Plenarprotokoll 13/242 (Zu diesem Protokoll folgt ein Nachtrag)

Deutscher

Stenographischer Bericht

242. Sitzung

Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Inhalt: Begrüßung des Botschafters der Vereinig- CDU/CSU 22425 B ten Staaten von Amerika, John C. Korn- Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE blum, und von 200 amerikanischen Sti- GRÜNEN 22426C, 22442 C pendiaten des Parlamentarischen Paten- schafts-Programms 22419 B Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 22427 D, 22431 C Würdigung des Parlamentarischen Paten- Rudolf Seiters CDU/CSU 22428 D schafts-Programms des Kongresses der . . . 22431 A Vereinigten Staaten von Amerika und des Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU Deutschen Bundestages 22419 B Günther Friedrich Nolting F.D.P . . . 22432A PDS 22433 D Erweiterung der Tagesordnung 22420 A Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 22435 A, Zusatztagesordnungspunkt 16: 22438 A (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE Beschlußempfehlung des Ausschusses GRÜNEN 22437 B nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz SPD 22438 C zur Änderung des Eisenbahnkreu- Gerhard Zwerenz PDS 22440 B zungsgesetzes (Drucksachen 13/1446, 13/8537, 13/9840, 13/11085) 22420 B CDU/CSU 22440 D Dr. Uwe-Jens Rössel PDS (Erklärung nach BÜNDNIS 90/DIE GRÜ § 31 GO) 22420 B NEN 22442 D SPD 22443 C Zusatztagesordnungspunkt 17: SPD 22444 A Beschlußempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem An- Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . 22445 B trag der Bundesregierung Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD . . . 22447 B Deutsche Beteiligung an der von der Ulrich Irmer FDP 22449 A NATO geplanten Operation zur weite-- ren militärischen Absicherung des Dr. Uschi Eid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Friedensprozesses im früheren Jugo- (Erklärung nach § 31 GO) 22451 B slawien über den 19. Juni 1998 hinaus (SFOR-Folgeoperation) (Drucksachen 1. Namentliche Abstimmung über die Be- 13/10977, 13/11012) 22421 A schlußempfehlung des Auswärtigen Aus- schusses zum Antrag betr. SFOR-Folge- Dr. , Bundesminister AA . 22421 B operation (Drucksache 13/11012) . . . 22450 C Günter Verheugen SPD 22423 C Ergebnis 22451 A II Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freistag, den 19. Juni 1998

2. Namentliche Abstimmung über den Ent- b) Antrag der Abgeordneten Ma rina schließungsantrag der Fraktionen der CDU/ Steindor, Annelie Buntenbach, weite- CSU und F.D.P. (Drucksache 13/11065) 22450 D rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ergebnis 22451 D Sozial-ökologische Weiterentwick lung des Vorschlages für eine Richt- 3. Namentliche Abstimmung über den linie des Rates zur Änderung der Entschließungsantrag der Fraktion der Richtlinie 90/220/EWG über die ab- SPD (Drucksache 13/11077) 22451 C sichtliche Freisetzung genetisch ver- Ergebnis 22452 A änderter Organismen in die Umwelt (KOM (98) 85 endg.; Ratsdok. 6378/98) (Drucksache 13/10951) 22464 B 4. Namentliche Abstimmung über den Ent- schließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS c) Antrag der Abgeordneten Wolf-Mi- 90/DIE GRÜNEN (Drucksache 13/11083) 22451D chael Catenhusen, , weiterer Abgeordneter und der Frak- Ergebnis 22452 B tion der SPD Das Innovationspotential der moder- 5. Namentliche Abstimmung über den Ent- nen Bio- und Gentechnologie nutzen schließungsantrag der Fraktionen der CDU/ (Drucksache 13/10983) 22464 B CSU und F.D.P. (Drucksache 13/11093) . . 22452A Dr. Jürgen Rüttgers, Bundesminister Ergebnis 22454 A BMBF 22464 C Wolf-Michael Catenhusen SPD 22465 C 6. Namentliche Abstimmung über den Ent- Marina Steindor BÜNDNIS 90/DIE GRÜ schließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS NEN 22467 D 90/DIE GRÜNEN (Drucksache 13/11087) . 22452 B Wolfgang Bierstedt PDS 22468 C Ergebnis 22454 A CDU/CSU 22469 C

Tagesordnungspunkt 19: Tagesordnungspunkt 20: Endbericht der Enquete-Kommission a) - Zweite und dritte Beratung des von „Sogenannte Sekten und Psychogrup- den Fraktionen der CDU/CSU und pen" (Drucksache 13/10950) . . . 22452 C F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des § 42 Ortrun Schätzle CDU/CSU 22452 C Abs. 2 des Wohngeldgesetzes und des § 9 Abs. 3 und 4 des Eigen- SPD 22454 B heimzulagengesetzes (Drucksachen Dr. Angelika Köster-Loßack BÜNDNIS 13/10792 [neu], 13/11036, 13/11040) 90/DIE GRÜNEN 22456 B, 22461 C - Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Franziska Eich- Roland Kohn F.D.P. 22457 C städt-Bohlig, Helmut Wilhelm (Am- CDU/CSU 22459 D berg) und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Ent- Dr. Angelika Köster-Loßack BÜNDNIS wurfs eines Gesetzes zur Ände- 90/DIE GRÜNEN 22460 C rung des Eigenheimzulagengeset- zes (Eigenheimzulagenänderungs- Gisela Schröter SPD 22461 D gesetz 1998) (Drucksachen 13/10788, 13/11036, 13/11039 [neu]) . . . . 22471D Helmut Jawurek CDU/CSU 22463 B b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bau- Tagesordnungspunkt 9: wesen und Städtebau zu dem Antrag a) Antrag der Abgeordneten Ch ristian der Abgeordneten Joachim Poß, Achim Lenzer, Werner Lensing, Dr. Martin- Großmann, weiterer Abgeordneter und Mayer (Siegertsbrunn) und der Frak- der Fraktion der SPD tion der CDU/CSU sowie der Abgeord- Verlängerung der ökologischen Kom- neten Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann, ponente bei der Eigenheimzulage Dr. , Horst F ried- (Drucksachen 13/10619, 13/11036) . . 22472B rich und der Fraktion der F.D.P. c) Beschlußempfehlung und Bericht des Biotechnologie - entscheidender Fak- Finanzausschusses zu dem Antrag der tor einer zukunftsorientierten Innova- Abgeordneten Klaus-Jürgen Warnick, tionspolitik (Drucksache 13/10808) . 22464 A Dr. Barbara Höll, Dr. Uwe-Jens Rössel, Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freistag, den 19. Juni 1998 III

