunkt 14 c. Abstimmung über die Be- und Rechtsstaatlichkeit im Bundesverfas- schlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Hei- sungsschutzgesetz mat zu dem Antrag der AfD mit dem Titel „Dem radika- Drucksache 19/30406 len Islam den Boden entziehen – Maßnahmenpaket gegen Islamisten und islamistische Verbände“. Der Ausschuss Überweisungsvorschlag: empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache Ausschuss für Inneres und Heimat (f) 19/26578, den Antrag der Fraktion der AfD auf Druck- Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz sache 19/23956 abzulehnen. Wer stimmt für diese Be- d) Erste Beratung des von den Abgeordneten schlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent- Roman Johannes Reusch, Jens Maier, Tobias (B) hält sich? – Niemand. Die Beschlussempfehlung ist Matthias Peterka, weiteren Abgeordneten (D) gegen die Stimmen der AfD-Fraktion mit den Stimmen und der Fraktion der AfD eingebrachten Ent- der übrigen Fraktionen des Hauses angenommen. wurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Zusatzpunkt 10. Beschlussempfehlung des Ausschus- Gesetzes über die Zusammenarbeit des ses für Inneres und Heimat zu dem Antrag der Fraktion Bundes und der Länder in Angelegenhei- der AfD mit dem Titel „Mehr Transparenz bei der Ana- ten des Verfassungsschutzes und über das lyse und öffentlichen Darstellung von Kriminalität im Bundesamt für Verfassungsschutz – Bun- Kontext von Migration zur verbesserten Evaluierung desverfassungsschutzgesetz – der Sicherheits-, Integrations- und Migrationspolitik“. Drucksache 19/30412 Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/24699, den Antrag der Fraktion der Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Inneres und Heimat (f) AfD auf Drucksache 19/23952 abzulehnen. Wer stimmt Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dage- gen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist e) Beratung der Beschlussempfehlung und des gegen die Stimmen der AfD-Fraktion mit den Stimmen Berichts des Ausschusses für Inneres und aller anderen Fraktionen des Hauses angenommen. Heimat (4. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Konstantin Kuhle, Manuel Ich rufe die Tagesordnungspunkte 15 a bis 15 f auf: Höferlin, Stephan Thomae, weiterer Abge- a) Zweite und dritte Beratung des von der Bun- ordneter und der Fraktion der FDP desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung des Verfassungs- Freiheit und Sicherheit schützen – Für schutzrechts eine Überwachungsgesamtrechnung statt weiterer Einschränkungen der Bürger- Drucksachen 19/24785, 19/24900 rechte Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- Drucksachen 19/23695, 19/29350 schusses für Inneres und Heimat (4. Aus- schuss) f) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Inneres und Drucksache 19/30477 Heimat (4. Ausschuss) zu dem Antrag der b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Abgeordneten Konstantin Kuhle, Stephan Berichts des Ausschusses für Inneres und Thomae, Grigorios Aggelidis, weiterer Ab- Heimat (4. Ausschuss) geordneter und der Fraktion der FDP 29976 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Vizepräsidentin Petra Pau (A) Bürgerrechte und Sicherheit schützen – Wenn wir auf solche Dienste und auf solche Kom- (C) Für einen wirksamen Verfassungsschutz munikation Zugriff nehmen wollen, dann geht das nicht mittels der herkömmlichen Telekommunikationsüberwa- Drucksachen 19/16875, 19/30477 chung, sondern nur über die Telekommunikationsüber- Über den Gesetzentwurf der Bundesregierung werden wachung an der Quelle, die sogenannte Quellen-TKÜ. wir später namentlich abstimmen. Für die Aussprache ist Deswegen brauchen wir diese Quellen-TKÜ für unsere eine Dauer von 30 Minuten beschlossen. Geheimdienste. Wir brauchen sie für den Auslandsge- heimdienst; wir brauchen sie aber auch für unseren Ver- Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege fassungsschutz und für den MAD. Dr. Mathias Middelberg für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU) (Beifall bei der CDU/CSU) Das ist schlicht eine Anpassung an die technischen Verhältnisse. Jedem, der diese Problemszenarien besch- Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU): wört, will ich ganz klar sagen: Es geht um eine sehr über- Geschätzte Frau Präsidentin! Meine Damen und Her- schaubare Zahl von Fällen im Jahr. Es sind nicht 80 Mil- ren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir beraten heu- lionen Bundesbürger betroffen. te in zweiter und dritter Lesung die Anpassung des Ver- fassungsschutzrechts und lösen damit eines der letzten (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE innenpolitischen Versprechen aus unserem Koalitions- GRÜNEN]: Natürlich!) vertrag ein. In dem Vertrag hieß es damals: Die Sicher- Bei der traditionellen Telekommunikationsüberwachung heitsbehörden brauchen gleichwertige Befugnisse im gab es in Deutschland im gesamten Jahr 2018 lediglich Umgang mit dem Internet wie auch außerhalb des Inter- 222 Fälle. Unsere Sicherheitsbehörden veranschlagen die nets. – Es ist der wesentliche Kern und die wesentliche Quellen-Telekommunikationsüberwachung in einem Intention dieser gesetzgeberischen Anpassung, das Ver- zweistelligen Bereich, also bei 20, 30 oder 40 Fällen fassungsschutzrecht auf den Stand der Dinge und auch maximal pro Jahr. Mehr Fälle wird es nicht geben. Das auf den Stand der Technik zu bringen. heißt, hier sind ein, zwei, drei oder maximal vier von Wir haben auch in der vorangegangenen Debatte über 8 Millionen Bundesbürgern betroffen. Das sind die Zah- Extremismus sowie über Terrorismus gesprochen. Terro- lenrelationen, über die wir uns unterhalten. rismus gibt es von verschiedenen Seiten: Vor allen Din- Und selbst wenn es mal einen Problemfall gibt, dass gen erleben wir das von der rechtsextremistischen Seite, irgendein Dritter sich in ein solches Tool einschalten aber auch von der islamistischen Seite sowie auf anderen kann, das der Verfassungsschutz implementiert hat – (B) Feldern. Immer wieder wird dann gesagt: Ihr müsst diese das werden aber nur ganz wenige Fälle sein –, dann (D) terroristischen und diese extremistischen Netzwerke wird die Kommunikation nur von unserem Verfassungs- frühzeitig erkennen. Ihr müsst diese Netzwerke verfol- schutz mitgelesen, also von Sicherheitsbehörden. Das gen, und ihr müsst diese Netzwerke aufdecken. Ganze wird nicht etwa öffentlich gemacht oder breit aus- gestreut, sondern die Sicherheitsbehörden sind dabei – – (Beatrix von Storch [AfD]: Nicht einreisen lassen! Das wäre am besten!) (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Middelberg, das ist doch Das kann man aber nur, wenn man auch technisch auf Quatsch!) dem Stand der Dinge ist. Das wiederum gelingt nur, wenn wir auf die Kommunikation in diesen Netzwerken – Herr von Notz, jetzt hören Sie doch einfach mal zu! Sie Zugriff nehmen können. sind ja auch gleich dran. (Beifall bei der CDU/CSU) (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich höre die ganze Zeit zu, aber es Früher war so etwas relativ einfach möglich, als die wird nicht besser!) Leute sich noch irgendwie mit Rauchzeichen oder Topf- schlagen verständigt haben. Da konnte jeder irgendwie – Es wird noch deutlich besser, Herr von Notz. mithören und alles einigermaßen entschlüsseln. Die ganze Aktion – und das wissen Sie auch – steht (Stephan Brandner [AfD]: Das ist aber schon unter strengsten Vorgaben. Es wird nicht pauschal jeder etwas länger her!) Fall freigegeben, sondern der Eingriff muss sachlich be- gründet sein. Zudem wird er überprüft durch die G 10- Irgendwann sind wir dann zum Telefon übergegangen, Kommission. Das ist eine Kommission, die wir personell und da gab es gesetzgeberisch klare Voraussetzungen, jetzt noch aufgestockt haben; darin befinden sich sechs wonach man nur unter ganz bestimmten Bedingungen Personen, die zum Richteramt befähigt sind. einen Telefonanschluss abhören durfte, nämlich in be- gründeten Einzelfällen nach richterlicher Genehmigung. (Beatrix von Storch [AfD]: Placeboeffekt!) Darin sitzen also sechs Richter, die das Ganze überprü- Jetzt ist es aber so, dass nicht mehr allzu viele Leute fen, bevor wir überhaupt tätig werden. Diesen einen analog telefonieren, sondern die meisten – und gerade Punkt möchte ich herausstellen; denn er scheint mir be- die, die sich im extremistischen Spektrum bewegen – sonders wichtig zu sein. nutzen verschlüsselte Dienste. Sie nutzen Messenger- dienste, und auch wir nutzen solche Dienste im Alltag, Damit kann ich dieses Gesetz heute dringend zur etwa WhatsApp oder Telegram. Beschlussfassung empfehlen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29977

Dr. Mathias Middelberg (A) Danke. Mit Erlaubnis der Präsidentin möchte ich hierzu den (C) ehemaligen Leiter des Bundesamtes für Verfassungs- (Beifall bei der CDU/CSU) schutz, Herrn Maaßen, zitieren,

Vizepräsidentin Petra Pau: (Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Oh Gott! – Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Roland Hartwig für Gegenruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD]: die AfD-Fraktion. Maaßen, nicht Gott!) (Beifall bei der AfD) der im Dezember 2020 der „Preußischen Allgemeinen Zeitung“ sagte – Zitat –: Dr. Roland Hartwig (AfD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch die … Danach musste ich allerdings feststellen, dass AfD sieht erheblichen Reformbedarf für den Verfas- massiver persönlicher Druck auf mich ausgeübt sungsschutz. wurde, endlich die AfD zu beobachten. Und das war ein ungebührlicher, ein ungewöhnlicher Druck, (Stephan Thomae [FDP]: Das kann ich mir bei dem ich den Eindruck gewann, ich sollte hier für vorstellen!) parteipolitische Zwecke instrumentalisiert werden. Ich fühlte mich teilweise sogar genötigt. Hinter diesem noch ganz freundlich klingenden Namen verbirgt sich ja nichts anderes als ein Inlandsgeheim- (Beifall bei Abgeordneten der AfD – Frank dienst, der auch eingesetzt wird, um politische Bewegun- Sitta [FDP]: Es gibt ein Weisungsrecht!) gen mit geheimdienstlichen Mitteln wie dem Abhören von Telefonaten und dem Abfangen von E-Mails auszu- Spätestens hier müssten eigentlich bei Ihnen, meine spähen und öffentlich zu brandmarken. Umso wichtiger Damen und Herren, alle Alarmglocken schrillen, ebenso ist es, dass gerade ein solcher Dienst eng und ausschließ- bei den Menschen draußen im Lande. lich an Gesetz und Recht gebunden ist. Handlungsbedarf sehen wir auf zwei Ebenen. Zunächst (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE muss der rechtliche Rahmen für diesen Geheimdienst GRÜNEN]: Das will die „Preußische Allge- nachgebessert werden. Meine Fraktion hat hierzu zwei meine Zeitung“!) Gesetzentwürfe vorgelegt, aus denen ich nur zwei Ziel- setzungen hervorheben möchte. Verwundert es vor diesem Hintergrund wirklich, dass der Verfassungsschutz heute zunehmend politische Positio- (B) Erstens. Betroffene sollen ein wesentlich verbessertes nen angreift, die noch vor 20 Jahren von der CDU/ (D) Auskunftsrecht erhalten, um in Erfahrung zu bringen, CSU, als sie noch konservativ waren, welche Informationen über sie vom Geheimdienst gesammelt wurden. (Frank Sitta [FDP]: Wann war das denn?) (Zuruf von der CDU/CSU: Am besten noch mit vertreten wurden, dass immer mehr Parteien und Bürger- Klarnamen daneben!) bewegungen, die nicht dem linken Mainstream folgen, in Zweitens. Im Dienst begangene Straftaten sogenannter das Fadenkreuz des Inlandsgeheimdienstes geraten? verdeckter Ermittler sollen in Zukunft immer, von ganz (Zuruf: Welches Fadenkreuz?) eng begrenzten Ausnahmen abgesehen, bei der Staats- anwaltschaft angezeigt und von dieser auch verfolgt wer- Es drängt sich zunehmend der Eindruck auf, dass der den. Derzeit kann die Behördenleitung davon absehen, Verfassungsschutz von heute vor allem auch die Regie- wenn sie der Straftat keine erhebliche Bedeutung bei- rung und ihre auf vielen Feldern völlig verfehlte Politik misst, und das selbst für Verbrechen, die mit einer Min- vor Kritik und Opposition schützen will. deststrafe von einem Jahr Gefängnis bedroht sind. Das ist eines Rechtsstaates unwürdig. (Beifall bei der AfD) (Beifall bei der AfD) Verfassungsschutz ist aber kein Regierungsschutz; denn Grundlegender Reformbedarf besteht aber auch auf sonst wäre er nichts weiter als die Fortsetzung der Politik einer zweiten, der politischen Ebene. Der Verfassungs- mit geheimdienstlichen Mitteln schutz heute ist keine neutrale Einrichtung wie etwa der (Beifall bei der AfD) Bundesrechnungshof, sondern untersteht den Innenmini- stern und damit Parteipolitikern. und damit am Ende selbst eine Gefahr für unsere Demo- (Beifall bei der AfD) kratie. Dies ist ein grundlegender Webfehler, der entflochten (Zuruf von der CDU/CSU: Die größte Gefahr werden muss; denn es steht zu befürchten, dass nicht sind Sie!) jeder der zunehmend links orientierten Politiker der Ver- suchung widerstehen kann, diesen Geheimdienst in Deshalb muss er umfassend auf den Prüfstand. einem ja permanent ausgerufenen Kampf gegen rechts auch als politische Waffe einzusetzen. Und dafür gibt es Vielen Dank. durchaus Beispiele. (Beifall bei der AfD) 29978 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Vizepräsidentin Petra Pau: Damit kommen wir zum Ergebnis der Wahl von zwei (C) Ich komme zurück zu den Tagesordnungspunkten Mitgliedern des Gremiums gemäß § 3 des Bundesschul- Wahlen und gebe Ihnen die von den Schriftführerinnen denwesengesetzes: abgegebene Stimmzettel 651. Von und Schriftführern ermittelten Ergebnisse bekannt.1) den abgegebenen Stimmen entfielen auf den Abgeordne- ten Albrecht Glaser 100 Jastimmen, 528 Neinstimmen Protokoll über die Wahl der Bundesbeauftragten für und 23 Enthaltungen. Keine Stimme war ungültig. Auf die Opfer der SED-Diktatur gemäß § 5 SED-Opferbeauft- den Abgeordneten Volker Münz entfielen 108 Jastimmen, ragtengesetz: abgegebene Stimmzettel 651, ungültige 512 Neinstimmen und 26 Enthaltungen. 5 Stimmen Stimmzettel 0. Mit Ja haben 516 Abgeordnete gestimmt, waren ungültig. Die Abgeordneten Albrecht Glaser und mit Nein stimmten 81 Abgeordnete, 54 Abgeordnete ha- 2) Volker Münz haben die erforderliche Mehrheit von ben sich enthalten. 355 Stimmen nicht erreicht.5) Frau Evelyn Zupke hat die erforderliche Mehrheit von Damit kommen wir zum Ergebnis der Wahl eines stell- mindestens 355 Stimmen erreicht. vertretenden Mitglieds des Sondergremiums gemäß § 3 (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU, der Absatz 3 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes: abge- SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE gebene Stimmzettel 651, ungültige Stimmzettel 2. Mit Ja GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der AfD haben 101 Abgeordnete gestimmt, mit Nein stimmten und der LINKEN – Abgeordnete aller Fraktio- 522 Abgeordnete, 26 Abgeordnete haben sich enthalten. nen erheben sich) Die Abgeordnete Dr. Birgit Malsack-Winkemann hat die Sie ist zur Bundesbeauftragten für die Opfer der SED- erforderliche Mehrheit von mindestens 355 Stimmen Diktatur gemäß § 5 SED-Opferbeauftragtengesetz ge- nicht erreicht. wählt. (Zuruf von der CDU/CSU: Ganz knapp!) Frau Zupke, ich gratuliere Ihnen im Namen des gesam- Sie ist nicht als stellvertretendes Mitglied des Sonder- ten Hauses zu Ihrer Wahl, wünsche Ihnen für Ihre wich- gremiums gemäß § 3 Absatz 3 des Stabilisierungsmecha- tige und verantwortungsvolle Tätigkeit viel Erfolg und nismusgesetzes gewählt.6) natürlich die notwendige Unterstützung. Dieses Amt Und damit kommen wir zum Ergebnis der Wahl eines wurde auf Beschluss des Hohen Hauses geschaffen, um ordentlichen Mitglieds des Sondergremiums gemäß § 3 ebendiese Arbeit entsprechend auch leisten zu können. Absatz 3 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes: abge- Ihnen persönlich alles, alles Gute, die notwendige Kraft gebene Stimmzettel 651, ungültige Stimmzettel 3. Mit Ja und, wie gesagt, auch die Verbündeten! stimmten 118 Abgeordnete, mit Nein stimmten 506 Abge- (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, ordnete. 24 Abgeordnete haben sich enthalten. Der Abge- (B) der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE ordnete hat die erforderliche Mehrheit (D) GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der AfD) von mindestens 355 Stimmen nicht erreicht. Er ist nicht als Mitglied des Sondergremiums gemäß § 3 Absatz 3 des Wir kommen zu den Ergebnissen der weiteren Wahlen. 7) Protokoll über die Wahl eines Stellvertreters des Präsi- Stabilisierungsmechanismusgesetzes gewählt. – So denten des Deutschen Bundestages, dritter Wahlgang: weit die Ergebnisse der Wahlgänge des heutigen Mor- abgegebene Stimmzettel 651, ungültig 0. Mit Ja haben gens. gestimmt 101 Abgeordnete, mit Nein haben 531 Abge- Wir kommen zurück zur Debatte über Änderungen ordnete gestimmt, 19 Abgeordnete haben sich enthalten. beim Verfassungsschutz. Das Wort hat der Kollege Uli Der Abgeordnete Dr. hat die erforderliche Grötsch für die SPD-Fraktion. Mehrheit nicht erreicht. Er ist nicht zum Stellvertreter des Präsidenten gewählt.3) (Beifall bei der SPD) (Beatrix von Storch [AfD]: Sehr demokra- Uli Grötsch (SPD): tisch! – Gegenrufe von der CDU/CSU, der Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE Kollegen! Mit Gesetzen über Nachrichtendienste ist das GRÜNEN) ja immer so eine Sache. In den Augen mancher sind wir Wir kommen zum Ergebnis der Wahl eines Mitglieds nicht weit genug gegangen, in den Augen anderer sind des Vertrauensgremiums gemäß § 10a Absatz 2 der Bun- wir weit über die roten Linien hinausgegangen. deshaushaltsordnung: abgegebene Stimmzettel 651, (Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Letzteres ungültige Stimmzettel 1. Mit Ja stimmten 105 Abgeord- stimmt!) nete, mit Nein stimmten 518 Abgeordnete, 27 Abgeord- nete haben sich enthalten. Der Abgeordnete Marcus Bühl Ich habe das gestern schon mal gesagt: Ich glaube, dass hat die erforderliche Mehrheit von mindestens 355 Stim- das mit etwas ganz Grundsätzlichem zu tun hat, nämlich men nicht erreicht. Er ist nicht als Mitglied des Ver- mit einem positiven Staatsverständnis der Sozialdemo- trauensgremiums gemäß § 10a der Bundeshaushaltsord- kratie, liebe Kolleginnen und Kollegen: hier in Deutsch- nung gewählt.4) land im Bundestag (Beifall bei Abgeordneten der SPD) 1) Namensverzeichnis der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den Wahlen siehe Anlage 7 2) Ergebnis Anlage 3 5) Ergebnis Anlage 5 3) Ergebnis Anlage 2 6) Ergebnis Anlage 6 4) Ergebnis Anlage 4 7) Ergebnis Anlage 6 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29979

Uli Grötsch (A) und in den Landtagen, aber auch weit über die Grenzen anders – das kann man fast schon so sagen – kommuni- (C) unseres Landes hinaus. zieren die Feinde der freiheitlich-demokratischen Grund- ordnung. Wem das zu pathetisch oder gar zu staatstragend ist, den frage ich: Wer denn sonst, wenn nicht die Sozialde- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten mokratie, soll diesen Staat tragen? Die Feinde der Demo- der CDU/CSU) kratie ganz bestimmt nicht, und diejenigen, die sich viel Aber eine Onlinedurchsuchung, wie sie unser Koali- zu oft an diesem Staat bereichern, bestimmt auch nicht. tionspartner haben wollte, haben wir abgelehnt. Das wür- Klientelparteien auch nicht. Deshalb kann es nur die So- de den direkten Zugriff auf Computer und Speicherme- zialdemokratie sein. dien bedeuten. Das ist mit uns nicht zu machen. Wir sagen: Was analog möglich ist, muss der Verfassungs- (Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. schutz auch digital dürfen, aber eben nicht mehr, und Konstantin Kuhle [FDP]) das auch nur unter ganz strengen Auflagen und unter ganz genauer und engmaschiger Kontrolle durch das Par- Wir haben uns zu Recht dafür entschieden, bei diesem lament. Gesetz mutig zu sein und den vorliegenden Weg zu ge- hen. Das war uns die Sicherheit der Bürgerinnen und (Beifall bei der SPD) Bürger in diesem Land wert, auch ohne Lorbeeren und Wir sind deshalb überzeugt: Wer eine wehrhafte bei aller Kritik. Der Grund für unsere Überzeugung und Demokratie will, der darf sich einem wirksamen Verfas- unser Engagement für dieses Gesetz steht im ersten Satz sungsschutz als Frühwarnsystem nicht verschließen. des Gesetzentwurfes: Rechtsterrorismus. – Der Rechts- terrorismus und der Rechtsextremismus sind nach wie (Zuruf von der AfD) vor die größte Gefahr in unserem Land, mit einem gewal- tigen Zerstörungspotenzial, wie uns die Terroranschläge Wer einen effektiven Verfassungsschutz gegen schwer- der letzten Jahre immer wieder auf erschreckende Art und wiegende Bedrohungen unserer freiheitlich-demokrati- Weise vor Augen geführt haben. Insbesondere die rapide schen Grundordnung will und auf der Höhe der Zeit ist, Radikalisierung von Einzeltätern im Internet und in den der muss Ja sagen zur Anpassung der Instrumentarien. Chatgruppen der Messengerdienste sind ein Phänomen, Wer Sozialdemokratin oder Sozialdemokrat ist, der sorgt auf das wir reagieren mussten, so meine ich. zusätzlich dafür, dass die Befugniserweiterungen mit mehr und verbesserter parlamentarischer Kontrolle ein- hergehen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Beifall bei der SPD) (B) (D) Vor dem Hintergrund der Erfahrungen der letzten Mo- Niemand bestreitet – das habe ich eben schon gesagt –, nate im Bereich der Bundeswehr und im Speziellen im dass es sich um Eingriffe in Grundrechte handelt, und Bereich des Kommandos Spezialkräfte und auch der diese müssen gerechtfertigt sein – das ist klar – und Erfahrungen der letzten Tage – Sie haben sicherlich auch entsprechend kontrolliert werden. Deshalb ist es vom Spezialeinsatzkommando des Polizeipräsidiums in richtig, dass wir eine Pflicht zur Vorlage eines regelmäßig Frankfurt am Main gelesen – ist es unzweifelhaft richtig, erstellten und qualifizierten Berichts über die Anwen- dass wir den Informationsverbund zwischen dem Militär- dung der Quellen-TKÜ gegenüber dem Parlamentari- ischen Abschirmdienst und dem Bundesamt für Verfas- schen Kontrollgremium einführen. So kann die Wirksam- sungsschutz verbessern. Einschlägige Bundeswehrange- keit des neuen Instruments – auch das halte ich für hörige können so auch weiterhin verfolgt werden, wenn wichtig – evaluiert und regelmäßig überprüft werden. sie der Bundeswehr nicht mehr angehören. Wie wichtig Wir haben außerdem gestern im Innenausschuss eine das ist, haben wir in den letzten Monaten immer wieder Entschließung beschlossen – daran sei hier auch erin- auf eine Art und Weise erfahren müssen, die wir uns alle nert –, nach der der G 10-Kommission, die solche nicht gewünscht hätten. TKÜ-Maßnahmen ja genehmigt, weiteres Personal zur Stärkung der parlamentarischen Kontrolle zur Verfügung Bei dem vorliegenden Gesetzentwurf geht es um den gestellt wird. Die G 10-Kommission wird damit noch Schutz vor Extremisten und Verfassungsfeinden. Genau qualifizierter und noch wirksamer in ihrer Arbeit. wie bei 90 Prozent der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes hat sich auch deren Kommunikation in den letz- Eine Stärkung der Kontrolle bei Befugniserweiterun- ten Jahren gewandelt. Extremisten und Terroristen tele- gen haben wir im Koalitionsvertrag versprochen, und fonieren nicht mehr miteinander, schreiben sich keine dieses Versprechen lösen wir nun in der vorletzten Sit- SMS-Nachrichten, sondern kommunizieren verschlüsselt zungswoche und natürlich auch noch in der letzten Sit- über Messengerdienste. Deshalb haben wir einer Erwei- zungswoche vor der Wahlpause ein. terung der Möglichkeiten bei der Durchführung der Quel- Wir als SPD haben noch kurzfristig Verbesserungen len-Telekommunikationsüberwachung für die Nachrich- bei den Mitwirkungspflichten der Provider erreicht. tendienste und einer Erweiterung der Möglichkeiten bei Auch das halte ich für einen wichtigen Punkt. der Beobachtung von Einzelpersonen durch das Bundes- amt für Verfassungsschutz zugestimmt und dies im Ge- Ich möchte zum Ende meiner Ausführungen noch setzentwurf verankert. So kann digitale Kommunikation eines sagen – ich kann mir, vorsichtig ausgedrückt, vor- über Messengerdienste überwacht und können Verbre- stellen, was die mir nachfolgenden Rednerinnen und chen aufgeklärt werden. Denn dort und nirgendwo Redner hier gleich zu dem Gesetzentwurf sagen werden –: 29980 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Uli Grötsch (A) Wer auch immer mit Blick auf dieses Gesetz von einer SES 90/DIE GRÜNEN – Konstantin Kuhle (C) Massenüberwachung der Bürgerinnen und Bürger in die- [FDP]: Bravo!) sem Land spricht Genau 24 Stunden später stimmt die SPD-Bundestags- (Konstantin Kuhle [FDP]: Sicherheitslücken!) fraktion einem Gesetzentwurf zur Einführung der Nut- – davor warne ich Sie alle eindringlich –, zung von Staatstrojanern durch den Verfassungsschutz zu. Die SPD stimmt zu! (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Wissen Sie, dass man in einer Koalition Kompromisse eingehen muss, das wissen wir alle. der sagt schlicht die Unwahrheit (Christoph Bernstiel [CDU/CSU]: Sie nicht!) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Aber dass sich die Bundesvorsitzende einer Regierungs- der CDU/CSU) partei 24 Stunden vor einer wichtigen Bundestagsabstim- oder hat den Gesetzentwurf vielleicht gar nicht richtig mung so ostentativ von ihrer eigenen Bundestagsfraktion gelesen, hat schon den Bundestagswahlkampf im Kopf distanziert, das dürfte doch ziemlich einmalig sein. (Konstantin Kuhle [FDP]: Aber Hallo!) (Beifall bei der FDP – Konstantin Kuhle oder möchte sich ansonsten irgendwie profilieren. [FDP]: So ist es!) (Konstantin Kuhle [FDP]: Weit davon ent- Dass die SPD Bürgerrechte ohne Not preisgibt und fernt!) dass dieser Bundesregierung Bürgerrechte völlig gleich- gültig sind, das ist schon schlimm genug. Das ist ein Thema, das sich ganz bestimmt nicht dafür eignet. (Widerspruch bei der CDU/CSU – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der GRÜNEN]: Pfui!) CDU/CSU) Besonders schlimm aber ist eines: Ihre Sicherheitspolitik Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist ein Gesetz, ist selbst ein Sicherheitsrisiko; denn der Staatstrojaner das gut ist und die Sicherheit in Deutschland erhöhen nutzt Sicherheitslücken in Laptops und in mobilen End- wird. Deshalb bitte ich Sie alle um Zustimmung. geräten aus. Vielen Dank. (Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU]: Sie (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – sollten sich schämen!) Konstantin Kuhle [FDP]: Quatsch! Traurig! Aber genau diese Sicherheitslücken nutzen auch Krimi- (B) Ein schwarzer Tag!) nelle, um unsere Firmen zu erpressen, um Identitäten zu (D) stehlen, und ausländische Nachrichtendienste nutzen sie, Vizepräsidentin Petra Pau: um unsere Behörden und Unternehmen auszuspionieren. Das Wort hat für die FDP-Fraktion der Kollege Solche Sicherheitslücken gehören geschlossen und nicht Stephan Thomae. für den Staatstrojaner genutzt. (Beifall FDP) (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Stephan Thomae (FDP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Her- Ich selbst bin Beschwerdeführer einer Verfassungsbe- ren! schwerde beim Bundesverfassungsgericht gegen die Re- gelungen in der Strafprozessordnung zum Staatstrojaner. Ich halte die Entscheidung für den Einsatz von Zumindest aus Respekt vor dem Bundesverfassungsge- #Staatstrojaner’n auch weiterhin für falsch, insbe- richt hätte man die Entscheidung aus Karlsruhe abwarten sondere in den Händen von Geheimdiensten. Diese müssen, bevor hier der nächste Staatstrojaner eingeführt Form der Überwachung ist ein fundamentaler Ein- wird, der sogar noch weiter geht als der Staatstrojaner für griff in unsere Freiheitsrechte und dazu ein Sicher- die Polizei; denn er greift schon im Gefahrenvorfeld ein, heitsrisiko für unsere Wirtschaft. bevor überhaupt Straftaten verübt worden sind oder ein (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Verdacht aufgetaucht ist. der LINKEN) (Christoph Bernstiel [CDU/CSU]: Wie wollen Meine Damen und Herren, dieser Satz stammt nicht Sie das machen bei Terroranschlägen?) von mir. Er stammt von , der Co-Vorsitzen- Wo ist denn eigentlich die Justizministerin, die als Ver- den der SPD, fassungsministerin diesem Gesetzentwurf aus dem (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der Innenministerium in voller Rüstung entgegentreten FDP – Konstantin Kuhle [FDP]: Hört! Hört! – müsste? Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Aha!) Ich fordere heute die SPD-Bundestagsfraktion auf: gestern, 9. Juni, 12.44 Uhr, also auf die Stunde genau vor Folgen Sie Ihrer Bundesvorsitzenden! Stellen Sie Ihre 24 Stunden. Wo sie recht hat, hat sie recht. Vorsitzende nicht bloß! Wir haben eine namentliche Ab- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten stimmung beantragt, der AfD, der LINKEN und des BÜNDNIS- (Zuruf des Abg. Thorsten Frei [CDU/CSU]) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29981

Stephan Thomae (A) damit Sie dokumentieren können, dass Sie Ihre Vorsit- Wir haben zur geordneten Abwicklung der Behörde (C) zende, die Ihre Partei vor eineinhalb Jahren gewählt hat, einen mehrstufigen Maßnahmenkatalog vorgelegt, mit nicht im Regen stehen lassen. der die Auflösung des Bundesamtes für Verfassungs- schutz möglich ist, ohne dass Sicherheitslücken entste- (Zurufe von der SPD) hen. Stimmen Sie mit uns und, wie ich annehme, Ihrer Partei- (Beatrix von Storch [AfD]: Dann lösen Sie erst vorsitzenden heute gegen den Staatstrojaner und für den einmal den Kramer ab!) Verfassungsschutz. Er soll durch eine unabhängige „Beobachtungsstelle (Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ Autoritarismus und gruppenbezogene Menschenfeind- DIE GRÜNEN) lichkeit” ohne nachrichtendienstliche Befugnisse ersetzt werden. Vizepräsidentin Petra Pau: (Beifall bei der LINKEN) Das Wort hat Dr. André Hahn für die Fraktion Die Linke. Letzte Anmerkung. Die jüngsten Vorkommnisse in Sachsen belegen die Fehlentwicklungen beim Verfas- (Beifall bei der LINKEN) sungsschutz auf erschreckende Art und Weise. Das dor- tige Landesamt hat laut Bericht der Parlamentarischen Dr. André Hahn (DIE LINKE): Kontrollkommission, der ich selbst 17 Jahre angehört Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gegen habe, festgestellt, dass der Verfassungsschutz Dossiers das jetzt zu beschließende Gesetz hat sich einhellig eine unter anderem über den stellvertretenden Ministerpräsi- ungewöhnlich breite Allianz aus Chaos Computer Club, denten von der SPD, den Fraktionschef der Linken, den Facebook, Google und vielen anderen ganz entschieden Parlamentarischen Geschäftsführer der Grünen sowie ausgesprochen. Auch die Kritik nahezu aller Sachver- weitere Landtagsabgeordnete angelegt hat, weil diese in ständigen in der Anhörung des Innenausschusses war öffentlichen Veranstaltungen Kritik an der CDU-geführ- ungewohnt deutlich. ten Regierung geäußert oder zu Recht auf die Mitverant- wortung der seit 30 Jahren regierenden Union für den (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE Aufstieg der Rechten von NPD bis AfD hingewiesen GRÜNEN]: Ja!) haben. Wenn das, wenn solche politischen Aussagen Mit der vorgesehenen Regelung werden die Geheim- zur Bespitzelung von Abgeordneten durch den Verfas- dienste zur Quellen-TKÜ in Form einer Onlinedurchsu- sungsschutz führen, chung light ermächtigt. Alle wissen: Eine trennscharfe (Dr. Alexander Gauland [AfD]: Willkommen (B) Abgrenzung zwischen beiden Überwachungsmaßnah- (D) in der Bundesrepublik, Herr Hahn!) men ist ebenso wenig möglich wie eine wirksame parla- mentarische Kontrolle. Das ist ganz offenkundig verfas- dann gibt es nur eine vernünftige Lösung, und zwar die sungswidrig! unverzügliche Abschaffung dieser Behörde. (Beifall bei der LINKEN) Herzlichen Dank. Dass die Anbieter von Internetdiensten verpflichtet wer- (Beifall bei der LINKEN) den sollen, aktiv bei der Infektion der Computersysteme und Endgeräte ihrer Kundinnen und Kunden mitzuwir- Vizepräsidentin Petra Pau: ken, ist nichts anderes als eine erzwungene Beihilfe zu Das Wort hat Dr. Konstantin von Notz für die Fraktion staatlichem Hacking. Bündnis 90/Die Grünen. Wir als Linke bleiben dabei: Die Geheimdienste brau- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) chen keine zusätzlichen Befugnisse, sondern klare Gren- zen für die Überwachung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Institutionen, deren Einhaltung durch die parla- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mentarischen Gremien wirksam kontrolliert werden NEN): muss. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen der GroKo, Sie kommen hier (Beifall bei der LINKEN) heute – wie auch schon in den Schlussphasen der Großen Insbesondere der Verfassungsschutz hat nicht in Koalitionen 2009 und 2017 – in den letzten parlamentari- Ermangelung von nachrichtendienstlichen Mitteln beim schen Stunden dieser Wahlperiode mit verheerenden, Thema NSU, beim Umgang mit V-Leuten oder in der unausgegorenen, verfassungsrechtlich hochproblemati- Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus ver- schen Instrumenten um die Ecke. Das geht überhaupt sagt. Konstantin von Notz von den Grünen hat gestern nicht, meine Damen und Herren! im Innenausschuss völlig zu Recht formuliert – ich zitie- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN re –: Das V-Leute-Unwesen ist ein Sicherheitsrisiko ers- und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der ten Ranges! – Ich teile diese Bewertung und füge hinzu: LINKEN – Marian Wendt [CDU/CSU]: Das Der Verfassungsschutz benötigt keine Quellen-TKÜ, sagt der Richtige!) sondern gehört aus Sicht der Linken aufgelöst. Dass vor dem Bundesverfassungsgericht gerade noch (Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. mehrere Verfahren gegen Trojaner anhängig sind – der Christoph Bernstiel [CDU/CSU]) Kollege Thomae hat das zu Recht gesagt –, stört CDU, 29982 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Dr. Konstantin von Notz (A) CSU und SPD nicht die Bohne. Alle – vom Chaos Com- V-Leuten – all das ist ein veritables Sicherheitsrisiko. (C) puter Club bis zu den Techgiganten im Silicon Valley – Das gehen Sie nicht an, meine Damen und Herren, son- sagen: „Bitte machen Sie es nicht!“, aber diese Große dern Sie liefern uns hier ein IT-Sicherheitsrisiko ersten Koalition macht es trotzdem. Ranges. Das geht so überhaupt nicht. (Beifall der Abg. Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/ Herzlichen Dank. DIE GRÜNEN] – Zuruf des Abg. Marian (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Wendt [CDU/CSU]) und bei der FDP) Das ist der Grund, warum Deutschland im Bereich der IT- Sicherheit so maximal bescheiden aufgestellt ist: weil Sie Vizepräsidentin : weder auf die Zivilgesellschaft noch auf die Wirtschaft hören. Vielen Dank. – Das Wort geht an die CDU/CSU-Frak- tion mit Michael Brand. (Stephan Thomae [FDP]: Sehr wahr!) (Beifall bei der CDU/CSU) Diese Expertise bräuchten Sie aber eigentlich. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Michael Brand (Fulda) (CDU/CSU): und bei der FDP) Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte gestern im Innenausschuss des Deutschen Islamistischer und extremistischer Terrorismus stellen Bundestages, bei der man ein so scharf in die Freiheits- schwere Bedrohungen für unsere Freiheit und Sicherheit rechte eingreifendes Gesetz zwischen 70 Tagesordnungs- dar. Gegen diese erheblichen Bedrohungen müssen wir punkten – 70! – mal so en passant diskutiert hat, hat die Abwehrinstrumente der Demokratie erhalten, sie wei- gezeigt, was auch diese Debatte zeigt: Sie verstehen das terentwickeln. Die größte Bedrohung unseres demokrati- Problem überhaupt nicht. Herr Kollege Middelberg, bei schen Rechtsstaates, so haben es der Bundesinnenminis- allem Respekt für Ihren schönen Anzug und bei der guten ter und andere klar zusammengefasst, kommt inzwischen Kollegialität, die wir haben: Für den Einsatz der Trojaner aus der rechtsextremistischen Ecke. brauchen Sie Sicherheitslücken, und diese Sicherheitslü- Die Bundesregierung hat auf die schrecklichen An- cken betreffen natürlich 82 Millionen Menschen in die- schläge von Halle und Hanau entschlossen reagiert. sem Land und die deutsche Wirtschaft. Durch diese Sicherheitslücken gehen andere Nachrichtendienste ge- (Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD]) nauso hindurch wie die organisierte Kriminalität. Des- Der eigens gebildete Kabinettsausschuss hat eine Fülle wegen führt das, was Sie hier veranstalten, zu einem von Maßnahmen beschlossen. Einige davon finden heute (B) massiven Sicherheitsproblem. ihre konkrete gesetzliche Umsetzung. (D) (Beifall bei der FDP, dem BÜNDNIS 90/DIE Der sogenannte „personenbezogene Aufklärungsan- GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abge- satz“ ist dabei eines der zentralen Instrumente, um ordneten der AfD) potenzielle Täter, akut noch nicht gewaltbereite Einzel- All das kommt in Ihrer Argumentation gar nicht vor. personen, die sich oft im Internet radikalisieren, frühzei- Und dann läuft parallel zu dieser Debatte der Kollege tig identifizieren zu können. Rechtsterrorismus kann Brinkhaus mit der Phrase über den Ticker, man wolle nicht mehr allein in Zusammenschlüssen von Personen zukünftig „weniger und dafür bessere Gesetze“ machen. gesehen werden. Individuelle Radikalisierungsverläufe, Ja das ist doch blanker Hohn! Sie machen zu viele, und wo diejenigen oft auf ein entsprechendes Umfeld treffen, Sie machen schlechte Gesetze. Das stimmt, meine Da- haben eine neue und tödliche Qualität gewonnen. Egal ob men und Herren. Einzeltäter, Gruppe, Netzwerke, Organisation oder inner- parteiliche Gruppierung: Der Rechtsextremismus und (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, seine Erscheinungsformen müssen angesichts der neuen bei der FDP und der LINKEN) Qualität anders und besser erfasst, überwacht und analy- Seit Jahren wird Ihnen in Sachverständigenanhörun- siert werden. gen von den angesehensten Fachleuten, die von allen (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Fraktionen benannt wurden, gesagt: Das Recht der Nach- ordneten der SPD) richtendienste gehört grundsätzlich überarbeitet. Dazu sind für begrenzte Verdachtsfälle, und das mit Kon- (Stephan Thomae [FDP]: So ist es!) trollmechanismen verbunden, die im Gesetz vorgesehene Und was machen Sie? Gar nichts. Das geltende Verfas- Quellen-TKÜ inklusive der so wichtigen Messenger- sungsschutzrecht strotzt nur so vor Ungereimtheiten, Ver- dienste, damit der Rechtsstaat hier nicht weiter blind weisungskaskaden und fehlender Kontrolle. bleibt, und der ebenfalls verankerte Abgleich von Daten Und Sie führen hier zur Begründung allen Ernstes die des MAD im Nachrichtendienstlichen Informationssys- schlimmen Terroranschläge der letzten Jahre an, obwohl tem wichtige Verbesserungen zur systematischen Verzah- Sie wissen: Das, was wir hier besprechen, hätte keinen nung, um Informationsverluste bei einer Gefährdungs- einzigen Anschlag verhindert. Das wissen Sie aus dem einschätzung zu vermeiden. Untersuchungsausschuss Breitscheidplatz, aus den Vor- Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen dem Ver- kommnissen in Halle und . Das hätte nicht gehol- fassungsschutz, der unsere freiheitliche Demokratie früh- fen. Die unklaren Rechtsgrundlagen, die unklaren Verant- zeitig vor Bedrohungen warnen soll, die dafür not- wortlichkeiten, die Kraut-und-Rüben-Situation bei den wendigen Instrumente zur Verfügung stellen. Dass Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29983

Michael Brand (Fulda) (A) ausgerechnet Die Linke und die AfD die Abschaffung des Wir schaffen mit diesem Gesetz endlich eine Befugnis (C) Verfassungsschutzes fordern, ist doch der Hinweis für des Verfassungsschutzes zum Einsatz der sogenannten uns hier, dass wir den Verfassungsschutz stärken müssen, Quellen-Telekommunikationsüberwachung, um schwere und natürlich auch Kontrollmechanismen. Bedrohungen von unserem Rechtsstaat und unserer frei- heitlich-demokratischen Grundordnung abzuwenden und (Beifall bei der CDU/CSU) sie aufzuklären. Darüber hinaus erleichtern wir die Im Übrigen müssen wir auch andere bessere Regelun- Beobachtung von Einzelpersonen, um abgeschotteter, gen finden, um die veraltete Definition der vermeintlich allein agierender Terroristen und Amokläufer wie der ungefährlichen, nicht länger gewaltbereiten Extremisten Täter von Hanau und Halle rechtzeitig und wirksam vor an neue Entwicklungen anzupassen. Der Mörder von ihren Taten habhaft zu werden. Es geht bei beiden Vor- Walter Lübcke galt beim Verfassungsschutz als nicht haben um nichts anderes als den Schutz von Menschen- mehr gefährlich. Er war sozusagen „abgekühlt“, wie das leben. dort heißt. Das war ein tragischer, ein tödlicher Irrtum. (Beifall bei der CDU/CSU) Zudem wurde in diesem Fall der Datenschutz fast zum Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD – ich Täterschutz. Nur wenige Wochen nach dem glücklichen will jetzt nicht mehr zurückschauen – und lieber Kollege DNA-Fund wäre der extremistische vorbestrafte Täter Uli Grötsch, ich bin euch und dir auch für diese klare aus der entsprechenden Datei gelöscht worden und vom Haltung heute ausdrücklich dankbar. Ich will nur in Rich- Radar verschwunden. tung der vielen Zweifler in euren Reihen und damit auch Man muss nicht übertreiben. Aber man muss erkennen, an die Adresse von Frau Esken noch mal sagen: Es wäre dass wir für qualitativ neue Bedrohungen in einzelnen niemandem zu erklären, dass wir Telefone und SMS Bereichen schlicht nicht gewappnet sind. Wir werden in überwachen wollen und dem Verfassungsschutz gleich- diesen anderen Zeiten nicht gewinnen können, wenn wir zeitig die Befugnis verweigern, auf WhatsApp-Nachrich- nicht in der Lage sind, mit Blick auf die neue Qualität von ten von Terroristen und von Subjekten zugreifen zu dür- Extremismus und Terrorismus gezielte, begrenzte Verän- fen, die diese Technik genau dazu nutzen wollen, um derungen anzugehen, ohne dabei den Rechtsstaat zu ver- Morde und Anschläge zu planen und zu koordinieren. raten. Das Gegenteil ist derzeit wichtig. Der Rechtsstaat An solchen Stellen, liebe Frau Kollegin Esken, können muss sich angemessen und entschieden zur Wehr setzen, wir Ihnen auch weiterhin die Auseinandersetzung nicht wenn er im Kern angegriffen wird. Alles andere wäre ersparen. Wir werden weiterhin für organisierte Sicher- Weimar, und dahin wollen wir nicht zurück. heit und nicht für Organisierte Kriminalität eintreten. (Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. (Beifall bei der CDU/CSU) (B) (D) Jan Ralf Nolte [AfD]) Etwas anderes ist mit der Union nicht zu machen. Deshalb ist in diesem Zusammenhang auch klar: Wer Vizepräsidentin Dagmar Ziegler: Verbrechen im 21. Jahrhundert mit Techniken aus dem Vielen Dank. – Als letzten Redner in der Debatte hören 20. Jahrhundert, aus Zeiten der Wählscheibe bekämpfen wir Michael Kuffer von der CDU/CSU-Fraktion. will, kann seiner Verantwortung für dieses Land nicht gerecht werden. Leider ist es genau das, was die Grünen (Beifall bei der CDU/CSU) wollen. Sie wollen weiterhin die Sicherheitsbehörden ausbremsen. Was Sie heute mit Ihrem Antrag vorlegen – damit komme ich zum Ende –, würde geradewegs dazu Michael Kuffer (CDU/CSU): Liebe Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! führen, dass Deutschland strukturell unsicherer wird. Sie Heute ist ein guter Tag für die Sicherheit in Deutschland wollen den Verfassungsschutz aufspalten, ihn damit fak- und damit auch für die Menschen in unserem Land; denn tisch auflösen, nur um die Gelüste Ihres linken Flügels zu wir beschließen heute nach endlosen Verhandlungen zwei befriedigen. Sie arbeiten Terroristen und Extremisten mit zentrale Pfeiler für die Sicherheitsarchitektur im Land, solchen Ansätzen direkt in die Hände. und ich füge hinzu: zwei zentrale Pfeiler der Unionssi- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – cherheitspolitik in dieser Legislaturperiode. Widerspruch des Abg. Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Mit dem Gesetz zur Anpassung des Verfassungs- schutzrechts und gleich anschließend dem Gesetz zur Das ist grüne Sicherheitspolitik. Modernisierung der Rechtsgrundlagen der Bundespolizei Deshalb sage ich Ihnen zum Schluss und bitte Sie, gelingen uns elementare Verbesserungen für die Arbeit lieber Konstantin, liebe Grüne: Spielen Sie bitte in ande- unserer Sicherheitsbehörden. Sie wissen, dass beide Vor- ren Gebieten, aber hören Sie auf, an der Sicherheit haben innerhalb der Koalition äußerst schwierig waren. herumzuspielen! Sicherheit ist ein Arbeitsgebiet und Deshalb bin ich froh, dass sich die Beharrlichkeit von kein Experimentierfeld. CDU und CSU nun ausgezahlt hat, mit der wir uns inten- siv und auf allen Ebenen dafür eingesetzt haben, unseren Vielen Dank. Sicherheitsbehörden endlich die Instrumente an die Hand (Beifall bei der CDU/CSU) zu geben, die es für eine effektive Ermittlungsarbeit im digitalen Zeitalter braucht. Vizepräsidentin Dagmar Ziegler: (Beifall bei der CDU/CSU) Vielen Dank. – Ich schließe die Aussprache. 29984 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Vizepräsidentin Dagmar Ziegler (A) Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun- Tagesordnungspunkte 15 c und 15 d. Interfraktionell (C) desregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Anpas- wird Überweisung der Gesetzentwürfe auf den Drucksa- sung des Verfassungsschutzrechts. Der Ausschuss für chen 19/30406 und 19/30412 an die in der Tagesordnung Inneres und Heimat empfiehlt unter Buchstabe a seiner aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es weitere Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/30477, den Ge- Überweisungsvorschläge? – Sehe ich nicht. Dann verfah- setzentwurf der Bundesregierung auf Drucksachen ren wir wie vorgeschlagen. 19/24785 und 19/24900 in der Ausschussfassung anzu- Tagesordnungspunkt 15 e. Beschlussempfehlung des nehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in Ausschusses für Inneres und Heimat zu dem Antrag der der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Hand- Fraktion der FDP mit dem Titel „Freiheit und Sicherheit zeichen. – Das sind die Fraktion der SPD und die CDU/ schützen – Für eine Überwachungsgesamtrechnung statt CSU-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – Fraktionen Die weiterer Einschränkungen der Bürgerrechte“. Der Aus- Linke, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und AfD. Der Ge- schuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf setzentwurf ist damit in zweiter Beratung angenommen. Drucksache 19/29350, den Antrag der Fraktion der FDP Dritte Beratung auf Drucksache 19/23695 abzulehnen. Wer stimmt für und Schlussabstimmung. Wir stimmen über den Gesetz- diese Beschlussempfehlung? – Die Fraktionen von SPD entwurf auf Verlangen der Fraktion der FDP namentlich und CDU/CSU. Wer stimmt dagegen? – Die Fraktionen ab. der FDP und von Bündnis 90/Die Grünen. Wer enthält sich? – Die Fraktion Die Linke und die AfD. Die Be- Hierzu liegt eine Erklärung nach § 31 der Geschäfts- schlussempfehlung ist damit angenommen. ordnung vor.1) Tagesordnungspunkt 15 f. Beschlussempfehlung des Die Abstimmung erfolgt in der Westlobby. Ich weise Ausschusses für Inneres und Heimat zu dem Antrag der ausdrücklich darauf hin, dass die Pflicht zum Tragen Fraktion der FDP mit dem Titel „Bürgerrechte und einer medizinischen Mund-Nasen-Bedeckung auch in Sicherheit schützen – Für einen wirksamen Verfassungs- diesem Teil des Plenarbereichs besteht und ich Verstöße schutz“. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b sei- gegen diese Pflicht mit den Mitteln des parlamentari- ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/30477, den schen Ordnungsrechts ahnden werde. Dies gilt ebenso Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 19/16875 für alle weiteren namentlichen Abstimmungen. abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh- Sie haben zur Abgabe Ihrer Stimme nach Eröffnung lung? – Die Fraktionen der Linken, der SPD und der der Abstimmung 30 Minuten Zeit. Bitte gehen Sie nicht CDU/CSU. Wer stimmt dagegen? – Die Fraktion der alle gleichzeitig zur Abstimmung. Wir haben hier noch FDP. Wer enthält sich? – Die Fraktionen von Bündnis 90/ (B) etwas zu tun. Es stehen acht Urnen zur Verfügung. Bitte Die Grünen und der AfD. Die Beschlussempfehlung ist (D) denken Sie an die weiteren Abstimmungen, die unmittel- damit angenommen. bar nach Eröffnung der namentlichen Abstimmung erfol- Ich rufe die Tagesordnungspunkte 16 a bis 16 e auf: gen. Bleiben Sie bitte deshalb noch einen Moment hier. Sind die Plätze an den Urnen besetzt? – Jawohl, sie a) – Zweite und dritte Beratung des von den sind besetzt. Damit eröffne ich die namentliche Abstim- Fraktionen der CDU/CSU und SPD einge- mung. Um 13.37 Uhr werden die Urnen geschlossen.2) brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung der Rechtsgrundlagen Wir setzen die Abstimmung zu der Beschlussempfeh- der Bundespolizei lung des Ausschusses für Inneres und Heimat auf Druck- sache 19/30477 fort. Unter Buchstabe c seiner Beschluss- Drucksache 19/26541 empfehlung empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Beschlussempfehlung und Bericht des Antrags der Fraktion Die Linke auf Drucksache 19/8960 Ausschusses für Inneres und Heimat mit dem Titel „Zivilgesellschaft stärken, Verfassung (4. Ausschuss) wirksam schützen“. Wer stimmt für diese Beschlussemp- fehlung? – Die Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Drucksache 19/30468 Grünen, CDU/CSU, FDP und AfD. Wer stimmt dage- – Bericht des Haushaltsausschusses (8. Aus- gen? – Die Fraktion Die Linke. Gibt es Enthaltungen? – schuss) gemäß § 96 der Geschäftsordnung Das sehe ich nicht. Die Beschlussempfehlung ist damit angenommen. Drucksache 19/30518 Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Buchstabe d b) Beratung der Beschlussempfehlung und des seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags Berichts des Ausschusses für Inneres und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache Heimat (4. Ausschuss) 19/8700 mit dem Titel „Neustart des Verfassungsschutzes – zu dem Antrag der Abgeordneten des Bundes“. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh- Konstantin Kuhle, Stephan Thomae, lung? – Die Fraktionen von SPD, CDU/CSU, FDP und Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordne- AfD. Wer stimmt dagegen? – Die Fraktion von Bünd- ter und der Fraktion der FDP nis 90/Die Grünen. Enthaltungen? – Die Fraktion Die Linke. Für ein Recht auf Anonymität im öffentlichen Raum – Keine automati- 1) Anlage 8 sierte Gesichtserkennung durch die 2) Ergebnis Seite 29993 C Bundespolizei Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29985

Vizepräsidentin Dagmar Ziegler (A) – zu dem Antrag der Abgeordneten Thorsten Frei (CDU/CSU): (C) Dr. Konstantin von Notz, Dr. Irene Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Mihalic, Tabea Rößner, weiterer Abgeord- Kollegen! Wenn wir heute abschließend über das Gesetz neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE zur Modernisierung der Rechtsgrundlagen der Bundes- GRÜNEN polizei beraten, dann möchte ich die Gelegenheit nutzen, mich auch im Namen meiner Fraktion ganz herzlich bei Freiheit und Rechtsstaatlichkeit erhal- den 50 000 Bundespolizistinnen und Bundespolizisten ten – Kein Einsatz biometrischer für den wichtigen und herausfordernden Dienst zu bedan- Gesichtserkennung in öffentlichen ken, den sie Tag für Tag an unseren Grenzen, Bahnhöfen Räumen und Flughäfen verrichten – ein herausragender Dienst, Drucksachen 19/16862, 19/16885, den wir würdigen möchten. Dabei bleiben wir als Gesetz- 19/30468 geber natürlich nicht stehen, sondern ziehen daraus auch tatsächlich gesetzgeberische Konsequenzen. c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Inneres und (Beifall bei der CDU/CSU) Heimat (4. Ausschuss) zu dem Antrag der Das haben wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, in Abgeordneten Martin Hess, Dr. Bernd dieser Legislaturperiode an verschiedenen Stellen schon Baumann, Dr. Gottfried Curio, weiterer Ab- getan. Das fängt mit der Personalausstattung an: Zwi- geordneter und der Fraktion der AfD schen 2016 und 2020 haben wir die Personalausstattung Schnellstmögliche Beschaffung und Ein- von 39 000 auf knapp 50 000 Beamtinnen und Beamte führung von Distanz-Elektroimpulsgerä- angepasst. Wir haben die finanzielle Vergütung für den ten für die Bundespolizei herausragenden Dienst angepasst, in dieser Legislaturpe- riode die Polizeizulage um 40 Prozent erhöht und jetzt Drucksachen 19/22203, 19/26441 noch mal um 20 Prozent. Das ist ein sichtbares Zeichen unserer Wertschätzung für die Arbeit der Bundespolizis- d) Beratung der Beschlussempfehlung und des ten. Berichts des Ausschusses für Inneres und Heimat (4. Ausschuss) zu dem Antrag der (Beifall bei der CDU/CSU) Abgeordneten Joana Cotar, Uwe Schulz, Dr. Michael Espendiller, weiterer Abgeord- Wir haben eine Imagekampagne gestartet, und wir haben neter und der Fraktion der AfD vor allen Dingen auch den strafrechtlichen Schutz nicht nur der Polizisten, sondern auch der Einsatzkräfte ent- (B) Digitalisierung der Polizeien und das Bun- scheidend verstärkt. (D) desprogramm Polizei 2020 zur politischen Chefsache erklären und unverzüglich Jetzt geht es in einem fünften Schritt im Grunde ge- umsetzen nommen darum, den rechtlichen Instrumentenkasten so auszustatten, dass die Bundespolizei den Herausforde- Drucksachen 19/27852, 19/29809 rungen der Zeit auch gewachsen ist. Wenn man bedenkt, dass das Gesetz im Grunde genommen aus dem Jahr 1994 e) Beratung der Beschlussempfehlung und des stammt und bisher nur in Einzelpunkten angepasst wurde, Berichts des Ausschusses für Inneres und dann wird schon durch den Zeitablauf klar, dass hier ein Heimat (4. Ausschuss) zu dem Antrag der dringendes Anpassungserfordernis besteht. Abgeordneten Dr. Irene Mihalic, Dr. Konstantin von Notz, Monika Lazar, wei- Wenn man sich jetzt im Einzelnen mal anschaut, was terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- wir in diesem Gesetz geregelt haben, dann ist es, glaube NIS 90/DIE GRÜNEN ich, ganz entscheidend, darauf hinzuweisen, dass wir im Bereich der präventiven Telekommunikationsüberwa- Gebührenverordnung zum Bundespolizei- chung ohne die Begrenzung auf bestimmte Deliktsfelder gesetz darf Grundrechtsgebrauch nicht sicherlich ein ganz wesentliches zusätzliches Instrument beeinträchtigen haben. Dass wir der Bundespolizei auch unter Beachtung der Tatsache, dass sie eine polizeiliche Sonderorganisa- Drucksachen 19/17540, 19/27967 tion ist, im Bereich der Strafverfolgung – nicht nur im Zu dem von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD Bereich der Vergehen, sondern auch im Bereich bestimm- eingebrachten Gesetzentwurf zur Modernisierung der ter Verbrechen – Kompetenzen geben, ist ein entschei- Rechtsgrundlagen der Bundespolizei liegen ein Ände- dender Fortschritt. rungsantrag der Fraktion der AfD und ein Entschlie- ßungsantrag der Fraktion der FDP vor. (Beifall bei der CDU/CSU) Das gilt natürlich auch für den Bereich der Rückführun- Für die Aussprache ist eine Dauer von 30 Minuten vor- gen. Es geht darum, in bestimmten Bereichen dafür zu gesehen. sorgen, dass die Bundespolizei diese Rückführungen ma- Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort als Ers- chen kann und damit auch die Antragsbefugnis für die tes Thorsten Frei von der CDU/CSU-Fraktion. Abschiebehaft erhält. Auch das ist ein wichtiger Punkt in diesem Gesetz. Und nicht zuletzt – ich glaube, das (Beifall bei der CDU/CSU) war uns allen in der Koalition ganz wichtig –: Dass die 29986 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Thorsten Frei (A) Bundespolizei an Flughäfen und Bahnhöfen angemessen müssen Sie sich nunmehr vom Bundesverfassungsgericht (C) untergebracht ist, so wie sie es verdient, ist wesentlich für sagen lassen, dass der Datenschutz auch für die Sicher- die tägliche Arbeit der Polizei. heitsbehörden gilt. Ja, Datenschutz ist leider auch Täter- schutz, liebe Kollegen. Man muss das Urteil des Bun- (Beifall bei der CDU/CSU) desverfassungsgerichts nicht mögen, man kann es Ich will ganz offen sagen: Natürlich hätten wir uns bei kritisieren. Aber was man nicht machen kann, ist, die diesem hervorragenden Gesetz, das aus der Mitte dieses Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zu Bundestages gewachsen ist und den beiden Koalitions- ignorieren. Und das machen Sie leider einmal mehr; ich fraktionen zu verdanken ist, sage nur „Staatstrojaner“. (Konstantin Kuhle [FDP]: Das ist eher Wieder einmal schicken Sie sich an, auf den letzten geschrumpft!) Metern mit Ihrer Regierungsmehrheit ein vorsätzlich ver- fassungswidriges Gesetz zu erlassen, mit der Folge, dass an verschiedenen Stellen durchaus gewünscht, dass wir die Union die nächsten Koalitionsverhandlungen wahr- noch einen Schritt weiter gegangen wären. Denn die scheinlich nicht nur hier im Parlament, sondern auch vor Argumentation von Herrn Thomae beim vorherigen dem Bundesverfassungsgericht führen muss. Meine Da- Tagesordnungspunkt war grottenfalsch, men und Herren, mit dieser Vorgehensweise zwingen Sie (Stephan Thomae [FDP]: Ha, ha!) das Bundesverfassungsgericht geradezu, als Gesetzgeber tätig zu werden, wie das bereits mit dem Urteil vom Mai und die von Herrn Grötsch war goldrichtig. 2020 geschehen ist. Das schadet dem Ansehen dieses (Beifall bei der CDU/CSU) Parlamentes, das führt die Gewaltenteilung und damit die freiheitlich-demokratische Grundordnung ad absur- Und weil das so war, lieber Herr Grötsch, verstehe ich dum. nicht, warum das, was beim Verfassungsschutz richtig ist, (Beifall des Abg. Rüdiger Lucassen [AfD]) (Stephan Thomae [FDP]: Ich habe Frau Esken zitiert! Was kann da falsch sein?) Es ist kein Geheimnis, dass in der Regierungskoalition nichts mehr geht, dass das SPD-geführte Justizverhinde- bei der Bundespolizei in den wesentlichen Deliktsfeldern rungsministerium nicht nur seit dieser Legislaturperiode von schwerem Menschenhandel und lebensgefährdenden ein Sicherheitsrisiko ist. Es ehrt Sie, liebe Kollegen der Schleusungen nicht richtig sein kann. Das kann man nie- Regierungskoalition, dass Sie wenigstens versuchen, ein mandem erklären. Bundespolizeigesetz auf die Beine zu stellen. Und Sie (B) (Beifall bei der CDU/CSU – Konstantin Kuhle sind auch lernfähig. Immerhin haben Sie unseren seit (D) [FDP]: Das kann doch nicht wahr sein! Das ist Wochen vorliegenden Änderungsantrag diese Woche in doch was ganz anderes! Das eine ist ein Nach- Teilen als eigenen Änderungsantrag quasi eins zu eins richtendienst, das andere ist eine Polizei!) abgekupfert. Deswegen wären wir an der Stelle tatsächlich noch einen (Beifall bei der AfD) Schritt weiter gegangen. Ganz am Rande: Das ist Ihre politische Art: nicht mit der Es ist unterm Strich aber ein gutes Gesetz, mit dem wir AfD zu reden und nicht mit der AfD zu arbeiten. Man auch die Wertschätzung gegenüber der Arbeit der Bun- kupfert nicht das erste Mal einfach ab und verkauft die despolizei zum Ausdruck bringen. Genau das hat sie ver- Ideen der AfD als eigene. Etwas scheinheilig; aber wenn dient, und deswegen bitte ich um Ihre Unterstützung. Sie es brauchen, gerne. (Beifall bei der CDU/CSU) Es freut uns aber, dass Sie zum Beispiel die Zuständig- keit bei der Strafverfolgung in Einzelsachen auf Ersuchen Vizepräsidentin Dagmar Ziegler: der zuständigen Staatsanwaltschaft oder des BMI über- Vielen Dank. – Das Wort geht an Dr. Christian Wirth nommen haben. Leider haben Sie – nur als Beispiel – von der AfD-Fraktion. nicht die Befugnis übernommen, an Bord ausländischer Luftfahrzeuge bei Abschiebungen tätig zu werden, wenn (Beifall bei der AfD) das EU-Recht das vorsieht. Abschiebungen gehören nach unserer Auffassung insgesamt in den Zuständigkeitsbe- reich der Bundespolizei, allein aufgrund der Präsenz in Dr. Christian Wirth (AfD): über 80 Ländern dieser Erde. Frau Präsidentin! Werte Kollegen! „Die Geister, die ich rief …“ Goethes Zauberlehrling ist aktueller denn (Beifall der Abg. Franziska Gminder [AfD]) je. Haben wir eben gehört, dass der von Ihnen politisch instrumentalisierte Verfassungsschutz mittlerweile SPD, Das hilft bei der Beschaffung von Ersatzpapieren. Das Grüne und Linke in Sachsen überwacht – willkommen im kann eine kleine Ausländerbehörde überhaupt nicht leis- Klub und herzlichen Glückwunsch! –, ist der Zauberlehr- ten. ling in der Sicherheitspolitik in den letzten Monaten der Datenschutz. Nachdem Sie ihn in der letzten Legislatur- Aber wenn man bei einem Gesetz von Modernisierung periode aufgebläht haben, redet, dann reicht es nicht, die jahrzehntelangen Ver- säumnisse aufzuarbeiten, dann muss Rechtssicherheit (Konstantin Kuhle [FDP]: Schön wär’s!) für die Zukunft geschaffen werden. Die Gefahren der Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29987

Dr. Christian Wirth (A) Zukunft sind grenzübergreifende Cyberangriffe von aus- Die vorgesehenen Änderungen stellen aus unserer (C) ländischen Staaten und kriminellen Vereinigungen. Kein Sicht ganz konkrete Verbesserungen für die tagtägliche Wort hiervon in Ihrem Gesetzesentwurf! Arbeit und vor allem die Polizeipraxis dar. Wir sorgen jetzt als Gesetzgeber dafür, dass die Bundespolizei unter Die Frage der Gesichtserkennung auf Bahnhöfen und anderem mit zeitgemäßen Ermittlungsbefugnissen bei öffentlichen Plätzen muss diskutiert werden. Damit hät- der Terrorismusbekämpfung, bei der Schleuserkriminali- ten die Terroranschläge in Belgien und Paris wahrschein- tät und auch beim schweren Menschenhandel effektiver lich verhindert werden können, da die Täter aus Deutsch- vorgehen kann. land rübergewandert sind. Auch hier kneifen Sie. Ich will sehr deutlich machen: Die Einführung gerade Und ganz wichtig ist unser Antrag, endlich unseren auch der Quellen-TKÜ für die Bundespolizei, die zukünf- Sicherheitskräften die Distanzimpulsgeräte, also Elektro- tig die gleichen Kompetenzen bekommt wie das Bundes- schocker, zur Verfügung zu stellen. Bei ständig zunehm- kriminalamt, die diese bereits seit 2017 hat, ist richtig. enden Angriffen auf unsere Sicherheits- und Rettungs- Die Bundespolizei kann sie nicht einfach so machen, sie kräfte in den Ballungsräumen, in der Regel durch kann sie nicht anlasslos machen. Nein, es ist immer erfor- Menschen mit Migrationshintergrund, die unsere Staats- derlich, dass bei einer Anordnung ein Richtervorbehalt gewalt verhöhnen, müssen wir diesen Schutz gewähren. vorliegt, und jede Anordnung ist zudem auch noch befris- (Beifall bei der AfD) tet. Es ist aus unserer Sicht der richtige Schritt, das hier so auf den Weg zu bringen. Diese Geräte sind ein Minus zu Schusswaffen, haben aber auch nicht die möglichen Spätfolgen wie Schlagstöcke, (Beifall bei der SPD – sind aber ungleich abschreckender. [SPD]: Genau!) Aus all diesen Gründen können wir Ihrem Gesetz nicht Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ha- zustimmen; wir müssen Sie alleine scheitern lassen. ben uns darüber hinaus in den Beratungen intensiv dafür Vielen Dank, und fühlen Sie sich sicher. eingesetzt, dass zukünftig gerade die Bundespolizei eine anständige und vor allem auch angemessene Unterbrin- (Beifall bei der AfD) gung an Flughäfen und Bahnhöfen bekommt. Denn seien wir ehrlich: Wenn wir manchmal bei uns in den Wahl- kreisen vor Ort an Bahnhöfen und Flughäfen unterwegs Vizepräsidentin Dagmar Ziegler: gewesen sind, dann waren wir schon erschrocken, dass es Danke sehr. – Das Wort geht an Dirk Wiese von der manchmal die letzte Räumlichkeit gewesen ist, der letzte SPD-Fraktion. (B) Raum, der irgendwie noch frei gewesen ist, der dann der (D) (Beifall bei der SPD) Bundespolizei zugewiesen war. Das konnte aus unserer Sicht nicht sein. Und darum war es richtig, hier letztend- lich Mindeststandards festzulegen. Ich war manchmal in Dirk Wiese (SPD): den Beratungen doch etwas überrascht, dass der eine oder Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und andere Betreiber von Bahnhöfen oder Flughäfen plötzlich Kollegen! Über 50 000 Bundespolizistinnen und Bundes- sehr schnell agiert hat und immer gesagt hat: Es ist doch polizisten sorgen im 70. Jahr des Bestehens der Bundes- alles in Ordnung, und es geht doch in die richtige Rich- polizei für die Sicherheit an unseren Grenzen, an den tung. Flughäfen, an den Bahnhöfen und leisten dabei einen herausragenden Beitrag, der unsere volle Wertschätzung (Zuruf der Abg. Dr. Irene Mihalic [BÜND- hat. Aus diesem Grund war es der SPD-Bundestagsfrak- NIS 90/DIE GRÜNEN]) tion sehr wichtig, in dieser Legislaturperiode das zuletzt vor 27 Jahren reformierte Bundespolizeigesetz an die Nein, es war richtig, dass wir hier gesetzgeberisch tätig heutige Zeit und die digitalen Entwicklungen der letzten geworden sind. Das ist eine wichtige Gesetzesänderung, Jahre anzupassen. die wir hier auf den Weg gebracht haben und in die rich- tige Richtung geht. Ich bin auch wirklich dankbar, dass wir von den Koa- litionsfraktionen diese Initiative ergriffen haben; denn ich (Beifall bei der SPD) will an diesem heutigen Tage nicht unerwähnt lassen, Die Arbeit der Bundespolizistinnen und Bundespoli- dass es das Bundesinnenministerium gewesen ist, das zisten verdient ohne Wenn und Aber Anerkennung und dieses Gesetz gar nicht mehr anpacken wollte. Respekt, die sich übrigens auch in einer angemessenen (Zuruf des Abg. Thorsten Frei [CDU/CSU] – Vergütung wiederfinden sollen. Darum war es gerade Konstantin Kuhle [FDP]: Das wird ja noch auch in dieser Woche ein wichtiges Signal der Koalitions- schöner! Da sind Sie auch noch stolz drauf?) fraktionen, dass wir die deutliche Erhöhung der seit Jahr- zehnten unangetasteten Polizeizulage Es war eine Initiative der Koalitionsfraktionen, mit der das auf den Weg gebracht wurde, und das war ein gutes (Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Signal. NEN]: Das stimmt nicht!) (Beifall bei der SPD – Konstantin Kuhle auf den Weg gebracht haben. Das ist ein wichtiger Schritt, [FDP]: Ich dachte, es ist die Union gewesen! den wir hier gemacht haben. Er passt auch etwa zu der aus Jetzt erfahren wir, es war die SPD!) meiner Sicht wichtigen, wertschätzenden Kampagne der 29988 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Dirk Wiese (A) GdP: „100 % Einsatz verdienen 100 % Einsatz.“ Das geht Wir hätten deswegen gerne heute dem Gesetz zuge- (C) in die richtige Richtung. Von daher war auch das ein stimmt, auch als Zeichen der Wertschätzung für die wich- wichtiges Signal. tige Arbeit der Beamtinnen und Beamten. Das Problem ist: Sie verhunzen dieses schöne Gesetz mit der Einfüh- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) rung des Staatstrojaners. Lassen Sie es mich aber auch nicht verhehlen: Wir (Beifall bei der FDP) haben auch einige Aufgaben, die umgehend in der neuen Sie verhunzen dieses schöne Gesetz mit der Einführung Legislaturperiode anstehen. Es ist sicherlich ein Mehr- der Quellen-Telekommunikationsüberwachung. Und das aufkommen an Aufgaben, das durch dieses Bundespoli- machen Sie, obwohl im Innenausschuss ganz eindeutig zeigesetz auf die Bundespolizistinnen und Bundespoli- gesagt worden ist, dass das mit der praktischen Arbeit der zisten zukommt. Wir müssen sicherlich schauen, ob das Bundespolizei überhaupt nichts zu tun hat. Personal angesichts des Mehrbedarfs nicht aufgestockt werden muss. Das ist eine Aufgabe für die neue Legisla- Wir haben eine Situation mit einem föderalen Sicher- turperiode. heitssystem -16 Landespolizeien, 16 Landeskriminaläm- ter –, und in dieser Situation führen Sie auf Bundesebene Ich kann auch sagen: Wir als SPD-Bundestagsfraktion heute – neben dem Bundesamt für Verfassungsschutz – wollen auch das Thema der Ruhegehaltsfähigkeit der auch noch bei der Bundespolizei den Staatstrojaner ein. Polizeizulage auf die Tagesordnung setzen. Am Ende ist die innere Sicherheit so organisiert: Alle (Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Behörden machen alles und sind für alles zuständig. – NEN]: Dann müssen Sie dem Antrag zustim- Das ist die organisierte Verantwortungslosigkeit und men, den wir seit Wochen stellen!) führt nicht zu mehr Sicherheit in der Bundesrepublik Deutschland, liebe Kolleginnen und Kollegen. Deswegen Da war das Bundesinnenministerium leider nicht ganz muss das heute abgelehnt werden. kooperativ. Auch das ist für uns ein wichtiges Thema, (Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ das in der neuen Legislaturperiode angegangen werden DIE GRÜNEN) muss. Liebe Kollegen, der Staatstrojaner führt zu einem In diesem Sinne: Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. erheblichen Eingriff in die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger, weil eben für diese Maßnahmen Sicherheits- (Beifall bei der SPD) lücken in der digitalen Kommunikation aller Menschen in Deutschland offen gelassen werden müssen. Das ist ein (B) Vizepräsidentin Dagmar Ziegler: massiver Eingriff in die digitale Kommunikation und ihre (D) Danke sehr. – Das Wort geht an Konstantin Kuhle von Vertraulichkeit. Und ich höre es ja schon wieder, dass die FDP-Fraktion. Menschen sagen: Ich habe doch nichts zu verbergen. – Lassen Sie ihnen gesagt sein: Wer nichts zu verbergen (Beifall bei der FDP) hat, der hat ein verdammt trauriges Leben. (Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP und der Konstantin Kuhle (FDP): CDU/CSU) Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kaum Deswegen schützen wir die Privatsphäre der Bürgerinnen eine Sicherheitsbehörde in Deutschland hat in den letzten und Bürger vor diesem Staatstrojaner, der so nicht einge- Jahren einen solchen Bedeutungszuwachs erlangt wie die führt werden darf. Bundespolizei. Die Bundespolizei stellt in Krisen regel- mäßig ihre besondere Expertise unter Beweis, und sie (Beifall bei der FDP) wächst auch in Krisenzeiten besonders über sich hinaus. Meine Damen und Herren, Sie machen hier ein Riesen- Expertise hat die Bundespolizei vor allen Dingen in theater – Sie bringen das hier auf den Weg – für eine einem Bereich. Das ist der Bereich der Durchsetzung Maßnahme, die am Ende kaum eingesetzt wird, aber der Ausreisepflicht, also der Bereich der Abschiebungen. massive Auswirkungen auf die IT-Sicherheit und die Bür- Und weil das so ist, begrüßen wir Freie Demokraten es gerrechte hat. Wir haben ein jahrelanges Theater vor dem sehr, dass der Bund und ganz besonders die Bundespoli- Bundesverfassungsgericht auf dem Rücken der Beamtin- zei mit diesem Gesetz neue Befugnisse im Bereich der nen und Beamten und auf dem Rücken der Sicherheit der Abschiebungen erlangen. Viele Menschen in Deutsch- Bürgerinnen und Bürger vor uns. land fragen sich, warum es nicht hinhaut, warum es nicht Heute führen Sie den Staatstrojaner für den Verfas- klappt, die Ausreisepflicht durchzusetzen. Das liegt oft- sungsschutz und die Bundespolizei ein. Heute ist ein mals daran, dass es ein Zuständigkeitswirrwarr zwischen schwarzer Tag für die Bürgerrechte. Heute ist ein schwar- Bund und Ländern gibt. Wir meinen, es macht Sinn, dass zer Tag für die IT-Sicherheit. Heute ist ein schwarzer Tag die Bundespolizei, wenn eine Person im Zuständigkeits- für die Glaubwürdigkeit der SPD, die das eigentlich nicht bereich der Bundespolizei aufgegriffen wird – am Bahn- wollte. Und heute ist vor allen Dingen ein schwarzer Tag, hof, am Flughafen –, die Abschiebehaft auch selbst bean- weil das die letzte richtige innenpolitische Debatte dieser tragen und dann die Abschiebung vollziehen kann. Das Legislaturperiode ist, ist der richtige Weg, das ist der richtige Schritt. (Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Beifall bei der FDP) NEN]: Ja! – Zuruf von der CDU/CSU: Nein!) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29989

Konstantin Kuhle (A) einer Legislaturperiode ohne Überwachungsgesamtrech- Ausländerbehörde geschehen; aber wenn die nicht (C) nung, ohne periodischen Sicherheitsbericht, ohne GTAZ- erreichbar ist, zum Beispiel am Wochenende, dann kön- Gesetz, ohne Musterpolizeigesetz und ohne eine Struk- nen die Betroffenen sofort fest- bzw. in Abschiebehaft turreform der Sicherheitsarchitektur. Es gibt in der nächs- genommen werden. Geduldete Menschen werden damit ten Legislaturperiode im Bereich der Innenpolitik viel zu praktisch zum Freiwild. tun. (Thorsten Frei [CDU/CSU]: Wir leben in Vielen Dank. einem Rechtsstaat!) (Beifall bei der FDP) Selbst die Gewerkschaft der Polizei hat in unserer Anhö- rung diese Pläne als – ich zitiere – „völlig abwegig“ und Vizepräsidentin Dagmar Ziegler: sogar verfassungswidrig kritisiert. Danke sehr. – Das Wort geht an Ulla Jelpke von der (Beifall bei der LINKEN – Christoph Bernstiel Fraktion Die Linke. [CDU/CSU]: Das basiert doch auf der Grund- (Beifall bei der LINKEN) lage von Gesetzen! Was erzählen Sie denn hier?) Ulla Jelpke (DIE LINKE): Denn sie haben mit dem verfassungsmäßigen Kernauf- Danke. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! trag der Bundespolizei, der Grenzsicherung, nichts mehr Wir sprechen jetzt, nachdem wir eben über das Verfas- zu tun. Und was nicht weniger schlimm ist: Sie laufen auf sungsschutzrecht debattiert haben, über weiter gehende massive Willkür gegenüber den geduldeten Personen Befugnisse für die Bundespolizei. Herr Seehofer hat in hinaus. der ersten Lesung hier gesagt – ich zitiere –: (Thorsten Frei [CDU/CSU]: Warum denn das? Für die Überwachung der Telekommunikation strei- Das ist doch eine Unterstellung!) ten bestimmte politische Kräfte schon seit Jahrzehn- ten. Es ist also schön, dass dies jetzt die Chance hat, realisiert zu werden. Vizepräsidentin Dagmar Ziegler: Kommen Sie bitte zum Ende. Was für eine Definition! „Schön“ ist wirklich was ande- res. Wenn heute beschlossen wird, dass die Bürgerinnen (Zuruf von der CDU/CSU: Redezeit!) und Bürger weiterhin überwacht werden und damit Bür- gerrechte eingeschränkt werden, dann wird die Sicherheit Ulla Jelpke (DIE LINKE): eher zur Unsicherheit. Das zeigt das gesamte Gesetz. (B) Ich will hier daran erinnern: Das sind immerhin Men- (D) (Zuruf von der FDP: Das sagt die Richtige!) schen, die legal hier sind und damit das Recht haben, rechtsstaatlich behandelt zu werden. Die Koalition will der Bundespolizei zum Beispiel einen Großteil jener TKÜ-Befugnisse geben, wie sie be- (Beifall bei der LINKEN) reits die Länderpolizeien haben. Das bedeutet unter ande- Was man im Gesetzentwurf hingegen vergeblich rem, Handys und Computer mithilfe von Staatstrojanern sucht, – auszuspähen. Dazu nutzt der Staat Sicherheitslücken in der Technik dieser Geräte, anstatt die Bürger vor diesen Lücken zu warnen. Um wenige Verdächtige abzuhören, Vizepräsidentin Dagmar Ziegler: werden Millionen von Bürgern und Bürgerinnen dem Ich möchte Sie an das Ende Ihrer Redezeit erinnern. Risiko ausgesetzt, dass ihre Geräte gehackt werden. Das ist unverantwortlich, unverhältnismäßig und wird hof- Ulla Jelpke (DIE LINKE): fentlich vom Bundesverfassungsgericht kassiert werden. – ist eine Streichung der Regelung des willkürlichen (Beifall bei der LINKEN – Beifall bei der FDP: Racial Profilings. Das wäre in der Tat ein Problem, über So ein Quatsch!) das man hier hätte diskutieren müssen. Außerdem soll die Bundespolizei Meldeauflagen verhän- gen können und vollen Zugriff auf die Personendaten Vizepräsidentin Dagmar Ziegler: haben, die zum Beispiel im Schengener Informationssys- Das Problem sind gerade Sie mit Ihrer Redezeit. tem gespeichert sind. Für all das sind bislang die Länder zuständig, und es ist überflüssig wie ein Kropf, diese Ulla Jelpke (DIE LINKE): Kompetenzen jetzt auch noch der Bundespolizei zu ge- Ja, ich komme auch gleich zum Ende. ben.

( [fraktionslos]: Keinen blassen Vizepräsidentin Dagmar Ziegler: Schimmer! – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Nein, jetzt. Ich muss Ihnen sonst das Mikro abstellen. Genau richtig!) Im Unterschied zur FDP finden wir es sehr problema- Ulla Jelpke (DIE LINKE): tisch, dass die Bundespolizei auch für die Abschiebung Das Problem rassistischer Polizeikontrollen muss end- geduldeter Personen zuständig sein soll, wenn sie diese lich auf die Tagesordnung. Personen zufällig an einem Bahnhof oder in einem Zug kontrolliert. Das soll zwar jetzt in Abstimmung mit der (Beifall bei der LINKEN) 29990 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Vizepräsidentin Dagmar Ziegler: aber diese Lösung muss rechtsstaatlich sein, und sie darf (C) Das Wort geht an die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor allen Dingen nicht die Sicherheit in unserem Land mit Frau Dr. Irene Mihalic. gefährden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Darüber hinaus finden sich in Ihrem Gesetzentwurf kaum Maßnahmen, die die Arbeit der Bundespolizei wirklich verbessern würden. Die Abschaffung des Dr. Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Racial-Profiling-Paragrafen und die Einführung einer Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! echten Kontrollbefugnis mit klaren Zulässigkeitsvoraus- Liebe Kollegen! Ich sage es ganz unumwunden: Ihr Ge- setzungen, wie sie im Übrigen auch von der Gewerk- setzentwurf ist weder ambitioniert noch zukunftswei- schaft der Polizei gefordert wird, sind dringend nötig. send. Dabei wäre eine moderne und rechtssichere Arbeitsgrundlage enorm wichtig für die Polizistinnen (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Polizisten, die täglich für uns alle im Einsatz sind. Verbesserungen bei der Datenverarbeitung, die Evalua- In etlichen Runden wurden ganz konkrete Verbesserungs- tion von Rechtsgrundlagen und die Schaffung eines unab- möglichkeiten erörtert, und in der vernichtenden – so hängigen Polizeibeauftragten sind ebenfalls längst über- muss ich es leider sagen – Sachverständigenanhörung fällig. im Innenausschuss wurden die Schwachstellen ohne Außerdem müssen auch die vielen offenen Stellen Ende offengelegt. Die Gewerkschaft der Polizei hat in besetzt werden. Deshalb brauchen wir dringend eine qua- ihrer Stellungnahme die Zuständigkeitserweiterung im litative Personaloffensive mit verbesserter Aus- und Fort- Aufenthaltsgesetz als – ich zitiere – „aus verfassungs- bildung. rechtlichen und tatsächlichen Gründen abzulehnen“ kriti- siert. Die Aufgabenerweiterung sei durch die Bundespo- Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ihr Gesetzentwurf ist lizei auch überhaupt nicht leistbar. Das sage nicht ich, das bestenfalls unausgegoren, im schlimmsten Fall verfas- sagt die GdP. sungswidrig – das wird sich noch zeigen –, aber die Re- form der Reform ist jedenfalls schon jetzt vorprogram- (Thorsten Frei [CDU/CSU]: Aber das ist nur miert. Unsere Polizei hat mehr verdient. eine Gewerkschaft!) Herzlichen Dank. Die Formelkompromisse, die Sie gefunden haben, kön- nen nicht die Grundlage für den so dringend benötigten (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) großen Wurf beim Bundespolizeigesetz sein. Vizepräsidentin Dagmar Ziegler: (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (B) Vielen Dank. – Ich mache darauf aufmerksam, dass (D) Das Festhalten an der Quellen-Telekommunikations- jetzt die letzte Minute für die Möglichkeit der Abgabe überwachung setzt dem Ganzen noch die Krone auf. Lie- der Stimme zur namentlichen Abstimmung gekommen be SPD, ihr seid nicht nur über eure eigene Groß- ist und ich eigentlich jetzt gleich die Urnen schließen spurigkeit gestolpert, diese Aktion verhindern zu muss. Ist noch jemand im Saal, der noch nicht abge- wollen, sondern ihr seid komplett umgefallen. Verfas- stimmt hat? – Da läuft sie. – Sind jetzt die letzten Stim- sungsrechtlich hochumstritten, steht das Ding bereits im men abgegeben worden? Kann ich ein Signal bekom- Bundeskriminalamtgesetz. Vor einer halben Stunde ha- men? – Ja, der Daumen ist oben. Ich schließe damit die ben Sie die Aufnahme ins Verfassungsschutzgesetz Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und beschlossen, und jetzt soll es auch noch im Bundespoli- Schriftführer um die Auszählung. – Vielen Dank. zeigesetz landen, und das, obwohl Sie mit den Sicher- heitslücken, die Sie für den Staatstrojaner offenhalten Wir kommen zur nächsten Rednerin: Frau Andrea müssen, die IT-Sicherheit von 83 Millionen Menschen Lindholz von der CDU/CSU-Fraktion. in unserem Land gefährden – eine regelrechte Einladung (Beifall bei der CDU/CSU) an Cyberkriminelle und andere, die nichts Gutes im Sinn haben. Andrea Lindholz (CDU/CSU): (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und und bei Abgeordneten der FDP) Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen heute mit unserem Gesetzentwurf die Bundespo- Sie gefährden die Bürgerinnen und Bürger für die Mög- lizei schlagkräftiger machen. Das Bundespolizeigesetz ist lichkeit, ein Instrument anzuwenden, das in der bisheri- 27 Jahre alt und entspricht nicht mehr an allen Stellen der gen Praxis überhaupt gar keine Rolle spielt. Das ist keine heutigen Realität. Den Fraktionen ist es gelungen – vielen Sicherheitspolitik, das ist das Gegenteil davon, meine Dank dafür an SPD und Union –, dass wir heute noch zu Damen und Herren. einem, glaube ich, guten Abschluss kommen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Zuruf von der FDP: Na ja!) sowie der Abg. Konstantin Kuhle [FDP] und Wir ziehen heute unter anderem auch die Lehren aus Ulla Jelpke [DIE LINKE]) dem Anschlag vom Breitscheidplatz. Wir tun damit auch Um das noch mal ganz klarzustellen: Die Polizei etwas für die Durchsetzung der Ausreisepflicht, indem braucht eine Lösung. Sie braucht eine Lösung, um Mes- wir unsere Bundespolizei die Zuständigkeit für die Fest- sengerkommunikation aus ganz konkretem Anlass und stellung von illegalem Aufenthalt und für Rückführungen unter ganz engen Voraussetzungen mitlesen zu können, in Absprache mit den Landesbehörden übernehmen las- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29991

Andrea Lindholz (A) sen. Auf Ersuchen einer Staatsanwaltschaft kann unsere Wir führen eine Sicherheitsüberprüfung für neue (C) Bundespolizei künftig die Strafverfolgung bei länder- Bedienstete ein. Das ist ebenfalls wichtig; denn seit übergreifenden Ermittlungen übernehmen, und das ist 2015 hat die Bundespolizei 12 500 neue Stellen bekom- auch gut so. Es kann nämlich in Einzelfällen, zum Bei- men. Die Zahl der Polizeianwärter beim Bund ist um rund spiel bei einer Serie von Automatenaufbrüchen an Bahn- 240 Prozent im Vergleich zu 2010 gestiegen. Insofern ist höfen oder auch bei der Schleusungskriminalität, viel- es auch gut, dass wir hier eine Sicherheitsüberprüfung leicht in Kombination mit Urkundenfälschung und auch einziehen. Clankriminalität, durchaus sinnvoll sein, dass die Bun- despolizei die Strafverfolgung in Absprache mit bzw. Uns war es aber auch wichtig – und wir werden das auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft übernimmt. heute im späteren Verlauf noch beschließen –, die Poli- zeizulage nochmals anzuheben. Es ist vorhin gesagt wor- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- den, die Zulagen seien nicht angepasst worden. Das ist ordneten der FDP) natürlich Quatsch. Wir haben 2019 ganz viele Zulagen Die Bundespolizei soll in Zukunft ein eigenes Zeugen- erhöht, neben anderen auch die Polizeizulage. Aber wir schutzprogramm im Kampf gegen Menschenhändler und wollen jetzt noch mal ganz bewusst die Polizeizulage um Schleuser aufbauen; denn uns ist der Kampf gegen Men- 20 Prozent erhöhen, weil wir sehen, dass die Polizei – und schenhändler und Schleuser wichtig. Praktisch wollen damit ist auch ein großes Dankeschön von uns verbun- wir ermöglichen, dass die Videoschnittstellen zwischen den – der Bundespolizei und den Landespolizeien eingerichtet werden dürfen, vor allem im Bereich der Bahnhöfe. Das Vizepräsidentin Dagmar Ziegler: ist wichtig, damit sie besser, enger und rechtssicherer Liebe Kollegin, kommen Sie zum Ende. zusammenarbeiten können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Andrea Lindholz (CDU/CSU): Von besonderer Bedeutung ist für uns – und wir bedan- – durch Corona, durch Grenzkontrollen, durch Migra- ken uns bei der SPD, dass wir zu einer Lösung gekommen tion und Demos vor besonderen Herausforderungen sind –, dass auch für die Bundespolizei die Quellen-TKÜ steht. Und ja, vielleicht macht man nicht immer alles, eingeführt wird. Sie wird in einem eng gesteckten Rah- was man gerne gemacht hätte. Aber es ist wichtig, dass men ermöglicht, und zwar dann, wenn konkretisierte wir Schritt für Schritt die Bundespolizei weiter personell, Straftaten im Bereich Schleusung und Menschenhandel rechtlich und finanziell stärken. Das tun wir heute, und vorliegen. Damit wird mitnichten ein Sicherheitsrisiko ich bitte Sie daher um Ihre Unterstützung. für 80 Millionen Bürgerinnen und Bürger hergestellt, Danke schön. (B) sondern es geht um Menschenhandel und schwerstkrimi- (D) nelle Schleuser. Da darf man sich auch nicht hinter dem (Beifall bei der CDU/CSU) Datenschutz verstecken. Ich will an dieser Stelle deutlich sagen: In der Anhö- Vizepräsidentin Dagmar Ziegler: rung im Innenausschuss zu den Änderungen im Verfas- Vielen Dank. – Das Wort geht an die SPD-Fraktion mit sungsschutzrecht hat der Präsident des Bundesamtes für Uli Grötsch. Verfassungsschutz ganz klar gesagt, (Konstantin Kuhle [FDP]: Jetzt geht es gerade (Beifall bei der SPD) um die Bundespolizei!) dass dafür keine Sicherheitslücken ausgenutzt werden. Uli Grötsch (SPD): Das kann man dort zweimal nachlesen – wie man über- Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen haupt dort nachlesen kann, wie das rechtssicher funktio- und Kollegen! Ich möchte zu Beginn meiner Ausführun- nieren kann. gen sagen, dass es meiner Meinung nach ein gutes Signal ist, dass wir in der letzten innenpolitischen Debatte dieser (Beifall bei der CDU/CSU) Wahlperiode noch mal über die Bundespolizei, die größte Ein wichtiger Punkt – und das war SPD und Union Behörde des Bundes, diskutieren, eine Sicherheitsbehör- gemeinsam wichtig – war die bessere Unterbringung de, die in den letzten acht Jahren Großer Koalition so sehr der Bundespolizei an Bahnhöfen. Ich will an dieser Stelle im Fokus unseres innenpolitischen Arbeitens gestanden ganz klar sagen: Es gibt gute Unterkünfte; es gibt aber hat, so glaube ich sagen zu dürfen, wie keine andere. auch Unterkünfte, bei denen Handlungs- und Renovie- Es ist gut, dass wir in der letzten innenpolitischen De- rungsbedarf besteht. Wir haben es uns hier nicht leicht batte dieser Wahlperiode den Rechtsrahmen für die Bun- gemacht und auch mit den Verkehrspolitikern gerungen. despolizei noch mal anpassen. Ohnehin ist es kaum zu Mit diesem Gesetz sagen wir jetzt klar, in welchem Zu- glauben, dass es fast 30 Jahre her ist – es war 1994 –, als stand die Räumlichkeiten sein müssen. Wir – auch die wir das zum letzten Mal gemacht haben. Wir nennen das Verkehrspolitiker – müssen aber auch darauf achten, einigermaßen bescheiden eine Modernisierung der dass dann wirklich zeitnah in allen Bahnhöfen, in denen Rechtsgrundlagen. Ich glaube aber, dass es eigentlich es noch Missstände bei der Unterbringung gibt, diese viel, viel mehr ist, was wir mit diesem Gesetz machen. beseitigt werden. Ich glaube, dass es nichts Geringeres ist als ein richtiges (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Makeover für die Bundespolizei, was nach 30 Jahren ordneten der SPD) natürlich dringend notwendig ist und jetzt mit diesem 29992 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Uli Grötsch (A) Gesetz auch gut gemacht wird. Ich sage auch: Das lassen vielen Gesprächen der letzten Jahre mit der Bundespoli- (C) wir uns von niemandem kaputtreden, weil es nämlich zei, vor allem vor Ort, weiß ich, wie wichtig diese kon- richtig viel Arbeit war. kreten Änderungen für die tägliche Praxis sind. Wir alle wissen, dass die Bundespolizei 24 Stunden am Tag, (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten 7 Tage die Woche ihre Aufgaben für die Freiheit und der CDU/CSU) für die Sicherheit unseres Landes wahrnimmt, in einem Ich möchte an dieser Stelle auch nicht versäumen, Dienst, der enorm viel fordert und viel Risiko bedeutet. schon mal Danke zu sagen. Nachdem das Bundesinnen- Für diesen Dienst an unserer Demokratie den höchsten ministerium nicht in der Lage war, dieses Gesetz zu ma- Respekt und unseren Dank an die Bundespolizei! chen, war es dein Verdienst, lieber Dirk Wiese – das darf auch mal gesagt werden –, dass es aus der Mitte des (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie Parlaments entstanden ist. Vielen Dank, Herr Frei, dass bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Lars Sie das mitgetragen haben. Und dir, lieber Kollege Herrmann [fraktionslos]) Michael Brand, möchte ich an dieser Stelle auch mal Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Reform war für deinen langen Atem danken. Dieses Gesetz zu ma- überfällig. Mit ihr lösen wir in wichtigen Bereichen teils chen, ging nämlich alles andere als hopplahopp. Es war lange ungelöste Probleme, indem wir Befugnisse der ein richtig langer und intensiver Prozess, den wir auf dem Bundespolizei dosiert und gezielt anpassen. Niemand Weg zur heutigen zweiten und dritten Lesung durchlau- will übertriebene Regelungen; die finden auch nicht statt. fen sind. Ich glaube, es war auch gut so, dass wir uns für Aber Sicherheit und Schutz gegen Anschläge, Menschen- ein so umfangreiches Gesetz so viel Zeit nehmen, damit handel und Organisierte Kriminalität sind nötig und sind alles gut durchdacht ist, möglich in vollem Einklang mit Datenschutz und Bürger- (Beifall der Abg. Marianne Schieder [SPD]) rechten. und dass wir uns ständig mit denen austauschen, die es Dazu gehören die Neuregelungen zur Telekommunika- anwenden müssen, also dass nicht wir als Hohes Haus tionsüberwachung oder zu Meldeauflagen bei Hooligans von oben herab einer Sicherheitsbehörde etwas drüber- und anderen Gewalttätern und die Zuständigkeit nicht stülpen, sondern dass wir uns mit denen austauschen, die allein für Vergehen, sondern gezielt bei Verbrechen. es anzuwenden haben. Auch das, glaube ich, ist ein wich- Ebenfalls alltagsrelevant ist die Übernahme von Ermitt- tiger Punkt, der an dieser Stelle genannt sein darf. lungen durch die Bundespolizei auf Ersuchen der Staats- anwaltschaft außerhalb der originären Strafverfolgungs- (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) zuständigkeit. Ich sage abschließend – und das ist mir wichtig zu (B) Zentral sind auch die neuen Befugnisse zur Beendi- (D) sagen –, dass es uns als SPD wichtig war, in den Ent- gung unerlaubten Aufenthalts, also Abschiebung von schließungsantrag, den wir im Innenausschuss gestern Personen ohne Duldung, die an Bahnhöfen oder Flughä- beschlossen haben, das Thema „Racial Profiling“ aufzu- fen aufgegriffen werden. nehmen. Das ist einer Debatte geschuldet, die in Deutsch- land völlig zu Recht geführt wird. Ich glaube, dass wir gut Zur Sicherung von Flughäfen und anderen wichtigen daran tun, dass auch wir als Parlament solchen Debatten Einrichtungen wird die Bundespolizei zur Abwehr von Rechnung tragen. Angriffen mit Drohnen oder Laserpointern befugt sein, um auf neue Gefährdungen reagieren zu können. In diesem Sinne, liebe Kolleginnen und Kollegen, wer- be ich um Zustimmung für dieses Gesetz, das die Bundes- Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese und andere polizei gut auf dem Weg in die Zukunft begleiten wird. Punkte machen diese Reform zu einem echten Zugewinn Und ja, es ist richtig: Auch in der nächsten Wahlperiode an Sicherheit für unser Land. des Bundestages müssen wir über die Bundespolizei reden und darüber, wie wir sie in Zukunft weiterentwi- (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Uli ckeln können. Grötsch [SPD]) Vielen Dank. Zu den Punkten zählt im Übrigen auch – es ist erwähnt worden – die Verbesserung der Unterbringung der Bun- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten despolizei, zum Beispiel an Bahnhöfen. Das war nicht der CDU/CSU) nur unter dem Gesichtspunkt der dienstlichen Fürsorge ein überfälliger Schritt. Wir als CDU/CSU sind froh, dass Vizepräsidentin Dagmar Ziegler: dies und mehr mit dem Koalitionspartner möglich war. Vielen Dank. – Letzter Redner in der Debatte ist Diese Reform ist natürlich ein Kompromiss. Klar ist Michael Brand von der CDU/CSU-Fraktion. dabei auch, dass wir als Union weitere Maßnahmen für (Beifall bei der CDU/CSU) die Bundespolizei für richtig halten. Ich erwähne hier die Gesichtserkennung an Gefahrenschwerpunkten oder die Distanz-Elektroimpulsgeräte, die präventiv wirken und Michael Brand (Fulda) (CDU/CSU): auch die Polizei schützen. Dazu gibt es einen Weg, und Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! der heißt Bundestagswahl. Für diese Wahl gilt der Grund- Dass wir heute die Modernisierung der Rechtsgrundlagen satz: Wer mehr Sicherheit will, muss mehr Union wählen. für die Bundespolizei auf den Weg bringen, ist ein wich- tiger, von vielen kaum mehr erwarteter Erfolg für die über (Beifall bei der CDU/CSU – Heiterkeit des 50 000 Bundespolizistinnen und Bundespolizisten. Aus Abg. Uli Grötsch [SPD]) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29993

Michael Brand (Fulda) (A) Zum Abschluss gilt meiner eigenen Fraktion, dem liche Verbesserungen, und das ist einen solchen Kompro- (C) Koalitionspartner und dir, lieber Uli Grötsch – ich hatte miss allemal wert. Vielen Dank an alle, die dazu beige- mir das auch vorgenommen –, ein herzliches Dankeschön tragen haben. für die gute Zusammenarbeit. Das war konstruktiv, es war im besten Sinne ein Ringen um eine gute Lösung, und es ist wirklich etwas Gutes herausgekommen. Allen, die bei (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- der schwierigen Geburt mitgeholfen haben, möchte ich ordneten der SPD) zum Abschluss danken, auch denen aus der Praxis, die uns mit Rat und Tat und kritischer Prüfung zur Seite gestanden haben: die Gewerkschaft der Polizei und die Vizepräsidentin Dagmar Ziegler: Deutsche Polizeigewerkschaft – die im Übrigen sehr froh Danke sehr. – Ich schließe die Aussprache. sind, Frau Mihalic, dass genau diese Entscheidungen heute die Zustimmung des Deutschen Bundestages fin- Ich komme zurück zum Tagesordnungspunkt 15 a: den – Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Verfassungs- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- schutzrechts. Ich gebe das von den Schriftführerinnen ordneten der SPD) und Schriftführern ermittelte Ergebnis der nament- lichen Abstimmung zu den Drucksachen 19/24785, und auch der Präsident der Bundespolizei, Dr. Romann. 19/24900 und 19/30477 bekannt: abgegebene Stimmkar- Alles in allem bringt diese erste substanzielle Reform ten 639. Mit Ja haben gestimmt 355, mit Nein haben seit 1994 der Bundespolizei und unserer öffentlichen gestimmt 280, Enthaltungen 4. Der Gesetzentwurf ist Sicherheit in einer Reihe von wichtigen Punkten deut- damit angenommen.

Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 639; Marie-Luise Dött Paul Lehrieder davon Hansjörg Durz Dr. ja: 355 Dr. Andreas Lenz nein: 280 Dr. Dr. h. c. Antje Lezius enthalten: 4 Hermann Färber Dr. Andrea Lindholz Alexander Hoffmann Dr. (B) Ja (D) CDU/CSU Dr. Dr. Bernhard Loos Thorsten Frei Dr. Jan-Marco Luczak Dr. Dr. Hans-Peter Friedrich Hans-Jürgen Irmer (Hof) Dr. Norbert Maria Altenkamp Maika Friemann-Jennert Ingmar Jung Artur Auernhammer Hans-Joachim Fuchtel Dr. Thomas de Maizière Peter Aumer Ingo Gädechens Thomas Bareiß Dr. Torbjörn Kartes Dr. Alois Gerig Matern von Marschall (Börde) Ursula Groden-Kranich (Altötting) Veronika Bellmann Hermann Gröhe Michael Kießling Dr. Michael Meister Sybille Benning Klaus-Dieter Gröhler Dr. Dr. André Berghegger Michael Grosse-Brömer Dr. h. c. (Univ Kyiv) Hans Astrid Grotelüschen Michelbach Christoph Bernstiel Markus Grübel Dr. Mathias Middelberg Carsten Körber Karsten Möring Monika Grütters Fritz Güntzler Alexander Krauß Axel Müller Olav Gutting Sepp Müller Michael Brand (Fulda) Dr. Günter Krings Carsten Müller Dr. Rüdiger Kruse (Braunschweig) Jürgen Hardt Michael Kuffer Stefan Müller (Erlangen) Sebastian Brehm Dr. Roy Kühne Dr. Matthias Heider Dr. Dr. h. c. Karl A. Lamers Dr. Andreas Nick Ralph Brinkhaus Andreas G. Lämmel Dr. Katharina Landgraf Gitta Connemann (Chemnitz) Ulrich Lange Kristina Nordt Alexander Dobrindt Mark Helfrich Dr. Silke Launert 29994 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Florian Oßner Uli Grötsch Marianne Schieder (C) Dr. Volker Ullrich Dr. Rita Hagl-Kehl Dr. Ingrid Pahlmann Sylvia Pantel (Aachen) (Peine) (Wetzlar) Dr. (Kleinsaara) Carsten Schneider (Erfurt) Christoph de Vries Dr. Christoph Ploß Kees de Vries Dr. Barbara Hendricks Michael Schrodi Dr. Johann David Wadephul Gabriele Hiller-Ohm (Spandau) Alois Rainer Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Albert H. Weiler Rainer Spiering Ralf Kapschack (Hamburg) Martina Stamm-Fibich Dr. Anja Weisgerber Sonja Amalie Steffen Johannes Röring Peter Weiß (Emmendingen) Dr. Norbert Röttgen Dr. Bärbel Kofler Sabine Weiss (Wesel I) Erwin Rüddel Michael Thews Marian Wendt Christian Lange Markus Töns Kai Whittaker (Backnang) Anita Schäfer (Saalstadt) Carsten Träger Annette Widmann-Mauz Dr. Karl Lauterbach Dr. Wolfgang Schäuble Bettina Margarethe Andreas Scheuer Marja-Liisa Völlers Wiesmann Dirk Vöpel Klaus-Peter Willsch Kirsten Lühmann Elisabeth Winkelmeier- Christian Schmidt (Fürth) Dr. Becker Dr. Dirk Wiese Dagmar Ziegler Nadine Schön (B) Dr. Dr. Matthias Miersch (D) Dr. Jens Zimmermann Dr. Klaus-Peter Schulze Uwe Schummer SPD Nein Siemtje Möller Ingrid Arndt-Brauer Bettina Müller SPD Detlef Müller (Chemnitz) Frank Junge Michelle Müntefering Cansel Kiziltepe Dr. Dr. Rolf Mützenich -Emre Björn Simon Sören Bartol Josephine Ortleb Bärbel Bas Mahmut Özdemir Lothar Binding (Duisburg) (Heidelberg) AfD Frank Steffel Dr. Sabine Poschmann Dr. Bernd Baumann Dr. Dr. Karl-Heinz Brunner (Minden) Andreas Bleck Dr. Lars Castellucci Florian Pronold Peter Boehringer Bernhard Daldrup Dr. Stephan Brandner Peter Stein (Rostock) Dr. Jürgen Braun Sebastian Steineke Esther Dilcher Mechthild Rawert Marcus Bühl Johannes Steiniger Petr Bystron Christian Frhr. von Stetten Dr. Wiebke Esdar Sönke Rix Dieter Stier Dr. Gottfried Curio Dr. Johannes Fechner Dr. Martin Rosemann Siegbert Droese Dr. René Röspel Berengar Elsner von Dr. Dr. Gronow Dr. Hermann-Josef Dagmar Freitag Michael Roth (Heringen) Dr. Michael Espendiller Tebroke Susann Rüthrich Dietmar Friedhoff Hans-Jürgen Thies Bernd Rützel Dr. Anton Friesen Angelika Glöckner Johann Saathoff Markus Frohnmaier Dr. Timon Gremmels Axel Schäfer () Dr. Götz Frömming Antje Tillmann Dr. Nina Scheer Dr. Alexander Gauland Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29995

(A) Albrecht Glaser Christine Aschenberg- Frank Sitta (C) Franziska Gminder Dugnus Judith Skudelny Eva-Maria Schreiber Wilhelm von Gottberg Nicole Bauer Dr. Dr. Petra Sitte Kay Gottschalk Jens Beeck Bettina Stark-Watzinger Helin Armin-Paulus Hampel Dr. Jens Brandenburg Dr. Marie-Agnes Strack- Kersten Steinke Mariana Iris Harder- (Rhein-Neckar) Zimmermann Friedrich Straetmanns Kühnel Dr. Kirsten Tackmann Dr. Roland Hartwig (Südpfalz) Katja Suding Jessica Tatti Sandra Bubendorfer-Licht Udo Theodor Hemmelgarn Linda Teuteberg Dr. Axel Troost Dr. Marco Buschmann Waldemar Herdt Michael Theurer Alexander Ulrich Martin Hess Stephan Thomae Carl-Julius Cronenberg Dr. Heiko Heßenkemper Manfred Todtenhausen Dr. Britta Katharina Dassler Karsten Hilse Dr. Florian Toncar Bijan Djir-Sarai Nicole Höchst Dr. Christian Dürr Sabine Zimmermann Dr. Hartmut Ebbing (Zwickau) Dr. Johannes Vogel (Olpe) Leif-Erik Holm Sandra Weeser Daniel Föst Otto Fricke BÜNDNIS 90/ Katharina Willkomm DIE GRÜNEN Dr. Marc Jongen Dr. Thomas Hacker Lisa Badum Reginald Hanke Stefan Keuter DIE LINKE Margarete Bause Peter Heidt Norbert Kleinwächter Doris Achelwilm Canan Bayram Katrin Helling-Plahr Enrico Komning Gökay Akbulut Dr. Franziska Brantner Markus Herbrand Jörn König Agnieszka Brugger Torsten Herbst Dr. Rainer Kraft Dr. Katja Hessel Dr. Dietmar Bartsch Rüdiger Lucassen Dr. Janosch Dahmen Dr. Gero Clemens Hocker Lorenz Gösta Beutin Frank Magnitz Ekin Deligöz Manuel Höferlin Matthias W. Birkwald Jens Maier Katharina Dröge Dr. Christoph Hoffmann Heidrun Bluhm-Förster Dr. Lothar Maier Harald Ebner Reinhard Houben Dr. Birgit Malsack- Dr. Birke Bull-Bischoff Marcel Emmerich Winkemann Matthias Gastel Olaf In der Beek Jörg Cezanne (B) Sevim Dağdelen Kai Gehring (D) Gyde Jensen Volker Münz Dr. Sebastian Münzenmaier Katrin Göring-Eckardt Dr. Anke Domscheit-Berg Erhard Grundl Daniela Kluckert Klaus Ernst Jan Ralf Nolte Anja Hajduk Pascal Kober Susanne Ferschl Ulrich Oehme Britta Haßelmann Dr. Lukas Köhler Nicole Gohlke Dr. Bettina Hoffmann Dr. Tobias Matthias Peterka Dr. Anton Hofreiter Dr. André Hahn Paul Viktor Podolay Konstantin Kuhle Heike Hänsel Jürgen Pohl Dieter Janecek Matthias Höhn Martin Erwin Renner Dr. Kirsten Kappert- Alexander Graf Andrej Hunko Ulrike Schielke-Ziesing Gonther Lambsdorff Ulla Jelpke Dr. Robby Schlund Uwe Kekeritz Kerstin Kassner Jörg Schneider Katja Keul Dr. Uwe Schulz Sven-Christian Kindler (Heilbronn) Jan Korte Thomas Seitz Sylvia Kotting-Uhl Oliver Luksic Jutta Krellmann Till Mansmann Oliver Krischer Detlev Spangenberg Christian Kühn (Tübingen) Dr. Jürgen Martens Ralph Lenkert Dr. Renate Künast René Springer Alexander Müller Markus Kurth Dr. Gesine Lötzsch Beatrix von Storch Roman Müller-Böhm Monika Lazar Thomas Lutze Dr. Frank Müller-Rosentritt Steffi Lemke Cornelia Möhring Dr. Harald Weyel Dr. Dr. (Lausitz) Norbert Müller (Potsdam) Dr. Irene Mihalic Dr. Heiko Wildberg Matthias Nölke Zaklin Nastic Claudia Müller Dr. Christian Wirth Bernd Reuther Dr. Alexander S. Neu Beate Müller-Gemmeke Uwe Witt Dr. h. c. Thomas Dr. Ingrid Nestle Sattelberger Petra Pau Dr. Konstantin von Notz Christian Sauter Sören Pellmann Omid Nouripour FDP Frank Schäffler Friedrich Ostendorff Grigorios Aggelidis Dr. Tobias Pflüger Cem Özdemir Renata Alt Matthias Seestern-Pauly Lisa Paus 29996 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Filiz Polat Kordula Schulz-Asche Enthalten (C) Tabea Rößner Dr. Wolfgang Strengmann- Gerhard Zickenheiner SPD Claudia Roth (Augsburg) Kuhn Dr. Margit Stumpp Fraktionslos Leni Breymaier Corinna Rüffer Markus Tressel Marco Bülow Gülistan Yüksel Manuel Sarrazin Jürgen Trittin Ulle Schauws Dr. Julia Verlinden Lars Herrmann AfD Dr. Stefan Schmidt Beate Walter-Rosenheimer Dr. Roman Johannes Reusch

Zurück zum Tagesordnungspunkt 16. Wir kommen zur Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und FDP. Wer enthält Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU/CSU sich? – Fraktionen der AfD und der Linken. Die Be- und SPD eingebrachten Gesetzentwurf zur Modernisie- schlussempfehlung ist damit angenommen. rung der Rechtsgrundlagen der Bundespolizei. Der Aus- Weiterhin empfiehlt der Ausschuss unter Buchstabe c schuss für Inneres und Heimat empfiehlt unter Buch- seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags stabe a seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 19/30468, den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/ 19/16885 mit dem Titel „Freiheit und Rechtsstaatlichkeit CSU und SPD auf Drucksache 19/26541 in der Aus- erhalten – Kein Einsatz biometrischer Gesichtserkennung schussfassung anzunehmen. in öffentlichen Räumen“. Wer stimmt für diese Be- Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der AfD schlussempfehlung? – Fraktion der SPD und CDU/ auf Drucksache 19/30508 vor, über den wir zuerst CSU-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – FDP und Bünd- abstimmen. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? – nis 90/Die Grünen sowie die Fraktion Die Linke. Wer Das ist die Fraktion der AfD. Wer stimmt dagegen? – Das enthält sich? – Fraktion der AfD. Die Beschlussempfeh- ist der Rest des Hauses. Gibt es Enthaltungen? – Das sehe lung ist damit angenommen. ich nicht. Der Änderungsantrag ist damit abgelehnt. Tagesordnungspunkt 16 c. Beschlussempfehlung des Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf der Ausschusses für Inneres und Heimat zu dem Antrag der Fraktionen von CDU/CSU und SPD auf Drucksache Fraktion der AfD mit dem Titel „Schnellstmögliche Be- 19/26541 in der Ausschussfassung zustimmen wollen, schaffung und Einführung von Distanz-Elektroimpulsge- (B) um das Handzeichen. – Fraktionen der SPD und CDU/ räten für die Bundespolizei“. Der Ausschuss empfiehlt in (D) CSU. Wer stimmt dagegen? – Fraktion Die Linke, Bünd- seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/26441, nis 90/Die Grünen, FDP und AfD. Gibt es Enthaltun- den Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache gen? – Das sehe ich nicht. Der Gesetzentwurf ist damit 19/22203 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschluss- in zweiter Beratung angenommen. empfehlung? – Fraktionen Die Linke, SPD, Bündnis 90/ Die Grünen, CDU/CSU und FDP. Wer stimmt dagegen? – Dritte Beratung Fraktion der AfD. Enthält sich jemand? – Das sehe ich und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem nicht. Die Beschlussempfehlung ist damit angenommen. Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Tagesordnungspunkt 16 d. Beschlussempfehlung des Fraktion der SPD und CDU/CSU-Fraktion. Wer stimmt Ausschusses für Inneres und Heimat zu dem Antrag der dagegen? – Der Rest des Hauses. Gibt es Enthaltungen? – AfD mit dem Titel „Digitalisierung der Polizeien und das Das sehe ich nicht. Der Gesetzentwurf ist damit in dritter Bundesprogramm Polizei 2020 zur politischen Chefsache Lesung angenommen. erklären und unverzüglich umsetzen“. Der Ausschuss Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie- empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache ßungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 19/29809, den Antrag der Fraktion der AfD auf Druck- 19/30509. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? – sache 19/27852 abzulehnen. Wer stimmt für diese Be- Das sind die Fraktionen der FDP und der AfD. Wer schlussempfehlung? – Fraktionen Die Linke, SPD, Bünd- stimmt dagegen? – Die Fraktionen SPD, Bündnis 90/ nis 90/Die Grünen, CDU/CSU und FDP. Wer stimmt Die Grünen und CDU/CSU. Wer enthält sich? – Das ist dagegen? – Fraktion der AfD. Gibt es Enthaltungen? – die Fraktion Die Linke. Der Entschließungsantrag ist da- Sehe ich nicht. Die Beschlussempfehlung ist angenom- mit abgelehnt. men. Tagesordnungspunkt 16 b. Wir setzen die Abstimmung Tagesordnungspunkt 16 e. Beschlussempfehlung des zu der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres Ausschusses für Inneres und Heimat zu dem Antrag der und Heimat auf Drucksache 19/30468 fort. Der Aus- Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Gebüh- schuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschlussemp- renverordnung zum Bundespolizeigesetz darf Grund- fehlung die Ablehnung des Antrags der Fraktion der FDP rechtsgebrauch nicht beeinträchtigen“. Der Ausschuss auf Drucksache 19/16862 mit dem Titel „Für ein Recht empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache auf Anonymität im öffentlichen Raum – Keine automati- 19/27967, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grü- sierte Gesichtserkennung durch die Bundespolizei“. Wer nen auf Drucksache 19/17540 abzulehnen. Wer stimmt stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Fraktion der für diese Beschlussempfehlung? – Fraktion der SPD, SPD und CDU/CSU-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – CDU/CSU-Fraktion und AfD. Wer stimmt dagegen? – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29997

(A) Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und FDP. Wer enthält Abgeordneten Susanne Ferschl, Jessica Tatti, (C) sich? – Fraktion Die Linke. Damit ist die Beschlussemp- Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordne- fehlung angenommen. ter und der Fraktion DIE LINKE Ich rufe die Tagesordnungspunkte 17 a bis 17 l, 51 l Damit jede Arbeitsstunde zählt – Arbeits- und 51 ppp sowie die Zusatzpunkte 11 und 12 auf: zeitgesetz ergänzen 17 a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Drucksachen 19/17134, 19/25379 Buchsta- Susanne Ferschl, Doris Achelwilm, Matthias be a W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der g) Beratung der Beschlussempfehlung und des Fraktion DIE LINKE Berichts des Ausschusses für Arbeit und So- Missbrauch von Leiharbeit stoppen ziales (11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Susanne Ferschl, Pascal Drucksache 19/30387 Meiser, Lorenz Gösta Beutin, weiterer Abge- b) Erste Beratung des von den Abgeordneten ordneter und der Fraktion DIE LINKE Niema Movassat, Susanne Ferschl, Dr. André Evaluierung des Mindestlohngesetzes zur Hahn, weiteren Abgeordneten und der Frak- Stärkung der Beschäftigtenrechte nutzen tion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grund- Drucksachen 19/27319, 19/30442 Buchsta- gesetzes – Verankerung des Grundrechts be c auf menschenwürdige und existenzsi- h) Beratung der Beschlussempfehlung und des chernde Arbeit Berichts des Ausschusses für Arbeit und So- Drucksache 19/24692 ziales (11. Ausschuss)

Überweisungsvorschlag: – zu dem Antrag der Abgeordneten Jessica Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz (f) Tatti, Susanne Ferschl, Doris Achelwilm, Ausschuss für Inneres und Heimat Ausschuss für Arbeit und Soziales weiterer Abgeordneter und der Fraktion Ausschuss Digitale Agenda DIE LINKE c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Gute Arbeit und soziale Sicherheit für Berichts des Ausschusses für Arbeit und So- Gig-Worker bei der ortsgebundenen ziales (11. Ausschuss) zu dem Antrag der Plattformarbeit Abgeordneten Susanne Ferschl, Klaus Ernst, – zu dem Antrag der Abgeordneten Jessica (B) Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordne- (D) ter und der Fraktion DIE LINKE Tatti, Susanne Ferschl, Doris Achelwilm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Sachgrundlose Befristungen verbieten DIE LINKE Drucksachen 19/831, 19/30442 Buchsta- Gute Arbeit und soziale Sicherheit für be a Crowd-Worker bei der ortsungebunde- d) Beratung der Beschlussempfehlung und des nen Plattformarbeit Berichts des Ausschusses für Arbeit und So- Drucksachen 19/16886, 19/22122, ziales (11. Ausschuss) zu dem Antrag der 19/25896 Abgeordneten Jutta Krellmann, Klaus Ernst, i) Beratung der Beschlussempfehlung und des Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordne- Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und ter und der Fraktion DIE LINKE Energie (9. Ausschuss) zu dem Antrag der 40 Stunden sind genug – Gesetzliche Abgeordneten Susanne Ferschl, Fabio De wöchentliche Höchstarbeitszeit reduzie- Masi, Lorenz Gösta Beutin, weiterer Abge- ren ordneter und der Fraktion DIE LINKE Drucksachen 19/578, 19/1030 Steuergelder gegen Missbrauch durch e) Beratung der Beschlussempfehlung und des Konzerne schützen Berichts des Ausschusses für Arbeit und So- Drucksachen 19/27190, 19/28079 ziales (11. Ausschuss) zu dem Antrag der j) Beratung der Beschlussempfehlung und des Abgeordneten Jessica Tatti, Susanne Ferschl, Berichts des Ausschusses für Arbeit und So- Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordne- ziales (11. Ausschuss) zu dem Antrag der ter und der Fraktion DIE LINKE Abgeordneten Doris Achelwilm, Cornelia Mehr Arbeitszeitsouveränität für Be- Möhring, Dr. Petra Sitte, weiterer Abgeord- schäftigte schaffen neter und der Fraktion DIE LINKE Drucksachen 19/2522, 19/4657 Buchsta- Gutes Leben und gute Arbeit für alle – be b Eine geschlechtergerechte Krisen- und f) Beratung der Beschlussempfehlung und des Zukunftspolitik ist nötig Berichts des Ausschusses für Arbeit und So- Drucksachen 19/26874, 19/30442 Buchsta- ziales (11. Ausschuss) zu dem Antrag der be b 29998 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) k) Zweite und dritte Beratung des von den Ab- Arbeitszeit – Urteil des Europäischen (C) geordneten Norbert Kleinwächter, Jürgen Gerichtshofs umsetzen, mehr Zeitsouve- Pohl, René Springer, weiteren Abgeordneten ränität ermöglichen und der Fraktion der AfD eingebrachten Ent- Drucksachen 19/20585, 19/25379 Buchsta- wurfs eines Gesetzes zur Änderung des be b Teilzeit- und Befristungsgesetzes Drucksache 19/1841 51ppp) Zweite und dritte Beratung des von den Ab- geordneten Pascal Kober, Michael Theurer, Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- Johannes Vogel (Olpe), weiteren Abgeordne- schusses für Arbeit und Soziales (11. Aus- ten und der Fraktion der FDP eingebrachten schuss) Entwurfs eines Gesetzes zur Dynamisie- Drucksache 19/28534 rung der Verdienstgrenzen der geringfügi- gen Beschäftigung l) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und So- Drucksache 19/4764 ziales (11. Ausschuss) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- – zu dem Antrag der Abgeordneten Uwe schusses für Arbeit und Soziales (11. Aus- Witt, René Springer, Jürgen Pohl, weiterer schuss) Abgeordneter und der Fraktion der AfD Drucksache 19/8375 Aufhebung der Verdienstgrenze für geringfügig Beschäftigte durch eine Für die Aussprache wurde eine Dauer von 60 Minuten dynamische Kopplung an die Inflation beschlossen. – zu dem Antrag der Abgeordneten Pascal Ich eröffne die Aussprache, und das Wort geht als Kober, Michael Theurer, Jens Beeck, wei- Erstes an Susanne Ferschl von der Fraktion Die Linke. terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP (Beifall bei der LINKEN) Minijobs dynamisieren Susanne Ferschl (DIE LINKE): – zu dem Antrag der Abgeordneten Susanne Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kollegin- Ferschl, Matthias W. Birkwald, Sylvia nen und Kollegen! Herr Minister! Arbeit in diesem Land Gabelmann, weiterer Abgeordneter und ist vielfach unterbezahlt, prekär und sozial unzureichend (B) (D) der Fraktion DIE LINKE abgesichert. Ich habe als Betriebsrätin und Gewerkschaf- Minijobs in sozialversicherungspflichti- terin viele Jahre im Betrieb für gute Arbeit gekämpft. Ich ge Beschäftigung überführen – Sozial- habe dann für den Bundestag kandidiert, weil hier die versicherungssysteme stärken Rahmenbedingungen für gute Arbeit gesetzt werden kön- Drucksachen 19/25807, 19/24370, nen. Gute Arbeit ist im Übrigen auch die Grundlage für 19/24003, 19/27989 unseren Sozialstaat, für gut ausgestattete Sozialversiche- rungssysteme und entsprechende Steuereinnahmen. ZP 11 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales (Beifall bei der LINKEN) (11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten So vieles wäre in diesen vier Jahren möglich gewesen, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Anja Hajduk, aber die Große Koalition war dazu nicht bereit. Das ist Beate Müller-Gemmeke, weiterer Abgeordneter mehr als enttäuschend. und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Arbeitsförderung in der Krise – Für einen bes- (Beifall bei der LINKEN) seren Einstieg Das erste Beispiel dafür ist die Abschaffung der sach- Drucksachen 19/27763, 19/28530 grundlosen Befristung. Die Linksfraktion hat dies schon immer gefordert. Am Ende der letzten Legislaturperiode ZP 12 Beratung des Antrags der Abgeordneten Beate hat keine einzige Fraktion in diesem Haus unserem An- Müller-Gemmeke, Anja Hajduk, Corinna Rüffer, trag zugestimmt. Heute haben Sie wieder die Chance, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- meine Damen und Herren. NIS 90/DIE GRÜNEN Soziale Mindestsicherung für Gig-, Click- und (Beifall bei der LINKEN – Dr. Matthias Crowdworker ermöglichen und stärken Zimmer [CDU/CSU]: Die Chance, nicht zuzu- stimmen!) Drucksache 19/27212 Die SPD hat es dann zum Wahlkampfthema gemacht, 51l) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- und gerade mal eine wachsweiche Formulierung hat es in richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales den Koalitionsvertrag geschafft. Aber nicht mal dieser (11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Minikompromiss wurde umgesetzt – ein Armutszeugnis. Beate Müller-Gemmeke, Anja Hajduk, Markus Kurth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion (Beifall bei der LINKEN – Matthias W. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Birkwald [DIE LINKE]: Das ist wohl wahr!) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 29999

Susanne Ferschl (A) Nach wie vor sind vier von zehn Neueinstellungen befris- Arbeitszeiten wären geregelt, und jede Minute würde (C) tet, und damit nehmen Sie den Kolleginnen und Kollegen auch erfasst. Es gäbe starke Gewerkschaften, die flächen- die Möglichkeit, ihre Zukunft sicher zu planen und zu deckend faire Tarifverträge verhandeln würden, und in gestalten. Das werden wir als Linke nie akzeptieren. der Mehrheit der Betriebe gäbe es Betriebsräte, die auch (Beifall bei der LINKEN) für mehr Demokratie im Betrieb sorgen würden. Ein weiteres Beispiel sind die Minijobs. 500 000 Mini- Diese ganzen Forderungen sind weder utopisch; sie jobbende haben durch Corona ihre Arbeit verloren und sind nicht mal sozialistisch. Sie sind nichts anderes als stehen jetzt ohne soziale Absicherung da. Die Große das Versprechen, das Sie den Menschen auch mal gege- Koalition hat nichts getan, um wieder mehr Arbeit sozial- ben haben, nämlich dass jemand, der sich jeden Tag abra- versicherungspflichtig zu machen. Im Gegenteil: Sie hat ckert, auch ein gutes Aus- und ein gutes Einkommen hat: auch noch die Möglichkeit der kurzfristigen sozialversi- gute Arbeit für alle, gut bezahlt, sicher und sozial abge- cherungsfreien Beschäftigung ausgeweitet, mit dem sichert. Ergebnis, dass Beschäftigte ohne Krankenversicherung (Beifall bei der LINKEN) auf deutschen Feldern arbeiten, und das mitten in einer Es wird höchste Zeit, dass dieses Versprechen wieder gilt. Pandemie. Das ist wirklich absurd. Es liegt allein am politischen Willen. (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der LINKEN) Minijobs, Befristungen und Leiharbeit – die ganzen Eines hat die fast abgelaufene Legislaturperiode prekären Beschäftigungsformen sind neben der fehlen- bewiesen: Mit der Union ist das alles nicht umsetzbar. den Tarifbindung die Ursache für den riesigen Niedrig- Notwendig sind andere Mehrheitsverhältnisse im Deut- lohnsektor in Deutschland. 80 Prozent der Minijobben- schen Bundestag. Aber auch SPD und Grüne brauchen den arbeiten im Niedriglohnsektor. Ein Leiharbeiter den Druck von links; denn nur Die Linke steht ohne verdient im Durchschnitt 1 418 Euro weniger als seine Wenn und Aber an der Seite der Beschäftigten. festangestellten Kolleginnen und Kollegen. Insgesamt arbeitet jeder und jede Fünfte im Niedriglohnbereich. (Beifall bei der LINKEN) Das alles ist völlig inakzeptabel. Nur dann werden auch die Interessen der Mehrheit in (Beifall bei der LINKEN) diesem Land vertreten. Kurt Tucholsky hatte ja recht: Denn Deutschland besteht – Millionäre sind selten; Wo sind die gesetzlichen Regelungen geblieben, um auch wenn es mehr werden – aus Arbeitern und Ange- das zu verhindern? Stärkung von Tarifverträgen: Fehl- stellten! – Die Linke jedenfalls wird nicht ruhen, ehe es anzeige! Ein armutsfester Mindestlohn: bis auf vollmun- nicht flächendeckend gute Arbeit in diesem Land gibt. (B) dige Versprechungen von Minister Heil und Minister (D) Scholz Fehlanzeige! Die Umsetzung des Urteils des Vielen Dank. Europäischen Gerichtshofs, damit jede Minute Arbeits- (Beifall bei der LINKEN) zeit erfasst wird und auch der Mindestlohn besser kon- trolliert werden kann: Fehlanzeige! Die Nahezu-Ab- schaffung von Werkverträgen und Leiharbeit in der Vizepräsidentin Dagmar Ziegler: Fleischindustrie haben Sie mit Hängen und Würgen ge- Vielen Dank. – Das Wort geht an Uwe Schummer von rade so hinbekommen; aber ansonsten hat die Bundesre- der CDU/CSU-Fraktion. gierung nichts unternommen, um prekäre Beschäftigun- (Beifall bei der CDU/CSU) gen einzudämmen und damit die Situation der abhängig Beschäftigten zu verbessern. Uwe Schummer (CDU/CSU): Uns wird ja immer vorgeworfen, wir hätten unrealisti- Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollegin sche Forderungen. Aber stellen wir uns einmal vor, un- Ferschl, unabhängig davon ist es gut, dass die beschäftig- sere Anträge – viele davon stehen heute auf der Tages- ten Arbeitnehmer und ihre Familien dann am Ende doch ordnung – würden Gesetz werden: Wie würde die die Union wählen. Sie wissen auch, warum: weil die Vor- Arbeitswelt dann aussehen? schläge umsetzbar und pragmatisch sein müssen und mit (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Viel bes- den Anforderungen der Wirtschaft immer wieder verbun- ser!) den werden müssen, um für die Gesamtheit etwas zu erreichen. Beschäftigte wären bei dem Unternehmen angestellt, bei dem sie auch tatsächlich arbeiten. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Genau!) Wir haben jetzt eine Vielzahl an Anträgen vorliegen. Es ist auch normal, dass wir am Ende einer Legislatur- Für dieselbe Tätigkeit würde derselbe Lohn gezahlt. periode miteinander Bilanz ziehen: die einen in dunklen Sachgrundlose Befristung würde es nicht mehr geben. Farben, die anderen eben rosarot. Ich möchte mich auf die Die Kolleginnen und Kollegen könnten ihr Berufsleben Anträge konzentrieren, die sich mit der Tarifbindung planen, ohne immer Angst um den nächsten Job zu haben. beschäftigen. Es hat am Montag eine Anhörung zu dieser Wer jeden Tag zur Arbeit geht, würde von dieser Arbeit Thematik stattgefunden, und wir wissen, dass die Tarif- auch leben können, egal ob im Erwerbsleben oder im bindung seit einigen Jahren erodiert. Auf die Frage an das Alter, und alle wären sozial abgesichert. IAB, was denn die Ursache dieser Erosion der Tarifbin- (Beifall bei der LINKEN) dung in den Unternehmen sei, gab es auch eine klare 30000 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Uwe Schummer (A) Antwort vonseiten des IAB: Es sind strukturelle Verän- nächsten Tagen und Wochen noch gemeinsam dafür sor- (C) derungen in den Unternehmen, von der Produktion auf gen, dass auch hier die Tarifbindung zur Voraussetzung – der einen Seite hin zu Dienstleistungen auf der anderen auch in der Altenpflege und bei den freien Trägern – Seite. Hinzu kommt, dass es mittlerweile 2 Millionen gemacht wird. Beschäftigte in der Plattformökonomie gibt; deren Betrieb definiert sich nicht mehr klassisch sozusagen hin- In der Pandemie hat das Kurzarbeitergeld um die 3 Mil- ter einem Werkstor, sondern über eine App in der digita- lionen Arbeitsplätze gesichert, und es hat den Unterneh- len Welt. men geholfen, Beschäftigung zu sichern. Das war ein zentrales Element, das diese Legislaturperiode mit In den Anträgen kann ich diese Analyse des IAB aller- geprägt hat. Als der Koalitionsvertrag formuliert wurde, dings kaum erkennen. Deshalb ist es wichtig, dass wir konnte niemand mit dieser Pandemie rechnen; das ist ja Gesetze wie das zur Modernisierung der Betriebsverfas- offenkundig. Aber trotzdem gehören wir in Deutschland sung gemacht haben, um die klassische betriebliche Mit- zu den Staaten, die besser und stärker durch die Pandemie bestimmung endlich mit der digitalen Welt zu verbinden; gekommen sind als fast alle anderen Staaten dieser Welt: denn wir wissen ja, dass dort, wo betriebliche Mitbestim- vom Gesundheitswesen über die Sicherung der Wirt- mung lebt, die vertrauensvolle Zusammenarbeit und auch schaft, der Arbeitsplätze bis hin zu Leistungen im sozia- die Tarifbindung stärker sind. Dort, wo es Betriebs- und len Bereich. Personalräte gibt, wo es betriebliche Mitbestimmung gibt, liegt die Tarifbindung bei 78 Prozent, und wo es Es war auch gut, dass die Agentur für Arbeit Rück- keine betriebliche Mitbestimmung, keine Mitbestim- lagen aufbauen konnte – 27 Milliarden Euro –, dass mungskultur gibt, liegt die Tarifbindung bei etwa 24 Pro- eben nicht alle Rücklagen später durch Beitragskürzun- zent. Deshalb war die Modernisierung der Betriebsver- gen weggesemmelt wurden. Wir haben gesagt: Wir müs- fassung ein wichtiger Punkt, um durch mehr betriebliche sen in guten Zeiten sparen, auch bei der Agentur für Mitbestimmung auch wieder mehr Tarifbindung zu errei- Arbeit, um in schlechten Zeiten, beispielsweise mithilfe chen. Die Nahrungskette ist offenkundig: betriebliche des Kurzarbeitergelds, entsprechend gegen die Krise Mitbestimmung, Tarifbindung, gute Löhne, fairer Wett- angehen zu können. Das Bundesministerium für Arbeit bewerb. Das ist soziale Marktwirtschaft. und Soziales, die Agentur für Arbeit haben eines gutes haushalterisches Vorgehen bewiesen und uns damit auch (Beifall bei der CDU/CSU) massiv unterstützt. Wir haben bereits zu Beginn der Legislatur beispiels- Ich frage aber auch die BDA und den DGB, die Dach- weise das sogenannte Vetorecht gegen die Bildung von verbände der Sozialpartner: Warum gibt es denn keine Betriebsräten beseitigt; wir haben mit dem Kollegen gemeinsamen Vorschläge zur Stärkung der Tarifautono- (B) (D) Bernd Rützel und den Sozialdemokraten dafür gesorgt, mie? – Ich erwarte schon – Autonomie kommt aus dem dass der § 117 Betriebsverfassungsgesetz geändert wur- Griechischen: nach eigenen Gesetzen leben –, dass beide de. Denn das Beispiel Ryanair hat gezeigt, dass auch über Dachverbände ihre Vorschläge zusammen unterbreiten. den Wolken nicht alle Freiheiten möglich sein dürfen; Das würde mit Sicherheit auch die Politik erfreuen. vielmehr muss auch hier das Regelwerk der betrieblichen Verfassung gelten. Ich komme zum Schluss. Ich bitte um Verständnis. Ich bin seit 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages. Ich In der industriellen Schlachtung haben wir gemeinsam habe mich vor vier Jahren entschieden: Dies ist meine in der Großen Koalition die Werkverträge beseitigt. Im letzte Runde. – Dies ist meine letzte Rede im Parlament. Kernbereich der industriellen Schlachtung gab es auch Ich sage Ihnen Ade. Danke für vielfältiges Miteinander, keine Mitbestimmung. Jetzt gilt dort die Direktbeschäfti- Geduld bei mancher Übellaunigkeit, die auch mich trifft. gung, jetzt bilden sich Betriebsräte, und jetzt gibt es zwi- Aber es war mir eine Ehre. Der Kampf geht weiter! schen der NGG und der Fleischwirtschaft auch einen Tarifvertrag. Das heißt, 160 000 Beschäftigte sind in die (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie Tarifbindung gebracht worden. Das ist ein Erfolg der bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE Bundesregierung, aber auch ein Erfolg von Karl-Josef GRÜNEN) Laumann aus Nordrhein-Westfalen, der uns dabei sehr stark unterstützt hat. Vizepräsidentin Dagmar Ziegler: (Beifall bei der CDU/CSU) Herzlichen Dank. – Ich mache darauf aufmerksam: Ähnlich ist es bei den Paketboten. Auch hier haben wir Wir arbeiten alle noch gemeinsam bis Oktober. die Generalunternehmerhaftung eingeführt, verbunden (Uwe Schummer [CDU/CSU]: Ja! Ich bin ja mit der Botschaft: Ihr könnt Arbeit an Subunternehmen nicht aus der Welt!) delegieren. Aber ihr könnt nicht die Verantwortung dele- gieren; die bleibt bei euch. – Und die Vizevorsitzende von Als nächster Redner spricht Uwe Witt von der AfD- Verdi, Andrea Kocsis – ich zitiere sie – formuliert: Die Fraktion. Nachunternehmerhaftung im Paketbereich hat ein Umdenken angestoßen. Die Eigenbeschäftigung nimmt (Beifall bei der AfD – Dr. Matthias Zimmer zu, und wir spüren, dass wir auch in der Mitbestimmung [CDU/CSU]: Der Uwe hat jetzt vorgelegt! Ist stärker werden. – Desgleichen wird in der Altenpflege das jetzt auch die letzte Rede? – Gegenruf des passieren. Auch hier gibt es 600 000 Beschäftigte außer- Abg. Uwe Schummer [CDU/CSU]: Wir haben halb der Tarifbereiche. Es ist wichtig, dass wir in den ja auch denselben Vornamen!) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30001

(A) Uwe Witt (AfD): Zum Thema zurück. Werte Zuschauer, lassen Sie mich (C) Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen Ihnen kurz unseren Antrag zum Thema „Anhebung der und Kollegen! Liebe Zuschauer-Sternchen-innen! Meine Verdienstgrenze für geringfügig Beschäftigte durch eine Damen und Herren! Wir reden hier zu 16 Oberpunkten dynamische Kopplung an die Inflation“ erklären. und 32 Bundestagsdrucksachen und haben dazu 60 Minu- ten Zeit. Das entspricht noch nicht mal zwei Minuten (Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE Redezeit für alle Fraktionen zu jeder Drucksache. Das GRÜNEN]: Ist das das Einzige, was Sie zu ist ein Missbrauch der demokratischen Abläufe hier im bieten haben? Das ist ja lächerlich!) Hohen Hause, und Sie alle spielen mit. Das Problem ist, dass jede Erhöhung des Mindestlohns zu (Beifall bei der AfD – Markus Kurth [BÜND- einer Reduzierung der Arbeitszeit im Mindestlohnbe- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hatte ich gesagt!) reich führt. Der Mitarbeiter partizipiert also nicht an einer Erhöhung des Mindestlohnes in Euro und Cent. Der In den letzten 20 Jahren sind das Hohe Haus und die Unternehmer braucht de facto mehr Minijobber, um seine Art, wie hier Demokratie vorgelebt wird, immer mehr zu Arbeitsspitzen flexibel zu händeln. einer Farce verkommen, ein Potemkin’sches Dorf, das dem Bürger vorgaukeln soll, dass hier an gemeinsamen Diese arbeitnehmer- und arbeitgeberfeindliche Rege- Lösungen für Probleme unseres Landes gearbeitet wird. lung wollen wir mit unserem Antrag verbessern. Durch eine dynamische Anpassung der Verdienstgrenze, gekop- Schauen wir uns die einzelnen Fraktionen an. Die pelt an die Inflationsrate, sind steigende Stundenlöhne für Linken, eine rote Partei, die seit Jahren ihre eigenen den Arbeitnehmer, der als Minijobber arbeitet, endlich Anträge immer wieder abschreibt, umschreibt und verfügbar. Wir bitten Sie daher um Zustimmung zu un- ummantelt, um sie dann zum x-ten Male einzubringen. serem Antrag. (Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE Danke schön. GRÜNEN]: Zum Antrag wollen Sie wohl nichts sagen, oder? Sie haben nichts zu sagen!) (Beifall bei der AfD – Zurufe vom BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Matthias Zimmer – Schreien Sie nicht. Sie kommen auch noch dran. – Dies [CDU/CSU]: Es wäre schön, wenn das die letz- hat offenbar ihre Sitznachbarn, die mal rot waren und te Rede gewesen wäre!) jetzt bestenfalls noch rosa sind, schon angesteckt. Trotz Regierungsbeteiligung verfallen Sie nicht nur immer wie- Vizepräsidentin Dagmar Ziegler: der in das gleiche Schema, sondern noch schlimmer: Sie Danke. – Das Wort geht an Bernd Rützel von der SPD- beginnen schon vielfach, die Forderungen der roten (B) Fraktion. (D) Linken nachzuplappern und kopieren deren Anträge. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der AfD) Nicht viel anders sieht es bei Bündnis 90/Die Grünen Bernd Rützel (SPD): aus. Allerdings kommt hier die Verbotskomponente noch Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! dazu, also der Virus Sozialismus, gepaart mit fehlgeleite- Liebe Kollegen! Herr Witt, in drei Minuten erst mal tem verdrehtem Ökogedankengut. nichts gesagt und dann zum Schluss noch etwas Falsches (Beifall bei Abgeordneten der AfD – Lachen zu Minijobs – mehr will ich nicht kommentieren. bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten GRÜNEN) der CDU/CSU – Uwe Witt [AfD]: Wenn man Man sollte denken, dass dieser Virus an der schwarzen überlegt: Der Herr Schummer hatte sechs Grenze rechts von den Grünen haltmacht, aber weit Minuten! – Norbert Kleinwächter [AfD]: Er gefehlt. Die schwarze Mauer ist schon so „laschet“ hatte nur drei Minuten!) geworden, dass man sich bereits von den eigenen Partei- Ich bin auf jeden Fall dankbar, dass wir diese zwölf mitgliedern distanziert, wenn man sich zu den ursprün- vorliegenden Anträge der Linken erneut beraten, wie wir glichen konservativen Werten Konrad Adenauers Partei sie auch in den letzten vier Jahren immer wieder beraten bekennt. Die Herren und Damen der FDP sind politisch haben. Denn es sind ganz wichtige Fragen: wichtige Fra- mittlerweile unter jeder Farbe unterwegs, die fette Beute gen zur Arbeitswelt, die jeden von uns betreffen. Sie verspricht. Aber wen wundertʼs? ermöglichen uns an dieser Stelle, fast am Ende dieser (Beifall bei der AfD – Markus Kurth [BÜND- Legislaturperiode, einen Rückblick auf eine wirklich NIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie jetzt alle bewegte Legislaturperiode vorzunehmen. durch?) Ein Koalitionsvertrag kann so gut sein, wie er will: Er All dies lässt mich immer mehr zweifeln, ob Sie wirklich wird niemals alles vorhersehen. Deswegen waren Analy- in der Lage sind, unser Land auf dem richtigen Kurs zu sieren, Agieren und Reagieren die Zauberworte während halten. der Coronapandemie. Und über Nacht mussten ganz schnell Hilfen geschaffen werden. Olaf Scholz, Hubertus (Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Heil, sie haben gezeigt, dass sie gute Macher sind, dass NEN]: Aber Sie, ja?) sie das managen. 30002 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Bernd Rützel (A) (Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Vergiss (Beifall bei der SPD) (C) nicht die Frauen! Die Frau von der Leyen war Wir wissen auch, dass die Arbeit niemals ausgeht; aber auch klasse!) es wird eine andere Arbeit sein. Qualifizieren, weiter- Sie haben angepackt und haben nicht gezaudert. Sie ha- bilden, das ist das Gebot der Stunde. Deswegen muss ben entschieden und waren sich auch nicht zu fein, nach- man die Unternehmen, aber auch die Beschäftigten mit- zujustieren. nehmen, damit die das können. Da braucht man Zeit, da braucht man Geld, da braucht man Ressourcen, da (Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE braucht man das Arbeit-von-morgen-Gesetz. GRÜNEN]: Wann denn? Beim Mindestlohn oder bei dem Leiharbeiterlohn? – Stefan Müller Da vorne blinkt es: Bald ist die Redezeit abgelaufen. [Erlangen] [CDU/CSU]: Das hat ja schon was (Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Wenn es Autosuggestives!) blinkt, ist sie abgelaufen!) Das Kurzarbeitergeld hat Millionen Menschen vor Jetzt bin ich bei Punkt 7. Wenn ich noch eine Viertel- Arbeitslosigkeit bewahrt. Wir haben es vereinfacht, ver- stunde Zeit hätte, wäre ich vielleicht bei Punkt 25. – längert, erhöht, ausgeweitet. Wir haben viele, viele gute Dinge gemacht, etwa in der (Marianne Schieder [SPD]: Gott sei Dank!) Fleischbranche. Wer hätte gedacht, dass wir Werkverträ- ge, dass wir Leiharbeit mal verbieten? Wir haben das – Gott sei Dank. – Unser Koalitionspartner hat sich damit geschafft, und das war ein Riesenschritt, ein Meilenstein. oftmals ein bisschen schwergetan. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten (Uwe Schummer [CDU/CSU]: Nein, nein, der CDU/CSU) nein, nein!) Morgen früh kommt hier mit dem Lieferkettengesetz Aber wir haben das zusammen gemacht und haben das noch ein Meilenstein, was in den Lieferketten für mehr hinbekommen. Gerechtigkeit bei den Menschen in der Welt sorgt. (Uwe Schummer [CDU/CSU]: Wir haben es (Norbert Kleinwächter [AfD]: In der Welt, ja!) verbessert!) Das ist Politik, die wir umgesetzt haben. Das sind Geset- Wir können das auch noch bis zum Jahresende verlän- ze, die beschlossen worden sind, Gesetze, die das Leben gern. Es geht ja immer weiter. In der Welt spricht man von vielen Menschen verbessert. Und das ist gute Politik. vom „German Kurzarbeitergeld“ wie vom „Kindergar- Dafür bin ich auch meiner Partei dankbar. ten“. Das ist ein Pfund, das wir haben. Das ist wichtig. (Beifall bei der SPD) (B) Das kann man auch nur machen, weil die Kassen vorher (D) voll gewesen sind. Erinnern Sie sich noch an die Sozialschutzpakete? Vier Vizepräsidentin Dagmar Ziegler: Minuten Redezeit reichen nicht, um auf diese einzuge- Vielen Dank. – Das Wort geht an Pascal Kober von der hen. Ich will andere Wegmarken aufzeigen. Viele FDP-Fraktion. Beschäftigte auf dem Bau bekommen ihr Urlaubsgeld, (Beifall bei der FDP) ihre Rente, ihre Ausbildung über Sozialkassen bezahlt. Die haben wir gestärkt, die haben wir gesichert. Haupt- Pascal Kober (FDP): sächlich Frauen profitieren davon, dass sie ihre Arbeits- Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau zeit dann, wenn sie sie reduzieren, auch wieder raufsetzen Präsidentin! Minijobberinnen und Minijobber gehören können. Gabi Hiller-Ohm hat wie keine andere für dieses zu denen, die durch die Coronapandemie und durch die Brückenteilzeitgesetz gekämpft, das wir in dieser Legis- Lockdown-Maßnahmen in unserem Arbeitsmarkt am latur beschlossen haben. härtesten getroffen wurden. 850 000 Minijobs im ge- (Beifall bei der SPD) werblichen Bereich sind von März 2020 bis März 2021 Uwe Schummer, du wirst mir fehlen, wenn ich wieder verloren gegangen. Das bedeutet, dass viele Menschen, reinkomme. Wenn nicht, fehlen wir uns beide. Auf jeden zumeist Schülerinnen und Schüler, Studierende, Rentner- Fall haben wir festgestellt: Das Betriebsverfassungsge- innen und Rentner, ihre Einkommensmöglichkeit verlo- setz klebt am Boden. Damals hat man gesagt: Viele Men- ren haben, und für die müssen wir nun endlich etwas tun, schen werden niemals fliegen, und die, die fliegen, die liebe Kolleginnen und Kollegen. sind alle privilegiert. – Deswegen galt dieser § 117 (Beifall bei der FDP) Betriebsverfassungsgesetz nicht für fliegendes Personal. Der größte Teil der Minijobber – darunter auch Hartz- Wir haben es geändert. Pilotinnen und Piloten, die IV-Empfänger – hat nur diesen einen Verdienst. Es gibt Begleiterinnen in den Kabinen können Betriebsräte wäh- für Minijobberinnen und Minijobber auch kein Kurzar- len; das haben wir alles gemacht. beitergeld. Sie bleiben im Moment auf dem Minus in (Uwe Witt [AfD]: Das hat doch überhaupt ihrer Tasche sitzen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, nichts mit den Anträgen zu tun!) spätestens jetzt wäre es an der Zeit, dass wir die Minijob- Weil wir wissen, dass wir Weltmeister darin sind, grenze endlich erhöhen, um es wenigstens nachwirkend Pakete zu bestellen und zu verteilen, haben wir mit unse- zu ermöglichen, dass etwas von dem Minus in der Haus- rem Paketboten-Schutz-Gesetz dafür gesorgt, dass es den haltskasse ausgeglichen werden kann. Paketboten besser geht. (Beifall bei der FDP) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30003

Pascal Kober (A) Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, lieber Herr (Beifall bei der FDP – Jutta Krellmann [DIE (C) Bundesminister Hubertus Heil, es ist ohnehin nicht zu LINKE]: Das sind Einstellungen! Unglaub- erklären, dass Sie seit 2013 beharrlich die Verbesserung lich!) der Einkommensmöglichkeiten für 6,7 Millionen Men- schen in unserem Land verweigern. Es ist nicht verständ- Vizepräsidentin Dagmar Ziegler: lich, mit welcher Gewalt Sie da den Deckel drauflassen; Vielen Dank. – Das Wort geht an die Fraktion Bünd- (Christian Dürr [FDP]: So ist es!) nis 90/Die Grünen mit Beate Müller-Gemmeke. seit 2013 ist die Minijobgrenze von 450 Euro nicht erhöht (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) worden. (Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Bernd Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Rützel [SPD]) NEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Kolle- Lieber Herr Bundesminister, Nähe zu den Menschen ginnen und Kollegen! Unsere Arbeitswelt hat sich stark erreicht man nicht durch ein Fehlen der Krawatte auf der verändert, sie ist gespalten. Es gibt viele gute Arbeits- Regierungsbank. Nähe zu den Menschen hat man, wenn plätze: tariflich bezahlt, mitbestimmt, mit Zeitsouveräni- man nah an den Menschen mit ihren Sorgen und ihren tät und guten Arbeitsbedingungen. Auf der anderen Seite Tränen ist. Deshalb ist es jetzt endlich an der Zeit, dass aber gibt es viele prekäre Arbeitsplätze. Da gibt es keine wir diese Minijobgrenze erhöhen. Seit 2013 ist es längst Tarifverträge, die Löhne sind niedrig, die Arbeitsbedin- überfällig. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir von der gungen sind schlecht. FDP fordern die Erhöhung der Minijobgrenze zum 1. Juli Mindestlohn, Minijobs, Leiharbeit, Befristungen, 2021 auf 576 Euro. Arbeitszeit – wir haben hier so oft über diese Themen, (Beifall bei der FDP – Dr. Matthias Zimmer die die Menschen unmittelbar und direkt betreffen, disku- [CDU/CSU]: Das ist liberale Ausbeutung!) tiert. Gleichzeitig wurden Gesetze zwar lautstark ange- kündigt, gemacht wurde aber an dieser Stelle nichts außer Ich sage Ihnen auch, warum 576 Euro: Liebe Kollegin- bei der Fleischbranche, und das auch nur wegen Corona. nen und Kollegen der SPD, Sie sagen, Sie kämpfen für Hier wurden eine ganze Legislaturperiode lang Chancen gute Löhne, für eine Erhöhung des Mindestlohns. Aber verpasst, und das kritisieren wir. genau für die 6,7 Millionen, die einen Minijob haben, würde eine Erhöhung des Mindestlohns nach gegenwär- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) tiger Rechtslage überhaupt keinen Einkommensunter- Millionen von Menschen können inzwischen kaum (B) schied in der eigenen Tasche ausmachen. Warum? Weil von ihrer Arbeit leben. Der Niedriglohnsektor hier in (D) Sie sie dazu zwingen, ihre Arbeitszeit zu reduzieren, unserem Land ist einer der größten in Europa. Mehr als wenn der Lohn steigt. Das ist widersinnig. Wenn es Ihnen ein Fünftel der Beschäftigten arbeitet unter prekären um gute Löhne geht, dann müsste es Ihnen in der Logik Arbeitsbedingungen. Viel zu viele Menschen arbeiten auch um gutes Einkommen gehen, und da haben Sie und müssen trotzdem Hartz IV beantragen. Wenn Men- bisher die Unterstützung für diese 6,7 Millionen Men- schen nicht wissen, wie sie über das Monatsende kom- schen versagt, liebe Kolleginnen und Kollegen. men, dann macht das was mit ihnen. Da geht es um die (Beifall bei der FDP – Marianne Schieder Existenz. So entstehen Sorgen und Ängste und das Ge- [SPD]: Was erzählen Sie denn da für ein fühl, durch Arbeit und Anstrengung nicht weiter- Zeug? Neoliberaler Unsinn!) zukommen. Das hätten Sie, die Regierungsfraktionen, nicht vier Jahre lang ignorieren dürfen. Und schlussendlich: Die Minijobs sind auch eine Chance für Langzeitarbeitslose. Das Forschungsinstitut (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Zukunft der Arbeit hat in einer Studie nachgewiesen: sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Ein Minijob zur richtigen Zeit der Arbeitslosigkeit, also Zu diesen Aufstockerinnen und Aufstockern zählen zwischen dem ersten und zweiten Jahr der Arbeitslosig- auch viele, die zu Beginn der Coronapandemie viel keit, ermöglicht es, dass dieser Minijob die Chancen auf Applaus bekommen haben, weil sie das Leben am Laufen die Integration in eine voll sozialversicherungspflichtige halten. Eine Auswertung des DIW zeigt, dass die Mehr- Beschäftigung auf 40 Prozent erhöht. Minijobs sind eine heit der sogenannten systemrelevanten Berufe unter- Leiter in den Arbeitsmarkt, und auch deshalb sollten wir durchschnittlich bezahlt ist, wenig Anerkennung genießt, die Minijobs stärken, liebe Kolleginnen und Kollegen. dass der Frauenanteil aber durchschnittlich ist. Da hilft Darüber hinaus: Natürlich müssen wir die Erhöhung auch der heutige Mindestlohn nicht weiter. Solange der der Minijobgrenze und ihre Kopplung an das 60-Fache Mindestlohn nicht armutsfest ist, solange er nicht auf des Mindestlohns zusammen mit den besseren Zuver- 12 Euro erhöht wird, so lange verfestigt sich Armut sogar dienstmöglichkeiten im Hartz-IV-System denken, weil bei Menschen, die arbeiten. Das darf in einem der reichs- nur dann auch genau die, die am dringendsten auf ein ten Länder dieser Erde nicht passieren. höheres Haushaltseinkommen angewiesen sind, eine (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Chance auf ein besseres Einkommen haben. sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt viel zu tun. Völlig inakzeptabel sind auch die vielfältigen Mög- Deshalb freuen wir uns auf die Auseinandersetzung mit lichkeiten, wie die Unternehmen Menschen prekär Ihnen im Bundestagswahlkampf. beschäftigen. Minijobs sind ein Beispiel. So haben knapp 30004 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Beate Müller-Gemmeke (A) 20 Prozent aller Beschäftigten im Jahr 2019 gearbeitet. wurde einfach die Chance vertan, die Arbeitswelt sozia- (C) Obwohl auch hier natürlich das normale Arbeitsrecht gilt, ler, inklusiver und nachhaltiger zu gestalten. Dabei wäre wird es vielen Beschäftigten vorenthalten. Ein Drittel der genau das die zentrale Stellschraube für mehr Gerech- Minijobber/-innen bekommt keinen bezahlten Urlaub tigkeit und für mehr Zusammenhalt. und fast die Hälfte im Krankheitsfall keinen Lohn. Das Vielen Dank. ist unsäglich, und das geht gar nicht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Zuruf von der LINKEN) Vizepräsidentin Dagmar Ziegler: Vielen Dank. – Das Wort geht an Antje Lezius von der – Genau. CDU/CSU-Fraktion. In Zeiten von Corona wurden die Nachteile dann noch (Beifall bei der CDU/CSU) mal überdeutlich. Fast 1 Million geringfügig Beschäftigte haben ihren Job verloren, und zwar ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld und auch nicht auf Kurzarbeitergeld. Antje Lezius (CDU/CSU): Gut 600 000 davon waren Frauen. Minijobs bringen Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen also mehr Nachteile als Vorteile. Deshalb wollen wir und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Normaler- die Minijobs sozialversicherungspflichtig machen. Aus weise reicht ein Antrag der Fraktion Die Linke schon aus, diesem Grund lehnen wir die Anträge der FDP und und plötzlich verdüstert sich der Horizont; wir haben das AfD, die die Minijobs ja ausweiten wollen, ganz grund- eben bei Frau Ferschl, die alles schlechtgeredet hat, wie- sätzlich ab. der gehört. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Zuruf der Abg. Susanne Ferschl [DIE LIN- sowie bei Abgeordneten der LINKEN) KE]) Faire Spielregeln braucht es auch bei den anderen Wenn ich dann direkt zwölf Initiativen, die von den arbeitsmarktpolitischen Themen. Die Arbeit auf Abruf Linken für diese Debatte eingebracht werden, auf dem beispielsweise macht nur dort Sinn, wo keine anderen Tisch habe, hilft nur etwas Abstand, um wieder den not- Instrumente der Personalplanung greifen, also in Unter- wendigen klaren Blick zu bekommen. nehmen mit kleiner Belegschaft. Auch die Leiharbeit (Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Oder Rot- wollen wir sozialverträglich gestalten, und das bedeutet wein!) „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“, und zwar ab dem Nach 16 Jahren mit einer CDU-geführten Regierung ersten Tag und mit einem Flexibilitätsbonus von 10 Pro- (B) haben wir 33,3 Millionen sozialversicherungspflichtig (D) zent. Beschäftigte in Deutschland, 7 Millionen mehr als Dann gibt es auch noch die sachgrundlose Befristung; 2005. Die nominalen Bruttomonatsverdienste aller sie wurde schon angesprochen. Die wollten Sie, die Arbeitnehmer stiegen zwischen 2007 und 2009 im Regierungsfraktionen, eigentlich eindämmen. Sie hatten Durchschnitt um 33 Prozent. Bei Umfragen zu Jobsicher- sich auch inhaltlich geeinigt und haben das sehr detailliert heit, Karrierechancen und wirtschaftlicher Lage gehört im Koalitionsvertrag aufgeschrieben. Auch dieser Ge- Deutschland im internationalen Vergleich zu den setzentwurf ist irgendwo im Nirwana verschwunden. Spitzenländern. Sogar 89 Prozent der befragten Arbeit- Das ist wirklich ein Armutszeugnis. Wir brauchen wieder nehmerinnen und Arbeitnehmer gaben an, mit ihren mehr Ordnung auf dem Arbeitsmarkt, mehr soziale Leit- Arbeitsbedingungen zufrieden oder sehr zufrieden zu planken. Dazu gehört auch, dass die sachgrundlose sein. Ganz aktuell ist die Einstellungsbereitschaft am Befristung abgeschafft wird. Arbeitsmarkt so hoch wie seit fast zwei Jahren nicht (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) mehr. Die Linke jedoch möchte die arbeitsrechtlichen Regelungen so massiv verändern, dass es mit unserer Ja, wir warten auch noch immer auf einen Gesetzent- erfolgreichen sozialmarktwirtschaftlichen Ordnung wurf zur Arbeitszeit, und das, obwohl das EuGH-Urteil kaum vereinbar ist. bereits über zwei Jahre auf dem Tisch liegt. Zwei Gut- achten wurden in Auftrag gegeben, eines von Minister (Zuruf der Abg. Susanne Ferschl [DIE LIN- Altmaier und eines von Minister Hubertus Heil. Beide KE]) kommen zum gleichen Ergebnis: Die Arbeitszeit muss Auf drei Punkte möchte ich näher eingehen. Der erste dokumentiert werden, und das muss auch gesetzlich gere- betrifft die Zeitarbeit. Das Instrument der Zeitarbeit hat gelt werden. – Doch konnten sich die Minister nicht eini- einen flexibleren und vergrößerten Zugang zum Arbeits- gen. Das ist einfach nur peinlich. markt geschaffen. Arbeitslose haben dadurch bessere (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Chancen, wieder in den Arbeitsmarkt zu kommen. sowie bei Abgeordneten der LINKEN) (Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Stimmt doch Heute stimmen wir über einen ganzen Berg verschie- nicht!) dener Anträge ab. Die meisten dieser Anträge dokumen- Geringqualifizierten kann Zeitarbeit den Weg in den tieren die Tatenlosigkeit dieser Bundesregierung. Viel Arbeitsmarkt ebnen. Fast 30 Prozent der bei den Zeit- wurde versprochen, wenig wurde eingehalten, obwohl arbeitsfirmen angestellten sozialversicherungspflichtig die Coronapandemie doch bei den sozialen und arbeits- Beschäftigten haben keinen Berufsabschluss. Für Zuge- marktpolitischen Problemen wie ein Brennglas wirkt. Es wanderte ist es ebenfalls ein gutes Sprungbrett in die Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30005