Dr. und der Gruppe der eines Gesetzes zur Vereinfachung des PDS zivilgerichtlichen Verfahrens und des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbar- Novellierung des Eigenheimzulagen- keit; b - Beschlußempfehlung zu dem An- gesetzes (Drucksachen 13/10295, 13/ 11013) 22472 B trag: Entlastung der Zivilgerichtsbarkeit durch vor- bzw. außergerichtliche Streit- beilegung) Tagesordnungspunkt 21: Antrag der Abgeordneten Ma ria Eich- Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . . 22474* D horn, Dr. Maria Böhmer, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der CDU/ Anlage 3 CSU sowie der Abgeordneten Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und der Nachträglich zu Protokoll gegebene Rede Fraktion der F.D.P. zu Tagesordnungspunkt 15 (a - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Bun- Jugendmedienschutz national und desnotarordnung und anderer Gesetze; (Drucksache international sichern b - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung 13/10798) 22473 A der Bundesrechtsanwaltsordnung, der Pa- tentanwaltsordnung und anderer Gesetze, Nächste Sitzung 22473 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Bundesrechtsanwaltsordnung; c - Entwurf Anlage 1 eines Gesetzes zur Änderung des Um- wandlungsgesetzes) Liste der entschuldigten Abgeordneten . 22474* A Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 22475* C

Anlage 2 Anlage 4 Nachträglich zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 11 (a - Entwurf Amtliche Mitteilungen 22476* C

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242. Sitzung

Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Beginn: 9.00 Uhr

Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Meine Damen und in den letzten zwei Jahren - dafür geworben, daß das Herren, die Sitzung ist eröffnet. Ich freue mich, daß Programm fortgesetzt wird. Ich glaube, wir sind am Sie nach wenigen Stunden der Unterbrechung schon Ziel. wieder im Plenarsaal sind. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem (Karsten D. Voigt [Frankfu rt] [SPD]: Es sind BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der F.D.P.) nicht die gleichen!) In diesem Jahr bekunden zwischen 500 und Ich wünsche uns, daß wir uns heute morgen frisch an 600 Mitglieder des Deutschen Bundestages, daß sie die Arbeit machen können. gern bereit sind, einen jungen amerikanischen Gast Wenn Sie gestatten, möchte ich gerne zu Beginn in ihrem Wahlkreis zu betreuen. Darin sehe ich ein der Sitzung anläßlich eines besonderen Jubiläums höchst eindrucksvolles Votum und Symbol für die Fortsetzung der freundschaftlichen Beziehungen unseres Patenschafts-Programms mit den USA ei- nige Bemerkungen machen. zwischen unseren beiden Völkern. Das Ende des kal- ten Krieges bedeutet für uns alle hier im Parlament Ich möchte auf der Ehrentribüne den Botschafter nicht ein Weniger an Austausch und Zusammenar- der Vereinigten Staaten von Amerika, John beit, sondern noch eher ein Mehr. C. Kornblum, und mit ihm 200 amerikanische Sti- pendiaten des Parlamentarischen Patenschafts-Pro- (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem gramms herzlich begrüßen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der PDS) (Beifall) Wir grüßen heute alle Mitglieder des Kongresses, Heute ist ein besonderer Tag, denn das Parlamen- besonders auch die Mitglieder der Congressional tarische Patenschafts-Programm, das Herzstück des Study Group an . Wir sind stolz auf die jähr- deutsch-amerikanischen Jugendaustausches, wurde lichen Begegnungen zwischen seinen Mitgliedern vor nunmehr 15 Jahren durch den Deutschen Bun- und der Deutsch-Amerikanischen Parlamentarier- destag und den Kongreß der Vereinigten Staaten auf Gruppe, den traditionellen Mitarbeiteraustausch zwi- seinen erfolgreichen Weg gebracht, um damals des schen dem Deutschen Bundestag, dem Bundesrat 300. Jahrestages des Beginns der Einwanderung und dem US-Kongreß, auf das Praktikanten-Pro- deutscher Bï}rgerinnen und Bürger in die Vereinigten gramm des Bundestages für junge amerikanische Staaten zu gedenken. Hochschulabsolventen und natürlich auf unser ge- meinsames Parlamentarisches Patenschafts-Pro- Sie, liebe Stipendiaten, vertreten heute über 11000 gramm. junge Amerikaner und Deutsche, die an diesem Pro- gramm seitdem teilgenommen haben. Bereits in jun- Präsident Clinton erklärte in seiner Rede am 14. Mai gen Jahren sind Sie, liebe amerikanische Stipendia- 1998 in Berlin-Tempelhof aus Anlaß der Gedenkver- ten, neugierig und wollen wissen, wie es in Deutsch- anstaltung „50 Jahre Luftbrücke" - ich zitiere in land ist - umgekehrt wollen unsere Stipendiaten wis- Deutsch -: sen, wie es in den USA ist -, um außerhalb des eige- nen Landes Erfahrungen zu sammeln. Kein Buch und Wir werden verstärkt auf die Unterstützung des kein Film ersetzen den unmittelbaren persönlichen Parlamentarischen Patenschafts-Programms zwi- Kontakt, die Erfahrung im anderen Land und das Zu- schen dem US-Kongreß und dem Deutschen Bun- sammenleben mit den do rt lebenden Menschen. destag hinarbeiten. Ich danke all denjenigen, die wie Sie, Herr Bot- Der Deutsche Bundestag dankt Präsident Clinton für schafter Kornblum, am Zustandekommen und Erhalt diese Erklärung. dieses Programms mitwirken. Wir haben als Parla- mentarier in diesen Monaten - ich kann fast sagen: (Beifall im ganzen Hause) 22420 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Präsidentin Dr. Rita Süssmuth Herzlichen Dank allen, die in beiden Ländern an Ich werde mich bei der Abstimmung über das Er- diesem Programm mitwirken: den Parlamentariern, gebnis des Vermittlungsverfahrens enthalten, weil mit den Gasteltern, den Gastgeschwistern, den Aus- ihm zwar ein Teilerfolg bei der Entlastung der Kom- tauschorganisationen, den zahlreichen ehrenamt- munen erreicht worden ist, dieser Teilerfolg aber nicht lichen Helfern und Helferinnen und ganz besonders ausreicht, das Problem zufriedenstellend zu lösen. den Kolleginnen und Kollegen des Deutschen Bun- destages, die sich engagiert um die jungen Men- Die Kommunen in Ostdeutschland erhalten nun- schen im Patenschafts-Programm kümmern. mehr durch Änderungen des Investitionsförderungs gesetzes und des Gemeindeverkehrsfinanzierungs- Aus Anlaß des 15jährigen Jubiläums dieses Pro- gesetzes Zuschüsse und Fördermittel für die Grund- gramms bekräftigt der Deutsche Bundestag am heu- erneuerung von Brücken über Schienenwege im Be- tigen Tag seine Entschlossenheit zur Fortsetzung die- reich der ehemaligen Deutschen Reichsbahn. Über- ser wichtigen und ausgezeichneten Zusammenarbeit wiegend werden diese Mittel jedoch von den Haus- zwischen unseren beiden Parlamenten und zwischen halten der Länder und nicht von dem Haushalt des unseren beiden Ländern. Bundes getragen. Diese Regelung gilt bis zum 31. De- Den Kolleginnen und Kollegen im US-Repräsen- zember 2003. tantenhaus und im US-Senat versichere ich an dieser Stelle: Die Mitglieder des Deutschen Bundestages Derartiges war bisher nicht so klar geregelt und stehen auch künftig hinter dem Parlamentarischen stellt zweifelsohne einen gewissen Fortschritt dar. Patenschafts-Programm und freuen sich auf eine wei- Doch ich frage trotzdem: Erstens. Sollen die ostdeut- terhin gute Zusammenarbeit. schen Kommunen auf den bisher aufgelaufenen Rechnungen sitzenbleiben? Das würde das Ergebnis (Beifall im ganzen Hause) des Vermittlungsausschusses zur Folge haben. Zwei- Liebe Kolleginnen und Kollegen, interfraktionell tens. Was wird mit den auflaufenden Rechnungen ist vereinbart, die heutige Tagesordnung um die Be- nach dem Jahre 2003? Dazu ist keine zufriedenstel- ratung der Beschlußempfehlung des Vermittlungs- lende Regelung im Vermittlungsverfahren erreicht ausschusses zu dem Gesetz zur Änderung des Eisen- worden. Daher meine Enthaltung. bahnkreuzungsgesetzes zu erweitern. Die Vorlage Während die bis zum 1. Januar 1994 aufgelaufenen soll jetzt gleich aufgerufen werden. Sind Sie mit die- Unterhaltungsrückstände an Straßenüberführungen ser Erweiterung der Tagesordnung einverstanden? - im Altbundesgebiet hundertprozentig von der Das ist der Fall. Dann ist das so beschlossen. Bahn AG übernommen werden, wird auch infolge des Ergebnisses des Vermittlungsausschusses eine Ich rufe jetzt also den Zusatzpunkt 16 auf: vollständige Gleichbehandlung ostdeutscher Kom- Beratung der Beschlußempfehlung des Aus- munen nach wie vor nicht vorgenommen. Das ist schusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes sehr kritikwürdig. Auch daher meine Enthaltung. (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Änderung des Eisenbahnkreuzungsgesetzes Ich werde mich auch deshalb bei der Abstimmung (EKrG) über das Ergebnis des Vermittlungsverfahrens ent- halten, weil noch immer keine Regelung für eine ga- - Drucksachen 13/1446, 13/8537, 13/9840, rantierte Restnutzungsdauer von mindestens zehn 13/11085 - Jahren für Bahnüberführungen bei Übergang der Berichterstattung: Unterhaltungslast an die Kommunen im Gesetz ent- Abgeordneter Dr. halten ist. Die Fachleute haben dies ausdrücklich ge- fordert, auch um hier Lasten von den Kommunen, die Die PDS möchte eine Erklärung zur Abstimmung sie nicht zu verantworten haben, abzuwenden. Eine abgeben. Es spricht Uwe-Jens Rössel. solche Forderung, wäre sie im Zuge des Vermitt- lungsverfahrens aufgenommen worden, würde die Dr. Uwe-Jens Rössel (PDS): Sehr geehrte Frau Prä- Rechtssicherheit stärken. Sie würde den Kommunen sidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich langwierige Rechtsstreitigkeiten gegen die Deutsche möchte nach § 31 der Geschäftsordnung des Deut- Bahn AG ersparen. schen Bundestages mein Abstimmungsverhalten zu dem Ergebnis des Vermittlungsausschusses über das Ich werde mich also bei der Abstimmung über das Gesetz zur Änderung des Eisenbahnkreuzungsgeset- Ergebnis des Vermittlungsverfahrens enthalten, ob- zes - das Ergebnis wurde in der vergangenen Nacht gleich einige der die Kommunen bewegenden Pro- erreicht, deutlich machen. bleme angesprochen und gelöst worden sind; denn Grundprobleme bleiben nach wie vor ungelöst. Ich In diesem Gesetz geht es darum, wer die Kosten erwarte, daß eine künftige Bundesregierung bei ei- - für die Instandsetzung und Instandhaltung von ner dringend notwendigen weiteren Novellierung Bahnübergängen und Bahnbrücken trägt. Nach der des unsäglichen Eisenbahnkreuzungsgesetzes den bisherigen Regelung soll die Hauptlast bei den Kom- arg gebeutelten Kommunen und insbesondere den munen abgeladen werden. Besonders zur Ader ge- Städten, Gemeinden und Landkreisen in Ostdeutsch- lassen werden sollen mit den Regelungen ostdeut- land mehr Beachtung zukommen läßt. sche Städte, Gemeinden und Landkreise. Die Deut- sche Bahn AG, die oftmals über Jahre hinweg auch Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. im Altbundesgebiet die Instandhaltung vernachläs- sigt hat, soll dagegen entlastet werden. (Beifall bei der PDS) Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22421

Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Da der Berichter- Zweieinhalb Jahre nach Dayton haben wir Anlaß statter nicht mehr das Wort wünscht, kommen wir zu vorsichtigem Optimismus. Bosnien und Herzego- jetzt zur Abstimmung. wina ist militärisch stabil. Die Flüchtlinge kehren langsam zurück, und die wirtschaftliche Erholung Der Vermittlungsausschuß hat gemäß § 10 Abs. 3 macht Fortschritte. Satz 1 seiner Geschäftsordnung beschlossen, daß im Deutschen Bundestag über die Änderungen gemein- Aber das Land ist noch längst nicht über den Berg. sam abzustimmen ist. Wer stimmt für die Beschluß- Internationales Engagement und die militärische Ab- empfehlung des Vermittlungsausschusses auf Druck- sicherung des Friedensprozesses bleiben leider un- sache 13/11 085? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? verzichtbar, bis selbsttragende Stabilität erreicht ist. - Die Beschlußempfehlung ist mit den Stimmen von Der Hohe Repräsentant, die OSZE, zivile Institutio- CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und F.D.P. nen und Nichtregierungsorganisationen brauchen bei Enthaltung der PDS angenommen. auch weiterhin ein sicheres Umfeld. Dafür ist die Prä- senz von SFOR unabdingbar. Ich rufe Tagesordnungspunkt 17 auf: Der bisherige deutsche SFOR-Beitrag beruht auf Beratung der Beschlußempfehlung und des einem breiten Konsens in diesem Haus und in der Berichts des Auswärtigen Ausschusses (3. Aus- Bevölkerung - zu Recht. Bundeswehr und SFOR hel- schuß) zu dem Antrag der Bundesregierung fen mit, den leidgeprüften Menschen in Sarajevo, in Deutsche Beteiligung an der von der NATO Mostar, in Brcko eine Zukunft in Frieden zu sichern. geplanten Operation zur weiteren militäri- (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU schen Absicherung des Friedensprozesses im sowie bei Abgeordneten der SPD und des früheren Jugoslawien über den 19. Juni 1998 BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) hinaus (SFOR-Folgeoperation) An der Festnahme eines mutmaßlichen Kriegsverbre- - Drucksachen 13/10977, 13/11012 - chers am vergangenen Montag waren auch deutsche Berichterstattung: Soldaten beteiligt - ein weiterer Erfolg. Wir können Abgeordnete auf unsere Soldaten stolz sein. Ich habe sie - so wie Karsten D. Voigt Volker Rühe natürlich auch - mehrfach besucht. Gerd Poppe (Walter Kolbow [SPD]: Nicht nur Sie!) Ulrich Irmer Andrea Gysi Für ihren Friedensdienst haben sie wahrlich Dank und Anerkennung verdient. Es liegen Entschließungsanträge der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P., der Fraktion der SPD sowie (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor. Ich weise sowie bei Abgeordneten der SPD und des darauf hin, daß wir im Anschluß an die Aussprache BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) mindestens drei namentliche Abstimmungen durch- führen werden. Als Außenminister erfahre ich draußen von unse- ren Partnern und Freunden immer wieder hohe Aner- Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind kennung für die Leistungen der Bundeswehr in Bos- für die Aussprache zwei Stunden vorgesehen. - Dazu nien. Ich sage das vor allem an die Adresse a ll jener, höre ich keinen Widerspruch. Dann ist dies so be- die bei dem feierlichen Gelöbnis in der vergangenen schlossen. Woche in Berlin unsere Soldaten mit Geschrei, mit Ich eröffne die Aussprache. Es beginnt der Bundes- Pfiffen und mit unsäglichen Reden herabgewürdigt minister des Auswärtigen, Klaus Kinkel. haben. Das lassen wir nicht zu. (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister des Auswärtigen: sowie bei Abgeordneten der SPD) Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Soldaten der Bundeswehr erfüllen einen Der UNO-Sicherheitsrat hat am vergangenen Mon- schwierigen, im übrigen einen von diesem Parlament tag das Mandat für SFOR um ein weiteres Jahr ver- gewollten Friedensdienst. Sie tun das mit Bravour längert. Dies ist eine wichtige Entscheidung für die und müssen wissen: Der Deutsche Bundestag steht Sicherung des Friedens in Bosnien und Herzego- hinter ihnen und unterstützt sie ohne Wenn und wina. Schon vorher hatten die Konfliktparteien der Aber. Verlängerung des Mandats zugestimmt und die Au- ßen- und Verteidigungsminister der NATO nach Ab- (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU stimmung mit den anderen SFOR-Partnern die Ope- sowie bei Abgeordneten der SPD) rationspläne gebilligt. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch einmal Das Bundeskabinett hat am vergangenen Mitt- den deutschen Nichtregierungsorganisationen, al- woch beschlossen, zur weiteren Absicherung des len humanitären Organisationen und all denen dan- Friedensprozesses in Bosnien und Herzegowina über ken, die im privaten Bereich in schwerster Zeit und den 19. Juni 1998 hinaus Streitkräfte als Beitrag zur zum Teil heute noch in Bosnien eine wirk lich aner- multinationalen Friedenstruppe unter Führung der kennswerte Leistung vollbracht haben. Ich habe er- NATO zu entsenden. Heute bittet die Bundesregie- lebt, daß es dort kein Wasser und keine Elektrizität rung den Deutschen Bundestag um seine Zustim- gab; ich habe die schreckliche, ganz schlimme Situa- mung zu diesem Beschluß. tion in dem Kosovo-Krankenhaus erlebt. Wir können 22422 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Bundesminister Dr. Klaus Kinkel stolz darauf sein, daß insbesondere deutsche Nichtre- Asylbewerber aus dem Kosovo; in den letzten Monaten gierungs- und humanitäre Organisationen in Bosnien betrug der monatliche Zulauf zwischen 1 500 und in den vergangenen Jahren außerordentlich viel ge- 2 500. Eine weitere Eskalation der Gewalt muß verhin- leistet haben. Dafür gebührt ihnen auch der Dank dert werden. Das zeigen allein diese Zahlen. des Parlaments. Die verantwortungslose Politik Belgrads destabili- (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU siert die gesamte Region weit über den Kosovo hin- sowie bei Abgeordneten der SPD und des aus. Was im Kosovo passiert, betrifft ganz Europa. BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Kosovo darf nicht zum zweiten Bosnien und zur Lunte für den gesamten Balkan werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Bosnien darf nicht dauerhaft am Tropf der internationalen zivilen (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU und militärischen Hilfe hängen. Es liegt im ureigen- sowie bei Abgeordneten der SPD und des sten Interesse der Bosnier selbst, daß sie ihr Schicksal BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) wieder in die eigenen Hände nehmen. Es ist ein gu- Bei dem Treffen der Kontaktgruppe am 12. Juni tes Zeichen, daß sich die Regierung der Republika und beim Europäischen Rat in Cardiff haben wir Präsidentin Plavsic und Ministerpräsident Srpska - deshalb unmißverständlich klargemacht, was wir Dodik - eindeutig zu Dayton bekennt. Dies war, wie jetzt von der Belgrader Führung erwarten: die sofor- Sie wissen, in der Republika Srpska nicht immer so, tige Beendigung der Gewalt gegen die Zivilbevölke- und das macht Hoffnung. rung und den Abzug der ganz offensichtlich zur Re- Eine zentrale Aufgabe bleibt natürlich die Rück- pression eingesetzten Streitkräfte, die Rückkehr der kehr der Flüchtlinge. Herr Kollege Schlee hat da ge- Flüchtlinge, die Zulassung internationaler Beobach- rade in den letzten Monaten Außerordentliches ge- ter und den ungehinderten Zugang für humanitäre leistet. Vielen Dank! Hilfe sowie einen substantiellen Dialog mit den Ko- sovo-Albanern. (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Die internationale Staatengemeinschaft, auch Ruß- BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) land, vertritt diese Linie geschlossen und handelt auch. In der vergangenen Woche hat die EU zusätz- Auch Minderheiten müssen ohne Angst um Leben lich zu den bereits bestehenden Sanktionen ein Ver- und Gesundheit in ihre angestammte Heimat zurück- bot von Investitionen in Serbien und die Sperrung kehren können. Es bleibt das Problem der wirtschaft- serbischer Auslandsguthaben beschlossen. In Cardiff lichen Erholung. Nur wenn die Flüchtlinge eine wirt- haben wir darüber hinaus ein Flugverbot für jugosla- schaftliche Perspektive und ein sicheres Umfeld ha- wische Fluglinien verhängt, für dessen praktische ben, werden sie nach Bosnien zurückkehren. Umsetzung allerdings noch etwas Zeit benötigt wird. Alle Kriegsverbrecher müssen nach Den Haag - Präsident Milosevic muß wissen: Die Menschen- freiwillig oder unfreiwillig. Die letzte Festnahme mit und Minderheitenrechte sind nicht, wie er immer deutscher Hilfe zeigt, daß für einige der Herren die wieder behauptet, eine innere Angelegenheit Ser- Uhr abgelaufen ist und die Luft dünner wird. Inzwi- biens. Wir werden alles tun, um der Gewalt im Ko- schen befinden sich 28 von den 58 offen Gesuchten sovo ein Ende zu bereiten. Deshalb haben Kontakt- in Haft. gruppe und Europäischer Rat der Belgrader Führung Wir müssen die mafiosen Strukturen auflösen, Mit- für den Fall der Verweigerung weitere Maßnahmen telmißbrauch und Korruption konsequent bekämp- angedroht, einschließlich solcher, für die eine Zu- fen. Deutschland unterstützt ausdrücklich den Ho- stimmung des UN-Sicherheitsrates erforderlich ist. hen Repräsentanten beim Aufbau einer Antikorrup- (Beifall des Abg. Dr. [SPD]) tionseinheit. Großbritannien hat bei den Vereinten Nationen eine Liebe Kolleginnen und Kollegen, die SFOR-Mis- entsprechende Sicherheitsresolution eingebracht, die sion ist nicht befristet. Sie soll aber in dem Maße zu- wir unterstützen. rückgefahren und beendet werden, wie sich die Si- cherheitslage in Bosnien bessert und die Konfliktpar- Übungsflüge über Albanien und Mazedonien wa- teien eigene Verantwortung für das Land überneh- ren eine erste Warnung. Die NATO prüft militärische men können. Deshalb wird der NATO-Rat erstmals Optionen mit unmittelbarer Auswirkung auf den Ko- nach den Wahlen im Herbst halbjährlich die Fort sovo und die gesamte Bundesrepublik Jugoslawien. -schritte bei der Umsetzung der Dayton-Abkommen Solche Maßnahmen bedürfen einer sicheren Rechts- überprüfen und entsprechend über weitere Reduzie- grundlage. Das kann auf Grund der Umstände nur rungen entscheiden. ein Mandat des Sicherheitsrates sein. Selbstverständlich werden der Kollege Rühe und Das Ergebnis des Moskauer Treffens zwischen ich die umfassende Unterrichtung des Bundestages Präsident Jelzin und Milosevic - dieses Treffen wurde in bewährter und enger Zusammenarbeit fortsetzen. übrigens beim deutsch-russischen Gipfel angeregt und verabredet - hat deutlich gemacht: Geschlossen- Die Situation im Kosovo zeigt leider: Der Balkan heit zeigt Wirkung. Unser Dank gilt der russischen kommt nicht zur Ruhe. Zehntausende Kosovo-Albaner Regierung für die geführten Gespräche. Sie hat sind bislang vor dem brutalen Vorgehen der serbischen durchaus einiges erreicht - nicht alles; aber das war Sicherheitskräfte geflohen, Hunderte mußten sterben. auch nicht zu erwarten. Offengeblieben ist die Erfül- Wir haben in Deutschland inzwischen über 140 000 lung der Forderung nach einem sofortigen und be- Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22423