Antje Lezius (A) Festanstellung. Dass Missbrauch verhindert werden (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem (C) muss, ist völlig klar. Dafür haben wir auch gesetzliche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Regelungen getroffen. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]) Zweitens: die Minijobs. In der Union streben wir sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis- Vizepräsidentin Dagmar Ziegler: se an und schaffen mit einer klugen Arbeitsmarkt- und Herzlichen Dank, Kollegin Lezius. – Das Wort geht an Wirtschaftspolitik die Voraussetzungen. Realität ist Norbert Kleinwächter von der AfD-Fraktion. jedoch, dass es in bestimmten Bereichen, etwa in Land- wirtschaft, Hotellerie, Gastronomie oder Kultur, Arbeits- (Beifall bei der AfD) spitzen gibt. Realität ist auch, dass Minijobs von vielen Menschen in unserem Land gewollt sind und auch Norbert Kleinwächter (AfD): genutzt werden. Das gilt besonders für Schüler, Rentner Werte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und oder Studenten. Kollegen! Dieser durchaus umfassende Tagesordnungs- Drittens: der Mindestlohn. Die Höhe des Mindestlohns punkt gibt uns mal die Möglichkeit, über die Arbeits- bestimmt die paritätisch besetzte Mindestlohnkommis- bedingungen in Deutschland zu sprechen und darüber, sion, gerade auch, um eine Politisierung des Mindest- wie wir als Politik gute Arbeit für möglichst viele unter- lohns zu verhindern. Dabei geht es um einen gesetzlichen stützen können. Lassen Sie mich eines gleich am Anfang Mindeststandard, um eine Untergrenze, auf der man auf- konstatieren: Eine diesbezüglich so schlimme Regierung bauen kann. Bei der Lohnanpassung setzt die Kom- hat die Bundesrepublik Deutschland noch nicht erlebt. mission genaue Maßstäbe an. Dabei hat sie die gesamte (Beifall des Abg. Uwe Witt [AfD]) wirtschaftliche Situation und alle Einflüsse auf die Lohn- findung zu berücksichtigen. Diese Regierung, Herr Heil, hat es geschafft, dass Millio- nen Menschen nicht mehr sicher in Lohn und Brot stehen. Unseren Wohlstand und unseren Sozialstaat erhalten Gleichzeitig haben Sie nichts getan in Bezug auf Arbeit- und verbessern wir nicht, indem wir den so wichtigen nehmerschutz, in Bezug auf Arbeitszeiten, in Bezug auf Einstieg in den Arbeitsmarkt erschweren, Flexibilität ver- die Kettenbefristungen. Das ist Ihre schmähliche Bilanz hindern und immer neue Regelungen aufstellen. dieser Wahlperiode. (Susanne Ferschl [DIE LINKE]: Das ist ein- fach falsch!) (Beifall bei der AfD – Marianne Schieder [SPD]: Ich glaube, Sie wohnen woanders!) Die Anträge der Oppositionsparteien lehnen wir ab. (B) Auch durch die Vielzahl werden sie einfach nicht besser. Gerade das Thema Befristungen ist doch ein wichtiges. (D) Wir haben zweieinhalb Millionen Menschen, die nicht (Beifall bei der CDU/CSU) wissen, ob sie in einem Jahr noch einen Job haben, ob Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen der nächste Job in der gleichen Stadt ist, wie es mit ihrer und Kollegen, auch wenn hier noch viel über den richti- Familie weitergeht. 40 Prozent dieser befristet Beschäf- gen Weg zur guten Arbeit gesagt werden kann, erlauben tigten sind mit einem sogenannten Sachgrund beschäf- Sie mir bitte einige Worte, die über die Anträge der tigt; das ist dieser lange Katalog im Teilzeit- und Befris- Oppositionsparteien hinausgehen. tungsgesetz, aus dem sich die Arbeitgeber entsprechend bedienen und sagen können: Das ist mein Sachgrund für Nach acht Jahren im Deutschen Bundestag und acht diese Befristung. – Während die sachgrundlose Befris- Jahren Mitgliedschaft im Ausschuss für Arbeit und So- tung ja an sich rechtlich begrenzt und eigentlich relativ ziales ist die heutige Rede meine letzte zu diesem The- klar definiert ist, gibt es bei dieser Sachgrundbefristung menbereich. keine Grenzen, keine Maximaldauer und keinen Schutz, 2013 bin ich als Politneuling und Quereinsteigerin in meine Damen und Herren. Wir sehen ja im öffentlichen den Bundestag gewählt worden. Ich bin sehr glücklich, Dienst, wohin das führt. Da sind viele jahrelang in Ket- diese Herausforderung angenommen und die Chance be- tenbefristungen unterwegs; nicht selten schieben die Leh- kommen zu haben, mich für mein Land und meine rer sieben Jahre lang irgendwelche Krankheitsvertretun- Region in unserem Parlament einsetzen zu können. gen, damit sich der Staat die Sommerferien spart. Das ist die Art und Weise, wie die Regierungsparteien die Men- Für die gute Zusammenarbeit und die hitzigen, aber schen behandeln. fairen Debatten möchte ich mich ganz herzlich bedanken. Ich werde die Arbeits- und Sozialpolitik auch weiterhin (Beifall bei der AfD – Markus Kurth [BÜND- mit großem Interesse verfolgen, ganz besonders natürlich NIS 90/DIE GRÜNEN]: Gleichstellung von die Bereiche Fachkräftesicherung und Qualifizierung, die Lehrern ist doch im Bereich der Länder!) so wichtig für unseren Arbeitsmarkt sind und bei denen In Bezug auf die Kettenbefristung hat die AfD bereits ich das Glück hatte, mich als Berichterstatterin einbrin- Anfang dieser Wahlperiode einen Gesetzentwurf vorge- gen zu können. legt, der dieses Problem wunderbar lösen würde. Eine Prognose für die Zukunft kann ich wohl gefahrlos (Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE wagen: Die Arbeit im und für den Ausschuss Arbeit und GRÜNEN]: Nee, überhaupt nicht! Das ist ein Soziales wird nie langweilig werden. Angriff! Sie haben es einfach nicht verstan- Danke schön. den!) 30006 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Norbert Kleinwächter (A) Denn wir sagen: Lassen Sie uns die Trennung zwischen Gabriele Hiller-Ohm (SPD): (C) Sachgrundbefristung und sachgrundloser Befristung auf- Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr heben. Lassen Sie uns sagen: Generell sollen maximal geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kol- 24 Monate erlaubt sein, und dann endet dieses Arbeits- legen! Herr Kleinwächter, Ihre Angriffe auf Minister Heil verhältnis, oder der Arbeitnehmer wird unbefristet be- sind unterirdisch. Sie sind eine Unverschämtheit. Ich will schäftigt. Punkt. Aus. Ende. Das ist eine gute Lösung. Ihnen sagen, was die Wahrheit ist: Die Beschäftigten Nur bei sehr, sehr engen Ausnahmetatbeständen könnte können froh sein, dass sie einen Minister haben, der das umgangen werden. Das würde die Arbeitsgerichte sich so engagiert für die Belange der Arbeitnehmerinnen entlasten, das würde Flexibilität ermöglichen, und das und Arbeitnehmer in Deutschland einsetzt. Das ist die würde vor allem den Menschen helfen, keine Kettenbef- Wahrheit. ristungen mehr erleiden zu müssen. (Beifall bei der SPD – Zurufe von der AfD) Aber was in diesem Bundestag passiert ist, gerade in dieser Debatte um die Befristungen, spricht wirklich Bän- Ich komme zu den vorliegenden Anträgen der Linken de. Linke, SPD, Grüne fabulieren irgendwas von sach- und greife hier drei Themen heraus, zu denen ich aus- grundlosen Befristungen, die man abschaffen und verbie- führen werde: erstens zu sachgrundlos befristeten ten müsste. Dabei sind die gar nicht das Problem, weil die Arbeitsverträgen und Kettenverträgen, zweitens zum ja reguliert sind. Die Sachgrundbefristung ist das Pro- Thema Arbeitszeit und drittens zu den Minijobs. blem. Und die GroKo – das ist ja heute bereits mehrfach Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion, am erwähnt worden – versagt völlig. Sie wollten ein Büro- Montag haben wir als SPD-Bundestagsfraktion eine kratiemonster erschaffen, haben es dann Gott sei Dank ganztägige Konferenz mit weit über 500 Betriebs- und nicht getan. Aber fest steht: Sie lassen die Menschen in Personalrätinnen und Personalräten durchgeführt. Dabei der Pandemie und die Menschen im Prekariat allein. wurden zwei Themen immer wieder angesprochen: die (Beifall bei der AfD) Abschaffung der sachgrundlosen Befristung und die Um- setzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs zur Den Bonbons, die Sie von der Linksfraktion hier die Arbeitszeiterfassung. Diese beiden Forderungen finden ganze Zeit auszuschütten versuchen, möchte ich eine sich auch in den vorliegenden Anträgen wieder. Zahl gegenüberstellen. Sie fordern ja Mindestlöhne, Min- desthonorare, Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit, Erstens, zur sachgrundlosen Befristung und zu den 30 Tage Urlaub, dass der Arbeitnehmer bestimmt, wo Kettenverträgen. Die Position der SPD hierzu ist klar. und wann er arbeitet, kurz: das Paradies auf Erden. Wir fordern schon seit Jahren die Abschaffung von Aber von 8,2 Millionen Betrieben, die in Deutschland Arbeitsverträgen ohne Nennung eines Sachgrunds. Diese (B) in der Betriebskartei der Finanzämter registriert sind, Verträge sind ein Schlag ins Gesicht der Arbeitnehmerin- (D) sind 7,2 Millionen Klein- oder Kleinstbetriebe. Die haben nen und Arbeitnehmer. Niemand verdient es, eingestellt einen Umsatz von weniger als 210 000 Euro und einen zu werden, ohne zu wissen, ob es sich zum Beispiel um Gewinn von weniger als 44 000 Euro im Jahr. Frau eine Vertretung im Krankheitsfall, eine Elternzeit- oder Ferschl, Sie haben uns vorhin gebeten, uns vorzustellen, Urlaubsvertretung handelt und ob es die Perspektive auf was passieren würde, wenn Ihre Vorschläge Gesetzes- eine Verlängerung des Vertrages gibt. Hierunter leiden kraft erhielten. Wissen Sie, diese ganzen Betriebe wären vor allen Dingen Frauen und junge Beschäftigte. Sie dann pleite, weil kein einziger dieser Punkte von diesen sind am stärksten betroffen. Ganz schlimm sind auch Klein- und Kleinstbetrieben umgesetzt werden könnte. Kettenverträge. Hier reiht sich ein befristetes Arbeitsver- Die könnten nicht überleben. Deswegen sind Arbeitneh- hältnis an das nächste, und das nicht selten über ein gan- mer generell gut beraten, wenn sie einen wirklich großen zes Arbeitsleben. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, Bogen um die Ideen der Linkspartei und der Linksfrak- hat mit Respekt gegenüber den Beschäftigten nichts zu tion machen, meine Damen und Herren. tun. Solche Verträge gehören abgeschafft. (Beifall bei der AfD) (Beifall bei der SPD – Norbert Kleinwächter [AfD]: Ja, und warum machen Sie das dann Soziale Arbeitspolitik bedeutet, dass wir die Menschen nicht? Sie sind in der Regierung!) absichern und gleichzeitig größtmögliche Freiheit er- möglichen, nicht durch hohe Hürden, sondern durch Deshalb haben wir in dem Koalitionsvertrag mit der niedrige Steuern. Dafür steht, wie wir gerade in dieser CDU/CSU schon Anfang 2018 hierzu mit unseren Forde- Debatte gesehen haben, allein die AfD. rungen einen wichtigen Pflock eingeschlagen. Haben Sie herzlichen Dank. (Norbert Kleinwächter [AfD]: Ja, das bringt (Beifall bei der AfD – Jutta Krellmann [DIE wirklich viel!) LINKE]: Neoliberaler Mist! Den Kleinunter- Ich freue mich, dass unser Arbeitsminister Hubertus nehmen ging es auch besser! – Harald Heil den Entwurf eines Gesetzes zur Eindämmung von Weinberg [DIE LINKE]: Heuchler!) sachgrundlosen Befristungen und Kettenverträgen ins Kanzleramt einbringen konnte. Vizepräsidentin Dagmar Ziegler: Es spricht Gabriele Hiller-Ohm von der SPD-Fraktion. (Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben den aber noch nie gese- (Beifall bei der SPD) hen hier im Parlament! Wo ist der denn?) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30007

Gabriele Hiller-Ohm (A) Doch was passiert dort? Die Kanzlerin steht mit beiden (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, (C) Beinen auf der Bremse und gibt den eins zu eins im der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE Koalitionsvertrag vereinbarten Gesetzentwurf nicht zur GRÜNEN) Abstimmung an ihre Ministerinnen und Minister weiter. Deshalb wird er das Parlament wohl nicht mehr errei- Vizepräsidentin Dagmar Ziegler: chen. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU/ Herzlichen Dank, liebe Kollegin. – Das Wort geht an CSU, ist ein klarer Vertragsbruch. Das ist enttäuschend Matthias Nölke von der FDP-Fraktion. und respektlos gegenüber den betroffenen Beschäftigten. (Beifall bei der FDP) (Beifall bei der SPD – Zuruf von der AfD: Das ist aber auch eine Kanzlerin! Also wirklich!) Matthias Nölke (FDP): Zweitens, Arbeitszeiterfassung. Ein weiteres Thema, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wieder das der SPD am Herzen liegt, ist das Arbeitszeitgesetz. einmal will die Linke auf komplexe Probleme mit ver- Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, fordern meintlich einfachen Lösungen und ihren drei bekannten die Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichts- Instrumenten reagieren: hofs zur Erfassung der Arbeitszeit. Auf unseren Druck hin konnten wir die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung (Zuruf des Abg. Harald Weinberg [DIE LIN- immerhin im Arbeitsschutzkontrollgesetz für die Fleisch- KE]) industrie verankern. Das ist ein erster und wichtiger mit Verboten, mit Restriktionen und mit Bevormundung. Schritt. (Jutta Krellmann [DIE LINKE]: So ein Blöd- (Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE sinn!) GRÜNEN]: Das muss für alle gelten!) Wir Freie Demokraten hingegen bieten vernünftige, Wir brauchen die Arbeitszeiterfassung aber für alle Bran- zukunftsorientierte und zielführende Alternativen an. chen. Schauen wir nur einmal auf die Zeit der Corona- (Beifall bei der FDP) pandemie. Oftmals haben sich die Grenzen zwischen „Home“ und „Office“ verwischt und verwässert. Wir set- Leider fehlt mir hier die Zeit, um auf das gesamte zen uns für eine klare Begrenzung der Arbeitszeit ein, ob Sammelsurium Ihrer aufgewärmten Anträge einzugehen. im Homeoffice oder im Betrieb. Das funktioniert aber nur Aber ich will Ihnen an zwei Beispielen gerne erläutern, mit einer transparenten Zeiterfassung. Eine Aufweichung was der Unterschied zwischen Ihrer linken und unserer des Arbeitszeitgesetzes und eine Entgrenzung der liberalen Politik ist. Arbeitszeit, die unter dem Motto „Flexibilisierung“ Nehmen wir zum einen die kalendermäßige Befris- (B) schmackhaft gemacht werden soll, wird es mit der SPD tung. Sie stellt für Arbeitgeber ein wichtiges Instrument (D) nicht geben. im Einstellungsprozess dar. Auch in schwierigen, unvor- (Beifall bei der SPD) hersehbaren Zeiten fällt so die Annahme eines Bewerbers deutlich leichter. Davon profitieren auch zahlreiche Das Arbeitszeitgesetz ist ein Arbeitsschutzgesetz. Des- Arbeitnehmer. Viele Arbeitsverträge kommen erst dank halb werden wir uns weiter für eine komplette Erfassung der Befristung zustande und werden regelmäßig auch zu der Arbeitszeit einsetzen. unbefristeten Arbeitsverhältnissen. Leider will Die Linke Drittens, die Minijobs. Auch hier hat die Coronapan- diese Chance auf Arbeit verbieten. Wir Freie Demokraten demie die bestehenden Probleme auf drastische Art und hingegen wollen Chancen auf Arbeit schaffen. Weise ans Tageslicht gebracht. Minijobs bieten eben kei- (Beifall bei der FDP) ne soziale Absicherung, keine Aufstiegsmöglichkeiten, keine vernünftige Alterssicherung, kein Sprungbrett in Zum anderen ist auch eine allgemeine Herabsetzung sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen. Vor allen der Höchstarbeitszeit eine schlechte Idee. Vertrauen wir Dingen leiden die Frauen darunter. Das müssen wir lieber auf die Tarifparteien; denn diese wissen am besten, verändern. Im SPD-Wahlprogramm haben wir deshalb welche Regeln in ihrer Branche am sinnvollsten sind. festgelegt, dass es in Zukunft keine sozialversicherungs- (Susanne Ferschl [DIE LINKE]: Es geht doch freien Beschäftigungen mehr geben darf. Dafür kämpfen um den gesetzlichen Rahmen!) wir. Für die einen ist es die geringere Arbeitszeit, für die (Beifall bei Abgeordneten der SPD) anderen sind es moderne Arbeitsformen, und für wieder andere ist es mehr Geld, um sich einen Traum zu erfüllen. Vizepräsidentin Dagmar Ziegler: Diesen Menschen nehmen Sie die Möglichkeiten dazu. Wir Freie Demokraten schlagen deshalb flexiblere Kommen Sie bitte zum Ende. Arbeitszeiten vor, kombiniert mit mehr Vertrauen in die Tarifparteien. Gabriele Hiller-Ohm (SPD): Ein letzter Satz. – Alle, die in der nächsten Legislatur- (Beifall bei der FDP – Marianne Schieder periode hier noch an Bord sein werden, sind gefordert. [SPD]: Und was ist da, wo es keine Tarifpar- Ich, liebe Kolleginnen und Kollegen, werde nicht mehr teien gibt?) dabei sein. Ich blicke voller Dankbarkeit auf fünf span- Das schafft die Möglichkeit, das Privatleben noch besser nende Legislaturperioden im Bundestag zurück. Danke mit einer Vollzeitstelle zu vereinbaren. Das schafft aber für die Zeit – und dann mal tschüss! auch die Möglichkeit, mehr zu arbeiten, wenn man dies 30008 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Matthias Nölke (A) möchte. Darum müssen die Flexibilität und die Verhand- und auch dafür, Mitbestimmung zu umgehen. Deshalb (C) lungsspielräume der Tarifpartner erhalten bleiben, vor sehen wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokra- allem, um auf die verschiedenen Wünsche eingehen zu ten vor allem in vier Bereichen Regulierungsbedarf: Ers- können. Davon profitieren sowohl Arbeitnehmer als auch tens. Wir müssen es den Anbietern auf solchen Plattfor- Arbeitgeber. men leichter machen, zu klären, ob sie abhängig (Beifall bei der FDP) beschäftigt sind oder nicht und ob damit die Plattform im konkreten Fall Arbeitgeber ist. Das heißt für uns, Wir Freie Demokraten wollen einen modernen dass wir eine Beweislastverschiebung brauchen. Zwei- Arbeitsmarkt, der Möglichkeiten schafft, statt sie pau- tens. Wir brauchen mehr Transparenz und Sicherheit bei schal zu verbieten. Hier zeigt sich wieder einmal beson- den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Plattfor- ders der Unterschied zwischen linker und liberaler Poli- men. Drittens. Soziale Sicherheit muss auch für Selbst- tik. Ihren Vorgaben und Einschränkungen stehen wir mit ständige und damit auch für Beschäftigte auf Plattformen Flexibilisierung, Dynamisierung und einer Unterstützung gewährleistet sein. Viertens. Vor allem Soloselbstständi- des Arbeitsmarktes entgegen. ge müssen sich besser organisieren können. Das sorgt für (Beifall bei der FDP) fairere Bedingungen, vor allem bei den Honoraren. – Zu all dem hat das Bundesarbeitsministerium, hat Minister Gut gemeinte Vorschläge der Fraktion Die Linke sind auf Hubertus Heil Eckpunkte vorgelegt. den zweiten Blick schädlich für die Arbeitnehmer und verhindern die Schaffung von Arbeitsplätzen. Die Linken haben zwei Anträge zu diesen Themen eingebracht, zu Gig- und Crowdworking, die wir heute Meine Damen und Herren, für einen florierenden ablehnen werden. Wir werden sie ablehnen, weil die ge- Arbeitsmarkt brauchen wir einen schlanken und dynami- setzliche Unterscheidung in Gig- und Crowdworking, die schen Start. Das schafft Arbeitsplätze. Nur eine starke Sie in Ihren Anträgen vorsehen, in der Anhörung nicht Wirtschaft sichert die Existenzen und Arbeitsplätze un- überzeugt hat, und wir werden sie auch ablehnen, weil der serer Bürger. Wir brauchen starke Tarifpartner mit Ver- Weg, den Sie für Mindesthonorare vorgeschlagen haben, handlungsspielräumen. Wir Freie Demokraten wollen nicht überzeugt. Trotzdem haben Sie mit diesen beiden den Menschen die Steine aus dem Weg räumen, die ihnen Anträgen wichtige Handlungsfelder benannt. Leider war bei der Verwirklichung ihrer Träume vom Leben im Weg es nicht möglich, in dieser Legislaturperiode und in die- liegen. Statt Misstrauen brauchen wir mehr Vertrauen, ser Koalition, was die Regulierung von Plattformen an- Vertrauen in die Tarifparteien und deren Fähigkeiten. geht, voranzukommen. Das ist und bleibt somit eine Auf- Wir Freie Demokraten stehen für eine Politik, die den gabe für die nächste Legislaturperiode. Menschen vertraut. Wenn eine Arbeitswelt vielfältiger, flexibler und indi- (B) Vielen Dank. (D) vidueller wird, wenn sie neue Formen der Erwerbstätig- (Beifall bei der FDP) keit hervorbringt, dann braucht sie eben auch zeitgemäße Regelungen zum Arbeitsschutz, zur Mitbestimmung und Vizepräsidentin Dagmar Ziegler: zur sozialen Sicherheit – soziale Sicherheit, die alle ein- Danke sehr. – Das Wort geht an Dr. Martin Rosemann bezieht, auch Selbstständige –, dann brauchen wir eine von der SPD-Fraktion. starke Sozialpartnerschaft, die in der Lage ist, die Verän- derungen auf Augenhöhe zu gestalten, dann brauchen wir (Beifall bei der SPD) eine neue Weiterbildungskultur, die in diesem Wandel alle individuell unterstützt und neue Perspektiven für Dr. Martin Rosemann (SPD): die Beschäftigten schafft. Wir sind bei all dem in dieser Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wahlperiode wichtige Schritte vorangekommen; wir ha- Die Digitalisierung verändert unsere Arbeitswelt. Wir ben wichtige Weichen für die Arbeitswelt der Zukunft sind schon mittendrin in dieser Veränderung. Das bedeu- gestellt. Als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten tet große Chancen durch neue Geschäftsmodelle, für werden wir diesen Weg weitergehen, mit dem Sozialstaat mehr Selbstverwirklichung, für eine größere Flexibilität, als Partner, um Chancen und Sicherheit für alle auch in sodass Arbeit und Leben besser zueinanderpassen, aber einer veränderten Arbeitswelt zu schaffen. das bedeutet auch Risiken; denn es kann ein Einfallstor Herzlichen Dank. für Ausbeutung sein. Deshalb gilt: Auch im digitalen Zeitalter haben Beschäftigte Anspruch auf Rechte, auf (Beifall bei der SPD) Schutz und auf soziale Sicherheit. (Beifall bei der SPD) Vizepräsidentin Dagmar Ziegler: Soziale Sicherheit muss in diesem Wandel eben auch Vielen Dank. – Das war der letzte Redebeitrag in dieser neue Formen der Erwerbsarbeit umfassen. Debatte. Die Kollegen Peter Aumer und Peter Weiß ge- ben ihre Reden zu Protokoll.1) Ich finde, das hat eine Was für diese Veränderungen generell gilt, das gilt erst sehr gute Vorbildfunktion für die nächsten Tagesord- recht und konkret für die Plattformarbeit. Auch hier gibt nungspunkte. es Chancen. Sie hilft vielen, vor allem kleinen Anbietern, neue Kunden zu gewinnen. Sie erhöht die Markttranspa- (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP renz. Aber es gibt auch Nachteile. Sie kann und ist leider und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) häufig ein Einfallstor für Scheinselbstständigkeit. Platt- formen werden für schlechte Arbeitsbedingungen genutzt 1) Anlage 9 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30009

Vizepräsidentin Dagmar Ziegler (A) Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der und Bündnis 90/Die Grünen. Gibt es Enthaltungen? – (C) Fraktion Die Linke auf Drucksache 19/30387 mit dem Das sehe ich nicht. Die Beschlussempfehlung ist damit Titel „Missbrauch von Leiharbeit stoppen“. Wer stimmt angenommen. für diesen Antrag? – Die Fraktion Die Linke. Wer stimmt dagegen? – Die Fraktionen der SPD, der CDU/CSU und Tagesordnungspunkt 17 g. Beschlussempfehlung des der FDP. Wer enthält sich? – Die Fraktion Bündnis 90/ Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Die Grünen und die Fraktion der AfD. Der Antrag ist Fraktion Die Linke mit dem Titel „Evaluierung des Min- damit abgelehnt. destlohngesetzes zur Stärkung der Beschäftigtenrechte nutzen“. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe c sei- Tagesordnungspunkt 17 b. Interfraktionell wird Über- ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/30442, den weisung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 19/24692 an Antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 19/27319 die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge- abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh- schlagen. Gibt es weitere Überweisungsvorschläge? – lung? – Die Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, der Das sehe ich nicht. Dann verfahren wir so. FDP und der AfD. Wer stimmt dagegen? – Die Fraktio- nen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen. Gibt es Ent- Tagesordnungspunkt 17 c. Beschlussempfehlung des haltungen? – Das sehe ich nicht. Die Beschlussempfeh- Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der lung ist angenommen. Fraktion Die Linke mit dem Titel „Sachgrundlose Befris- tungen verbieten“. Der Ausschuss empfiehlt unter Buch- Tagesordnungspunkt 17 h. Beschlussempfehlung des stabe a seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache Ausschusses für Arbeit und Soziales auf Drucksache 19/30442, den Antrag der Fraktion Die Linke auf Druck- 19/25896. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a sache 19/831 abzulehnen. Wer stimmt für diese Be- seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags schlussempfehlung? – Die Fraktionen der SPD, der der Fraktion Die Linke auf Drucksache 19/16886 mit CDU/CSU, der FDP und der AfD. Wer stimmt dagegen? – dem Titel „Gute Arbeit und soziale Sicherheit für Gig- Die Fraktion Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen. Ent- Worker bei der ortsgebundenen Plattformarbeit“. Wer haltungen? – Sehe ich nicht. Die Beschlussempfehlung stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Die Fraktionen ist angenommen. der SPD, der CDU/CSU, der AfD und der FDP. Wer stimmt dagegen? – Die Fraktion Die Linke. Wer enthält Tagesordnungspunkt 17 d. Beschlussempfehlung des sich? – Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Be- Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der schlussempfehlung ist angenommen. Fraktion Die Linke mit dem Titel „40 Stunden sind Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Buchstabe b genug – Gesetzliche wöchentliche Höchstarbeitszeit seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags (B) (D) reduzieren“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Be- der Fraktion Die Linke auf Drucksache 19/22122 mit schlussempfehlung auf Drucksache 19/1030, den Antrag dem Titel „Gute Arbeit und soziale Sicherheit für der Fraktion Die Linke auf Drucksache 19/578 abzuleh- Crowd-Worker bei der ortsungebundenen Plattformar- nen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Die beit“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Fraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU/CSU, Die Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, der FDP und AfD und FDP. Wer stimmt dagegen? – Die Fraktion Die der AfD. Wer stimmt dagegen? – Die Fraktionen Die Linke. Enthaltungen? – Sehe ich nicht. Die Beschluss- Linke und Bündnis 90/Die Grünen. Die Beschlussemp- empfehlung ist angenommen. fehlung ist damit angenommen. Tagesordnungspunkt 17 e. Beschlussempfehlung des Tagesordnungspunkt 17 i. Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag Fraktion Die Linke mit dem Titel „Mehr Arbeitszeitsou- der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Steuergelder gegen veränität für Beschäftigte schaffen“. Der Ausschuss emp- Missbrauch durch Konzerne schützen“. Der Ausschuss fiehlt unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache Drucksache 19/4657, den Antrag der Fraktion Die Linke 19/28079, den Antrag der Fraktion Die Linke auf Druck- auf Drucksache 19/2522 abzulehnen. Wer stimmt für die- sache 19/27190 abzulehnen. Wer stimmt für diese Be- se Beschlussempfehlung? – Die Fraktionen der SPD, der schlussempfehlung? – Die Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, der FDP und der AfD. Wer stimmt dagegen? – CDU/CSU, der FDP und der AfD. Wer stimmt dagegen? – Die Fraktion Die Linke. Gibt es Enthaltungen? – Das ist Fraktion Die Linke. Wer enthält sich? – Fraktion Bünd- die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Beschlussemp- nis 90/Die Grünen. Die Beschlussempfehlung ist ange- fehlung ist angenommen. nommen. Tagesordnungspunkt 17 f. Beschlussempfehlung des Tagesordnungspunkt 17 j. Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Damit jede Arbeits- Fraktion Die Linke mit dem Titel „Gutes Leben und gute stunde zählt – Arbeitszeitgesetz ergänzen“. Der Aus- Arbeit für alle – Eine geschlechtergerechte Krisen- und schuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussemp- Zukunftspolitik ist nötig“. Der Ausschuss empfiehlt unter fehlung auf Drucksache 19/25379, den Antrag der Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa- Fraktion Die Linke auf Drucksache 19/17134 abzuleh- che 19/30442, den Antrag der Fraktion Die Linke auf nen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Die Drucksache 19/26874 abzulehnen. Wer stimmt für diese Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, der AfD und der Beschlussempfehlung? – Die Fraktionen der SPD, der FDP. Wer stimmt dagegen? – Die Fraktionen Die Linke CDU/CSU, der AfD und der FDP. Wer stimmt dagegen? – 30010 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Vizepräsidentin Dagmar Ziegler (A) Fraktion Die Linke. Wer enthält sich? – Die Fraktion – Gut. – Die Beschlussempfehlung ist damit angenom- (C) Bündnis 90/Die Grünen. Die Beschlussempfehlung ist men. damit angenommen. Zusatzpunkt 12. Abstimmung über den Antrag der Tagesordnungspunkt 17 k. Abstimmung über den Ge- Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache setzentwurf der Fraktion der AfD zur Änderung des Teil- 19/27212 mit dem Titel „Soziale Mindestsicherung für zeit- und Befristungsgesetzes. Der Ausschuss für Arbeit Gig-, Click- und Crowdworker ermöglichen und stär- und Soziales empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung ken“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Fraktion Bünd- auf Drucksache 19/28534, den Gesetzentwurf der Frak- nis 90/Die Grünen. Gegenstimmen? – Fraktionen der tion der AfD auf Drucksache 19/1841 abzulehnen. Ich SPD, der CDU/CSU, der AfD und der FDP. Wer enthält bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wol- sich? – Die Fraktion Die Linke. Der Antrag ist damit len, um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der AfD. abgelehnt. Wer stimmt dagegen? – Das ist der Rest des Hauses. Gibt es Enthaltungen? – Das sehe ich nicht. Der Gesetzentwurf Tagesordnungspunkt 51 l. Beschlussempfehlung des ist in zweiter Beratung abgelehnt. Damit entfällt nach der Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Geschäftsordnung die weitere Beratung. Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Arbeits- zeit – Urteil des Europäischen Gerichtshofs umsetzen, Tagesordnungspunkt 17 l. Beschlussempfehlung des mehr Zeitsouveränität ermöglichen“. Der Ausschuss Ausschusses für Arbeit und Soziales auf Drucksache empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung 19/27989. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a auf Drucksache 19/25379, den Antrag der Fraktion Bünd- seiner Beschlussempfehlung, die Ablehnung des Antrags nis 90/Die Grünen auf Drucksache 19/20585 abzulehnen. der Fraktion der AfD auf Drucksache 19/25807 mit dem Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Die Frak- Titel „Anhebung der Verdienstgrenze für geringfügig tionen der SPD, der CDU/CSU, der FDP und der AfD. Beschäftigte durch eine dynamische Kopplung an die Wer stimmt dagegen? – Fraktionen Die Linke und Bünd- Inflation“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – nis 90/Die Grünen. Gibt es Enthaltungen? – Sehe ich Wer stimmt dagegen? – Die Fraktion der AfD. Ich frage nicht. Die Beschlussempfehlung ist damit angenommen. der Form halber, ob es Enthaltungen gibt. – Nein. Damit ist die Beschlussempfehlung mit den Stimmen des Rests Tagesordnungspunkt 51 ppp. Abstimmung über den des Hauses angenommen. Gesetzentwurf der Fraktion der FDP zur Dynamisierung der Verdienstgrenzen der geringfügigen Beschäftigung. Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung emp- Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empfiehlt in sei- fiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Frak- ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/8375, den tion der FDP auf Drucksache 19/24370 mit dem Titel Gesetzentwurf der Fraktion der FDP auf Drucksache (B) „Minijobs dynamisieren“. Wer stimmt für diese Be- 19/4764 abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Ge- (D) schlussempfehlung? – Die Fraktionen Die Linke, der setzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der CDU/CSU. Wer Fraktionen der FDP und der AfD. Wer stimmt dagegen? – stimmt dagegen? – Die Fraktion der FDP. Wer enthält Fraktionen Die Linke, der SPD, Bündnis 90/Die Grünen sich? – Die Fraktion der AfD. Die Beschlussempfehlung und der CDU/CSU. Gibt es Enthaltungen? – Sehe ich ist damit angenommen. nicht. Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung abge- Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Buchstabe c lehnt. Damit entfällt nach unserer Geschäftsordnung die seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags weitere Beratung. der Fraktion Die Linke auf Drucksache 19/24003 mit Vielen Dank. – Ich übergebe. dem Titel „Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung überführen – Sozialversicherungssysteme stärken“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Vizepräsidentin Claudia Roth: Die Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, der FDP und der Liebe Kolleginnen und Kollegen, schönen Tag! Es AfD. Wer stimmt dagegen? – Die Fraktion Die Linke. kommt eine längere Lesung. Sie können sich schon ein- Wer enthält sich? – Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. mal darauf freuen. Dann hoffe ich, dass alle bereit sind. Die Beschlussempfehlung ist damit angenommen. Ich rufe auf die Tagesordnungspunkte 50 a bis 50 m Zusatzpunkt 11. Beschlussempfehlung des Ausschus- und 50 o bis 50 t sowie die Zusatzpunkte 13 a bis 13 i. Es ses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Fraktion handelt sich um Überweisungen im vereinfachten Ver- Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Arbeitsförderung fahren ohne Debatte. in der Krise – Für einen besseren Einstieg“. Der Aus- Wir kommen zunächst zu den unstrittigen Überwei- schuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf sungen. Tagesordnungspunkte 50 a bis 50 d und 50 f Drucksache 19/28530, den Antrag der Fraktion Bünd- bis 50 i, 50 k bis 50 m, 50 o, 50 p und 50 t – Sie wissen, nis 90/Die Grünen auf Drucksache 19/27763 abzulehnen. worum es geht? – sowie Zusatzpunkte 13 a und 13 b und Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Die Frak- 13 d bis 13 h: tionen Die Linke, der SPD und der CDU/CSU. Wer stimmt dagegen? – Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. 50 a) Erste Beratung des von den Fraktionen der Wer enthält sich? – Fraktion der FDP. Die AfD hatte CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs auch zugestimmt? eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes (Enrico Komning [AfD]: Wir haben zuge- stimmt!) Drucksache 19/30400 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30011

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) Überweisungsvorschlag: Überweisungsvorschlag: (C) Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur (f) Ausschuss für Gesundheit (f) Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen Ausschuss für Arbeit und Soziales Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 der GO Haushaltsausschuss b) Erste Beratung des von den Abgeordneten h) Beratung des Antrags der Abgeordneten Sven-Christian Kindler, Matthias Gastel, Andreas Bleck, Karsten Hilse, Marc Anja Hajduk, weiteren Abgeordneten und Bernhard, weiterer Abgeordneter und der der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Fraktion der AfD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Windindustrie gehört nicht in den Mee- Einschränkung der Privatisierung öffent- resraum – Keine Ausweisung von Vor- licher Infrastrukturen im Bereich der ranggebieten für Windindustrie in der Bundesfernstraßen (Bundesfernstraßen- Ausschließlichen Wirtschaftszone im Rah- privatisierungseinschränkungsgesetz – men der Raumordnung vornehmen BFStrPrivEinschG) Drucksache 19/30405 Drucksache 19/29788 Überweisungsvorschlag: Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommu- Haushaltsausschuss (f) nen (f) Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur Ausschuss für Wirtschaft und Energie Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Jan Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur Ralf Nolte, Berengar Elsner von Gronow, Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit Rüdiger Lucassen, weiterer Abgeordneter i) Beratung des Antrags der Abgeordneten und der Fraktion der AfD Dr. Heiko Heßenkemper, Nicole Höchst, Übermittlung der detaillierten, anonymi- Jörn König, weiterer Abgeordneter und der sierten Vorwürfe gegen einzelne Soldaten Fraktion der AfD des Kommandos Spezialkräfte Keine Pflichtmitgliedschaft der Industrie- Drucksache 19/30418 und Handelskammern im Deutschen In- dustrie- und Handelskammertag – Statt- Überweisungsvorschlag: dessen den Deutschen Industrie- und Han- Verteidigungsausschuss delskammertag reformieren d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Drucksache 19/30413 Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, Ulla (B) Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Frak- Überweisungsvorschlag: (D) Ausschuss für Wirtschaft und Energie (f) tion DIE LINKE Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz Diskriminierung von Migrantenorganisa- k) Beratung des Antrags der Abgeordneten tionen im Vereinsrecht beenden , Frank Sitta, Grigorios Drucksache 19/24689 Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Inneres und Heimat (f) Öffentliches Leben ermöglichen – Den Sportausschuss Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz Sommer 2021 nutzen Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Kultur und Medien Drucksache 19/30346 Überweisungsvorschlag: f) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommu- Erhard Grundl, Dr. Kirsten Kappert-Gonther, nen (f) Margit Stumpp, weiterer Abgeordneter und Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN f) Beratung des Antrags der Abgeordneten NS-Euthanasie-Morde und Zwangssterili- Michael Theurer, Grigorios Aggelidis, sation – Nachgeschichte erforschen Renata Alt, weiterer Abgeordneter und der Drucksache 19/28824 Fraktion der FDP

Überweisungsvorschlag: 10-Punkte-Konjunkturprogramm zum Ausschuss für Kultur und Medien (f) Nulltarif – Vorschläge des Nationalen Nor- Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz menkontrollrats zum Bürokratieabbau g) Beratung des Antrags der Abgeordneten umsetzen Detlev Spangenberg, Dr. Robby Schlund, Drucksache 19/30350 Jörg Schneider, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Energie Pflegende Eltern unterstützen – Flexibili- m) Beratung des Antrags der Abgeordneten tät der Verhinderungspflege nicht ein- Dr. Achim Kessler, Susanne Ferschl, Doris schränken Achelwilm, weiterer Abgeordneter und der Drucksache 19/30415 Fraktion DIE LINKE 30012 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) Mehr Corona-Impfungen in sozial Maßnahmen für mehr Sicherheit im Stra- (C) benachteiligten Stadtteilen und ländlichen ßengüterverkehr Regionen Drucksache 19/30391

Drucksache 19/30393 Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Gesundheit d) Beratung des Antrags der Abgeordneten o) Beratung des Antrags der Abgeordneten Katharina Willkomm, Stephan Thomae, Hansjörg Müller, Dr. Heiko Heßenkemper, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter Steffen Kotré, weiterer Abgeordneter und und der Fraktion der FDP der Fraktion der AfD Wohneigentum stärken – Weitere Kaufne- Aufhebung der Sanktionen gegen Russ- benkosten senken land – Die deutsche Wirtschaft stärken Drucksache 19/30390

Drucksache 19/30422 Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz (f) Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen Ausschuss für Wirtschaft und Energie (f) Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Auswärtiger Ausschuss Britta Katharina Dassler, Mario p) Beratung des Antrags der Abgeordneten Brandenburg (Südpfalz), Stephan Thomae, Hansjörg Müller, Steffen Kotré, Enrico weiterer Abgeordneter und der Fraktion der Komning, weiterer Abgeordneter und der FDP Fraktion der AfD Förderung des eSports in Deutschland Nationale Reserven für kritische Materia- Drucksache 19/30392 lien, wie Seltene Erden, anlegen Überweisungsvorschlag: Drucksache 19/29214 Sportausschuss (f) Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz Überweisungsvorschlag: Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Energie (f) Ausschuss Digitale Agenda Auswärtiger Ausschuss Haushaltsausschuss f) Beratung des Antrags der Abgeordneten t) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Marco Buschmann, Stephan Thomae, (B) Enrico Komning, Dr. Heiko Heßenkemper, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter (D) Hansjörg Müller, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP und der Fraktion der AfD Änderung der Geschäftsordnung des Holz für die heimische Bauwirtschaft – Deutschen Bundestages Die mittelständische Wirtschaft wirklich hier: Bürgerplenarverfahren schützen Drucksache 19/30384 Drucksache 19/30420 Überweisungsvorschlag: Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Ausschuss für Wirtschaft und Energie (f) Auswärtiger Ausschuss g) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz , Matthias W. Birkwald, Finanzausschuss Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Dr. André Hahn, weiterer Abgeordneter und Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union der Fraktion DIE LINKE Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen Verbraucherrechte in der Berufsunfähig- ZP 13 a) Beratung des Antrags der Abgeordneten keitsversicherung stärken Armin-Paulus Hampel, Dr. Roland Hartwig, Petr Bystron, weiterer Abgeordneter und der Drucksache 19/28905 Fraktion der AfD Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz Sofortiger Neustart der deutsch-russi- schen Beziehungen h) Beratung des Antrags der Abgeordneten Margarete Bause, Lisa Badum, Filiz Polat, Drucksache 19/30425 weiterer Abgeordneter und der Fraktion Überweisungsvorschlag: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Auswärtiger Ausschuss (f) Ausschuss für Wirtschaft und Energie Klimaschutz braucht Menschenrechte – Verteidigungsausschuss Menschenrechte brauchen Klimaschutz Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick- lung Drucksache 19/29315

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Überweisungsvorschlag: Dr. Christopher Gohl, Frank Sitta, Torsten Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (f) Auswärtiger Ausschuss Herbst, weiterer Abgeordneter und der Frak- Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft tion der FDP Ausschuss für Gesundheit Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30013

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen (C) Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick- Haushaltsausschuss lung Federführung strittig Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Interfraktionell wird Überweisung des Antrags der Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an Fraktion der FDP auf Drucksache 19/23304 mit dem Titel die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu „Sonntagsöffnung für öffentliche Bibliotheken“ an die in überweisen. Gibt es weitere Vorschläge? – Nein. Dann der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschla- verfahren wir genau so. gen. Die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD wün- Wir kommen nun zu sieben Überweisungen, bei denen schen Federführung beim Ausschuss für Arbeit und So- die Federführung strittig ist. ziales. Die Fraktion der FDP wünscht Federführung beim Ausschuss für Kultur und Medien. Tagesordnungspunkt 50 e: Ich lasse zuerst über den Vorschlag der Fraktion der Beratung des Antrags der Abgeordneten FDP abstimmen. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dage- Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Beate Müller-Ge- gen? – Enthaltungen? – Sehe ich keine. Der Überwei- mmecke, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordne- sungsvorschlag ist abgelehnt. Zugestimmt haben die ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIEGRÜ- Fraktionen der FDP, der Linken und der Bündnisgrünen. NEN Dagegengestimmt haben die Fraktionen der SPD, der Sonntagsöffnungszeiten von Öffentlichen Bib- CDU/CSU und der AfD. liotheken ermöglichen Ich lasse nun über den Überweisungsvorschlag der Drucksache 19/7737 Fraktionen der CDU/CSU und der SPD abstimmen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Wer Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales (f) stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Keine. Der Überwei- Ausschuss für Kultur und Medien (f) sungsvorschlag ist angenommen. Zugestimmt haben die Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Fraktionen der CDU/CSU, der SPD und der AfD. Dage- Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen gengestimmt haben die Fraktionen der Linken, der Grü- Federführung strittig nen und der FDP. Interfraktionell wird Überweisung des Antrags der Tagesordnungspunkt 50 q: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 19/7737 mit dem Titel „Sonntagsöffnungszeiten von Beratung des Antrags der Abgeordneten Udo Öffentlichen Bibliotheken ermöglichen“ an die in der Theodor Hemmelgarn, Frank Magnitz, Marc Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. (B) Bernhard, weiterer Abgeordneter und der Frak- (D) Die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD wünschen tion der AfD Federführung beim Ausschuss für Arbeit und Soziales. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wünscht Federfüh- Blackout begegnen – Notstromversorgung rung beim Ausschuss für Kultur und Medien. sicherstellen Ich lasse zuerst über den Überweisungsvorschlag der Drucksache 19/30404 Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abstimmen. Wer stimmt Überweisungsvorschlag: für diesen Überweisungsvorschlag? – Wer stimmt dage- Ausschuss für Wirtschaft und Energie (f) Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen (f) gen? – Enthaltungen? – Keine. Der Überweisungsvor- Ausschuss für Inneres und Heimat schlag ist abgelehnt. Zugestimmt haben die Grünen, Die Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz Linke und die FDP. Dagegengestimmt haben SPD, CDU/ Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit CSU und AfD. Federführung strittig Ich lasse nun über den Überweisungsvorschlag der Interfraktionell wird Überweisung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD abstimmen. Fraktion der AfD auf Drucksache 19/30404 mit dem Titel Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Wer „Blackout begegnen – Notstromversorgung sicherstel- stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Keine. Der Überwei- len“ an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse sungsvorschlag ist angenommen. Zugestimmt haben vorgeschlagen. Die Fraktionen der CDU/CSU und der CDU/CSU, SPD und AfD. Dagegengestimmt haben Die SPD wünschen Federführung beim Ausschuss für Wirt- Linke, die Bündnisgrünen und die FDP. schaft und Energie, die Fraktion der AfD wünscht Feder- Tagesordnungspunkt 50 j: führung beim Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwick- lung und Kommunen. Beratung des Antrags der Abgeordneten Thomas Hacker, Katja Suding, Grigorios Aggelidis, wei- Ich lasse zuerst über den Überweisungsvorschlag der terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Fraktion der AfD abstimmen. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Keine. Der Überwei- Sonntagsöffnung für öffentliche Bibliotheken sungsvorschlag ist abgelehnt. Zugestimmt hat die AfD- Drucksache 19/23304 Fraktion, dagegengestimmt haben alle anderen Fraktio- nen des Hauses Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales (f) Ich lasse nun über den Überweisungsvorschlag der Ausschuss für Kultur und Medien (f) Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Fraktionen der CDU/CSU und der SPD abstimmen. Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltun- 30014 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) gen? – Keine. Der Überweisungsvorschlag ist angenom- Ich lasse zuerst über den Überweisungsvorschlag der (C) men bei Gegenstimmen der AfD und Zustimmung aller Fraktion der AfD abstimmen. Wer stimmt dafür? – Wer anderen Fraktionen des Hauses. stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Keine. Der Überwei- sungsvorschlag ist abgelehnt bei Zustimmung der AfD Tagesordnungspunkt 50 r: und Ablehnung aller anderen Fraktionen des Hauses. Beratung des Antrags der Abgeordneten Jürgen Braun, Dr. Anton Friesen, Waldemar Herdt, wei- Ich lasse nun über den Überweisungsvorschlag der terer Abgeordneter und der Fraktion der AfD Fraktionen der CDU/CSU und der SPD abstimmen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Wer Mittelvergabe an das Hilfswerk der Vereinten stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Keine. Der Überwei- Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen sungsvorschlag ist angenommen bei Gegenstimmen der Osten stoppen – Den Friedensprozess zwi- AfD und Zustimmung aller anderen Fraktionen des Hau- schen Israel und den Palästinensern fördern ses. Drucksache 19/30414 Zusatzpunkt 13 c: Überweisungsvorschlag: Auswärtiger Ausschuss (f) Beratung des Antrags der Abgeordneten Peter Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (f) Federführung strittig Heidt, Britta Katharina Dassler, Alexander Graf Lambsdorff, weiterer Abgeordneter und der Frak- Interfraktionell wird Überweisung des Antrags der tion der FDP Fraktion der AfD auf Drucksache 19/30414 mit dem Titel „Mittelvergabe an das Hilfswerk der Vereinten Nationen Menschenrechten auch im Zuge von Sport- für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten stoppen – Den großveranstaltungen Geltung verschaffen Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern fördern“ an die in der Tagesordnung aufgeführten Aus- Drucksache 19/30389 schüsse vorgeschlagen. Die Fraktionen der CDU/CSU Überweisungsvorschlag: und der SPD wünschen Federführung beim Auswärtigen Sportausschuss (f) Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (f) Ausschuss, die Fraktion der AfD wünscht Federführung Auswärtiger Ausschuss beim Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hil- Federführung strittig fe. Interfraktionell wird Überweisung des Antrags der Ich lasse zuerst über den Überweisungsvorschlag der Fraktion der FDP auf Drucksache 19/30389 mit dem Titel Fraktion der AfD abstimmen. Wer ist dafür? – Wer ist „Menschenrechten auch im Zuge von Sportgroßver- (B) dagegen? – Enthaltungen? – Keine. Der Überweisungs- anstaltungen Geltung verschaffen“ an die in der Tages- (D) vorschlag ist abgelehnt. Zugestimmt hat die Fraktion der ordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Die AfD. Alle anderen Fraktionen des Hauses waren dage- Fraktionen der CDU/CSU und der SPD wünschen Feder- gen. führung beim Sportausschuss, die Fraktion der FDP Ich lasse nun über den Überweisungsvorschlag der wünscht Federführung beim Ausschuss für Menschen- Fraktionen der CDU/CSU und der SPD abstimmen. rechte und humanitäre Hilfe. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltun- Ich lasse zuerst über den Überweisungsvorschlag der gen? – Keine. Der Überweisungsvorschlag ist angenom- Fraktion der FDP abstimmen. Wer stimmt dafür? – Wer men bei Gegenstimmen der AfD und Zustimmung aller stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Niemand. Der anderen Fraktionen des Hauses. Überweisungsvorschlag ist abgelehnt. Zugestimmt haben Tagesordnungspunkt 50 s: die Fraktionen der FDP und des Bündnisses 90/Die Grü- nen. Dagegengestimmt haben die Fraktionen der Linken, Beratung des Antrags der Abgeordneten Wilhelm der SPD, der CDU/CSU und der AfD. von Gottberg, Stephan Protschka, Peter Felser, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD Ich lasse nun über den Überweisungsvorschlag der Tarifermäßigung bei Einkünften aus Land- Fraktionen der CDU/CSU und der SPD abstimmen. und Forstwirtschaft fortführen Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltun- gen? – Keine. Der Überweisungsvorschlag ist angenom- Drucksache 19/30417 men bei Gegenstimmen der FDP und der Bündnisgrünen Überweisungsvorschlag: und Zustimmung aller anderen Fraktionen des Hauses. Finanzausschuss (f) Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft (f) Zusatzpunkt 13 i: Federführung strittig Interfraktionell wird Überweisung des Antrags der Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Irene Fraktion der AfD auf Drucksache 19/30417 mit dem Titel Mihalic, Omid Nouripour, Dr. Konstantin von „Tarifermäßigung bei Einkünften aus Land- und Forst- Notz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion wirtschaft fortführen“ an die in der Tagesordnung aufge- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN führten Ausschüsse vorgeschlagen. Die Fraktionen der Koordinierte Rückführung deutscher Staats- CDU/CSU und der SPD wünschen Federführung beim bürgerinnen und Staatsbürger aus den ehema- Finanzausschuss, die Fraktion der AfD wünscht Feder- ligen IS-Gebieten gewährleisten führung beim Ausschuss für Ernährung und Landwirt- schaft. Drucksache 19/27876 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30015

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) Überweisungsvorschlag: Dritte Beratung (C) Auswärtiger Ausschuss (f) Ausschuss für Inneres und Heimat (f) und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Federführung strittig Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Interfraktionell wird Überweisung des Antrags der Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz- Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache entwurf ist angenommen bei Enthaltung der Fraktion der 19/27876 mit dem Titel „Koordinierte Rückführung deut- Linken und Zustimmung aller anderen Fraktionen des scher Staatsbürgerinnen und Staatsbürger aus den ehe- Hauses. maligen IS-Gebieten gewährleisten“ an die in der Tages- Tagesordnungspunkt 51 c: ordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD wünschen Feder- Zweite und dritte Beratung des von der Bundes- führung beim Auswärtigen Ausschuss, die Fraktion regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes Bündnis 90/Die Grünen wünscht Federführung beim zu dem Protokoll vom 12. Januar 2021 zur Ausschuss für Inneres und Heimat. Änderung des am 30. März 2010 in London unterzeichneten Abkommens zwischen der Ich lasse zuerst über den Überweisungsvorschlag der Bundesrepublik Deutschland und dem Ver- Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abstimmen. Wer stimmt einigten Königreich Großbritannien und dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Keine. Nordirland zur Vermeidung der Doppelbe- Der Überweisungsvorschlag ist abgelehnt. Zugestimmt steuerung und zur Verhinderung der Steuer- haben die Fraktionen des Bündnisses 90/Die Grünen verkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom und der FDP, alle anderen Fraktionen haben dagegenge- Einkommen und vom Vermögen in der durch stimmt. das am 17. März 2014 in London unterzeich- Ich lasse nun über den Überweisungsvorschlag der nete Protokoll geänderten Fassung Fraktionen der CDU/CSU und SPD abstimmen. Wer Drucksache 19/29559 stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Beschlussempfehlung und Bericht des Finanz- Keine. Der Überweisungsvorschlag ist angenommen. ausschusses (7. Ausschuss) Zugestimmt haben die Fraktionen der Linken, der SPD, der CDU/CSU und der AfD, dagegengestimmt haben die Drucksache 19/30441 Fraktionen der FDP und der Bündnisgrünen. Der Finanzausschuss empfiehlt unter Buchstabe b sei- Ich rufe die Tagesordnungspunkte 51 b bis 51 j, 51 m ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/30441, den bis 51 uu, 51 ww bis 51 ooo, 51 qqq bis 51 bbbb, 51 eeee Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 19/29559 anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Ge- (B) bis 51 vvvv, 32 b und 32 c sowie Zusatzpunkte 14 b bis (D) 14 k auf. – Das war jetzt von Ernst Jandl. – Es handelt setzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – sich um die Beschlussfassung zu Vorlagen, zu denen Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz- keine Aussprache vorgesehen ist. entwurf ist damit in zweiter Beratung angenommen bei Enthaltung der Fraktion der Linken und Zustimmung Tagesordnungspunkt 51 b: aller anderen Fraktionen des Hauses. Zweite und dritte Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes Dritte Beratung zu dem Protokoll vom 19. Januar 2021 zur und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Änderung des Abkommens vom 30. März Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – 2011 zwischen der Bundesrepublik Deutsch- Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz- land und Irland zur Vermeidung der Doppel- entwurf ist angenommen bei Enthaltung der Fraktion der besteuerung und zur Verhinderung der Linken und Zustimmung aller anderen Fraktionen des Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern Hauses. vom Einkommen und vom Vermögen in der Tagesordnungspunkt 51 d: durch das Protokoll vom 3. Dezember 2014 geänderten Fassung Zweite und dritte Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes Drucksache 19/29558 zu dem Protokoll vom 24. März 2021 zur Än- Beschlussempfehlung und Bericht des Finanz- derung des Abkommens vom 12. April 2012 ausschusses (7. Ausschuss) zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Ver- Drucksache 19/30441 meidung der Doppelbesteuerung und zur Ver- Der Finanzausschuss empfiehlt unter Buchstabe a sei- hinderung der Steuerverkürzung auf dem ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/30441, den Gebiet der Steuern vom Einkommen in der Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache durch das Protokoll vom 11. Januar 2016 19/29558 anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Ge- geänderten Fassung setzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Drucksachen 19/29486, 19/30235 Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz- entwurf ist damit in zweiter Beratung angenommen bei Beschlussempfehlung und Bericht des Finanz- Enthaltung der Fraktion der Linken und Zustimmung ausschusses (7. Ausschuss) aller anderen Fraktionen des Hauses. Drucksache 19/30441 30016 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) Der Finanzausschuss empfiehlt unter Buchstabe c sei- Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- (C) ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/30441, den schusses für Inneres und Heimat (4. Aus- Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache schuss) 19/29486 und 19/30235 anzunehmen. Ich bitte diejeni- Drucksache 19/30476 gen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält – Bericht des Haushaltsausschusses (8. Aus- sich? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung schuss) gemäß § 96 der Geschäftsordnung angenommen bei Enthaltung der Linken und Zustim- Drucksache 19/30519 mung aller anderen Fraktionen des Hauses. Der Ausschuss für Inneres und Heimat empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/30476, Dritte Beratung den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksa- und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem chen 19/28677 und 19/29571 in der Ausschussfassung Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich jetzt zu erheben. – anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf Wer stimmt dagegen? – Niemand. Wer enthält sich? – Der in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um ihr Gesetzentwurf ist angenommen bei Enthaltung der Frak- Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält tion der Linken und Zustimmung aller anderen Fraktio- sich? – Was macht Bündnis 90/Die Grünen? – Gut. Damit nen des Hauses. ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung angenommen bei Enthaltung der Linken und Zustimmung aller anderen Tagesordnungspunkt 51 e: Fraktionen des Hauses. Zweite und dritte Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes Dritte Beratung zum Vorschlag für eine Verordnung (EU) .../... und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem des Rates vom ... zur Ausdehnung der Anwen- Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich jetzt zu erheben. – dung der Verordnung (EU) …/... des Europä- Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz- ischen Parlaments und des Rates über ein entwurf ist angenommen bei Enthaltung der Linken und Aktionsprogramm in den Bereichen Aus- Zustimmung aller anderen Fraktionen des Hauses. tausch, Unterstützung und Ausbildung zum Tagesordnungspunkt 51 g: Schutz des Euro gegen Geldfälschung für den Zweite Beratung und Schlussabstimmung des Zeitraum 2021-2027 („Programm Pericles von der Bundesregierung eingebrachten Ent- IV“) auf die nicht teilnehmenden Mitglied- wurfs eines Gesetzes zu dem Zusatzprotokoll staaten vom 20. Februar 2008 zum Übereinkommen (B) Drucksache 19/29560 vom 19. Mai 1956 über den Beförderungsver- (D) Beschlussempfehlung und Bericht des Finanz- trag im internationalen Straßengüterverkehr ausschusses (7. Ausschuss) (CMR) betreffend den elektronischen Fracht- brief Drucksache 19/30439 Drucksache 19/29564 Der Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschluss- empfehlung auf Drucksache 19/30439, den Gesetzent- Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- wurf der Bundesregierung auf Drucksache 19/29560 ses für Recht und Verbraucherschutz (6. Aus- anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf schuss) zustimmen wollen, um ihr Handzeichen. – Wer stimmt Drucksache 19/30497 dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz emp- damit in zweiter Beratung angenommen bei Enthaltung fiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache der Fraktion der AfD und Zustimmung aller anderen 19/30497, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Fraktionen des Hauses. Drucksache 19/29564 anzunehmen. Dritte Beratung Zweite Beratung und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. Es Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz- ist ein Vertragsgesetz. – Wer stimmt dagegen? – Wer ent- entwurf ist angenommen bei Enthaltung der Fraktion der hält sich? – Niemand. Der Gesetzentwurf ist einstimmig AfD und Zustimmung aller anderen Fraktionen des Hau- angenommen. ses. Tagesordnungspunkt 51 h: Tagesordnungspunkt 51 f: Zweite und dritte Beratung des von der Bundes- – Zweite und dritte Beratung des von der Bun- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes desregierung eingebrachten Entwurfs eines zur Pflanzengesundheit Gesetzes zur Anpassung der Bundesbesol- Drucksache 19/28405 dung und -versorgung für 2021/2022 und Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- zur Änderung weiterer dienstrechtlicher ses für Ernährung und Landwirtschaft (10. Aus- Vorschriften (BBVAnpÄndG 2021/2022) schuss) Drucksachen 19/28677, 19/29571 Drucksache 19/30493 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30017

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist angenom- (C) empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache men. Zugestimmt haben die Fraktionen der SPD, der 19/30493, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Grünen und der CDU/CSU. Dagegengestimmt haben Drucksache 19/28405 in der Ausschussfassung anzuneh- die Fraktionen der Linken und der AfD. Enthalten hat men. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der sich die FDP. Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzei- Tagesordnungspunkt 51 m: chen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung angenommen. Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Zugestimmt haben die Fraktionen der Linken, der SPD richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und der CDU/CSU. Dagegengestimmt hat die Fraktion und nukleare Sicherheit (16. Ausschuss) der AfD. Enthalten haben sich die Fraktionen der FDP – zu dem Antrag der Abgeordneten Sylvia und der Grünen. Kotting-Uhl, Lisa Badum, Dr. Bettina Hoffmann, weiterer Abgeordneter und der Dritte Beratung Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Tschernobyl mahnt – Atomausstieg konse- Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – quent umsetzen Diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, – zu dem Antrag der Abgeordneten Sylvia haben sich erhoben. Wer stimmt dagegen? – Die AfD. Kotting-Uhl, Lisa Badum, Dr. Bettina Wer enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist angenommen. Hoffmann, weiterer Abgeordneter und der Zugestimmt haben die Fraktionen der Linken, der SPD, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der CDU/CSU. Dagegengestimmt hat die Fraktion der AfD. Enthalten haben sich die Fraktionen der FDP und Acht Jahre Fukushima – Atomausstieg in der Bündnisgrünen. Europa voranbringen Tagesordnungspunkt 51 i: Drucksachen 19/2113, 19/8284, 19/30501 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung emp- richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz fiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Frak- und nukleare Sicherheit (16. Ausschuss) zu der tion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 19/2113 mit Verordnung der Bundesregierung dem Titel „Tschernobyl mahnt – Atomausstieg kon- sequent umsetzen“. Wer stimmt für diese Beschluss- Verordnung über die Beschaffenheit und empfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – (B) Kennzeichnung von bestimmten Einweg- Keine. Die Beschlussempfehlung ist angenommen. (D) kunststoffprodukten (Einwegkunststoffkenn- Zugestimmt haben die Fraktionen der SPD, der CDU/ zeichnungsverordnung – EWKKennzV) CSU, der FDP und der AfD. Dagegengestimmt haben Drucksachen 19/29627, 19/29997 Nr. 2.1, die Fraktionen der Grünen und der Linken. 19/30499 Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Buchstabe b Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags lung auf Drucksache 19/30499, der Verordnung auf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache Drucksache 19/29627 zuzustimmen. Wer stimmt für die- 19/8284 mit dem Titel „Acht Jahre Fukushima – Atom- se Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Wer enthält ausstieg in Europa voranbringen“. Wer stimmt für diese sich? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen. Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthal- Zugestimmt haben die Fraktionen der SPD, der Grünen, tungen? – Keine. Die Beschlussempfehlung ist angenom- der CDU/CSU. Dagegengestimmt hat die AfD. Enthalten men. Zugestimmt haben die Fraktionen der SPD, der haben sich die Linken und die FDP. CDU/CSU, der FDP und der AfD. Dagegengestimmt ha- ben die Fraktionen der Linken und der Grünen. Tagesordnungspunkt 51 j: Tagesordnungspunkt 51 n: Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- und nukleare Sicherheit (16. Ausschuss) zu der richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz Verordnung der Bundesregierung und nukleare Sicherheit (16. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Verordnung zur Neufassung der Verordnung Lisa Badum, Dr. Bettina Hoffmann, weiterer Ab- über Großfeuerungs-, Gasturbinen- und Ver- geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE brennungsmotoranlagen und zur Änderung GRÜNEN der Verordnung über die Verbrennung und die Mitverbrennung von Abfällen Mehr Partizipation bei der Zwischenlagerung hochradioaktiver Abfälle Drucksachen 19/29628, 19/29997 Nr. 2.2, 19/30494 Drucksachen 19/6127, 19/29597 Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- lung auf Drucksache 19/30494, der Verordnung auf lung auf Drucksache 19/29597, den Antrag der Fraktion Drucksache 19/29628 zuzustimmen. Wer stimmt für die- Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 19/6127 abzu- se Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer lehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – 30018 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen: keine. Die Be- setzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf (C) schlussempfehlung ist angenommen. Zugestimmt haben Drucksache 19/17307 abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, der FDP und der die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Hand- AfD. Dagegengestimmt haben die Fraktionen der Grünen zeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen: keine. und der Linken. Bei Zustimmung von Grünen und Linken und Gegen- Tagesordnungspunkt 51 o: stimmen aller anderen Fraktionen ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung abgelehnt. Damit entfällt nach unse- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- rer Geschäftsordnung die weitere Beratung. richts des Ausschusses für Wirtschaft und Ener- gie (9. Ausschuss) Tagesordnungspunkt 51 q: – zu dem Antrag der Abgeordneten Amira Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Mohamed Ali, Lorenz Gösta Beutin, richts des Ausschusses für Bau, Wohnen, Stadt- Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeordneter entwicklung und Kommunen (24. Ausschuss) zu und der Fraktion DIE LINKE dem Antrag der Abgeordneten Christian Kühn (Tübingen), Steffi Lemke, Claudia Müller, weite- Stromsperren gesetzlich verbieten rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ – zu dem Antrag der Abgeordneten Sven DIE GRÜNEN Lehmann, Dr. Julia Verlinden, Anja Hajduk, Altschulden – Existenzgefährdung für ost- weiterer Abgeordneter und der Fraktion deutsche Wohnungsunternehmen vermeiden BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksachen 19/15921, 19/30044 Stromsperren verhindern – Energiever- sorgung für alle garantieren Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe c seiner Be- schlussempfehlung auf Drucksache 19/30044, den An- Drucksachen 19/14334, 19/9958, 19/25669 trag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache Unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung emp- 19/15921 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschluss- fiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Frak- empfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält tion Die Linke auf Drucksache 19/14334 mit dem Titel sich? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen. „Stromsperren gesetzlich verbieten“. Wer stimmt für die- Zugestimmt haben die Fraktionen von SPD, CDU/CSU se Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer und FDP. Dagegengestimmt hat die Fraktion der Grünen. enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist angenom- Enthalten haben sich die Fraktionen von AfD und men. Zugestimmt haben die Fraktionen der SPD, der Linken. (B) CDU/CSU, der FDP und der AfD. Dagegengestimmt Tagesordnungspunkt 51 r: (D) hat die Fraktion der Linken. Enthalten hat sich Bünd- nis 90/Die Grünen. Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Ausschusses für Verkehr und digitale Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Buchstabe b Infrastruktur (15. Ausschuss) zu dem Antrag der seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags Abgeordneten Margit Stumpp, Sven-Christian der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache Kindler, Dr. Bettina Hoffmann, weiterer Abge- 19/9958 mit dem Titel „Stromsperren verhindern – Ener- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE gieversorgung für alle garantieren“. Wer stimmt für diese GRÜNEN Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthal- tungen: keine. Die Beschlussempfehlung ist angenom- Mobilfunk als Daseinsvorsorge men. Zugestimmt haben die Fraktionen der SPD, der Drucksachen 19/16518, 19/27446 CDU/CSU, der FDP und der AfD. Dagegengestimmt ha- ben die Fraktionen der Grünen und der Linken. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- lung auf Drucksache 19/27446, den Antrag der Fraktion Tagesordnungspunkt 51 p: Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 19/16518 abzu- Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord- lehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – neten Christian Kühn (Tübingen), Lisa Paus, Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen: keine. Die Be- Britta Haßelmann, weiteren Abgeordneten und schlussempfehlung ist angenommen. Zugestimmt haben der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein- die Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, der FDP und der gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur neuen AfD. Dagegengestimmt haben die Fraktionen der Grünen Wohngemeinnützigkeit (Neues Wohngemein- und der Linken. nützigkeitsgesetz – NWohnGG) Tagesordnungspunkt 51 s: Drucksache 19/17307 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- richts des Ausschusses für Ernährung und Land- ses für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und wirtschaft (10. Ausschuss) zu dem Antrag der Kommunen (24. Ausschuss) Abgeordneten Renate Künast, Harald Ebner, Friedrich Ostendorff, weiterer Abgeordneter und Drucksache 19/30044 der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Der Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen empfiehlt unter Buchstabe a seiner Be- Lebensmittelverschwendung stoppen schlussempfehlung auf Drucksache 19/30044, den Ge- Drucksachen 19/14358, 19/30485 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30019

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- Bei Gegenstimmen von den Fraktionen der Grünen und (C) lung auf Drucksache 19/30485, den Antrag der Fraktion der Linken und Zustimmung der anderen Fraktionen des Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 19/14358 abzu- Hauses angenommen. lehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Tagesordnungspunkt 51 w: Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen: keine. Bei Gegen- stimmen von Grünen und Linken und Zustimmung aller Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- anderen Fraktionen ist die Beschlussempfehlung ange- richts des Auswärtigen Ausschusses (3. Aus- nommen. schuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Omid Nouripour, Kai Gehring, Uwe Kekeritz, weiterer Tagesordnungspunkt 51 t: Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ Beratung des Antrags der Abgeordneten Canan DIE GRÜNEN Bayram, Renate Künast, Lisa Paus, weiterer Ab- Deutsche Ägyptenpolitik an Fortschritte in geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE den Bereichen Zivilgesellschaft, Pressefreiheit GRÜNEN und Menschenrechte binden Containern von Lebensmitteln erlauben und Drucksachen 19/22216, 19/27980 entkriminalisieren Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- Drucksache 19/26236 lung auf Drucksache 19/27980, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 19/22216 abzu- Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dage- lehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – gen? – Enthaltungen: keine. Der Antrag ist abgelehnt. Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen: keine. Die Be- Zugestimmt haben die Fraktionen der Grünen und der schlussempfehlung ist angenommen bei Gegenstimmen Linken. Dagegengestimmt haben die Fraktionen der von den Fraktionen der Grünen und der Linken und Zu- SPD, der CDU/CSU, der FDP und der AfD. stimmung aller anderen Fraktionen des Hauses. Tagesordnungspunkt 51 u: Tagesordnungspunkt 51 x: Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Ausschusses für Inneres und Heimat richts des Auswärtigen Ausschusses (3. Aus- (4. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten schuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Dr. Irene Mihalic, Luise Amtsberg, Canan Keul, Margarete Bause, Dr. Franziska Brantner, Bayram, weiterer Abgeordneter und der Fraktion weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN NIS 90/DIE GRÜNEN (B) (D) Zusammenarbeit im föderalen Katastrophen- Zivilbevölkerung schützen – Den Einsatz von schutz stärken Explosivwaffen in besiedelten Gebieten ver- meiden Drucksachen 19/17749, 19/20188 Drucksachen 19/16842, 19/27982 Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- lung auf Drucksache 19/20188, den Antrag der Fraktion Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 19/17749 abzu- lung auf Drucksache 19/27982, den Antrag der Fraktion lehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 19/16842 abzu- Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Bei Gegen- lehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – stimmen von Grünen und FDP und Zustimmung der an- Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Be- deren Fraktionen ist die Beschlussempfehlung angenom- schlussempfehlung ist angenommen. Zugestimmt haben men. die Fraktionen von SPD, CDU/CSU und AfD. Dagegen- gestimmt haben die Fraktionen der Linken und der Grü- Tagesordnungspunkt 51 v: nen. Enthalten hat sich die Fraktion der FDP. Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Tagesordnungspunkt 51 y: richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- (11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten richts des Ausschusses für Bau, Wohnen, Stadt- Dr. Franziska Brantner, Beate Müller-Gemmeke, entwicklung und Kommunen (24. Ausschuss) zu Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, weiterer Abge- dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE Christian Kühn (Tübingen), Beate Walter- GRÜNEN Rosenheimer, weiterer Abgeordneter und der Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU fair Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestalten und Ausbeutung stoppen Offensive für bezahlbaren Wohnraum für Stu- Drucksachen 19/24433, 19/30436 dierende Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- Drucksachen 19/13551, 19/24804 Buchstabe c lung auf Drucksache 19/30436, den Antrag der Fraktion Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe c seiner Be- Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 19/24433 abzu- schlussempfehlung auf Drucksache 19/24804, den An- lehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – trag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Niemand. 19/13551 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschluss- 30020 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) empfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dage- (C) sich? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen. gen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist abgelehnt bei Zugestimmt haben die Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Zustimmung der AfD und Ablehnung aller anderen Frak- FDP und AfD. Dagegengestimmt hat die Fraktion der tionen des Hauses. Grünen. Enthalten hat sich die Fraktion der Linken. Tagesordnungspunkt 51 cc: Tagesordnungspunkt 51 z: Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Ausschusses für Kultur und Medien Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- (22. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordne- richts des Ausschusses für Gesundheit (14. Aus- ten Thomas Hacker, Katja Suding, Grigorios schuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Frak- Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Maria Klein- tion der FDP Schmeink, Filiz Polat, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Öffentlich-rechtlicher Rundfunk – Zukunfts- fest machen und gesellschaftliche Akzeptanz Hohe Versorgungsqualität in der Einwande- erhöhen rungsgesellschaft sicherstellen, interkulturelle Öffnung im Gesundheitswesen fördern Drucksachen 19/14032, 19/28393 Buchstabe b Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Be- Drucksachen 19/16844, 19/26628 Buchstabe b schlussempfehlung auf Drucksache 19/28393, den An- Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Be- trag der Fraktion der FDP auf Drucksache 19/14032 ab- schlussempfehlung auf Drucksache 19/26628, den An- zulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – trag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Für die Be- 19/16844 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschluss- schlussempfehlung haben gestimmt die SPD, die Grünen, empfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – die Linken, die CDU/CSU. Dagegengestimmt hat die Keine. Die Beschlussempfehlung ist angenommen. Fraktion der FDP. Enthalten hat sich die Fraktion der Zugestimmt haben die Fraktionen der SPD, der CDU/ AfD. CSU und der AfD. Dagegengestimmt haben die Fraktio- Tagesordnungspunkt 51 dd: nen der FDP, der Grünen und der Linken. Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Tagesordnungspunkt 51 aa: richts des Ausschusses für Kultur und Medien (22. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordne- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- ten Hartmut Ebbing, Thomas Hacker, Otto (B) richts des Ausschusses für Gesundheit (14. Aus- Fricke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion (D) schuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Maria der FDP Klein-Schmeink, Filiz Polat, Dr. Kirsten Kappert-Gonther, weiterer Abgeordneter und Elektronische Tanz- und Clubkultur als der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN immaterielles Kulturerbe unterstützen Drucksachen 19/16832, 19/28344 Zugang zur Gesundheitsversorgung für alle Menschen sicherstellen – Rechte marginali- Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- sierter Gruppen in Zeiten der COVID-19-Pan- lung auf Drucksache 19/28344, den Antrag der Fraktion demie nachhaltig stärken der FDP auf Drucksache 19/16832 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt Drucksachen 19/19538, 19/26781 Buchstabe b dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Be- ist angenommen. Zugestimmt haben die Fraktionen von schlussempfehlung auf Drucksache 19/26781, den An- SPD und CDU/CSU. Dagegengestimmt haben die Frak- trag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache tionen der FDP, der Grünen und der Linken. Enthalten hat 19/19538 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschluss- sich die Fraktion der AfD. empfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält Tagesordnungspunkt 51 ee: sich? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen. Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Zugestimmt haben die Fraktionen von SPD, CDU/CSU richts des Ausschusses für Menschenrechte und und AfD. Dagegengestimmt haben die Fraktionen von humanitäre Hilfe (17. Ausschuss) zu dem Antrag Grünen und Linken. Enthalten hat sich die FDP-Fraktion. der Abgeordneten Gyde Jensen, Alexander Graf Tagesordnungspunkt 51 bb: Lambsdorff, Grigorios Aggelidis, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP Beratung des Antrags der Abgeordneten Vorausschauende humanitäre Hilfe für die Dr. Lothar Maier, Armin-Paulus Hampel, Sahel-Zone Dr. Roland Hartwig, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD Drucksachen 19/19505, 19/23859 Weltkulturerbe Palmyra und Stadt Tadmur Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- wiederaufbauen lung auf Drucksache 19/23859, den Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 19/19505 abzulehnen. Wer Drucksache 19/30411 stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30021

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung SPD, CDU/CSU und AfD. Dagegengestimmt haben die (C) ist angenommen. Zugestimmt haben die Fraktionen der Fraktionen der FDP und der Linken. Enthalten hat sich SPD und CDU/CSU. Dagegengestimmt haben die Frak- die Fraktion der Grünen. tionen der FDP und der Grünen. Enthalten haben sich die Tagesordnungspunkt 51 ii: Fraktionen der Linken und der AfD. Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Tagesordnungspunkt 51 ff: richts des Ausschusses für Wirtschaft und Ener- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- gie (9. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeord- richts des Ausschusses für Inneres und Heimat neten Ralph Lenkert, Lorenz Gösta Beutin, (4. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeordneter und Konstantin Kuhle, Stephan Thomae, Grigorios der Fraktion DIE LINKE Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Frak- Bundeseinheitliche Netzentgelte für Strom tion der FDP Drucksachen 19/16073, 19/29999 Clankriminalität effektiv bekämpfen Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- Drucksachen 19/11105, 19/17182 Buchstabe b lung auf Drucksache 19/29999, den Antrag der Fraktion Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Be- Die Linke auf Drucksache 19/16073 abzulehnen. Wer schlussempfehlung auf Drucksache 19/17182, den An- stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt trag der Fraktion der FDP auf Drucksache 19/11105 ab- dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung zulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – ist angenommen. Zugestimmt haben die Fraktionen der Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Bei Zustim- SPD, der CDU/CSU, der FDP und der AfD. Dagegenge- mung der Fraktionen von SPD, Grünen, CDU/CSU und stimmt hat die Fraktion der Linken. Enthalten haben sich Linken, bei Gegenstimmen der FDP und bei Enthaltung die Grünen. der AfD ist die Beschlussempfehlung angenommen. Tagesordnungspunkt 51 jj: Tagesordnungspunkt 51 gg: Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- neten Dr. Gesine Lötzsch, Lorenz Gösta Beutin, richts des Ausschusses für Kultur und Medien Heidrun Bluhm, weiteren Abgeordneten und der (22. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordne- Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs ten Thomas Hacker, Katja Suding, Renata Alt, eines … Gesetzes zur Änderung der Abgaben- weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP ordnung (B) Spiele und Spieleautoren würdigen – Recht- Drucksache 19/10751 (D) liche und vergütungsrechtliche Rahmenbedin- Beschlussempfehlung und Bericht des Finanz- gungen verbessern ausschusses (7. Ausschuss) Drucksachen 19/23682, 19/28646 Drucksache 19/30475 Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- Der Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschluss- lung auf Drucksache 19/28646, den Antrag der Fraktion empfehlung auf Drucksache 19/30475, den Gesetzent- der FDP auf Drucksache 19/23682 abzulehnen. Wer wurf der Fraktion Die Linke auf Drucksache 19/10751 stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt ist angenommen. Zugestimmt haben die Fraktionen von dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist in SPD, Grünen, CDU/CSU. Dagegengestimmt haben die zweiter Beratung abgelehnt; damit entfällt nach unserer Fraktionen der Linken und der FDP. Enthalten hat sich Geschäftsordnung die weitere Beratung. Zugestimmt hat die AfD-Fraktion. die Fraktion der Linken. Dagegengestimmt haben die Tagesordnungspunkt 51 hh: Fraktionen von SPD, CDU/CSU, FDP und AfD. Enthal- ten hat sich die Fraktion der Bündnisgrünen. Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Ausschusses für Inneres und Heimat Tagesordnungspunkt 51 kk: (4. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Konstantin Kuhle, Manuel Höferlin, Thomas richts des Ausschusses für Verkehr und digitale Hacker, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Infrastruktur (15. Ausschuss) zu dem Antrag der der FDP Abgeordneten Thomas Lutze, Dr. Gesine Schutz der Bundestagswahl 2021 vor Desin- Lötzsch, Lorenz Gösta Beutin, weiterer Abgeord- formation und Cyberangriffen neter und der Fraktion DIE LINKE Drucksachen 19/28743, 19/30479 Motorradfahrende besser schützen – Unter- fahrschutz muss Regel werden Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- lung auf Drucksache 19/30479, den Antrag der Fraktion Drucksachen 19/8647, 19/10001 der FDP auf Drucksache 19/28743 abzulehnen. Wer Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt lung auf Drucksache 19/10001, den Antrag der Fraktion dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung Die Linke auf Drucksache 19/8647 abzulehnen. Wer ist angenommen. Zugestimmt haben die Fraktionen von stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt 30022 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen. Zugestimmt haben die Fraktion der (C) ist angenommen. Zugestimmt haben die Fraktionen der SPD, der CDU/CSU und der AfD. Dagegengestimmt SPD, der CDU/CSU und der AfD. Dagegengestimmt ha- hat Die Linke. Enthalten haben sich die Grünen und die ben die Fraktionen der Linken und der Grünen. Enthalten FDP-Fraktion. hat sich die FDP-Fraktion. Tagesordnungspunkt 51 oo: Tagesordnungspunkt 51 ll: Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Ausschusses für Bau, Wohnen, Stadt- richts des Ausschusses für Wirtschaft und Ener- entwicklung und Kommunen (24. Ausschuss) zu gie (9. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeord- dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, neten Simone Barrientos, Dr. Petra Sitte, Doris Caren Lay, Dr. Petra Sitte, weiterer Abgeordneter Achelwilm, weiterer Abgeordneter und der Frak- und der Fraktion DIE LINKE tion DIE LINKE Für einen Hochschulsozialpakt – 50.000 neue Fiktiver Unternehmerlohn jetzt – Soloselbst- Wohnheimplätze für Studierende ständigen und Freiberuflerinnen und Freibe- Drucksachen 19/14154, 19/24804 Buchstabe b ruflern aus der Corona-Krise helfen Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Be- Drucksachen 19/29273, 19/29933 schlussempfehlung auf Drucksache 19/24804, den An- (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Guter trag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 19/14154 Antrag!) abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh- Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- lung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die lung auf Drucksache 19/29933, den Antrag der Fraktion Beschlussempfehlung ist angenommen. Zugestimmt ha- Die Linke auf Drucksache 19/29273 abzulehnen. Wer ben die SPD, die CDU/CSU, die FDP und die AfD-Frak- stimmt für diese Beschlussempfehlung? - tion. Dagegengestimmt hat die Fraktion der Linken. Ent- halten haben sich die Grünen. (Enrico Komning [AfD]: Scheint doch nicht so gut zu sein!) Tagesordnungspunkt 51 pp: Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Be- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- schlussempfehlung ist angenommen. Zugestimmt haben richts des Ausschusses für Bildung, Forschung die Fraktionen von SPD, CDU/CSU und AfD, dagegen- und Technikfolgenabschätzung (18. Ausschuss) gestimmt haben die Fraktionen der Linken und der Grü- zu dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, nen, und enthalten hat sich die FDP-Fraktion. Dr. Petra Sitte, Doris Achelwilm, weiterer Abge- (B) ordneter und der Fraktion DIE LINKE (D) Tagesordnungspunkt 51 mm: Krisensichere Unterstützungsangebote zur Beratung des Antrags der Abgeordneten Simone Verbesserung der sozialen Lage der Studieren- Barrientos, Dr. André Hahn, Dr. Petra Sitte, wei- den terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Drucksachen 19/23931, 19/28527 Buchstabe b Staatsziele Kultur und Sport ins Grundgesetz Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Be- Drucksache 19/29438 schlussempfehlung auf Drucksache 19/28527, den An- Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dage- trag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 19/23931 gen? – Wer enthält sich? – Der Antrag ist abgelehnt. abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh- Zugestimmt hat die Fraktion der Linken, dagegenge- lung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen: keine. stimmt haben die SPD, CDU/CSU, FDP und AfD, und Die Beschlussempfehlung ist angenommen bei Gegen- enthalten hat sich die Fraktion der Grünen. stimmen der Linken und Zustimmung aller anderen Frak- tionen des Hauses. Tagesordnungspunkt 51 nn: Tagesordnungspunkt 51 qq: Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Ausschusses für Bildung, Forschung Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- und Technikfolgenabschätzung (18. Ausschuss) richts des Auswärtigen Ausschusses (3. Aus- zu dem Antrag der Abgeordneten Brigitte schuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Freihold, Dr. Birke Bull-Bischoff, Dr. Petra Sitte, Agnieszka Brugger, Dr. Franziska Brantner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE Katja Keul, weiterer Abgeordneter und der Frak- LINKE tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Programm „Kultur macht stark“ – Förderung Glaubwürdigkeit für Frieden, Diplomatie und anpassen, sichern und verstetigen Sicherheit – Impulse für eine gemeinsame Drucksachen 19/28780, 19/30343 Außen- und Sicherheitspolitik der Europä- ischen Union Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- lung auf Drucksache 19/30343, den Antrag der Fraktion Drucksachen 19/10185, 19/22288 Die Linke auf Drucksache 19/28780 abzulehnen. Wer Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt lung auf Drucksache 19/22288, den Antrag der Fraktion dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 19/10185 abzu- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30023

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) lehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz emp- (C) Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Be- fiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache schlussempfehlung ist angenommen. Zugestimmt haben 19/30523, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf die Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, der AfD und der Drucksache 19/28177 in der Ausschussfassung anzuneh- Linken, dagegengestimmt haben die Grünen, und enthal- men. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der ten hat sich die Fraktion der FDP. Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzei- Tagesordnungspunkt 51 rr: chen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung angenom- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- men. Zugestimmt haben SPD, Grüne und CDU/CSU, richts des Ausschusses für Gesundheit (14. Aus- Enthaltung von den Linken, von der FDP und von der schuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Katja AfD. Dörner, Annalena Baerbock, Maria Klein- Schmeink, weiterer Abgeordneter und der Frak- Dritte Beratung tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Eltern mit kranken Kindern besser unterstüt- Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – zen – Lohnfortzahlungsanspruch und Kinder- Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz- krankengeld lebensnah reformieren entwurf ist angenommen. Zugestimmt haben die SPD-, CDU/CSU-Fraktion und die Fraktion der Grünen, und Drucksachen 19/22501, 19/30465 Buchstabe b enthalten haben sich die Fraktionen der AfD, der FDP Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Be- und der Linken. schlussempfehlung auf Drucksache 19/30465, den An- Tagesordnungspunkt 51 uu: trag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache Zweite Beratung und Schlussabstimmung des 19/22501 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschluss- von der Bundesregierung eingebrachten Ent- empfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält wurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom sich? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen. 10. Februar 2021 zwischen der Regierung der Zugestimmt haben die SPD, CDU/CSU und die FDP- Bundesrepublik Deutschland und dem Fraktion. Dagegengestimmt haben die Grünen. Enthalten Schweizerischen Bundesrat über die gegensei- haben sich die Fraktionen von AfD und Linken. tige Feststellung der Gleichwertigkeit von be- Tagesordnungspunkt 51 ss: ruflichen Abschlüssen Beratung der Beschlussempfehlung und des Drucksache 19/29557 Berichts des Ausschusses für Gesundheit Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- (B) (14. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordne- (D) ses für Bildung, Forschung und Technikfolgenab- ten Maria Klein-Schmeink, Dr. Janosch Dahmen, schätzung (18. Ausschuss) Dr. Kirsten Kappert-Gonther, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Drucksache 19/30472 NEN Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik- Eine starke Stimme für Patientinnen und folgenabschätzung empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- Patienten – Patientenstiftung gründen und lung auf Drucksache 19/30472, den Gesetzentwurf der Unabhängige Patientenberatung reformieren Bundesregierung auf Drucksache 19/29557 anzunehmen. Es ist wieder ein Vertragsgesetz. Drucksachen 19/25382, 19/29888 Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- Zweite Beratung lung auf Drucksache 19/29888, den Antrag der Fraktion und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 19/25382 abzu- Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – lehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen: keine. Enthaltungen: keine. Der Gesetz- Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Zugestimmt entwurf ist damit in zweiter Lesung angenommen. haben die Fraktionen der SPD und CDU/CSU, dagegen- Tagesordnungspunkt 51 ww: gestimmt haben die Fraktionen der Linken und der Grü- nen, und enthalten haben sich die Fraktionen der AfD und Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- der FDP. richts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immu- nität und Geschäftsordnung (1. Ausschuss) zu Tagesordnungspunkt 51 tt: dem Antrag der Abgeordneten Joana Cotar, Jens Zweite und dritte Beratung des von der Bundes- Maier, Uwe Schulz, weiterer Abgeordneter und regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes der Fraktion der AfD zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie Reform des Bundestages – Änderung der Ge- (DiRUG) schäftsordnung des Deutschen Bundestages – Drucksache 19/28177 Digitale Abstimmungsgeräte nutzen Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- Drucksachen 19/19243, 19/25779 ses für Recht und Verbraucherschutz (6. Aus- Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- schuss) lung auf Drucksache 19/25779, den Antrag der Fraktion Drucksache 19/30523 der AfD auf Drucksache 19/19243 abzulehnen. Wer 30024 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt Tagesordnungspunkt 51 aaa: (C) dagegen? – Enthaltungen sehe ich keine. Die Beschluss- Zweite und dritte Beratung des von dem Abge- empfehlung ist angenommen bei Gegenstimme der AfD ordneten Roman Johannes Reusch und der Frak- und Zustimmung aller anderen Fraktionen des Hauses. tion der AfD eingebrachten Entwurfs eines Ge- Tagesordnungspunkt 51 xx: setzes zur Änderung des Strafgesetzbuches und weiterer Gesetze ‒ Bekämpfung der Haus- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- haltsuntreue und zur Sicherstellung der ord- richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales nungsgemäßen Verwendung öffentlicher Mit- (11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten tel Joana Cotar, Dr. Michael Espendiller, Uwe Schulz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Drucksache 19/2469 der AfD Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- Keine gesetzliche Regulierung des Einsatzes ses für Recht und Verbraucherschutz (6. Aus- von KI-Lösungen in der Personalrekrutierung schuss) Drucksachen 19/28459, 19/29991 Drucksache 19/7460 Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz emp- lung auf Drucksache 19/29991, den Antrag der Fraktion fiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache der AfD auf Drucksache 19/28459 abzulehnen. Wer 19/7460, den Gesetzentwurf der AfD auf Drucksache stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt 19/2469 abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Ge- dagegen? – Enthaltungen: keine. Die Beschlussempfeh- setzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – lung ist angenommen bei Gegenstimme der AfD und Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen: keine. Der Gesetz- Zustimmung aller anderen Fraktionen des Hauses. entwurf ist in zweiter Beratung abgelehnt bei Zustim- mung der AfD und Ablehnung aller anderen Fraktionen Tagesordnungspunkt 51 yy: des Hauses. Damit entfällt nach unserer Geschäftsord- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- nung die weitere Beratung. richts des Ausschusses für Bau, Wohnen, Stadt- Tagesordnungspunkt 51 bbb: entwicklung und Kommunen (24. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Joana Cotar, Zweite und dritte Beratung des von dem Abge- Dr. Michael Espendiller, Uwe Schulz, weiterer ordneten Tobias Matthias Peterka und der Frak- Abgeordneter und der Fraktion der AfD tion der AfD eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zur Strafschärfung bei Rückfall (B) Ausarbeitung und Umsetzung einer Smart- (D) Cities-Strategie Drucksache 19/6371 (neu) Drucksachen 19/28449,19/30373 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- ses für Recht und Verbraucherschutz (6. Aus- Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- schuss) lung auf Drucksache 19/30373, den Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 19/28449 abzulehnen. Wer Drucksache 19/20138 stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz emp- dagegen? – Enthaltungen: keine. Die Beschlussempfeh- fiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache lung ist bei Gegenstimme der AfD und Zustimmung aller 19/20138, den Gesetzentwurf der Fraktion der AfD auf anderen Fraktionen des Hauses angenommen. Drucksache 19/6371 (neu) abzulehnen. Ich bitte diejeni- Tagesordnungspunkt 51 zz: gen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen: Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- keine. Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung abge- richts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immu- lehnt bei Zustimmung der AfD und Gegenstimmen aller nität und Geschäftsordnung (1. Ausschuss) zu anderen Fraktionen des Hauses. Damit entfällt die weite- dem Antrag der Abgeordneten Joana Cotar, re Beratung. Uwe Schulz, Dr. Michael Espendiller, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD Tagesordnungspunkt 51 ccc: Ausstrahlung des Parlamentsfernsehens aus- Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord- weiten neten Stephan Brandner, Marc Bernhard, Jürgen Braun, weiteren Abgeordneten und der Fraktion Drucksachen 19/29785, 19/30481 der AfD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes lung auf Drucksache 19/30481, den Antrag der Fraktion (Mitwirkung von Proberichtern) der AfD auf Drucksache 19/29785 abzulehnen. Wer Drucksache 19/11942 stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- dagegen? – Enthaltungen: keine. Die Beschlussempfeh- ses für Recht und Verbraucherschutz (6. Aus- lung ist angenommen bei Gegenstimme der AfD-Frak- schuss) tion und Zustimmung aller anderen Fraktionen des Hau- ses. Drucksache 19/19304 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30025

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz emp- dagegen? – Enthaltungen: keine. Die Beschlussempfeh- (C) fiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache lung ist bei Gegenstimme der AfD und Zustimmung aller 19/19304, den Gesetzentwurf der AfD auf Drucksache anderen Fraktionen des Hauses angenommen. 19/11942 abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Ge- setzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Tagesordnungspunkt 51 ggg: Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen: keine. Der Gesetz- Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord- entwurf ist in zweiter Beratung abgelehnt bei Zustim- neten Katrin Helling-Plahr, Stephan Thomae, mung der AfD und Gegenstimmen aller anderen Fraktio- Grigorios Aggelidis, weiteren Abgeordneten nen des Hauses. Damit entfällt die weitere Beratung. und der Fraktion der FDP eingebrachten Ent- Tagesordnungspunkt 51 ddd: wurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gendiagnostikgesetzes – Vorgeburtliche Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Vaterschaftstests ermöglichen richts des Ausschusses für Gesundheit (14. Aus- schuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Paul Drucksache 19/16950 Viktor Podolay, Detlev Spangenberg, Dr. Robby Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- Schlund, weiterer Abgeordneter und der Fraktion ses für Gesundheit (14. Ausschuss) der AfD Drucksache 19/30471 Mehr Transparenz für Versicherte – Kranken- kassen zu einer Bewertung ihrer Dienstleis- Der Ausschuss für Gesundheit empfiehlt in seiner Be- tungen verpflichten schlussempfehlung auf Drucksache 19/30471, den Ge- Drucksachen 19/29299, 19/30245 setzentwurf der Fraktion der FDP auf Drucksache 19/16950 abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Ge- Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- setzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – lung auf Drucksache 19/30245, den Antrag der Fraktion Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz- der AfD auf Drucksache 19/29299 abzulehnen. Wer entwurf ist in zweiter Beratung abgelehnt. Zugestimmt stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt haben die Fraktionen der FDP und der AfD. Dagegenge- dagegen? – Enthaltungen: keine. Die Beschlussempfeh- stimmt haben die Fraktionen der SPD und der CDU/CSU. lung ist angenommen bei Gegenstimme der AfD und Und enthalten haben sich die Fraktionen der Linken und Zustimmung aller anderen Fraktionen des Hauses. der Bündnisgrünen. Tagesordnungspunkt 51 eee: Tagesordnungspunkt 51 hhh: Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- (B) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- (D) richts des Ausschusses für Gesundheit (14. Aus- richts des Ausschusses für Kultur und Medien schuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Detlev (22. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordne- Spangenberg, Dr. Robby Schlund, Uwe Witt, ten Thomas Hacker, Katja Suding, Grigorios weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Frak- COVID-19-Risikogruppen bezüglich Vorer- tion der FDP krankungen genauer definieren Digitalisierung der Archive der DDR-Opposi- Drucksachen 19/29307, 19/30082 tion Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- Drucksachen 19/14728, 19/28343 lung auf Drucksache 19/30082, den Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 19/29307 abzulehnen. Wer Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt lung auf Drucksache 19/28343, den Antrag der Fraktion dagegen? – Enthaltungen: keine. Die Beschlussempfeh- der FDP auf Drucksache 19/14728 abzulehnen. Wer lung ist angenommen bei Gegenstimme der AfD und stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt Zustimmung aller anderen Fraktionen des Hauses. dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen. Zugestimmt haben die Fraktionen der Tagesordnungspunkt 51 fff: SPD und der CDU/CSU. Dagegengestimmt haben die Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Fraktionen der Grünen, der FDP, der AfD. Und enthalten richts des Ausschusses für Gesundheit (14. Aus- hat sich die Fraktion der Linken. schuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrich Oehme, Detlev Spangenberg, Dr. Robby Tagesordnungspunkt 51 iii: Schlund, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- der AfD richts des Ausschusses für Kultur und Medien Die Folgen von Konsanguinität anerkennen (22. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordne- und eindämmen ten Thomas Hacker, Katja Suding, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Frak- Drucksachen 19/20688, 19/26572 tion der FDP Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- Propaganda mit Journalismus begegnen – Für lung auf Drucksache 19/26572, den Antrag der Fraktion eine starke Zivilgesellschaft auch in Belarus der AfD auf Drucksache 19/20688 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt Drucksachen 19/23929, 19/27729 30026 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dage- (C) lung auf Drucksache 19/27729, den Antrag der Fraktion gen? – Wer enthält sich? – Der Antrag ist abgelehnt. der FDP auf Drucksache 19/23929 abzulehnen. Wer Zugestimmt haben die Fraktionen der FDP und der stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt AfD. Dagegengestimmt haben die Fraktionen von SPD, dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung CDU/CSU und Grünen. Enthalten hat sich die Fraktion ist angenommen. Zugestimmt haben die Fraktionen von der Linken. SPD, CDU/CSU und AfD. Dagegengestimmt haben die Tagesordnungspunkt 51 mmm: Fraktionen von FDP und den Grünen. Enthalten hat sich Die Linke. Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Christoph Hoffmann, Dr. Marie-Agnes Tagesordnungspunkt 51 jjj: Strack-Zimmermann, Otto Fricke, weiterer Ab- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- geordneter und der Fraktion der FDP richts des Auswärtigen Ausschusses (3. Aus- Kommunen stärken − Förderdschungel lich- schuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Renata ten Alt, Alexander Müller, Michael Georg Link, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Drucksache 19/28358 Grenzübergreifende Zusammenarbeit mit Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dage- Polen stärken gen? – Wer enthält sich? – Der Antrag ist abgelehnt. Zugestimmt hat die FDP-Fraktion. Dagegengestimmt ha- Drucksachen 19/29744, 19/30460 ben die Fraktionen von SPD, CDU/CSU und AfD. Und Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- enthalten haben sich die Fraktionen der Linken und der lung auf Drucksache 19/30460, den Antrag der Fraktion Grünen. der FDP auf Drucksache 19/29744 abzulehnen. Wer Tagesordnungspunkt 51 nnn: stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- ist angenommen. Zugestimmt haben die Fraktionen von richts des Sportausschusses (5. Ausschuss) zu SPD, CDU/CSU und AfD. Dagegengestimmt haben die dem Antrag der Abgeordneten Britta Katharina Fraktionen der FDP und der Grünen. Enthalten hat sich Dassler, Stephan Thomae, Reginald Hanke, wei- die Fraktion Die Linke. terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Transparenz schaffen und Potenzialanalyse- Tagesordnungspunkt 51 kkk: system verbessern Beratung des Antrags der Abgeordneten (B) Drucksachen 19/25243, 19/26470 (D) Dr. Marcus Faber, Daniela Kluckert, Frank Müller-Rosentritt, weiterer Abgeordneter und Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- der Fraktion der FDP lung auf Drucksache 19/26470, den Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 19/25243 abzulehnen. Wer Beziehungen zu Taiwan fördern und nachhal- stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt tig verbessern dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung Drucksache 19/30382 ist angenommen. Zugestimmt haben die Fraktionen der Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dage- SPD, der CDU/CSU und der AfD. Dagegengestimmt hat gen? – Enthaltungen: keine. Der Antrag ist abgelehnt. die FDP-Fraktion. Enthalten haben sich die Linken und Zugestimmt haben die Fraktionen der FDP und der Grü- die Grünen. nen. Dagegengestimmt haben die Fraktionen der Linken, Tagesordnungspunkt 51 ooo: der CDU/CSU, der SPD und der AfD. Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord- (Unruhe auf der Regierungsbank) neten Katrin Helling-Plahr, Stephan Thomae, Grigorios Aggelidis, weiteren Abgeordneten – Ich möchte noch einmal um Ruhe bitten. Das ist extrem und der Fraktion der FDP eingebrachten Ent- anstrengend. wurfs eines Gesetzes zur Änderung des Emb- (Kerstin Griese, Parl. Staatssekretärin: Wir ryonenschutzgesetzes – Kinderwünsche erfül- bewundern Sie gerade, Frau Präsidentin!) len, Eizellspenden legalisieren – Ja, gut. Das ist nett. Geben Sie mir ein Eis aus – Scho- Drucksache 19/17633 koeis mit Sahne! Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- (Stephan Thomae [FDP]: Vielleicht eine kleine ses für Gesundheit (14. Ausschuss) Pause einlegen!) Drucksache 19/29731 Tagesordnungspunkt 51 lll: Der Ausschuss für Gesundheit empfiehlt in seiner Be- Beratung des Antrags der Abgeordneten Hagen schlussempfehlung auf Drucksache 19/29731, den Ge- Reinhold, Frank Sitta, Grigorios Aggelidis, wei- setzentwurf der Fraktion der FDP auf Drucksache terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP 19/17633 abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Ge- setzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Pflicht zur Veröffentlichung von Studien Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz- Drucksache 19/30347 entwurf ist in zweiter Beratung abgelehnt. Zugestimmt Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30027

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) haben die Fraktionen der FDP und der AfD. Dagegenge- Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe c seiner Be- (C) stimmt haben die Fraktionen der Linken, der SPD und der schlussempfehlung auf Drucksache 19/30504, den An- CDU/CSU. Enthalten hat sich die Fraktion der Grünen. trag der Fraktion der FDP auf Drucksache 19/15040 ab- zulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Tagesordnungspunkt 51 qqq: Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Bei Gegen- Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord- stimme der FDP und Zustimmung aller anderen Fraktio- neten Pascal Kober, Michael Theurer, Jens nen des Hauses ist die Beschlussempfehlung angenom- Beeck, weiteren Abgeordneten und der Fraktion men. der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes Tagesordnungspunkt 51 ttt: zur Einführung einer Bagatellgrenze für Rückforderungen im Zweiten Sozialgesetz- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- buch richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Drucksache 19/29742 Pascal Kober, Michael Theurer, Jens Beeck, wei- Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP ses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss) Hartz IV entbürokratisieren und vereinfachen Drucksache 19/30504 Buchstabe b Drucksachen 19/10619, 19/30504 Buchstabe d Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empfiehlt unter Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe d seiner Be- Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa- schlussempfehlung auf Drucksache 19/30504, den An- che 19/30504, den Gesetzentwurf der Fraktion der FDP trag der Fraktion der FDP auf Drucksache 19/10619 ab- auf Drucksache 19/29742 abzulehnen. Ich bitte diejeni- zulehnen. Wer stimmt für die Beschlussempfehlung? – gen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Be- Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält schlussempfehlung ist angenommen. Zugestimmt haben sich? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung abge- die Fraktionen der Linken, der SPD, der CDU/CSU und lehnt. Zugestimmt hat die Fraktion der FDP. Dagegenge- der AfD. Die Gegenstimmen kommen von der FDP-Frak- stimmt haben die Fraktionen der Linken, der SPD, der tion und die Enthaltungen von den Grünen. Grünen und der CDU/CSU. Enthalten hat sich die Frak- Tagesordnungspunkt 51 uuu: tion der AfD. Damit entfällt die weitere Beratung. Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Tagesordnungspunkt 51 rrr: richts des Auswärtigen Ausschusses (3. Aus- schuss) zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE (B) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- (D) richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales 80 Jahre deutscher Überfall auf die Sowjet- (11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten union – Für eine Politik der Entspannung ge- Pascal Kober, Michael Theurer, Johannes Vogel genüber Russland und eine neue Ära der (Olpe), weiterer Abgeordneter und der Fraktion Abrüstung der FDP Drucksachen 19/29437, 19/30461 Mit dem Führerschein gegen Langzeitarbeits- Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- losigkeit lung auf Drucksache 19/30461, den Antrag der Fraktion Drucksachen 19/29268, 19/29973 Buchstabe a Die Linke auf Drucksache 19/29437 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Be- dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung schlussempfehlung auf Drucksache 19/29973, den An- ist angenommen. Zugestimmt haben die Fraktionen von trag der Fraktion der FDP auf Drucksache 19/29268 ab- SPD, CDU/CSU, FDP und AfD. Dagegengestimmt hat zulehnen. Wer stimmt dieser Beschlussempfehlung zu? – die Fraktion der Linken und enthalten hat sich die Frak- Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Be- tion von Bündnis 90/Die Grünen. schlussempfehlung ist angenommen. Zugestimmt haben Tagesordnungspunkt 51 vvv: die Fraktionen von SPD, CDU/CSU und AfD. Dagegen- gestimmt haben die Fraktionen von FDP und Grünen. Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Und enthalten hat sich die Fraktion der Linken. richts des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung (18. Ausschuss) Tagesordnungspunkt 51 sss: zu dem Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Dr. Birke Bull-Bischoff, Dr. Petra Sitte, weiterer richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE (11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Gute Bildung braucht gute Räume – Bundes- Pascal Kober, Michael Theurer, Jens Beeck, wei- mittel für Schul- und Hochschulbau terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Drucksachen 19/26564, 19/30344 Liberales Bürgergeld einführen – Einstiegs- und Aufstiegsdynamik im Arbeitsmarkt ver- Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- bessern – Hartz IV reformieren lung auf Drucksache 19/30344, den Antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 19/26564 abzulehnen. Wer Drucksachen 19/15040, 19/30504 Buchstabe c stimmt für die Beschlussempfehlung? – Wer stimmt 30028 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) dagegen? – Enthaltungen: keine. Die Beschlussempfeh- Tagesordnungspunkt 51 zzz: (C) lung ist angenommen. Zugestimmt haben die Fraktionen Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- von SPD, CDU/CSU, FDP und AfD. Dagegengestimmt richts des Ausschusses für Bildung, Forschung haben die Fraktionen der Linken und der Grünen. und Technikfolgenabschätzung (18. Ausschuss) Tagesordnungspunkt 51 www: zu dem Antrag der Abgeordneten Joana Cotar, Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Uwe Schulz, Dr. Michael Espendiller, weiterer richts des Ausschusses für Kultur und Medien Abgeordneter und der Fraktion der AfD (22. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordne- Ausarbeitung und Durchführung einer Infor- ten Dr. Marc Jongen, Martin Erwin Renner, mations- und Aufklärungskampagne für die , weiterer Abgeordneter und Bevölkerung zu den Funktions- und Wirkme- der Fraktion der AfD chanismen Künstlicher Intelligenz durch die Der Trauer um die deutschen Opfer des Zwei- Bundesregierung ten Weltkrieges mit einer Gedenkstätte Aus- Drucksachen 19/24421, 19/30244 druck verleihen Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- Drucksachen 19/19156, 19/21344 lung auf Drucksache 19/30244, den Antrag der Fraktion Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- der AfD auf Drucksache 19/24421 abzulehnen. Wer lung auf Drucksache 19/21344, den Antrag der Fraktion stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt der AfD auf Drucksache 19/19156 abzulehnen. Wer dagegen? – Keine Enthaltungen. Die Beschlussempfeh- stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt lung ist angenommen bei Gegenstimme der AfD und dagegen? – Enthaltungen gibt es keine. Die Beschluss- Zustimmung aller anderen Fraktionen des Hauses. empfehlung ist bei Gegenstimme der AfD-Fraktion und Tagesordnungspunkt 51 aaaa: Zustimmung aller anderen Fraktionen angenommen. Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Tagesordnungspunkt 51 xxx: richts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immu- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- nität und Geschäftsordnung (1. Ausschuss) zu richts des Auswärtigen Ausschusses (3. Aus- dem Antrag der Abgeordneten Johannes Huber, schuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Thomas Seitz, Jens Maier, weiterer Abgeordneter Thomas Ehrhorn, Dr. Marc Jongen, Martin Erwin und der Fraktion der AfD Renner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Einfach frei leben – Mehr Demokratie wagen der AfD (B) und eine Bürgerstunde im Bundestag einfüh- (D) Presse- und Meinungsfreiheit schützen – ren – Änderung der Geschäftsordnung des EU-Aktionsplan zurückweisen Deutschen Bundestages Drucksachen 19/17781, 19/20205 Drucksachen 19/29781, 19/30482 Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- lung auf Drucksache 19/20205, den Antrag der Fraktion lung auf Drucksache 19/30482, den Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 19/17781 abzulehnen. Wer der AfD auf Drucksache 19/29781 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen: keine. Die Beschlussempfeh- dagegen? – Enthaltungen: keine. Die Beschlussempfeh- lung ist bei Gegenstimmen der AfD-Fraktion und Zu- lung ist angenommen bei Gegenstimme der AfD und stimmung aller anderen Fraktionen angenommen. Zustimmung aller anderen Fraktionen des Hauses. Tagesordnungspunkt 51 yyy: Tagesordnungspunkt 51 bbbb: Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Ausschusses für Kultur und Medien richts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immu- (22. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordne- nität und Geschäftsordnung (1. Ausschuss) zu ten Martin Erwin Renner, Marc Bernhard, Petr dem Antrag der Abgeordneten Stephan Brandner, Bystron, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Jürgen Braun, Marcus Bühl, weiterer Abgeordne- der AfD ter und der Fraktion AfD Einsetzung einer Enquete-Kommission – Für Auslegung von § 2 Absatz 1 Satz 2 und § 126 eine neue Rundfunkordnung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundes- tages Drucksachen 19/23728, 19/28393 Buchstabe a Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Be- Drucksachen 19/26228, 19/28675 schlussempfehlung auf Drucksache 19/28393, den An- Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- trag der Fraktion der AfD auf Drucksache 19/23728 ab- lung auf Drucksache 19/28675, den Antrag der Fraktion zulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – der AfD auf Drucksache 19/26228 abzulehnen. Wer Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen: keine. Die Be- stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt schlussempfehlung ist bei Gegenstimme der AfD-Frak- dagegen? – Enthaltungen: keine. Die Beschlussempfeh- tion und Zustimmung aller anderen Fraktionen angenom- lung ist angenommen bei Gegenstimme der AfD und men. Zustimmung aller anderen Fraktionen des Hauses. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30029

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) Tagesordnungspunkt 51 eeee: dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung (C) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- ist angenommen. Zugestimmt haben die Fraktionen der richts des Ausschusses für Verkehr und digitale Linken, der SPD, der CDU/CSU und der AfD. Dagegen- Infrastruktur (15. Ausschuss) zu dem Antrag der gestimmt hat die Fraktion der FDP. Und enthalten hat sich Abgeordneten Frank Sitta, Manuel Höferlin, die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen. Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und Tagesordnungspunkt 51 hhhh: der Fraktion der FDP Beratung des Antrags der Abgeordneten Nicole Smart Germany – Gigabit-Gutscheine für den Westig, Dr. Jens Brandenburg (Rhein-Neckar), Breitbandausbau Michael Theurer, weiterer Abgeordneter und der Drucksachen 19/14048, 19/15194 Fraktion der FDP Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- Beste Bildung – Auch für die Pflege lung auf Drucksache 19/15194, den Antrag der Fraktion Drucksache 19/30351 der FDP auf Drucksache 19/14048 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dage- dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung gen? – Wer enthält sich? – Der Antrag ist abgelehnt. ist angenommen. Zugestimmt haben die SPD, die CDU/ Zugestimmt hat die FDP-Fraktion. Dagegengestimmt ha- CSU und die Fraktion Die Linke. Dagegengestimmt hat ben die Fraktionen von SPD, CDU/CSU und AfD. Ent- die FDP-Fraktion. Und enthalten haben sich die Fraktio- halten haben sich die Fraktionen der Linken und der Grü- nen von AfD und von Bündnis 90/Die Grünen. nen. Tagesordnungspunkt 51 ffff: Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen des Peti- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- tionsausschusses, Tagesordnungspunkte 51 iiii bis richts des Ausschusses für Inneres und Heimat 51 vvvv. (4. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Tagesordnungspunkt 51 iiii: Manuel Höferlin, Frank Sitta, Jimmy Schulz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Beratung der Beschlussempfehlung des Peti- tionsausschusses (2. Ausschuss) Smart Germany – Cybersicherheit der 5G- Netze Sammelübersicht 891 zu Petitionen Drucksachen 19/14046, 19/17170 Drucksache 19/29821 (B) Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- Da geht es um 42 Petitionen. Wer stimmt dafür? – Wer (D) lung auf Drucksache 19/17170, den Antrag der Fraktion stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Sammelübersicht der FDP auf Drucksache 19/14046 abzulehnen. Wer 891 ist bei Enthaltung der Linken und Zustimmung aller stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt anderen Fraktionen des Hauses angenommen. dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung Tagesordnungspunkt 51 jjjj: ist angenommen. Zugestimmt haben die Fraktionen von SPD und CDU/CSU. Dagegengestimmt hat die Fraktion Beratung der Beschlussempfehlung des Peti- der FDP. Enthalten haben sich die Fraktionen der AfD, tionsausschusses (2. Ausschuss) der Linken und der Grünen. Sammelübersicht 892 zu Petitionen (Unruhe bei der LINKEN) Drucksache 19/29822 – Darf ich Sie auch um Ruhe bitten? Ich habe die Regie- 59 Petitionen. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dage- rungsbank gebeten, bei der Abstimmung bitte nicht zu gen? – Wer enthält sich? – Sammelübersicht 892 ist bei quatschen. Das ist irre anstrengend. Sonst zahlen Sie Enthaltung der Linken und Zustimmung aller anderen das Schokoeis. – Okay. Danke schön. Fraktionen angenommen. Tagesordnungspunkt 51 gggg: Tagesordnungspunkt 51 kkkk: Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Ausschusses für die Angelegenheiten Beratung der Beschlussempfehlung des Peti- der Europäischen Union (21. Ausschuss) zu dem tionsausschusses (2. Ausschuss) Antrag der Abgeordneten Renata Alt, Michael Sammelübersicht 893 zu Petitionen Georg Link, Thomas Hacker, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der FDP Drucksache 19/29823 Die europäische Perspektive der Länder des Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent- Westbalkans engagiert und realistisch voran- hält sich? – Sammelübersicht 893 ist angenommen. treiben Zugestimmt haben SPD, Grüne, CDU/CSU und FDP. Dagegen hat die AfD-Fraktion gestimmt. Enthalten hat Drucksachen 19/28357, 19/30385 sich die Fraktion Die Linke. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- Tagesordnungspunkt llll: lung auf Drucksache 19/30385, den Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 19/28357 abzulehnen. Wer Beratung der Beschlussempfehlung des Peti- stimmt für die Beschlussempfehlung? – Wer stimmt tionsausschusses (2. Ausschuss) 30030 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) Sammelübersicht 894 zu Petitionen Der Petitionsausschuss sieht die Thematik als gravie- (C) rend und ungeklärt an und möchte mit seinem Votum Drucksache 19/29824 Anstoß geben, für die Klarheit zu sorgen, an der es seit Bevor wir zur Abstimmung über diese Sammelüber- Jahren fehlt. Die sachliche und historische Aufarbeitung sicht kommen, erteile ich dem Kollegen Marian Wendt sollte angesichts der inzwischen vergangenen Zeit unse- das Wort – das ist der Vorsitzende des Petitionsausschus- rer Ansicht nach nunmehr zügig und konsequent statt- ses – zur ergänzenden Berichterstattung. Herr Wendt, Sie finden. Deshalb sind eine klare Positionierung unseres haben das Wort. Hauses sowie zügige Ermittlungen vonnöten, ob einzelne Behörden bei der Aufdeckung eines möglichen Fehlver- (Beifall bei der CDU/CSU – Timon Gremmels haltens des Herstellers versagt haben. [SPD]: Noch nie hat sich Frau Roth so auf eine Rede gefreut!) Ob es am Ende tatsächlich zu einer Entschädigung der Betroffenen kommt, kann der Ausschuss natürlich noch nicht beurteilen. Aber ich denke, wir sind den Menschen Marian Wendt (CDU/CSU): und den Opfern verpflichtet, alles Mögliche zu tun, um Ja, ich habe auch schon nachgefragt, ob es in der Par- hier zügig zu helfen, wenn dies geboten ist. Ich bitte Sie lamentarischen Gesellschaft Schokoeis gibt. Also, wir daher im Interesse der Sache herzlich, der Beschlussemp- gehen um 17.10 Uhr, wenn Ihr Dienst hier beendet ist, fehlung des Petitionsausschusses zuzustimmen. noch ein Eis essen; versprochen. Vielen Dank. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute wird der Bundestag über eine Be- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie schlussempfehlung des Petitionsausschusses abstimmen, bei Abgeordneten der AfD, der FDP, der bei der es um den Wunsch von mehreren Petenten und LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE Betroffenen geht, eine Entschädigung für gesundheitliche GRÜNEN) Beeinträchtigungen, wie etwa Missbildungen von Neuge- borenen, zu erhalten. Vizepräsidentin Claudia Roth: Diese Missbildungen von Neugeborenen sind mögli- Vielen herzlichen Dank, Kollege Wendt, auch dafür, cherweise durch die Einnahme von Tabletten während dass Sie noch mal gezeigt haben, was für ein Geist im der Schwangerschaft entstanden. Mithilfe des Hormon- Petitionsausschuss herrscht und geherrscht hat. Wir ha- präparats Duogynon wurden in den 1960er- und 1970er- ben ja gestern die lange Debatte dazu gehabt, als der Jahren insbesondere Frühschwangerschaftstests durchge- Bericht vorgestellt worden ist. führt, aber auch Menstruationsstörungen behandelt. Nach (B) (Kersten Steinke [DIE LINKE]: 30 Minuten! (D) Ansicht der Petenten gibt es wissenschaftliche Beweise Sie war leider nicht lang!) für ernsthafte gesundheitliche Schädigungen von Neuge- borenen durch dieses Präparat. – Aber es war eine intensive Debatte. Wir haben be- schlossen, die Baukommission zu beauftragen, dass der Die in den Eingaben dargestellten persönlichen Petitionsausschuss einen eigenen Raum bekommt. Ich Schicksale der Betroffenen haben alle Mitglieder unseres habe schon aufgepasst und weiß, was Sie gefordert ha- Ausschusses tief berührt. In den vergangenen Legislatur- ben. Aber noch mal vielen herzlichen Dank. perioden wurde das Thema hier im Deutschen Bundestag immer wieder zur Sprache gebracht. Auch der Petitions- Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung über Sam- ausschuss hat sich intensiv mit der Materie befasst. Aus melübersicht 894 auf Drucksache 19/29824. Wer stimmt unserer Sicht ist die heutige Datengrundlage für eine dafür? – Wer stimmt dagegen? – Keine Enthaltungen. abschließende Bewertung des Gesamtvorganges aller- Sammelübersicht 894 ist im Sinne des Petitionsausschus- dings noch nicht ausreichend. Insoweit möchte ich an ses damit von allen Kollegen und allen Fraktionen ange- dieser Stelle nicht auf alle Einzelheiten eingehen, sondern nommen. nur kurz das Votum des Ausschusses dahin gehend erläu- Tagesordnungspunkt 51 mmmm: tern, und dieses Votum haben alle Fraktionen gemeinsam einstimmig getragen. Das ist, liebe Kolleginnen und Kol- Beratung der Beschlussempfehlung des Peti- legen, wie Sie wissen, nur recht selten der Fall und ver- tionsausschusses (2. Ausschuss) leiht dieser Empfehlung daher eine besondere Bedeu- Sammelübersicht 895 zu Petitionen tung. Drucksache 19/29825 Der Petitionsausschuss empfiehlt einstimmig, die Peti- tion dem Bundesministerium für Gesundheit zur Erwä- Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal- gung zu überweisen, um eine unabhängige Untersuchung tungen? – Keine. Sammelübersicht 895 ist einstimmig einzuleiten, die mögliches Fehlverhalten staatlicher Stel- angenommen. len in Deutschland im Zusammenhang mit der Registrie- Tagesordnungspunkt 51 nnnn: rung, Zulassung, Arzneimittelsicherheit und Marktrück- nahme des Präparates Duogynon unter Berücksichtigung Beratung der Beschlussempfehlung des Peti- des damals geltenden gesetzlichen und historischen Rah- tionsausschusses (2. Ausschuss) mens kritisch untersucht und deren Ergebnisse für die Sammelübersicht 896 zu Petitionen Entscheidung über die Einrichtung eines Entschädi- gungsfonds zugrunde gelegt werden. Drucksache 19/29826 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30031

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal- Tagesordnungspunkt 51 tttt: (C) tungen? – Keine. Sammelübersicht 896 ist bei einer Beratung der Beschlussempfehlung des Peti- Gegenstimme der Fraktion Die Linke und Zustimmung tionsausschusses (2. Ausschuss) aller anderen Fraktionen des Hauses angenommen. Sammelübersicht 902 zu Petitionen Tagesordnungspunkt 51 oooo: Drucksache 19/29832 Beratung der Beschlussempfehlung des Peti- tionsausschusses (2. Ausschuss) Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal- tungen? – Keine. Sammelübersicht 902 ist bei Zustim- Sammelübersicht 897 zu Petitionen mung von den Fraktionen der Linken, der SPD, der Grü- Drucksache 19/29827 nen und der CDU/CSU und bei Gegenstimmen von FDP und AfD angenommen. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal- tungen? – Keine. Sammelübersicht 897 ist von SPD, Tagesordnungspunkt 51 uuuu: CDU/CSU, FDP und AfD bei Gegenstimmen von Grü- Beratung der Beschlussempfehlung des Peti- nen und Linken angenommen. tionsausschusses (2. Ausschuss) Tagesordnungspunkt 51 pppp: Sammelübersicht 903 zu Petitionen Beratung der Beschlussempfehlung des Peti- Drucksache 19/29833 tionsausschusses (2. Ausschuss) Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal- Sammelübersicht 898 zu Petitionen tungen? – Keine. Sammelübersicht 903 ist bei Zustim- Drucksache 19/29828 mung von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU/CSU und Gegenstimmen von AfD, FDP und der Linken ange- Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent- nommen. hält sich? – Bei Gegenstimme der FDP und Zustimmung aller anderen Fraktionen des Hauses ist die Sammelüber- Tagesordnungspunkt 51 vvvv: sicht 898 angenommen. Beratung der Beschlussempfehlung des Peti- Tagesordnungspunkt 51 qqqq: tionsausschusses (2. Ausschuss) Beratung der Beschlussempfehlung des Peti- Sammelübersicht 904 zu Petitionen tionsausschusses (2. Ausschuss) Drucksache 19/29834 Sammelübersicht 899 zu Petitionen (B) Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal- (D) Drucksache 19/29829 tungen? – Keine. Sammelübersicht 904 ist angenommen. Zugestimmt haben die Fraktionen von SPD und CDU/ Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal- CSU. Dagegengestimmt haben die Fraktionen der tungen? – Keine. Sammelübersicht 899 ist angenommen. Linken, der Grünen, der FDP und der AfD. Zustimmung kommt von der SPD, der CDU/CSU- und AfD-Fraktion, und Gegenstimmen kommen von den Zusatzpunkt 14 b: Fraktionen der FDP, der Grünen und der Linken. Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Tagesordnungspunkt 51 rrrr: richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu- sammenarbeit und Entwicklung (19. Ausschuss) Beratung der Beschlussempfehlung des Peti- zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrich Oehme, tionsausschusses (2. Ausschuss) Dietmar Friedhoff, Markus Frohnmaier, weiterer Sammelübersicht 900 zu Petitionen Abgeordneter und der Fraktion der AfD Drucksache 19/29830 Deutschsprachige Publikationen von ministe- riell mandatierten, politisch handlungsemp- Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal- fehlenden Institutionen der Entwicklungspoli- tungen? – Keine. Sammelübersicht 900 ist bei Gegen- tik stimme der AfD und Zustimmung aller anderen Fraktio- nen des Hauses angenommen. Drucksachen 19/14068, 19/16383 Tagesordnungspunkt 51 ssss: Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- lung auf Drucksache 19/16383, den Antrag der Fraktion Beratung der Beschlussempfehlung des Peti- der AfD auf Drucksache 19/14068 abzulehnen. Wer tionsausschusses (2. Ausschuss) stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt Sammelübersicht 901 zu Petitionen dagegen? – Enthaltungen? – Keine. Die Beschlussemp- fehlung ist angenommen bei Gegenstimme der AfD und Drucksache 19/29831 Zustimmung aller anderen Fraktionen des Hauses. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent- Zusatzpunkt 14 c: hält sich? – Sammelübersicht 901 ist angenommen. Zugestimmt haben die Fraktionen von SPD, Grünen, Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- CDU/CSU und FDP. Dagegengestimmt hat die AfD- richts des Ausschusses für Kultur und Medien Fraktion. Enthalten hat sich Die Linke. (22. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordne- 30032 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) ten Ulrich Oehme, Marc Bernhard, Stephan Verpflichtende Veröffentlichung und Zulei- (C) Brandner, weiterer Abgeordneter und der Frak- tung der Ergebnisberichte der Externen Qua- tion der AfD litätskontrolle der Deutschen Gesellschaft für Verpflichtende deutsche Sprache in Publika- Internationale Zusammenarbeit an den Deut- tionen von ministeriell mandatierten, politisch schen Bundestag handlungsempfehlenden Institutionen Drucksachen 19/23954, 19/29647 Drucksachen 19/20689, 19/24152 Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- lung auf Drucksache 19/29647, den Antrag der Fraktion lung auf Drucksache 19/24152, den Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 19/23954 abzulehnen. Wer der AfD auf Drucksache 19/20689 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Keine. Die Beschlussemp- dagegen? – Enthaltungen? – Keine. Die Beschlussemp- fehlung ist angenommen bei Gegenstimme der AfD und fehlung ist bei Gegenstimme der AfD und Zustimmung Zustimmung aller anderen Fraktionen des Hauses. aller anderen Fraktionen des Hauses angenommen. Zusatzpunkt 14 g: Zusatzpunkt 14 d: Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Ausschusses für Verkehr und digitale richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu- Infrastruktur (15. Ausschuss) zu dem Antrag der sammenarbeit und Entwicklung (19. Ausschuss) Abgeordneten Oliver Luksic, Alexander Müller, zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Frank Sitta, weiterer Abgeordneter und der Frak- Frohnmaier, Dietmar Friedhoff, Ulrich Oehme, tion der FDP weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD Rechtssicherheit bei Rohmessdaten schaffen Kürzung von Entwicklungsleistungen gegen- Drucksachen 19/27110, 19/29070 über der Türkei Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- Drucksachen 19/14347, 19/19836 lung auf Drucksache 19/29070, den Antrag der FDP auf Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- Drucksache 19/27110 abzulehnen. Wer stimmt für diese lung auf Drucksache 19/19836, den Antrag der Fraktion Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthal- der AfD auf Drucksache 19/14347 abzulehnen. Wer tungen? – Keine. Die Beschlussempfehlung ist angenom- stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt men. Zugestimmt haben die Fraktionen von SPD, Bünd- nisgrünen und CDU/CSU. Dagegengestimmt haben die (B) dagegen? – Enthaltungen? – Keine. Die Beschlussemp- (D) fehlung ist bei Gegenstimme der AfD und Zustimmung Fraktionen der FDP, der AfD und der Linken. aller anderen Fraktionen angenommen. Zusatzpunkt 14 h: Zusatzpunkt 14 e: Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Ausschusses für Verkehr und digitale richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu- Infrastruktur (15. Ausschuss) zu dem Antrag der sammenarbeit und Entwicklung (19. Ausschuss) Abgeordneten Bernd Reuther, Frank Sitta, zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Christine Aschenberg-Dugnus, weiterer Abge- Frohnmaier, Marcus Bühl, Dietmar Friedhoff, ordneter und der Fraktion der FDP weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD Ausbau der dritten Start- und Landebahn des Aggressionen und Kaviar-Diplomatie in die Flughafens München Schranken weisen – Entwicklungszusammen- Drucksachen 19/5529, 19/6524 arbeit mit Aserbaidschan und der Türkei be- Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- enden lung auf Drucksache 19/6524, den Antrag der Fraktion Drucksachen 19/28796, 19/30178 der FDP auf Drucksache 19/5529 abzulehnen. Wer Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt lung auf Drucksache 19/30178, den Antrag der Fraktion dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung der AfD auf Drucksache 19/28796 abzulehnen. Wer ist angenommen. Zugestimmt haben die Fraktionen der stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt Linken, der SPD, der Grünen und der CDU/CSU. Dage- dagegen? – Enthaltungen? – Keine. Die Beschlussemp- gengestimmt hat die FDP, und enthalten hat sich die AfD- fehlung ist angenommen. Gegenstimme kommt von der Fraktion. AfD, alle anderen Fraktionen haben zugestimmt. Zusatzpunkt 14 i: Zusatzpunkt 14 f: Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Ausschusses für Kultur und Medien richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu- (22. Ausschuss) sammenarbeit und Entwicklung (19. Ausschuss) – zu dem Antrag der Abgeordneten Doris zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Achelwilm, Dr. Petra Sitte, Simone Frohnmaier, Marc Bernhard, Petr Bystron, weite- Barrientos, weiterer Abgeordneter und der rer Abgeordneter und der Fraktion der AfD Fraktion DIE LINKE Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30033

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) Öffentlich-rechtlichen Rundfunk Jahresbericht 2020 (62. Bericht) (C) zukunftsgerecht entwickeln – Qualität, Drucksachen 19/26600, 19/30437 Regionalität und Solidarität ausbauen statt abbauen Der Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis des Jahresbe- richts auf Drucksache 19/26600 eine Entschließung anzu- – zu dem Antrag der Abgeordneten Tabea nehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Rößner, Margit Stumpp, Dr. Konstantin von Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Be- Notz, weiterer Abgeordneter und der Frak- schlussempfehlung ist angenommen bei Enthaltung der tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Linken und Zustimmung aller anderen Fraktionen des Öffentlich-rechtlicher Rundfunk – Hauses. Bestand und Weiterentwicklung sichern Tagesordnungspunkt 32 b: Drucksachen 19/23937, 19/8475, 19/28393 Zweite und dritte Beratung des von der Bundes- Buchstaben c und d regierung eingebrachten Entwurfs eines Sieb- Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe c seiner Be- zehnten Gesetzes zur Änderung des Arznei- schlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der Frak- mittelgesetzes tion Die Linke auf Drucksache 19/23937 mit dem Titel Drucksache 19/23159 „Öffentlich-rechtlichen Rundfunk zukunftsgerecht ent- wickeln – Qualität, Regionalität und Solidarität ausbauen Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- statt abbauen“. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh- ses für Ernährung und Landwirtschaft (10. Aus- lung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die schuss) Beschlussempfehlung ist angenommen. Zugestimmt ha- Drucksache 19/30484 ben die Fraktionen von SPD, CDU/CSU, FDP und AfD. Dagegengestimmt hat die Fraktion der Linken, und ent- Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft halten hat sich die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen. empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/30484, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Buchstabe d Drucksache 19/23159 in der Ausschussfassung anzuneh- seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags men. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzei- 19/8475 mit dem Titel „Öffentlich-rechtlicher Rund- chen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der funk – Bestand und Weiterentwicklung sichern“. Wer Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung angenommen. stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt Zugestimmt haben die Fraktionen der SPD, der CDU/ (B) dagegen? – Enthaltungen? – Keine. Die Beschlussemp- CSU, der FDP und AfD. Dagegengestimmt hat niemand, (D) fehlung ist angenommen. Zugestimmt haben die Fraktio- und enthalten haben sich die Linken und Bündnisgrünen. nen von SPD, CDU/CSU, FDP und AfD. Dagegenge- stimmt haben die Fraktionen der Grünen und der Linken. Dritte Beratung Zusatzpunkt 14 j: und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich jetzt zu erheben. – richts des Ausschusses für Bildung, Forschung Wer stimmt dagegen? – Niemand. Wer enthält sich? – Der und Technikfolgenabschätzung (18. Ausschuss) Gesetzentwurf ist angenommen. Zugestimmt haben SPD, zu dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, CDU/CSU, FDP und AfD. Enthalten haben sich die Frak- Beate Walter-Rosenheimer, Dr. Anna tionen der Linken und Bündnisgrünen. Christmann, weiterer Abgeordneter und der Frak- Ich rufe den Tagesordnungspunkt 32 c auf: tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Meisterstück für Gleichwertigkeit – Master- richts des Ausschusses für Ernährung und Land- plan zur Stärkung der beruflichen Bildung wirtschaft (10. Ausschuss) zu dem Antrag der Drucksachen 19/21721, 19/28964 Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Renate Künast, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lung auf Drucksache 19/28964, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 19/21721 abzu- Antibiotikaeinsatz in der Geflügelhaltung ver- lehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – ringern Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Be- Drucksachen 19/13549, 19/30486 schlussempfehlung ist angenommen. Zugestimmt haben die Fraktionen von SPD, CDU/CSU und AfD. Dagegen- Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- gestimmt hat die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, lung auf Drucksache 19/30486, den Antrag der Fraktion enthalten haben sich FDP und Die Linke. Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 19/13549 abzu- lehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Zusatzpunkt 14 k: Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Keine. Die Be- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- schlussempfehlung ist angenommen. Zugestimmt haben richts des Verteidigungsausschusses (12. Aus- die Fraktionen von SPD, CDU/CSU, FDP und AfD. schuss) zu der Unterrichtung durch die Wehrbe- Gegenstimmen kamen von den Fraktionen der Grünen auftragte und der Linken. 30034 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) Wir haben es geschafft! Danke schön, liebe Kollegin- Wer stimmt für diesen Wahlvorschlag? – Wer stimmt (C) nen und Kollegen. dagegen? – Wer enthält sich? – Der Wahlvorschlag ist abgelehnt. Zugestimmt hat die AfD-Fraktion. Alle ande- (Beifall) ren Fraktionen haben dagegengestimmt bis auf eine Ent- Vielen herzlichen Dank für die konzentrierte Unterstüt- haltung aus der CDU/CSU-Fraktion. zung. Das waren fast zwei Stunden. Das war, glaube ich, Tagesordnungspunkt 18 e: sozusagen Weltrekord. Wahlvorschlag der Fraktion der AfD Wir kommen jetzt zu den Tagesordnungspunkten 18 a bis 18 i. Es handelt sich um Wahlen zu Gremien. Diese Wahl von Mitgliedern des Stiftungsrates der Wahlen werden wir mittels Handzeichen durchführen. „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ gemäß § 19 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 des Tagesordnungspunkt 18 a: Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Deut- Wahlvorschlag der Fraktion der AfD sches Historisches Museum“ Drucksache 19/28617 Wahl eines Mitglieds des Kuratoriums der „Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Wer stimmt für diesen Vorschlag? – Wer stimmt dage- Europas“ gen? – Wer enthält sich? – Der Wahlvorschlag ist abge- lehnt. Zugestimmt hat die AfD-Fraktion. Alle anderen Drucksache 19/28613 Fraktionen des Hauses haben dagegengestimmt bis auf Wer stimmt für diesen Wahlvorschlag? – Wer stimmt eine Enthaltung aus der CDU/CSU-Fraktion. dagegen? – Enthaltungen? – Keine. Tagesordnungspunkt 18 f: (Manfred Grund [CDU/CSU]: Hier! Zumindest Wahlvorschlag der Fraktion der AfD eine! – Gegenruf des Abg. Dr. Alexander Gauland [AfD]: Danke!) Wahl eines vom Deutschen Bundestag zu be- nennenden Mitgliedes des Kuratoriums des – Also eine Enthaltung. – Der Wahlvorschlag ist abge- Deutschen Instituts für Menschenrechte ge- lehnt. Zustimmung kommt von der AfD. Dagegenge- mäß § 6 Absatz 2 Nummer 4 und 5 des Geset- stimmt haben die anderen Fraktionen des Hauses bis zes über die Rechtsstellung und Aufgaben des auf eine Enthaltung aus der CDU/CSU-Fraktion. Deutschen Instituts für Menschenrechte (DIMRG) Tagesordnungspunkt 18 b: Drucksache 19/28618 (B) Wahlvorschlag der Fraktion der AfD (D) Wer stimmt für diesen Wahlvorschlag? – Wer stimmt Wahl von Mitgliedern des Kuratoriums der dagegen? – Wer enthält sich? – Der Wahlvorschlag ist „Bundesstiftung Magnus Hirschfeld“ abgelehnt. Zustimmung von der AfD-Fraktion und Drucksache 19/28614 Ablehnung aller anderen Fraktionen des Hauses bis auf eine Enthaltung aus der CDU/CSU-Fraktion. Wer stimmt für diesen Wahlvorschlag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Wahlvorschlag ist Tagesordnungspunkt 18 g: abgelehnt. Zugestimmt hat die AfD-Fraktion. Dagegen- Wahlvorschlag der Fraktion der AfD gestimmt haben alle anderen Fraktionen des Hauses bis auf eine Enthaltung aus der CDU/CSU-Fraktion. Wahl von Mitgliedern des Stiftungsrates der „Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Dikta- Tagesordnungspunkt 18 c: tur“ Wahlvorschlag der Fraktion der AfD Drucksache 19/28619 Wahl der Mitglieder des Kuratoriums der Wer stimmt für den Wahlvorschlag der Fraktion der Stiftung „Deutsches Historisches Museum“ AfD? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Wahlvorschlag ist abgelehnt. Zugestimmt hat die AfD- Drucksache 19/28615 Fraktion. Alle anderen Fraktionen waren dagegen. Es Wer stimmt für diesen Wahlvorschlag? – Wer stimmt gibt eine Enthaltung aus der CDU/CSU-Fraktion. dagegen? – Wer enthält sich? – Der Wahlvorschlag ist Tagesordnungspunkt 18 h: abgelehnt. Zugestimmt hat die AfD-Fraktion. Dagegen- gestimmt haben alle anderen Fraktionen des Hauses bis Wahlvorschlag der Fraktion der AfD auf eine Enthaltung aus der CDU/CSU-Fraktion. Wahl eines Mitglieds des Stiftungsrates der Tagesordnungspunkt 18 d: „Stiftung Haus der kleinen Forscher“ Wahlvorschlag der Fraktion der AfD Drucksache 19/28620 Wer stimmt für diesen Wahlvorschlag? – Wer stimmt Wahl der Mitglieder des Kuratoriums der dagegen? – Wer enthält sich? – Der Wahlvorschlag ist Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und abgelehnt. Zugestimmt hat die AfD-Fraktion. Dagegen- Zukunft“ gestimmt haben alle anderen Fraktionen des Hauses. Es Drucksache 19/28616 gibt eine Enthaltung aus der CDU/CSU-Fraktion. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30035

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) Tagesordnungspunkt 18 i: (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der (C) LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Wahlvorschlag der Fraktion der AfD NEN) Wahl der Mitglieder des Stiftungsrates der Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bundesstiftung Baukultur gemäß § 7 des Ge- Der Wechsel in der Besteuerung von Renten ist keine setzes zur Errichtung einer „Bundesstiftung politische Idee. Im März 2002 hatte das Bundesverfas- Baukultur“ sungsgericht die Ungleichbehandlung von Renten und Drucksache 19/29932 Pensionen für verfassungswidrig erklärt. Der Bundestag Wer stimmt für diesen Wahlvorschlag? – Wer stimmt hat dann mit dem Alterseinkünftegesetz 2005 die soge- dagegen? – Wer enthält sich? – Der Wahlvorschlag ist nannte nachgelagerte Besteuerung eingeführt. Renten abgelehnt. Zugestimmt hat die Fraktion der AfD. Alle werden hierdurch – anders als bis dahin mit ihrem anderen Fraktionen des Hauses haben dagegengestimmt. Ertragsanteil – schrittweise bis zum Jahr 2040 vollständig Es gibt eine Enthaltung aus der CDU/CSU-Fraktion. in die Besteuerung einbezogen. Im Gegenzug bleibt ein immer größerer Anteil der Altersvorsorgeleistungen, die So, jetzt haben wir es. während des Berufslebens gezahlt werden, steuerfrei. (Parl. Staatssekretärin Kerstin Griese über- Dieses System ist für Bürgerinnen und Bürger die reicht der Vizepräsidentin Claudia Roth eine günstigere Variante der Besteuerung; da sind sich eigent- Tafel Schokolade) lich alle Fachleute einig. Die Steuerpflichtigen können während der Berufsphase ihre Altersvorsorgebeiträge – Das ist aber lieb. Danke schön. Das freut mich sehr. steuerlich geltend machen, also in einer Zeit, wo sie, (Beifall) relativ betrachtet, einem hohen Steuersatz unterliegen. Ich rufe den Zusatzpunkt 15 auf: Wenn dann später die Rentenleistungen versteuert wer- den müssen, zahlen sie einen niedrigeren Steuersatz. Hin- Aktuelle Stunde zu kommt, dass auch die Zeit des Rentenbezugs in der auf Verlangen der Fraktion der FDP Regel kürzer ist als der Zeitraum des Erwerbslebens. Daher wirkt sich die Steuerfreiheit der Beiträge über Urteil des Bundesfinanzhofs ernst nehmen – einen deutlich längeren Zeitraum steuermindernd aus, Doppelbesteuerung von Renten verhindern als die Rente später besteuert wird. Ich sehe, dass der vorgesehene erste Redner noch nicht Jetzt hat der BFH erneut entschieden. Die jetzt ergan- anwesend ist. Dann hat Antje Tillmann für die CDU/ genen Urteile sind gut für Beklagte und für Kläger: gut (B) CSU-Fraktion das Wort. für die Finanzverwaltung als Beklagte, weil sie aktuell (D) (Beifall bei der CDU/CSU) keine doppelte und damit keine verfassungswidrige Be- steuerung bei den Renten vornimmt. Kein Fall der Dop- pelbesteuerung wurde vom Gericht bescheinigt. Das Antje Tillmann (CDU/CSU): Urteil ist aber auch gut für die Kläger sowie für die Wir sind, glaube ich, alle ein bisschen irritiert, weil es Steuerbürger; denn anders, als vom Bundesfinanzminis- so schnell ging, Frau Präsidentin. Sie haben zu schnell terium angenommen, hat der BFH entschieden, dass Frei- vorgelesen. beträge wie der Grundfreibetrag, der Werbungskosten- (Stephan Thomae [FDP]: Ja, wir hatten andere pauschbetrag oder auch Sonderausgaben nicht in die Zeiten eingetragen!) Berechnung zur Überprüfung einer möglichen Doppelbe- steuerung aufgenommen werden dürfen. Vizepräsidentin Claudia Roth: (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) Echt? Waren wir zu schnell? Wir waren doch viel zu Das führt zu deutlich niedrigeren Steuern im Falle von langsam. Vorsorgeaufwendungen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Deutlich früher als bisher angenommen – also deutlich der SPD – Stephan Thomae [FDP]: Wir waren vor 2040 – würde es aber bei unveränderter Rechtslage zu 20 Minuten zu schnell!) einer Doppelbesteuerung kommen. – Sorry, das ist kein wirkliches Argument. Sollte die FDP (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Haben Interesse haben, mit einem Redebeitrag an der von ihr wir Ihnen schon vorher gesagt!) beantragten Aktuellen Stunde teilzunehmen, ermögli- – Ja, aber 2040 ist ja auch noch lange hin. – Jetzt gibt es chen wir das noch. zwei Wege, in der neuen Legislaturperiode rechtzeitig (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU so- gegen diese Doppelbesteuerung vorzugehen. Der eine wie bei Abgeordneten der AfD) Weg ist, die Vorsorgeaufwendungen schon früher voll abzugsfähig zu machen; der andere Weg ist, die Renten Frau Tillmann hat das Wort. erst später vollständig zu besteuern. Vermutlich wird es zu einer Kombination aus beidem kommen. Das werden Antje Tillmann (CDU/CSU): wir zu Beginn der nächsten Legislaturperiode diskutie- Ich rede fünf Minuten. Bis zum Ende meiner Rede ren. Meine präferierte Variante ist, die Vorsorge zu haben alle Kolleginnen und Kollegen Zeit, hier anwesend begünstigen; denn wir wollen, dass junge Menschen vor- zu sein. sorgen, und das können sie sich nur dann leisten, wenn sie 30036 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Antje Tillmann (A) das aus unversteuertem Einkommen tun können. Deshalb (Beifall bei der CDU/CSU) (C) wollen wir, dass Vorsorgeaufwendungen schon früher Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens sollten wir voll abzugsfähig sind, damit sie sich das leisten können. vielleicht auch die Art der Besteuerung diskutieren, denn (Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. es gibt mehrere Möglichkeiten, um das Ganze für Rent- Birkwald [DIE LINKE]: Dann haben die nerinnen und Rentner einfacher zu machen. Wir könnten Bestandsrentnerinnen und -rentner nichts da- zum Beispiel eine vorausgefüllte Steuererklärung zur von!) Verfügung stellen, in die der Rentner oder die Rentnerin nur noch die persönlichen Kosten eintragen muss. Disku- Entgegen dem, was meine Zwischenrufer hier behaup- tiert wurde auch so etwas wie der Quellensteuerabzug für ten, war es richtig, das Urteil abzuwarten; denn wir hätten Arbeitnehmer, sodass gar keine Steuererklärung von den sonst nicht gewusst, welche Bemessungsgrundlage für Rentnerinnen und Rentnern abgegeben werden muss. die Annahme einer Doppelbesteuerung zugrunde gelegt wird. Die Regierung hätte vermutlich eine Bemessungs- (Beifall der Abg. Sepp Müller [CDU/CSU] und grundlage vorgelegt, in die die Freibeträge mit einbezo- Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜND- gen worden wären. Der eine oder andere von uns wusste NIS 90/DIE GRÜNEN]) schon vorher oder hatte zumindest den Eindruck, dass die All das werden wir diskutieren – zügig, aber trotzdem Freibeträge nicht berücksichtigt werden müssen. Das sehr ausführlich. Ich fordere Sie daher auf, diese Diskus- heißt, wir hätten dieses Gesetz gleich zweimal anfassen sion mit uns zu führen, um eine gute Lösung zu finden, müssen, was zu einer erheblichen Verunsicherung der nicht nur für Rentnerinnen und Rentner, sondern auch für Bürgerinnen und Bürger geführt hätte. Jetzt werden wir Beitragszahlerinnen und Beitragszahler. Vorsorgeauf- dieses Gesetzgebungsverfahren sehr zügig angehen. Wir wendungen müssen steuerbegünstigt sein, das ist das haben auch noch etwas Zeit; denn auch nach dem erklärte Ziel meiner Fraktion. Gerichtsurteil ist eine Doppelbesteuerung nicht vor 2025 zu erwarten. Ich danke Ihnen. Für die Bürgerinnen und Bürger brauchen wir aber (Beifall bei der CDU/CSU) jetzt schon Rechtssicherheit, auch noch vor der Sommer- pause; denn ihnen ist es egal, ob eine Bundestagswahl Vizepräsidentin Petra Pau: ansteht. Deshalb gebe ich dem Finanzminister folgende Wie Sie sehen, hat der Vorsitz gewechselt. Ich kann Forderungen unserer Fraktion mit auf den Weg: Ihnen die Nachricht überbringen, dass aktuell das Sit- Einsprüche gegen Steuerbescheide, die sich auf die zungsende noch immer vor Beginn der morgigen Sitzung (B) Rentenbesteuerung beziehen, müssen jetzt sofort ruhend liegt, aber immer noch deutlich nach acht Uhr. Wir sollten (D) gestellt werden. Wir dürfen nicht weitere Steuerpflichtige also noch ein bisschen weiterarbeiten. Das sage ich, weil in die Klage treiben. Die Einsprüche müssen so lange mich Beschwerden erreichten, dass wir jetzt zu schnell ruhend gestellt werden, bis wir das Gesetzgebungsver- würden. Wir sind aber nicht zu schnell. fahren abgeschlossen haben. Das Wort hat jetzt der Kollege Markus Herbrand für (Beifall bei der CDU/CSU) die FDP-Fraktion. Steuerbescheide, die sich auch auf Renteneinkünfte (Beifall bei der FDP) beziehen, müssen vorläufig ergehen, damit sie später berichtigt werden können. Markus Herbrand (FDP): Außerdem wollen wir, dass den Steuerbescheiden eine Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen Erklärung zum Urteil des BFH angehängt wird, damit die und Kollegen! Wir sind nicht zu schnell, aber überpünkt- Bürgerinnen und Bürger abschätzen können, ob sie von lich, würde ich mal sagen. Bis vor wenigen Minuten stand diesem Urteil betroffen sind. Künftige Steuerbescheide im Zeitplan noch 18 Uhr als Beginn dieses Tagesord- sollen rechtzeitig vor dem Ruhestand einen Erklärtext nungspunktes. Ich bitte also zu entschuldigen, dass ich enthalten, der auf die künftige Steuerpflicht ausdrücklich zu spät bin. hinweist, damit die Zeiten vorbei sind, wo Rentnerinnen Das Urteil zur Besteuerung von Renten hat zu Recht und Rentner von dieser Steuerpflicht überrascht werden. große Aufmerksamkeit erregt. Um es mal auf den Punkt Darüber hinaus müssen wir sicherstellen – und das ist zu bringen: Es war eine schallende Ohrfeige für die Bun- ganz wichtig –, dass nicht in den laufenden Verfahren bis desregierung, die offenkundige Probleme an dieser Stelle zum Gesetzgebungsabschluss weitere Doppelbesteue- durch Ignoranz hat aussitzen wollen. rungsfälle anfallen. Es ist Aufgabe der Finanzbehörden, (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Da hat sicherzustellen, dass keine Fälle von Doppelbesteuerung der Kollege recht!) bis zum Abschluss des Verfahrens anfallen. Es kann nicht sein, dass der Steuerpflichtige das selbst im Auge behal- In der Begründung wurde sehr schnell deutlich, dass ten muss. Das kann durch ein BMF-Schreiben passieren; der BFH zwar die konkret zu entscheidenden Fälle ver- das kann auch durch Sonderregelungen für kleinere werfen würde, in der Grundsatzfrage aber ein wegwei- Renten passieren. Es muss jedenfalls sichergestellt wer- sendes Urteil fällen würde, wonach die derzeitige Rechts- den, dass alle Betroffenen in Ruhe ihre Steuererklärung lage offenkundig auf eine verfassungswidrige sogenannte abgeben können, ohne eine solche Doppelbesteuerung doppelte Besteuerung hinausläuft, zumindest für zukünf- befürchten zu müssen. tige Fälle. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30037

Markus Herbrand (A) Grundsätzlich sehr begrüßenswert ist neben anderen könnten wir hier, wenn wir wollen, sehr schnell beschlie- (C) Dingen, dass sich der Bundesfinanzhof keinen schlanken ßen. Ebenso könnten auch Vorläufigkeitsvermerke in den Fuß gemacht und die Problematik stattdessen wirklich an Steuerbescheiden für vorläufigen Rechtsschutz sorgen. der Wurzel gepackt hat. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Fragen über Fragen, (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Radi- auf die wir zeitnahe Antworten der Bundesregierung kal!) erwarten. „Augen zu und durch“ kann jetzt nicht mehr sein; jetzt müssen Nägel mit Köpfen gemacht werden. Er hat nämlich endlich deutlich herausgestellt, wie die Rentnerinnen und Rentner haben Transparenz verdient Frage rechnerisch zu beantworten ist, über die wir hier und auch, dass sie auf den staatlichen Umgang mit ihrer im Parlament schon so lange und so häufig streiten und Rente und deren Besteuerung vertrauen können. wozu das Bundesverfassungsgericht uns bislang immer nur die Leitplanken vorgegeben hatte. Vielen Dank. Im Ergebnis lässt sich sagen, dass die gesamte Argu- (Beifall bei der FDP) mentation derer, die die bisherige Besteuerungspraxis auch für die Zukunft für rechtens gehalten haben, mit Vizepräsidentin Petra Pau: diesem Urteil in sich zusammengebrochen ist. Der Auf- Das Wort hat der Abgeordnete Albrecht Glaser für die fassung, dass der steuerliche Grundfreibetrag auch bei AfD-Fraktion. der Berechnung des steuerfreien Rentenbezugs berück- sichtigt werden kann, ist nun höchstrichterlich ein Riegel (Beifall bei der AfD) vorgeschoben worden. Das wäre sonst auch Zauberei; denn einen Grundfreibetrag kann man eben nur einmal nutzen. Albrecht Glaser (AfD): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit Kenntnis dieses Herren! Zwei Urteile des Bundesfinanzhofes von letzter Urteils stellen sich viele Fragen nach Konsequenzen, und Woche manifestieren erneut die klare und simple wir erwarten, dass die Bundesregierung dazu auch kurz- Erkenntnis: Die Besteuerung der Rentenbezüge, wie sie fristig Stellung beziehen wird. 2004 im Alterseinkünftegesetz eingeführt wurde, führt systemisch zu einer verfassungswidrigen Doppelbesteue- (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Hof- rung. Das heißt, bereits einkommensversteuerte Beitrag- fentlich!) santeile der Arbeitnehmer werden beim späteren Erstens. Wie reagiert der Gesetzgeber nun auf das Rentenzufluss erneut besteuert. (B) Urteil? „Augen zu und durch“ kann nicht weiter die Ant- Diese Erkenntnis ist nicht so neu, wie sie scheint. Sie (D) wort darauf sein, dass wir sehenden Auges in eine ver- wurde nicht nur von den Sachverständigen einer öffent- fassungswidrige Doppelbesteuerung laufen. lichen Anhörung im letzten Jahr so formuliert, nein, sie Zweitens. Natürlich stellt sich auch die Frage danach, wurde bereits im damaligen Gesetzgebungsverfahren – welche Auswirkungen dieses Urteil auf die Haushalte Stichwort „Rot-Grün“ – offensichtlich, wo viele Stim- haben wird. Experten vom Institut der deutschen Wirt- men auf diesen misslichen Umstand aufmerksam ge- schaft gehen für den Zeitraum 2020 bis 2040 von bis zu macht hatten, nicht zuletzt die Vertreter der eigens für 90 Milliarden Euro Mindereinnahmen aus. Wie geht die diese steuerliche Neuordnung der Altersbezüge gebilde- Bundesregierung damit um? Oder überlässt sie dieses ten Sachverständigenkommission. Problem einfach der Nachfolgeregierung? Die AfD hatte bereits im Frühjahr 2019 einen Antrag Drittens. Wir erwarten auch, dass die Bundesregierung eingebracht, der diesen schlummernden Skandal zur uns darüber informiert, ob sie wirklich glaubt, dass es nur Sprache brachte und detailliert das Problem erläuterte. um Fälle von zukünftigen Rentnern geht. Die Bundesregierung wurde darin aufgefordert, eine Neuregelung der Besteuerung vorzunehmen. Das ist vor (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Genau! zwei Jahren gewesen, meine Damen und Herren. Die Bestandsrentner!) Wie in diesem Hause üblich, wurde der AfD-Antrag, Angesichts noch anhängiger BFH- und auch Finanzge- Drucksachennummer 19/10629, mit den üblichen diskri- richtsverfahren fragen wir uns, ob ein weiteres Zuwarten minierenden Bemerkungen von allen anderen Parteien an dieser Stelle die richtige Antwort ist. Die Rentner- abgelehnt. innen und Rentner benötigen Vertrauen in die gesetzliche Grundlage ihrer Besteuerung. Insofern erwarten wir, dass (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Es gab sich die Bundesregierung auch mit diesen anhängigen vorher schon unseren Antrag!) Verfahren befasst und mögliche Folgen nicht weiter auf Jetzt haben Sie die Bescherung für Ihre Arroganz der die lange Bank schiebt. Macht und für Ihre Kompetenzanmaßung. Viertens. Ist es wirklich jedem einzelnen Rentner, jeder (Beifall bei der AfD) einzelnen Rentnerin zuzumuten, den Nachweis einer Doppelbelastung führen zu müssen? Wir meinen, es ist 140 000 Rentner und Rentnerinnen – es erstaunt mich, dringend geboten, sehr kurzfristig für eine Vereinfachung dass die Zahl noch nicht genannt worden ist – haben in beim Nachweis der Doppelbelastung zu sorgen. Wir ha- den letzten Jahren Einsprüche bei der Steuerverwaltung ben dazu die Umkehr der Beweislast beantragt. Das eingelegt; ein Massenphänomen. 30038 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Albrecht Glaser (A) Wir, die AfD-Fraktion, haben mehrfach dem Finanz- Vetternwirtschaft von CDU-Abgeordneten in der Coro- (C) minister vorgehalten, es seien Finanzgerichtsverfahren nakrise, Anmaßung akademischer Grade und eine nie anhängig, demnächst werde der BFH entscheiden, der gekannte Staatsschuldenanhäufung. Gesetzgeber müsse also schnell handeln; vor Monaten. Es sei unerträglich, bei der geschilderten Erkenntnis die (Beifall bei der AfD) Bürger auf den Rechtsweg zu verweisen. Mit gleicher Das ist das Resümee, meine sehr verehrten Damen und Kaltschnäuzigkeit wie beim Wirecard-Skandal hat der Herren, von Deutschland á la Merkel. Wir werden unse- Finanzminister jede Aktivität abgelehnt, vielleicht auch ren Beitrag dazu leisten, dieses Land wieder in den deshalb, weil er verhindern wollte, dass dieser Mega- Modus einer gelingenden Staatlichkeit zurückzuführen. skandal noch vor der Bundestagswahl ans Tageslicht kommt. Es wird um Milliarden gehen, meine sehr ver- (Kersten Steinke [DIE LINKE]: Bitte nicht! ehrten Damen und Herren. Keine Drohung!) Die immer wieder aufgestellte Behauptung, das beträfe Herzlichen Dank. nur wenige Einzelfälle, ist widerlegt, ebenso die Unter- (Beifall bei der AfD – Dr. Götz Frömming stellung, dass es sich hierbei um Kleingeld handle. Bei [AfD]: Ganz genau! – Gegenruf von der SPD: der öffentlichen Anhörung haben Experten vorgerechnet, Niemals!) dass ein Durchschnittsverdiener, der nach 40 Beitragsjah- ren im Jahre 2040 in Rente geht, rund 40 000 Euro zwei- mal versteuern muss. Viele haben das nachgerechnet und Vizepräsidentin Petra Pau: kommen zu ähnlichen Ergebnissen, und – das ist der Für die SPD-Fraktion hat nun die Kollegin Kiziltepe entscheidende Punkt – ähnliche Modellrechnungen gibt das Wort. es für heutige Rentner. Die Behauptung, es gebe bei den derzeitigen Rentnern das Phänomen nicht, ist schlicht (Beifall bei der SPD) unwahr. (Dr. Wiebke Esdar [SPD]: Dann nennen Sie Cansel Kiziltepe (SPD): doch mal einen Fall!) Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das lang erwartete Urteil des Bundesfinanzhofs vom – Ja, mit Namen und Steuernummer, oder was? 31. Mai hat für viel Aufregung und Verunsicherung (Beifall bei Abgeordneten der AfD) gesorgt. Daher möchte ich auch zu Beginn eine Sache klarstellen: Die Klagen wurden vom Bundesfinanzhof Demgegenüber hat noch in der Debatte im März dieses abgewiesen. (B) Jahres ein Vertreter der Fraktion der CDU polemisiert, (D) der von der AfD behauptete Verfassungsverstoß müsse (Beifall des Abg. Sepp Müller [CDU/CSU]) erst noch bewiesen werden. Das haben wir jetzt nahezu. In beiden Fällen konnte das Gericht nicht feststellen, dass Das Bundesverfassungsgericht hat ja noch nicht gespro- es zu einer Doppelbesteuerung kam. chen. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – (Zuruf des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann- Albrecht Glaser [AfD]: Das waren Sonderfäl- Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) le!) Noch unqualifizierter haben sich die Grünen im Fi- nanzausschuss geäußert, die in der Doppelbesteuerung Das ist eine wichtige Feststellung. Sie zeigt: Die eine ein Scheinproblem sahen, also eine Art Verschwörungs- oder andere Fraktion hier im Haus malt immer wieder ein theorie, Frau Kollegin. Schreckgespenst von Hunderttausenden betroffenen Rentnerinnen und Rentnern an die Wand. Dem ist nicht (Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- so. NEN]: Da sind Sie ja zu Hause!) (Albrecht Glaser [AfD]: Doch! – Matthias W. Nun haben wir eine höchstrichterliche Rechtsprechung, Birkwald [DIE LINKE]: Das ist doch falsch!) die zu einer Vorlage beim Bundesverfassungsgericht führt, deren Ergebnis gut vorhersehbar ist. Diese Schreckensszenarien haben lediglich einen Zweck: Sie sollen Angst machen, Angst davor, dass etwas mit der Was hier abgelaufen ist, meine Damen und Herren, und Rente nicht stimmt. Das werden wir Sozialdemokratin- wie es abgelaufen ist, hat exemplarischen Charakter. Statt nen und Sozialdemokraten nicht zulassen. Die gesetzli- solider Politik zum Wohl der Bürger dieses Landes: Auf- che Rente ist und bleibt die Basis für ein gutes Leben im lösung aller Grenzen mit angeblich humanitären Absich- Alter. ten, Freitagsdemos zur Weltenrettung statt Schulunter- richt, Kampf der Regierung gegen Meinungsfreiheit und (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der viele andere Grundrechte, Mobilisierung von Parteisolda- CDU/CSU – Zuruf des Abg. Matthias W. ten in öffentlichen Ämtern gegen die AfD mit der Ver- Birkwald [DIE LINKE]) leumdung, eine verfassungswidrige Partei zu sein, Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Frage nach einer (Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- möglichen Doppelbesteuerung von Renten ist keines- NEN]: Es geht um Steuern! – Matthias W. wegs einfach zu beantworten. Die Frage beschäftigt uns Birkwald [DIE LINKE]: Hier geht es um Ren- Finanzpolitikerinnen und -politiker und übrigens auch tenpolitik!) den Bundesfinanzhof seit geraumer Zeit. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30039

Cansel Kiziltepe (A) Wir in der SPD haben die Sorgen und Ängste immer Es geht um Einzelfälle; denn über 75 Prozent der Rent- (C) ernst genommen und tun dies auch weiterhin. Und jetzt nerinnen und Rentner zahlen aktuell überhaupt keine haben wir auch Klarheit hinsichtlich der rechtlichen Steuern. Bewertung. Das war nämlich in den letzten Jahren auch (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ja, ak- nicht eindeutig. tuell! Genau!) Dass diese Frage überhaupt aufkommt, liegt an der Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie gesagt: Der Bun- Umstellung der Rentenbesteuerung im Jahr 2002. desfinanzhof hat richtungsweisend entschieden. Wir ha- Damals hat das Bundesverfassungsgericht gesagt: Es ben Hausaufgaben für die Zukunft. Wir brauchen eine darf keine unterschiedliche Behandlung von Pensionen Reform der Einkommensteuer, die wir auch angehen wer- und Renten geben. Aber das Bundesverfassungsgericht den. Für uns in der SPD bleibt klar: Eine Doppelbesteue- hat gleichzeitig gesagt: Es darf auch nicht bei dem Über- rung bei der Rente darf es weder heute noch in Zukunft gang zur nachgelagerten Besteuerung doppelt besteuert geben. werden. Vielen Dank. Diese Umstellung ist ein langwieriger Prozess; wie (Beifall bei der SPD) gesagt, er dauert von 2005 bis 2040. Diese Prämissen haben wir als Politikerinnen und Politiker auch im Blick. Da es allerdings verschiedene Berechnungsmethoden Vizepräsidentin Petra Pau: gibt, ist die Frage weniger trivial, als sie scheint. Nun Das Wort hat der Kollege Matthias W. Birkwald für die hat der Bundesfinanzhof mit dem Urteil vom 31. Mai Fraktion Die Linke. erstmals klargestellt, wie eine Doppelbesteuerung zu (Beifall bei der LINKEN) berechnen ist, und jetzt sind wir auch schlauer. Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun liegen also diese Matthias W. Birkwald (DIE LINKE): Maßstäbe vor, nach denen berechnet werden soll, wie Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Her- zukünftig verfahren werden soll. Es geht vor allem ren! In den vergangenen 20 Jahren haben Union, SPD darum, wie der Grundfreibetrag, die Steuerfreistellung und Bündnis 90/Die Grünen das Rentenniveau abgesenkt von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen und und das Rentenalter auf 67 heraufgesetzt. Beides lehnen der Werbungskostenpauschbetrag berücksichtigt werden wir Linken ab. müssen. Jetzt haben wir also Klarheit. Und das zeigt (Beifall bei der LINKEN) auch: Wir haben Hausaufgaben zu erledigen, aber für die zukünftigen Kohorten der Rentnergeneration. Die Doppelbesteuerung der Renten ist ein weiterer (B) Skandal; das wurde vom Bundesfinanzhof nun endlich (D) (Albrecht Glaser [AfD]: Nein!) anerkannt, und das ist gut so. Die Opposition poltert hier gerne, so Herr Herbrand. (Beifall bei der LINKEN – Zuruf der Abg. Wir werden gleich auch Herrn Birkwald hören. Angeb- Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) lich hätte man alles viel früher wissen und schon längst Für die Doppelbesteuerung der Renten sind die Finanz- ändern können. minister der Union und der SPD namens , (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ja!) Peer Steinbrück, Wolfgang Schäuble und Olaf Scholz verantwortlich. 17 Jahre lang haben Sie, werte Kollegin- Aber das ist einfach falsch. Nicht ohne Grund hat das nen und Kollegen der Regierungsfraktionen, die Exper- Thema zu einer kontroversen Diskussion unter Finanz- tenmeinungen, Gesetzeskommentare und Medienberich- mathematikern geführt. Auch in der Anhörung letztes te zur Doppelbesteuerung der Rente ignoriert oder Jahr war das nicht so eindeutig, und auch unter den geleugnet. BFH-Richtern gab es ja unterschiedliche Meinungen. Das muss auch mal gesagt werden. (Markus Herbrand [FDP]: Genau!) Das war und ist absolut daneben. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Beifall bei der LINKEN) Wer die Studien der Brüder Werner und Günter Siepe Das Urteil hat bestätigt, dass keine verfassungswidrige gelesen und die Warnungen von Dr. Axel Reimann von Doppelbesteuerung von Renten vorlag. Das wird jetzt der Deutschen Rentenversicherung in der Anhörung im auch für alle anderen vorliegenden Einsprüche geprüft Finanzausschuss im Jahre 2004 gehört hatte, wusste, dass werden. Das Finanzministerium hat die dafür notwendi- es hier eines großen Stoppschildes bedurft hätte. Als wir gen Schritte bereits eingeleitet; es hat reagiert. Sollte in hier im Plenum fast auf den Tag genau heute vor zwei Einzelfällen eine unrechtmäßige Doppelbesteuerung vor- Jahren, am 6. Juni 2019, über unseren Antrag „Renten- liegen, wird die Finanzverwaltung diese ausräumen. besteuerung vereinfachen und Doppelbesteuerung ver- (Zuruf des Abg. Albrecht Glaser [AfD]) meiden“ debattierten, musste ich mir von Ihnen vieles anhören, was nach dem Urteil des Bundesfinanzhofes Doch anders, als viele Angstmacher es hier behaupten: Es einfach nur noch grotesk wirkt. geht nicht um Hundertausende Rentnerinnen und Rentner, liebe Kolleginnen und Kollegen. Der CDU-Kollege Olav Gutting sagte, Die Linke sei unseriös; wenn überhaupt, gäbe es nur Einzelfälle. Heute (Albrecht Glaser [AfD]: Doch!) wissen wir, dass 142 000 Klagen vorliegen. 30040 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Matthias W. Birkwald (A) (Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜND- Und es wird in der Zukunft zu einem großen Problem (C) NIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Urteile?) werden. Genau dieses Problem haben wir Linken Die verehrte SPD-Kollegin Cansel Kiziltepe sagte sehr erkannt, und genau dafür haben wir einen guten Lösungs- laut, die Doppelbesteuerung gäbe es nicht. Und sie sagte vorschlag auf den Tisch gelegt. Der steuerliche sehr leise, man müsse über die Berechnungsmethode dis- Rentenfreibetrag soll nämlich nicht bis 2040, sondern kutieren. viel, viel langsamer, nämlich bis zum Jahr 2070 abge- schmolzen werden. Und diesen Vorschlag, liebe Union (Zuruf des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/ und FDP, findet sogar das arbeitgebernahe Institut der DIE GRÜNEN]) deutschen Wirtschaft gut. Darum sollten Sie, liebe Kolle- Der ansonsten geschätzte grüne Zwischenruferkollege ginnen und Kollegen von Union und SPD und auch alle Markus Kurth outete sich gar als Doppelbesteuerungs- anderen, das Urteil des Bundesfinanzhofes – es ist heute leugner gekommen – mal ganz genau nachlesen. Dort können Sie lesen, was wir Ihnen prophezeit hatten. Dort können Sie (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU) lesen, dass für die vorgelegten sehr alten Fälle noch ein und behauptete faktenwidrig – Zitat –: recht hoher Freibetrag galt, weshalb bisher für die Ver- gangenheit keine Doppelbesteuerung festgestellt werden Generell und im Allgemeinen liegt Doppelbesteue- konnte. rung überhaupt nicht vor. Aber der Bundesfinanzhof stellt erstens fest, dass der (Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Grundfreibetrag der Existenzsicherung dient und darum NEN]: Das ist das Urteil!) auf keinen Fall für die Berechnung herangezogen werden Sie reden hier … über ein nicht existentes Pro- darf. blem … (Zuruf des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/ Union, SPD und Grüne lagen hier rentenpolitisch wieder DIE GRÜNEN]) einmal gemeinsam voll daneben. Zweitens wird es genau deshalb für spätere Rentenjahr- (Beifall bei der LINKEN) gänge eindeutig zu einer Doppelbesteuerung ihrer Renten Und der FDP-Kollege Markus Herbrand sagte gar kommen. Und drittens wird der Rentenfreibetrag viel zu nichts zu unseren Vorschlägen, Rentnerinnen und schnell abgeschmolzen. Rentner vor Doppelbesteuerung zu schützen. Er meinte Meine Damen und Herren, dieses Urteil bestätigt eins nur, man müsse debattieren; da könne etwas dran sein; zu eins, was die Experten seit Langem öffentlich sagen. man müsse prüfen. Lösungsvorschläge damals: keine. (B) Dieses Urteil bestätigt voll und ganz, was Die Linke (D) Und dann haben Sie, Kollege Herbrand, ja selbst zwei schon vor zwei Jahren hier im Bundestag gefordert hat Jahre später einen FDP-Antrag vorgelegt: viele Prüfauf- und darum – träge und nur schwache politische Forderungen darin, darunter auch eine, von der insbesondere wohlhabende arbeitende Rentnerinnen und Rentner profitieren würden. Vizepräsidentin Petra Pau: Dieser Vorschlag von Ihnen nützt beispielsweise den Herr Kollege. Bauarbeitern und den Krankenschwestern, die weder bis 67 oder gar 68 arbeiten können, gar nichts, und das ist Matthias W. Birkwald (DIE LINKE): schlecht. – Frau Präsidentin, mein letzter Satz – fordere ich den (Beifall bei der LINKEN) Bundesfinanzminister Olaf Scholz auf, jetzt mit den Vor- Meine Damen und Herren, Die Linke war und bleibt arbeiten für die Umsetzung des Urteils zu beginnen und die erste und einzige Fraktion, die bereits im Mai 2019 damit nicht bis nach der Bundestagswahl zu warten. klipp und klar gesagt hat: Ja Ich danke Ihnen. (Zuruf des Abg. Sebastian Brehm [CDU/CSU]) (Beifall bei der LINKEN) – und jetzt gut zuhören –, in 40 Jahren wird die nachge- lagerte Besteuerung für die Menschen aufs ganze Leben Vizepräsidentin Petra Pau: betrachtet eine gute Sache sein. Sie werden dann davon Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der profitieren. Aber für heute und die kommenden Jahrzehn- Kollege Dr. Strengmann-Kuhn das Wort. te bis dahin gilt: Das Gesetz von 2005 war wissentlich schlecht gemacht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der LINKEN) Der Bundesfinanzhof hat ja über einen Fall geurteilt Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/ mit einem Rentenfreibetrag aus dem Jahre 2008. Damals DIE GRÜNEN): waren noch 46 Prozent der Rente steuerfrei. Heute sind es Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich neige dazu, zu nur noch 19 Prozent. Auf Deutsch: Das Problem der raten, die Emotionen mal ein bisschen herunterzufahren, Doppelbesteuerung der Renten war in der Vergangenheit (Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE klein, aber es wächst derzeit von Jahr zu Jahr. GRÜNEN]: Ja! – Markus Kurth [BÜND- (Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Nein!) NIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, genau!) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30041

Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (A) lieber . Wir hatten ja schon viele müssen da ganz genau hingucken. Matthias Birkwald hat (C) Debatten zum Thema – teilweise noch ein bisschen emo- es angesprochen: Wir im Finanzausschuss haben die tionaler. Urteile gestern schon bekommen, andere heute. – Das Das Positive an dem Urteil des Bundesfinanzhofes – muss jetzt erst mal ausgewertet werden; denn das ist wenn man etwas Positives daran sehen will – ist, dass es eine komplexe mathematische Materie. Das Finanzminis- ermöglicht, eine Grundlage für eine Versachlichung der terium hat gestern in der Ausschusssitzung gesagt, dass Diskussion zu schaffen. Gestern im Finanzausschuss ha- sie schon angefangen haben, Berechnungen anzustellen, ben wir – bis auf eine Fraktion, die da mit Schaum vor und das ist gut so. Es ist also, wenn ich das zusammen- dem Mund argumentiert hat – das auch geschafft. Das fasse, davon auszugehen, dass wir zu Beginn der nächs- war gestern im Finanzausschuss durchaus eine sehr sach- ten Legislaturperiode eine gute Grundlage für eine sach- liche Geschichte. liche und konstruktive Diskussion darüber haben, wie wir Doppelbesteuerung verhindern können. Deswegen möchte ich mal mit einigen ganz nüchter- nen Feststellungen anfangen. Was uns als Grüne aber zusätzlich wichtig ist, ist, dass wir dann nicht nur das Problem der Doppelbesteuerung Erstens. Der Bundesfinanzhof bestätigt, dass die nach- angehen, sondern auch weitere und aus unserer Sicht gelagerte Besteuerung verfassungsgemäß ist, und alle eigentlich wichtigere Probleme der Rentenbesteuerung. demokratischen Parteien hier finden die nachgelagerte Viele Menschen fragen sich nämlich: Warum muss ich Besteuerung auch richtig, weil sie für die Menschen als Rentnerin oder Rentner überhaupt noch Steuern zah- eine geringere und gerechte Besteuerung bedeutet. Ich len? Dann kommt dieser Steuerbescheid relativ plötzlich. finde das als Vorbemerkung schon mal wichtig. Wir brauchen da unbedingt mehr Transparenz, damit die (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Habe ich Menschen darauf vorbereitet sind. eben auch gesagt! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Zweitens. Alle – alle! – hier im Saal wollen eine Dop- Zudem kommt es vor, weil die Behörden zu langsam pelbesteuerung vermeiden, sind, dass die Leute teilweise sehr lange rückwirkend (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Steuern zahlen müssen. Das ist gerade für Rentnerinnen sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der und Rentner mit kleinen Einkommen häufig eine große SPD und der LINKEN) Belastung. Auch das müssen wir unbedingt verhindern, unter anderem dadurch, dass wir diese Prozesse beschleu- und Unterstellungen, dass das nicht so sei, sind halt nigen. falsch. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- (B) Drittens. Der bisherige Streit, lieber Matthias SES 90/DIE GRÜNEN) (D) Birkwald, drehte sich vor allem um die Frage, was Dop- pelbesteuerung eigentlich ist. Das ist nämlich gar nicht so Schließlich sollten wir versuchen, es hinzukriegen – einfach und hängt von ganz vielen Annahmen ab. Die die Kollegin Tillmann hat das eben schon angedeutet –, Expertinnen und Experten waren sich da letztes Jahr bei dass im Normalfall, insbesondere dann, wenn Rentner- der Anhörung überhaupt nicht einig. Vielmehr gibt es innen und Rentner nur eine Rente beziehen, vielleicht gar sehr, sehr unterschiedliche Sichtweisen, wie man das keine Steuererklärung mehr gemacht werden muss, son- bestimmen kann. Der Bundesfinanzhof hat jetzt eine dern die Steuern direkt von der Rentenversicherung an juristische Grundlage für die Definition einer Doppelbe- das Finanzamt überwiesen werden. Das ist eine kompli- steuerung geschaffen. Das muss nicht allen in allen zierte Materie; aber die Digitalisierung sollte uns dabei Details gefallen, aber das ist zumindest vorläufig zu unterstützen. Das würde den vielen Rentnerinnen und akzeptieren. Rentnern helfen. Viertens. Auf Basis dieser Definition wurden beide Die Rentenbesteuerung muss also transparenter, Klagen vom Bundesfinanzhof abgewiesen. Abgewiesen! schneller und einfacher werden. Wir haben dazu Vor- Es lag also keine Doppelbesteuerung vor. Das bestätigt schläge in einem Antrag vorgelegt, der seinerzeit in der nach unserer Einschätzung, dass Doppelbesteuerung jetzt Anhörung war. Andere Fraktionen haben auch Vorschlä- noch kein Problem ist. ge vorgelegt. Ich bin überzeugt, dass wir in naher Zukunft bezüglich der Rentenbesteuerung gute und nachhaltige Fünftens. Aber es ist gut möglich, dass Doppelbesteue- Lösungen finden, vielleicht sogar in einem breiten Kon- rung nach dieser Definition schon in absehbarer Zeit – sens der demokratischen Parteien; das würde ich mir zu- vielleicht auch früher, als manche, auch ich, das hier im mindest wünschen. Plenum schon gesagt haben – ein Problem werden könn- Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. te. Das gilt es zu verhindern, liebe Kolleginnen und Kol- legen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der SPD) sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD) Vizepräsidentin Petra Pau: Es gibt Handlungsbedarf, aber es gibt keinen übermä- ßigen Zeitdruck. Wir müssen nicht in der nächsten Sit- Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Olav zungswoche schon einen Gesetzentwurf vorlegen. Wir Gutting das Wort. brauchen auch sonst keinen Schnellschuss, sondern wir (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) 30042 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Olav Gutting (CDU/CSU): sichtigt wurden. Hier gibt es für die Zukunft natürlich (C) Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachbesserungsbedarf. Grundfreibetrag, Beiträge zur Zum wiederholten Male in dieser Legislaturperiode spre- Kranken- und Pflegeversicherung, Werbungskosten- chen wir über das Thema „Doppelbesteuerung von und Sonderausgabenpauschbeträge müssen beim steuer- Renten“. Der Titel dieser Aktuellen Stunde lautet: „Urteil freien Rentenbezug unberücksichtigt bleiben, so der des Bundesfinanzhofs ernst nehmen – Doppelbesteue- BFH. Diese Beträge sind überwiegend verfassungsrecht- rung von Renten verhindern“. Beides – also das Urteil lich geboten und für den Gesetzgeber nicht disponibel. ernst nehmen und Doppelbesteuerung verhindern – ist Sie dürfen deswegen nicht noch mal herangezogen wer- für uns eine Selbstverständlichkeit. den, um eine zukünftige doppelte Besteuerung von (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie Renten rechnerisch zu vermeiden. bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit den Vorgaben GRÜNEN – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn des BFH und einer entsprechenden Nachjustierung bei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für uns alle!) der Berechnung der Steuerbelastung werden wir errei- Wir erleben daher heute im Wesentlichen einen Aufguss chen, dass bestehende Unsicherheiten künftiger Rentner- von mehreren Anträgen, die in den letzten Monaten ge- innen und Rentner schwinden und dass das Verständnis stellt wurden. Vor knapp drei Monaten haben wir einen für die nachgelagerte Besteuerung von Rentenbezügen Antrag der FDP zu diesem Thema hier ausführlich debat- wächst. Das sollte doch das gemeinsame Ziel von uns tiert. allen hier im Bundestag sein; denn die nachgelagerte Besteuerung ist für die Bürgerinnen und Bürger in der Was ist inzwischen passiert? Es gab zwei Klagen ge- Regel von Vorteil – das haben wir hier schon mehrfach gen die vermeintliche Doppelbesteuerung vor dem Bun- gehört –: Das Einkommen ist im Rentenalter regelmäßig desfinanzhof, die beide im Mai abgewiesen wurden. Der geringer als im aktiven Erwerbsleben, sodass die BFH hat damit bestätigt, dass aktuell keine Zweifel an der Rentenzahlungen aufgrund der Steuerprogression mit Verfassungsmäßigkeit der Rentenbesteuerung bestehen. einem niedrigeren Steuersatz belastet werden. – Das ist (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Wolfgang richtig, und das ist gut. Deswegen sollten wir nicht immer Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- den Eindruck erwecken, dass die gesamte nachgelagerte NEN]: Genau!) Besteuerung schlecht ist. Damit bestätigt der BFH zunächst unsere Position. Es (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wer gibt also überhaupt keinen Grund, Rentnerinnen und erweckt denn diesen Eindruck? Das hat nie- Rentner zu verunsichern, Ängste zu schüren oder Begehr- mand getan, Herr Gutting!) lichkeiten zu wecken. (B) Sie ist richtig und gut. (D) (Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. (Beifall bei der CDU/CSU) Birkwald [DIE LINKE]: Das macht ja auch niemand!) Im Rahmen einer anstehenden Einkommensteuerre- form müssen und werden wir die Vorsorgeaufwendungen Ich meine – das müssen wir noch mal betonen –, jeder vollständig abziehbar machen und selbstverständlich effekthascherische Umgang mit diesem wichtigen, gene- noch einige weitere Stellschrauben bewegen. Für uns in rationenübergreifenden Thema ist völlig fehl am Platz der Union ist jedenfalls klar: Wir wollen das umsetzen, und schlicht unseriös. und mit uns wird es auch zukünftig keine Doppelbesteue- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- rung geben. Wenn wir uns anstrengen und Sie von der neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) FDP sich anstrengen, dann schaffen wir das in der nächs- Was hat der Bundesfinanzhof mit nüchternen Worten ten Legislaturperiode vielleicht sogar gemeinsam. festgestellt? Sowohl der mit dem Alterseinkünftegesetz (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- eingeleitete Systemwechsel zur nachgelagerten Besteu- ordneten der FDP) erung von Altersbezügen als auch die gesetzlichen Über- gangsregelungen sind im Grundsatz zunächst mal ver- Vizepräsidentin Petra Pau: fassungskonform. Er hat klargestellt, dass es auch im Einzelfall derzeit nicht zu einer doppelten Besteuerung Das Wort hat die Abgeordnete Ulrike Schielke-Ziesing von Renten kommt und kommen darf. Das war und ist für die AfD-Fraktion. selbstverständlich auch unsere Position: Es darf keine (Beifall bei der AfD) Doppelbesteuerung geben! Damit hält der BFH an seiner bisherigen, vom Bundes- Ulrike Schielke-Ziesing (AfD): verfassungsgericht auch schon bestätigten Auffassung Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Werte fest. Es ist auch nichts Neues. Neu ist aber, dass der X. Bürger! Der Bundesfinanzhof hat der Bundesregierung Senat des Bundesfinanzhofs jetzt erstmalig konkrete aktuell ins Stammbuch geschrieben, dass sie die Renten- Berechnungsparameter für die Ermittlung einer etwaigen besteuerung nachbessern muss. Nur so kann eine Doppel- doppelten Besteuerung von Renten in Zukunft festgelegt besteuerung in der Zukunft vermieden werden. hat. Das Urteil vom 19. Mai dieses Jahres kommt spät, aber Betroffen von einer Doppelbesteuerung könnten späte- nicht überraschend. Bereits 17 Jahre zuvor, im Januar re Rentenjahrgänge sein, deren Altersvorsorgeaufwen- 2004, hatte die Rentenversicherung ausdrücklich dungen in der Erwerbsphase nicht ausreichend berück- gewarnt: Der steuerliche Grundfreibetrag kann nicht als Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30043

Ulrike Schielke-Ziesing (A) steuerfreier Rentenbezug gewertet werden. – Das lässt mit 68 heißt für viele, die körperlich arbeiten müssen, (C) sich auch noch nach 17 Jahren auf den 30 Seiten der arbeiten, bis der Arzt kommt, oder eine Rente mit Stellungnahme des Verbandes Deutscher Rentenversi- Abschlägen. cherungsträger zum Alterseinkünftegesetz nachlesen. Trotz klarer Hinweise auf die verfassungsrechtlichen Ich frage mich, was die 2018 eigens für die Weiter- Probleme wurde das Alterseinkünftegesetz damals entwicklung des Rentensystems einberufene Renten- durchgeprügelt. Das ist nicht nur schlechter Stil, sondern kommission eigentlich drei Jahre lang getan hat. Die auch an der Grenze der Rechtsstaatlichkeit. langfristige Entwicklung des Verhältnisses von Renten- ansprüchen und Beitragseinnahmen ist seit Jahrzehnten Allein im Jahr 2019 sind 140 000 Einsprüche zur Ren- bekannt. Was nun droht, ist ein Desaster mit Ansage. Hier tenbesteuerung bei den Finanzämtern eingegangen. Diese mit der steigenden Lebenserwartung zu argumentieren, Einspruchslawine war aber für die Bundesregierung kein ist unredlich. Anlass zum Tätigwerden. Das Aussitzen und die Untä- tigkeit der Bundesregierung haben sich auch hier wie (Beifall bei Abgeordneten der AfD) Mehltau über das Land gelegt. Der zentrale Punkt ist doch, ob jemand noch arbeiten Der Antrag unserer Fraktion zur Abschaffung der kann und wie viele Jahre er schon gearbeitet hat. Es ist Rentendoppelbesteuerung vom 31. Mai 2019 hat den Fin- doch simpel: Wer früh anfängt zu arbeiten, soll auch früh ger in die Wunde gelegt. Das war für die Bundesregie- in Rente gehen können. Es ist schlicht unredlich, von rung jedoch auch kein Grund zum Handeln. Vielmehr schockartigen Finanzierungsproblemen zu reden, um wurde er im Ausschuss im April dieses Jahres unreflek- den Bürgern eine Lebensarbeitszeit von 50 Jahren unter- tiert abgelehnt. Die Koalition wollte die Entscheidung zujubeln. des Bundesfinanzhofes abwarten. Abwarten ist anschei- nend das zentrale Rezept dieser Bundesregierung. Wir als AfD wollen Freiheit beim Renteneintritt und kein starres Renteneintrittsalter. Gerade die, die 45 Jahre Der Bundesfinanzhof hat aktuell in seine Vergleichs- an Beitragszeiten erarbeitet haben, sollen ohne Abschlä- berechnungen auch eine gegebenenfalls zu zahlende Wit- ge in Rente gehen, wann und wo sie wollen. wenrente miteinbezogen. Nur deswegen kommt der Bun- desfinanzhof rechnerisch zu dem Ergebnis, dass die (Beifall bei der AfD) Doppelbesteuerung nicht bereits jetzt vorliegt. Ob und Das Fazit von 16 Jahren Regierung Merkel für die wie eine mögliche Witwenrente in Vergleichsberechnun- gesetzliche Rente: ein gigantisches Demografieproblem gen einbezogen wird, erscheint uns zumindest diskus- ohne Lösungsansatz. Dafür sind die versicherungsfrem- sionswürdig. Nicht jeder Rentner hat einen Ehepartner. (B) den Leistungen in den 16 Jahren Merkel durch Wahlge- (D) Es muss jetzt jedenfalls eine schnelle gesetzliche neue schenke drastisch angestiegen. Die ungedeckten Defizite Regelung her, die dann auch nachvollziehbar und bei den versicherungsfremden Leistungen liegen bei belastbar ist. Andernfalls werden die Rentner weiter ver- 35 Milliarden Euro, Jahr für Jahr. Wir haben also bei unsichert, der gesetzlichen Rente einen größeren Reformstau zulas- ten der künftigen Generation. (Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU) Schauen wir auf die Gesamtbilanz der Regierung Merkel zur Altersvorsorge, dann wird es noch schlimmer. und es wird weiter Abertausende von Einspruchsverfah- Die Riester-Rente ist kurz davor, eingestampft zu wer- ren und Klagen geben. Das Vertrauen der Rentner sollte den. Die Betriebsrenten und Lebensversicherungen nicht weiter strapaziert werden. kämpfen mit den Dauernullzinsen. Und die Rentner be- Das Rezept des untätigen Abwartens haben wir nicht kommen für ihre Ersparnisse bei der Sparkasse nicht nur nur bei der Rentendoppelbesteuerung. Wir haben es auch keine Zinsen, sondern müssen sich sogar auf Negativzin- bei einem Problem, das leider noch viel größer ist als die sen einstellen. Zweifachbesteuerung von Renten. Wir haben in den Unser Land ist stark und hält viel aus. Aber 16 Jahre nächsten Jahren ein Demografieproblem bei der gesetzli- Reformstau bei der gesetzlichen Rente und 16 Jahre fal- chen Rente. Die Regierung hat sich zwar bislang irgend- sche Weichenstellungen bei der Wirtschafts- und Sozial- wie durchgehangelt; aber wenn die geburtenreichen Jahr- und Europapolitik wiegen schwer. Wir müssen im Sep- gänge aus den 60ern in Rente gehen, dann wird es bei der tember den Schalter umlegen und dann gemeinsam los- Rente richtig eng. Das ist alles nicht überraschend; denn legen mit den Reformen in allen Bereichen – für ein die Bevölkerungsentwicklung ist seit Jahrzehnten Deutschland mit Zukunft. bekannt. Uns fehlen hier schlichtweg die Kinder als neue Beitragszahler in der Rentenversicherung. Vielen Dank. (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Kinder (Beifall bei der AfD) zahlen keine Rentenbeiträge! Kinder sollen zur Schule gehen! Seit wann zahlen Kinder Beiträ- ge?) Vizepräsidentin Petra Pau: Für die SPD-Fraktion hat nun Dr. Wiebke Esdar das Das aktuelle Konzept des Beirates der Bundesregie- Wort. rung sieht eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit vor. Das Rezept des Beirates ist die Rente mit 68. Die Rente (Beifall bei der SPD) 30044 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Dr. Wiebke Esdar (SPD): jetzt Rechtssicherheit für Rentnerinnen und Rentner, für (C) Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und auch für die Ver- aktuellen Entscheidungen des Bundesfinanzhofs zur waltung. Rentenbesteuerung begrüßen wir. Sie enthalten nämlich für diejenigen, die sich Sorgen gemacht haben, dass ihre Wir sehen diesen Handlungsbedarf, aber wir sagen Rente doppelt besteuert wird, wichtige und gleichzeitig auch ganz klar: Gründlichkeit geht vor Schnellschuss. gute Nachrichten. Die Vorrednerinnen und Vorredner ha- Darum ist es richtig, dass wir zunächst erst sicherstellen, ben es gesagt: in welchen Fällen es mit der neuen Berechnungsmethode zu einer Doppelbesteuerung kommen kann. Das Finanz- Erstens. Der Bundesfinanzhof hat festgestellt, dass das ministerium hat ja auch bereits angekündigt, ein BMF- aktuelle System der nachgelagerten Rentenbesteuerung Schreiben zur zeitnahen Überprüfung vorzulegen, aus verfassungsgemäß ist, und er hat die Klagen abgewiesen. dem hervorgehen wird, welche Doppelbesteuerung es Zweitens führt die Übergangsphase, in der wir uns theoretisch gegeben haben könnte und ob es unter den gerade befinden, bis dato nicht zu einer generellen Dop- 140 000 Einspruchsfällen solche Fälle gegeben hat. pelbesteuerung der Renten. Für die Zukunft brauchen wir dann gesetzliche Maß- Drittens. Allerdings könnte sich – auch das hat der nahmen. Auch dafür hat Olaf Scholz als Finanzminister BFH festgestellt – für zukünftige Rentenjahrgänge eine angekündigt, dass wir direkt zu Beginn der nächsten Zuvielbesteuerung ergeben, wenn die geltende Gesetzes- Legislaturperiode eine Steuerreform vorlegen werden, lage nicht geändert wird. Für uns ist das ganz klar Hand- die nicht nur untere und mittlere Einkommen besserstellt, lungsauftrag, denn – zumindest da sind sich noch alle sondern auch gleichzeitig die Doppelbesteuerung von Fraktionen im Bundestag einig – eine Doppelbesteuerung Renten in der Zukunft ausschließt. Das ist in meinen von Renten in der Zukunft will niemand. Augen, in unseren Augen der richtige Weg, weil wir als SPD für Respekt und Wertschätzung der Arbeit stehen (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Sepp und weil wir für Steuergerechtigkeit und die daraus Müller [CDU/CSU]) geschaffene Vorsorge bis ins hohe Alter Sicherheit geben Was ist also zu tun? Wenn wir uns diese Frage stellen, wollen. dann lohnt erst mal ein Blick zurück. Seit 2005 bauen wir das System der vorgelagerten Besteuerung ab, um zur Meine Damen und Herren, in dieser Legislatur ist das nachgelagerten Besteuerung zu kommen. Auslöser war voraussichtlich meine letzte Rede. Darum ist es mir jetzt damals ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, dass beim Abschluss noch ein Anliegen, all denjenigen an die bis dahin geltende vorgelagerte Besteuerung verfas- dieser Stelle zu danken, die überhaupt erst möglich ma- chen, dass wir als Abgeordnete unser Mandat so ausüben, (B) sungswidrig ist. Wir befinden uns momentan eben in (D) dieser Übergangsphase, in der der Teil des Einkommens, wie wir es ausüben, denjenigen, die jede Woche im Hin- der vorgelagert besteuert wird, abschmilzt und der, der tergrund für uns Termine koordinieren, die telefonieren, nachgelagert besteuert wird, ansteigt. 2040 haben wir die recherchieren und vieles mehr. Für mein Team sind dann den Übergang erreicht, und die Pensionen von das Freddy, Pat, Marieke, Lukas, Silke, Anna, Aljoscha Beamten und die Renten sind gleichgestellt: Es gibt bei und Evin. Ich möchte euch Danke sagen, denn für mich beiden die nachgelagerte Besteuerung. ist nach dieser ersten Legislatur klar: Wir sind als Abge- ordnete immer nur so gut wie das Team, das hinter uns Aus dieser Rentenreform hat sich ergeben, dass im steht. Laufe der Jahre Sorgen und Klagen aufgekommen sind, da für bestimmte Fälle befürchtet wurde, es könnte zu Danke schön. einer doppelten Besteuerung kommen, also dass sowohl (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten die Rentenauszahlung besteuert wird als auch schon das der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und des Einkommen während der Erwerbstätigkeit besteuert wor- BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) den ist, aus dem die Einzahlungen geleistet wurden. Aber der Bundesfinanzhof hat nun auch festgestellt, dass es keine generelle doppelte Besteuerung gibt. Es ist auch Vizepräsidentin Petra Pau: bisher kein Fall bekannt, in dem es nachweislich dazu Für die FDP-Fraktion hat nun Johannes Vogel das gekommen ist. Wort. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- (Beifall bei der FDP) SES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]) Johannes Vogel (Olpe) (FDP): Wir wollen das aber regeln, sodass es auch in der Zu- Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! kunft keine Fälle geben wird. Wir haben jetzt nach dem Wie schön, Sie alle zu sehen, und wie schön, dass wir Wechsel des Vorsitzes des Senats beim BFH – das haben über ein wichtiges Thema hier reden können! Es ist, ehr- die Vorredner eben bei ihren Vorwürfen wohl nicht auf lich gesagt, ein Thema, das leider deutlich macht, was dem Schirm gehabt – erstmals richtig klare Berechnungs- offensichtlich das Motto der Rentenpolitik dieser Koali- methoden festgelegt. Anders als bisher dürfen wir den tion ist. Das Motto ist offenbar: Wir stehlen uns aus der Grundfreibetrag, den Werbungskostenpauschbetrag und Verantwortung. die Steuerfreistellung von Kranken- und Pflegeversiche- rungsbeiträgen nicht in die Berechnung des steuerfreien (Beifall bei der FDP – Lothar Binding [Heidel- Rentenanteils einbeziehen. Darum schaffen die Urteile berg] [SPD]: Sie wollten aber nicht regieren!) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30045

Johannes Vogel (Olpe) (A) Sie haben sich aus der Verantwortung gestohlen, das Genauso unverantwortlich finde ich aber – das sage ich (C) Problem mit der Doppelbesteuerung rechtzeitig zu lösen. ganz bewusst; ich benutze das Wort auch bewusst –, wie Denn halten wir noch mal fest, was der Bundesfinanzhof Sie damit umgegangen sind. Ich zitiere aus dem Gutach- gesagt hat. Er hat gesagt: In den nächsten Jahren wird es ten des Wissenschaftlichen Beirats: sicher zu Doppelbesteuerungstatbeständen kommen. Die rentenpolitischen Maßnahmen der letzten Jahre (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ja, haben ein Dilemma geschaffen. … Auswege aus genau!) diesem Dilemma müssen … gefunden werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Stand heute delegieren Das heißt, Sie haben dieses Dilemma selber aktiv herbei- Sie diese Verantwortung an die Bürgerinnen und Bürger. geführt. Und was sagt der Bundesfinanzminister, wo wir Die sollen dann irgendwann künftig nachweisen, dass es uns doch eigentlich darüber einig sein müssten, auf die individuelle Doppelbesteuerung gegeben hat. Wie stellen Wissenschaft zu hören – „listen to the science“ –, und Sie sich das denn vor? Sollen die ihr ganzes Erwerbsleben zwar beim Klima, bei Corona, aber eben auch bei der ihre Steuerbescheide aufbewahren? Was ist das denn für Rente! Der Bundesfinanzminister sagt allen Ernstes, da ein Aktensammlungs-, Antidigitalisierungsprogramm! hätten die Experten offenbar „falsch gerechnet“; er freue Es ist vor allem eine Frechheit, weil es die Aufgabe der sich auf die Diskussion mit „echten Experten“. Das finde Koalition und der Bundesregierung wäre, das im Interes- ich wirklich bemerkenswert. se der Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, diejenigen, die in (Beifall bei der FDP) diesem Wissenschaftlichen Beirat dieser Ihrer Bundesre- Dieses Stehlen aus der Verantwortung erleben wir auch gierung sitzen, sind übrigens Wissenschaftler, die in einem zweiten Bereich, nämlich bei der Doppelverbei- Hubertus Heil selber in seine Rentenkommission berufen tragung. hat. Und wenn diese unzweifelhaft kompetenten Exper- ten dann ein solches Gutachten vorlegen, was machen (Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜND- Sie? Der Bundesfinanzminister Olaf Scholz lässt sich NIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind zwei ganz mit waschechter Wissenschaftsfeindlichkeit zitieren. unterschiedliche Geschichten!) (Zurufe von der SPD: Oh!) Auch heute gibt es immer noch die Konstellation, dass es Bürgerinnen und Bürger gibt, die doppelt Krankenver- Liebe Kolleginnen und Kollegen, solche Methoden ken- sicherungsbeiträge auf bestimmte Konstellationen von nen wir sonst von anderen. Das sind – man muss es so betrieblicher und privater Vorsorge zahlen müssen. hart sagen – Methoden von Populisten. Das finde ich Auch da stehen Sie auf dem Standpunkt: Ja, das ist unverantwortlich. (B) (D) doch deren Verantwortung, dass sie genau das gemacht (Beifall bei der FDP – Matthias W. Birkwald haben, wozu die Politik sie vor vielen Jahren aufgefordert [DIE LINKE]: Du hast so gut angefangen! Jetzt hat. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, wird es schlecht!) das geht so nicht. – Ja, es ist aber die Wahrheit, lieber Kollege Matthias (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Matthias Birkwald. – Sie wirken wie jemand, der aktiv keine stabi- W. Birkwald [DIE LINKE] – Sebastian Brehm len Fundamente gebaut hat und dann auf die Geologen [CDU/CSU]: Oje!) schimpft, wenn die vor einem bevorstehenden Erdbeben – Ungewohnter Applaus von der linken Seite, lieber warnen. Das ist doch keine zukunftsgerechte Politik, lie- Matthias Birkwald. Ich freue mich, dass ich das auch be Kolleginnen und Kollegen von der SPD. mal erleben darf. Viel besser sieht es allerdings bei den Kolleginnen und (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ja, das Kollegen von der Union nicht aus; denn Sie haben diese muss auch mal sein! Selten genug!) Politik ja mit zu verantworten. Das ist der Wissenschaft- liche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums. Wo war Aber man kann, finde ich, in dieser Woche nicht über eigentlich der sogenannte Wirtschaftsflügel der Union in Rentenpolitik und über Olaf Scholz, also den Bundesfi- den letzten Jahren bei dieser Rentenpolitik? Sie haben nanzminister, reden, ohne kurz auch darüber zu reden, an immer zugestimmt. welcher anderen Stelle Sie sich offenbar noch aus der Verantwortung stehlen wollen. Denn wir haben etwas Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, sehr Interessantes erlebt: Der Wissenschaftliche Beirat dieser Pfeil schießt auch auf Sie; denn Sie wollen am des Bundeswirtschaftsministeriums hat diese Woche kommenden Wochenende beschließen, genau diese schwarz auf weiß noch einmal etwas bestätigt, was jeder, unverantwortliche Rentenpolitik in den nächsten Jahren der sich in diesem Haus mit Rentenpolitik und Finanz- fortzusetzen. Das ist unverantwortlich, liebe Kolleginnen politik beschäftigt, eigentlich – leider – weiß, was aber und Kollegen! offensichtlich in der öffentlichen Debatte mitunter unter- (Beifall bei der FDP) geht: Sie haben in der Koalition in den letzten Jahren nicht nur unser Rentensystem nicht auf die kommenden Um das noch mal ganz klar für die Freien Demokraten Jahre vorbereitet, sondern Sie haben sogar aktiv die fi- zu sagen: Wir halten eine Erhöhung des Renteneintritts- nanziellen Fundamente untergraben. Das ist unverant- alters für falsch. wortlich, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: (Beifall bei der FDP) Aha!) 30046 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Johannes Vogel (Olpe) (A) Es sollen nicht alle länger arbeiten. Wir brauchen endlich Renten hat das dazu geführt, dass es zu überhaupt keiner (C) einen flexiblen Renteneintritt; die Skandinavier machen Versteuerung gekommen ist; die Pensionen sind jedoch es uns vor. Aber wenn man nicht will, dass alle länger voll versteuert worden. Deswegen hat damals das Bun- arbeiten müssen, wenn man nicht will, dass der Beitrags- desverfassungsgericht gesagt, man solle das angleichen satz explodiert, und eine nachgelagerte Besteuerung vornehmen. Das (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Was Prinzip der nachgelagerten Besteuerung besagt, dass heißt denn „explodieren“? Erklär das doch eben bei Auszahlung besteuert wird und die eingezahlten mal!) Rentenbeiträge sukzessive bzw. dann in der Stufe ab 2040 vollständig von der Steuer abgezogen werden können – wenn man nicht will, dass die Steuerzuschüsse explodie- übrigens ein großer Vorteil im System ab 2040. ren, dann muss man die Rente reformieren. Wir haben dafür ein Konzept vorgelegt; es nennt sich gesetzliche Dieser Systemwechsel ist dann in 2005 vorgenommen Aktienrente. worden. Die klare Vorgabe war – das bleibt übrigens auch hier die ganz klare Vorgabe; das ist ja immer wieder (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Um betont worden –: Es darf zu keiner Doppelbesteuerung Gottes willen!) von Renten kommen. – Damals hat die rot-grüne Regie- Ich bin gespannt, was von Ihnen kommt und worüber wir rung das umgesetzt. In der Tat hat man es berechnet, hat in den nächsten Monaten im Wahlkampf noch diskutieren aber – das ist natürlich eine sehr komplexe Materie – auch werden. damals schon gesagt, man wolle keine Doppelbesteue- rung. Nun ist aber das Urteil des Bundesfinanzhofs ergan- Vielen Dank für die Aufmerksamkeit, liebe Kollegin- gen. Der X. Senat des Bundesfinanzhofs hat zum ersten nen und Kollegen. Mal eine völlig klare Systematik vorgelegt. Übrigens: In (Beifall bei der FDP – Matthias W. Birkwald der Anhörung wurde ja schon berichtet, es habe über- [DIE LINKE]: Du hattest so schön angefangen! haupt keine klare Systematik gegeben; der eine Fach- Manchmal geht es dann abwärts!) mann hat es so gesagt, der andere Fachmann hat es so gesagt. Deswegen ist es gut und richtig, dass der Bundes- Vizepräsidentin Petra Pau: finanzhof jetzt klare, konkrete Berechnungsparameter vorlegt, die verdeutlichen, wann eine Doppelbesteuerung Das Wort hat der Kollege Sebastian Brehm für die von Renten vorliegt. CDU/CSU-Fraktion. Ganz ehrlich – da schaue ich Sie, Herr Glaser, oder (Beifall des Abg. Paul Lehrieder [CDU/CSU]) auch Matthias Birkwald von den Linken an –: Es ärgert mich wirklich. Ich weiß nicht, ob Sie das Urteil gelesen (B) Sebastian Brehm (CDU/CSU): haben, aber ich empfehle, es mal nachzulesen; denn da (D) Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und steht nämlich ganz genau drin, dass es bislang zu keiner Kollegen! Herr Kollege Vogel, wenn Sie der Koalition Doppelbesteuerung gekommen ist. vorwerfen, sich in dieser Legislatur aus der Verantwor- tung gestohlen zu haben, (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE (Zuruf der Abg. Dr. Wiebke Esdar [SPD]) GRÜNEN – Matthias W. Birkwald [DIE LIN- kann ich nur sagen: Ich weiß noch, wer sich am Anfang KE]: Das habe ich in meiner Rede gesagt!) der Legislaturperiode komplett aus der Verantwortung Sie sagen genau das Gegenteil. gestohlen hat. (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nein! (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie Sie haben nicht zugehört! Sie können meine bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE Rede nachlesen! Steht im Protokoll!) GRÜNEN) Sie verunsichern damit – das ist aber Ihre Masche – die Das war die FDP, die nämlich keine Lust hatte, zu regie- Rentnerinnen und Rentner und wollen mit Blick auf die ren, oder Angst vor der Verantwortung hatte. Sie hätten bevorstehende Bundestagswahl einen Nährboden schaf- all das umsetzen können, was Sie jetzt fordern; fen. (Otto Fricke [FDP]: Eben nicht! – Weitere (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das ist Zurufe von der FDP) doch falsch!) aber Sie haben am Anfang der Legislaturperiode be- Ich kann Ihnen bloß sagen: Das wird nicht gelingen, weil schlossen, nicht mitzumachen, sondern in die Opposition sich seriöse Politik immer bei Wahlen durchsetzen wird, zu gehen. liebe Kolleginnen und Kollegen. (Widerspruch bei der FDP) (Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. – Wenn einem das so vorgeworfen wird, muss man das Birkwald [DIE LINKE]: Ihre Politik ist nicht wirklich noch mal sagen. seriös, was die Doppelbesteuerung angeht! Seit Worum geht es im Kern in dieser Diskussion? Es geht 17 Jahren nicht!) in dieser Diskussion darum, dass das Bundesverfassungs- Warum führen wir überhaupt diese Diskussion? Wir gericht 2002 einen Übergang zur nachgelagerten Renten- haben eine Übergangsphase. Jeder, der Anfang 2005 in besteuerung angestoßen hat. Bis dahin war immer nur der Rente gegangen ist oder schon in Rente war, hat 50 Pro- Ertragsanteil der Rente zu versteuern. Bei normalen zent seiner Renteneinkünfte der Besteuerung zu unter- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30047

Sebastian Brehm (A) werfen; das bleibt übrigens ein Leben lang so. Wenn einer mittel, die Beiträge flankieren, um die Rente zu finanzie- (C) 2006 in Rente gegangen ist, sind es 52 Prozent. So geht es ren, sind nicht zuletzt ein bewusstes sozialpolitisches immer um zwei Prozentpunkte weiter. Gleichzeitig ist die Instrument, um gesellschaftliche Verantwortung auf die steuerliche Abziehbarkeit der in die Rentenversicherung Schultern aller zu verteilen. eingezahlten Beiträge immer mehr ansetzbar. Deswegen kann und wird es so sein – das war auch die Intention des (Beifall bei der SPD – Matthias W. Birkwald Bundesfinanzhofs –, dass es in dieser Übergangszeit zwi- [DIE LINKE]: Richtig! Seit 1957!) schen 2005 und 2040 zu Doppelbesteuerungen kommt. Was die Menschen aber in diesen Tagen beim Thema (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Was ist Rente insbesondere umtreibt, ist der Vorschlag, das Ren- das jetzt anderes, als was ich vorhin an diesem teneintrittsalter auf 68 zu erhöhen. Dieser Vorschlag Redepult gesagt habe?) kommt – wir haben es schon gehört – vom Wissenschaft- Deswegen muss man die Anpassungen vornehmen, lichen Beirat beim Wirtschaftsministerium. Und der wie- wahrscheinlich auch relativ schnell. derholt gebetsmühlenartig: Wir leben länger, also müssen wir auch länger arbeiten; anders ist die gesetzliche Rente (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Aha!) auf Dauer nicht zu finanzieren. – Diese Logik ist ebenso Frau Kollegin Tillmann hat es gesagt: Es gibt zwei Mög- schlicht wie falsch. lichkeiten bzw. eine gemischte Form: entweder mehr Bei- träge sofort steuerlich geltend zu machen oder eine spä- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten tere hundertprozentige Besteuerung der Renteneinkünfte der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE vorzunehmen oder ein Mix aus beiden Maßnahmen. Das GRÜNEN) werden wir tun. In dieser Legislaturperiode – davon gehe Lebenserwartung hat nicht zuletzt etwas mit dem sozia- ich aus – wird es leider nichts mehr. Der Finanzminister len Status zu tun, mit Lebensumständen und Arbeits- wäre aber gut beraten, hier mit einem Vorschlag schon marktchancen. Männer in München – ich habe es an mal Rechtsklarheit zu schaffen. Aber letztlich werden wir dieser Stelle schon mal gesagt – leben sechs Jahre länger das dann in der neuen Wahlperiode – mit welchen Mehr- als Männer in Bremerhaven. Dafür gibt es Gründe. Und heiten auch immer – beschließen. Und dann ist es natür- was ist mit denen, die es jetzt schon nicht bis zur Rente lich so, dass jede Fraktion die Verantwortung, die sie schaffen? Was ist mit denen, die körperlich belastende einfordert, auch wahrnehmen kann. Dann können wir Tätigkeiten ausüben und durch vorzeitigen Rentenbezug auch diese Geschichte miteinander besprechen und wei- massive Abschläge in Kauf nehmen müssen, beim Arbei- terhin dafür sorgen, dass es zu keiner Doppelbesteuerung ten bis 68 in Zukunft noch mehr? Nichts dazu im Papier von Renten kommt, so wie es derzeit ist. des Wissenschaftlichen Beirats! Entweder kommen diese (B) (D) Herzlichen Dank. Menschen in der Welt eines Wissenschaftlichen Beirats (Beifall bei der CDU/CSU) nicht vor – sie sind ihm schlicht egal –, oder er hat keine Antwort auf diese Fragen. Vizepräsidentin Petra Pau: Wir lehnen eine weitere Erhöhung des Renteneintritts- Der Kollege Ralf Kapschack hat für die SPD-Fraktion alters ab. das Wort. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten (Beifall bei der SPD) der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wir auch!) Ralf Kapschack (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Wer will und kann, kann schon heute länger arbeiten. Grunde genommen ist die Sache ganz einfach: Der Bun- Dafür haben wir mit dem Flexirentengesetz gesorgt. desfinanzhof hat die Bundesregierung aufgefordert, (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das sicherzustellen, dass auch in Zukunft keine doppelte Be- weiß Herr Börsch-Supan nicht!) steuerung von Renten stattfindet. Der Bundesfinanzmi- nister hat gesagt: Ich lege dazu Vorschläge vor. – Was Zugegeben, da ist noch Luft nach oben. Längeres Arbei- auch sonst? Im Grunde genommen ist damit die Ge- ten soll durch bessere Arbeitsbedingungen und Arbeits- schichte erzählt. zeitmodelle attraktiver werden – freiwillig und nicht als (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten starre Hürde oder Grenze, die Tausende nicht schaffen. der CDU/CSU und des Abg. Markus Kurth Für die Finanzierung der Rente ist wichtig, dass viele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Beitragszahler den Rentnern gegenüberstehen. Das kann Aber wer sich so kurz vor der Bundestagswahl, in der in der Tat die Politik beeinflussen, zum Beispiel durch vorletzten Sitzungswoche, mit dem Thema Rente be- eine bessere Erwerbsbeteiligung von Frauen durch die schäftigt, der redet sicherlich nicht nur über die Besteu- Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. erung von Renten, so wichtig das auch sein mag. Der Eine gute Arbeitsmarktpolitik bleibt die beste Vorausset- Kollege Vogel hat das ja eben auch deutlich gemacht. zung für eine gute Rente. Das zeigen übrigens auch die Die Stichworte „Steuern“ und „Rente“ fallen ja auch oft Prognosen der vergangenen Jahrzehnte, die deutlich we- beim Bundeszuschuss zur Rente. Er wird gerne als niger Beschäftigte und deutlich höhere Beiträge prognos- Beweis dafür angeführt, dass die Rente auf finanziell tiziert haben. Aber wir wissen, dass das Dumme an Prog- schwachen Füßen steht. Das ist völliger Unsinn. Steuer- nosen ist: Sie beziehen sich auf die Zukunft. 30048 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Ralf Kapschack (A) Es ist eben kein Konflikt zwischen Jung und Alt, wenn – Da kann man von rechts und links und von der liberalen (C) wir die gesetzliche Rente auch durch höhere Beiträge Seite reinschreien, wie man will – es bringt nichts. Es gibt stärken. Im Gegenteil: Niedrigere Leistungen oder ein keine nachgelagerte Besteuerung in diesen Fällen. Das ist längeres Arbeitsleben würden vor allem die Jüngeren mal klar festzuhalten. treffen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE Die nachgelagerte Besteuerung, meine sehr geehrten GRÜNEN) Damen und Herren, ist gerechter. Ich würde mir wünschen, alle, die Arbeiten bis 68 und (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Da ver- länger fordern, würden mit dem gleichen Engagement wechseln Sie jetzt nachgelagerte Besteuerung eine deutlich höhere Tarifbindung und damit gute Löhne mit Doppelbesteuerung!) als Basis für eine auskömmliche Rente fordern. Warum ist sie gerechter? Weil wir als junge Generation (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten im Erwerbsleben einen höheren Steuersatz haben und der LINKEN) deswegen natürlich auch die Rentenbeiträge mit einem Leider Fehlanzeige! höheren Steuersatz steuerlich geltend machen können und im Rentenleben ein geringeres Einkommen und Die gesetzliche Rente steht vor Herausforderungen – somit auch einen geringeren Einkommensteuersatz haben überhaupt keine Frage –, gerade durch die geburtenstar- und somit auch geringere Steuersätze darauf zahlen. Das ken Jahrgänge, die in den nächsten Jahren in Rente gehen. heißt, wir haben ein verfassungsgemäßes System, wir Wer aber Katastrophenbilder an die Wand malt wie ein haben ein gerechtes System, und wir haben ein ordentli- gewisser Herr Börsch-Supan, ches staatliches System, und das lassen wir uns als Union (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Tja!) auch nicht kaputtreden, meine sehr geehrten Damen und Herren. der bekommt sicherlich kurzfristig Aufmerksamkeit und vielleicht auch Beifall; das Vertrauen in Staat und Politik (Beifall bei der CDU/CSU) geht aber dabei baden. Wenn ich jetzt von rechts außen höre, wir als Große (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wohl Koalition hätten Wahlgeschenke gemacht, dann frage ich wahr!) Sie allen Ernstes: Bezeichnen Sie die Mütterrente als Deshalb: Für uns ist die Stärkung der gesetzlichen Wahlgeschenk? Bezeichnen Sie die Rente mit 63 als Rente durch eine Erwerbstätigenversicherung, in die Wahlgeschenk, durch die Maurer oder auch Friseure, (B) alle einzahlen, durch eine gute Arbeitsmarktpolitik und die 45 Jahre lang gearbeitet haben, mit Vollendung des (D) durch garantierte staatliche Zuschüsse die beste Investi- 63. Lebensjahres in Rente gehen können? Dass Sie von tion in den Sozialstaat, eine gute Investition in den rechts außen das als Wahlgeschenk bezeichnen, das Zusammenhalt unserer Gesellschaft. demaskiert Sie in jeder sozialpolitischen Debatte, und ich sage: Schämen Sie sich! Vielen Dank. – Das war meine letzte Rede in diesem Haus. Ich bedanke mich für die Zusammenarbeit. Alles (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der Gute! SPD und der LINKEN – Karsten Hilse [AfD]: (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, Oh, oh, oh!) der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE Und wenn wir uns über die Grundrente unterhalten, GRÜNEN – Matthias W. Birkwald [DIE LIN- dann sage ich Ihnen auch was: Das ist kein Wahlge- KE]: War eine gute Rede!) schenk. Als es zur Wiedervereinigung kam – ich komme aus den neuen Bundesländern, und Sie, mein Vorredner Vizepräsidentin Petra Pau: von der Linken, waren ja bei angestellt und Alles Gute auf dem weiteren Weg! – Das Wort hat der waren auch in der DKP, von daher haben Sie ja gut Kollege Sepp Müller für die CDU/CSU-Fraktion. gelernt –, was war denn damals nach 1990? Da sind die (Beifall bei der CDU/CSU) Frauen als Friseure für 3,30 Mark Stundenlohn sechs Stunden lang knechten gegangen, und jetzt stellen sie sich im Sozialamt an. Das ist kein Wahlgeschenk; es ist Sepp Müller (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und richtig, dass wir die Grundrente eingeführt haben. Wir Herren! Die Aktuelle Stunde wurde von den Freien sind die Partei der Wiedervereinigung. Wir erkennen Demokraten beantragt, weil ein Gerichtsurteil vorliegt. die Leistung der Menschen gerade in den neuen Bundes- In dem Gerichtsurteil wird festgestellt, dass es in dem ländern an, meine sehr geehrten Damen und Herren. zugrundeliegenden Fall keine nachgelagerte Besteuerung (Beifall bei der CDU/CSU) von Renten gibt. In diesem Fall ist klar festgestellt wor- den: Jetzt muss man auch mal ein Wort zur FDP sagen. (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Zwei Wenn ich höre, dass das staatliche System nicht funk- Fälle! Es waren zwei Fälle!) tionieren soll, dann geht mir die Hutschnur hoch. Wir hatten seit 2015 eine Rentensteigerung von 15 Prozent Die nachgelagerte Besteuerung ist verfassungsgemäß. in den alten Bundesländern und 23 Prozent in den neuen (Albrecht Glaser [AfD]: In dem Fall!) Bundesländern. Das staatliche System der gesetzlichen Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30049

Sepp Müller (A) Rentenversicherung funktioniert, und wir als Union ha- tokoll: Ich bin aus der DKP ausgetreten, da (C) ben es gemeinsam mit den Sozialdemokraten auf solide waren Sie gerade mal anderthalb Jahre alt! Füße gestellt. Nur so nebenbei bemerkt!) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- ordneten der SPD) Vizepräsidentin Petra Pau: Die Aktuelle Stunde ist beendet. Lieber Kollege Vogel, wenn Sie eine Aktienrente ein- Ich rufe die Tagesordnungspunkte 37 a bis 37 g auf: führen wollen, dann sagen Sie doch, wer das bezahlen soll. Sie fordern in Ihrem Vorschlag: 2 Prozent des Bei- a) Zweite und dritte Beratung des von der Bun- tragssatzes sollen in Aktien angelegt werden. – Darüber desregierung eingebrachten Entwurfs eines kann man sich gerne unterhalten. Aber Sie vergessen den Siebzehnten Gesetzes zur Änderung des Nebensatz, dass dadurch der gesetzlichen Rentenversi- Atomgesetzes (Siebzehntes AtG-Ände- cherung 10 Prozent an Einnahmen fehlen. rungsG) (Zuruf von der FDP: Nein!) Drucksache 19/27659 Und wo diese Einnahmen herkommen sollen, das sagen Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- Sie gar nicht. Dann sagen Sie doch den Menschen, dass schusses für Umwelt, Naturschutz und nuk- wir mehr Geld in das Rentenversicherungssystem zahlen leare Sicherheit (16. Ausschuss) müssten. Drucksache 19/30488 (Zuruf von der FDP: Stimmt doch gar nicht!) b) – Zweite und dritte Beratung des von der Wir zahlen jetzt schon jedes Jahr 100 Milliarden Euro, ein Bundesregierung eingebrachten Entwurfs Drittel des Bundeshaushaltes, in die gesetzliche Renten- eines Achtzehnten Gesetzes zur Ände- versicherung, weil das Versprechen von Norbert Blüm rung des Atomgesetzes (18. AtGÄndG) steht: Die Renten sind sicher. – Dafür stehen wir als Drucksachen 19/28682, 19/29587 Union, meine Damen und Herren. Beschlussempfehlung und Bericht des (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ausschusses für Umwelt, Naturschutz Lachen bei Abgeordneten der AfD) und nukleare Sicherheit (16. Ausschuss) – Da können Sie von rechts außen sicherlich in Gelächter Drucksache 19/30045 verfallen, weil es Ihnen nicht passt, die Fakten einfach – Bericht des Haushaltsausschusses (8. Aus- mal vor Augen geführt zu bekommen. schuss) gemäß § 96 der Geschäftsordnung (B) Wir haben ein Urteil. Dieses Urteil ist glasklar. Und (D) Drucksache 19/30349 dieses Urteil – jawohl! – hat uns Hausaufgaben aufge- geben. Die Hausaufgaben müssen wir uns anschauen. c) Zweite und dritte Beratung des von den Ab- Es geht um den Grundfreibetrag, es geht um die zukünftig geordneten Dr. Rainer Kraft, Karsten Hilse, eventuell eintretende Doppelbesteuerung. Das muss man Marc Bernhard, weiteren Abgeordneten und sich ganz genau anschauen; das werden wir auch tun. der Fraktion der AfD eingebrachten Ent- wurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Aber eines ist auch klar: Wir als Union gehen den Weg Atomgesetzes der Mitte. Wir werden weiterhin an einer staatlichen ge- setzlichen Rentenversicherung festhalten. Wir werden Drucksache 19/27773 diese nicht schlechtreden, wir werden sie weiterhin gut Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- ausstatten. Wir werden die private geförderte und die schusses für Umwelt, Naturschutz und nuk- betriebliche Altersvorsorge weiter stärken. Da hätten leare Sicherheit (16. Ausschuss) wir uns ein bisschen mehr Unterstützung durch den Koa- Drucksache 19/30045 litionspartner gewünscht; vielleicht ist das beim nächsten Mal anders. d) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Natur- Ganz klar ist auch: Wir appellieren an die jüngere schutz und nukleare Sicherheit (16. Aus- Generation: Ihr müsst in meinem Alter natürlich auch schuss) zu der Unterrichtung durch die Bun- privat vorsorgen. Der Staat kann nicht alles leisten. desregierung (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ganz Öffentlich-rechtlicher Vertrag über die schlechte Idee! Haben Sie doch bei Riester Zahlung eines finanziellen Ausgleichs auf- gesehen, wie das in die Hose geht!) grund des beschleunigten Atomausstiegs Aber wir wollen und werden die junge Generation natür- Drucksachen 19/29015, 19/29474 Nr. 1.7, lich dazu befähigen, indem wir gut bezahlte Arbeitsplätze 19/30045 zur Verfügung stellen. Dafür stehen wir als Union. Wir unterstützen die Wirtschaft mit gut bezahlten Arbeitsplät- e) Zweite und dritte Beratung des von der Bun- zen, dann läuft es auch in der Rente rund. desregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Entsor- Herzlichen Dank. gungsfondsgesetzes (1. EntsorgFonds- (Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. ÄndG) Birkwald [DIE LINKE]: Herr Müller, fürs Pro- Drucksachen 19/28685, 19/29563 30050 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Vizepräsidentin Petra Pau (A) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- Die Bundesregierung hat sich mit den vier betroffenen (C) schusses für Wirtschaft und Energie (9. Aus- Energieversorgungsunternehmen auf einen finanziellen schuss) Ausgleich verständigt. Das Bundesverfassungsgericht hat den Atomausstieg am 6. Dezember 2016 im Wesent- Drucksache 19/30487 lichen bestätigt, jedoch festgestellt, dass ein solcher Aus- f) Beratung der Beschlussempfehlung und des gleich erforderlich ist. Uneinigkeit herrschte zwischen Berichts des Ausschusses für Umwelt, Natur- den Beteiligten über das Wie und die Höhe des Aus- schutz und nukleare Sicherheit (16. Aus- gleichs. Jahrelange Rechtsstreitigkeiten konnten nun bei- schuss) zu dem Antrag der Abgeordneten gelegt werden. Dr. Rainer Kraft, Karsten Hilse, Marc Bernhard, weiterer Abgeordneter und der Die Energieversorgungsunternehmen verpflichten sich Fraktion der AfD in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag, sämtliche Klage- verfahren zu beenden. Sie verzichten auf Klagen oder Fukushima und Tschernobyl sachlich be- Rechtsbehelfe gegen die Ausgleichsregelung. Auch das trachten – Der Atomausstieg war ein Feh- internationale Schiedsgerichtsverfahren von Vattenfall ler und muss rückgängig gemacht werden gegen die Bundesrepublik Deutschland ist davon erfasst. Drucksachen 19/23955, 19/24842 Liebe Kolleginnen und Kollegen, dies ist ein Meilen- g) Beratung der Beschlussempfehlung und des stein auf unserem konsequenten Weg zum Ausstieg aus Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und der kommerziellen Nutzung der Atomenergie in Deutsch- Energie (9. Ausschuss) zu dem Antrag der land. Spätestens Ende 2022 werden die letzten Atom- Abgeordneten Dr. Rainer Kraft, Karsten kraftwerke in Deutschland endgültig abgeschaltet sein. Hilse, Marc Bernhard, weiterer Abgeordne- Unsere Arbeit ist damit allerdings noch nicht beendet. ter und der Fraktion der AfD Für die verbleibende Laufzeit, für andere kerntechnische Anlagen und Tätigkeiten, wie Zwischenlager und Trans- Kernkraft für Umweltschutz porte, erhöhen wir mit dem Siebzehnten Gesetz zur Än- Drucksachen 19/22435, 19/24904 Buchsta- derung des Atomgesetzes die Rechtssicherheit atom- be b rechtlicher Genehmigungen. Der Gesetzentwurf für diese Novelle des Atomgesetzes hebt untergesetzliche Zu dem Siebzehnten Gesetz zur Änderung des Atom- Regelungen bei der nuklearen Sicherung auf eine for- gesetzes liegt ein Änderungsantrag der Fraktion Bünd- mell-gesetzliche Ebene. Das schafft Rechtsklarheit. Zu- nis 90/Die Grünen vor. dem verankern wir den in jahrzehntelanger Rechtspre- (B) Über den Gesetzentwurf werden wir später namentlich chung anerkannten atomrechtlichen Funktionsvorbehalt (D) abstimmen. der Exekutive. So vermeiden wir verfassungsrechtliche Bedenken, die sich nach sehr sorgfältiger Prüfung des Zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Ände- In-Camera-Verfahrens ergeben haben. Das haben wir rung des Entsorgungsfondsgesetzes liegt ein Entschlie- wirklich sehr intensiv und sorgfältig geprüft. Mit dem ßungsantrag der Fraktion der AfD vor. wäre gerade auch für Klägerinnen und Kläger nichts Für die Aussprache ist eine Dauer von 30 Minuten gewonnen. beschlossen. – Ich bitte, Platz zu nehmen. Die große Herausforderung für die Zukunft ist die Ent- Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Parla- sorgung. Daher beraten wir heute auch das Erste Gesetz mentarische Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter. zur Änderung des Entsorgungsfondsgesetzes. Es soll der Anlagetätigkeit des Fonds zur Finanzierung der kerntech- (Beifall bei der SPD) nischen Entsorgung Rechtssicherheit und Rechtsklarheit geben. Gleichzeitig soll der Fonds so eine höhere Rendite Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin bei durch seine Anlagetätigkeit und einen höheren Abde- der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nuk- ckungsgrad hinsichtlich der künftigen Entsorgungskosten leare Sicherheit: erzielen können. Außerdem schaffen wir die Möglich- Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und keit, auch solche Aufwendungen zu finanzieren, die Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Zehn Jahre künftige Entsorgungskosten vermeiden oder erheblich nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima zieht der reduzieren können. Gesetzentwurf für ein Achtzehntes Gesetz zur Änderung Mit diesen Gesetzentwürfen gehen wir wichtige des Atomgesetzes einen Schlussstrich unter die langwie- Schritte, die den Atomausstieg vollenden. rigen rechtlichen Auseinandersetzungen um den beschleunigten Atomausstieg. Ich danke Ihnen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) (Beifall bei der SPD) Der war im breiten parlamentarischen Konsens beschlos- sen worden, und dieser Konsens wird immer noch von Vizepräsidentin Petra Pau: einer breiten Mehrheit der Gesellschaft getragen. Es freut Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Rainer Kraft für die mich ganz besonders, dass wir nun die Möglichkeit ha- AfD-Fraktion. ben, den jahrzehntelangen gesellschaftlichen Konflikt um die Atomenergie zu befrieden. (Beifall bei der AfD) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30051

(A) Dr. Rainer Kraft (AfD): Gefahr dargestellt wird, trägt heute dazu bei, die Strom- (C) Geschätzte Präsidentin! Werte Kollegen! Es geht heute versorgung Deutschlands durch Import französischen um mehrere Änderungen im Atomgesetz: zum einen um Stromes aus Kernkraftwerken sicherzustellen. den Exekutivvorbehalt bei Genehmigungsentscheidun- gen, des Weiteren um die Höhe rechtmäßiger Entschädi- (Beifall bei der AfD) gungen aufgrund des von der Regierung Merkel II ange- zettelten Ausstieghickhacks und zuletzt um die Frage, ob Denn jedes Mal, wenn Ihre Energiewendechampions legale Exporte nuklearer Brennstoffe aus Deutschland in Wind und Sonne ins Stottern geraten, dann springen fran- das befreundete Ausland eine Gefährdung unserer zösische Kernkraftwerke in die Bresche, um Deutschland Sicherheit darstellen. und allen voran das grüne Baden-Württemberg vor dem Blackout zu bewahren. Der Reihe nach: Das Siebzehnte Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes führt einen Exekutivvorbehalt in juris- (Beifall bei der AfD) tischen Prozessen ein, der dazu führt, dass die Exekutive in Teilen judikative Aufgaben übernimmt – also ein Ein- So sieht das Ergebnis der „dümmsten Energiepolitik der griff in die staatliche Gewaltenteilung. Das ist nach Auf- Welt“ aus, um hier noch einmal das „Wall Street Journal“ fassung der AfD-Fraktion ein schwerwiegender Eingriff zu zitieren. in die Gewaltenteilung. Von daher war es folgerichtig, Fakt ist – ob Ihnen das gefällt oder nicht –: Global wird dazu eine namentliche Abstimmung zu verlangen, in auf Kernenergie gesetzt. Nur Kernkraft ist in der Lage, der sich jeder Abgeordnete mit seiner Entscheidung vor zuverlässig, preiswert und für alle, denen das wichtig ist, den Bürgern rechtfertigt. CO2-armen Strom zu produzieren. Nur auf diese Art wird es möglich sein, den Herausforderungen durch eine Welt- (Beifall bei der AfD) bevölkerung von 8 Milliarden und mehr Menschen ge- Die AfD-Fraktion hat sich diese Entscheidung auch gar recht zu werden. Nur zuverlässige Energie kann konti- nicht leichtgemacht. Aber – und das sollte Sie eventuell nuierlich synthetische Kraftstoffe mit Power-to-X beruhigen – die AfD-Fraktion hat Vertrauen in unsere herstellen. Nur preiswerte Energie in Massen kann genug Exekutive, dieses Gesetz nicht zu missbrauchen, und Wasser entsalzen, um die Wüsten für die Bewältigung der wird dieser Gesetzesvorlage zustimmen. Herausforderungen einer großen Weltbevölkerung zu begrünen. Kurzum: Nur Kernkraft erfüllt das Nachhaltig- Gehen wir eins weiter, zum Achtzehnten Gesetz zur keitsziel Nummer 7 der Vereinten Nationen von preis- Änderung des Atomgesetzes, der neu verhandelten Sum- werter, zuverlässiger und sauberer Energie. me zur Abbildung der rechtlichen Ansprüche der Kern- (B) kraftwerksbetreiber. Das hatten wir schon mit dem Sech- (Beifall bei der AfD) (D) zehnten Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes in 2018, also vor drei Jahren. Damals habe ich hier an gleicher Die AfD fordert daher einen Wiedereinstieg in die Stelle gesagt, dass Sie das schlampig geregelt haben. Erforschung der friedlichen Nutzung der Kernenergie. Und siehe da: Das Bundesverfassungsgericht gibt uns Der durch viele politische Fehlentscheidungen verlorene recht, und Sie müssen nachsitzen. Boden in diesem Bereich muss wieder aufgeholt werden, damit Deutschland hier nicht den Anschluss verliert, auch (Beifall bei der AfD) um die Lebensgrundlagen kommender Generationen zu schützen. Leider ist allerdings eine der Möglichkeiten, das zu regeln, nicht mehr vorhanden, nämlich – wir sagten es (Beifall bei der AfD) damals – die Kompensation durch Erhöhung der Restst- rommengen für die Betreiber. Da die Kraftwerke entwe- Ihre Politik erzeugt Mangel, Armut und Unterversor- der schon abgeschaltet sind oder bald abgeschaltet wer- gung. Unsere Anträge hingegen stehen für eine Zukunft den, bleibt keine Zeit mehr, die Gelder durch in Wohlstand und Fortschritt. Verstromung abzugelten. Nun muss das Ganze zulasten der Steuerzahler aus staatlichen Mitteln beglichen wer- (Beifall bei der AfD – Widerspruch des Abg. den. Aber Ihnen ist das wie immer egal: Es zahlt ja wie Timon Gremmels [SPD]) immer ein anderer. Das Gleiche droht übrigens bei den Kohlekraftwerken. Vizepräsidentin Petra Pau: Dort haben Sie bereits einen Abgeltungsvertrag verein- Die Rede des Kollegen Karsten Möring für die 1) bart. Und nun – Sie haben das heute beschlossen – ändern Unionsfraktion nehmen wir zu Protokoll. Sie im Nachgang noch die Grenzwerte für diese Kraft- werke mit entsprechenden Investitionsanforderungen an (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der die Betreiber. Na, mal sehen, was die dazu sagen werden. SPD und der LINKEN) Zum Letzten: zum Gesetzentwurf der AfD. Unsere Das Wort hat die Kollegin Judith Skudelny für die Gesetzesvorlage möchte die Frage, ob legale nukleare FDP-Fraktion. Brennstoffe aus Deutschland in zugelassenen Kernkraft- werken im befreundeten Ausland die Sicherheit Deutsch- (Beifall bei der FDP) lands gefährden, ein für alle Mal mit Nein beantworten. Das, was von den Grünen und den Linken immer als 1) Anlage 10 30052 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Judith Skudelny (FDP): Vizepräsidentin Petra Pau: (C) Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir Das Wort hat der Kollege Ralph Lenkert für die Frak- debattieren heute in 30 Minuten drei völlig unterschied- tion Die Linke. liche Fragen, die aber alle drei irgendwie mit dem Atom- recht im Zusammenhang stehen. (Beifall bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Jetzt kommt ein Fach- Mit der 17. AtG-Novelle diskutieren wir die Frage, wie mann!) atomrechtliche Genehmigungen gerichtlich überprüft werden können, ohne gleichzeitig sicherheitsrelevante Ralph Lenkert (DIE LINKE): Informationen der Öffentlichkeit preiszugeben. Diese Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kol- Frage hat keine befriedigende Antwort. Wir als FDP- legen! 17 Atomkraftwerke gab es zum Zeitpunkt des Fraktion haben aber eine gewisse Gewichtung gemacht. Atomausstiegs in Deutschland, heute laufen noch 6. Wir haben gesagt: Uns ist es wichtig, dass das Gericht, Auch Jahre nach einem vollständigen Atomausstieg das darüber entscheidet, ob der Antrag bzw. die Geneh- wird die Atomkraftnutzung ihren Tribut einfordern. migung rechtmäßig ist, alle notwendigen Informationen Deutschlands Steuerzahler/-innen werden Milliarden hat, auch wenn die Beteiligten nicht vollumfänglich über Euro für Ewigkeitskosten zur sicheren Verwahrung des diese Informationen diskutieren dürfen. Dieser Antrag Atommülls ausgeben müssen. Von den Tausenden Ton- wurde im Wirtschaftsministerium Nordrhein-Westfalen nen hochradioaktiven Mülls in den derzeitigen Zwischen- entwickelt und hat den Bundesrat überzeugt. Trotz aller lagern werden Restrisiken ausgehen, bis es vielleicht Bedenken glauben wir, dass unser Antrag zu den richtig- 2056 ein sicheres Atommülllager gibt. eren Ergebnissen führt. Deswegen werbe ich an dieser Stelle noch mal dafür, gegen den Regierungsentwurf (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Da bin und für unseren Antrag zu stimmen. ich schon fünf Jahre tot!) Für Die Linke gilt: Die Öffentlichkeit muss immer (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Rainer über Sicherheitsmängel oder Verstöße bei Atomanlagen, Kraft [AfD]) auch bei Zwischenlagern, informiert werden.

Bei der 18. AtG-Novelle geht es im Wesentlichen um (Beifall bei der LINKEN) die Entschädigung für die Reststrommengen nach dem Die Öffentlichkeit muss auch das Recht haben, stets ge- Atomausstieg von Rot-Grün. Dem Gesetz müssen wir gen Verstöße zu klagen. zustimmen, nachdem das Bundesverfassungsgericht fest- gestellt hat, dass man nicht auf der einen Seite enteignen Ja, es gibt das Risiko, dass Terroristen oder andere (B) (D) kann, ohne auf der anderen Seite verlässliche Entschädi- Verbrecher bekannte Sicherheitslücken für Anschläge gungsverfahren vorzugeben. Wir haben hier 2,4 Milliar- nutzen. Für dieses Dilemma zwischen Informationsrech- den Euro Zusatzausgaben, und genau das ist der Punkt, ten der Bevölkerung und notwendiger Verschwiegenheit der eigentlich zu bemängeln ist, weil wir 2016 schon durch die Behörden soll die 17. Atomgesetznovelle Ihrer wussten, dass diese Entschädigung auf uns zukommt. Meinung nach Rechtssicherheit schaffen, allerdings in Jeder Firmenchef würde seinen Finanzvorstand entlas- einer Art und Weise, bei der die Einhaltung der Sicher- sen, wenn er 2,4 Milliarden Euro vergisst. Hier wird es heitsstandards weder für die Öffentlichkeit noch für die in einer 30-Minuten-Debatte geschwind mal unter den Gerichte noch für das Parlament überprüfbar ist. Das ist Tisch gekehrt. Aber seien wir ehrlich: Die SPD hat ja doch absurd! auch größere Probleme als den Finanzminister. (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Wenn jetzt gestandene Juristen sowohl diesen Gesetz- der AfD) entwurf als auch die von den Grünen vorgeschlagene In- Es fehlt mir jetzt leider die Zeit, noch was zum Ent- Camera-Lösung für verfassungsrechtlich bedenklich hal- sorgungsfonds zu sagen. Ich möchte aber einen einzigen ten, muss man innehalten und neu anfangen. Gerichte Punkt ansprechen. Selbst wenn wir in der vorletzten Sit- müssen in der Lage sein, Entscheidungen der Behörden zungswoche sind: Die Würde dieses Hauses hängt auch nachvollziehbar zu prüfen. von der Würde der Debatten ab. Auf der einen Seite (Beifall bei der LINKEN) schwierige rechtspolitische Fragen zu klären und auf der anderen Seite zu diskutieren, wie wir 2,4 Milliarden Der Bundestag muss Entscheidungen der Behörden und Euro Zusatzausgaben generieren oder wie wir eigentlich der Regierung kontrollieren können. die Müllentsorgung am Ende finanzieren wollen: Das in (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Sylvia eine 30-Minuten-Debatte reinzuquetschen, entspricht Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) nicht der Bedeutung der Themen, und es entspricht nicht der Würde dieses Hauses. Dafür müssen wir in Zukunft Sonst wächst das Misstrauen bei Bürgerinnen und Bür- bessere Lösungen finden. gern, und es gibt ein neues Desaster wie beim gescheiter- ten, untauglichen Atommülllager . Das kann niemand verantworten. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD und der Abg. Sylvia Kotting-Uhl (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Sylvia [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30053

Ralph Lenkert (A) Es braucht Möglichkeiten, dass Gerichte Einsicht in alle Gesetzgeber in ein Gesetz schreiben: „Das Gericht muss (C) Unterlagen nehmen. sich darum nicht kümmern; die Behörde hat immer (Friedrich Straetmanns [DIE LINKE]: Sehr recht.“ Das geht in meinen Augen nicht. Deshalb können richtig!) meine Fraktion und ich dem Gesetzentwurf zur 17. AtG- Novelle nicht zustimmen. Es braucht die parlamentarische Kontrolle, so wie in einer Demokratie üblich. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der LINKEN) Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist heute meine letzte Rede in 16 Jahren Bundestag. Ich erlaube mir, mir Kolleginnen und Kollegen, ein weiteres Unding ist, die Zeit zu nehmen, kurz auf die Highlights und den Tief- dass sich Vattenfall nach den Profiten aus dem Atom- punkt in diesen 16 Jahren zu sprechen zu kommen. strom jetzt über Schiedsgerichtsverfahren auch noch an der Abwicklung der Atomkraft hemmungslos bereichert. Die Highlights waren die Gesetze, die wir im Parla- Der Energiechartavertrag, der dies ermöglicht, gehört ment im Konsens erarbeitet haben; das war großartig. Ich gekündigt. durfte das zweimal erleben: Lex Asse und Standortaus- wahlgesetz. Ich will mich bei allen, die daran beteiligt (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- waren – und das waren sehr viele – dafür bedanken, neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) dass es bei aller Streitbarkeit, die ich ja auch habe, mög- Ich sage es klipp und klar: Wer heute erneut die Ver- lich ist, im Konsens gemeinsam auf ein Ziel hinzuarbei- längerung von Atomkraft fordert, nimmt nicht nur die ten, weil man sagt: Hier haben wir eine Materie, da muss Gefahr einer weiteren Atomkatastrophe in Kauf, sondern ein Gesetz lange halten. Das darf nicht bei der nächsten schanzt den Konzernen weitere Profite zu und vergrößert oder übernächsten Bundestagswahl wieder scheitern. – die finanziellen, technischen und juristischen Probleme Vielen Dank, dass das möglich war. mit dem Atommüll. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Der Atomausstieg war und bleibt richtig. Die Linke und bei der SPD) will keine Atomkraft – nicht hier, nirgendwo. Jetzt komme ich zum Tiefpunkt, und der Tiefpunkt (Beifall bei der LINKEN) sind Sie von der AfD. Ich habe ja in meinen 16 Jahren Wir fordern, endlich die Uranfabriken in Gronau und keinen Ordnungsruf bekommen. Vielleicht handle ich Lingen zu schließen. mir den jetzt noch ein. Vielen Dank. (Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN) (B) (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- (D) neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Die Art Ihrer Debatte kann ich ganz exemplarisch in wenigen Begriffen darstellen, und zwar damit, wie Sie uns bezeichnen. Sie bezeichnen uns als Ökostalinisten, Vizepräsidentin Petra Pau: Sie stellen uns in die Nähe von Ökoterroristen, Sie nen- Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die nen uns die Umweltzerstörungspartei, und Sie verwenden Kollegin Sylvia Kotting-Uhl das Wort. noch viele andere Begriffe. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Andreas Bleck [AfD]: Das ist ja auch richtig!) Ich weiß, dass Sie verzweifelt danach suchen, wie Sie das Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): noch toppen können. Ich sage Ihnen: Das hat nicht mal Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kol- Witz. Keinem Kabarettisten würde das einfallen. Aber da legen! Liebe Frau Schwarzelühr-Sutter, ich werde mich es von Nazis kommt, adelt es uns. bei diesen vielen Gesetzesvorhaben auf die 17. AtG- Novelle beschränken; denn das ist das einzige Gesetz, (Anhaltender Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE das wir ablehnen. Da haben Sie kein gutes Gesetz ge- GRÜNEN – Beifall bei der SPD sowie bei Ab- macht. Deshalb haben Sie außer mit der AfD auch keinen geordneten der LINKEN – Die Abgeordneten Konsens mit einer der anderen Oppositionsfraktionen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN erheben gefunden, was sonst in diesem Bereich sehr oft der Fall sich – Stephan Brandner [AfD]: Dass es für war. Ich komme später noch mal darauf zurück. diesen Blödsinn noch nicht mal einen Ord- Sie haben, um Situationen wie die nach dem Gerichts- nungsruf gibt, haben Sie bemerkt?) urteil zum Zwischenlager Brunsbüttel, dem die Geneh- migung entzogen wurde, zukünftig zu vermeiden, den Vizepräsidentin Petra Pau: Funktionsvorbehalt nun in einen Gesetzentwurf geschrie- Das Wort hat die Kollegin Dr. Nina Scheer für die ben, mit der Begründung, dass Gerichte schon ganz oft so SPD-Fraktion. entschieden hätten, als gäbe es diesen festgeschriebenen Funktionsvorbehalt. Da ist der große Fehler, den ich nach (Beifall bei der SPD) wie vor nicht verstehe. Denn es ist ein massiver Unter- schied, ob Gerichte jeweils für sich situativ sagen: „Das Dr. Nina Scheer (SPD): kann ich nicht bewerten, ich enthalte mich einer Mei- Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und nung; ich orientiere mich an der Behörde, die Behörde Kollegen! Es stehen hier mehrere Gesetzentwürfe zur ist die Einzige, die das bewerten kann“, oder ob wir als Abstimmung; sie sind schon genannt worden. Ich möchte 30054 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Dr. Nina Scheer (A) mich jetzt auf die 17. AtG-Novelle konzentrieren. Zur Behörde, und dann kann in diesem Zuge ein In-Camera- (C) 18. Novelle hat Staatssekretärin Schwarzelühr-Sutter ja Verfahren eingeleitet werden. – Aber dann hat man im- schon etwas ausgeführt. mer noch das Problem, dass letztendlich ein Wissen beim Mir ist es wichtig, zu erklären, warum wir als Koali- Gericht entsteht, das dann so an die Klägerseite nicht tionsfraktionen die Einführung eines In-Camera-Verfah- weitergegeben werden kann. Kurzum: Wir haben uns rens im Hauptsacheverfahren im Koalitionsvertrag fest- auf diesem Weg durchaus mit schwerem Herzen gegen geschrieben haben und warum wir dies in dieser das In-Camera-Verfahren entschieden, weil wir aus den Gesetzesnovelle nicht tun. Dies ist auf die Erarbeitung genannten Gründen da tatsächlich eine überproportionale dieser Novelle zurückzuführen, die sich mit „sehr viel Schieflage bekommen hätten. Diskussionen“ umschreiben lässt. Es ging dabei um das Ich habe dies deswegen mit so vielen Worten ausge- Dilemma – um gleich zum Punkt zu kommen –, dass man führt, weil es uns in der Tat natürlich auch darum gegan- einerseits zwar die Notwendigkeit einer gerichtlichen gen ist, Mittel und Wege zu finden, dass Rechtsschutz Überprüfung für eine behördliche Entscheidung erkennt, tatsächlich ernst genommen wird, dass Überprüfbarkeit man andererseits aber aufgrund von Geheimhaltungsbe- tatsächlich ernst genommen wird. Aber dies darf auch dürftigkeiten, die im Zusammenhang mit Terrorabwehr- nicht zulasten anderer Rechtsgüter gehen. In diesem Sin- gefahren stehen, konstatieren muss, dass nicht alles ne fällt die Entscheidung unsererseits so aus. Wir stim- offengelegt werden kann, eine Überprüfung vonseiten men dem Gesetzentwurf der Bundesregierung insofern in eines Gerichtes im Rahmen eines solchen In-Camera- der vorliegenden Form zu und bitten um Zustimmung. Verfahrens aber ermöglicht würde. (Beifall bei der SPD) Ein solches In-Camera-Verfahren hat aber den Nach- teil, dass die Klägerseite nicht daran beteiligt ist und es sich für sie nicht erschließt, was vom Gericht überprüft Vizepräsidentin Petra Pau: Den Beitrag des Kollegen Carsten Müller aus der wurde. Dadurch entsteht eine Schieflage im Hauptsache- 1) verfahren, weil die Klägerseite hinterher nicht nachvoll- Unionsfraktion nehmen wir zu Protokoll. – Ich schlie- ziehen kann, aus welchen Tatsachengrundlagen heraus ße die Aussprache. eine Entscheidung durch das Gericht getroffen wurde. Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun- Man kann es auch, um es in meine Worte zu fassen, als desregierung eingebrachten Entwurf eines Siebzehnten eine Art geschwärztes Urteil bezeichnen, was dann aus Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes. Der Aus- einem solchen Prozess herauskommt. schuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit Es ist auch grundgesetzlich nicht unkritisch, wenn man empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache (B) einen solchen Hergang gesetzlich kodifiziert. Denn so- 19/30488, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf (D) wohl der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Arti- Drucksache 19/27659 in der Ausschussfassung anzuneh- kel 103 Grundgesetz als auch der effektive Rechtsschutz men. nach Artikel 19 Absatz 4 Grundgesetz sind klare Vorga- Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion Bünd- ben, wie gerichtliche Verfahren und Rechtsschutz auszu- nis 90/Die Grünen auf Drucksache 19/30533 vor, über gestalten sind. Es muss für die Klägerseite nachvollzieh- den wir zuerst abstimmen. Wer stimmt für diesen Ände- bar sein, aus welchen Gründen man von einem Gericht rungsantrag? – Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. wie behandelt wird. Das ist insofern ein ganz elementarer Wer stimmt dagegen? – Die Koalitionsfraktionen, die Grund, als dass wir Willkür durch gerichtliche Entschei- AfD-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer enthält sich? – dungen und Willkür durch die Staatsgewalt, die dahin- Die Fraktion Die Linke. Der Änderungsantrag ist abge- tersteht, schon im Ansatz nicht wollen. lehnt. Dann ist angemerkt worden, dass wir so etwas sehr Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf der wohl schon eingeführt haben. Zum Beispiel ist in § 138 Bundesregierung auf Drucksache 19/27659 in der Aus- Telekommunikationsgesetz das Instrument des In-Came- schussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – ra-Verfahrens zu finden. Nur möchte ich zu bedenken Das sind die Koalitionsfraktionen und die AfD-Fraktion. geben – das haben wir sauber reflektiert –: Hier stehen Wer stimmt dagegen? – Die FDP-Fraktion und die Frak- sich in den Verfahren, um die es da geht, meist zwei tion Bündnis 90/Die Grünen. Wer enthält sich? – Die Private – meist sind es Unternehmen – gegenüber. Unter Fraktion Die Linke. Der Gesetzentwurf ist damit in zwei- den Umständen ist die staatliche Seite mit Geheimhal- ter Beratung angenommen. tungsfragen befasst, weil hier zum Beispiel Geheimhal- tungsbedürfnisse aufseiten der Unternehmen existieren. Dritte Beratung In dem Fall handelt es sich um das Verhältnis Privat – Privat, und der Staat muss das beurteilen. Hier allerdings und Schlussabstimmung. Wir stimmen über den Gesetz- geht es um das Verhältnis Staat – Privat. Wenn hier eine entwurf auf Verlangen der Fraktion der AfD namentlich Entscheidung des Gerichts nicht überprüfbar ist, dann ab. kann das kritisch sein. Da wir diese Schieflage nicht auf- Die Abstimmung erfolgt in der Westlobby. Sie haben lösen konnten, haben wir uns gegen ein In-Camera-Ver- zur Abgabe Ihrer Stimme nach Eröffnung der Abstim- fahren entschieden. mung 30 Minuten Zeit. Bitte gehen Sie nicht alle gleich- Wir hatten auch überlegt, ob es noch einen dritten Weg zeitig zur Abstimmung. Es stehen acht Urnen zur Verfü- gibt, einen Zwischenweg, dass man sagt: Vielleicht hat das Gericht die Möglichkeit einer Zurückweisung an die 1) Anlage 10 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30055

Vizepräsidentin Petra Pau (A) gung. Bitte denken Sie an die weiteren Abstimmungen, FDP-Fraktion, der Fraktion Die Linke, der Fraktion (C) die unmittelbar nach Eröffnung der namentlichen Ab- Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der AfD- stimmung hier im Saal erfolgen. Bleiben Sie daher bitte Fraktion abgelehnt. Damit entfällt nach unserer Ge- noch einen Moment hier. schäftsordnung die weitere Beratung. Die Schriftführerinnen und Schriftführer bitte ich, die Tagesordnungspunkt 37 e. Abstimmung über den von vorgesehenen Plätze einzunehmen. – Das ist offensicht- Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Än- lich der Fall. Ich eröffne die namentliche Schlussabstim- derung des Entsorgungsfondsgesetzes. Der Ausschuss mung über den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf für Wirtschaft und Energie empfiehlt in seiner Beschluss- Drucksache 19/27659. Die Abstimmungsurnen werden empfehlung auf Drucksache 19/30487, den Gesetzent- um 19.08 Uhr geschlossen. Das bevorstehende Ende der wurf der Bundesregierung auf den Drucksachen namentlichen Abstimmung wird Ihnen rechtzeitig 19/28685 und 19/29563 in der Ausschussfassung anzu- 1) bekannt gegeben. nehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Frau der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Hand- Präsidentin, ich habe eine Korrektur! Die Linke zeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen, die FDP- hat bei der zweiten Lesung auch abgelehnt!) Fraktion und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt dagegen? – Die AfD-Fraktion und die Fraktion – Ich nehme zur Kenntnis, dass Die Linke ihr Abstim- Die Linke. Wer enthält sich? – Niemand. Der Gesetzent- mungsverhalten korrigiert bzw. dass sie sich nicht einig wurf ist damit in zweiter Beratung angenommen. war. Die Linke hat sich nicht enthalten, sondern das Ge- setz, wie auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Dritte Beratung die FDP-Fraktion, abgelehnt. Dann haben wir das auch im Protokoll. Ansonsten stimmen wir ja jetzt gerade und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem namentlich über dieses Gesetz ab, sodass dann dokumen- Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – tiert ist, wie sich jede und jeder von Ihnen verhalten hat. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz- entwurf ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt 37 b. Ab- der FDP-Fraktion, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stimmung über den von der Bundesregierung eingebrach- gegen die Stimmen der AfD-Fraktion und der Fraktion ten Entwurf eines Achtzehnten Gesetzes zur Änderung Die Linke angenommen. des Atomgesetzes. Der Ausschuss für Umwelt, Natur- schutz und nukleare Sicherheit empfiehlt unter Buchsta- Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie- be a seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache ßungsantrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 19/30534. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? – (B) 19/30045, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf (D) den Drucksachen 19/28682 und 19/29587 in Kenntnis Die AfD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – Die übrigen der Unterrichtung auf Drucksache 19/29015 anzuneh- Fraktionen des Hauses. Wer enthält sich? – Niemand. Der men. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustim- Entschließungsantrag ist abgelehnt. men wollen, um das Handzeichen. – Das sind die Koali- Tagesordnungspunkt 37 f. Beschlussempfehlung des tionsfraktionen, die AfD-Fraktion und die FDP-Fraktion. Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Wer stimmt dagegen? – Die Fraktion Die Linke. Wer Sicherheit zu dem Antrag der Fraktion der AfD mit enthält sich? – Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. dem Titel „Fukushima und Tschernobyl sachlich betrach- Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung ange- ten – Der Atomausstieg war ein Fehler und muss rück- nommen. gängig gemacht werden“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/24842, Dritte Beratung den Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem 19/23955 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschluss- Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – empfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält Das sind die Koalitionsfraktionen, die AfD-Fraktion sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen und die FDP-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – Die Frak- der Koalitionsfraktionen, der FDP-Fraktion, der Fraktion tion Die Linke. Wer enthält sich? – Die Fraktion Bünd- Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ge- nis 90/Die Grünen. Der Gesetzentwurf ist angenommen. gen die Stimmen der AfD-Fraktion angenommen. Tagesordnungspunkt 37 c. Abstimmung über den Ge- Tagesordnungspunkt 37 g. Beschlussempfehlung des setzentwurf der Fraktion der AfD zur Änderung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag Atomgesetzes. Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz der Fraktion der AfD mit dem Titel „Kernkraft für und nukleare Sicherheit empfiehlt unter Buchstabe b sei- Umweltschutz“. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchsta- ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/30045, den be b seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache Gesetzentwurf der Fraktion der AfD auf Drucksache 19/24904, den Antrag der Fraktion der AfD auf der 19/27773 abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Ge- Drucksache 19/22435 abzulehnen. Wer stimmt für diese setzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer Das ist die AfD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den enthält sich? – Niemand. Der Gesetzentwurf ist in zweiter Stimmen der CDU/CSU-Fraktion, der SPD-Fraktion, Beratung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, der der FDP-Fraktion, der Fraktion Die Linke und der Frak- tion Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der AfD- 1) Ergebnis Seite 30063 D Fraktion angenommen. 30056 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Vizepräsidentin Petra Pau (A) Ich rufe die Tagesordnungspunkte 20 a und 20 b auf: Krise gekommen sind, und denjenigen, die vor dem Aus (C) standen und für die wir viel Steuergeld bereitgestellt ha- a) Zweite und dritte Beratung des von den Ab- ben, um durch die Krise zu kommen. geordneten Markus Herbrand, Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, weiteren Abgeord- (Dr. Jürgen Martens [FDP]: Wer hat das neten und der Fraktion der FDP eingebrach- bezahlt?) ten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung Es gibt unzählige Gründe, die für eine Vermögensteuer des Vermögensteuergesetzes (VStG) sprechen, nicht nur, dass sie helfen würde, die Lasten der Drucksache 19/25789 Coronapandemie gerechter zu verteilen; wir brauchen eine Vermögensteuer auch für Investitionen in unsere Beschlussempfehlung und Bericht des Bildung, in die ökologische Transformation der Wirt- Finanzausschusses (7. Ausschuss) schaft und in unsere Infrastruktur. Als Ländersteuer ist Drucksache 19/30175 die Vermögensteuer dafür bestens geeignet. b) Beratung der Beschlussempfehlung und des (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Berichts des Finanzausschusses (7. Aus- der LINKEN) schuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, in Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, Katja Ihrem Antrag schreiben Sie: Das Bundesverfassungsge- Hessel, weiterer Abgeordneter und der Frak- richt hat die Vermögensteuer 1996 für verfassungswidrig tion der FDP erklärt. – Das stimmt so aber nicht. Eine Vermögensteuer Mehr Vermögen aufbauen statt Leistung ist in unserem Grundgesetz sogar explizit vorgesehen. Es bestrafen liegt viel näher, einen Vorstoß gegen unsere Verfassung darin zu sehen, dass wir seit 1996 keine Vermögensteuer Drucksachen 19/25792, 19/30175 mehr erheben. Über den Gesetzentwurf der Fraktion der FDP werden Das Bundesverfassungsgericht hat eine Reform der wir später namentlich abstimmen. Vermögensteuer gefordert; eine Reform, die eine Gleich- behandlung der unterschiedlichen Vermögen sicherstellt. Für die Aussprache ist eine Dauer von 30 Minuten Doch statt die Begründung des Bundesverfassungsge- beschlossen. – Ich bitte, zügig Platz zu nehmen oder, richts ernst zu nehmen, torpedieren Sie die Steuer mit wenn Sie bedauerlicherweise nicht an dieser Debatte teil- allen Mitteln. Dabei negieren Sie sogar Ihre eigenen nehmen können, uns zu verlassen und die notwendige Anhänger. Eine Umfrage von Infratest dimap besagt, Aufmerksamkeit herzustellen. (B) dass selbst die FDP-Anhänger mehrheitlich für die Ein- (D) Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollegin führung einer Vermögensteuer sind. Auch sie wollen eine Kiziltepe für die SPD-Fraktion. Vermögensteuer für Zukunftsinvestitionen. (Beifall bei der SPD) (Zuruf des Abg. Stephan Protschka [AfD]) Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Woche haben Cansel Kiziltepe (SPD): Leaks in den USA noch mal gezeigt, welch wichtige Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lücke eine Vermögensteuer schließen kann und muss. Heute zeigt die FDP mal wieder ihr wahres Gesicht. Während für Lohn arbeitende Menschen mit ihrer Ein- Mit dem Gesetzentwurf wird klar, wem Sie sich ver- kommensteuer zur Finanzierung des Gemeinwesens bei- pflichtet fühlen: Das sind nicht die täglich hart arbeiten- tragen, tricksen sich die Superreichen aus der Verantwor- den Menschen in unserem Lande, die wahren Leistungst- tung. Wer so viel Vermögen hat, hat unglaublich viele rägerinnen und Leistungsträger, nein, es sind die Möglichkeiten, Verluste vorzutäuschen und die Steuer Vermögenden, für die die FDP Politik macht. Hinter Ihrer kleinzurechnen. Eine Vermögensteuer ist genau hier ein gelben Fassade verbirgt sich letztlich nur eine Klientel- Gegenmittel für diese Trickserei bei den Einkommen der partei. Nennen Sie sich doch einfach um in „Die Reiche- Superreichen. Allein dafür brauchen wir diese Steuer. npartei“. Vielen Dank. Wissen Sie: Wir brauche keine Politik, die nur denen (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten hilft, die bereits reich sind. Wir brauchen eine Politik, die des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) dafür sorgt, dass vom Wohlstand alle profitieren, eine Politik, die die Lasten fair verteilt, Vizepräsidentin Petra Pau: (Marian Wendt [CDU/CSU]: Wohlstand muss Das Wort hat der Abgeordnete Albrecht Glaser für die auch erarbeitet werden!) AfD-Fraktion. auch die der Coronapandemie. Das ist sozialdemokrati- (Beifall bei der AfD) sche Politik. Albrecht Glaser (AfD): (Beifall bei der SPD) Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir bera- Doch statt gemeinsam diese Krise zu bewältigen, treibt ten heute in der zweiten und dritten Lesung einen Gesetz- die FDP die gesellschaftliche Spaltung voran, die Spal- entwurf der FDP-Bundestagsfraktion zur Abschaffung tung zwischen denjenigen, die haben und gut durch die der Vermögensteuer sowie einige Sachanträge. Derzeit Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30057

Albrecht Glaser (A) scheint die Vermögensteuer oder auch die Vermögensab- Das darf man vielleicht doch als berechtigte Frage sehen, (C) gabe Konjunktur zu haben. Auch die Linken wollen sich um das ewige Bild mit den Schultern, das wir ja schon mit einer jüngst geforderten 30-prozentigen Vermögens- 50 Jahre kennen – das wird aber nicht origineller –, auf- abgabe einen großen Auftritt verschaffen. zugreifen. Aus dem Besten, was die steuerwissenschaftliche Lite- Sozialisten, meine Damen und Herren, sind Material- ratur zu bieten hat, zitiere ich: isten. Sie haben daher einen eingeschränkten Blick auf Gegen die Wiedereinführung der periodischen Ver- die Welt und die Menschen. Als Materialisten streben sie mögensteuer spricht bereits die damit unweigerlich für sich persönlich stets Wohlstand an und beneiden verbundene Bewertungsungleichheit, die auch alter- andere, die auf diesem Feld erfolgreicher sind als sie native Vermögensteuerentwürfe nicht vermeiden selbst. können. (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: So ein Darüber hinaus setzt das Bundesverfassungsgericht Blödsinn!) über den Gedanken des Vermögenssubstanzschutzes aus Artikel 14 jeglicher Vermögensteuer enge Grenzen. Um ihre niedrigen Motive zu verbergen, erklären sie den Fleißigen zum Streber, den Sparsamen zum Knauser Es gibt für die Vermögensteuer und den kreativen und erfolgreichen Unternehmer zum – immer noch Zitat – Kapitalisten. Sie bemühen den Staat als Instrument für den Zugriff auf die persönlichen Verhältnisse anderer keinen überzeugenden Rechtfertigungsgrund! ... Es Leute. Deshalb enden alle sozialistischen Experimente entspricht daher nicht nur der Steuergerechtigkeit, im totalitären Staat. sondern auch der ökonomischen Vernunft, die Ver- mögensteuer nicht zu reaktivieren. Als Zeichen öko- Herzlichen Dank, meine Damen und Herren. nomischer und rechtsstaatlicher Rationalität soll die Vermögensteuer auch formalrechtlich aufgehoben (Beifall bei der AfD – Matthias W. Birkwald werden. [DIE LINKE]: Frei von jeder Kenntnis!) (Beifall bei der AfD) Vizepräsidentin Petra Pau: Zu Recht, meine sehr verehrten Damen und Herren, Während das Pult gereinigt wird, wofür ich mich weist der FDP-Antrag darauf hin, dass von den 36 bedanke, erinnere ich daran, dass eine namentliche Ab- OECD-Ländern in jüngster Zeit nur noch 4 eine Vermö- stimmung läuft. Die Urnen werden um 19.08 Uhr ge- gensteuer haben. Die Entwicklung in diese Richtung ging schlossen. (B) geradezu progredient. Sie haben sich alle was dabei ge- (D) dacht. Es gibt dort auch überall Sozialdemokraten und Ich bitte diejenigen, die offensichtlich schon abge- Sozialisten in diesen Ländern. Die AfD hat diese Frage stimmt haben und hier an der Debatte teilnehmen, aber bereits 2016 in ihrem Grundsatzprogramm so entschie- keinen Platz auf einem Sessel im Saal gefunden haben, den, wie das sinngemäß dem heutigen Antrag der FDP auch im Stehen die Abstandsregeln einzuhalten, so wie es entspricht. zwischen uns nicht nur verabredet ist, sondern geboten Eine Kollegin der SPD-Fraktion begründete die Sym- ist. Corona ist noch nicht vorbei, wie wir vorhin bei pathie ihrer Partei für eine Vermögensteuer damit, man einem anderen Tagesordnungspunkt festgestellt haben. wolle mehr Gleichheit herstellen. Es geht also gar nicht Ich bitte also darum, sich an die Regeln zu halten, die um Staatseinnahmen, sondern es geht um Gesellschafts- medizinische Maske zu tragen und den Geräuschpegel politik, meine sehr verehrten Damen und Herren. etwas zu senken. Notwendige Gespräche kann man viel- leicht auch außerhalb des Plenums führen. Wir nehmen zwei Abiturienten und schauen sie uns 20 Jahre später wieder an. Der eine ist wohlhabend, Das Wort hat der Kollege Dr. Thomas de Maizière für weil er Physik studiert und ein Hightechunternehmen die CDU/CSU-Fraktion. erfolgreich in die Welt gebracht hat, dabei viele Arbeits- (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU) plätze geschaffen und dem Staat viele Steuereinnahmen verschafft hat. Der andere hat Politikwissenschaft stu- diert, revolutionäre Pamphlete verfasst, Dr. Thomas de Maizière (CDU/CSU): (Heiterkeit bei Abgeordneten der AfD) Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die vor- liegenden Anträge der FDP sind – bei allem Respekt – sich gelegentlich als Journalist betätigt und sich gute Schaufensteranträge. Kenntnisse in den sozialen Transfersystemen erarbeitet. Der ist deshalb weniger wohlhabend. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- ordneten der SPD) (Beifall bei der AfD) Für das allgemeine öffentliche Wohl, meine sehr verehr- Sie sollen nur für die eigene Galerie wirken. Ob das ten Damen und Herren, etwa durch Steuerzahlungen, hat gelingt, wage ich zu bezweifeln. Der Deutsche Bundestag er gar nichts getan. Welche Gerechtigkeit rechtfertigt ist jedenfalls nicht der Parteitag der FDP, und das wissen jetzt, dem mit den breiten Schultern das Schultergelenk Sie auch selbst. auszurenken, ohne dass dem ohne Schultern gedient ist? (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- (Beifall bei der AfD) ordneten der SPD) 30058 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Dr. Thomas de Maizière (A) Ein kurzes Wort zur Sache. Ich könnte für den Gesetz- der, reicht nicht aus, um Volkspartei zu sein, sondern eine (C) entwurf der FDP, zumindest auf den ersten Blick, durch- Volkspartei bündelt und verbindet unterschiedliche aus Sympathien entwickeln. Vielleicht verfolgen Sie ein Meinungen und bringt diese zum Ausgleich, sodass sie richtiges Ziel. Aber vielleicht bekommen Sie am Ende in ihrer Verbindung ein gutes Ganzes ergeben. Das das, was Sie genau nicht möchten. Warum? Wenn der bedeutet, Kompromisse einzugehen schon bei der partei- Bund das Vermögensteuergesetz tatsächlich formal auf- internen Willensbildung, einen Ausgleich zu schaffen heben sollte, besteht die Gefahr, dass sich die Einführung zwischen Arm und Reich, Jung und Alt, Ost und West, von ganz verschiedenen Vermögensteuerformaten in den Nord und Süd, Gesund und Krank, von Angesicht zu Ländern etabliert, und das ist das krasse Gegenteil von Angesicht und digital, von nationalen Interessen und dem, was Sie wollen. internationalen Verpflichtungen, von kurzfristigen Vor- (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!) teilen und langfristigen Nachteilen und dies in praktische Politik umsetzen zu wollen. Ein Wort zu denen, die die Vermögensteuer einführen wollen. Wer eine Vermögensteuer erheben will, muss Das ist verdammt mühsam. Das klingt altmodisch und wissen, dass die übrigens sehr unterschiedlich ausfallen- nicht spektakulär. Das stellt naturgemäß niemanden voll- den Einnahmen dann in die Länderhaushalte fließen und ständig zufrieden. Das betont die Sache und nicht allein in den Bundeshaushalt davon nichts. Und zu glauben, die Inszenierung. Aber das verbindet unterschiedliche dass die Länder dem Bund das Geld zurückgeben, das Charaktere von Menschen, das stärkt den Zusammenhalt ist angesichts der letzten Jahre, glaube ich, völlig unrea- der Gesellschaft, und das ermöglicht lange Linien der listisch. Politik, Kontinuität und Führung, auch gegen kurzfristige Stimmungen. Gutes Regieren und gute Opposition im (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Interesse unseres Landes braucht gute und miteinander ordneten der SPD) ringende Volksparteien. Meine Damen und Herren, meine Arbeitsgruppe hat Volksparteien sind für mich die Hauptträger der reprä- mir ihre gesamte Redezeit für meine letzte Rede als Ab- sentativen Demokratie. Ich weiß natürlich, dass Volks- geordneter geschenkt. Ich möchte zu Beginn Danke sa- parteien viel tun müssen, um diese Rolle zu erhalten, zu gen: meiner Bundeskanzlerin, die mich in drei Kabinette gewinnen oder wiederzugewinnen. Vertrauen gewinnt berufen hat, meiner Fraktion, die mich auch in schwerer man zuerst dadurch, dass man gut und glaubwürdig ist. Bedrängnis getragen und gestützt hat, meinem, genauer Und dennoch: Ich finde, dass man Volksparteien nicht gesagt: meinen Koalitionspartnern, mit denen ich – schlechtreden sollte. Viele finden NGOs, also Nichtregie- jedenfalls ganz überwiegend – gut und vertrauensvoll rungsorganisationen, oder Bewegungen oder die direkte zusammengearbeitet habe, meiner Arbeitsgruppe Finan- Partizipation mit Bürgerwerten besser, moderner, agiler (B) zen, die mich als Seiteneinsteiger und Ex-Minister so (D) als die Volksparteien. Ich finde das nicht. freundlich und unkompliziert angenommen hat, bei der Opposition, die mich natürlich in vielen Jahren meiner (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie Zeit als Minister kritisiert hat, mit der ich aber harte bei Abgeordneten der FDP – Steffi Lemke und gute Debatten mit gegenseitiger Wertschätzung hat- [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch te – von Ausnahmen abgesehen –, und meinen Mitarbei- kein Widerspruch, Herr de Maizière!) terinnen und Mitarbeitern, die mich bei meiner Arbeit so hervorragend unterstützen. Natürlich sehe ich ihre Bedeutung und auch ihre Berech- tigung. Die Betonung eines Themas, eine Wächterfunk- Nun erlauben Sie mir aber noch zwei grundsätzliche tion, eine öffentliche Mobilisierung ist notwendig und hat Bemerkungen: seinen Platz. Aber nur mit NGOs und nur mit Bewegun- Erstens. Ich möchte ein werbendes Wort zur Rolle gen lässt sich kein guter Staat machen. Gut regieren geht unserer Volksparteien sagen. Volksparteien sind nach anders. meiner Auffassung ein gefährdeter, aber kostbarer Schatz unserer Demokratie. Was ist eine Volkspartei? (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) (Stephan Brandner [AfD]: AfD!) Mich stört auch manche Attitüde der moralischen Eine Volkspartei ist nicht einfach eine Partei, die viele Selbstermächtigung von NGOs. Zum Teil sind sogar ehe- Stimmen bekommt. Zugleich verliert eine Partei, die malige Minister, Staatssekretäre oder Parteipolitiker an wenige Stimmen bekommt, nicht automatisch den Cha- ihrer Spitze, die dann in NGOs so tun, als seien sie rakter einer Volkspartei. Eine Volkspartei ist für mich plötzlich die Zivilgesellschaft. Ich höre oft eine Überheb- eine Partei, die sich aus ihrer Sicht und ihrer Perspektive lichkeit gegenüber denjenigen heraus, die in den Mühen um das Wohl der ganz großen Mehrheit der Bevölkerung der Ebene an echten Kompromissen und nicht nur ideel- kümmert, um das Gemeinwohl. len Wunschbildern für die Menschen ackern. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) der Abg. Margit Stumpp [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Und die Transparenz bei den Finanzen, bei der Mei- nungsbildung und die Legitimation sind bei uns Volks- Sie wird nicht dadurch stark, dass sie möglichst viele parteien in der Regel größer als bei vielen NGOs. Stimmen von Menschen mit den gleichen Interessen ein- sammelt. Ein oder zwei Themen zu haben, die sich nur an (Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: ein Wählerspektrum wenden oder mehrere nebeneinan- Na, ja!) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30059

Dr. Thomas de Maizière (A) – Von Fehlern abgesehen. – Bedenken habe ich erst recht keit! Wir sind hier nichts Abgehobenes, aber schon etwas (C) beim Führungsanspruch von sogenannten Bewegungen. Besonderes, mit einer besonderen Verantwortung. Im Bewegungen sind stark im Auftritt, aber schwach in der Deutschen Bundestag entscheidet sich der Primat der Bindung über die Bewegung hinaus. Mobilisierung ist Politik. Wer nicht will, dass einzelne Unternehmen, aber nicht alles. Aktivisten bekommen hier ein zu großes dass das Internet, Bewegungen oder sonstige Institutio- Gewicht. Bewegungen hängen zu stark an charismati- nen die Welt beherrschen, sondern wer will, dass die schen Einzelpersonen. Politik das letzte Wort zur Ordnung der weltlichen Dinge hat, der muss die Abgeordneten des Deutschen Bundes- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie tages achten und ihnen etwas zutrauen, ihnen allerdings bei Abgeordneten der FDP) auch vertrauen können. Das ist schlecht für die Nachhaltigkeit. Bewegungen müssten auch viel kritischere Nachfragen an ihre Selbst- Erweisen Sie sich auch in Zukunft der Bezeichnung als organisationsprinzipien und Finanzierungsstrukturen Mitglied dieses Hohen Hauses würdig: mit einem Adler- zulassen als die Volksparteien. blick, einer hohen Perspektive auf die Dinge, mit einem hohen Anspruch an die Qualität der eigenen Arbeit, mit (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) einem hohen Anspruch an die demokratische Würde vom Nachhaltigkeit, meine Damen und Herren, braucht ver- Parlament, mit einem hohen Maß an Demut vor der Grö- lässliche und verantwortliche Institutionen, um etwas ße der Aufgaben und der Begrenztheit des Mandats und umzusetzen: Regierung und Parlament. Also: Verbessern mit hohem Respekt vor der Freiheit und der Leistungs- wir die Volksparteien, aber machen wir sie nicht lächer- kraft der Menschen in unserem Land. Wenn alle Abge- lich oder schwach! Der Schaden für unsere repräsentative ordneten als Mitglieder eines in diesem Sinne Hohen Demokratie wäre auf Dauer erheblich. Wir brauchen star- Hauses der Demokratie für das Wohl unseres Landes in ke Volksparteien, und zwar mehrere. europäischer und internationaler Verantwortung ringen und entscheiden, dann sehe ich wohlgemut in die Zu- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) kunft. Ich bin dankbar und stolz, diesem Hohen Haus Meine zweite kürzere Bemerkung möchte ich zu die- der Demokratie angehört zu haben. sem Parlament, zu diesem Bundestag machen. Ich habe Ich verabschiede mich von diesem Pult und wünsche gegen manches Vorurteil in diesem Bundestag weit über- alles Gute. wiegend fleißige und sachkundige Parlamentarier erlebt, manchmal sogar bei den Linken und ganz manchmal (Anhaltender Beifall im ganzen Hause – Die sogar in der AfD, trotz aller offenkundigen Verfassungs- Abgeordneten der CDU/CSU und Abgeordnete ferne. der SPD erheben sich) (B) (D) (Zuruf von der AfD: Hallo!) Vizepräsidentin Claudia Roth: Ich erlebe viel Arroganz und Unkenntnis gegenüber un- Sehr geehrter Thomas de Maizière, ich möchte mich serer Arbeit im Bundestag von Menschen, die ihrerseits bei Ihnen im Namen des ganzen Hauses – Sie sehen es – nicht bereit sind, sich den Mühen der Ebene eines Abge- von ganzem Herzen bedanken für viele Jahre Beitrag zu ordnetenalltags zu unterziehen und tagaus, tagein so unserer Demokratie, den Sie auf unterschiedlichsten Ebe- unterschiedlichen Menschen zu begegnen, wie wir das nen und in unterschiedlichsten Funktionen geleistet ha- gerne tun. Diese offen und unterschwellig vorgetragene, ben. Dass Sie ein leidenschaftlicher streitbarer Demokrat zum Teil sogar mitleidig gemeinte und überhebliche Hal- sind, haben Sie uns gerade noch einmal kundgetan. tung gegenüber den Abgeordneten des Deutschen Bun- destages und ihrer herausragend wichtigen und groß- Ich danke Ihnen für Ihre Haltungen, die Sie durchaus artigen Arbeit ärgert mich schon lange. Ich finde eine konsequent vertreten haben und vertreten, für den Res- solche Haltung zutiefst ungerecht und selbstgerecht. pekt Andersdenkenden gegenüber. Ich danke Ihnen – jetzt wird es persönlicher – für die Geduld und die Neu- (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der gier, die Sie gezeigt haben, Geduld mit und Neugier auf FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNIS- grüne Frauen in so manchen Verhandlungen. Ich weiß, SES 90/DIE GRÜNEN) wovon ich spreche. Ich danke Ihnen für Ihre Streitbarkeit Natürlich verfolgen wir als Abgeordnete parteipoliti- und für Ihren streitbaren Geist. Das ist Grund- sche Interessen. Dafür findet eine Wahl ja auch statt, und nahrungsmittel in unserer Demokratie. Ihre Rede jetzt wir kandidieren für eine Partei. Aber diese Interessen hat ja dazu eingeladen, gleich wieder in eine streitbare müssen sich im parlamentarischen Verfahren verbinden Auseinandersetzung zu gehen. mit sachlich guten und nachhaltigen Lösungen, die dann Ich bin mir sehr sicher, dass Sie auch ein Vertreter für natürlich ihrerseits umstritten sind. Ich nenne das Demo- eine politische Kultur im streitbaren Umgang miteinan- kratie. der waren. Auch dafür herzlichen Dank. Ich habe Ausschussarbeit und Plenardebatten erlebt, (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und dem die Sternstunden parlamentarischer Arbeit waren: her- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abge- vorragende Verhandlungen, glänzende Reden, überzeu- ordneten der SPD) gendes Auftreten, genauso natürlich wie manche Fehl- leistungen persönlicher oder politischer Art. Der Und ich bin mir sehr sicher, Herr de Maizière: Irgend- Deutsche Bundestag ist jedenfalls das Hohe Haus der wann und irgendwo und irgendwie wird diese Debatte, Demokratie. „Hoch“ nicht im Sinne von Überheblich- wird dieser streitbare Dialog fortgesetzt werden. Ich 30060 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) weiß, das gefällt Ihnen gut, macht Ihnen Spaß, und das ist irgendeinem Tresor. Tatsache ist, meine Damen und Her- (C) ein Beitrag zur Stärkung unserer Demokratie. Vielen ren: Wir reden von investiertem Vermögen in den deut- herzlichen Dank, und Ihnen eine wirklich gute Zeit! schen Familienbetrieben. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ha! der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE Familienbetriebe? So wie BMW?) GRÜNEN) Die wollen Sie in Wahrheit treffen; denn dagegen richtet Wir sind am Ende einer namentlichen Abstimmung. sich die Vermögensteuer. Das müssen die Menschen vor Ich frage: Gibt es noch einen Kollegen oder eine Kolle- der Bundestagswahl 2021 wissen. gin, der oder die die Stimme nicht abgegeben hat? (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten (Stephan Brandner [AfD]: Ja!) der CDU/CSU) – Ja, dann wird es aber Zeit. Schnell! Ich habe gerade einen Call mit Nordmetall gehabt, mit (Stephan Brandner [AfD]: Er musste die De- einer Kollegin aus Ihren eigenen Reihen. Da wurde das batte ja bis zum Ende verfolgen! Er hat gere- Hohelied auf den Mittelstand gesungen und gesagt: Die det!) mittelständischen Unternehmen, der deutsche Mittel- – Nee, muss er gar nicht, Herr Brandner; das wissen Sie. stand muss doch gerade nach der Krise entlastet werden. Wir haben eine halbe Stunde Zeit gehabt zum Abstim- Nachdem die Hilfen erst nicht angekommen sind, muss men. – Der Kollege darf noch abstimmen. Geben Sie mir wenigstens jetzt vernünftig mit dem Mittelstand umge- danach bitte ein Zeichen. – Gut. Es ist also kein Kollege gangen werden. Nachdem die Hilfen erst über viele Mo- oder keine Kollegin mehr im Haus, der oder die noch nate nicht ankamen, kommt jetzt aber die Androhung nicht abgestimmt hat. Dann schließe ich die Abstimmung einer neuen Substanzbesteuerung, meine Damen und und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Herren. Sie fallen dem deutschen Mittelstand in den Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung Rücken mit dem, was Sie im Bundestagswahlkampf for- wird Ihnen wie immer zeitnah bekannt gegeben.1) dern, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Jetzt kommt der nächste Redner. Das ist der Redner für (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten die FDP-Fraktion, Christian Dürr. der CDU/CSU) (Beifall bei der FDP) Dabei ist die Vermögensteuer extrem bürokratisch. Das war sie damals schon, als sie bis in die Mitte der 90er-Jahre erhoben worden ist. Der Erhebungsaufwand (B) Christian Dürr (FDP): (D) Ganz herzlichen Dank. – Frau Präsidentin! Verehrte ist bisweilen höher als die Einnahmen selber. Das zeigt Kolleginnen und Kollegen! Ich habe leider keine zehn doch: Es geht in Wahrheit nicht darum, Einnahmen für Minuten Redezeit, aber zwei Sätze darf ich schon zu den Staat zu generieren. Es geht in Wahrheit nicht darum, Ihnen sagen. Herr Dr. de Maizière, ich bin Ihnen aus- irgendeine Art der Gerechtigkeit herzustellen. Nein, die drücklich dankbar für die gerade gefundenen Worte zur Vermögensteuer ist ein politisches Kampfinstrument auf parlamentarischen Demokratie und zur Parteiendemokra- dem Rücken der Mittelständlerinnen und Mittelständler, tie in Deutschland und will mich dem Dank der Frau das Sie hier im Bundestagwahlkampf nutzen. Das muss Präsidentin anschließen. Als ich neu in den Bundestag man in aller Deutlichkeit sagen. Das muss verhindert einzog, waren Gespräche zum Thema Migrationspolitik werden am 26. September. zu führen – das will ich in der Sache nicht weiter ver- (Beifall bei der FDP) tiefen –, die gemeinsam mit der amtierenden Frau Präsi- dentin und Ihnen, Herr Dr. de Maizière, stattgefunden Nebenbei gesagt: Die Vermögensteuer – ich wende haben. Aus diesen Gesprächen habe ich gelernt, dass mich mal in Richtung der Kollegen der Linken – ist ja Sie nicht nur ein streitbarer Parlamentarier sind, sondern so kompliziert, dass Ihre Parteivorsitzende bei „Markus auch jemand, der im menschlichen Umgang stets korrekt Lanz“ nicht einmal in der Lage war, zu erklären, was Ihre war. Dafür will ich mich im Namen des ganzen Hauses Partei zum Thema Vermögensbesteuerung eigentlich for- sehr herzlich bedanken, lieber Herr Dr. de Maizière. dert, meine Damen und Herren. Der Auftritt – ich emp- fehle ihn jedem – müsste Ihnen doch eine Lehre sein, weil (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD, er zeigt, dass die Erhebung der Vermögensteuer großer der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE Quatsch ist, liebe Kolleginnen und Kollegen. GRÜNEN) 2021 steht wieder eine Bundestagswahl ins Haus. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Auch da sind Entscheidungen zu treffen, und jetzt will der CDU/CSU) ich zum Thema Vermögensteuer sprechen. Die Aus- Nein, das Ziel muss sein, dass wir etwas für den Ver- gangslage ist vergleichsweise klar – Frau Kiziltepe hat mögensaufbau tun. Deswegen haben wir dazu sehr kon- das eben für die SPD noch mal deutlich gemacht –: krete Vorschläge im Rahmen eines Entschließungsantra- Sozialdemokraten, Grüne und Linke wollen die Wieder- ges gemacht. Wir müssen doch gerade den Menschen, die erhebung der Vermögensteuer in Deutschland. Es wird ja bisher noch ein kleines Vermögen haben, zu einem größ- immer das Märchen erzählt, es gehe um Bargeld in eren Vermögen verhelfen, statt immer nur darüber zu diskutieren, wie man bestehende Vermögen verkleinert. 1) Ergebnis Seite 29993 C Das muss das Ziel der Politik in Deutschland sein. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30061

Christian Dürr (A) Hinzu kommt: Das Gesamtsteueraufkommen wird mit Wer da politisch nichts unternimmt, hat mit sozialer Ge- (C) der Erhebung einer Vermögensteuer sinken, meine Da- rechtigkeit nichts am Hut. men und Herren. Ich sage das in Richtung der Kollegen der SPD; denn das ist nicht meine Behauptung, sondern (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- das Ergebnis eines Gutachtens, das das bis 2017 SPD- NIS 90/DIE GRÜNEN) geführte Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gege- Diese enorme Konzentration von Reichtum ist auch ben hat. Ich zitiere: wirtschaftspolitisch falsch und gefährlich. Extreme Ver- Das Gesamtsteueraufkommen des Staates fällt infol- mögen führen zu Spekulationsblasen am Finanzmarkt ge der Einführung einer Vermögensteuer langfristig und zu Mietenexplosionen am Wohnungsmarkt. Auch geringer aus als ohne Vermögensteuer. … Die lang- das muss verhindert werden. fristigen Folgen sind ein deutlich geringeres Investi- (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- tions-, Produktions- und Beschäftigungsniveau, als neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) dies ohne Vermögensteuer der Fall wäre. Und es geht nicht darum, von irgendwelchen Mittel- Die klare Botschaft lautet, meine Damen und Herren: ständlern Geld einzunehmen; das ist doch eine absurde Sie richtet sich nicht nur gegen den Mittelstand – das Behauptung. Ich bitte Sie: Lidl oder BMW kann man habe ich jetzt mehrfach wiederholt –, sondern in Wahrheit gerne als Familienunternehmen bezeichnen; aber mit richtet sich diese Steuer gegen die Millionen von Arbeit- Mittelstand im klassischen Sinne hat das nichts zu tun, nehmerinnen und Arbeitnehmern in Deutschland. Das ist und das wissen Sie auch, Herr Dürr. die Politik der Sozialdemokratie im Wahlkampf. Das kann kein Rezept für ein erfolgreiches Deutschland sein. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Herzlichen Dank. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: So ist (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten das!) der CDU/CSU – Zurufe von der SPD und der Ohne erhebliche zusätzliche Staatseinnahmen wird es LINKEN) keine Lösung der Klimakrise geben. Um Deutschland, wie erforderlich, bis 2035 oder wenigstens, wie jetzt die Vizepräsidentin Claudia Roth: Bundesregierung überlegt, bis in die 2040er-Jahre klima- Vielen Dank, Christian Dürr. – Nächster Redner: Jörg neutral zu machen, ist eine sozial-ökologische Investi- Cezanne für die Fraktion Die Linke. tionsoffensive in erheblichem Ausmaß notwendig. Und diese Investitionen müssen, weil es dafür noch keine aus- (Beifall bei der LINKEN) (B) reichend funktionierenden Märkte gibt, überwiegend (D) vom Staat kommen oder zumindest von ihm gefördert Jörg Cezanne (DIE LINKE): werden. Das geht aber nur mit erheblich höheren Ein- Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 100 Mil- nahmen. liarden Euro – um 100 Milliarden Euro sind die Vermö- gen der 136 Vermögensmilliardäre in Deutschland im (Beifall bei der LINKEN) vergangenen Jahr angestiegen. Die Wirtschaftsleistung – Liebe Union, liebe FDP, Sie wollen die Reichen nicht das muss man sich wirklich mal zu Gemüte führen – ist belasten, Sie wollen die Aufnahme von Krediten für um 170 Milliarden Euro zurückgegangen. Zehntausende Zukunftsinvestitionen verhindern, und das vor dem Hin- Minijobber und Leiharbeiter haben ihre Arbeit verloren. tergrund von durch die Pandemie und die Krise gesunke- Millionen mussten durch Kurzarbeit Lohneinbußen in ner Staats- und Steuereinnahmen. Sagen Sie doch ein- Kauf nehmen. Aber die Zahl der Superreichen ist größer fach, dass Sie die Klimakrise gar nicht bekämpfen geworden, und sie sind noch reicher geworden. Eine hohe wollen! Sagen Sie doch einfach, dass Sie die Armut so einmalige Vermögensabgabe und eine dauerhafte Vermö- belassen wollen, wie sie jetzt ist! Dann wären Sie ehrlich gensbesteuerung sind deshalb geeignet, Krisengewinne vor der Wahl. Aber so weit wollen Sie dann doch nicht für den sozialen Ausgleich zu mobilisieren. gehen. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- (Beifall bei der LINKEN) neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Natürlich hat niemand etwas dagegen, dass jemand wohl- Vizepräsidentin Claudia Roth: habend ist; Herr Dürr, das ist doch, bitte schön, blöder Vielen Dank, Jörg Cezanne. – Nächster Redner: für Quatsch. Bündnis 90/Die Grünen Stefan Schmidt. (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Aber wenn die ärmere Hälfte der Bevölkerung gar kein Nettovermögen besitzt und wenn die 10 Prozent der Stefan Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Reichsten über zwei Drittel des Gesamtvermögens ver- Ich grüße Sie, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin- fügen, dann stimmt da politisch etwas nicht. nen und Kollegen! Kaum hat der Wahlkampf angefangen, (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. kramt die FDP einen typischen Schaufensterantrag aus Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜND- der Schublade; Herr de Maizière, Sie haben es richtig NIS 90/DIE GRÜNEN] – Matthias W. festgestellt. Es ist zynisch, dass Sie mitten in der Krise Birkwald [DIE LINKE]: Allerdings!) einen geeigneten Zeitpunkt für astreine Klientelpolitik 30062 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Stefan Schmidt (A) sehen. Und statt echter Verteilungsgerechtigkeit setzen Vielen Dank. (C) die noch immer Neoliberalen weiter auf Steuergeschenke (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) für Superreiche.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Vizepräsidentin Claudia Roth: Die Vermögen in Deutschland sind bereits extrem Vielen Dank, Stefan Schmidt. – Der letzte Redner in ungleich verteilt. Es kümmert die FDP aber nicht, dass dieser lebendigen Debatte: für die SPD-Fraktion das reichste Prozent der Bevölkerung über rund ein Drit- Bernhard Daldrup. tel des Vermögens in diesem Land verfügt. Die FDP schert sich auch nicht darum, dass die ärmere Hälfte der (Beifall bei der SPD) Menschen in diesem Land nur rund 1 Prozent der privaten Nettovermögen besitzt. Es ist interessiert die FDP auch Bernhard Daldrup (SPD): nicht, dass die Pandemie mit ihren Folgen die Reichen Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! noch reicher und die Ärmeren noch ärmer gemacht hat. Lieber Herr Dr. de Maizière, auch ich möchte mich sehr Wenn Sie jetzt fordern, die Vermögensteuer abzuschaf- herzlich bei Ihnen bedanken für Ihre langjährige Arbeit in fen, die übrigens seit 1997 ohnehin nicht erhoben wird, der Regierung und im Parlament. Ich teile Ihre Bemer- zeigen Sie Ihre eiskalte Schulter. Sie haben absolut keine kungen zu den Volksparteien ausdrücklich. Herzlichen Ahnung von den Sorgen und den Nöten vieler Menschen Dank dafür, und Ihnen alles Gute! in diesem Land. Ihre Definition von Mittelstand hat doch (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie mit der echten Mitte der Gesellschaft nichts gemeinsam. bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) GRÜNEN) Ich erkläre Ihnen das gern in Ihrer eigenen Bildspra- Drei Minuten Redezeit sind nicht viel, aber es gibt che. Ihr Generalsekretär , immerhin ehe- Anträge, für die das reicht. Die FDP-Anträge gehören maliger Landwirtschaftsminister, hat zur Vermögensbe- meistens dazu; sie sind nämlich politisch sehr durch- steuerung die alte und immer noch schiefe Analogie von schaubar. den Bürgern als Melkkuh herausgekramt und gesagt, man (Beifall bei der SPD) müsse Kühe melken und dürfe sie nicht schlachten. Ich komme vom Land, und ich kann Ihnen versichern: Man Sie wollen mit der Vermögensteuer, die seit 25 Jahren sollte nur die Kuh melken, die auch Milch gibt. Wer mit nicht mehr erhoben wird, Besorgnisse bei Ihrer Klientel, Krawatte oder mit Kostüm in den Stall geht und Kuh und bei den Besserverdienenden, schüren, die zwar nicht be- Stier nicht auseinanderhalten kann, der sollte besser die gründet, aber wahlkampftauglich sind. (B) (D) Finger von der Melkmaschine lassen. Ich habe es vorhin schon gehört, will es aber noch (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einmal bekräftigen: Wir entlasten zum Beispiel eine vier- sowie bei Abgeordneten der SPD und der köpfige Familie in der Mitte der Gesellschaft mit einem LINKEN – Lachen bei der FDP) zu versteuernden Einkommen von bis zu 150 000 Euro vollständig und bis zu einem Einkommen von Und schlimmer noch: Mit Ihnen landet die Verteilungs- 211 000 Euro weitgehend vom Soli – das sind Entlastun- gerechtigkeit in dieser Gesellschaft auf der Schlachtbank. gen in einem Volumen von 10 Milliarden Euro –, wäh- Denn Wahlgeschenke für Wohlhabende müssen auch ir- rend sich die FDP schützend vor Millionäre und Milliar- gendwie finanziert werden, und das passiert bei Ihnen däre stellt. Das ist der Unterschied. über eine Verteilung von unten nach oben und zulasten künftiger Generationen. Das lassen wir Ihnen nicht (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten durchgehen! der LINKEN) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Wir fordern in dieser Situation zeitlich befristet Solidari- sowie bei Abgeordneten der SPD und der tät von den Besserverdienenden, während die FDP den LINKEN) Schutz der Vermögenden vor Solidarität will. Das wollen wir nicht. Sie klatschen den Leistungsträgern Beifall in Eine Vermögensteuer ist keine ideologische Frage, der Coronakrise, von der Kassiererin bis zum Pfleger, sondern eine Frage von Vernunft und Gerechtigkeit. aber wenn es um die angemessene Entlohnung geht, ja, (Lachen bei der FDP) dann sind Sie nicht mehr dabei. Es ist vernünftig und gerecht, wenn wir Grüne Multimil- (Beifall bei der SPD) lionäre stärker zur Verantwortung und zur Finanzierung Für uns ist die Vermögensteuer nicht zu den Akten des Bildungswesens heranziehen wollen. Es ist vernünf- gelegt. Es wäre auch nicht schlimm, wenn das Aufkom- tig und gerecht, wenn Superreiche zu besserer Bildung men die Länder bekämen; dann müssen wir ihnen nicht und damit zu besseren Lebenschancen für alle beitragen; auf andere Art und Weise helfen, Herr Dr. de Maizière. denn der soziale Aufstieg darf nicht weiterhin vom Geld- Aber wenn Verheiratete bei einem Freibetrag von 4 Mil- beutel der Eltern abhängen. lionen Euro ein darüber hinausgehendes Vermögen ha- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ben, ist ein moderater Steuersatz von 1 bis 2 Prozent weder unsozial noch eine Leistungsbremse. Für uns Grüne steht deshalb fest: Statt einseitiger Klien- telpolitik und Steuergeschenken für Superreiche braucht (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten es endlich echte Chancen und Verteilungsgerechtigkeit. des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30063

Bernhard Daldrup (A) Merken Sie sich: Der Reichtum einer Gesellschaft liegt Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf (C) nicht im Vermögen weniger, sondern in der materiellen der Fraktion der FDP zur Änderung des Vermögensteuer- Leistungsanerkennung für alle. Das ist der Unterschied. gesetzes. Der Finanzausschuss empfiehlt unter Buchsta- Deswegen lehnen wir Ihre Anträge ab. be a seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache (Beifall bei der SPD) 19/30175, den Gesetzentwurf der Fraktion der FDP auf Drucksache 19/25789 abzulehnen. Wir sollten uns in dieser Zeit mehr darum kümmern, wie angesichts der Coronakrise die Beteiligung der groß- Wir stimmen über den Gesetzentwurf auf Verlangen en Digitalkonzerne an der Finanzierung des Ge- der Fraktion der FDP namentlich ab. Die Abstimmung meinwesens durchgesetzt werden kann, statt zuzusehen, erfolgt in der Westlobby. Sie haben zur Abgabe Ihrer wie sie sich dem durch internationale Steuergestaltung Stimme nach Eröffnung der Abstimmung 30 Minuten entziehen. Es ist keine Übertreibung, wenn die Presse Zeit. Bitte gehen Sie – das wissen Sie inzwischen – nicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt von einer Steuerrevolution alle gleichzeitig zur Abstimmung. Es stehen Ihnen acht spricht, die auch international maßgeblich mit Olaf Urnen zur Verfügung. Die Schriftführerinnen und Scholz verbunden ist; Schriftführer bitte ich, die vorgesehenen Plätze einzuneh- men. – Sie sind eingenommen. Dann eröffne ich die na- (Beifall bei der SPD) mentliche Abstimmung über den Gesetzentwurf der immerhin haben sich die Finanzminister der G-7-Länder Fraktion der FDP auf Drucksache 19/25789. Die Abstim- auf eine Neuordnung der Besteuerung internationaler mungsurnen werden um 19.59 Uhr geschlossen. Das Konzerne geeinigt. Das ist wirklich wichtig für die bevorstehende Ende der namentlichen Abstimmung Zukunftssicherung der Finanzierung unseres Staates. wird Ihnen von mir rechtzeitig bekannt gegeben wer- Apple, Facebook und Google werden sich ihrer Steuer- den.1) pflicht künftig nicht mehr dadurch entziehen können, Tagesordnungspunkt 20 b. Beschlussempfehlung des dass sie ihre Gewinne in Niedrigsteuerländer verschie- Finanzausschusses zum Antrag der Fraktion der FDP ben. Wir werden in Europa einen größeren Steueranteil mit dem Titel „Mehr Vermögen aufbauen statt Leistung von den Internetgiganten erhalten. Dies hat Olaf Scholz bestrafen“. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b mit seinem französischen Amtskollegen Bruno Le Maire seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/30175, durchgesetzt. Künftig sollen Konzerne einen Steuersatz den Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache von mindestens 15 Prozent zahlen. Das ist eine Perspek- 19/25792 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschluss- tive, die auch Deutschland auf die Gewinnerseite bringen empfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen wird. sehe ich keine. Die Beschlussempfehlung ist angenom- (B) men. Zugestimmt haben die Fraktionen der Linken, der (D) Vizepräsidentin Claudia Roth: SPD, der Bündnisgrünen und der CDU/CSU, und dage- Kommen Sie zum Ende. gengestimmt haben die Fraktionen der FDP und der AfD. Bevor ich die nächsten Tagesordnungspunkte aufrufe, Bernhard Daldrup (SPD): gebe ich Ihnen das von den Schriftführerinnen und Wir begegnen dem Steuerdumpingwettbewerb ent- Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen schlossen, und das ist gut so. Schlussabstimmung über den Gesetzentwurf der Bun- Herzlichen Dank. desregierung bekannt, Entwurf eines Siebzehnten Geset- zes zur Änderung des Atomgesetzes, Drucksachen (Beifall bei der SPD) 19/27659 und 19/30488: abgegebene Stimmkarten 622. Mit Ja haben gestimmt 431 Kolleginnen und Kollegen, Vizepräsidentin Claudia Roth: mit Nein haben gestimmt 188 Kolleginnen und Kollegen. Vielen Dank, Bernhard Daldrup. – Damit schließe ich Es gab 3 Enthaltungen. Der Gesetzentwurf ist angenom- die Aussprache. men.

Endgültiges Ergebnis Peter Aumer Norbert Brackmann Thomas Erndl Abgegebene Stimmen: 620; Dorothee Bär Michael Brand (Fulda) Dr. Dr. h. c. Bernd Fabritius davon Thomas Bareiß Dr. Reinhard Brandl Hermann Färber ja: 431 Norbert Barthle Silvia Breher Uwe Feiler nein: 186 Maik Beermann Sebastian Brehm Enak Ferlemann enthalten: 3 Manfred Behrens (Börde) Heike Brehmer Dr. Maria Flachsbarth Veronika Bellmann Ralph Brinkhaus Thorsten Frei Ja Sybille Benning Dr. Carsten Brodesser Dr. Hans-Peter Friedrich CDU/CSU Dr. André Berghegger Gitta Connemann (Hof) Melanie Bernstein Alexander Dobrindt Maika Friemann-Jennert Dr. Michael von Abercron Christoph Bernstiel Michael Donth Michael Frieser Stephan Albani Peter Beyer Marie-Luise Dött Hans-Joachim Fuchtel Norbert Maria Altenkamp Marc Biadacz Hansjörg Durz Ingo Gädechens Philipp Amthor Steffen Bilger Artur Auernhammer Peter Bleser 1) Ergebnis Seite 30074 C 30064 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Dr. Thomas Gebhart Andrea Lindholz Dr. Klaus-Peter Schulze (C) Alois Gerig Dr. Carsten Linnemann Uwe Schummer Doris Barnett Eckhard Gnodtke Patricia Lips Torsten Schweiger Sören Bartol Ursula Groden-Kranich Bernhard Loos Detlef Seif Bärbel Bas Hermann Gröhe Dr. Jan-Marco Luczak Johannes Selle Lothar Binding Klaus-Dieter Gröhler Daniela Ludwig Reinhold Sendker (Heidelberg) Michael Grosse-Brömer Dr. Saskia Ludwig Dr. Patrick Sensburg Dr. Eberhard Brecht Markus Grübel Karin Maag Thomas Silberhorn Leni Breymaier Manfred Grund Dr. Thomas de Maizière Björn Simon Dr. Karl-Heinz Brunner Oliver Grundmann Gisela Manderla Tino Sorge Monika Grütters Dr. Astrid Mannes Frank Steffel Dr. Lars Castellucci Fritz Güntzler Matern von Marschall Dr. Wolfgang Stefinger Bernhard Daldrup Olav Gutting Andreas Mattfeldt Albert Stegemann Dr. Karamba Diaby Christian Haase Stephan Mayer (Altötting) Andreas Steier Esther Dilcher Florian Hahn Dr. Michael Meister Peter Stein (Rostock) Sabine Dittmar Jürgen Hardt Dr. h. c. (Univ Kyiv) Hans Sebastian Steineke Dr. Wiebke Esdar Matthias Hauer Michelbach Johannes Steiniger Yasmin Fahimi Dr. Matthias Heider Dr. Mathias Middelberg Christian Frhr. von Stetten Dr. Johannes Fechner Mechthild Heil Dietrich Monstadt Dieter Stier Dr. Fritz Felgentreu Thomas Heilmann Elisabeth Motschmann Gero Storjohann Dr. Edgar Franke Frank Heinrich (Chemnitz) Axel Müller Stephan Stracke Mark Helfrich Dr. Gerd Müller Max Straubinger Dagmar Freitag Rudolf Henke Sepp Müller Dr. Hermann-Josef Michael Gerdes Michael Hennrich Carsten Müller Tebroke Martin Gerster Marc Henrichmann (Braunschweig) Hans-Jürgen Thies Angelika Glöckner Ansgar Heveling Stefan Müller (Erlangen) Alexander Throm Timon Gremmels Christian Hirte Christian Natterer Dr. Dietlind Tiemann Kerstin Griese Alexander Hoffmann Dr. Andreas Nick Antje Tillmann Uli Grötsch Karl Holmeier Michaela Noll Markus Uhl Bettina Hagedorn Dr. Hendrik Hoppenstedt Kristina Nordt Arnold Vaatz Rita Hagl-Kehl Erich Irlstorfer Wilfried Oellers Kerstin Vieregge Metin Hakverdi Hans-Jürgen Irmer Florian Oßner Thomas Viesehon Sebastian Hartmann (B) Thomas Jarzombek Josef Oster Volkmar Vogel Dirk Heidenblut (D) Andreas Jung Dr. Tim Ostermann (Kleinsaara) Wolfgang Hellmich Ingmar Jung Ingrid Pahlmann Christoph de Vries Dr. Barbara Hendricks Alois Karl Sylvia Pantel Kees de Vries Gustav Herzog Anja Karliczek Martin Patzelt Dr. Johann David Gabriele Hiller-Ohm Torbjörn Kartes Dr. Joachim Pfeiffer Wadephul Thomas Hitschler Volker Kauder Stephan Pilsinger Kai Wegner Frank Junge Dr. Stefan Kaufmann Dr. Christoph Ploß Albert H. Weiler Josip Juratovic Ronja Kemmer Eckhard Pols Marcus Weinberg Thomas Jurk (Hamburg) Roderich Kiesewetter Thomas Rachel Oliver Kaczmarek Dr. Anja Weisgerber Michael Kießling Kerstin Radomski Ralf Kapschack Alexander Radwan Peter Weiß Gabriele Katzmarek Dr. Georg Kippels (Emmendingen) Alois Rainer Cansel Kiziltepe Volkmar Klein Sabine Weiss (Wesel I) Dr. Peter Ramsauer Arno Klare Axel Knoerig Ingo Wellenreuther Eckhardt Rehberg Lars Klingbeil Jens Koeppen Marian Wendt Lothar Riebsamen Dr. Bärbel Kofler Markus Koob Kai Whittaker Josef Rief Carsten Körber Annette Widmann-Mauz Johannes Röring Elvan Korkmaz-Emre Kordula Kovac Bettina Margarethe Alexander Krauß Dr. Norbert Röttgen Wiesmann Christine Lambrecht Gunther Krichbaum Stefan Rouenhoff Klaus-Peter Willsch Christian Lange (Backnang) Dr. Günter Krings Erwin Rüddel Elisabeth Winkelmeier- Dr. Karl Lauterbach Rüdiger Kruse Stefan Sauer Becker Sylvia Lehmann Dr. Dr. h. c. Karl A. Lamers Anita Schäfer (Saalstadt) Emmi Zeulner Helge Lindh Andreas G. Lämmel Dr. Wolfgang Schäuble Dr. Matthias Zimmer Hiltrud Lotze Katharina Landgraf Andreas Scheuer Kirsten Lühmann Ulrich Lange Jana Schimke Dr. Silke Launert Tankred Schipanski SPD Isabel Mackensen-Geis Jens Lehmann Christian Schmidt (Fürth) Niels Annen Caren Marks Paul Lehrieder Dr. Claudia Schmidtke Ingrid Arndt-Brauer Dorothee Martin Dr. Katja Leikert Patrick Schnieder Bela Bach Katja Mast Dr. Andreas Lenz Nadine Schön Heike Baehrens Christoph Matschie Antje Lezius Felix Schreiner Ulrike Bahr Hilde Mattheis Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30065

(A) Dr. Matthias Miersch Gülistan Yüksel Jürgen Pohl Dr. Marcel Klinge (C) Dagmar Ziegler Stephan Protschka Pascal Kober Susanne Mittag Dr. Jens Zimmermann Martin Erwin Renner Dr. Lukas Köhler Falko Mohrs Roman Johannes Reusch Carina Konrad Claudia Moll AfD Ulrike Schielke-Ziesing Konstantin Kuhle Siemtje Möller Jörg Schneider Alexander Kulitz Bettina Müller Dr. Bernd Baumann Uwe Schulz Alexander Graf Lambsdorff Michelle Müntefering Andreas Bleck Thomas Seitz Ulrich Lechte Dr. Rolf Mützenich Peter Boehringer Martin Sichert Michael Georg Link Ulli Nissen Stephan Brandner Detlev Spangenberg (Heilbronn) Josephine Ortleb Jürgen Braun Dr. Dirk Spaniel Oliver Luksic Mahmut Özdemir Marcus Bühl René Springer Till Mansmann (Duisburg) Petr Bystron Dr. Alice Weidel Dr. Jürgen Martens Aydan Özoğuz Tino Chrupalla Dr. Harald Weyel Christoph Meyer Detlev Pilger Joana Cotar Wolfgang Wiehle Alexander Müller Sabine Poschmann Dr. Gottfried Curio Dr. Christian Wirth Dr. Martin Neumann (Lausitz) Florian Post Siegbert Droese Uwe Witt Achim Post (Minden) Dr. Michael Espendiller Matthias Nölke Florian Pronold Dietmar Friedhoff Bernd Reuther Dr. Sascha Raabe Dr. Anton Friesen Fraktionslos Dr. h. c. Thomas Martin Rabanus Markus Frohnmaier Verena Hartmann Sattelberger Andreas Rimkus Dr. Götz Frömming Lars Herrmann Christian Sauter Frank Schäffler Sönke Rix Dr. Alexander Gauland Dr. Georg Nüßlein Dr. Wieland Schinnenburg Dennis Rohde Albrecht Glaser Matthias Seestern-Pauly René Röspel Franziska Gminder Nein Frank Sitta Dr. Ernst Dieter Rossmann Wilhelm von Gottberg Judith Skudelny Michael Roth (Heringen) Kay Gottschalk FDP Dr. Hermann Otto Solms Susann Rüthrich Mariana Iris Harder- Grigorios Aggelidis Bettina Stark-Watzinger Bernd Rützel Kühnel Renata Alt Dr. Roland Hartwig Dr. Marie-Agnes Strack- Johann Saathoff Christine Aschenberg- Zimmermann Jochen Haug Axel Schäfer (Bochum) Dugnus Benjamin Strasser Udo Theodor Hemmelgarn Dr. Nina Scheer Nicole Bauer Katja Suding (B) Waldemar Herdt (D) Marianne Schieder Jens Beeck Linda Teuteberg Martin Hess Udo Schiefner Dr. Jens Brandenburg Michael Theurer (Rhein-Neckar) Dr. Nils Schmid Dr. Heiko Heßenkemper Stephan Thomae Uwe Schmidt Karsten Hilse Mario Brandenburg Manfred Todtenhausen (Südpfalz) Ulla Schmidt (Aachen) Nicole Höchst Dr. Andrew Ullmann Sandra Bubendorfer-Licht Dagmar Schmidt (Wetzlar) Martin Hohmann Gerald Ullrich Dr. Marco Buschmann Carsten Schneider (Erfurt) Dr. Bruno Hollnagel Johannes Vogel (Olpe) Karlheinz Busen Johannes Schraps Leif-Erik Holm Sandra Weeser Carl-Julius Cronenberg Michael Schrodi Johannes Huber Katharina Willkomm Ursula Schulte Fabian Jacobi Britta Katharina Dassler Swen Schulz (Spandau) Dr. Marc Jongen Bijan Djir-Sarai Jens Kestner Christian Dürr DIE LINKE Stefan Schwartze Stefan Keuter Hartmut Ebbing Doris Achelwilm Andreas Schwarz Norbert Kleinwächter Dr. Marcus Faber Gökay Akbulut Rita Schwarzelühr-Sutter Enrico Komning Daniel Föst Simone Barrientos Rainer Spiering Jörn König Otto Fricke Lorenz Gösta Beutin Svenja Stadler Steffen Kotré Dr. Christopher Gohl Matthias W. Birkwald Martina Stamm-Fibich Dr. Rainer Kraft Thomas Hacker Heidrun Bluhm-Förster Sonja Amalie Steffen Rüdiger Lucassen Reginald Hanke Christine Buchholz Mathias Stein Frank Magnitz Peter Heidt Dr. Birke Bull-Bischoff Kerstin Tack Jens Maier Katrin Helling-Plahr Jörg Cezanne Claudia Tausend Dr. Lothar Maier Markus Herbrand Sevim Dağdelen Michael Thews Dr. Birgit Malsack- Torsten Herbst Dr. Diether Dehm Markus Töns Winkemann Katja Hessel Anke Domscheit-Berg Carsten Träger Volker Münz Dr. Gero Clemens Hocker Klaus Ernst Ute Vogt Sebastian Münzenmaier Manuel Höferlin Susanne Ferschl Marja-Liisa Völlers Christoph Neumann Dr. Christoph Hoffmann Nicole Gohlke Dirk Vöpel Jan Ralf Nolte Reinhard Houben Dr. Gregor Gysi Gabi Weber Ulrich Oehme Ulla Ihnen Dr. André Hahn Dr. Joe Weingarten Gerold Otten Olaf In der Beek Heike Hänsel Bernd Westphal Tobias Matthias Peterka Gyde Jensen Matthias Höhn Dirk Wiese Paul Viktor Podolay Karsten Klein Andrej Hunko 30066 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Ulla Jelpke Jessica Tatti Erhard Grundl Corinna Rüffer (C) Kerstin Kassner Dr. Axel Troost Britta Haßelmann Manuel Sarrazin Dr. Achim Kessler Alexander Ulrich Dr. Bettina Hoffmann Dr. Frithjof Schmidt Jan Korte Kathrin Vogler Dr. Anton Hofreiter Stefan Schmidt Jutta Krellmann Harald Weinberg Dieter Janecek Kordula Schulz-Asche Caren Lay Katrin Werner Dr. Kirsten Kappert- Dr. Wolfgang Strengmann- Ralph Lenkert Sabine Zimmermann Gonther Kuhn Stefan Liebich (Zwickau) Katja Keul Margit Stumpp Dr. Gesine Lötzsch Sven-Christian Kindler Markus Tressel Thomas Lutze BÜNDNIS 90/ Maria Klein-Schmeink Jürgen Trittin Pascal Meiser DIE GRÜNEN Sylvia Kotting-Uhl Dr. Julia Verlinden Cornelia Möhring Oliver Krischer Daniela Wagner Niema Movassat Luise Amtsberg Christian Kühn (Tübingen) Beate Walter-Rosenheimer Norbert Müller (Potsdam) Lisa Badum Markus Kurth Wolfgang Wetzel Zaklin Nastic Margarete Bause Monika Lazar Gerhard Zickenheiner Dr. Alexander S. Neu Canan Bayram Steffi Lemke Dr. Franziska Brantner Dr. Tobias Lindner Thomas Nord Fraktionslos Petra Pau Agnieszka Brugger Dr. Irene Mihalic Sören Pellmann Dr. Anna Christmann Claudia Müller Marco Bülow Victor Perli Dr. Janosch Dahmen Beate Müller-Gemmeke Dr. Frauke Petry Tobias Pflüger Ekin Deligöz Dr. Ingrid Nestle Martina Renner Katharina Dröge Dr. Konstantin von Notz Enthalten Bernd Riexinger Harald Ebner Omid Nouripour Eva-Maria Schreiber Marcel Emmerich Friedrich Ostendorff AfD Dr. Petra Sitte Matthias Gastel Filiz Polat Berengar Elsner von Helin Evrim Sommer Kai Gehring Tabea Rößner Gronow Friedrich Straetmanns Stefan Gelbhaar Claudia Roth (Augsburg) Andreas Mrosek Dr. Kirsten Tackmann Katrin Göring-Eckardt Dr. Manuela Rottmann Dr. Heiko Wildberg

Jetzt bitte ich die Kollegen und die Kolleginnen, Platz geschätzter Kollege, Lothar Binding, der gleich für die (B) zu nehmen; wir kommen jetzt zum nächsten Tagesord- SPD reden wird, hält heute seine letzte Rede im Deut- (D) nungspunkt. schen Bundestag. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 22 a und 22 b auf: (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie a) Zweite und dritte Beratung des von der Bun- bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE desregierung eingebrachten Entwurfs eines GRÜNEN) Gesetzes zur Abwehr von Steuervermei- dung und unfairem Steuerwettbewerb und zur Änderung weiterer Gesetze Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): Drucksachen 19/28901, 19/29643, Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! 19/29997 Nr. 1.16 Liebe Kolleginnen und Kollegen! Steueroasen leben von der Maßlosigkeit. Sie helfen dabei, dass 430 Billio- Beschlussempfehlung und Bericht des nen Vermögen sich in ganz wenigen Händen konzentrie- Finanzausschusses (7. Ausschuss) ren – jetzt denkt jeder, ich hätte den alten Tagesordnungs- Drucksache 19/30470 punkt verschlafen; nein –, das gefährdet Demokratie, und darüber will ich reden. b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses (7. Aus- Deshalb gibt es heute die Beratung über dieses Gesetz schuss) zu dem Antrag der Abgeordneten zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuer- Markus Herbrand, Christian Dürr, Dr. Florian wettbewerb. Dazu sage ich jetzt nicht viel; das alles hat Toncar, weiterer Abgeordneter und der Frak- Cansel Kiziltepe in ihrer zu Protokoll gegebenen Rede tion der FDP schon notiert, das kann man nachlesen. Datenschutz und Menschenrechte im 1 Prozent der Menschen gehören 44 Prozent von allem, Kampf gegen Steueroasen stärken und 54 Prozent besitzen nur 1 Prozent. Ist das gerecht? Ist Drucksachen 19/29264, 19/30470 das kein Skandal? Das ist Chancenverschwendung in der Zum Gesetzentwurf der Bundesregierung liegen ein Welt und in Deutschland und gefährdet die Demokratie. Änderungsantrag und ein Entschließungsantrag der Frak- tion Bündnis 90/Die Grünen vor. (Beifall bei der SPD) Ich eröffne die Aussprache. Jetzt wird es schon wieder Brod und Wein sicher sehr spannend, sehr lehrreich und auch ein biss- … Fest bleibt Eins; es sei um Mittag oder es gehe chen wehmütig; denn ein sehr verehrter und sehr Bis in die Mitternacht, immer bestehet ein Maas … Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30067

Lothar Binding (Heidelberg) (A) Das kurpfälzische Museum in Heidelberg hat dem sondern sie auf die Nachfolger schiebt, der sagt: Sofern (C) 250. Geburtstag von Hölderlin, der diese Elegie geschrie- ein Inländer seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt, muss er ben hat, einen Zollstock gewidmet, den Verkehrswert – das ist jetzt wichtig – seines Wohn- hauses, in dem er selber wohnt, versteuern. (Der Redner hält einen weißen Zollstock hoch – Heiterkeit und Beifall bei der SPD) Stimmt das eigentlich? Die Steuer beim Umzug, so fährt Herr Glaser fort, wird für sieben Jahre gestundet diesen Zollstock, „immer bestehet ein Maas“. Jetzt ist und muss dann bezahlt werden, auch wenn das Haus natürlich klar, dass dieser Zollstock in meiner kleinen gar nicht verkauft wird. „Wer hat denn das ausgedacht?“, Rede die Weltbevölkerung repräsentiert. Dann gibt es fragt er. Die Antwort ist: Herr Glaser hat es sich ausge- noch einen Zollstock, diesen hier. dacht. Es ist glatt gelogen, (Der Redner hält einen roten Zollstock hoch – (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Heiterkeit und Beifall bei der SPD) DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der Darauf steht: „Mein Maßstab ist Gerechtigkeit“. Der CDU/CSU) repräsentiert das Vermögen in der Welt. Jetzt wollen wir es ist total falsch, und es ist hinterhältig. Warum? Weil einfach kurz schauen, was da eigentlich passiert. Ach so: jeder an sein Häuschen denkt, weil jeder daran denkt, wo Diesen Zollstock kann ich halbieren. Wir nehmen einmal er wohnt, und wenn er jetzt ins Ausland fährt, wird er nur das halbe Vermögen. Dieses ganze Vermögen, also plötzlich besteuert. Totaler Unsinn! Es ging um etwas die Hälfte des ganzen, gehört zwei Zentimetern dieses ganz anderes. Für die Fachleute: Es ging um § 6 des weißen Zollstocks, Außensteuergesetzes, und das bemisst sich nach § 17 des Einkommensteuergesetzes; lesen Sie es noch einmal (Der Redner hält die beiden Zollstöcke anei- nach. – Mein Kollege Fritz nickt. Dann bin ich auch nander) sicher, dass das stimmt; er ist nämlich Steuerberater, der wobei der anderen Hälfte der Bevölkerung nur 2 Prozent sein Metier versteht. des Vermögens gehören. (Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN) (Der Redner klappt auch den weißen Zollstock Also, mit solchen bewussten Falschaussagen wird in der Mitte zusammen – Zuruf von der CDU/ Angst geschürt, und das ist ein ganz großes Problem in CSU: Verletz dich nicht!) unserem Land. Deshalb: Alle die, die Angst schüren, Das Verhältnis ist jeweils dieser ganze Meter zu einem gefährden die Demokratie, und das machen die Rechts- Zentimeter auf dem jeweils anderen Zollstock. Und jetzt extremen auch in diesem Haus. (B) soll mir jemand sagen, dass das die Welt auf Dauer aus- (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem (D) hält. Die Antwort ist: Das hält die Welt auf Dauer nicht BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) aus. Das gefährdet die Demokratie. Weil Sie, Frau Präsidentin, die letzte Rede angekündigt (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem haben, sage ich, dass ich mich bei allen entschuldige, die BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ich hier jemals in den 23 Jahren verletzt habe. Das kann passiert sein, ohne dass ich es gemerkt habe. Einmal bin Es ist maßlos, wenn die Deutsche Bank 3 000 Men- ich mir dessen bewusst. Dafür entschuldige ich mich schen entlässt und gleichzeitig 29 Prozent mehr Boni besonders. Das war eine taktisch notwendige Maßnahme, auszahlt, 2 Milliarden Euro. Das ist maßlos und gefährdet um einmal zu zeigen, wie man sich fühlt, wenn andere die Demokratie. mit einem so umgehen, wie es damals passiert ist. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Ich danke den Präsidien, die immer sehr geduldig des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) waren. Sie mussten viel aushalten – mit einem Becher, Wenn Daimler von der Gesellschaft Kurzarbeitergeld den ich kaputt gemacht habe, mit Smarties, die das Ver- nimmt, einen Vorteil von 700 Millionen Euro, ich sage mögen repräsentiert haben. Ich danke meinen und allen einmal, einheimst – zu Recht, damit die Arbeit erhalten Mitarbeitern in den Häusern hier – ohne die würden wir bleibt –, aber gleichzeitig 1,4 Milliarden Euro an die gar nicht funktionieren –, dem Saaldienst, allen Kollegin- Aktionäre auszahlt, dann ist das maßlos, und das gefähr- nen und Kollegen. det die Demokratie. (Beifall bei der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ich danke auch dem Protokoll, das hinterher immer mit diesen vielen Zetteln von mir umgehen muss. Sie haben Wir hatten vorhin von der Kollegin gehört: Es gibt das exzellent gemeistert. auch Tiefpunkte. Es gibt auch Leute im Haus, die die Demokratie durch Angst gefährden. Ich will einfach ein- Fest bleibt Eins; es sei um Mittag oder es gehe mal sagen, wie das funktioniert. Ein Kollege, der bei uns Bis in die Mitternacht, immer bestehet ein Maas … immer schön Noten gibt, wie wir waren, gut oder Vielen Dank. schlecht, und auch schon einmal in Frankfurt 20 Millio- nen verzockt hat, aber die Verantwortung nicht überneh- (Anhaltender Beifall bei der SPD, der CDU/ men will, CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN – Die Abgeordneten der (Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD]) SPD sowie Abgeordnete der CDU/CSU und 30068 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Lothar Binding (Heidelberg) (A) des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN erheben Leben auf Zeit und Sich-Verschulden. Und das macht (C) sich) die EU mit ihrer sogenannten Resilienz und ihrem nicht vorankommendem Wachstum ja klar. Vizepräsidentin Claudia Roth: (Beifall bei der AfD) Vielen, vielen Dank, Lothar Binding. Aber zur Sache – ich will jetzt auch nicht über Volks- (Anhaltender Beifall bei der SPD, der LINKEN parteien reden; wer Volkspartei ist, entscheidet immer und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) noch der Wähler; er ist der Souverän, und mit 24 Prozent oder auch 21 Prozent ist man Volkspartei, und mit 9 Pro- Auch ich danke Ihnen, lieber Kollege Binding, für zent oder 6 Prozent bestimmt nicht –: Kommen wir zum sechs Legislaturperioden leidenschaftlicher Finanzpoli- Positiven dieses Gesetzentwurfs der GroKo. Immerhin: tik. Sie haben es wirklich geschafft, aus einer vermeint- Sie haben einige Kritikpunkte, die auch ich – und viele lich trockenen Angelegenheit immer ein Herzensthema Experten – geäußert habe, aufgenommen. Sie haben die zu machen. Regeln zur Kontoeröffnung – völlig bürokratisch; ein Bürokratiemonster – zurückgenommen und hier jetzt Ich möchte mich wirklich – das meine ich ganz ernst – Möglichkeiten geschaffen. Das ist auch das einzig Gute bei Ihnen auch persönlich bedanken; denn ich habe so an diesem Gesetzentwurf. unglaublich viel gelernt. Mit Ihrem Zollstock, mit Ihren Smarties, mit Ihrem kaputten Bechern und so habe ich Insgesamt – ich möchte hier mit der Erlaubnis der wirklich gelernt, was Finanzpolitik eigentlich heißt. Mit Präsidentin einmal den Fachanwalt für Steuerrecht Ihren Fähigkeiten – – Dr. Björn Demuth zitieren – ist festzuhalten: (Zurufe von der AfD) Im Ergebnis stellt sich die Frage, ob die Bekämp- fung einiger weniger Krimineller es rechtfertigt, alle – Meine Güte, jetzt hören Sie halt einmal zu, wenn wir rechtschaffenen Unternehmen in die Gruppenhaft zu jemanden würdigen, der sechs Legislaturperioden diesen nehmen. Laden hier gerockt hat. Meine Güte! In der Anhörung zum Gesetzentwurf sprachen Experten (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, auch von einem Bürokratiemonster. der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE Dr. Demuth sprach weiter: GRÜNEN) Unsere hiesige Wirtschaft wird im Namen der Ge- Vielen, vielen herzlichen Dank, lieber Lothar Binding. rechtigkeit gelähmt und das nur, weil unser Staat keine anderen Wege findet, um Kriminellen zu (B) Wir sollten wirklich einmal überlegen – ich weiß gar (D) nicht, wer dafür zuständig ist; dann sage ich halt, es ist begegnen. In Bürokratie sind wir Weltmeister, meine Kommission –, ein kleines Museum einzurichten, – das kann man unterstreichen – das Museum in unserem Haus, in unserer Herzkammer. leider aber nicht bei Eigenverantwortlichkeit und Ihre Zollstöcke werden dort einen würdigen Platz finden. Effizienz. Ich wünsche Ihnen alles, alles, alles Gute weiterhin. Und das haben Sie in den letzten 30 Jahren zu verant- Sie sind so streitbar, so lebendig und so aktiv, und Sie worten, meine Damen und Herren. brennen genau für das Thema „Gerechtigkeit in der Finanzpolitik“. Dafür haben Sie ganz, ganz viel geleistet – (Beifall bei der AfD) hier in diesem Haus und über das Haus hinaus. Ich bin Die Idee eines schlanken Staates wird mit solchen mir ziemlich sicher, dass Sie fehlen werden. Vielen Dank, Gesetzen mit Füßen getreten. Bundesfinanzminister lieber Lothar! Scholz sprach in seiner Einbringungsrede zu dem Gesetz- entwurf von Vorreiterrolle. Er ist nicht da – okay, das (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, kennen wir mittlerweile –; ich frage mich dennoch, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE Herr Scholz: Was meinten Sie eigentlich damit? Meinen GRÜNEN) Sie damit, dass wieder in übertriebener Gehorsamkeit Nächster Redner: für die AfD-Fraktion Kay gegenüber der EU alle Maßnahmen umgesetzt werden? Gottschalk. Die EU verlangte immerhin, dass nur eine Maßnahme von vier, die dort in Rede standen, in nationales Recht (Beifall bei der AfD) umzusetzen ist. Nun dürfen Sie raten, was diese GroKo umgesetzt hat. Sie wollen in Deutschland gleich alle vier Kay Gottschalk (AfD): Maßnahmen umsetzen. Das nennen Sie dann Vorreiter- Sehr geehrte Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! rolle. Ich bin der Meinung, dass wir in einem anderen Bevor ich nun zur Sache spreche – es waren ja viele Punkt vielleicht eine Vorreiterrolle übernehmen sollten, Ausflüge –, eine Bemerkung, lieber Lothar Binding, aber nicht in Bürokratie und vorauseilendem Gehorsam. auch an die Vorredner gerichtet. Man kann auch ohne Sie hätten nämlich zusätzlich zu der schwarzen Liste Zollstock erklären: Sie können nur dann Wohlstand ver- der EU eine eigene Liste, eine nationale Liste, führen teilen – Volkswirtschaft erstes Semester –, wenn das können, die beispielsweise auch die Steueroasen in der Wirtschaftswachstum und die Produktivität über der Ent- EU benennt. Das wäre eine echte Vorreiterrolle gewesen. wicklung der Bevölkerungsrate liegen. Dies vielleicht Aber das ist natürlich zu unbequem; denn dann müssten einmal zum Verteilen von Wohlstand. Alles andere ist Sie Ihr heißgeliebtes Kind, die EU – nicht Europa, das Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30069

Kay Gottschalk (A) verwechseln Sie im Hohen Hause auch immer ganz ger- Wir verabschieden heute ein weiteres wichtiges (C) ne –, angreifen, dann müssten Sie eingestehen – da könn- Steuergesetz, das sogenannte Steueroasen-Abwehrge- te ich fast dankbar sein –, dass Sie durch Ihre eigene setz. Wir wollen die Wohlfühlorte für Steuerflüchtlinge, Unfähigkeit, Gesetze zu formulieren, indem Sie vier statt die Steueroasen, trockenlegen. eine Maßnahme umsetzen, genau diese EU erodieren Wir hatten im Koalitionsvertrag bereits vereinbart, lassen. dass wir gemeinsam gegen Steuerbetrug und Steuerver- In diesem Zusammenhang gab das Netzwerk Steuer- meidung und für eine gerechte Besteuerung einstehen gerechtigkeit an, dass diese schwarze Liste der EU – wollen. Wir haben in dieser Legislaturperiode einiges supereffizient – für 2 Prozent der globalen Steuerverluste gemacht: Ich nenne das ATAD-Umsetzungsgesetz. Die durch Steuervermeidung verantwortlich ist. Länder wie Share Deals haben wir geregelt usw. Wir haben gemein- Zypern und Malta oder Luxemburg werden übrigens, wie sam also viel erreicht gegen unfairen Steuerwettbewerb. ich es eben gesagt habe, erst gar nicht genannt. Das ist Aber erlauben Sie mir noch den Hinweis: Steuerwett- peinlich, meine Damen und Herren. bewerb an sich ist kein Problem. Ich finde, das kommt in Dieses Gesetz führt also nicht zu mehr Gerechtigkeit. den Debatten meistens zu kurz. Natürlich sind wir in Ich hatte öfter gefragt: Wie viel mehr Steuereinnahmen einem internationalen Wettbewerb. Natürlich kämpfen wollen Sie denn in etwa damit generieren? Ich habe es wir darum, Investitionen und Innovationen nach selbst einmal nachgerechnet – leider fehlt die Zeit, das Deutschland zu holen. Von daher wird es immer Wett- auszuführen –: Es sind etwa 454 Millionen, wenn man bewerb geben; der darf nur nicht ruinös werden. vom weltweiten BIP sowie dem nationalen BIP Deutsch- Von daher ist es gut und richtig, dass man sich jetzt auf lands ausgeht. OECD-Ebene auf eine Mindestbesteuerung verständigt Meine Damen und Herren, das lässt nach meiner Auf- und die Zielrichtung vorgegeben hat. Es wird nicht ein- fassung den gesamten Aufwand und die Schaffung eines fach sein, alles umzusetzen; das ist viel Technik. Aber, neuen Bürokratiemonsters wieder in einem völlig ande- ich glaube, das ist ein großer Erfolg, den wir gemeinsam ren Licht erscheinen und zeigt die Notwendigkeit einer in dieser Großen Koalition erreicht haben. nationalen Liste auf. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Ich sage nochmals: Hier müssen wir Vorreiter sein. Der des Abg. Bernhard Daldrup [SPD]) Kampf gegen Steuervermeidung ist zwar wichtig, aber Wir haben das BEPS-Projekt weiter vorangebracht. Ich aufgrund des Benannten können wir diesem Gesetzent- habe den OECD-Prozess angesprochen. Da geht es nicht wurf so nicht zustimmen. Wir werden genau beobachten, nur um die Mindestbesteuerung, sondern auch um die (B) welchen Nutzen und welchen Mehraufwand dieses Ge- gerechtere Verteilung von Steuersubstraten, die Besteu- (D) setz für die Wirtschaft bedeutet. Meine Prognose ist: Wir erung der digitalen Wirtschaft, dass diese dort, wo sie werden hier nicht zum letzten Mal darüber gesprochen ihren Nutzen hat, auch einen Anteil der Finanzierung haben. übernimmt. Vielen Dank. Mit diesem Steueroasen-Abwehrgesetz treffen wir nicht kooperative Staaten und Steuergebiete. Wer ist (Beifall bei der AfD) nicht kooperativ? Das sind diejenigen, die in Steuersa- chen nicht die notwendige Transparenz an den Tag legen, Vizepräsidentin Claudia Roth: den unfairen Steuerwettbewerb – ich betone: den unfai- Danke, Kay Gottschalk. – Nächster Redner: für die ren Steuerwettbewerb! – mit vorantreiben und sich eben CDU/CSU-Fraktion Fritz Güntzler. nicht an die Mindeststandards, die wir im BEPS-Prozess festgelegt haben, halten. (Beifall bei der CDU/CSU) Das ist in der Rechtsverordnung genau geregelt und natürlich in der sogenannten Blacklist, die durch die EU Fritz Güntzler (CDU/CSU): vorgegeben ist. Da finden sich Staaten wie Panama, die Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen Seychellen und auch andere, und wir müssen abwarten, und Kollegen! Meine Damen und Herren! Lieber Lothar ob nicht noch ganz andere Staaten in Zukunft auf diese Binding, auch ich möchte mich persönlich bei dir für acht Liste kommen, etwa Staaten, die zurzeit auf der grauen Jahre gemeinsame Steuerpolitik bedanken. Sie können Liste stehen, wie die Türkei und Botswana. Wenn die sich vorstellen: Wir kommen aus unterschiedlichen Rich- Türkei offiziell zur Steueroase erklärt wird, dann wird tungen. Wir haben viele Diskussionen, unzählige Po- dieses Gesetz richtig greifen, und dann wird man richtige diumsdiskussionen geführt. Eigentlich hatten wir vor, Auswirkungen sehen. noch einmal auf ein Podium zu gehen und dort dann die Rede des jeweils anderen zu halten – wir kennen uns Wir haben auf EU-Ebene vereinbart, dass wir mindes- mittlerweile gegenseitig sehr gut –: Wir hätten wahr- tens eine Abwehrmaßnahme durchsetzen. Der Kollege scheinlich größere Irritationen herbeigeführt. – Es war Gottschalk hat darauf hingewiesen. Wir haben alle vier immer spannend, mit dir zu diskutieren, an der Sache Abwehrmaßnahmen umgesetzt. Aber man muss deutlich orientiert. Wir hatten gerade jetzt einige Berichterstattun- sagen: Diese greifen nicht kumulativ, sondern zeitlich gen gemeinsam und haben viel erreichen können. Dafür nacheinander. Es gibt immer nur eine Maßnahme, die ein herzliches Dankeschön, lieber Lothar! greift. Das ist entweder das Verbot des Betriebsausgabe- nabzuges, eine verschärfte Quellenbesteuerung, eine (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) sogenannte verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung und 30070 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Fritz Güntzler (A) auch Ausnahmen von den Regelungen des Doppelbes- Zweitens. Es werden Geschäfte in den gelisteten Län- (C) teuerungsabkommens bei Gewinnausschüttung. Es wird dern grundsätzlich unter Generalverdacht gestellt, auch also immer nur eine Maßnahme greifen; es ist eine Kas- dann, wenn diese Geschäfte mit fragwürdigen Steuerge- kadierung vorgesehen. Also: Hier zu behaupten, wir hät- staltungen eigentlich überhaupt nichts zu tun haben. ten dafür gesorgt, dass alle vier Maßnahmen gleichzeitig zur Anwendung gebracht werden, ist wieder einmal Drittens. Auch in diesem Punkt sind wir nicht alleine. schlicht falsch. Es gibt erhebliche Kritik an dieser Liste der EU, die die Grundlage für den Maßnahmenkatalog bildet. Diese Liste Wir haben den Gesetzentwurf so geändert, dass sogar bleibt weit hinter ihren Möglichkeiten zurück. Selbst das noch eine Übersanktionierung herausgenommen wird; Europäische Parlament weist darauf hin, dass die Gebie- denn es hätte sein können, dass eine Hinzurechnungs- te, die in der Liste genannt werden, nur für weniger als besteuerung greift, dass also ausländische Einkünfte 2 Prozent – 2 Prozent! – der weltweiten Steuereinbußen in Deutschland besteuerungspflichtig sind, und das verantwortlich sind und die Liste daher – Zitat – „kaum Betriebsausgabenabzugsverbot auch zur Anwendung wirksam“ sei. kommt. Wir haben das herausgenommen, weil wir da sehr sauber bleiben wollten. Es gilt immer nur eine Maß- Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie gestatten mir nahme. abschließend noch einige Anmerkungen zu unserem An- trag „Datenschutz und Menschenrechte im Kampf gegen Von daher bin ich davon überzeugt, dass wir hier einen Steueroasen stärken“. Der automatische Informations- richtigen Schritt gegen Steuervermeidung und Steuerhin- austausch ist ein extrem wichtiger Bestandteil zur terziehung gehen. Wir müssen in der Debatte aber auch Bekämpfung von Steuervergehen im internationalen Be- sehen, dass wir natürlich die Staaten treffen wollen. Wir reich – worüber wir hier sprechen –, vermutlich wichtiger tun dies mittelbar über die Unternehmen, die Geschäfts- als die schwarze Liste der EU. Aber: Wir müssen drin- beziehungen in diese Staaten haben. Das ist der Weg; das gend Maßnahmen ergreifen, damit dabei Mindeststan- wird den Staaten wehtun. Von daher halte ich das alles für dards bei Menschenrechten und Datenschutz eingehalten vertretbar und würde mich freuen, wenn wir eine breite werden. Auch hier gilt: Der Zweck heiligt nicht immer Zustimmung erhalten. alle Mittel. Herzlichen Dank. Die vergangenen Jahre, unter anderem ein Hackeran- griff auf die Finanzverwaltung in Bulgarien, haben deut- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- lich gezeigt, dass wir hier noch lange nicht so weit sind, ordneten der SPD) wie wir sein sollten. Ohne dass Unternehmen und Perso- nen davon Kenntnis erlangen, werden deren Daten in (B) Vizepräsidentin Claudia Roth: Länder weitergegeben, von denen man nicht weiß, (D) Vielen Dank, Fritz Güntzler. wozu sie diese Daten nutzen. Länder wie Saudi-Arabien, Russland und China, um nur drei ganz prominente zu Ich möchte darauf hinweisen, dass in zehn Minuten die benennen, halten sich nicht an Menschenrechte und namentliche Abstimmung geschlossen wird. Das heißt, Datenschutz. Regimekritiker leben dort mehr als gefähr- Kolleginnen und Kollegen, die noch nicht abgestimmt lich. haben, können das jetzt noch tun. In zehn Minuten wird die namentliche Abstimmung geschlossen. Dass selbst im Fall eines Hackerangriffs die davon betroffenen Unternehmen und Personen nicht informiert Der nächste Redner ist für die FDP-Fraktion Markus werden, kann nicht das Ende unserer Bemühungen um Herbrand. einen wirksamen, nachhaltigen und auch von allen akzep- (Beifall bei der FDP) tierten Datenaustausch sein. Das Abkommen zum auto- matischen Informationsaustausch muss aus unserer Sicht daher dringend reformiert werden, um in diesen Berei- Markus Herbrand (FDP): chen Mindeststandards neu zu setzen. Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das hier zur Abstimmung stehende Gesetz Vielen Dank. sieht Maßnahmen gegen Personen und Unternehmen vor, (Beifall bei der FDP) die in Ländern wirtschaften, die auf einer speziellen EU- Liste, der sogenannten schwarzen Liste, geführt werden. Vizepräsidentin Claudia Roth: Vorweg eines, damit es auch ganz deutlich ist und es Vielen Dank, Markus Herbrand. – Nächster Redner: nicht zu Missverständnissen kommt: Das Ziel dieses Ge- für die Fraktion Die Linke Dr. Axel Troost. setzes – mehr Steuergerechtigkeit über die Staatsgrenzen hinweg – teilen wir, und zwar ohne jede Einschränkung. – (Beifall bei der LINKEN) Dennoch werden wir diesem Gesetz nicht zustimmen. Wir werden uns enthalten. Dafür gibt es drei Gründe. Dr. Axel Troost (DIE LINKE): Erstens. Das angestrebte Ziel erreichen Sie, wenn über- Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! haupt, nur mit einem Aufwand, der in keinem Verhältnis Das Netzwerk Steuergerechtigkeit, eine anerkannte steht. Das ist auch keine exklusive FDP-Meinung, das Organisation für nationale und internationale Steuerge- haben auch zahlreiche Sachverständige in der Anhörung rechtigkeit, veröffentlicht regelmäßig Listen über die gesagt. weltweit führenden Steueroasen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30071

Dr. Axel Troost (A) Auf der aktuellen Liste befinden sich auf Platz eins die In Zeiten leerer Kassen durch die Coronakrise ist es (C) Britischen Jungferninseln, laut „FAZ“ „Weltmarktführer total wichtig, gegen Steueroasen vorzugehen. Die Ziel- im Geschäft mit Briefkastenfirmen“. Auf Platz zwei ste- setzung des Gesetzes ist richtig. Aber gut gemeint ist das hen die Kaimaninseln, eine Inselgruppe, die dafür Gegenteil von gut gemacht. bekannt ist, dass dort keine Körperschaftsteuer existiert, Danke schön. und beliebter Ort für Scheininvestitionen. Auf Platz drei folgen die Bermudainseln, die ebenfalls keine Körper- (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- schaftsteuer kennen und wohin Unternehmen wie Google neten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE und andere ihre Gewinne schleusen, in der Regel über GRÜNEN) den Umweg der Niederlande. Diese Niederlande stehen auf Platz vier, gefolgt von der Schweiz und Luxemburg. Vizepräsidentin Claudia Roth: Es sind also nicht immer nur Inseln mit Palmen, sondern Vielen Dank, Dr. Axel Troost. – Der nächste Redner: auch reiche europäische Staaten, die zu den Komplizen für Bündnis 90/Die Grünen Stefan Schmidt. von Konzernen und Superreichen beim Steuerraub gehö- ren. Auf Platz sieben folgt Hongkong. Auf Platz acht ist (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) die Kanalinsel Jersey, und dann kommen am Schluss Singapur und die Vereinigten Arabischen Emirate auf Stefan Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): den Plätzen neun und zehn. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin- nen und Kollegen! Jeder zehnte erwirtschaftete Euro in Was hat diese ganze Liste der Steueroasen mit dem Deutschland wird nicht versteuert. 15 Milliarden Euro Gesetzentwurf der Großen Koalition zu tun? Leider verlieren wir jedes Jahr durch Steuerhinterziehung und nichts! Steuervermeidung. Damit sind wir in Europa im Spitzen- (Heiterkeit bei der LINKEN) feld der Steuerhinterzieher. Mit Blick auf das Haushalts- defizit der kommenden Jahre ist es gut, dass die Bundes- Nichts, und das ist das Problem. Das Gesetz, das heute regierung das Problem endlich in den Griff bekommen verabschiedet wird, beruht auf einer Definition von will. Das ist sie den vielen Millionen steuerehrlichen Steueroasen der schwarzen Liste der EU. Deren Kriterien Menschen in diesem Land schuldig. sind so lax, dass letztlich auch Länder mit einem Unter- Der Gesetzentwurf verspricht, etwas gegen Steuerver- nehmenssteuersatz von 0 Prozent nicht automatisch auf meidung und unfairen Steuerwettbewerb zu unterneh- dieser Liste landen. Wenn es einmal Probleme gibt und men. Das ist ein schönes Versprechen, es kann aber nicht ein Land dennoch auf der Liste landet, wie bei den Kai- gehalten werden. Dabei ist der gewählte Ansatz grund- (B) maninseln, dann wird ein bisschen gemauschelt, und sätzlich gut: Wer geschäftlich in Steueroasen tätig ist, (D) schon ist man wieder runter von der Liste. muss damit rechnen, dass Einkünfte aus diesen Geschäf- Es ist schon berichtet worden: Das Europäische Parla- ten schärfer besteuert werden. Dazu gehören etwa eine ment hat in der Tat festgestellt: Nur 2 Prozent der Steuer- strengere Hinzurechnungsbesteuerung oder dass übliche einbußen werden durch die Liste überhaupt erfasst. – Steuervergünstigen wie Abzüge von Betriebsausgaben Lothar, auch ich schätze die Zusammenarbeit über zwölf- versagt werden. einviertel Jahre, und wir haben auch viel gemeinsam ge- In der jetzigen Form wird das Gesetz aber so gut wie macht. Aber auf deinem großen Zollstock sind 2 Prozent gar nichts ändern; denn die vorgesehenen Abwehrmaß- leider nur ein sehr kleines Stück. Es ist schon wichtig, das nahmen gelten nur für die Steueroasen auf der eben so zu sehen. genannten schwarzen Liste der EU. Und diese schwarze Liste ist mehr Lücke als Liste. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) und der Abg. Lothar Binding [Heidelberg] Erst im Oktober letzten Jahres hat die EU die Kaiman- [SPD] und Cansel Kiziltepe [SPD]) inseln wieder von der Liste genommen. Die restlichen Länder machen gerade einmal weniger als 2 Prozent bei Insofern ist dieses Gesetz aus unserer Sicht völlig der weltweiten Steuerhinterziehung und Steuervermei- unzureichend. Das erste Land überhaupt, das auf der dung aus. Nur gegen diesen klitzekleinen Teil geht der EU-Liste steht, ist Panama. Das steht auf der Liste des Gesetzentwurf jetzt vor. Das ist viel zu wenig. Netzwerks Steuergerechtigkeit auf Platz 28. Darüber muss man sich im Klaren sein. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Damit geht die Steuerhinterziehung munter weiter, auf Es ist heute auch bei mir die letzte Rede. Ich kann nicht Kosten der Ehrlichen und auf Kosten der Steuerzahler- so staatsmännisch reden. Vielmehr muss ich mich für innen und Steuerzahler. zwölfeinviertel Jahre Oppositionsarbeit hier im Deut- schen Bundestag bedanken. Deshalb will ich durchaus Wie schon beim Gesetz zur Umsetzung der ATAD setzt zugespitzt noch einmal sagen: Der zentrale Ansatzpunkt die Bundesregierung der Steuervermeidung nur symbo- dieses Gesetzes ist die Definition von Steueroasen der lisch etwas entgegen. Das wirklich Notwendige bleibt lächerlichen schwarzen Liste der EU, und damit ist weiter auf der Strecke. Deshalb haben wir zu diesem auch das Gesetz ein lächerliches Gesetz. Gesetzentwurf einen Entschließungsantrag eingebracht. Wir wollen, dass die Finanzverwaltung endlich und (Beifall bei der LINKEN) schlagkräftig gegen Steuerhinterziehung vorgehen kann. 30072 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Stefan Schmidt (A) Dafür müssen wir die Zuständigkeit für den Steuervoll- Wer enthält sich? – Der Änderungsantrag ist abgelehnt. (C) zug für große Unternehmen auf den Bund übertragen. Zugestimmt haben die Fraktionen von Bündnis 90/Die Außerdem brauchen wir endlich eine Steuerpflicht auf Grünen und AfD, dagegengestimmt haben die Fraktionen Grundlage der Nationalität, die etwa in den USA schon der SPD, der CDU/CSU und der FDP, und enthalten hat recht gut funktioniert, und wir müssen endlich eine eige- sich die Fraktion der Linken. ne schwarze Liste aufstellen, auf der die Steuersümpfe der ganzen Welt konsequent geführt werden. Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksachen 19/28901 und (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 19/29643 in der Ausschussfassung zustimmen wollen, Zeigen wir im Kampf gegen die internationale Steuer- um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer ent- hinterziehung endlich klare Kante! Stimmen Sie bitte für hält sich? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Bera- unseren Entschließungsantrag! tung angenommen. Zugestimmt haben die Fraktionen Ich danke Ihnen. von SPD und CDU/CSU. Dagegengestimmt hat die Frak- tion der AfD. Enthalten haben sich die Fraktionen der (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Linken, der Grünen und der FDP.

Vizepräsidentin Claudia Roth: Dritte Beratung Vielen Dank, Stefan Schmidt. und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Ich komme zurück zu Tagesordnungspunkt 20 a. Die Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich jetzt zu erheben. – Zeit für die namentliche Abstimmung ist gleich vorbei. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz- Ich frage jetzt wirklich zum letzten Mal: Ist ein Mitglied entwurf ist angenommen. Zustimmung von SPD und des Hauses da, das seine Stimme oder ihre Stimme noch CDU/CSU, Gegenstimmen von der AfD und Enthaltung nicht abgegeben hat? – Das scheint nicht so zu sein. – von Linken, Grünen und der FDP-Fraktion. Lobbyknopf! Ist da noch irgendjemand, der oder die noch nicht abgestimmt hat? – Daumen nach oben. Dann schlie- Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie- ße ich die Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen ßungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Drucksache 19/30511. Wer stimmt für diesen Antrag? – Ergebnis wird Ihnen zeitnah bekannt gegeben.1) Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Ent- schließungsantrag ist abgelehnt. Zugestimmt haben die Nächste Rednerin: Kollegin Kiziltepe. Sie können Fraktionen der Grünen und der Linken. Die anderen gleich mal klatschen; die gibt nämlich ihre Rede zu Pro- 2) Fraktionen des Hauses haben dagegengestimmt. (B) tokoll. (D) (Abg. Cansel Kiziltepe [SPD] erhebt sich von Tagesordnungspunkt 22 b. Beschlussempfehlung des ihrem Platz – Beifall bei der SPD sowie bei Finanzausschusses zum Antrag der Fraktion der FDP Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der mit dem Titel „Datenschutz und Menschenrechte im LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE Kampf gegen Steueroasen stärken“. Der Ausschuss emp- GRÜNEN) fiehlt unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/30470, den Antrag der Fraktion der FDP Der übernächste Redner, Dr. Hans Michelbach, kriegt auf Drucksache 19/29264 abzulehnen. Wer stimmt für die auch einen einfachen Applaus, weil er seine Rede auch 3) Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer zu Protokoll gibt. enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist angenom- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- men. Zugestimmt haben die Fraktionen von SPD und neten der SPD, der FDP, der LINKEN und des CDU/CSU, dagegengestimmt haben die Fraktionen der BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) FDP und der AfD, und enthalten haben sich die Fraktio- nen der Linken und der Bündnisgrünen. Damit schließe ich die Aussprache. Tagesordnungspunkt 22 a. Wir kommen zur Abstim- Ich rufe die Tagesordnungspunkte 24 a und 24 b sowie mung über den von der Bundesregierung eingebrachten Zusatzpunkt 18 auf: Gesetzentwurf zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb und zur Änderung weiterer 24 a) Zweite und dritte Beratung des von der Bun- Gesetze. Der Finanzausschuss empfiehlt unter Buchstabe desregierung eingebrachten Entwurfs eines a seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/30470, Gesetzes zur Neuregelung des Berufs- den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksa- rechts der anwaltlichen und steuerbera- chen 19/28901 und 19/29643 in der Ausschussfassung tenden Berufsausübungsgesellschaften so- anzunehmen. wie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion Bünd- nis 90/Die Grünen auf Drucksache 19/30510 vor, über Drucksache 19/27670 den wir logischerweise zuerst abstimmen. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Recht und Verbraucherschutz 1) Ergebnis Seite 30074 C (6. Ausschuss) 2) Anlage 11 3) Anlage 11 Drucksache 19/30516 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30073

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) b) Zweite und dritte Beratung des von der Bun- Was bedeutet das konkret? Insbesondere die künftig (C) desregierung eingebrachten Entwurfs eines mögliche interprofessionelle Zusammenarbeit mit ande- Gesetzes zur Modernisierung des notariel- ren freien Berufen bietet der Anwaltschaft die Chance, len Berufsrechts und zur Änderung weite- spezialisierte, innovative Rechtsberatungsangebote zu rer Vorschriften machen und zu entwickeln, zum Beispiel die Zusammen- arbeit von Rechtsanwälten mit Biologinnen und Biologen Drucksachen 19/26828, 19/26920 bei einer Beratung im Umweltrecht oder von Versiche- Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- rungsmathematikern bei der Beratung zur betrieblichen schusses für Recht und Verbraucherschutz Altersversorgung. Dies geschieht, ohne den Schutz der (6. Ausschuss) berufsrechtlichen Pflichten zu vernachlässigen; denn die berufsrechtlichen Pflichten werden zukünftig sowohl auf Drucksache 19/30503 Gesellschafts- als auch auf Gesellschafterebene umfas- send abgesichert. ZP 18 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Ausschusses für Recht und Verbrau- (Beifall bei der SPD sowie des Abg. cherschutz (6. Ausschuss) zu dem Antrag der Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]) Abgeordneten Katrin Helling-Plahr, Stephan Thomae, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeord- Ich meine, meine Damen und Herren, damit gelingt dem neter und der Fraktion der FDP Gesetzentwurf die notwendige Balance zwischen dem Gemeinwohlbezug der anwaltlichen Aufgabe und der Rechtsstandort Deutschland stärken – Juristi- gebotenen Freiheit anwaltlicher und steuerberatender sche Ausbildung an das digitale Zeitalter Berufe. anpassen Zum anderen, meine Damen und Herren, schafft der Drucksachen 19/23121, 19/26308 Buchstabe a Gesetzentwurf zur Modernisierung des notariellen Zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neu- Berufsrechts wichtige Regelungen zur besseren Verein- regelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuer- barkeit von Familie und Beruf. Hierzu gehören erweiterte beratenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Möglichkeiten der vorübergehenden Amtsniederlegung Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechts- zum Zweck der Betreuung von Kindern, der Pflege von beratenden Berufe liegt ein Änderungsantrag der Frak- Angehörigen sowie zukünftig auch bei eigener Erkran- tion der AfD vor. kung, und es wird ein Teilzeitreferendariat in der juristi- schen Ausbildung geben. Für die Aussprache ist einer Dauer von 30 Minuten (B) (D) vorgesehen. Zudem – das finde ich ganz besonders wichtig – schafft der Gesetzentwurf die Rechtsgrundlage für die Einsicht Ich bitte die Kollegen und Kolleginnen, Platz zu neh- in notarielle Urkunden und Verzeichnisse zu Forschungs- men. – Könnten wir das ein bissel beschleunigen? Ich zwecken. Hierdurch wird ein wesentliches Hindernis für bitte, Platz zu nehmen. rechtshistorische Forschungen zur Zeit des Nationalso- zialismus beseitigt. Die Wehmut geht weiter. Der erste Redner, der für die Bundesregierung redet, Christian Lange, wird heute seine Weiterhin verankert der Entwurf die Auseinanderset- letzte Rede im Deutschen Bundestag halten. Lieber zung mit dem NS-Unrecht sowie dem DDR-Unrecht als Christian Lange, Sie haben das Wort. obligatorischen Teil der juristischen Ausbildung. Meine Damen und Herren, dies sichert, dass Juristinnen und (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Juristen in Zukunft die Fähigkeit erwerben, das positive Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]) Recht und die Rechtspraxis kritisch zu reflektieren und die Ideologieanfälligkeit des Rechts und sein Miss- Christian Lange, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- brauchspotenzial zu erkennen. Ich finde, das ist überfäl- ministerin der Justiz und für Verbraucherschutz: lig. Vielen Dank. – Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Kolleginnen und Kollegen! Heute stehen zwei wichtige Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]) Reformvorhaben zum anwaltlichen, steuerberatenden und notariellen Berufsrecht zur Abstimmung. Meine Damen und Herren, Notare, Rechtsanwälte, alle rechtsberatenden Berufe haben Zukunft. Dafür sorgen Zum einen werden im anwaltlichen und im steuerbe- diese beiden Gesetzentwürfe. Ich bitte Sie um entspre- ratenden Berufsrecht erstmals kohärente, einheitliche chende Zustimmung. rechtsformneutrale Regeln für alle Berufsausübungsge- sellschaften geschaffen. Leitlinie für die Neugestaltung Meine Zukunft – Frau Präsidentin, Sie haben es sind die Wahrung und die Stärkung der anwaltlichen erwähnt – wird nach sechs Wahlperioden freilich nicht Grundpflichten. Deshalb sieht der Entwurf vor, dass Be- mehr im Deutschen Bundestag sein. Nach 23 Jahren als rufsausübungsgesellschaften zukünftig selbst Anknüp- Abgeordneter des Wahlkreises Backnang – Schwäbisch fungspunkt für berufsrechtliche Regelungen werden. Gmünd sage ich Danke, zuallererst natürlich den Wähler- Diese Neuausrichtung trägt den veränderten Organisa- innen und Wählern aus meinem Wahlkreis, aber auch tionsformen Rechnung und stellt das Berufsrecht auf meiner Fraktion, der SPD-Fraktion, der ich über viele eine zeitgemäße Grundlage. Jahre in verschiedensten Funktionen dienen durfte: als 30074 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Parl. Staatssekretär Christian Lange (A) Vorsitzender der Landesgruppe Baden-Württemberg, wo Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kol- (C) ich herkomme, oder viele Jahre als Parlamentarischer legen, ich bin mir sicher: Es gibt ein Leben nach dem Geschäftsführer. Bundestag, und genau darauf freue ich mich. Wenn ich zurückblicke – das macht man ja bei der Herzlichen Dank. Gelegenheit –: Im Jahr 1998, als ich startete, war ein (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP Thema, das mich immer begleitet hat, Transparenz, die und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie Offenlegung von Nebeneinkünften von uns Abgeordne- bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. ten oder das Lobbyregister. Ich war immer der Auffas- Volker Münz [AfD]) sung: Wir müssen mit gutem Beispiel vorangehen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Vizepräsidentin Claudia Roth: der LINKEN und des Abg. Dr. Heribert Hirte Vielen Dank, lieber Christian Lange – irgendwie [CDU/CSU]) bräuchte ich mal eine Packung Tempo –, für viele, viele Jahre leidenschaftliche, begeisterte und begeisternde Deshalb freut es mich, dass es jetzt tatsächlich dazu Rechtspolitik, für die Sie wirklich stehen. Vielen Dank kommt. Freilich ist es bedauerlich – das zeigt auch die aber vor allem auch an Sie, der Sie auch in härtesten Erfahrung der letzten 23 Jahre –, dass es bei diesen gan- Auseinandersetzungen immer unglaublich fair und zen vielen kleinen Fortschritten immer Skandale bedurf- unglaublich liebenswert geblieben sind und respektvoll te. Das ist die dunkle Seite; das ist aber auch eine Tat- den politischen Gegnern und Gegnerinnen begegnet sache, die nicht verschwiegen werden sollte. Das Gute sind. Das hat uns wirklich verbunden, und diese Verbun- aber daran ist, dass es sich lohnt, dicke Bretter zu bohren denheit braucht unsere Demokratie. Ich wünsche Ihnen, und beharrlich zu bleiben – das zeigt es –, auch wenn es dir alles, alles Gute in Backnang oder wo auch immer du 23 Jahre dauert, bis es Transparenz bei Nebeneinkünften bleiben wirst! Alles, alles, alles Gute! Noch jemand, der gibt, bis ein Lobbyregister kommt. Ich finde: Das hat sich dieses Haus über viele, viele Jahre mitgeprägt hat, und gelohnt. noch jemand, der fehlen wird. Alles Gute, lieber (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Christian Lange! Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]) (Beifall bei der SPD, der FDP und dem BÜND- Die vergangenen acht Jahre durfte ich im Bundesmi- NIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordne- nisterium der Justiz und für Verbraucherschutz mit drei ten der CDU/CSU und des Abg. Volker Münz Ministerinnen und Ministern zusammenarbeiten. Ich will [AfD]) (B) ausdrücklich sagen: Es war mir eine Freude und Ehre. Bevor ich Herrn Brandner das Wort gebe, möchte ich (D) Ganz besonders möchte ich meiner Ministerin, dir, liebe gerne das von den Schriftführerinnen und Schriftführern Christine Lambrecht – dort sitzt sie –, für die hervor- ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung ragende Zusammenarbeit herzlich danken, ebenso natür- über den Gesetzentwurf der FDP zur Änderung des Ver- lich den Rechtspolitikerinnen und Rechtspolitikern für mögensteuergesetzes, Drucksache 19/25789, bekannt die kollegiale Zusammenarbeit der letzten acht Jahre geben: abgegebene Stimmkarten 615. Mit Ja haben und – nicht zu vergessen – meinen Mitarbeiterinnen gestimmt 151, mit Nein haben gestimmt 462 Kolleginnen und Mitarbeitern aus Backnang, aus Schwäbisch Gmünd und Kollegen, und es gab 2 Enthaltungen. Der Gesetzent- und hier in Berlin. wurf ist damit abgelehnt.1)

Endgültiges Ergebnis Joana Cotar Martin Hess Frank Magnitz Abgegebene Stimmen: 614; Dr. Gottfried Curio Dr. Heiko Heßenkemper Jens Maier davon Siegbert Droese Karsten Hilse Dr. Birgit Malsack- ja: 150 Berengar Elsner von Nicole Höchst Winkemann nein: 462 Gronow Martin Hohmann Andreas Mrosek enthalten: 2 Dr. Michael Espendiller Dr. Bruno Hollnagel Volker Münz Dietmar Friedhoff Leif-Erik Holm Sebastian Münzenmaier Ja Dr. Anton Friesen Johannes Huber Christoph Neumann Markus Frohnmaier SPD Fabian Jacobi Jan Ralf Nolte Dr. Götz Frömming Dr. Marc Jongen Ulrich Oehme Florian Pronold Dr. Alexander Gauland Jens Kestner Gerold Otten Albrecht Glaser Stefan Keuter Tobias Matthias Peterka AfD Franziska Gminder Norbert Kleinwächter Paul Viktor Podolay Wilhelm von Gottberg Enrico Komning Jürgen Pohl Dr. Bernd Baumann Kay Gottschalk Jörn König Stephan Protschka Andreas Bleck Mariana Iris Harder- Steffen Kotré Martin Erwin Renner Peter Boehringer Kühnel Dr. Rainer Kraft Roman Johannes Reusch Jürgen Braun Dr. Roland Hartwig Rüdiger Lucassen Ulrike Schielke-Ziesing Marcus Bühl Jochen Haug Petr Bystron Udo Theodor Hemmelgarn Tino Chrupalla Waldemar Herdt 1) Anlage 32 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30075

(A) Jörg Schneider Oliver Luksic Sebastian Brehm Michael Kießling (C) Uwe Schulz Till Mansmann Heike Brehmer Dr. Georg Kippels Thomas Seitz Dr. Jürgen Martens Ralph Brinkhaus Volkmar Klein Martin Sichert Christoph Meyer Dr. Carsten Brodesser Axel Knoerig Detlev Spangenberg Alexander Müller Gitta Connemann Jens Koeppen Dr. Dirk Spaniel Frank Müller-Rosentritt Alexander Dobrindt Markus Koob René Springer Dr. Martin Neumann Michael Donth Carsten Körber Beatrix von Storch (Lausitz) Marie-Luise Dött Kordula Kovac Dr. Alice Weidel Matthias Nölke Hansjörg Durz Alexander Krauß Dr. Harald Weyel Bernd Reuther Thomas Erndl Gunther Krichbaum Wolfgang Wiehle Christian Sauter Dr. Dr. h. c. Bernd Fabritius Dr. Günter Krings Dr. Heiko Wildberg Frank Schäffler Hermann Färber Rüdiger Kruse Dr. Christian Wirth Dr. Wieland Schinnenburg Uwe Feiler Dr. Dr. h. c. Karl A. Lamers Uwe Witt Matthias Seestern-Pauly Enak Ferlemann Andreas G. Lämmel Frank Sitta Dr. Maria Flachsbarth Katharina Landgraf FDP Judith Skudelny Thorsten Frei Ulrich Lange Dr. Hermann Otto Solms Dr. Hans-Peter Friedrich Dr. Silke Launert Grigorios Aggelidis Bettina Stark-Watzinger (Hof) Jens Lehmann Renata Alt Dr. Marie-Agnes Strack- Maika Friemann-Jennert Paul Lehrieder Christine Aschenberg- Zimmermann Michael Frieser Dr. Katja Leikert Dugnus Benjamin Strasser Hans-Joachim Fuchtel Antje Lezius Nicole Bauer Katja Suding Ingo Gädechens Andrea Lindholz Jens Beeck Linda Teuteberg Dr. Thomas Gebhart Dr. Carsten Linnemann Dr. Jens Brandenburg Stephan Thomae Alois Gerig (Rhein-Neckar) Patricia Lips Manfred Todtenhausen Eckhard Gnodtke Bernhard Loos Mario Brandenburg Dr. Florian Toncar (Südpfalz) Ursula Groden-Kranich Dr. Jan-Marco Luczak Gerald Ullrich Sandra Bubendorfer-Licht Hermann Gröhe Daniela Ludwig Johannes Vogel (Olpe) Dr. Marco Buschmann Klaus-Dieter Gröhler Dr. Saskia Ludwig Sandra Weeser Karlheinz Busen Astrid Grotelüschen Karin Maag Katharina Willkomm Carl-Julius Cronenberg Markus Grübel Dr. Thomas de Maizière Britta Katharina Dassler Manfred Grund Gisela Manderla Bijan Djir-Sarai Fraktionslos Monika Grütters Dr. Astrid Mannes (B) Fritz Güntzler Matern von Marschall (D) Christian Dürr Verena Hartmann Hartmut Ebbing Olav Gutting Andreas Mattfeldt Lars Herrmann Christian Haase Stephan Mayer (Altötting) Dr. Marcus Faber Dr. Georg Nüßlein Daniel Föst Florian Hahn Dr. Michael Meister Otto Fricke Jürgen Hardt Dr. h. c. (Univ Kyiv) Hans Dr. Christopher Gohl Nein Matthias Hauer Michelbach Dr. Matthias Heider Thomas Hacker CDU/CSU Dr. Mathias Middelberg Reginald Hanke Mechthild Heil Dietrich Monstadt Dr. Michael von Abercron Peter Heidt Thomas Heilmann Elisabeth Motschmann Katrin Helling-Plahr Stephan Albani Frank Heinrich (Chemnitz) Axel Müller Markus Herbrand Norbert Maria Altenkamp Mark Helfrich Dr. Gerd Müller Torsten Herbst Philipp Amthor Rudolf Henke Sepp Müller Katja Hessel Artur Auernhammer Michael Hennrich Carsten Müller Dr. Gero Clemens Hocker Peter Aumer Marc Henrichmann (Braunschweig) Manuel Höferlin Dorothee Bär Ansgar Heveling Christian Natterer Dr. Christoph Hoffmann Thomas Bareiß Christian Hirte Dr. Andreas Nick Reinhard Houben Norbert Barthle Dr. Heribert Hirte Michaela Noll Ulla Ihnen Maik Beermann Alexander Hoffmann Kristina Nordt Olaf In der Beek Manfred Behrens (Börde) Karl Holmeier Wilfried Oellers Gyde Jensen Veronika Bellmann Dr. Hendrik Hoppenstedt Florian Oßner Karsten Klein Sybille Benning Erich Irlstorfer Josef Oster Dr. Marcel Klinge Dr. André Berghegger Hans-Jürgen Irmer Dr. Tim Ostermann Pascal Kober Melanie Bernstein Thomas Jarzombek Ingrid Pahlmann Dr. Lukas Köhler Christoph Bernstiel Andreas Jung Sylvia Pantel Carina Konrad Peter Beyer Ingmar Jung Martin Patzelt Konstantin Kuhle Marc Biadacz Alois Karl Dr. Joachim Pfeiffer Alexander Kulitz Steffen Bilger Anja Karliczek Dr. Christoph Ploß Alexander Graf Peter Bleser Torbjörn Kartes Eckhard Pols Lambsdorff Norbert Brackmann Volker Kauder Thomas Rachel Ulrich Lechte Michael Brand (Fulda) Dr. Stefan Kaufmann Kerstin Radomski Michael Georg Link Dr. Reinhard Brandl Ronja Kemmer Alexander Radwan (Heilbronn) Silvia Breher Roderich Kiesewetter Alois Rainer 30076 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Dr. Peter Ramsauer Ingo Wellenreuther Lars Klingbeil Sonja Amalie Steffen (C) Eckhardt Rehberg Marian Wendt Dr. Bärbel Kofler Mathias Stein Lothar Riebsamen Kai Whittaker Daniela Kolbe Kerstin Tack Josef Rief Annette Widmann-Mauz Elvan Korkmaz-Emre Claudia Tausend Johannes Röring Bettina Margarethe Christine Lambrecht Michael Thews Dr. Norbert Röttgen Wiesmann Christian Lange Markus Töns Stefan Rouenhoff Klaus-Peter Willsch (Backnang) Carsten Träger Erwin Rüddel Elisabeth Winkelmeier- Dr. Karl Lauterbach Ute Vogt Stefan Sauer Becker Sylvia Lehmann Marja-Liisa Völlers Anita Schäfer (Saalstadt) Emmi Zeulner Helge Lindh Dirk Vöpel Dr. Wolfgang Schäuble Dr. Matthias Zimmer Hiltrud Lotze Gabi Weber Jana Schimke Isabel Mackensen-Geis Dr. Joe Weingarten Tankred Schipanski SPD Caren Marks Bernd Westphal Christian Schmidt (Fürth) Dorothee Martin Dirk Wiese Niels Annen Dr. Claudia Schmidtke Katja Mast Gülistan Yüksel Ingrid Arndt-Brauer Patrick Schnieder Christoph Matschie Dr. Jens Zimmermann Bela Bach Nadine Schön Dr. Matthias Miersch Heike Baehrens Felix Schreiner Klaus Mindrup Ulrike Bahr AfD Dr. Klaus-Peter Schulze Susanne Mittag Nezahat Baradari Uwe Schummer Falko Mohrs Dr. Lothar Maier Doris Barnett Torsten Schweiger Claudia Moll Sören Bartol Detlef Seif Siemtje Möller Bärbel Bas FDP Johannes Selle Bettina Müller Lothar Binding Reinhold Sendker Dr. h. c. Thomas (Heidelberg) Michelle Müntefering Sattelberger Dr. Patrick Sensburg Dr. Eberhard Brecht Dr. Rolf Mützenich Thomas Silberhorn Ulli Nissen Leni Breymaier DIE LINKE Björn Simon Dr. Karl-Heinz Brunner Josephine Ortleb Tino Sorge Katrin Budde Mahmut Özdemir Doris Achelwilm Jens Spahn Dr. Lars Castellucci (Duisburg) Gökay Akbulut Frank Steffel Bernhard Daldrup Aydan Özoğuz Simone Barrientos Dr. Wolfgang Stefinger Dr. Karamba Diaby Detlev Pilger Lorenz Gösta Beutin Albert Stegemann Esther Dilcher Sabine Poschmann Matthias W. Birkwald (B) Andreas Steier Sabine Dittmar Florian Post Heidrun Bluhm-Förster (D) Peter Stein (Rostock) Dr. Wiebke Esdar Achim Post (Minden) Christine Buchholz Sebastian Steineke Yasmin Fahimi Dr. Sascha Raabe Dr. Birke Bull-Bischoff Johannes Steiniger Dr. Johannes Fechner Martin Rabanus Jörg Cezanne Christian Frhr. von Stetten Dr. Fritz Felgentreu Andreas Rimkus Sevim Dağdelen Dieter Stier Dr. Edgar Franke Sönke Rix Dr. Diether Dehm Gero Storjohann Ulrich Freese Dennis Rohde Anke Domscheit-Berg Stephan Stracke Dagmar Freitag Dr. Martin Rosemann Klaus Ernst Max Straubinger Michael Gerdes René Röspel Susanne Ferschl Dr. Hermann-Josef Martin Gerster Dr. Ernst Dieter Rossmann Nicole Gohlke Tebroke Angelika Glöckner Michael Roth (Heringen) Dr. Gregor Gysi Hans-Jürgen Thies Timon Gremmels Susann Rüthrich Dr. André Hahn Alexander Throm Kerstin Griese Bernd Rützel Heike Hänsel Dr. Dietlind Tiemann Uli Grötsch Johann Saathoff Matthias Höhn Antje Tillmann Bettina Hagedorn Axel Schäfer (Bochum) Andrej Hunko Markus Uhl Rita Hagl-Kehl Dr. Nina Scheer Ulla Jelpke Arnold Vaatz Metin Hakverdi Marianne Schieder Kerstin Kassner Kerstin Vieregge Sebastian Hartmann Dr. Nils Schmid Dr. Achim Kessler Thomas Viesehon Dirk Heidenblut Uwe Schmidt Jan Korte Volkmar Vogel Ulla Schmidt (Aachen) (Kleinsaara) Wolfgang Hellmich Jutta Krellmann Dagmar Schmidt (Wetzlar) Christoph de Vries Dr. Barbara Hendricks Caren Lay Johannes Schraps Kees de Vries Gustav Herzog Ralph Lenkert Michael Schrodi Dr. Johann David Gabriele Hiller-Ohm Stefan Liebich Wadephul Thomas Hitschler Ursula Schulte Dr. Gesine Lötzsch Kai Wegner Frank Junge Swen Schulz (Spandau) Thomas Lutze Albert H. Weiler Josip Juratovic Frank Schwabe Pascal Meiser Marcus Weinberg Thomas Jurk Stefan Schwartze Cornelia Möhring (Hamburg) Oliver Kaczmarek Andreas Schwarz Niema Movassat Dr. Anja Weisgerber Ralf Kapschack Rita Schwarzelühr-Sutter Norbert Müller (Potsdam) Peter Weiß Gabriele Katzmarek Rainer Spiering Zaklin Nastic (Emmendingen) Cansel Kiziltepe Svenja Stadler Dr. Alexander S. Neu Sabine Weiss (Wesel I) Arno Klare Martina Stamm-Fibich Thomas Nord Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30077

(A) Petra Pau Canan Bayram Sylvia Kotting-Uhl Dr. Wolfgang Strengmann- (C) Sören Pellmann Dr. Franziska Brantner Oliver Krischer Kuhn Victor Perli Agnieszka Brugger Christian Kühn (Tübingen) Margit Stumpp Tobias Pflüger Dr. Anna Christmann Renate Künast Markus Tressel Martina Renner Dr. Janosch Dahmen Markus Kurth Jürgen Trittin Bernd Riexinger Ekin Deligöz Monika Lazar Dr. Julia Verlinden Eva-Maria Schreiber Katharina Dröge Steffi Lemke Daniela Wagner Dr. Petra Sitte Harald Ebner Dr. Tobias Lindner Beate Walter-Rosenheimer Helin Evrim Sommer Marcel Emmerich Dr. Irene Mihalic Wolfgang Wetzel Friedrich Straetmanns Matthias Gastel Claudia Müller Dr. Kirsten Tackmann Kai Gehring Beate Müller-Gemmeke Gerhard Zickenheiner Jessica Tatti Stefan Gelbhaar Dr. Ingrid Nestle Dr. Axel Troost Katrin Göring-Eckardt Dr. Konstantin von Notz Fraktionslos Alexander Ulrich Erhard Grundl Omid Nouripour Kathrin Vogler Marco Bülow Britta Haßelmann Friedrich Ostendorff Harald Weinberg Dr. Bettina Hoffmann Filiz Polat Katrin Werner Tabea Rößner Enthalten Sabine Zimmermann Dr. Anton Hofreiter Claudia Roth (Augsburg) (Zwickau) Dieter Janecek AfD Dr. Kirsten Kappert- Dr. Manuela Rottmann Gonther Corinna Rüffer Stephan Brandner BÜNDNIS 90/ Uwe Kekeritz Manuel Sarrazin DIE GRÜNEN Katja Keul Dr. Frithjof Schmidt Fraktionslos Luise Amtsberg Sven-Christian Kindler Stefan Schmidt Margarete Bause Maria Klein-Schmeink Kordula Schulz-Asche Dr. Frauke Petry

Nächster Redner – ich habe es schon angedeutet –: für men, auch wenn Sie gleich unseren Änderungsantrag zur die AfD-Fraktion Stephan Brandner. Vermittlung anwaltlichen Berufsrechts ablehnen werden; denn AfD wirkt auch so. (Beifall bei der AfD) Ganz plastisch: Wir hatten den Änderungsantrag dazu (B) (D) Stephan Brandner (AfD): zuerst eingebracht. Daraufhin wurde die Koalition wach Werte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! und übernahm unsere Idee, um dann unseren Änderungs- Herr Lange, auch ich bedaure Ihren Abschied; glauben antrag im Ausschuss abzulehnen – so seltsam, so altpar- Sie es mir. Wir haben ja fast zwei Jahre lang nebeneinan- teientypisch, so schlecht. Uns ist das egal; Hauptsache, es dergesessen, als ich noch Rechtsausschussvorsitzender steht am Ende das im Gesetz, was wir vorgedacht und war. Sie haben bei mir mit dem Vorurteil aufgeräumt, vorgemacht haben. Man sieht also hier: AfD wirkt – im- dass es keine fachlich versierten Sozialdemokraten geben mer besser und immer öfter. Ich habe inzwischen den würde. Eindruck, als ob Sie von den Altfraktionen auf unsere Anträge geradezu warten. (Zuruf der Abg. Anke Domscheit-Berg [DIE LINKE]) (Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Oh!) Also, an Ihrer Stelle würde ich im Bundestag bleiben. Sie sind wirklich eine Bereicherung für den Bundestag. Ich Meine Damen und Herren, dem Gesetzentwurf zum muss sagen: Sie haben mit dem Vorurteil bei mir Schluss Berufsrecht der Notare werden wir nicht zustimmen; gemacht. denn er spricht nur ein paar Spezial- und Randprobleme an. Kein großer Wurf. (Zuruf der Abg. Katharina Dröge [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN]) Gar kein Wurf ist das, was die FDP gemacht hat: typi- Es gibt tatsächlich gute Fachpolitiker bei der SPD. Scha- sche Digitalschwurbelei auf knapp anderthalb Seiten, da- de, dass Sie den Bundestag verlassen! Ich wünsche Ihnen rin auch noch Abgeschriebenes – ganz interessant; von dieser Stelle alles Gute! gucken Sie mal nach, Herr Martens! –, aufgebläht auf vier Seiten, und auf der vierten Seite steht gar nichts. (Beifall bei der AfD) Das ist doch mal ein interessanter, nachhaltiger Ansatz: leere Blätter vorlegen. Viel mehr Schein als Sein. Das Meine Damen und Herren, nach nur einer halben Stun- erinnert schon sehr an Baerbock und Giffey. – Roland? de Debatte stimmen wir gleich über dieses Gesetzespa- ket – ich habe es mal mitgebracht: ungefähr 350 Seiten; (Beifall bei Abgeordneten der AfD – Zuruf: dazu ein Änderungsantrag und die Beschlussempfeh- Das war ja ein Knüller!) lung – ab. Es geht um die Neuregelung des Berufsrechts der Rechtsanwälte, Steuerberater und Notare. Ich will die – Ja, so war es eigentlich abgesprochen; aber man muss ja Spannung sofort nehmen: Die AfD-Fraktion wird den nicht immer alles so machen, wie der Stephan sich das Änderungen für Rechtsanwälte und Steuerberater zustim- wünscht. 30078 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Stephan Brandner (A) (Niema Movassat [DIE LINKE]: Da klatscht (Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Nein, der gibt (C) nicht mal seine eigene Fraktion! – Patrick zu Protokoll!) Schnieder [CDU/CSU]: Schauspieler!) – Oh, das hat man mir nicht gesagt; sonst hätte ich ja Liebe FDP, schön wäre es gewesen, wenn ihr hier von gleich zum Applaus eingeladen. – Also: Der Kollege den Linken gelernt hättet; denn die haben ja auch einen Hans-Jürgen Thies gibt seine Rede zu Protokoll.1) Antrag im Ausschuss eingebracht, um Prüfungsstandards zu senken, typisch Linke das Ganze gendergerecht auf- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der gemotzt. Im Ausschuss haben sie sich damit blamiert und SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- uns gelangweilt, aber sie sind zumindest schlau geworden NEN und des Abg. Niema Movassat [DIE LIN- und bringen den Antrag hier gar nicht mehr ein. KE]) Meine Damen und Herren, zum Ende der Wahlperiode Dann ist der nächste Redner für die FDP-Fraktion wird die faule Koalition fleißig und versucht, heute oder Dr. Jürgen Martens. bis morgen früh sieben Uhr noch schnell alles durch den (Beifall bei der FDP) Bundestag zu peitschen, was ihr noch so einfällt. Wir von der AfD sind ganz froh darüber, dass nicht alles gelingt, wie beispielsweise dieses plumpe Demokratieförderge- Dr. Jürgen Martens (FDP): setz. Ein Gesetz, das wahrscheinlich im Kampf gegen Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten die Bürgerlichkeit missbraucht worden wäre, ist also Damen und Herren! Wenn wir jetzt schon über Marken- gescheitert. Grundgesetzänderungen scheitern Gott sei kerne streiten, muss ich sagen: Bei der AfD habe ich Dank; ich denke da nur an diesen unsinnigen Gedanken, bisher nur einen entdeckt, nämlich die Fähigkeit zu hoh- Elternrechte beschneiden zu wollen. ler Inszenierung. Aber auch das Gesetzespaket, über das wir jetzt hier (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD reden, ist kein Ruhmesblatt für die Koalition. Warum und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – werden wir tätig? Weil das Bundesverfassungsgericht Stephan Brandner [AfD]: Lesen Sie mal Seite 4 mal wieder festgestellt hat, dass Sie verfassungs- Ihres Antrags vor, Herr Martens!) widrige Sachen gemacht haben. Die Regelungen zu Berufsausübungsgesellschaften unter Beteiligung von Herr Lange, Sie haben hier vier Fünftel Ihrer Redezeit Rechtsanwälten waren nach Auffassung des Bundes- verwendet, um sich zu bedanken, und ein Fünftel Ihrer verfassungsgerichts verfassungswidrig. Und mit verfas- Redezeit den vorliegenden Gesetzentwürfen gewidmet. sungswidrigen Gesetzen, zumindest mit hochproblemati- Sie haben dabei mehr an Sachargumenten gebracht als (B) schen Gesetzen, kennen Sie sich ja aus. Die Änderungen mein Vorredner während seiner gesamten Redezeit. Vie- (D) im Infektionsschutzgesetz, das Netzwerkdurchsetzungs- len Dank. gesetz, Parteienfinanzierung: Das sind nur einige Bei- (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD spiele dafür, wie Sie Ihre Altparteieninteressen mit dem und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) eigenen Portemonnaie verbunden haben und in verfas- sungswidriger Art und Weise über die Interessen der Bür- Ich möchte mich bei Ihnen, Herr Lange, auch für die ger Deutschlands gestellt haben. Zusammenarbeit im Rechtsausschuss bedanken und wünsche Ihnen für Ihre Zukunft alles Gute, selbst wenn (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sie in Schwaben stattfindet. NEN]: Und die Ehe für alle!) – Frau Künast, Sie auch. Kümmern Sie sich am besten um (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Stephan Ihre Zuckerrüben; das kommt immer wunderbar an. Von Brandner [AfD]: Lesen Sie mal Seite 4 Ihres der Materie hier, denke ich mal, haben Sie keine Ahnung. Antrags vor, Herr Martens! Dann sind Sie ganz schnell fertig!) Meine Damen und Herren, für bürgernahe, bürgerliche und deutschlandfreundliche Politik steht nur die AfD. Meine Damen und Herren, es ist angesprochen wor- Das ist unser Markenkern, genau wie der Kampf für Frei- den: Politik ist oftmals das Bohren dicker Bretter. – So heit, Grundrechte und für ein normales Deutschland. sehen wir auch beim vorliegenden Gesetzentwurf zur Reform des Rechts der Rechtsanwälte, Patentanwälte Vielen Dank. und Steuerberater in vielen Fällen ein Nachzeichnen des- sen, was das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber (Beifall bei der AfD – Zuruf der Abg. Ulli längst aufgegeben hat. Die Möglichkeit, Berufsausübun- Nissen [SPD]) gsgesellschaften einzugehen, sollte eigentlich etwas Selbstverständliches sein, und sie entspricht auch der Vizepräsidentin Claudia Roth: Notwendigkeit eines sich wandelnden Rechtsberatungs- Danke, Stephan Brandner. marktes; denn selbstverständlich ist es nachvollziehbar, dass etwa Architekten oder Mediziner in entsprechend (Stephan Brandner [AfD]: Gerne! – Johann spezialisierten Kanzleien mit Anwälten zusammen Be- Saathoff [SPD], an den Abg. Stephan Brandner rufsausübungsgesellschaften eingehen wollen, was sie [AfD] gewandt: Über die Nase, die Maske!) jetzt können. Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Hans- Jürgen Thies. 1) Anlage 12 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30079

Dr. Jürgen Martens (A) Allerdings erscheint die Beschränkung auf nur jene Jetzt legt die Koalition einen Gesetzentwurf vor, der (C) freien Berufe, die in § 1 Absatz 2 des Partnerschaftsge- vor allem Änderungen im Notarberuf beinhaltet und sellschaftsgesetzes genannt sind, aus unserer Sicht ver- daneben noch hier und da das Rechtsreferendariat kürzt; denn es gibt durchaus auch die Möglichkeit, etwa anpasst. Die Änderungen für den Notarberuf, wie die IT-Spezialisten und Techniker in Berufsausübungsgesell- Möglichkeit, das Amt für längere Zeit vorübergehend schaften mit einzugliedern. Es ist nicht richtig nachvoll- niederzulegen, stellen eine wichtige Verbesserung dar, ziehbar, warum das nicht sein soll, meine Damen und weil sie die Familienfreundlichkeit des Berufes fördern. Herren. Aber bei der Juristinnen- und Juristenausbildung werden nur Minireformen vorgenommen, statt den dringend Ein weiterer Punkt ist das in § 43a der Bundesrecht- benötigten großen Wurf vorzunehmen. sanwaltsordnung vorgesehene Tätigkeitsverbot für Anwälte. Das halten wir für problematisch; denn hier Ja, es wird endlich die Möglichkeit eingeführt, das wird demjenigen eine Berufsausübung untersagt, dessen zweite Staatsexamen elektronisch durchzuführen. Das Partner in einer Gesellschaft möglicherweise über Kennt- ist eine dringend nötige Anpassung an die Art und Weise, nisse verfügt, die er selber nicht verwenden darf. Der wie in der Praxis gearbeitet wird. Aber wirklich innovativ Betroffene hat aber keinerlei individuell vorwerfbare wäre es, das Examen uneingeschränkt an die Realität Kenntnisse oder auch nur die Möglichkeit, diese zu miss- juristischer Berufe anzupassen. In keiner berufsprakti- brauchen. Diese Regelung halten wir für falsch und über- schen Situation sitzt da jemand und überlegt aus dem schießend. Deswegen werden wir diesem Gesetz auch Bauch oder Kopf heraus, was das richtige Ergebnis ist. nicht zustimmen. Er wird stets auf juristische Datenbanken zurückgreifen. Genau das sollten wir im ersten und zweiten Examen Etwas anderes gilt für das Gesetz zur Modernisierung erlauben und die Klausuren entsprechend gestalten, da- des notariellen Berufsrechts. Allerdings ist es doch etwas mit nicht das Auswendiglernen belohnt wird, sondern das seltsam, wenn hier besonders hervorgehoben wird, dass eigenständige Denken. Notare die Möglichkeit haben sollen, ihre Prüfungen elektronisch abzulegen. Das ist aus der Zeit gefallen. (Beifall bei der LINKEN) Wir müssten längst weiter sein. Das Schreiben von Prü- Für Die Linke sind zwei weitere Reformen der Juristin- fungsarbeiten auf Computern sollte selbstverständlich nen- und Juristenausbildung dringend nötig: möglich sein und keiner besonderen Erwähnung bedür- fen. Erstens. Studierende haben es nach einem kräftezehr- enden Studium verdient, eine einwandfreie und faire Kor- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten rektur ihrer Examina zu bekommen – Examina, die in der LINKEN) keinem anderen Studium von so entscheidender Bedeu- (B) tung sind. Deshalb muss die Zweitkorrektur unabhängig (D) Aber bei diesem Gesetz ist zumindest eines verhindert von der Erstkorrektur stattfinden und müssen Korrekt- worden: ein Zurückdrehen in der Ausbildung der Juris- oren allgemein besser vergütet werden. Zurzeit kennen ten. Man wollte die Gesamtabschlussnote aufweichen die Zweitkorrektoren die Erstkorrektur und werden da- oder, besser gesagt, das wieder weitgehend auf die Staats- durch oft in ihrer eigenen Notenvergabe vorbestimmt. prüfung reduzieren, wodurch die Schwerpunktprüfungen Bei mir war es übrigens auch so: Der Zweitkorrektor an Gewicht verloren hätten. Das hielten wir für falsch. war auf den Punkt genau mit dem Erstkorrektor bei allen Angesichts der Fülle des Stoffs, der im Studium zu sechs Examensklausuren einer Meinung – was für ein bewältigen ist, und der Möglichkeit, dort individuelle Zufall! Neigungen zu fördern und besser herauszustellen, war es dringend notwendig, den Mix in der Prüfungsnote (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) beizubehalten. Insofern werden wir diesem Gesetz zu- Zweitens. Wir müssen das Alles-oder-nichts-Prinzip stimmen. des ersten Staatsexamens beenden. Es ist nicht vertretbar, Vielen Dank. fünf Studien- und Lebensjahre von jungen Menschen auf einen Scheiterhaufen zu überführen, wenn diese durch (Beifall bei der FDP) das erste Examen fallen, es nicht bestehen. Als Linke fordern wir, dass Studierenden nach Bestehen der Vizepräsidentin Claudia Roth: Zwischenprüfung und des Schwerpunktbereiches ein Vielen Dank, Dr. Jürgen Martens. – Nächster Redner in Bachelor zugesprochen wird. Diese zwei Leistungen der Debatte: für die Fraktion Die Linke Niema Movassat. sind gleichwertig mit einem Bachelorabschluss und soll- ten auch so anerkannt werden. (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Niema Movassat (DIE LINKE): Die Linke hat einen umfangreichen Antrag mit Vor- Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Über die schlägen vorgelegt, den Sie leider abgelehnt haben. juristische Ausbildung sagte eine der bedeutendsten Weil der vorliegende Entwurf immerhin kleinere Verbes- Theoretikerinnen des deutschen Privatrechts, Marietta serungen enthält, werden wir zustimmen. Auer, kürzlich, dass sie mit einer persönlichkeitszersetz- enden Angst behaftet sei. Seit Jahren sagen fast alle, die Ihnen, Herr Lange, wünsche ich persönlich alles Gute sich auskennen: Die juristische Ausbildung muss drin- und bedanke mich für die gute Zusammenarbeit im gend reformiert werden. Rechtsausschuss. 30080 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Niema Movassat (A) Danke schön. Dritte Beratung (C)

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem neten der SPD) Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich jetzt zu erheben. – Wer stimmt dagegen? – Niemand. Wer enthält sich? – Der Vizepräsidentin Claudia Roth: Gesetzentwurf ist angenommen, wiederum mit der Mehr- Vielen Dank, Niema Movassat. heit von Linken, SPD, Grünen, CDU/CSU und AfD bei Enthaltung der FDP. Die nächste Rednerin, Katja Keul, gibt ihre Rede zu Protokoll.1) Tagesordnungspunkt 24 b. Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der Modernisierung des notariellen Berufsrechts und zur Än- SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- derung weiterer Vorschriften. Der Ausschuss für Recht NEN und der Abg. Stephan Thomae [FDP] und Verbraucherschutz empfiehlt in seiner Beschluss- und Gökay Akbulut [DIE LINKE]) empfehlung auf Drucksache 19/30503, den Gesetzent- Die übernächste Rednerin, Esther Dilcher, gibt ihre Rede wurf der Bundesregierung auf Drucksachen 19/26828 zu Protokoll.2) und 19/26920 in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Aus- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der schussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz- NEN und der Abg. Stephan Thomae [FDP] entwurf ist damit in zweiter Beratung bei Enthaltung der und Gökay Akbulut [DIE LINKE]) AfD und Zustimmung der anderen Fraktionen des Hauses Der überübernächste Redner, Dr. Jan-Marco Luczak, gibt angenommen. seine Rede zu Protokoll.3) Dritte Beratung (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem NEN und der Abg. Stephan Thomae [FDP] Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – und Gökay Akbulut [DIE LINKE]) Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz- Damit schließe ich die Aussprache. entwurf ist bei Enthaltung der AfD und Zustimmung der anderen Fraktionen des Hauses angenommen. Tagesordnungspunkt 24 a. Wir kommen zur Abstim- (B) mung über den von der Bundesregierung eingebrachten Zusatzpunkt 18. Beschlussempfehlung des Ausschus- (D) Gesetzentwurf zur Neuregelung des Berufsrechts der ses für Recht und Verbraucherschutz zum Antrag der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsge- Fraktion der FDP mit dem Titel „Rechtsstandort Deutsch- sellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften land stärken – Juristische Ausbildung an das digitale Zeit- im Bereich der rechtsberatenden Berufe. Der Ausschuss alter anpassen“. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchsta- für Recht und Verbraucherschutz empfiehlt in seiner Be- be a seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache schlussempfehlung auf Drucksache 19/30516, den Ge- 19/26308, den Antrag der Fraktion der FDP auf Druck- setzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache sache 19/23121 abzulehnen. Wer stimmt für diese Be- 19/27670 in der Ausschussfassung anzunehmen. schlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent- Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der AfD hält sich? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen. auf Drucksache 19/30555 vor, über den wir zuerst Zugestimmt haben die Fraktionen der SPD, der CDU/ abstimmen. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? CSU und der AfD. Dagegengestimmt hat die Fraktion der FDP. Enthalten haben sich die Fraktionen der Linken (Niema Movassat [DIE LINKE]: Nicht mal die und der Bündnisgrünen. ganze AfD!) Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Keine. Der Ich rufe gleich den nächsten Tagesordnungspunkt auf, Änderungsantrag ist abgelehnt – Zustimmung von der das ist der Tagesordnungspunkt 23. Ich bitte, die Plätze zu AfD, Ablehnung von allen anderen Fraktionen des Hau- tauschen, Platz zu nehmen und auch mal zu gucken, ob ses. der zweite Redner schon im Saal ist – ist er nämlich nicht. Ich gebe Ihnen nur den guten Tipp. Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 19/27670 in der Aus- (Zuruf von der CDU/CSU: Wir haben ihm schussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – schon Bescheid gegeben!) Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz- entwurf ist damit in zweiter Beratung angenommen. – Gut. Zugestimmt haben die Fraktionen der Linken, der SPD, der Bündnisgrünen, der CDU/CSU und der AfD. Enthal- Ich rufe den Tagesordnungspunkt 23 auf: ten hat sich die Fraktion der FDP. Beratung des Antrags der Abgeordneten Manuel Sarrazin, Omid Nouripour, Claudia Roth (Augs- 1) Anlage 12 2) Anlage 12 burg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion 3) Anlage 12 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30081

Vizepräsidentin Claudia Roth (A) Kurskorrektur in der Russlandpolitik – Men- gierung das Gespräch, der Dialog, manchmal das (C) schenrechte, Demokratie und europäische Beschwichtigen mit dem System Putin ist, wenn der Friedensordnung konsequent verteidigen Kreml zum alleinentscheidenden Faktor für Frieden in Drucksache 19/29313 Europa stilisiert wird, wenn hinter Dialog mit Putin letzt- lich die fehlende Hoffnung in die russische Gesellschaft Für die Aussprache ist eine Dauer von 30 Minuten und in ihre Veränderungsfähigkeit zu stehen scheint. beschlossen. Denn die russische Gesellschaft ist vielfältiger, politi- Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat als erster scher, europäischer, demokratischer und betroffener Redner Manuel Sarrazin für Bündnis 90/Die Grünen. vom System Putin, als wir es hier in Deutschland oftmals sehen. Deswegen wollen wir Brücken nach Russland (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) bauen zu unseren Partnern in Russland. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Zur Arroganz gegenüber Russland gehört nicht, die Jahr 2004 habe ich in Sankt Petersburg zum ersten Mal Realität der Autokratie anzusprechen, sondern diese vor Boris Pustinzew getroffen. Der inzwischen verstorbene den Menschen in Russland zu verschweigen. Wer eine Menschenrechtler und Bürgerrechtler sagte mir damals, Brücke bauen will – das war schon 1975 in Helsinki wenn ihm jemand in Russland sage: „Früher war alles klar –, der muss diese Brücke zur Gesellschaft und vor besser“, würde er antworten: „Und heute kannst du es allem zur Zivilgesellschaft in Russland bauen und klar- sagen.“ Ein paar Jahre später traf ich Boris wieder – so machen, dass Deutschland und die EU an ihrer Seite ungefähr im Jahr 2008; wir haben viele Jahre lang eng stehen, bereit zu mehr Kooperation in allererster Linie zusammengearbeitet –, und ich fragte ihn, ob er das heute an der Seite der Zivilgesellschaft in Russland. auch noch so sagen würde. Er sagte: Nein, das würde er nicht. – Und damit ist der Rahmen für diese Debatte klar (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) gesetzt. Wir müssen klarmachen, dass die Basis für den Dialog Wir Grüne standen und stehen an der Seite der russi- die gemeinsamen Werte und Prinzipien sind – so wie schen Zivilgesellschaft, die mehr denn je unterdrückt ist. Willy Brandt es angedacht hat, so wie Helsinki es gezeigt Das ist unser Partner in Russland an allererster Stelle. hat –, dass demokratische Freiheiten und Menschenrech- te keine Ansichtssache sind. Wir erwarten, dass der Dia- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN log auch mit der kritischen Zivilgesellschaft und mit der sowie des Abg. Johannes Schraps [SPD]) freien Presse geführt werden kann – nicht nur, aber auch. (B) Denn Freundschaft mit Russland ist nicht einfach nur Dazu gehören Herr Nawalny, das Zentrum Liberale (D) getan durch Kuscheln mit dem Kreml. Versöhnen mit Moderne, der Deutsch-Russische Austausch, EPDE, Russland ist nicht einfach nur getan durch Versöhnen „Meduza“, das Forum russischsprachiger Europäer und mit dem Kreml. Die Zukunft der deutsch-russischen Memorial – wie auch der Kreml. Freundschaft hängt nicht vom Bau einer korrupten Pipe- (Beifall des Abg. Johannes Schraps [SPD]) line ab, sondern vom Dialog der Zivilgesellschaften, Dialog, reden – das werden wir sowieso. Aber wir sind (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu mehr Kooperation bereit: mit Russland, nicht nur mit vom respektvollen und ehrlichen Umgang miteinander, Gazprom, Rosneft oder mit Putin. mit den anderen Partnern in Russland und auch den an- deren Partnern in der EU und in der Region. Deswegen Vielen Dank. wollen wir und bieten wir mit unserem Antrag mehr (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Kooperation mit Russland an. Aber: Wer so tut, als ob Kriege und Repression, Auto- Vizepräsidentin Claudia Roth: kratie und politische Morde diesen Dialog nicht erschwe- Vielen Dank, Manuel Sarrazin. – Nächster Redner: für ren würden, der ist nicht aufrichtig und nicht ehrlich, die CDU/CSU-Fraktion Christian Schmidt. nicht gegenüber dem Kreml und auch nicht gegenüber den Menschen in Russland. (Beifall bei der CDU/CSU) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Christian Schmidt (Fürth) (CDU/CSU): Dialog, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist richtig und Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! wichtig, selbst dann, wenn er erfolglos sein sollte. Aber Der Zusammenbruch der Sowjetunion, schreibt Henry es gehört zur Politik dazu, sich offen die Karten zu legen. Kissinger 2014 in seinem Werk „Weltordnung“, ver- So wie der Kreml gegen die Zivilgesellschaft, gegen die schob – Zitat – „die Akzente der Diplomatie“. Der kalte freie Presse in Russland vorgeht, so ist der Dialog ein Krieg sei fälschlicherweise vom Westen „nicht als ein Selbstzweck – leider. geopolitischer Kampf um die Grenzen der russischen Trotzdem ist es richtig, den Dialog zu führen. Aber der Macht“ gesehen worden, sondern „als ein moralischer Dialog nur mit diesem System wird keine Brücken bauen. Kreuzzug für die freie Welt“. In der Tat gibt es unter- Das sollte klar sein – auf das Gegenteil hoffend – und schiedliche Betrachtungsweisen, wie man das Blockden- auch klar formuliert werden. Deswegen reicht es nicht ken dieser Zeit in eine neue Weltordnung überführen aus, wenn die scheinbar einzige Strategie der Bundesre- sollte. Kissinger schrieb dies zu der Zeit, als Wladimir 30082 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Christian Schmidt (Fürth) (A) Putin in seiner geopolitischen Strategie eben gerade einen (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. (C) an die Sowjetunion mindestens anzuknüpfenden Expan- Dr. Florian Toncar [FDP]) sionismus statuierte und zu vollziehen begann. Jeder mit solchem Einfluss auf den Nachbarn wie ihn Und so wie der Realpolitiker Kissinger in einem frü- Putin auf diesen primitiven weißrussischen Gewalttäter heren Artikel in den frühen 90er-Jahren sich mit der Lukaschenko hat, einen, wenn man will, Schlagstockf- Frage beschäftigte, wohin sich Russland wenden wird, reak des reaktionären Zeitalters, müsste diesen in die ob nach Europa und damit auch hin zu dessen Werte- Schranken weisen. Das wäre nicht nur Realpolitik; das struktur oder als eurasische Großmacht nach Osten, so macht man mit solchen Figuren grundsätzlich. Aber das muss auch der heutige Kissinger neu denken. Damals findet nicht statt. Ganz im Gegenteil planscht man in sagte er, dass die russische – Ergänzung von mir – Sotschi und man verabschiedet sich endgültig von Habe- „Noch“-Großmacht geopolitische Spielräume auch im as Corpus. Osten – heute würde ich sagen, auch im Süden – suchen Es ist auffällig, wie oft im Antrag der Grünen Präsident wird. Er sagte auch, dass es wichtig wäre, dass Habeas Putin erwähnt wird. Aber es ist nachvollziehbar; denn das Corpus, also die Grundsicherheit der individuellen Men- putinistische System ist auf diese Nummer eins zuge- schen- und Bürgerrechte, gewährleistet sein müsste, auch schnitten. Wie können wir dem begegnen? wenn – Ergänzung von mir – die russische Staatsführung nicht aus „lupenreinen Demokraten“ bestünde. Also Wir müssen eine Strategie entwickeln, die flexible Grundkonsens bei den Menschenrechten. Damit gaben Antworten ermöglicht. Ja, wir müssen die Zivilgesell- wir uns irgendwie alle zufrieden, und es gab ja auch schaft unterstützen. Wir sollten nicht erwarten, dass sich Signale der nichtexpansiven Rationalität. Russland in ein paar Jahren zu einem liberalen Land westlicher Prägung entwickelt. Wir müssen aber scharfen Ich erinnere mich, 2008 Teilnehmer eines Gesprächs Protest einlegen, insbesondere gegen dieses eigenartige mit dem damaligen Staatspräsidenten Medwedew gewe- Listungsgesetz, das freie Hand gibt, Organisationen wie sen zu sein, aus dem Zbig Brzezinski, früher nationaler zum Beispiel das Zentrum Liberale Moderne oder andere Sicherheitsberater der USA unter Jimmy Carter, heraus- Nichtregierungsorganisationen außer Recht zu setzen, ging und nahezu beschwingt unser Gespräch kommen- und Menschen gefährdet. tierte, dass er jetzt an eine wirkliche Annäherung und an einen Ausgleich zwischen Russland und dem Rest Wir müssen auch über die Instrumente und die Gre- der Welt glaube, so sehr habe ihn der junge Präsident mien, in denen wir gemeinsam arbeiten – sei es der Euro- beeindruckt. Er und wir hatten übersehen, dass Medwe- parat oder seien es andere, wo man Gesprächskanäle dew nur geschickt gesetzter Platzhalter für Wladimir offenhalten muss –, Hinweise geben und klare Positionen vertreten. Ich glaube, wir müssen deswegen auch mit (B) Putin war. Putin sieht manches anders. So wenig ihn (D) Habeas Corpus wirklich schert, so wenig beeindruckt unseren Bündnispartnern sehr viel mehr sprechen. Ich ihn ein auf Ausgleich gerichteter Politikansatz. hoffe und erwarte, dass, wenn sich der neue amerikani- sche Präsident Biden und Putin wo auch immer in den Zwar ist es müßig, darüber zu diskutieren, an welcher nächsten Tagen treffen, wir mit dabei sind. Stelle das Verhältnis zwischen Europa und Russland aus- Die strategische Wahrnehmung in Deutschland muss einandergeraten ist. In der Gesamtschau scheint es ein des Weiteren identisch gemacht werden mit der in ande- allmählicher, aber zielgerichteter Prozess zu sein, den ren Teilen Europas. Das heißt, dass wir auch über die wir so in den 90er-Jahren nicht haben kommen sehen Energiepolitik reden müssen. Denn eines ist die große und der sich auch nicht mit Fehlern des Westens erklären Schwachstelle von Putin: Er hat es nicht geschafft, seine lässt. auf Rohstoffen basierende Wirtschaft zu modernisieren. Wir haben und wollen keine Konfrontation mit Russ- Das unterscheidet ihn dramatisch von China. Deswegen land, schon gar nicht mit dem russischen Volk. Gestern hat er auch nicht die Kraft von China. Er wird sich mittel- haben wir daran gedacht: Uns verbindet eine jahrhunder- fristig sowieso nach Europa orientieren müssen. telange gemeinsame Geschichte. Gerade jetzt denken wir Gestatten Sie mir, Frau Präsidentin, dass ich zu einem an den Überfall auf die Sowjetunion durch Hitlerdeutsch- anderem Thema ganz kurz etwas sage, das mittelbar da- land 1941. Mag Stalin seinerseits über Leichen gegangen mit verbunden ist. Ich danke der Bundesregierung, insbe- sein, Hitlers Angriff auf die Sowjetunion mit infolgedes- sondere Frau Bundeskanzlerin Merkel, dass sie mich für sen 25 Millionen Kriegstoten aus diesem Land ist und den internationalen Posten des Hohen Repräsentanten für bleibt der verabscheuungswürdigste und inakzeptabelste Bosnien und Herzegowina vorgeschlagen hat, und ich Aggressionskrieg des 20. Jahrhunderts. habe die Freude und die Ehre, von der internationalen (Beifall des Abg. Johann Saathoff [SPD]) Gemeinschaft hierfür benannt worden zu sein. Schon deshalb haben Russland und die anderen Nach- (Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜND- folgestaaten der Sowjetunion ein Anrecht auf Verbeu- NIS 90/DIE GRÜNEN) gung vor den Toten und Verständigung mit den Leben- Aber auch auf dem Balkan treffen westliche und rus- den. Aber wir können vor dem strategischen Agieren der sische Interessen aufeinander. Die russische Regierung gegenwärtigen russischen Regierung, sei es im Innern hat meine Kandidatur nicht unterstützt. Dies folgt einer oder im Handeln nach Außen, nicht die Augen schließen. politischen Linie der Nichtkooperation. Ich möchte dies Hier geht es nicht um Ausrutscher von Demokratie und aber offen aufgreifen. Ich werde alles daransetzen, im Rechtsstaatlichkeit, sondern um eine strukturierte Erset- Amt des Hohen Repräsentanten nicht nur den Frieden zung eines demokratischen durch einen autoritären Staat. zu erhalten, sondern für die junge Generation zu arbeiten. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30083

Christian Schmidt (Fürth) (A) Die wird die Konflikte der Großeltern einmal nicht mehr (Zuruf des Abg. Manuel Sarrazin [BÜND- (C) verstehen. Aber dazu brauchen wir Dialog, Gespräch und NIS 90/DIE GRÜNEN]) Bereitschaft, miteinander zu arbeiten, auch mit Moskau. Deswegen wird natürlich mein Weg auch in diese Haupt- Ist das wirklich die Demokratie, die Sie vielleicht auch stadt führen. Ich lade die russische Regierung dazu ein, nach Deutschland bringen wollen, wenn Sie die Gelegen- hier gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft heit dazu haben? Das muss man sich doch fragen. Verantwortung zu übernehmen. Das brauchen wir in Eu- (Beifall bei der AfD – Zuruf des Abg. Manuel ropa. Das ist mittelfristig auch das Rezept für Herrn Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Putin, sein Land nach vorne zu bringen. Danke. Liebe Grüne, Ihr Antrag ist aus meiner Sicht auch ein Meisterwerk der Lobbyarbeit. Ich möchte Ihnen eine ein- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) fache Frage stellen: Wer von Ihnen ist bereit, die Interes- sen seines Landes zu verraten zugunsten finanzieller Inte- Vizepräsidentin Claudia Roth: ressen anderer Länder? Vielen Dank, Christian Schmidt, und wir wünschen Ihnen für diese wichtige neue Aufgabe viel Kraft, viel (Zuruf des Abg. Manuel Sarrazin [BÜND- Mut, viel Ausdauer, viel Geduld und viele neue Ideen; NIS 90/DIE GRÜNEN]) denn Ihre Aufgabe ist in der Tat die eines friedensstiften- Wie viele von Ihnen sind bereit, für eine solche Entschei- den Brückenbauers. Dafür viel, viel, viel Kraft und viel dung Verantwortung in der Zukunft zu tragen? Die Grü- Erfolg! nen wollen kein günstiges und auch kein umweltschonen- (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP des Gas aus Russland. Aber um die Energiesicherheit zu und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie gewährleisten, müssen wir dann das teure und schmutzi- der Abg. Dr. Anton Friesen [AfD] und Niema ge Gas aus den USA kaufen. Movassat [DIE LINKE]) (Zuruf des Abg. Manuel Sarrazin [BÜND- Nächster Redner: für die AfD-Fraktion Waldemar NIS 90/DIE GRÜNEN]) Herdt. Dann muss man doch ehrlich sein und den Wählern sa- (Beifall bei der AfD) gen: Liebe Wähler, nächstes Jahr werden wir alle 10 bis 15 Prozent mehr bezahlen, weil wir das russische Gas, Waldemar Herdt (AfD): weil wir den Arbeitgeber aus dem fremden Land nicht Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich wollen. (B) war eigentlich positiv überrascht, als ich den Titel des (D) Antrags der Grünen gelesen habe. Ich habe gedacht: Man spricht über Korruption und eine Pipeline-Affäre. Die können ja auch was Gescheites. „Kurskorrektur in Wir haben jetzt schon den teuersten Strom in Europa. der Russlandpolitik“ – ja genau, das brauchen wir doch Wenn wir diesem Antrag folgen, dann müssen wir viel- alle. Aber schon der erste Satz zeigt, wohin die Reise der leicht noch mehr zahlen. Die Folge ist – da dürfen wir uns Grünen geht. In diesem Antrag wird das politische Sys- dann auch nicht wundern –, dass vielleicht die Unterneh- tem Russlands als Regime bezeichnet und verurteilt. mer aus unserem Land auswandern und dass es zu sozia- ler Unruhe und zu Chaos kommt. Damit wären wir dann (Frank Müller-Rosentritt [FDP]: Was ist es in der russischen Demokratie der 90er-Jahre. Das wollen denn sonst?) Sie wirklich? Hiermit ist doch der Konfrontationskurs schon festgelegt. Und wo ist dann bitte schön die Kurskorrektur? Auch wir in der AfD stehen wir für eine Kurskorrektur mit Blick auf Russland – aber in eine konstruktive Rich- (Zuruf des Abg. Manuel Sarrazin [BÜND- tung. Denn ohne Russland ist die Sicherheit auf dem NIS 90/DIE GRÜNEN]) europäischen Kontinent nicht zu gewährleisten und ge- Genau das Gleiche machen wir doch auch jetzt. Der An- gen Russland schon gar nicht. Wir müssen wirtschaft- trag der Grünen, meine Damen und Herren, ist aus meiner liche Sanktionen aufheben, die auch uns schaden und Sicht ein Meisterwerk der Inkompetenz und Heuchelei – die für die Verarmung des Volkes mitverantwortlich nichts anderes! sind. Wir brauchen eine freie Wirtschaftszone von Lissa- bon bis Wladiwostok, die es uns ermöglicht, die enormen (Zuruf der Abg. Ulli Nissen [SPD]) russischen Naturressourcen mit dem deutschen Know- Nur ein Beispiel. Die Situation der 90er-Jahre in Russ- how zu verbinden. Das ist eine Garantie für Frieden, land wird hier beschrieben als beispielhaft für Demokra- das ist eine Garantie für Wohlstand für jetzige und für tie und Fortschritt. Ich kenne die Situation im Russland zukünftige Generationen. Dahin sollte der Kurswechsel der 90er-Jahre. in der Russlandpolitik gehen und nicht woandershin. (Zuruf des Abg. Manuel Sarrazin [BÜND- Schluss mit dem grünen Wahnsinn! Diesen Antrag wer- NIS 90/DIE GRÜNEN]) den wir nicht unterstützen. Ich habe das nicht gegoogelt; ich war da. Ich kann Ihnen (Beifall bei der AfD – Ulli Nissen [SPD]: ganz kurz beschreiben, was die von Ihnen so gelobte Schluss mit der AfD! – Manuel Sarrazin Demokratie damals prägte: Das war die Armut, das waren [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und ich habe die Drogen, das war Chaos, das waren Bandenkriege. mir am Anfang schon Sorgen gemacht!) 30084 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Vizepräsidentin Claudia Roth: allem in Moskau, Grosny oder anderswo in Russland. Es (C) Danke, Herr Herdt. – Nächster Redner: für die SPD- gibt vor allem keine Entschuldigung dafür, die Rechte der Fraktion Johann Saathoff. eigenen Bevölkerung zu verletzen. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Johann Saathoff (SPD): Danke schön. – Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Der Kurs unserer Russlandpolitik bleibt derselbe, und Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es er steht sogar im vorliegenden Antrag: Russland gehört gibt eine Reihe von besorgniserregenden Ereignissen in zu Europa. – 80 Jahre nach dem Angriff Nazi-Deutsch- Russland, die dringend unserer Aufmerksamkeit bedür- lands auf die Sowjetunion muss uns klar sein, wie wichtig fen. Es gibt wirklich dicke Bretter zu bohren. Vor zwei es ist, diesen östlichen Teil Europas, der so sehr unter den Wochen wurden drei deutsche Organisationen in Russ- deutschen Verbrechen gelitten hat, nicht zu vergessen. land für unerwünscht erklärt. Der Petersburger Dialog Der Bundestag hat gestern hieran würdig erinnert. Bun- hat daraufhin beschlossen, die Zusammenarbeit vorläufig desaußenminister Heiko Maas hat dazu eine Rede gehal- auszusetzen. Denn diese Listung betrifft langjährige akti- ten und dies sehr deutlich gemacht. ve Mitglieder des Petersburger Dialoges. Aber nicht nur Ich selbst bin gestern aus der Ukraine zurückgekehrt, der Petersburger Dialog ist betroffen. Vor allem trifft das wo ich ebenfalls dieses Tages gedacht habe. In der Ukrai- die russischen Partner, die vielen Kooperationen, die es ne war auch spürbar, wie lebendig die Idee Europa im gibt, die nun praktisch über Nacht gekündigt werden Osten des Kontinents ist, gerade in und gerade mit einer mussten. lebendigen Zivilgesellschaft. Und es gehört auch zur Ich habe mit Betroffenen gesprochen, und eins ist deut- europäischen Friedensordnung, dass wir die Verletzung lich: Es geht hier nicht nur um politische Meinungen und der Souveränität und der territorialen Integrität der Ukrai- Auseinandersetzungen. Es geht auch um langjährige ne nicht akzeptieren werden. Freundschaften und Kontakte von Mensch zu Mensch, (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ die quasi über Nacht verboten wurden. Für diese Listung DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der gibt es überhaupt keine Begründung. Die Behauptung, CDU/CSU) diese Organisationen würden Russland in irgendeiner Weise bedrohen, ist absurd und falsch und natürlich In Belarus, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehen wir, auch absolut nicht weise und nicht ausgerichtet auf eine dass sich die Bevölkerung für ihr Recht, frei zu wählen, gemeinsame gedeihliche Zukunft. einsetzt und höchste Risiken in Kauf nimmt. Gerade heu- (B) te habe ich mit einigen Kolleginnen und Kollegen der (D) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten SPD-Fraktion ein wirklich beeindruckendes Gespräch der CDU/CSU) mit Swetlana Tichanowskaja führen können. Weil ich sehe, wie die Menschen sich um Demokratie und Zusam- Was es bedeutet, zu einer unerwünschten Organisation menarbeit bemühen, glaube ich auch niemandem, der in erklärt zu werden, sehen wir am Beispiel von Andrej Bezug auf Russland suggeriert, er würde ja die russische Piwowarow. Obwohl er der Forderung des Gesetzes Seele kennen, die angeblich nur die harte Hand versteht. nachkam und die Bewegung „Offenes Russland“ aufge- löst hat, wurde er verhaftet, nachdem er bereits im abflug- (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des bereiten Flugzeug gesessen hat. Aktuell wurde bestätigt, BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) dass die politischen Stäbe von Alexej Nawalny fortan als extremistische Organisationen gelten. Passend dazu wur- Jedem, der Chancen in Gesprächen, Begegnungen und de ein Gesetz verabschiedet, das seinen Unterstützern aus Verhandlungen sucht, dem wird abgesprochen, überhaupt diesem Grund verbietet, als Kandidaten zu den Wahlen Ahnung zu haben. In Russland gibt es aber nicht nur eine anzutreten. Seele. In Russland gibt es mindestens 144 Millionen See- len. Und Europa ist ein Kontinent der Vielfalt, und Russ- All dies zeigt, dass sich Russland von den Werten und land ist selbst vielfältig als Teil Europas. von den Regeln der Demokratie, zu denen es sich aus- drücklich verpflichtet hat, immer weiter entfernt. Opposi- Als die AG Zivilgesellschaft des Petersburger Dialogs, tion wird kaum noch geduldet, Gesetze und Maßnahmen die ich damals zusammen mit Michail Fedotow koordi- richten sich aber auch gegen kritische Menschenrechts- niert habe, im Dezember eine Erklärung beschlossen hat, verteidiger wie Juri Dmitrijew, der die Verbrechen des in der vor der inzwischen erfolgten Verschärfung der Stalinismus erforschte. Sie richten sich gegen die Zeugen Gesetze gegen die sogenannten ausländischen Agenten Jehovas genauso wie gegen investigative Journalisten, gewarnt wurde, haben mich viele gefragt: Wie habt ihr die Korruption aufdecken oder einfach nur von Protesten das eigentlich geschafft? Wie habt ihr es geschafft, dass berichten. die russische Seite zugestimmt hat? – Diese Frage ist schon völlig falsch gestellt. Es waren nämlich vor allem Ich stimme völlig überein, dass diese Entwicklung, die die russischen Teilnehmer, die ihre Sorgen geäußert ha- sich bereits über Jahre zeigt, unsere Russlandpolitik nicht ben und in dieser Erklärung Hoffnung suchten. Genau das unberührt lassen kann. Sosehr wir uns fragen müssen, ist ja der Fehler, dass behauptet wird, wir würden unsere was wir vielleicht hätten tun können, muss aber auch Ideen nach Russland bringen wollen. Nein, es geht allen klar sein: Die Verantwortlichen hierfür sitzen nicht darum, dass die russische Gesellschaft sich frei äußern in Berlin oder Brüssel. Die Verantwortlichen sitzen vor und sich frei entwickeln kann. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30085

Johann Saathoff (A) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Vielen Dank, lieber Johann Saathoff. – Nächste Red- (C) DIE GRÜNEN) nerin: für die FDP-Fraktion Renata Alt. Die neuen Gesetze, die noch mehr Organisationen und (Beifall bei der FDP) Personen zu ausländischen Agenten machen, sind be- schlossen worden. Die russische Politik beschränkt die Renata Alt (FDP): freie Meinungsäußerung und beschränkt viele Kontakt- Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und möglichkeiten ins Ausland. Wir wollen das Gegenteil. Kollegen! Das deutsch-russische Verhältnis befindet sich Wir wollen mehr Kontakte, mehr Dialoge, mehr Aus- aktuell leider auf einem Tiefpunkt. Die Bundesregierung tausch. Um es aber auch deutlich zu sagen: Ich glaube hat eine strategische Debatte über das Verhältnis zu Russ- nicht, dass wir diesem Ziel näherkommen, wenn wir die land viel zu lange vertagt. Deshalb ist die heutige Debatte Kontakte auf einem Gebiet fördern und auf einem ande- sehr wichtig. ren Gebiet, wie zum Beispiel der Wirtschaft, von unserer Seite beschränken. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, eini- ge Punkte aus Ihrem Antrag teilen wir. Wir dürfen nicht Wir müssen Russland an seinen Verpflichtungen im- schweigen, wenn Menschenrechte in Russland mit Füßen mer wieder messen. Wir sind aber auch nicht so naiv, zu getreten werden. Menschenrechtsverletzungen müssen denken, dass sich dadurch die Situation in Russland wir lautstark kritisieren. schnell verändern wird. Leider wird sie das eher nicht. Es hilft der russischen Gesellschaft aber auch nicht, wenn (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten wir versuchen, Handlungsfähigkeit zu demonstrieren. der CDU/CSU und des Abg. Manuel Sarrazin Die Veränderungen müssen in Russland selbst erfolgen. [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Aber wir können und müssen eine Politik machen, die Gegen russische Propaganda und Hackerangriffe müssen unseren Überzeugungen entspricht. wir hart vorgehen. Ja, es ist wichtig, russischen Opposi- Vor allem müssen wir die Zivilgesellschaft unterstüt- tionellen wie dem vor Kurzem geflüchteten Dmitrij Gud- zen; Kollege Sarrazin, Sie haben absolut recht. Wir müs- kow zu helfen, und ja, Schutzsuchende aus Russland sen die Russinnen und Russen unterstützen, die sich als müssen unkompliziert Asyl in Deutschland erhalten. Teil Europas begreifen, die sich für einen friedlichen Kontinent einsetzen, die das Klima schützen wollen, die (Beifall bei der FDP) sich gegen häusliche Gewalt einsetzen, die sich für freie Aber angesichts der neuen Repressionen in Russland Bildung aussprechen, die für Menschenrechte eintreten ist Ihr Antrag an vielen Stellen leider nur Wunschdenken. oder die einfach über Grenzen hinweg Freundschaften Sie plädieren dafür, die Zivilgesellschaft stärker zu unter- (B) schließen und erhalten wollen. Wir sind bereit, diese Pro- stützen. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, (D) bleme mit Russland gemeinsam anzugehen, weil sie uns wie wollen Sie das konkret umsetzen? Die jüngsten Ge- gemeinsam angehen. setze – Herr Saathoff hat sie gerade eben angesprochen – (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des ermöglichen es dem russischen Staat, jeglichen interna- Abg. Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]) tionalen Austausch zu unterbinden. Wie wollen Sie ver- meiden, dass Oppositionelle eingesperrt werden, nur weil Mehr Begegnungen, mehr Visa, mehr Dialog, weniger sie mit den westlichen Stiftungen zusammenarbeiten? Sie Hindernisse: Das ist der Weg. Das Brett, das wir bohren, fordern in Ihrem Antrag Visaliberalisierung. Noch im ist dick – keine Frage. Aber das darf uns nicht abschre- Januar hat der Kollege Sarrazin in seinem Gastbeitrag cken. Im Gegenteil: Das war und ist der klare Kurs unse- in der Zeitschrift „Russland-Analysen“ das Gegenteil rer Russlandpolitik und wird es auch bleiben. Wer angemahnt. behauptet, dieser Weg ginge nicht, dem kann ich nur auf Platt antworten: Geiht neet, gifft neet. (Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Zu Recht!) (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]) Wie glaubwürdig sind Ihre Forderungen? Sie sollten sich schon entscheiden! Vizepräsidentin Claudia Roth: (Beifall bei Abgeordneten der FDP – Zuruf des Die Präsidentin will wie immer die Übersetzung ha- Abg. Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE ben. GRÜNEN]) Der deutschen Wirtschaft wollen Sie vorschreiben, mit Johann Saathoff (SPD): welchen russischen Unternehmen sie zusammenarbeiten Frau Präsidentin, Sie stehen kurz vorm ostfriesischen darf und mit welchen nicht. Unsere Wirtschaft beginnt Indigenat. „Geiht neet, gifft neet“ hätten Sie schon selber gerade, sich langsam von der Coronakrise zu erholen. übersetzen können: Geht nicht, gibt’s nicht. Und Sie wollen den Unternehmen den Zugang zum russi- schen Markt verwehren? Da reiben sich chinesische Vizepräsidentin Claudia Roth: Staatskonzerne jetzt schon die Hände. Danke schön. Es ging mir ja um die Kolleginnen und (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Anton Kollegen. Friesen [AfD]) (Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Wir dürfen unsere Unternehmen nicht zu den Leidtragen- NEN]: Dann man tau!) den der Verbrechen des Putin-Systems machen. 30086 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Renata Alt (A) Meine Damen und Herren, bei den deutsch-russischen und da hat er vollkommen recht –: Ein starkes Europa – (C) Beziehungen müssen wir uns auf realistische Ziele fokus- an dem ja auch Sie Interesse haben sollten – ist ohne sieren. Wir brauchen eine kluge Diplomatie und Pragma- Einbeziehung Russlands nicht denkbar. tismus. Wir brauchen jetzt eine Politik der machbaren (Beifall bei der LINKEN) kleinen Schritte. Ihr Antrag ist gut gemeint; aber er ist nicht richtig zu Ende gedacht. Deshalb werden wir uns Wenn Sie also an einem starken Europa interessiert sind, enthalten. dann würde ich an Ihrer Stelle einige Punkte wirklich überdenken. (Beifall bei der FDP) Meine Damen und Herren, zu einem vernünftigen Ver- hältnis gehört nämlich, auch die andere Seite – in diesem Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: Fall die Russen – ein wenig zu verstehen und zu hinter- Vielen Dank, Frau Kollegin. – Für die Fraktion Die fragen, warum sie eigentlich was machen. Deshalb möch- Linke hat das Wort der Kollege Klaus Ernst. te ich noch einen Blick auf die Geschichte werfen. Dass Russland aufgrund seiner eigenen Geschichte vielleicht (Beifall bei der LINKEN) ein besonderes Sicherheitsinteresse haben muss und hat, darüber haben wir in dieser Woche schon gesprochen. Klaus Ernst (DIE LINKE): Aber ich erinnere auch daran, dass Gorbatschow bei der Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her- deutschen Einheit Zusagen gemacht worden sind, und ren! Ja, die Verhältnisse sind kompliziert; sie sind zwar in dem Sinne – das Zitat wird Gorbatschow zuge- schwierig. Es ist auch durchaus einiges Richtiges gesagt schrieben –: Ganz gewiss wäre jede Erweiterung der worden; aber der Tenor des Antrags der Grünen ist doch NATO über ihren bisherigen Bereich inakzeptabel. – klar: Man möchte durch Konfrontation mit der russischen Heute haben wir ganz andere Verhältnisse. Die Russen Seite die Einhaltung der Menschenrechte befördern. Ja, haben der Wiedervereinigung zugestimmt unter der aber glauben Sie ernsthaft, Herr Sarrazin, dass Sie durch Bedingung der Nichtausweitung der NATO. mehr Konfrontation, durch mehr Härte gegen Russland Herr Schmidt, Sie sagen: Expansionismus des Wes- die Verhältnisse in Russland in dieser Frage tatsächlich tens. – Nein, Sie meinen eigentlich den Osten. Aber den ändern? Seit fünf Jahren verhängen wir Sanktionen: Das Expansionismus des Westens sehen wir doch praktisch: hat nichts bewirkt, nicht im Geringsten! Und Sie glauben, die Ausweitung der NATO – dass es, wenn wir noch eine Schippe drauflegen, besser wird? Wie kommen Sie eigentlich zu dieser vollkommen Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: irrsinnigen Annahme, Herr Sarrazin? (B) Herr Kollege Ernst. (D) (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- neten der AfD) Klaus Ernst (DIE LINKE): Ich sage Ihnen: Es kommt eigentlich gerade darauf an, – ich bin sofort fertig – näher an die Grenzen des die Kontakte zu intensivieren, um in Gesprächen mit der Ostens. Ich sage deshalb: Für friedliche Verhältnisse, russischen Seite auf Veränderungen hinzuwirken und auch in der Zukunft, brauchen wir mehr Zusammenar- anzusprechen, was aus unserer Sicht falsch ist. beit, mehr Verständnis für den anderen und keine Hau- drauf-Politik der Grünen, vor der ich langsam wirklich (Beifall bei der LINKEN – Manuel Sarrazin Angst kriege. [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen wir (Beifall bei der LINKEN) auch gerne!) Wäre das nicht der viel sinnvollere Weg? Ich erschrecke Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: über Ihre Überlegung, die Ukraine vielleicht mit Waffen Für die CDU/CSU-Fraktion hat das Wort der Kollege zu beliefern. Damit wollen Sie die Menschenrechtslage in Dr. Andreas Nick. Russland verändern? Da frage ich mich: Haben Sie eigentlich einen im Tee? (Beifall bei der CDU/CSU)

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- Dr. Andreas Nick (CDU/CSU): neten der AfD) Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren, Ihr Vorschlag in dieser Russland ist ein großes europäisches Land, ein wichtiger Frage, eine Verhärtung der Verhältnisse durch Konfron- Nachbar und ein bedeutender Teil europäischer Zivilisa- tation, insbesondere auch im Bereich der Wirtschaft, tion. Wir wollen, gerade auch mit Blick auf die Menschen anzustreben, widerspricht nicht nur der Logik, das wider- und die Zivilgesellschaft in Russland, ein friedliches spricht auch den eigenen deutschen Interessen. Ich möch- Zusammenleben, konstruktive Beziehungen und mög- te darauf aufmerksam machen, dass eine intensive Zu- lichst enge Zusammenarbeit bei der Lösung globaler Pro- sammenarbeit – gerade in wirtschaftlichen Fragen – die bleme. Das ist nicht nur ein Gebot unserer leidvollen Verhältnisse eher stabilisiert und Gesprächskanäle offen- gemeinsamen Geschichte; es entspricht auch der geogra- lässt, was Sie offensichtlich infrage stellen. Deshalb kann fischen Lage und unseren strategischen Interessen. ich Ihnen nur immer wieder die Worte des früheren Vor- Aber gerade weil dies so ist, schmerzen uns die aktuel- sitzenden des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirt- len Entwicklungen in Russland zutiefst. Mit der schon schaft, Herrn Cordes, ans Herz legen. Er hat gesagt – mehrfach angesprochenen Listung der im Petersburger Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30087

Dr. Andreas Nick (A) Dialog vertretenen Organisationen entzieht die russische Das sind alle anderen Fraktionen mit Ausnahme der FDP. (C) Führung den für den politischen und zivilgesellschaftli- Enthaltung? – Die Fraktion der FDP. Der Antrag ist damit chen Dialog zentralen Formaten im Petersburger Dialog abgelehnt. ernsthaft die Grundlagen. Das Verhalten der russischen Ich rufe die Tagesordnungspunkte 26 a bis 26 d sowie Führung – aggressiv nach außen, repressiv nach innen – den Zusatzpunkt 19 auf: erfordert von uns auch künftig, gerade auch in den nächs- ten Monaten, ein hohes Maß an Wachsamkeit und Resi- 26 a) Zweite und dritte Beratung des von der Bun- lienz. desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung der im Rah- Unsere Politik gegenüber Russland hat auch weiterhin men der Gemeinsamen Agrarpolitik einen unverrückbaren Bezugspunkt, nämlich die Charta finanzierten Direktzahlungen von Paris. Darin haben sich die Staaten Europas 1990 zu (GAP-Direktzahlungen-Gesetz – Demokratie, Menschenrechten und Grundfreiheiten GAPDZG) bekannt. Sie haben sich verpflichtet, sich jeder gegen die territoriale Integrität oder politische Unabhängigkeit Drucksachen 19/29490, 19/30242 eines Staates gerichteten Androhung oder Anwendung Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- von Gewalt zu enthalten. schusses für Ernährung und Landwirtschaft Wir haben 2019 – nicht zuletzt gemeinsam mit unseren (10. Ausschuss) französischen Freunden – erhebliches politisches Kapital Drucksache 19/30513 investiert, um Russland mit allen Rechten und Pflichten b) Zweite und dritte Beratung des von der Bun- im Europarat zu halten, auch deswegen, um den Zugang desregierung eingebrachten Entwurfs eines für 140 Millionen Bürger der Russischen Föderation zum Gesetzes zur Durchführung der im Rah- Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte sicherzu- men der Gemeinsamen Agrarpolitik gel- stellen. In aller Klarheit – das war auch die Botschaft tenden Konditionalität unseres Vorsitzes im Ministerkomitee des Europarats in (GAP-Konditionalitäten-Gesetz – GAP- den vergangenen Monaten –: Die Umsetzung der Urteile KondG) des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, nicht nur im Fall von Alexej Nawalny, ist eine Kernver- Drucksachen 19/29489, 19/30240 pflichtung für jeden Mitgliedstaat, und wer diese nicht Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- erfüllt, der stellt seinen Platz im Europarat selbst infrage. schusses für Ernährung und Landwirtschaft (10. Ausschuss) (B) (Beifall bei der CDU/CSU) (D) Drucksache 19/30513 Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Herausforderun- gen, die sich aus der aktuellen russischen Politik ergeben, c) Zweite und dritte Beratung des von der Bun- sind ja im vorliegenden Antrag, lieber Kollege Sarrazin, desregierung eingebrachten Entwurfs eines durchaus zutreffend und kenntnisreich und sachkundig Gesetzes zur Durchführung des im Rah- beschrieben worden. Die Debatte hat auch gezeigt, dass men der Gemeinsamen Agrarpolitik ein- wir, jedenfalls in den vier Fraktionen der demokratischen zuführenden Integrierten Verwaltungs- Mitte dieses Hauses, in dieser Analyse weitgehend über- und Kontrollsystems einstimmen. Worin aber dann die von Ihnen angekündig- (GAP-Integriertes Verwaltungs- und Kon- te Kurskorrektur im Konkreten bestehen soll, bleibt dann trollsystem-Gesetz – GAPInVeKoSG) doch etwas im Ungefähren. Es muss jedenfalls mehr sein Drucksachen 19/29488, 19/30241 als rhetorische Eskalation; denn wer Frieden und Sicher- heit in Europa stärken will, der muss auch zu Investitio- Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- nen in Sicherheit bereit sein. Wir sind hier sehr eindeutig: schusses für Ernährung und Landwirtschaft Ernsthafte Dialogangebote und eigene Stärke müssen (10. Ausschuss) Hand in Hand gehen mit Wachsamkeit und Resilienz. Drucksache 19/30513 Diesen klaren Kurs halten wir auch in Zukunft. d) Zweite und dritte Beratung des von der Bun- Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. desregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Direktzahlungen-Durchführungsgesetzes ordneten der SPD) Drucksachen 19/29485, 19/30243 Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- Vielen Dank. – Ich schließe die Aussprache. schusses für Ernährung und Landwirtschaft (10. Ausschuss) Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Drucksache 19/30513 Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 19/29313 mit dem Titel „Kurskorrektur in der Russland- ZP 19 Beratung des Antrags der Abgeordneten Renate politik – Menschenrechte, Demokratie und europäische Künast, Friedrich Ostendorff, Harald Ebner, wei- Friedensordnung konsequent verteidigen“. Wer stimmt terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- für diesen Antrag? – Die Grünen. Wer stimmt dagegen? – NIS 90/DIE GRÜNEN 30088 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich (A) zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Aber diese Ökoregelungen müssen nicht nur den (C) Europäischen Parlaments und des Rates mit gewünschten Anreiz bieten, sie müssen nicht nur praxis- Vorschriften für die Unterstützung der von tauglich sein, sondern sie dürfen auch nicht mit den den Mitgliedstaaten im Rahmen der Gemein- Agrarumweltprogrammen der Bundesländer, die es in samen Agrarpolitik zu erstellenden und durch der zweiten Säule gibt, konkurrieren. Denn auch diese den Europäischen Garantiefonds für die Regelungen enthalten ökologische Leistungen, die sich Landwirtschaft (EGFL) und den Euro- in der Praxis bereits sehr gut etabliert haben. päischen Landwirtschaftsfonds für die Ent- Bei der weiteren Ausgestaltung der GAP sollte auch wicklung des ländlichen Raums (ELER) zu ein besonderes Augenmerk auf Betriebe und auf Regio- finanzierenden Strategiepläne (GAP-Strate- nen mit einem hohen Grünlandanteil gelegt werden, um giepläne) und zur Aufhebung der Verordnung auch in diesen Regionen ausreichend Rückzugsmöglich- (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parla- keiten für die Biodiversität schaffen zu können. ments und des Rates sowie der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parla- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- ments und des Rates (KOM(2018) 392 endg.) ordneten der SPD) hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesre- Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen: Wir ha- gierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grund- ben im Bereich der Landwirtschaft mittlerweile eine gesetzes Regelungsdichte, die vor allem von den kleineren und Grüne Architektur der Gemeinsamen Agrar- mittleren Betrieben nicht mehr überblickt werden kann. politik stärken Betriebe, die zwar – ich sage jetzt mal: in Anführungs- zeichen – „nur“ 100 Hektar bewirtschaften, müssen dies Drucksache 19/30402 oftmals auf 500, 600, ja 800 einzelnen Flurstücken ma- Hierzu liegt ein Änderungsantrag sowie ein Entschlie- chen. Das sieht man den Feldern nicht an, aus wie vielen ßungsantrag der Fraktion Die Linke und ein Entschlie- Flurstücken sie gebildet werden. Das ist sehr schwierig. ßungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen vor. Deshalb müssen diese Betriebe bereits heute oftmals Für die Aussprache ist eine Dauer von 30 Minuten einen externen Berater hinzuziehen, um zu prüfen, ob beschlossen. sie alle Verpflichtungen, die sie eingegangen sind und die ihnen der Gesetzgeber auferlegt, erfüllt haben. Des- Ich eröffne die Aussprache. Es beginnt der Kollege halb ist es uns auch sehr wichtig, dass im Zuge der Hermann Färber. Umverteilungsprämie die ersten Hektare noch mal deut- (Beifall bei der CDU/CSU) lich stärker unterstützt werden. (B) (D) (Beifall bei der CDU/CSU) Hermann Färber (CDU/CSU): Aber zumindest wird die GAP auch einige Vereinfa- Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her- chungen für die landwirtschaftlichen Betriebe bringen. ren! Wir debattieren heute vier Gesetze zur Gemeinsa- Durch die Nutzung des neuen Flächenmonitoringsystems men Agrarpolitik. Allein das zeigt ja schon, wie kom- wird sich die Zahl der Vor-Ort-Kontrollen etwa halbieren pliziert diese GAP insgesamt ist. lassen. Gleichzeitig werden die Landwirte durch das Flä- Darüber hinaus haben wir die Situation, dass die Tri- chenmonitoring rechtzeitig Hinweise bekommen, wenn log-Verhandlungen in Brüssel noch gar nicht abgeschlos- es eventuelle Unstimmigkeiten gibt, und sie bekommen sen sind. Das führt dazu, dass die uns vorliegenden Ge- dann auch die Möglichkeit zur Korrektur. setze noch nicht abschließend ausgearbeitet werden konnten, sondern nach einem erfolgreichen Trilog inhalt- Und – das ist ein ganz wichtiger Punkt –: Wenn der lich mit entsprechenden Verordnungen noch angepasst Trilog sich darauf einigen kann, wird auch die Tierkenn- und ausgestaltet werden müssen. Das führt natürlich zu zeichnung aus der Konditionalitätenverpflichtung großen Erwartungshaltungen, auch draußen in den herausgenommen. Das wäre in der Tat eine sehr große Betrieben. Erleichterung für rund 160 000 tierhaltende Betriebe. Eines ist ja klar: Die GAP vollzieht in der Tat einen (Beifall bei der CDU/CSU) Systemwechsel. Die Direktzahlungen sind künftig Wie gesagt, die neue GAP ist ein Systemwechsel und zusätzlich an zehn maßgebliche GLÖZ-Standards gebun- stellt eine nachhaltige und biodiversitätsfördernde Pflege den. GLÖZ-Standards stehen für den guten landwirt- unserer Kulturlandschaft in den Mittelpunkt. Wir machen schaftlichen und ökologischen Zustand der Flächen. Die- dafür mit der heutigen Verabschiedung dieser GAP-Ge- se bilden die Konditionen für die Basisprämie. setze einen wesentlichen Schritt dahin. Gleichzeitig werden noch 25 Prozent der Finanzmittel in der ersten Säule für die Ökoregelungen bereitgestellt. Herzlichen Dank. Mit der Umschichtung von der ersten in die zweite (Beifall bei der CDU/CSU) Säule bedeutet das für unsere Landwirte eine Senkung der Direktzahlungen von rund 250 auf 150 Euro pro Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: Hektar. Um dies auffangen zu können, müssen die Ökore- Vielen Dank, Hermann Färber. – Der nächste Redner: gelungen möglichst für alle Landwirte erfüllbar sein, da- Wilhelm von Gottberg, AfD-Fraktion. mit diese umgeschichteten finanziellen Mittel dafür auch abgerufen werden können. (Beifall bei der AfD) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30089

(A) Wilhelm von Gottberg (AfD): (Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und (C) Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau der FDP) Ministerin Klöckner sprach in ihrer Einführungsrede Es greift gravierend in die dürftige Einkommenssituation zur ersten Lesung der GAP-Reformgesetze am 20. Mai der Landwirte ein. Ich habe es als schäbig empfunden, davon, dass mit diesen Reformgesetzen „sowohl die Ein- dass die Koalition bei dieser schwierigen Materie noch kommens- wie auch die Ernährungssicherung mit mehr gestern früh zu Beginn der Ausschussberatungen drei Umwelt- und Klimaschutz“ zusammengebracht würden. weitere Änderungsanträge vorgelegt hat. Wenn das so ist, wäre ihr gewissermaßen die Quadratur des Kreises gelungen. Schon in drei Jahren wird sich Meine Damen und Herren, hier wird den Menschen erweisen, ob diese optimistische Zukunftsprognose der draußen im Lande ein Parlamentarismus dargeboten, Realität standhalten wird. der mit einer demokratischen Debattenkultur nicht viel zu tun hat. Passend dazu gab es gestern im Ausschuss – Wir wollen heute ein Gesetzespaket zur Umsetzung in Vorbereitung auf die heutige Debatte – eine Tagesord- der Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2023 verabschieden, nung von 44 Punkten. Gleichwohl bekunde ich meinen obwohl die Trilog-Verhandlungen zur GAP erst vor zwei Respekt gegenüber dem Ausschussvorsitzenden, der die Wochen vertagt wurden. Es ist noch unklar, wann und mit Tagesordnung mit Unterstützung aller Beteiligten noch in welchem Ergebnis der Trilog abgeschlossen werden ausreichendem Maße abgearbeitet hat. kann. Das passt nicht zusammen, meine Damen und Her- ren. Im Einzelnen: (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Danke. Erstens: GAP-Direktzahlungsgesetze. Die Bundesre- gierung will die einkommenswirksamen Direktzahlungen (Beifall bei der AfD) aus der ersten Säule bis 2026 schrittweise stark kürzen. Bis dahin werden 15 Prozent der Direktzahlungen der Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: ersten Säule entzogen worden sein. Das ist dann eine Der nächste Redner ist der Abgeordnete Rainer Kürzung von 188 Millionen Euro pro Jahr. Nicht mit uns! Spiering von der SPD-Fraktion. (Beifall bei der AfD) (Beifall bei der SPD) Zweitens: GAP-Konditionalitäten-Gesetz. Konditio- Rainer Spiering (SPD): nalitäten sind Verpflichtungen, die jeder Landwirt erfül- Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, len muss, um die flächenbezogenen Direktzahlungen zu es ist in den ersten beiden Wortbeiträgen schon gut doku- erhalten. Jeder landwirtschaftliche Betrieb muss mindes- mentiert worden, welch umfassendes Gesetzespaket wir (B) tens 3 Prozent seiner Fläche aus der Nahrungsmittelpro- (D) heute besprechen. duktion herausnehmen. Bundesweit summiert sich der Verlust der landwirtschaftlichen Nutzfläche auf rund Ich möchte aber vorweg die Entstehungsgeschichte eine halbe Million Hektar. Dadurch wird das Einkommen darstellen; denn sie spielt bei dieser Gesetzgebung eine der Landwirte zusätzlich verringert. Eine Kompensation sehr große Rolle. Die GAP und die GAK sind ohne die dafür steht bisher aus. Bundesländer nicht denkbar. Das heißt, die Zustimmung des Bundesrates und der jeweiligen Agrarminister ist Drittens: Integriertes Verwaltungs- und Kontrollsys- unumgänglich dafür, dass wir dieses Gesetz heute ab- tem-Gesetz der GAP. Bei den hier beabsichtigten Verän- schließen. derungen handelt es sich um eine Eins-zu-eins-Umset- zung in nationales Recht. Zukünftig sollen das gesamte Die Agrarministerkonferenz hat vor einigen Wochen in Antragsverfahren inklusive des Systems des Flächenmo- einer ausgesprochen spannenden Sitzung Beschlüsse nitorings elektronisch abgewickelt werden. Zahlreiche gefasst. Man muss dazu sagen, dass alle hier im Hause landwirtschaftliche Betriebe arbeiten bereits nach diesem vertretenen Parteien, bis auf die AfD, an diesem Kom- System. Das ist tatsächlich ein Beitrag zum Bürokratie- promiss beteiligt waren; alle. Der Geist – darum geht es – abbau. Gut so! dieser Vereinbarung war, dass man einen Systemwechsel in die Richtung machen wollte, den die Sozialdemokratie Viertens: Viertes Gesetz zur Änderung des Direktzah- seit vielen Jahren in diesem Hause fordert: öffentliches lungen-Durchführungsgesetzes. Positiv zu bewerten ist Geld für öffentliche Leistung. bei diesem Entwurf die gekoppelte Einkommensstützung (Beifall bei der SPD) für Muttertiere von Kälbern und Lämmern. Diese Förde- rung ist überfällig. Bei dem Zielwert von etwa 60 Euro Ich kann mich nur herzlich bei den Agrarministern pro Mutterkuh besteht Nachbesserungsbedarf. bedanken, dass sie das aufgenommen haben. Interessant: Unser Änderungsantrag zu dem Gesetz in Aus dieser Konsequenz heraus ergeben sich aber Bezug auf § 4 Absatz 1 hinsichtlich der Mittelzuweisung Schlussfolgerungen. Die kardinale Schlussfolgerung bei für aktive Betriebsinhaber hat die Koalition übernom- der Förderung besonderer Ökosystemleistung war und men. Trotz dieses Teilerfolgs können wir dem Gesetzent- ist, dass nur das gefördert wird, was einen Mehrwert wurf nicht zustimmen. erzeugt, also über das hinausgeht, was jetzt schon an Wert dargestellt wird. Das ist die Problematik, Hermann Meine Damen und Herren, das hier vorgelegte Geset- Färber, die mit dem Grünland angesprochen worden ist. zespaket ist komplex, unübersichtlich, nicht einfach zu Wenn jetzt die Agrarminister der Meinung gewesen beurteilen. wären, dass dadurch ein Mehrwert erzeugt werden 30090 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Rainer Spiering (A) kann, indem man Dauergrünland so belässt, wie es ist, Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie befasst sind. – (C) dann hätten sie eine entsprechende Entscheidung getrof- Damit haben wir endlich das geschafft, was Sinn und fen. Haben sie aber nicht. Sie sind bei ihrer Logik geblie- Zweck der Arbeit der letzten vier Jahre war. ben: Es wird nur das entlohnt, was einen Mehrwert er- zeugt. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Wir haben die Landwirtschaft digitalisiert. Wir haben sie Jetzt gibt es bei diesen sieben Eco-Schemes drei Säu- transparent gemacht. Wir machen die Abwicklung der len, die genau diesen Mehrwert bei Dauergrünland Zahlen jetzt in kürzester Zeit für Landwirte möglich. beschreiben. Allen sollten diese drei Säulen bekannt Ich finde, das ist ein riesiger Erfolg. sein. Die haben aber immer zum Inhalt, dass das Dauer- grünland sich biologisch verbessert. Insofern war das (Beifall bei Abgeordneten der SPD) auch ein sehr kluger Schritt der Agrarministerkonferenz. Das sollte man auch nicht bei einer vielleicht ärgerlichen (Beifall bei der SPD) Sache wie Grünland kleinreden, sondern sagen: Das ha- ben wir gut gemacht, Kolleginnen und Kollegen. Für uns freue ich mich, dass es gelungen ist, die För- derung von Agroforst nicht nur auf Ackerland, sondern (Beifall bei der SPD) auch auf Dauergrünland einzuführen. Das hat mehrere Ich bin im Übrigen der festen Überzeugung, dass wir gute Funktionen. Einmal hat es die Funktion, dass wir mit dem Weg, den wir jetzt beschreiten, der Landwirt- eine Rückkehr von Kleinsttierlebewesen, also von dem, schaft einen Riesendienst erweisen, weil wir ihr jetzt was unsere Tierwelt ausmacht, erreichen, und es hat den die Möglichkeit geben, in kürzester Zeit auf Veränderun- Vorteil, dass das, was wir als Weidetier bezeichnen, tat- gen zu reagieren. Den Landwirten und Landwirtinnen sächlich im Sommer auch einmal Schatten findet. Inso- geben wir die Möglichkeit, im Januar, Februar, März fern war das eine gemeinsame gute Entscheidung. auf Grundlage von Flächenmonitoring, von Datenlagen, von Wetterprognosen einen Antrag zu stellen, von dem (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten sie über die Oberfläche des Rechners rückgespiegelt be- der CDU/CSU) kommen, was dabei herauskommt, und zwar in Euro und Wir hätten übrigens gerne, um die Frage des Dauer- Cent. Ich finde, das ist ein Riesenerfolg. grünlandes auf einem anderen Wege zu klären, eine Wei- (Beifall bei der SPD) detierprämie gegeben. Wir haben uns 2 Prozent der Gesamtsumme vorgestellt. Hier reden wir von 100 Millio- Für meine Fraktion sage ich: Die Agrarministerkonfe- nen Euro. Das ist nicht gewollt gewesen. Das ist bedauer- renz hat das gut vorbereitet. Ich habe mit mehreren (B) lich, aber so ist es halt, wenn man auf Kompromisse Agrarministern gesprochen. Alle haben mir sehr deutlich (D) angewiesen ist. Am Ende des Tages haben das auch die gesagt: Grünland ist bei der Konferenz kein Thema gewe- Agrarminister ordnungsgemäß gemacht, und deswegen sen, jedenfalls nicht in dem Sinne, in dem ich es ange- will ich mich darüber auch nicht beschweren. sprochen habe. Kommen wir zu dem Punkt, den der Kollege Färber Wir haben eine weitere Agrarministerkonferenz. Wenn schon angesprochen hat und der für mich von ganz zent- ein Bundesland meint, es müsste dort reingrätschen, dann raler Bedeutung ist. Wir haben bei der gesamten Frage darf es das tun. Ich bin mir sicher, es wird eine Antwort der Düngeverordnung – das gilt übrigens auch, wenn wir bekommen. Ich glaube, dass wir auf diesem Wege tat- uns über das Insektenschutzgesetz und über die Pflanzen- sächlich eine Systemveränderung erreicht haben, die gut schutz-Anwendungsverordnung unterhalten – ein Pro- für die Bevölkerung ist, die gut für die Natur und die vor blem mit der Digitalität. Das, muss ich sagen, wird jetzt allen Dingen gut für die Landwirtschaft ist. in dem GAPInVeKoS-Gesetz hervorragend geklärt. Im Herzlichen Dank fürs Zuhören. Übrigen zeigt es, Kollege Feiler, was das BMEL mittler- weile IT-technisch drauf hat. Ich möchte das dem staun- (Beifall bei der SPD) enden Publikum gerne vorstellen – da hat das BMEL mithilfe der IT richtig was hinbekommen –: Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: Das Gesetz regelt das Integrierte Verwaltungs- und Vielen Dank. – Der nächste Redner: für die Fraktion Kontrollsystem zur Abwicklung der Direktzahlungen. der FDP der Abgeordnete Dr. Gero Clemens Hocker. – Neu ist hier vor allem die Digitalisierung, ein Erfolg Bitte schön. unserer Arbeit. Das gesamte Antrags-, Kommunikations- (Beifall bei der FDP) und Prüfverfahren wird zukünftig fast ausschließlich elektronisch geregelt. In Ausnahmefällen bleibt ein Papierantrag möglich. Fristende für den Sammelantrag Dr. Gero Clemens Hocker (FDP): ist ausnahmslos der 15. Mai. Bis 2024 wird aufgrund Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kol- von EU-Vorgaben ein digitales Flächenmonitoringsystem legen! Ich weiß, dass alle Agrarpolitiker aller Fraktionen eingeführt. gegenwärtig sehr viel unterwegs sind, viele Diskussionen führen, viel mit Landwirten zusammenkommen. So auch Und jetzt kommt der absolut entscheidende Satz, der wir. Ich weiß nicht, wie es Ihnen gegangen ist, aber ich nicht jedem schmecken muss, aber es ist der entscheiden- habe in den letzten vier Jahren bei Hunderten Veranstal- de Satz: Eine Datenübermittlung darf auch an Behörden tungen von einem Landwirt nicht ein einziges Mal den erfolgen, die mit der Wasserrahmenrichtlinie, der FFH- Satz gehört: Wir fordern Sie auf, mehr Geld aus Brüssel Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30091

Dr. Gero Clemens Hocker (A) oder aus Berlin zu besorgen. Oder: Wir hätten gerne mehr (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten (C) Dürrehilfen bekommen. Oder: Es hätte nicht eine, son- der AfD) dern am liebsten zwei Bauernmilliarden sein sollen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: vielen in diesem Haus ist noch nicht bewusst, wie Land- Die nächste Rednerin ist die Abgeordnete Dr. Kirsten wirtinnen und Landwirte im Jahre 2021 ticken. Die sagen Tackmann, Fraktion Die Linke. nämlich: Es kann für uns nicht die Grundlage eines Geschäftsmodells sein, abhängig davon zu sein, dass (Beifall bei der LINKEN) der Staat uns willkürlich Gelder zuschiebt oder nicht. Es ist allerhöchste Zeit, dass das auch in diesem Hohen Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE): Haus endlich begriffen wird, meine sehr verehrten Da- Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heu- men und Herren. te sollen vier Gesetze zur zukünftigen EU-Agrarförde- (Beifall bei der FDP) rung beschlossen werden. Ja, es fehlen dazu noch wich- tige Grundlagenbeschlüsse auf EU-Ebene; aber der Ganz im Gegenteil. Man muss sich das einmal auf der Zeitdruck auf die Mitgliedstaaten ist eben auch sehr Zunge zergehen lassen: Die Bauernmilliarde wird gegen- hoch, weil der EU schon Anfang 2022 die sogenannten wärtig verlost. Bei den Dürrehilfen müssen wir uns auch Strategiepläne vorgelegt werden müssen. Die Bundes- ehrlich machen. Viele Gelder sind ausgezahlt worden an tagswahl macht es jetzt auch nicht besonders einfach. Betriebe, die vielleicht in der Vergangenheit völlig fal- Deshalb ist es richtig, heute über wichtige Eckpunkte sche betriebswirtschaftliche Entscheidungen getroffen abzustimmen. Die Agrarbetriebe sollen zumindest bei haben, die vielleicht nicht in Humusbildung investiert diesen Punkten wissen, worauf sie sich einstellen müs- haben, die nicht in Beregnung investiert haben. Ja, und sen. wenn man Gelder aus Brüssel oder Berlin bekommen möchte, dann ist das an extrem hohe Auflagen geknüpft. Mit dem Gesetzespaket heute wird auch der schwer errungene Kompromiss der Agrarminister/-innen der Meine Damen und Herren, Landwirte möchten endlich Bundesländer respektvoll umgesetzt. Im Grundsatz wird als Unternehmer wahrgenommen werden, als Inhaber der ja auch breit getragen. Klar ist nur auch, dass die eines mittelständischen Betriebes, und nicht von willkür- vielen aufgestauten Probleme in der Landwirtschaft da- lich bewilligten Zahlungen abhängig sein. mit allein nicht gelöst werden. Immerhin werden die rich- (Beifall bei der FDP) tigen Weichen gestellt; nur der behauptete Systemwech- sel ist das natürlich nicht. Denn in der Landwirtschaft (B) Und, meine Damen und Herren, es ist wichtig, dass in der Tätige arbeiten weiter vor allen Dingen für Profite von (D) Politik endlich die Botschaft ankommt, dass diese Strate- Konzernen und Bodenspekulanten statt zum eigenen und gie, immer neue Zahlungen ins Schaufenster zu stellen, zu unser aller Wohl. Hier hat die Koalition weitgehend tatsächlich ins letzte Jahrhundert gehört. versagt, und das ist katastrophal. (Beifall bei der FDP) (Beifall bei der LINKEN) Ich sage es ganz ausdrücklich: Mit der Umschichtung von Mitteln aus der ersten in die zweite Säule befördern Gerade deshalb müssen aber in der Landwirtschaft Sie eine ganz problematische Entwicklung; denn viele Tätige ihre eigene soziale Situation verbessern können, Landwirte, die sich mit ihren Betrieben in einer extrem wenn sie die Natur, biologische Vielfalt, Tiere und Klima prekären Situation befinden, sagen natürlich: Wenn das besser schützen sollen. Diesen Ansatz muss die EU der Anreiz ist, dann muss ich eben noch mehr Blühstrei- sichern. fen säen und diese Dinge noch mehr in Angriff nehmen, Im vorliegenden Gesetzespaket gibt es aus meiner weil ich abhängig von den Zahlungen bin. – Aber der Sicht Licht und Schatten. Hier ein paar besonders wich- Effekt, meine Damen und Herren, ist doch der, dass wir tige Kritikpunkte: Landwirte, die eigentlich Lebensmittel und Futtermittel erzeugen – und die das zu weltweit höchsten Standards Erstens. Gut, dass Schaf-, Ziegen- und Mutterkuhhal- tun –, sozusagen umerziehen zu staatlich geprüften Land- tende endlich ihre Weidetierprämie bekommen; aber schaftspflegern und Landschaftsgärtnern. warum nicht schon 2022? Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir machen Zweitens. Gut, dass die Nutzung von Bäumen und uns in Deutschland damit noch abhängiger von Lebens- Sträuchern auf Landwirtschaftsflächen, sogenannte mittelimporten aus dem Ausland, wo im Zweifel schlech- Agroforstsysteme, künftig gefördert wird, auch auf Grün- tere, niedrigere Standards in der Tierhaltung gelten oder land; das hatten die Linken immer gefordert. Aber den wo Pflanzenschutzmittel zur Anwendung kommen, die in Vorbehalt für den Naturschutz hat die Koalition nicht Deutschland schon seit Jahren, teilweise seit Jahrzehnten, übernommen. Neuanlagen von Agroforstsystemen wer- aus gutem Grunde nicht mehr zur Anwendung kommen. den auch nicht gefördert. Hier, finde ich, sind die Bun- Deswegen ist die Umschichtung von Mitteln aus der ers- desländer gefordert. ten in die zweite Säule in dieser Größenordnung voll- Drittens. Ein Punktesystem wie zum Beispiel die Ge- ständig kontraproduktiv, und deswegen können wir Ihren meinwohlprämie der deutschen Landschaftspflegever- Plänen nicht folgen. bände wird nicht geregelt, obwohl es aus der EU klare Vielen Dank. Signale gibt, die das befürworten. 30092 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Dr. Kirsten Tackmann (A) Viertens. Die Teilhabe von Frauen in der Landwirt- Wir fragen uns natürlich: Wofür steht denn Ministerin (C) schaft und in den ländlichen Räumen muss endlich besser Klöckner eigentlich, hier den Bundesländerkompromiss werden. mit unterstützend, ihn in Brüssel vergessend? Unterstützt sie denn den massiven Einstieg in die Gemeinwohlprä- (Beifall der Abg. Cornelia Möhring [DIE mierung? Wo ist die starke Unterstützung der Ministerin LINKE]) für das Multitalent Grünland? Alle beteuern, wie wichtig Der LandFrauenverband hat in der Anhörung klar gesagt, es ist für Klima, Artenschutz, Kohlenstoffbindung. Wo warum das notwendig ist und wie es geht: sowohl durch sind die entschlossenen Maßnahmen, damit nicht am bessere Förderung als auch durch Entscheidungsgremien, Ende wieder Grünland – wie schon so oft, vor allem die zur Hälfte aus Frauen bestehen. Das muss jetzt end- auch in den benachteiligten Regionen – der geschröpfte lich kommen. Reformverlierer ist? Fünftens. Die Besonderheiten kooperativer und genos- Wo ist die konsequente Förderung der Weidetierhal- senschaftlicher Strukturen in der Landwirtschaft müssen tung? In Deutschland haben 86 Prozent der Betriebe we- besser berücksichtigt werden. Davon würden übrigens niger als 100 Hektar. Erinnern wir uns: Steuerzahler brin- gerade Frauen profitieren. Hier muss dringend nachge- gen jedes Jahr rund 6 Milliarden Euro an Hilfe für die bessert werden. Landwirtschaft auf. Für wen wird denn hier eigentlich Politik gemacht von Ihnen, von CDU/CSU und SPD? Sechstens. Den Vorschlag aus der Anhörung, kleinere Wir Grünen stehen eindeutig auf der Seite der 86 Prozent. Schläge zu honorieren, unterstützt Die Linke; denn es Wir setzen uns für den sozialökologischen Umbau der geht eben nicht um kleine gegen große Betriebe, sondern Landwirtschaft ein. um eine gut strukturierte Landnutzung. Unsere Forderun- gen insgesamt haben wir im Entschließungsantrag nie- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – dergeschrieben. Zuruf des Abg. Karlheinz Busen [FDP]) Ich danke für die Aufmerksamkeit. Mit dem Strukturbruch müssen wir doch endlich Schluss machen. Wir wollen eine starke Gemeinwohlprä- (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- mie, öffentliches Geld für öffentliche Leistung. Wir tra- neten der CDU/CSU) gen dieses Paket heute teilweise mit, nur: Es reicht bei Weitem nicht aus. Es reicht hinten und vorne nicht. Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: Vielen Dank. – Der Kollege Friedrich Ostendorff beab- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (B) sichtigt heute, seine letzte Rede zu halten. Dazu erteile Wir kämpfen weiter für die Ziele: stärkere Umvertei- (D) ich ihm das Wort. lung zugunsten der ersten Hektare, Kappung und Degres- sion, stärkere Umschichtung in die zweite Säule, starke (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Gemeinwohlorientierung, vielfältige, kleiner strukturier- bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Ab- te Betriebe. Das ist der Wunsch der Gesellschaft. Das ist geordneten der AfD und der FDP) das, was wir überall erfahren, hören, bei jeder Diskus- sion. Doch Ihre Politik ist weit weg davon. Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Einzige, was optimistisch stimmt, ist die Arbeit Schließen Sie aus meiner Immobilität nicht, dass der der Zukunftskommission Landwirtschaft, aber auch die Kampfeswille nicht weiterhin da ist. der Borchert-Kommission. Das lässt hoffen, dass sich der (Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Wind dreht. Bei allen verhärteten Diskussionen löst sich NEN) hier scheinbar etwas auf. Es stimmt uns doch alle hoff- nungsvoll – das hoffe ich jedenfalls –, dass die BUNDju- Mich beschäftigt seit 50 Jahren, was Sinn und Zweck gend und die Landjugend in der Zukunftskommission der europäischen Gemeinsamen Agrarpolitik ist. Die den Austausch begonnen haben und sich mit Ge- gescheiterten Brüsseler Verhandlungen zeigen uns doch, meinsamkeiten gemeldet haben, statt auf Konfrontation dass die gemeinsamen europäischen Ziele völlig unklar zu setzen. sind: Auf der einen Seite die ewig gestrigen Besitzstands- wahrer, die weitermachen wollen mit dem „Wer hat, dem Schönen Dank. wird gegeben“; 20 Prozent der Betriebe erhalten weiter- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hin 80 Prozent des Geldes. Auf der anderen Seite die sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und Reformorientierten, die die konkreten sozialökologi- der SPD) schen Leistungen der Landwirtschaft für Boden, Klima und Tier unterstützen wollen. Es ist doch sehr ernüch- Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ternd für uns alle – nach der mühsam gelungenen Bundes- war und ist mir eine Ehre, diesem Parlament anzugehö- ländereinigung, der Einstimmigkeit –, dass die Ministerin ren. Frau Klöckner in Brüssel auf der Bremse steht und nicht vehement für diesen Kompromiss streitet. (Anhaltender Beifall im ganzen Hause – Die Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) GRÜNEN erheben sich) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30093

(A) Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: Und damit ist meine Zeit gekommen. Es war mir eine (C) Der nächste Redner: der Abgeordnete Kees de Vries, große Ehre, hier meinem neuen Vaterland dienen zu dür- CDU/CSU-Fraktion. fen. Ich wünsche allen, die dem nächsten Bundestag angehören, Kraft, Mut und Gottes Segen, um unser wun- (Beifall bei der CDU/CSU) derbares Land weiter nach vorne zu bringen, ohne dabei die Verantwortung für diejenigen auf dieser Welt, denen Kees de Vries (CDU/CSU): es nicht so gut geht, aus den Augen zu verlieren. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kollegin- Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. nen und Kollegen! Wichtigste Aufgabe der Landwirt- schaft ist die Versorgung der Menschen mit gesunden (Beifall im ganzen Hause) und bezahlbaren Lebensmitteln. Diese Aufgabe haben Dankuwel dat U naar mij geluisterd heeft. die Bauern in den letzten Jahrzehnten in Europa dank der Gemeinsamen Agrarpolitik erfüllt. Wir stellen jedoch (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und fest, dass unsere Gesellschaft mehr Umweltleistungen der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der von der Landwirtschaft verlangt. Dies muss aber europa- AfD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/ weit erfolgen, damit wir in Deutschland konkurrenzfähig DIE GRÜNEN) bleiben. Genau dies hat unsere Landwirtschaftsministerin Julia Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: Klöckner geschafft. Sie hat den Systemwechsel in Europa Vielen Dank und alles Gute, Kees de Vries. – Ebenfalls eingeleitet. Auch wenn wir heute bedauerlicherweise die voraussichtlich letzte Rede kommt jetzt von Alois noch zu wenige Details kennen – die neue Ausrichtung Gerig, CDU/CSU. der GAP ist der richtige Weg. Nur so werden wir dauer- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- haft finanzielle Leistungen aus Europa für unsere Land- ordneten der FDP) wirte sichern können. Ich will auf zwei Probleme eingehen, die für die Alois Gerig (CDU/CSU): Akzeptanz der GAP bei den Landwirten sehr wichtig Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und sind. Wir müssen passende Eco-Schemes für die Grün- Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Den landstandorte finden, Äußerungen meiner Kollegen Färber und Kees de Vries, (Beifall bei der CDU/CSU) insbesondere den kritischen Äußerungen zur GAP, schließe ich mich uneingeschränkt an. Ja, auch ich werde (B) damit nicht die ohnehin schon sehr gebeutelten Milch- der Vorlage zustimmen, weil wir uns in der aktuellen (D) viehhalter die großen Verlierer der neuen GAP sind. Situation diesbezügliche Experimente nicht leisten kön- Und wenn unsere europäische Gesellschaft tatsächlich nen. Das wäre ein Spiel mit dem Feuer. Ich bin dankbar, mehr Umweltschutz und Biodiversität will, dann muss dass auch viele Kolleginnen und Kollegen aus den ande- es auch entsprechende finanzielle Anreize geben. Auf ren Fraktionen zumindest in Teilen die gleiche Ansicht Deutsch: Die Landwirte müssen mit Umweltleistungen teilen. Geld verdienen können. Ja, Sie können sich darauf verlassen, dass ich voller (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Leidenschaft meiner Arbeit als Abgeordneter bis zum ordneten der FDP) letzten Arbeitstag in vier, fünf Monaten und auch darüber Die Bauern wiederum müssen verstehen: Wenn wir in hinaus nachkommen werde. Da ich heute aber vermutlich Deutschland langfristig eine gesellschaftlich akzeptierte meine letzte Rede hier an diesem berühmten Pult halten Landwirtschaft wollen, dann müssen Strukturen ange- werde, will ich die restlichen drei Minuten insbesondere passt werden. Ich sage es noch einmal: Nachhaltige Land- dafür nutzen, um Danke zu sagen, Danke an alle, die mich wirtschaft heißt für mich Kreislaufwirtschaft. Wir haben in den letzten zwölf Jahren so tatkräftig unterstützt haben. in unserem Land nicht zu viele Tiere, aber wir brauchen Ich beginne mit meiner Frau, meiner Familie und den eine bessere Verteilung der Tierbestände von West nach Parteifreunden in der Heimat, die mich zur Kandidatur Ost. animiert und durch die Wahlen getragen haben. Danke an meine Wählerinnen und Wähler im Wahlkreis – dem (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und schönsten Deutschlands –, die mich dreimal mit Spitzen- der Abg. Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]) ergebnissen nach Berlin gesandt haben. Danke unserem Genau das hat meine Familie gemacht, als wir vor fast Herrgott, dass ich keinen einzigen Plenartag krankheits- 30 Jahren als niederländische Milchviehhalter nach Sach- bedingt ausfallen musste. Danke, dass ich unseren Men- sen- Anhalt gekommen sind und dort unseren Betrieb schen, den ländlichen Räumen und der grünen Branche in aufgebaut haben. In den letzten acht Jahren durfte ich Gänze dienen durfte. Es war für mich eine besonders meinen Wahlkreis Anhalt hier im Hohen Haus vertreten. große Ehre. Dafür bin ich unendlich dankbar. Meine Standpunkte in (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie der Landwirtschaftspolitik basierten dabei stets auf dem bei Abgeordneten der SPD und der AfD) Grundsatz: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. – Ich kann allen nur raten, dies immer im Auge zu Danke auch dafür, dass mir bei aller zwischenzeitli- behalten, wenn mal wieder Änderungen gefordert wer- chen Kritik ein großes Vertrauen entgegengebracht wor- den. den ist. Ich danke den Kolleginnen und Kollegen im 30094 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Alois Gerig (A) Parlament – auch fraktionsübergreifend – für den über- erlebt haben, ist es für mich jedenfalls das menschliche (C) wiegend respektvollen Umgang miteinander und für alle Miteinander, das im Gedächtnis bleiben wird, ob es Unterstützung. Claudia Roth war, die beispielsweise zu meinem Danke den Mitgliedern – und das muss jetzt kommen – Geburtstag hier am Pult ein Ständchen angestimmt hat, des wichtigsten Ausschusses im Deutschen Bundestag. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie SES 90/DIE GRÜNEN) bei Abgeordneten der SPD, der AfD, der oder ob es Wolfgang Schäuble war, der an seinem LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE 71. Geburtstag kurz vor der Bundestagswahl bei mir die GRÜNEN) größte Stadthalle gefüllt hat, – Es ist tatsächlich so, dass die Wertschätzung der Mittel zum Leben und deren Produzenten in unserer Zeit perma- Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: nent anderen Dingen untergeordnet wird. Das muss sich Alois! ändern. Lieber Gero Hocker, solange die Fördermittel aus Brüssel fast 50 Prozent der Einkommen unserer Bauern Alois Gerig (CDU/CSU): ausmachen, können sie halt nicht darauf verzichten, und – und ich dann – deswegen müssen wir an besseren Lebensmittelpreisen und daran arbeiten, dass diese dann auch bei den Bauern ankommen. Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: Der Abschied fällt schwer. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- ordneten der FDP) (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP) Ganz besonders danke ich meinen Obleuten, dass wir trotz mancher logistischer Herausforderungen in den letz- Alois Gerig (CDU/CSU): ten sechseinhalb Jahren stets einen fairen Konsens mit- – fast 60 Prozent erhalten habe. einander gefunden haben. Das ist nicht selbstverständ- (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP) lich. Danke an Julia Klöckner und ihr Haus. Ich habe euch sehr oft voller Ungeduld genervt. Lieber Herr Präsident, ich habe gehofft, weil ich immer sehr diszipliniert hier am Rednerpult gestanden habe, Lieber Friedrich Ostendorff, bei aller Wertschätzung: dass ich heute eine Minute überziehen darf. Ich habe andere Botschaften aus Brüssel gehört als du. (Beifall bei der CDU/CSU) (B) Danke an die Verwaltung überall im Hause. Meine (D) persönlichen Mitarbeiterinnen sind mir ans Herz gewach- Ich danke allen, dass ich so oft meine Stimme hier sen. Danke auch dem Ausschusssekretariat. einbringen durfte. Ich wünschen Ihnen allen die drei Meine Damen und Herren, ohne Zweifel geht Demo- großen G: Gesundheit, Glück und Gottes Segen. Machen kratie nicht ohne Reiberei. Aber wir sind gewählte Volks- Sie bitte alle im Sinne unseres Landes weiter. vertreter. Und wenn wir vom Volk nicht mehr verstanden Danke schön. werden, dann müssen wir uns darüber Gedanken machen, wo wir Fehler gemacht haben. Vielleicht ist das ganz oft (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der AfD, bei der Kommunikation der Fall. Wenn Hierarchie und der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- juristische Bürokratie permanent pragmatische Lösungen NEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – verhindern, dann haben wir als Politiker doch zu viele Die Fraktion der CDU/CSU sowie Abgeordne- Verwaltungsstellen geschaffen. te der FDP erheben sich) Aber das, was mir in meinem Leben stets so wichtig Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: war, habe ich auch hier im Parlament gefunden: den menschlichen, wertschätzenden Umgang miteinander, Ich schließe die Aussprache. die Gespräche zwischendurch, das gegenseitige Respek- Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun- tieren und das Unterstützen. – Ja, auch wenn Sie da drau- desregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Durch- ßen verständlicherweise bei den Debatten hier nicht im- führung der im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik mer das Gefühl haben, es gibt sie trotzdem. finanzierten Direktzahlungen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, pflegt dieses Mit- Zur Abstimmung liegen mehrere Erklärungen nach einander, pflegt diese Wertschätzung. Sie ist eine so wert- § 31 der Geschäftsordnung vor.1) volle Pflanze. Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie empfiehlt unter Buchstabe d seiner Beschlussempfehlung bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNIS- auf Drucksache 19/30513, den Gesetzentwurf der Bun- SES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. desregierung auf den Drucksachen 19/29490 und Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]) 19/30242 in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte Um all meine Gedanken und Erfahrungen wiederzu- diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfas- geben, reichen drei Minuten bei Weitem nicht. Vielleicht sung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – CDU/ schaffe ich es irgendwann, sie niederzuschreiben. Aber neben all dem Gerangel, das wir in den zwölf Jahren 1) Anlage 13 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30095

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich (A) CSU und SPD. Wer stimmt dagegen? – Das sind AfD und Dritte Beratung (C) Grüne. Enthaltungen? – FDP und Linke. Der Gesetzent- und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem wurf ist damit in zweiter Lesung angenommen. Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Es erheben sich alle Fraktionen mit Ausnahme der FDP. Wer Dritte Beratung stimmt dagegen? – Keine Gegenstimmen. Enthaltun- und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem gen? – Die FDP-Fraktion. Der Gesetzentwurf ist ange- Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Es nommen. erheben sich CDU/CSU und SPD. Wer stimmt dagegen? – Die AfD und die Grünen. Enthaltungen? – Linke und Abstimmung über den von der Bundesregierung ein- FDP. Der Gesetzentwurf ist damit angenommen.1) gebrachten Gesetzentwurf zur Änderung des Direktzah- lungen-Durchführungsgesetzes. Der Ausschuss für Wir kommen zur Abstimmung über die Entschlie- Ernährung und Landwirtschaft empfiehlt unter Buch- ßungsanträge, zuerst zum Entschließungsantrag der Frak- stabe a seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache tion Die Linke auf Drucksache 19/30561. Wer stimmt für 19/30513, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf diesen Entschließungsantrag? – Die Linke. Gegenpro- Drucksachen 19/29485 und 19/30243 in der Ausschuss- be! – Dagegen stimmen die Fraktionen von CDU/CSU, fassung anzunehmen. SPD, FDP und AfD. Enthaltungen? – Bündnis 90/Grüne. Damit ist der Entschließungsantrag abgelehnt. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion Die Linke vor, den Sie auf Drucksache 19/30557 finden und Entschließungsantrag von Bündnis 90/Grüne auf über den wir zuerst abstimmen. Wer stimmt für den Drucksache 19/30562. Wer stimmt dafür? – Die Grünen. Änderungsantrag der Linken? – Die Linken und die Grü- Gegenprobe! – Dagegen stimmen AfD, FDP, CDU/CSU nen. Wer stimmt dagegen? – CDU/CSU, SPD und FDP. und SPD. Enthaltungen? – Die Linke. Der Entschlie- Enthaltungen? – Die AfD. Der Änderungsantrag der ßungsantrag ist damit abgelehnt. Linken ist abgelehnt. Abstimmung über den von der Bundesregierung ein- gebrachten Gesetzentwurf zur Durchführung der im Rah- Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf der Bun- men der Gemeinsamen Agrarpolitik geltenden Konditio- desregierung auf Drucksachen 19/29485 und 19/30243 in nalität. Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Hand- empfiehlt unter Buchstabe c seiner Beschlussempfehlung zeichen. – CDU/CSU, SPD und Grüne stimmen dafür. auf Drucksache 19/30513, den Gesetzentwurf der Bun- Wer stimmt dagegen? – AfD, FDP und Linke. Enthaltun- desregierung auf Drucksachen 19/29489 und 19/30240 in gen? – Keine. Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung angenommen. (B) der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, (D) die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustim- men wollen, um das Handzeichen. – CDU/CSU und SPD. Dritte Beratung Wer stimmt dagegen? – Dagegen stimmen die Grünen. und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Enthaltungen? – AfD, FDP und Linke. Der Gesetzent- Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – wurf ist in zweiter Beratung angenommen. CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Grüne. Wer stimmt dagegen? – AfD, FDP und Linke. Der Gesetzentwurf ist Dritte Beratung damit angenommen. und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Es Abstimmung über den Antrag der Fraktion Bündnis 90/ erhebt sich die Koalition aus SPD und CDU/CSU. Ich Grüne auf Drucksache 19/30402 mit dem Titel „Grüne bitte diejenigen, die dagegenstimmen, sich zu erheben. – Architektur der Gemeinsamen Agrarpolitik stärken – Die Grünen stimmen dagegen. Enthaltungen? – AfD, hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung ge- FDP und Linke. Der Gesetzentwurf ist angenommen. mäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes“. Wer stimmt für den Antrag? – Bündnis 90/Grüne. Wer stimmt dage- Abstimmung über den von der Bundesregierung ein- gen? – AfD, FDP, CDU/CSU und SPD. Enthaltungen? – gebrachten Gesetzentwurf zur Durchführung des im Rah- Die Linke. Der Antrag ist abgelehnt. men der Gemeinsamen Agrarpolitik einzuführenden Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems. Der Aus- Ich rufe die Tagesordnungspunkte 25 a bis 25 e auf: schuss für Ernährung und Landwirtschaft empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa- a) Beratung des Antrags der Abgeordneten che 19/30513, den Gesetzentwurf der Bundesregierung Sevim Dağdelen, Heike Hänsel, Michel auf Drucksachen 19/29488 und 19/30241 in der Aus- Brandt, weiterer Abgeordneter und der Frak- schussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die tion DIE LINKE dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen Waffenexporte stoppen und gesetzlich ver- mit Ausnahme der FDP-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – bieten Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? – Die FDP. Der Drucksache 19/29963 Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung angenom- men. b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und 1) Anlage 14 Energie (9. Ausschuss) 30096 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich (A) – zu dem Antrag der Abgeordneten Sevim und Artikel 8 des Protokolls (Nr. 2) über (C) Dağdelen, Heike Hänsel, Doris die Anwendung der Grundsätze der Sub- Achelwilm, weiterer Abgeordneter und sidiarität und der Verhältnismäßigkeit der Fraktion DIE LINKE Drucksache 19/27962 Keine Waffen für die Türkei Für die Aussprache ist eine Dauer von 30 Minuten – zu dem Antrag der Abgeordneten Katja beschlossen. Keul, Margarete Bause, Agnieszka Liebe Kollegen, wenn Sie bitte Ihre Abschiedsszenen Brugger, weiterer Abgeordneter und der nach draußen verlegen würden. Dann könnten wir wei- Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN termachen. – Kollegen, bitte zügig Platz nehmen! Es Die Genehmigung für U-Boote an die muss weitergehen. Türkei widerrufen Ich rufe auf die Kollegin Sevim Dağdelen. – Frau Drucksachen 19/24449, 19/23732, Kollegin, bitte schön. 19/28080 (Beifall bei der LINKEN) c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Sevim Dağdelen (DIE LINKE): Energie (9. Ausschuss) zu dem Antrag der Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vier Jahre Abgeordneten Katja Keul, Dr. Franziska lang haben wir im Bundestag nun gehört, dass sich die Brantner, Margarete Bause, weiterer Abge- Bundesregierung um eine restriktive und verantwor- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ tungsvolle Rüstungsexportpolitik bemüht. Tatsächlich DIE GRÜNEN aber haben Union und SPD Deutschland zum weltweit viertgrößten Waffenhändler gemacht. Deutsch-französisches Abkommen im Rüstungsbereich – Einschränkungen in (Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Waren wir der deutschen Exportkontrolle verhin- vorher auch!) dern Sieht so eine zurückhaltende Rüstungsexportpolitik aus, Drucksachen 19/15077, 19/16681 Buch- meine Damen und Herren? Wohl kaum. stabe b (Beifall bei der LINKEN) d) Beratung der Beschlussempfehlung und des Selbst im Coronajahr, im vergangenen Jahr, genehmig- (B) Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und te diese Bundesregierung Waffenlieferungen im Umfang (D) Energie (9. Ausschuss) von 5,6 Milliarden Euro. Da noch von einer zurückhal- – zu dem Antrag der Abgeordneten Sevim tenden Genehmigungspraxis zu sprechen, ist schlichtweg Dağdelen, Heike Hänsel, Michel Brandt, verlogen. weiterer Abgeordneter und der Fraktion (Beifall bei der LINKEN) DIE LINKE Wer sind die Empfänger Ihrer Waffenlieferungen? – Rüstungsexporte stoppen – Missbrauch Diktatoren und autoritäre Regime, die islamistische der europäischen Friedensidee verhin- Kopf-ab-Diktatur Saudi-Arabien, das NATO-Mitglied dern Türkei und das Emirat Katar – beide bekannt für die Unterstützung von islamistischen Terrorbanden – sowie – zu dem Antrag der Abgeordneten Stefan die Fürstendiktatur der Vereinigten Arabischen Emirate, Liebich, Heike Hänsel, Michel Brandt, die für furchtbare Verbrechen im Krieg gegen den Jemen weiterer Abgeordneter und der Fraktion mitverantwortlich ist. Ich frage Sie: Wo bleiben da DIE LINKE eigentlich die Menschenrechte und Ihre menschenrecht- Weitere Aufrüstung Algeriens stoppen sorientierte Außenpolitik? Drucksachen 19/15048, 19/10291, (Beifall bei der LINKEN) 19/25031 Das ist keine verantwortungsvolle Waffenexportpolitik. e) Beratung des Antrags der Abgeordneten 2019 hat diese Bundesregierung im Schnitt lediglich Andrej Hunko, Heike Hänsel, Tobias einen von 500 Rüstungsexportanträgen der deutschen Pflüger, weiterer Abgeordneter und der Frak- Rüstungsschmieden abgelehnt, meine Damen und Her- tion DIE LINKE ren. Gerade mal einen von 500 Anträgen haben Sie abge- zu dem Vorschlag für eine Verordnung des lehnt! Wer bei Ihnen einen Exportantrag stellt, bekommt Europäischen Parlaments und des Rates ihn auch genehmigt. zur Einrichtung des Europäischen Vertei- (Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Pfui!) digungsfonds Ratsdok. 14285/20 Das zeigt auch besser als alle Sonntagsreden von Ihnen hier: Antrag zur Erhebung einer Subsi- im Bundestag: Nicht der Bevölkerung, von der ein Anteil diaritätsklage gemäß Artikel 23 Absatz 1a von zwei Dritteln alle Rüstungsexporte stoppen will, son- des Grundgesetzes in Verbindung mit § 12 dern dem militärisch-industriellen Komplex fühlen Sie des Integrationsverantwortungsgesetzes sich verpflichtet. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30097

Sevim Dağdelen (A) (Beifall bei der LINKEN – Klaus-Peter Willsch Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: (C) [CDU/CSU]: Oah!) Vielen Dank. – Der nächste Redner ist für die Fraktion Lobbyisten wie der ehemalige Verteidigungsminister der CDU/CSU der Abgeordnete Klaus-Peter Willsch. Jung sorgen jetzt eben mit einem gut gefüllten Adress- (Beifall bei der CDU/CSU) buch dafür, dass die Bundesregierung auch noch den letz- ten Antrag des Düsseldorfer Rüstungskonzerns Rheinme- tall abnickt. Das, liebe Damen und Herren, stinkt einfach Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU): zum Himmel. Herr Präsident! Hohes Haus! Deutschland ist nicht die Rüstungsschmiede der Welt. Frau Dağdelen hat ja gerade (Beifall bei der LINKEN) wieder versucht, das so darzustellen. Auch die Europäisierung der Rüstungsproduktion lässt (Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Machen Sie nichts Gutes ahnen. Der sogenannte Europäische Vertei- wieder Ihre Coronaparty, Herr Kollege?) digungsfonds ist nichts anderes als eine Militarisierung der Außen- und Sicherheitspolitik der EU und verstößt Es wird immer wieder versucht, diesen Eindruck zu erwe- noch dazu gegen EU-Verträge. Ein Militärprogramm zu cken; aber ich möchte Ihnen gleich zu Beginn entgegen- einem industriepolitischen Programm umzudichten, um halten – Sie erwarten es wahrscheinlich auch nicht anders das Recht zu umgehen, ist ein fauler Trick. von mir –: (Zaklin Nastic [DIE LINKE]: Ja!) (Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Für welchen Konzern reden Sie heute? Sagen Sie das mal!) Und das darf so nicht durchgehen. Deshalb werden wir auch vor dem Bundesverfassungsgericht dagegen klagen. Wir haben in Deutschland eine Bundesregierung, die eine restriktive und verantwortungsvolle Rüstungsexportpoli- (Beifall bei der LINKEN – Dr. Diether Dehm tik verfolgt. [DIE LINKE]: Sehr gut! Sehr richtig!) (Zaklin Nastic [DIE LINKE]: Das sagen Sie Es ist wirklich unfassbar, dass diese mörderische Waf- mal den Menschen im Jemen!) fenexportpolitik, die allein die Profite der Rüstungskon- zerne im Blick hat, von Union, SPD, FDP und AfD ein- Über die Erteilung von Genehmigungen für Rüstungs- fach mitgetragen wird. exporte entscheidet die Bundesregierung im Einzelfall Und was die Grünen angeht, ist es wie beim römischen (Sevim Da ğ delen [DIE LINKE]: Für welchen Gott Janus mit seinen zwei Gesichtern. Man fragt sich: Konzern sprechen Sie heute?) Was gilt denn nun eigentlich? Hier beantragen Sie, Rüs- und im Lichte der jeweiligen Situation nach sorgfältiger (B) tungsexporte zu begrenzen, und zugleich trommelt Ihr Prüfung und unter Einbeziehung außen- und sicherheits- (D) Parteivorsitzender mit Stahlhelm an der politischer Erwägungen. Grundlage sind die rechtlichen Front für Waffenlieferungen an die Ukraine, die sich im Vorgaben des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegs- Krieg befindet. waffen, des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außen- (Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU, der wirtschaftsverordnung, der Gemeinsame Standpunkt des AfD und der FDP) Rates der Europäischen Union vom 8. Dezember 2008 Wenn man sich die grüne Regierungszeit anschaut, dann betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Aus- weiß man, welches Gesicht sich am Ende durchsetzt. fuhr von Militärtechnologie und Militärgütern, der Ver- trag über den Waffenhandel – „Arms Trade Treaty“ – (Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Richtig!) sowie die am 26. Juni 2019 in geschärfter Form verab- Mit den Leopard-2-Panzern, deren Export Sie unter dem schiedeten Politischen Grundsätze der Bundesregierung Jubel von Herrn Fischer und Herrn Bütikofer auch noch für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüs- ohne Einsatzbedingungen 2005 an die Türkei und tungsgütern. Die Politischen Grundsätze – Frau Keul, Erdogan genehmigt haben, wurden 2018 die Kurden in das kann ich Ihnen auch heute nicht ersparen – wurden Afrin niedergewalzt. 2000 unter einer rot-grünen Bundesregierung verfasst. Streitpunkt war ja damals – Frau Dağdelen hat gerade (Beifall bei der LINKEN – Zuruf der Abg. daran erinnert – die Panzerlieferung an den NATO-Part- Zaklin Nastic [DIE LINKE] – Dr. Diether ner Türkei. Die Grünen befürchteten einen Einsatz der Dehm [DIE LINKE]: Pfui!) Panzer als Mittel der inneren Repression, und die SPD Das ist die Realität der Rüstungsexportpolitik der Grü- hielt dem entgegen: unbeschränkte Lieferung an NATO- nen. Ich finde, wer glaubwürdig sein will, der muss dafür Partner, weil das das Grundprinzip des Bündnisses ist. sorgen, dass er nicht janusköpfig agiert. Ich weiß, dass die Grünen ein ungeklärtes Verhältnis Die Linke tritt für ein gesetzliches Verbot von Waffen- zur Türkei haben. exporten ein. Die Mehrheit der Bevölkerung in Deutsch- (Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Welches land – zwei Drittel laut Umfragen – will den Stopp aller Verhältnis haben Sie denn zu Herrn Erdogan?) Rüstungsexporte. Die Linke findet: Es ist Zeit für eine Politik für die Mehrheit. Deshalb fordern wir einen gene- Wir können hier auch keine posttraumatischen Therapie- rellen Stopp der Waffenexporte. stunden anbieten, damit Sie die Vorfälle, die damals unter Rot-Grün passiert sind, verarbeiten können. Aber Sie Vielen Dank. müssten eben schon sagen, in welche Richtung Sie gehen (Beifall bei der LINKEN) wollen. 30098 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Klaus-Peter Willsch (A) Europäisierung wird von Ihnen befürwortet, vor allen Ich weiß, Sie haben jetzt Dringenderes zu tun: Sie (C) Dingen wenn es darum geht, deutsche Steuergelder in müssen jetzt erst mal den Lebenslauf Ihrer Kanzlerkandi- Europa zu verteilen. Wenn es im Bereich der Sicherheits- datin bereinigen. und Verteidigungspolitik um Europäisierung geht, zeigen Sie sofort reflexartig Abwehrhaltung. Daraus kann man (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU doch eigentlich nur einen Schluss ziehen, dass nämlich und der AfD) unsere Rüstungsexportpolitik offenbar wirklich sehr rest- Aber wenn das dann gemacht ist, finde ich, hat die deut- riktiv ist und Sie fürchten, sie würde durch eine Zusam- sche Öffentlichkeit einen Anspruch darauf, auch zu menarbeit mit anderen EU-Partnern verwässert. erfahren, wie das jetzt mit den Defensiv- und Offensiv- Wir haben im September 2018 auf Ihren Wunsch hin waffen ist und was wir so an die Ukraine und wer weiß eine öffentliche Anhörung zu dem Thema durchgeführt. wohin sonst noch überall liefern. Die Ukraine ist kein Sie scheinen sich diese nicht noch einmal angesehen zu NATO-Partner, und das ist nun wirklich auch ein Kon- haben. Das habe ich ihn schon mehrfach empfohlen: fliktbereich. Machen Sie sich da mal ehrlich! Klären Sie Schauen Sie sich diese Anhörung in der Mediathek mal die deutsche Bevölkerung auf – hier ist der Platz noch einmal an. Da werden Sie viel lernen können. „Frie- dafür; sonntags reden wir hier ja in der Regel nicht, den schaffen ohne Waffen“ – das funktioniert leider nicht. Frau Dağdelen; heute keine Sonntagsrede, sondern eine Sie können aber gerne mental bei Ihren Ostermärschen Rede am Donnerstagabend –, wie sich das mit all diesen bleiben. Dingen verhält. Haben Sie eigentlich schon mal Folgendes zur Kennt- (Zaklin Nastic [DIE LINKE]: Sie sollten in der nis genommen? Wir haben nach 1989 durch die Öffnung Kirche bei der Sonntagsrede wirklich zuhö- von Archiven viel gelernt, etwa dass die Friedensbewe- ren!) gung in den 70er- und 80er-Jahren im Wesentlichen von Ich kann nur sagen: Wenn ich mir anschaue, was da Moskau gesteuert war. alles von Ihnen kommt, (Heike Hänsel [DIE LINKE]: Oah! Oah! Jetzt (Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Für welchen kommen die Storys wieder!]) Konzern reden Sie heute?) Über wie viele „Plätze des Friedens“ und „Straßen der fällt mir ein Zitat von einem Passagier der Titanic ein. Freundschaft“ wollen Sie eigentlich noch marschieren, bis Sie merken, dass man Freiheit Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: (Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Sie sind von Ein kurzes Zitat. (B) Erdogan gesteuert! Das ist viel schlimmer!) (D) und Frieden verteidigen muss. Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU): (Zuruf der Abg. Zaklin Nastic [DIE LINKE]) Er hat gesagt: Bis zum Eisberg war die Fahrt ja gut. Wir alle haben im Frühjahr den Atem angehalten, als (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der die russische Armee in einer massiven Aufstellung an der AfD und der FDP) Grenze zur Ukraine aufmarschiert ist. Ich bin froh, dass Ich möchte nicht riskieren, sich die Situation wieder etwas entspannt hat, aber solan- ge Russland die Krim besetzt hält und Destabilisierung in Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: der Ostukraine betreibt, ist nichts mehr wie zuvor. Herr Kollege. Aber – Herr Habeck ist ja schon angesprochen wor- den – in dieser Situation jetzt Waffenlieferungen an die Ukraine ins Spiel zu bringen, halte ich für töricht. Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU): dass wir Sie ans Steuerrad lassen. Deshalb glaube ich, (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und dass wir hier einmal mehr einen Schauantrag bzw. mehre- der FDP und des Abg. Wilhelm von Gottberg re Schauanträge zurückzuweisen haben. Das werden wir [AfD]) mit unserer Mehrheit tun und im Übrigen weiterhin eine verantwortungsvolle Bündnispolitik und verantwor- Das passt für mich auch überhaupt nicht mit dem zusam- tungsvolle Rüstungsexportpolitik betreiben. men, was Sie sonst so von sich geben.