Bundesminister Dr. Klaus Kinkel dingungslosen Rückzug der Truppen. Völlig unbe- Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Es spricht jetzt der friedigend ist insbesondere, daß Belgrad weiterhin Kollege Günter Verheugen. eine internationale Beteiligung bei den Verhandlun- gen mit den Kosovo-Albanern ablehnt. Günter Verheugen (SPD): Frau Präsidentin! Meine Den Ankündigungen von Herrn Milosevic in Moskau sehr verehrten Damen und Herren! Die sozialdemo- müssen jetzt allerdings Taten folgen. Besonders wichtig kratische Bundestagsfraktion wird der Verlängerung ist die Zulassung von internationalen Beobachtern im des SFOR-Mandats der Bundeswehr zustimmen - so gesamten Kosovo. Die beschlossenen Maßnahmen wie schon dem ersten SFOR-Mandat und dem voran- müssen aufrechterhalten werden, bis Belgrad die For- gegangenen IFOR-Mandat -, weil sich gezeigt hat, derungen der Kontraktgruppe erfüllt. Belgrad muß wis- daß der friedenssichernde Charakter dieses Einsatzes sen, daß wir auf leere Versprechungen nichts geben über jeden Zweifel erhaben ist. und uns auf ein Zeitspiel nicht einlassen. Es ist richtig, daß der Friedensprozeß in Bosnien Was der jugoslawische Außenminister Jovanovic Herzegowina eine militärische Absicherung braucht. gestern in Brüssel nach den Gesprächen mit den Rus- Es ist richtig, daß durch die Anwesenheit dieser Frie- sen gesagt hat, ist übrigens ein tolles Stück und völlig denstruppen der politische Prozeß, der Demokratisie- unannehmbar. rungsprozeß und der Prozeß des Wiederaufbaus (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU überhaupt erst möglich geworden sind. Ich freue sowie bei Abgeordneten der SPD) mich, feststellen zu können, daß die militärische Auf- gabe erfüllt werden konnte, ohne daß es in den Jah- Unser oberstes Ziel für den Kosovo muß natürlich ren, die bereits vergangen sind, ein einziges Mal zu eine politische Lösung sein, also die Sicherung der etwas gekommen ist, was auch nur entfernt an Menschen- und Minderheitenrechte der Kosovo-Al- Kampfhandlungen erinnern würde. Es ist und bleibt baner durch eine umfassende Autonomieregelung, ein friedenssichernder Auftrag. die die legitimen Interessen der Kosovo-Albaner sta- tusrechtlich sichert. Ich habe bei meinem Treffen mit Die Bundeswehr hat sich im Rahmen dieses Auf- Rugova am vergangenen Freitag in London aller- trages hervorragend bewäh rt. Ich hatte mit anderen dings unmißverständlich und deutlich gesagt, daß Kolleginnen und Kollegen unserer Fraktion häufig auch die Gewalt, die von der UCK, also von seiten Gelegenheit, die Arbeit der Bundeswehr in Sarajevo der Kosovo-Albaner, angewandt wird, aufhören muß. und Umgebung zu beobachten. Ich kann wirklich sa- Wir brauchen einen Gewaltverzicht auf beiden Sei- gen: Es ist schön zu erleben, mit welchem Einfüh- ten. Wir appellieren an alle gemäßigten Kräfte in der lungsvermögen, mit welcher Sensibilität und auch Bundesrepublik Jugoslawien, sich für eine f riedliche mit welcher Kenntnis der Probleme die Offiziere und Lösung einzusetzen. Deshalb unterstützen wir auch Soldaten ihre Aufgabe dort erfüllen. den gemäßigten Kurs des montenegrinischen Präsi- Aber der militärische Anteil an der Friedenssiche- denten Djukanovic. rung in Bosnien-Herzegowina ist eben nur ein Anteil; Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Kosovo-Kon- er schafft nur den Rahmen. Das eigentliche Problem flikt betrifft die gesamte Region. Deshalb prüft die ist - Herr Kinkel hat darauf hingewiesen -: Wie brin- NATO für Albanien und Mazedonien unterstützende gen wir den politischen Prozeß voran? - Ich teile den Maßnahmen im Rahmen der Pa rtnerschaft für den vorsichtigen Optimismus des Außenministers: Es gibt Frieden, die zur Stabilisierung der gesamten Region ohne jeden Zweifel Fortschritte. Es sieht heute we- beitragen sollen. Die Belgrader Führung muß wissen: sentlich besser aus als vor zwei Jahren. Bis hierher und nicht weiter! Aber das Grundübel ist unverändert da, nämlich Albanien ist dringend auf internationale Hilfe an- die Stärke der nationalistischen Parteien, die die gewiesen. 