Ich bin jetzt gespannt – Frau Keul, Sie werden uns da Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: jetzt aufklären –, wie das mit Ihren beiden Vorsitzenden Da du nicht deine letzte Rede hältst, musst du jetzt ist. Ihre männliche Spitze redet ja von Offensiv- und aufhören. Defensivwaffen

(Dr. Florian Toncar [FDP]: Ja, da sind wir Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU): gespannt!) – Ja. und sagt, Panzer seien gut, weil sie im Wesentlichen dazu Vielen Dank. dienten, dass man Verletzte von der Frontlinie nach hin- ten fährt. Wir sind sehr gespannt darauf, jetzt von Ihnen (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- die genaue Definition zu hören. ordneten der AfD) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30099

(A) Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: Nun wissen wir alle, dass die Türkei sich in den letzten (C) So. – Aber der nächste Redner hält voraussichtlich Jahren zu einem Musterknaben der Menschenrechte ent- seine letzte Rede. Es ist der Abgeordnete Professor wickelt hat. Zum Ausgleich und zur Unterstützung dieser Dr. Heiko Heßenkemper von der AfD-Fraktion. Entwicklung belegt die Türkei seit vielen Jahren einen der vorderen Ränge bei den Rüstungsexporten. Schauen (Beifall bei der AfD) wir uns die Krim an. Das Vorgehen Russlands dort wird mit Sanktionen belegt. Das identische Vorgehen der Tür- kei gegenüber Zypern und Nordsyrien wird mit Rüs- Dr. Heiko Heßenkemper (AfD): tungsexporten belohnt. Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist interessant, wie die Frage der Rüstungs- (Beifall bei der AfD) exporte in verschiedener Hinsicht politisch demaskierend Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht das- sein kann. selbe. Außerdem mischt sich die Türkei sehr intensiv in andere Konflikte ein, wie in Armenien, Aserbaidschan, Beginnen wir mit den Grünen – ich kann es Ihnen Syrien. Und was bekommt sie als Gegenleistung? – Waf- einfach nicht ersparen – und dem Vorstoß mit Vorschlä- fenlieferungen. Die Türkei bedroht militärisch Staaten gen von Herrn Habeck, Waffen in die Ukraine zu liefern der EU wie Frankreich und Griechenland. Damit sie unter Vernachlässigung aller Grundsätze, dass Waffen dazu in der Lage ist, werden Waffen geliefert, zum Bei- nicht in Krisengebiete exportiert werden sollten, schon spiel sechs mit Brennstoffzellen angetriebene U-Boote, gar nicht deutsche Waffen 80 Jahre nach dem Überfall die gerade in der Inselwelt der Ägäis kaum identifizierbar auf die Sowjetunion. Das ist umso interessanter, da die sind. DNA der Grünen eigentlich aus dem Pazifismus kam. Daran kann man erkennen, wie eine DNA doch im politi- Hier hat die Bundesregierung scheinbar im Geflecht schen Alltag altern und verkommen kann. Offensichtlich von irgendwelchen Ausreden und leeren Worthülsen ist sie völlig degeneriert. wie „NATO-Partner“, „Bündnisverpflichtung“ etc. den politischen Wertekompass völlig verloren. (Beifall bei der AfD) (Beifall des Abg. Siegbert Droese [AfD]) Als Herr Habeck dann durch die mediale Antwort Man darf sich dann in der Außenpolitik nicht darüber erkannt hat, dass er selbst durch diese Aussage auf eine wundern, dass die Vorstöße der Bundesrepublik an ande- politische Tretmine getreten ist, versuchte er, zurückzuru- ren Stellen zum Thema Menschenrechte und zu Ähnlich- dern und meinte dann nur noch Defensivwaffen. Auch em einfach nicht mehr ernst genommen werden. (B) hier schüttelt man den Kopf. Schon bei den Rüstungs- (D) exportgenehmigungen gibt es bei zivilen Gütern häufig (Beifall bei der AfD) die Fragestellung nach dem Dual Use. Wie soll denn das Es wird spannend, wie sich die Situation im Herbst bei Waffen, ob defensiv oder nicht, funktionieren? Also: entwickelt und welche anderen Grundsätze, welche völliger Unfug. DNA von Parteien wie zum Beispiel der CDU dann auf Man könnte meinen, es handele sich um die verwirrte den Weg in den Ökosozialismus noch über Bord gehen. Stimme eines Einzelnen in einer Partei, wenn auch in Das bleibt spannend. Zum Glück gibt es eine Alternative: exponierter Position. Dem scheint aber nicht so zu sein. die AfD. Wenn man sich die Ergebnisse der namentlichen Abstim- (Lachen bei Abgeordneten der SPD) mungen zu den Auslandseinsätzen der Bundeswehr an- schaut, stellt man fest: Es ist 2020 bis 2021 über zehn Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Auslandseinsätze abgestimmt worden, und bei 50 Prozent (Beifall bei der AfD – Die Abgeordneten der dieser Auslandseinsätze hat die große Mehrheit der grü- AfD erheben sich) nen Abgeordneten dafür votiert. Nur die Linken haben aus grundsätzlicher Erwägung konsequent gegen alle Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: gestimmt. Bei der AfD sind immerhin 80 Prozent der Anträge auf Auslandseinsätze nach langen Diskussionen Der nächste Redner ist für die Fraktion der SPD der mehrheitlich abgelehnt worden. So ist also jetzt die AfD Abgeordnete Frank Junge. offensichtlich die neue Pazifismuspartei. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der AfD – Lachen bei Abgeordne- ten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Frank Junge (SPD): Dr. Florian Toncar [FDP]: Oh, oh!) Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Rüstungsexporte hat in der öffentlichen Wahrneh- Die Frage der Rüstungsexportkontrolle ist hinsichtlich mung eine ganz besondere Bedeutung, und ich finde es der politischen Analyse noch ergiebiger, wenn man sich daher zunächst mal wirklich gut und wichtig, dass wir die Bundesregierung anschaut. Hier könnte man das The- hier im Plenum sehr oft darüber debattieren; denn aus ma so zusammenfassen: Was kümmert mich mein der Tatsache, dass Entscheidungen über Rüstungsexporte Geschwätz von gestern! – Es gibt sehr klare Richtlinien, durch den Bundessicherheitsrat und dann auch noch in dass Waffen nicht in Krisengebiete exportiert werden nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden, resultiert sollen und die Menschenrechtsfragen eine ganz wesent- natürlich Raum für Interpretationen, Spekulationen und liche Rolle spielen müssen. vor allen Dingen auch Verklärungen. 30100 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Frank Junge (A) Meine SPD-Fraktion fordert daher schon ganz lange, (Zaklin Nastic [DIE LINKE]: Was ist mit (C) dass wir eine Berichtspflicht der Bundesregierung gegen- Myanmar?) über dem Parlament und der Öffentlichkeit einführen, mit Mit Blick auf die Uhrzeit will ich zum Abschluss kom- der dann nach dem Vorbild von Großbritannien natürlich men. – In diesem Zusammenhang und mit diesen Aspek- auch mehr Transparenz und Sachlichkeit transportiert ten vor Augen muss ich sagen, dass Ihr heutiger Haupt- werden und mit der auch – das will ich hier auch unter- antrag für ein generelles Rüstungsexportverbot aus streichen – ganz viele politisch motivierte Bemühungen, meiner Sicht eine Bankrotterklärung in Bezug auf Ihre bei diesem Thema zu Skandalisierungen zu kommen, sicherheits- und verteidigungspolitische Kompetenz dar- ausgeschlossen werden können. Vor diesem Hintergrund stellt. hat dieses Projekt aus meiner Sicht eine ganz große Bedeutung. (Zaklin Nastic [DIE LINKE]: Was wird denn (Beifall bei Abgeordneten der SPD) gerade in Myanmar verteidigt mit deutschen Waffen?) Ich will mich bei der Vielzahl der vorliegenden Anträ- ge heute insbesondere auf Ihren Hauptantrag beziehen, in Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. dem Sie sich, liebe Kolleginnen und Kollegen von den (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Linken, auf ein generelles Rüstungsexportverbot bezie- der CDU/CSU) hen. Sie unterscheiden dabei nicht einmal zwischen Drittländern und Ländern, mit denen wir auf europäischer und internationaler Ebene Bündnisverpflichtungen einge- Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: gangen sind, eben solche Bündnisse, durch die wir die Vielen Dank, Herr Kollege Junge. – Die nächste Red- globalen und sicherheitspolitischen Herausforderungen, nerin für die FDP-Fraktion ist die Kollegin Sandra vor denen wir in dieser Welt alle gemeinsam stehen, Weeser. viel besser bewältigen können. (Beifall bei der FDP) Mir zeigt das einmal mehr, wie weltfremd und fernab der Realität Sie in Bezug auf dieses Thema mit Ihren Sandra Weeser (FDP): Auffassungen sind; denn ob Sie es wahrhaben wollen Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und oder nicht: Der Export von Rüstungsgütern dient Herren! Auch ich habe mich beim Durchschauen der Deutschlands außen-, sicherheits- und verteidigungspoli- Anträge für diesen Tagesordnungspunkt gewundert, wo tischen Interessen. Wir stärken damit nicht nur unsere denn eigentlich der Antrag der Grünen für die Waffen- Allianzen, sondern wir unterstützen so auch die militär- lieferungen in die Ukraine ist. (B) ischen Fähigkeiten unserer Verbündeten. (D) (Beifall bei Abgeordneten der FDP – Heiterkeit (Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Erdogan un- des Abg. Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]) terstützen Sie!) Außerdem schaffen wir globale Verteidigungskoopera- Die Aufregung um Robert Habecks Äußerungen zur tionen, und wir befähigen auch Importländer dazu, Ukraine bringt das Problem der deutschen Debatte um sicherheitspolitische Verantwortung in ihren eigenen Re- Rüstungsexporte genau auf den Punkt. Anstatt sich damit gionen zu übernehmen, um Krisen vor Ort selbst lösen zu auseinanderzusetzen, was für oder gegen Rüstungsexpor- können. te in ein konkretes Land spricht, wollen Linke, Grüne und große Teile der SPD mit Rüstungsgütern und dem Militär am liebsten nichts zu tun haben. Das geht frei nach dem Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: Motto: Sollen doch die anderen sich um unsere Freiheit Herr Kollege, gestatten Sie dazu eine Zwischenfrage und Sicherheit kümmern. – Deutschland lehnt sich dann aus der Linkenfraktion? erst mal vornehm zurück. (Beifall bei der FDP) Frank Junge (SPD): Nein, ich lasse die Zwischenfrage nicht zu. Ob wir es wollen oder nicht: Wir leben in einer Welt der Autokraten wie Putin und Xi, die die Sicherheit und (Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Lieber unter- Unabhängigkeit von Nachbarländern mithilfe militär- stützen Sie die Türkei und Erdogan mit Waf- ischer Mittel bedrohen und angreifen. Das ist auch nicht fen!) abstrakt. Putins Soldaten auf der Krim sind real. Die Krim Vor genau diesem Hintergrund stärken wir mit Rüs- und das Südchinesische Meer zeigen: Die Sicherheit von tungsexporten die deutsche und die europäische Souverä- Demokratie basiert auch darauf, sich militärisch gegen nität, und zudem tragen wir damit auch dazu bei, dass die Autokraten verteidigen zu können. Bundeswehr und verbündete Armeen ihren Aufträgen Dass wir in Deutschland friedlich und sicher in Freiheit gemäß gut ausgerüstet sind. Das ist mit Blick auf die leben können, garantieren unsere Verbündeten in der vielfältigen Herausforderungen ein ganz wichtiges NATO und in der EU – allen voran die USA und Frank- Instrument. So paradox das für Sie vielleicht klingen reich. Sie haben es verdient, dass Deutschland seinen mag: Aus genau dieser Souveränität und aus genau diesen Beitrag leistet – auch durch eine leistungsfähige und globalen Kooperationen entsteht ein Boden, auf dem kooperative Rüstungsindustrie. Konflikte politisch gelöst werden und auf dem Abrüs- tungsverhandlungen entstehen können. (Beifall bei der FDP) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30101

Sandra Weeser (A) Damit kommen wir zum Kernpunkt. Ebenso selbstver- embargo, und die türkische Marine dringt regelmäßig in (C) ständlich, wie wir vorantreiben, dass die Bundeswehr mit griechische und zypriotische Hoheitsgewässer ein, um unseren Bündnispartnern eng zusammenarbeitet, muss Gebietsansprüche anzumelden. auch unsere Industrie mit Partnern in der EU zusammen- (Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Was sollen arbeiten können. Hier müssen stabile und verlässliche wir denn jetzt der Ukraine liefern?) Regeln gelten. Allein im April gab es zwei Vorfälle, bei denen grie- Verstehen Sie mich nicht falsch: Wir Freien Demokra- chische Forschungsschiffe von der türkischen Marine ten lehnen Waffenexporte in Krisengebiete ab. Für uns ist bedroht wurden, und dennoch hält die Bundesregierung die Wahrung der Menschenrechte bei der Entscheidung nach wie vor an der 2009 erteilten Genehmigung zur über Exporte essenziell. Produktion und Auslieferung von sechs U-Booten der (Beifall bei der FDP) Firma thyssenkrupp fest. Diese U-Boote haben eine stra- tegische Bedeutung für die Etablierung einer maritimen Waffen dürfen nicht zur Eskalation von Konflikten bei- Hegemonie im östlichen Mittelmeer. tragen. Das geht aber nur, wenn wir uns auf gemeinsame Standards mit unseren Verbündeten einigen – vor allem in Das Kriegswaffenkontrollgesetz sieht einen Widerruf der EU und in allererster Linie mit Frankreich. Weil aber der Genehmigung sogar ausdrücklich vor, wenn die Ge- große Teile des politischen Spektrums sich weigern, Rüs- fahr einer friedensstörenden Handlung besteht. Handeln tungsexporte endlich offen, differenziert und wissen- Sie also endlich, und stoppen Sie die weitere Fertigstel- schaftlich fundiert zu diskutieren, wird Deutschland in lung! Paris überhaupt nicht mehr als ernstzunehmender Partner (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – wahrgenommen. Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Die kann die Wir brauchen Reformen. Wir brauchen einen klaren Ukraine nicht mehr gebrauchen! Die Krim ist ja Kompass für die Rüstungsexporte. Den fordern wir als weg!) Freie Demokraten ein. Wir haben auch entsprechende Nehmen Sie sich mal die US-Regierung als Vorbild! Vorschläge vorgelegt. Wir wollen Transparenz, wissen- Nach der Anschaffung von russischen Luftabwehrrake- schaftliche Fundierung, klare Rahmenbedingungen für ten durch die Türkei haben die USA die Auslieferung von die Zusammenarbeit mit unseren europäischen Partnern, 120 F-35-Kampfflugzeugen gestoppt. Wir sehen an die- und wir wollen eine klare Länder- und Regionalstrategie sem Beispiel, wie wichtig es ist, über Kriegswaffenexpor- nach Sicherheitslage und interessendifferenziert. te die eigene Entscheidungshoheit zu behalten. Das gilt All das ist die Bundesregierung aber schuldig geblie- auch für künftige Projekte, die wir in Europa gemeinsam (B) ben. Wir wollen das ändern. entwickeln wollen. (D) Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Wenn wir mit unseren europäischen Partnern ernsthaft ein Kampfflugzeug der Zukunft, wie FCAS, auf den Weg (Beifall bei der FDP) bringen wollen, dann muss dies zuerst unseren Sicher- heitsinteressen dienen, und dann muss klar sein, dass es Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: nicht darum geht, auf dem Weltmarkt mit einem mög- lichst geringen Stückpreis konkurrieren zu können. Bei Die nächste Rednerin ist die Kollegin Katja Keul, Kriegswaffen kommt es nicht auf die Rentabilität an, Bündnis 90/Grüne. sondern auf die Stärkung der eigenen militärischen (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Fähigkeiten. Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Ah, jetzt (Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Aha!) erfahren wir es! Jetzt erfahren wir es!) Wenn wir über diese Frage keine Einigkeit mit unserem engsten Verbündeten und Nachbarn Frankreich herstellen Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): können, dann kann das Projekt nicht funktionieren. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um hier zunächst mal die historischen Fakten zu 2005 klarzustellen: Die Leopard-Panzer für die Türkei Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: wurden 2005 genehmigt, nachdem die Koalition gekün- Frau Kollegin Keul, gestatten Sie eine Zwischenfrage digt worden war und die Grünen diese Lieferung sieben der Kollegin Dağdelen? Jahre lang verhindert und immer wieder zur Koalitions- frage gemacht hatten. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Nein, keine Zwischenfragen! - Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Die rot-grüne (Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Es war Rot- Bundesregierung hat das genehmigt! Das war Grün, die die Panzer geliefert haben, nicht nicht Merkel!) Merkel!) Aber zur Gegenwart: Die Türkei hält immer noch völ- Da hilft es auch nicht, dass sich die Bundesregierung in kerrechtswidrig den Norden Syriens besetzt und verhin- einem Zusatzabkommen zum Aachener Vertrag ihrer dert die Rückkehr der vertriebenen kurdischen Bevölke- Entscheidungshoheit über den Export schlicht und ein- rung in ihre Dörfer und Städte. Türkische Schiffe liefern fach entledigt und diese den französischen Partnern über- Waffen an Libyen und verletzen damit das UN-Waffen- lässt. 30102 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Katja Keul (A) (Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Welche probe! – Die Linke. Enthaltungen? – AfD und Bünd- (C) defensiven Waffen sollen denn nun an die nis 90/Grüne. Damit ist die Beschlussempfehlung des Ukraine geliefert werden?) Ausschusses angenommen. So kann man sich der Verantwortung nicht entziehen. Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) der Fraktion Bündnis 90/Grüne auf Drucksache 19/23732 Dieses Zusatzabkommen ist keine Antwort auf die mit dem Titel „Die Genehmigung für U-Boote an die Herausforderungen der Zukunft, sondern ein Ausflug in Türkei widerrufen“. Wer stimmt für die Beschlussemp- die 70er-Jahre, in die Zeiten von Helmut Schmidt und fehlung des Ausschusses? – CDU/CSU, SPD und FDP. Michel Debré. Wir brauchen endlich ein gemeinsames Wer stimmt dagegen? – Bündnis 90/Grüne und Linke. europäisches Verständnis von Rüstungsexportkontrollen Enthaltungen? – Die AfD. Die Beschlussempfehlung als außen- und sicherheitspolitisches Kernthema. des Ausschusses ist angenommen. Frankreich dürfte im Übrigen die Lieferung deutscher Tagesordnungspunkt 25 c. Beschlussempfehlung des U-Boote an die Türkei für keine gute Idee halten. Ebenso Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag wenig war es eine gute Idee, die französische Rafale mit der Fraktion Bündnis 90/Grüne mit dem Titel „Deutsch- Finanzierungshilfe der VAE an Ägypten zu verkaufen französisches Abkommen im Rüstungsbereich – Ein- und auf diese Weise Kriegsparteien in Libyen, wie Gene- schränkungen der deutschen Exportkontrolle verhin- ral Haftar, zu unterstützen. dern“. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Das Zusatzabkommen zum Aachener Vertrag muss Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/16681, den An- neu verhandelt werden, und die U-Boot-Lieferungen an trag der Fraktion Bündnis 90/Grüne auf Drucksache die Türkei müssten gestoppt werden. 19/15077 abzulehnen. Wer stimmt für die Beschlussemp- fehlung des Ausschusses? – CDU/CSU, SPD, AfD und Vielen Dank. FDP. Wer stimmt dagegen? – Bündnis 90/Grüne. Ent- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – haltungen? – Die Linke. Die Beschlussempfehlung des Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Aber die Ausschusses ist angenommen. Ukraine braucht doch die U-Boote gar nicht!) Tagesordnungspunkt 25 d. Abstimmung über die Be- schlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: Energie auf Drucksache 19/25031. Der Ausschuss emp- Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte wirklich um fiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung die Verständnis, dass es jetzt keine Kurzinterventionen mehr Ablehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf (B) gibt. Wir sind momentan bei einem Ende der Tagesord- Drucksache 19/15048 mit dem Titel „Rüstungsexporte (D) nung um 5.20 Uhr. stoppen – Missbrauch der europäischen Friedensidee ver- hindern“. Wer stimmt für die Beschlussempfehlung des (Zaklin Nastic [DIE LINKE]: Dann muss man Ausschusses? – CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Grüne, bei der Wahrheit bleiben!) FDP und AfD. Gegenprobe! – Die Linke. Enthaltungen? – Ich bitte also wirklich um Verständnis! Keine. Die Beschlussempfehlung des Ausschusses ist angenommen. Zu Protokoll gehen die Reden1) von Bernhard Loos und Dr. Karl-Heinz Brunner. – Vielen Dank dafür. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Be- schlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der Frak- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie tion Die Linke auf Drucksache 19/10291 mit dem Titel bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE „Weitere Aufrüstung Algeriens stoppen“. Wer stimmt für GRÜNEN) die Beschlussempfehlung? – CDU/CSU, SPD, FDP und Ich schließe die Aussprache. AfD. Wer stimmt dagegen? – Bündnis 90/Grüne und Linke. Enthaltungen? – Keine. Die Beschlussempfehlung Tagesordnungspunkt 25 a. Wir kommen zur Abstim- ist angenommen. mung über den Antrag der Fraktion Die Linke auf Druck- sache 19/29963 mit dem Titel „Waffenexporte stoppen Tagesordnungspunkt 25 e. Abstimmung über den An- und gesetzlich verbieten“. Wer stimmt für diesen An- trag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 19/27962 zu trag? – Die Fraktion Die Linke. Wer stimmt dagegen? – dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Alle übrigen Fraktionen des Hauses. Enthaltungen? – Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Europä- Keine. Der Antrag ist abgelehnt. ischen Verteidigungsfonds“ – hier: Antrag zur Erhebung einer Subsidiaritätsklage gemäß Artikel 23 Absatz 1a des Tagesordnungspunkt 25 b. Abstimmung über die Be- Grundgesetzes. Wer stimmt für diesen Antrag der schlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Linken? – Die Linke. Wer stimmt dagegen? – Alle übri- Energie auf Drucksache 19/28080. Der Ausschuss emp- gen Fraktionen des Hauses. Enthaltungen? – Keine. Der fiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung die Antrag ist abgelehnt. Ablehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf Drucksache 19/24449 mit dem Titel „Keine Waffen für Ich rufe den Tagesordnungspunkt 28 sowie den Zusatz- die Türkei“. Wer stimmt für die Beschlussempfehlung punkt 20 auf: des Ausschusses? – CDU/CSU, SPD und FDP. Gegen- 28 – Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines 1) Anlage 15 Gesetzes zur europäischen Vernetzung Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30103

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich (A) der Transparenzregister und zur Umset- eine bessere europäische Geldwäschebekämpfung, und (C) zung der Richtlinie 2019/1153 des Euro- wir sorgen zweitens für Erleichterungen für Initiativen päischen Parlaments und des Rates vom des bürgerschaftlichen Engagements. Wir stärken das 20. Juni 2019 zur Nutzung von Finanz- Ehrenamt. informationen für die Bekämpfung von (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Sepp Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung Müller [CDU/CSU]) und sonstigen schweren Straftaten (Trans- parenzregister- und Finanzinformations- Dass wir heute bei diesem Ergebnis sind, verdanken gesetz) wir auch den guten Beratungen und einem konstruktiven Austausch mit vielen engagierten Ehrenamtlerinnen und Drucksache 19/28164 Ehrenamtlern sowie einer guten Debatte im Finanzaus- Beschlussempfehlung und Bericht des schuss des Deutschen Bundestages, für die ich mich bei Finanzausschusses (7. Ausschuss) allen Kolleginnen und Kollegen recht herzlich bedanken Drucksache 19/30443 will. – Bericht des Haushaltsausschusses (8. Aus- Für die gemeinnützigen Vereine haben wir im Ver- schuss) gemäß § 96 der Geschäftsordnung gleich zum Regierungsentwurf einige klare Verbesse- rungen erreicht. Vereine müssen sich jetzt nicht mehr Drucksache 19/30524 eigenständig in das Transparenzregister eintragen. Lang- ZP 20 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- fristig – bis 2024 – wollen wir das Ganze durch die Ver- richts des Finanzausschusses (7. Ausschuss) zu netzung bestehender Register komplett automatisieren. dem Antrag der Abgeordneten Lisa Paus, Zudem haben wir die Gebührenbefreiung, die wir be- Dr. Irene Mihalic, Dr. Konstantin von Notz, wei- reits im Jahr 2019 eingeführt haben, noch mal verein- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- facht; denn gemeinnützige Vereine und Initiativen müs- NIS 90/DIE GRÜNEN sen diese Gebühr nicht zahlen. Wir sorgen dafür, dass es Geldwäsche im Immobiliensektor stoppen, in der Zwischenzeit, bis die Register digital zusammen- Mieterinnen und Mieter vor Organisierter geführt sind, mit einem einzigen einfachen, unbürokrati- Kriminalität und steigenden Mieten schützen schen Antrag getan ist. Ich glaube, das ist eine gute Nach- richt bei diesem Gesetz für alle Vereine und Initiativen. Drucksachen 19/10218, 19/30443 Für die Aussprache ist eine Dauer von 30 Minuten (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Sepp beschlossen. Müller [CDU/CSU]) (B) (D) Bitte nehmen Sie Platz. Wir haben in diesem Gesetz zur Bekämpfung von Geldwäsche nicht nur beim Schaffen von mehr Transpa- Ich eröffne die Aussprache, und das Wort hat der renz, sondern auch beim Thema Digitalisierung einige Abgeordnete Dr. Jens Zimmermann, SPD-Fraktion. gute Fortschritte gemacht. Ich habe es gesagt: Wir ver- (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Sepp netzen Register. Wir schaffen die Grundlage, um eine Müller [CDU/CSU]) zukunftsgerichtete Geldwäschebekämpfung durchführen zu können; denn digitale Register sind die Voraussetzung dafür. Dr. Jens Zimmermann (SPD): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Wir haben in den Diskussionen innerhalb der Koalition Kollegen! 2016 schrieb der „Spiegel“: „Verbrechen lohnt gesehen, dass vor allem auch die Bundesländer aufge- sich: Geldwäsche-Paradies Deutschland“. 2020 schrieb fordert sind, ihre Register zu modernisieren; denn wenn der „Spiegel“: „Gesetz gegen Geldwäsche: Wir sind alle wir das, was „Once Only“ genannt wird – man erfasst verdächtig“. Alleine an diesen beiden Überschriften ist alles eben nur einmal und muss es nur einmal eintragen –, schon abzulesen, dass es offensichtlich nicht ganz leicht wollen, dann braucht es eben auch gemeinsam mit den 16 ist, beim Thema Geldwäschebekämpfung einen Mittel- Bundesländern einheitliche und vor allem digitale For- weg zu finden. mate. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Wie viel Regulierung brauchen wir, um eine schlag- der CDU/CSU) kräftige Bekämpfung zu ermöglichen? Denn eines ist Auch wenn es nicht unmittelbar mit Geldwäschebe- klar: Geldwäsche kann leider überall stattfinden. Wir ha- kämpfung zu tun hat, haben wir uns in diesem Gesetz ben in den vergangenen Wochen und Monaten immer erneut mit digitalen Schnittstellen befasst; denn wir wieder gesehen, dass es leider auch bei Vereinen, bei arbeiten auch am Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz. Be- Stiftungen und auch beim Kauf von Immobilien zu Geld- reits 2019 haben wir als Deutscher Bundestag hier den wäsche kommen kann. größten und wertvollsten Unternehmen der Welt – wie Als SPD wollen wir deshalb eine gute, schlagkräftige ich finde, zu Recht – die Zähne gezeigt, und an dieser Gesetzesgrundlage im Kampf gegen Geldwäsche schaf- Stelle schärfen wir noch mal nach. fen. Gleichzeitig wollen wir aber eben auch, dass ge- Wir wollen, dass Banken und Finanzdienstleister zum meinnützige Initiativen nicht unnötiger Bürokratie ausge- Beispiel auch auf eine Smartwatch mit einem Apfel drauf setzt werden. Mit diesem Gesetz werden wir beides Zugriff haben können; denn umgekehrt haben Technolo- vereinen: Wir sorgen erstens für Transparenz und für gieunternehmen heute, wenn wir als Kundinnen und 30104 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Dr. Jens Zimmermann (A) Kunden das erlauben, eben auch sehr einfachen Zugriff Also, Lehre eins vielleicht für die zukünftigen Regie- (C) auf alle Konten. Da wollen wir, wie man Neudeutsch rungen: Nehmen Sie sich an einigen Stellen einfach mal sagt, ein Level Playing Field. Es soll also eine faire Wett- genügend Zeit, bevor Sie Gesetze hier einbringen, statt bewerbsposition sowohl für die Banken und Finanz- die Opposition mit Umdrucken dieser Art kurz vor Tores- dienstleister auf der einen Seite als auch für die Techno- schluss zu behelligen. „Schnell, schnell“ ist eben nie ein logieunternehmen auf der anderen Seite geben. Das Garant für gute Arbeit. machen wir mit diesem Gesetz. Aber immerhin wurden viele Aspekte aus den Anhö- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten rungen aufgenommen. Und das muss man als Opposition der CDU/CSU) eben auch mal sagen: Viele Dinge in diesem Gesetz sind Es gelingt uns als SPD und auch als Koalition also, hier gut und vernünftig. – Wir finden beispielsweise gut – ein gutes und wichtiges Gesetz im Kampf gegen Geld- Dr. Zimmermann hat es eben auch erwähnt –, dass für wäsche vorzulegen. Wir sorgen für transparentere und Vereine jetzt die automatische Eintragung ins Vollregister bessere Strukturen. möglich ist. Aber auch darauf musste erst von der Oppo- sition hingewiesen werden. Ich möchte mich wirklich noch mal ganz herzlich für die guten Beratungen und die konstruktive Zusammenar- Ebenfalls sehr gut ist die Erleichterung bei der Gebüh- beit bedanken. Ich bin überzeugt: Wir stellen die Geld- renbefreiung für gemeinnützige Vereine. Die vollmundi- wäschebekämpfung mit diesem Gesetz einmal mehr gut gen Bekenntnisse kennen wir: Das Ehrenamt ist in für die Zukunft auf. Deutschland eine wichtige Säule für die Gesellschaft, Herzlichen Dank. für die Benachteiligten in unserer Gesellschaft. Von daher ist es nur folgerichtig, dass man den bürokratischen Auf- (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Sepp wand mildert. – Aber nochmals: Was Sie im ersten Ent- Müller [CDU/CSU]) wurf vorgelegt haben, war eine Vier minus bis eine Fünf. Vielleicht hätte man auch diese Überlegung vorher Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: anstrengen können. Vielen Dank. – Der nächste Redner: für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Kay Gottschalk. Aber immerhin: Druck wirkt. Und wie heißt es so schön: Nur unter Druck entstehen Diamanten; ohne (Beifall bei der AfD) Druck wäre es Kohle gewesen. – Vielleicht war es aber auch die bevorstehende Bundestagswahl, die einige in der Kay Gottschalk (AfD): Koalition zum Nachdenken zwang; denn Vereine und (B) Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und viele andere, die betroffen sind, hätten ihr Kreuzchen (D) Herren! Zunächst mal schließe ich mich einigen Worten dann folgerichtig vielleicht tatsächlich an einer anderen des Vorredners Dr. Zimmermann an. Gleichzeitig hat er Stelle gesetzt. in seiner Rede aber auch unfreiwillig aufgezeigt und eine Vorlage gegeben, wie viel im Argen liegt und wie viele Aber nun zu den Kritikpunkten, warum wir als AfD Lippenbekenntnisse wir in Deutschland haben. uns enthalten: Wir mussten trotz Digitalisierung 4.0 und der Forde- Die Meldepflicht von Aufsichtsbehörden und die Frei- rungen, was alles getan werden muss – „Wir müssen auf- stellung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit bereiten rüsten“ –, feststellen – das ist aufgefallen –: Einige Bun- uns arge Bauchschmerzen. So heißt es seitens der Regie- desländer sind nicht mal in der Lage, vernünftige digitale rungsfraktionen – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsiden- Register vorzuhalten. Das ist an dieser Stelle eigentlich ten –: „Es bestand Rechtsunsicherheit, ob in diesen Fäl- ein Offenbarungseid, was die Zusammenarbeit zwischen len, in denen für den Verpflichteten keine Pflicht zur Bund und Ländern angeht. Manchmal wird was verlangt, Meldung besteht, die zuständigen Aufsichtsbehörden was in der Realität, wie häufig bei Gesetzen, gar nicht nach § 44“ GwG „zur Meldung verpflichtet sind.“ Gelöst abgeliefert werden kann. werden soll dieses Problem nun folgendermaßen – ich Heute beraten wir also dieses Gesetz. Glücklicherwei- zitiere nochmals mit Erlaubnis des Präsidenten –: „Mit se – das hat Herr Zimmermann auch verschwiegen – sind der Änderung wird dem Berufsgeheimnis, dem insbeson- viele Kritikpunkte der Opposition und der Verbände in dere Notare, Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirt- die Beratung aufgenommen worden. So wurde beispiels- schaftsprüfer nach den einschlägigen Fachgesetzen weise kritisiert – Herr Zimmermann hat es gesagt –, dass unterliegen, im Rahmen der Meldepflicht der Aufsichts- kleinere Vereine und Ehrenamtler hier wieder benachtei- behörden Rechnung getragen.“ ligt werden sollten. Im Klartext heißt das allerdings: Bei positiver Kennt- Meine Kritik an dem zu schnellen Eindringen – falls nis – also beispielsweise, wenn die Rechtsberatung oder Sie sich noch an meine Rede zur ersten Lesung hier Prozessvertretung für die Zwecke einer Straftat genutzt erinnern – und der viel zu kurzen Beratungszeit war rich- wird – bleibt die Meldepflicht erhalten. Hier wird es also tig; denn die vielen Umdrucke, die die GroKo noch kurz in Zukunft sehr oft die Frage geben: Wann genau sind vor Toresschluss eingereicht hat, ließen schon Schreckli- diese Kriterien erfüllt? Das werden dann am Ende – ches erahnen. Aber, wie gesagt: Die DSGVO hat nur dann sind Gesetze an einer solchen Stelle doch schlecht gegrüßt, sie hat an dieser Stelle letztlich nicht zugeschla- gemacht – vermutlich mal wieder Gerichte klären müs- gen. sen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30105

Kay Gottschalk (A) Wir hatten die gleiche Debatte darüber, was Steuerge- Sepp Müller (CDU/CSU): (C) staltungsmodelle bedeuten. Wann muss ein Steuerberater Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her- sie melden? Wir kennen die Kritik der ganzen Fachver- ren! Die sechs Minuten Redezeit sind berechtigt. Es gibt bände. viel zu sagen zur Geldwäsche und zum Transparenzregis- ter- und Finanzinformationsgesetz, welches uns heute (Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE vorliegt. GRÜNEN]: Ist die Zeit nicht schon vorbei? Das sind aber lange vier Minuten! Sehr lange (Marianne Schieder [SPD]: Man kann auch viel vier Minuten!) schreiben!) An dieser Stelle – das betonte ich – ist das Verhältnis Wir können vorne anfangen und hinten enden; aber zwischen dem Mandanten und den entsprechenden Insti- eines ist uns als Große Koalition wichtig: Wir haben tuten der Rechtspflege gefährdet. das Versprechen gehalten. Wir werden die Vereine ent- lasten. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin richtig Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: stolz darauf, dass uns das gelungen ist. Hilft nichts, Herr Gottschalk. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- ordneten der SPD) Kay Gottschalk (AfD): Wir haben mit dem Bündnis für Gemeinnützigkeit Sofort, letzter Satz. – Deswegen können wir dem Ge- wochenlang – wochenlang! – um eine Lösung gerungen, setzentwurf nicht zustimmen. damit man sich als Vereinsvorstand nicht in das Trans- (Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE parenzregister eintragen muss, wie dies jetzt übrigens alle GRÜNEN]: Ja, das war schon längst über die anderen juristischen Personen tun müssen, angefangen vier Minuten!) bei den Genossenschaften über GmbHs bis zu anderen Partnerschaftsgesellschaften, zum Beispiel GmbH und – Bitte mäßigen Sie sich doch hier vorne. Co. KGs. Das ist auch die herzliche Bitte, die ich heute aussenden möchte: Lassen Sie sich ins Transparenzregis- Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: ter eintragen; denn es ist nicht nur Ihre rechtliche Pflicht, sondern dort soll auch Transparenz herrschen. Herr Gottschalk, bitte. Wir in Deutschland wissen, dass Vereine zur Geldwä- sche genutzt werden; das hat unser Bundesinnenminister Kay Gottschalk (AfD): nach dem Verbot von drei islamischen Vereinen letztens (B) Ich kann ja meinen Satz gar nicht zu Ende bringen. Die (D) auch festgestellt. Es ist aber wichtig, dass wir, wenn drei Kollegin der Grünen pöbelt ja hier laufend dazwischen. Vereine Mist bauen, 600 000 andere Vereine nicht unter den gleichen Verdacht stellen. Darum war es wichtig, Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: dass wir dafür gesorgt haben, dass der Antrag auf Gebüh- Sie haben auch schon überzogen. renbefreiung in Zukunft nur einmalig zu stellen ist, dass sich die Vereine zukünftig nicht ins Transparenzregister (Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE eintragen müssen und dass wir die geschätzten Bundes- GRÜNEN]: Sie sind drüber!) länder darauf hingewiesen haben, dass man sich über das Vereinsregister und das Transparenzregister untereinan- Kay Gottschalk (AfD): der vernetzen soll. Der Gesetzentwurf – vor allem nach den Änderungen Wir haben das Versprechen gehalten. Wir haben es auf der GroKo – enthält viel Gutes. Deswegen werden wir den Weg gebracht, dass 600 000 ehrenamtliche Vereins- uns beim Gesetzentwurf insgesamt enthalten. vorstände entlastet werden. (Zuruf der Abg. Leni Breymaier [SPD]) (Dr. Florian Toncar [FDP]: Ihr habt den Unsinn Viele Dinge sind noch nachzubessern; das hat auch die abgeräumt, den eure Regierung da reinge- FIU gestern Abend gezeigt. Also, insoweit: Enthaltung! schrieben hat!) Vielen Dank für die konstruktiven Beratungen. Eines ist ganz wichtig – und das müssten auch alle da draußen hören –: Fast das ganze Haus hat dem zuge- (Beifall bei der AfD) stimmt, bis auf eine Fraktion. Die war richtig mutig: Die hat sich enthalten. Das waren Bündnis 90/Die Grü- Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: nen. Schade! Sie hätten die Möglichkeit gehabt, ein Zei- Der Nächste macht sich bereit; es ist der Abgeordnete chen zu setzen für Ehrenamtliche. Alle anderen haben es Sepp Müller, CDU/CSU-Fraktion. getan, weil wir es eingebracht haben. (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Franziska (Dr. Florian Toncar [FDP]: Wie kam denn das Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der in den Entwurf rein?) schafft es auch in weniger als sechs Minuten! – Herzlichen Dank. Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er schafft alles, der Müller!) (Beifall bei der CDU/CSU) 30106 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: – zu dem Antrag der Abgeordneten Nicole (C) Vielen Dank. – Die Kollegin Lisa Paus und die Kol- Bauer, Katja Suding, Daniel Föst, weiterer legen Dr. Florian Toncar, Dr. Axel Troost, Michael Abgeordneter und der Fraktion der FDP Schrodi und Sebastian Brehm geben ihre Reden zu Pro- 1) Frauenhäuser als Teil des staatlichen tokoll. – Vielen Dank. Schutzauftrages wahrnehmen (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulle der CDU/CSU und der LINKEN) Schauws, Annalena Baerbock, Katja Ich schließe die Aussprache. Dörner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun- desregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur europä- Beratungsangebote für gewaltbetroffe- ischen Vernetzung der Transparenzregister und zur Um- ne Frauen stärken setzung der Richtlinie 2019/1153 des Europäischen Drucksachen 19/15380, 19/15770, Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Nutzung 19/15379, 19/29312 von Finanzinformationen für die Bekämpfung von Geld- wäsche, Terrorismusfinanzierung und sonstigen schwe- b) Beratung des Antrags der Abgeordneten ren Straftaten. Katja Suding, Nicole Bauer, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Der Finanzausschuss empfiehlt unter Buchstabe a sei- Fraktion der FDP ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/30443, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache Folgestudie zu der im Jahr 2011 veröffent- 19/28164 in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte lichten Studie „Zwangsverheiratung in diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfas- Deutschland“ veranlassen sung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – CDU/ Drucksache 19/30328 CSU und SPD. Wer stimmt dagegen? – Keine Gegen- Überweisungsvorschlag: stimmen. Enthaltungen? – AfD, FDP, Bündnis 90/Grüne Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f) und Linke enthalten sich. Der Gesetzentwurf ist damit in Ausschuss für Inneres und Heimat zweiter Beratung angenommen. Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Dritte Beratung Berichts des Ausschusses für Familie, Seni- und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem oren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss) zu Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Es dem Antrag der Abgeordneten Nicole Bauer, (B) (D) erhebt sich geschlossen die Koalition. Wer stimmt dage- Katja Suding, Matthias Seestern-Pauly, wei- gen? – Es erhebt sich niemand. Enthaltungen? – AfD, terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Bündnis 90/Grüne, FDP und Linke. Der Gesetzentwurf Infrastruktur für Betroffene häuslicher ist angenommen. Gewalt in Deutschland krisenfest aufstel- Zusatzpunkt 20. Beschlussempfehlung des Finanzaus- len schusses zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Drucksachen 19/19726, 19/30480 Grünen mit dem Titel „Geldwäsche im Immobiliensektor stoppen, Mieterinnen und Mieter vor Organisierter Kri- d) Beratung der Beschlussempfehlung und des minalität und steigenden Mieten schützen“. Der Aus- Berichts des Ausschusses für Familie, Seni- schuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschlussemp- oren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss) zu fehlung auf Drucksache 19/30443, den Antrag der dem Antrag der Abgeordneten Cornelia Fraktion Bündnis 90/Grüne auf Drucksache 19/10218 Möhring, Doris Achelwilm, Gökay Akbulut, abzulehnen. Wer stimmt für die Beschlussempfehlung weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE des Ausschusses? – CDU/CSU, SPD, FDP und AfD. LINKE Gegenprobe! – Bündnis 90/Grüne und Linke. Enthaltun- Gewalt an Frauen und Mädchen systema- gen? – Keine. Die Beschlussempfehlung ist angenom- tisch bekämpfen – Grundlagen zur erfolg- men. reichen Umsetzung der Istanbul-Konven- Ich rufe die Tagesordnungspunkte 27 a bis 27 e auf: tion schaffen a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Drucksachen 19/14380, 19/30480 Berichts des Ausschusses für Familie, Se- e) Beratung der Beschlussempfehlung und des nioren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss) Berichts des Ausschusses für Familie, Seni- – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulle oren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss) zu Schauws, Annalena Baerbock, Katja dem Antrag der Abgeordneten Cornelia Dörner, weiterer Abgeordneter und der Möhring, Doris Achelwilm, Gökay Akbulut, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Verantwortung für Frauen in Frauen- häusern übernehmen Femizide in Deutschland untersuchen, benennen und verhindern 1) Anlage 16 Drucksachen 19/23999, 19/30480 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30107

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich (A) Es ist eine Dauer von 30 Minuten beschlossen. rung und zur Verzahnung ist. Es ist deshalb gut und wich- (C) tig, dass der Runde Tisch auch in der kommenden Legis- Ich eröffne die Aussprache, und es beginnt für die laturperiode weitergeführt wird. SPD-Fraktion die Kollegin Gülistan Yüksel. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) (Beifall bei der SPD) Ich begrüße es außerordentlich, dass dieser Runde Tisch nun ein gemeinsames Positionspapier verabschie- Gülistan Yüksel (SPD): det hat. Hier wird festgehalten, dass der Zugang zu Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Da- Schutz und Beratung bundesweit gewährleistet ist. men und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch Außerdem soll die Arbeit von Frauenhäusern und Hilfs- wenn es zu später Stunde ist, begrüße ich es, dass wir einrichtungen durch einen einheitlichen Rahmen finan- heute über die vorliegenden Anträge reden. Denn so ha- ziell abgesichert werden. Das ist ein großer Erfolg, liebe ben wir zum Ende der Legislatur noch mal die Möglich- Kolleginnen und Kollegen. keit, über das wichtige Thema „Gewalt gegen Frauen“ miteinander zu sprechen, und das müssen wir immer (Beifall bei Abgeordneten der SPD) und immer wieder tun. Indem wir darüber sprechen, Dieses Papier dient außerdem ausdrücklich als Basis holen wir das Thema aus der Tabuzone. Je mehr wir es für einen Gesetzentwurf für die kommende Legislatur- aus der Tabuzone holen, desto mehr Frauen fühlen sich periode. Als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten hoffentlich darin bestärkt, sich Hilfe zu holen und der werden wir alles daransetzen, dass sich die kommende Gewalt zu entkommen, und dabei brauchen sie unser aller Bundesregierung – egal wie sie auch zusammengesetzt Unterstützung. sein mag – dieses Vorhabens annimmt und es auch (Beifall bei Abgeordneten der SPD) umsetzt. Der Bund hat in den vergangenen Jahren innerhalb Ich möchte an dieser Stelle ganz klar sagen: Persönlich seiner Kompetenzen viel auf den Weg gebracht, um von hätte ich mir vom Runden Tisch mehr gewünscht; denn Gewalt betroffene Frauen zu unterstützen. endlich saßen hier alle relevanten Akteure an einem Tisch. Besonders als NRW-Abgeordnete hätte ich es (Abg. Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU] spricht sehr begrüßt, wenn sich alle Bundesländer hinter dieses mit Abgeordneten der FDP) Positionspapier gestellt hätten, und ich hätte es noch mehr begrüßt, wenn eine Einigung auf einen Rechtsanspruch – Können Sie hier vorne bitte ein bisschen ruhiger sein? auf einen Frauenhausplatz möglich gewesen wäre. Das stört, Herr Kollege. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Margit (B) (D) Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: Stumpp [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Leute! Diskussionen sind wichtig und richtig, und es muss end- lich ein gemeinsamer konkreter Weg gefunden werden. Gülistan Yüksel (SPD): Sehr geehrte Damen und Herren, dazu, gesellschaftli- Entschuldigung; das stört wirklich. che Ungleichverhältnisse auszuräumen und ein Klima zu schaffen, in dem Frauen gleichberechtigt und gewaltfrei (Stephan Brandner [AfD]: Mich stört’s nicht! – leben können, gehören aber auch die Bekämpfung von Gegenruf: Sie stört doch gar nichts!) weiblicher Genitalverstümmelung, die Bekämpfung von – Mich stört es. Sie müssen ja auch nicht reden – zum Stalking und sexueller Belästigung, die gezielte Benen- Glück nicht! nung und strafrechtliche Verfolgung von Femiziden und das Bekenntnis, dass Schwangerschaftskonflikte nicht ins (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der FDP, Strafgesetzbuch gehören. der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE] und Der Bund hat in den vergangenen Jahren innerhalb Margit Stumpp [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- seiner Kompetenzen viel auf den Weg gebracht, um von NEN]) Gewalt betroffene Frauen zu unterstützen: mit der Initia- tive „Stärker als Gewalt“, mit der Aktion „Zu Hause nicht Liebe Kolleginnen und Kollegen, was viele von uns sicher?“, mit dem Projekt „Hilfesystem 2.0“ und vor hier eint, ist das Ziel, ein gesellschaftliches Klima zu allem mit dem millionenschweren Bundesförderpro- schaffen, das Gewalt gegen Frauen und Kinder immer gramm, mit dem sowohl bauliche Maßnahmen zum Aus- und überall ächtet, und den Menschen eine Perspektive bau von Schutz- und Beratungseinrichtungen als auch und die Möglichkeit aufzuzeigen, ein gewaltfreies Leben innovative Projekte zur Unterstützung gewaltbetroffener zu führen. Frauen gefördert werden. Ich appelliere an die Teilnehmer des Runden Tisches, Und wir haben einen Runden Tisch eingesetzt, um den an die nächste Bundesregierung und auch an das Parla- bedarfsgerechten Ausbau und die finanziellen Absiche- ment: Jede Frau – egal in welchem Bundesland sie zu rungen des Hilfesystems voranzubringen. Erstmalig sit- Hause ist – verdient unser aller Unterstützung. Gewalt zen Bund, Länder und Kommunen in diesem Gremium gegen Frauen geht uns alle an. Gemeinsam können, ja, zusammen. Gerade auch in der Coronapandemie hat sich müssen wir das Ziel angehen. gezeigt, dass er ein wichtiges Instrument zur Koordinie- Herzlichen Dank. 30108 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Gülistan Yüksel (A) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Jetzt bringen Sie Anträge, aus deren stets verallgemei- (C) der CDU/CSU) nernden Formulierungen die Angst atmet, als böser Fremdenfeind oder gar als Rassist dazustehen. Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: (Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vielen Dank. – Die nächste Rednerin für die Fraktion NEN]: Wir meinen alle Frauen! Sie meinen der AfD ist die Abgeordnete Nicole Höchst. nicht alle Frauen!) (Beifall bei der AfD) Denn so werden doch in unserem Land von Ihnen dieje- nigen betitelt, die diese Missstände permanent anpran- Nicole Höchst (AfD): gern, nicht wahr? Sie alle hier haben im Oktober 2018 Herr Präsident! Werte Kollegen! Meine sehr verehrten den Antrag auf Drucksache 19/5045 abgelehnt, wollten Damen und Herren! Vielen Dank für Ihre Anträge, mit keine statistische Datenerhebung und die damit einherge- denen Sie insgesamt vorhaben, Gewalt gegen Frauen und hende Ursachenanalyse. Mädchen stärker zu bekämpfen, die Infrastruktur für Wäre es Ihnen etwa unangenehm, wenn offiziell bestätigt Betroffene krisenfest zu machen und Femizide zu verhin- werden würde dern. Ihre Ziele diesbezüglich teilen wir, Ihre Unaufrich- tigkeit nicht. (Zuruf der Abg. Leni Breymaier [SPD]) Die Anträge haben alle eines gemeinsam: Ganz offen- – ja, da schreien Sie; ist mir klar –, was die Statistik sichtlich geht es Ihnen nicht im Mindesten um die „Frauenhäuser und ihre Bewohner_innen“ ausweist, Menschen oder gar die nachhaltige Lösung der angespro- (Zuruf der Abg. Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/ chenen Probleme. Werte Kollegen Schaufensterantrags- DIE GRÜNEN]) schreiber, erklären Sie doch da draußen den betroffenen Frauen schlüssig, nämlich dass im Jahr 2019 in den 182 Frauenhäusern insgesamt 7 045 Erwachsene sowie 8 134 Kinder lebten, (Zurufe) wovon 41 Prozent Frauen mit Migrationshintergrund warum Sie in den letzten dreieinhalb Jahren alle unsere waren? Als Hauptherkunftsländer werden Syrien, die Anträge abgelehnt haben, die auf den Schutz dieser Türkei, Afghanistan, Irak, Marokko und einige osteuro- Frauen abzielten. Ihnen, werte Kollegen, ging es zu kei- päische Länder wie Polen und Rumänien genannt. nem Zeitpunkt um den Schutz dieser Frauen; es geht (Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ihnen jetzt um Machtpolitik und den Wahlkampf. NEN]: Ja! Und?) (Beifall bei der AfD) (B) Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist ein (D) Im Unterschied zu Ihnen treiben wir dieses Thema wesentlich größerer Anteil, als diese Bevölkerungsgrup- bereits die gesamte Legislaturperiode voran. pen an der Gesamtgesellschaft haben. (Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Beifall bei der AfD – Ulle Schauws [BÜND- NEN]: Ach, das hätten wir ja gemerkt!) NIS 90/DIE GRÜNEN]: Was heißt das für Uns beseelt die Wahrheit der persönlichen Erfahrung. Als Sie?) ich am Berufskolleg Rheydt-Mülfort in Mönchenglad- Sie betätigen sich hier an der Lösung von Problemen, bach unterrichtete – das ist dort, wo der Salafist Pierre die Sie über Jahre hinweg mit Ihrer Zuwanderungspolitik, Vogel seinen ersten Verein betrieb –, habe ich vor Ort einer großen Portion Feigheit und der rosa Multikulti- prägendste Erfahrungen gemacht. Bei den fleißigsten Brille erst geschaffen haben. und motiviertesten Schülern waren junge Frauen aus isla- mischen Einwandererkontexten, die fest an unser Grund- (Beifall bei Abgeordneten der AfD – Ulle gesetz geglaubt haben; sie haben geglaubt, sie hätten hier Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: die gleichen Rechte wie ihre Väter, Brüder, Onkel und Kriegen Sie keinen Herzinfarkt!) Cousins; sie haben vertraut, dass unser deutscher Staat Jede Gewalttat ist eine Gewalttat zu viel. Schon allein gewährleistet, dass diese Rechte auch für sie gelten. Fehl- deswegen muss man ihre Ursachen bekämpfen. anzeige! Ich werde nicht vergessen, wie sich eine junge Frau vor den Sommerferien von mir verabschiedete. Sie (Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- komme nicht wieder, sie müsse ihren Cousin irgendwo in NEN]: Sie kriegen ja bald einen Herzinfarkt!) Anatolien heiraten. Sie weinte und sagte: Frau Höchst, Ihre Anträge sehen wir als Bestätigung unserer Politik Ihre Gesellschaft und Ihr Grundgesetz haben mich im und Weltsicht; sie sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg Stich gelassen. Warum? Ich habe mich so bemüht. zur Erkenntnis. AfD wirkt! Wir stimmen ihnen zu. Ja, warum? Diese Frage, meine Damen und Herren, (Beifall der AfD – Zuruf von der SPD: Wie viel geht an Ihre Adresse. Warum haben Sie – auch die An- Hass und Hetze!) tragsteller – stellvertretend für die deutsche Mehrheitsge- sellschaft die vielen Jahre tatenlos weggesehen, Parallel- justiz, Parallelgesellschaften und die damit verbundenen Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: Mechanismen zur Unterdrückung von Frauen geduldet, Die nächste Rednerin ist die Abgeordnete Sylvia bemäntelt und als kulturelle Bereicherung verbucht? Pantel, CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der AfD) (Beifall bei der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30109

(A) Sylvia Pantel (CDU/CSU): Kapazitäten hat und wer nicht. Die stundenlange Platz- (C) Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und suche entfällt, und die Beraterinnen können diese Zeit Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir direkt für die Frauen, zur Beratung, nutzen. beraten heute eine Fülle von Anträgen der Opposition zum Schutz vor Gewalt gegen Frauen. Wir sind uns hier Die Zentrale Informationsstelle Autonomer Frauen- häuser hat am 1. Juni 2021 eine Internetseite zur Abfrage alle einig, dass Gewalt gegen Frauen auf allen Ebenen zu bekämpfen ist, und hier möchte ich noch ergänzen, dass von freien Plätzen in den Frauenhäusern für gewaltbet- es vollkommen egal ist, wo die Frauen herkommen, wel- roffene Frauen freigeschaltet. Diese Möglichkeit ist sehr zu begrüßen. Wir werden die weitere Entwicklung der chen Status sie haben oder sonst irgendwas. Internetseite mit Interesse verfolgen. (Zuruf von der SPD: So ist es!) Ich möchte deshalb den Mitarbeiterinnen der Frauen- Gewalt gegen Frauen in Deutschland geht nicht! hauskoordinierung und den vielen Frauenhäusern dan- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- ken, die nicht nur während der Pandemie viel Verantwor- neten der SPD, der FDP, der LINKEN und des tung und Hilfeleistungen für die Frauen in unserem Land BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) übernommen haben. Die Kompetenz für die Frauenhäuser liegt, wie Sie alle (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) wissen, bei den Bundesländern. Trotzdem haben wir als Das Gesetz zur Bekämpfung der Zwangsheirat wurde Bund verschiedene erfolgreiche Maßnahmen installiert bereits 2011 beschlossen, nachdem eine Studie von Fami- und unterstützt sowie zusätzliche Gelder bereitgestellt. lienministerin Kristina Schröder zur Zwangsverheiratung So wurde in dieser Legislaturperiode unter anderem der veröffentlicht wurde. Das Gesetz zur Bekämpfung von Runde Tisch – er wurde eben auch schon erwähnt; er war Kinderehen trat 2017 in Kraft. Ohne Wenn und Aber auch erfolgreich – „Gemeinsam gegen Gewalt an haben wir Kinderehen verboten. Standesämter lehnen Frauen“ mit den Verantwortlichen aus Bund und Ländern alle Anfragen zur Minderjährigenehe mittlerweile sofort eingesetzt. Gerne habe ich an diesen Sitzungen teilge- ab. nommen, um diese wichtige Arbeit zu begleiten. Um zusätzliche und erforderliche Plätze sowie den (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Umbau zur Barrierefreiheit zu unterstützen, stellt der des Abg. Sönke Rix [SPD]) Bund bis 2024 jährlich 30 Millionen Euro zur Verfügung. Damit gehören staatlich legitimierte Eheschließungen Nicht einig waren sich die Vertreterinnen und Vertreter von unmündigen Minderjährigen vor deutschen Standes- der Länder am Runden Tisch in der letzten Woche, ob der ämtern der Vergangenheit an. Nachholbedarf haben wir (B) Bund einen Rechtsanspruch auf einen Frauenhausplatz allerdings in den Bereichen, wo illegale Eheschließungen (D) formulieren sollte, da es eine Reihe von offenen Fragen von Familien begünstigt oder gedeckt werden. dazu gibt. Diese Fragen sind in der nächsten Legislatur- periode zu klären. Deshalb sollte der Bund in der nächs- Die Anhörung zu Femiziden, insbesondere die Aus- ten Wahlperiode auch wieder einen Runden Tisch dazu führungen von Professorin Schröter, machte deutlich, einberufen. Nur ein gemeinsames Vorgehen gegen Ge- dass Gewalt gegen Frauen ein weites Feld ist. Ehrgewalt walt an Frauen kann erfolgreich sein. betrifft etwa Verhaltensvorschriften, Bekleidungsregeln, Jungfrauenkult und sexuelle Verfügungsrechte des Wir alle haben die erhöhte Nachfrage an Beratungs- Mannes über die Frau. Die Reduzierung all dieser Phä- kontakten – digital und telefonisch – während der Coro- nomene auf den Begriff „Femizide“, der keine bessere napandemie wahrgenommen. Die Mittel dafür wurden Analyse oder Aufklärung bedeutet, hilft nicht weiter. schnell umgewidmet. So konnten Frauenhäuser und Be- Die Differenzierung zwischen Gewalt gegen Frauen ratungsstellen durch unser neues Projekt „Hilfesystem und häuslicher Gewalt, ob es sich um eine Beziehungstat 2.0“ unterstützt werden. 3 Millionen Euro stehen seit oder um ein Eifersuchtsdrama handelt, ist allerdings ein Projektbeginn für die Hilfelandschaft für Technik, zur wichtiger Hinweis für die Bestrafung und die Prävention. Unterstützung auf dem Weg zur Digitalisierung und zur Die Tötung einer Frau wegen ihres Geschlechts wird als Fortbildung der Beratung bereit. Mord, Totschlag oder Körperverletzung mit Todesfolge Wir wissen, dass wir den Frauen ein differenziertes hart bestraft. Ich halte es auch bei der Verurteilung für Hilfeangebot machen müssen und ein Netz an Hilfestruk- wichtig, dass Mord auch nicht wegen des Geschlechts tur brauchen. Deshalb war ich sehr erstaunt über die mehr oder minder bestraft wird. Information, dass Frauenhäuser trotz zusätzlicher Bera- tungsnachfragen im letzten Jahr über freie Kapazitäten Vizepräsident Wolfgang Kubicki: verfügten. Dass wir jetzt schneller an Informationen Frau Kollegin, kommen Sie zum Schluss, bitte. kommen, war auch ein Erfolg der Arbeit und Koordinie- rung des Runden Tisches. Sylvia Pantel (CDU/CSU): Es gab schon lange die Forderung – auch von mir –, zu Jede Gewalt gegen Frauen – verbale Drohungen, Körper- erfahren, wie viele Frauenhausplätze in den Bundeslän- verletzungen oder sogar Mord – ist gesellschaftlich zu dern denn zur Verfügung stehen. Wir sind in der Zusam- ächten, zu verfolgen und hart zu bestrafen. menarbeit von Bund und Ländern nun einen erheblichen Schritt weiter. Digital steht nun ein Abfragesystem bei den Ländern, wie etwa in Nordrhein-Westfalen, zur Ver- Vizepräsident Wolfgang Kubicki: fügung, mit dem man direkt erkennen kann, wer freie Frau Pantel, kommen Sie bitte zum Schluss. 30110 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Sylvia Pantel (CDU/CSU): Und wir müssen schneller handeln. Die Istanbul-Kon- (C) Mehr Gewaltschutz für Frauen erreichen wir aber nicht vention ist in Deutschland seit 2018 in Kraft. Sie ver- durch neue, unpräzise Begriffe, sondern durch Gesetze, pflichtet uns zu staatlichem Gewaltschutz in all seinen Prävention und Ressourcen. Facetten. Ein liberaler Grundsatz lautet: So wenig Staat wie möglich, aber so viel Staat wie nötig. – Genau das ist (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) der Fall, wenn es um den Schutz von Menschen geht, die Unsere Hilfestruktur und die Vernetzung – – von Gewalt betroffen sind; wenn es um Präventions- und Täterarbeit geht; wenn es um ausreichend Plätze in Vizepräsident Wolfgang Kubicki: Schutzeinrichtungen und deren Finanzierung geht. Die massive Unterversorgung muss endlich ein Ende neh- Frau Kollegin, bitte. men. Wir brauchen mehr Frauenhausplätze, und zwar regional verteilt und an den wirklichen Bedarfen und an Sylvia Pantel (CDU/CSU): Barrierefreiheit orientiert. Sofort. – Also: Wir sind auf dem richtigen Weg, und wir haben eine ganze Menge auf den Weg gebracht. Wir (Beifall bei Abgeordneten der FDP) haben unterschiedliche Strukturen und fördern sie. 2,5 Plätze pro 10 000 Einwohner sind definitiv eine ganz Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. klare Zielgröße. Erst wenn wir dem näher kommen, kön- nen wir auch über einen Rechtsanspruch diskutieren. (Beifall bei der CDU/CSU) Umso mehr freut es mich an dieser Stelle, dass das Vizepräsident Wolfgang Kubicki: Onlineregister, das die freien Plätze in Schutzeinrichtun- gen ausweist, letzte Woche endlich freigeschaltet worden Vielen Dank, Frau Kollegin Pantel. ist – ein Instrument, das wir als FDP schon lange gefor- Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben gesehen, dert haben. Hier gilt mein ganz besonderer Dank dem die Sitzungsleitung hat gewechselt. Ich bin gewillt, der besonderen Engagement der Zentralen Informationsstelle Ordnung wieder Geltung zu verschaffen und Redezeit- Autonomer Frauenhäuser. Das Onlineregister ist ein her- überschreitungen nicht mehr zuzulassen. vorragendes Beispiel, wie Digitalisierung dabei helfen kann, Gewaltschutz zu ermöglichen. (Beifall und Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD – Klaus-Peter Willsch (Beifall bei Abgeordneten der FDP) [CDU/CSU]: Hahaha, der Sheriff!) Nicht nur im Ausbau digitaler Angebote für Hilfesu- (B) Damit alle Bescheid wissen: Zwischenfragen und Kurz- chende sehen wir großes Potenzial, sondern auch darin, (D) interventionen werden nicht zugelassen, damit wir es dass wir Polizei und Justiz weiter stärken. Mehr Fortbil- doch noch vor 3 Uhr morgens schaffen. dung und geschultes Personal sind hier dringend notwen- (Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Das ist dig. Nur so können wir von Gewalt betroffene Frauen und ein gutes Ziel!) von Gewalt betroffene Menschen in unserem Land best- möglich schützen. Nächste Rednerin ist die Kollegin Nicole Bauer, FDP- Fraktion. Schließlich brauchen wir eine bundesweite Strategie, eine Strategie zur Koordinierung der verschiedenen Ak- (Beifall bei der FDP) teure und auch zum Monitoring, eine Strategie, mit der Zusammenarbeit, Präventions- und Täterarbeit möglich Nicole Bauer (FDP): sind, eine einheitliche Strategie im ganzen Bundesgebiet, Werter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kolle- die aufzeigt, wie die gesicherte Finanzierung von Frau- gen! Wir reden aktuell viel über die wirtschaftlichen Fol- enhäusern, die wir brauchen, aussehen kann. gen von Corona, aber viel zu wenig über die Auswirkun- Leider, meine Damen und Herren, hat der Runde Tisch gen im Verborgenen. Nicht nur, aber besonders auch in „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ nicht den erfor- der Zeit des Lockdowns haben die psychische, die häus- derlichen positiven Effekt gebracht. Es wurde lediglich liche und die digitale Gewalt weiter zugenommen. Davor ein Positionspapier verabschiedet. dürfen wir unsere Augen nicht verschließen, meine Da- men und Herren, sondern da müssen wir ganz genau hin- sehen und alarmiert sein. Vizepräsident Wolfgang Kubicki: Frau Kollegin, kommen Sie zum Schluss. (Beifall bei Abgeordneten der FDP) Wir müssen alarmiert sein, wenn in der Pandemie die Nicole Bauer (FDP): Nachfrage nach dem Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ Das wäre eigentlich genau der Auftrag der Koalition überproportional steigt. Wir müssen alarmiert sein, wenn gewesen. Aber ich denke, wir werden uns in der nächsten Frauen Wege und ganze Straßenzüge abends nicht mehr Legislaturperiode erneut ausführlichst über den Gewalt- allein durchschreiten wollen. Wir müssen alarmiert sein, schutz unterhalten, – wenn über 70 Prozent der Frauen und Mädchen in unse- rem Land Bedrohungen, Beleidigungen und Diskriminie- rungen im digitalen Raum erwarten. Hier müssen Gesell- Vizepräsident Wolfgang Kubicki: schaft und Politik alarmiert sein. Frau Kollegin Bauer. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30111

(A) Nicole Bauer (FDP): Es macht mich, ehrlich gestanden, zunehmend wütend, (C) – dann hoffentlich mit anderen Mehrheiten. dass die Bundesregierung sich stoisch weigert, diesen Herzlichen Dank. Begriff anzuerkennen. Frau Pantel, das ist keine Reduzie- rung – es ist das genaue Gegenteil. Es ist wichtig, zu (Beifall bei der FDP) sagen: „Das sind Femizide“, weil man damit offiziell feststellt: Es handelt sich um Taten, die auf der gesell- Vizepräsident Wolfgang Kubicki: schaftlichen Abwertung von Frauen beruhen. Vielen Dank, Frau Kollegin Bauer. (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN, der (Leni Breymaier [SPD]: Es gäbe Mehrheiten!) SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN) – Das entscheidet dankenswerterweise der Wähler Es gibt damit eine gesellschaftliche Verantwortung, und (Zuruf: Und die Wählerin!) darauf müssen doch die Lösungen ausgerichtet sein! – und die Wählerin, also das Wahlvolk. Auch die Prävention und der Schutz werden doch in einer ganz anderen Dringlichkeit sichtbar. Das hätte andere Nächste Rednerin ist die Kollegin Cornelia Möhring, Maßnahmen zur Folge. Denn es reicht einfach nicht Fraktion Die Linke. aus, dort anzusetzen, wo patriarchale Gewalt schon kör- (Beifall bei der LINKEN) perlich geworden ist – dieser Gewalt muss die Grundlage entzogen werden: durch Präventionsarbeit, durch Pro- gramme gegen Sexismus und durch die sofortige Bereit- Cornelia Möhring (DIE LINKE): stellung von mehr Schutzräumen und qualifizierte Unter- Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich stützung der Betroffenen. hatte schon damit gerechnet, dass die Regierungskoali- tion ein bisschen arg Selbstlob betreiben wird. Aber, liebe Die Bilanz der GroKo ist wirklich nicht gut. Es geht Kolleginnen und Kollegen, ich finde das, ehrlich gestan- aber an dieser Stelle um das Leben von Frauen – von den, nicht angemessen. Schon vor vier Jahren, eigentlich vielen Frauen! Deswegen fordere ich Sie auf: Handeln sogar schon vor acht Jahren waren dieselben Probleme Sie endlich konkret und setzen Sie die Istanbul-Konven- wie heute ungelöst: Gibt es mehr Frauenhausplätze? tion um! Nein. Gibt es eine Neuregelung der Finanzierung? Vielen Dank. Nein. Gibt es eine bessere Bezahlung der Mitarbeiter/- innen im Hilfesystem? Nein. Gibt es eine Koordinie- (Beifall bei der LINKEN) rungsstelle zur Umsetzung der Istanbul-Konvention? (B) Nein. Gibt es mehr Täterarbeit und andere gezielte Prä- Vizepräsident Wolfgang Kubicki: (D) ventionsmaßnahmen? Nein. Gibt es Daten zu digitaler Vielen Dank, Frau Kollegin. Gewalt? Nein. Gibt es weniger Femizide? Nein. Gibt es einen Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt? Nein. Da die Kollegin Leni Breymaier, SPD-Fraktion, und Der Runde Tisch hat jetzt die bekannten Missstände noch die Kollegin Dr. Silke Launert, CDU/CSU-Fraktion, 1) einmal bestätigt. Gibt es konkrete Maßnahmen? Nein; sie ihre Reden vorbildlich zu Protokoll gegeben haben, sind verschoben in die nächste Wahlperiode. ist die letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt die Kollegin Ulle Schauws, Fraktion Bündnis 90/Die (Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Grünen. NEN]: So ist es! – Zuruf der Abg. Gülistan Yüksel [SPD]) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Die Bundesregierung kommt einfach nicht aus dem Knick – und das, obwohl es eine deutliche Zunahme Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): der Gewalt gegen Frauen gibt – in der Covidpandemie Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und ist das besonders offenbar geworden –: 20 Prozent mehr Herren! Gewalt gegen Frauen ist täglich bittere Realität. Anfragen in Fällen häuslicher Gewalt beim Hilfetelefon Gewaltschutz für Frauen muss darum endgültig als staat- in 2020, ein Zuwachs der Beratungsgespräche. Bis zum licher Schutzauftrag begriffen werden. Es gibt kein Argu- 6. Juni, also in den ersten 156 Tagen des laufenden Jahres, ment mehr für den Bund, diese Verantwortung abzuschie- wurden mindestens 71 Frauen und 16 Kinder getötet. Die ben. Täter: sogenannte Partner oder Ex-Partner. Ich frage Sie: Genau darum haben wir Grüne die beiden Anträge ein- Was soll denn eigentlich noch passieren, damit das The- gebracht, die wir heute hier abschließend zur Abstim- ma ernster genommen wird? Diese Gewalt gegen Frauen mung stellen. Als ich sie im Herbst 2019 einbrachte hängt nicht vom sozialen Status oder ihrer Herkunft ab, es und zum Schluss meiner Rede sagte: „Lassen Sie uns gibt sie im digitalen, es gibt sie im analogen Leben, und gemeinsam eine gute Lösung finden“, war das ernst ge- sie endet jeden dritten Tag tödlich, jeden dritten Tag, alle meint, Kolleginnen und Kollegen. 72 Stunden – die Uhr tickt! Was hat sich seitdem getan? Unser grüner Vorschlag, Diese Gewalt als eskalierten Beziehungsstreit oder als wie Frauenhäuser auf Dauer mit zusätzlichen Mitteln des Privatangelegenheit abzutun, verkennt das strukturelle Bundes finanziert werden können, gekoppelt mit einem Problem. Es sind Morde an Frauen, weil sie Frauen Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe für jede Frau, blieb sind, und das heißt: Femizid.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) 1) Anlage 17 30112 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Ulle Schauws (A) der einzige. Gute Anträge zur Umsetzung der Istanbul- 15 877 405 Euro angegeben. Das sind noch nicht einmal (C) Konvention und parlamentarische Initiativen zur Be- 20 Prozent. Das ist ein Desaster, meine Damen und Her- kämpfung von Hasskriminalität gegen Frauen und von ren! Femiziden liegen vor, eingebracht von den demokrati- schen Oppositionsfraktionen. Aber Sie von der Koalition (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sind ganz blank geblieben: keine Vorschläge für dauer- hafte Verpflichtungen zur Finanzierung seitens der Bun- desebene. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Gewaltschutz braucht eine dauerhafte Lösung, nicht nur eine temporä- Die Union macht in jeder Debatte ihre Betroffenheit re. Unser grüner Antrag lautet: Jede Frau, die von Gewalt deutlich, bewegt sich aber keinen Millimeter und zeigt, betroffen ist, unabhängig von Einkommen und Vermö- wie die Kollegin Pantel eben auch wieder, weiter auf die gen, Herkunft, Wohnsituation oder Aufenthaltsstatus, be- Länder, als gäbe es keine Lösung. Natürlich gibt es kommt einen Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe. Das Lösungen – bei Mehrgenerationenhäusern haben Sie es gilt für alle Frauen ausnahmslos. Gekoppelt mit einem ja bewiesen. Geldleistungsgesetz ist so eine Bundesfinanzierung mög- Das Agieren der SPD, ich will es mal so sagen, ist lich. Gewaltschutz muss endlich zur Priorität werden! unzureichend. Wenn Sie vorgestern ein Positionspapier Wir Grüne sind dazu bereit. der Fraktion beschlossen haben, liebe Kolleginnen und Kollegen, dann erzeugt das keine Wirkung mehr. Was Vielen Dank. Sie immer noch machen, ist, auf den Runden Tisch „Ge- meinsam gegen Gewalt an Frauen“ zu verweisen. Auch (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) das reicht nicht. Wenn dieser Runde Tisch erst im Mai 2021 für bundesweiten Schutz und Beratung votiert hat, dann war das zu spät, um wirksam zu werden. Vizepräsident Wolfgang Kubicki: Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich eines sehr Vielen Dank, Frau Kollegin Schauws. – Damit schlie- klar sagen: Es gibt in Deutschland bisher keine Pflicht, ße ich die Aussprache, und wir nähern uns den Voten. Gewaltschutz zu finanzieren. Frauenhäuser, Frauenbera- tungsstellen und Notrufe haben keine verlässliche Finan- Zunächst Tagesordnungspunkt 27 a. Wir kommen zur zierungsgrundlage. Länder und Kommunen zahlen frei- Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Aus- willige Leistungen, und diese könnten jederzeit gekürzt schusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf werden. Das geht nicht! Drucksache 19/29312. Der Ausschuss empfiehlt unter (B) Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung (D) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Drucksache 19/15380 mit dem Titel „Verantwortung für Denn Schutz vor Gewalt ist eine systemrelevante Auf- Frauen in Frauenhäusern übernehmen“. Wer stimmt für gabe. diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist diese Beschlussempfehlung Deswegen sage auch ich: Unser Dank geht an diejeni- bei Enthaltung der Fraktion Die Linke gegen die Stim- gen, die jeden Tag die Strukturen des Gewaltschutzes men der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit den Stim- aufrechterhalten. Ich nenne hier stellvertretend die Bun- men der übrigen Fraktionen des Hauses angenommen. desverbände FHK, ZiF und bff. Aber Dank reicht nicht. Der Bund muss endlich Ver- Unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung emp- antwortung übernehmen und gemeinsam mit den Bun- fiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Frak- desländern eine auskömmliche Finanzierung gewährleis- tion der FDP auf Drucksache 19/15770 mit dem Titel ten! „Frauenhäuser als Teil des staatlichen Schutzauftrages (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) wahrnehmen“. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh- lung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Und, Kolleginnen und Kollegen, auch wenn das Bun- Dann ist diese Beschlussempfehlung gegen die Stimmen desförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an der Fraktionen der FDP, der Linken und von Bündnis 90/ Frauen“ ein guter Ansatz war, es muss auch gut funk- Die Grünen mit den Stimmen der übrigen Fraktionen des tionieren, und das ist anscheinend nicht der Fall. Auf Hauses angenommen. meine schriftlichen Fragen antwortete mir die Bundesre- gierung, dass in vielen Bundesländern noch überhaupt Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Buchstabe c kein Geld geflossen ist. Hohe Bürokratie und ein Eigen- seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags anteil von 10 Prozent, das ist oft nicht leistbar. Und nicht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache akzeptabel ist, wenn mündliche Zusagen für fristgerecht 19/15379 mit dem Titel „Beratungsangebote für gewalt- gestellte Anträge nach Monaten immer noch nicht positiv betroffene Frauen stärken“. Wer stimmt für diese Be- beschieden werden. schlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent- Ich sage Ihnen eines – ich habe hier die Antworten hält sich? – Dann ist diese Beschlussempfehlung bei der Bundesregierung –: Im Investitionsprogramm wur- Enthaltung der Fraktion der FDP gegen die Stimmen den von 56 Anträgen gerade einmal 11 bewilligt. Von der Fraktionen der Linken und von Bündnis 90/Die Grü- den 120 Millionen Euro über die vier Jahre gesamt – nen mit den Stimmen der übrigen Fraktionen des Hauses Stand jetzt – werden im Förderprogramm ganze angenommen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30113

Vizepräsident Wolfgang Kubicki (A) Tagesordnungspunkt 27 b. Interfraktionell wird Über- b) Beratung der Beschlussempfehlung und des (C) weisung der Vorlage auf Druckache 19/30328 an die in Berichts des Sportausschusses (5. Ausschuss) der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschla- zu der Unterrichtung durch die Bundesregie- gen. Gibt es weitere Überweisungsvorschläge? – Das rung sehe ich nicht. Dann verfahren wir wie vorgeschlagen. Evaluierungsbericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen der im Anti- Tagesordnungspunkt 27 c. Beschlussempfehlung des Doping-Gesetz enthaltenen straf- und Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend strafverfahrensrechtlichen Regelungen zu dem Antrag der Fraktion der FDP mit dem Titel „In- frastruktur für Betroffene häuslicher Gewalt in Deutsch- Drucksachen 19/25090, 19/25419 Nr. 3, land krisenfest aufstellen“. Der Ausschuss empfiehlt 19/30469 unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Druckache 19/30480, den Antrag der Fraktion der FDP Berichts des Sportausschusses (5. Ausschuss) auf Druckache 19/19726 abzulehnen. Wer stimmt für zu dem Antrag der Abgeordneten Britta diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Katharina Dassler, Stephan Thomae, Wer enthält sich? – Dann ist diese Beschlussempfehlung Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter bei Enthaltung der Fraktionen der AfD und der Linken und der Fraktion der FDP gegen die Stimmen der Fraktionen der FDP und von Bündnis 90/Die Grünen mit den Stimmen der Koalitions- Nationale Anti Doping Agentur – Alterna- fraktionen angenommen. tive Möglichkeiten der Dopingkontrolle während der COVID-19-Pandemie Tagesordnungspunkt 27 d. Beschlussempfehlung des Drucksachen 19/19131, 19/20237 Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu dem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel Für die Aussprache ist eine Dauer von 30 Minuten „Gewalt an Frauen und Mädchen systematisch bekämp- beschlossen. fen – Grundlagen zur erfolgreichen Umsetzung der Istan- Ich eröffne die Aussprache und darf zunächst dankens- bul-Konvention schaffen“. Der Ausschuss empfiehlt werterweise feststellen, dass der Kollege Johannes unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf Steiniger, CDU/CSU-Fraktion, seine Rede zu Protokoll Druckache 19/30480, den Antrag der Fraktion Die Linke gegeben hat.1) auf Druckache 19/14380 abzulehnen. Wer stimmt für (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen: keine. Dann ist diese Beschlussempfeh- Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Jörn (B) lung gegen die Stimmen der Fraktionen der FDP, der König, AfD-Fraktion. (D) Linken und von Bündnis 90/Die Grünen mit den Stim- (Beifall bei der AfD) men der übrigen Fraktionen des Hauses angenommen.

Tagesordnungspunkt 27 e. Beschlussempfehlung des Jörn König (AfD): Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen! zu dem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel Liebe Zuschauer auf den Tribünen und an den Bildschir- „Femizide in Deutschland untersuchen, benennen und men! Wir von der AfD wollen unsere Sportler in jeder verhindern“. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe c Hinsicht in einem fairen Wettbewerb unterstützen. Fair seiner Beschlussempfehlung auf Druckache 19/30480, heißt natürlich auch, dass der Wettbewerb dopingfrei sein den Antrag der Fraktion Die Linke auf Druckache muss. Eine entscheidende weitere Wirkung ist, dass die 19/23999 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschluss- Gesundheit der Sportler geschützt wird. empfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen: Nach fünf Jahren, so war es Beschlusslage, sollte das keine. Dann ist diese Beschlussempfehlung gegen die Anti-Doping-Gesetz überprüft werden. Das ist gesche- Stimmen der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die hen; vielen Dank an die Sachverständigen und an alle Grünen mit den Stimmen der übrigen Fraktionen des Kollegen im Sportausschuss! Das Ergebnis war, dass Hauses angenommen. das vorhandene Anti-Doping-Gesetz aus dem Jahr 2015 ein wichtiger Schritt war, dem jetzt aber angesichts der Ich rufe die Tagesordnungspunkte 29 a bis 29 c auf: Erkenntnisse aus der Evaluierung Verbesserungen folgen müssen. Leider sind es aus unserer Sicht zu wenige Ver- a) Zweite und dritte Beratung des von der Bun- besserungen. Zu den positiven Seiten: desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Anti-Doping- Erstens. Doping ist ein Straftatbestand. Gesetzes Zweitens. Die Staatsanwaltschaften erhalten Ermitt- lungsmöglichkeiten, die Sportverbände nun einmal nicht Drucksachen 19/28676, 19/29565, haben. 19/29997 Nr. 1.7 Drittens. Die Aufnahme einer Kronzeugenregelung Beschlussempfehlung und Bericht des Sport- speziell für den Sport, die mit dem vorliegenden Gesetz- ausschusses (5. Ausschuss) entwurf kommt, ist eine echte Verbesserung, da klar

Drucksache 19/30469 1) Anlage 18 30114 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Jörn König (A) geworden ist, dass die allgemeine Regelung aus dem Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (C) Strafgesetzbuch für den Bereich der Dopingstrafbarkeit faktisch gar nichts gebracht hat. (Beifall bei der AfD) Leider ist dies der einzige Punkt, um den das Anti- Doping-Gesetz ergänzt wird, und das reicht eigentlich Vizepräsident Wolfgang Kubicki: nicht. Es wäre mehr drin gewesen. Sogar die Wissen- Vielen Dank, Herr Kollege König. – Die geschätzten schaftler, die die Evaluierung vorgenommen haben, war- Kolleginnen Dagmar Freitag, SPD-Fraktion, und , FDP-Fraktion, haben ihre Reden sportlich vor- nen ausdrücklich davor – Zitat –, die Einführung einer 1) Kronzeugenregelung als einen Gamechanger oder gar als bildlich zu Protokoll gegeben. ein allein maßgebliches Instrument zu betrachten. Nächster Redner ist der Kollege Dr. André Hahn, Frak- In seiner jetzigen Form fasst das Gesetz die tatbe- tion Die Linke. standlichen Voraussetzungen für eine Straftat immer (Beifall bei der LINKEN) noch zu eng. § 4 Absatz 7 Anti-Doping-Gesetz ist ge- meint; danach reicht eine positive Dopingprobe für die Strafbarkeit allein nicht aus, das Gesetz fordert, dass der Dr. André Hahn (DIE LINKE): beschuldigte Sportler „Einnahmen von erheblichem Um- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur ein fang“ – ein völlig unbestimmter Rechtsbegriff – aus dem Satz zum Vorredner: Wenn irgendjemand nun wirklich Sport erzielt haben muss. Es müssen dann also Einkom- gar keine Ahnung vom Sport hat, dann ist das die AfD. mensteuerbescheide vor Gericht ausgewertet werden. (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN, der Die zweite Einschränkung ist, dass das Gesetz nur für CDU/CSU und der SPD – Widerspruch bei Sportler gilt, die bereits einem Testpool angehören, also der AfD) einen bestimmten Kaderstatus haben. Das führt dazu, dass in ein und demselben Wettkampf Sportler starten Ich will etwas Generelles sagen: Einige von Ihnen ken- können, wobei für die einen das Gesetz gilt, für andere nen sicher noch den Ausdruck „Struck’sches Gesetz“. aber nicht. Das ist natürlich völlig sinnfrei. Diese Rege- Laut Peter Struck von der SPD verlässt kein Gesetz den lung muss weg! Bundestag so, wie es eingebracht worden ist. Peter Struck hat das praktiziert, selbst als Vorsitzender einer Regie- (Beifall bei der AfD) rungsfraktion. Ein weiterer Punkt ist eine klarere Regelung zum Wir entscheiden heute über eine Novellierung des im Begriff „Fahrlässigkeit“. Die Wissenschaftler plädieren Jahr 2015 in Kraft getretenen Anti-Doping-Gesetzes, und (B) für eine Eliminierung der Fahrlässigkeitsstraftatbestände. dieser Gesetzentwurf der Bundesregierung soll jetzt ohne (D) In der Sportgerichtsbarkeit ist jeder Sportler zu hundert jede Änderung so beschlossen werden, wie er am Prozent verantwortlich für das, was sich in seinem Kör- 22. April 2021 zur ersten Lesung eingebracht wurde. per befindet. Im strafrechtlichen Bereich, um den es hier Nun werden Sprücheklopfer aus der Koalition sicherlich geht, sagen viele Richter, dass das Gegenteil von Fahr- anmerken, dass das eben ein hervorragender Gesetzent- lässigkeit, nämlich Vorsatz, oft nicht nachzuweisen ist. wurf sei, der keiner Änderung bedurfte. Ich fasse zusammen: Weil der jetzige Gesetzentwurf besser ist als das bestehende Gesetz, werden wir zustim- (Zuruf der Abg. Marianne Schieder [SPD]) men. Der Gesetzentwurf ist gut. Uns fehlen aber drei Das könnte zwar, theoretisch, sein, ist in diesem Fall aber Punkte: definitiv nicht so. Die Koalition hat sich, wie schon beim Erstens. § 4 Absatz 7 des Anti-Doping-Gesetzes ist Anti-Doping-Gesetz vor fünf Jahren, wieder nur auf den ersatzlos zu streichen. kleinsten gemeinsamen Nenner geeinigt. Obwohl Profes- sor Elisa Hoven sowie Professor Michael Kubiciel in Zweitens. Der Begriff der Fahrlässigkeit muss besser ihrem Evaluationsbericht auf zahlreiche Schwächen und definiert werden. Mängel in diesem Gesetz hinwiesen, soll nun lediglich Drittens. Wir plädieren neben der Kronzeugenregelung eine einzige inhaltliche Änderung erfolgen, und zwar mit auch für einen besseren Schutz von Whistleblowern. der Einführung einer sogenannten Kronzeugenregelung. Noch ein weiterer Punkt – hier sind aber die Bundes- (Jörn König [AfD]: Herr Dr. Hahn, Sie erzäh- länder gefragt –: Es gibt bereits Anti-Doping-Schwer- len ja dasselbe wie ich!) punktstaatsanwaltschaften in Bayern, Baden-Württem- berg und Rheinland-Pfalz. Solche Staatsanwaltschaften Das ist in meinen Augen Symbolpolitik oder, drastischer sollte es in allen Bundesländern geben. ausgedrückt, Schaumschlägerei. Ganz zum Schluss: Viel Erfolg unseren Sportlern in Liebe Kolleginnen und Kollegen aus den Koalitions- Tokio bei den Olympischen Spielen und den Paraly- fraktionen, auch Ihr gestern im Sportausschuss vorgeleg- mpics! ter Entschließungsantrag kann mit den schwach formu- lierten Forderungen an die eigene Bundesregierung diese (Marianne Schieder [SPD]: Auch den Sportler- Mängel leider nicht beheben. Es ist schon ein Armuts- innen! – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE zeugnis, wenn Union und SPD nach der Beschlussfas- GRÜNEN]: Es sind auch Frauen dort!)

Bleibt gesund und kommt mit vielen Medaillen zurück! 1) Anlage 18 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30115

Dr. André Hahn (A) sung über den Gesetzentwurf einen Entschließungsantrag gen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das (C) dazu einbringen, anstatt gleich einen vernünftigen, zu- Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält kunftsfähigen Gesetzentwurf vorzulegen. sich? – Dann ist dieser Gesetzentwurf in zweiter Lesung bei Enthaltung der Fraktion Die Linke mit den Stimmen In meiner Rede am 22. April 2021 hatte ich, wie auch der übrigen Fraktionen des Hauses angenommen. schon in der Debatte über das Anti-Doping-Gesetz 2015, eine Reihe von Vorschlägen für einen wirksamen Kampf gegen Doping im Sport unterbreitet. Dazu gehören eine Dritte Beratung umfassende Aufklärungs- und Präventionsarbeit, die und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Erweiterung bestehender Strafvorschriften für den Han- Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – del mit Dopingmitteln sowie der zwingende Entzug der Wer stimmt dagegen? – Niemand. Wer enthält sich? – Approbation für Ärztinnen und Ärzte, die nachweislich Dann ist der Gesetzentwurf in dritter Lesung bei Enthal- an Dopinganwendungen beteiligt waren. tung der Fraktion Die Linke mit den Stimmen der übrigen Fraktionen des Hauses angenommen. Es geht um einen wirklichen Schutz von Whistle- blowers, also wichtigen Hinweisgebern. Die Kron- Tagesordnungspunkt 29 b. Beschlussempfehlung des zeugenregelung gilt doch nur für Personen, die sich selbst Sportausschusses zum Evaluierungsbericht der Bundes- strafbar gemacht haben. Wir brauchen eine wirklich regierung zu den Auswirkungen der im Anti-Doping-Ge- unabhängige Ombudsstelle, an die sich Athletinnen und setz enthaltenen straf- und strafverfahrensrechtlichen Re- Athleten, Trainer, Ärzte und auch Eltern von Sportlern gelungen. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b vertrauensvoll wenden können. All das haben Sie igno- seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/30469, riert. Im Jugend- und Nachwuchssport, im Fitnessbereich in Kenntnis des Berichts auf Drucksache 19/25090 eine sowie in der Aus- und Weiterbildung der in diesem Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Be- Umfeld tätigen Personen muss über die Wirkung von schlussempfehlung? – Die Koalitionsfraktionen doch anabolen Steroiden, Nahrungsergänzungsmitteln und wahrscheinlich auch? – Wer stimmt dagegen? – Enthal- sporttypischen Aufbaupräparaten endlich aufgeklärt wer- tungen? – Dann ist diese Beschlussempfehlung bei Ent- den. Das Gesundheitsministerium und die Bundeszentra- haltung der Fraktion Die Linke mit den Stimmen der le für gesundheitliche Aufklärung dürfen sich hier nicht übrigen Fraktionen des Hauses angenommen. länger einen schlanken Fuß machen! Tagesordnungspunkt 29 c. Beschlussempfehlung des Sportausschusses zu dem Antrag der Fraktion der FDP Vizepräsident Wolfgang Kubicki: mit dem Titel „Nationale Anti Doping Agentur – Alter- Bitte kommen Sie zum Schluss. native Möglichkeiten der Dopingkontrolle während der (B) COVID-19-Pandemie“. Der Ausschuss empfiehlt in sei- (D) Dr. André Hahn (DIE LINKE): ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/20237, den Fazit: Aus Sicht der Fraktion Die Linke beinhaltet der Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 19/19131 Gesetzentwurf vielleicht eine kleine Verbesserung, ist abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh- aber bei Weitem nicht ausreichend. Deshalb werden wir lung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Dann uns der Stimme enthalten. Ich bin sicher, dass wir in der ist diese Beschlussempfehlung bei Enthaltung der Frak- kommenden Wahlperiode weitere, dann hoffentlich nach- tion Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der haltige Änderungen an diesem Gesetz vornehmen müs- Fraktionen von FDP und AfD mit den Stimmen der übri- sen. gen Fraktionen des Hauses angenommen. Herzlichen Dank. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 30 a bis 30 c auf: (Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Jörn a) – Zweite und dritte Beratung des von den König [AfD]) Fraktionen der CDU/CSU und SPD einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung und Führung eines Regis- Vizepräsident Wolfgang Kubicki: ters über Unternehmensbasisdaten Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Hahn. – Da die Kolle- und zur Einführung einer bundesein- gin Monika Lazar, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, und heitlichen Wirtschaftsnummer für Un- der Kollege Artur Auernhammer, Fraktion der CDU/ ternehmen und zur Änderung weiterer 1) CSU, ihre Reden jeweils zu Protokoll gegeben haben, Gesetze kann ich jetzt dankenswerterweise die Aussprache schlie- ßen. Drucksache 19/29763 Tagesordnungspunkt 29 a. Wir kommen zur Abstim- – Zweite und dritte Beratung des von der mung über den von der Bundesregierung eingebrachten Bundesregierung eingebrachten Entwurfs Gesetzentwurf zur Änderung des Anti-Doping-Gesetzes. eines Gesetzes zur Errichtung und Füh- Der Sportausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner rung eines Registers über Unterneh- Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/30469, den mensbasisdaten und zur Einführung Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksachen einer bundeseinheitlichen Wirtschafts- 19/28676 und 19/29565 anzunehmen. Ich bitte diejeni- nummer für Unternehmen und zur Än- derung weiterer Gesetze

1) Anlage 18 Drucksachen 19/30005, 19/30229 30116 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Vizepräsident Wolfgang Kubicki (A) Beschlussempfehlung und Bericht des (Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ (C) Ausschusses für Wirtschaft und Energie DIE GRÜNEN]: Das waren dekadente Zeiten (9. Ausschuss) damals!) Drucksache 19/30474 das hat der Bundesrat hinterher kassiert. Das wäre uns – Bericht des Haushaltsausschusses (8. Aus- jetzt wieder so ergangen. schuss) gemäß § 96 der Geschäftsordnung Wir haben uns auf ein Paket aus Einzelmaßnahmen Drucksache 19/30522 statt auf ein ganz neues Bürokratieentlastungsgesetzes geeinigt. Das Filetstück daraus steht heute zur Beratung: b) Beratung des Antrags der Abgeordneten das Unternehmensbasisdatenregistergesetz, das wirklich Dr. Heiko Heßenkemper, Steffen Kotré, Entlastung bringt, auch wenn sein Name – Unterneh- Enrico Komning, weiterer Abgeordneter mensbasisdatenregistergesetz – nicht so klingt. Es ist und der Fraktion der AfD eine echte Erfolgsgeschichte. Unternehmensbasisdaten richtig verwal- Wir haben uns im Koalitionsvertrag darauf verständigt, ten dass wir eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe einrichten, die Drucksache 19/30409 sich die verschiedenen Register, die es gibt, und die Sta- tistikpflichten, die erfüllt werden müssen, anschaut. Da Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Energie (f) hat sich schnell gezeigt, dass es verschiedene Anforde- Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz rungen in den Bundesländern sowie der eigenen Bundes- Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Ausschuss Digitale Agenda stellen gibt und dass das überall bürokratische Auswir- kungen hat. Aber für jedes einzelne Register gab es c) Beratung des Antrags der Abgeordneten immer mindestens eine Stelle, die gesagt hat: Das ist Michael Theurer, Grigorios Aggelidis, unbedingt notwendig, das muss weitergemacht werden. Renata Alt, weiterer Abgeordneter und der Deshalb ist der Schwerpunkt auf das Thema Registermo- Fraktion der FDP dernisierung gelegt worden. Bürokratie-Entfesselungspaket – Unsere Hier und heute können wir die Ernte einfahren; das ist Wirtschaft entlasten und neues Wachstum gut so. Wir haben circa 120 einzelne Register mit Unter- entfachen nehmensbezug in Deutschland. Diese sind größtenteils Drucksache 19/30381 zweckgebunden und weitgehend unabhängig voneinan- Für die Aussprache ist eine Dauer von 30 Minuten der. Das bringt natürlich mit sich, dass Unternehmen beschlossen. die gleichen Zahlen immer wieder melden müssen, die (B) Zahlen immer wieder an- und eingeben müssen. Es gibt (D) Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red- keinen Austausch zwischen diesen Registern. Jedes ner dem Kollegen Klaus-Peter Willsch, CDU/CSU-Frak- Register hat seine eigene Identifikationsnummer. tion, das Wort. Wir wollen im 21. Jahrhundert Schluss machen damit, (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) dass die Bürger und die Unternehmen Botendienste für den Staat leisten. Vielmehr wollen wir das, was wir an Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU): Daten haben, zusammenbringen, sozusagen vorfertigen Herr Präsident! Hohes Haus! Liebe Kollegen! Liebe und verwenden, damit wir Unternehmen nicht immer Zuschauer zu dieser späten Stunde! Als wir hier im Bun- mit den gleichen Fragen quälen. destag im Herbst 2019 das Dritte Bürokratieentlastungs- Wir haben das bei den Personen bereits gemacht; gesetz verabschiedet haben, haben wir uns zeitgleich in Stichwort „registerübergreifende Nutzung der Steuer- einem Entschließungsantrag – es war gut, dass wir das ID“. Mit dem am Anfang des Jahres beschlossenen gemacht haben – auf das Bürokratieentlastungsgesetz IV Registermodernisierungsgesetz wurde der richtige Weg geeinigt, weil wir der Auffassung sind, dass Bürokra- eingeschlagen, um Onlinedienstleistungen für den Bürger tieentlastung eine Daueraufgabe ist. anbieten zu können und das Once-only-Prinzip durchzu- In einer hochrangigen Arbeitsgruppe wurde ausgelotet, setzen. was in der laufenden Legislaturperiode diesbezüglich Das Gleiche geschieht jetzt mit dem Basisregister für noch möglich ist. Bei der einen oder anderen Sache hätte Unternehmensstammdaten, das beim Statistischen Bun- ich mir mehr erhofft. Der Antrag der FDP zum Büro- desamt geführt und betrieben werden wird. Zusammen kratieabbau, der hier vorliegt, wäre jedenfalls ein guter mit der bundeseinheitlichen Wirtschaftsnummer wird es Startschuss für eine neue Zusammenarbeit ab dem Unternehmen von Meldepflichten entlasten und ihnen Herbst. – Wenn ihr noch ein bisschen zulegt und wir mehr Zeit lassen, sich um ihre eigentlichen unternehmer- noch ein bisschen zulegen, dann klappt das vielleicht ischen Pflichten zu kümmern, den Ideen freien Lauf zu wieder mit einer christlich-liberalen Regierung. lassen und der Kreativität freien Raum zu geben. (Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ Die Unternehmen sind mit der bundeseinheitlichen DIE GRÜNEN]: Manche Leute haben Träu- Wirtschaftsnummer eindeutig identifizierbar. Sie setzt me!) auf der Wirtschafts-Identifikationsnummer gemäß Wir haben einen Teil davon ja auch schon mal gemein- § 139c Abgabenordnung auf. Die existiert heute nur als sam beschlossen. 2013 haben wir die Dauer der Aufbe- leere Hülle. Sie wird jetzt mit Sinn belegt und ausgefüllt wahrungspflichten im Steuerrecht verkürzt; und wird eine sinnvolle Funktion wahrnehmen. Das BMF Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30117

Klaus-Peter Willsch (A) hat uns zugesichert, dass das funktionieren wird. Da wird Enrico Komning (AfD): (C) man sich sicher keine Blöße geben. Wir sind sicher, dass Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her- da ein Rädchen ins andere greifen wird. ren! Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Altmaier! Zunächst mal freue ich mich, dass Sie zu so später Stunde Der Normenkontrollrat – das ist unser Bürokratie- noch hier sind. Sehr vorbildlich! Aber das ist dann auch TÜV, wenn man so will, also die Stelle, die guckt, was schon genug der Freude. wir mit den Gesetzen im Hinblick auf Bürokratie für den Bürger oder für die Unternehmen anrichten – hat in seiner Der vorliegende Gesetzentwurf sieht die Einführung Stellungnahme geschrieben: einer bundeseinheitlichen Wirtschaftsnummer und die Der vorliegende Gesetzentwurf war lange überfäl- Einrichtung eines Basisdatenregisters für Unternehmen lig. … Der NKR betont das erhebliche Einsparpo- beim Statistischen Bundesamt vor. Was Sie hier tun, mei- tential in Milliardenhöhe, das sich durch weitere ne Damen und Herren, ist nichts anderes als purer Büro- Ausbaustufen des Unternehmensbasisregisters bzw. kratieaufbau für den Mittelstand. Probleme lösen Sie da- durch die Anbindung weiterer Fachregister und Ver- mit nicht. waltungsverfahren ergeben kann. Allein das Entlas- Schon heute muss sich der mittelständische Unterneh- tungspotential in dieser Größenordnung zeigt die mer unzählige Registernummern merken: die Handels- erhebliche Bedeutung dieses Gesetzentwurfs für registernummer, die betriebliche Steuernummer, die Verwaltungsdigitalisierung und Bürokratieabbau. Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die elektronische Aber auch die Frage „Was hätte sein können?“ ist von Transfer-Identifikations-Nummer, die Nummer der Bedeutung. Denn wenn wir in der aktuellen Krisensitua- IHK-Unternehmensdatenbank, die Nummer der Transpa- tion schon so ein Register gehabt hätten, hätten wir viel renzdatenbank und viele mehr. Als wäre das nicht genug, treffsicherer unsere Hilfen für pandemiebetroffene Be- plant das Bundeszentralamt für Steuern die Einführung triebe unter die Leute, in die Wirtschaft, an die Stellen einer ebenfalls einheitlichen Wirtschafts-Identifikations- des Bedarfs bringen können. nummer. Und Sie, lieber Herr Minister Altmaier, wollen nun auch noch eine neue Nummer schieben. Mal ernst- Ich komme zum Schluss. Frau Poschmann und ich haft: Unterhalten Sie sich im Kabinett eigentlich noch haben uns gemeinsam mit den Vertretern von BMWi, miteinander? Wenn Sie mit Ihrem Kollegen Bundesfi- BMF und Statistischem Bundesamt abgestimmt über nanzminister Scholz einmal sprechen würden, könnte die Frage: Wie können wir den Grad der Verbindlichkeit man nämlich auf die Idee kommen, dass die bereits ange- noch erhöhen? Wir legen Ihnen deshalb hier einen ent- kündigte Wirtschafts-Identifikationsnummer des Bun- sprechenden Entschließungsantrag vor, der die Meilen- deszentralamtes für Steuern ausreichen könnte. Das steine enthält. Das Wichtige dabei ist die Finanzierung (B) wäre sinnvoll, das wäre effizient, und das wäre ein wir- (D) über das Jahr 2022 hinaus. Sie erfolgt momentan durch klicher Beitrag zur Entbürokratisierung, meine Damen Mittel aus dem Konjunkturpaket und muss ab 2023 noch und Herren. ausfinanziert werden. Das werden wir sicher alles hin- kriegen. (Beifall bei der AfD) Wie gesagt, es geht jetzt zunächst um den Testbetrieb. Das Basisdatenregister ist der nächste unausgegorene Der Echtbetrieb wird wohl 2024 starten können. Wir soll- Vorschlag, den Sie uns hier präsentieren. Anstatt ein ten jetzt noch die Geduld aufbringen, damit das endlich ordentliches Gesetz in den Bundestag einzubringen, möglich wird, auch wenn das so lange dauert. Aber wir legen Sie hier reines Stückwerk vor, und das dazu noch sind da auf einem guten Weg. Ich würde Sie alle einladen, ziemlich inhaltsleer. diesen Weg mit der Koalition mitzugehen. Danke schön. Jeder wichtige Sachverhalt soll per Rechtsverordnung geregelt werden. Wieso wollen Sie sich denn dem Parla- (Beifall bei der CDU/CSU) ment entziehen? Die Fragestellungen – Priorisierung der Registerdaten, die Datensicherheit, der Datenschutz oder Vizepräsident Wolfgang Kubicki: eine kostenlose Abrufung der Daten aus dem Register für Vielen Dank, Herr Kollege Willsch. Unternehmen – sind völlig unklar. Wie lösen Sie den Abgleich gleichartiger Datensätze eines Unternehmens Bevor ich den letzten Redner zu diesem Tagesord- aus zwei Registern? Wie wird die Datenschutz-Grund- nungspunkt aufrufe, weil die restlichen Kolleginnen und verordnung bei der Zusammenführung der Daten aus 1) Kollegen ihre Reden zu Protokoll gegeben haben, will 120 Registern berücksichtigt? Das, lieber Minister ich darauf hinweisen: Falls sich jemand der Kolleginnen Altmaier, gehört ins Gesetz und nicht in eine Rechtsver- und Kollegen mit dem Gedanken trägt, zu einem späteren ordnung. Tagesordnungspunkt die Rede vielleicht noch zu Proto- koll zu geben, garantiere ich die namentliche Erwähnung (Beifall bei der AfD) im Protokoll. Sie sollten sich vorher Lösungen dazu überlegen und Nächster Redner ist der Kollege Enrico Komning, nicht die Probleme in die Verwaltung abschieben. AfD-Fraktion. Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein wirtschaftspoli- (Beifall bei der AfD) tischer Offenbarungseid. Er steht in einer Reihe mittel- standsfeindlicher Maßnahmen dieser Bundesregierung in 1) Anlage 19 dieser ganzen Legislatur. Gerade für den Mittelstand 30118 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Enrico Komning (A) bedeutet dieses Gesetz Unsicherheit statt Erleichterung Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Aus- (C) sowie Bürokratieaufbau statt Transparenz. Das viel schusses für Wirtschaft und Energie zu dem von der beschworene Once-only-Prinzip wird so zur Farce. Bundesregierung eingebrachten gleichlautenden Gesetz- entwurf. Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie emp- (Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Stimmt fiehlt unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf doch gar nicht!) Drucksache 19/30474, den Gesetzentwurf der Bundesre- Die AfD-Bundestagsfraktion ist grundsätzlich für ein gierung auf Drucksachen 19/30005 und 19/30229 für zentrales Unternehmensdatenregister; denn es kann tat- erledigt zu erklären. Wer stimmt für diese Beschlussemp- sächlich einen großen Beitrag zur Entbürokratisierung fehlung? – Wer stimmt dagegen? – Dann ist das Haus gerade auch für den Mittelstand leisten. So, meine Damen einstimmig der Auffassung, dass das erledigt ist. und Herren, geht es allerdings nicht. Wenn Sie wirklich was für den Mittelstand tun wollen, dann nehmen Sie Unter Buchstabe c seiner Beschlussempfehlung auf unseren Antrag und arbeiten unsere Vorschläge ein; Drucksache 19/30474 empfiehlt der Ausschuss, eine Ent- dann wäre allen geholfen. So ist der Gesetzentwurf leider schließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschluss- nicht zustimmungsfähig. empfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Keine. Dann ist diese Beschlussempfehlung gegen die Vielen Dank. Stimmen der AfD-Fraktion mit den Stimmen der übrigen (Beifall bei der AfD) Fraktionen des Hauses angenommen. Tagesordnungspunkt 30 b. Interfraktionell wird Über- Vizepräsident Wolfgang Kubicki: weisung der Vorlage auf Drucksache 19/30409 an die in Vielen Dank, Herr Kollege Komning. der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschla- gen. Gibt es weitere Überweisungsvorschläge? – Das Die Kolleginnen und Kollegen Sabine Poschmann, höre und sehe ich nicht. Dann verfahren wir wie vorge- SPD-Fraktion, Manfred Todtenhausen, FDP-Fraktion, schlagen. Alexander Ulrich, Fraktion Die Linke, Dieter Janecek, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, und Hansjörg Durz, Tagesordnungspunkt 30 c. Beratung des Antrags der CDU/CSU-Fraktion, haben ihre Reden zu Protokoll1) Fraktion der FDP auf Drucksache 19/30381 mit dem Titel gegeben. „Bürokratie-Entfesselungspaket – Unsere Wirtschaft ent- (Beifall der Abg. Leni Breymaier [SPD]) lasten und neues Wachstum entfachen“. Die Fraktion der FDP wünscht Abstimmung in der Sache. Die Fraktionen Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir nähern uns der CDU/CSU und SPD wünschen Überweisung, und (B) der Abstimmung über die einzelnen Tagesordnungspunk- zwar federführend an den Ausschuss für Wirtschaft und (D) te. Energie. Tagesordnungspunkt 30 a. Wir kommen zur Abstim- Wir stimmen nach ständiger Übung zuerst über den mung über den von den Fraktionen der CDU/CSU und Antrag auf Ausschussüberweisung ab. Ich frage deshalb: SPD eingebrachten Gesetzentwurf zur Errichtung und Wer stimmt für die beantragte Ausschussüberweisung? – Führung eines Registers über Unternehmensbasisdaten Wer stimmt dagegen? – Dann ist diese Beschlussempfeh- und zur Einführung einer bundeseinheitlichen Wirt- lung gegen die Stimmen der Fraktion der FDP und von schaftsnummer für Unternehmen und zur Änderung wei- Bündnis 90/Die Grünen mit den Stimmen der übrigen terer Gesetze. Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie Fraktionen des Hauses angenommen. Damit stimmen empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung wir über den Antrag auf Drucksache 19/30381 nicht in auf Drucksache 19/30474, den Gesetzentwurf der Frak- der Sache ab. tionen der CDU/CSU und SPD auf Drucksache 19/29763 in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte nun die- Ich rufe die Zusatzpunkte 31 und 32 auf: jenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt ZP 31 Zweite und dritte Beratung des von der Bundes- dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist dieser Gesetz- regierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten entwurf in zweiter Lesung bei Enthaltung der Fraktion Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur vor- Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der AfD- läufigen Regelung des Rechts der Industrie- Fraktion mit den Stimmen der übrigen Fraktionen des und Handelskammern Hauses angenommen. Drucksachen 19/27452, 19/28409 Dritte Beratung Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem ses für Wirtschaft und Energie (9. Ausschuss) Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist Drucksache 19/30440 der Gesetzentwurf in dritter Lesung bei Enthaltung der ZP 32 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der richts des Ausschusses für Wirtschaft und Ener- AfD-Fraktion mit den Stimmen der übrigen Fraktionen gie (9. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeord- des Hauses angenommen. neten Claudia Müller, Anja Hajduk, Dieter Janecek, weiterer Abgeordneter und der Fraktion 1) Anlage 19 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 301 19

Vizepräsident Wolfgang Kubicki (A) Transparenz und Demokratie in Industrie- würdig gemacht; denn dann ist er nämlich zu einem (C) und Handelskammern stärken eigenständigen politischen Gremium geworden und für die Wirtschaft nicht mehr geeignet. Drucksachen 19/28473, 19/30440 (Beifall bei der AfD) Für die Aussprache ist eine Dauer von 30 Minuten beschlossen. Um die Meinungsbildung und Transparenz ist es ja auch nicht so gut bestellt. Da gibt es Konzerne, die in Ich eröffne die Aussprache und stelle fest, dass dan- etwa genau die gleichen Stimmrechte haben wie alle an- kenswerterweise der Kollege Dr. Matthias Heider, CDU/ 1) deren Mitglieder, Mittelständler, zusammengenommen. CSU-Fraktion, seine Rede zu Protokoll gegeben hat; Die Wahlbeteiligung bei Wahlen in die Gremien ist, ähn- immerhin elf Minuten. Ich erteile deshalb das Wort dem lich wie bei den Wahlen in die Parlamente, so gering, dass Kollegen Steffen Kotré, AfD-Fraktion. von einer eindeutigen Legitimierung der Gewählten nicht (Beifall bei der AfD) mehr gesprochen werden kann. Die Leistungen der Kam- mern werden nur von einem geringen Teil der Mitglieder nachgefragt. Daran erkennt man eben, dass die Kammern Steffen Kotré (AfD): wenig legitimiert sind. Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Den ursprünglichen, heute noch postulierten Die Zwangsmitgliedschaft von Unternehmen in der Zweck der IHKs gibt es nicht mehr. Es gibt kein gesamt- IHK verstößt gegen die negative Vereinigungsfreiheit wirtschaftliches Interesse. Es gibt allenfalls Branchenin- und damit auch gegen das Grundgesetz. teressen. Dienstleistungsunternehmen und Unternehmen, (Reinhard Houben [FDP]: Das ist Blödsinn!) die produzieren, haben nicht die gleichen betrieblichen Grundlagen, können also auch nicht von einer einzigen Das Prinzip der Selbstorganisation steht einem Zwang Institution abgebildet werden. Branchenverbände können hierzu von außen entgegen. Auch Artikel 20 der UN- das viel besser. Menschenrechtscharta sagt: „Niemand darf gezwungen werden, einer Vereinigung anzugehören.“ Der DIHK ist zu einem Lobbyverband für Konzerne verkommen. Die Interessen der Mittelständler werden (Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Die nicht mehr verfolgt. Da, wo er hätte handeln müssen, Rede passt irgendwie zur Geisterstunde!) hat er nicht gehandelt. Er hat sich nicht gegen die Russ- Genau deshalb ist die Pflichtmitgliedschaft aufzuheben, land-Sanktionen gewendet. Doch die Russland-Sanktio- nen stehen den wirtschaftlichen Interessen unseres (Beifall bei der AfD) (B) Landes diametral entgegen. Da hat er nicht gehandelt. nicht auf einmal, doch schrittweise, so, dass sich die (D) Daran zeigt sich eben, dass die Kammern ihre postulierte Kammern umorientieren können; denn sie haben durch- Aufgabe nicht wahrgenommen haben aus eine wichtige Aufgabe. (Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Das ist (Marianne Schieder [SPD]: Ach!) jetzt das Wichtigste, ja? Russland?) Aber die Pflichtmitgliedschaft passt einfach nicht in und nicht wahrnehmen wollen, weil sie sich eben lieber einen freiheitlichen Staat, so wie Deutschland es ist und vor den Karren der Bundesregierung spannen lassen. Das sein sollte. hat der Wirtschaft sogar geschadet. (Marianne Schieder [SPD]: So wie die AfD (Beifall bei der AfD) nicht in einen freiheitlichen Staat passt! – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Ich dachte im- Schlimm ist auch, dass der DIHK mit Stellungnahmen mer, es wäre eine Diktatur nach Ihrer Auffas- zu nichtwirtschaftlichen Themen seine Kompetenz stän- sung!) dig überschreitet. Die Quittung dafür hat er dann auch bekommen. Das Bundesverwaltungsgericht hat deshalb Und sie müssen vor allem entpolitisiert werden, ganz einer IHK erlaubt, aus dem DIHK auszutreten, und das wichtig. mit gutem Recht; denn jede sonstige, über das Wirtschaft- liche hinausgehende politische Meinungsbildung und Vizepräsident Wolfgang Kubicki: Meinungsäußerung von Institutionen, die die Wirtschaft Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss. vertreten, hat zu unterbleiben. Es gibt keine Themen von gesellschaftlicher Relevanz, bei denen Unternehmen ver- Steffen Kotré (AfD): treten werden müssten. Unternehmen sollen gewerblich Diese beiden Dinge sind Grundvoraussetzungen. tätig sein, sie sollen Arbeitsplätze sichern, sie sollen für die Gesellschaft da sein, und sie sollen den Sozialstaat finanzieren. Alles andere sind Elemente der Planwirt- Vizepräsident Wolfgang Kubicki: schaft, meine Damen und Herren. Herr Kollege Kotré, bitte. Wenn der DIHK nun vom Gesetzgeber fordert, sich auf weitere Themen von gesellschaftlicher Relevanz fokus- Steffen Kotré (AfD): sieren zu dürfen, dann hat er sich vollständig unglaub- Wenn diese Voraussetzungen wieder stimmen, dann sind die Kammern auch wieder legitimiert.

1) Anlage 20 (Beifall bei der AfD) 30120 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Vizepräsident Wolfgang Kubicki: Deutschland. Wir brauchen starke IHKs vor Ort. Wir (C) Vielen Dank, Herr Kollege Kotré. brauchen auch die Außenhandelskammern. Das funktio- niert nicht ohne den DIHK. Die Kollegin Sabine Poschmann, SPD-Fraktion, hat ihre Rede zu Protokoll1) gegeben; sehr gut. Ich kann Vielen Dank. das nur wiederholen. (Beifall bei der FDP) (Marianne Schieder [SPD]: Sehr schön! Sehr lobenswert!) Vizepräsident Wolfgang Kubicki: – Ich teile Ihre Auffassung, Frau Kollegin. Vielen Dank für Ihre Worte, Herr Kollege Houben. Der Kollege Thomas Lutze, Fraktion Die Linke, und Nächster Redner ist deshalb der Kollege Reinhard die Kollegin Claudia Müller, Bündnis 90/Die Grünen, Houben, FDP-Fraktion. 2) haben ihre Reden zu Protokoll gegeben, sodass ich (Beifall bei der FDP – Alexander Ulrich [DIE die Aussprache schließen kann. LINKE]: Warum geben Sie nicht zu Proto- Wir kommen zu Zusatzpunkt 31, und zwar zur Abstim- koll?) mung über den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes zur vorläufi- Reinhard Houben (FDP): gen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskam- – Ja, das kann ich Ihnen sagen. – Herr Präsident! Meine mern. Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie emp- Damen und Herren! Sie loben ja immer, wenn viel zu fiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung Protokoll gegeben wird. Aber wenn man sich so einen auf Drucksache 19/30440, den Gesetzentwurf der Bun- Stuss anhören muss, dann muss es auch möglich sein, desregierung auf Drucksachen 19/27452 und 19/28409 in darauf zu antworten. der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustim- (Beifall bei der FDP) men wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dage- Was Herr Kotré hier gesagt hat, ist zum Teil sachlich, gen? – Enthaltungen? – Dann ist dieser Gesetzentwurf in inhaltlich einfach falsch. Herr Kotré, die Verfassungsfra- zweiter Lesung bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/ ge ist schon so lange geklärt. Das Thema hat so einen Die Grünen gegen die Stimmen der Fraktionen von AfD Bart, und dann kommen Sie damit um die Ecke. Es gibt und Die Linke mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD auch Zwangsmitgliedschaften in anderen Kammern wie und FDP angenommen. bei den Ärzten oder den Rechtsanwälten. Darüber regt (B) sich keiner auf. Also, totaler Blödsinn. Ich sage Ihnen Dritte Beratung (D) als Mittelständler: Ohne die IHK hätte ich überhaupt und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem gar keine Chance, im politischen Raum wahrgenommen Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – zu werden. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist dieser Gesetzentwurf in dritter Lesung bei Enthaltung (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der CDU/CSU) der Fraktionen von AfD und Die Linke mit den Stimmen Ich könnte nicht ausbilden ohne die IHK. Ich hätte über- des übrigen Hauses – CDU/CSU, SPD und FDP – ange- haupt keine Stimme. nommen. Deswegen muss ich sagen: Wir haben jetzt kurz vor Zusatzpunkt 32. Beschlussempfehlung des Ausschus- zwölf. Ja, es war kurz vor zwölf, weil die Leipziger Ver- ses für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag der Frak- waltungsrichter so entschieden haben, wie sie entschie- tion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Transparenz den haben. Meine Damen und Herren, es ist kaum zu und Demokratie in Industrie- und Handelskammern stär- glauben: Wenn der politische Wille da ist, kann Politik ken“. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner auch sehr schnell entscheiden. Deswegen sage ich: Wir Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/30440, den An- haben diese Gesetzesentwicklung freundlich begleitet. trag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache Ich danke auch den Kollegen Heider und Poschmann, 19/28473 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschluss- die hauptsächlich dafür verantwortlich gezeichnet haben. empfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Wir haben eine Lösung gefunden, die am Ende, glaube Keine. Dann ist diese Beschlussempfehlung gegen die ich, für alle Beteiligten in Ordnung ist. Stimmen der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen mit den Stimmen der übrigen Fraktionen des Wir werden diesem Gesetzentwurf auf jeden Fall guten Hauses angenommen. Gewissens zustimmen können. Wir haben ein bisschen Schmerzen bei der Frage, wie weit der Einfluss des Wirt- Ich rufe die Tagesordnungspunkte 33 a und 33 b sowie schaftsministeriums über die Länge der Zeit gehen könn- Zusatzpunkte 21 und 22 auf: te. Es gibt unterschiedliche Vorstellungen, wie genau sich 33 a) Zweite und dritte Beratung des von der Bun- die Gesetzesformulierung auswirkt. Darauf wollen wir desregierung eingebrachten Entwurfs eines uns heute Abend nicht einlassen. Am Ende nutzt dieses Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetz den Unternehmerinnen und Unternehmern in Gesetzbuchs und des Einführungsgesetzes

1) Anlage 20 2) Anlage 20 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30121

Vizepräsident Wolfgang Kubicki (A) zum Bürgerlichen Gesetzbuche in Umset- Dr. Lothar Maier (AfD): (C) zung der EU-Richtlinie zur besseren Sehr geehrter Herr Präsident! Meine verehrten Damen Durchsetzung und Modernisierung der und Herren! Der Gesetzentwurf der Bundesregierung Verbraucherschutzvorschriften der Union zielt vor allem auf drei Dinge: erstens Verbesserung der und zur Aufhebung der Verordnung zur Schadensersatzansprüche von Verbrauchern, zweitens Übertragung der Zuständigkeit für die mehr Transparenz im Onlinehandel und schließlich Buß- Durchführung der Verordnung (EG) Nr. geldvorschriften bei grenzüberschreitenden Verstößen, 2006/2004 auf das Bundesministerium auch bei den anscheinend nicht totzukriegenden Kaffee- der Justiz und für Verbraucherschutz fahrten. Drucksache 19/27655 Wir sehen die stark erweiterte Möglichkeit von Infor- mationsvorschriften für Anbieter positiv. Es gibt im Ge- Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- setzentwurf umfangreiche Kataloge, die solche Informa- schusses für Recht und Verbraucherschutz tionsvorschriften auflisten und die auch geeignet sind, (6. Ausschuss) mehr Klarheit für die Rechtsprechung zu schaffen. Posi- Drucksache 19/30527 tiv ist sicher auch, dass das oftmals dubiose Influencer- Marketing in den Blick genommen wird. b) Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Bei den Bußgeldern wird man feststellen können, dass Gesetzes zur Stärkung des Verbraucher- der Gesetzentwurf dadurch einen Biss bekommen kann, schutzes im Wettbewerbs- und Gewerbe- dass Behörden in die Lage versetzt werden, umsatzab- recht hängige Bußgelder zu verhängen. Deren Obergrenze erscheint uns aber zu hoch gegriffen. 4 Prozent vom Um- Drucksache 19/27873 satz können existenzgefährdend sein. Der Sinn eines Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- Bußgeldes muss sein, einen Missstand abzustellen, aber schusses für Recht und Verbraucherschutz nicht, die Existenz desjenigen zu vernichten, der an die- (6. Ausschuss) sem Missstand beteiligt war. Drucksache 19/30527 (Beifall bei der AfD) ZP 21 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Der Gesetzentwurf stellt einen Fortschritt dar. Wir stim- richts des Ausschusses für Recht und Verbrau- men daher zu. cherschutz (6. Ausschuss) zu dem Antrag der Ab- (B) geordneten Dr. Lothar Maier, Stephan Brandner, Es stellt sich aber die Frage: Muss im Geschäftsleben (D) Jens Maier, weiterer Abgeordneter und der Frak- eigentlich immer alles von oben herab durch Hard Law tion der AfD geregelt werden? Andere Länder mobilisieren viel effek- tiver die Selbstheilungskräfte ihrer Wirtschaft. Als Bei- Co-Regulierung als ergänzendes Instrument spiel haben wir deshalb zu dieser Debatte die in angel- des Wettbewerbsrechts und des Verbraucher- sächsischen Ländern übliche Praxis der sogenannten schutzes Koregulierung dazugestellt, für die ich hier werben Drucksachen 19/25808, 19/30019 möchte. ZP 22 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Koregulierung heißt, Verbände der Wirtschaft, Ver- richts des Ausschusses für Recht und Verbrau- braucherverbände und die für den jeweiligen Wirtschafts- cherschutz (6. Ausschuss) zu dem Antrag der Ab- sektor zuständigen Behörden arbeiten gemeinsam Codes geordneten Tabea Rößner, Luise Amtsberg, of Conduct aus. Deren Einhaltung durch die anbietende Canan Bayram, weiterer Abgeordneter und der Wirtschaft wird überwacht durch die Behörden selbst, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Verstößen auch Sanktionen verhängen können. Diese reichen vom Entzug der Gütezeichen bis hin zu empfind- Umsetzung der europäischen Modernisie- lichen Geldbußen. So jedenfalls wird es gehandhabt in rungsrichtlinie – Lücken im Verbraucher- Großbritannien, in Australien, in Neuseeland, in Kanada schutz schließen und auch anderen Ländern, und zwar mit großem Erfolg. Drucksachen 19/29767, 19/30527 Das Europäische Parlament und der Wirtschafts- und Für die Aussprache ist eine Dauer von 30 Minuten Sozialausschuss haben sich zum wiederholten Mal dafür beschlossen. ausgesprochen, dass die Koregulierung auch in Konti- nentaleuropa Fuß fassen soll. Man hat zwar keine aus- Ich eröffne die Aussprache und erteile, da der Kollege reichende Grundlage für Einzelermächtigungen in den Dr. Johannes Fechner, SPD-Fraktion, seine Rede zu Pro- EU-Verträgen gesehen; aber man hat die nationalen Par- tokoll1) gegeben hat, dem Kollegen Professor Dr. Lothar lamente dazu aufgerufen, aus eigener Initiative hier tätig Maier, AfD-Fraktion, das Wort. zu werden und die Koregulierung in ihren Ländern ein- zuführen. Auch eine Reihe von prominenten deutschen (Beifall bei der AfD) Juristen – ich nenne hier etwa den Namen Wolfgang Hoffmann-Riem – haben sich schon vor Jahren dieser 1) Anlage 21 Forderung angeschlossen. 30122 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Dr. Lothar Maier (A) Ich denke, wir sollten da nicht länger abseitsstehen und der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, (C) glauben, dass obrigkeitliche Regelungen allein selig die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustim- machend wären. Ich meine, eine Debatte zum Thema men wollen, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Koregulierung würde diesem Hohen Hause recht gut Enthaltungen? – Dann ist dieser Gesetzentwurf in zweiter anstehen. Lesung bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grü- Die restlichen 15 Sekunden, Herr Präsident, schenke nen gegen die Stimmen der Fraktionen FDP und Die ich Ihnen. Linke mit den Stimmen der übrigen Fraktionen des Hau- ses angenommen. (Beifall bei der AfD) Dritte Beratung Vizepräsident Wolfgang Kubicki: und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Vielen Dank, Herr Kollege Professor Maier. Die Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. schenken Sie nicht mir, sondern dem Hohen Haus. (Zuruf von der FDP: Nee, nee, nee!) Die Frau Staatsministerin Dorothee Bär für die Bun- – Herr Houben, ich bitte diejenigen, die dem Gesetzent- desregierung, die Kollegin Katharina Willkomm für die wurf zustimmen wollen, sich zu erheben. FDP, die Kollegin Petra Pau für die Fraktion Die Linke, (Reinhard Houben [FDP]: Ach so, ja, dann die Kollegin Tabea Rößner für die Fraktion Bündnis 90/ bleibe ich natürlich sitzen!) Die Grünen, der Kollege Professor Dr. Karl Lauterbach für die SPD und der Kollege Sebastian Steineke für die – Ich passe schon auf, keine Sorge! – Wer stimmt dage- CDU/CSU-Fraktion haben ihre Reden zu Protokoll gen? – Enthaltungen? Dann stelle ich fest, dass in der gegeben,1) sodass wir die Aussprache schließen können. Schlussabstimmung bei Enthaltung der Fraktion Bünd- nis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Fraktionen Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 33 a. Abstim- FDP und Die Linke mit den Stimmen der übrigen Frak- mung über den von der Bundesregierung eingebrachten tionen des Hauses der Gesetzentwurf angenommen ist. Gesetzentwurf zur Änderung des Bürgerlichen Gesetz- buchs und des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Zusatzpunkt 21. Beschlussempfehlung des Ausschus- Gesetzbuche in Umsetzung der EU-Richtlinie zur besse- ses für Recht und Verbraucherschutz zu dem Antrag der ren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucher- Fraktion der AfD mit dem Titel „Co-Regulierung als schutzvorschriften der Union und zur Aufhebung der ergänzendes Instrument des Wettbewerbsrechts und des Verordnung zur Übertragung der Zuständigkeit für die Verbraucherschutzes“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 auf Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/30019, den An- trag der Fraktion der AfD auf Drucksache 19/25808 ab- (B) das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucher- (D) schutz. Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen?- Keine. Dann ist auf Drucksache 19/30527, den Gesetzentwurf der Bun- diese Beschlussempfehlung gegen die Stimmen der AfD- desregierung auf Drucksache 19/27655 in der Ausschuss- Fraktion mit den Stimmen der übrigen Fraktionen des fassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Ge- Hauses angenommen. setzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, Zusatzpunkt 22. Beschlussempfehlung des Ausschus- um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltun- ses für Recht und Verbraucherschutz zu dem Antrag der gen? – Dann ist dieser Gesetzentwurf in zweiter Lesung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Umset- bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ge- zung der europäischen Modernisierungsrichtlinie – gen die Stimmen der Fraktionen von FDP und Die Linke Lücken im Verbraucherschutz schließen“. Der Ausschuss mit den Stimmen der übrigen Fraktionen des Hauses empfiehlt unter Buchstabe c seiner Beschlussempfehlung angenommen. auf Drucksache 19/30527, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 19/29767 abzu- Dritte Beratung lehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist diese Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Beschlussempfehlung bei Enthaltung der Fraktion Die Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist der Gesetz- Linke gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die entwurf in dritter Lesung bei Enthaltung der Fraktion Grünen mit den Stimmen der übrigen Fraktionen des Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Fraktion Hauses angenommen. der FDP und der Fraktion Die Linke mit den Stimmen der Ich rufe den Tagesordnungspunkt 34 auf: übrigen Fraktionen des Hauses angenommen. Zweite und dritte Beratung des von der Bundes- Tagesordnungspunkt 33 b. Abstimmung über den von regierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Gesetzes zur Vereinfachung und Modernisie- Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und rung des Patentrechts Gewerberecht. Der Ausschuss für Recht und Verbrau- Drucksache 19/25821 cherschutz empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschluss- empfehlung auf Drucksache 19/30527, den Gesetzent- Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- wurf der Bundesregierung auf Drucksache 19/27873 in ses für Recht und Verbraucherschutz (6. Aus- schuss) 1) Anlage 21 Drucksache 19/30498 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30123

Vizepräsident Wolfgang Kubicki (A) Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der AfD geschlossen ist. Und es ist auch nicht abzusehen, in wel- (C) vor. chen Konstellationen eine Verhältnismäßigkeitsprüfung zugunsten von Dritten künftig das Patentrecht entschärft. Für die Aussprache ist eine Dauer von 30 Minuten beschlossen. – Ich eröffne die Aussprache und erteile, Ein Start-up soll nicht sein Patentrecht einbüßen, nur da die Kollegin Dr. Nina Scheer, SPD-Fraktion, ihre weil viele Menschen von seiner Erfindung profitieren. Rede zu Protokoll gegeben hat,1) dem Kollegen Jens Die Aufweichung der erforderlichen Tatbestandsmerk- Maier, AfD-Fraktion, das Wort. male für eine Verhältnismäßigkeitsprüfung führt zu einer Verwässerung des Patentrechts für seinen Inhaber, und (Beifall bei der AfD) das tragen wir nicht mit.

(Beifall bei der AfD) Jens Maier (AfD): Guten Morgen, Herr Präsident! Zu guter Letzt: Richtig ist, dass Geschäftsgeheimnisse vor unberechtigter Kenntnisnahme geschützt werden (Heiterkeit bei der AfD – Marianne Schieder müssen. In Patentstreitsachen besteht jedoch nicht das- [SPD]: So ein Scherz!) selbe Geheimhaltungsbedürfnis wie bei einem Besichti- Meine Damen und Herren! Wer eine Erfindung herstellt, gungsanspruch im Beweissicherungsverfahren. Die hat ein Recht darauf, diese Erfindung schützen zu lassen, Anwendung der §§ 16 bis 20 des Gesetzes zum Schutz er hat das Recht auf ein gewerbliches Schutzrecht in von Geschäftsgeheimnissen auf mündliche Verhandlun- Form eines Patents, und er hat als Patentinhaber das gen in Patentstreitsachen beschneidet daher das Öffent- Recht, anderen für 20 Jahre die Herstellung und den Ge- lichkeitsprinzip einer Gerichtsverhandlung und erschwert brauch seiner Erfindung zu untersagen oder für die Über- die Kommunikation zwischen Patentanwalt und seinem tragung von Schutzrechten an seinem Patent eine Vergü- Mandanten. tung zu verlangen. Unser Änderungsantrag – wenn er denn aufgegriffen Von diesem Exklusivrecht des Erfinders an seiner worden wäre – hätte ein deutliches Korrektiv der Ver- Erfindung profitiert letztendlich die ganze Gesellschaft. hältnismäßigkeitsprüfung zugunsten des Patentinhabers Einem Marktversagen durch positive Externalität wird vorgesehen. Er hätte auch das Öffentlichkeitsprinzip in hierdurch entgegengewirkt. Deshalb ist es richtig, dass Patentstreitsachen gestärkt. der Staat Innovationsgeist fördert und geistiges Eigentum Der Regierungsentwurf – ohne unseren Änderungsan- effektiv schützt. trag – hinterlässt insgesamt einen unvollkommenen Ein- (B) Die Patentgerichte sind, wie auch andere Teile der druck. Aufgrund der genannten Schwächen werden wir (D) deutschen Justiz, erheblich überlastet. Erhebt der Beklag- ihm nicht zustimmen können. te innerhalb eines Patentverletzungsprozesses eine Nich- Vielen Dank. tigkeitsklage gegen das Streitpatent, können die Verfah- ren mehrere Jahre dauern. Deshalb ist es zu begrüßen, (Beifall bei der AfD) dass das Bundespatentgericht dem Verletzungsgericht innerhalb von sechs Monaten einen Hinweisbeschluss zur vorläufigen Wirksamkeit eines Patents geben darf. Vizepräsident Wolfgang Kubicki: Vielen Dank, Herr Kollege Maier. – Der Kollege Es hat aber auch gute Gründe, dass das Richterrecht Ingmar Jung, CDU/CSU-Fraktion, der Kollege Roman vorsieht, nur im Ausnahmefall einen Unterlassungsan- Müller-Böhm, FDP-Fraktion, der Kollege Friedrich spruch scheitern zu lassen. Das ist etwa dann der Fall, Straetmanns, Die Linke, die Kollegin Tabea Rößner, wenn die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs ge- Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Kollege genüber dem Patentverletzer eine unverhältnismäßige Dr. Johannes Fechner, SPD-Fraktion, und der Kollege Härte darstellt und treuwidrig wäre. Alexander Hoffmann, CDU/CSU-Fraktion, haben ihre 2) Der Entwurf schafft demgegenüber jetzt für Unterlas- Reden zu Protokoll gegeben, sodass ich die Ausspra- sungsklagen bei Patent- und Gebrauchsmusterverletzun- che schließen kann. gen eine gesetzliche Verhältnismäßigkeitsprüfung. In Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun- dem erwähnten Wärmetauscher-Urteil des Bundesge- desregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Vereinfa- richtshofs war jedoch in einem ganz konkreten Fall eine chung und Modernisierung des Patentrechts. Der Aus- Aufbrauchfrist als milderes Mittel gegenüber einem schuss für Recht und Verbraucherschutz empfiehlt in sofort wirkenden Unterlassungsanspruch des Patentinha- seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/30498, bers eingeführt worden. Im Änderungsbefehl zu § 139 den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache Absatz 1 des Patentgesetzes ist jedoch nicht mehr die 19/25821 in der Ausschussfassung anzunehmen. Rede davon, dass statt eines Unterlassungsanspruchs we- nigstens eine mildere Rechtsfolge, wie etwa eine Auf- Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der AfD brauchfrist, gegen den Patentverletzer anzuordnen ist. auf Drucksache 19/30554 vor, über den wir zuerst Es ist auch nicht mehr die Rede davon, dass nur das abstimmen. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag der treuwidrige Einklagen des Unterlassungsanspruchs aus- AfD-Fraktion? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –

1) Anlage 22 2) Anlage 22 30124 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Vizepräsident Wolfgang Kubicki (A) Keine. Dann ist dieser Änderungsantrag der AfD-Frak- Denn obwohl diese Richtlinie ausdrücklich verlangt, (C) tion gegen die Stimmen der AfD-Fraktion mit den übri- „dass Reisende, die eine Pauschalreise erwerben, vor gen Stimmen der Fraktionen des Hauses abgelehnt. der Insolvenz des Reiseveranstalters in vollem Umfang Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf der geschützt“ werden müssen, durften in Deutschland die Bundesregierung auf Drucksache 19/25821 in der Aus- Versicherungen ihre Haftung auf 110 Millionen Euro schussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – pro Geschäftsjahr begrenzen. Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Keine. Dann ist Wenn Sie jetzt bedenken, dass 2019 die sieben größten dieser Gesetzentwurf in zweiter Lesung mit den Stimmen deutschen Reiseveranstalter Jahresumsätze von 1,4 bis der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen sämtlicher 7,3 Milliarden Euro erzielten, war es also nur eine Frage Oppositionsfraktionen angenommen. der Zeit, wann das Rettungsnetz von 110 Millionen Euro pro Versicherer und Jahr reißen würde. Dritte Beratung Halten wir also fest: Der ganze Schlamassel, den wir und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem heute beseitigen müssen, war eine Katastrophe mit Ansa- Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – ge und beruhte darauf, dass in einer Regierung unter Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Wiederum kei- Kanzlerin Merkel und mit Justizminister Maas verbind- ne. Dann ist dieser Gesetzentwurf gegen die Stimmen der liche Normen nicht genau gelesen wurde. gesamten Oppositionsfraktionen mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen in dritter Lesung angenommen. (Beifall bei der AfD) Ich rufe den Tagesordnungspunkt 35 auf: ein Fehler, der die Steuerzahler einfach mal so 160 Millio- nen Euro gekostet hat. – So viel zur Vorgeschichte. Zweite und dritte Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes Kommen wir jetzt zum Gesetzentwurf der Regierung. über die Insolvenzsicherung durch Reisesiche- In der ersten Lesung dieses Gesetzes haben fast alle Fach- rungsfonds und zur Änderung reiserechtlicher politiker der Bundesregierung vorgehalten, dass sie die Vorschriften harte Kritik vieler Fachleute nicht zur Kenntnis nimmt, Drucksache 19/28172 und alle haben durchgreifende Nachbesserungen am Gesetzentwurf gefordert. Die Regierungsfraktionen – da Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- muss ich Sie ja ausnahmsweise mal loben – haben damals ses für Recht und Verbraucherschutz (6. Aus- offenbar zugehört und tatsächlich heute einen Ände- schuss) rungsantrag zum Entwurf der eigenen Regierung vorge- Drucksache 19/30515 legt, mit dem wesentliche Schwachstellen abgeräumt (B) (D) Hierzu liegen ein Änderungsantrag der Fraktion der werden: FDP und ein Entschließungsantrag der Fraktion Bünd- Insbesondere die Absenkung der Mindesthöhe der nis 90/Die Grünen vor. Sicherheitsleistungen, die Unternehmen entrichten müs- Für die Aussprache ist eine Dauer von 30 Minuten sen, wenn sie dem Sicherungsfonds beitreten möchten, beschlossen. wird den durch die Coronakrise schwer angeschlagenen Ich eröffne die Aussprache. Da der Kollege Dr. Karl- Reiseunternehmen helfen. Heinz Brunner, SPD-Fraktion, seine Rede zu Protokoll gegeben hat,1) erhält als nächster Redner das Wort der Außerdem wird auch die Haftungsübernahme durch Kollege Sebastian Münzenmaier, AfD-Fraktion. den Sicherungsfonds dafür sorgen, dass ansonsten dro- hende Versicherungslücken oder gar Marktaustritte ver- (Beifall bei der AfD) mieden werden.

Sebastian Münzenmaier (AfD): In der überarbeiteten Fassung wird die AfD-Fraktion Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her- den Gesetzentwurf also mittragen, weil wir sicherstellen ren! Am 25. September 2019 ist das deutsche Insolvenz- wollen, dass weitere Insolvenzfälle im Pauschalreisebe- schutzsystem für Pauschalreisende in sich zusammenge- reich abgewickelt werden können, ohne dass jedes Mal brochen. Im Sog der Pleite des britischen Mutterkonzerns der Steuerzahler in Haftung genommen wird. Wir stim- Thomas Cook mussten auch die deutschen Tochtergesell- men dem vorliegenden Gesetzentwurf also zu. schaften Insolvenz anmelden. Die in Deutschland zuläs- sige Haftungsbegrenzung der Kundengeldabsicherer auf Da dies voraussichtlich die letzte tourismuspolitische 110 Millionen Euro pro Geschäftsjahr führte dazu, dass Rede in dieser Legislatur ist, möchte ich die Gelegenheit am Ende der Steuerzahler für den Rest der Schadens- nutzen, um mich als Ausschussvorsitzender bei allen Mit- summe in Höhe von ungefähr 160 Millionen Euro zur gliedern des Ausschusses für die konstruktive, harmoni- Kasse gebeten wurde. sche und vor allem zielorientierte Arbeit der letzten Jahre zu bedanken. Gerade der vorliegende Gesetzentwurf Und woran liegt das? Die Vorgängerregierung dieser zeigt nämlich, dass sich der fraktionsübergreifende Ein- Bundesregierung mit Justizminister – damals noch – satz unseres Ausschusses für die vielen Unternehmer und Heiko Maas hatte 2017 schlicht und ergreifend die euro- Beschäftigten in der Branche gelohnt hat, weil ein ur- päische Pauschalreiserichtlinie nicht genau gelesen. sprünglich grottenschlechter Entwurf aus dem Hause der Justizministerin durch fachkundige Experten und 1) Anlage 23 Abgeordnete zumindest akzeptabel verbessert wurde. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30125

Sebastian Münzenmaier (A) Ich wünsche allen Mitgliedern des Ausschusses auch Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf (C) weiterhin viel Erfolg beim Einsatz für die fast 3 Millionen Drucksache 19/30515 empfiehlt der Ausschuss, eine Ent- Beschäftigten im Tourismus in Deutschland und den aus- schließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschluss- scheidenden Mitgliedern unseres Ausschusses, die im empfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält September nicht mehr antreten, auch persönlich alles sich? – Dann ist diese Beschlussempfehlung bei Enthal- Gute. tung der Fraktion der AfD mit den Stimmen der übrigen Fraktionen des Hauses angenommen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie- ßungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf (Beifall bei der AfD) Drucksache 19/30549. Wer stimmt für diesen Entschlie- ßungsantrag? – Die Grünen doch vielleicht? Das ist der eigene Antrag. Vizepräsident Wolfgang Kubicki: (Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE Vielen Dank, Herr Kollege Münzenmaier. – Der Kolle- GRÜNEN]: Ich melde mich ja!) ge Sebastian Steineke, CDU/CSU-Fraktion, der Kollege Roman Müller-Böhm, FDP-Fraktion, die Kollegin – Ja. Aber der Kollege hinter Ihnen – – Kerstin Kassner, Fraktion Die Linke, der Kollege Markus (Heiterkeit) Tressel, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Kollegin Gülistan Yüksel, SPD-Fraktion, und der Kollege Paul Vielen Dank, Frau Brantner. – Wer stimmt dagegen? – Lehrieder, CDU/CSU-Fraktion, haben ihre Reden zu Wer enthält sich? – Dann ist dieser Entschließungsantrag Protokoll gegeben,1) sodass ich die Aussprache schlie- bei Enthaltung der Fraktion der AfD gegen die Stimmen ßen kann. der Fraktionen von FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abge- Mir liegt zur Abstimmung eine Erklärung gemäß § 31 lehnt. 2) der Geschäftsordnung vor. Ich rufe den Zusatzpunkt 23 auf: Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun- Zweite und dritte Beratung des von der Bundes- desregierung eingebrachten Gesetzentwurf über die regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes Insolvenzsicherung durch Reisesicherungsfonds und zur zur Förderung verbrauchergerechter Angebo- Änderung reiserechtlicher Vorschriften. Der Ausschuss te im Rechtsdienstleistungsmarkt für Recht und Verbraucherschutz empfiehlt unter Buch- Drucksache 19/27673 (B) stabe a seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache (D) 19/30515, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- Drucksache 19/28172 in der Ausschussfassung anzuneh- ses für Recht und Verbraucherschutz (6. Aus- men. schuss) Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 19/30495 auf Drucksache 19/30548 vor, über den wir zuerst Hierzu liegen ein Änderungsantrag der Fraktion der abstimmen. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? – AfD und zwei Änderungsanträge sowie ein Entschlie- Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist ßungsantrag der Fraktion der FDP vor. dieser Änderungsantrag bei Enthaltung der Fraktionen Für die Aussprache ist eine Dauer von 30 Minuten der AfD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen beschlossen. der FDP-Fraktion mit den Stimmen der übrigen Fraktio- nen des Hauses abgelehnt. Ich eröffne die Aussprache und erteile, da der Kollege Dr. Johannes Fechner, SPD-Fraktion, seine Rede zu Pro- Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf der tokoll gegeben hat,3) dem Kollegen Professor Dr. Lothar Bundesregierung auf Drucksache 19/28172 in der Aus- Maier, AfD-Fraktion, das Wort. schussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist (Beifall bei der AfD) dieser Gesetzentwurf in zweiter Lesung bei Enthaltung der Fraktion der FDP mit den Stimmen der übrigen Frak- Dr. Lothar Maier (AfD): tionen des Hauses angenommen. Noch mal meine Verehrung, Herr Präsident! – Im Markt für Rechtsdienstleistungen hat sich in den letzten Dritte Beratung Jahren eine Verschiebung der Gewichte ergeben. Neue Anbieter treten auf, mit den Rechtsanwälten konkurrie- und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem rende Berufe ersetzen wachsende Teile dieses Marktes. Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Das erfordert eine Anpassung des rechtlichen Rahmens, Wer stimmt dagegen? – Niemand. Wer enthält sich? – die hier ja auch versucht wird. Dann ist dieser Gesetzentwurf in dritter Lesung bei Ent- haltung der Fraktion der FDP mit den Stimmen der übri- Dass – wenn auch in übervorsichtiger Weise nach un- gen Fraktionen des Hauses angenommen. serer Auffassung – die Möglichkeit von Erfolgshonora- ren für Anwälte geschaffen wird und den Inkassodienstl-

1) Anlage 23 2) Anlage 24 3) Anlage 25 30126 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Dr. Lothar Maier (A) eistern bestimmte Informationspflichten auferlegt wer- gierung auf Drucksache 19/27673 in der Ausschussfas- (C) den, ist zu begrüßen. Die im Gesetz gelisteten Befugnisse sung anzunehmen. Hierzu liegen drei Änderungsanträge der Inkassounternehmen sind unseres Erachtens aber zu vor, über die wir zuerst abstimmen. weit gezogen. Das extrem weite Verständnis des BGH von Inkassodienstleistungen legt den gesamten Bereich Änderungsantrag der Fraktion der AfD auf Drucksache der außergerichtlichen Durchsetzung streitiger Forderun- 19/30537. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? – gen in die Hände von Inkassounternehmen, während das Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Keine. Dann Anwaltsmonopol nur noch die Abwehr solcher Ansprü- ist dieser Änderungsantrag gegen die Stimmen der che umfasst. In einem Kernbereich der Rechtsdienstleis- AfD-Fraktion mit den Stimmen der übrigen Fraktionen tungen wird damit das Anwaltsmonopol ausgehöhlt. des Hauses abgelehnt. Für Verbraucher ist das umso problematischer, als mit der Durchsetzung von Forderungen verbundene komple- Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksa- xe rechtliche Fragen umfassend gebildete Volljuristen che 19/30538. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? – und nicht einfach nur das angelernte Personal der Inkas- Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist sounternehmen erfordern. Anders ausgedrückt: Die Aus- dieser Änderungsantrag bei Enthaltung der Fraktion weitung des Tätigkeitsbereichs der Inkassounternehmen Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Fraktio- ist tendenziell mit einer Verminderung der Professionali- nen von FDP und AfD mit den Stimmen der übrigen tät bestimmter Rechtsdienstleistungen verbunden. Fraktionen des Hauses abgelehnt. Bei der Definition von Rechtsdienstleistungen sollte Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksa- klargestellt werden, dass solche Angebote, die von vorn- che 19/30539. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? – herein auf gerichtliche Geltendmachung einer Forderung Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist abzielen, nicht unter den Begriff einer Rechtsdienstleis- dieser Änderungsantrag bei Enthaltung der Fraktion tung fallen. Damit bleibt das Anwaltsmonopol in solchen Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der FDP- Fällen gewahrt, ebenso der damit korrespondierende Ver- Fraktion mit den Stimmen der übrigen Fraktionen des braucherschutz. Hauses abgelehnt. Was das Erfolgshonorar angeht, halten wir die Ober- grenze von 2 000 Euro für viel zu niedrig und willkürlich Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf der Bun- festgesetzt. Sie sollte stattdessen, angelehnt an § 23 Num- desregierung auf Drucksache 19/27673 in der Ausschuss- mer 1 Gerichtsverfassungsgesetz, bei 5 000 Euro liegen. fassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist dieser Allzu zaghaft sollte man an diese Neuerungen nicht (B) Gesetzentwurf in zweiter Lesung bei Enthaltung der (D) herangehen, wenn man will, dass diese neuen Möglich- Fraktion der AfD gegen die Stimmen der Fraktion Die keiten auch tatsächlich genutzt werden. Linke mit den Stimmen der übrigen Fraktionen des Hau- So, Herr Präsident, jetzt schenke ich Ihnen noch etwas ses angenommen. mehr Zeit als bei meiner vorherigen Rede. Danke Ihnen allen. Dritte Beratung (Beifall bei der AfD) und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Vizepräsident Wolfgang Kubicki: Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dann stelle ich fest, dass dieser Gesetzentwurf bei Enthaltung der Herr Professor Maier, Sie wissen, ich bin für jedes Fraktion der AfD gegen die Stimmen der Fraktion Die Geschenk dankbar. – Der Kollege Dr. Jan-Marco Luczak, Linke mit den Stimmen der übrigen Fraktionen des Hau- CDU/CSU-Fraktion, der Kollege Roman Müller-Böhm, ses angenommen ist. FDP-Fraktion, der Kollege Friedrich Straetmanns, Frak- tion Die Linke, die Kollegin Katja Keul, Fraktion Bünd- nis 90/Die Grünen, der Kollege Dr. Karl-Heinz Brunner, Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf SPD-Fraktion, und der Kollege Sebastian Steineke, Drucksache 19/30495 empfiehlt der Ausschuss, eine Ent- CDU/CSU-Fraktion, haben ihre Reden zu Protokoll schließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschluss- gegeben,1) sodass ich die Aussprache schließen kann. empfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist diese Beschlussempfehlung gegen die (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Stimmen der Fraktionen der AfD und der Linken mit den der SPD) Stimmen der übrigen Fraktionen des Hauses angenom- Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun- men. desregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Förde- rung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienst- Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie- leistungsmarkt. ßungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 19/30540. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? – Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz emp- Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist fiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf dieser Entschließungsantrag bei Enthaltung der Fraktio- Drucksache 19/30495, den Gesetzentwurf der Bundesre- nen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der FDP-Fraktion mit den Stimmen der übrigen 1) Anlage 25 Fraktionen des Hauses abgelehnt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30127

Vizepräsident Wolfgang Kubicki (A) Ich rufe den Zusatzpunkt 24 auf: irgendwelche Leute von der Straße „einfangen“ und mit (C) Zweite und dritte Beratung des von der Bundes- Einzelverpflichtungen arbeiten. Das, was Sie in diesem regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes Punkt anrichten, ist furchtbar. Sie werfen unserer Justiz zur Fortentwicklung der Strafprozessordnung Knüppel zwischen die Beine. und zur Änderung weiterer Vorschriften Das kann man nicht mitmachen. Wir sehen uns daher Drucksache 19/27654 daran gehindert, diesem Gesetzentwurf so zuzustimmen, was schade ist; denn die übrigen Punkte sind durchaus Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- teilweise sogar gut und mindestens vertretbar. Wir wer- ses für Recht und Verbraucherschutz (6. Aus- den uns hier also enthalten, und den Rest meiner Redezeit schuss) schenke auch ich dem Publikum. Drucksache 19/30517 Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der AfD (Beifall bei der AfD) vor. Für die Aussprache ist eine Dauer von 30 Minuten Vizepräsident Wolfgang Kubicki: beschlossen. Herr Kollege Reusch, Sie können gar nicht ermessen, wie glücklich Sie mich machen. – Der Kollege Axel Ich eröffne die Aussprache und erteile, da der Kollege Müller, CDU/CSU-Fraktion, der Kollege Dr. Jürgen Dr. Johannes Fechner, SPD-Fraktion, seine Rede zu Pro- 1) Martens, FDP-Fraktion, der Kollege Friedrich tokoll gegeben hat, dem Kollegen Roman Johannes Straetmanns, Fraktion Die Linke, und die Kollegin Canan Reusch, AfD-Fraktion, das Wort. Bayram, Bündnis 90/Die Grünen, haben ihre Reden zu 2) (Beifall bei der AfD) Protokoll gegeben, sodass ich die Aussprache schlie- ßen kann. Roman Johannes Reusch (AfD): Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu später desregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Fortent- Stunde die Strafprozessordnung zu behandeln, zeigt den wicklung der Strafprozessordnung und zur Änderung Stellenwert der Rechtspolitik in diesem Hohen Haus. weiterer Vorschriften. (Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz emp- GRÜNEN]: Oah! Oah!- Marianne Schieder fiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache [SPD]: Ach Gott! Ach Gott!) 19/30517, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf (B) – Ja, ja. Drucksache 19/27654 in der Ausschussfassung anzuneh- (D) Ein Teil des StPO-Entwurfs der Regierung ist die Än- men. derung der die Dolmetscher betreffenden Rechtsvor- Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der AfD schriften. Gegen diese rennen sie seit Bekanntwerden auf Drucksache 19/30558 vor, über den wir zuerst dieses Entwurfs Sturm, und die Dolmetscher tun dies zu abstimmen. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? – Recht; denn Gegenstand der Änderung ist nicht nur die Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Keine. Dann ist Einführung von bestimmten Ausbildungs- und Prüfungs- dieser Änderungsantrag gegen die Stimmen der AfD- pflichten für künftige Dolmetscher, sondern innerhalb Fraktion mit den Stimmen der übrigen Fraktionen des relativ kurzer Fristen soll dies auch für bereits seit Jahren Hauses abgelehnt. und Jahrzehnten im Beruf befindliche Dolmetscher gel- ten. Das heißt also, ein Dolmetscher soll neben seiner Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf der Berufstätigkeit schnell mal eben ein Hochschulstudium Bundesregierung auf Drucksache 19/27654 in der Aus- erledigen oder Dolmetscherprüfungen ablegen – natür- schussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – lich nach entsprechendem Unterricht und entsprechenden Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist Studien. dieser Gesetzentwurf in zweiter Lesung bei Enthaltung Ich bin an sich fassungslos, wie man auf so eine Idee der Fraktionen der AfD und der FDP gegen die Stimmen kommen kann. Da das überwiegend Selbstständige sind, der Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und der fällt einem da sofort der Eingriff in den eingerichteten Linken mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen ange- und ausgeübten Gewerbebetrieb ein. Die Vokabel nommen. „Bestandsschutz“ drängt sich doch förmlich auf die Lip- pen. Nichts davon steht hier drin. Dritte Beratung Es gibt noch einen weiteren sehr nachteiligen Effekt. und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Viele ältere Dolmetscher werden sich das mit Sicherheit Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – nicht mehr antun und nicht mehr für die Gerichte zur Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist Verfügung stehen. Das wird große Probleme in der Straf- dieser Gesetzentwurf bei Enthaltung der Fraktionen der gerichtsbarkeit und für die Asylkammern hervorrufen; AfD und der FDP gegen die Stimmen der Fraktionen Die das ist absehbar. Die werden große Schwierigkeiten ha- Linke und Bündnis 90/Die Grünen mit den Stimmen der ben, ihre Termine zu organisieren. Man muss dann Koalitionsfraktionen angenommen.

1) Anlage 26 2) Anlage 26 30128 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Vizepräsident Wolfgang Kubicki (A) Ich rufe die Tagesordnungspunkte 36 a und 36 b auf: Zum Thema Prävention: Unter Jugendlichen und jun- (C) a) Zweite und dritte Beratung des von der gen Erwachsenen ist das Shisha-Rauchen weit verbreitet. Bundesregierung eingebrachten Entwurfs Es ist ein Einstieg in das Rauchen und die Nikotinabhän- eines Gesetzes zur Modernisierung des gigkeit. Bisher wurde das relativ gering besteuert. Wir Tabaksteuerrechts (Tabaksteuermoderni- besteuern das jetzt entsprechend der Tabakzigarette, sierungsgesetz – TabStMoG) sodass gerade für preissensible Jugendliche ein Preissig- nal ausgesendet wird, damit diese nicht mit dem Rauchen Drucksachen 19/28655, 19/29589, beginnen und in die Nikotinabhängigkeit geraten. 19/29997 Nr. 1.9 Gleiches gilt für neuartige Rauchprodukte. Einige ha- Beschlussempfehlung und Bericht des ben früher ja behauptet, diese neuartigen Rauchproduk- Finanzausschusses (7. Ausschuss) te – Heat-not-Burn, E-Zigarette – seien gesünder. Jetzt Drucksache 19/30490 heißt es, sie seien zumindest weniger schädlich. Die E- Zigarette sei beispielsweise um 95 Prozent weniger b) Beratung der Beschlussempfehlung und des schädlich; sie sei ein Um- und Ausstiegsprodukt. Berichts des Finanzausschusses (7. Aus- schuss) zu dem Antrag der Abgeordneten (Leni Breymaier [SPD]: Dummes Zeug!) Till Mansmann, Christian Dürr, Dr. Florian Dass sie viel besser und gesünder sei, haben wir früher Toncar, weiterer Abgeordneter und der Frak- auch von der Light-Zigarette gehört. tion der FDP Wenn man sieht, dass 80 Prozent derjenigen, die damp- Dampfprodukte fair besteuern fen, Dual Use betreiben – sie rauchen also auch noch Drucksachen 19/29210, 19/30490 Tabakprodukte –, dann weiß man, dass das schädlicher ist als das Zigarettenrauchen alleine. Schauen wir uns an, Zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung liegen je was das DKFZ schreibt – ich zitiere –: Auch Tabaker- ein Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke und der hitzer und E-Zigaretten sind „gesundheitsschädlich“. Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor. E-Zigaretten enthalten „Schadstoffe“. Sie bergen ein Ge- Für die Aussprache ist eine Dauer von 30 Minuten sundheitsrisiko, insbesondere für „die Atemwege und das beschlossen. Herz-Kreislaufsystem“. Sie bergen ein „ähnliches Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red- Abhängigkeitspotential“ wie Zigaretten, und vor allen ner dem Kollegen Michael Schrodi, SPD-Fraktion, das Dingen sind E-Zigaretten in hohem Maße auch für „junge Wort. Menschen“ interessant. Neue Generationen von Raucher- innen und Rauchern und von Abhängigen werden damit (B) (Beifall bei der SPD) geschaffen; das ist das Potenzial. Da steht auch: (D) Wahrscheinlich ist die Gesundheitsgefährdung Michael Schrodi (SPD): wegen der niedrigeren Schadstoffbelastung geringer Sehr geehrter Präsident! Meine sehr geehrten Damen als beim Rauchen. Die langfristigen gesundheitli- und Herren! 16 Milliarden Euro Steuereinnahmen bei der chen Folgen sind jedoch noch unbekannt, da die Tabaksteuer stehen 97 Milliarden Euro sozialen Kosten Produkte noch nicht lange genug auf dem Markt für die Folgen des Rauchens gegenüber, und noch viel sind. dramatischer sind natürlich – oftmals nach schwerer Erkrankung – 120 000 Tote jährlich. Das ist die Bilanz Was machen wir jetzt? Wir besteuern die Produkte ent- des Rauchens in Deutschland. sprechend dem Sucht- und Gefährdungspotenzial; wir besteuern sie angemessen, das heißt höher, und das ist Es geht bei diesem Gesetz nicht um fiskalische Fragen, auch richtig so. sondern um Prävention und Gesundheitsschutz. Das sind die Leitideen dieser Reform. Weil uns dieses Thema am (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Herzen liegt und wichtig ist, haben wir als Koalitions- Die Behauptung der Interessenverbände, die vonseiten fraktionen noch einmal 500 Millionen Euro für Präven- der Opposition wiederholt wird, die E-Zigarette werde tion zur Verfügung gestellt. höher besteuert als die Tabakzigarette, ist nicht richtig. Das Deutsche Krebsforschungszentrum hat eine Initi- Schon im ursprünglichen Gesetzentwurf war das anders ative für „ein tabakfreies Deutschland 2040“ gestartet geregelt. Jetzt haben wir einerseits bei der Tabaksteuer und schreibt in einem Appell, einem Aufruf, dass „die was geändert und andererseits auch bei den Heat-not- effektivste Maßnahme, um Rauchende zu motivieren, Burn-Produkten und den Liquids für E-Zigaretten. Das mit dem Rauchen aufzuhören …,“ und „Jugendliche da- heißt, die werden nicht höher besteuert als die Tabak- von abzuhalten, mit dem Rauchen zu beginnen“, eine zigarette. Tabaksteuererhöhung ist. Schauen wir mal nach Europa: 14 europäische Länder Wir werden mit diesem Tabaksteuermodernisierungs- besteuern bereits Liquids, also E-Zigaretten; in Polen gesetz die Tabaksteuer in vier Stufen spürbar erhöhen, sind es 15 Cent pro Milliliter, in Estland 20 Cent und in und zwar jährlich um 10 bis 15 Cent pro Zigarette – das Finnland 30 Cent. In Deutschland fangen wir jetzt mit gilt auch für den Feinschnitt, das Ausweichprodukt –, 16 Cent an, und das werden wir bis 2026 auf 32 Cent weil das eine Möglichkeit ist, Menschen zum Aufhören anheben. Das heißt, im europäischen Vergleich ist das oder dazu zu bewegen, gar nicht erst mit dem Rauchen nichts Außergewöhnliches, sondern wir ziehen da im anzufangen. Grunde nur nach. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30129

Michael Schrodi (A) Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte lich eine Steuer, bei der die Lenkungswirkung eine hohe (C) gar nicht groß auf die völlig verunglückte Kampagne der Bedeutung hat, bei der niedrige Tarife gerade eben nicht Tabak- und E-Zigaretten-Lobby oder andere Dinge ein- unser Ziel sein müssen. gehen. Aber eines möchte ich noch ansprechen, weil ges- tern im Ausschuss behauptet wurde, wir stünden mit un- Es geht um Gesundheitsschutz, Jugendschutz, auch um seren Forderungen alleine da: Das DKFZ hat in seinem Schwarzmarkt und Schmuggel. Das ist nichts für Hinter- Aufruf – dieser Aufruf hat 56 weitere Mitzeichnende, zimmer, nichts für Spielchen, nichts für unappetitliche darunter die Deutsche Gesellschaft für Public Health, Kuhhandel. Aber genau das haben Sie von der Großen die Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung und Sucht- Koalition gemacht. therapie, die Deutsche Lungenstiftung, die Stiftung Deut- sche Krebshilfe usw. usf. – das Anliegen formuliert, Prä- Noch dazu haben Sie ganz am Ende eine unpassende vention und Gesundheitsschutz in den Mittelpunkt zu und unsinnige Lobbydiskussion draufgepackt, zu der ich stellen. Ich habe Ihnen einiges aus dem Aufruf hier zitiert. Ihnen von den Sozialdemokraten an genau dieser Stelle Uns war es ein Anliegen, diese Reform zu einem Erfolg hier noch eines sagen muss: Bei der wirklich strittigen zu machen. Uns war es ein Anliegen, dass das Thema Frage der Besteuerung von neuen Produkten, wie Ver- „Gesundheitsschutz und Prävention“ im Vordergrund dampfern und Erhitzern, haben Sie es so gemacht, als steht. Das ist hiermit auch gelungen, und deswegen bitte würden milliardenschwere Zigarettenkonzerne im Hin- ich um Ihre Zustimmung. tergrund irgendwelche Strippen ziehen. Aber es ging doch um etwas völlig anderes. Jetzt können doch gerade (Beifall bei der SPD) diese großen Unternehmen mit dem Gesetz am besten leben. Die Lobbyisten, über die Sie lamentiert haben, Vizepräsident Wolfgang Kubicki: waren in Wirklichkeit Interessengruppen wirklich kleiner Vielen Dank, Herr Kollege Schrodi. – Die Kollegin Hersteller oder von Einzelhändlern und nicht zuletzt von Franziska Gminder, AfD-Fraktion, und der Kollege nikotinabhängigen Rauchern, die ihre Sucht überwinden Sebastian Brehm, CDU/CSU-Fraktion, haben ihre Reden wollen, die alle mit großen Konzernen schlicht nichts zu zu Protokoll gegeben,1) sodass der nächste Redner der tun haben. Das Gespräch mit denen haben Sie aber ver- Kollege Till Mansmann, FDP-Fraktion, sein wird. weigert.

(Beifall bei der FDP) Über die Höhe der Steuer für die gesundheits- gefährlichen herkömmlichen Zigaretten haben wir doch überhaupt nicht gestritten. Es ging um andere Produkte, (B) Till Mansmann (FDP): bei denen Sie sich der Diskussion entzogen haben. Das (D) Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen hat zu einem schlechten Ergebnis geführt, gerade für und Kollegen! Aus einer Informationsveranstaltung zum zigarettenabhängige Raucher, die von ihrer Sucht lassen Tabaksteuermodernisierungsgesetz habe ich einen Satz wollen. von einem Arzt, der schon viele Schwerstkranke behan- delt hat, noch gut im Ohr. Er hat dort gesagt, er habe Ihre Berechnung des zu erwartenden Steueraufkom- schon viele Menschen am Tabakkonsum sterben sehen, mens ist unsolide; denn wenn es Ihnen darum geht, die aber am Nikotin sei keiner gestorben; das Lebensgefähr- neuen Verdampferprodukte kleinzuhalten, dann können liche seien ganz klar die Verbrennungsprodukte beim Sie uns die von Ihnen geschätzten hohen künftigen Steu- herkömmlichen Rauchen. ereinnahmen doch gar nicht schlüssig erklären, Auf dieser Basis wäre eine tiefere Diskussion gerade über Themen des Gesundheitsschutzes, der Suchtpräven- (Beifall bei der FDP sowie der Abg. Jörg tion und der Behandlung wichtig gewesen. Sie haben uns Cezanne [DIE LINKE] und Stefan Schmidt stattdessen aber einen Gesetzentwurf mit hektisch zusam- [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) mengeschusterten Zahlen vorgelegt, für dessen Prüfung wir in dieser Woche nicht einmal zwei Stunden Zeit hat- es sei denn, Sie gehen selbst davon aus, dass Sie mit ten. Er ist im Ausschuss mit Ihren Stimmen – und nur mit diesem Ansinnen scheitern. Ihren Stimmen – beschlossen worden, und über diesen Beschluss sollen wir nun nach einer Debatte von wenigen Der einzige Lichtblick, den ich sehe, ist, dass Sie am Minuten mitten in der Nacht endgültig abstimmen. Ende unserer Forderung nach einer erhöhten Besteuerung Dabei hätte es bei ordentlicher Diskussion die Chance von Wasserpfeifentabak vor allem aus Jugendschutzgrün- gegeben, das Ganze auf eine breitere parlamentarische den gefolgt sind; die Grünen haben das auch gefordert. und damit auch gesellschaftliche Grundlage zu stellen. Aber die Art, wie dieser Gesetzentwurf durch die Gre- Das wäre wichtig gewesen; denn es geht doch wirklich mien gepaukt wurde, und das, was jetzt drinsteht: Das um etwas; es geht um ein Steuervolumen von vielen wollen wir hier nicht unterstützen. Wir lehnen ihn daher Milliarden Euro jährlich. Das ist eine ganz besondere ab, und das ist schade; denn das wäre nicht nötig gewe- Steuer; denn die Tabaksteuer muss keiner bezahlen; es sen. muss ja keiner rauchen. Deswegen haben wir hier wirk- (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Stefan 1) Anlage 27 Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) 30130 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Vizepräsident Wolfgang Kubicki: Wir Grüne haben schon letztes Jahr einen entsprech- (C) Vielen Dank, Herr Kollege Mansmann. – Der Kollege enden Antrag mit der klaren Forderung „Je schädlicher Niema Movassat, Fraktion Die Linke, hat seine Rede zu das Produkt, desto höher die Steuer“ vorgelegt. Der An- Protokoll gegeben.1) Nächster Redner ist deshalb der trag hat nicht nur den Applaus der Sachverständigen be- Kollege Stefan Schmidt, Bündnis 90/Die Grünen. kommen, auch Kollege Brehm hat gestern in der Finanz- ausschusssitzung den entsprechenden Antrag gelobt. Ich Stefan Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): denke, wir haben da zumindest noch ein paar kleine Ver- Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin- besserungen durch Änderungen der Koalition erreichen nen und Kollegen! Tabaksteuermodernisierungsgesetz: können. Was für ein großes Drama! Erst legt Herr Scholz ganz plötzlich einen Gesetzentwurf vor – einen echt dürfti- Wir stellen unseren Entschließungsantrag heute zur gen –, dann bekommt der schlechte Entwurf zu Recht Abstimmung. ein vernichtendes Urteil von den Sachverständigen, dann zoffen sich Union und SPD bis zur letzten Minute Vizepräsident Wolfgang Kubicki: um Änderungen, und dann schließlich, gestern Mittag, Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss, bitte. legt uns die Koalition statt eines schlechten einen halb- garen Entwurf vor. – Das ganze Theater hätten Sie sich Stefan Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): echt sparen können; denn für Prävention und Schadens- Sie haben die Möglichkeit zum Vergleich mit dem reduzierung wird dieses Gesetz nicht sorgen. Gesetzentwurf der Koalition. Ich glaube, da sollte die (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag nicht schwerfallen. Jedes Jahr sterben in Deutschland mehr als 127 000 Menschen an den Folgen des Rauchens. Sie rauchen Vizepräsident Wolfgang Kubicki: wegen des Nikotins, sie sterben an den Verbrennungs- Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss. produkten; Herr Mansmann, Sie haben es richtig be- schrieben. Unsere Aufgabe als Politik ist es, die Men- schen dazu zu motivieren, erst gar nicht mit dem Stefan Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Rauchen anzufangen, mit dem Rauchen aufzuhören Denn Prävention und Schadensminderung bietet nur oder, wenn das gar nicht geht, zumindest umzusteigen dieser unser Antrag. von der Zigarette auf weniger schädliche Rauch- und Vielen Dank. Dampfprodukte. Und genau diese Lenkungswirkung kann die Tabaksteuer entfalten, wenn sie denn sinnvoll (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (B) ausgestaltet ist. Rauch- und Dampfprodukte, und zwar (D) alle, müssen anhand der Schadstoffbelastung besteuert Vizepräsident Wolfgang Kubicki: werden: Je schädlicher das Produkt, desto höher die Vielen Dank, Herr Kollege Schmidt. – Der Kollege Steuer. – Nur das sorgt für Prävention und Schadensmin- Lothar Binding, SPD-Fraktion, und der Kollege Olav derung. Gutting, CDU/CSU-Fraktion, haben ihre Reden zu Pro- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN tokoll gegeben,2) sodass ich die Aussprache schließen sowie des Abg. Till Mansmann [FDP]) kann. Der Weg, den Union und SPD gewählt haben, ist aber Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 36 a. Abstim- alles andere als sinnvoll. Sie erhöhen die Steuern auf mung über den von der Bundesregierung eingebrachten E-Zigaretten und Tabakerhitzer massiv, insgesamt um Gesetzentwurf zur Modernisierung des Tabaksteuer- mehrere Euro in den nächsten Jahren. Gleichzeitig erhö- rechts. Der Finanzausschuss empfiehlt unter Buchstabe a hen Sie die Steuern auf ein sehr schädliches Tabakpro- seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/30490, dukt nur minimal, um wenige Cent pro Schachtel. Im den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksa- Ergebnis bleiben Zigaretten weiterhin preislich attraktiv, chen 19/28655 und 19/29589 in der Ausschussfassung auch für junge Menschen, und die hohe Steuer auf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf E-Zigaretten und Tabakerhitzer hält Raucherinnen und in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Raucher möglicherweise vom Umstieg ab. Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Wer soll, bitte schön, von diesem Steuermodell profi- Dann ist der Gesetzentwurf in zweiter Lesung bei Ent- tieren? Der Fiskus jedenfalls profitiert kaum; denn dum- haltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit den merweise gehen Union und SPD den nationalen Allein- Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen gang. Das heißt, die Menschen werden sich E-Zigaretten, der Fraktionen von AfD, FDP und Die Linke angenom- Liquids und Tabaksticks einfach aus dem günstigeren men. EU-Ausland besorgen, legal oder illegal. Warum hat die Bundesregierung nicht die Reform auf EU-Ebene abge- Dritte Beratung wartet und beschleunigt? Für E-Zigaretten und Tabak- und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem erhitzer brauchen wir eine einheitliche Besteuerungs- Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – grundlage in allen Mitgliedstaaten, inklusive einer EU- Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dage- weiten Mindeststeuer. gen? – Das sind die Fraktionen von AfD, FDP und Die

1) Anlage 27 2) Anlage 27 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30131

Vizepräsident Wolfgang Kubicki (A) Linke. Wer enthält sich? – Die Fraktion Bündnis 90/Die Stefan Keuter (AfD): (C) Grünen. Damit ist dieser Gesetzentwurf in dritter Lesung Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her- mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen angenommen. ren! Wir beraten hier zu nächtlicher Stunde das Gesetz Wir kommen zur Abstimmung über die Entschlie- zur erleichterten Umsetzung der Reform der Grundsteuer ßungsanträge. und Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften – alles zusammengefasst. Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 19/30531. Wer stimmt für diesen Entschlie- Zunächst zur Grundsteuer. Wir erinnern uns: Das Bun- ßungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – desverfassungsgericht hat bereits im April 2018, also vor Keine. Dann ist dieser Entschließungsantrag gegen die gut drei Jahren, die Vorschriften zur Ermittlung der Stimmen der Fraktion Die Linke mit den Stimmen der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt. Die AfD- übrigen Fraktionen des Hauses abgelehnt. Fraktion hat sich im gesamten Beratungs- und Abstim- mungsprozess immer ausdrücklich dafür eingesetzt, die Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grundsteuer ganz abzuschaffen und stattdessen den Ge- Grünen auf Druckache 19/30532. Wer stimmt für diesen meinden ein Hebesatzrecht auf den kommunalen Anteil Entschließungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer der Einkommensteuer einzuräumen. Damit wären die enthält sich? – Dann ist dieser Entschließungsantrag bei kommunale Selbstverwaltung und die Finanzhoheit der Enthaltung der Fraktion Die Linke gegen die Stimmen Städte und Gemeinden weiterhin gewährleistet. Kommu- der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit den Stimmen nen könnten dann ihren Bürgern erklären, warum der der übrigen Fraktionen des Hauses abgelehnt. Hebesatz vor Ort ein anderer ist als beispielsweise in Tagesordnungspunkt 36 b. Beschlussempfehlung des der Nachbargemeinde. Wir hätten uns die sehr langwie- Finanzausschusses zu dem Antrag der Fraktion der FDP rige Abstimmung mit den Ländern und den nun folgen- mit dem Titel „Dampfprodukte fair besteuern“. Der Aus- den Verwaltungswahnsinn komplett sparen können, und schuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschlussemp- wir hätten einen sinnvollen Beitrag geleistet zur Steuer- fehlung auf Drucksache 19/30490, den Antrag der Frak- erhebung nach Leistungsfähigkeit. tion der FDP auf Drucksache 19/29210 abzulehnen. Wer Meine Damen und Herren, Wohnen ist ein Grundrecht stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt und wird an anderer Stelle immer wieder subventioniert. dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist diese Beschluss- Mit der Grundsteuer wird im Kern das Wohnen besteuert, empfehlung bei Enthaltungen der Fraktionen Die Linke und das halten wir weiterhin weder für leistungsgerecht und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der FDP- noch für sinnvoll. Fraktion mit den Stimmen der übrigen Fraktionen des Hauses angenommen. (Beifall bei der AfD) (B) (D) Ich rufe den Tagesordnungspunkt 38 auf: Die Chance, anlässlich des Urteils des Bundesverfas- sungsgerichtes hier neue Wege zu beschreiten, wurde – Zweite und dritte Beratung des von der Bun- nunmehr für die nächsten Jahrzehnte leider vertan. desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur erleichterten Umsetzung der Die erste Hauptfeststellung der Grundsteuerwerte Reform der Grundsteuer und Änderung erfolgt am 1. Januar 2022 – es ist also noch etwa ein weiterer steuerrechtlicher Vorschriften halbes Jahr bis dahin – für die Hauptveranlagung ab (Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz – 2025. Hierzu sind circa 1 Million Immobilieneinheiten GrStRefUG) nach den neuen Maßstäben und Regeln zu bewerten – Drucksachen 19/28902, 19/29637, ein völliger Irrsinn. 19/29997 Nr. 1.13 Jetzt fällt der Regierung nach deutlichen Hinweisen Beschlussempfehlung und Bericht des aus den Ländern auf, dass die beschlossene Grund- Finanzausschusses (7. Ausschuss) steuerreform so überhaupt gar nicht umsetzbar ist. Sie wurde zu hastig formuliert und zu kurzfristig vor dem Drucksache 19/30489 Umsetzungstermin eingebracht. Die Steuerverwaltungen – Bericht des Haushaltsausschusses (8. Aus- können das jetzt so nicht gewährleisten – und das trotz schuss) gemäß § 96 der Geschäftsordnung des nun wirklich sehr langen Beratungsvorlaufes von mittlerweile drei Jahren. Meine Damen und Herren, das Drucksache 19/30521 ist ein Armutszeugnis für den Finanzminister Olaf Hierzu liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion Scholz, der offensichtlich noch von seiner Kanzlerschaft Bündnis 90/Die Grünen vor. träumt. Für die Aussprache ist eine Dauer von 30 Minuten (Beifall bei der AfD) beschlossen. Träumen ist immer noch nicht verboten. Aber hier geht Ich eröffne die Aussprache und erteile, da der Kollege es um Steuergerechtigkeit und ein Steuersystem, das den Bernhard Daldrup, SPD-Fraktion, seine Rede zu Proto- Bürgern noch vermittelbar sein muss. Davon hat sich die 1) koll gegeben hat, dem Kollegen Stefan Keuter, AfD- Regierung leider meilenweit entfernt. Fraktion, das Wort. Da nützt auch eine vermeintlich großzügige Geste an (Beifall bei der AfD) die Länder nichts, den Kinderbonus von einmalig 150 Euro pro Kind zu erstatten. 1,3 Milliarden Euro wer- 1) Anlage 28 den aus dem Bundeshaushalt in die Haushalte der Länder 30132 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Stefan Keuter (A) und Kommunen verschoben. Das ist aus meiner Sicht von FDP und AfD. Wer enthält sich? – Die Fraktion Die (C) eine rein taktische Maßnahme im Rahmen von politi- Linke. Damit ist dieser Gesetzentwurf in dritter Lesung schen Zugeständnissen. angenommen. Zum Schluss komme ich noch auf die Änderungen im Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie- Forschungszulagengesetz. Hier wird die Definition des ßungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf verbundenen Unternehmens geschärft, was der Rechts- Drucksache 19/30535. Wer stimmt für diesen Entschlie- klarheit dienen soll, und es wird ein gesondertes Feststell- ßungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – ungsverfahren eingeführt. Dadurch soll die ordnungsge- Dann ist dieser Entschließungsantrag gegen die Stimmen mäße Bearbeitung der Anträge sichergestellt werden, der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen insbesondere wenn die Zuständigkeiten der Finanzämter mit den Stimmen der übrigen Fraktionen des Hauses für den Betrieb und die Forschungszulage auseinander- abgelehnt. fallen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 51 vv sowie Zusatz- Warum nicht gleich so? Warum muss erst ein hand- punkt 25 auf: werklich schlecht gemachtes Gesetz beschlossen werden, um es dann kurz vor Ende der Wahlperiode noch nach- 51 vv) Beratung der Beschlussempfehlung und des zubessern? Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (9. Ausschuss) zu der Verordnung Dieses komplette Gesetzespaket bedurfte dann noch der Bundesregierung drei sogenannter Umdrucke, um selbst in Koalitionskrei- sen überhaupt erst mal mehrheitsfähig zu werden. Das Siebzehnte Verordnung zur Änderung der sind kurzfristig noch hinterhergeschobene Änderungen Außenwirtschaftsverordnung aus dem Ministerium, die hier von den Koalitionsfraktio- Drucksachen 19/29216, 19/29474 Nr. 2.2, nen eingebracht werden. 19/30459 (Zuruf des Abg. Sebastian Brehm [CDU/CSU]) ZP 25 Beratung des Antrags der Abgeordneten Das alles ist handwerklich schlecht gemacht. Man Hansjörg Müller, Dr. Heiko Heßenkemper, möchte sagen: Viel Murks zu Toresschluss! – Wir lehnen Steffen Kotré, weiterer Abgeordneter und der dieses Paket mit allen Umdrucken insgesamt ab. Fraktion der AfD Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Investitionsschutz richtig gestalten – Den (Beifall bei der AfD) deutschen Mittelstand wirklich schützen (B) Drucksache 19/30419 (D)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki: Überweisungsvorschlag: Vielen Dank, Herr Kollege Keuter. – Die Kollegen Ausschuss für Wirtschaft und Energie (f) Ausschuss für Arbeit und Soziales Fritz Güntzler, CDU/CSU-Fraktion, Markus Herbrand, Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union FDP-Fraktion, Jörg Cezanne, Fraktion Die Linke, Stefan Schmidt, Bündnis 90/Die Grünen, und Sebastian Brehm, Für die Aussprache ist eine Dauer von 30 Minuten CDU/CSU-Fraktion, haben ihre Reden zu Protokoll beschlossen. 1) gegeben, sodass ich die Aussprache schließen kann. Ich eröffne die Aussprache und erteile, da der Kollege Andreas Lämmel, CDU/CSU-Fraktion, seine Rede zu Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun- 2) desregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur erleichter- Protokoll gegeben hat, dem Kollegen Leif-Erik Holm, ten Umsetzung der Reform der Grundsteuer und Ände- AfD-Fraktion, das Wort. rung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften. Der (Beifall bei der AfD) Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- lung auf Drucksache 19/30489, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksachen 19/28902 und Leif-Erik Holm (AfD): 19/29637 in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte Herr Präsident! Liebe nachtaktive Kollegen! Wir reden diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfas- heute mal wieder über eine Änderung der Außenwirt- sung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Die schaftsverordnung. Wenn ich richtig gezählt habe, ist es Koalitionsfraktionen und Bündnis 90/Die Grünen. Wer die achte in dieser Legislatur, und dass da keine Freude stimmt dagegen? – AfD- und FDP-Fraktion. Wer enthält bei Unternehmen und Investoren aufkommt, dürfte klar sich? – Fraktion Die Linke. Damit ist der Gesetzentwurf sein – nur dass diesmal die Kritik noch stärker ist, weil in zweiter Lesung angenommen. diese Verordnung weit übers Ziel hinausschießt.

Dritte Beratung Die massive Ausweitung der Zahl der Prüffälle schafft neue Unsicherheiten für weitere Unternehmen, noch und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem mehr Bürokratie und erschwert den Kapitalzugang wei- Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – ter. Das kann nicht im Interesse unserer Wirtschaft sein. Das sind die Koalitionsfraktionen und Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt dagegen? – Das sind die Fraktionen (Beifall bei der AfD)

1) Anlage 28 2) Anlage 29 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30133

Leif-Erik Holm (A) Es ist ja nachvollziehbar, dass wir versuchen, sicher- Wenn wir den auch noch aus der Hand geben: Was haben (C) heitsrelevante Spitzentechnologien zu schützen. Aber wir denn dann noch? Wenn wir diesen Mechanismus was wir hier betreiben, ist schon eher der Versuch, eine schwächen und mit Industriepolitik à la Altmaier weiter- staatlich gesteuerte Handelspolitik zu betreiben, und das machen, dann werden wir dadurch nicht stark wie China, wird einer Außenhandelsnation wie Deutschland scha- sondern bald so schwach wie Frankreich sein. den. Vielen Dank. (Nicole Höchst [AfD]: Hört! Hört!) (Beifall bei der AfD) Besonders trifft es unsere Maschinen- und Anlagen- bauer. Es gibt Klagen von Unternehmen, die nur einen Vizepräsident Wolfgang Kubicki: winzigen Teil ihrer Produkte für den Rüstungsbereich Vielen Dank, Herr Kollege Holm. – Die Kollegen fertigen. So lesen wir in der Presse von einem Mittel- Markus Töns, SPD-Fraktion, Reinhard Houben, FDP- ständler, der da sagt – Zitat –: Fraktion, Alexander Ulrich, Fraktion Die Linke, die Kol- Es geht nur um zwei von 40.000 Artikeln aus unse- legin Katharina Dröge, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, rem Programm. Manche Jahre kommt überhaupt und der Kollege Bernhard Loos, CDU/CSU-Fraktion, kein Auftrag. Und wenn doch, liegt der Anteil am haben ihre Reden zu Protokoll gegeben,1) sodass ich Jahresumsatz bei 0,025 Prozent. Und das soll jetzt die Aussprache schließen kann. eine Investitionskontrolle rechtfertigen? Tagesordnungspunkt 51 vv. Beschlussempfehlung des Ja, das ist völlig unverhältnismäßig und wird dazu Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu der Verord- führen, dass manche Hersteller die Produktion solcher nung der Bundesregierung zur Änderung der Außenwirt- Teile aufgeben, weil sie sich einfach nicht vom Staat schaftsverordnung. Der Ausschuss empfiehlt in seiner reinregieren lassen wollen. Das ist sicher keine gute Lö- Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/30459, die sung für irgendetwas. Es ist keine Lösung! Aufhebung der Verordnung der Bundesregierung auf Drucksache 19/29216 nicht zu verlangen. Wer stimmt (Beifall bei der AfD) für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dage- Was macht denn dann zum Beispiel die Bundeswehr, gen? – Enthaltungen? – Keine. Dann ist diese Beschluss- die für ihre Ausrüstung solche Teile braucht und sie nicht empfehlung gegen die Stimmen der Fraktionen der FDP mehr von heimischen Firmen bekommt? Die müsste sich und der AfD mit den Stimmen der übrigen Fraktionen des neue Lieferanten suchen, möglicherweise Unternehmen Hauses angenommen. im Ausland. Wir kreieren uns hier also ein Konjunktur- Zusatzpunkt 25. Interfraktionell wird Überweisung der programm für ausländische Unternehmen, und das ist Vorlage auf Drucksache 19/30419 an die in der Tages- (B) nicht im Sinne unseres Gesetzgebers. (D) ordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es (Beifall bei der AfD – Alexander Ulrich [DIE weitere Überweisungsvorschläge? – Das sehe und höre LINKE]: Was für ein Schwachsinn!) ich nicht. Dann verfahren wir wie vorgeschlagen. Der Bürokratieaufwand steigt für die Firmen, aber Ich rufe den Tagesordnungspunkt 51 k auf: auch im Regierungskosmos. Wenn jetzt fünf Ministerien Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- einvernehmlich entscheiden sollen, dann kann man sich richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz schon auf viele weitere lustige Gesprächskreise freuen. und nukleare Sicherheit (16. Ausschuss) zu der Wird dieser starke Eingriff unsere Wirtschaft irgend- Verordnung der Bundesregierung wie weiterbringen? Das ist wohl kaum zu erkennen. Nein, Verordnung zur Einführung einer Ersatz- es hilft uns nicht. baustoffverordnung, zur Neufassung der Bun- Es ist verständlich, dass wir die Einkaufstour der Chi- des-Bodenschutz- und Altlastenverordnung nesen bremsen wollen. Aber es funktioniert einfach nicht; und zur Änderung der Deponieverordnung denn die Chinesen werden auch darauf eine Antwort und der Gewerbeabfallverordnung finden. Sie werden reagieren. Das ist schade vor dem Drucksachen 19/29636, 19/29997 Nr. 2.3, Hintergrund, dass wir es im letzten Jahr mit dem Investi- 19/30478 tionsschutzabkommen geschafft haben, für eine Markt- öffnung, auch für unsere Unternehmen, in China zu sor- Hierzu liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion der gen. Es wird also eher unseren Unternehmen schaden, die FDP vor. im Ausland investieren. Für die Aussprache ist eine Dauer von 30 Minuten Ich finde, eines müssen wir uns auch klarmachen: Un- beschlossen. sere Antwort auf den chinesischen Staatskapitalismus Ich eröffne die Aussprache und erteile, da der Parla- kann nicht sein, dass wir selber in staatsdirigistischer mentarische Staatssekretär Florian Pronold für die Bun- Manier in unserem eigenen Land weitermachen; denn desregierung seine Rede zu Protokoll gegeben hat,2) wir haben einen Vorteil China gegenüber: Bei uns gibt dem Kollegen Andreas Bleck, AfD-Fraktion, das Wort. es die Freiheit für die Bürger und ihre Unternehmen. Sie (Beifall bei der AfD – Marianne Schieder können sich frei entfalten, im Wettbewerb nach den bes- [SPD]: Uns bleibt auch nichts erspart! – Leni ten Lösungen suchen, nach Innovationen suchen. Das ist unser Motor in Deutschland. 1) Anlage 29 (Beifall bei der AfD) 2) Anlage 30 30134 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

Vizepräsident Wolfgang Kubicki (A) Breymaier [SPD]: Noch ein bisschen langsa- Deshalb brauchen wir endlich ein Ende des Abfallsta- (C) mer! – Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/ tus von qualitativ hochwertigen Sekundärrohstoffen. Ihr DIE GRÜNEN]: Nehmen Sie sich alle Zeit! – Abfallstatus muss in den Produktstatus überführt werden. Ralph Lenkert [DIE LINKE]: Die Verordnung hat nur 15 Jahre gedauert! – Weiterer Zuruf: Da (Zuruf der Abg. Leni Breymaier [SPD]) können wir die Rede auch noch ertragen!) Zweitens. Die geplante Verschärfung einiger Material- werte führt zu einer Stoffstromverschiebung und damit zu Andreas Bleck (AfD): einer weiteren Belastung der ohnehin knappen Deponie- Werter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kolle- kapazitäten. Um das zu verhindern, erwirkte der Freistaat gen! In Deutschland fielen 2020 etwa 275 Millionen Bayern eine Länderöffnungsklausel für Regelungen zur Tonnen Bauabfälle an. Damit sind diese der größte Verfüllung. Jedes Land kann diesbezüglich also eine Abfallstrom. Die Abfallhierarchie des Kreislaufwirt- eigene Regelung treffen. Das, werte Kolleginnen und schaftsgesetzes gilt auch für Bauabfälle. Das heißt: Kollegen, ist keine einheitliche Lösung mehr. Es ist Recycling kommt vor der Entsorgung. – Das Problem: offenkundig, dass wir dringend eine gemeinsame Depo- Bei Bauabfällen befinden wir uns zurzeit in einer Ver- niestrategie von Bund und Ländern benötigen, um die wertungs- und Entsorgungskrise. Bauherren klagen über Entsorgungskrise zu bekämpfen. Doch das: Fehlanzeige! explodierende Baukosten, und noch ist kein Ende in Sicht. (Beifall bei der AfD) Und was macht der Gesetzgeber? Seit mittlerweile Drittens. Der Verordnungsentwurf sieht drei verschie- 15 Jahren – das ist eigentlich kaum zu glauben – ver- dene Probenahme- und Analyseverfahren vor. Das ist handeln Bund und Länder über die sogenannte Mantel- jedoch bürokratisch und gewährleistet keine Vergleich- verordnung. Es geht um die Einführung der Ersatzbaus- barkeit der Materialwerte. Wir brauchen also ein einheit- toffverordnung, die Neufassung der Bundes-Boden- liches Probenahme- und Analyseverfahren, um eine schutz- und Altlastenverordnung sowie um die Änderung unterschiedliche Klassifizierung ein und desselben der Deponieverordnung und der Gewerbeabfallverord- Bauabfalls zu verhindern. nung. Das alte Sprichwort „Was lange währt, wird end- Halten wir fest: Beim Recycling von Bauabfällen wird lich gut“ trifft hier jedoch nicht zu; denn wirklich gut unnötig Potenzial verschenkt. Von einer einheitlichen und findet die Mantelverordnung eigentlich keiner, vor allem praktikablen Lösung kann keine Rede sein. Darüber die Bau- und Abbruchwirtschaft nicht. hinaus werden die Baukosten steigen, und damit schießt Ich möchte noch einmal an die Ziele der Mantelver- sich der Staat selbst ins Bein; denn dies wird vor allem (B) ordnung erinnern: Man wollte einen ausgewogenen den Straßen- und Gleisbau betreffen. So werden auch die (D) Kompromiss zwischen Bodenschutz und Wasserschutz Bürger über die Erschließungsbeiträge beim Straßenbau auf der einen Seite und Recycling und Bauabfällen auf an den explodierenden Baukosten beteiligt. – Das lehnt der anderen Seite. Man wollte eine einheitliche und prak- die AfD entschieden ab. tikable Lösung. (Beifall bei der AfD) An diesen Zielen sind die etablierten Parteien, die im Werte Kolleginnen und Kollegen, dass die Mantelver- Bund und in den Ländern regieren, jedoch gescheitert. ordnung nach zwei Jahren evaluiert werden soll, um Feh- (Beifall bei der AfD) ler zu korrigieren, ist ein schwacher Trost. Früher war noch entscheidend, was hinten rauskommt. Heute ist ent- Was diese hier präsentieren, ist nichts anderes als eine scheidend, dass überhaupt noch etwas rauskommt. Gute Mogelpackung – nicht mehr und nicht weniger. Politik sieht jedenfalls anders aus. Das ist vermutlich auch der Grund dafür, warum die Vielen Dank. Mantelverordnung ohne Debatte im Deutschen Bundes- tag verabschiedet werden sollte. Die AfD hat darauf (Beifall bei der AfD – Marianne Schieder gedrängt, dieses wichtige Thema im Bundestag zu debat- [SPD]: Gute Reden auch!) tieren. Vizepräsident Wolfgang Kubicki: (Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Ja, ja!) Vielen Dank, Herr Kollege Bleck. – Die Kolleginnen Unsere Kritik am 338-seitigen Verordnungsentwurf und Kollegen Michael Kießling, CDU/CSU-Fraktion, kann ich aus zeitlichen Gründen nur an drei Punkten kon- Judith Skudelny, FDP-Fraktion, Ralph Lenkert, Fraktion kretisieren: Die Linke, Dr. Bettina Hoffmann, Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen, und Michael Thews, SPD-Fraktion, haben Erstens. Mineralische Ersatzbaustoffe unterliegen ihre Reden zu Protokoll gegeben,1) sodass ich die Aus- auch weiterhin dem Abfallregime, obwohl qualitativ sprache schließen kann. hochwertige Sekundärrohstoffe den Primärrohstoffen in nichts nachstehen. Sekundärrohstoffe haben ein Akzep- Mir liegt eine Erklärung gemäß § 31 der Geschäfts- tanzproblem und sind kaum nachgefragt. Kein Wunder: ordnung vor.2) Bauherren haben wegen der Unwägbarkeiten kein Inte- resse daran, Sekundärrohstoffe zu verwenden, die ja als 1) Anlage 30 Abfälle gelten. 2) Anlage 31 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30135-30141

Vizepräsident Wolfgang Kubicki (A) Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschus- Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist (C) ses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zu dieser Entschließungsantrag bei Enthaltung der Fraktion der Verordnung der Bundesregierung zur Einführung der AfD gegen die Stimmen der FDP-Fraktion mit den einer Ersatzbaustoffverordnung, zur Neufassung der Stimmen der übrigen Fraktionen des Hauses abgelehnt. Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung und zur Änderung der Deponieverordnung und der Gewerbeab- Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesord- fallverordnung. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Be- nung. Ich darf mich auch im Namen der Bundestagsver- schlussempfehlung auf Drucksache 19/30478, der Ver- waltung für den kollegialen und solidarischen Beitrag zur ordnung auf Drucksache 19/29636 zuzustimmen. Wer Abarbeitung der heutigen Tagesordnung ausdrücklich stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt bedanken. dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist diese Beschluss- empfehlung bei Enthaltung der Fraktion der FDP und der Fraktion Die Linke gegen die Stimmen der AfD-Fraktion Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes- mit den Stimmen der übrigen Fraktionen des Hauses tages auf heute, Freitag, den 11. Juni 2021, 9 Uhr, ein. angenommen. Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie- Die Sitzung ist geschlossen. ßungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 19/30559. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? – (Schluss: 00.59 Uhr)

(B) (D)

Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30143

(A) Anlagen zum Stenografischen Bericht (C)

Anlage 1 Entschuldigte Abgeordnete

Abgeordnete(r) Abgeordnete(r)

Bartke, Dr. Matthias SPD Marwitz, Hans-Georg von CDU/CSU der Bernhard, Marc AfD Miazga, Corinna AfD Brandt, Michel DIE LINKE Müller, Hansjörg AfD De Masi, Fabio DIE LINKE Müller-Böhm, Roman FDP De Ridder, Dr. Daniela SPD Paschke, Markus SPD Ehrhorn, Thomas AfD Petry, Christian SPD Esken, Saskia SPD Reichardt, Martin AfD Felser, Peter AfD Remmers, Ingrid DIE LINKE Freihold, Brigitte DIE LINKE Rupprecht, Albert CDU/CSU Gabelmann, Sylvia DIE LINKE Ryglewski, Sarah SPD Gienger, Eberhard CDU/CSU Schneidewind-Hartnagel, BÜNDNIS 90/ Hebner, Martin AfD Charlotte DIE GRÜNEN Held, Marcus SPD Schulz, Martin SPD Kaiser, Elisabeth SPD (B) Siebert, Bernd CDU/CSU (D) Kamann, Uwe fraktionslos Wagner, Andreas DIE LINKE Kipping, Katja DIE LINKE Zdebel, Hubertus DIE LINKE Lehmann, Sven BÜNDNIS 90/ Zimmermann, Pia DIE LINKE DIE GRÜNEN Leidig, Sabine DIE LINKE Lindner, Christian FDP

Anlage 2

Ergebnis der Wahl eines Stellvertreters des Präsidenten des Deutschen Bundestages (3. Wahlgang) (Tagesordnungspunkt 11) Abgegebene Stimmkarten: 651 Abgeordnete/r Ja-Stimmen* Nein-Stimmen Enthaltungen Ungültige Stimmen Dr. Harald Weyel 101 531 19 –

* Für die Wahl sind mehr Ja- als Nein-Stimmen erforderlich, Enthaltungen werden nicht berücksichtigt. 30144 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Anlage 3 (C)

Ergebnis der Wahl der Bundesbeauftragten für die Opfer der SED-Diktatur beim Deutschen Bundestag (Opferbeauf­ tragte) gemäß § 5 des SED-Opferbeauftragtengesetzes (Zusatzpunkt 3) Abgegebene Stimmkarten: 651 Abgeordnete/r Ja-Stimmen* Nein-Stimmen Enthaltungen Ungültige Stimmen Evelyn Zupke 516 81 54 –

* Zur Wahl sind mindestens 355 Ja-Stimmen erforderlich.

Anlage 4

Ergebnis der Wahl eines Mitglieds des Vertrauensgremiums gemäß § 10a Absatz 2 der Bundeshaushaltsordnung (Tagesordnungspunkt 12 a) Abgegebene Stimmkarten: 651 Abgeordnete/r Ja-Stimmen* Nein-Stimmen Enthaltungen Ungültige Stimmen Marcus Bühl 105 518 27 1

* Zur Wahl sind mindestens 355 Ja-Stimmen erforderlich.

Anlage 5

Ergebnis der Wahl von Mitgliedern des Gremiums gemäß § 3 des Bundesschuldenwesengesetzes (B) (Tagesordnungspunkt 12 b) (D) Abgegebene Stimmkarten: 651 Abgeordnete/r Ja-Stimmen* Nein-Stimmen Enthaltungen Ungültige Stimmen Albrecht Glaser 100 528 23 – Volker Münz 108 512 26 5

* Zur Wahl sind mindestens 355 Ja-Stimmen erforderlich.

Anlage 6

Ergebnisse der Wahl von Mitgliedern des Sondergremiums gemäß § 3 Absatz 3 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes (Tagesordnungspunkt 12 c) Abgegebene Stimmkarten: 651 Ergebnis der Wahl eines ordentlichen Mitglieds Abgeordnete/r Ja-Stimmen* Nein-Stimmen Enthaltungen Ungültige Stimmen Peter Boehringer 118 506 24 3

* Zur Wahl sind mindestens 355 Ja-Stimmen erforderlich. Abgegebene Stimmkarten: 651 Ergebnis der Wahl eines stellvertretenden Mitglieds Abgeordnete/r Ja-Stimmen* Nein-Stimmen Enthaltungen Ungültige Stimmen Dr. Birgit Malsack-Winkemann 101 522 26 2

* Zur Wahl sind mindestens 355 Ja-Stimmen erforderlich. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30145

(A) Anlage 7 (C)

Namensverzeichnis der Mitglieder des Deutschen Bundestages, die an den Wahlen zu den Tagesordnungspunkten 11 und 12 a bis c sowie zum Zusatzpunkt 3 teilgenommen haben

CDU/CSU Michael Grosse-Brömer Jens Lehmann Eckhardt Rehberg Astrid Grotelüschen Paul Lehrieder Lothar Riebsamen Dr. Michael von Abercron Markus Grübel Dr. Katja Leikert Josef Rief Stephan Albani Manfred Grund Dr. Andreas Lenz Johannes Röring Norbert Maria Altenkamp Oliver Grundmann Dr. Norbert Röttgen Peter Altmaier Antje Lezius Monika Grütters Stefan Rouenhoff Philipp Amthor Andrea Lindholz Fritz Güntzler Erwin Rüddel Artur Auernhammer Dr. Carsten Linnemann Olav Gutting Stefan Sauer Peter Aumer Patricia Lips Dorothee Bär Christian Haase Bernhard Loos Anita Schäfer (Saalstadt) Thomas Bareiß Florian Hahn Dr. Jan-Marco Luczak Dr. Wolfgang Schäuble Norbert Barthle Jürgen Hardt Daniela Ludwig Andreas Scheuer Maik Beermann Matthias Hauer Dr. Saskia Ludwig Jana Schimke Manfred Behrens (Börde) Dr. Matthias Heider Karin Maag Tankred Schipanski Veronika Bellmann Mechthild Heil Yvonne Magwas Christian Schmidt (Fürth) Sybille Benning Thomas Heilmann Dr. Thomas de Maizière Dr. Claudia Schmidtke Dr. André Berghegger Frank Heinrich (Chemnitz) Gisela Manderla Patrick Schnieder Melanie Bernstein Mark Helfrich Dr. Astrid Mannes Nadine Schön Christoph Bernstiel Rudolf Henke Matern von Marschall Felix Schreiner Peter Beyer Michael Hennrich Andreas Mattfeldt Dr. Klaus-Peter Schulze Marc Biadacz Marc Henrichmann Stephan Mayer (Altötting) Uwe Schummer Steffen Bilger Ansgar Heveling Dr. Michael Meister Torsten Schweiger Peter Bleser Christian Hirte Jan Metzler Detlef Seif Norbert Brackmann Dr. Heribert Hirte Dr. h. c. (Univ Kyiv) Hans Johannes Selle Michael Brand (Fulda) Alexander Hoffmann Michelbach Reinhold Sendker (B) Dr. Reinhard Brandl Karl Holmeier Dr. Mathias Middelberg Dr. Patrick Sensburg (D) Silvia Breher Dr. Hendrik Hoppenstedt Dietrich Monstadt Thomas Silberhorn Sebastian Brehm Erich Irlstorfer Karsten Möring Björn Simon Heike Brehmer Hans-Jürgen Irmer Elisabeth Motschmann Tino Sorge Ralph Brinkhaus Thomas Jarzombek Axel Müller Jens Spahn Dr. Carsten Brodesser Andreas Jung Dr. Gerd Müller Katrin Staffler Gitta Connemann Ingmar Jung Sepp Müller Frank Steffel Alexander Dobrindt Alois Karl Carsten Müller Dr. Wolfgang Stefinger (Braunschweig) Michael Donth Anja Karliczek Albert Stegemann Marie-Luise Dött Torbjörn Kartes Stefan Müller (Erlangen) Andreas Steier Hansjörg Durz Volker Kauder Christian Natterer Peter Stein (Rostock) Thomas Erndl Dr. Stefan Kaufmann Dr. Andreas Nick Sebastian Steineke Dr. Dr. h. c. Bernd Fabritius Ronja Kemmer Petra Nicolaisen Johannes Steiniger Hermann Färber Roderich Kiesewetter Michaela Noll Christian Frhr. von Stetten Uwe Feiler Michael Kießling Kristina Nordt Dieter Stier Enak Ferlemann Dr. Georg Kippels Wilfried Oellers Gero Storjohann Axel E. Fischer (Karlsruhe- Volkmar Klein Florian Oßner Stephan Stracke Land) Axel Knoerig Josef Oster Max Straubinger Dr. Maria Flachsbarth Jens Koeppen Dr. Tim Ostermann Dr. Hermann-Josef Tebroke Thorsten Frei Markus Koob Hans-Jürgen Thies Dr. Hans-Peter Friedrich Carsten Körber Ingrid Pahlmann Alexander Throm (Hof) Kordula Kovac Sylvia Pantel Antje Tillmann Maika Friemann-Jennert Alexander Krauß Martin Patzelt Markus Uhl Michael Frieser Gunther Krichbaum Dr. Joachim Pfeiffer Dr. Volker Ullrich Hans-Joachim Fuchtel Dr. Günter Krings Stephan Pilsinger Arnold Vaatz Ingo Gädechens Rüdiger Kruse Dr. Christoph Ploß Kerstin Vieregge Dr. Thomas Gebhart Michael Kuffer Eckhard Pols Thomas Viesehon Alois Gerig Dr. Dr. h. c. Karl A. Lamers Thomas Rachel Christoph de Vries Eckhard Gnodtke Andreas G. Lämmel Kerstin Radomski Kees de Vries Ursula Groden-Kranich Katharina Landgraf Alexander Radwan Dr. Johann David Wadephul Hermann Gröhe Ulrich Lange Alois Rainer Marco Wanderwitz Klaus-Dieter Gröhler Dr. Silke Launert Dr. Peter Ramsauer Nina Warken 30146 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Kai Wegner Gabriele Hiller-Ohm Udo Schiefner Dr. Heiko Heßenkemper (C) Albert H. Weiler Thomas Hitschler Dr. Nils Schmid Karsten Hilse Marcus Weinberg Frank Junge Uwe Schmidt Nicole Höchst (Hamburg) Josip Juratovic Ulla Schmidt (Aachen) Martin Hohmann Dr. Anja Weisgerber Thomas Jurk Dagmar Schmidt (Wetzlar) Dr. Bruno Hollnagel Peter Weiß Oliver Kaczmarek Carsten Schneider (Erfurt) Leif-Erik Holm (Emmendingen) Ralf Kapschack Johannes Schraps Fabian Jacobi Sabine Weiss (Wesel I) Gabriele Katzmarek Michael Schrodi Dr. Marc Jongen Ingo Wellenreuther Cansel Kiziltepe Ursula Schulte Jens Kestner Marian Wendt Arno Klare Swen Schulz (Spandau) Stefan Keuter Kai Whittaker Lars Klingbeil Frank Schwabe Norbert Kleinwächter Annette Widmann-Mauz Dr. Bärbel Kofler Stefan Schwartze Enrico Komning Bettina Margarethe Daniela Kolbe Andreas Schwarz Jörn König Wiesmann Elvan Korkmaz-Emre Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Rainer Kraft Klaus-Peter Willsch Anette Kramme Rainer Spiering Rüdiger Lucassen Elisabeth Winkelmeier- Frank Magnitz Becker Christine Lambrecht Svenja Stadler Jens Maier Emmi Zeulner Christian Lange Martina Stamm-Fibich (Backnang) Dr. Lothar Maier Paul Ziemiak Sonja Amalie Steffen Dr. Karl Lauterbach Dr. Birgit Malsack- Dr. Matthias Zimmer Mathias Stein Sylvia Lehmann Kerstin Tack Winkemann Helge Lindh Michael Thews Andreas Mrosek SPD Hiltrud Lotze Markus Töns Volker Münz Sebastian Münzenmaier Niels Annen Kirsten Lühmann Carsten Träger Christoph Neumann Ingrid Arndt-Brauer Heiko Maas Marja-Liisa Völlers Jan Ralf Nolte Bela Bach Isabel Mackensen-Geis Dirk Vöpel Ulrich Oehme Heike Baehrens Caren Marks Gabi Weber Gerold Otten Ulrike Bahr Dorothee Martin Dr. Joe Weingarten Tobias Matthias Peterka Nezahat Baradari Katja Mast Bernd Westphal Paul Viktor Podolay Doris Barnett Christoph Matschie Dirk Wiese Jürgen Pohl Sören Bartol Hilde Mattheis Gülistan Yüksel Stephan Protschka Bärbel Bas Dr. Matthias Miersch Dagmar Ziegler Martin Erwin Renner Lothar Binding Klaus Mindrup Stefan Zierke Roman Johannes Reusch (B) (Heidelberg) Susanne Mittag Dr. Jens Zimmermann (D) Dr. Eberhard Brecht Falko Mohrs Ulrike Schielke-Ziesing Leni Breymaier Claudia Moll Dr. Robby Schlund AfD Katrin Budde Siemtje Möller Jörg Schneider Dr. Lars Castellucci Bettina Müller Dr. Bernd Baumann Uwe Schulz Bernhard Daldrup Detlef Müller (Chemnitz) Andreas Bleck Thomas Seitz Dr. Karamba Diaby Michelle Müntefering Peter Boehringer Martin Sichert Esther Dilcher Dr. Rolf Mützenich Stephan Brandner Detlev Spangenberg Sabine Dittmar Jürgen Braun Dr. Dirk Spaniel Dr. Wiebke Esdar Ulli Nissen Marcus Bühl René Springer Beatrix von Storch Yasmin Fahimi Josephine Ortleb Matthias Büttner Dr. Alice Weidel Dr. Johannes Fechner Mahmut Özdemir Tino Chrupalla Dr. Harald Weyel Dr. Fritz Felgentreu (Duisburg) Dr. Gottfried Curio Wolfgang Wiehle Dr. Edgar Franke Aydan Özoğuz Siegbert Droese Dr. Heiko Wildberg Ulrich Freese Detlev Pilger Berengar Elsner von Dagmar Freitag Sabine Poschmann Gronow Dr. Christian Wirth Michael Gerdes Achim Post (Minden) Dr. Michael Espendiller Martin Gerster Florian Pronold Dietmar Friedhoff FDP Martin Rabanus Angelika Glöckner Dr. Anton Friesen Grigorios Aggelidis Mechthild Rawert Timon Gremmels Dr. Götz Frömming Renata Alt Sönke Rix Kerstin Griese Dr. Alexander Gauland Christine Aschenberg- Uli Grötsch Dennis Rohde Albrecht Glaser Dugnus Bettina Hagedorn Dr. Martin Rosemann Franziska Gminder Nicole Bauer Rita Hagl-Kehl René Röspel Wilhelm von Gottberg Jens Beeck Metin Hakverdi Dr. Ernst Dieter Rossmann Kay Gottschalk Dr. Jens Brandenburg Sebastian Hartmann Michael Roth (Heringen) Armin-Paulus Hampel (Rhein-Neckar) Dirk Heidenblut Susann Rüthrich Mariana Iris Harder- Mario Brandenburg Hubertus Heil (Peine) Bernd Rützel Kühnel (Südpfalz) Gabriela Heinrich Johann Saathoff Dr. Roland Hartwig Sandra Bubendorfer-Licht Wolfgang Hellmich Axel Schäfer (Bochum) Jochen Haug Dr. Marco Buschmann Dr. Barbara Hendricks Dr. Nina Scheer Udo Theodor Hemmelgarn Karlheinz Busen Gustav Herzog Marianne Schieder Waldemar Herdt Carl-Julius Cronenberg Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30147

(A) Britta Katharina Dassler Judith Skudelny Cornelia Möhring Dr. Kirsten Kappert- (C) Christian Dürr Dr. Hermann Otto Solms Norbert Müller (Potsdam) Gonther Hartmut Ebbing Bettina Stark-Watzinger Zaklin Nastic Uwe Kekeritz Dr. Marcus Faber Dr. Marie-Agnes Strack- Dr. Alexander S. Neu Katja Keul Daniel Föst Zimmermann Thomas Nord Sven-Christian Kindler Otto Fricke Benjamin Strasser Petra Pau Maria Klein-Schmeink Dr. Christopher Gohl Katja Suding Sören Pellmann Sylvia Kotting-Uhl Thomas Hacker Michael Theurer Victor Perli Oliver Krischer Reginald Hanke Stephan Thomae Tobias Pflüger Christian Kühn (Tübingen) Peter Heidt Manfred Todtenhausen Martina Renner Renate Künast Katrin Helling-Plahr Dr. Florian Toncar Bernd Riexinger Markus Kurth Markus Herbrand Dr. Andrew Ullmann Eva-Maria Schreiber Monika Lazar Torsten Herbst Gerald Ullrich Dr. Petra Sitte Steffi Lemke Katja Hessel Johannes Vogel (Olpe) Kersten Steinke Dr. Tobias Lindner Dr. Gero Clemens Hocker Sandra Weeser Friedrich Straetmanns Dr. Irene Mihalic Manuel Höferlin Nicole Westig Claudia Müller Dr. Christoph Hoffmann Dr. Kirsten Tackmann Katharina Willkomm Beate Müller-Gemmeke Reinhard Houben Jessica Tatti Dr. Ingrid Nestle Ulla Ihnen Dr. Axel Troost DIE LINKE Olaf In der Beek Alexander Ulrich Dr. Konstantin von Notz Gyde Jensen Doris Achelwilm Kathrin Vogler Omid Nouripour Karsten Klein Gökay Akbulut Dr. Sahra Wagenknecht Friedrich Ostendorff Dr. Marcel Klinge Simone Barrientos Harald Weinberg Cem Özdemir Daniela Kluckert Dr. Dietmar Bartsch Katrin Werner Lisa Paus Pascal Kober Lorenz Gösta Beutin Sabine Zimmermann Filiz Polat Dr. Lukas Köhler Matthias W. Birkwald (Zwickau) Tabea Rößner Carina Konrad Heidrun Bluhm-Förster Dr. Manuela Rottmann Wolfgang Kubicki Christine Buchholz BÜNDNIS 90/ Corinna Rüffer Konstantin Kuhle Dr. Birke Bull-Bischoff DIE GRÜNEN Manuel Sarrazin Alexander Kulitz Jörg Cezanne Ulle Schauws Lisa Badum Alexander Graf Sevim Dağdelen Dr. Frithjof Schmidt Annalena Baerbock Lambsdorff Dr. Diether Dehm Stefan Schmidt (B) Ulrich Lechte Anke Domscheit-Berg Margarete Bause Kordula Schulz-Asche (D) Michael Georg Link Klaus Ernst Canan Bayram Dr. Wolfgang Strengmann- (Heilbronn) Susanne Ferschl Dr. Franziska Brantner Kuhn Oliver Luksic Nicole Gohlke Agnieszka Brugger Margit Stumpp Till Mansmann Dr. Gregor Gysi Dr. Anna Christmann Markus Tressel Dr. Jürgen Martens Dr. André Hahn Dr. Janosch Dahmen Jürgen Trittin Christoph Meyer Heike Hänsel Ekin Deligöz Dr. Julia Verlinden Alexander Müller Matthias Höhn Katharina Dröge Daniela Wagner Roman Müller-Böhm Andrej Hunko Harald Ebner Beate Walter-Rosenheimer Frank Müller-Rosentritt Ulla Jelpke Marcel Emmerich Wolfgang Wetzel Dr. Martin Neumann Matthias Gastel (Lausitz) Kerstin Kassner Gerhard Zickenheiner Kai Gehring Matthias Nölke Dr. Achim Kessler Stefan Gelbhaar Hagen Reinhold Jan Korte Fraktionslos Bernd Reuther Jutta Krellmann Katrin Göring-Eckardt Dr. h. c. Thomas Caren Lay Erhard Grundl Marco Bülow Sattelberger Ralph Lenkert Anja Hajduk Verena Hartmann Christian Sauter Stefan Liebich Britta Haßelmann Lars Herrmann Frank Schäffler Dr. Gesine Lötzsch Dr. Bettina Hoffmann Mario Mieruch Dr. Wieland Schinnenburg Thomas Lutze Dr. Anton Hofreiter Dr. Georg Nüßlein Matthias Seestern-Pauly Pascal Meiser Ottmar von Holtz Frank Sitta Amira Mohamed Ali Dieter Janecek Dr. Frauke Petry 30148 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Anlage 8 gegenüber dem Parlamentarischen Kontrollgremium (C) und den Auftrag, der G10-Kommission weiteres Personal Erklärung nach § 31 GO zur Verfügung zu stellen. Damit stärken wir die parla- der Abgeordneten Josephine Ortleb (SPD) mentarische Kontrolle. – zu der namentlichen Abstimmung über den von Zum Bundespolizeigesetz. Über 50 000 Bundespolizis- der Bundesregierung eingebrachten Entwurf tinnen und Bundespolizisten sorgen für unsere Sicherheit eines Gesetzes zur Anpassung des Verfassungs- an den deutschen Grenzen, an den Flughäfen und Bahn- schutzrechts höfen und leisten dabei eine wichtige Arbeit. und Die vorgesehenen Änderungen stellen ganz konkrete Verbesserungen für ihre tagtägliche Arbeit und die Poli- – zu der Abstimmung über den von den Fraktio- zeipraxis dar. Ziel des Einsatzes der Quellen-TKÜ ist die nen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Ent- Bekämpfung von organisierter Kriminalität, nämlich wurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Schleuserkriminalität und Menschenhandel. Im Gegen- Rechtsgrundlagen der Bundespolizei satz zum BKA ist der Einsatz der Quellen-TKÜ für die (Tagesordnungspunkte 15 a und 16 a) Bundespolizei auf diese Verbrechensformen begrenzt. Rein technisch gesehen erhält die Bundespolizei bei der Der Deutsche Bundestag hat heute in zweiter und drit- Quellen-TKÜ die gleichen Befugnisse wie das Bundes- ter Lesung zwei unterschiedliche Gesetzentwürfe verab- kriminalamt, es wird also kein neues Instrument geschaf- schiedet: die Modernisierung der Rechtsgrundlagen der fen. Mit der Quellen-TKÜ wird die aktuell laufende Bundespolizei und die Anpassung des Verfassungs- Kommunikation mitgelesen, vergleichbar mit dem Abhö- schutzrechts. ren von Telefongesprächen. Einen Zugriff auf gespei- Zum Verfassungsschutzgesetz. Die vorgesehenen Re- cherte Inhalte, also eine Onlinedurchsuchung, wird es gelungen sollen dem Bundesamt für Verfassungsschutz nicht geben. Eine Richterin bzw. ein Richter darf eine die Instrumente in die Hand geben, um effektiver gegen TKÜ und Quellen-TKÜ nur anordnen, wenn dies zur Extremisten und Verfassungsfeinde in der analogen und Abwehr einer dringenden Gefahr geboten ist, zum Bei- in der digitalen Welt vorgehen zu können. Es geht bei spiel für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder diesem Gesetzentwurf ausdrücklich und insbesondere eines Landes, oder einer dringenden Gefahr für Leib, um die bessere Bekämpfung von Rechtsextremismus Leben oder Freiheit einer Person oder Sachen von bedeu- und Rechtsterrorismus. Wenn unsere Demokratie wehr- tendem Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse haft sein will, brauchen wir wirksame Instrumente als liegt. Frühwarnsystem. Nur wenn wir die Angreifer der Demo- (B) Damit ist der Anwendungsbereich eng begrenzt, und (D) kratie kennen, können wir wirksam gegen sie vorgehen. die richterliche Anordnung ist eine wichtige rechtsstaat- Und notwendig ist das digital genauso wie analog. Eine liche Kontrolle, damit so ein Instrument gerade nicht gute Aufklärung schwerer Bedrohungen braucht zeitge- willkürlich eingesetzt werden kann. mäße Befugnisse. Wenn die Angreifer der Demokratie Messengerdienste nutzen, haben die Behörden wenig da- Am Ende stand eine politische Abwägung: es gab noch von, nur Telefongespräche abzuhören. Gleichzeitig ist die offene Vorhaben des Koalitionsvertrages von unserer Sei- parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste für mich te, aber auch vonseiten unseres Koalitionspartners. von besonderer Bedeutung und elementar. Diese müssen Aus den genannten inhaltlichen Gründen und unter wir als Parlamentarier/-innen weiter stärken und einfor- Abwägung der Balance aus Befugnissen und deutlich dern. stärkeren Kontrollmechanismen stimme ich den Geset- Die Quellen-TKÜ für die Nachrichtendienste soll diese zen mit meiner Fraktion im Rahmen der derzeitigen Lücke schließen, damit digitale Kommunikation von Ext- Mehrheits- und Koalitionsverhältnisse zu. remisten über Messengerdienste aufgeklärt werden kann. Der Verfassungsschutz soll damit die Kommunikation ab dem Zeitpunkt anschauen können, ab dem er die Anlage 9 Erlaubnis dazu erhalten hat. Auch der Verfassungsschutz braucht für jede Überwachung eine ausdrückliche Anord- Zu Protokoll gegebene Reden nung (und damit Prüfung) durch die G 10-Kommission. zur Beratung Was die Mitwirkungspflichten der Telekommunikations- unternehmen angeht, hat die SPD klargestellt, dass diese – des Antrags der Abgeordneten Susanne nicht verpflichtet sind, die Verschlüsselung aufzuheben. Ferschl, Doris Achelwilm, Matthias W. Abgewehrt haben wir außerdem den Wunsch von CDU/ Birkwald, weiterer Abgeordneter und der CSU nach der Onlinedurchsuchung. Unsere Leitlinie Fraktion DIE LINKE: Missbrauch von Leihar- war, dass wir analoge Befugnisse auch digital möglich beit stoppen machen wollen. Aber wir als SPD wollen keine Behör- – des von den Abgeordneten Niema Movassat, den, die in der digitalen Welt etwas dürfen, was ihnen in Susanne Ferschl, Dr. André Hahn, weiteren Ab- der analogen Welt nicht erlaubt ist. Wichtig ist, dass die geordneten und der Fraktion DIE LINKE ein- Kontrolle von TKÜ-Maßnahmen durch die G 10-Kom- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände- mission verbessert wird: Mehr Befugnisse nur gegen rung des Grundgesetzes – Verankerung des mehr Kontrolle! Zudem gibt es künftig eine regelmäßige Grundrechts auf menschenwürdige und exis- Berichtspflicht über die Anwendung der Quellen-TKÜ tenzsichernde Arbeit Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30149

(A) – der Beschlussempfehlung und des Berichts des geordneter und der Fraktion DIE LINKE: (C) Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem An- Gutes Leben und gute Arbeit für alle – Eine trag der Abgeordneten Susanne Ferschl, Klaus geschlechtergerechte Krisen- und Zukunftspo- Ernst, Matthias W. Birkwald, weiterer Abge- litik ist nötig ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Sach- grundlose Befristungen verbieten – des von den Abgeordneten Norbert Kleinwächter, Jürgen Pohl, René Springer, wei- – der Beschlussempfehlung und des Berichts des teren Abgeordneten und der Fraktion der AfD Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem An- eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än- trag der Abgeordneten Jutta Krellmann, Klaus derung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes Ernst, Matthias W. Birkwald, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: – der Beschlussempfehlung und des Berichts des 40 Stunden sind genug – Gesetzliche wöchent- Ausschusses für Arbeit und Soziales liche Höchstarbeitszeit reduzieren – der Beschlussempfehlung und des Berichts des – zu dem Antrag der Abgeordneten Uwe Witt, Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem An- René Springer, Jürgen Pohl, weiterer Abge- trag der Abgeordneten Jessica Tatti, Susanne ordneter und der Fraktion der AfD: Aufhe- Ferschl, Matthias W. Birkwald, weiterer Abge- bung der Verdienstgrenze für geringfügig ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Mehr Beschäftigte durch eine dynamische Kopp- Arbeitszeitsouveränität für Beschäftigte schaf- lung an die Inflation fen – zu dem Antrag der Abgeordneten Pascal – der Beschlussempfehlung und des Berichts des Kober, Michael Theurer, Jens Beeck, weite- Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem An- rer Abgeordneter und der Fraktion der trag der Abgeordneten Susanne Ferschl, Jessica FDP: Minijobs dynamisieren Tatti, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Damit – zu dem Antrag der Abgeordneten Susanne jede Arbeitsstunde zählt – Arbeitszeitgesetz Ferschl, Matthias W. Birkwald, Sylvia ergänzen Gabelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Minijobs in sozialver- – der Beschlussempfehlung und des Berichts des sicherungspflichtige Beschäftigung überfüh- Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem An- ren – Sozialversicherungssysteme stärken trag der Abgeordneten Susanne Ferschl, Pascal (B) (D) Meiser, Lorenz Gösta Beutin, weiterer Abge- und ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Eva- luierung des Mindestlohngesetzes zur Stärkung – der Beschlussempfehlung und des Berichts des der Beschäftigtenrechte nutzen Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang – der Beschlussempfehlung und des Berichts des Strengmann-Kuhn, Anja Hajduk, Beate Ausschusses für Arbeit und Soziales Müller-Gemmeke, weiterer Abgeordneter und – zu dem Antrag der Abgeordneten Jessica der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Tatti, Susanne Ferschl, Doris Achelwilm, wei- Arbeitsförderung in der Krise – Für einen bes- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE seren Einstieg LINKE: Gute Arbeit und soziale Sicherheit für Gig-Worker bei der ortsgebundenen – des Antrags der Abgeordneten Beate Müller- Plattformarbeit Gemmeke, Anja Hajduk, Corinna Rüffer, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- – zu dem Antrag der Abgeordneten Jessica NIS 90/DIE GRÜNEN: Soziale Mindestsiche- Tatti, Susanne Ferschl, Doris Achelwilm, wei- rung für Gig-, Click- und Crowdworker terer Abgeordneter und der Fraktion DIE ermöglichen und stärken LINKE: Gute Arbeit und soziale Sicherheit für Crowd-Worker bei der ortsungebunde- sowie nen Plattformarbeit – der Beschlussempfehlung und des Berichts des – der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu dem Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem An- Antrag der Abgeordneten Susanne Ferschl, trag der Abgeordneten Beate Müller-Ge- Fabio De Masi, Lorenz Gösta Beutin, weiterer mmeke, Anja Hajduk, Markus Kurth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ Steuergelder gegen Missbrauch durch Konzer- DIE GRÜNEN: Arbeitszeit – Urteil des Europä- ne schützen ischen Gerichtshofs umsetzen, mehr Zeitsouve- ränität ermöglichen – der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem An- – des von den Abgeordneten Pascal Kober, trag der Abgeordneten Doris Achelwilm, Michael Theurer, Johannes Vogel (Olpe), weite- Cornelia Möhring, Dr. Petra Sitte, weiterer Ab- ren Abgeordneten und der Fraktion der FDP 30150 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur ten oder Rentner. In unseren Augen ist es sinnvoll, über (C) Dynamisierung der Verdienstgrenzen der eine Weiterentwicklung der Minijobs zu diskutieren, bei- geringfügigen Beschäftigung spielsweise in Bezug auf die Höhe. (Tagesordnungspunkt 17 a bis l, Zusatzpunkte 11 Die Anträge der Linken zur Plattformarbeit verkennen und 12 sowie Tagesordnungspunkte 51 l und 51 die Mobilität solcher Plattformen. In der Konsequenz ppp) würden die Anträge der Linken dazu führen, dass weniger Plattformarbeit in Deutschland angeboten wird. Klar ist, dass wir Regelungen für diesen Bereich finden müssen. Peter Aumer (CDU/CSU): Die 16 Anträge und Worauf die Anträge der Opposition leider nicht ein- 3 Gesetzentwürfe von Linken, Grünen, FDP und AfD gehen, ist Weiterbildung im Beruf. Lebenslanges Lernen zielen alle auf die Rahmenbedingungen unserer Arbeits- ist das Zukunftsthema für den deutschen Arbeitsmarkt. welt ab. Die Initiativen nehmen die Arbeitszeit in den Blick, die Entlohnung und die Befristungen. Die Regierungsarbeit der großen Koalition hat in den letzten vier Jahren viel vorzuweisen. Mit dem Qualifizie- Die Arbeitswelt von morgen wird anders sein als die rungschancengesetz, dem „Arbeit-von-morgen-Gesetz“, von heute. Auf diese Veränderungen gilt es unseren dem Berufsbildungsmodernisierungsgesetz und dem Arbeitsmarkt vorzubereiten. Die Digitalisierung und die neuen BAföG sowie dem novellierten Aufstiegsfortbil- Flexibilisierung des Arbeitsmarktes sollten nicht nur dungsförderungsgesetz haben wir hier die Weichen für schlechtgeredet werden, sondern auch als Chance für die nächsten Jahre gestellt. Damit haben Arbeitgeber einen modernen Arbeitsmarkt gesehen werden. Klar ist: und Arbeitnehmer die Chance, über berufliche Weiterbil- Es braucht ein System der Lohnfindung über Tarifver- dung unseren Wirtschaftsstandort zu sichern und sich mit träge und ein individuelles und kollektives Arbeitsrecht weiteren Innovationen in einem globalisierten Markt zu mit ergänzenden sozialen Sicherungssystemen. behaupten. Eine Herausforderung ist die Arbeitszeit. Sowohl Be- Wir als Union wollen aber noch mehr. Es muss über triebe als auch Arbeitnehmer verlangen eine Flexibilisie- bestehende Angebote besser informiert werden, und die rung der Arbeitszeit. Grund dafür ist unter anderem die Anreize zur Weiterbildung müssen verstärkt werden. Wir Individualisierung in unserer Gesellschaft, die an die müssen lokale Bündnisse für die Transformation zur Arbeit von morgen neue Anforderungen stellt. Meine Arbeit von morgen schaffen. All diese Themen gilt es Damen und Herren der Linken, Sie haben Recht, wenn in Zukunft mit einer unionsgeführten Regierung umzu- Sie sagen, dass ohne den Arbeitnehmer keine Arbeit exis- setzen, damit unser Land auch die nächsten vier Jahre so erfolgreich wie die letzten vier Jahre geführt wird und die (B) tiert und daher gute Arbeitsbedingungen unser aller Ziel (D) sein müssen. Was Sie immer ausblenden, ist, dass es ohne Arbeit von morgen schon heute in den Blick genommen Unternehmer keine Arbeitsplätze gibt, die überhaupt gut wird. ausgestaltet werden können. Im Sinne der sozialen Marktwirtschaft gilt es, diese Balance zu wahren. Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU): Die Coro- napandemie hat im letzten Jahr in der deutschen Wirt- Ziel der Union ist es, die Höchstarbeitszeit stärker auf schaft und auf dem Arbeitsmarkt deutliche Spuren hin- die Woche auszurichten, um so Arbeitszeiten im Wochen- terlassen und auch in 2021 bestimmt sie das verlauf besser ausgleichen zu können. Dies bietet erste Wirtschaftsgeschehen. Die Krise ist noch nicht ausge- Ansätze zu mehr Flexibilität, die beiden Seiten nutzt, standen. Aber es ist Licht am Ende des Tunnels zu sehen. seien es Eltern, die ihre Kinder freitags gerne schon nach dem Mittag aus der Kita abholen wollen, oder Deshalb sollten wir in einer Arbeitsmarktdebatte nicht Arbeitgeber, die nachmittags eine Sonderschicht an so sehr rückwärtsschauen, sondern nach vorne. Die Frage einem Mittwoch benötigen, um eine Maschine auszulie- der meisten Mitbürgerinnen und Mitbürger heute ist fern. Hierbei gilt es vor allem, die Planbarkeit zu stärken. nicht: „Was war?“, sondern: „Was wird nach der Corona- So wollen wir als Union einen unbürokratischeren Um- pandemie werden?“ Unsere Aussage ist klar und eindeu- gang mit Zeitwertkonten stärken. Zusammen mit den tig: Wir wollen raus aus dem Krisenmodus, wir wollen Sozialpartnern wird es hier darum gehen, Aufbau, Nut- den wirtschaftlichen Wiederaufschwung beflügeln, wir zung, Übertragung und Sicherung zu diskutieren und aus- wollen gute Beschäftigung und gute Löhne. zugestalten. Die Experten sagen uns: Ja, das ist machbar! Das jüngste Arbeitsmarktbarometer des Instituts für Arbeits- Jetzt zum Thema Befristung. Diese sollen die Ausnah- markt- und Berufsforschung steht auf „gut“, und auch die me am deutschen Arbeitsmarkt sein. Gleichwohl können anderen Institute sehen dies genauso. Dafür gibt es ein sie Arbeitssuchenden einen Weg zum Erst- und Wieder- paar wichtige Stellschrauben, um Probleme zu lösen bzw. einstieg in den Arbeitsmarkt bieten. Sie tragen daher zu zu vermeiden: Wir hatten in der Krise wegen unserer einem erfolgreichen deutschen Arbeitsmarkt bei. Das gilt Gegenmaßnahmen und dem großangelegten Einsatz des nicht nur mit Blick auf Langzeitarbeitslosigkeit, sondern Kurzarbeitergeldes kaum einen Anstieg bei der Zahl der auch in Krisenzeiten. Missbrauch ist allerdings entschie- Bezieher von Arbeitslosengeld I, aber bei der Zahl der den entgegenzutreten. Bezieher von Arbeitslosengeld II. Auch der Minijob hat in unserem Land seine Berech- Probleme haben vor allem die Nichtqualifizierten, die tigung. Er ist Teil des Arbeitsmarktes und wird von vielen sich im Arbeitslosengeld-II-Bezug befinden. Deshalb soll als Hinzuverdienstmöglichkeit genutzt, seien es Studen- künftig die neue Regel gelten: Wer bereit ist, einen Schul- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30151

(A) oder Berufsabschluss nachzuholen, den unterstützen wir. – des von der Bundesregierung eingebrachten (C) Vorrang für Qualifikation, das ist die Basis für gute Entwurfs eines Achtzehnten Gesetzes zur Ände- Arbeit. rung des Atomgesetzes (18. AtGÄndG) Die jungen Leute dürfen auf dem Weg von der Schule – des von den Abgeordneten Dr. Rainer Kraft, in den Beruf nicht „unter die Räder“ kommen. Es ist toll, Karsten Hilse, Marc Bernhard, weiteren Abge- wenn die Bundesagentur für Arbeit an digitalen Medien ordneten und der Fraktion der AfD eingebrach- für die Berufswahl arbeitet. Aber jetzt, wo unsere Schu- ten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung len wieder Präsenzunterricht anbieten, müssen die des Atomgesetzes Berufsinformation, die Berufsberatung und die Berufs- – der Beschlussempfehlung und des Berichts des praktika wieder voll starten, auch über den Sommer und Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nuk- auch im Hinblick darauf, dass viele junge Leute noch in leare Sicherheit zu der Unterrichtung durch die Ausbildungsverhältnisse nachvermittelt werden können. Bundesregierung: Öffentlich-rechtlicher Ver- Die Angebote der Jugendsozialarbeit können da natürlich trag über die Zahlung eines finanziellen Aus- zusätzlich helfen. gleichs aufgrund des beschleunigten Atomauss- tiegs Die Coronakrise hat einen Digitalisierungsschub aus- gelöst, und die Digitalisierung wird die Arbeitswelt wei- – des von der Bundesregierung eingebrachten ter verändern. Schon vor der Krise mussten wir einen Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung Mangel an qualifizierten Fachkräften feststellen. Dieser des Entsorgungsfondsgesetzes (1. EntsorgFond- wird jetzt weiter zunehmen. Deshalb brauchen wir in sÄndG) Zukunft mehr Angebote für die berufliche Fort- und Wei- – der Beschlussempfehlung und des Berichts des terbildung aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nuk- „Qualifizierung, nicht Reglementierung“ ist das Stich- leare Sicherheit zu dem Antrag der Abgeordne- wort für die Zukunft – für gute Arbeit, für gute Löhne, ten Dr. Rainer Kraft, Karsten Hilse, Marc für sichere Arbeitsplätze. Bernhard, weiterer Abgeordneter und der Mit der Nationalen Weiterbildungsstrategie stellen wir Fraktion der AfD: Fukushima und Tschernobyl die Weichen dafür, die Auswirkungen der Coronapande- sachlich betrachten – Der Atomausstieg war ein Fehler und muss rückgängig gemacht werden mie einzudämmen, und unterstützen die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft in eine digitalisierte Ar- – der Beschlussempfehlung und des Berichts des beitswelt. Angebote sollen transparenter und besser ver- Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu dem (B) netzt werden. Die Beratung soll adressatengerechter aus- Antrag der Abgeordneten Dr. Rainer Kraft, (D) gestaltet werden, um auf die individuellen Bedürfnisse Karsten Hilse, Marc Bernhard, weiterer Abge- einzelner Personengruppen einzugehen und insbesondere ordneter und der Fraktion der AfD: Kernkraft auch Gruppen mit geringerer Weiterbildungsbeteiligung, für Umweltschutz wie zum Beispiel Migrantinnen und Migranten, mit Bera- (Tagesordnungspunkt 37 a bis g) tungsangeboten besser erreichen zu können. Ein erfol- greiches Weiterbildungssystem bietet den Beschäftigten die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten und ihr Wissen zu Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Wir erweitern, um ihre Arbeitsplätze zu erhalten oder sich beraten heute über eine ganze Reihe von Vorhaben, die neuen Berufswegen zuwenden zu können. Es bildet zu- den Bereich der Kernenergie betreffen. Wir können dabei dem die Grundlage für gesellschaftlichen Zusammenhalt grob zwischen sinnvollen und weitestgehend sinnfreien und wirtschaftlichen Aufschwung. Vorhaben unterscheiden, zwischen durchaus technischen Gesetzesänderungen, die dadurch aber nicht minder Ich habe nicht nur die Hoffnung, sondern ich bin über- wichtig sind, und dem Quatsch mit Sauce von der soge- zeugt davon, dass wir aus der Krise gestärkt hervorgehen nannten Alternative für Deutschland. werden; dass uns die Pandemie gezeigt hat, dass wir solche Situationen gemeinsam überstehen und meistern Lassen Sie mich zunächst auf die sinnvollen Maßnah- können; und dass der Zusammenhalt in der Gesellschaft men zu sprechen kommen. Mit dem Siebzehnten Gesetz während der Pandemie auch in Zukunft eine freie und zur Änderung des Atomgesetzes beschließen wir heute zugleich solidarische Gemeinschaft sichert. eine ganz wichtige Maßnahme: Wir verankern den atom- rechtlichen Funktionsvorbehalt der Exekutive im Atom- gesetz. Diese eingeschränkte Möglichkeit der gericht- lichen Überprüfung der Lastannahmen, die im Bereich Anlage 10 des Schutzes gegen Störmaßnahmen oder sonstige Ein- wirkungen Dritter von den Fachbehörden aufgezeigt wer- Zu Protokoll gegebene Reden den, ist naturgemäß notwendig. Wir stärken mit dem heu- tigen Beschluss den Funktionsvorbehalt und sichern die zur Beratung Verteidigung von Genehmigungsentscheidungen der zuständigen Fachbehörden vor Gericht. – des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Ände- Mit dem Achtzehnten Gesetz zur Änderung des Atom- rung des Atomgesetzes (Siebzehntes AtG-Ände- gesetzes nehmen wir vor dem Hintergrund des Beschlus- rungsG) ses des Bundesverfassungsgerichtes vom letzten Septem- 30152 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) ber wichtige Neuregelungen vor. Wir wollen damit alle tigen Investitionen in Kernkraftwerke in Europa und den (C) zwischen den Beteiligten strittigen Rechtsfragen ab- OECD-Ländern flächendeckend Verluste in bis zu zwei- schließend regeln und endgültig Rechtsfrieden herstellen. stelliger Milliardenhöhe produzieren. Ein Modell des DIW zeigt, dass die Kernenergie selbst bei konservativen Schließlich wollen wir heute auch ganz zentrale Ände- Annahmen mit hohen Strompreisen und niedrigen Kapi- rungen im Entsorgungsfondsgesetz beschließen. Mit dem talkosten nicht rentabel ist. Schon in der letzten Debatte Entsorgungsfonds, dem KENFO, soll die Finanzierung hierzu habe ich das gesagt: Beim Kernkraftwerk Hinkley der Kosten für die sichere Entsorgung der bereits ent- in Großbritannien sind die Investitionskosten von 19 auf standenen und bis zum Abschalten des letzten Kernkraft- 26 Milliarden Euro gestiegen. Die garantierte Einspeise- werks noch entstehenden radioaktiven Abfälle gesichert vergütung liegt hier bei über 9 Cent pro Kilowattstunde werden. Dazu legt der KENFO ein Fondsvermögen von und damit deutlich über der Einspeisevergütung für Offs- 24 Milliarden Euro an, das ihm im Juli 2017 von den hore-Windenergie. Bei den neuen Kraftwerksblöcken für Betreibern der Kernkraftwerke in Deutschland überwie- das AKW Vogtle in den USA liegen wir nach letztem sen wurde. Problematisch war bislang allerdings, dass auf Stand bei Investitionen von etwa 29 Milliarden US-Dol- den KENFO auch Vorschriften der Bundeshaushaltsord- lar. Geplant waren einmal 14 Milliarden Dollar. Die AfD nung Anwendung finden. Diese entsprechen zum Teil bleibt aber lieber weiter auf ihrem energiepolitischen Irr- nicht dem Anlagezweck des KENFO, der Ertragsmaxi- weg. mierung. Zudem enthält die BHO spezielle Vorgaben zur Rechnungslegung und umfangreiche Verfahrensvorga- ben wie Zustimmungs- und Beteiligungsvorbehalte staat- Karsten Möring (CDU/CSU): Wir beraten heute zwei licher Organe und Gruppierungsvorgaben für Einnahmen wichtige Novellen des Atomgesetzes. und Ausgaben. Kurz gesagt: Die Vorgaben der BHO pas- Zunächst zum Siebzehnten Gesetz zur Änderung des sen nicht zur Tätigkeit des KENFO, der in der Lage sein Atomgesetzes. Ein wesentliches Element der atomrecht- muss, schnell und flexibel agieren zu können. lichen Genehmigungstatbestände für kerntechnische Anlagen und Tätigkeiten im Atomgesetz ist der Nach- Mit dem heutigen Beschluss zur Änderung des Ent- sorgungsfondsgesetzes adressieren wir diese Problematik weis, dass der erforderliche Schutz gegen Störmaßnah- zielgerichtet und machen den KENFO an den Kapital- men oder „sonstige Einwirkungen Dritter“ (kurz SEWD) gewährleistet ist. Genehmigungen dieser Art werden häu- märkten handlungsfähig. Wir werden deshalb die Anwendbarkeit der BHO für die Anlagetätigkeit des fig gerichtlich angefochten. Es hat sich dabei die Recht- KENFO insgesamt ausschließen und durch speziellere, sprechung herausgebildet, dass die geheimhaltungsbe- auf den KENFO zugeschnittene Regeln ersetzen. Er dürftigen Entscheidungsgrundlagen der atomrechtlichen Genehmigung vom Gericht nicht überprüft werden, son- (B) kann damit zukünftig quasi wie ein privater Investor (D) dynamisch an den Finanzmärkten agieren und dafür sor- dern den Behörden insoweit ein atomrechtlicher Funk- gen, dass die Finanzierung der Entsorgung radioaktiven tionsvorbehalt zugebilligt wird. Abfälle sichergestellt wird. Mit der siebzehnten AtG-Novelle wird dieser atom- rechtliche Funktionsvorbehalt und dessen Umfang nun Über den Gesetzentwurf der Bundesregierung hinaus gesetzlich normiert. Damit schaffen wir Rechtssicherheit haben wir in gewohnt harmonischer Zusammenarbeit mit bei der Art und Weise, wie Anforderungen und Maßnah- unserem Koalitionspartner wichtige zusätzliche Ände- men festgelegt werden, die für die nukleare Sicherung rungen vorgenommen: Denn für die Zahlung der Kosten von Kernkraftwerken, Zwischenlagern und Transporten durch den KENFO für Maßnahmen, die die Entsorgungs- wichtig sind. kosten nicht nur unerheblich reduzieren, besteht bisher keine ausdrückliche Rechtsgrundlage. Durch eine weitere Weitere Regelungen umfassen insbesondere eine Klar- Änderung schaffen wir hierfür eine sichere Rechtsgrund- stellung der Verantwortlichkeit für die Gewährleistung lage. Künftig kann das BMU im Einvernehmen mit dem des erforderlichen Schutzes, eine Klarstellung der BMWi den KENFO durch Bescheid verpflichten, Zahl- behördlichen Verantwortlichkeiten bei der Festlegung ungen für Kosten von Maßnahmen zu leisten, die dazu der zu unterstellenden Einwirkungen und der hiergegen dienen, die Kosten für die sichere Entsorgung radioakti- zu ergreifenden Maßnahmen des Genehmigungsinhabers ver Abfälle nicht nur unerheblich zu reduzieren. sowie Grundsätze für die Festlegung der Maßnahmen des Genehmigungsinhabers. Abschließend möchte ich noch kurz auf die weniger sinnvollen Anträge zu sprechen kommen, auf den Durch die gesetzliche Verankerung des atomrechtli- Quatsch mit Sauce. Sie ahnen es: Es geht um die soge- chen Funktionsvorbehalts der Exekutive im Atomgesetz nannte Alternative für Deutschland. Die AfD hält allen schaffen wir Rechtssicherheit. Eine gerichtliche Bewer- Fakten zum Trotze an der Kernenergie fest. Sie ignoriert tung nicht geheimhaltungsbedürftiger Genehmigungsre- dabei in ihrer unbelehrbaren Art, dass die Kernenergie gelungen bleibt aber weiterhin möglich weder sauber noch wirtschaftlich ist. Denn: Das Problem Der Bundesrat hat bei grundsätzlicher Anerkennung der Endlagerung und des Abbaus des radioaktiven des Funktionsvorbehalts ein In-Camera-Verfahren in der Abfalls ist weiterhin ungelöst. Auch die von der AfD Hauptsache vorgeschlagen. Nach intensiver Diskussion regelmäßig genannten Kernreaktoren der vierten Genera- mit den juristischen Sachverständigen – auch über die tion lösen dieses Problem nicht. Die Kernenergie ist zu- öffentliche Anhörung am 5. Mai im Umweltausschuss dem eben gerade keine wirtschaftliche Energiequelle und hinaus – hat sich die Koalition der Meinung angeschlos- wird das auch in Zukunft nicht sein. Das Deutsche Institut sen, das jegliches In-Camera-Verfahren dem verfassungs- für Wirtschaftsforschung stellt etwa fest, dass die derzei- rechtlichen Gebot des rechtlichen Gehörs nicht gerecht Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30153

(A) werden kann, weil grundsätzlich dem Kläger gegenüber Auf den vorliegenden Entwurf eines Ersten Gesetzes (C) wesentliche Begründungen eines Urteils nicht mitgeteilt zur Änderung des Entsorgungsfondsgesetzes wird mein werden dürften. Ein verschiedentlich genanntes Verfah- Kollege Carsten Müller aus dem Wirtschaftsausschuss ren, in dem diese Möglichkeit genutzt wurde, ist nicht eingehen. übertragbar, weil es sich um Konkurrenten handelte, die Die vorliegenden AfD-Anträge lehnen wir ab. Für die ihre jeweiligen Geschäftsgeheimnisse dem Mitbewerber Gesetzentwürfe der Bundesregierung bitte ich aber um gegenüber nicht offenlegen wollten. Zustimmung. Die Änderungsanträge der FDP und der Grünen stüt- zen sich auf den Vorschlag des Bundesrates, den wir aus den genannten Gründen nicht für richtig halten. Es ist Anlage 11 aber festzuhalten, dass beide Alternativen zu keiner voll befriedigenden Lösung führen können. Wir haben uns Zu Protokoll gegebene Reden deshalb für den rechtssicheren und praktikablen Weg ent- zur Beratung schieden, obwohl meine Sympathie für das In-Camera- Verfahren sehr groß war und es ursprünglich auch das – des von der Bundesregierung eingebrachten Ziel der Koalition war, so auch im Koalitionsvertrag for- Entwurfs eines Gesetzes zur Abwehr von muliert. Ich möchte meiner Mitberichterstatterin und Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbe- Koalitionskollegin Dr. Nina Scheer sowie auch den werb und zur Änderung weiterer Gesetze Oppositionskolleginnen Judith Skudelny und Sylvia – der Beschlussempfehlung und des Berichts des Kotting-Uhl für den fairen und intensiven Diskussions- Finanzausschusses zu dem Antrag der Abge- prozess zu dieser Novelle danken. ordneten Markus Herbrand, Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, weiterer Abgeordneter Nun zur achtzehnten Atomgesetz-Novelle. Am und der Fraktion der FDP: Datenschutz und 31. Juni 2011 hat der Bundestag nach der Reaktorkata- Menschenrechte im Kampf gegen Steueroasen strophe von Fukushima mit breiter Mehrheit beschlossen, stärken die Nutzung der Kernenergie zur Stromerzeugung zum frühestmöglichen Zeitpunkt, gestaffelt bis 2022 zu been- (Tagesordnungspunkt 22 a und b) den und darüber hinaus die zuvor gesetzlich zusätzlich gewährten Elektrizitätsmengen wieder gestrichen. Der Dr. h. c. (Univ Kyiv) Hans Michelbach (CDU/ beschleunigte Atomausstieg war seitdem Gegenstand ge- CSU): Seit Jahren erleben wir immer wieder, dass sich richtlicher Auseinandersetzungen. Es ist das Ziel dieses transnationale Konzerne einer ordnungsgemäßen Besteu- (B) Gesetzes, die sich aus dem Dreizehnten Gesetz zur Än- erung ihrer Gewinne zu entziehen versuchen. Gleichzei- (D) derung des Atomgesetzes ergebenden Beeinträchtigun- tig gibt es weltweit Staaten, die ein Geschäftsmodell gen von verfassungsrechtlich geschützten Rechtspositio- daraus gemacht haben, Unternehmen, aber auch Privat- nen für die betroffenen Energieversorgungsunternehmen personen bei dieser Steuervermeidungsstrategie zu unter- im Einklang mit der Verfassung zu beheben und alle stützen. Ich will an dieser Stelle nur das Stichwort „Pana- hiermit verbundenen zwischen den Beteiligten strittigen ma Papers“ nennen. Solche Vorgänge sind ein Anschlag Rechtsfragen in gegenseitigem Einvernehmen abschlie- auf unsere Wirtschaftsordnung der sozialen Marktwirt- ßend so zu regeln, dass im Zusammenhang mit dem schaft. Dem müssen wir im Interesse von Steuergerech- beschleunigten Atomausstieg zwischen den Beteiligten tigkeit und fairem Wettbewerb einen Riegel vorschieben. endgültig Rechtsfrieden herrscht. Es ist ja für die Menschen in unserem Land zu Recht unverständlich, dass einige internationale Konzerne prak- Zu diesem Zweck wird verschiedenen Energieversor- tisch keine Steuern zahlen, weil die geschickt ihre Gewin- gungsunternehmen in unterschiedlichem Umfang ein ne verschieben. Hier verschaffen sich einige einen unfai- konkreter finanzieller Ausgleich für entwertete Investi- ren Vorteil. Die Leidtragenden solcher Machenschaften tionen in die Laufzeitverlängerung in Höhe von rund sind all jene in unserem Land, die redlich und ordentlich 143 Millionen Euro zugesagt. Für wegen der Laufzeitver- ihre Steuern zahlen und somit unser Staatswesen finan- ringerung unverwertbare Elektrizitätsmengen zahlt der zieren. Und um Vorverurteilungen vorzubeugen: Dazu Bund rund 2,28 Milliarden Euro. Dieser Betrag ist sozu- gehören nicht nur Steuerbürger und Mittelstand, sondern sagen die Gegenleistung für die damals gesetzlich durchaus auch international agierende Konzerne. Aber erzwungene Laufzeitverkürzung. Das geschieht durch den schwarzen Schafen müssen wir das Handwerk legen, einen einvernehmlich ausgehandelten öffentlich-rechtli- um die redlichen Steuerzahler gegen jene zu schützen, die chen Vertrag mit der Bundesrepublik Deutschland. Darin sich auf unredliche Weise bereichern. verpflichten sich die betroffenen Energieunternehmen im Gegenzug, sämtliche nationalen und internationalen Das aber ist nur im internationalen Zusammenspiel Rechtsstreitigkeiten zu beenden und keine weiteren For- möglich. Deshalb haben sich die OECD-Staaten vor derungen zu erheben. knapp zehn Jahren auf den Weg gemacht und mit dem BEPS ein 15-Punkte-Programm zur Verhinderung von Dieser Ausgleich ist angemessen und geht nicht über Steuervermeidung und Gewinnschiebung vereinbart. das verfassungsrechtlich erforderliche Maß hinaus. Da- Unser Finanzausschuss war stets ein maßgeblicher Unter- mit bringen wir jahrelange gerichtliche Auseinanderset- stützer dieses Programms. In den zurückliegenden Jahren zungen um den beschleunigten Atomausstieg nach der haben wir bereits wichtige Schritte auf diesem Weg Reaktorkatastrophe von Fukushima zu einem Ende. zurückgelegt. 30154 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Das Steueroasen-Abwehrgesetz, über das wir heute Islands, Bahamas, British Virgin Islands und wie sie nicht (C) abschließend beraten, ist ein weiterer Teil der einheitli- alle heißen. Erst wenn sie auf der Liste stehen oder ihre chen europäischen Umsetzung der BEPS-Maßnahmen. räuberischen Geschäftsmodelle geändert haben, werden Wir stützen uns dabei auf eine vom Europäischen Rat wir uns zufriedengeben. Dafür werden wir kämpfen, auch vereinbarte schwarze Liste unkooperativer Staaten, die in der nächsten Legislaturperiode. die BEPS-Mindeststandards in den Bereichen Transpa- renz in Steuersachen und unfairer Steuerwettbewerb noch immer nicht erfüllen, und auf einen abgestuften Anlage 12 Sanktionskatalog gegen Personen und Firmen, um sie davon abzubringen, ihre Geschäftsbeziehungen zu diesen Zu Protokoll gegebene Reden Staaten fortzusetzen oder neu aufzunehmen. Damit erhö- hen wir zugleich schrittweise den Druck auf die schwar- zur Beratung zen Schafe in der Staatenwelt, um sie zur Einhaltung der – des von der Bundesregierung eingebrachten BEPS-Standards zu bewegen. Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Deshalb ist dieses Gesetz ein gutes Gesetz für alle, die Berufsrechts der anwaltlichen und steuerbera- in diesem Land ordentlich ihre Steuern zahlen. Deshalb tenden Berufsausübungsgesellschaften sowie ist dieses Gesetz ein gutes Gesetz für die Wettbewerbs- zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich fähigkeit solider deutscher Unternehmen. der rechtsberatenden Berufe – des von der Bundesregierung eingebrachten Cansel Kiziltepe (SPD): In den vergangenen Jahren Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung mussten wir oft zuschauen, wie einzelne Staaten auf Kos- des notariellen Berufsrechts und zur Änderung ten der anderen einen ruinösen Steuerwettbewerb antrie- weiterer Vorschriften ben. Um es klar und deutlich zu sagen: Hier bereichern sowie sich einige wenige auf Kosten der gesamten Staatenge- meinschaft. Dem wollen und müssen wir ein Ende setzen. – der Beschlussempfehlung und des Berichts des Mit dem Steueroasen-Abwehrgesetz geben wir den Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz Finanzämtern dafür weitere Instrumente in die Hand. Es zu dem Antrag der Abgeordneten Katrin wird endlich ungemütlich für die Steuerpiraten. Helling-Plahr, Stephan Thomae, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Frak- In den vergangenen Jahrzehnten mussten wir eine Ent- tion der FDP: Rechtsstandort Deutschland stär- wicklung beobachten, in der sich vor allem kleine Staaten ken – Juristische Ausbildung an das digitale (B) zunehmend zu hochspezialisierten Steueroasen entwi- Zeitalter anpassen (D) ckelten. Mit immer neuen Angeboten versuchen sie im internationalen Steuertrickgeschäft etwas zu verdienen. (Tagesordnungspunkt 24 a und b sowie Zusatz- Allein zur Vermeidung von Unternehmenssteuern wur- punkt 18) den alleine 2017 schätzungsweise über 700 Milliarden Euro Gewinne verschoben – ein Geschäftsmodell, das Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU): Die vorliegende sich für einen einzelnen Staat lohnen mag, das aber zulas- Reform des anwaltlichen Berufsrechts ist ein wirklicher ten fast aller anderen Staaten geht. Diesen Teufelskreis Meilenstein. Wir setzen damit heute den Rahmen für eine müssen wir durchbrechen. moderne und starke Anwaltschaft, die den zukünftigen Hier setzt das Steueroasen-Abwehrgesetz an: Wer mit Erwartungen an Rechtsdienstleistungen gerecht wird. offensichtlichen Steueroasen Geschäfte macht, muss jetzt Wir stellen das anwaltliche Berufsrecht auf neue Füße mit Quellensteuern, Betriebskostenabzugsverboten und und führen damit ein Update durch. erhöhten Mitwirkungspflichten rechnen. Das macht es Die Lebenssachverhalte werden heute immer komple- aufwendiger, die Steuertrickserei weiter zu betreiben, xer. Dementsprechend steigen die Anforderungen an eine und schafft einen Anreiz für Steueroasen, ihr Geschäfts- qualitativ gute Rechtsberatung. Deswegen erweitern wir modell zu überdenken. Das ist Zuckerbrot und Peitsche die Möglichkeit für eine interdisziplinäre Zusammenar- für Steueroasen. beit von Anwälten mit anderen freien Berufen deutlich. Das Steueroasen-Abwehrgesetz steht nicht alleine. Es Damit schaffen wir Raum für Wissenstransfer und inter- ist Teil eines internationalen Kampfes gegen Steuerver- disziplinären Austausch, der neue und spezialisierte meidung und Steuerhinterziehung. Ein weiterer Meilen- Wege der Mandantenbetreuung aus einer Hand möglich stein wurde diese Woche auf dem G-7-Gipfel verabschie- macht. Für die Rechtssuchenden ist das ein echter Mehr- det: Die Mindestbesteuerung für multinationale wert. Und das stärkt den Wettbewerb und die Innova- Konzerne kommt. Nullsteuersätze zulasten aller anderen tionskraft. Die anwaltlichen Core Values bleiben dabei werden sich bald nicht mehr lohnen. in vollem Umfang gewahrt, auch die neuen Berufsausü- bungsgemeinschaften müssen alle berufsrechtlichen Doch ich kann Ihnen jetzt schon sagen: Das wird nicht Pflichten erfüllen. ausreichen. Dieses Gesetz ist nur ein weiterer Schritt. Es gibt uns die Mittel, Steueroasen trockenzulegen. Doch Mit der künftig größeren Flexibilität der gemeinsamen wir werden an der EU-Liste der Steueroasen noch nach- Berufsausübung von Anwälten und anderen freien Beru- schärfen müssen. Wir müssen sicherstellen, dass sich fen eröffnen wir neue Möglichkeiten der Mandanten- große Steueroasen nicht von der Liste mogeln können. orientierung und geben den Rechtssuchenden einen Damit meine ich die üblichen Verdächtigen: Cayman Mehrwert. Wenn sich künftig Anwälte mit Spezialisten Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30155

(A) aus anderen Berufen zusammentun können, ermöglicht dass hier neben den Regelfällen auch eine Härtefallklau- (C) dies eine hochspezialisierte Beratung aus einer Hand. sel für die Fälle eingefügt wird, die wir als Gesetzgeber So kann künftig der Rechtsanwalt zusammen mit dem nicht antizipieren können. Versicherungsmathematiker im Versicherungsrecht oder Zu guter Letzt legen wir die Grundlagen für ein digita- zusammen mit dem Biologen im Umweltrecht beraten. les Staatsexamen. Jungen Menschen verlangen wir heute Den praxisfernen Vorschlag des Bundesjustizministe- noch ab, fünfstündige Klausuren mit der Hand zu schrei- riums zum Tätigkeitsverbot beim Erhalt vertraulicher ben, obwohl sie ihr Studium über mit dem Laptop oder Informationen haben wir im parlamentarischen Verfahren Tablet mitschreiben. Dies ist nicht mehr zeitgemäß. Da- dagegen korrigiert. Für die Erstreckung des Tätigkeits- bei haben wir als Union Wert auf ein Wahlrecht gelegt. verbots auf den Erhalt vertraulicher Informationen Insgesamt handelt es sich hier um ein rundes Paket aus besteht kein praktisches Bedürfnis. Die Vorhaltung von Regelungen, welches wir auf den Weg bringen. Ich Informationen für die Prüfung von Tätigkeitsverboten bedanke mich für die konstruktive Zusammenarbeit mit wäre für die Kanzleien nicht praktikabel. Nicht nur in dem BMJV und der Koalitionspartnerin. großen Kanzleien mit mehreren Hundert Berufsträgern, sondern auch in kleinen Einheiten ist es rein faktisch Hans-Jürgen Thies (CDU/CSU): Mit den Gesetzen nicht möglich, festzustellen, welche Kenntnisse andere zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und Berufsträger in anderen Verfahren erhalten haben oder steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften und zur was allgemeines Branchenwissen ist. Es ist gut, dass Modernisierung des notariellen Berufsrechts setzen wir wir als Union die Streichung durchgesetzt haben. Meilensteine im Bereich der rechtsberatenden Berufe. Durchgesetzt haben wir als Union auch die Auflösung Mit der BRAO-Reform wird eine umfassende Neurege- des strikten Drittberatungsverbots für Syndikusrechtsan- lung der berufsrechtlichen Vorschriften für anwaltliche, wälte. Dies war ursprünglich vom Gesetzgeber so nie patentanwaltliche und steuerberatende Berufsausübungs- beabsichtigt gewesen, dennoch hat die Rechtsprechung gesellschaften vollzogen. Dadurch wird diesen Berufs- so geurteilt. Das haben wir jetzt korrigiert. Künftig kön- gruppen die rechtsformneutrale, interprofessionelle nen Syndikusrechtsanwälte damit auch Rechtsdienstleis- Zusammenarbeit mit Vertretern anderer freier Berufe we- tungen gegenüber Kunden des nichtanwaltlichen Arbeit- sentlich erleichtert. Aus verfassungsrechtlichen Gründen gebers erbringen, soweit diese einen untergeordneten haben wir den Kreis der soziierungsfähigen Berufe nicht Anteil der Tätigkeit ausmacht. Ziel war nie, dass der auf sogenannte verkammerte Berufe beschränkt. Syndikusrechtsanwalt nicht mit den Kunden seines Mit dieser Liberalisierung des Berufsrechts stärken wir Arbeitgebers in Kontakt treten darf. Die ausschließliche den Wettbewerb und die Innovationskraft im Bereich der (B) Rechtsberatung des Arbeitgebers mag vielleicht in Groß- rechtsberatenden Berufe. Wir schaffen damit Raum für (D) konzernen praktikabel sein, aber kleine und mittelständi- Wissenstransfer und einen interdisziplinären Austausch, sche Unternehmen können sich dann keinen ausschließ- der neue und spezialisierte Wege der Mandantenbetreu- lichen Syndikusrechtsanwalt leisten. Hiermit stärken wir ung aus einer Hand möglich macht. Für die Rechtssuch- die Stellung der Syndikusrechtsanwälte. Wir als Union enden bietet dies einen echten Mehrwert. Trotz der haben immer gesagt, dass Syndikusanwälte eine enorm berufsrechtlichen Liberalisierungen, die wir mit der wichtige Funktion haben; denn sie tragen das Recht in die BRAO-Reform erreichen wollen, ist es uns in diesem Unternehmen. Das muss auch in Zukunft so bleiben. Gesetz gelungen, die Wahrung der anwaltlichen, patent- anwaltlichen und steuerberatenden Berufspflichten, also Das zweite Vorhaben heute betrifft einen verwandten der Core Values, auch für Berufsausübungsgesellschaften Berufsstand, den der Notare. Hier greifen wir verschie- sicherzustellen. dene Aspekte auf, die reformbedürftig sind. Aber insbe- sondere machen wir ihn familienfreundlicher, indem das Im Steuerberatungsgesetz wollen wir eine Steuerbera- Amt zeitweise zur Betreuung minderjähriger Kinder oder terplattform und ein besonderes elektronisches Steuerbe- pflegebedürftiger Angehöriger mit einer Wiederbestel- raterpostfach einführen. Damit werden der Einsatz digita- lungsgarantie am selben Amtssitz niedergelegt werden ler Prozesse in den Steuerberaterkanzleien und die kann. elektronische Kommunikation mit den Mandanten, den Finanzverwaltungen, den Gerichten und anderen Institu- Ein weiteres Thema, welches wir angehen, ist die tionen deutlich beschleunigt. Mit diesem Innovations- Juristenausbildung. Ich bin froh, dass künftig in der juris- schub stärken wir die Leistungskraft der steuerberatenden tischen Ausbildung auch eine Auseinandersetzung mit Berufe. Davon profitieren auch ganz unmittelbar deren dem nationalsozialistischen Unrecht und dem Unrecht Mandanten. der SED-Diktatur stattfindet. Wir als Union haben Wert darauf gelegt, dass die SED-Diktatur hierbei nicht unter Mit dem Gesetz zur Modernisierung des notariellen den Tisch fällt. Wenn ich auf die Kollegen von der Linken Berufsrechts soll die Möglichkeit der Einsicht in notariel- schaue, wird mir sehr deutlich, dass es dringend notwen- le Urkunden und Verzeichnisse zu Forschungszwecken dig, dass Studierende nicht nur wissen, wer Roland Frei- für solche Vorgänge geschaffen werden, die älter als sler war, sondern auch über die „Rote Guillotine“, Hilde 70 Jahre sind. Dabei war es uns als Union wichtig, dass Benjamin, Bescheid wissen. der mit der Ausübung des Einsichtsrechts verbundene Verwaltungsaufwand begrenzt wird und auch eine ange- Schließlich machen wir mit dem Teilzeitreferendariat messene Berücksichtigung der Interessen und Belange den zweiten Abschnitt der juristischen Ausbildung auch der Urkundsbeteiligten stattfindet. Ich denke, dass uns familienfreundlicher. Als Union haben wir durchgesetzt, dies in den §§ 18a bis 18d BNotO gut gelungen ist. 30156 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Um die ausreichende Versorgung von notariellen Leis- Mandanteninformationen nicht oder nicht mehr ausrei- (C) tungen gerade auch in ländlichen Regionen abzusichern, chend geschützt sind. Ein Angestelltenverhältnis zum wird in § 5b Absatz 3 BNotO eine behutsame Lockerung Anwalt jedoch war zulässig. der örtlichen Wartezeit für angehende Anwaltsnotarinnen und Anwaltsnotare vorgenommen. Die damit bezweckte Dieses Berufsrecht ist an einigen Stellen nicht mehr Orts- und Bürgernähe von Anwaltsnotaren ist uns als zeitgemäß; das Berufsbild ist sehr traditionell und kon- Unionsfraktion ein wichtiges Anliegen. Wir stärken da- servativ. Rechtsanwälte sollen heute moderne Dienstleis- mit den ländlichen Raum insgesamt. ter sein. Komplexe Fragen bedürfen oft nicht nur um- fassender rechtlicher, sondern auch Überprüfungen in Ein weiteres Hauptanliegen des Gesetzes zur Moder- fachspezifischen Bereichen, wie im Bergrecht durch nisierung des notariellen Berufsrechts und zur Änderung Markscheider oder im Familienrecht durch Rentenversi- weiterer Vorschriften ist die Verbesserung der Vereinbar- cherungsberater. Deshalb war die Forderung berechtigt, keit von Familie und Beruf. Deshalb soll mit diesem die sinnvolle Zusammenarbeit von Rechtsanwälten mit Gesetz die Möglichkeit der Amtsniederlegung mit Wie- anderen Berufsrechtsträgern auf Augenhöhe zu gewähr- derbestellungsgarantie am selben Amtssitz auf drei Jahre leisten. verlängert werden – § 48b Absatz 2 BNotO. Die Neuregelung sieht daher vor, der Anwaltschaft, Dem Ziel der Verbesserung der Vereinbarkeit von Patentanwälten und Steuerberatern eine gesellschafts- Familie und Beruf dient auch die Einführung des Teil- rechtliche Organisationsfreiheit einzuräumen und eine zeitreferendariats in § 5b Absatz 6 DRiG. Neben der Zusammenarbeit mit anderen freien Berufen zu ermögli- Betreuung oder Pflege von minderjährigen Kindern chen – in sogenannten interprofessionellen Berufsaus- oder von nahen Angehörigen war uns als Unionsfraktion übungsgesellschaften. Damit sind wir zudem gegenüber auch die Aufnahme einer allgemeinen Härtefallklausel anderen europäischen Ländern gut aufgestellt und kon- wichtig. In besonderen persönlichen Härtefällen sollen kurrenzfähig. die Länder eine Verlängerung des Vorbereitungsdienstes ermöglichen. Auch die Ausbildung haben wir an gewandelte gesell- schaftliche Verhältnisse angepasst, und wir haben eine Die Potenziale der Digitalisierung sollen künftig auch Ausbildung in einem Teilzeitreferendariat ermöglicht. im Bereich der juristischen Staatsprüfungen besser Dass sich auch die Ausbildung mit der Gründung einer genutzt werden können. Deshalb eröffnet künftig § 5d Familie vereinbaren lässt, ist uns als Sozialdemokraten Absatz 6 DRiG den Ländern die Möglichkeit, die elektro- besonders wichtig. nische Klausur einzuführen. Allerdings haben wir im Gesetz sichergestellt, dass den Prüflingen im Falle der Über 30 Jahre Wiedervereinigung; aber deshalb dürfen (B) (D) Einführung der elektronischen Klausur ein Wahlrecht wir gerade in der Justiz die Geschichte nicht ausblenden. verbleibt, ob sie ihre Klausur handschriftlich oder elekt- Wir müssen uns weiterhin vor Augen halten, wie die ronisch erbringen wollen. Mit dieser Neuregelung gehen beiden Staaten auch in der Justiz zusammenwachsen kön- wir einen ersten Schritt hin zu der perspektivisch anzust- nen. Deshalb werden die Pflichtfächer in der Ausbildung rebenden vollständig elektronischen Prüfung. erweitert, und zwar um die Vermittlung von Wissen und Im Ergebnis modernisieren wir mit den vorliegenden die Förderung der aktiven Auseinandersetzung mit dem Gesetzentwürfen nicht nur das notarielle Berufsrecht, NS- und SED-Unrecht. So wird das Verständnis künftiger sondern auch die juristische Ausbildung und Prüfung. Rechtsanwender für die Werte des Grundgesetzes, der Wir stärken damit die Rechtspflege in Deutschland und Rechtskultur und der Einordnung von Entscheidungen legen mit der BRAO-Reform den Grundstein für die aus der Zeit des Nationalsozialismus und der SED geför- Rechtsdienstleistungen von morgen. dert, um diese in den entsprechenden Kontext zu setzen und kritisch zu hinterfragen.

Esther Dilcher (SPD): Bundesverfassungsgericht Eine weitere Maßnahme für die Vereinbarkeit von kippt die Sozietätsklausel: So wurde 2016 in der Presse Familie und Beruf sehen wir für den Notarberuf vor, getitelt. Nach § 59a Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 BRAO und zwar durch die Möglichkeit, das Amt für drei Jahre war ein beruflicher Zusammenschluss von Rechtsanwäl- niederzulegen, verbunden mit einer anschließenden Wie- ten nur mit bestimmten Angehörigen anderer Berufe zur derbestellungsgarantie am selben Amtssitz. gemeinsamen Berufsausübung möglich, nämlich insbe- Die SPD begrüßt auch die zukünftige Wahlfreiheit von sondere Patentanwälten, Steuerberatern, Wirtschaftsprü- Prüflingen, ob diese ihre Abschlussarbeiten elektronisch fern und vereidigten Buchprüfern. Warum war das so? oder handschriftlich abfassen. Jetzt wäre es gut, wenn in Der Rechtsanwalt ist Freiberufler und ein selbstständi- der Justiz auch die Digitalisierung und der technische ges, unabhängiges Organ der Rechtspflege. Er kann aber Fortschritt noch weiter voranschreiten und zur Beschleu- nicht machen, was er will. Für die Tätigkeit eines Rechts- nigung und Vereinfachung von Verfahren beitragen wür- anwalts gilt aus gutem Grund eine Vielzahl von Bestim- den. mungen. Insgesamt müssen wir jedoch feststellen, dass hier Es sollte unter anderem verhindert werden, dass durchaus weiterer Reformbedarf besteht, um die Berufe Anwälte, die einer strafbewehrten Schweigepflicht unter- von Anwälten und Notaren auch in ländlichen Regionen liegen, mit Personen ohne eine solche Verschwiegen- attraktiver zu gestalten und den Menschen vor Ort weiter heitsverpflichtung Büroräume teilen, sodass vertrauliche den Zugang zum Recht zu gewährleisten. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30157

(A) Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir wer- Kanzleien bedeutet und die Einzelanwältinnen und Ein- (C) den heute sowohl dem Gesetz zur Modernisierung des zelanwälte erfahrungsgemäß auch in großen Kammern notariellen Berufsrechts als auch der Neuregelung der durchaus vertreten sind. Berufsausübungsgesellschaften zustimmen. Der nun gefundene Kompromiss mit einer Stimmge- Notarinnen und Notaren soll es künftig ermöglicht wichtung in zehn Stufen und einer doppelten Quotierung werden, ihre Bestellung für die Betreuung bzw. Pflege sollten eigentlich funktionieren. Wir sollten die Entwick- von Angehörigen ruhen zu lassen, und die örtliche Warte- lung weiter sorgfältig beobachten, um gegebenenfalls frist vor der Bestellung soll gelockert werden. Das ist negative Auswirkungen rechtzeitig zu korrigieren. positiv, zumal es immer schwieriger wird, genug Interes- senten in jedem Amtsgerichtsbezirk zu finden. Für die Juristenausbildung wird klargestellt, dass Prü- Anlage 13 fungsleistungen künftig auch elektronisch erstellt werden Erklärungen nach § 31 GO können, und es wird endlich ein Teilzeitreferendariat ein- geführt. zu den Abstimmungen über Mit dem Änderungsantrag wird auch die Auseinander- – den von der Bundesregierung eingebrachten setzung mit dem Nationalsozialismus und der SED-Dik- Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der tatur zum Pflichtfach. Auch das ist uneingeschränkt zu im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik begrüßen. finanzierten Direktzahlungen (GAP-Direktzah- lungen-Gesetz – GAPDZG) Mit dem zweiten Gesetz, das Sie uns hier vorlegen, sollen sich Anwältinnen und Anwälte künftig mit ande- – den von der Bundesregierung eingebrachten ren freien Berufen zu Berufsausübungsgesellschaften Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der zusammenschließen dürfen. Man kann zwar daran zwei- im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik gel- feln, ob der Bedarf wirklich so groß ist, aber wenn letzt- tenden Konditionalität (GAP-Konditionalitä- lich nicht zwingende Gründe dagegenstehen, ist ein Ver- ten-Gesetz – GAPKondG) bot nicht länger zu rechtfertigen. Diese Gesellschaften – den von der Bundesregierung eingebrachten dürfen künftig alle möglichen Rechtsformen wählen, Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung des werden als Gesellschaft zur Rechtsberatung zugelassen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik ein- und sind dann selbst postulationsfähig. Und – oh Wun- zuführenden Integrierten Verwaltungs- und der! – sie erhalten sogar ein eigenes elektronisches Kanz- Kontrollsystems (GAP-Integriertes Verwal- (B) leipostfach. Wer dann genau befugt ist, das Postfach für tungs- und Kontrollsystem-Gesetz – GAPInVe- (D) die Gesellschaft zu nutzen, ist leider einigermaßen kom- KoSG) pliziert geregelt. Langfristig muss die Nutzung digitaler Kommunikation und elektronischer Postfächer genauso – den von der Bundesregierung eingebrachten einfach werden wie die Nutzung von analoger Post und Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung analoger Briefkästen. Und deswegen muss es auch ein·- des Direktzahlungen-Durchführungsgesetzes Kanzleipostfach für alle Kanzleien geben und nicht nur (Tagesordnungspunkt 26 a bis d) für die eingetragenen Gesellschaften. Das überflüssige Tätigkeitsverbot beim Erhalt vertrau- Veronika Bellmann (CDU/CSU): Zum Gesetzespa- licher Informationen haben Sie mit dem Änderungsantrag ket zur Gemeinsamen Agrarpolitik stelle ich fest, dass zum Glück gestrichen, was uns die Zustimmung zum darin enthaltenen Regelungen vielfach zulasten ostdeut- Gesetz deutlich erleichtert. scher Betriebe gehen, deren heutige Form der Agrarge- nossenschaften der damaligen politischen Entwicklung – Auch dass Sie jetzt im Nachhinein noch die Pflicht der Zwangskollektivierung in der DDR – geschuldet ist. zum Erwerb von Berufsrechtskenntnissen eingeführt ha- ben, ist zu begrüßen. Eine allgemeine Fortbildungs- Ich lehne Obergrenzen, Degression und Kappung der pflicht, wie sie seit mindestens 20 Jahren diskutiert Direktzahlungen entschieden ab und verweise auf den wird, gibt es leider immer noch nicht. besonderen Charakter der Agrargenossenschaften als Mehrfamilienbetriebe, für die die von der Agrarminister- Was ich mir außerdem gewünscht hätte, wäre eine konferenz eigentlich vorgesehene Chancengleichheit in Klarstellung, dass alle Anwaltsgesellschaften unabhän- den vorliegenden Gesetzentwürfen nicht umgesetzt wur- gig von ihrer Größe und ihrer juristischen Form selbst- den. In Debatten um Fehlentwicklungen auf dem Boden- verständlich verpflichtet sind, auch Beratungshilfeman- markt und das Vordringen von nicht landwirtschaftlichen date anzunehmen. Hier klafft die Praxis und die Investoren werden Agrargenossenschaften oft zu Unrecht Gesetzeslage leider deutlich auseinander. mit bloßen Finanzinvestoren in einen Topf geworfen. Die Umstritten ist nach wie vor die Stimmrechtsgewich- Beibehaltung der Ungleichbehandlung von Mehrfami- tung in der Bundesrechtsanwaltskammer. Die kleinen lienbetrieben wäre eine verpasste Chance für eine nach- Kammern haben die Sorge, dass künftig die großen Kam- haltige Entwicklung der Landwirtschaft in Ostdeutsch- mern, allen voran München, Berlin und Düsseldorf, land. dominieren. Ob es tatsächlich ein Demokratiedefizit Die vorliegende Reform der gemeinsamen Agrarpoli- gab, halte ich auch für zweifelhaft. Am Ende gilt aber tik mit der Folge einer deutlich geringeren Förderung, eben auch, dass große Kammern nicht automatisch große kann auch nicht an anderer Stelle ausgeglichen werden, 30158 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) sodass eine drastische finanzielle Benachteiligung der gelung für eine Bodenbearbeitung zur Grasnarbener- (C) ostdeutschen Betriebe durch dieses Gesetzespaket zu neuerung, um die Futtererträge und -qualitäten in der erwarten ist. Dass die Verantwortung über die Mittel Milchviehfütterung zu erhalten. Zu begrüßen ist an der Gemeinschaftsaufgabe Agrar- und Küstenschutz dieser Stelle die behördliche Ausnahmemöglichkeit den Landwirtschaftsministern der Länder zur Entschädi- im Einzelfall. gung der Landwirte für Ökomaßnahmen bzw. die Verrin- gerung der Anbaufläche übertragen wird, halte ich für – Pflugverbote für Dauergrünland in EU-Vogelschutz- einen Fehler. gebieten. Diese pauschale Ausweitung halte ich für überzogen, weil sie zu hohen wirtschaftlichen Einbu- Deshalb kann ich diesem Gesetzespaket nicht zustim- ßen für die betroffenen Betriebe führt. men. – Ökoregelungen für Milchviehbetriebe mit hohen Anteilen von Dauergrünland und Ackerfutterbau als Katharina Landgraf (CDU/CSU): Ich kann den Futtergrundlage. Besonders bedauerlich ist das Fehlen Gesetzen in ihrer Form nicht zustimmen. Meine Befürch- einer Ökoregelung für Grünland-Milchviehbetriebe. tungen, dass die darin enthaltenen Regelungen zulasten Leider war eine entsprechende Forderung der CDU/ der ostdeutschen Betriebe gehen, deren heutige Form der CSU-Fraktion an der ablehnenden Haltung des Koali- Agrargenossenschaften der damaligen politischen Ent- tionspartners gescheitert. wicklung – der Zwangskollektivierung in der DDR – ge- schuldet ist, konnten nicht entkräftet werden. Es ist insgesamt sehr bedauerlich, dass die oben Ich lehne Obergrenzen, Degression und Kappung der genannten Schwachstellen in den parlamentarischen Direktzahlungen entschieden ab und verweise auf den Beratungen nicht mehr gelöst werden konnten. besonderen Charakter der Agrargenossenschaften als Die Gesetzesentwürfe, die wir heute verabschieden, Mehrfamilienbetriebe, deren von der Agrarministerkon- lassen nach Abschluss der Trilog-Verhandlungen noch ferenz eigentlich vorgesehene Chancengleichheit in den Spielraum für Anpassungen, Ergänzungen und zusätzli- vorliegenden Gesetzentwürfen nicht umgesetzt wurde. In che Verordnungen. Debatten um Fehlentwicklungen auf dem Bodenmarkt und das Vordringen von nicht landwirtschaftlichen Inves- Ich appelliere an dieser Stelle an die Bundesregierung, toren werden Agrargenossenschaften oft zu Unrecht mit dass sie die oben aufgeführten Punkte berücksichtigt und fragwürdigen Investoren in einen Topf geworfen. Die die Ökoregelungen noch dergestalt ausformuliert, dass Beibehaltung der Ungleichbehandlung von Mehrfami- sie praxistauglich und für möglichst alle Landwirtinnen lienbetrieben wäre eine verpasste Chance für eine nach- und Landwirte leistbar sind, damit die finanziellen Mittel auch abgerufen werden können. (B) haltige Entwicklung der Landwirtschaft in Ostdeutsch- (D) land. Die vorliegende Reform der gemeinsamen Agrarpoli- Dieter Stier (CDU/CSU): Heute stimmen wir über das tik mit der Folge einer deutlich geringeren Förderung, sogenannte Gesetzespakt zur Gemeinsamen Agrarpolitik kann auch nicht an anderer Stelle ausgeglichen werden, (GAP) ab. Ich kann diesen Gesetzen in der vorliegenden sodass eine drastische finanzielle Benachteiligung der Fassung heute leider nicht zustimmen. ostdeutschen Betriebe durch dieses Gesetzespaket zu Meine Bedenken, dass die darin enthaltenen Regelun- erwarten ist. gen sich nachteilig auf die Agrargenossenschaften in den neuen Ländern und den ländlichen Raum auswirken, Ingrid Pahlmann (CDU/CSU): Wir stimmen heute konnten nicht stichhaltig ausgeräumt werden. Vier Punk- über mehrere Gesetzentwürfe zur nationalen Umsetzung te sind dabei für mich entscheidend. der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) ab. Ich stimme diesen Gesetzentwürfen zu, damit die Agrarzah- Erstens. Die Agrargenossenschaften in den neuen Län- lungen und die Umweltmaßnahmen pünktlich zu Beginn dern haben den Charakter von Mehrfamilienbetrieben. des Jahres 2023 starten können. Dies ist im Sinne der Die von der Agrarministerkonferenz vorgesehene Chan- landwirtschaftlichen Betriebe, der ländlichen Räume so- cengleichheit für diese Betriebe wurde nicht im notwen- wie des Umwelt- und Klimaschutzes. digen Maße berücksichtigt, daher lehne ich Obergrenzen, Degression und Kappung der Direktzahlungen ab. Da die Ausgestaltung der künftigen EU-Agrarförde- rung für die Bäuerinnen und Bauern von essenzieller Zweitens. Die vorliegenden Regelungen führen fak- Bedeutung ist, halte ich einen Abschluss der Gesetzge- tisch zu einem gewaltigen Entzug der Mittel bei den bungsverfahren zur nationalen GAP-Umsetzung noch Betrieben in den neuen Ländern und damit zu einer wei- vor dem Ende der 19. Legislaturperiode des Deutschen teren Umverteilung innerhalb Deutschlands. Dies ist Bundestages für unerlässlich. problematisch, weil – seit dem radikalen Strukturbruch vor 30 Jahren und seinen bis heute nachwirkenden Fol- Allerdings sehe ich kritische Punkte, die insbesondere gen – die ländlichen Räume Belastungen und außeror- intensive Milchviehbetriebe in den niedersächsischen dentlichen Herausforderungen ausgesetzt sind, die künf- Grünlandregionen mit ihren Moorstandorten und EU- tig nicht abklingen, sondern noch erheblich zunehmen Vogelschutzgebieten betreffen: werden. Insbesondere die demografische Situation, das – Pflugverbote auf Moorstandorten auch bei Maßnah- Ausmaß jahrelanger Abwanderung und regional auch men zur Grünlandnarbenerneuerung. Aus meiner der Strukturwandel in den Braunkohleregionen belegen Sicht bedürfte es einer gesetzlichen Unberührtheitsre- das beispielhaft. Die Möglichkeit für eine Stabilisierung Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30159

(A) des ländlichen Raumes wird damit genommen. Zumal die – zu dem Antrag der Abgeordneten Sevim (C) nun deutlich geringere Förderung auch an anderer Stelle Dağdelen, Heike Hänsel, Doris Achelwilm, nicht wesentlich ausgeglichen wird. weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Keine Waffen für die Türkei Warum gekoppelte Zahlungen, welche nunmehr einge- führt werden, nur für wenige Tierarten gelten sollen, ist – zu dem Antrag der Abgeordneten Katja für mich ebenfalls nicht schlüssig. Keul, Margarete Bause, Agnieszka Brugger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Die Tierhaltung in den neuen Ländern hat seit dem Fall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Genehmi- der Mauer zahlenmäßig gewaltig abgenommen. Deshalb gung für U-Boote an die Türkei widerrufen wären gerade bei diesem Thema andere Anreize wün- schenswert. – der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu dem Drittens. Die Trilog-Verhandlungen in Brüssel sind Antrag der Abgeordneten Katja Keul, bisher noch nicht abgeschlossen. Eine Zustimmung zum Dr. Franziska Brantner, Margarete Bause, wei- Gesetzespaket bei Nichtvorliegen eines konkret fassba- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- ren Trilog-Ergebnisses ist folglich auf vorläufige Ver- NIS 90/DIE GRÜNEN: Deutsch-französisches handlungsergebnisse und unverbindliche Erklärungen Abkommen im Rüstungsbereich – Einschrän- angewiesen. Diese können nicht Grundlage für eine kungen der deutschen Exportkontrolle verhin- abschließende Entscheidung über ein Gesetzespaket dern sein, das für mehrere Jahre und damit für einen weit über die Legislaturperiode hinausgehenden Zeitraum – der Beschlussempfehlung und des Berichts des die landwirtschaftlichen Strukturen in Deutschland mit- Ausschusses für Wirtschaft und Energie bestimmt. – zu dem Antrag der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Heike Hänsel, Michel Brandt, wei- Viertens. Mit den vorgesehenen Verordnungsermächti- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE gungen werden der Bundesregierung sehr weitreichende LINKE: Rüstungsexport stoppen – Miss- Gestaltungsmöglichkeiten zum Ende der Legislaturperio- brauch der europäischen Friedensidee ver- de ohne entsprechende Korrekturmöglichkeiten des hindern Parlaments in der Zeit bis zur Neukonstituierung des 20. Deutschen Bundestages eingeräumt. Damit werden – zu dem Antrag der Abgeordneten Stefan dem Parlament wesentliche Entscheidungen entzogen, Liebich, Heike Hänsel, Michel Brandt, weite- für welche es gewählt ist und für die es maßgeblich die rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LIN- (B) Verantwortung tragen sollte. KE: Weitere Aufrüstung Algeriens stoppen (D) – des Antrags der Abgeordneten Andrej Hunko, Heike Hänsel, Tobias Pflüger, weiterer Abge- Anlage 14 ordneter und der Fraktion DIE LINKE zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Euro- Erklärung nach § 31 GO päischen Parlaments und des Rates zur Einrich- tung des Europäischen Verteidigungsfonds der Abgeordneten Britta Haßelmann (BÜND- Ratsdok. 14285/20 NIS 90/DIE GRÜNEN) zu der Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Ent- hier: Antrag zur Erhebung einer Subsidiari- wurf eines Gesetzes zur Durchführung der im Rah- tätsklage gemäß Artikel 23 Absatz 1a des men der Gemeinsamen Agrarpolitik finanzierten Grundgesetzes in Verbindung mit § 12 des Direktzahlungen (GAP-Direktzahlungen-Gesetz – Integrationsverantwortungsgesetzes und Arti- GAPDZG) kel 8 des Protokolls (Nr. 2) über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Ver- (Tagesordnungspunkt 26 a) hältnismäßigkeit Ich erkläre im Namen der Fraktion Bündnis 90/Die (Tagesordnungspunkt 25 a bis e) Grünen, dass unser Votum Zustimmung lautet. Bernhard Loos (CDU/CSU): Meine Damen und Her- ren von der linken und grünen Opposition, fällt Ihnen Anlage 15 denn wirklich nichts Neues ein? Immer wieder die glei- che alte Leier: überzogene Kritik an einer notwendigen Zu Protokoll gegebene Reden Rüstungszusammenarbeit im Bündnis bzw. an verant- zur Beratung wortlichen Rüstungsexporten Deutschlands. Die Bundes- regierung hat vor zwei Jahren neue, verschärfte Politische – des Antrags der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Grundsätze für Rüstungsexporte beschlossen. Nehmen Heike Hänsel, Michel Brandt, weiterer Abge- sie das doch einmal zur Kenntnis. Das scheint Ihnen ja ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Waf- offenkundig noch immer entgangen zu sein. fenexporte stoppen und gesetzlich verbieten Wir verfolgen eine restriktive und verantwortungsvolle – der Beschlussempfehlung und des Berichts des Rüstungsexportpolitik. Deshalb wird über die Erteilung Ausschusses für Wirtschaft und Energie von Genehmigungen im Einzelfall nach sorgfältiger Prü- 30160 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) fung unter Einbeziehung außen- und sicherheitspoliti- fen? Nach Herrn Habeck sind das gepanzerte Fahrzeuge (C) scher Erwägungen entschieden. In den vergangenen Jah- mit Maschinengewehren und Nachtsichtgeräte? Und wie ren wurden keine neuen Genehmigungen für kritische hält es die grüne Kanzlerkandidatin denn zum Beispiel Rüstungsexportgüter erteilt, die von der Türkei im Kon- mit Waffenlieferungen zur israelischen Selbstverteidi- text von regionalen Militäroperationen eingesetzt werden gung? Ja? Nein? Oder wie meistens bei ihr: Es kommt könnten. darauf an, also Enthaltung? Im Grünen-Grundsatzpro- gramm steht: „Exporte von Waffen und Rüstungsgütern Aber bei aller berechtigten Kritik an der Türkei, es … in Kriegsgebiete verbieten sich.“ Offenkundig gilt bei handelt sich auch um ein NATO-Mitglied. Die U-Boot- den Grünen die Außenpolitik als eine Blackbox mit der Zulieferungen erfüllen langfristig abgeschlossene Ver- Aufschrift „Tarnen und Täuschen“. träge, deren vertragliche und genehmigungsrechtliche Grundlagen noch aus vorherigen Legislaturperioden Linke und Grüne stehen für gefährliche Sonder- und stammen. Und grundsätzlich: Zu einem kraftvollen Eu- Irrwege. Die Union steht für Verlässlichkeit, Bündnis- ropa gehört eben auch eine kraftvolle NATO und eine treue und internationale Zusammenarbeit. effektive Zusammenarbeit Europas in der Rüstungspro- duktion. Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD): Sehr verehrte Damen Das Abkommen über Ausfuhrkontrollen im Rüstungs- und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Rüs- bereich gibt einen Rahmen für die zukünftige Zusam- tungsexportpraxis Deutschlands muss sich verbessern; menarbeit der deutschen und der französischen Verteidi- davon sind wir als SPD-Bundestagsfraktion überzeugt. gungsindustrie. Es ist ein elementarer Schritt für eine Wir haben in Deutschland eine Reihe von Gesetzen und enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit, und es schafft politisch verbindlichen Vereinbarungen, in welchen sinn- vor allem auch Planungssicherheit. Inhalt des Abkom- volle Regelungen festgeschrieben sind, viele davon dank mens sind Regeln und Verfahren zur Exportkontrolle der SPD, wie die Entscheidung, keine Kleinwaffen in von Rüstungsgütern in drei Fallgruppen: regierungsamt- Drittstaaten zu exportieren. liche Zusammenarbeit, industrielle Zusammenarbeit und auch Zulieferungen, die außerhalb von derartigen Koope- Dennoch werden teilweise fragwürdige Exporte ge- rationen erfolgen. Bei diesen Zulieferungen bis zu einem nehmigt, die wohl weder dem Wortlaut noch der Intention Schwellenwert von 20 Prozent greift der De-minimis- unserer Vorgaben gerecht werden. In diesem Sinne finden Grundsatz, das heißt, es gilt ein vereinfachtes Genehmi- sich in den Anträgen von Grünen und Linken einige ver- gungsverfahren. Besonders sensible Zulieferungen, die ständliche Forderungen. Dies resultiert jedoch aus einem ausgenommen von der De-minimis-Regel sind, sind in Flickenteppich unterschiedlichster Vorschriften und ver- schiedenster Einzelvorschläge, die nach tagespolitischer (B) einer Ausnahmeliste im Abkommen definiert. Diese Lis- (D) te entspricht im Wesentlichen den für Zulieferungen rele- Wetterlage getroffen oder revidiert werden müssten und vanten Positionen der Kriegswaffenliste, darunter auch letztlich unplanbar sind. Wir Sozialdemokraten haben Kleinwaffen. deshalb einen anderen Ansatz – und ich bin überzeugt, dieser ist deutlich besser –: Die SPD will ein System Ich sehe wirklich nicht, wo hier irgendwelche Umge- klarer, strikter und belastbarer Regeln, ein System, auf hungen angelegt sein sollen. Und das wissen Sie auch das sich alle verlassen können, eine sichere Basis für ganz genau. Dieses Abkommen ist ein wichtiger Schritt die Personen, die über Genehmigungen entscheiden, ver- hin zu einer europäischen Harmonisierung der Rüstungs- bindliche Normen für Länder, die bei uns einkaufen wol- exportpolitik, die wir alle wollen. Die Union steht für len, Planungssicherheit für unsere Industrie, an welcher einen Dreiklang: nationale Verteidigungsfähigkeit, Erhalt eine Menge Arbeitsplätze hängen, und vor allem die Ge- einer eigenen wehrtechnischen Industrie, Zusammenar- wissheit für die Menschen weltweit, dass deutsche Rüs- beit und Zusammenhalt im Bündnis. Nach vier Jahren tungsgüter nicht in falsche Hände geraten und miss- stelle ich als Bilanz dieser Legislaturperiode im Rüs- braucht werden. tungsbereich fest: Die Linke will die deutsche Rüstungs- industrie zerstören und die dortigen Arbeitsplätze. Aber Ein solches System wollen wir umsetzen, ein echtes sie wollen auch noch mehr: Die Linke will Deutschland Regelwerk. Wir nennen es Rüstungsexportkontrollge- als verlässlichen NATO-Bündnispartner diskreditieren. setz. Was heißt das? Exporte in Drittstaaten außerhalb Die Linke will unsere NATO-Mitgliedschaft und das von EU-, NATO- und gleichgestellten Ländern sollen Bündnis grundsätzlich in Frage stellen. – Mit der Union grundsätzlich nur noch möglich sein, wenn die Länder ist das nicht zu machen. den Waffenhandelsvertrag ratifiziert haben und ihn kon- sequent umsetzen. Genehmigungen sollen für maximal Und die Grünen, was wollen die Grünen im Rüstungs- zwei Jahre erteilt werden, damit wir auf veränderte bereich eigentlich? Wissen es die Grünen überhaupt? Es Bedingungen in Empfängerländern reagieren können herrscht Verwirrung statt Klarheit. Es gleicht geradezu und dennoch alle Seiten Planungssicherheit genießen. einer außenpolitischen Geisterfahrt, wenn der Co-Vorsit- Da das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zende Habeck mit seinen Aussagen in der Ukraine den selbst betont, dass Rüstungsexporte kein Mittel der Wirt- ukrainischen Präsidenten zu Anfragen nach deutschen schaftspolitik sind, wollen wir die Federführung für Waffenlieferungen ermuntert. Die Bundesregierung Genehmigungen vom Bundesministerium für Wirtschaft musste dann klarstellen, dass aufgrund einer restriktiven und Energie zum Bundeskanzleramt verlagern. Sämtliche und verantwortungsvollen Rüstungsexportpolitik keine Genehmigungen sollen transparent veröffentlicht wer- Waffen an die Ukraine geliefert werden können. Und den; die Briten machen es uns vor. Die Endverbleibs- wie bitte definieren die Grünen denn reine Defensivwaf- kontrolle wollen wir ausweiten. Die Auslagerung von Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30161

(A) Rüstungsproduktion wollen wir unterbinden, insbesonde- mentarischen Verfahren, ist es objektiv ein Gesetz, das (C) re wenn dadurch deutsche Exportregelungen bzw. Ver- sehr gut ist für die Vereine und die Ehrenamtskultur in bote umgangen werden sollen. unserem Land. Mit unseren Nachbarländern wollen wir gemeinsam Was ist passiert? Der ursprüngliche Entwurf aus dem die Verbindlichkeit der EU-Rüstungsexportvereinbarun- Bundesfinanzministerium sah vor, dass Vereine Informa- gen erhöhen und Regelungslücken schließen. Deshalb tionen, die sie bereits an das Vereinsregister melden, noch teilen wir auch nicht Ihre Kritik an den Vereinbarungen, mal an das Transparenzregister melden müssen – eine die wir mit Frankreich zum Export von gemeinschaftlich kaum zu rechtfertigende Doppelarbeit für einen der wert- produzierten Gütern getroffen haben. Ja, Frankreich legt vollsten Bereiche unserer Gesellschaft. Nach dem parla- niedrigere Standards an als Deutschland. Aber wir wollen mentarischen Verfahren ist klar: Dies wird so nicht keine nationalen Alleingänge, sondern andere überzeu- kommen. Stattdessen wird eine automatische Datenüber- gen und gemeinsam Fortschritte machen. Wenn wir in tragung vom Vereins- in das Transparenzregister etab- ganz Europa schließlich zu anständigen Regeln kommen, liert. Hierbei werden alle Vereinsvorstände als wirtschaft- dann ist das besser, als wenn Deutschland jetzt keine lich Berechtigte automatisch eingetragen. Für Vereine Kompromisse eingehen will. Denn Rüstungszusammen- entfällt damit dann die Mitteilungspflicht an das Trans- arbeit ist sinnvoll. Wenn wir gemeinschaftlich entwi- parenzregister, sofern die Daten aus dem Vereinsregister ckeln, herstellen und die Produkte auch selbst nutzen, den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. stärkt das nicht nur die europäische Einheit, wir senken auch den Druck, überhaupt in andere Staaten zu expor- Aber besser noch: Im parlamentarischen Verfahren ha- tieren. ben wir neue Belastungen für Vereine nicht nur verhin- Daher will die Sozialdemokratie ein gutes Rüstungs- dert, wir haben sogar bestehende Belastungen vermin- exportkontrollgesetz, ein starkes Rüstungsexport- dert. Es ist ja so, dass grundsätzlich auch gemeinnützige kontrollgesetz in Deutschland und für Deutschland – ein- Vereine zur Finanzierung des Transparenzregisters hätten gebunden in eine partnerschaftliche, respektvolle herangezogen werden sollen. Ende 2019 konnten wir bei Zusammenarbeit in Europa. den Beratungen zur Novelle des Geldwäschegesetzes erreichen, dass gemeinnützige Vereine auf Antrag von der Gebühr befreit werden können. Da dem Bundesan- zeiger Verlag als registerführende Stelle nicht bekannt ist, Anlage 16 welche Vereine vom zuständigen Finanzamt als gemein- nützig eingestuft wurden, war es bislang so, dass ge- Zu Protokoll gegebene Reden meinnützige Vereine den Gemeinnützigkeitsbescheid (B) zur Beratung des Finanzamtes als Nachweis beim Transparenzregister (D) – des von der Bundesregierung eingebrachten einreichen mussten. Dies entfällt zukünftig. Stattdessen Entwurfs eines Gesetzes zur europäischen Ver- reicht es aus, wenn der Verein im Antrag die Verfolgung netzung der Transparenzregister und zur Um- steuerbegünstigter Zwecke lediglich versichert. Ab 2024 setzung der Richtlinie 2019/1153 des Europä- entfällt dann die Antragstellung sogar ganz, weil dann der ischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni Bundesanzeiger Verlag aus dem Zuwendungsempfänger- 2019 zur Nutzung von Finanzinformationen für register herauslesen kann, ob ein Verein gemeinnützig ist. die Bekämpfung von Geldwäsche, Terrorismus- Gemeinnützige Vereine werden ab dann automatisch von finanzierung und sonstigen schweren Straftaten der Gebühr befreit. (Transparenzregister- und Finanzinformations- Eine weitere Innovation im parlamentarischen Verfah- gesetz) ren ist die Überarbeitung des § 58a ZAG, mit dem End- – der Beschlussempfehlung und des Berichts des geräte für Zahlungsanwendungen Dritter geöffnet wer- Finanzausschusses zu dem Antrag der Abge- den. Die bestehende Regelung wird nunmehr an einigen ordneten Lisa Paus, Dr. Irene Mihalic, Stellen angepasst. Insgesamt ist das aus meiner Sicht ein Dr. Konstantin von Notz, weiterer Abgeord- guter Kompromiss. neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Geldwäsche im Immobiliensektor Natürlich besteht das Gesetz nicht nur aus den Ver- stoppen, Mieterinnen und Mieter vor Organi- besserungen im parlamentarischen Verfahren, sondern sierter Kriminalität und steigenden Mieten auch aus den Inhalten aus dem Regierungsentwurf. Hier schützen möchte ich noch mal das Fazit bekräftigen, welches ich bereits in meiner Rede zur ersten Lesung gezogen habe, (Tagesordnungspunkt 28 und Zusatzpunkt 20) nämlich dass Geldwäsche in Deutschland keine Chance haben darf, dass das vorliegende Gesetz mit zumutbarem Sebastian Brehm (CDU/CSU): Ich habe es schon in Aufwand dabei hilft, Geldwäsche zu bekämpfen und dass der ersten Lesung gesagt: Vielen Dank an die Berichter- man sehen muss, dass bislang die nach dem Geldwäsche- statter, also bei uns an Sepp Müller. Das vorliegende gesetz Verpflichteten, zum Beispiel Steuerberater, Gesetz ist ein Paradebeispiel dafür, was im parlamentari- Rechtsanwälte oder Banken, sich oft durchkämpfen müs- schen Verfahren geleistet werden kann. Als das Gesetz sen, um zu sehen: Wer ist denn der wirtschaftlich Berech- aus dem Bundesfinanzministerium kam, war es objektiv tigte? – Künftig kann man auf das Register zugreifen, was ein Gesetz, das sehr schlecht war für die Vereine und die ein erheblicher Fortschritt ist. Allerdings wird es gerade Ehrenamtskultur in unserem Land. Jetzt, nach dem parla- die Aufgabe der Berater sein, auch dafür zu sorgen, dass 30162 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) sich jeder im Transparenzregister einträgt. Dieses ist 2019 hat die SPD-Bundestagsfraktion erwirkt, dass (C) dringend geboten, da die Nichteintragung im Anschluss gemeinnützige Vereine sich seit Januar 2020 für das lau- zu erheblichen Konsequenzen führen würde. fende und die folgenden Jahre von der Gebührenpflicht befreien lassen können, indem sie ihre Gemeinnützigkeit Summa summarum empfehle ich also uneingeschränkt durch eine Bescheinigung des zuständigen Finanzamts Zustimmung zum Gesetz. nachweisen. Leider ist es der Verwaltung ganz offensicht- lich nicht gelungen, die Befreiungsmöglichkeit und die Voraussetzungen dafür allen Betroffenen bekannt zu ma- Michael Schrodi (SPD): Wie meine Vorredner und chen. Vorrednerinnen bereits ausgeführt haben: Das Transpa- renzregister spielt bei der Bekämpfung von Geldwäsche Mit den Verbesserungen im Gemeinnützigkeitsrecht und Terrorismusfinanzierung eine wichtige Rolle. Eine durch das Jahressteuergesetz 2020 soll ab 2024 ein konsequente Geldwäschebekämpfung ist wichtig, da Gel- Zuwendungsempfängerregister eingeführt werden, der, die gewaschen werden, oft aus schweren Straftaten sodass in Zukunft Bürgerinnen und Bürger rechtssicher, stammen. transparent und bundesweit nachprüfen können, welche Organisationen als gemeinnützig anerkannt sind. Dieses Mit der europaweiten Einführung der Transparenzre- Register macht dann auch eine automatische Befreiung gister wurde 2017 die Grundlage geschaffen, die soge- für gemeinnützige Vereine und Stiftungen beim Transpa- nannten wirtschaftlich Berechtigten hinter Unternehmen renzregister möglich. Ab 2024 ist kein Antrag für eine und anderen juristischen Personen des Privatrechts – und Gebührenbefreiung mehr notwendig. damit auch von Vereinen – identifizieren zu können. Da- mit soll es Kriminellen erschwert werden, illegale Ein- Für die Übergangzeit von 2021 bis 2023 soll eine ein- nahmen zu verstecken und Eigentumsverhältnisse zu ver- malige Antragstellung genügen, bei der die Gemeinnüt- schleiern. Leider kommt es vor, dass hierfür auch zigkeit über eine formlose Erklärung – ohne Nachweis – Stiftungen oder Vereine genutzt werden, weshalb eine durch die Vereine und Stiftungen bestätigt wird. Der An- Eintragung in das Transparenzregister auch hier vorge- trag soll allen gemeinnützigen Vereinen und Stiftungen sehen und notwendig ist. durch die registerführende Stelle per Post zugestellt wer- den. Es entfallen somit eine umfangreiche Antragstel- Mit der Umstellung von einem sogenannten Auffang- lung, die Nachweispflicht und die Notwendigkeit der auf ein Vollregister ergibt sich für alle juristischen Perso- wiederholten Antragstellung. nen eine umfangreiche Eintragungspflicht. Diese soll aber nicht die Vereine treffen. Vereine müssen die Ein- Der Gebührenausfall durch diese berechtigten Gebüh- tragung schon jetzt nicht direkt vornehmen, wenn sie im renbefreiungen wird auf voraussichtlich bis zu 13,68 Mil- (B) (D) Vereinsregister gemeldet sind. Auch für die Zukunft sol- lionen Euro jährlich geschätzt. Diese Kosten werden len die notwendigen Informationen direkt aus dem Ver- selbstverständlich nicht den verbleibenden Gebührenzah- einsregister in das Transparenzregister übertragen wer- lern auferlegt, sondern komplett vom Bund übernommen. den. Wir entlasten die Vereine so zugleich von bürokratischem Aufwand und von Gebühren. Wir hoffen, damit auch Der SPD-Bundestagsfraktion sind die Interessen der einen kleinen Beitrag zur Stärkung des Ehrenamtes zu gemeinnützigen Vereine und Stiftungen ein großes Anlie- leisten. gen. Der oft umfangreichen ehrenamtlichen Arbeit gebührt höchste Anerkennung, weil sie für die Gesell- schaft unverzichtbar ist. Wir sind froh, mit dem heute Dr. Florian Toncar (FDP): Der Kampf gegen Geld- zur Abstimmung stehenden Gesetz gute Lösungen im wäsche ist einer der wichtigsten Bereiche der Finanzpo- Sinne der gemeinnützigen Vereine gefunden zu haben. litik überhaupt. Wir wollen es Kriminellen unmöglich Wie schon ausgeführt: Die Eintragung in das Transpa- oder zumindest so schwer wie möglich machen, Geld renzregister für Vereine erfolgt automatisch. Ab 2024 aus schweren Straftaten in Deutschland zu verstecken ist für die Gebührenbefreiung kein Antrag mehr notwen- und zu waschen. Deutschland darf kein Ort sein, wo dig. Für die leider notwendige Übergangszeit – 2021 bis Kriminelle sich sicher fühlen. Die FDP-Fraktion trägt 2023 – reduzieren wir den Verwaltungsaufwand auf ein alle Schritte mit, die dabei helfen. Dazu zählt auch die Minimum; es genügt ein einmaliger, vereinfachter An- Idee eines Transparenzregisters, mit dem nachvollzogen trag. werden kann, wer am Ende wirtschaftlich hinter einem Unternehmen steht. Es ist auch richtig, dieses Register als Das Transparenzregister wird vom Bundesanzeiger Vollregister zu konzipieren, also dafür zu sorgen, dass Verlag geführt. Die Gebühren, die der Verlag dafür alle Informationen über ein einziges Register abrufbar erhebt, dürfen nur den Verwaltungsaufwand decken. sind. Die aktuell versandten Gebührenbescheide betreffen meist den Zeitraum von 2017 bis 2020 und beinhalten Der Gesetzentwurf der Bundesregierung verfolgt die- eine Forderung von bis zu 13 Euro. Sie haben für viel ses Ziel, wählt aber die falschen Mittel. Er bringt unnö- Ärger gesorgt und sind zu Recht kritisiert worden. Diese tige Bürokratie und höhere Kosten als nötig. Das gilt vor zurückliegenden Verfahren können wir leider nicht mehr allem für die Unternehmen, gerade den Mittelstand. Hier rückwirkend neu gestalten, weil dies mit einem unver- drohen künftig Doppelmeldungen. Die Unternehmen hältnismäßigen Verwaltungsaufwand verbunden wäre. müssen zum Beispiel Wechsel der Gesellschafter künftig Gleichwohl möchten wir für die Zukunft für ein besseres im Handelsregister und im Transparenzregister anmel- Verfahren sorgen. den. Wird die Meldung im Transparenzregister verges- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30163

(A) sen, drohen Bußgelder. Es ist aber weder sinnvoll noch merzielle Anbieter Informationen aufbereiten und den (C) nötig, dass Unternehmen identische Angaben an mehrere Behörden in Form von digitalisierten Datensätzen öffentliche Register melden müssen. zurückverkaufen. Besser wäre es gewesen, wenn sich die Bundesregie- Wie es besser geht, hat etwa Dänemark vorgemacht. rung von Anfang an die Mühe gemacht hätte, eine digi- Dort kann man sich im Internet schnell und einfach einen tale Vernetzung der verschiedenen Register aufzubauen. Überblick über die rechtlich und wirtschaftlich Berech- Dann würde das Transparenzregister den Nutzer direkt zu tigten und die Eigentümer- und Kontrollstruktur ver- den Angaben im Handelsregister lenken, wenn die Anga- schaffen, wovon wir in Deutschland noch meilenweit ent- ben nicht direkt im Transparenzregister eingetragen sind. fernt sind. So wäre es nicht mehr nötig, von den Unternehmen Dop- Jetzt soll bis zum Sommer 2023 das Register zu einem pelmeldungen zu verlangen. Es ist doch kein Naturgesetz, Vollregister ausgebaut und mit anderen europäischen dass wir keine innovativen Systeme in der Verwaltung Registern vernetzt werden. Das ist offensichtlich ein aufbauen können. Weshalb lassen wir uns von anderen Schritt in die richtige Richtung. Die Umsetzung kommt Ländern vorführen, die einen automatischen Datenab- aber zu spät, und die weiterhin fehlende Integration in gleich hinbekommen? traditionelle Register wie das Handelsregister und das Ich verstehe auch nicht, warum die Frage, wie wir ein Vereinsregister, die einer besseren Datenverfügbarkeit Vollregister konzipieren, jetzt, im Jahre 2021, übers Knie und der Qualitätssicherung gedient hätte, ist eine weitere gebrochen werden muss. Es wäre ohne Weiteres Zeit verpasste Chance und bedeutet unnötige Bürokratie. gewesen, sich grundlegende Gedanken über ein funktion- Seit 2020 ist das Transparenzregister öffentlich. Wir ierendes und einfaches Konzept zu machen. Es waren hätten uns gewünscht, dass es auch kostenlos einsehbar doch die Bundesregierung und die schwarz-rote Koali- wäre. Das hätte die Transparenz und die Datenqualität tion selbst, die sich vor gerade einmal eineinhalb Jahren erhöht, wie sich in Großbritannien beobachten lässt. für ein Auffangregister entschieden haben. Und wie so häufig in letzter Zeit entscheidet die Bundesregierung Weitere Schwächen sind aus unserer Sicht die Grenze quasi über Nacht das Gegenteil und lässt den Verbänden von 25 Prozent, ab der man als wirtschaftlich Berechtig- grade einmal wenige Tage Zeit für ihre Stellungnahmen. ter gilt. Wir halten sie für zu hoch angesetzt und fordern Das ist kein angemessener Umgang mit dem Thema und eine Senkung auf 10 Prozent, um die Nutzung von „fikti- den von dieser Regelung betroffenen Menschen. Das ist ven Eintragungen“ weiter zu verringern. Außerdem einfach schlechtes, sprunghaftes Regierungsmanage- sehen wir eine Lücke darin, dass etwa Gesellschaften ment. bürgerlichen Rechts oder stille Teilhaber nicht eintra- gungspflichtig oder eintragungsfähig sind. Das sind Mit ihren Umdrucken haben die Koalitionsfraktionen (B) Rechtsgestaltungen, die nicht ganz unwichtig sind und (D) aber immerhin noch einige der gröbsten Schnitzer glatt- erfasst werden müssten. gezogen, vor allem die fatalen Vorschläge der Bundesre- gierung zur Pflicht von Doppelmeldungen bei Vereinen. Zusammengefasst: Die Maßnahmen gehen in die rich- Hier hat der massive politische Druck nicht nur aus den tige Richtung. Im 21. Jahrhundert und mit der langen Reihen meiner Fraktion gewirkt. Vor diesem Hintergrund Umsetzungsfrist hätte man jedoch zukunftsgerichtet vie- und weil uns die Geldwäschebekämpfung besonders les besser machen können. wichtig ist, werden wir uns heute zu diesem Gesetz ent- halten. Es ist aber schon jetzt klar, dass wir hier noch mal Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir Grüne ranmüssen. Auch hier gilt: Digitale Lösungen wären bes- begrüßen ausdrücklich das Ziel der EU-Richtlinie, die ser. Vernetzung der nationalen Transparenzregister in der EU voranzubringen. Allerdings hatte ich bereits in der Dr. Axel Troost (DIE LINKE): Im Transparenzregis- ersten Lesung deutlich gemacht, dass wir mit der Umset- ter werden seit einigen Jahren die wirtschaftlich Berech- zung der Bundesregierung und dem deutschen Transpa- tigten von Gesellschaften und Vereinigungen ausgewie- renzregister nicht zufrieden sind. Daran haben auch die sen. Damit soll verhindert werden, dass Kriminelle diese kleinen Anpassungen, die von Union und SPD vorge- Einheiten unerkannt für ihre Zwecke nutzen, etwa zur nommen wurden, leider nichts geändert. Die Rückmel- Geldwäsche oder zur Terrorismusfinanzierung. In seiner dung und Frustration vieler Verpflichteter, wie jetzt vor aktuellen Form ist das Register allerdings praktisch allem von den Vereinen, aber auch von den Strafverfol- unbrauchbar: Die Daten sind lückenhaft, sie lassen sich gungsbehörden und der Öffentlichkeit, zum Beispiel von schlecht abrufen, und ihre Erhebung bedeutet für Unter- Mietern und Mieterinnen oder Journalisten, teilen wir. nehmen und Vereine bürokratischen Aufwand, während Leider verpasst die Bundesregierung bei dieser Reform das Entdeckungsrisiko für Kriminelle wegen der Schwä- erneut die Chance, ein unbürokratisches und echtes chen des Registers gering ist. Deutschland hat sich damit Transparenzregister zu schaffen, das seinen Namen ver- in der internationalen Gemeinschaft blamiert; andere dient. Wir brauchen ein Register, das statt Frust einen Länder haben das Register viel besser hinbekommen. echten Mehrwert schafft. In der digitalisierten Welt des 21. Jahrhunderts sind die Ein Grund für die schlechte Datenqualität und den deutschen Behörden auch beim Transparenzregister geringen Mehrwert war vor allem die Meldefiktion, längst noch nicht angekommen. Viele Informationen § 20 Absatz 2 GwG, wonach in vielen Fällen lediglich sind in Dateien archiviert, die sich nicht direkt maschinell ein Querverweis zu anderen Registern wie dem Handels- verarbeiten lassen. Das hat sogar dazu geführt, dass kom- register gemacht wurde, ohne jedoch dafür Sorge zu tra- 30164 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) gen, dass die Daten dort vollständig, aktuell und digital Mieterinnen und Mieter müssen an Informationen über (C) abrufbar sind. Die Stellungnahme des Bundesanzeigers die Eigentümer ihrer Wohnungen kommen können. Dazu für die öffentliche Anhörung liest sich in diesem Zusam- wollen wir ein Immobilienregister über das Grund- menhang wie ein Offenbarungseid. Aktuell lässt sich ein buchportal schaffen, das mit berechtigtem Interesse ein- solches Register nicht digital, nur unvollständig und nicht fach und kostenfrei zugänglich ist. Dort sollen sich auch EU-weit vernetzen, und es erfüllt auch nicht die Mindest- die Eigentümer von Immobilien mittels Identifikations- anforderungen der europäischen Richtlinie. Der Vor- nummer über das Transparenzregister nachvollziehen schlag der Bundesregierung, hier ein völlig neues Paral- lassen und nach Namen durchsuchbar sein. Damit wird lelregister aufzubauen, zeugt von Ideenlosigkeit. Es wäre klar: Jedes Immobilienregister ist nur so stark, wie das geboten gewesen, wie auch vom Bundesrat in seiner Stel- dahinter liegende Transparenzregister. lungnahme gefordert, eine Once-only-Lösung und weni- ger bürokratische Alternativen ernsthaft zu prüfen und Ein Wort noch zu den Änderungen bezüglich der NFC- auszuarbeiten. Auch in der öffentlichen Anhörung wurde Schnittstelle, zum Bezahlen per Smartphone, die an die- noch einmal von verschiedenen Sachverständigen darauf ses Gesetzesverfahren angehängt wurden. Nach anfängli- hingewiesen, dass man von Anfang an eine Integration in cher Skepsis, was die Umsetzung im Einzelnen angeht, das Registerportal der Länder hätte anstreben sollen und begrüßen wir jetzt die angepassten Änderungen. Es ist die Digitalisierung viel schneller hätte vorantreiben kön- richtig, dass der Zugang zu den NFC-Schnittstellen in nen, ja müssen. Man hätte dann die Datenerhebung in den der Anwendungspraxis nicht weiter unnötig blockiert bestehenden Registern beispielsweise unbürokratisch wird. Selbstverständlich gibt es in diesem Zusammen- durch ein zusätzliches Datenfeld zu dem wirtschaftlich hang relevante Sicherheitsbedenken, die berücksichtigt Berechtigten und den notwendigen Informationen ergän- werden müssen. Es ist daher gut, dass die Sachverhalts- zen können. Mit den Daten aus den Länderregistern hätte feststellung jetzt erleichtert wird, bevor der Zahlungs- man dann das Transparenzregister beim Bund automa- dienstleister in ein Klageverfahren einsteigt. Grund- tisch befüllen können. Das hätte Doppelmeldungen in sätzlich teilen wir hier die Intention, den Missbrauch zwei verschiedenen Registern verhindert. Unbürokra- von Marktmacht von Systemunternehmen, wo geboten, tisch muss nicht unvollständig heißen, wenn man die einzuschränken. richtigen Strukturen und digitale Lösungen schafft. Das macht aus diesem Gesetz aber noch kein gutes Gesetz. Wir werden uns enthalten. Die vorgeschlagenen Erleichterungen für Vereine sind ein schwaches Trostpflaster und ändern an der grund- sätzlichen Problematik nichts. Für die 600 000 Vereine, aber auch andere kleinere Organisationen wird es in den Anlage 17 (B) nächsten Jahren absehbar zu weiterem Chaos kommen. (D) Gleiches gilt für die Gebührenbefreiung für ge- Zu Protokoll gegebene Reden meinnützige Organisationen. Jetzt rächt es sich, dass zur Beratung man nicht gleich ein staatliches, kostenloses Register geschaffen hat und dass es noch immer kein Ge- – der Beschlussempfehlung und des Berichts des meinnützigkeitsregister gibt, wie wir es seit Langem for- Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und dern. Das hätte vieles vereinfacht. Jugend Und zu allem Überdruss wird es jetzt erneut Über- – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulle gangsfristen und die Aussetzung der Unstimmigkeitsmel- Schauws, Annalena Baerbock, Katja Dörner, dung für fehlende Einträge bis zum 1. April 2023 geben. weiterer Abgeordneter und der Fraktion Das heißt im Klartext, dass seit dem erstmaligen Inkraft- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Verantwor- treten des Transparenzregisters 2017 fast sechs Jahre ver- tung für Frauen in Frauenhäusern überneh- gehen werden, bis wir ein funktionierendes Register ha- men ben werden. Engagierte Geldwäscheprävention sieht – zu dem Antrag der Abgeordneten Nicole anders aus. Bauer, Katja Suding, Daniel Föst, weiterer Einige der Ideen zur grundsätzlichen Verbesserung des Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Transparenzregisters haben wir auch in unseren Antrag Frauenhäuser als Teil des staatlichen Schutz- „Geldwäsche im Immobiliensektor stoppen …“ aufge- auftrages wahrnehmen nommen, den wir hier dazugestellt haben. Mehr Trans- – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulle parenz, um dubiose Hintermänner und Geldwäsche auf- Schauws, Annalena Baerbock, Katja Dörner, zudecken, ist in diesem Bereich besonders wichtig. weiterer Abgeordneter und der Fraktion Außerdem haben Mieter und Mieterinnen ein Recht dar- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Beratungsan- auf, zu erfahren, wer die wahren Eigentümer der Häuser gebote für gewaltbetroffene Frauen stärken sind, in denen sie wohnen. Wir wollen, dass jedes Unter- nehmen, das eine Immobilie kaufen will oder besitzt, – des Antrags der Abgeordneten Katja Suding, seine Hintermänner offenlegt und in das Transparenzre- Nicole Bauer, Grigorios Aggelidis, weiterer Ab- gister einträgt. Notare müssen Angaben zu den Eigentü- geordneter und der Fraktion der FDP: Folge- merstrukturen und zur Herkunft der Mittel künftig sorg- studie zu der im Jahr 2011 veröffentlichten Stu- fältig prüfen. Gelingt das nicht, darf der Kauf nicht die „Zwangsverheiratung in Deutschland“ zustande kommen. veranlassen Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30165

(A) – der Beschlussempfehlung und des Berichts des in 18 Sprachen kostenfrei Hilfe. Auch wenn die Bekannt- (C) Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und heit der Hotline steigt, ist sie leider – das müssen wir Jugend zu dem Antrag der Abgeordneten feststellen – noch nicht so ausgeprägt, wie wir es uns Nicole Bauer, Katja Suding, Matthias wünschen würden. So hat die TU München, die im Früh- Seestern-Pauly, weiterer Abgeordneter und jahr 2020 in Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut der Fraktion der FDP: Infrastruktur für die erste Studie zu häuslicher Gewalt während der Coro- Betroffene häuslicher Gewalt in Deutschland napandemie durchgeführt hat, festgestellt, dass rund krisenfest aufstellen 32 Prozent der betroffenen Frauen das Hilfetelefon „Ge- walt gegen Frauen“ kannten. 2,7 Prozent hatten sich dort- – der Beschlussempfehlung und des Berichts des hin gewandt. Zwar haben wir in der Vergangenheit, unter Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und anderem auch während der Pandemie, entsprechende Jugend zu dem Antrag der Abgeordneten Öffentlichkeitskampagnen in Bezug auf das Hilfetelefon Cornelia Möhring, Doris Achelwilm, Gökay gestartet, allerdings zeigen uns die Zahlen der TU Mün- Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Frak- chen, dass wir hier noch mal ranmüssen. Wir dürfen nicht tion DIE LINKE: Gewalt an Frauen und Mäd- nachlassen, auf dieses wirksame Angebot aufmerksam zu chen systematisch bekämpfen – Grundlagen machen; im Gegenteil: Wir sollten die Öffentlichkeits- zur erfolgreichen Umsetzung der Istanbul-Kon- kampagne sogar noch ausbauen. vention schaffen – der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ein weiterer wesentlicher Schritt, den wir als Bund in Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und der jüngeren Vergangenheit gegangen sind, und auf wel- Jugend zu dem Antrag der Abgeordneten chen es immer wieder hinzuweisen gilt, ist das 2002 in Cornelia Möhring, Doris Achelwilm, Gökay Kraft getretene Gewaltschutzgesetz. „Wer schlägt, der Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Frak- geht“, so lautet die klare, unmissverständliche Botschaft. tion DIE LINKE: Femizide in Deutschland Opfer von häuslicher Gewalt sollen die eigene Wohnung untersuchen, benennen und verhindern nutzen können, ohne sie mit der gewalttätigen Person teilen zu müssen. Das ist ein starkes Gesetz für einen (Tagesordnungspunkt 27 a bis e) starken Schutz gewaltbetroffener Frauen, das wir als Bund verabschiedet haben und das jede Frau kennen Dr. Silke Launert (CDU/CSU): Wird man mir glau- sollte. ben, wenn ich erzähle, was passiert ist? Was geschieht mit Aber damit nicht genug: Seit 2018 gibt es zudem den meinen Kindern, wenn ich die Tat zur Anzeige bringe? sogenannten Runden Tisch „Gemeinsam gegen Gewalt Habe ich vielleicht etwas falsch gemacht? Was denken (B) an Frauen“ von Bund, Ländern und Kommunen, dessen (D) die Menschen aus meinem Umfeld, wenn sie hiervon Ziel es ist, durch enge Vernetzung Finanzhilfen und die erfahren? Ich habe Angst. – Sätze, so oder so ähnlich, Unterstützung vor Ort besser abzustimmen und so die könnten von Frauen formuliert worden sein, die häusliche vorhandenen Lücken und großen regionalen Unterschie- Gewalt erfahren haben. Angst, Ohnmacht, Scham – de im Hilfesystem zu schließen. Diese Woche wurde der Gefühle, die bei vielen betroffenen Frauen entstehen Abschlussbericht vorgestellt. Angesichts der positiven und die zu viele von ihnen daran hindern, sich aus der Bilanz sollten wir den Runden Tisch auf jeden Fall auch Situation zu befreien, sich Hilfe zu suchen, sichtbar zu in der kommenden Legislaturperiode fortsetzen. werden. Anders als hier mitunter behauptet wird, investiert der Aus meiner Erfahrung als Staatsanwältin weiß ich: Nur Bund außerdem bereits ganz erheblich in die Frauenhäu- ein kleiner Anteil an Straftaten im Bereich der häuslichen ser. 120 Millionen Euro stellt er bereit, um den Ausbau Gewalt kommt überhaupt zur Anzeige. Experten vermu- voranzutreiben und die Länder und Kommunen in ihrer ten sogar, dass die Dunkelziffer im Bereich der häusli- Aufgabe zu unterstützen. Gefördert werden bauliche chen Gewalt bei 80 Prozent liegt. Unsere Aufgabe als Maßnahmen zum Ausbau von Beratungsstellen und Frau- Gesellschaft sowie als politisch Handelnde ist es daher, enhäusern sowie innovative Hilfsmaßnahmen, um die diese Frauen aus der Gewalt herauszuholen, sie aus ihrer Situation der Betroffenen weiter zu verbessern. Vor dem Ohnmacht, ihrer Angst zu befreien und ihnen eine Per- Hintergrund der Coronapandemie hat der Bund außerdem spektive aufzuzeigen, eine Perspektive für ein gewalt- mehr als 3 Millionen Euro für eine bessere technische freies und selbstbestimmtes Leben. Ausstattung in den Beratungsstellen und Frauenhäusern Ganz entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass zur Verfügung gestellt. jede Frau Kenntnis darüber hat, welche Rechte ihr zuste- Aber auch das möchte ich hier an dieser Stelle einmal hen und welche Hilfsangebote überhaupt existieren. klar und deutlich feststellen: Allein auf den Ausbau der Auch wenn es sicherlich an der einen oder anderen Stelle Frauenhäuser zu setzen, ist zu kurz gegriffen. Wir müssen noch Verbesserungsbedarf gibt, so haben wir in den ver- früher ansetzen, bevor die Situation erst so eskaliert, dass gangenen Jahren doch ein umfangreiches Hilfenetz auf- den Frauen gar keine andere Möglichkeit mehr bleibt, als gebaut, das den betroffenen Frauen in einer derartigen sich ins Frauenhaus zu flüchten. Wir müssen präventiv Situation Halt geben kann. handeln, den Frauen frühzeitig Werkzeuge an die Hand Ein zentrales und vor allem auch niedrigschwelliges geben, mit deren Hilfe sie sich aus der vom Täter ge- Angebot, das wir vor einigen Jahren geschaffen haben, zogenen Mauer aus Gewalt befreien können. Ein früh- ist etwa das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“. Betrof- zeitiges Eingreifen gelingt dabei vor allem durch nie- fene Frauen erhalten hier rund um die Uhr, anonym und drigschwellige Angebote, etwa durch ambulante 30166 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Beratungsstellen und das Hilfetelefon „Gewalt gegen Wir brauchen die Zusammenarbeit aller Verantwortli- (C) Frauen“ und, wie bereits erwähnt, eben auch dadurch, chen in staatlichen und nicht staatlichen Institutionen, um dass wir dafür sorgen, dass jede Frau weiß, welche Rech- Gewalt gegen Frauen und Mädchen wirksam zu bekämp- te ihr zustehen. fen. Wir fordern daher als SPD-Fraktion gemeinsam mit Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht einen Ein Punkt, an den wir ebenfalls noch einmal ranmüs- Rechtsanspruch auf einen Platz im Frauenhaus. sen und für welchen wir uns starkmachen, ist die Ein- richtung eines bundesweiten Onlineregisters für Schutz- Corona zeigt und verstärkt das gewaltsame Elend, das einrichtungen. Ein solches Register soll einen Überblick sich in unserer Gesellschaft alltäglich abspielt. Eine geben, wo im Umkreis noch Kapazitäten frei sind. Teil- schwer erträgliche Realität für viel zu viele Menschen. weise existieren in einzelnen Bundesländern bereits der- Gewalt gegen Frauen und Mädchen hat in Deutschland artige Projekte. Wir wollen diese Ansätze aber noch aus- viele Gesichter. Ihre Fratze zeigt sich nicht nur bei häus- weiten. Unser Ziel ist ein möglichst flächendeckendes, licher Gewalt. Sie zeigt sich im alltäglichen Sexismus, in bundesweites Register. der Werbung, in der Pornografie und vor allem im System Klar ist: Gewalt gegen Frauen ist ein Thema, das leider Prostitution. Dort manifestiert sich Frauenverachtung Teil unserer gesellschaftlichen Realität ist. Aber wir stel- und tritt offen als unser gesellschaftliches und strukturel- len uns dieser Realität. Unsere Botschaft ist dabei les Problem zutage. Es ist in Freierforen nachzulesen, wo unmissverständlich: Wir lassen die betroffenen Frauen sich eine Sprache und Haltung manifestiert, die Frauen nicht im Stich. Und wir werden auch in Zukunft alles als Objekte entmenschlicht. Frauenfeindlichkeit und dafür tun, dass Gewalt, Angst und Ohnmacht ein Ende Antifeminismus nehmen national und international haben. bedrohlich zu. Gegen diesen Rollback treten wir an. Auch wenn wir sie ablehnen, gehe ich wegen all dieser Leni Breymaier (SPD): 1976 gründete die Neue Gründe natürlich mit einigen Punkten in den Anträgen Frauenbewegung in einer Villa in Grunewald das erste der Opposition durchaus konform, insbesondere mit der autonome Frauenhaus in Westdeutschland. Heute, nach Idee, einen „Femicide-Watch“ einzuführen. 45 Jahren, gibt es bundesweit etwa 350 Frauenhäuser und Bislang ist Frauenhass in Deutschland keine politische 40 Schutzwohnungen. Das ist einerseits viel, drückt diese Kategorie. Das wollen und müssen wir ändern, um ihn Zahl doch die viel zu hohe Gewalt an Frauen aus; ande- besser bekämpfen zu können. Hier setze ich ab Herbst auf rerseits sind die Zahlen zu niedrig, denn der tatsächliche eine breite Unterstützung in diesem Haus. Bedarf wird dadurch nicht gedeckt. Frauen und Mädchen werden geschlagen, genötigt, (B) (D) begrapscht, missbraucht – bis hin zur Tötung. In Deutsch- Anlage 18 land ist jede dritte Frau betroffen. Etwa jede vierte Frau wird mindestens einmal Opfer körperlicher oder sexuel- Zu Protokoll gegebene Reden ler Gewalt durch ihren aktuellen oder früheren Partner. zur Beratung Frauen aus allen sozialen Schichten zählen dazu. – des von der Bundesregierung eingebrachten Wir kennen natürlich die Zahlen der EU-Studie aus Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des dem Jahr 2014, und ich weiß gar nicht, wie oft wir sie Anti-Doping-Gesetzes hier im Hohen Hause schon runtergebetet haben: 33 Pro- zent der Frauen in Europa wurden irgendwann in ihrem – der Beschlussempfehlung und des Berichts des Leben Opfer von körperlicher oder sexueller Gewalt. Sportausschusses zu der Unterrichtung durch Weltweit sind es laut Zahlen der WHO (2017) sogar die Bundesregierung: Evaluierungsbericht der 35 Prozent der Frauen. Laut Bundeskriminalamt – die Bundesregierung zu den Auswirkungen der im Zahlen sind von 2019 – sind die Opfer von Partner- Anti-Doping-Gesetz enthaltenen straf- und schaftsgewalt zu über 81 Prozent Frauen. Von ihnen lebte strafverfahrensrechtlichen Regelungen die Hälfte in einem gemeinsamen Haushalt mit dem Tat- – der Beschlussempfehlung und des Berichts des verdächtigen. Sportausschusses zu dem Antrag der Abgeord- Seit Anfang Juni können von Gewalt betroffene Frauen neten Britta Katharina Dassler, Stephan online nach freien Plätzen in Frauenhäusern suchen – ein Thomae, Grigorios Aggelidis, weiterer Abge- gutes Angebot der Zentralen Informationsstelle Autono- ordneter und der Fraktion der FDP: Nationale mer Frauenhäuser (ZIF). Bislang geht das zwar erst in Anti Doping Agentur – Alternative Möglichkei- Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und in Nordrhein- ten der Dopingkontrolle während der COVID- Westfalen. Aber das Projekt wird fortentwickelt und 19-Pandemie vom Bundesfamilienministerium begrüßt. (Tagesordnungspunkt 29 a bis c) Die Maßnahmen und Initiativen, die das SPD-geführte Familienministerium im Bund im Kampf gegen Gewalt Johannes Steiniger (CDU/CSU): Vor gut fünf Jah- an Frauen in den letzten vier Jahren ergriffen hat, wurden ren haben wir als Regierungskoalition in diesem Hohen schon genannt. Es ist ein großer Fortschritt, dass es eine Haus zum ersten Mal in der deutschen Sportgeschichte bundesgesetzliche Regelung zur Finanzierung des Auf- ein Gesetzesvorhaben auf den Weg gebracht, welches enthalts im Frauenhaus geben soll. Das wird eine wichti- Doping gut erkennbar als Straftatbestand in einem eige- ge Aufgabe für die nächste Legislaturperiode. nen, sportspezifischen Anti-Doping-Gesetz führt. Mit Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30167