12 000 Flüchtlinge befinden sich in Alba- Menschen zum Krieg aufgehetzt haben und die es nien. Deshalb brauchen wir ein Regionalkonzept, jetzt nicht dulden, daß sie wieder f riedlich zusam- das sicherstellt, daß die Flüchtlinge do rt bleiben kön- menleben. Diese nationalistischen Parteien definie- nen. Der UNHCR, dem wir mit einer halben Million ren sich eben nicht durch ein politisches Programm DM geholfen haben - im übrigen ist das Geld do rt im oder ein politisches Ziel. Sie haben kein konstrukti- Augenblick Gott sei Dank nicht das Problem -, die ves politisches Programm, sondern sie definieren sich Kommission der Europäischen Union und die ande- allein durch die Tatsache: Wir sind Serben; wir sind ren Hilfsorganisationen arbeiten an diesem Konzept. Kroaten; wir sind Muslime. Daraus ergibt sich - wie Wir müssen dafür sorgen, daß es möglichst bald in jeder leicht erkennen kann -, daß ihre Existenz da- Kraft tritt. von abhängig ist, daß sie Angst vor den anderen ver- breiten. Die Lage in Bosnien und Herzegowina gibt Anlaß zur Hoffnung; ich wiederhole es. Aber es -bleibt noch Wer versucht, diese Angst zu überwinden, wer die viel zu tun. Eine breite Mehrheit im Deutschen Bun- ethnischen Grenzen, die von den nationalistischen destag für die Verlängerung des SFOR-Mandats Parteien in den Köpfen und Herzen aufgerichtet wer- wäre ein klares Signal, daß Deutschland seine Ver- den, überschreiten will, dem widerfäh rt etwas, was antwortung für den Frieden in Bosnien und Herzego- wir auch aus der eigenen Geschichte kennen: Er wina weiterhin entschlossen wahrnimmt. muß sich mit dem Vorwurf des Verrats an nationalen Vielen Dank. Interessen, an der nationalen Sache auseinanderset- zen. - Darum verdienen diejenigen in Bosnien-Her- (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU) zegowina, die dennoch den Versuch machen, diese 22424 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Günter Verheugen engstirnigen chauvinistischen Grenzen zu überwin- lingsrückkehr ist alles andere als bef riedigend - das den, nicht nur unseren Respekt; sie brauchen viel- muß deutlich gesagt werden -, und unbef riedigend mehr vor allem auch die Unterstützung der Fraktio- ist auch die Mitwirkung der Staaten der Region in nen des Deutschen Bundestages und der Parteien, der weitgehend ungelösten Frage der Kriegsverbre- die bei uns arbeiten. cher.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordne Herr Kinkel hat es gesagt, und ich unterstreiche es: ten der CDU/CSU und des BÜNDNIS Die Kriegsverbrecher müssen vor das Internationale SES 90/DIE GRÜNEN) Tribunal. Es muß ein für allemal gezeigt werden, daß die Staatengemeinschaft es nicht duldet, daß Völker- Die Fortschritte in der Föderation sind erkennbar, mord, daß massenhafte Vertreibungen, massenhafte insbesondere was den wirtschaftlichen Aufbaupro- Vergewaltigungen in der Form, wie es do rt gesche- zeß angeht. Weit zurückgeblieben ist die Republika hen ist, einfach so hingenommen werden. Srpska. Fortschritte sind bei den Medien erkennbar, aber immer noch ist der staatliche Einfluß auf die Me- (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem dien zu stark, immer noch stehen sie zu stark unter BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der F.D.P.) dem Einfluß dieser verhängnisvollen nationalisti- Die Menschen werden auch nicht zurückkehren; sie schen Ideologie. Auch hier sind weitere Bemühun- können jedenfalls nicht mit dem Gefühl zurückkeh- gen notwendig. ren, in Sicherheit zu leben, wenn diejenigen immer Ich begrüße es auch außerordentlich, daß die Rolle noch frei herumlaufen, die für das massenhafte Mor- der internationalen Polizei verstärkt werden wird. den verantwortlich sind. Es gibt in diesem Land eine Sicherheitslücke, und Ich möchte denjenigen danken, die am Wiederauf- es bleibt eine ganze Reihe von großen Aufgaben bau in Bosnien - Herzegowina in hervorragender übrig. Weise beteiligt sind, und auch daran erinnern, daß Das Entscheidende ist nach wie vor die politische unser deutscher Beitrag für den Wiederaufbau dieses Stabilisierung. In diesem Jahr wird es wieder Wah- Landes auch schon schwere Opfer gefordert hat. Be- len geben. Die OSZE hat die Wahlperiode auf zwei sonders möchte ich an Botschafter Wagner und seine Jahre verkürzt, wohl in der Annahme, daß auch dies- Mitarbeiter erinnern, die im vergangenen Jahr bei mal das Rückgrat der Macht der nationalistischen diesem schrecklichen Hubschrauberunglück ums Le- Partei noch nicht gebrochen werden kann, aber ich ben gekommen sind. Sie haben ihr Leben verloren, will doch darauf hinweisen, daß wir es in der Repu- weil sie sich für etwas eingesetzt haben, was wir, der blika Srpska erreicht haben - ich sage ganz bewußt Deutsche Bundestag, gewollt haben. Es ist gut, daß „wir", weil die internationale Gemeinschaft und wir diese Arbeit in ihrem Geiste fortsetzen. ationale Sozialdemokratie und die auch die inte rn Ich schließe mich ausdrücklich dem Dank an, den deutsche Sozialdemokratie daran mitgewirkt haben -, Herr Kinkel gegenüber dem Kollegen Schlee ausge- durch Wahlen den eisernen Zugriff der Karadzic-Cli- sprochen hat. Das, was do rt geschieht, ist wichtig, que auf diesen Teil des Landes zu beenden. Jetzt daß nämlich in beiden Landesteilen sichtbar gemacht geht es darum, die demokratische Mehrheit in der wird, daß Kooperation mit der internationalen Ge- Republika Srpska zu halten und auszubauen. meinschaft zu einer Verbesserung der Lebenssitua- Ich bitte wirklich alle Fraktionen, obwohl wir sel- tion der Menschen führt. Ich wünschte mir sehr - dar- ber im Wahlkampf sind, sich der Mühe zu unterzie- auf, Herr Kinkel, sollten Sie vielleicht in Brüssel et- hen, dort in den nächsten zehn Wochen präsent zu was achten -, daß die Europäische Union ein biß- sein. Es ist ungeheuer wichtig, daß Mitglieder des chen mehr Energie, Aktivität und Engagement in Deutschen Bundestages auch in diesem sehr schwie- dieser Sache zeigen würde. Ich muß mich jetzt etwas