(A) dem scharfen Schwert des Strafrechts hat der Gesetzge- schaften zu schützen, zumal in einer Situation wie heute: (C) ber sozusagen dem Krebsgeschwür des integren Sports Sportdeutschland atmet auf. Nach den langwierigen den Kampf angesagt. Dieser Schritt ist gelungen: Monaten ohne das Vereinsleben, ohne Training und Dopingsünder haben in Deutschland einen schweren Spielbetrieb kehrt nun rund um die Sportplätze und in Stand. Die Bilder und die Fahndungserfolge beispiels- die Sporthallen der Republik wieder Leben ein. Dass weise in der internationalen Zusammenarbeit während Corona gewachsene Strukturen in den Vereinen vor Ort der Operation Aderlass sind uns gut in Erinnerung. erschüttert hat, ist unbestritten. Vielerorts müssen etwa Trainingsgruppen wieder mühsam aufgebaut werden, Im Sportausschuss haben wir uns immer wieder sehr nicht selten fehlt es an den Ehrenamtlichen, die sich enga- intensiv mit dem Anti-Doping-Gesetz beschäftigt. Auch gieren. in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wurde fortlaufend vor dem Hintergrund von aktuellen Dopingfällen mit Damit dies wieder gelingt und dauerhaft bleibt, muss Experten diskutiert, um zu überlegen, wie wir das ver- die große Idee stimmen. Sauberer Sport muss erfahrbar gleichsweise neue Gesetz noch besser machen können. und erlebbar werden. Dazu gehört, dass sich die Vorbilder Dieser Austausch mit den Praktikern vor Ort und den in einem fairen Wettbewerb messen. Nur so können die entsprechenden Schwerpunktstaatsanwaltschaften hat großen Sportereignisse, wie beispielsweise die Fußball- sehr deutlich gemacht, dass Ermittler beim Doping so EM, die unmittelbar vor dem Anpfiff steht, den Breiten- gut wie immer auf Hinweise aus internen Strukturen sport stärken und den Vereinen vor Ort zu einem neuen angewiesen sind. Nicht selten wurde von in sich Anschub verhelfen. Einen wichtigen Baustein für diese geschlossenen kriminellen Netzwerken aus Medizinern, vielbeschworene Integrität des Sports leistet dieses Ge- Sportlern und Hintermännern berichtet. In diesem setz. Zusammenhang wurde an vielen Stellen das Bild einer Mauer des Schweigens beschrieben. Im Fazit sind sich Sachverständige und politische Ent- Artur Auernhammer (CDU/CSU): Während der Co- scheidungsträger einig: Um diese in sich verwobenen ronapandemie konnten wir alle weniger Sport machen. Strukturen aufzubrechen, braucht es für diejenigen, die Dazu kam auch weniger Bewegung im Alltag, gerade auspacken wollen, eine klare und sichtbare Handlungs- für die jüngeren Generationen. Über 50 Prozent der Bür- option. Eine solche rechtssichere Möglichkeit mit einem ger waren weniger aktiv, das zeigte jüngst eine Studie des privilegierenden Schutz für Hinweisgeber bietet nur eine Else Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin, auf den Sport zugeschnittene, bereichsspezifische Kron- und besonders betroffen waren junge Menschen. Noch zeugenregelung. Kronzeugen kennen wir aus dem Be- erschreckender ist aber, dass rund 40 Prozent der Befrag- ten deutlich an Gewicht zugelegt haben, im Durchschnitt (B) reich der international organisierten Kriminalität. Keines- (D) falls darf eine solch weitgehende juristische Besonderheit 5,6 Kilogramm. Rechnen wir das auf alle Bürgerinnen inflationär gehandhabt werden. Es gab daher gute Grün- und Bürger des Landes hoch, dann sind das unglaubliche de, die Aufnahme einer Kronzeugenregelung mit einer 6,1 Milliarden Kilogramm. Dadurch muss klar werden: ausführlichen und umfassenden Evaluierung des Geset- Der Sport muss gerade jetzt viel stärker gefördert und zes zu verbinden. Mit dem vorliegenden ausführlichen unterstützt werden. Bericht zur Evaluierung des Anti-Doping-Gesetzes der Dabei spielt die Motivations- und Vorbildfunktion des Bundesregierung und den Stellungnahmen der gehörten Profi- und Leistungssportes eine herausragende Rolle. Sachverständigen ist dies nunmehr in großer fachlicher Das Anti-Doping-Gesetz selbst und insbesondere die Breite geschehen. So ist ein aus meiner Sicht handwerk- Novelle mit der neuen Kronzeugenregelung stehen daher lich sehr gutes Gesetz gelungen. Es kam sozusagen nach maßgeblich für mehr Fairness. Wir müssen uns der Wir- dem Praxistest noch einmal auf den Prüfstand. kung auf unsere vielen ehrlichen Spitzensportler und Richtig und konsequent ist es daher, dass es jetzt zu -sportlerinnen bewusst werden: Wenn sie nur knapp die diesem Update des Anti-Doping-Gesetzes kommt. Mit Siegerehrung verpassen, ihnen nicht feierlich ihre einer bloßen Strafandrohung wird es allerdings nicht Medaille überreicht wird, sie später aber aufgrund von gelingen, Doping im Sport dauerhaft und nachhaltig dopenden Mitstreitern, denen nachträglich das Podium abzuwehren. Auch hierin waren sich die Experten einig. entzogen wird, ihre wohlverdiente Medaille formlos per Aus diesem Grund haben wir als Koalitionsfraktionen Post bekommen, dann ist das traurig für sie und ihre und Bundesregierung immer wieder bekräftigt, die durch Unterstützer, und das wird den erbrachten Höchstleistun- Bundesmittel finanzierte wichtige und erfolgreiche gen nicht gerecht. Arbeit der Nationalen Anti Doping Agentur, NADA, wei- ter stark zu unterstützen. Der Erfolg der Operation Aderlass bei der Ski-WM in Seefeld im Jahr 2019 hat gezeigt, dass das Anti-Doping- Gleichermaßen sind die Sportverbände in der Pflicht, Gesetz wirkt. Es geht aber nicht nur darum, dopende ihrer Verantwortung nachzukommen, zu sensibilisieren Sportlerinnen und Sportler zu erwischen, sondern – und und aufzuklären. Ganz konkret soll hier die Deutsche das zeigt der Münchener Prozess deutlich – es geht Sportjugend in Präventionsprojekten schon sehr früh darum, die Strukturen hinter den Athleten aufzudecken. ansetzen. Der Bund wird die Mittel hierfür zur Verfügung Mit der Verurteilung des Arztes und den Mithelfern, die stellen. Nur gemeinsam – und von Anfang an – kann der die Leistung von Spitzensportlern per gefährlichem Blut- Kampf gegen das Doping im Sport gelingen. Letztlich doping steigern wollten, haben wir einen Meilenstein im geht es darum, den Sport und seine oft beschriebene Bin- Anti-Doping-Kampf erreicht. Das sagte auch die Staats- dungs- und Strahlkraft mit all seinen positiven Eigen- anwaltschaft. 30168 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Einer der wichtigen Hintergründe des Anti-Doping- Gut 20 Jahre später war es dann endlich so weit – das (C) Gesetzes war und ist der Gesundheitsschutz. Die hohe war übrigens eine bemerkenswerte Allianz –, mit tätiger Zahl an Verfahren, die den Bereich des Freizeitsportes Mithilfe der CSU in Person des damaligen bayerischen betreffen, ist deshalb umso erschreckender: Ohne ärzt- Justizministers Bausback, der mich 2013 bei den Koali- liche Aufsicht nehmen Freizeitsportlerinnen und -sportler tionsverhandlungen in einer legendären nächtlichen Sit- Mittel ein, die gefährliche Wirkungen und Nebenwirkun- zung in meinen Bemühungen nachdrücklich unterstützte, gen haben, von den Gefahren, die bereits mit der Dosie- die immer noch zögerlichen Kollegen der CDU von der rung beginnen, mal abgesehen. Notwendigkeit eines Anti-Doping-Gesetzes zu überzeu- gen. Ende 2015 beschloss die damalige Große Koalition Der von der Bundesregierung beauftragte Evaluie- dann endlich das deutsche Anti-Doping-Gesetz. rungsbericht hat aber auch Punkte zur Verbesserung vor- geschlagen, die wir mit dem Gesetz zur Änderung des Kein Gesetz ist so gut, als dass es nicht noch besser Anti-Doping-Gesetzes jetzt umsetzen werden. Zentral werden könnte. Insofern freue ich mich, dass wir heute dabei ist die Einführung einer Kronzeugenregelung. das Anti-Doping-Gesetz mit den Erfahrungen der letzten Denn nur wenige Informationen, die zur Aufnahme von fünf Jahre einer Frischzellenkur unterziehen. Die Kron- Ermittlungen führten, stammten bisher aus dem Spitzen- zeugenregelung kommt – ein weiterer großer Schritt. sport selbst. Das Problem für die Ermittler ist, dass die Hier geht mein Dank für die Unterstützung an Justizmi- Strukturen oft im Verborgenen liegen. Ohne die Aussage nisterin Christine Lambrecht, an die mit der Evaluierung eines Sportlers wäre das Verfahren der Operation Ader- beauftragten Sachverständigen sowie an Dr. Lars Mort- lass nicht möglich gewesen. siefer, Vorstandsmitglied der Nationalen Anti Doping Agentur Deutschland, für die hervorragende Zusammen- Mit der bereichsspezifischen Kronzeugenregelung arbeit in dieser vor fünf Jahren noch heftig umstrittenen schaffen wir daher ein Anreizsystem, das für die Sport- Frage. lerinnen und Sportler sichtbar und verständlich ist. Zwar Und um eines auch mal klarzumachen: Ein Gesetz haben wir bereits eine allgemeine Kronzeugenregelung allein spürt keine Verbrecher auf. Und somit bemisst im Strafgesetzbuch verfasst, aber das Betäubungsmittel- sich der Wert und Erfolg eines Gesetzes auch nicht daran, gesetz zeigt, dass der Signalcharakter der besonders wie viele Verurteilungen es aufgrund desselben gegeben sichtbaren und etablierten Kronzeugenregelung oft zur hat. Es bemisst sich vor allem daran, welche Handlungs- Aufdeckung von kriminellen Strukturen im Hintergrund optionen es den staatlichen Ermittlungsbehörden gibt, um führt. Die deutlichen Parallelen zwischen Drogen- und Straftäter aufzuspüren und Straftaten aufzuklären. Und Dopingkriminalität – geschlossene Strukturen, die nur da war und bleibt das ADG ein unverzichtbarer Baustein schwer ohne Informationen von Hinweisgebern aufge- im Sinne einer erfolgversprechenden Bekämpfung von (B) deckt werden können – begründen eine ähnliche Kron- Doping. (D) zeugenregelung im Anti-Doping-Gesetz. Es ist daher sinnvoll, wie im Betäubungsmittelgesetz eine separate Allerdings: Diese Ermittlungen gehören in die Hände Regelung zu formulieren. von Fachleuten. Genau da aber liegt weiterhin eine ent- scheidende Schwachstelle des deutschen Anti-Doping- Zu guter Letzt möchte ich einen Appell an unsere Kampfes. Sie ahnen, worauf ich abziele: auf die immer Bundesländer richten: Die Einrichtung von Schwer- noch fehlenden Anti-Doping-Schwerpunktstaatsanwalt- punktstaatsanwaltschaften erweist sich als besonders schaften in unserem Land. Auch hier war Bayern Vor- erfolgreich bei der Verfolgung von Dopingdelikten. Es reiter, gefolgt von Baden-Württemberg und Rheinland- liegt jedoch nicht in der Kompetenz des Bundes, sondern Pfalz. Das war es dann aber auch schon. Aus meiner Sicht in der der Länder, spezialisierte Staatsanwaltschaften ein- eine armselige Bilanz der anderen 13 Bundesländer, allen zurichten. Weitere Länder sollten dem guten Beispiel der voran NRW. Das größte Bundesland hat bis heute nichts Länder Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland- auf die Reihe bekommen. Dass ein Schreiben der nord- Pfalz folgen und damit eine tiefgründige Verfolgung rhein-westfälischen SPD-Mitglieder unseres Sportaus- von Doping im Sport ermöglichen. Wir alle wollen einen schusses an Ministerpräsident Laschet in dieser Angele- sauberen und fairen Wettkampf, besonders die Athleten genheit schlichtweg ohne jegliche Reaktion blieb, sei nur und Athletinnen, die ihr Leben lang auf höchstem Niveau am Rande erwähnt. Das Thema interessiert in Düsseldorf trainieren, um mit ehrlichen Leistungen Spitzenergebnis- schlichtweg nicht. se zu erkämpfen. Sie sehen, es bleibt weiterhin viel zu tun. Das gilt auch für den Kampf um einen sauberen Sport auf internationa- ler Ebene. Von den Verbänden, allen voran dem Inter- Dagmar Freitag (SPD): Schon 1994, als ich erstmals in den Bundestag gewählt wurde, steckte die Diskussion nationalen Olympischen Komitee, ist da wenig bis nichts um ein Anti-Doping-Gesetz in unserem Land in den Kin- zu erwarten. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an derschuhen; denn schon in der Wahlperiode zuvor hatte den widerwärtigen russischen Dopingskandal von Sot- die SPD-Bundestagsfraktion um unseren damaligen schi, dem das IOC unter seinem Präsidenten Bach mit sportpolitischen Sprecher Wilhelm Schmidt den Kampf bemerkenswerter Milde begegnet ist. Einzig der Interna- für eine wirksame gesetzliche Regelung aufgenommen, tionale Leichtathletikverband World Athletics hat hier nicht ahnend, wie groß und wie langatmig die Wider- klare Kante gezeigt. stände, wie verletzend die Diskussionen mit einigen führ- Das wiederum zeigt: Der allergrößte Teil des Sports ist enden Vertretern des deutschen Sports noch werden soll- entweder nicht willens oder nicht in der Lage, die Grund- ten. prinzipien von Good Governance und Integrität ernsthaft Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30169

(A) umzusetzen. Die oftmals in den Statuten festgeschriebe- Eingestellte Strafverfahren, undefinierte Testpools, (C) nen hehren Ziele und Werte stehen eben oftmals doch nur eingeschränkte Täterkreise, Staatsanwaltschaften, denen auf dem Papier. Daher ist es richtig, dass weltweit die das Hintergrundwissen fehlt, Dopingnetzwerke aus Ath- Politik beginnt, sich angesichts des ungeheuren Anse- leten, Trainern und Ärzten sowie der Leistungs- als auch hensverlustes des Sports einzumischen und als Gesetzge- Medaillendruck im Spitzensport laden Dopingsünder ber Regeln zu setzen. Das deutsche Anti-Doping-Gesetz sprichwörtlich ein, ihre Leistung durch unerlaubte Mittel ist sehr schnell auf internationaler Ebene zum Vorreiter und Substanzen zu steigern. geworden. Die USA sind mit dem Rodchenkov Act, Bis dato fehlte es im Anti-Doping-Gesetz vor allem an wenn auch mit einem anderen Ansatz, gefolgt. einer auch das Selbstdoping erfassenden Kronzeugenre- Genauso richtig ist es, dass sich die Athletinnen und gelung, die Hinweisgeber schützt und gleichzeitig ermu- Athleten weltweit allmählich unabhängig vom Sportsys- tigt, ihr spezifisches Wissen preiszugeben und mit tem organisieren und aktuellen Diskussionen mit ausge- Ermittlern zusammenzuarbeiten; denn ihnen fehlen oft- sprochen klugen Statements und Initiativen ihre eigenen mals konkrete Möglichkeiten der Kenntniserlangung. Stempel aufdrücken, sei es zu Fragen des sauberen Sports Wir Freien Demokraten begrüßen es deshalb sehr, dass oder beispielsweise auch zu Fragen der Menschenrechte. in der uns vorliegenden Gesetzesänderung der Hinweis- Hier hat Deutschland mit der finanziellen Förderung des geberschutz endlich Berücksichtigung findet. Denn die- unabhängigen Vereins Athleten Deutschland e. V. ein ser Punkt ist das Zünglein an der Waage, um an entschei- weiteres Zeichen in die Welt des organisierten Sports dende Informationen zu gelangen. Aber in diesem gesandt, in ein System, in dem sich die eigentlichen Zusammenhang sehe ich die Verantwortung auch bei Hauptdarsteller, die Athletinnen und Athleten, einfach den Dachverbänden, die an diese Regelung selbst nicht mehr angemessen wiederfinden. anknüpfen und sie mit zusätzlichen Maßnahmen flankie- Diese Rede ist nach nunmehr 27 Jahren meine letzte im ren sollten. Hohen Hause. Genauso lange hat die Sportpolitik einen Jedoch geht der uns vorliegende Entwurf nicht weit entscheidenden Teil meiner parlamentarischen Arbeit genug, da er wesentliche Probleme bei der Anwendung ausgemacht. Und ich habe mir mit einer konstruktiv-kriti- des Anti-Doping-Gesetzes außer Acht lässt. So wird bei- schen Haltung in der Welt des organisierten Sports wahr- spielsweise die Einschränkung des Täterkreises nicht auf- lich nicht nur Freunde gemacht, was ich mittlerweile gehoben. Dadurch stehen Sportler im direkten Wettbe- allerdings mit allergrößter Gelassenheit hinnehme; denn werb miteinander, die einerseits den Dopingkontrollen bei aller persönlichen Verbundenheit und Liebe zum Kul- unterliegen oder andererseits keine Dopingproben fürch- turgut Sport darf die unverzichtbare Distanz zwischen ten müssen, weil sie entgegen ihren Kontrahenten keinem (B) dem Parlament als Geldgeber und den Interessenvertre- Testpool angehören. Mit Blick auf die Integrität des Wett- (D) tern niemals verloren gehen. bewerbs und dessen Fairness ist dies nicht erstrebens- wert. Des Weiteren müssen wir beim Anti-Doping-Ge- Rückblickend habe ich in diesen 27 Jahren Sternstun- setz den Fokus auch auf den Breitensport legen. den eines demokratischen Parlamentes erleben dürfen, Freizeit- oder Hobbysportler werden bereits durch das etwa die Reden des südafrikanischen Antiapartheits- Merkmal „Teilnahmen an einem Wettbewerb des or- kämpfers Nelson Mandela oder der Holocaustüberleben- ganisierten Sports“ aus dem Kontrollbereich ausge- den Dr. Anita Lasker-Wallfisch, oder fraktionsübergrei- schlossen. Dabei ist auch in dieser Personengruppe die fende Diskussionen auf höchstem Niveau, sachlich, Einnahme von leistungssteigernden Mitteln nicht uner- nachdenklich, getragen von ethischen Wertvorstellungen, heblich, wie wir in der Anhörung des Sportausschusses wenn auch in der Konsequenz mit unterschiedlichen erfahren haben. In diesem Zusammenhang ist uns auch zu Schlussfolgerungen. Aber in den letzten vier Jahren unbestimmt, was unter „Einnahmen von erheblichem habe ich auch Dinge erlebt, die für mich in diesem Hause Umfang“ zu verstehen ist. Diese Bemessungsgrundlage unvorstellbar waren. Dass hier, in diesem Gebäude, noch bereitet Ermittlungsbehörden in der Praxis Probleme und einmal rechtsextreme Positionen eine öffentliche Bühne verlangt einer Konkretisierung im Entwurf. finden, ist für mich persönlich unerträglich. Das ist etwas, an das wir uns niemals gewöhnen dürfen. Demokratie ist Ich möchte auch noch einmal betonen, dass wir Pande- nichts Selbstverständliches. Sie muss in ihrer Verletzlich- mien und Ausnahmesituationen, wie wir sie die letzten keit verteidigt werden, jeden Tag. Das sind alle Demo- Monate hatten, nicht außer Acht lassen dürfen, um auch kratinnen und Demokraten ihr schuldig. unter strengsten Hygieneauflagen den Blick für einen sauberen Sport nicht zu verlieren. Aber wir Freien Demo- In diesem Sinne wünsche ich den Kolleginnen und kraten werden trotz einiger noch vorhandener Gesetzes- Kollegen des 20. Deutschen Bundestages eine klare ge- lücken diesem Gesetzentwurf zustimmen. meinsame Haltung im Sinne unserer freiheitlich-demo- kratischen Verfassung. Monika Lazar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir begrüßen die vorgelegte Evaluierung des Anti-Doping- Britta Katharina Dassler (FDP): Das Anti-Doping- Gesetzes. Schon 2015, bei der Verabschiedung des Ge- Gesetz bedarf einer Neuerung; das räumt die Bundesre- setzes, haben wir auf dessen fehlende Durchschlagskraft gierung in ihrem Evaluationsbericht ein. Das war uns hingewiesen. Die Evaluierung empfiehlt nun eindeutig Freien Demokraten schon seit Längerem bewusst. Leider die Einführung einer bereichsspezifischen Kronzeugen- wurden unsere Anträge zu diesem Thema allesamt immer regelung. In den Sportausschusssitzungen zum Thema abgelehnt. haben sich auch die Sachverständigen dafür ausgespro- 30170 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) chen, so auch die unabhängige Athletenvertretung Athle- Anlage 19 (C) ten Deutschland e. V. und die Nationale Anti Doping Agentur. Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung Auch uns haben die Argumente für eine Kronzeugen- regelung überzeugt. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD wird der Gesetzesänderung zustimmen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung und Führung eines Registers über Doping im Leistungssport findet meist organisiert Unternehmensbasisdaten und zur Einführung statt. Hinter dopenden Sportlerinnen und Sportlern stehen einer bundeseinheitlichen Wirtschaftsnummer kriminelle Strukturen, die die Dopingsubstanzen beschaf- für Unternehmen und zur Änderung weiterer fen, verabreichen und versuchen, das Doping zu ver- Gesetze schleiern. Damit Ermittlungsbehörden an genau diese – des von der Bundesregierung eingebrachten Hintermänner besser herankommen können, brauchen Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung und sie Insiderinformationen. Mit einer Kronzeugenregelung Führung eines Registers über Unternehmens- können Beschuldigte dazu bewegt werden, auszupacken. basisdaten und zur Einführung einer bundes- Wir unterstützen das. einheitlichen Wirtschaftsnummer für Unter- nehmen und zur Änderung weiterer Gesetze Eine Kronzeugenregelung allein löst aber nicht alle Probleme. Wir brauchen auch mehr Expertise bei den – des Antrags der Abgeordneten Dr. Heiko Ermittlungsbehörden. Die Bundesländer sollten deutlich Heßenkemper, Steffen Kotré, Enrico Komning, mehr Schwerpunktstaatsanwaltschaften einrichten. Auch weiterer Abgeordneter und der Fraktion der das ist eine Empfehlung des Evaluierungsberichts. AfD: Unternehmensbasisdaten richtig verwal- ten Insgesamt brauchen wir eine nachhaltige Anti-Doping- – des Antrags der Abgeordneten Michael Gesamtstrategie. Dazu gehört zuallererst eine wirksame Theurer, Grigorios Aggelidis, Renata Alt, wei- Dopingprävention, wobei vor allem die Sportverbände terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: gefordert sind. Bürokratie-Entfesselungspaket – Unsere Wirt- schaft entlasten und neues Wachstum entfachen Wir begrüßen, dass im Entschließungsantrag der Koa- lition auch Präventionskonzepte gegen Schmerzmittel- (Tagesordnungspunkt 30 a bis c) missbrauch gefordert werden. Im Entschließungsantrag (B) sind auch weitere gute Vorschläge enthalten, sodass wir Hansjörg Durz (CDU/CSU): Deutschland ist Europa- (D) diesem zustimmen werden. meister. Beim Fußball braucht es dafür in den kommen- den Wochen zwar noch ein erfolgreiches Turnier der Es ist nur misslich, dass wir erst in der vorletzten Sit- deutschen Mannschaft, doch den Ruf des Bürokratieeu- zungswoche dieser Wahlperiode darüber diskutieren. Vor ropameisters verteidigt unser Land dafür seit Jahren min- den Wahlen wird sich so kaum etwas davon umsetzen destens ebenso souverän wie ein bayerischer Verein die lassen. Dabei gibt es so viel zu tun: Deutsche Meisterschaft. Europameister im Fußball wird, wer viele Tore schießt, Bürokratieeuropameister, wer Die Sportverbände müssen bereits bestehende Hin- möglichst viele nicht synchronisierte Register aufbauen weisgebersysteme von NADA und WADA bei den Ath- kann. Allein für die Verwaltung der Unternehmensdaten letinnen und Athleten bekannter machen. Die staatliche hegen und pflegen die Beamten in Deutschland rund 120 Sportförderung muss an die Bedingung geknüpft werden, solcher Register. dass alle Verbände Ombudsstellen einrichten, an die sich Doch wer nun denkt, in jedem dieser Register würden Whistleblower vertraulich wenden können. Die Doping- völlig andere Daten gespeichert, der irrt. Nicht selten vergangenheit in Ost und West muss endlich vollumfäng- schlummern in den Behördenakten der verschiedenen lich aufgearbeitet werden. Verwaltungen ein und dieselben Daten zu ein und dem- selben Unternehmen. Will ein Unternehmen diese Daten Und zum Schluss: Das war voraussichtlich meine letz- ändern lassen, muss dies für jedes Register einzeln erfol- te Rede im Bundestag, da ich nach 16 Jahren nicht wieder gen. Denn natürlich existieren alle 120 Register separat für den Bundestag kandidiere. Ich bedanke mich bei voneinander, in der Regel sogar mit ganz eigenen Identi- allen, mit denen ich zusammenarbeiten durfte: den Kol- fikationsnummern für ein Unternehmen. Das sind Zu- leginnen und Kollegen Abgeordnete und auch meinen stände, die allenfalls vor dem Aufkommen der digitalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Welt noch Verständnis hervorgerufen haben. Deshalb soll damit Schluss sein. Mit diesem Gesetz geht Deutschland Für mich war es eine große Ehre, so lange im Bundes- einen weiteren Schritt auf dem Weg zu einer modernen tag mitzuarbeiten. Wenn mir das jemand vor 20 oder digitalen Verwaltung! 30 Jahren vorhergesagt hätte, hätte ich es nicht für mög- lich gehalten. Den ersten haben wir bereits Anfang des Jahres ge- macht, als wir das Registermodernisierungsgesetz in die- Politik ist eine Tätigkeit auf Zeit, und für mich heißt sem Hause verabschiedet haben. Nun folgt sozusagen das das, dass ich künftig wieder ehrenamtlich politisch aktiv Unternehmensdatenregistergesetz. Die darin enthaltene sein werde. Lösung klingt auf den ersten Blick nach typisch deutscher Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30171

(A) Regelungswut und etwas paradox: Wir schaffen ein neu- Positiv hervorzuheben ist der von den Berichterstattern (C) es, ein weiteres Register. Ein Register gegen den Regis- auf den Weg gebrachte Entschließungsantrag. Durch die terwildwuchs, das klingt mehr nach Kaiser Wilhelm als darin formulierten Meilensteine wird die Kerbe der man- nach digitalem Staat. Doch das Gegenteil ist richtig; denn gelnden Verbindlichkeit ausgewetzt. Er trägt somit dazu dieses neue Register, das beim Statistischen Bundesamt bei, dass Deutschland in einigen Jahren einen Europa- angesiedelt ist, wird künftig als zentrale Datei für die meistertitel weniger hat, stattdessen aber in Sachen digi- Stammdaten von Unternehmen herhalten. Auf dieses sol- taler Staat ganz oben mitspielt. len andere Behörden dann zugreifen, wenn sie die darin enthaltenen Informationen benötigen. Unternehmen wird hingegen eine Mehrfachmeldung ihrer Stammdaten ers- Sabine Poschmann (SPD): Zu sehr später Stunde part. Die Bürokratieentlastung für die deutsche Wirt- sprechen wir über Bürokratieabbau, in Form der Einfüh- schaft ist beträchtlich: Ein dreistelliger Millionenbetrag rung eines Registers über Unternehmensbasisdaten. Das kann nun jährlich in die eigentliche Wertschöpfung der klingt etwas sperrig und man könnte den Eindruck gewin- Unternehmen fließen statt in lästige Verwaltungsarbeit. nen, es handele sich um eine langweilige Angelegenheit. Aber weit gefehlt, denn Bürokratieabbau ist bei den Un- Doch wir schaffen nicht nur ein neues Register, wir ternehmen immer noch die Forderung, die ganz oben auf schaffen mit diesem Gesetz auch eine bundeseinheitliche der Agenda steht. Denn Bürokratie kostet Zeit und damit Wirtschaftsnummer. Diese baut auf der vom BMF noch auch Geld. zu schaffenden Wirtschafts-Identifikationsnummer ge- mäß Abgabenordnung auf. Damit schaffen wir eine zent- Wir versuchen daher, unsere Wirtschaft, aber auch un- rale Verwaltungsnummer, mit der Unternehmen sich ge- sere Bürgerinnen und Bürger nicht mehr als nötig damit genüber der Verwaltung identifizieren können. Dies wird zu belästigen. Das gelingt uns nicht immer, aber wir blei- insbesondere dann relevant, wenn Verwaltungsgänge voll ben stetig dran. Das zeigen drei Bürokratieentlastungsge- digital stattfinden. setze und vor allem die „one in, one out“-Regelung, mit der Bürokratie gebremst wird. Noch passiert das in Deutschland sehr selten. Dabei hat uns die Coronakrise gelehrt, wie essenziell eine digital Ein Thema, über das Unternehmer klagen, sind Statis- funktionsfähige Verwaltung ist: Als wir zu Beginn der tiken. Es ist nicht immer ersichtlich, wofür sie gut sind. In Krise die ersten Soforthilfen ausgezahlt haben, mussten regelmäßigen Abständen sollten diese auf ihre Sinnhaf- Unternehmen zum Beispiel in einzelnen Bundesländern tigkeit überprüft werden. Selbst in Unternehmen sollte den Antrag ausdrucken, unterschreiben und ihn anschlie- man dies tun; denn auch hier gibt es interne Statistiken. ßend eingescannt an die zuständige Behörde schicken. So Mein damaliger Chef hat einmal zu mir gesagt: Lassen (B) ging Digitalisierung in den 90ern – heute muss das anders Sie die Statistik einfach mal sein und schauen Sie, ob (D) laufen! jemand sie vermisst; dann wissen Sie, ob sie tatsächlich notwendig ist. – Das geht bei vom Staat benötigten Sta- Um eine solche volldigitalisierte Verwaltung möglich tistiken natürlich nicht; denn hier gibt es Strafen, wenn zu machen, wird dieses Gesetz sein Möglichstes leisten. sie vom Unternehmen nicht erstellt werden. Genau des- Mit einem Stammdatenregister und einer zentralen Ver- halb ist es unsere Aufgabe, zu überprüfen, was nötig ist waltungsnummer schaffen wir die Voraussetzungen für und vor allem, was effizienter erhoben werden kann. die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes. Die Kom- plettdigitalisierung der Mehrzahl aller Verwaltungsgänge Da sind wir bei unserem Basisregister. Es gibt in bis Ende kommenden Jahres ist eine Mammutaufgabe, Deutschland circa 120 Register mit Unternehmensbezug. doch sie zu bewältigen lohnt sich. Unternehmensdaten werden also in unterschiedlichen Leider wird in der Berichterstattung in den Medien Registern geführt, ohne dass diese miteinander kommu- über das OZG oftmals lediglich das Potenzial für den nizieren und sich regelmäßig updaten. Gäbe es jetzt ein einzelnen Bürger hervorgehoben. Dabei wird leicht ver- „Mutterregister“ mit den Stammdaten des jeweiligen gessen: Nicht der einzelne Bürger, sondern die Unterneh- Unternehmens, wäre die Pflege für die Verwaltung ein- men sind die Power-User der Verwaltungsstrukturen in facher und auch die Unternehmen müssten Veränderun- unserem Land. Deshalb ist die Digitalisierung unserer gen nicht mehrfach mitteilen. Jetzt könnten Sie sagen: Da Verwaltung eines der größten und wichtigsten Förderpro- hätte man auch eher drauf kommen können! – Ich muss jekte für Wirtschaft und Wohlstand im kommenden Jahr- Ihnen antworten: Stimmt! – Da ist man auch schon eher zehnt. Mit diesem Gesetz entbürokratisieren wir das Land drauf gekommen, aber es bedurfte der Abstimmung und entfesseln den Unternehmergeist! unterschiedlicher Behörden auf verschiedenen Ebenen, und eine wesentliche Voraussetzung ist natürlich der digi- Dieses Gesetz wird – ebenso wie die Registermoder- tale Abgleich. Das war jetzt schon etwas komplizierter, nisierung – von den Geldern des Zukunfts- und Investi- wie man sich vorstellen kann, aber heute geben wir mit tionspaketes ermöglicht. Zum einen ist das positiv; denn diesem Gesetz den Startschuss für die Umsetzung – also es zeigt, dass wir auch in hektischen Zeiten der Krise gute schon fast ein historischer Moment! Ich sage „fast“, weil Entscheidungen getroffen haben. Negativ ist hingegen, es mit dem Basisregister allein nicht getan ist. Es müssen dass die Finanzierung dieses Vorhabens lediglich bis ins weitere Quellregister eingebunden werden. Diese Imple- nächste Jahr reicht. Es bleibt zu hoffen, dass der künftige mentierung wird noch etwas Zeit in Anspruch nehmen. Deutsche Bundestag sein Budget klug einsetzt und Die gepflegten Daten sind so unterschiedlich gespeichert, erkennt, dass in Sachen Digitalisierung in Deutschland dass sie erst einmal aufgearbeitet werden müssen, um weiter investiert werden muss. kompatibel zu sein. 30172 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Damit das Ganze jetzt nicht Monde dauert, haben wir Das ist so wie mit dem weiteren Bürokratieabbau, den (C) in unserem Entschließungsantrag eine realistische Zeit- wir in unserem Antrag beschreiben: Neben dem elektro- schiene eingebaut, um mehr Verbindlichkeit zu schaffen. nischen Verwaltungsregister haben wir da 23 aktuelle So hat nicht nur die Verwaltung eine zeitliche Richt- weitere Punkte aufgeführt, aus den Ressorts Wirtschaft, schnur, sondern auch das zukünftige Parlament hat eine Arbeit, Steuern und Finanzen sowie Verwaltung. Natür- bessere Überprüfungsmöglichkeit. Ziel ist es, am Ende lich kommt dem letzten Punkt eine sehr große Bedeutung eine direkte Entlastung für Unternehmen in Höhe von zu. Eines unserer Beispiele dazu ist etwa die Abschaffung 216 Millionen Euro zu erreichen, indirekt sogar bis zu 1 des Schriftformerfordernisses und die Akzeptanz der Milliarde Euro jährlich. Das Gleiche gilt natürlich auch qualifizierten elektronischen Signatur. für die Verwaltung. Leider muss ich aber auch sagen: Den Ruf nach Büro- Mit dieser heutigen „Grundsteinlegung“ befinden wir kratieabbau vom Normenkontrollrat tausendmal gehört, uns auf dem richtigen Weg. Ich hoffe, dass die übrigen aber – gefühlt – tausendmal ist nichts passiert. Hoffen wir Bausteine zügig folgen! also, dass jetzt alle den „digitalen Shot“ gehört haben und dass wir keine IT-Fachleute aus Estland einfliegen lassen müssen, sondern weitergehen auf dem Pfad. Ich denke, in Manfred Todtenhausen (FDP): Zu später Stunde diesem Hause gibt es dafür die nötige Mehrheit und hof- tagen wir hier im Plenum zu einem Thema, das eigentlich fentlich in der nächsten Regierung auch ein dafür zustän- in die Kernzeit am Donnerstagvormittag gehört; denn es diges Ministerium. sagt viel aus über Deutschland, über seinen Zustand, über seine Zukunftsfähigkeit. Die haben wir sicherlich – un- Wir müssen bei den Rankings der Verwaltungsdigita- seren Fachkräften, unseren Forschern, den Pädagogen lisierung ins oberste Drittel kommen, dürfen nicht im und Unternehmern sei Dank. letzten Drittel landen. „Digital first, Bedenken second“, dafür wird es Zeit. Dazu sind wir schon seit Beginn dieser Endlich, endlich kommen wir auch beim Unterneh- Legislaturperiode bereit. mensregister und seiner Onlinevernetzung mit Hilfe der einheitlichen Wirtschaftsnummer weiter. Das wird auch Wenn wir den Turnaround endlich schaffen, dann ist Zeit: Das Onlinezugangsgesetz erfordert, dass wir bis mir um die Zukunft Deutschlands und den Wettbewerb Ende nächsten Jahres alle Verwaltungsleistungen online mit Ländern wie Estland nicht bange. anbieten, auf allen Ebenen, also Bund, Länder und Kom- munen. Das Unternehmensregister ist das A und O dazu. Alexander Ulrich (DIE LINKE): Wir begrüßen das Deshalb sagen wir Freie Demokraten auch Ja zu Ihrem Grundanliegen des Gesetzentwurfes; verwaltungstechni- Gesetzentwurf. (B) sche Effizienz und weniger Aufwand für Unternehmen (D) Wir haben noch einen Entschließungsantrag in den sind auch uns wichtig. Allerdings hat die Regierung ein Ausschuss eingebracht, um auf die Dringlichkeit hinzu- ums andere Mal belegt, dass den großen Versprechen oft weisen. wenig folgt. Verantwortlich ist dafür einerseits der zu geringe Mitteleinsatz, andererseits eine wenig überlegte, Aber, meine Damen und Herren, zum Feiern kann uns konsistente Planung und Abstimmung. heute wirklich nicht zumute sein. Ich sage es ganz deut- lich: Seit 2014 bringt der Normenkontrollrat nun seine In den Stellungnahmen zum Gesetzentwurf sind einige schriftlichen Expertisen zur öffentlichen IT-Struktur, zu Punkte angeführt, die noch unklar sind. Ich greife hier nur Online-Verwaltungsdienstleistungen und zum Monitor drei Aspekte heraus: Digitale Verwaltung heraus. Sein Chef Dr. Ludewig Erstens. Als Basis für das Register der Unternehmens- wird nicht müde, zu mahnen und zu warnen. basisdaten wird eine Nummer von der Deutschen Gesetz- Die Zukunftsfähigkeit Deutschlands – wir haben es in lichen Unfallversicherung e. V. vergeben. Die Unterneh- der Pandemie wieder gesehen – ist nicht durch seine mernummer nach § 136a SGB VII ist erst im Unternehmen und Bürger beeinträchtigt – die haben vergangenen Jahr neu geschaffen worden und noch nicht Homeoffice, Homeschooling und Onlinemeetings vor- in Kraft. Das Verhältnis der bundeseinheitlichen Wirt- bildlich genutzt –, sondern es ist der Staat, es sind die schaftsnummer zur Unternehmernummer nach SGB VII Entscheider und Umsetzer, die die Sache haben schleifen wird im Gesetzentwurf nicht hinreichend deutlich. lassen. Machen wir uns nichts vor: Wenn auf der diesjäh- Alternativ könnte die Wirtschafts-Identifikations- rigen Hannover-Messe – erstmals im Hybridformat, gut nummer nach § 139c AO der Finanzverwaltung genutzt angenommen – der zuständige Minister, Wirtschaftsmi- werden. Das Verhältnis der bundeseinheitlichen Wirt- nister Altmaier, allen Ernstes behauptet – ich zitiere aus schaftsnummer zur ebenfalls neuen Wirtschafts-Identifi- der Presse –: „Wenn das hier nicht so richtig klappt, wäre kationsnummer wird im Gesetzentwurf nicht ausreichend ich auch bereit, das beste Digital-Team aus Estland ein- konkretisiert. Die Wirtschafts-Identifikationsnummer zufliegen, um hier schneller voranzukommen“, dann könnte insgesamt zielgerichtet und mit weniger Aufwand muss ich ganz ehrlich sagen: Herr Minister, es liegt nicht verbunden sein. an unseren IT-Architekten und Planern und es liegt bestimmt auch nicht an den Bürgern dieses Landes, son- Zweitens. Das Statistische Bundesamt ist als Register- dern es liegt daran, dass in Ihrer Regierung niemand die behörde vorgesehen. Es verfügt zwar über Erfahrungen Richtung vorgab und Digitalisierung auch nicht zur Chef- bei der Erfassung und Auswertung großer Datenmengen, sache gemacht wurde. führt aber selbst kein Register. Gleichzeitig werden im- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30173

(A) mer mehr neue Aufgaben an das Statistische Bundesamt trag für Bürokratieabbau. Mehrfachmeldungen an die (C) übertragen. Wir bezweifeln, dass so eine effektive Regis- verschiedenen Register der Verwaltungen könnten tererstellung und -führung möglich wird. schneller entfallen. Drittens. Es stellt sich auch die Frage, ob alle relevan- Der Normenkontrollrat schätzt das Potenzial für direk- ten Quellregister erfasst sind, zum Beispiel auch Register, te Entlastungen der Unternehmen auf bis zu 1 Milliarde die Zulassungscharakter haben. Dies ist weder beim Euro jährlich. Das Potenzial zur Entlastung der Verwal- Gewerbe- noch beim Handelsregister der Fall, dagegen tung wird sogar auf 2 Milliarden Euro taxiert. aber bei den regulierten Berufen und Tätigkeiten. Als Die Schaffung eines Basisdatenregisters für Unterneh- Quellregister könnten so auch Register von Institutionen, men ist also überfällig. Deshalb begrüßen wir den Ge- die hoheitliche Aufgaben wahrnehmen, die etwa bei In- setzentwurf aus dem Wirtschaftsministerium grund- dustrie- und Handelskammern, Handwerkskammern und sätzlich auch. Gleichzeitig erleben wir einmal mehr die anderen berufsständischen Organisationen geführt wer- digitalpolitische Beratungsresistenz dieser Bundesregie- den, explizit einbezogen werden. Dort sind umfassende rung. Sie wiederholen die handwerklichen Fehler des und zum Teil tagesaktuelle Datenbestände zu Unterneh- Registermodernisierungsgesetzes! Warum entscheiden men vorhanden. Sie sich nicht einfach von Anfang an für ein Vorgehen, Bezogen auf den Anspruch der Vollständigkeit der Un- mit dem Sie rechtlich auf der sicheren Seite sind? Mit ternehmen kann die Einbeziehung dieser Register sinn- dem Datenschutzcockpit für mehr Datensouveränität voll sein. Wird dies nicht von Beginn an effektiv organi- und mit dem 4-Corner-Modell für eine sichere Verschlüs- siert, werden Lücken, Fehler und Inkonsistenzen die selung haben wir Ihnen konkrete Vorschläge gemacht, die Regel sein – von einem einheitlichen Register mit quali- ohne Nachteile bei der Praktikabilität die Sicherheit erhö- tativ hochwertigen Basisdaten kann dann keine Rede hen. Leider sind Sie unseren Vorschlägen nicht gefolgt. sein. Vielmehr würde es zu einem erhöhten Aufwand Wir können nur hoffen – im Sinne der Unternehmen im für Unternehmen führen und auch den Bürgerinnen und Land –, dass Ihnen Ihr Gesetz nicht eines Tages vor Ge- Bürgern wie der Forschung einen Bärendienst erweisen. richt um die Ohren fliegt; ich will es wirklich nicht hof- fen! Alles in allem ist das Gesetz jedoch sinnvoll und über- führt das Unternehmensregister ins 21. Jahrhundert. Des- wegen stimmen wir dem Gesetzentwurf zu. Anlage 20

Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ver- Zu Protokoll gegebene Reden (B) (D) waltungsdigitalisierung im Schneckentempo und das zur Beratung auch noch mit Ansage: Erst 2024 soll der Echtbetrieb des Unternehmensbasisregisters aufgenommen werden. – des von der Bundesregierung eingebrachten Und das nennen die geschätzten Kolleginnen und Kol- Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung legen der Koalitionsfraktionen in ihrem Entschließungs- des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des antrag dann eine „zügige Umsetzung“. Rechts der Industrie- und Handelskammern Die Verwaltungsdigitalisierung hat mit dem Onlinezu- – der Beschlussempfehlung und des Berichts des gangsgesetz zäh angefangen – und hat bei der Register- Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu dem modernisierung jetzt leider nicht an Tempo zugelegt. Antrag der Abgeordneten Claudia Müller, Anja Noch nicht mal die Hälfte der Verwaltungsleistungen in Hajduk, Dieter Janecek, weiterer Abgeordneter Deutschland können vollständig digital genutzt werden. und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Faxgeräte der Gesundheitsämter wurden in den letz- Transparenz und Demokratie in Industrie- und ten Monaten zum Symbolbild der gescheiterten Digital- Handelskammern stärken politik in Deutschland. Deutschland ist sowohl beim Aus- (Zusatzpunkte 31 und 32) bau der digitalen Infrastruktur als auch beim Einsatz digitaler Technologien und Dienstleistungen hinter viele andere OECD-Staaten zurückgefallen: Platz 21 im Ran- Dr. Matthias Heider (CDU/CSU): Einige Anmerkun- king innerhalb der EU. Die Coronapandemie hat unseren gen zur Bedeutung des DIHK und den möglichen Folgen Rückstand noch einmal ein Stück klarer gemacht. In der seines Zerfalls: digitalen Welt ist mit dieser Bundesregierung einfach kein Staat zu machen. „Niemand braucht den DIHK“: So zitierte die „Wirt- schaftswoche“ den Unternehmer Siepelmeyer, der mit Die digitalpolitischen Versäumnisse hat der Wissen- seiner Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht Erfolg schaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministers jüngst hatte und den Austritt der IHK Nord Westfalen aus dem noch einmal zusammengefasst. Das Gutachten spart nicht DIHK erzwang. Ob die IHK Nord Westfalen und die an Kritik, von Organisationsversagen ist die Rede. Es Mehrheit ihrer Mitglieder diese Aussage von Siepelmey- fehlt nicht einmal an Geld. Vielmehr fehlt eine klare er unterstreichen und den Austritt der Kammer aus dem Zuweisung von Zuständigkeiten und Verantwortlichkei- DIHK begrüßen, darf bezweifelt werden; denn das jetzige ten, heißt es in dem Gutachten. Es fehlt an Geschwindig- Szenario ohne DIHK-Mitgliedschaft sieht für die IHK keit, an Agilität. Dabei wäre die zügige Schaffung eines Nord Westfalen, ihre Mitglieder und die Gewerbewirt- Basisdatenregisters für Unternehmen ein zentraler Bei- schaft insgesamt nicht gerade rosig aus: 30174 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Die 165 000 Mitglieder der IHK Nord Westfalen kön- Der DIHK soll ebenfalls in eine Bundeskammer, also (C) nen nicht mehr ohne Weiteres von den Förderprojekten, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, umgewandelt Bildungsangeboten und Beratungsleistungen des DIHK werden, in der die IHKs Pflichtmitglieder sind. Nur durch profitieren. Die IHK muss die Beziehungen zu den welt- die Pflichtmitgliedschaft – das hat die Mehrheit der weit verstreuten AHKs neu aufbauen und einzeln unter- Experten in der Anhörung am Montag bekräftigt – lässt halten. Sie hat kaum Einfluss auf die Koordinierung und sich die Gesamtrepräsentanz der gewerblichen Wirtschaft Ausrichtung des Außenhandelskammernetzwerks. Und sicherstellen. Der DIHK soll zu allgemeinpolitischen der DIHK selbst ist nicht mehr in der Lage, seinen ge- Themen Stellung beziehen können, wenn diese einen setzlichen Auftrag, nämlich die Vertretung des Gesamt- wirtschaftlichen Bezug aufweisen. Ausgenommen sind interesses der gewerblichen Wirtschaft, zu erfüllen. lediglich Stellungnahmen zu Bereichen, die in den ver- Wichtige Kommunikationswege sind gekappt, eine ganze fassungsrechtlich geschützten Zuständigkeitsbereich der Region von der Konsensbildung der übrigen Regionen Tarif- und Sozialpartner fallen. ausgeschlossen. Die künftige Deutsche Industrie- und Handelskammer Exits weiterer IHKs könnten durch die Klagen von wird dabei sowohl von staatlicher als auch von privat- Einzelunternehmern erzwungen werden. Die IHK-Orga- wirtschaftlicher Seite in ihrem Handeln überwacht. Die nisation stünde schlimmstenfalls vor dem Verfall. Rechtsaufsicht führt ab jetzt das Bundesministerium für Wenngleich in den letzten Jahren – zum Teil zu Recht – Wirtschaft und Energie, das Einnahme- und Ausgabever- Kritik an Strukturen und Verhaltensweisen des DIHK halten prüft der Bundesrechnungshof. Gegen Kompe- geübt worden ist, so widersprechen wir als Koalition tenzüberschreitungen steht den IHKs ein Unterlassungs- der Aussage von Herrn Siepelmeyer vehement und sa- anspruch gegen den DIHK zu. gen: Wirtschaft, Verwaltung, Politik und Gesellschaft Dennoch gab es zum Gesetzentwurf viele kritische im In- und Ausland brauchen den DIHK. Die Gewerbe- Eingaben besorgter IHK-Mitglieder und -vertreter. Es wirtschaft braucht ihn als Plattform zur Diskussion und wurde die Sorge vor einer zu starken Einmischung des demokratischen Entscheidungsfindung, wenn es um die DIHK geäußert, vor einem Verlust an Autonomie der Entwicklung von Standards oder die Gesamtausrichtung IHKs, vor der Missachtung von Mindermeinungen ein- der Wirtschaft auf nationaler, europäischer und interna- zelner Mitglieder und vor einer unfairen Konkurrenz tionaler Ebene geht. Sie braucht ihn als Vertreter in der durch die privatwirtschaftlichen Gesellschaften des International Chamber of Commerce, um globale Stan- DIHK. dards und Musterverträge mitgestalten zu können. Sie braucht ihn als Koordinator und Finanzier dessen, was Als Koalition sind wir den aus unserer Sicht berechtig- das „Wall Street Journal“ als „Germany’s Secret Econo- ten Bedenken durch wichtige Ergänzungen und Änderun- (B) mic Weapon“ bezeichnet, nämlich das einzigartige Netz- gen entgegengekommen. Von den DIHK-Beschlüssen (D) werk der 140 Außenhandelskammern, das für eine abweichende Mindermeinungen müssen stärker transpa- Exportnation wie Deutschland unerlässlich ist. Und sie rent und öffentlich zugänglich gemacht werden. Der braucht ihn als Servicepartner für Branchenumfragen, Unterlassungsanspruch gegen Kompetenzüberschreitun- Digitalisierungs- und Umschulungsprogramme, für die gen soll nicht nur den IHKs, sondern auch ihren Mitglie- Aus- und Weiterbildung und die Expansionsberatung. dern selbst zustehen und entweder über den Klageweg beim Verwaltungsgericht oder ein internes Beschwerde- Verwaltung, Politik und Medien wiederum profitieren verfahren geltend gemacht werden können. Privatwirt- von Konjunkturberichten, Meinungsumfragen und Blitz- schaftliche Tochtergesellschaften des DIHK dürfen analysen des DIHK, die nur bei Mitgliedschaft aller IHKs Gewinne nicht zum Aufbau von Vermögen einsetzen, und ihrer Mitglieder wirklich repräsentativ sein können. sondern müssen sie ausschließlich zur Aufgabenerfül- Insoweit brauchen wir alle den DIHK. Doch warum brau- lung einsetzen. chen wir ihn in veränderter Form? Dem Kritikpunkt des Autonomieverlusts der IHKs ist Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seinem Urteil zu entgegnen, dass sich sowohl die Vollversammlung des deutlich gemacht, dass der DIHK in der Vergangenheit zu DIHK aus Vertretern der IHKs zusammensetzt als auch oft zu allgemeinpolitischen Themen Stellung bezogen das Präsidium, welches aus den Präsidenten der einzelnen und dadurch seine Kompetenzen überschritten habe. Vie- IHKs besteht. Auch Arbeitnehmer können daher als Ent- le allgemeinpolitische Themen haben zwar keinen wirt- sandte der IHKs am Entscheidungsprozess des DIHK schaftlichen Kern, aber durchaus einen wirtschaftlichen teilhaben. Bezug, beispielsweise das Impfen in Betrieben oder die Integration durch Ausbildung von Geflüchteten in Betrie- Wir haben zudem im parlamentarischen Verfahren ben. Da die Trennlinie hier derzeit nicht ganz eindeutig dafür gesorgt, dass Entscheidungen des DIHK die Be- ist, herrschte zuletzt eine Rechtsunsicherheit, die dazu schlusslage der IHKs berücksichtigen müssen. Auch die führte, dass der DIHK nach dem Urteil des BVerwG zu vielfach zum Teil vorgetragene Sorge vor einer zu starken kaum einem Thema Stellung beziehen konnte, weil er Einflussnahme des Wirtschaftsministeriums auf den nicht weitere IHK-Austritte riskieren wollte. DIHK ist unberechtigt. Im Gegensatz zu einer Fachauf- sicht lässt die bloße Rechtsaufsicht keinerlei Einflussnah- Mit der IHKG-Novelle soll diese Rechtsunsicherheit me auf inhaltliche Entscheidungen zu. beseitigt werden und endlich für eine klare und stabile Ausgangslage gesorgt werden, die derjenigen anderer Mit der IHK-Reform haben wir nach einem langen und Kammern, wie zum Beispiel der Bundesrechtsanwalts- intensiven Diskussionsprozess nun eine gute Lösung kammer entspricht. gefunden, den Bestand der für die Wirtschaft, Verwal- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30175

(A) tung, Politik und Gesellschaft so wichtigen IHK-Organi- te. Einen Anfang hätte man mit einer Drittelparität, ver- (C) sation zu sichern. Dabei wahren wir die Autonomierechte gleichbar mit dem Handwerk, vollziehen können. Leider der IHKs und ihrer Mitglieder und stärken wir das Prinzip war das mit unserem Koalitionspartner in keiner Weise der funktionalen Selbstverwaltung, das sich seit Jahrhun- umzusetzen. Dies bedauere ich sehr, weil ich denke, dass derten bewährt und immer eine starke wirtschaftliche es an der Zeit ist, diesen Demokratisierungsprozess nun Entwicklung Deutschlands befördert hat. endlich einzuläuten. Aber aufgeschoben ist nicht aufge- Ehrenamtlich tragen viele Bürgerinnen und Bürger als hoben! Deshalb bleibt diese Forderung weiterhin auf un- Vertreter ihrer Unternehmen in Vollversammlungen, Prä- serer Agenda. sidien, Ausschüssen und anderen Einrichtungen zum Er- Uns war wichtig, dass die IHKs und damit auch die folg der Selbstverwaltung bei. Dafür ist ihnen allen zu neue Kammer nicht über ein allgemeinpolitisches Man- danken. dat verfügen sollen. Das bedeutet, dass sie sich nur zu Wenn wir jetzt in die Zukunft schauen, sehen wir die politischen Entscheidungen äußern dürfen, wenn wirt- gewerbliche Wirtschaft vor großen Herausforderungen. schaftliche Interessen berührt sind. Zum Beispiel: Wenn Die Digitalisierung erfordert Umstrukturierungen, durch außenpolitische Entscheidungen der Warenhandel Umschulungen und die Festlegung auf neue Standards. oder die Fachkräfteakquise erheblich tangiert werden, Der Kampf gegen den Klimawandel führt zu einem Bera- sollen sie natürlich auf Risiken für die deutsche Wirt- tungs- und Förderbedarf bei der klimaneutralen Ausrich- schaft hinweisen. Dabei zählt nicht nur die Mehrheits- tung, und geopolitische Fragen, wie der derzeitige Roh- meinung, sondern auch abweichende Positionen sollen stoffmangel oder der sich zuspitzende Konflikt zwischen kommuniziert und veröffentlicht werden. China und den USA, machen das vom DIHK koordinierte Wichtig ist aber vor allem, wie dieses Bild entsteht, und finanzierte Außenhandelskammernetzwerk wichti- sprich: wo das Gesamtinteresse ermittelt wird. Und das ger denn je und erfordern zudem eine möglichst einheit- kann natürlich nur in der Vollversammlung geschehen! liche Positionierung der deutschen Wirtschaft in Europa. Auch das betonen wir noch mal ausschließlich in unse- Das alles zeigt: Wir brauchen den DIHK! rem Änderungsantrag. Ich wünsche mir darüber hinaus, dass die DIHK aus Sabine Poschmann (SPD): Die SPD hat sich die den Urteilen und den Diskussionen der vergangenen Zustimmung zum IHKG nicht leicht gemacht. Es galt Monaten mehr lernt und selbst an ihrer Binnendemokra- abzuwägen: Wollen wir eine Dachorganisation der tie und Transparenz arbeitet. Vor allem auch vor dem 79 IHKs als Körperschaft des öffentlichen Rechts? Hintergrund der erweiterten Pflichtmitgliedschaft ist es Oder wollen wir die bisherige Vereinsstruktur erhalten wichtiger denn je, mehr Sensibilität gegenüber den Un- (B) und nehmen in Kauf, dass der DIHK durch Austritte nicht ternehmen an den Tag zu legen. (D) mehr alle IHKs abbilden kann? Ein schnelles schwarz oder weiß gab es für uns nicht, Klare Abgrenzungen haben wir hinsichtlich der Auf- sondern es galt, sich mit dem Thema auseinanderzuset- gaben der Sozialpartner und hinsichtlich der beruflichen zen. Deshalb war ein kurzfristiges Aufsetzen des Gesetz- Bildung vorgenommen: Fallen Themen in den sozial- und entwurfes für uns auch keine Option. Eine solche Reform arbeitsmarktpolitischen Bereich der Sozialpartner, ist die jagt man nicht mal eben durch den Bundestag und lässt DIHK nicht zuständig. Zudem hat sie keine Kompetenz den Beteiligten vorab nur wenig Zeit zur Stellungnahme. im Rahmen des Berufsbildungsgesetzes. Auch stellen wir Hier war es notwendig, auf die Bremse zu treten, um eine klar, dass die DIHK dazu da ist, ihre Aufgaben zu erfül- qualitativ gute Beratung zu ermöglichen. len. Es geht nicht darum, mit Tochtergesellschaften Geld anzusparen und Konkurrenten, die gleichzeitig ihre eige- Wir haben uns im Vorfeld mit vielen Beteiligten aus- nen Mitglieder sind, das Leben auf dem Markt schwer zu einandergesetzt: mit Gewerkschaften, den IHKs vor Ort, machen. Kammerkritikern und dem DIHK selbst. Klar war von Anfang an, was wir nicht wollen: Um die Entwicklungen und Innovationsfähigkeit der neuen Bundeskammer im Blick zu halten, soll das Erstens. Wir wollen dem DIHK mit dem Gesetz nicht BMWI dem Bundestag regelmäßig Bericht erstatten. mehr Kompetenzen als vorher einräumen. Zeichnet sich hier erneut Handlungsbedarf ab, werden Zweitens. Wir wollen durch den Systemwechsel nicht wir natürlich tätig werden. Ich denke, mit diesen Ände- Gerichtsurteile heilen. rungen haben wir aktuell mit und für alle Beteiligten eine Deshalb sahen wir größeren Änderungsbedarf am Ent- tragfähige Lösung gefunden. wurf des Wirtschaftsministeriums. An dieser Stelle möchte ich insbesondere meinem Wir stützen die Reform des DIHK zur Bundeskammer, Sparringspartner von der CDU Matthias Heider für die grenzen aber die Aufgaben nun klarer ein und sorgen so konstruktive Zusammenarbeit danken. Auch wenn wir für mehr Rechtssicherheit als bisher. Gleichzeitig wollen das Thema Arbeitnehmerbeteiligung aussparen mussten, wir aber auch einen inneren Reformprozess anstoßen, der haben wir bei den anderen Themen gute Ergebnisse die Binnendemokratie und die Minderheitenrechte stärkt. erzielt. Gerne wären wir dem Wunsch der Gewerkschaften nachgekommen und hätten einen weitreichenden Thomas Lutze (DIE LINKE): Eine grundsätzliche Reformprozess initiiert, der für eine stärkere Arbeitneh- Reform des deutschen Kammerwesens und damit auch merbeteiligung in den IHKs und dem DIHK gesorgt hät- des IHK-Gesetzes von 1956 ist längst überfällig. Wir 30176 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) haben bereits in der 16. Legislaturperiode einen eigenen Thema ist. Und jetzt stehen wir hier, mitten in der Nacht. (C) Antrag dazu vorgelegt, dessen Begründung und Forde- Diese Hast und dazu das jetzige Verstecken werden dem rungen heute mehr denn je zutreffen. Thema nicht gerecht. Seit Jahren kritisiert eine wachsende Mehrheit der Un- Die heraufbeschworene Austrittswelle von IHKs aus ternehmen selbst die Arbeit und Vertretung ihrer Interes- dem DIHK, die ja angeblich ein Gesetz bis zum Jahres- sen durch die 69 IHKen in Deutschland und insbesondere ende 2021 unabdingbar macht, rollt durch die einjährige die Aufgabe des DIHK. Die Pflichtmitgliedschaft in einer Kündigungsfrist beim DIHK sowieso noch nicht an. Es IHK und der oft als ungerecht empfundene Beitragssatz wäre mehr Zeit und damit mehr Substanz möglich gewe- sind hier nur ein Ärgernis. sen. Sie haben sich für eine Umwandlung des Vereins Entscheidend sind für uns aber nicht die Frage der DIHK in eine Körperschaft öffentlichen Rechts – in Pflichtmitgliedschaft oder die Selbstorganisation der Un- eine Bundeskammer – entschieden. Damit, werte Kolle- ternehmen und die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben ginnen und Kollegen von CDU/CSU und SPD, verbieten der Kammern als solches. Dies alles ist für die Linke Sie den IHKs kurzerhand den Austritt aus dem DIHK. wichtig; allerdings kommt das Kammerwesen nicht um Verbotspolitik pur also! eine generelle Reform herum, um die bekannten Proble- me zu lösen und die Arbeits- und Organisationsweise zu Darüber hinaus kommt es zu einer Ungleichbehand- ändern. lung. Zivilgesellschaftlichen Organisationen wie Cam- pact e. V. wird aufgrund von politischen Äußerungen Ursächlich sind für uns die weitgehend vermachtete und Aktionen die Gemeinnützigkeit entzogen. Für solche Grundstruktur, die Intransparenz, fehlende Verantwort- Organisationen ist das existenzbedrohend. Da sehen Sie lichkeit und Rechenschaft gegenüber den Pflichtmitglie- aber keine Notwendigkeit, die dringend notwendige dern und mangelnde interne Demokratie. Die IHKen und Modernisierung des Katalogs an förderfähigen Zwecken insbesondere der DIHK sind zunehmend Sprachrohre im Gemeinnützigkeitsrecht anzugehen. Dabei ist die sehr spezifischer Unternehmensinteressen, und viele klei- doch längst überfällig. Dass es schnell gehen könnte, ne und mittlere Unternehmen und progressive Unterneh- zeigen Sie hier. Damit machen Sie hier wieder einmal merinnen und Unternehmer fühlen sich übersehen, über- Ihr mangelndes Interesse deutlich. gangen und nicht vertreten. Die nächste Novelle des IHKG wird schon vorbereitet. Klar ist, dass vor allem in den Stellungnahmen und Das steht so in dem Gesetz, das wir heute beschließen. Positionierungen die Interessen ökonomisch starker, Der Arbeitsauftrag für die Zukunft ist klar: Transparenz. großer Unternehmen – oft mit hoher Exportorientierung – (B) Gestern im Ausschuss wehrte Staatssekretär Bareiß (D) der klassischen Branchen und Industrie berücksichtigt mehrere unserer Forderungen in unserem Antrag „Trans- werden. Auch das ist nicht neu, sondern hinlänglich parenz und Demokratie in Industrie- und Handelskam- über Jahrzehnte bekannt und belegt durch eine Vielzahl mern stärken“, über den wir heute auch abstimmen, ab. kritischer Stimmen und Kampagnen in und um die Kam- Unsere Forderungen seien doch mehr oder weniger alle mern aus dem Unternehmenssektor selbst. schon erfüllt. – Ja, zum Beispiel in der IHK Rostock Die IHKen und der DIHK vertreten auch nie die Wirt- können Sie einen genauen Finanzbericht einsehen, in schaft als Ganzes; denn zumindest der wichtige Teil der dem unter anderem Rücklagen und Ausgaben klar und Beschäftigten ist in dieser Verbandsstruktur gar nicht ver- verständlich aufgeführt sind – auch das Gehalt des Präsi- treten oder berücksichtigt. Auch hier hat sich seit den denten. Auch die Tagesordnungen von Ausschüssen und 1950er-Jahren nichts Wesentliches geändert, und mit Vollversammlungen sind einsehbar; aber das ist eben dem vorliegenden Gesetzentwurf werden eher Konflikte nicht überall so. Kammern sind keine freiwilligen Ver- im Hinblick auf die Arbeits- und Sozialpolitik der klassi- eine, sondern Körperschaften, die mit Pflichtbeiträgen schen Tarifparteien und anderer Organisationen eher finanziert werden. Daher müssen wir hier die Messlatte möglich. Zumindest fehlt es an klaren Abgrenzungen höher legen. Transparenz muss eine Selbstverständlich- und Definitionen im Gesetzentwurf, wie in den Anhö- keit sein und keine Kür. rungen von den Gewerkschaften aufgezeigt wurde. Echte Beteiligung und Demokratie sind nur möglich, wenn Unternehmerinnen und Unternehmer wissen, was Die Bundesregierung hat es wieder einmal versäumt, auf der Tagesordnung steht, welche Beschlüsse gefällt eine zukunftsfähige Reform des Kammerwesens aktiv werden, und sie sich darauf vorbereiten können. Unter- auf den Weg zu bringen und schützt lediglich die Struktur nehmerinnen und Unternehmer müssen selbstverständ- und die Akteurinnen und Akteure, denen nicht allein lich jederzeit Prüfberichte der Rechnungshöfe und durch die jüngsten Gerichtsurteile ein strukturell fehler- Finanzberichte ihrer IHKs einsehen können. Das stärkt haftes Verhalten bescheinigt worden ist. Das ist eine völ- das Vertrauen, verhindert Gerüchte und erhöht die Legiti- lig verpasste Chance, wodurch der interne Reformunwil- mation – etwas, was im ureigenen Interesse von Kam- le auch noch belohnt wird. mern ist. Der Ball liegt jetzt bei allen IHKs und beim DIHK, um Claudia Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der die Satzung der künftigen Bundeskammer DIHK in Gesetzentwurf wurde angekündigt, eine Anhörung wurde einem transparenten Prozess und unter breiter Beteili- erst aufgesetzt, dann wieder abgesetzt und dann wieder gung gut vorzubereiten. Deshalb fordern wir Sie auf: kurzfristig aufgesetzt. Das zeigt, wie kompliziert das Machen Sie die Satzungsentwürfe öffentlich! Wenn Sie Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30177

(A) Gutachten und Stellungnahmen dazu einholen, machen ten für Betreiber von Onlinemarktplätzen und die Ein- (C) Sie auch diese öffentlich! Schaffen Sie durch Transpa- führung einer Informationspflicht bei Personalisierung renz und Beteiligung eine breite Legitimation für sich! des Preises aufgrund automatisierter Entscheidungsfin- Dies stärkt auch Ihre Position gegenüber dem BMWi, das dung vor. Für Onlinemarktplätze werden künftig Hin- als Aufsichtsbehörde ja die Satzung abnehmen wird. Sie weispflichten über die wesentlichen Kriterien der Ran- stärken dadurch Ihre Interessen, trotz dieser Gesetzes- kings von Suchergebnissen und deren Gewichtung grundlage, die weit hinter den Möglichkeiten bleibt. gelten. Viele vertrauen darauf, dass Produktplatzierungen im Internet wahrheitsgetreu erfolgen. Danach richtet sich oft auch die Kaufentscheidung. Die geplanten Neurege- Anlage 21 lungen sollen jetzt mehr Transparenz für die Kundinnen und Kunden schaffen. Zu Protokoll gegebene Reden Auch beim Weiterverkauf von Eintrittskarten über zur Beratung Ticketbörsen erhöhen wir die Transparenz: Der Anbieter wird künftig über den Originalpreis der Eintrittskarte – des von der Bundesregierung eingebrachten informieren. Verbraucher können dann besser beurteilen, Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bür- ob es sich um Preiswucher handelt. gerlichen Gesetzbuchs und des Einführungs- gesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche in Da wir bei der Modernisierungsrichtlinie nur kleine Umsetzung der EU-Richtlinie zur besseren Änderungen im Gegensatz zum Entwurf der Bundesre- Durchsetzung und Modernisierung der Ver- gierung vornehmen, möchte ich direkt zum zweiten Teil braucherschutzvorschriften der Union und zur des Gesetzgebungsverfahrens kommen, dem Gesetzent- Aufhebung der Verordnung zur Übertragung wurf zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbe- der Zuständigkeit für die Durchführung der werbs- und Gewerberecht. Die Vorlage sieht die Verbes- Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 auf das Bun- serung des Schutzes der Verbraucherinnen und desministerium der Justiz und für Verbrau- Verbraucher vor unlauteren geschäftlichen Handlungen cherschutz insbesondere im Kontext digitaler Geschäftsmodelle vor – des von der Bundesregierung eingebrachten und ermöglicht eine wirksamere Durchsetzung des Ver- Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung des Ver- braucherrechts. braucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewer- Nicht zuletzt mit der Coronapandemie hat der Online- berecht handel noch einmal einen deutlichen Wachstumsschub sowie verzeichnet. Für viele Kunden bleibt der E-Commerce- (B) Bereich aber immer noch sehr undurchsichtig. Oftmals ist (D) – der Beschlussempfehlung und des Berichts des es für den Verbraucher kaum möglich, zu durchschauen, Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz wer der eigentliche Anbieter oder Hersteller eines Pro- zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Lothar duktes ist, ob Bewertungen echt sind und welche Algo- Maier, Stephan Brandner, Jens Maier, weiterer rithmen hinter Produktrankings stehen. Das machte es Abgeordneter und der Fraktion der AfD: Co- schwarzen Schafen bisher einfach. Dem stellen wir uns Regulierung als ergänzendes Instrument des nun entschieden entgegen, wir sorgen für mehr Transpa- Wettbewerbsrechts und des Verbraucherschut- renz und Sicherheit beim Shoppen im Netz. Verbraucher zes müssen wissen, mit wem sie es als Anbieter zu tun haben – der Beschlussempfehlung und des Berichts des und nach welcher Methodik Produktrankings und Platzie- Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz rungen aus Onlinesuchanfragen generiert werden. Markt- zu dem Antrag der Abgeordneten Tabea platzbetreiber, die Verbraucherinnen und Verbrauchern Rößner, Luise Amtsberg, Canan Bayram, wei- Onlinesuchanfragen nach Waren und Dienstleistungen terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- verschiedener Anbieter ermöglichen, müssen zukünftig NIS 90/DIE GRÜNEN: Umsetzung der europä- über die Hauptparameter für die Festlegung von Ran- ischen Modernisierungsrichtlinie – Lücken im kings und deren Gewichtung im Vergleich zu anderen Verbraucherschutz schließen Parametern informieren. Unternehmen, die Verbraucher- bewertungen zugänglich machen, müssen zudem darüber (Tagesordnungspunkt 33 a und b sowie Zusatz- Auskunft geben, wie sie sicherstellen, dass die Bewertun- punkte 21 und 22) gen tatsächlich von Verbrauchern stammen. Damit sor- gen wir für ein sicheres Shoppingerlebnis von Verbrau- Sebastian Steineke (CDU/CSU): Wir beraten heute chern und schaffen einen klaren gesetzlichen Rahmen für in zweiter und dritter Lesung zwei Gesetzentwürfe, die die betroffenen Anbieter. den Verbraucherschutz in Deutschland deutlich stärken Wir stärken weiterhin den Verbraucherschutz bei den werden. sogenannten Kaffeefahrten. Vor allem ältere Verbrau- Zum einen geht es um die Umsetzung der sogenannten cherinnen und Verbraucher fallen trotz vieler Warnungen EU-Modernisierungsrichtlinie. Hier nehmen wir Anpas- immer noch auf die dubiosen Methoden der Anbieter von sungen der EU-Verbraucherrechterichtlinie im Hinblick Kaffeefahrten herein, oftmals im Unwissen darüber, dass auf Verträge über digitale Inhalte und digitale Dienstleis- sie gerade betrogen werden. Deshalb ist es gut, dass wir tungen, die Einführung neuer Sanktionsvorschriften, die hier handeln. Aggressiven oder irreführenden Geschäfts- Einführung zusätzlicher besonderer Informationspflich- praktiken im Zusammenhang mit Verkaufsfahrten schie- 30178 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) ben wir einen Riegel vor. Wir verschärfen und erweitern Und für alle Freunde der Kaffeefahrten: Hier räumen (C) die bisher bestehenden Anzeigepflichten für Veranstalter wir mit einem jahrzehntealten Missstand auf. Allzu oft von Kaffeefahrten im In- und Ausland. Zum Schutz der haben sich gerade Seniorinnen und Senioren zu Recht Verbraucherinnen und Verbraucher wird nicht nur der darüber geärgert, dass sie bei Kaffeefahrten abgezockt Vertrieb von Nahrungsergänzungsmitteln und Medizin- wurden und ihre Rechte nicht geltend machen konnten, produkten bei Kaffeefahrten verboten. Wir haben uns weil sie nur ein Postfach des Anbieters hatten. Damit im parlamentarischen Verfahren dafür eingesetzt, dass machen wir Schluss. Zukünftig muss eine Adresse mit auch der Verkauf von Finanzdienstleistungsprodukten Telefonnummer und genauer Anschrift, an die Klagen auf Kaffeefahrten untersagt wird. Damit schränken wir zugestellt werden können, veröffentlicht werden. Darü- die Missbrauchs- und Betrugsmöglichkeiten bei diesen ber hinaus untersagen wir, dass Medizinprodukte, Nah- Veranstaltungen massiv ein. rungsergänzungsmittel oder Finanzdienstleistungen auf Kaffeefahrten vertrieben werden dürfen. Wir machen Zudem stärken wir auch den Schutz bei unerwünschten also die Kaffeefahrten verbraucherfreundlicher und damit Haustürgeschäften, indem wir bei Beträgen über 50 Euro sicherer. ein Sofortzahlungsverbot einführen. Auf diese Weise ver- hindern wir, dass sich Betroffene in einer mutmaßlich Ein weiterer Meilenstein dieses Gesetzpaketes ist es, besonderen Situation des Besuchs in ihrer Wohnung zu dass es nicht nur für Wettbewerber oder Einrichtungen einer vorschnellen Zahlung verleiten lassen. wie die Verbraucherzentrale Unterlassungsansprüche gibt, nein, Verbraucherinnen und Verbraucher, die durch Ich bin froh, dass wir hier zwei gute Gesetze zum unlautere Geschäftspraktiken geschädigt werden, bekom- Wohle der Verbraucherinnen und Verbraucher in men einen direkten Schadensersatzanspruch gegen das Deutschland verabschieden werden und werbe herzlich unlauter handelnde Unternehmen. Auch das ist eine um Ihre Zustimmung. ganz wichtige Verbesserung für die Rechtsposition der Verbraucherinnen und Verbraucher. Dr. Johannes Fechner (SPD): Wir alle freuen uns Schließlich regeln wir auch für die Influencerinnen über niedrige Inzidenzen und Lockerungen in allen und Influencer sowie Verbraucherinnen und Verbraucher, Lebensbereichen. Die Rückkehr zur Normalität beginnt. die ihnen folgen, im Sinne der Klarheit, dass Influence- Was bleibt, ist, dass Verbraucherinnen und Verbraucher rinnen und Influencer darstellen müssen, wenn sie ein mehr online einkaufen. Verbraucherinnen und Verbrau- Produkt bewerben. Wir kennen es vom Fernsehen. Dort cher werden mehr Tickets für die beginnenden Kultur- wird das Wort „Dauerwerbesendung“ eingeblendet, wenn veranstaltungen kaufen, die Freunde der Kaffeefahrten Werbung während einer normalen Sendung gemacht werden wieder unterwegs sein. Das sind alles Geschäfts- wird. Das passiert zukünftig auch bei den Influencer- (B) (D) bereiche, in denen wir mit diesen beiden Gesetzen mehr Videos. Auch das ist ein ganz wichtiger Schritt, um ge- für den Verbraucherschutz machen wollen. Sie kommen rade junge Verbraucherinnen und Verbraucher aufzuklä- also genau zur richtigen Zeit, liebe Kolleginnen und Kol- ren und sie besser entscheiden zu lassen, ob sie Aussagen legen. über ein Produkt in einem Posting eines Influencers glau- ben wollen. Wir sorgen dafür, dass Vergleichs- und Vermittlungs- portale transparenter werden. Zukünftig müssen Betrei- Alles in allem sind es also zwei ganz wichtige Gesetze. berinnen und Betreiber über die Hauptkriterien aufklären, Vielen Dank an das Justizministerium für die gute Vor- warum ein Produkt ein bestimmtes Ranking in der ver- bereitung. Wir haben hier wirklich wichtige, ganz wich- öffentlichten Liste eines Vergleichsportals hat und die tige Verbesserungen für die Verbraucherinnen und Ver- Gewichtung dieser Kriterien darstellen. Wenn zum Bei- braucher erreicht. Stimmen wir also diesen Gesetzen zu. spiel ein Ranking mit versteckter Werbung oder Provi- sionszahlungen beeinflusst worden ist, also – um es deut- Dr. Karl Lauterbach (SPD): Mit den vorliegenden lich zu sagen – gekauft wurde, dann muss das ganz klar Gesetzentwürfen zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur gekennzeichnet werden. Verbraucherinnen und Verbrau- besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbrau- cher müssen sich auf Rankings und Bewertungen verlas- cherschutzvorschriften nehmen wir für die Verbraucher/ sen können, und dafür sorgen wir mit diesen Gesetzen. -innen umfangreiche und entscheidende Änderungen im BGB und Wettbewerbs- und Gewerberecht vor. Wir sor- Ich hatte Ihnen schon in der ersten Lesung von meiner gen hiermit für mehr Verbraucherschutz im Onlinehan- Verwunderung über die Geschäftspraktiken von viagogo del, bei Kaffeefahrten und auch bei Haustürgeschäften. erzählt. Deswegen ist es ein ganz wichtiger Schritt, dass Verbraucherinnen und Verbraucher zukünftig bei Online- Ein wichtiger Punkt ist hierbei die Transparenz auf Ticketbörsen den Originalpreis eines Tickets kennen, Onlinemarktplätzen; diese müssen beispielsweise, unter dann können sie viel einfacher ersehen, dass der Ver- anderem, künftig darüber informieren, ob es sich bei dem kaufspreis möglicherweise vollkommen überzogen ist Anbieter um einen Unternehmer handelt oder nicht. Beim und lassen dann die Finger von unseriösen Ticketbörsen. Onlinevergleich von Waren oder Dienstleistungen müs- Auch das ist ein ganz wichtiges Ziel, genauso wichtig wie sen Plattformen über die Hauptparameter ihres Rankings das, dass wir ausdrücklich verbieten, dass der Ticket- und deren Gewichtung informieren und ob sie Provisio- markt für ein bestimmtes Konzert oder eine bestimmte nen erhalten. Darüber hinaus müssen die Plattformen bei Sportveranstaltung softwareunterstützt leergekauft wer- der Bewertung durch Nutzer/-innen sicherstellen, dass den kann. Damit legen wir den Betrügern bei den die Bewertungen auch tatsächlich von Verbraucherinnen Online-Ticketbörsen das Handwerk. und Verbrauchern stammen. Insgesamt schaffen wir mit Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30179

(A) dieser Regelung die Grundlage dafür, dass Verbraucher/ geschäften wird verbessert. Und wir schaffen Rechtssi- (C) -innen besser beurteilen können, warum welches Produkt cherheit für Influencer/-innen in den sozialen Netzwer- im Ranking oben steht und ob Bewertungen seriös sind. ken. Damit schützen wir Verbraucher/-innen vor Irreführung Ich bitte daher ausdrücklich um Ihre Zustimmung. und Abzocke auf Onlinemarktplätzen.

Daneben schafft der Gesetzentwurf auch klare Rege- Katharina Willkomm (FDP): Der Bundestag setzt lungen zu anderen Werbewegen, insbesondere in den so- mit den vorliegenden Entwürfen einen Teil des „New zialen Medien. So müssen Influencer/-innen und Deal for Consumers“ um, den der europäische Gesetzge- Blogger/-innen zukünftig ein Posting nur dann als Wer- ber vor gut anderthalb Jahren beschlossen hat. Es geht im bung kennzeichnen, wenn es eine Gegenleistung gibt. Kern darum, Verbraucherschutz und Transparenz in der Das schafft Rechtssicherheit und den Verbrauchern und digitalen Welt zu stärken, und das begrüße ich ausdrück- Verbraucherinnen wird es ermöglicht, besser zu beurtei- lich. len, ob sie einer Empfehlung vertrauen wollen oder nicht. Wenn also künftig Onlinemarktplätze kenntlich ma- Eine weitere Verbesserung schafft das Gesetz auch bei chen müssen, wie ein Ranking zustande kommt, welche Ticketbörsen; diese müssen nun den ursprünglichen Ori- Angebote eigentlich Anzeigen sind und welche Waren ginalpreis des Tickets angeben. Dies schafft gerade für von Privaten und welche von Unternehmen angeboten viele Konzert- und Sportzuschauer die nötige Transpa- werden, ist das eine sinnvolle Sache. Gleiches gilt für renz. die gesetzgeberische Klarstellung, wo bei Influencern Auch bei sogenannten Kaffeefahrten verbieten wir schiere Begeisterung für ein selbst erworbenes Produkt künftig den Vertrieb von Medizinprodukten, Nahrungs- aufhört und wo kommerzielle Werbung beginnt. ergänzungsmitteln und Finanzdienstleistungen. Wir ver- Damit ich nicht falsch verstanden werde: Es handelt schärfen zudem die Anzeigepflicht der Veranstalter/ sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht um Hel- -innen gegenüber der zuständigen Behörde und die Infor- dentaten der Großen Koalition. Vielmehr bewegte sich mationspflichten bei der Werbung. Damit schützen wir der Handlungsspielraum des Gesetzgebers in den relativ insbesondere ältere Verbraucher/-innen, die hier leider engen Bahnen europäischer Vorgaben. Insoweit muss immer wieder unter Druck gesetzt und über den Tisch auch die Kritik an dem Sanktionsrahmen in Höhe von gezogen werden. bis zu 4 Prozent des Jahresumsatzes, der einem Online- Verbraucher/-innen bekommen erstmalig einen Scha- händler droht, wenn er gegen die Vorgaben verstößt, an densersatzanspruch bei unlauteren geschäftlichen Hand- den europäischen Gesetzgeber gehen; denn 4 Prozent des lungen wie irreführender Werbung. Jahresumsatzes können existenzbedrohend sein für (B) umsatzstarke, aber gewinnmargenschwache Händler. (D) Das Gesetz sieht auch deutliche Verbesserungen bei Haustürgeschäften vor: Wenn ein Vertreter einfach an Wenn wir im Bundestag nun europäisches Recht der Haustür klingelt und es zu einem Vertrag kommt, umsetzen, dann ist uns Freien Demokraten wichtig, dass darf dieser künftig keine Sofortzahlung über 50 Euro ver- der deutsche Gesetzgeber sich nah an den europäischen langen. Das schützt eventuell überrumpelte Verbraucher/ Vorgaben orientiert und kein Gold-Plating betreibt, also -innen vor hohen finanziellen Schäden. nicht mehr Regulierung schafft, als er schaffen muss. Das ist der Bundesregierung hier nicht ganz geglückt. Es den Auch gelingt uns mit diesem Gesetzespaket ein Mei- Kaffeefahrtenanbietern zu untersagen, künftig Finanz- lenstein: Mit der Norm des § 9 Absatz 2 UWG erhalten produkte, Nahrungsergänzungsmittel und Medizinpro- Verbraucher/-innen erstmals einen direkten Schadener- dukte zu verkaufen, mag mit Blick auf die Gefährdung satzanspruch bei unlauteren Geschäftspraktiken. Wirbt des finanziellen bzw. des gesundheitlichen Wohlergehens ein Unternehmer also irreführend und entsteht hierdurch der Verbraucher noch verhältnismäßig sein. Auch dass dem Verbraucher, der Verbraucherin ein Schaden, haben die Kaffeefahrtenanbieter auf das Widerrufsrecht und diese einen einfachen und direkten Schadenersatzan- auf Kontaktinformationen hinweisen müssen, ist grund- spruch. Im parlamentarischen Verfahren haben wir diese sätzlich in Ordnung. Es bleibt jedoch zweifelhaft, ob man Regelung noch praxistauglicher gemacht, indem die Ver- den „schwarzen Schafen“ so schneller beikommt als jährungsfrist für diesen Anspruch auf ein Jahr angehoben bisher. wurde. In gleicher Weise ist den Verbrauchern im Nachgang Der hier geregelte Schadenersatzanspruch ist eine der wenig geholfen, wenn es künftig offiziell unlauter ist, bei wichtigsten materiellen Rechtsgrundlagen für die neue einem anlässlich eines unerbetenen Besuchs abgeschlos- Verbandsklage, welche uns in der kommenden Legisla- senen Vertrag eine Zahlung von mehr als 50 Euro am Tag turperiode noch beschäftigen wird. Insbesondere ohne des Vertragsschlusses zu verlangen. Bis die Abmahnung längere Verjährungsfrist hätte dieser Anspruch praktisch geschrieben ist, ist das Geld in den allermeisten Fällen ins Leere geführt. bereits über alle Berge. Zusammenfassend möchte ich noch einmal betonen, dass der Deutsche Bundestag mit dem vorliegenden Petra Pau (DIE LINKE): Wir verabschieden heute Gesetzespaket die Verbraucher/-innen besser vor fal- zwei Gesetze, die den Verbraucherschutz in Deutschland schen Bewertungen auf Plattformen, Abzocke auf Ticket- stärken sollen. Es ist wieder einmal die Europäische börsen oder bezahlten Rankings auf Vergleichsportalen Union, die einen besseren Schutz der Verbraucherinnen schützt. Auch der Schutz bei Kaffeefahrten und Haustür- und Verbraucher von den Nationalstaaten fordert. Der 30180 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) europäische Gesetzgeber gibt vor, dass Verbraucherinnen ein Recht haben, die Behörden zum Eingreifen gegen (C) und Verbraucher einen Anspruch auf Ersatz ihres Scha- unzuverlässige Unternehmerinnen oder Unternehmer dens haben, wenn sie durch unlautere Methoden von Un- aufzufordern, wenn sie im Rahmen ihrer Beratung oder ternehmen abgezockt werden. Wenn zum Beispiel Marktbeobachtung systematische Verletzungen feststel- Schlüsseldienste die Notsituationen von Menschen vor len. verschlossenen Türen ausnutzen und auf fast kriminelle Weise das Dreifache des marktüblichen Preises von ihnen Die Probleme bei der Rechtsdurchsetzung zeigen auch, verlangen, bevor sie sie wieder in ihre Wohnung lassen. wie wichtig eine Weiterentwicklung des Bundesamtes für Dieser Schadensersatzanspruch wegen Verstoßes gegen Justiz zu einer echten Bundes-Verbraucherschutzbehörde das Verbot unlauteren Wettbewerbs ist lange überfällig. ist, wie es Die Linke seit Jahren fordert. Diese Behörde Es ist für uns nicht nachvollziehbar, warum die Koalition könnte mithilfe von Allgemeinverfügungen die Verwen- weitere Hindernisse eingebaut hat, indem der Anspruch dung festgestellter rechtswidriger Vertragsklauseln oder schon nach einem Jahr verjährt, statt, wie sonst üblich, bestimmte unlautere Handlungsweisen allgemein unter- nach drei Jahren. sagen. Damit könnte das Problem beseitigt werden, dass die Verbraucherverbände gegen jedes Unternehmen, das Gleichwohl stellt sich die Frage, wie der normale Bür- eine rechtswidrige Klausel wort- und/oder inhaltsgleich ger/die normale Bürgerin das in ihrer Not gezahlte Geld verwendet, einzeln klagen müssen. Das reduziert Auf- wieder zurückbekommt. Das Verbot der Sofortzahlung wand, Kosten und Zeit bei der Justiz wie auch bei den hilft nicht weiter, wenn der Schlüsseldienst oder der Verbänden und hätte unmittelbar positive Wirkung auf Rohrreiniger schon über alle Berge ist. Bei unseriösen die Einhaltung der Verbraucherrechtsvorschriften. Diese Firmen ist dies eher an der Tagesordnung. Was ist mit Allgemeinverfügungen könnten mit einer Folgenbeseiti- Menschen, die an der Haustür durch Drückerkolonnen gungsanordnung verbunden werden. Dadurch würde man gezielt zum Kauf überteuerter Weine überredet wurden erreichen, dass bereits rechtswidrig vereinnahmte Kun- oder einer überteuerten Reise bei einer „Kaffeefahrt“ dengelder – beispielsweise aufgrund von Preiserhö- zugestimmt haben? Die Linke will, dass man auch in hungsklauseln in den AGB, wie sie etwa im Banken-, Haustürgeschäfte einwilligen muss und für solche Telekommunikations- und Luftverkehrssektor vorkom- Geschäfte die Widerspruchsfrist von 14 auf 30 Tage ver- men, automatisch durch das Unternehmen an die betrof- längert wird. Die EU-Richtlinie ermöglicht das. Aber die fenen Verbraucherinnen und Verbraucher zurückgezahlt Koalition greift diesen minimalen Schutz für besonders werden müssten. verletzliche Verbrauchergruppen nicht auf. Für einen überzeugenden Verbraucherschutz braucht Das Gesetz sieht nunmehr hohe Bußgelder gegen Un- es aus Sicht der Linken mehr als einen individuellen ternehmen vor, die EU-weit systematisch Verbraucher- (B) Schadensersatzanspruch. Wir sprechen uns dafür aus, interessen verletzen. Leider hatte die Koalition nicht (D) dass die Gewerbeordnung geschärft wird, damit die den Mumm, diese Bußgeldmöglichkeit auf Verletzungen Gewerbeaufsicht gegen solche Unternehmer vorgehen auszuweiten, durch die zwar ebenso systematisch eine kann, die systematisch gesetzlich geschützte Verbrau- große Anzahl von Verbraucherinnen und Verbrauchern cherinteressen missachten. Erheblichen Schaden verursa- geschädigt werden, die aber innerstaatlich sind, also auf chen immer wieder Unternehmen, deren Geschäftsmo- den deutschen Markt beschränkt bleiben. dell auf eine „Abzocke“ von Verbraucherinnen und Alles in allem sind die Regelungen enttäuschend. Verbrauchern ausgerichtet ist. Unterlassungsklagen durch Verbraucherbände können in diesen Fällen nicht wirklich weiterhelfen, da solche Unternehmer oft ihr Ge- Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): schäftsmodell minimal ändern und dann weitermachen; Immerhin: Sie haben bei der Umsetzung der Modernisie- die erstrittenen Unterlassungstitel laufen faktisch weitge- rungsrichtlinie an einigen Stellen nachgebessert. Man- hend ins Leere. Abhilfe könnten hier Gewerbeuntersa- ches ist allerdings halbherzig ausgeführt, anderes nicht gungsverfügungen leisten. Leider schreiten die zuständi- zu Ende gedacht. Ein starker Verbraucherschutz sieht gen Gewerbebehörden nicht ein, weil sie – wie in der jedenfalls anders aus. Anhörung im Bundestag deutlich wurde – die Belange des wirtschaftlichen Verbraucherschutzes aus ihrem Auf- Ein Kernstück der Reform ist der individuelle Scha- gabengebiet ausblenden und die unteren Gewerbebehör- densersatzanspruch gegen Täuschung und Irreführung. den zudem strukturelle Probleme haben; sie sind hin- Wesentliches Motiv der Richtlinie war, kollektive Klagen sichtlich der häufig sehr komplexen rechtlichen Fragen, zu ermöglichen – eine der Lehren aus dem Dieselskandal. die auch eines Verständnisses des Verbraucher- und Lau- Für diesen Zweck war die von Ihnen im Gesetzentwurf terkeitsrechts bedürfen, nur unzureichend geeignet. Auch angedachte sechsmonatige Verjährungsfrist völlig dürften Gewerbesteuereinnahmen und andere lokale Fak- untauglich – wie Sie selbst im Referentenentwurf noch toren zu einer gewissen „Beißhemmung“, wie ein Sach- festgestellt hatten. Jetzt haben Sie zwar sechs Monate verständiger in der Anhörung formulierte, seitens der ört- draufgepackt. In Fällen wie dem Dieselskandal ist das lichen Behörden führen. aber immer noch zu kurz. Um Verbesserungen zu erzielen, müsste der Begriff Bei den Kaffeefahrten haben Sie unsere Kritik aufge- „Unzuverlässigkeit“ in § 35 der Gewerbeordnung defi- nommen. Das Vertriebsverbot umfasst jetzt auch Finanz- niert werden. Diese könnte „bei einer systematischen dienstleistungen – Reisen bleiben aber weiter außen vor, Missachtung der gesetzlich geschützten Verbraucherinte- obwohl auch diese bekanntermaßen eine der typischen ressen“ vorliegen. Verbraucherbände müssten außerdem Kostenfallen darstellen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30181

(A) Auch die unseriösen Haustürgeschäfte, zu denen wir cherin und mancher Verbraucher sucht gezielt nach be- (C) Vorschläge gemacht haben, greifen Sie jetzt auf: Wo im stimmten Produkten und schaut sich Bewertungen Gesetzentwurf noch gähnende Leere herrschte, haben Sie anderer Nutzerinnen und Nutzer an. Dann vergleicht er sich jetzt immerhin für ein Verbot zur Aufforderung der oder sie Preise auf einem Vergleichsportal, um schließ- Sofortzahlung durchgerungen. Aber ob das reicht, ist lich das Produkt seiner Wahl in einem bestimmten fraglich. Wie sollen denn Verbraucher/-innen im Nachhi- Onlineshop oder auf einem Onlinemarktplatz zu kaufen. nein nachweisen, dass sie nicht freiwillig direkt gezahlt Andere, gerade jüngere Verbraucherinnen und Ver- haben, sondern dazu gedrängt wurden? Und wie wird braucher kaufen nicht so gezielt ein, sondern werden in verhindert, dass über den Preis Druck zum Sofortzahlen den sozialen Medien wie Instagram, Facebook, YouTube ausgeübt wird? oder auch in Blogs auf ein bestimmtes Produkt aufmerk- Das überzeugt nicht. Dabei gibt es doch sinnvolle sam. Erst dort entsteht dann der Kaufimpuls. Oft findet Möglichkeiten, die auch dem seriösen Direktvertrieb kei- sich auch ein Link, den Verbraucherinnen und Verbrau- nen Schaden zufügen: die Sofortzahlung ab einer Baga- cher anklicken können, wodurch sie zur Produktdetail- tellgrenze zu untersagen und die Widerrufsfrist zu ver- seite eines Onlineshops gelangen, wo sie das Produkt längern. Unseres Erachtens müssten Überrumpelungen dann direkt kaufen können. an der Haustür grundlegender angegangen werden – Wenn Blogger oder Influencer bestimmte Produkte durch eine Bestätigungslösung, entsprechend unserer empfehlen, ist für deren Follower allerdings vielfach Forderung bei telefonischen Verträgen, oder alternativ nicht deutlich sichtbar, ob es sich dabei um Werbung durch Einführung eines Einwilligungsvorbehalts. handelt oder nicht. Hat eine Influencerin Geld für eine Und es reihen sich für einen stärkeren Verbraucher- Produktempfehlung erhalten oder ist sie auch ohne finan- schutz weitere verpasste Chancen aneinander: Im Hin- zielle Anreize von dem Produkt begeistert? blick auf die Transparenzpflichten von Plattformen hatten Sie die Möglichkeit, einmal wegweisend voranzu- Das muss erkennbar sein! Dafür müssen aber auch schreiten – gerade im Hinblick auf die anstehenden Ver- Influencerinnen und Influencer zunächst wissen, wann handlungen zum Digital Services Act und Digital Mar- und unter welchen Voraussetzungen sie ihre Hinweise kets Act. Sie bleiben dagegen ein weiteres Mal auf halber auf bestimmte Produkte als „Werbung“ kennzeichnen Strecke stehen. Nun weiß man zwar, ob der Anbieter ein müssen, nämlich wenn sie geschäftlich handeln, also Unternehmen oder Privatperson ist, aber nicht, wo dieser mit ihren Äußerungen einen versteckten kommerziellen ansässig ist. Das erschwert es Verbraucherinnen und Ver- Zweck verfolgen. Doch wann ist das der Fall? Darüber brauchern, die Rechtslage adäquat einzuschätzen. Zu- haben die Gerichte in den letzten Jahren durchaus unter- mindest eine Angabe der ladungsfähigen Anschrift sollte schiedlich entschieden. Entsprechend groß ist die bei (B) (D) Pflicht sein. Außerdem bleiben Onlinemarktplätze, die Influencerinnen und Influencern entstandene Unsicher- Finanzdienstleistungen anbieten, von den neuen Transpa- heit über die Kennzeichnungspflicht. Oftmals kennzeich- renzpflichten ausgeschlossen. Das ist nicht nachvollzieh- neten sie ihren gesamten Blog als „Werbung“ – aus bar. Sorge, von Wettbewerbsverbänden abgemahnt zu wer- den. Alles in allem eine magere Pflichterfüllung: Die Um- setzung der Modernisierungsrichtlinie wird zwar einige Mit dem Gesetzentwurf schaffen wir nun Klarheit: Verbesserungen für die Verbraucher/-innen bringen, aber Empfiehlt eine Influencerin oder ein Influencer ein Pro- nur dank der EU. Sie hätten die Chance gehabt, mehr dukt eines fremden Unternehmens in Blogs oder sozialen daraus zu machen. Dazu haben Ihnen wieder einmal Medien, ohne hierfür Geld oder eine ähnliche Gegenleis- Mut und Visionen gefehlt. tung zu erhalten, liegt kein kommerzieller Zweck vor; dann muss die Influencerin oder der Influencer diese Empfehlung auch nicht als Werbung kennzeichnen. Dorothee Bär, Staatsministerin bei der Bundeskanz- lerin: Der Onlinehandel boomt seit Jahren; da erzähle ich Andersherum: Werben Influencerinnen und Influencer Ihnen nichts Neues. Die Coronapandemie hat diese Ent- mit ihren Äußerungen gegen Bezahlung oder ähnliche wicklung noch einmal erheblich beschleunigt. Gegenleistungen für Waren oder Dienstleistungen, muss dies für die Verbraucherinnen und Verbraucher erkennbar Mit der wachsenden Bedeutung des Onlinehandels ist sein. Ich bin froh, dass wir hier eine für alle Beteiligten es umso wichtiger, dass Verbraucherinnen und Verbrau- hilfreiche, klarstellende Regelung gefunden haben. cher auch beim Kauf im Internet vor unlauteren Geschäftspraktiken geschützt werden. Ich bitte Sie um Ihre Unterstützung für den Gesetzent- wurf. Dazu dient der vorliegende Gesetzentwurf zur Stär- kung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht. Im Kern geht es darum, durch verschiede- Anlage 22 ne neue Informationspflichten mehr Transparenz im Onlinehandel zu schaffen. Zu Protokoll gegebene Reden Auf eine dieser Pflichten möchte ich besonders ein- zur Beratung des von der Bundesregierung einge- gehen, nämlich die Pflicht zur Kennzeichnung von Wer- brachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Ver- bung im Hinblick auf das Influencer-Marketing. Wie Sie einfachung und Modernisierung des Patentrechts wissen, meine Damen und Herren, sind die Shopping- möglichkeiten im Internet vielfältig: Manche Verbrau- (Tagesordnungspunkt 34) 30182 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Ingmar Jung (CDU/CSU): Wir beschließen heute das Insbesondere soll der patentrechtliche Unterlassungs- (C) zweite Patentrechtsmodernisierungsgesetz, in das mit sei- anspruch auch nicht durch die Einbeziehung von Inte- nen verschiedenen Entwürfen, zunächst dem Diskus- ressen Dritter in die Verhältnismäßigkeitsprüfung ge- sionsentwurf (Januar 2020), sodann dem Referenten- schwächt werden. Drittinteressen haben in der entwurf (September 2020) und schließlich dem Wärmetauscher-Entscheidung des BGH nur deshalb kei- Regierungsentwurf (Oktober 2020), und den damit ver- ne Rolle gespielt, weil Drittinteressen nicht betroffen bundenen langen und intensiven Beratungen sehr viel waren. Selbstverständlich werden aber in Verhältnismä- Zeit und Mühe investiert worden ist. Insbesondere wurde ßigkeitsprüfungen immer auch Drittinteressen einbezo- lange um die konkrete Ausgestaltung der Einschränkung gen, schon wegen der Grundsätze von Treu und Glauben. des patentrechtlichen Unterlassungsanspruchs aus Die Einbeziehung von Drittinteressen dient daher nur der Gründen der Verhältnismäßigkeit, das ist aus der Historie Klarstellung, soll aber die grundsätzliche Ausschließlich- der verschiedenen Entwürfe erkennbar, gerungen. keit des Unterlassungsanspruchs unangetastet lassen. Deshalb ist es gut, dass wir heute das Verfahren ab- Für diejenigen Fälle, in denen der Unterlassungsan- schließen; denn mit ihm werden wichtige Regelungen spruch im Einzelfall aus Gründen der Verhältnismäßig- verabschiedet, die dazu beitragen werden, den Miss- keit eingeschränkt wird, haben wir uns als Union mit brauch von Patenten zu verhindern, die aber gleichzeitig unserer Forderung durchgesetzt, dass der Patentinhaber den Schutz des geistigen Eigentums aufrechterhalten. in diesem Fall einen zwingenden Ausgleichsanspruch erhält. Damit sorgen wir dafür, dass der Patentinhaber Zu diesen Regelungen gehört vor allem die Synchro- zumindest in finanzieller Hinsicht stets einen Ausgleich nisierung der Verletzungsverfahren vor den Zivilgerich- für den Eingriff in seine Rechte bekommt. Gleichzeitig ten, wo die Verletzung des Patents geltend gemacht wird, verhindern wir damit, dass Patentverletzer ohne Gefahr sowie der Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatent- einer erhöhten Sanktionierung Patente verletzen und da- gericht, in denen die Rechtsbeständigkeit des Patents mit KMU schwächen, weil sie Rechtsstreitigkeiten ein- überprüft wird. Die zeitliche Angleichung beider Verfah- fach aussitzen. Auch dadurch betonen wir als Gesetzge- ren trägt insbesondere in Fällen des Missbrauchs von ber also noch einmal, dass wir es durchaus ernst meinen Patenten zu einer erheblichen Verbesserung bei: Wir sor- mit dem Schutz des geistigen Eigentums. gen nämlich für mehr Rechtssicherheit für alle beteiligten Nur weil das in letzter Zeit gelegentlich zur Sprache Parteien, insbesondere wenn ein vermeintlicher Patent- kam, möchte ich das Thema der Freigabe von Impfstoff- inhaber einen vermeintlichen Patentverletzer vor dem patenten nochmals aufgreifen. Die Covid-19-Pandemie Zivilgericht auf Unterlassung in Anspruch nimmt, soll hat den Ruf nach Freigabe der Impfstoffpatente laut wer- sich nicht erst drei oder vier Jahre später herausstellen, den lassen, vor allem von links. Auch vor diesem Hinter- (B) (D) dass das Patent eigentlich nichtig ist und der Anspruch grund möchte ich noch einmal betonen, dass die Einbe- auf Unterlassung deshalb eigentlich nicht hätte gewährt ziehung von Drittinteressen bei der Einschränkung des werden dürfen. Für die Verringerung dieser sogenannten patentrechtlichen Unterlassungsanspruch aus Gründen Injunction Gap, also dem zeitlichen Auseinanderfallen der Verhältnismäßigkeit nicht dazu führt, dass ein Patent- beider Verfahren, sorgen wir nun. Die Regelungen hat rechtsinhaber, der einen Impfstoff entwickelt hat, diesen die Praxis durchweg begrüßt. zukünftig nicht exklusiv nutzen können sollte oder Drit- ten nicht untersagen dürfte, diesen zu produzieren oder Auch im Hinblick auf die Ausgestaltung des patent- ohne Lizenz zu nutzen. rechtlichen Unterlassungsanspruchs ist das, was wir heu- te beschließen, ein tragfähiger Kompromiss. Dieser In diesem Sinne: Ein langer Prozess, ein tragfähiger Kompromiss war nicht einfach; denn das Interesse, auf Kompromiss. das insbesondere der Unterlassungsanspruch in For- schung und Industrie, Wirtschaft und Wissenschaft, Alexander Hoffmann (CDU/CSU): Das Patentrecht aber auch Justiz gestoßen ist, hat eine ausgewogene Ent- hat zwei Funktionen, und beide Funktionen hängen letzt- scheidung erfordert. endlich miteinander zusammen. Zunächst einmal geht es um den Schutz des Eigentums. Wer ein Patent besitzt, der Der Unterlassungsanspruch ist weiterhin robust ausge- hat eine Idee entwickelt, welche sein geistiges Eigentum staltet und wurde durch die jetzigen Änderungen nicht ist, und das steht unter grundrechtlichem Schutz. Ich aufgeweicht. Denn der Unterlassungsanspruch kann glaube, dass ein Rechtsstaat sich dazu deutlich bekennen künftig nur nach den ausdrücklich normierten Grund- muss; denn nur dann gewährleistet er Funktion Nummer sätzen von Treu und Glauben und nur in absoluten zwei: Es geht nämlich natürlich auch um die Attraktivität Ausnahmefällen aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eines Wirtschaftsstandorts. Ein Wirtschaftsstandort ist für eingeschränkt werden, nämlich dann, wenn die Geltend- Gründer, für innovative Unternehmen und überhaupt für machung des Unterlassungsanspruchs im Einzelfall zu mittelständische und größere Unternehmen letztendlich einer nicht gerechtfertigten Härte führen würde. Genau nur attraktiv, wenn er auch einen verlässlichen Rechts- deshalb war es uns auch so wichtig, dass wir die Gebote rahmen bieten kann. von Treu und Glauben wieder in den Gesetzestext mit aufnehmen; denn der BGH hat seine Wärmetauscher- Jetzt gibt es Konstellationen, wo diese zwei Funktio- Entscheidung, die wegen der zurückhaltenden Anwen- nen nicht so miteinander verknüpft sind, dass sie sich dung in der Praxis der Instanzgerichte ursprünglich kodi- gegenseitig unterstützen, sondern wo sie einander quasi fiziert werden sollte, ausdrücklich auf den Maßstäben des zuwiderlaufen. Das ist das, was mit der Bezeichnung § 242 BGB aufgebaut. „Patenttroll“ oft gemeint ist. Hier reden wir dem Grunde Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30183

(A) nach über drei denkbare Konstellationen. Allen ist ge- Dr. Johannes Fechner (SPD): Deutschland gilt auf- (C) mein, dass ein Unternehmen ein Patent kauft, um es wirt- grund seines hohen Schutzniveaus für geistiges Eigentum schaftlich zu nutzen. In der konkreten Ausgestaltung las- als einer der attraktivsten Innovationsstandorte weltweit. sen sich drei Fälle unterscheiden: Erstens. Das Unser starkes Patentrecht ist gerade für Unternehmen Unternehmen setzt das Patent gegen einen möglichen eine wichtige Rechtsinstitution. Es sichert Ideen und för- Patentverletzer durch, ohne selbst das betreffende Pro- dert Innovationen, und deshalb ist es ganz wichtig, dass dukt herzustellen oder es zu benutzen. Die zweite Kons- wir beim Patentrecht immer auf der Höhe der Zeit sind. tellation: Das Unternehmen setzt ein Patent durch, ohne Leider ließ sich in den vergangenen Jahren beobach- selbst in den Besitz dieses Patents gelangt zu sein, zum ten, dass sogenannte Patenttrolle die Stärke des deutschen Beispiel durch Forschung. Dann gibt es noch die Mög- Patentrechts missbraucht haben. Das sind Unternehmen, lichkeit, dass das Unternehmen an der Durchsetzung des die Patente lediglich zu dem Zweck erworben haben, um Patents eigentlich nur deshalb interessiert ist, um sich Unternehmen zu erpressen, deren Produkte komplex sind eine Monopolstellung zu verschaffen. und auch Teile beinhalten, an denen ein Patent bestand. Sie drohen an, langjährige Gerichtsverfahren in Bezug In allen drei Fällen stellt sich irgendwann die Frage des auf Unterlassungsansprüche anzustrengen, wenn nicht Rechtsmissbrauchs, wenn man merkt, dass es unter Um- eine hohe Lizenzsumme für die Nutzung des Patentes ständen gar nicht so sehr um den Patentschutz an sich bezahlt wird. Selbst untergeordnete Teile in einem kom- geht, also um den Schutz des geistigen Eigentums, son- plexen Produkt, bei denen möglicherweise lediglich fahr- dern letztendlich darum, einen wirtschaftlichen Vorteil zu lässigerweise übersehen wurde, dass ein Patentrechts- erlangen. Besonders verbreitet ist das zum Beispiel in der schutz besteht, hätten dazu missbraucht werden können, Automobilindustrie. Hier gibt es verschiedene Fälle, die um Fabriken stillzulegen und Produktionsketten zu stop- einem Sorge machen müssen. In den USA zahlten Unter- pen. Das wollen wir nicht, wir wollen Sicherheit für un- nehmen zum Teil Millionenbeträge, um weiter- sere Industrieunternehmen, und deshalb ist die Ausge- produzieren zu können oder um einen Auslieferstopp staltung dieses Gesetzes eine ganz wichtige Regelung. einer ganzen Modellreihe bzw. erhebliche Schadenser- Wir sorgen dafür, dass der Unterlassungsanspruch satzforderungen zu verhindern. Firmen wollen und müs- eines Patentinhabers dann nicht geltend gemacht werden sen sich natürlich aus Gründen der Rechtssicherheit von kann, wenn die Geltendmachung des Patentes durch be- diesen Forderungen befreien. sondere Umstände des Einzelfalls für den Patentrechts- verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen und Bislang ist es so gewesen, dass sich die Rechtspre- nicht gerechtfertigten Härte führen würde. Der Patent- (B) chung hier mit Verhältnismäßigkeitserwägungen gehol- rechtsinhaber bekommt dann einen angemessenen Aus- (D) fen hat. Das war allerdings ein eher stumpfes Schwert, gleich. Entscheidend ist aber: Die rechtsmissbräuchliche welches den Rechtsmissbrauch nicht verlässlich eindäm- Geltendmachung von Patentrechten kann nicht dazu füh- men konnte, zumal die Patentgesetze das so in dieser ren, dass durch die Geltendmachung von Unterlassungs- Eindeutigkeit nicht hergegeben haben. Deswegen ist es ansprüchen Betriebsabläufe gestoppt werden. Das schafft wichtig, dass wir heute genau an dieser Stelle eine Lö- Rechtssicherheit und die Sicherheit für die Produktion sung schaffen. Es soll jetzt die Möglichkeit geben, den gerade in unseren Industriebetrieben, und deswegen ist Unterlassungsanspruch einzuschränken, wenn aufgrund es eine ganz wichtige wirtschaftspolitische Entscheidung, besonderer Umstände des Einzelfalls deutlich wird, dass die wir heute hier treffen. es für den Betroffenen, zum Beispiel eben für den Auto- Des Weiteren modernisieren wir die Verfahren vor dem mobilhersteller, zu einer nicht hinnehmbaren, ungerecht- Deutschen Patent- und Markenamt, und das Verfahren fertigten Härte kommen würde. vor dem Bundespatentgericht wird gestrafft. Also alles wichtige Verbesserungen im Patentrecht für die Unter- nehmen und damit für die Jobs in unseren Betrieben. Lassen Sie mich am Ende noch etwas Grundsätzliches Ein gutes Gesetz für unseren Standort Deutschland, stim- zum Patentschutz sagen, gerade weil im Lichte dieser men wir dem zu. Gesetzesreform auch die Thematik der Impfstoffpatente aufgeworfen wurde: Im Lichte dessen, was ich eingangs zur Funktion des Patentschutzes gesagt habe, ist es unver- Dr. Nina Scheer (SPD): Mit der dem heute zur Ab- antwortlich, wenn hier von den Linken und auch von stimmung stehenden „Zweiten Gesetz zur Vereinfachung anderen einfach mal so der Eindruck erweckt wird, man und Modernisierung des Patentrechts“ wird es uns gelin- könnte die Impfstoffhersteller einfach mal so enteignen. gen, einen wesentlichen Beitrag für die Zukunftsfähigkeit Hinzu kommt, dass sie ein fatales Signal für den Wirt- des deutschen Patentrechts zu leisten. Das Patentrecht ist schaftsstandort und den Patentstandort Deutschland aus- von elementarer Bedeutung für den Innovationsstandort senden; denn ein Standort ohne Rechtssicherheit und Deutschland – eine Erkenntnis, die sich nicht zuletzt im ohne verlässlichen Rechtsrahmen ist eben für Forschung Rahmen der aktuellen Covid-19-Pandemie und der und Wirtschaft kein attraktiver Standort mehr. Wir haben erfolgreichen Entwicklung neuer Impfstoffe durch deut- in der Coronakrise erlebt, welche Abhängigkeiten gerade sche Hersteller wieder einmal bestätigt hat. Als eine der im medizinischen Bereich bestehen. Diese müssen wir weltweit führenden Rechtsordnungen beim Schutz geis- beseitigen, und das geht nur, wenn Unternehmen aus tigen Eigentums wird das deutsche Patentrecht in den den Bereichen Forschung und Pharmazie wieder gerne kommenden Monaten wieder eine entscheidende Rolle in Deutschland investieren. spielen, wenn es darum geht, mit Innovation und Rücken- 30184 Deutscher Bundestag – 19. 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(A) wind aus der Corona-Krise zu kommen. Um dies sicher- sungsanspruchs führen können. Damit wird nun verhin- (C) zustellen, haben wir uns als SPD-Fraktion dafür einge- dert, dass Bürgerinnen und Bürger durch eine rigorose setzt, das deutsche Patentrecht fit für das 21. Jahrhundert Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen in ihren Grund- zu machen, Patentschutzverfahren für alle Beteiligten rechten verletzt werden, etwa wenn die Auslieferung zügiger zu gestalten und für mehr Gerechtigkeit in jedem lebenswichtiger Medikamente und Impfstoffe verhindert Einzelfall zu sorgen. werden soll oder die Durchsetzung eines einzelnen Patents zur Abschaltung eines ganzen Mobilfunknetzes Auf Basis eines hervorragenden Gesetzentwurfs unse- führen würde. rer Justizministerin ist es uns nun nach intensiven Ver- handlungen mit unserem Koalitionspartner gelungen, ein Zugleich haben wir dafür gesorgt, dass durch die Gesetz mit klarer sozialdemokratischer Handschrift vor- Gewährung eines flexiblen Ausgleichsanspruchs den zulegen, das diesen Ansprüchen gerecht wird. berechtigten Interessen jeder einzelnen Patentrechtsinha- berin und jedes Patentrechtsinhabers individuell ange- Zu den wichtigsten Reformelementen zählen die erst- messen Rechnung getragen wird; denn wenn ein patent- malige Einführung einer gesetzlichen Härtefallprüfung rechtlicher Unterlassungsanspruch im Ausnahmefall im Rahmen des patentrechtlichen Unterlassungsan- einmal ausgeschlossen sein sollte, wird für das Patent spruchs, eine bessere Koordinierung von Patentschutz- von den Gerichten nun ein angemessener Ausgleich in verfahren durch sogenannte qualifizierte Hinweise des Geld gewährt. Im Rahmen der Verhandlungen wurde Bundespatentgerichts zur Wirksamkeit individueller hierzu klargestellt, dass die Höhe dieses Anspruchs im Patente innerhalb von sechs Monaten, eine Beschleuni- Regelfall – gegebenenfalls deutlich – über der Höhe der gung patentrechtlicher Gerichtsverfahren, insbesondere üblichen Lizenzgebühr liegen soll, in Missbrauchsfällen durch zusätzliche personelle Ausstattung des Bundespa- aber auch deutlich niedriger sein kann. tentgerichts, ein verbesserter Schutz des geistigen Eigen- tums durch die Verzahnung von Patentgerichtsverfahren Durch diese inhaltlich ausgewogene und gut überleg- mit dem Geschäftsgeheimnisgesetz sowie eine Vielzahl ten Neuerungen wird es gelingen, dass die Entwickler weiterer notwendiger und sinnvoller Anpassungen des und Inhaber von Patenten als unverzichtbare Basis unse- geltenden Rechts. rer Innovationsgesellschaft auch zukünftig auf ein starkes Patentrecht setzen können, ohne mit rechtsmissbräuch- Das Kernelement der Reform ist die erstmalige Ein- lichen Geschäftemachern in einen Topf geworfen zu wer- führung einer gesetzlichen Härtefallprüfung im Rahmen den. des patentrechtlichen Unterlassungsanspruchs in § 139 des Patentgesetzes. Die Ausgestaltung dieser Härtefall- Aus sozialdemokratischer Sicht sind uns somit ent- prüfung war für uns als Sozialdemokratinnen und Sozial- scheidende Schritte bei der zukunftsweisenden Moderni- (B) demokraten ein zentrales Anliegen und das mit Abstand sierung des deutschen Patentrechts gelungen, die der (D) am intensivsten diskutierte Thema der zurückliegenden essenziellen Bedeutung von Patenten für den Innova- Verhandlung. Deshalb freut es mich besonders, dass wir tionsstandort Deutschland ebenso gerecht werden wie eine ebenso ausgewogene wie zielgerichtete Lösung den Grundrechten und berechtigten Interessen der Bür- gefunden haben und sich unser Koalitionspartner davon gerinnen und Bürger. überzeugen ließ, dass die Berücksichtigung der Interes- sen Dritter und damit der Grundrechte der Bürgerinnen Roman Müller-Böhm (FDP): Der Ansatz des Ent- und Bürger ein zwingendes Element des neuen patent- wurfs eines Zweiten Gesetzes zur Vereinfachung und rechtlichen Unterlassungsanspruchs ist. Modernisierung des Patentrechts schafft es zwar, einige große Probleme zu lokalisieren und einen Lösungsver- Mit der Reform des § 139 PatG erreichen wir nun zwei such zu schaffen, er bringt aber nicht den notwendigen wesentliche Ziele. Schritt, um die sich seit Jahrzehnten offenbarenden Pro- Zum einen wird sogenannten Patenttrollen das Hand- bleme, die teils nur einer feinen Weichenstellung bedür- werk gelegt, die in missbräuchlicher Weise fremde Paten- fen, ebenfalls zu erfassen und gleichermaßen in die Lö- te allein zu dem Zweck erwerben, von Unternehmen sung einzubeziehen. Mit dem neuen § 139 PatG wird ein durch Drohung mit Produktionsstopps und anderen weiteres Einfallstor für Unsicherheit in der Praxis Nachteilen teils exorbitante Geldsummen zu erpressen. geschaffen, welches wiederum erst nach Jahren durch Mit zunehmender Komplexität wirtschaftlicher Ferti- die Rechtsprechung einer Lösung zugeführt werden gungsprozesse in Zeiten der „Industrie 4.0“ kann ein ein- kann. Zudem wird das Gefüge von Unterlassungsan- zelnes Produkt nicht selten aus Tausenden einzelnen, oft spruch und Abweisung eines solchen maßgeblich kaum zu überschauenden Patenten bestehen, wodurch der zugunsten eines Patentverletzers verlagert. profitgetriebene Missbrauch des Patentschutzes immer Wir Freie Demokraten werden dem Gesetzentwurf einfacher und wahrscheinlicher geworden ist. Von nun nicht zustimmen, und ich möchte das an vier Punkten an können Gerichte sich ausdrücklich auf das Gesetz verdeutlichen: berufen, um in solchen Fällen einen Unterlassungsan- Erstens. Zentrales Problemfeld ist weiterhin die Aus- spruch auszuschließen und damit erhebliche Schäden gestaltung der Regelungen über den Unterlassungsan- für Unternehmen und ihre Arbeitnehmerinnen und spruch. Wenn mit der vorgesehenen Änderung des Arbeitnehmer effektiv zu verhindern. § 139 PatG eine zusätzliche Rechtsunsicherheit gesetz- Zum Zweiten hat sich die SPD-Fraktion erfolgreich lich festgelegt wird, nämlich die Frage, ob die Rechts- dafür eingesetzt, dass auch ungerechtfertigte Härten für durchsetzung unverhältnismäßig ist, wird es für die Un- Dritte im Einzelfall zu einem Ausschluss des Unterlas- ternehmen noch weniger Grund geben, Patente von Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30185

(A) kleinen Patentinhaberinnen und Patentinhabern zu beach- Zweitens ist eine Pflicht einzuführen, dass das DPMA (C) ten. Der Unterlassungsanspruch ist das schärfste Schwert innerhalb einer angemessenen Frist von sechs bis zwölf des Patentinhabers und der Patentinhaberin. Ein zusätzli- Monaten selbst die Bearbeitung fortsetzt und antwortet. ches Risiko der Unverhältnismäßigkeit benachteiligt Und es ist zu regeln, dass bei Überschreitung der Zeit bis kleine Patentinhaber in unangemessener Weise zusätz- zur Erteilung keine Jahresgebühren mehr zu zahlen sind. lich. Wenn also eine Unverhältnismäßigkeit der Unter- lassungsansprüche im Gesetz aufgenommen werden Drittens ist eine Verbesserung für die Patentgerichte soll, dann dürfte dies nur der Fall sein, wenn das ver- anzustreben, indem wie bei den Schulen Bund und Län- letzende Unternehmen den Nachweis führen kann, dass der – im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel – einen es bei jedem Produkt vorher, wie gesetzlich vorgesehen, Digitalpakt für die Justiz verabschieden, um die techni- eine FTO-Recherche durchgeführt hat und sich ord- sche Ausstattung der Justiz über die bisherigen Anstren- nungsgemäß um die Vermeidung von Patentverletzungen gungen der Länder hinaus deutlich zu verbessern. Gege- bemüht hat. benenfalls sind hierfür die verfassungsrechtlichen Regelungen so anzupassen, dass sie die erforderliche Zweitens. Daneben sind keine Bestrebungen der intensivere Zusammenarbeit von Bund und Ländern im Regierung zu erkennen, hier eine für beide Seiten glei- Bereich der IT und deren Finanzierung ermöglichen. Es chermaßen ausgestaltete Regelung zu finden. Dabei muss sichergestellt werden, dass die im Rahmen dieses ist das ohne großen gesetzgeberischen Aufwand mög- Digitalpaktes bereitgestellten Mittel auch für die techni- lich. Für Auseinandersetzungen im technischen Bereich sche Ausstattung der Patentgerichtsbarkeit verwendet und bei Betriebsunterbrechungen hat sich im Versi- werden. Weiterhin sollten mit den Mitteln des Digitalpak- cherungswesen das sogenannte Sachverständigenver- tes für die Justiz ebenso Schulungen zur Nutzung und fahren seit Jahren sehr bewährt. Hier werden auch Verwendung der technischen Ausstattung in einem Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe in der Regel Gerichtsverfahren angeboten werden. ohne Klageverfahren vor ordentlichen Gerichten in kur- zer Zeit geklärt. Zur Verbesserung der Lage wird ein Es gibt Handlungsbedarf im Patentrecht, aber es gibt in obligatorisches Vorverfahren eingeführt, wie es auch diesem Entwurf so offensichtliche Schwächen, dass wir aus anderen Rechtsgebieten bekannt ist. als Freie Demokraten nur ablehnen können. Drittens. Schließlich sind wichtige Punkte bislang nicht im Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Vereinfa- Friedrich Straetmanns (DIE LINKE): Mit dem hier chung und Modernisierung des Patentrechts enthalten. vorliegenden Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Verein- Sie stellen aber entscheidende Punkte dar, damit die Re- fachung und Modernisierung des Patentrechts will die (B) gelungen auch den praktischen Anforderungen im Patent- Regierungskoalition das Patentgesetz und weitere Geset- (D) recht entsprechen, und sie decken auch die Sorgen und ze im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes verein- Nöte der Beteiligten ab, welche bislang nicht groß genug fachen und modernisieren. waren, um bei der Bundesregierung Gehör zu finden, aber die Beteiligten weisen bereits lange auf die Proble- Dagegen hat meine Fraktion grundsätzlich nichts, me in der Praxis hin. jedoch liegt auch hier der Teufel im Detail. Insbesondere die geplanten Änderungen des § 139 Patentgesetz lösen Viertens. Flankierend zu den konkreten gesetzlichen hier Bedenken aus. Nach der Rechtsprechung war der Änderungen im Zweiten Gesetz zur Vereinfachung und Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entscheidend dafür, Modernisierung des Patentrechts fallen zwei weitere Pro- ob bei Rechtsverletzung eines Patents ein Unterlassungs- bleme im Bereich des Patentrechts auf, die dringend einer anspruch des Rechteinhabers durchsetzbar war oder nur Lösung zugeführt werden müssen. Zum einen enthält das ein Entschädigungsanspruch materieller Natur. Prüfwesen des Deutschen Patent- und Markenamtes erhebliche Hemmnisse für die Anmelderinnen und Ein Unterlassungsanspruch – so die gesetzgeberische Anmelder von Patenten, welche die Anmeldung zu einer Absicht – soll nur bestehen, wenn dieser keine unver- langjährigen, unwirtschaftlichen und damit mit vielen hältnismäßige Härte für den Patentverletzer darstellen Unsicherheiten verbundenen Sache werden lassen. Zum würde. Für mich ist bemerkenswert: Es besteht hier ein anderen erliegen Verfahren vor Patentgerichten allein offensichtlicher Meinungsstreit zwischen den Vertretern durch die bloße Anzahl von Verfahren, die verhandelt der Automobilindustrie und der pharmazeutischen Indu- werden oder noch zu verhandeln sind, sodass auch hier strie. Während die Automobilindustrie, in deren Produk- den Betroffenen der Status quo allein aus Gründen ihrer ten die meisten Patente eingebaut werden, hier für eine Existenz nicht zuzumuten ist. großzügigere Nutzung fremder Patente mit anschließen- Darum benötigt es drei klare Vorgehensweisen: der Entschädigung des Rechteinhabers eintritt, will ins- besondere die Pharmaindustrie einen starken Patent- Eine Neuregelung des Prüfverfahrens über die Patent- schutz und begründet diese Position mit dem erteilung ist zu erarbeiten, sodass das Patentamt auf An- internationalen Wettbewerb und dem Schutz ihrer Inno- trag prüft, ob die Anmeldung den Erfordernissen der vationsfähigkeit. Um es hier einmal dem breiten Publi- §§ 34, 37 und 38 PatG – Erfordernisse an die Anmeldung kum zu verdeutlichen: Es handelt sich nicht um einen zum Patent – genügt und ob der Gegenstand der Anmel- Bagatellstreit. Denn die Coronakrise und der Streit um dung nach den §§ 1 bis 5 PatG patentfähig ist; bei der die verschiedenen Impfstoffe haben uns vor Augen ge- Prüfung ist auch der Gegenstand der Unteransprüche zu führt: Wer Patente besitzt, bestimmt auch die Möglich- berücksichtigen. keiten ihrer ökonomischen Verwertung. 30186 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Zwar gibt es auch jetzt schon die Möglichkeiten, Gegen die Neuerungen im § 139 Patengesetz sind (C) Zwangslizenzen oder eine staatliche Benutzungsanord- sämtliche Fachexpertinnen und Fachexperten von der nung zu erlassen und zu ermöglichen, jedoch hätte hier Patentanwaltskammer, dem Deutschen Anwaltverein bis im Gesetz genau dieser Punkt verstärkt in den Blick ge- zur Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechts- nommen werden müssen. schutz und Urheberrecht Sturm gelaufen. Ich halte dem Justizministerium mal zugute, nicht Anders ist doch der politische Irrsinn nicht erklärbar, beratungsresistent zu sein. Es drängt sich vielmehr der unter dem gerade die finanzschwächeren Länder jetzt Verdacht auf, dass Sie Branchenriesen – insbesondere leiden. Wie kann es sein, dass der Gesundheitsschutz in aus der Automobilsparte – kurzzeitig Erleichterung ver- manchen Regionen dieser Welt daran leidet, dass das schaffen wollen, und zwar auf Kosten all der anderen Patentrecht die ausreichende Produktion von Impfstoffen Unternehmen, die hohe finanzielle und personelle Kapa- blockiert? Wie kann es sein, dass der deutsche Steuer- zitäten in ihre Entwicklungen gesteckt haben und nun um zahler die Entwicklung des Impfstoffes von BioNTech ihre Patente fürchten müssen. Ausbaden werden diese fördert, dieser Impfstoff aber am Ende dann doch käuf- Kungelei besonders kleine innovative Unternehmen und lich erworben werden muss? Sicherlich muss ein Patent- Soloentwickler/-innen; denn von der Berücksichtigung recht ermöglichen, Erfindungen zu schützen und zu ver- von Drittinteressen profitieren überwiegend große tech- werten. Aber niemals darf ein Patent besser geschützt nologieintegrierende Konzerne, da sie viele Abnehmer/ werden als die Gesundheit aller Menschen auf dieser -innen, Zulieferinnen und Zulieferer und Beschäftigte Welt. Wir Linke werden dafür kämpfen, dass jeder haben. Mensch auf dieser Erde mit dem Gesundheitsschutz ver- sehen wird, der ihm zukommen muss. Genau dies unter- Was aber jetzt passieren wird, ist genau das Gegenteil scheidet uns deutlich von den Positionen aller anderen des eigentlichen Ziels der Reform: Die Verfahren werden Parteien! aufgeblasen und verlängern sich. – Auf diese Folgen wurde bereits hingewiesen. Das wäre fatal auch im Hin- blick auf die ohnehin knappen personellen Ressourcen Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das der Gerichte. Patentrecht zu vereinfachen und zu modernisieren, ist Zum Schluss noch eine Bemerkung abseits der speziel- überfällig. Wie Kaugummi zieht sich dieses Reformvor- len Patentregelungen: Geschlechtergerechte Sprache ist haben hin, und ein großer Wurf ist es schon gar nicht. An kein Hexenwerk. Daher ist es bedauerlich, dass versäumt einigen Stellen wird etwas herumgedoktert, aber voraus- wurde, die Terminologie geschlechtsneutral anzupassen. schauende und zukunftsfeste Lösungen für Software oder Es wäre doch ein Leichtes, den Begriff „Fachmann“ (B) den biotechnologischen Bereich finden sich gar nicht. durch „fachkundige Person“ zu ersetzen. Das wäre dann (D) Schade! wirklich – zumindest sprachlich – ein modernes Gesetz.

Umso schwerer wiegt der Umstand, dass Sie für klas- sisch technische Erfindungen, deren Patentierbarkeit Anlage 23 außer Frage steht, das Schutzniveau im Rahmen des Unterlassungsanspruchs bedenklich aufweichen – mit Zu Protokoll gegebene Reden negativen Auswirkungen für den gesamten Innovations- , Technologie- und Gerichtsstandort Deutschland. Zur zur Beratung des von der Bundesregierung einge- Erinnerung: Der Unterlassungsanspruch ist das einzige brachten Entwurfs eines Gesetzes über die Insol- Rechtsinstrument, mit dem eine Patentinhaberin bzw. venzsicherung durch Reisesicherungsfonds und ein Patentinhaber verhindern kann, dass die Erfindung zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften ohne Zustimmung weitergenutzt wird. (Tagesordnungspunkt 35) Nun kommt es sogar schlimmer: Die Verhältnismäßig- Sebastian Steineke (CDU/CSU): Schon vor Corona keitsprüfung im neuen § 139 PatentG haben Sie als rechtsvernichtende Einwendung ausgestaltet. Wir Grüne trafen uns und vor allem natürlich die geschädigten Ver- hatten eine rechtshemmende Einwendung vorgeschlagen, braucherinnen und Verbraucher die Insolvenzen von Tour damit nur die Durchsetzung des Anspruchs bei Bejahung Vital und Thomas Cook hart. Viele blieben danach auf ihren Forderungen sitzen. Der Staat ist der gerichtlichen der Unverhältnismäßigkeit ausgeschlossen wird. So wür- de der Anspruch in seinem Bestand unangetastet bleiben. Feststellung eines Staathaftungsanspruchs zuvorgekom- men und hat die Betroffenen entschädigt bzw. entschädigt Sie schaffen zudem mit der ausufernden Verhältnis- sie immer noch. Es war klar, dass wir schnellstmöglich mäßigkeitsprüfung fatale Fehlanreize. Fast wird der Ein- das deutsche Pauschalreiserecht ändern und es europa- druck erweckt, der Ehrliche sei der Dumme, wenn er rechtskonform gestalten müssen. Patentlizenzen rechtmäßig erwirbt; denn bei einem Ver- Zusätzlich hat die Coronapandemie noch einmal den stoß fällt das Prozessrisiko noch geringer aus, als es ohne- offensichtlichen Regelungsbedarf deutlich gemacht. Mit hin schon ist. Und anders als in den USA gibt es bei uns dem Reisesicherungsfonds schaffen wir ein solventes ja als abschreckende Drohkulisse keine hohen Instrument, das Insolvenzen durch die und innerhalb der Schadensersatzsummen. Schon jetzt scheuen viele klei- Reisebranche absichern wird. Damit schaffen wir die nere Patentinhaberinnen und Patentinhaber die kostenin- Voraussetzungen dafür, dass der Steuerzahler in Zukunft tensiven und langen Verfahren. nicht mehr in Anspruch genommen wird. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30187

(A) Weil die Bundesjustizministerin Monate gebraucht hat, fang abgesichert sein. Eine mögliche Staatshaftung wie (C) nach den Eckpunkten auch einen Entwurf vorzulegen, bei der Thomas-Cook-Pleite vor fast zwei Jahren ist da- standen wir zeitlich unter Druck. Dank der großen Fort- mit ausgeschlossen. Dies wird im Wesentlichen über schritte beim Impfen können sich die Verbraucherinnen einen neuen Reisesicherungsfonds garantiert, der sich und Verbraucher aller Voraussicht nach auf eine ent- durch Beiträge der Reiseveranstalter finanziert. spanntere Urlaubssaison freuen. Deshalb war es wichtig, Kleine und mittelständische Veranstalter können die dass wir noch in dieser Legislaturperiode und rechtzeitig erhöhten Vorgaben auch durch eine individuelle Versi- vor dem Sommer Planungs- und Rechtssicherheit schaf- cherung oder eine Bankbürgschaft erfüllen und sich so fen. wahrscheinlich teilweise günstiger als im Fonds absi- Wir haben in der ersten Debatte schon deutlich ge- chern, da sie im Insolvenzfall ein deutlich geringeres macht, dass kleine und mittelständische Reiseveranstalter Schadensrisiko darstellen. Diese Unternehmen sollten nicht unverhältnismäßig hoch belastet werden dürfen, nicht unverhältnismäßig belastet werden, sollten nicht wenn sie das mit dem Fonds erhöhte Schadensrisiko der das deutlich höhere Schadensrisiko von Groß- großen Reisekonzerne mitfinanzieren müssen. Deshalb veranstaltern mitfinanzieren. Der Verbraucherschutz haben wir vorgeschlagen, die untere Umsatzgrenze für wird dabei aber nicht beeinträchtigt. die Fonds-Pflichtmitgliedschaft von 3 Millionen Euro Wir haben den Gesetzentwurf in der CDU/CSU-Bun- Jahresumsatz zu erhöhen, damit sich ein Großteil der destagsfraktion intensiv beraten und ihn eingehend mit Reiseveranstalter, die im Insolvenzfall ein deutlich gerin- Vertretern der Tourismusbranche, der Versicherungswirt- geres Schadensrisiko darstellen, individuell absichern schaft und des Verbraucherschutzes erörtert. Auf unsere kann. Dies war leider mit dem Koalitionspartner nicht Initiative hin werden durch den vorliegenden Änderungs- zu machen. Die SPD beharrte auf der 3-Millionen-Gren- antrag der Koalition wichtige Nachbesserungen an dem ze. Durchsetzen konnten wir immerhin eine zweite Opt- Gesetzentwurf vorgenommen und verschiedene Bran- out-Möglichkeit bei Anbietern mit nur geringem Pau- chenvorschläge aufgegriffen. schalreisenumsatz und einem Jahreshöchstumsatz von 10 Millionen Euro, obwohl wir auch hier mit einem höhe- Damit legen wir insbesondere praxisgerechtere Vorga- ren Vorschlag – einer Umsatzgrenze von 20 Millionen ben für den neuen Reisesicherungsfonds fest. Wir senken Euro – in die Gespräche gegangen sind. Die SPD muss für die Reiseveranstalter die erforderliche Sicherheits- den kleineren Veranstaltern, Busunternehmen und Frei- leistung im Fonds von bisher 7 auf 5 Prozent ihres Jahres- zeitparks nun erklären, warum sie sich im Zweifel nicht umsatzes. Sollten diese Beiträge nicht ausreichen, ist frü- selbst versichern können, obwohl sie ein geringeres Risi- hestens ab dem 1. November 2022 eine Erhöhung auf ko aufweisen. dann höchstens 7 Prozent möglich. (B) (D) Im Verfahren konnten wir dennoch einige weitere Ver- Gleichzeitig verlängern wir die Aufbauphase des besserungen erreichen. Die Höhe der Sicherheitsleistun- Fonds, in der ein Zielkapital von 750 Millionen Euro gen, die ein Fondsmitglied erbringen muss, wird von angesammelt werden soll, vom 31. Dezember 2026 bis 7 Prozent, wie ursprünglich vorgesehen, zunächst auf zum 31. Oktober 2027. Hier hätten wir uns auch einen 5 Prozent des Umsatzes der Reiseanbieter herabgesetzt. längeren Zeitraum mit weiteren Entlastungen für die Damit setzen wir eine wesentliche Forderung der mo- Branche vorstellen können, was aber leider beihilferecht- mentan durch Corona stark gebeutelten Branche um. lich nicht möglich ist. Die weiterhin durchaus nachvollziehbare Bitte, dem Wir verhindern auch, dass der gesamte Umsatz eines Fonds von Beginn an Steuerfreiheit zu gewähren, war Unternehmens abgesichert werden muss, wie zum Bei- politisch und rechtlich nicht umsetzbar. Wenn die den spiel bei Busunternehmen, die auch Umsätze aus Leistun- Fonds tragende Gesellschaft als körperschafts- und gen im öffentlichen Personennahverkehr erzielen; es geht gewerbesteuerbefreiter gemeinnütziger Zweckbetrieb nur um den auf Pauschalreisen bezogenen Umsatz. Ins- ausgestaltet wird, kann ein entsprechender Antrag bei gesamt senken wir so die Kosten für die Fondsmitglied- der zuständigen Landesfinanzverwaltung gestellt wer- schaft von Unternehmen und reduzieren die Belastungen den. Ich gehe davon aus, dass die zukünftigen Gesell- für die Reisebranche, die sich durch die Coronakrise in schafter auf die Anerkennung der Gemeinnützigkeit hin- einer existenzbedrohenden Situation befindet. Das jetzt wirken werden, um den Fonds zu entlasten. langsam wieder anlaufende Geschäft darf nicht durch überzogene und unerfüllbare Vorgaben wieder abgewürgt Mit dem Reisesicherungsfonds schaffen wir endlich werden. Rechtssicherheit für Reisende und Reiseunternehmen. Wir werden den Aufbau des Fonds und die Anlaufphase Wir stellen auch klar, dass keine Absicherung nötig ist, gut beobachten. In der kommenden Legislaturperiode wenn ein Veranstalter keine Vorauszahlung entgegen- wird der Gesetzgeber gefragt sein, gegebenenfalls auf nimmt oder der Leistungsumfang keine Rückbeförderung die Entwicklungen zu reagieren und die nun zu beschlie- des Reisenden umfasst, es also kein sogenanntes Repat- ßenden Regelungen zu überprüfen. riierungsrisiko gibt. Weiterhin soll durch eine Erhöhung der Ausnahme- Paul Lehrieder (CDU/CSU): Mit dem vorliegenden grenze für die verpflichtende Fondsmitgliedschaft auf Gesetzentwurf stellen wir endlich sicher, dass Pauschal- einen Jahresumsatz von 10 Millionen Euro mehr Veran- reisende künftig deutlich besser als bisher gegen die staltern als bisher eine individuelle Absicherung ermög- Insolvenz von Reiseveranstaltern geschützt sind. Alle licht werden. Inwieweit diese Unternehmen dann tatsäch- Kundengelder werden ab November 2021 in vollem Um- lich Angebote außerhalb des Reisesicherungsfonds 30188 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) nutzen können, hängt natürlich auch von der Einschät- cherinnen und Verbraucher; sie müssen sich jetzt weniger (C) zung der jeweiligen Risiken durch die Versicherer ab, Sorgen um die Bonität oder Liquidität ihres Reiseverans- die individuell, pro Unternehmen betrachtet werden müs- talters machen und können den Urlaub ohne Sorgen sen. Außerdem können die Unternehmen mit einem Jah- genießen. resumsatz von bis zu 10 Millionen Euro die Absicherung Erweitert wurde die Opt-out-Regelung, sodass die auch über eine Bankbürgschaft erfüllen; dies könnte etwa Freiwilligkeit einer Absicherung durch den Fonds nicht für solche Unternehmen greifen, bei denen die Hausbank mehr nur für Unternehmen besteht, die weniger als 3 Mil- den Veranstalter gut kennt und das begrenzte Risiko gut lionen Euro Umsatz erzielten, sondern auch für jene, die einschätzen kann. Letztlich wird das wohl erst die Praxis 10 Millionen Euro Umsatz erzielten. Die Versicherungs- zeigen. Falls diese Veranstalter aber keine anderweitige pflicht von Reiseveranstaltern wurde an die Risiken der Absicherung finden sollten, so haben sie einen Anspruch Leistung angepasst. Somit wird der Gesetzentwurf im auf Zugang zum Reisesicherungsfonds zu dessen allge- Übrigen dem kleinen Busunternehmen und auch dem meinen Absicherungsbedingungen. Freizeitparkbetreiber gerecht. Aber eines muss natürlich auch klar sein: Die Absiche- Ich bin optimistisch, dass viele der Unternehmen sich rungskosten werden leider wahrscheinlich für alle An- freiwillig über den Fonds absichern werden, da es sich bieter steigen, weil sich die Vorgaben des Verbraucher- um eine wirtschaftlich sinnvolle Lösung handelt. Außer- schutzes zu Recht erhöhen und coronabedingt das dem senden wir mit diesem Gesetz ein deutliches Signal Insolvenzrisiko in der Branche angestiegen ist. Die ver- an die Bevölkerung, dass die Pauschalreisen wieder Teil gleichsweise günstigen Versicherungsprämien der Vor- der sicheren Instrumente bei der Reiseplanung sind. jahre werden auch außerhalb des Fonds meist nicht mehr zu erreichen sein; das wird leider oft vergessen. Auch wenn nach dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Juli 2021 noch eine kurze Übergangphase gilt, kann Mit den genannten Nachbesserungen und weiteren ich mich meinem Fraktionskollegen Karl Lauterbach nur Änderungen wollen wir dazu beitragen, dass – auch aus anschließen: Der Sommer wird gut! Gründen des Verbraucherschutzes – in Zukunft eine leis- tungsfähige und vielfältige Reisewirtschaft in Deutsch- Ich danke Frau Bundesministerin Christine Lambrecht land erhalten bleibt: mit einer großen Auswahl an Reise- und dem Parlamentarischen Staatssekretär Christian veranstaltern, die weiterhin attraktive und individuell Lange für die gute Zusammenarbeit zum Wohle der Ver- zugeschnittene Angebote machen können, die im braucherinnen und Verbraucher. Urlaubsort eine persönliche Betreuung auch bei Proble- men garantieren. Gülistan Yüksel (SPD): Verbraucherschutz für alle Pauschalreisenden, Vermeidung von Staatshaftung wie (B) (D) Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD): Die Coronapandemie nach der Thomas-Cook-Insolvenz, die Vorgaben der hat alle Branchen der Wirtschaft hart getroffen, doch die europäischen Pauschalreiserichtlinie und faire Bedingun- Reisebranche leidet darunter besonders stark: geschlos- gen für eine vielfältige Reisebranche in der Coronakrise – sene Grenzen, gecancelte Flüge, stornierte Buchungen. all diese verschiedenen Aspekte galt es bei der Neurege- Die Pleite von Thomas Cook, einem der größten Reise- lung der Insolvenzabsicherung im Pauschalreiserecht zu veranstalter, hat gezeigt, dass wir handeln müssen: da die bedenken. Haftungsgrenze von 110 Millionen Euro für solche Situa- Nach ausführlichen Gesprächen – auch mit den Ver- tionen erstens bei Weitem nicht mehr ausreicht, zweitens treterinnen und Vertretern der Branche – haben die drei die Reisenden nicht mehr ausreichend entschädigt wer- zuständigen Ministerien einen Gesetzentwurf vorgelegt. den und drittens Europarecht verletzt wird. Dass bei Im parlamentarischen Verfahren haben wir uns mit der Thomas Cook der Bund mit Staatshaftung einspringt komplexen Materie beschäftigt. Dazu haben wir intensi- und damit am Ende der Steuerzahler zur Kasse gebeten ve, auch kontroverse Gespräche mit der Branche geführt. wird, ist auch nicht erstrebenswert. Das Ergebnis dieser sehr intensiven Arbeit sind die Ände- Mit dem Gesetz zum Reisesicherungsfonds haben wir rungen im Gesetzentwurf und der Prüfauftrag, was wir nun eine Lösung, die den europäischen Anforderungen gestern in den Ausschüssen mit großer Mehrheit be- und Bedürfnissen von Verbraucherinnen und Verbrau- schlossen haben. chern gerecht wird. Dabei erreichen wir das Ziel einer Spätestens die Thomas-Cook-Insolvenz hat gezeigt, Minimierung der Staatshaftung. Trotz anderslautender dass die veraltete Insolvenzabsicherung nicht krisenfest Forderungen der Player des Reiseveranstaltungs- und war. Um den gesetzlich festgelegten Anspruch auf Erstat- Versicherungsmarktes ist uns dieses Ziel gelungen. Es tung von Vorauszahlungen für nicht durchgeführte Pau- kann nicht sein, dass Unternehmen Jahr für Jahr hohe schalreisen zu erfüllen, sprang damals der Staat ein und Gewinne einfahren und in Krisenzeiten der Staat die Ver- half, die Reisenden zu entschädigen. So richtig diese Ent- bindlichkeiten dieser Unternehmen bedienen soll. Es scheidung in der damaligen Ausnahmesituation war, so kann aber auch nicht sein, dass die Kleinen mit geringem wichtig ist es, dass wir diese Form der Staatshaftung Risiko über Gebühr für die Großen haften. zukünftig vermeiden. Steuerzahlerinnen und Steuerzah- Die Neuregelung ist somit eine moderate Antwort auf ler dürfen nicht noch einmal wegen einer unzureichenden die Risiken für Reisende bei einer Reisebuchung. Diese Insolvenzabsicherung zur Kasse gebeten werden! Gefahr wurde damit minimiert. Der neugeschaffene Rei- Dieses Ziel erreichen wir mit der Neuregelung der sesicherungsfonds mit einem Volumen um 750 Millionen Insolvenzabsicherung. Zentrales Element ist der noch Euro bietet einen deutlich besseren Schutz der Verbrau- zu gründende Reisesicherungsfonds, der nicht nur gegen Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30189

(A) mögliche Schäden bei Insolvenzen absichert, sondern im nen sich darauf verlassen, dass wir ihre Interessen und (C) Krisenfall auch die Rückreisekosten abdeckt. Reisever- Argumente für Ausnahmeregelungen dann erneut prüfen anstalter tragen mit der Einzahlung von Entgelten dazu und beurteilen werden. bei, den Reisesicherungsfonds zu einem Gesamtvolumen Eine weitere Verbesserung, die wir erreichen konnten, von 750 Millionen Euro aufzubauen. Bis dieses Fonds- ist die Verlängerung der Aufbauphase des Fonds um fast vermögen erreicht ist, übernimmt der Staat die Absiche- ein Jahr bis zum 31. Oktober 2027 – und damit auch eine rung erforderlicher Kredite. Mit dieser zeitlich begrenz- Verlängerung der bereits erwähnten staatlichen Absiche- ten Absicherung ermöglichen wir einen reibungslosen rung. Wir haben hier die engen Grenzen, die uns das EU- Systemwechsel. Und: Wir verhindern die Überforderung Beihilferecht setzt, bestmöglich genutzt und so zu einer der von der Coronapandemie schwer getroffenen Reise- weiteren Entlastung der Branche beigetragen. Auch die branche. Kurzum: Wir geben ein klareres Bekenntnis und zu leistende Sicherheitsleistung haben wir von 7 auf eine wichtige Unterstützung für die vielen Pauschalreise- 5 Prozent reduziert, was die von Corona so hart getroffe- veranstalter. nen Unternehmen noch einmal entlastet. Bei der Ausgestaltung der neuen Insolvenzabsicherung Profitieren werden vom Reisesicherungsfonds nicht war es den Tourismuspolitikerinnen und -politikern der nur die vielen Reiseveranstalter, die dank dieser neuen SPD-Fraktion vor allem wichtig, faire Bedingungen zu Insolvenzabsicherung weiterhin Pauschalreisen anbieten schaffen, gerade für die vielen kleinen und mittleren Rei- können. Profitieren werden auch die Steuerzahlerinnen severanstalter. Sowohl Entgelte für den Fonds als auch und Steuerzahler, die zukünftig kein unkalkulierbares die für den Fondsbeitritt nötige Sicherheitsleistung Risiko mehr tragen müssen. Profitieren werden aber vor bemessen sich am jeweiligen Pauschalreise-Umsatz der allem die Pauschalreisenden selbst. Dank des hohen Ver- Veranstalter. So ist bereits im Gesetzentwurf gewährleis- braucherschutzniveaus können sie sicher sein, dass sie tet, dass große Unternehmen mit einem höheren mögli- ihre Anzahlung für eine Pauschalreise im Insolvenzfall chen Schadensvolumen auch einen höheren Beitrag leis- zurückbekommen und in einem solchen Krisenfall auch ten. Darüber hinaus können sich Unternehmen mit einem sicher wieder in die Heimat befördert werden. relevanten Jahresumsatz von unter 3 Millionen Euro wei- terhin jenseits des Fonds per Versicherung absichern und Das sind gute Argumente, um unbeschwert eine Pau- dies bei einer gesetzlich festgeschriebenen Haftungsbe- schalreise in einem der vielen Reisebüros zu buchen. Das grenzung von 1 Million Euro. wünschen sich nicht nur Pauschalreisefans, sondern auch die Reiseveranstalter, die hoffentlich bald wieder so viele Im parlamentarischen Verfahren haben wir zahlreiche Reisen verkaufen können wie vor der Coronapandemie. Verbesserungen erreichen können. Die gerade beschrie- (B) bene Ausnahmeregelung gilt nunmehr auch für Unter- (D) nehmen bis zu einem relevanten Umsatz von 10 Millionen Roman Müller-Böhm (FDP): Wir alle erinnern uns Euro – in dieser Größenordnung allerdings ohne im Ge- an die Bilder, als Familien unter Polizeischutz aus ihrem setz verankerte Haftungsbegrenzung. Dies ist zu begrün- Hotel eskortiert werden mussten oder Hotelgäste vor Ort den mit einem höheren Staatshaftungsrisiko, das es zu nachbezahlen durften, um an ihr Gepäck zu kommen. Es vermeiden gilt. waren Bilder, die einen klaren Auftrag an die Politik hatten: Das darf sich nicht mehr wiederholen. – Ursache Dass ausgerechnet die FDP, die sonst so gerne einen des ganzen Chaos war eine schlampig ausgearbeitete freien Markt fordert, hier den Staat – und damit alle Regelung des damaligen Justizministers Heiko Maas. Steuerzahlenden – haften lassen will, ist zumindest irri- Die Bundesregierung folgte dann Ende 2019 mit der ent- tierend. schlossenen Ankündigung einer großen Reform im Pau- Gleichwohl haben wir die Sorge berücksichtigt, dass schalreiserecht. die Versicherer aufgrund der Folgen der Coronapandemie Der Gesetzentwurf, welcher vom Bundesjustizministe- und des daraus folgenden höheren möglichen Risikos für rium ausgearbeitet wurde, hat im Kern das richtige Ziel Schäden bei Reiseveranstaltern mit zwischen 3 und gehabt: Die Vorgaben der EU-Reform endlich richtig 10 Millionen Euro Jahresumsatz nicht unbegrenzt haften umsetzen und für die Pauschalreisebranche eine sichere könnten. Mit der jetzt, im geänderten Gesetzentwurf ver- Arbeitsgrundlage schaffen. – Wir Freie Demokraten sind ankerten Regelung ist sichergestellt, dass Versicherer und der Meinung: Das künftige System der Absicherung darf Reiseunternehmen eine Haftungsbegrenzung vereinbaren zu keiner Mehrbelastung kleiner und mittelständischer können, die sie für erforderlich halten. Sie muss so ge- Reiseveranstalter führen; denn diese konnten ihre Risiken wählt sein, dass sie alle Risiken vollständig abdeckt. Im problemlos und zur Gänze absichern. Es wäre schlicht Gesetzentwurf verankert ist eine vollumfängliche Eva- unfair, die Kleinen für die Fehler der Großen in der Ver- luierung nach zwei Jahren. In diesem Rahmen wird die gangenheit zahlen zu lassen. Bundesregierung dann prüfen, wie viele Reiseunterneh- men dieser Größenordnung von der Ausnahmeregelung In den koalitionären Nachverhandlungen zum Regie- Gebrauch machen konnten, und gegebenenfalls nach- rungsentwurf wurden leider nur wenige Verbesserungen steuern. Diese umfangreiche Evaluierung ist für uns ein erreicht. Der Kontrahierungszwang wurde sinnvollerwei- entscheidender Punkt; denn wir betreten mit dem Reise- se durch die Änderungen von CDU/CSU und SPD mit sicherungsfonds Neuland in Deutschland. Sowohl ge- einer Opt-out-Schwelle in Höhe von 10 Millionen Euro meinnützige Veranstalter von Jugendreisen und -austau- Jahresumsatz nach oben korrigiert. Leider war es das schen als auch Veranstalter erdgebundener Reisen mit auch mit den guten Neuigkeiten; denn der Rest sind nur geringem Risiko einer Rückholung von Reisenden kön- Verschlimmbesserungen. 30190 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Der Blick richtet sich also nun auf die Unternehmen, Zumindest wird aber jedem Beteiligten, ob Veranstal- (C) die einen Jahresumsatz von unterhalb 10 Millionen Euro ter oder Gast, klar sein, dass, sollte es noch einmal zu abzusichern haben. Es ist fraglich, ob die eigene Absiche- einer touristischen Katastrophe durch eine Welle der rung durch Versicherer überhaupt eine praxistaugliche Insolvenzen kommen, unsere Bundesregierung nichts Idee darstellt. Ihre Änderungen stellen insbesondere auf- aus jenen schrecklichen Bildern vom Anfang gelernt hat. grund des Erfordernisses der unbegrenzten Haftung eine Gefahr für die kleinen Pauschalreiseanbieter dar. Einen Wir Freie Demokraten finden, es gibt gute Ansätze in unbestimmten Betrag als Absicherung für ein grund- diesem Gesetz, aber es gibt auch offensichtliche und sätzlich messbares Risiko erschließt sich mir nicht. ungelöste Probleme. Wir wünschten, es wäre anders, aber wir können uns lediglich enthalten.

Aber dies ist ja erst der Anfang Ihrer kreativen Ausge- staltung gewesen. Egal, ob ein Anbieter künftig privat Kerstin Kassner (DIE LINKE): Die Linke begrüßt, oder über den Fonds abgesichert ist: Die Repatriierung dass endlich eine Regelung für die Insolvenzabsicherung muss immer über den Fonds versichert werden. – Als bei Pauschalreisen gefunden wurde, indem die Pauschal- Konsequenz kann aktuell niemand sagen, ob man einen reiseanbieter umsatzabhängig einzahlen und sich somit Versicherer findet; denn es ist einerseits nicht klar, ob solidarisch gegen Insolvenzen absichern. Es ist auch eine Absicherung mit theoretisch unbegrenztem Umfang gut, dass im Idealfall das Schadensrisiko zukünftig nicht rechtlich zulässig ist, und andererseits verschwinden mehr den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern aufgebür- dank Ihres Zögerns seit nunmehr zwei Jahren immer det wird. mehr Pauschalreiseversicherer vom Markt. Nach der schweren Krise während der Pandemie, wodurch die Einnahmen komplett wegfielen, jetzt die Wir haben jetzt noch gut vier Monate, bis der Fonds in Reisebranche mit einer weiteren Herausforderung zu Kraft treten soll, also noch weniger Zeit, bis er an einen konfrontieren und sie massiv zu belasten, ist typisch für Betreiber vergeben worden sein muss. Was auf diesen diese Bundesregierung. Das zeigt das mangelnde Interes- Betreiber jetzt zukommt, grenzt schon an eine Provoka- se gegenüber der Branche. All die Jahre wurde entgegen tion zum Scheitern; denn Ihren kruden Regelungen ent- der Kritik an der Gesetzeslage nichts gemacht, und nun sprechend muss nun in dieser kurzen Zeit mit jedem Pau- soll innerhalb kurzer Zeit das Fondsvolumen aufgebaut schalreiseveranstalter ein vertragliches Verhältnis werden. ausgearbeitet werden. Sie schaffen als Abschiedsge- schenk an Ihre Wähler nun auch noch ein weiteres Büro- Einige Verbesserungen wurden bei dem vorliegenden (B) kratiemonster. Gesetzentwurf umgesetzt: Die Sicherheitsleistung sinkt (D) von 7 Prozent auf 5 Prozent, und die Aufbauphase wurde um zehn Monate verlängert. Nun sind es fünf Jahre und Ihre fundamentalen Änderungen des Gesetzentwurfes zehn Monate. Besser wäre es, wie vom Bundesrat vorge- in dieser Woche sprechen für sich. Sie haben verschlimm- schlagen, die Zeitdauer auf zehn Jahre zu strecken, und bessert, was vorher schon kompliziert war. Andere Punk- auch die Umsatzgrenze ist anzuheben, damit die vielen te, wie die weiter offene Frage der Steuerfreiheit auf kleinen Reiseveranstalter nicht überproportional das Zinserträge des Fonds kommen noch dazu – und das Schadensrisiko tragen müssen. nur, weil die Bundesregierung die vergangenen zwei Jah- re geschlafen hat. Sie schaffen eine scheinbare Alterna- Nach dem neuen Gesetzentwurf wird nun die Umsatz- tive mit marktwirtschaftlichem Gewand, wollen aber grenze von 3 Millionen Euro auf 10 Millionen Euro ange- einen umfassenden Fondszwang für den gesamten Markt hoben, wenngleich dann der gesamte Umsatz berücksich- durch die Hintertür einführen. Sie haben eine Lösung tigt wird, nicht nur die Anzahlungen, wie im Bereich bis erarbeitet, die nicht nur zwei Jahre zu spät kam, sondern 3 Millionen Euro. Zur Wahrheit gehört auch, dass bei der zum Sterben im Pauschalreiseversicherungsmarkt ge- Anhebung auf 10 Millionen Euro im Gesetzentwurf nicht führt hat, und Sie zeigen erneut, dass es Ihnen nie um wirklich die Forderung umgesetzt wird; denn demnach die ganze Branche ging; denn sonst hätten Sie die Sorgen soll keine Haftungsbegrenzung enthalten sein, was in und Vorschläge aller Pauschalreiseanbieter einbezogen der Realität keine Versicherung umsetzt. Damit ist die und nicht nur gen Hannover geblickt. Anhebung der Umsatzgrenze eher eine Mogelpackung. Während das Risiko einer Insolvenz sich nicht geän- Zuletzt werfen wir noch einmal einen Blick in die dert hat, werden sich die Kosten für die Versicherung Zukunft. Es schlummern Altrisiken, die Sie nicht berück- vervielfachen. So müssen die mittelständischen Reisever- sichtigen, bei denen der Fonds greifen müsste, ohne Bei- anstalter das Risiko einer eventuellen Insolvenz eines träge generiert zu haben. In der Branche spricht man von großen Konzernveranstalters tragen. Das hat nichts mit einer halben Milliarde Euro. Soll der Steuerzahler dann Solidarität innerhalb der Reisebranche zu tun. den nächsten Fehler durch eine Regierung bezahlen? Was passiert dann mit den Leuten, die sich jetzt aktuell auf Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, sieht der einen Urlaub nach Corona freuen und dann erneut vor Gesetzentwurf einen Beirat vor, der nur beratend tätig einer Hotellobby stehen, weil ihr Anbieter pleite gegan- sein soll. Dadurch wird seine Rolle aber nicht genügend gen ist, der angepriesene Fonds versagt und eine Verlän- gewichtet, und deshalb fordern wir eine Stärkung des gerung privater Versicherung dank Ihnen nicht erfolgt Beirats in seinen Rechten und Aufgaben, um eine echte ist? Kontrollfunktion zu erhalten. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30191

(A) Es ist zu begrüßen, dass nach all den Jahren ein Gesetz, Bundesregierung auf, bei der Genehmigung des Fonds (C) das europarechtskonform ist, endlich umgesetzt wurde. dafür Sorge zu tragen, dass Interessenkonflikte bei den Aufgrund der Dringlichkeit einer neuen Insolvenzabsi- Gesellschaftern ausgeschlossen werden und dass die Be- cherung stimmen wir dem Gesetzentwurf zu, obwohl treiber des Fonds über ausreichende versicherungstechni- wir uns bei einigen Punkten eine Verbesserung ge- sche Kompetenz verfügen. Für diesen Entschließungsan- wünscht hätten. trag bitte ich um Ihre Zustimmung! Trotz unserer Bedenken werden wir dem Gesetzent- Markus Tressel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit wurf der Regierung und dem Änderungsantrag der Koali- dem Reisesicherungsfonds liegt jetzt endlich eine Neu- tion zustimmen. Wir stimmen dafür, weil wir den Reise- regelung der Insolvenzabsicherung im Pauschalreiserecht sicherungsfonds im Grundsatz für die richtige Lösung vor, mit der – vor allem – die Verbraucher zuverlässig halten und weil sowohl die Verbraucher/-innen als auch geschützt werden. Anderthalb Jahre nach der Insolvenz die Reisebranche endlich eine funktionierende Kunden- von Thomas Cook erfüllt Deutschland damit endlich geldabsicherung brauchen. Ein weiteres Rausschieben auch die Vorgaben der EU-Pauschalreiserichtlinie. der Entscheidung hätte fatale Folgen für die Branche. Am zunächst vorliegenden Gesetzentwurf gab es viel Eines muss aber klar sein: Wer auch immer in der berechtigte Kritik von Experten, aus der Branche und von nächsten Legislaturperiode die Verbraucherpolitik ver- Tourismuspolitikern aller Parteien. Vieles davon hat die antwortet, muss ein wachsames Auge auf den Reisesiche- Koalition mit ihrem Änderungsantrag aufgegriffen. Sie rungsfonds richten und gegebenenfalls nachsteuern und hat etliche handwerkliche Nachbesserungen vorgenom- zeitnah evaluieren. Es darf nicht so weit kommen, dass men und hinsichtlich des Kontrahierungszwangs für klei- der Fonds zur Wettbewerbsverzerrung innerhalb der ne Veranstalter und bei den Belastungen in der Aufbau- Branche führt und dass gerade die kleinen und mittel- phase des Fonds etwas nachgebessert. ständischen Reiseveranstalter das Nachsehen haben. Einige Kritikpunkte bleiben jedoch, und da wird sich aus unserer Sicht in absehbarer Zeit Nachbesserungsbe- darf ergeben. Anlage 24 Zwar wurde die Umsatzgrenze für eine obligatorische Erklärung nach § 31 GO Mitgliedschaft im Fonds auf 10 Millionen angehoben, der Abgeordneten Gitta Connemann (CDU/CSU) was richtig war. Aber für Reiseveranstalter mit einem zu der Abstimmung über den von der Bundesregie- Umsatz zwischen 3 Millionen und 10 Millionen Euro rung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über ist keine Haftungsgrenze definiert. Ob sich unter diesen die Insolvenzsicherung durch Reisesicherungs- (B) Bedingungen Versicherer finden, die bereits sind, diese (D) fonds und zur Änderung reiserechtlicher Vorschrif- Unternehmen abzusichern, ist mehr als fraglich. Ich bin ten mir jedenfalls nicht sicher, ob die Koalition den eher kleinen Unternehmen mit dieser Regelung wirklich wei- (Tagesordnungspunkte 35) tergeholfen hat. Heute stimmen wir über die Einführung eines Reise- Überhaupt nicht angegangen wurde die Frage der Mit- sicherungsfonds zur Insolvenzsicherung auf dem Reise- bestimmung im Reisesicherungsfonds. Der Gesetzent- markt ab. Grund dafür sind insbesondere auch die Insol- wurf sieht einen Beirat vor, der allerdings nur beratend venzen der deutschen Tochtergesellschaften des wirken soll. Das wird nicht ausreichen! Der Reisesiche- Tourisitikkonzerns Thomas Cook sowie der Tour Vital rungsfonds wird faktisch ein Monopol bei der Kunden- Touristik GmbH. Diese besonderen Insolvenzen haben geldabsicherung haben. Durch die Festsetzung der Ent- einen Nachbesserungsbedarf in der Insolvenzabsicherung gelte und Sicherheitsleistungen wird der Fonds für Pauschalreisen offenbart, der durch den Fonds ge- gleichzeitig erhebliche Gestaltungsmacht im Pauschalrei- schlossen werden soll. Dieser Schritt ist grundsätzlich semarkt haben. Es darf aus unserer Sicht hier aber gerade zu begrüßen. nicht zu einer Verzerrung des Wettbewerbs kommen, Nach reiflicher Überlegung werde ich dem Gesetz heu- indem zum Beispiel die Schadensrisiken bestimmter Ge- te auch zustimmen. Denn ohne einen entsprechenden schäftsmodelle über- oder unterbewertet werden. Reiseischerungsfonds gäbe es weder für Verbraucherin- Dies gilt umso mehr, wenn die Gesellschafter des nen und Verbraucher noch für Pauschalreiseanbieter eine Fonds aus der Reisebranche kommen. Hier sind Querver- verbindliche Aussage darüber, wie die notwendige Absi- bindungen zu den Reiseveranstaltern und damit Interes- cherung von Pauschalreisen in Zukunft aussehen könnte. senkonflikte – selbst beim allerbesten Willen – nahezu Die Ergebnisse der Verhandlungen zwischen den Koa- unausweichlich. Deshalb muss sichergestellt werden, litionsparteien, der Versicherungsbranche und den Ver- dass auch der Verbraucherschutz und kleine und mittlere bänden der Tourismusbranche weisen für mich allerdings Veranstalter eine starke Stimme im Reisesicherungsfonds Mängel auf, auf die ich heute noch einmal hinweisen haben. möchte: Wir haben deshalb einen Entschließungsantrag vorge- – Die Fondsstrukturen sind zu undifferenziert. Nicht legt, mit dem wir den Beirat stärken wollen. Wir wollen jeder Pauschalreiseanbieter ist mit anderen zu verglei- sicherstellen, dass der Beirat regelmäßig zusammentritt chen. So kommt zum Beispiel gerade auch den Frei- und wir wollen, dass der Beirat die Grundsätze zur Ent- zeitparks in Deutschland eine Sonderstellung auf die- geltbemessung genehmigt. Außerdem fordern wir die sem Markt zu. Die angebotenen Pauschalreisen 30192 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) beinhalten weder An- und Rückreise noch einen Über- Auch Erfolgshonorare dürfen zukünftig in bestimmten (C) tritt von Landesgrenzen. Dennoch sollen auch solche Fällen nicht vereinbart werden, nämlich dann, wenn es Anbieter zu ähnlichen Konditionen in den Fonds ein- um unpfändbare und damit in der Regel höchstpersön- zahlen, zum Beispiel Anbieter wie TUI. Hier hätte es liche Forderungen wie etwa familienrechtliche Ansprü- meiner Meinung nach zwingend Opt-out-Regelungen che geht. Für diese Ansprüche hat der Gesetzgeber mit geben müssen, die solchen Anbietern weiterhin das dem Pfändungsausschluss die Wertung getroffen, dass Wahlrecht zwischen privatrechtlicher Versicherung diese Forderungen dem Gläubiger uneingeschränkt oder Mitgliedschaft im Fonds zugesichert hätten. zufließen sollen. Deswegen sollen auch hier keine Dies war aufgrund europarechtlicher Vorschriften Erfolgshonorare vereinbart werden können. und einer Blockadehaltung des Koalitionspartners Gleichzeitig gestalten wir den regulativen Rahmen so, aber nicht umsetzbar. dass auch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ihre Ge- – Die Pauschalreiseumsatzgrenze liegt in Gänze zu schäftsmodelle fortentwickeln und innerhalb ihrer niedrig. Damit wird der Fonds – zumindest in der Auf- berufsrechtlichen Pflichten im Wettbewerb mit Inkasso- bauphase – gerade auch für mittelständische Unter- dienstleistern bestehen können. In den letzten Jahren ist nehmen zu einem enormen Kostenfaktor. Kleinere die Nutzung von Legal-Tech-Angeboten durch Verbrau- Unternehmen haften unverhältnismäßig hoch für die cher stark angestiegen. Es gibt eine enorme Nachfrage Risiken der Touristikriesen. zum Beispiel nach den Angeboten von flightright.de, die Entschädigungen für Flugverspätungen eintreiben, – Die Reisebranche steht durch die Covid-19-Pandemie oder weniger-miete.de, die Mietpreisbremse-überstei- finanziell sowieso schon sehr unter Druck. Deshalb gende Mietzahlungen geltend machen. hätte die Aufbauphase des Fonds weiter verlängert und folglich die Beiträge sowie Sicherheitsleistungen Diese Entwicklung geht an der Rechtsanwaltschaft bis während der Aufbauphase reduziert werden müssen. heute jedoch weitgehend vorbei, weil das Berufsrecht sie sehr stark reguliert. Derzeit haben Legal-Tech-Anbieter Ich bedaure sehr, dass diese Mängel in den Verhand- einen erheblichen Wettbewerbsvorteil gegenüber Rechts- lungen nicht beseitigt werden konnten. Am Willen der anwälten, da sie Erfolgshonorare vereinbaren dürfen. Wir CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist es nicht gescheitert. beseitigen nun diesen Wettbewerbsvorteil und schaffen Da ohne eine Verabschiedung des vorliegenden Gesetz- ein Level Playing Field – das ist gut für Rechtsanwälte, entwurfs allerdings die Zukunft der Insolvenzabsiche- aber auch gut für die Verbraucher; denn diese erhalten rung auf dem Reisemarkt ungewiss wäre, stimme ich nun eine größere Auswahl. Und Rechtsanwälte können heute trotzdem zu. ihren Mandanten künftig attraktive Angebote machen. (B) Um die Wettbewerbsbedingungen anzugleichen, ist es (D) richtig, den Legal-Tech-Anbietern umgekehrt weiter- Anlage 25 gehende Pflichten aufzugeben. So sollen zukünftig Inkas- sodienstleister für ihre Kunden erstrittene Gelder unver- Zu Protokoll gegebene Reden züglich an diese auskehren müssen. Damit reduzieren wir zur Beratung des von der Bundesregierung einge- das Insolvenzrisiko für die Kunden von Legal-Tech- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung Anbietern. Mit den nun vorgesehenen Änderungen wird verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienst- dem unionsrechtlichen Kohärenzgebot Rechnung getra- leistungsmarkt gen, der regulative Rahmen für Rechtsanwälte und Inkas- sodienstleister also verfassungs- und europafest ausge- (Zusatzpunkt 23) staltet. Mit der beigefügten Entschließung geben wir dem Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU): Der Rechts- nächsten Deutschen Bundestag noch einiges mit auf den dienstleistungsmarkt befindet sich in einem fundamenta- Weg. Bereits bei der Reform des Inkassorechts im ver- len Umbruch. In einem sehr komplexen und in der Anhö- gangenen Jahr hat der Deutsche Bundestag das Justiz- rung sehr kontrovers diskutierten Gesetzesvorhaben ministerium gebeten, eine Zentralisierung der Inkasso- konnten wir mit der SPD nun eine Einigung erringen. aufsicht auf den Weg zu bringen. Außer einem Bericht, Für uns als Union war wichtig, sowohl die Interessen der dieses fachlich befürwortet, ist nicht viel passiert. der Verbraucher als auch die anwaltlichen core values Hier muss das Justizministerium nacharbeiten, damit im Blick zu behalten. Diese zentralen Werte der Rechts- wir in der kommenden Wahlperiode eine zentrale Inkas- anwaltschaft waren für uns als Union nicht verhandelbar. soaufsicht beschließen können. Das ist aus Sicht der Rechtsanwälte müssen auch künftig als unabhängige Union unbedingt erforderlich, um die schwarzen Schafe Organe der Rechtspflege den Interessen ihrer Mandanten unter den Inkassounternehmen besser in den Griff zu verpflichtet bleiben und unabhängigen Rechtsrat erteilen. bekommen. Nicht nur die Branche will eine zentralisierte Das haben wir sichergestellt, indem wir die im Gesetz- Aufsicht, sondern auch die Mehrheit der Länder. Deswe- entwurf vorgesehene Möglichkeit der gerichtlichen Pro- gen werden wir das in der nächsten Legislaturperiode zessfinanzierung gestrichen haben. Hier haben wir die schnell angehen. Gefahr gesehen, dass die Interessen von Mandanten und Anwalt auseinanderklaffen und der Anwalt den Prozess Sebastian Steineke (CDU/CSU): Vor uns liegt ein nicht mehr in jedem Fall im Sinne der Mandantschaft Gesetz, das im Hinblick auf die Bewertung unterschiedli- führt. cher kaum sein kann. Die öffentliche Anhörung hat das Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30193

(A) auch noch einmal deutlich gemacht. Zwar waren sich bereitungen dafür zu treffen. Daher werden wir die (C) viele Sachverständige einig, dass man im Bereich Legal Bundesregierung noch einmal in unserem separaten Ent- Tech etwas regeln muss. Doch an der genauen Ausge- schließungsantrag dazu verpflichten, bis zum 30. Juni staltung scheiden sich bis heute die Geister. 2022 einen entsprechenden Bericht vorzulegen. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, wonach Zugleich fordern wir in der Entschließung eine umfas- dem Legal-Tech-Unternehmen wenigermiete.de (LexFox sende Reform des Rechtsdienstleistungsmarktes in der GmbH) als Inkassounternehmen das Recht zugesprochen nächsten Legislaturperiode mit dem Ziel, den Grund- wurde, rechtliche Ansprüche von Mietern aus den Vor- sätzen der Rechtsanwaltschaft und den technischen Ent- schriften zur Mietpreisbremse durchzusetzen, hat gesetz- wicklungen Rechnung zu tragen. Dies ist wichtig, um die geberischen Handlungsbedarf nach sich gezogen. Diesem nun noch offengebliebenen Punkte abschließend zu re- werden wir mit dem heutigen Gesetzentwurf und den geln. entsprechenden Änderungsanträgen gerecht. Abschließend war uns in den Verhandlungen mit der Der Rechtsdienstleistungsmarkt hat sich fundamental SPD die Klarstellung wichtig, dass sich die Prüfung und weiterentwickelt. Auf der einen Seite müssen die Interes- Beratung von Rechtsdienstleistern nur auf bereits beste- sen der Verbraucherinnen und Verbraucher im Vorder- hende Forderungen beziehen darf. Die Tätigkeit von grund stehen. Aber auch die anwaltlichen core values, Inkassodienstleistern darf nicht dazu führen, dass Forde- die aus unserer Sicht nicht verhandelbar waren, müssen rungen im Rahmen von Gestaltungsrechten erst zum Ent- wir durchaus im Blick behalten. Rechtsanwälte sind stehen gebracht werden. Auch diesbezüglich werden wir wichtige Organe der Rechtspflege. Sie müssen weiterhin nun Klarheit haben. den Interessen ihrer Mandanten verpflichtet bleiben und Der Gesetzentwurf stellt insgesamt die Rechte von unabhängigen Rechtsrat erteilen können. Das haben wir Inkassounternehmen klar und schafft auch für die nun unter anderem damit sichergestellt, indem wir die im Anwaltschaft weitere Spielräume. Der Gesetzentwurf ist Gesetzentwurf vorgesehene Möglichkeit der Prozessfi- insgesamt ein guter Kompromiss, auch wenn noch einige nanzierung in Gerichtsverfahren gestrichen haben. Aus- Regulierungsbedarfe offenbleiben. genommen bleibt hier das gerichtliche Mahnverfahren. Auch Erfolgshonorare dürfen zukünftig in bestimmten Fällen nicht vereinbart werden, nämlich dann, wenn es Dr. Johannes Fechner (SPD): Auch das Recht- um unpfändbare und damit in der Regel höchstpersön- dienstleistungsrecht muss auf der Höhe der Zeit sein liche Forderungen wie etwa familienrechtliche Ansprü- und neuen Herausforderungen gerecht werden. Deshalb che geht. Wir sind froh, dass wir unseren Koalitionspart- wollen wir den Rechtsdienstleistungsmarkt insbesondere ner davon überzeugen konnten. unter dem Aspekt des Verbraucherschutzes verbessern, (B) und das machen wir mit diesem Gesetz, liebe Kollegin- (D) Unabhängig davon müssen Rechtsanwälte ihre Ge- nen und Kollegen. schäftsmodelle fortentwickeln können, um innerhalb ihrer berufsrechtlichen Pflichten im Wettbewerb mit Während für Rechtsanwälte sich aus dem Anwaltsver- Inkassodienstleistern zu bestehen. Die Nutzung von trag umfangreiche Beratungspflichten und Informations- Legal-Tech-Angeboten durch Verbraucher ist in den ver- pflichten ergeben, gab es solche in dieser Form für In- gangenen Jahren sehr stark angestiegen. Diese Entwick- kassodienstleister bislang nicht. Jetzt regeln wir lung geht an den Rechtsanwälten bis heute jedoch weit- umfangreiche Informationspflichten, wir regeln Vergü- gehend vorbei, weil das Berufsrecht sie sehr stark tungsbestimmungen, wir klären Fragen der Erstattungs- reguliert. Das bedeutet, dass Legal-Tech-Anbieter einen fähigkeit und wie Fremdgelder zu behandeln sind von erheblichen Wettbewerbsvorteil gegenüber Rechtsanwäl- Inkassodienstleistern. All das sind für Verbraucherinnen ten haben, da sie unter anderem Erfolgshonorare verein- und Verbraucher wichtige Regelungen, die ihrem Schutz baren dürfen. Der Gesetzentwurf beseitigt diesen Wett- dienen, und da wir solche Regelungen auch bei Rechts- bewerbsvorteil. Verbraucher erhalten nun eine größere anwälten haben, gibt es keinen Grund, solche Regelun- Auswahl, und Rechtsanwälte können Mandanten künftig gen auch für Inkassodienstleister zu normieren, was wir attraktive Angebote machen. Um die Wettbewerbsbedin- mit diesem wichtigen Gesetz tun. gungen anzugleichen, ist es richtig, den Legal-Tech- Darüber hinaus regeln wir die formellen Voraussetzun- Anbietern umgekehrt weitergehende Pflichten aufzuge- gen von Vergütungsvereinbarungen für Inkassodienst- ben. Inkassodienstleister müssen künftig für ihre Kunden leistungen, damit Verbraucher Rechtssicherheit haben, erstrittene Gelder unverzüglich an diese auskehren. Die- insbesondere wenn es um die Vereinbarung eines sen Punkt haben wir in den Verhandlungen gefordert, um Erfolgshonorars für die Rechtsdienstleistung geht. Auch das Insolvenzrisiko für die Kunden von Legal-Tech- das sorgt für einen Gleichlauf zwischen Rechtsanwalts- Anbietern zu reduzieren. mandaten und Inkassodienstleistungen. Den jetzt erzielten Kompromiss können wir mitgehen, Und wir ändern auch die Bundesrechtsanwaltsord- wobei für die Zukunft noch einige Punkte offenbleiben, nung, indem wir die Möglichkeiten für Rechtsanwälte um die sich dann die nächste Koalition kümmern muss. ausweiten, Erfolgshonorare zu vereinbaren. Dies wird Weiterhin ungeklärt bleibt unter anderem die Zentralisie- zukünftig möglich sein bei Geldforderungen von bis zu rung der Inkassoaufsicht, auf die wir als Union nun be- 2 000 Euro sowie bei anwaltlichen Inkassodienstleistun- reits seit vielen Monaten drängen. Leider hat sich das gen. Ausgenommen hiervon sind höchstpersönliche Bundesjustizministerium bis jetzt nicht in der Lage gese- Geldforderungen, was uns ganz wichtig war. Und wir hen, gemeinsam mit den Ländern die notwendigen Vor- stellen klar, dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte 30194 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) nur in engen Voraussetzungen Gerichtskosten, Verwal- bei höchstpersönlichen Forderungen vereinbart werden. (C) tungskosten oder Kosten anderer Beteiligter übernehmen Also vereinfacht: Hände weg vom Unterhalt, Hände weg dürfen. Möglich ist das nur bei außergerichtlichen Inkas- von der Prozessfinanzierung. sodienstleistungen sowie im gerichtlichen Mahnverfah- ren. Denn hier fallen allenfalls geringe Kosten an. Unser Modell, das wir nach einem sehr guten Vor- schlag des BMJV mit unserem Koalitionspartner noch Wir haben uns für diese Regelung entschieden, weil deutlich verbessert haben, hat zwei entscheidende Vor- wir verhindern möchten, dass Gefahren für die Unabhän- teile: Wir ermöglichen es Anwältinnen und Anwälten, gigkeit der Tätigkeit der Rechtsanwältinnen und Rechts- im außergerichtlichen Verfahren, wo die meisten Fälle anwälte bestehen, insbesondere wenn sie mit einer Kos- abgewickelt werden, nun ebenfalls den Verbraucherinnen tenbelastung rechnen müssen. Dies kollidiert mit einer und Verbrauchern interessante Beratungsmodelle anzu- neutralen, einzig am Mandanteninteresse ausgerichteten bieten. Zum anderen bleiben die anwaltlichen „core Beratung, und deshalb wollen wir diese Einschränkung values“ gewahrt: Da im Gerichtsverfahren das finanzielle für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte im Ände- Risiko steigt, halten wir eine finanzielle Interessentren- rungsantrag beschließen. nung durch das Verbot der Prozessfinanzierung zwischen der Rechtsanwaltschaft und der Mandantschaft hier für Liebe Kolleginnen und Kollegen, ja, es gibt sicherlich den richtigen Weg. auch Kritik an diesen Regelungen, da das Verhältnis zwi- schen den Legal-Tech-Unternehmen und der Rechtsan- Durch das Gesetz zur Reform des Rechtsdienstleis- waltschaft kein einfaches ist. Wir meinen aber, dass tungsmarkts stärken wir zum einen Verbraucherinnen dies ein ausgewogener Kompromiss ist, der dafür sorgt, und Verbraucher, aber auch Unternehmen, da diese von dass Verbraucherinnen und Verbraucher ohne Risiko interessanten Beratungsangeboten der Rechtsanwalt- Rechtsdienstleistungen von Rechtsanwälten einerseits, schaft zur Durchsetzung von Forderungen profitieren aber auch Inkassodienstleistern andererseits in Anspruch werden. Zum anderen schaffen wir Rechtssicherheit im nehmen können und dabei über mögliche Gefahren und Spannungsfeld zwischen Inkassorechtsdienstleistern und auch die Vertragsinhalte viel besser aufgeklärt werden der Rechtsanwaltschaft, die nun deutlich flexiblere Ver- müssen als nach heutiger Rechtslage. Also ein gutes Ge- gütungsmodelle anbieten kann. setz. Stimmen wir dem zu! Ich danke Frau Bundesministerin Lambrecht und Frau Parlamentarische Staatssekretärin Hagl-Kehl für eine gute Zusammenarbeit zum Wohle der Verbraucherinnen Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD): Wenn man Verbrau- und Verbraucher, dem Koalitionspartner für seine Kom- cher fragt, wie man seine Fluggastrechte, Fahrgastrechte, promissbereitschaft und bitte um Zustimmung zu diesem (B) also schlicht seine Entschädigungsansprüche, schnell und (D) guten Gesetz. unkompliziert geltend macht, bekommt man in der Regel nicht die Antwort: „Ich gehe zum Anwalt“, sondern: „Da gibt es doch so Seiten im Internet, die behalten einen Teil Roman Müller-Böhm (FDP): Der Gesetzentwurf der der Forderung und zahlen den Rest sofort an mich aus.“ Bundesregierung zur Förderung verbrauchergerechter Stimmt. Gibt es. Wird genutzt vom Verbraucher. Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt hat das Poten- zial, die Rechtssicherheit für Legal-Tech-Angebote über Doch so einfach ist dies nicht. Denn um dieses Erfolgs- das Modell der Inkassodienstleister maßgeblich zu ver- honorar vereinbaren zu können, müssen die Betreiber, bessern. und zwar gleich ob als Anwalt oder Inkassounternehmer, als Inkassorechtsdienstleister registriert sein. Und dies Der erleichterte Zugang zur Rechtsberatung ist der stellt eine Wettbewerbsverzerrung, Rechtsunsicherheit Fortschritt für den Rechtsstandort Deutschland, den die und Ungleichbehandlung dar. Deshalb war und ist eine Verbraucher gebraucht haben. Verbraucher und Unter- Anpassung des Rechtsrahmens bei Rechtsdienstleistun- nehmer scheuen nicht länger, ihre Ansprüche konsequent gen längst überfällig. Heute stehen wir vor dem Ab- durchzusetzen. Bislang bestand diesbezüglich eine ver- schluss mit einem Gesetz, das einerseits Rechtssicherheit meintlich größere finanzielle Hemmschwelle, Ansprüche bietet, diese moderne Form der Rechtsdienstleistung geltend zu machen. Für diese Anbieter stellt der Gesetz- regelt, andererseits den Kernbereich anwaltlichen Han- entwurf nun klar, dass Ansprüche von Geschädigten delns schützt, Qualitätskontrolle sichert und die Gebüh- gebündelt und finanziert werden und dass diese Ge- renordnung für Erfolgshonorare öffnet vor dem Ab- schäftsmodelle nicht auf die außergerichtliche Durchset- schluss. Und nicht zuletzt werden Widersprüche zung von Forderungen beschränkt werden dürfen. Das zwischen dem Inkassorecht und dem Anwaltsrecht besei- begrüßen wir Freie Demokraten. tigt. Das Potenzial des Gesetzentwurfs darf weder daran Das Ziel des – so will ich es nennen – Legal-Tech- scheitern, dass die für die Registrierung und Aufsicht Gesetzes ist, Chancengleichheit zwischen Legal-Tech- zuständigen Behörden überfordert sind, noch daran, Anbietern und der Rechtsanwaltschaft herzustellen. Be- dass sie die Regelungen unterschiedlich auslegen, sodass sonders im Fokus stehen dabei die Prozessfinanzierung es zu einem Flickenteppich in Deutschland kommt. Die und das Erfolgshonorar, die – zu Recht – sensible The- Große Koalition sollte nicht wieder einen halbfertigen men sind, für die wir aber nun einen tragfähigen Kom- Gesetzestext verabschieden, sondern gesetzgeberisch promiss gefunden haben. Erfolgshonorare dürfen nun klarstellen, dass sich Legal-Tech-Anbieter, welche bisher unter anderem bei Forderungen bis 2 000 Euro, aber nicht als Inkassounternehmen agierten, nur bei einer grund- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30195

(A) legenden Änderung ihres Geschäftsmodells neu registrie- lanx aus Politik, Gesellschaft und Rechtsanwaltschaft (C) ren müssen und ihre Registrierung nicht aufgrund von vorangetrieben werden, bin ich mir sehr sicher, dass es Nebenleistungen widerrufen wird. Veränderungen zum Nutzen aller sein werden. Zudem sollte die Registrierung von Legal-Tech- Anbietern nur vorübergehend durch die Behörden erfol- Friedrich Straetmanns (DIE LINKE): Mit dem vor- gen, die für die Registrierung und Aufsicht über Inkasso- liegenden Entwurf wollen die Koalitionsfraktionen auf unternehmen zuständig sind. Damit jedoch nicht aktuelle Entwicklungen im Rechtsdienstleistungsmarkt aufgrund abweichender Kompetenzen und Bearbeitungs- reagieren, aus meiner Sicht jedoch mit den falschen Mit- zeiten ein Flickenteppich an bevorzugten Vergabestätten teln. Verbrauchergerecht ist das, was sie hier vorgelegt provoziert wird, muss zumindest mittelfristig die Regist- haben, jedenfalls nicht. Vielmehr sichern sie den Inkasso- rierung und Aufsicht durch das Bundesamt für Justiz unternehmen eine fette Gewinnmarge. Das ist das größte übernommen werden. Problem an Ihrem Entwurf. Aber es gibt noch weitere: Das Erfolgshonorar wird Daneben können nach der Rechtsprechung Verstöße Rechtsdienstleistern zwar Gewinne bescheren, aber auf gegen das RDG die Forderungen der Verbraucher gefähr- Kosten der Verbraucherinnen und Verbraucher, deren den. So droht etwa bei einem nachträglichen Scheitern berechtigte Ansprüche darum gekürzt werden. Rechts- einer Abtretung von Ansprüchen ein kompletter wirt- dienstleister werden sich in vielen Bereichen auf leicht schaftlicher Verlust für die betroffenen Verbraucher und gewinnbare und standardisierbare Fälle spezialisieren Unternehmer wegen der Verjährung etwaiger Forderun- und alle übrigen gar nicht erst annehmen. Somit sind gen, die nicht hätten abgetreten werden dürfen. Der Ge- die Erfolgshonorare dann auch fast schon garantiert und setzentwurf sollte somit auch Rechtssicherheit durch eine eine Risikoübernahme faktisch nicht vorhanden. An die- Klarstellung herbeiführen, nach welcher etwaige Mängel se Praxis wird sich in der Folge auch die Anwaltschaft der Geschäftsmodelle nicht automatisch die Forderungen anpassen müssen, was eine vernünftige rechtliche Bera- der Kunden gefährden. Notwendig ist deshalb eine tung und Prozessvertretung gegenüber Risikokalkulation gesetzgeberische Klarstellung in § 3 RDG, dass Verstöße und Gewinnaussichten in den Hintergrund treten lassen gegen das RDG, insbesondere wegen einer Interessen- wird. Die Versprechen der Legal-Tech-Branche sind kollision nach § 4 RDG, nicht zur Nichtigkeit der Forde- Blendwerk meine Damen und Herren. In der Praxis ver- rungsabtretung oder zum Verlust der Aktivlegitimation teuern diese Firmen den Zugang zum Recht. Meine Frak- im Prozess führen. tion und ich lehnen das ab. Mit dem neuen § 3 RDG in der vorgeschlagenen Aus- Ein weiteres Problem ist die Aufsicht über diese Fir- (B) gestaltung würde verhindert werden, dass Forderungen men. Sie wollen diese zwar prüfen, jedoch nicht ab jetzt, (D) von Geschädigten untergehen, zum Beispiel wegen Ver- sondern erst ab Ende 2022. Das reicht aber nicht, diese jährung. Gleichzeitig vermeidet die Formulierung aber Firmen müssen unverzüglich einer Aufsicht unterstellt auch, dass registrierte Anbieter von Verstößen gegen werden und Qualitätsstandards vergleichbar der Anwalt- das RDG finanziell profitieren, und die Nichtigkeit der schaft erfüllen. Beauftragung und damit der Verlust eines Vergütungsan- spruches des Anbieters bleiben weiterhin möglich. Für einen verbesserten Zugang zum Recht für Verbrau- cherinnen und Verbraucher gäbe es eine Vielzahl von Neben der rechtlichen Sicherheit für Legal-Tech-Un- Möglichkeiten, wie sie meine Fraktion und ich auch vor- ternehmen sollten auch die Formvorschriften des BGBs schlagen. Ein verbessertes Verbandsklagerecht beispiels- endlich zeitgemäß angepasst werden. Wir machen hierzu weise oder eine Nachschärfung der Musterfeststellungs- in unserem Änderungsantrag konkrete Vorschläge, wie klage. auch der alltägliche Austausch zwischen Verbrauchern Eine weitere Möglichkeit wäre die Stärkung kosten- und Legal-Tech-Betreibern digitalisiert werden könnte, loser Schlichtungsstellen wie der Schlichtungsstelle für sodass der Traum einer möglichst unkomplizierten den öffentlichen Personenverkehr e. V. (söp), des Versi- Rechtsdurchsetzung wirklich bald Zukunft werden kann. cherungsombudsmanns e. V. oder der Universalschlich- Zum Schluss möchte ich betonen, dass dieses Thema tungsstelle des Bundes. All das würde den Verbraucher- meine Arbeit in dieser Legislaturperiode sehr geprägt hat. innen und Verbrauchern den Zugang zum Recht Leider hat die Bundesregierung es nicht vermocht, dieses erleichtern, im Gegensatz zu dieser Vorlage. wichtige Thema bereits in einer der letzten Sitzungswo- Ihr Gesetzentwurf soll der Legal-Tech-Branche eine chen zum Abschluss zu bringen. Daher beraten wir nun hohe Gewinnmarge garantieren, vor allem den Inkasso- erst in der vorletzten Sitzungswoche dieser Wahlperiode, unternehmen. Dort herrscht aller Wahrscheinlichkeit und fast alle Reden werden lediglich zu Protokoll gege- nach ohnehin Feierstimmung, aufgrund der angestauten ben. Dieser Umstand ist, wie ich finde, sehr schade; denn Forderungen, die gegenüber den Verbraucherinnen und das Thema hätte mehr verdient. Verbrauchern aufgelaufen sind. Jetzt machen Sie ihnen Der Austausch mit der Branche und die tiefgehende das Geschäft noch einmal leichter. Wir lehnen das ab. Beschäftigung mit diesem Thema haben mir gezeigt, dass auch bereits vor Corona großer und dringender Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Seit dem Änderungsbedarf in unserem System der Rechtsdurchset- BGH-Urteil zu Legal-Tech-Angeboten im Mietrecht ist zung bestand. Sollten die Veränderungen nicht nur durch klar, dass Inkassounternehmen mehr dürfen, als nur einige wenige Pioniere, sondern durch eine breite Pha- unstrittige Forderungen einzuziehen. Es gibt nunmehr 30196 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) zahlreiche Rechtsdienstleistungen, die sowohl von der Trotz der genannten Mängel ist der Gesetzentwurf für (C) Anwaltschaft als auch von Inkassounternehmen erbracht uns vor allem durch Ihren Änderungsantrag gerade noch werden. Dabei sind die einen durch das Berufsrecht stren- zustimmungsfähig geworden. gen Pflichten unterworfen, während die anderen weder einer Verschwiegenheitspflicht noch einem Verbot wider- streitender Interessen unterliegen und sowohl Prozessfi- Anlage 26 nanzierung als auch Erfolgshonorare anbieten können. Es ist daher richtig, dass mit dem vorliegenden Gesetzent- Zu Protokoll gegebene Reden wurf einerseits die Informationspflichten der Inkassoun- ternehmen verschärft werden und andererseits das zur Beratung des von der Bundesregierung einge- anwaltliche Berufsrecht in Maßen liberalisiert wird. brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortentwick- Der Regierungsentwurf ging hier allerdings deutlich zu lung der Strafprozessordnung und zur Änderung weit. Freiberufliche Anwältinnen und Anwälte sind keine weiterer Vorschriften Kreditinstitute, die Prozesskosten vorfinanzieren sollen. (Zusatzpunkt 24) Es ist deshalb richtig, dass diese Öffnung wieder aus dem Gesetzentwurf gestrichen wurde. Bei den Erfolgshonoraren bis zum Streitwert von Axel Müller (CDU/CSU): Wir wollen heute in zweiter 2 000 Euro lohnt sich hingegen der Versuch; denn ein und dritter Lesung einige Änderungen in der Strafpro- Verbot braucht gute Gründe, und diese sind hier nicht zessordnung und dem Gerichtsverfassungsgesetz sowie wirklich tragfähig. Wie viel Bedarf es für diese Erfolgs- in weiteren Sicherheitsgesetzen verabschieden, die not- honorare gibt und wie sie den Markt beeinflussen, muss wendig geworden sind, weil auch der Strafprozess, wie dann gründlich beobachtet werden. alles, einem gewissen Wandel unterliegt. Dass Bagatellfälle wegen eines rationalen Desinteres- Der Oppositionsantrag von Bündnis 90/Die Grünen ses grundsätzlich nicht mehr als Einzelfälle bearbeitet beklagt, dass es sich mehr oder minder nur um Stückwerk werden könnten, teile ich ausdrücklich nicht. Fakt ist, handle und ein großer Wurf ausgeblieben sei. Liebe Kol- dass die Eingangszahlen an den Amtsgerichten zurück- leginnen und Kollegen der Grünen, den großen Wurf gehen und Menschen bereit sind, auf einen Teil ihrer haben wir in dieser Legislaturperiode doch mit dem Ge- Forderung schlicht zu verzichten, wenn sie dafür kein setz zur Modernisierung des Strafverfahrens bereits im Kostenrisiko tragen. Trotzdem brauchen wir dringend Bereich des Strafprozesses schon gemacht. Angefangen eine sogenannte Legal-Need-Studie, um faktenbasiert mit der Änderung der Vorschriften zur Befangenheit von (B) zu ermitteln, wo die Hürden liegen beim Zugang zu den Richtern und Richterinnen, die in der Praxis oftmals zur (D) Amtsgerichten. Prozessverschleppung missbraucht wurden, über eine Ich begrüße, dass die Erfolgshonorare für die Bereiche umfangreiche Verbesserung der Opferrechte bis hin zu Familienrecht, Strafrecht und Sozialrecht durch den einer praxistauglicheren Unterbrechungsmöglichkeit in Änderungsantrag begrenzt worden sind. Bei höchstper- langwierigen und umfangreichen Strafverfahren und sönlichen oder unpfändbaren Forderungen darf keine einer sachgerechten Änderung des Beweisantragsrechtes, Belastung durch ein Erfolgshonorar erfolgen. haben wir bereits 2019 ein ganzes Paket an Reformen verabschiedet, für das uns die Praxis allgemein gelobt Leider sind die weiteren Mängel, die in der Anhörung hat. Jetzt ging es also nur noch darum, einzelne Anpas- angesprochen wurden, nicht ausgeräumt worden: sungen, die sich aus dem weiteren Praxisalltag ergeben Sinnvoll wäre es gewesen, die Aufsicht der Inkasso- haben, nachzuschieben. unternehmen weiter zu verschärfen und zu zentralisieren. Diese Aufgabe bleibt also auf der Tagesordnung. Die Praxistauglichkeit ist für mich hier der Maßstab, nach dem sich der Wert eines Gesetzes bemisst. Gesetze Leider haben Sie auch das Verbot widerstreitender sollen das Zusammenleben der Menschen regeln und, Interessen für Inkassomandate nicht aufgenommen, ob- soweit sie staatliches Handeln beinhalten, einen klaren wohl das für die Rechtssuchenden genauso wichtig wäre Rechtsrahmen vorgeben, innerhalb dessen sich der Staat wie bei anwaltlicher Beratung. Immerhin müssen die im Verhältnis zu seinen Bürgern – im konkreten Fall die Inkassounternehmen künftig darauf hinweisen, dass es Strafjustiz gegenüber den Verfahrensbeteiligten – zu anderweitige Durchsetzungswege gibt, bei denen die For- bewegen hat. Die Strafprozessordnung ist ein Handlungs- derung im Erfolgsfall ungeschmälert bleibt und die Kos- instrument für das Strafverfahren, dessen geordneter ten in voller Höhe erstattet werden. Ablauf im Interesse aller Beteiligten gewährleistet wer- Auch einen Hinweis auf die gesetzliche Möglichkeit den muss. Sie ist keine Plattform zum Austausch akade- der Beratungshilfe wäre hilfreich gewesen, damit bedürf- mischer Streitigkeiten, mit denen man dann die Ermitt- tige Rechtssuchende nicht dem Irrtum unterliegen, sie lungsbehörden oder Gerichte – sprich: die Praxis vor könnten sich keine anwaltliche Beratung leisten. Das Ort – belastet und die Verfahren erheblich erschwert System von Prozesskostenhilfe bzw. Beratungshilfe und oder gar undurchführbar macht, sodass die Erfüllung Kostenerstattungsanspruch ist ein Erfolgsmodell, das der staatlichen Aufgabe, strafrechtliches Unrecht zu ahn- sich im weltweiten Vergleich beim Zugang zum Recht den, leidet. Und genau dem werden wir auch mit den sehr bewährt hat. Daran darf sich auch durch die Libera- vorgenommenen Nachjustierungen gerecht, und der lisierung im Bereich des anwaltlichen Berufsrechts nichts Oppositionsantrag von Bündnis 90/die Grünen erfüllt ändern. diese Anforderung eben gerade nicht. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30197

(A) Ein paar Beispiele: Wir passen die Verwendung und keine VPs mehr geben wird; denn es ist ja gerade das (C) Weitergabe von Standortdaten nach § 100g StPO an Wesen dieser Leute, dass sie, aus welchen Gründen Richtlinie 2016/680 und die Verordnung 2016/679 der auch immer, der Polizei Tipps geben, aber damit nicht EU an und schaffen damit eine vorzunehmende Harmo- aus der Deckung kommen wollen. Wenn Sie nun vor- nisierung mit EU-Recht. Oder: Wir ermöglichen den Zu- schreiben wollen, dass eine VP keine Vorstrafe aufweisen griff der Ermittlungsbehörden auf Datenmaterial, das darf, die eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung beinhalte- ansonsten durch eine Verschlüsselung unzugänglich te, dann ist das doch bei Leuten, die Teil der kriminellen wäre, sodass ein bestimmter Täterkreis sich damit der Szene sind und sich darin wie der Fisch im Wasser bewe- Strafverfolgung erfolgreich entziehen könnte, indem wir gen und deren Wissen gerade deshalb von Bedeutung ist, eine Durchsuchung zur Nachtzeit, die wir gesetzlich im oftmals der Fall. Das ist Teil des Vertrauensbonus, den sie erweiterten § 104 StPO zudem definieren, zulassen. Die in diesen Kreisen genießen. Die Zusatzforderung, VPs Ermittlungsbehörden können damit gerade dann zuschla- dürften nur bei Straftaten von erheblichem Gewicht hin- gen, wenn die Nutzer von Kinderpornos an ihren Rech- zugezogen werden, ist überflüssig; denn sie können nern sitzen, die sie tagsüber gut schützen. Den Kriminel- sicher sein, dass der Aufwand eines VP-Einsatzes, der len in flagranti zu ertappen, muss das Ziel sein, um ihm in der Praxis unter Einsatz eines Führungsbeamten und keine Schlupflöcher mehr zu lassen. Diesem Ziel kom- unter Hinzuziehung der Staatsanwaltschaft erfolgt, nicht men wir damit einen guten Schritt näher. der Regel-, sondern der Ausnahmefall ist und somit nur bei erheblichen Straftaten erfolgt. Das erledigt schon die Gemessen an diesem Anspruch, ist es für mich nicht normative Kraft des Faktischen, womit ich die befriedigend, dass wir das Bundesjustizministerium und beschränkten personellen Kapazitäten meine. unseren Koalitionspartner nicht davon überzeugen konn- ten, die automatische Kennzeichenerfassung in § 163g Als Zweites machen die Antragsteller einen juristi- StPO nicht nur zu Fahndungszwecken, sondern auch zu schen Fehler, wenn sie fordern, dass eine VP nur eine Ermittlungen bei grenzüberschreitender organisierter Wohnung eines Tatverdächtigen betreten darf, wenn ihr Kriminalität einzuführen. dies richterlich gestattet ist. Das wäre nur dann richtig, Den Schutz der Zeugen haben wir, was die Geheim- wenn das Betreten gegen den ausdrücklichen oder mut- haltung ihrer Daten anbelangt, um sie vor Repressalien zu maßlichen Willen des Wohnungsinhabers geschehen schützen, verbessert. Das sind wir den Menschen schul- würde. Das ist doch gerade nicht der Fall; denn Letzterer dig, die dem Staat bei der Aufklärung von Straftaten erlaubt ja gerade den Zutritt. Es liegt also gar kein Fall behilflich sind. vor, der mit dem Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung nach Artikel 13 GG kollidieren könnte. Bei der Vermögensabschöpfung gehen wir den einge- (B) schlagenen Weg, dass sich Straftaten nicht lohnen dürfen, Und zu guter Letzt wollen sie dann noch ein gesetzli- (D) konsequent fort, erleichtern die Sicherstellung von Bar- ches Beweisverwertungsverbot einführen, wenn die geld in § 111b StPO und verlängern die Möglichkeit zur genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind, oder zu- Vollstreckung in scheinbar legales Vermögen des Verur- mindest dem Gericht die Möglichkeit einräumen, in Fäl- teilten, um ihn schmerzhaft am Geldbeutel zu packen, len einer Tatprovokation in zulässigem Umfang durch die wenn er auf anderer Ebene finanzielle Vorteile aus Straf- VP die Strafe zu mildern oder von einer Strafe ganz abzu- taten gezogen hat, die vielleicht schon nicht mehr da sind, sehen. Sie sagen aber nicht, was sie unter einer „zulässi- weil sie verschoben oder verbraucht wurden. gen“ Tatprovokation verstehen. Ich sage, das brauchen In diesem Kontext steht auch die Erweiterung der Tele- Sie auch nicht; denn die Obergerichte haben diesen Maß- fonüberwachung nach § 100a StPO bei umfangreichen stab bereits selbst definiert, ebenso wie die Rechtspre- Steuerdelikten nach den Erfahrungen aus dem Cum/Ex- chung entschieden hat, dass in Fällen unzulässiger Tat- Skandal, insbesondere was auch Steuerarten anbelangt, provokation am Ende sogar eine Verfahrenseinstellung die bisher nicht oder nur eingeschränkt erfasst waren. durch Urteil erfolgen kann, weil der staatliche Strafan- spruch sich hier erledigt hat. Aber auch bei einer zulässi- Und wir haben auch für mehr Waffengleichheit gen Tatprovokation braucht die Strafgerichtsbarkeit Ihre gesorgt, indem wir die Revisionsbegründungsfrist für besserwisserischen Vorgaben nicht, denn gerade die die Verteidigung mit Blick auf die zugunsten des Gerichts Strafzumessung ist die ureigenste Aufgabe der Tatgerich- verlängerte Urteilsabfassungsfrist verlängert haben. te, in die sich sogar die Revisionsgerichte nur bei offen- Alles in allem also eine runde Sache, anders als die sichtlichen Fehlern einmischen. Anders als Sie von den Oppositionsanträge, die zum Teil für erhebliche Unwucht Grünen trauen diese nämlich der Fachexpertise ihrer Vor- sorgen würden, wenn man ihnen folgen würde. Ich will instanzen. mich bei meiner Kritik auf drei maßgebliche Änderungs- vorschläge beschränken: Dr. Johannes Fechner (SPD): Mit dem Fortentwick- Wieder einmal versuchen Sie, den Einsatz von Ver- lungsgesetz der Strafprozessordnung regeln wir zahlrei- trauenspersonen mit engmaschigen gesetzlichen Vorga- che Verbesserungen für die Rechtsanwälte einerseits, ben zu beschränken. Sie wollen die sogenannten VPs, aber auch für die Strafverfolgungsbehörden und für die die ja in aller Regel Angehörige der kriminellen Szene Beschuldigten. Zugegeben, wir haben schon grund- sind oder zumindest engen Kontakt zu ihr haben, damit legendere Reformen der Strafprozessordnung beschlos- den Verdeckten Ermittlern, den VEs, die Polizeibeamte sen, aber dieses Gesetz, über das wir heute debattieren, sind, immer mehr angleichen und institutionalisieren. enthält viele wichtige Verbesserungen, liebe Kolleginnen Das Einzige, was Sie damit erreichen, ist, dass es künftig und Kollegen. 30198 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Dazu gehört, dass zukünftig Kameraaufnahmen für Alles in allem sind es also wichtige Regelungen zur (C) Fahndungszwecke genutzt werden dürfen. Konkret kön- Fortentwicklung der Strafprozessordnung. Stimmen wir nen sogenannte automatisierte Kennzeichenlesesysteme, diesem guten Gesetz deshalb zu. die im öffentlichen Verkehrsraum stehen, zu Fahndungs- zwecken genutzt werden. Wenn also etwa ein Banküber- fall passiert, können die Aufzeichnungen der Überwa- Dr. Jürgen Martens (FDP): Wir befassen uns heute chungskamera genutzt werden, um nach dem Täter zu mit einem umfangreichen Gesetzentwurf, dessen Rege- fahnden. Ausdrücklich nicht ins Gesetz hineingeschrie- lungen zahlreiche Neuformulierungen und Anpassungen ben haben wir eine Erweiterung, nämlich dass die Auf- des Strafverfahrensrechts enthalten, die wohl erhebliche nahmen dieser Kameras auch zu Ermittlungszwecken Auswirkungen auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbe- genutzt werden, denn das wäre mit anlasslosen Speiche- hörden wie auch auf Verteidiger und andere Verfahrens- rungen der Daten verbunden gewesen, und bevor wir das beteiligte – kurzum: auf die Rechtswirklichkeit – haben. machen, haben wir gesagt, warten wir erst einmal ab, wie der Europäische Gerichtshof und vor allem das Bundes- Die Klarstellung etwa, wonach die Nachtzeit den Zeit- verfassungsgericht die Regelungen des deutschen raum von 21 bis 6 Uhr umfasst, ist überfällig. Hier folgten Höchstspeicherfristengesetzes beurteilt. Denn es macht die alten Regelungen noch den Vorstellungen vom Tages- keinen Sinn, jetzt anlasslose Datenspeicherungen zu re- ablauf einer agrarisch geprägten Gesellschaft Mitte des geln, wenn eine solche Regelung sich möglicherweise 19. Jahrhunderts. schon in wenigen Monaten als unzulässig erweist oder aber das Verfassungsgericht oder der EuGH bestimmte Die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Online- Vorgaben macht, die wir dann nachbearbeiten müssen. durchsuchung ist dagegen nicht uneingeschränkt positiv Deswegen will ich also ausdrücklich festhalten, dass die- zu bewerten. Die Aufklärung und Verfolgung der zusätz- se Regelung nur zu Fahndungszwecken dienen soll. lich in den Katalog aufgenommenen Straftaten ist fraglos von erheblicher Bedeutung. Allerdings ist damit auch das Eine weitere wichtige Erweiterung zur Bekämpfung Vordringen des grundsätzlich umstrittenen Instruments von Onlinestraftaten ist es, dass bei einer Beschlagnahme der Onlinedurchsuchung in weitere Deliktsbereiche und der Beschuldigte nicht sofort über die Beschlagnahme damit seine häufigere Anwendung verbunden. Dieses informiert wird. Denn dadurch hatten gerade bei Online- Verfolgungsinstrument bringt den Rechtsstaat selbst in ermittlungen die Polizeibehörden oft den Nachteil, dass eine Grauzone rechtlicher Art, da er hier Instrumente der Beschuldigte dann Bescheid wusste und sich darauf gebrauchen muss, deren Entstehung er selbst zu verhin- einstellen konnte. Deshalb diese sinnvolle Regelung, dass dern hätte, wenn er seiner Verpflichtung nachkommt, die die Benachrichtigung des Beschuldigten bei einer Integrität von datenverarbeitenden Systemen zu schüt- (B) Beschlagnahme zurückgestellt werden kann. Dies dient zen. (D) dazu, eine effektive Strafverfolgung auch in Zeiten des vermehrten Onlineversandhandels zu gewährleiten. Es gibt zudem auch Regelungen, die noch nicht die notwendigen Änderungen beinhalten, die mit Blick auf Darüber hinaus stärken wir das Recht der Vermögens- die im Laufe der Jahre geänderten Verhältnisse in Straf- abschöpfung, damit Maßnahmen der strafrechtlichen verfahren notwendig geworden sind. Zu nennen ist hier Vermögensabschöpfung noch effektiver und weniger ver- die Regelung des § 345 StPO zur Dauer der Revisions- fahrensintensiv angeordnet und vollstreckt werden kön- begründungsfrist, die sich jetzt bis auf drei Monate ver- nen. Das ist ein wichtiges Mittel im Kampf gegen Geld- längert. Aber selbst dies kann immer noch unzureichend wäsche und Organisierte Kriminalität. sein, wenn man an den Umfang des Urteils des OLG München im sogenannten NSU-Verfahren von Wir stärken auch die Verteidigerrechte. Auf Hinweis fast 3 000 Seiten denkt. Zugegeben, dies ist ein Extrem- des Deutschen Anwaltvereins – an dieser Stelle herzli- fall. Aber: Die Frist von einem Monat zur Revisionsbe- chen Dank für die guten Gespräche – werden wir die gründung war hier offensichtlich untunlich kurz – aber Revisionsbegründungsfrist verlängern, damit es Strafver- selbst drei Monate können hier schon Probleme bereiten. teidigern einfacher ist und sie genügend Zeit haben, eine Im Sinne prozessualer Waffengleichheit sollte diese Frist effektive Strafverteidigung im Revisionsverfahren vor- in Abhängigkeit von der Frist zur Urteilsabsetzung noch zubereiten. Wir stärken die Anwesenheitsrechte des Ver- weiter verlängerbar sein. teidigers bei Beschuldigtenvernehmungen. Auch das ist ein wichtiger Fortschritt für die Strafverteidigertätigkeit. Mindestens an einer Stelle geht das Gesetz aber auch einen falschen Weg, wenn es das Gesetz über Gerichts- Auch im Opferschutz setzen wir unsere Bemühungen dolmetscher aufhebt, ohne Übergangsregelungen für die fort: Zur Stärkung der Rechte der Opfer von Straftaten Rechtsverhältnisse der bereits seit langer Zeit tätigen schaffen wir neue Regelungen zum Schutz der Zeugen- Dolmetscher vorzusehen. Dies bedeutet für die Betroffe- adressen in der Strafprozessordnung und eine einheitliche nen einen erheblichen Aufwand, die schon länger ausge- Definition des Verletzten in der StPO. Daneben soll die übte Berufstätigkeit weiter zu verfolgen. Dieser Aufwand sexuelle Selbstbestimmung als eigenes Schutzgut in das ist unnötig – trotz entsprechender Bemühungen zahlrei- Gewaltschutzgesetz aufgenommen und so der Zugang cher Betroffener haben Bundesregierung und Koalition des Opfers zu familiengerichtlichen Maßnahmen nach hier keine Änderungen vornehmen wollen. dem Gewaltschutzgesetz erweitert werden. Das sind wichtige Maßnahmen zum Schutz von Opfern sexueller Wir werden dem Gesetz daher in der jetzigen Form Gewalt. nicht zustimmen und uns enthalten. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30199

(A) Friedrich Straetmanns (DIE LINKE): Es war abzu- hat, ist erneut nur Stückwerk. Statt notwendige Regelun- (C) sehen, dass die Bundesregierung zum Ende der Wahl- gen zu treffen, werden vor allem die Befugnisse der Straf- periode noch einmal wild durch das Straf- und das Straf- verfolgungsbehörden erweitert, obwohl diejenigen aus prozessrecht pflügt, und ebenso war absehbar, dass es fast dem Gesetz zur Modernisierung der Strafprozessordnung ausnahmslos zu Verschärfungen kommt. von 2019 und aus dem Gesetz zur effektiveren und pra- Ich will der Fairness zuliebe aber kurz auf die Aus- xistauglichen Ausgestaltung der StPO von 2017 noch nahmen eingehen: Die Regierung nimmt eine Legaldefi- nicht einmal im Sinne einer evidenzbasierten Kriminal- nition des Verletztenbegriffs in die Strafprozessordnung politik evaluiert sind. Kein Mensch weiß, ob diese Geset- auf und erweitert das Gewaltschutzgesetz um das Schutz- ze bewirken, was sie bewirken sollen, und ob sie das gut der sexuellen Selbstbestimmung. Das begrüße ich überhaupt können. Der Deutsche Anwaltverein und der ausdrücklich. Bundesdatenschutzbeauftragte fordern deshalb zu Recht ein Moratorium für die Sicherheitsgesetzgebung. Nun genug des Lobes! Mit immer höherer Schlagzahl hantieren Sie im Strafrecht, und Sie erweitern und ent- Was bei dem vorliegenden Gesetzentwurf besonders grenzen es. Was Sie nicht tun, ist, ihre ganzen „Modern- auffällt, ist, was nicht darin steht, nämlich diejenigen isierungen“ und „Fortentwicklungen“ auch einmal in Reformen, die unbedingt nötig sind: Bezug auf ihre Effekte auf die Strafrechtspflege zu eva- Da wäre erstens etwas, was ganz einfach zu regeln, seit luieren. Strafrecht ist Ultima Ratio, das letzte Mittel staat- langem überfällig und von der SPD erst kürzlich groß lichen Handelns, und das sollte eigentlich zu einem sorg- angekündigt worden ist, nämlich ein Zeugnisverweige- samen Umgang damit verpflichten. Sie aber nutzen es, rungsrecht auch für Mitarbeitende in Opfer-Beratungs- um der Bevölkerung – und ich vermute, auch sich selbst – stellen. Handlungsfähigkeit vorzutäuschen. Das ist inakzeptabel. Zweitens: die Regelung des Einsatzes von Vertrauens- Besonders schwer wiegt für mich vorliegend die auto- personen. Die Bundesrepublik ist deswegen schon vom matische Kennzeichenerfassung im öffentlichen Raum. Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt Die anlasslose Überwachung der Bevölkerung ist mit worden. Trotzdem haben Bundesregierung und Koalition den Grundsätzen unseres Rechtsstaats nicht vereinbar, hier noch immer keinen Regelungsvorschlag vorgelegt. unabhängig davon, was auf den Wunschzetteln der Straf- verfolgungsbehörden steht. Das ergibt sich allein aus der Und drittens: Transparenz und Begrenzung des exter- Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. nen ministeriellen Weisungsrechts gegenüber den Staats- anwaltschaften. Die Anforderungen des EuGH zur Unab- Was mich weiterhin ärgert, ist das, was Sie nicht re- hängigkeit der Staatsanwaltschaft bleiben unbearbeitet geln, aber dringend hätten regeln sollen. Zuallererst steht liegen, weil sich Regierung und Koalition nicht einigen (B) hier die Problematik der Tatprovokation durch V-Leute (D) können. und verdeckte Ermittler. Erst vor kurzem ist die Bundes- republik hierfür wieder einmal vom Europäischen Unter anderem für diese drei Punkte haben wir in un- Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt worden, weil serem Änderungsantrag eine Lösung vorgeschlagen. es gegen das Fairnessgebot verstößt. Der Handlungsbe- darf wäre hier sehr wohl gegeben; geregelt haben Sie, Abschließend ein Wort zu den Gerichtsdolmetscherin- Frau Lambrecht, nichts. Die nächste Verurteilung wird nen und Gerichtsdolmetschern. Deren Leistung und Qua- unweigerlich folgen. lität ist ein zentrales Element effektiver Strafverfolgung und hoch anzuerkennen. Auch ich habe mit Sorge die Meine Fraktion und ich fordern schon seit langem ein vielen Zuschriften der Gerichtsdolmetscher gelesen. Die Moratorium für Verschärfungen im Strafrecht und bei Vereinheitlichung des Rechts auf Bundesebene ist jedoch den Sicherheitsgesetzen, und das sehen mittlerweile nicht erforderlich, um ein einheitliches Zulassungsverfahren zu nur wir so. In der nächsten Wahlperiode sollte ein solches gewährleisten. Die Übergangsfrist für nach Landesrecht Moratorium spätestens kommen, um eine Auswertung beeidigte Dolmetscher gilt bis zum 12. Dezember 2024. der zahlreichen Reformen der vergangenen Jahre durch- Eine neue Vereidigung ist jedoch ohne Weiteres nach § 3 zuführen und das Strafrecht dahingehend umzugestalten, GDolmG möglich, sofern die Voraussetzungen nach § 3 dass es seiner Aufgabe als letztes Mittel staatlichen Han- Abs. 2, § 4 GDolmG vorliegen: abgelegte Dolmetscher- delns auch wieder gerecht werden kann. prüfung, alternativer Befähigungsnachweis. Im An- Für Sie ein theoretisches Problem, für die Praxis aber schluss kann diese einmalige Beeidigung jeweils für bedeutsam: Sorgen Sie durch Übergangsvorschriften fünf Jahre verlängert werden. Insoweit muss sich kein dafür, dass die bisher bei Gericht und Behörden bewähr- Dolmetscher einer erneuten Prüfung unterziehen. Das ten Dolmetscherinnen und Übersetzerinnen weiter be- haben nicht alle Fraktionen verstanden. schäftigt werden können. Diesen Bestandschutz zu Schlecht ist allerdings, dass ein erst 2019 novelliertes garantieren, ist ein Bedürfnis der Praxis; das sage ich Gesetz erneut geändert wird. Auch hier zeigt sich, dass Ihnen aufgrund meiner langjährigen Erfahrung als Rich- die Gesetzgebung mehr Qualität, Weitsicht und vor allem ter am Sozialgericht. eine ruhige Hand braucht. Deshalb: Pause bei der Straf- verfahrensgesetzgebung und vor allem kein Missbrauch Canan Bayram (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die dieser Gesetzgebung zu Wahlkampfzwecken, wie uns das Bundesregierung hat sich wieder mal auf die Fahnen ge- mit dem weiteren Koalitionsentwurf zum Thema Wieder- schrieben, eine Reform der Strafprozessordnung auf den aufnahme heute, in der vorletzten Sitzungswoche, noch Weg zu bringen. Was sie uns hier zur Beratung vorgelegt zugemutet wird. 30200 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Anlage 27 nikotinabhängige Raucher bieten. Zudem sei mit dem (C) Konsum der alternativen Produkte kein Einstieg bei den Zu Protokoll gegebene Reden Jugendlichen in das Rauchen verbunden. zur Beratung Weitaus weniger gesundheitsschädlich bedeutet aber – zur Beratung des von der Bundesregierung ein- freilich nicht gesund. Daher ist es ebenso folgerichtig, gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Moder- für diese Produkte eine Verbrauchsbesteuerung einzufüh- nisierung des Tabaksteuerrechts (Tabaksteuer- ren, nur eben muss sich die Höhe der Besteuerung am modernisierungsgesetz – TabStMoG) Potenzial der gesundheitsschädigenden Wirkung des Pro- – der Beschlussempfehlung und des Berichts des dukts abbilden lassen. Es ist richtig und wichtig, dass wir Finanzausschusses zu dem Antrag der Abge- in den Beratungen diesen Aspekt fokussiert haben und im ordneten Till Mansmann, Christian Dürr, Ergebnis die Besteuerungshöhe bei den Heat-not-burn- Dr. Florian Toncar, weiterer Abgeordneter Produkten und bei den E-Zigaretten im Vergleich zum und der Fraktion der FDP: Dampfprodukte Regierungsentwurf abgemildert haben. Rauchentwöh- fair besteuern nung und Ausstieg aus der Nikotinsucht sind wichtige Argumente, die wir berücksichtigt haben. (Tagesordnungspunkt 36 a und b) Auch die Abwanderung in schwarze oder zumindest Sebastian Brehm (CDU/CSU): Seit Einführung des graue Märkte galt es zu verhindern, wir wollen den Tabaksteuermodells im Jahr 2011 erfolgte trotz einer Schmuggel nicht beleben, und wir wollen keine Liquids deutlichen Veränderung des Tabakwarenmarktes keine für E-Zigaretten auf den Markt bekommen, von denen inhaltliche Anpassung des Tabaksteuergesetzes. Mittler- man nicht weiß, in welcher Hinterhofküche sie produziert weile haben sich neben den konventionellen Tabakwaren worden sind. Auch dass wir Liquids jetzt wie in allen auch sogenannte Heat-not-burn-Produkte, also erhitzter anderen europäischen Ländern, die darauf Steuern erhe- Tabak, und E-Zigaretten auf dem deutschen Markt etab- ben, auf Volumenbasis besteuern, ist eine richtige und liert. Die Bedeutung dieser neuartigen Produkte nimmt notwendige Änderung des Regierungsentwurfs. kontinuierlich zu, sie steht auch in der Medizin und in der Wissenschaft im Fokus. Dies wurde deutlich in den Insbesondere bei Jugendlichen erfreut sich das Shisha- beiden Anhörungen im Finanzausschuss im Herbst letz- Rauchen einer größer werdenden Beliebtheit. Versetzt ten Jahres und in diesem Jahr. mit stylischen Flavours klingt der Konsum von Wasser- pfeifentabak fast wie pure Lebensfreude; er entspricht Erhitzter Tabak wird derzeit unter Anwendung des aber einer Belastung von bis zu zehn Tabakzigaretten (B) Steuertarifs für Pfeifentabak als Rauchtabak besteuert. und ist nichts anderes als ein ganz klarer Einstieg in die (D) Nikotinhaltige Substanzen zur Verwendung in E-Zigaret- Nikotinabhängigkeit. Ich bin sehr froh, dass wir auch ten unterlagen derzeit gar nicht der Tabaksteuer. Es gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen aus der bestand hier gesetzgeberischer Handlungsbedarf, wenn- Gesundheitspolitik und mit unserer unglaublich enga- gleich es nach meiner Überzeugung auch nicht schädlich gierten Drogenbeauftragten Daniela Ludwig an dieser gewesen wäre, den Prozess der Novellierung der EU- Stelle mit der höheren Besteuerung von Wasserpfeifenta- Tabaksteuerrichtlinie abzuwarten; damit wäre bis Jahres- bak ein deutliches Zeichen setzen. ende zu rechnen gewesen. Bei der Tabaksteuer geht es um das fiskalpolitische Wie ich eingangs bereits sagte, geht es beim Tabak- Ziel, die Generierung von Steuereinnahmen aus der steuermodernisierungsgesetz auch um die gesundheits- Tabaksteuer, um ein gesundheitspolitisches Ziel, nämlich politische Lenkungswirkung. Und wenn wir ausnahms- möglichst viele Menschen vom Rauchen abzuhalten – weise von dem Grundsatz „keine Steuererhöhungen“ eine klare Lenkungswirkung – sowie die Verhinderung abweichen, dann gilt dies nur dem ausschließlichen eines Ausweichens der Konsumenten insbesondere auf Zweck der Prävention und des Gesundheitsschutzes. den Schwarzmarkt. Deshalb wollen wir die Präventionsmittel bei der Dro- genbeauftragten Daniela Ludwig für die Rauchentwöh- Der erste Referentenentwurf und der Regierungsent- nung um 500 Millionen Euro erhöhen. Das ist als Ver- wurf des Tabaksteuermodernisierungsgesetzes hatten stärkung dafür vorgesehen, dass die Raucherquote in den Anspruch auf Lenkungswirkung allerdings vermis- Deutschland sinkt, der Einstieg in den Tabak- und Rauch- sen lassen. Zudem wurden die Präventionsmittel im konsum, insbesondere bei Jugendlichen, verhindert und Haushalt vom Finanzminister für das kommende Jahr das Ziel des europäischen Krebsplans – „Europas Plan gekürzt. Schon im September 2020 hatten die Experten gegen den Krebs“: eine nahezu rauchfreie EU im Jahre aus der Suchtforschung, der Medizin und der Wissen- 2040 – unterstützt wird. So haben wir es mit einer Proto- schaft einen Aspekt diskutiert: Beim Rauchen ist in erster kollerklärung im Ausschuss festgehalten, und so wird es Linie der Verbrennungsvorgang für die Konsumenten für Tabakprävention auch im Haushalt eingestellt wer- schädlich und erheblich krebserregend. In der Anhörung den. zu diesem Gesetz wurde das noch einmal unterstrichen. Daher ist die jetzt im Gesetz vorgenommene Erhöhung Lassen Sie mich an dieser Stelle Dank sagen für die der Besteuerung klassischer Zigaretten auch folgerichtig. manchmal nicht einfache, aber im Ergebnis doch sehr In der Anhörung wurde vorgetragen, dass E-Zigaretten vernünftige Diskussion an den unterschiedlichsten Stel- und Tabakerhitzer weitaus weniger gesundheitsschädlich len und auf den unterschiedlichsten Ebenen. Heute kön- sind und diese eine Ausstiegsmöglichkeit für langjährig nen wir dem Gesetz unsere Zustimmung geben. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30201

(A) Olav Gutting (CDU/CSU): Mit den heutigen Lesun- Das Versprechen, dass die Drogenbeauftragte der Bun- (C) gen beenden wir einen langen und intensiven, um nicht zu desregierung zusätzliche 500 Millionen Euro für die Prä- sagen, sehr strapazierenden Gesetzgebungsvorgang zur vention erhalten soll, muss seitens der Regierung einge- Modernisierung des Tabaksteuerrechts in Deutschland. halten und vom Parlament überprüft werden. Er war geprägt durch unzählige Berichterstattergesprä- Das Gesetz ist mit seiner steuerlichen Lenkungswir- che, zwei öffentliche Anhörungen, mehrere Ausschuss- kung sicherlich ein Instrument, um die Raucherquote in befassungen und zu guter Letzt, damit wir das Verfahren Deutschland zu senken und den Einstieg in den Tabak- heute abschließen können, einer Unterbrechung der Sit- und Rauchkonsum, insbesondere bei Jugendlichen, zu zung des Finanzausschusses gestern. verhindern, aber es braucht weitere geeignete Präven- Es dürfen hier einmal die Fragen gestattet sein, warum tionsmaßnahmen, um den Ausstieg aus dem Tabak- und dieser Gesetzentwurf überhaupt und dann noch so spät in Rauchkonsum zu forcieren und den Einstieg zu verhin- der Legislaturperiode eingebracht worden ist und ob sich dern. die aufwendige Beratung der letzten Wochen auch Abschließend möchte ich noch auf den für mich größ- gelohnt hat. Aus meiner Sicht bestand kein wie auch ten Wermutstropfen an diesem Gesetz hinweisen: Die immer gearteter Zwang, das Tabaksteuerreformgesetz oben angesprochenen Verbesserungen an diesem Gesetz noch in diesen Tagen zu verabschieden, zumal sich hat sich die Unionsfraktion teuer erkauft. Als Ausgleich auch die Europäische Kommission derzeit bemüht, einen für die Absenkung der Steuern bei E-Zigaretten und einheitlichen Rahmen für sogenannte neuartige Rauch- Tabakerhitzern mussten wir einer Erhöhung der Steuer- produkte wie Tabakerhitzer oder Verdampfer zu schaffen. erhöhung bei Zigaretten und Feinschnitttabak zustim- Als nationaler Gesetzgeber sind wir nun vorgeprescht, men. Mit der Zustimmung zu dem jetzigen Kompromiss ohne zu wissen, ob die Kommission diese Regelung nicht erfolgt eine deutliche Überkompensation der möglichen bald wieder einkassieren wird. Steuerausfälle bei den neuen Rauchprodukten durch die Erhöhung bei Zigaretten. Auf der anderen Seite verstehe ich die Regierung und auch die Tabakproduktehersteller, die auf eine zügige Gerade die kleinen und mittelständischen Hersteller Umsetzung des Tabaksteuermodells, möglichst ab dem von Zigaretten und Feinschnitt, die auf eine Fortschrei- 1. Januar 2022, gedrungen haben. Nachdem das Tabak- bung des Tabaksteuermodells gebaut haben, werden nun steuermodell mit regelmäßigen, aber kleinen Steuererhö- über alle Maßen belastet und werden nicht in der Lage hungen seit 2011 sehr gut funktioniert hat, ist vor allem sein, diese Erhöhungen an ihre Kunden weiterzugeben. für die Marktteilnehmer essenziell, hieran anzuknüpfen. Durch die stark ausgeprägte Preissensibilität werden mit- Vor dem Hintergrund der Änderung des Konsumverhal- telständische Produzenten leider besonders gebeutelt. (B) tens musste die Steuer auch an andere Tabakwaren ange- Aufgrund dieser Unwucht kann ich heute nur mit Bauch- (D) passt werden. Grundsätzlich war dazu der Gesetzentwurf schmerzen zustimmen. auch gut geeignet. Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): Wir diskutieren Prinzipiell ist der vorliegende Gesetzentwurf zu begrü- das Tabaksteuermodernisierungsgesetz – einmal mehr ßen. Mit ihm werden im Wesentlichen drei Ziele verfolgt: enthält das Wortungetüm schon alles, was in dem Gesetz ein fiskalpolitisches – die Generierung von Steuereinnah- drinsteckt: Es geht um Tabak, um Steuern und um die men aus der Tabaksteuer –, ein gesundheitspolitisches – Modernisierung der Tabaksteuern und um „moderne“ möglichst viele Menschen vom Rauchen abzuhalten – Produkte: „E-Zigarette“ und „Heat-not-burn“-Produkte. sowie die Verhinderung eines Ausweichens der Konsu- Was in der Gesetzesbezeichnung nicht enthalten ist und menten insbesondere auf den Schwarzmarkt. trotzdem drinsteckt, ist der Gesundheitsschutz. Denn Im Detail war jedoch der Einstiegssteuersatz für Pro- Tabak, verbrannt, tötet immer noch jedes Jahr allein bei dukte, die erstmalig der Tabaksteuer unterliegen, über- uns in Deutschland etwa 130 000 Menschen – aktiv und trieben hoch, und es wäre zu einer deutlichen Marktver- passiv. Und Tabak, angebaut, zerstört Urwälder – durch drängung gekommen. Und das, obwohl zum Beispiel Brandrodung – und die Gesundheit der Tabakbauern und E-Zigaretten bekannterweise auch das Rauchen von -bäuerinnen in den Ländern des Südens. Zigaretten substituiert und dabei, wie die Sachverständi- Wenn wir also Tabak teurer machen, weniger attraktiv, gen ausgeführt haben, weniger süchtig machend und ge- im Idealfall sogar taschengeldsensitiv, dann erreichen wir sundheitsschädlich sind. Deshalb bin ich sehr zufrieden, eine starke Lenkungswirkung vor allem für jüngere, dass wir uns in den Berichterstattergesprächen durchset- leichter zu beeinflussende Menschen. Unser Ziel ist es, zen konnten und den Einstiegssteuersatz für diese Pro- den Einstieg von Jugendlichen in die Sucht zu vermeiden. dukte reduzieren konnten. Damit kommen wir auch der zumeist mittelständischen Wirtschaft in diesem Bereich Das ist natürlich sehr gut und sehr klug, denn entgegen entgegen. einigen Behauptungen steht unter dem Strich der Kosten- Nutzen-Rechnung von Tabak und Steuern ein dickes Leider ist dies in dem von mir angestrebten Maße bei Minus: 14 Milliarden Euro hat der Staat durch die Tabak- den sogenannten Heat-not-burn-Produkten nicht gelun- steuer 2020 eingenommen; das gleicht nicht einmal gen, obwohl diese auch ein Zigarettensubstitut sind und 15 Prozent der volkswirtschaftlichen Schäden aus, die eine Möglichkeit zum Ausstieg aus der Sucht darstellen. durch Tabakrauchen und Berauchtwerden entstehen. In Hier ist das oben genannte Ziel, den Umstieg auf diese Worten: Gerade einmal 15 Prozent von 100 Milliarden Produkte sowie später die Rauchentwöhnung und den Euro werden als Steuern eingenommen – die restlichen Ausstieg zu ermöglichen, nicht erreicht worden. Milliarden teilen sich wenige Konzerne. 30202 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Entgegen vielen anderslautenden Behauptungen ist es Euro aus dem Steueraufkommen an die Krankenkassen (C) auch richtig, dass die Steuern auf die Liquids, auf Heat- überwiesen. Ob dies heute überhaupt noch stattfindet, not-burn-Produkte deutlich angehoben werden – ein Zei- war nicht zu ermitteln. chen, dass sie bisher viel zu gering besteuert wurden. Der Tabakindustrie und ihrer machtvollen Lobby geht es nicht Etwa seit den 1980er-Jahren sind die Anteile der Rau- darum, den Raucherinnen und Rauchern beim Ausstieg cher in der erwachsenen Bevölkerung leicht rückläufig. zu helfen; allein das ist schon Zynismus pur – waren und Männer rauchen mit 27 Prozent häufiger als Frauen, die sind es doch dieselben Konzerne, die mit ihren Produk- zu 20,8 Prozent rauchen. Auch bei den Jugendlichen ist ten, ihren Werbestrategien und ihrer Einflussnahme dafür ein deutlicher Rückgang in der Raucherquote zu be- verantwortlich zeichnen, dass es so vielen Menschen obachten. Von den 12- bis 17-Jährigen rauchten 2001 nicht gelingt, sich von ihrer Sucht zu lösen. noch 27,5 Prozent und 2017 nur 7,2 Prozent. Von den 18- bis 25-Jährigen rauchten 2001 44,5 Prozent und Nein, die Entwicklung neuer Produkte dient – und das 2018 nur 24,8 Prozent. ist recht einfache betriebswirtschaftliche Logik – der Gewinnung und „Bindung“ der nächsten Generation Jetzt soll die Tabaksteuer auch auf E-Zigaretten, Ver- von Kundinnen und Kunden. Deshalb blicken uns auf dampfer und Pfeifentabak erweitert werden. Es gibt in- den immer noch im öffentlichen Raum stehenden Werbe- zwischen 2 Millionen Raucher von E-Zigaretten mit tafeln keine langjährigen, von ihrer Sucht gezeichneten einem Umsatz von 500 Millionen Euro. Ist es sinnvoll, Raucherinnen und Raucher entgegen, sondern junge Er- auch hier die gleiche Tabaksteuer zu erheben? wachsene, hippe Vorbilder, denen man am besten schon in der Jugend nacheifern will. Diese Werbestrategie ist Viele Jugendliche steigen vermehrt von der konven- nicht neu, die Verknüpfung von Freiheit, Jugend, Lebens- tionellen Zigarette auf die neuen Produkte um. Das bri- freude mit glühenden Todesbringern hat lange Tradition – tische Gesundheitsministerium schätzt, dass E-Zigaret- genauso wie das jeweils neueste Produkt weniger schäd- ten- und Verdampfer-Konsum circa 95 Prozent weniger lich, kaum noch schädlich, eigentlich gesundheits- schädlich als Tabakrauchen ist. Das Vereinigte König- fördernd ist. Was früher erst die Zigarette light, dann reich nahm als einziger EU-Mitgliedstaat eine positive die Mentholzigarette war, ist heute die E-Zigarette. Stellung zum Konsum von elektrischen Zigaretten ein.

Seit der Verabschiedung des Nichtraucherschutzgeset- In Deutschland liegen gemäß einer kleinen Anfrage zes 2007 sind wir einige Schritte weiter in die richtige der AfD vom April 2021 an die Bundesregierung darüber Richtung gegangen, und heute gehen wir einen weiteren. kaum Daten vor. In der ersten Anhörung zum Thema, am Trotzdem bleibt für die Zukunft noch genug zu tun. Wir 7. September 2020, war Professor Storck, Klinikum (B) sind noch weit entfernt von einer effektiven Tabakkon- Karlsruhe, der Auffassung, die Gleichbesteuerung von (D) trolle und -prävention. Setzen wir uns also auch nächste Zigaretten und Verdampfern sei nicht vernünftig, da die Legislaturperiode daran, den Nichtraucherschutz zu ver- Jugend, die auf Verdampfer umsteigt, sich möglicherwei- bessern, den Süchtigen wirklich beim Ausstieg aus ihrer se wieder dem Urprodukt zuwende. Zu der 2. Anhörung Sucht zu helfen und der nächsten Generation von Rau- vom 17. Mai 2021 schreibt das Deutsche Krebsfor- cherinnen und Rauchern den Einstieg zu erschweren – schungszentrum Heidelberg in seinem Gutachten: wir sind es den 130 000 Toten jedes Jahr schuldig. „Gleichzeitig bedauert das Deutsche Krebsforschungs- Mein Dank gilt dem Deutschen Krebsforschungszent- zentrum, dass … auf Jahre hinaus die Chance verschenkt rum in Heidelberg (DKFZ), speziell auch Frau Dr. Pötsch- wird, einen bedeutsamen Beitrag zur Verbesserung der ke-Langer, die für die wichtigsten Gesetzgebungen uner- Gesundheit der Bevölkerung zu leisten. müdliche Vorarbeit geleistet haben. Ich bedanke mich auch bei den Kolleginnen und Kol- Der Gesetzentwurf nennt als eines der Ziele, dass mit legen von CDU und CSU, die den schwierigen Kompro- dem TabStMoG die ‚Erreichung eines Gleichgewichts miss mittragen, denn ihnen geht die Besteuerung zu weit, zwischen dem Ziel konstanter Steuereinnahmen und uns und mir wäre eine stärkere Besteuerung wichtig den Zielen im Bereich der öffentlichen Gesundheitʼ er- gewesen. reicht werden soll. Ein solches Gleichgewicht kann aller- dings mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht erreicht werden … Der aktuelle Gesetzentwurf hat lediglich die Franziska Gminder (AfD): Seit 1906 gibt es eine Generierung von Steuereinnahmen zum Ziel … All dies Tabaksteuer. Damals wurden eine Milliarde Zigaretten steht dem Ziel des TabStMoGs, nämlich die öffentliche verkauft, heute sind es 10-mal so viel. Betrugen die Ein- Gesundheit zu schützen, entgegen.“ nahmen 1970 6,5 Milliarden Euro, waren es 2020 15 Mil- liarden Euro. Dieser Aussage kann ich nur zustimmen! Wieder ein- mal geht es dem Bund nur um die Generierung von Mehr- Die Tabakindustrie beschäftigt in Deutschland rund einnahmen und nicht um den Gesundheitsschutz der 9 000 Menschen. Die Zigarettenindustrie erwirtschaftete Bevölkerung. 2020 einen Umsatz von fast 23 Milliarden Euro, wovon fast 15 Milliarden Euro auf die Tabaksteuer entfielen. Die Wir als AfD Bundestagsfraktion sagen Ja zum Gesund- Tabaksteuer ist damit die erfolgreichste Verbrauchssteuer heitsschutz, aber wir wollen nicht noch mehr Verbote und nach der Mineralölsteuer und fließt ausschließlich dem Regulierungen. Wir möchten eine selbstbestimmte Ent- Bundeshaushalt zu. 2006 wurden noch 4,2 Milliarden scheidung der Verbraucher, keine Bevormundung. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30203

(A) Es wäre empfehlenswert, die geplante EU-Richtlinie Olaf Scholz hat gezeigt, dass er keine Ahnung von (C) zur Tabaksteuer abzuwarten. Wie man hört, beabsichtigt Gesundheitspolitik hat und ohne Rücksicht auf Verluste die Bundesregierung für die Jahre 2022 bis 2026 Mehr- mehr Steuereinnahmen generieren möchte. Dabei reicht einnahmen von 12 Milliarden Euro. Sowohl der Verband ein Blick in unsere Nachbarländer, um bereits heute zu der Deutschen Rauchtabakindustrie als auch der Bundes- wissen, dass eine zu hohe Besteuerung von Liquids groß- verband der Tabakindustrie befürchten, dass die Steuer- en Schaden anrichtet: Italien, Litauen, Ungarn und Est- erhöhung der Zigaretten und Verdampfer zu einem land haben die Steuer auf Liquids wieder abgeschafft Anwachsen des Schwarzmarktes führen wird. oder auf einen Bruchteil reduziert; denn deren Folge Da die die EU-Tabaksteuer so unterschiedlich ist, sind war ein Anstieg des Tabakkonsums und die Entstehung 38,8 Prozent der gerauchten Zigaretten in Mecklenburg- eines Schwarzmarktes. Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Berlin Das von der Bundesregierung geplante Gesetz provo- nicht versteuert. Zum Beispiel kann man aus Polen pro ziert ein Wiederansteigen der Raucherzahl und noch Person 800 Zigaretten zollfrei einführen. mehr Tabaktote! Die tabakfreundliche Politik der Bun- Die Erhöhung der Tabaksteuer auf Zigaretten und Ver- desregierung hat hier einen neuen Höhepunkt erreicht. dampfer ist daher ein Konjunkturprogramm für den Die Tabaklobby lacht sich ins Fäustchen: Statt das Tabak- Schwarzhandel. Wenn die Grünen auch noch für ein rauchen zu reduzieren, wird die E-Zigarette, die wichtigs- Rauchverbot sind, Stichwort „Deutschland rauchfrei“, te Ausstiegshilfe, ausgebremst. möchte ich sie abschließend noch an die erfolglose Pro- hibition in den USA der 1920er-Jahre erinnern. Mit allen Als Linke fordern wir: Die Interessen der Tabakindust- kriminellen Folgen. rie dürfen nicht länger über unserem Recht auf Gesund- heit stehen! Niema Movassat (DIE LINKE): Jährlich sterben in Deutschland über 120 000 Menschen vorzeitig infolge des Tabakrauchens. Zwar ist die Zahl der Raucher/-innen Anlage 28 weiter rückläufig, in Sachen Tabakkontrollpolitik ist Deutschland jedoch leider Schlusslicht in Europa. Der Zu Protokoll gegebene Reden Einfluss der Tabaklobby auf die Bundesregierung ist immens. Noch immer haben wir kein umfassendes Wer- zur Beratung des von der Bundesregierung einge- beverbot für Tabakprodukte – um nur ein Beispiel zu brachten Entwurfs eines Gesetzes zur erleichterten nennen. Umsetzung der Reform der Grundsteuer und Än- derung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (B) Auch der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregie- (Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz – GrStRe- (D) rung ist ein Lehrstück der Lobbyarbeit. Diverse Treffen fUG) der Tabaklobby mit Vertretern des SPD-geführten Finanzministeriums gingen dem Gesetz voraus. Zudem (Tagesordnungspunkt 38) erhalten Union, SPD und FDP regelmäßig Spenden und Sponsoringbeiträge von der Tabakindustrie. Allein die SPD und ihr Magazin „Vorwärts” erhielten 2018/2019 Fritz Güntzler (CDU/CSU): Heute beschließen wir zusammen mindestens 80 000 Euro vom Deutschen Ziga- das sogenannte Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz. rettenverband, Japan Tobacco International und Philip Grundsteuerreform? Ja, da war was. Es ist erst eineinhalb Morris für Veranstaltungen wie Parteitage und Sommer- Jahre her, da haben wir hier das Grundsteuer-Reformge- feste. Heraus kommt dann ein Gesetzentwurf, der jeg- setz beschlossen. So unscheinbar die Grundsteuer auf den liche gesundheitspolitischen Bestrebungen torpediert ersten Blick sein mag, hat sie uns doch große Teile dieser und alle Erfolge bei der Tabakprävention aufs Spiel setzt. Legislaturperiode beschäftigt. Worum geht es konkret? Neben einer moderaten Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Steuererhöhung auf Tabakzigaretten, sollen erstmals Jahr 2018 war eine Reform der Grundsteuer zwingend auch Liquids für E-Zigaretten besteuert werden. Aller- notwendig. In der Koalition haben wir anschließend dings fällt die geplante Steuer auf Liquids so hoch aus, lange verhandelt und schließlich die Grundsteuerreform dass E-Zigaretten viel zu teuer werden, als dass der Ende des Jahres 2019 beschlossen. Mit dem Grund- Umstieg von der Tabakzigarette aufs Dampfen noch steuerreform-Umsetzungsgesetz reagieren wir nun auf attraktiv wäre. Nach Ihren – dreisterweise erst gestern erste Probleme der Reform. Diese haben sich bei den Mittag eingebrachten – Änderungsanträgen fällt ab dem Vorbereitungen zur Umsetzung der Reform ergeben. Jahr 2026 nach einer stufenweisen Erhöhung für 10 ml Dass wir schon in dieser Legislaturperiode Korrekturen Liquid, die aktuell 5 bis 6 Euro kosten, dann eine Steuer an der Grundsteuerreform vornehmen müssen, zeigt, wie von 3,20 Euro an. kompliziert das Bundesmodell von Finanzminister Olaf Gesundheitsexperten sind sich einig, dass die E-Ziga- Scholz ist. Daher bin ich sehr glücklich, dass wir uns als rette ein wichtiges Instrument zur Reduzierung des CDU/CSU-Bundestagsfraktion für die Öffnungsklausel Tabakrauchens ist. Der Umstieg vom Tabak auf die starkgemacht haben. Mit Baden-Württemberg, Bayern, E-Zigarette bringt gesundheitlich eine deutliche Scha- Hamburg, Hessen, Niedersachsen, und Sachsen densreduzierung, da E-Zigaretten etwa 95 Prozent weni- haben bereits sieben Bundesländer Pläne für eine Abwei- ger Schadstoffe enthalten. Eine Besteuerung muss daher chung vom Bundesmodell veröffentlicht. Auch dies risikoadjustiert erfolgen! zeigt, dass die Öffnungsklausel wichtig und richtig war. 30204 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Trotzdem ist es aber natürlich notwendig, auf auftre- Berechnungsmethode verständigt, sinnvollerweise mit (C) tende Probleme angemessen zu reagieren. Daher haben Länderöffnungsklausel, was ich natürlich sehr begrüßt wir einen Teil der Änderungen auch bereits im Fondss- habe. tandortstärkungsgesetz vollzogen. Damit haben wir den Bei der Umsetzung hat sich nun gesetzgeberischer betroffenen Ländern Rechtssicherheit für die Umsetzung Handlungsbedarf ergeben, damit zum Stichtag 1. Januar des Bundesmodells geschaffen. 2022 eine relations- und realitätsgerechte Bewertung des Um das Ziel der aufkommensneutralen Grund- Grundbesitzes für die Grundsteuererhebung auch umge- steuerreform zu erreichen, senken wir die Grund- setzt werden kann von den Ländern, die dieses Modell steuermesszahl. Dies ist durch die Anpassung der Netto- nutzen wollen oder eben nicht, weil sie ein eigenes kaltmieten an den Mikrozensus 2018 notwendig Umsetzungsgesetz verabschieden möchten. Mit dem geworden. Zudem wird auch die Anlage zu den durch- Umsetzungsgesetz schaffen wir die Möglichkeit, bereits schnittlichen Nettokaltmieten überarbeitet. Wir führen bestehende wirtschaftliche Einheiten für Zwecke der Ein- eine neue Mietniveaustufe 7 ein, welche auf den aktuellen heitsbewertung beizubehalten. Die auf Grundlage der Daten des Statistischen Bundesamtes beruht. Außerdem bisherigen Regelung zum Umfang der wirtschaftlichen reagieren wir auf höchstrichterliche Rechtsprechung und Einheiten bei Ehegatten und Lebenspartnern sowie schaffen die Grundlage für eine verfassungskonforme Betrieben der Land- und Forstwirtschaft gebildeten Ein- und rechtssichere Bewertung von Grundstücken für Zwe- heiten können nunmehr für Zwecke der Feststellung von cke der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Darüber hinaus Grundsteuerwerten zugrunde gelegt werden. Dies führt nutzen wir das Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz, zu einer erheblichen Verwaltungsvereinfachung. um offene Rechtsfragen bei der steuerlichen Forschungs- Auch eine verfassungskonforme und rechtssichere zulage zu klären. Dies betrifft die Definition der verbun- Bewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkung- denen Unternehmen. Auch hier hat sich nach Verabschie- steuer und der Grunderwerbsteuer ist damit mit dem heu- dung des Gesetzes im Jahr 2019 noch Handlungsbedarf te vorliegenden Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz ergeben. sichergestellt. Außerdem haben wir in dem Gesetzentwurf verschie- Die Erhaltung der sach- und praxisgerechten Anwen- denen Anregungen des Bundesrates entsprochen. Dazu dung der sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen gehört die ausdrückliche Steuerfreistellung für Entschä- Daten der Gutachterausschüsse und die Definition kon- digungen an Opfer von Missbrauch durch Mitarbeiter kreter Anforderungen an die fachliche Qualifikation des von Religionsgemeinschaften, Internaten oder sonstigen Gutachters beim Nachweis des niedrigeren gemeinen Einrichtungen. Werts nach dem Bewertungsgesetz sind weitere wesent- (B) liche Punkte, die jetzt gesetzlich umgesetzt werden. (D) Zu guter Letzt haben wir noch die Finanzierung der Kosten des Kinderbonus und der pandemiebedingten Mit dem Gesetzentwurf hat die Bundesregierung auch Umsatzsteuersenkung geregelt. Hier entlasten wir als einige Klarstellungen vorgenommen: Bei der Berech- Bund die Länder mit 6,25 Milliarden Euro. nung des Gebäudealters wird nun grundsätzlich das Alter zum Hauptfeststellungszeitpunkt maßgeblich sein, Alles in allem handelt es sich bei dem Grund- gerechnet wird ab dem Baujahr. Bei der Bewertung der steuerreform-Umsetzungsgesetz um ein eher technisches Wohngrundstücke gibt es für die Rohertragsermittlung und weniger politisches Gesetzgebungsverfahren. Wie eine Aktualisierung bei den Nettokaltmieten inklusive bereits dargestellt, werden die grundsteuerlichen Ände- einer sogenannten Mietniveaustufe 7. Bisher erfolgte rungen nur für einen Teil der Bundesländer relevant sein. die Berechnung auf Grundlage von Daten des Statisti- Zu Beginn dieser Legislaturperiode habe ich nicht da- schen Bundesamtes von 2014; künftig orientiert sich mit gerechnet, dass die Grundsteuer mich in den folgen- das am Mikrozensus von 2018. Dadurch muss wiederum den vier Jahren so intensiv beschäftigen würde. Daher die Steuermesszahl für Wohngrundstücke auf 0,31 abge- freue ich mich auch ein bisschen darüber, dass die Grund- senkt werden. Damit haben wir die Berechnung an die steuerreform am Ende der Legislaturperiode noch einmal geänderten Lebensverhältnisse angepasst. den Weg ins Plenum des Deutschen Bundestages gefun- Kurzfristig hatte sich zudem weiterer Änderungsbe- den hat. Insbesondere für unsere Kommunen ist es näm- darf im Forschungszulagengesetz, FZulG, ergeben. Im lich wichtig, dass wir hier als Bund unsere Hausaufgaben Rahmen der Umsetzung des FZulG hat sich gezeigt, machen. Denn diese sind elementar auf die über 14 Mil- dass in einzelnen Punkten die derzeitigen gesetzlichen liarden Euro Einnahmen aus der Grundsteuer angewie- Formulierungen in der Interpretation zu unterschiedli- sen. Daher begrüße ich dieses Gesetz ausdrücklich und chen und vor allen Dingen dann nicht gewollten Folgen freue mich auf Ihre Zustimmung zu dem Gesetz. Davon führen können. Die jetzt gefundene Umsetzung des iden- profitieren vor allem die Kommunen, die das Bundesge- tifizierten Änderungsbedarfs dient vor allem der Rechts- setz zur Grundsteuer umsetzen müssen. klarheit und Vereinfachung und soll so zu einer größeren Akzeptanz der Förderung von Anfang an beitragen. Sebastian Brehm (CDU/CSU): Nach dem Urteil des Im Gesetzgebungsverfahren haben wir auch verschie- Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahr 2018, in dem dene Bitten des Bundesrats umgesetzt und die Entschä- die seinerzeitige Form der Grundsteuerberechnung für digungen an Opfer von Missbrauch durch Religionsge- verfassungswidrig erklärt worden ist, haben sich Bund meinschaften, Internate oder sonstige Einrichtungen und Länder Ende 2019 noch rechtzeitig auf eine neue schenkungsteuerfrei gestellt. In den letzten Jahren sind Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30205

(A) immer wieder Fälle bekannt geworden, in denen Perso- sprechung ergeben haben. Diese vor allem technischen (C) nen Opfer von Missbrauch wurden, der von Personen Regelungen sind für einen reibungslosen Übergang vom begangen wurde, die für Religionsgemeinschaften, Inter- alten zum neuen Grundsteuerrecht unerlässlich. Darunter nate oder sonstige Einrichtungen tätig waren. Solche sind verschiedene erforderliche gesetzliche Klarstellun- Institutionen erbringen zur Anerkennung des Leids Ent- gen, zum Beispiel zur Berechnung des maßgeblichen schädigungsleistungen an die Betroffenen. Gebäudealters bei der Ermittlung des Grundsteuerwerts Abschließend enthält das Gesetz noch die Regelungen, sowie erforderliche technische Regelungen für die Arbeit dass der Bund die Kosten des Kinderbonus, für das Pro- der Gutachterausschüsse und der Gutachter. gramm „Aufholen nach Corona“ und die Umsatzsteuer- senkung im letzten Jahr tragen soll. Damit kompensiert Des Weiteren werden unter Berücksichtigung des Mik- der Bund die Länder mit 6,25 Milliarden Euro und hat rozensus 2018 des Statistischen Bundesamtes und der auch Wort gehalten: In der Coronakrise wurden die Län- Änderung der Wohngeldverordnung vom 6. Juli 2020 der nicht im Regen stehen gelassen. die Nettokaltmieten aktualisiert und eine neue Mietni- veaustufe 7 eingeführt. Folgerichtig wird parallel zum Wir haben also im parlamentarischen Verfahren die Gesetz auch die Mietniveau-Einstufungsverordnung Gelegenheit genutzt, zum Ende der Wahlperiode bei angepasst, die jedoch kein Gegenstand der parlamentari- dem einen oder dem anderen Gesetz noch etwas Fein- schen Beratungen ist. schliff anzubringen. Wir können hier daher guten Gewis- sens zustimmen. Die aktualisierten Nettokaltmieten machen eine Sen- kung der Steuermesszahl für Wohngrundstücke erforder- Bernhard Daldrup (SPD): Im Herbst 2019 haben wir lich. Die Steuermesszahl für Wohngrundstücke wird von im Bundestag nach jahrzehntelangen Diskussionen eine 0,34 auf 0,31 abgesenkt. Das ist erforderlich, weil wir aus umfassende, ausgewogene und gerechte Reform der Sicht des Bundes nach wie vor eine aufkommensneutrale Grundsteuer beschlossen. Damit haben wir Einnahmen Grundsteuerreform anstreben. der Kommunen in Höhe von fast 15 Milliarden Euro jährlich erhalten und die Grundsteuer gegen Angriffe Im Regierungsentwurf des Gesetzes bereits enthalten mit dem Ziel der Abschaffung rechtssicher gemacht. sind auch Änderungen des Finanzausgleichsgesetzes so- Notwendig war die Reform, weil das Bundesverfas- wie des Forschungszulagengesetzes. sungsgericht im April 2018 die Vorschriften für die Bemessung der Grundsteuer für verfassungswidrig Mit einer Änderung des Finanzausgleichsgesetzes erklärt hat und dem Gesetzgeber für die Neuregelung (FAG) setzen wir die Erstattung des Länder- und Ge- (B) eine Frist bis zum 31. Dezember 2019 eingeräumt hat. meindeanteils an der Finanzierung des Kinderbonus für (D) 2021 über die Änderung der Festbeträge der vertikalen Das im Grundgesetz garantierte Recht der Gemeinden, Umsatzsteuerverteilung des Jahres 2021 zulasten des den Hebesatz für die Grundsteuer – und damit die Steuer- Bundes um. Die Regelung geht auf eine Einigung der höhe – festzulegen, bleibt auch im neuen Recht unange- Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und tastet. Das war uns besonders wichtig. Regierungschefs der Länder am 3. März 2021 zurück. Ebenfalls wichtig: Die Grundsteuer wird sich auf Bun- Die Erstattung führt im Jahr 2021 zu Steuerminderein- desebene weiterhin am Wert der Grundstücke orientieren. nahmen beim Bund in Höhe von rund 1,2 Milliarden Euro Das ist gerecht und trägt den Vorgaben des Bundesver- sowie zu Steuermehreinnahmen bei den Ländern in Höhe fassungsgerichts Rechnung. von 910 Millionen Euro und bei den Gemeinden in Höhe von 321 Millionen Euro. Mit der Grundsteuerreform wurde den Ländern die Möglichkeit eröffnet, abweichende Regelungen zur Berechnung der Grundsteuer zu beschließen. Das war Im Forschungszulagengesetz nehmen wir zum einen ein Kompromiss, mit dem wir in der SPD zugegebener- eine Anpassung der Begriffsdefinition „verbundene Un- maßen nicht glücklich waren. Erfreulich ist in diesem ternehmen“ vor, zum anderen führen wir ein gesondertes Zusammenhang, dass sich inzwischen 9 von 16 Ländern Feststellungsverfahren ein. Die Änderungen dienen der für die Umsetzung des Bundesmodells entschieden ha- besseren Rechtsklarheit und der Vereinfachung und tra- ben. Weitere 2 Länder setzen das Bundesmodell um und gen damit zur größeren Akzeptanz der Förderung bei. weichen lediglich bei der Höhe der Steuermesszahlen für Im parlamentarischen Verfahren haben wir weitere Wohn- und Gewerbegrundstücke ab. Besonders erfreu- Änderungs- und Prüfbitten des Bundesrats aufgegriffen. lich ist, dass sich das größte Bundesland, Nordrhein- Unter anderem wird eine Änderung des Erbschaftsteuer- Westfalen, kürzlich ebenfalls für das Bundesmodell ent- und Schenkungsteuergesetzes umgesetzt, die vom Bun- schieden hat. Unbegreiflich ist nur, warum Armin desrat gefordert wurde und welcher sich die Bundesre- Laschet mit seiner CDU/FDP-Regierung fast zwei Jahre gierung und die Koalitionsfraktionen anschließen. In den gebraucht hat, um die Vorzüge des Bundesmodells von letzten Jahren sind immer wieder Fälle bekannt gewor- Olaf Scholz zu erkennen – diese lagen von Anfang an auf den, in denen Personen Opfer von Missbrauch wurden, der Hand. der von Personen begangen wurde, die für Religionsge- Mit dem vorliegenden Grundsteuerreform-Umset- meinschaften, Internate oder sonstige Einrichtungen tätig zungsgesetz nehmen wir nun notwendige Änderungen waren. Solche Institutionen erbringen zur Anerkennung vor, die sich im Prozess der Umsetzung der Grund- des Leids Entschädigungsleistungen an die Betroffenen. steuerreform sowie aufgrund höchstrichterlicher Recht- Mit der Neuregelung wird sichergestellt sein, dass die 30206 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Betroffenen die Leistungen ungeschmälert erhalten, Deswegen ist es auch für den aufmerksamen Beobach- (C) indem solche Leistungen ausdrücklich von der Schen- ter keine wirkliche Überraschung, dass das komplizierte kungsteuer befreit werden. und aus unserer Sicht in Teilen sogar verfassungswidrige Modell zur Grundsteuerreform von Olaf Scholz heute Außerdem haben wir im parlamentarischen Verfahren nachgebessert werden muss. Dies ist nicht nur peinlich zwei weitere Änderungen an der vertikalen Umsatz- für den Gesetzgeber, es war auch für uns Liberale abseh- steuerverteilung im Finanzausgleichsgesetz vorgenom- bar. men. Die erste Änderung dient der Umsetzung der voll- ständigen Kompensation der Steuermindereinnahmen der Bei dem vorliegenden Gesetz handelt es sich um ein Länder und Gemeinden aus der Absenkung der Umsatz- Reparaturgesetz. Denn es wird versucht, Lücken zu stop- steuer im zweiten Halbjahr 2020. Die vereinbarte voll- fen, die bei der Gesetzgebung nicht vermieden wurden. ständige Kompensation war insbesondere wegen der erst Das kommt leider dabei heraus, wenn Abgeordnete Re- in diesem Jahr kassenwirksam gewordenen Minderein- gelungen mit der heißen Nadel stricken: Gesetze mit nahmen nur teilweise erfolgt. In der Gesetzesbegründung Löchern. zum Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz war den Ländern und Gemeinden die vollständige Kompensation auf der Ich finde es höchst unrühmlich, dass die Länder nach Grundlage einer neuerlichen Überprüfung von Bund und den Gesetzesberatungen 2019 darauf hinweisen mussten, Ländern zugesichert worden. Auf der Grundlage der nun- dass die Finanzämter Gefahr laufen, vom Scholz-Modell mehr vorliegenden Steuerdaten belaufen sich die noch zu überrollt zu werden. Es wurde übersehen, dass die Anzahl kompensierenden Mindereinnahmen der Länder auf der Grundstücke und wirtschaftlichen Einheiten, die 3,57 Milliarden Euro; dies sind 576 Millionen Euro durch das Gesetz zwangsläufig neu bewertet werden mehr, als im Zusammenhang mit dem Entwurf zum müssen, enorm ansteigt. Zudem wurde, wie das Bundes- Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz im Juni 2020 ge- finanzministerium nun einräumt, auch die Einführung schätzt worden war. Die noch zu kompensierenden Min- einer neuen Mietniveaustufe notwendig. Denn das hoch- dereinnahmen der Gemeinden werden aktuell auf komplexe Modell würde ohne diesen Zusatz eine reali- 158 Millionen Euro geschätzt, 25 Millionen Euro mehr tätsgerechte Besteuerung erschweren und in Teilen sogar als im Juni 2020 unterstellt worden war. verhindern. Die gesamten Änderungen am Grundsteuer-Reform- Die zweite Änderung dient der Umsetzung des am modell von Olaf Scholz schaffen es allerdings nicht, das 5. Mai 2021 vom Bundeskabinett beschlossen Aktions- Gesetz spürbar von Bürokratie zu befreien und funktions- programms „Aufholen nach Corona für Kinder und und rechtssicher auszugestalten. Allenfalls kommt es zu Jugendliche für die Jahre 2021 und 2022“. Das Aktions- vereinzelten, halbgaren Korrekturen an einem schlechten (B) programm sieht eine Änderung der vertikalen Umsatz- Gesetz. (D) steuerverteilung in Höhe von insgesamt 1,290 Milliarden Euro mit Wirkung für die Jahre 2021 und 2022 vor. Doch nicht nur den Mängeln bei der Grund- Gegenüber dem Regierungsentwurf zum Grund- steuerreform soll nachgegangen werden. Es gibt auch steuerreform-Umsetzungsgesetz bewirkt die Ergänzung noch eine ganze Reihe weiterer offener Flanken – etwa im Jahr 2021 bei der Umsatzsteuer weitere Minderein- bei der steuerlichen Forschungszulage oder der Finanzie- nahmen in Höhe von 430 Millionen Euro beim Bund rung des Kinderbonus –, die mit dem vorliegenden Ge- sowie Mehreinnahmen in Höhe von 430 Millionen Euro setz geschlossen werden sollen. bei den Ländern. Im Jahr 2022 betragen die Minderein- Auch hier werden zu unserem großen Bedauern die nahmen beim Bund 860 Millionen Euro und die Mehr- tatsächlichen Probleme ausgeblendet. Zwei Berichte des einnahmen bei den Ländern 860 Millionen Euro. Bundesrechnungshofs, der in unüblich deutlichen Worten die Ausgestaltung der Forschungszulage beanstandet, Markus Herbrand (FDP): Es gibt Dinge hier im Par- werden nach wie vor einfach ignoriert. Das schadet dem lament, die uns Liberale auf die Barrikaden steigen las- Anliegen der grundsätzlich sinnvollen Förderung. sen. Dazu zählen insbesondere handwerklich miserable Es ist bezeichnend, dass von der Großen Koalition Gesetze, nervige Bürokratie und ständig steigende auch hier erneut eine Gelegenheit nicht genutzt wurde, Steuern – also jene Attribute, die die Arbeit von Olaf das Steuerrecht transparenter, unbürokratischer und effi- Scholz kennzeichnen. zienter zu machen. Die Mängel bei der Grund- An der größten Steuerreform dieser Legislaturperiode, steuerreform und der Forschungszulage sind noch längst der Grundsteuerreform, hatte die FDP immer wieder nicht ausgemerzt und werden auch den nächsten Deut- fachliche Mängel und übertriebenen Arbeitsaufwand kri- sche Bundestag noch beschäftigen. Dem Gesetz können tisiert – für alle: die Bürgerinnen und Bürger, die Unter- wir in dieser Form nicht zustimmen. nehmen und vor allem für die Verwaltung, die immerhin 36 Millionen neue Bewertungen veranlagen muss. Jörg Cezanne (DIE LINKE): Beim vorliegenden Ge- Letztlich konnten wir das Schlimmste verhindern, setz geht es vor allem um Fragen bei der Umsetzung der indem wir erfolgreich dafür gesorgt haben, dass die Bun- Grundsteuerreform aus dem Jahr 2019. Damit die Reform desländer von dem von Olaf Scholz vorgeschlagenen 2024 in Kraft treten kann, sollen noch einige Unklarhei- Bundesmodell abweichen können. Ein Erfolg für die ten beseitigt werden. Das finden wir grundsätzlich rich- FDP und jeden, der unnötige Bürokratie vermeiden tig. Daneben geht es noch um die Finanzierung des Kin- möchte und eine funktionsfähige Rechtslage anstrebt. derbonus 2021 und um die Forschungsförderung. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30207

(A) Zur Grundsteuer will ich noch mal kurz unsere Haltung hätten wir diese hier im Bundestag mit einer Öffnungs- (C) zur Reform von 2019 in Erinnerung rufen. Wir finden, klausel für die Länder beschlossen und dann nichts dass sich die Grundsteuer nach dem tatsächlichen Wert, mehr von ihr gehört. Insofern ist das Grundsteuer- das heißt, praktisch nach dem Verkehrswert der zu reform-Umsetzungsgesetz ja quasi ein Lebenszeichen besteuernden Immobilie, also Grund und Gebäude, rich- von der Grundsteuer. Das ist gut; denn – zur Erinnerung – ten muss. Diese Haltung war – das muss man der SPD die Grundsteuer ist mit einem Aufkommen von rund zugutehalten – auch der Ausgangspunkt des Reformvor- 15 Milliarden Euro eine der wichtigsten Einnahmequel- schlags des Bundesfinanzministers. Leider wurde die len für die Kommunen. Sie finanziert Straßen, Bushalt- Orientierung am Verkehrswert insbesondere auf Druck stellen und Schultoiletten an all den Orten, an denen wir der CSU und aufgrund der Zustimmungspflichtigkeit im leben. Bundesrat im Laufe der Reformgesetzgebung immer wei- ter aufgeweicht. Am Ende trat ein stark aufgeweichtes Mit dem vorliegenden Gesetz wird noch einmal an Verkehrswertmodell als Bundesgesetz in Kraft, das den einigen Stellschrauben nachgebessert, um einen guten Ländern ausdrücklich die Wahl anderer Bewertungsmo- Verwaltungsvollzug in den Ländern vorzubereiten. Es delle erlaubt. Praktisch beobachten wir daher gerade, wie sieht außerdem einen finanziellen Ausgleich für die Min- bis zum Inkrafttreten der Reform in 2024 ein mehr oder dereinnahmen vor, die ihnen im Zusammenhang mit der weniger uneinheitlicher Grundsteuerflickenteppich Mehrwertsteuerabsenkung entstehen. Es kompensiert die geknüpft wird. Länderausgaben im Zusammenhang mit dem Kinderbo- nus und dem Aktionsprogramm für Kinder und Jugend- Wir unterstützen, dass die Umsetzung der Grund- liche. Das alles ist sinnvoll. Dem stimmen wir zu. steuerreform durch das vorliegende Umsetzungsgesetz präzisiert wird und haben dazu insgesamt wenige Ein- Inzwischen haben sich alle Bundesländer für ein wände. Es bleibt aber bei unserer Grundsatzkritik, dass Reformmodell für die Grundsteuer entschieden. Ich durch das Wahlrecht der Länder die Grundsteuerreform bedaure sehr, dass die Staatsregierung in meiner bayeri- trotz noch so vernünftiger Umsetzungsgesetze im Bund schen Heimat ein Flächenmodell gewählt hat. Man fragt alles andere als einheitlich, rechtlich wasserdicht und fair sich, was die CSU und die Freien Wähler da geritten hat. umgesetzt werden wird. Das ist vor allem für die Kom- Nicht nur, dass das Flächenmodell interessengeleitet und munen ein Problem; denn sie schicken die Grund- ungerecht ist, das Besteuern einer Fläche ohne das darauf steuerbescheide raus, und sie trifft der Unmut der Bürger- errichtete Gebäude und ohne Beachtung der Lage hat rein innen und Bürger, wenn die Steuerbescheide ab 2024 als gar nichts mit einer Anpassung der Grundstücks- unverständlich oder unfair empfunden werden. Leider bewertung an die aktuelle Wertermittlung zu tun. Das lassen sich diese Probleme auf der Bundesebene nicht (B) bescheinigt der Staatsregierung jetzt auch ein Gutachten: (D) mehr heilen, und so kann ich den Menschen vor Ort nur Die bayerische Flächensteuer ist höchstwahrscheinlich empfehlen, sich entsprechend die richtige Landesregie- verfassungswidrig. rung zu wählen. Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass sich die CSU als Zu den anderen Aspekten des vorliegenden Gesetzes: so kommunalfeindlich entpuppt: CSU und Freie Wähler versagen den Kommunen in Bayern nun auch noch eine Der Bund übernimmt den Länder- und Gemeindeanteil Grundsteuer C auf unbebaute Grundstücke. Damit neh- an der Finanzierung des im Dritten Corona-Steuerhilfe- men sie ihnen die Möglichkeit, Bodenspekulanten das gesetz festgelegten Kinderbonus 2021. Das ist gut so, Handwerk zu legen. Die Beziehung zu Lobbyisten ist auch wenn wir uns den Kinderbonus deutlich höher ge- ihnen anscheinend wichtiger als die eigenen Kommunal- wünscht haben. politikerinnen und -politiker, die vor Ort um mehr Hand- Die Anpassung der Begriffsdefinition „verbundene habe gegen immer teurere Mieten und Grundstückspreise Unternehmen“ im Forschungszulagengesetz hingegen ringen. Sie ist ihnen anscheinend wichtiger als Bürger- finden wir kompletten Unsinn, weil sie das aus unserer innen und Bürger, die mit kleinen und mittleren Ein- Sicht völlig ineffektive und ineffiziente Förderungskon- kommen kaum noch bezahlbaren Wohnraum in der zept des Forschungszulagengesetzes weiter festschreibt Nähe ihrer Arbeit finden. Und obendrein will die Union und letztlich nur ein Steuergeschenk für größere Unter- im Bund daran festhalten, dass Vermieterinnen und Ver- nehmen darstellt. Wir bezweifeln grundsätzlich die mieter die Grundsteuer an ihre Mieterinnen und Mieter zielgenaue Wirkung indirekter steuerlicher Wirtschafts- weiterreichen können. Das erklären Sie mal den Men- förderung und ziehen direkte Förderinstrumente für Un- schen. ternehmen – nicht nur in der Coronakrise – ganz eindeu- tig vor. Im Interesse der Bürgerinnen und Bürger brauchen Städte und Gemeinden mehr Instrumente und einen größ- Im Ergebnis können wir uns daher zum vorliegenden eren Handlungsspielraum für eine aktive Bodenpolitik. Gesetz nur enthalten, auch wenn wir die Maßnahmen zur Dazu braucht es eine aufgabengerechte Finanzausstat- Grundsteuer und zum Kinderbonus unterstützen. tung von Kommunen. Dazu braucht es mehr Erbpacht. Dazu braucht es verbesserte Vorkaufsrechte für Städte und Gemeinden. Dazu braucht es auch die Einrichtung Stefan Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): eines Bundesbodenfonds. Zu all diesen Maßnahmen kön- Nach den sehr zähen Verhandlungen um eine Grund- nen Sie sich bekennen, indem Sie heute unserem Ent- steuerreform wäre es fast ein wenig langweilig geworden, schließungsantrag zustimmen. 30208 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) Anlage 29 stimmte Vetorechte oder Rechte über für die Bundesre- (C) publik besonders sicherheitsrelevante Informationen Zu Protokoll gegebene Reden eingeräumt werden. zur Beratung Außerdem wird nun ausdrücklich geregelt, dass auch „Hinzuerwerbe“ investitionskontrollrechtlich relevant – der Beschlussempfehlung und des Berichts des sind, wenn also weitere Investitionen desselben Investors Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu der in ein Unternehmen getätigt und dabei Schwellenwerte Verordnung der Bundesregierung: Siebzehnte überschritten werden. Verordnung zur Änderung der Außenwirt- schaftsverordnung Bereits im Außenwirtschaftsgesetz haben wir eine Evaluation der Investitionskontrolle verankert. Das ist – des Antrags der Abgeordneten Hansjörg sehr wichtig, weil wir schnelle und unbürokratische Prüf- Müller, Dr. Heiko Heßenkemper, Steffen Kotré, verfahren wollen. Wir werden die Prüfpraxis beobachten weiterer Abgeordneter und der Fraktion der und genau schauen, ob wir nachsteuern müssen. AfD: Investitionsschutz richtig gestalten – Den deutschen Mittelstand wirklich schützen Der Anwendungsbereich unter anderem der Fallgrup- pen Robotik, Quantentechnologie und additive Fertigung (Tagesordnungspunkt 51 vv und Zusatzpunkt 25) wurde teils deutlich präzisiert und damit verkleinert, um „ungewollten Beifang zu vermeiden“. Dies entlastet Andreas G. Lämmel (CDU/CSU): Deutschland ist unter anderem den Maschinen- und Anlagenbausektor ein attraktiver Standort für Investitionen und eine der und schafft Sicherheit. offensten Volkswirtschaften der Welt. Das soll auch in Die 17. AWV-Änderungsverordnung wurde am Zukunft so bleiben! Aber: Achtsamkeit gehört zu einer 27. April 2021 vom Bundeskabinett beschlossen und ist funktionierenden sozialen Marktwirtschaft. Wir müssen am 1. Mai 2021 in Kraft getreten. Die Verordnung kann genauer hinschauen dürfen, wenn durch ausländische In- durch den Bundestag nur in Gänze abgelehnt oder bestä- vestitionen nationale oder europäische Sicherheitsinte- tigt werden. Wir plädieren auf Zustimmung. ressen betroffen sind. Investitionen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich hinter so manchem Vorhaben weiterreichende politische oder strategische Interessen Bernhard Loos (CDU/CSU): Die Bundesregierung der Investoren – oder der dahinterstehenden staatlichen und die Abgeordneten der Großen Koalition haben die Akteure – verbergen. Belange der deutschen Wirtschaft gut und sicher im Blick. Dies hat sich bereits in der 15. AWV-Novelle, Vor diesem Hintergrund beraten wir heute die bereits (B) die sich vor allem mit aktuellen Fragestellungen aus der (D) in Kraft getretene 17. Novelle der Außenwirtschaftsver- Coronakrise beschäftigt hatte, der 16. AWV-Novelle mit ordnung. Im Zuge der EU-Screening-VO wurde das deut- einem ersten Umsetzungsschritt und auch einer grund- sche Investitionsprüfungsrecht seit Mai 2020 überarbei- sätzlichen Novelle des AWG positiv niedergeschlagen. tet. Mit der 15. und 16. AWV-Novelle sowie der 1. AWG- Mit der vorliegenden 17. AWV-Novelle wird das deut- Novelle waren bereits 2020 drei der vier geplanten sche Investitionsprüfungsrecht in einem letzten Schritt an Rechtsetzungsmaßnahmen in Kraft getreten. Mit der die am 11. April 2019 in Kraft getretene und am 11. Okto- 17. AWV-Änderungsverordnung wird die 2020 begonne- ber 2020 wirksam gewordene EU-Screening-Verordnung ne Überarbeitung des nationalen Investitionsprüfungs- angepasst. rechts abgeschlossen. Auf EU-Ebene hatten sich Deutschland, Frankreich Kernelement der 17. Novelle sind neue Prüfmöglich- und Italien seit 2017 für einen einheitlichen EU-Rechts- keiten und Meldepflichten für Investitionen im Hoch- rahmen eingesetzt. Ziel war es, die Eingriffsbefugnisse und Zukunftstechnologiesektor (Künstliche Intelligenz, der Mitgliedstaaten im Kontext unionsfremder Beteili- autonomes Fahren, Robotik, Halbleiter, Optoelektronik, gung an sicherheitsrelevanten Schlüsseltechnologie-Un- Cybersicherheit, Luft- und Raumfahrt, Nukleartechnolo- ternehmen zu stärken. Wichtig war eine Regelung auf gie, Quantentechnologie, 3D-Druck, Datennetze, Smart- EU-Ebene deshalb, weil damit Umgehungen durch Meter und Rohstoffe). Neben den bereits bestehenden Schachtelinvestitionen über EU-Mitgliedsländer verhin- Schwellenwerten von 10 Prozent und 25 Prozent wird dert werden. Da die EU-Screening-Verordnung nur ein dritter Schwellenwert von 20 Prozent für die aufge- Schlagworte zu den Fallgruppen beinhaltet, hätte dies listeten Zukunfts- und Hochtechnologiesektoren einge- zu rechtlichen Unsicherheiten führen können. führt. Anders als in den besonders sicherheitssensiblen Bereichen Rüstung und Kritische Infrastrukturen greift In der 17. AWV-Novelle werden nun im § 55a die die Meldepflicht – und die damit verknüpfte Prüfmög- Fallgruppen im Hoch- und Zukunftstechnologiesektor – lichkeit – nicht bereits ab einem Anteilserwerb von zum Beispiel Halbleiter- oder Quantentechnologie – klar 10 Prozent, sondern erst ab 20 Prozent. Davon profitieren ausdefiniert. Unsere Regelung bietet damit Klarheit und insbesondere Start-ups und Finanzinvestoren. Sicherheit für die Unternehmen und nicht mehr Bürokra- tie. Neu ist zudem, dass sich das Prüfungsrecht des BMWi nicht mehr nur auf den Erwerb von Stimmrechtsanteilen Im Rahmen der sektorspezifischen Prüfung werden bezieht, sondern auch auf atypische Kontrollerwerbe. künftig sämtliche Rüstungsgüter im Sinne des Teils I Dies umfasst Fälle, in denen eine Mehrheit in Aufsichts- Abschnitt A der Ausfuhrliste relevant. Atypische Kon- gremien oder der Geschäftsführung zugesichert wird, be- trollerwerbe werden verhindert. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30209

(A) Wichtig war uns auch, dass in § 82b AWV eine Eva- Dies wurde auch bei der 17. Novelle der Außenwirt- (C) luierungsklausel verankert ist, die in Kombination mit schaftsverordnung sorgsam getan. Wir müssen dabei fest- dem AWG zu einer Überprüfung der 15. bis 17. AWV stellen, dass die Welt nicht reicher an Demokratien innerhalb von 24 Monaten führt. geworden ist, wohl aber viele Reiche von der aktuellen Krise profitiert haben. Gerade in nicht gefestigten Demo- Zudem wurden noch wichtige Verbesserungen im Ver- kratien und sicher in Autokratien gehen dabei Geschäfts- gleich zum ersten Entwurf der Bundesregierung erreicht: und Staatsinteressen häufig Hand in Hand. Erstens. Jetzt haben wir eine Erstprüfschwelle von Gleichzeitig ist die deutsche Wirtschaft weiterhin 20 Prozent bei allen neuen Technologiefallgruppen statt Technologieweltmarktführer in vielen Bereichen, auch der zuvor vorgesehenen 10-Prozent-Schwelle. bei den neuen Technologien wie der Robotik, Halbleitern, Zweitens. Hinzuerwerbe werden nur noch beim Über- der künstlichen Intelligenz oder auch der Luft- und schreiten weiterer gesellschaftsrechtlich maßgeblicher Raumfahrttechnologie. Diese Technologien sind für viele Schwellen von 25 Prozent, 50 Prozent und 75 Prozent interessant, häufig nur aus wirtschaftlichen oder techno- geprüft. logischen Gründen. Andere können hiermit unter Um- ständen aber auch militärischen Nutzen verbinden oder Drittens. Die Anwendungsbereiche der Fallgruppen einen Repressionsapparat führen. Deswegen ist es wich- wurden begrenzt: beim 3D-Druck auf die sicherheitssen- tig, dass der deutsche Staat ein Auge darauf legen kann, sitiven Werkstoffe Metalle und Keramik, bei der Quan- wer bei ausländischen Firmenübernahmen oder Anteil- tentechnologie auf Anwendungen der 2. Generation, ins- serwerben am Verhandlungstisch sitzt. besondere Quanteninformatik – nicht mehr auf etablierte Anwendungen, wie zum Beispiel Kernspintomografie –, Die Novelle der Außenwirtschaftsverordnung trägt bei der Robotik nur auf besonders sicherheitsrelevante diesen Entwicklungen Rechnung und orientiert sich an Spezifikationen, bei der Künstlichen Intelligenz. einem gemeinsamen europäischen Rahmen und schließt die notwendigen Überarbeitungen durch die EU-Scree- Viertens. Atypische Kontrollerwerbe wurden begrenzt ning-Verordnungen ab. auf drei konkrete Fallkonstellationen. Für die Wirtschaft bedeutet dies, dass weitere Fall- Fünftens. Konzerninterne Umstrukturierungen zwi- gruppen für die verschiedenen technologischen Sektoren schen 100-prozentigen Töchtern einer Mutter ohne Än- gebildet worden sind. Unternehmen, die Hochtechnolo- derung der Rechtsordnung werden von der Investitions- gie entwickeln, werden diesen zugeordnet. Sollten eine prüfung freigestellt. Übernahme oder auch ein Anteilserwerb von über 20 Pro- zent der Stimmrechte anstehen, sind diese zukünftig für All diese Maßnahmen sind wichtig für die nationale (B) diese Unternehmen meldepflichtig. Sollten die Sicher- (D) Sicherheit und auch für die betroffenen Firmen. heitsinteressen des Staates berührt werden, kann eine Wir in Deutschland stehen für einen internationalen Übernahme untersagt werden. Innovationswettstreit zwischen den Firmen auf dem Mir ist bewusst, dass sich nicht alle Unternehmen mit Weltmarkt, nicht aber für eine Politik nach dem Motto der Gestaltung der Fallgruppen zufriedengeben, sehen sie „Wer hat den pralleren Geldbeutel im Ausland?“. sich doch häufig nur als Entwickler bestimmter Techno- Wir machen damit keine Politik der Angst vor ausländ- logien, die auch auf Investitionen aus dem Ausland ange- ischen Investitionen in Deutschland. Wir wollen aber wiesen sind. Es ist aber auch klar, dass selbst bei einer auch keinen Ausverkauf deutscher Firmen an ausländi- Prüfung nicht notwendigerweise eine Untersagung der sche Staatsunternehmen zulassen, weder in der aktuellen Investition folgt. Es handelt sich um einen Sicherheits- Coronakrise noch in einer möglichen Kapitalschwäche- mechanismus. phase danach. Beides bringt diese Novelle der 17. AWV Meine Fraktion und ich halten diese Änderungen für in eine gute und verantwortungsvolle Balance in einem angemessen und stimmen der Verordnung zu. europäischen Rahmen. Reinhard Houben (FDP): Man könnte sagen: The Markus Töns (SPD): Worum geht es heute? Es geht same procedure as every year. darum, dass wir eine vernünftige Balance finden zwi- Ich habe den Eindruck, dass die Bundesregierung aus schen Investitionsoffenheit einerseits und dem Schutz fester Gewohnheit nach der Verabschiedung einer AWV- besonders sensibler Wirtschaftsbereiche in Deutschland Novelle direkt mit dem Referentenentwurf für die nächste andererseits. Das ist auch das Ziel der Änderung der beginnt. Staatssekretär Bareiß hat uns gestern im Wirt- Außenwirtschaftsverordnung. schaftsausschuss auch schon berichtet, was in der Es ist notwendig, die deutsche Wirtschaft vor Über- 18. Novelle stehen soll. nahmen zu schützen, welche die Sicherheitsinteressen Diese Novelle – die 17. – soll die Antwort auf ein oft des Staates berühren. Dafür müssen wir abwägen: zwi- bemühtes Narrativ von Globalisierungskritikern und schen den unternehmerischen Interessen und den Sicher- Staatswirtschaftlern von links wie rechts sein. Demnach heitsinteressen unseres Landes. Diese Abwägung müssen würden deutsche Unternehmen von kapitalstarken chine- wir immer auch vor dem Hintergrund führen, welche sischen Staatsfonds zum Spottpreis aufgekauft werden. internationalen Entwicklungen es in den letzten Jahren Die Realität sieht anders aus: Die Zahl der neuen chinesi- gab, welche technologischen Innovationen es gab und schen Beteiligungen an deutschen Unternehmen ist in welche konkreten Sicherheitsrisiken existieren. 2020 im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Das Volumen 30210 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) der bekannten Transaktionen hat sich laut dem Institut der die alleinige Entscheidung zu überlassen, welcher Inves- (C) deutschen Wirtschaft fast halbiert. Das Bundeswirt- tor oder Anleger „den Laden“ kauft, am Ende die Tech- schaftsministerium erklärt selbst, dass es keinen Hinweis nologie übernimmt und Beschäftigung abbaut. auf ein erhöhtes Interesse an Übernahmen deutscher Un- Inwiefern nun die Ausgestaltung der Prüfung und Kon- ternehmen im Bereich der Investitionsprüfung hat. Damit trolle mit der 17. Verordnung konkret besser wird, bleibt ist die Novelle Schattenboxen par excellence. abzuwarten. Die Angst vor der Anwendung der ohnehin Wenn der Minister dann verkündet, man habe das recht harmlosen Investitionsprüfung ist ideologisch Rechtsinstrument der AWV „mit Augenmaß gestärkt“, bedingt sehr groß, was nicht überrascht, war doch eine würde ich der Bundesregierung eine bessere Brille emp- gut durchdachte, aktive Industrie-, Struktur- und Wirt- fehlen; denn mit scharfem Blick ist diese Ausweitung schaftspolitik noch nie beliebt bei der Regierungskoali- nicht getroffen. Anstatt zielgenau zu differenzieren, legt tion. Hier liegt unsere Hauptkritik: Wie fast immer müs- die Bundesregierung einen ganzen Katalog an Branchen sen die Bundesregierung und öffentlichen Institutionen fest, die nun unter die aufwendige Investitionsprüfung zum Jagen getragen werden, wenn es darum geht, den fallen sollen. Erwerb und Verkauf von Unternehmen und signifikanten Anteilen und damit auch den möglichen Ausverkauf von Das Kokettieren mit einer strengen Investitionsprü- Technologien und Entwicklungen zumindest zu prüfen fung ist nichts anderes als die Inkaufnahme einer inter- und im Bedarfsfall zu unterbinden und alternative Wege nationalen Protektionismus-Spirale. Wer mutwillig mit zu suchen. Informationsdefizite gepaart mit Handlungs- dem Feuer von Handelshemmnissen und Investitionsbe- defiziten sind das eigentlich zentrale Problem. schränkungen spielt, verbrennt sich nicht nur die Finger, sondern auch das Fundament unseres Wohlstands. Die nun im Eiltempo von der SPD unterstütze Fusion von Vonovia und Deutsche Wohnen, mit der Europas Geben Sie der deutschen Wirtschaft freie Fahrt und größter Wohnungskonzern entsteht und der nicht nur in lehnen Sie diese AWV-Novelle ab. Berlin enorme Preissetzungsmacht erhält, lehnt die Die Linke ab. Wir sagen stattdessen: Deutsche Wohnen und Alexander Ulrich (DIE LINKE): Um es vorwegzu- Co enteignen! Wir brauchen eine Vergesellschaftung des nehmen: Wir stimmen der Novelle der Außenwirtschafts- Wohnungsmarktes, anstatt eine weitere Konzentration verordnung zu. Wir haben uns in der gesamten Legisla- von Kapital. turperiode für eine aktivere Prüfung ausländischer Direktinvestitionen ausgesprochen und sie mitgetragen. Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In Nicht nur in sicherheitsrelevante Bereiche und in die diesem Frühjahr stand in manchen Automobilwerken die (B) kritische Infrastruktur und auch nicht allein gegenüber Produktion still. In Köln rollte einige Tage kein Ford (D) China. mehr vom Band, in Wolfsburg musste die Produktion Uns ging es dabei nie um den unilateralen „Schutz- mancher VW-Modelle unterbrochen werden, und auch gedanken“ vor chinesischen Investoren und auch nicht bei Daimler in wurden Modelle nicht wie nur um sicherheitspolitische Gefahrenabwehr. Für uns geplant ausgeliefert. sind vielmehr das Wissen und die aktive politische Ein- Schuld daran waren nicht etwa die Coronakrise, flussnahme im Hinblick auf unternehmerische Entschei- Hygieneauflagen in den Produktionshallen oder fehlende dungen durch ausländische Direktinvestitionen, Kauf und Nachfrage. Es waren fehlende Computerchips. Verkauf von Unternehmen und Teilen etc., ein Instrument jeder souveränen Wirtschaftspolitik, insbesondere auch Trotz gut gefüllter Auftragsbücher ist der Umsatz der im Hinblick auf die weiteren Möglichkeiten, industrie-, deutschen Industrie wegen fehlender Vorprodukte im struktur- und technologiepolitische Entscheidungen zu April sogar geschrumpft. Bei den Chips wird es ganz stützen. Denn was nützt eine noch so wortreiche Indust- klar: Es gibt Technologien, die für die deutsche und euro- riestrategie oder Klimaschutzpläne, wenn schlicht die päische Wirtschaft elementar sind, Technologien, in de- Grundlage gar nicht mehr vorhanden ist, um Innovation, nen eine zu große Abhängigkeit von ausländischen Pro- Produktion und Beschäftigung im Land und Europa zu duzenten für ganze Industriezweige kritisch sein kann. halten? Wenn wir etwa wirklich die Stahl- und Grund- Solche Technologien gilt es zu schützen und, sofern mög- stoffindustrie auf Wasserstoff umstellen wollen, dann lich, in Europa zu halten. Das muss vor allem über gute müssen auch wesentliche technologischen Möglichkeiten Rahmenbedingungen, Investitionen und kluge Industrie- im Land gehalten werden. politik erfolgen. Im Notfall muss aber auch die Möglich- keit bestehen, Aufkäufe von Unternehmen dieser Bran- Abschottung und Autarkie gibt es nicht mit uns, aber chen zu prüfen und in letzter Instanz auch untersagen zu ebenso wenig einen Unternehmensbasar, zumal in der können. Pandemie jedem und jeder klar geworden sein sollte, Deshalb ist es richtig, dass die vorliegende Novelle der dass nicht allein Waffentechnologie uns angreifbar Außenwirtschaftsverordnung die besonders prüfrelevan- macht. Wer vor Jahrzehnten nicht dafür gesorgt hat, ten Fallgruppen um kritische Technologien wie Halblei- dass medizinische Kernprodukte auch weiterhin bei uns ter, Robotik oder künstliche Intelligenz erweitert. Und vor Ort produziert werden, muss sich morgen nicht wun- deshalb werden wir der AWV-Novelle auch zustimmen. dern, wenn er technologisch auf dem letzten Loch pfeift, wenn hier „alles“ weggekauft und verlagert werden kann. So wichtig diese Untersagungsmöglichkeit in kriti- Es ist gesellschaftlich und volkswirtschaftlich kurzsich- schen Branchen auch ist, so wenig ist sie ausreichend, tig, Unternehmerinnen und Unternehmen ohne Prüfung um Abhängigkeiten zu verhindern. Damit Unternehmen Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30211

(A) in Zukunftsbranchen geschützt werden können, muss es Als ich vor rund zwei Jahren die Berichterstattung für (C) sie überhaupt erst geben. Die wichtigsten Hersteller für die Mantelverordnung im Umweltausschuss übernom- Computerchips sitzen in Asien. Europa hat die Entwick- men habe, war mir sehr schnell klar, dass der Prozess lung zu lange verschlafen. Das ist auch ein Versagen von bis zur heutigen Debatte im Plenum nicht einfach war Industriepolitik. bzw. ist. Daher bin ich auch sehr froh, dass nach 15 Jahren Wir müssen die Abhängigkeit Europas bei Zukunfts- ein Abschluss erzielt wird. technologien wie der Halbleitertechnologie, Wasserstoff- Der Entwurf der Mantelverordnung aus dem Jahr 2017 infrastruktur oder Batteriezellen reduzieren und die eige- war Grundlage des Koalitionsvertrages und wurde auch ne Industrie stärken. Deshalb wollen wir in diesen im Bundestag verabschiedet. Im Bundesrat wurde die Branchen die Investitionen entlang der EU-Wertschöp- Beschlussfassung seinerzeit jedoch vertagt, weil eine fungskette massiv erhöhen. So ist auch das Ziel der EU- Vielzahl von Einwendungen aus den Ländern gegen die Kommission, die europäische Kapazität bei Halbleiter- Fassung erhoben wurde, insbesondere zur Ersatzbaus- technologien auf 20 Prozent der weltweiten Produktion toffverordnung (Artikel 1). Wenn man sich das Regel- auszubauen, richtig. Doch dafür müssen jetzt die Investi- werk, die Anforderungen und Herausforderungen genau- tionen fließen. er anschaut, dann wird die Komplexität deutlich. US-Präsident Biden macht es vor. Erst am Dienstag hat Es muss gelingen, zwei Ziele miteinander zu vereinen: der US-Senat für ein 250-Milliarden-Dollar-Investitions- erstens ein hohes Schutzniveau für den Menschen, die paket in Zukunftstechnologien und Forschung gestimmt. Böden und das Grundwasser zu gewährleisten, um Alt- Alleine 54 Milliarden davon sollen in die Halbleiter- und lasten von morgen zu verhindern; zweitens die Ziele der Telekommunikationsindustrie fließen. Kreislaufwirtschaft zu fördern, eine höchstmögliche Für eine klimaneutrale Industrie sind Chips, Batterien Recyclingquote zu gewährleisten und die Akzeptanz und Wasserstoffinfrastruktur unumgänglich. Wenn wir von Ersatzbaustoffen zu verbessern. Über diese Zielset- nicht wollen, dass die Bänder stillstehen, muss Europa zung besteht Konsens – über alle Bundesländer und Wirt- das nötige Geld in die Hand nehmen. schafssektoren hinweg. Konsens besteht auch darüber, dass die bisherigen uneinheitlichen Regelungen erstens die relevanten mine- Anlage 30 ralischen Abfallströme nicht alle erfassen und zweitens auch nicht mehr dem aktuellen Stand der wissenschaft- Zu Protokoll gegebene Reden lichen Erkenntnisse entsprechen. zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Und schließlich besteht Konsens darüber, dass bundes- (B) (D) richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz einheitliche Regelungen unerlässlich sind, um den und nukleare Sicherheit zu der Verordnung der zukünftigen Herausforderungen des Ressourcenschutzes Bundesregierung: Verordnung zur Einführung und der Kreislaufwirtschaft gerecht zu werden und einer Ersatzbaustoffverordnung, zur Neufassung gleichzeitig die Akzeptanz für die Verwendung von der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverord- Recycling-Baustoffen zu steigern. nung und zur Änderung der Deponieverordnung Uneinigkeit hat jedoch lange darüber geherrscht – und und der Gewerbeabfallverordnung darin besteht auch die Schwierigkeit –: Welche Anforde- (Tagesordnungspunkt 51 k) rungen und Grenzwerte brauchen wir? Wie sind die regionalen Begebenheiten einzubeziehen? Was ist auf den Baustellen praktikabel? Welche Stoffstromverschie- Michael Kießling (CDU/CSU): Mineralische Abfälle bungen sind zu erwarten? – Die vielen Jahre wurden dazu stellen mit etwa 240 Millionen Tonnen den mit Abstand genutzt, um darüber in eine tiefe Diskussion zu treten. größten Abfallstrom in Deutschland dar. Die beiden Allein aus dem Bundesrat gab es Hunderte an Einwen- wichtigsten Verwertungswege für mineralische Abfälle dungen. sind: Aufbereitung und nachfolgender Einbau als Recyc- lingbaustoffe sowie Verfüllung von Abgrabungen und Ich habe bei allen Beteiligten eine große Bereitschaft Tagebauen. Aufgrund des Schadstoffgehaltes des Abfalls wahrgenommen, aufeinander zuzugehen und vernünftige müssen für diese Verwertungswege bestimmte Anforde- Kompromisse zu finden, da tatsächlich eine bundesein- rungen beachtet werden. In Deutschland haben wir bis heitliche Regelung erforderlich ist. Daher ist es notwen- heute keine bundesweit einheitliche Regelung hierzu dig, einen Kompromiss zu finden, der sowohl den Schutz gefunden. Jedes Land regelt den Umgang individuell. von Boden und Grundwasser gewährleistet, aber gleich- Diese Lücke wird nun mit dem vorliegenden Entwurf zeitig die Kreislaufwirtschaft stärkt. zur Mantelverordnung geschlossen. Und damit legen Heute diskutieren wir einen Kompromiss. Ich betone wir erstmals deutschlandweit gültige Vorgaben für den dies ausdrücklich, da nur ein Kompromiss ein bundesweit Einsatz mineralischer Abfälle fest. einheitliches Vorgehen für 16 Bundesländer ermöglicht. Den Kern der MantelVO bilden die Einführung einer Über den gesamten Prozess gab es unterschiedliche Ein- Ersatzbaustoffverordnung (Artikel 1) und die Neufas- schätzungen. Das wurde in der öffentlichen Anhörung sung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung vergangenen Montag deutlich. Dabei setzt die Akzeptanz (Artikel 2). Im Zusammenhang damit werden auch die einer Verordnung voraus, dass die Maßnahmen nachvoll- Deponieverordnung und die Gewerbeabfallverordnung ziehbar sind und nicht unnötige Kosten, Transporte oder geändert. Deponierungen nach sich ziehen. Daher ist es mir ein 30212 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) besonderes Anliegen, dass eine Evaluation für Korrekt- Beispiel Verpackungen, Batterien, Elektroaltgeräte, (C) uren von erkannten Schwachstellen vorgesehen wird. So Gewerbeabfall, gibt es bisher jedoch keine bundesein- garantieren wir schnelle Steuerungsmöglichkeiten, sollte heitliche Regelung für die Verwertung dieser Abfälle. sich herausstellen, dass wir an der einen oder andere Die mineralischen Abfälle können auf vielfältige Stelle Nachbesserungsbedarf haben. Weise verwertet werden. Wir können sie in technischen Insbesondere die Bauindustrie und das Baugewerbe Bauwerken – dazu gehören Straßen, Dämme und Wälle – sehen die Gefahr von großen Stoffstromverschiebungen wieder einsetzen und sparen damit natürliche Res- hin zu Deponien und zu höheren Baukosten und weniger sourcen; das ist der erste Schritt in Richtung Kreis- Recycling. Das führt zu dem Grundproblem, dass erhöhte laufwirtschaft. Um hier bundeseinheitliche Standards Entsorgungs- und Baukosten mit den Anforderungen an festzulegen, verabschieden wir heute die Ersatzbaustoff- bezahlbaren Wohnraum nicht zu vereinen sind und auch verordnung. nicht mit der Förderung der Kreislaufwirtschaft. Daher Um bundeseinheitliche Regelungen für die Verfüllung muss die MantelVO im Hinblick auf die Praktikabilität von Abgrabungen und Tagebauen einzuführen, verab- und Kostensteigerung im Bau überprüft und gegebenen- schieden wir eine Neufassung der Bundes-Bodenschutz- falls optimiert werden. und Altlastenverordnung. Damit bringen wir den Boden- An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an unseren schutz gleichzeitig auf den neuesten Stand von Wissen- Innen- und Bauminister , der auf diese schaft und Technik. Herausforderung mehrfach – und entgegen großem Es wird aber immer noch Stoffe geben, die aus dem Widerstand – offen hingewiesen hat. In diesem Zusam- Kreislauf ausgeschleust werden müssen, weil ihre Wie- menhang ist es auch wichtig, festzuhalten, dass das BMU derverwendung zu einem Schaden für Mensch und in enger Abstimmung mit dem BMI prüfen wird, wie eine Umwelt führen könnte. Diese Stoffe kommen auf die Regelung zum Ende der Abfalleigenschaft für geeignete Deponien. Zukünftig müssen wir dafür sorgen, dass sol- Stoffströme in der Ersatzbaustoffverordnung bis zum che schädlichen Stoffe immer weniger genutzt werden. Inkrafttreten der Verordnung umgesetzt werden kann. In den vielen Jahren der Diskussion über die Mantel- In der Anhörung wurde deutlich: Niemand verbaut verordnung gab es unterschiedlichste Prognosen darüber, Abfall. – Daher möchte ich hier an dieser Stelle nochmals ob und wie hoch der Deponierungsanteil steigen würde. betonen und an die zukünftige Regierung appellieren: Vonseiten der Wirtschaft wurde vor einem Anstieg des Die Mantelverordnung muss mit Blick auf deren Aus- Deponierungsanteils um 50 Millionen Tonnen oder sogar wirkungen auf die Stoffstromverschiebung und auf die 70 Millionen Tonnen pro Jahr gewarnt. In dem letzten (B) Recyclingquote überprüft werden. Praktikabilität und Verordnungsentwurf – 2017 – prognostizierte das Minis- (D) Kostensteigerungen im Bau müssen im Blick behalten terium auf Basis der Erkenntnisse eines Planspiels dage- werden, und da muss gegebenenfalls noch optimiert wer- gen nur einen Anstieg um 10 bis 13 Millionen Tonnen im den. Denn es ist unser gemeinsames Interesse, die Kreis- Jahr. laufwirtschaft und Ressourceneffizienz mit großer Ernst- haftigkeit zu adressieren. Das bedeutet, so viel wie In dem jetzt vorliegenden, überarbeiteten Entwurf wird möglich an mineralischen Ersatzbaustoffen wiederzuver- damit gerechnet, dass es keinen Anstieg der Deponie- wenden und nur so viel wie nötig zu deponieren. rungsmenge gibt. Begründet wird dies unter anderem mit Forschungsergebnissen, die Baden-Württemberg Die Relevanz der Verordnung ist sehr hoch, sei es für Ende 2017 vorgestellt hat, wonach die Vorgaben der eine hohe Ressourceneffizienz in der Bauwirtschaft, für Mantelverordnung im Vergleich zur TR Boden – 2004 – die Entwicklung der Recyclingwirtschaft oder die Ver- insbesondere durch die Anpassungen beim Parameter minderung von Schadstoffeinträgen in Boden- und Sulfat eine höhere Verwertungsquote von Bodenmaterial Grundwasser. In diesem Zusammenhang bitte ich um ermöglichen. Außerdem geht das Ministerium davon aus, Zustimmung zur Verordnung, die nach 15 Jahren und dass die ursprünglich berechnete Stoffstromverschiebung vielen strittigen Stunden auf Bundes- und Landesebene in Richtung Deponien geringer ausfallen wird, weil da- zum Abschluss kommen kann. Die neue Regierung wird von ausgegangen werden könne, dass Bayern aufgrund die Aufgabe haben, den Evaluierungs- und Monitoring- der Länderöffnungsklausel seine Verfüllpraxis beibehält. prozess eng zu begleiten. Die Experten der Anhörung haben gesagt, sie wüssten es zurzeit nicht. Wir müssen also die Evaluierung abwarten.

Michael Thews (SPD): Dieses Paket an Verordnun- Die Länderöffnungsklausel, von der eben die Rede gen, das wir heute beschließen, hat unter dem Oberbegriff war, war übrigens noch bis zuletzt ein entscheidender Mantelverordnung eine lange Geschichte. Unter dieser Streitpunkt, an dem diese für die Kreislaufwirtschaft Bezeichnung, aber auch unter dem Namen Ersatzbaus- und damit auch den Klimaschutz so wichtige Verordnung toffverordnung kann man sich so recht nichts vorstellen. fast noch gescheitert wäre. Es geht um die einheitlichen Tatsächlich geht es aber mengenmäßig um den größten Regeln zur Verfüllung von obertägigen Abgrabungen, Abfallstrom in Deutschland. wie zum Beispiel einstige Kies- und Sandgruben. Hier wollte Bayern sich nicht den bundeseinheitlichen Rege- Es geht um mineralische Abfälle. Davon fallen hier lungen beugen, sondern seine eigene Praxis beibehalten. ungefähr 250 Millionen Tonnen pro Jahr an. Das sind Nachdem im Bundesrat ein Kompromiss zur Mantelver- circa 60 Prozent des gesamten Abfallaufkommens. ordnung gefunden wurde und eine Länderöffnungsklau- Anders als für fast alle anderen Abfallströme, wie zum sel abgelehnt wurde, hat der bayerische Bundesbauminis- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30213

(A) ter Seehofer seine Zustimmung zur Verordnung verwei- Zum anderen – dieses Problem sehen wir auch in an- (C) gert und sie damit blockiert. Fast wäre es also nicht zu deren Abfallbereichen – wurde das Ende der Abfalleigen- dieser Debatte und zum Abschluss der Mantelverordnung schaft wieder gestrichen. Recyclingbaustoffe tragen also in dieser Legislaturperiode gekommen, weil es einen weiterhin das Stigma des Abfalls. Der Verweis auf das bayerischen Sonderweg geben soll. Kreislaufwirtschaftsgesetz ist an dieser Stelle nicht aus- reichend. Eine klare Regelung würde Rechtssicherheit Um diese Niederlage für den Umwelt- und Klima- für die Verwendung von Recyclingbaustoffen schaffen, schutz zu verhindern und die Dinge voranzubringen, hat was angesichts der Ressourceneinsparung und der bereits die Umweltministerin „ unter Absingen schmutziger Lie- heute knappen Deponiekapazitäten notwendig wäre. der“, wie sie selber in einem Interview sagte, eine Son- derregelung für die Bayern vorgeschlagen. Nur vor die- Wir Freie Demokraten haben diese Kritikpunkte in sem Hintergrund, dass dieses wichtige Paket ansonsten einem Entschließungsantrag aufgegriffen. Jetzt haben gescheitert wäre, kann ich dieser Länderöffnungsklausel Sie noch einmal die Gelegenheit, die Mantelverordnung zustimmen. besser zu machen. Stimmen Sie unserem Entschließungs- antrag zu! Ich bin fest davon überzeugt, dass wir mit den heute zur Abstimmung vorliegenden Verordnungen auf vielfäl- Das Gute ist, dass die Mantelverordnung erst zwei tige Weise dem Klimaschutz dienen und bin froh, dass ich Jahre nach Verabschiedung in Kraft tritt. Das wird den es miterleben darf, dass dieses Paket heute im Bundestag Unternehmen ausreichend Zeit geben, sich auf die neuen zum Abschluss gebracht wird. Es ist ein schöner Schluss- Regelungen einzustellen. Zudem findet zwei Jahre nach punkt nach den vielen Schritten, die wir in dieser Legis- Inkrafttreten der Verordnungen eine Evaluation statt. laturperiode auf dem Weg zu einer echten Kreislaufwirt- Dies gibt uns die Möglichkeit, bei Fehlentwicklungen schaft gegangen sind. Deshalb von hier aus die dringende gegenzusteuern. Allerdings werden einige Fragen, bei- Bitte an die Länder, die im September über die Mantel- spielsweise, inwiefern es zu Stoffstromverschiebungen verordnung im Bundesrat entscheiden werden: Stimmen kommen wird, extrem unterschiedlich beantwortet; das Sie zu! Lassen Sie die Chance auf eine bundeseinheit- wurde auch in der Anhörung deutlich. In Anbetracht der liche Regelung für diesen immensen Abfallstrom nicht Mengen an Material, über die wir hier sprechen, ist das verstreichen! Nutzen Sie sie! doch verwunderlich. Es wird noch eine Evaluierung geben und auch noch Die FDP begrüßt, dass es endlich zu einer Einigung Möglichkeiten der Verbesserung; aber stimmen Sie jetzt kam. Allerdings sehen wir noch Nachbesserungsbedarf. dem vorliegenden Paket zu, damit es trotz des Querschus- Dies haben wir in unserem Entschließungsantrag deutlich ses des bayerischen Bundesministers des Innern, für Bau gemacht. Deshalb können wir der Mantelverordnung in (B) und Heimat endlich vorangeht. dieser Form nicht zustimmen und werden uns enthalten. (D)

Judith Skudelny (FDP): Endlich, nach 15 Jahren, Ralph Lenkert (DIE LINKE): Der größte Abfallstrom scheint es eine Einigung bei der sogenannten Mantelver- in Deutschland entsteht in der Bauwirtschaft, sei es bei ordnung zu geben. Herzstück der Mantelverordnung sind Abriss oder Sanierung, sei es beim Neubau und insbeson- die Ersatzbaustoffverordnung, durch die der Einbau von dere beim Erdaushub. Auch in der Bauwirtschaft sollte Recyclingbaustoffen gefördert werden soll, und die Bun- die fünfstufige Abfallhierarchie der EU angewendet wer- des-Bodenschutz- und Altlastenverordnung, die neu den. Zuerst käme die Vermeidung, dann die Wiederver- gefasst wird, und die Deponie- und die Gewerbeabfall- wendung, das Recycling, die thermische Verwertung und verordnung, die geändert werden. erst am Ende die Entsorgung infrage. Ein tragbarer Kompromiss zwischen der Förderung Vermeidung wäre der Verzicht auf unnötige Baupro- von Recyclingbaustoffen und dem Schutz von Boden jekte, wie zum Beispiel auf die A 49. Wiederverwendung und Grundwasser ist überfällig. Dafür braucht es deutsch- wäre beispielsweise die Nutzung ehemaliger Kasernen landweit einheitliche Regeln. Obwohl ich froh bin, dass als Jugendherberge. Recycling wäre eine getrennte Erfas- sich Bund und Länder nach langem Hin und Her einigen sung und Wiederverwendung von Beton, Gips, Dämms- könnten, hat der Kompromiss einige Schwachstellen. toffen, Stahl und Holz. Thermische Verwertung käme für Diese kamen auch in der Anhörung, die am vergangenen kontaminiertes Altholz oder Verbundstoffe infrage. Montag stattfand, zur Sprache: Deponierung sollte nur bei kontaminierten oder nicht recycelbaren Materialgemischen erfolgen. Zum einen konnte man sich nicht auf ein einheitliches Die vorliegende Verordnung lässt jedoch die Aspekte Analyseverfahren für die Einstufung der Abbruchmate- der Vermeidung und Wiederverwertung komplett außer rialien einigen. Zurzeit stehen drei verschiedene Metho- Acht. Im Interesse des Klima- und Umweltschutzes for- den zur Verfügung, die alle als gleichwertig angesehen dert die Linke, nachzubessern. werden. Allerdings sind die Ergebnisse der Untersuchun- gen nicht vergleichbar. Das bedeutet, dass man unter- Das Verordnungspaket muss sicherstellen, dass Gebäu- schiedliche Schlussfolgerungen zur Verwertung von de so gebaut werden, dass auch bei Ende der geplanten demselben Abbruchmaterial zieht, je nachdem welche Nutzung eine Weiter- oder Umnutzung möglich ist. Wir Methode verwendet wurde. Dadurch kommt es teilweise brauchen Anreize, damit Sanierung preiswerter ist als zu Mehrfachanalysen. Das wäre vermeidbar und ein ein- Abriss und Neubau. Das spart Ressourcen und wäre zu facher Weg, um Kosten und Aufwand beim Bauen zu erreichen, wenn primäre Baumaterialien teurer werden, reduzieren. aber im Gegenzug die Arbeitskosten auf dem Bau trotz 30214 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021

(A) höherem Aufwand bei Sanierungen sinken, zum Beispiel lung verhindert Recycling. Es ist gut, dass alle anderen (C) durch die Umsetzung der Forderung der Linken, den Bundesländer die Öffnungsklausel nicht nutzen wollen. Mehrwertsteuersatz für personalintensive Bereiche auf Zwei Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung steht eine 7 Prozent zu senken. Auch höhere Deponiekosten fördern Evaluierung der Stoffströme an. Auch die Länderöff- Sanierung. So wird Sanierung kostengünstiger. nungsklausel gehört dann auf den Prüfstand. Es muss so gebaut werden, dass sich die Baumateria- Klar ist auch: Die Mantelverordnung kann nur der lien ganz oder teilweise recyceln lassen. Dafür brauchen Anfang sein für den Weg der Bauwirtschaft in eine um- wir eine Gewerbeabfallverordnung, die hochwertiges fassende Kreislaufwirtschaft; denn der heutige Ressour- Recycling ermöglicht. Leider beschränkt sich diese Ver- cenverbrauch im Bausektor ist eindeutig zu hoch und ordnung darauf, dass Erdaushub besser genutzt werden heizt damit auch die Klimakrise immer weiter an. 40 Pro- kann, dass Altbeton als Frostschutz oder als Untergrund zent der CO2-Emissionen entstehen im Gebäudesektor: für Straßen eingesetzt werden soll und dass diese Regeln beim Bauen, beim Betreiben, aber auch beim Abriss in allen Bundesländern gleich sind, aber leider nicht für von Gebäuden. Deshalb brauchen wir jetzt eine echte Bayern gelten. Es ist schade, dass bei qualitätsgesicherten Bauwende. Das heißt zum Beispiel, mehr und hochwerti- Recycling-Rohstoffen kein Ende der Abfalleigenschaft gere Recyclingbaustoffe in Gebäuden zu verbauen und ermöglicht wird und dass eine Verpflichtung, bei öffent- eine komplett neue Planungskultur nach dem Motto lichen Bauprojekten Recyclingmaterial einzusetzen, „Umnutzung statt Neubau“ zu praktizieren. In einem fehlt. leeren Bürogebäude könnten beispielsweise neue Woh- Diese Vorlage ist unzureichend, um die Herausforde- nungen entstehen, ohne zusätzliche Ressourcen zu ver- rungen in Bezug auf die Ressourceneinsparung und den brauchen. Die Große Koalition ist hier kein Stück voran- Klimaschutz zu bewältigen. Gleichwohl erkennt meine gekommen. Wir werden das in der kommenden Fraktion, Die Linke, an, dass nach 15 Jahren Verhandeln Bundesregierung anpacken. überhaupt eine Verordnung zwischen Bund und Bundes- rat zustande gekommen ist und dass damit das Recycling Florian Pronold, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- im Baubereich wenigstens etwas vorangebracht wird. ministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicher- Wir begrüßen darüber hinaus, dass in zwei Jahren eine heit: Als großer Freund des Buches „Die unendliche Ge- Evaluierung vorgesehen ist, die Verbesserungen ermög- schichte“ von Michael Ende bin ich der Hoffnung, dass licht. die unendliche Geschichte der Mantelverordnung heute Heute werden wir uns bei der Abstimmung enthalten. ein Stück weit dem Ende zugeht und zu einem guten Ende kommt – nach etwa 15 Jahren, von denen ich die Mantel- (B) Dr. Bettina Hoffmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- verordnung fast 8 Jahre mitbegleiten durfte. (D) NEN): Es ist höchste Zeit, dass wir die Mantelverordnung Wenn wir hier oder in der Öffentlichkeit über Kreis- heute beschließen. Seit mehr als 15 Jahren läuft die De- laufwirtschaft diskutieren, dann geht es meist um Kaffee- batte über dieses wichtige Vorhaben. Jetzt müssen wir in becher, Plastiktüten oder Hemdchenbeutel. Aber der grö- die Umsetzung kommen. ßte Abfallstrom, den es gibt – nämlich die mineralischen Bauschutt ist der größte Abfallstrom in Deutschland. Abfälle –, harrt nun seit 15 Jahren einer bundeseinheit- Jedes Jahr fallen 220 Millionen Tonnen an. Hinzu kom- lichen Regelung. Heute kann der Bundestag den Weg men 55 Millionen Tonnen an industriellen Nebenproduk- hierfür frei machen. Nun gibt es einen breiten politischen ten wie Schlacken. Darin steckt ein riesiges Potenzial für Einigungswillen – für eine grundsätzliche Neuregelung das Recycling. Dieses Potenzial müssen wir heben. Die der umweltgerechten Verwendung von mineralischen Mantelverordnung ist dafür ein erster Schritt: Sie beendet Ersatzbaustoffen. den Flickenteppich aus einzelnen landespolitischen Re- geln und schafft einen einheitlichen und verlässlichen Zuerst möchte ich mich ausdrücklich bei allen bedan- Rahmen. Darauf musste die Industrie viel zu lange war- ken, die diesen Kompromiss mittragen. Es liegt in der ten. Natur der Sache, dass zum Bespiel BDI, BDE, kommu- nale Spitzenverbände, einzelne Unternehmen und die Die Verordnung ist ein Kompromiss zwischen der För- Bundesländer immer noch einzelne Aspekte haben, bei derung des Baustoffrecyclings und dem Schutz von denen sie sich auch andere Lösungen hätten vorstellen Boden und Grundwasser. Das wird die Akzeptanz für können. Das gilt auch für das Bundesumweltministerium. den Einsatz von Ersatzbaustoffen stärken und hilft, einen gemeinsamen Markt zu schaffen. Aber es ist völlig para- Mit der Mantelverordnung bringen wir heute eine ech- dox, dass der Verordnungstext jetzt eine Länderöffnungs- te Win-win-Lösung auf den Weg, die Fortschritte sowohl klausel für die Verfüllung von Bauschutt enthält. Der ein- für den Umweltschutz als auch für die Industrie bringt. heitliche Rechtsrahmen wird gleich wieder torpediert. Ich kann jetzt nur einige wenige Punkte ansprechen. Wir Diese Klausel verdanken wir Bauminister Horst schonen endliche natürliche Ressourcen, wenn wir Pri- Seehofer – in seiner Funktion als oberster Lobbyist der märrohstoffe durch qualitativ hochwertige Sekundärroh- bayerischen Bauwirtschaft. Mit dieser vermeintlichen stoffe, so genannte Ersatzbaustoffe, ersetzen. Die Ver- „Bayern first“-Strategie erweist die CSU dem Baustoff- wendung von Primärrohstoffen wie zum Beispiel Sand, recycling und Naturschutz in ihrem Heimatland einen Kies und Gestein ist immer mit der Inanspruchnahme von Bärendienst. Die Sachverständigen haben es in der Naturraum verbunden. Häufig können Ersatzbaustoffe öffentlichen Anhörung klipp und klar gesagt: Die gerade nah an der Baustelle erzeugt werden, während primäre in Bayern überdurchschnittlich oft praktizierte Verfül- Baustoffe von der Lagerstätte teilweise über große Ent- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 233. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. Juni 2021 30215-30249

(A) fernungen antransportiert werden müssen. Ersatzbaustof- Anlage 31 (C) fe können helfen, umweltbelastende Lkw-Verkehre zu vermeiden. Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Michael Kießling (CDU/CSU) zu Mit der Ersatzbaustoffverordnung soll erstmalig eine der Abstimmung über die Beschlussempfehlung bundeseinheitliche Regelung für die Verwertung mineral- des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nuk- ischer Abfälle als Ersatzbaustoffe geschaffen werden. leare Sicherheit zu der Verordnung der Bundesre- Gerade bei überregionalen Vorhaben, wie zum Beispiel gierung: Verordnung zur Einführung einer Ersatz- Bundesstraßen oder Autobahnen, können mit bundesein- baustoffverordnung, zur Neufassung der Bundes- heitlichen Vorgaben auch einheitliche Standards für die Bodenschutz- und Altlastenverordnung und zur Beschaffung festgelegt werden. In Verbindung mit der Änderung der Deponieverordnung und der Gewer- Bevorzugungspflicht im Kreislaufwirtschaftsgesetz kön- beabfallverordnung nen zukünftig dort, wo der Bund Bauträger ist, Ersatz- baustoffe zu einer möglichst nachhaltigen Beschaffung (Tagesordnungspunkt 51 k) beitragen. Der Verordnung zur Einführung einer Ersatzbaustoff- verordnung, zur Neufassung der Bundes-Bodenschutz- Die Anhörung des Umweltausschusses am Montag hat und Altlastenverordnung und zur Änderung der Deponie- nochmals deutlich gemacht, dass die Ersatzbaustoffver- verordnung und der Gewerbeabfallverordnung (soge- ordnung auf einem fundierten, wissenschaftlichen Kon- nannte Mantelverordnung) – Drucksache 19/29636, zept basiert, mit dem die Schadlosigkeit der Verwertung 19/29997 Nr. 2.3 – erkläre ich meine Zustimmung, da nachgewiesen wurde. Somit werden bisherige, teilweise ich der Überzeugung bin, dass es notwendig ist, bundes- von Land zu Land abweichende Konventionen vom neu- einheitliche Regelungen zum Umgang mit mineralischen sten Stand der Wissenschaft abgelöst. Ein eindeutiger Abfällen zu schaffen und damit Rechtssicherheit zu ge- und stringenter Verwertungsrahmen erhöht die Akzep- währleisten. tanz von Ersatzbaustoffen in der Gesellschaft. Gleichwohl möchte ich anregen, die angestrebte Eva- Durch den Wegfall der wasserrechtlichen Erlaubnis luation und das Monitoring zu nutzen, um die sogenannte wird Bürokratie abgebaut. Die eingeführten Dokumenta- Mantelverordnung mit Blick auf die Stoffstromverschie- tions- und Anzeigepflichten sind weniger aufwendig. bung, die Recyclingquote sowie die Praktikabilität und Durch die Ersatzbaustoffverordnung wird es nicht zu Kostensteigerung im Bausektor zu überprüfen und gege- einer Verknappung von Deponiekapazitäten kommen. benenfalls. zu optimieren. Dies haben verschiedene Studien belegt. Des Weiteren halte ich es für wichtig, Regelungen zum (B) Ende der Abfalleigenschaft für geeignete Stoffströme in (D) Um im Bild der mineralischen Baustoffe zu bleiben: der Ersatzbaustoffverordnung, bis zum Inkrafttreten der Auch bei der Mantelverordnung ist nichts in Stein ge- Verordnung, zu schaffen. meißelt. Die Mantelverordnung tritt erst zwei Jahre nach der Verkündung in Kraft. Diese Zeit kann genutzt werden, um wichtige Themen weiter zu optimieren, be- vor die Mantelverordnung überhaupt in Kraft tritt. Dies Anlage 32 betrifft technische Punkte wie einschlägige Normen oder eine verbindliche europarechtskonforme Festlegung des Erklärung nach § 31 GO Endes der Abfalleigenschaft für geeignete Stoffströme. des Abgeordneten Florian Pronold (SPD) zu der namentlichen Abstimmung über den von den Ab- Hinzu kommt: Bereits jetzt ist vorgesehen, die Mantel- geordneten Markus Herbrand, Christian Dürr, verordnung engmaschig zu evaluieren. Auch dies dient Dr. Florian Toncar, weiteren Abgeordneten und dazu, dass die Mantelverordnung praxisgerecht zur der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurf eines Anwendung kommt. Deshalb bitte ich um Zustimmung Gesetzes zur Änderung des Vermögensteuergeset- dafür, die Mantelverordnung nun in der vorgelegten Fas- zes (VStG) sung zu beschließen. Sie ist ein wichtiger, erster Schritt für mehr Kreislaufwirtschaft endlich auch im Baube- (Tagesordnungspunkt 20 a) reich. Viele weitere Schritte müssen folgen – und nicht Ich habe versehentlich mit Ja gestimmt. Mein Votum jeder sollte wieder 15 Jahre dauern. lautet Nein. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333