rigen Landesteil einfach da sind und den Menschen zurücknehmen, um nicht allzu scharf zu werden. Ich sagen, daß wir bereit sind, ihnen zu helfen, daß nie- gewinne mehr und mehr den Eindruck, daß wir es in mand etwas gegen sie hat, weil sie Serben sind, son- Brüssel nicht nur mit Unfähigkeit zu tun haben, son- dern daß sie deshalb in Schwierigkeiten geraten dern teilweise auch mit dem Unwillen, die Vorausset- sind, weil sie einer verhängnisvollen, ja verbrecheri- zungen dafür zu schaffen, daß die Flüchtlinge in Be- schen Politik aufgesessen waren, verführt und aufge- dingungen sicheren Lebens zurückkehren können. hetzt, und daß sie es in der Hand haben, die Situation (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Ch ri zu verändern. stian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]) Die Bundesregierung muß man auffordern - viel- Die finanziellen Möglichkeiten sind gegeben; wir leicht muß man es auch nicht; sie weiß es sicherlich -, müssen sie nutzen. noch stärker im internationalen Dialog dafür zu wer- ben, daß das Verständnis dafür wächst, daß- Frieden Es gibt eine unmittelbare Verbindung des Pro- und Demokratie als Grundlagen für Stabilität der Re- blems Bosnien mit dem Problem Kosovo, das Herr gion nicht in Bosnien-Herzegowina allein hergestellt Kinkel angesprochen hatte. Wir wissen, daß Milose- werden können. Wir werden do rt einen dauerhaften vic natürlich versucht, seinen Einfluß in der Repu- Frieden nur haben, wenn auch in beiden Nachbar- blika Srpska auszuüben, um von dem Kosovo-Pro- staaten - in Jugoslawien und in Kroatien - die Ein- blem abzulenken. Wir müssen in der Tat aus den Er- sicht wächst, daß auch diese Staaten eine Verantwor- fahrungen von Bosnien eine klare und eindeutige tung haben. Ich sage ganz bewußt „beide". Das Ver- Lehre ziehen. Darum ist es richtig, daß die internatio- halten Kroatiens in der zentralen Frage der Flücht- nale Gemeinschaft gegenüber Belgrad eine ent- Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22425

Günter Verheugen schiossene, harte Haltung einnimmt und klarstellt, jetzt darauf an, den Friedensprozeß durch die Fort daß ein zweites Bosnien nicht geduldet werden wird. -setzung der militärischen Präsenz der internationalen Gemeinschaft abzusichern, bis eine Stabilität erreicht Ich weiß nicht, ob das entstehen wird. Ich weiß wird, die sich selbst trägt und den Abzug erlaubt, auch nicht, ob es sehr schnell möglich sein wird, eine ohne das Erreichte zu gefährden. Deshalb stimmen politische Lösung zu finden. Es wächst die Besorgnis, wir der Verlängerung des Einsatzes bewaffneter daß sich dort eine Situation wie in Nordirland auf- Streitkräfte mit dem entsprechenden deutschen Bei- baut. Es muß auch die Besorgnis wachsen, daß auf trag zur weiteren Absicherung des Friedensprozesses der albanischen Seite kaum noch eine Autorität vor- im früheren Jugoslawien zu. handen ist, die die Regelung, die wir gemeinsam für richtig halten, überhaupt noch abschließen kann. Wir Wenn wir - wir schauen auch auf den Kosovo - et- sind - wohl übereinstimmend - der Auffassung, daß was aus den Fehlern des Bosnien-Konflikts gelernt eine weitreichende Autonomieregelung für Kosovo haben sollten, dann im übrigen dieses: Die Völkerge- innerhalb Serbiens die Lösung ist, die wir anstreben meinschaft darf sich nicht wieder durch leere Ver- müssen. sprechungen von Präsident Milosevic hinhalten las- sen. Bevor wir darüber reden, wie man so etwas er- zwingt, muß ganz klar sein, was wir eigentlich poli- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge tisch wollen. Wir müssen uns auch darüber klar wer- ordneten der F.D.P.) den, was wir zu tun bereit sind, um das, was wir poli- tisch wollen, zu erreichen und zu sichern. Bosnien Deshalb muß Jugoslawien alle Forderungen der lehrt ja auch das eine: Es reicht nicht aus, in einem Kontaktgruppe erfüllen: nicht nur die Beendigung solchen Land für ein oder zwei Jahre präsent zu sein. der Gewalt, die Wiederaufnahme echter politischer Das war am Anfang der große Irrtum, als man dachte, Verhandlungen mit Vertretern der albanischen das sei in einem Jahr erledigt. Wir wissen jetzt, daß Volksgruppe und die Bereitschaft zu politischen Re- es noch Jahre dauern wird und daß wir uns erst aus formen, die dem Kosovo einen neuen Status gewäh- diesem Land zurückziehen können, wenn dieser Pro- ren, sondern auch Rückzug der Sondereinheiten der zeß irreversibel geworden ist. Dasselbe wird auch im serbischen Polizei und des serbischen Militärs. Wenn Kosovo gelten. Das müssen wir beachten. das nicht geschieht, wenn Unterdrückung, Vertrei- bung und Morde in Kosovo weitergehen - leider Ich halte es für richtig, Druck auszuüben auf die müssen wir das befürchten -, dann muß dem auf ei- Belgrader Regierung, auch in der Weise, wie es ge- ner gesicherten und ausreichenden rechtlichen schehen ist. Wir begrüßen die vermittelnde Rolle, die Grundlage, notfalls mit militärischer Gewalt, ein die russische Regierung übernommen hat. Wir raten Ende gesetzt werden. Deshalb ist es dringend erfor- dazu, sehr, sehr vorsichtig zu sein mit der Diskussion derlich, die notwendigen Vorbereitungen der NATO über militärische Optionen, solange die politischen fortzusetzen. Möglichkeiten nicht wirklich ausgeschöpft sind, und noch sind die politischen Möglichkeiten nicht ausge- Zurück zu dem Antrag der Bundesregierung auf schöpft. Es liegt in unserem gemeinsamen Interesse, Verlängerung des SFOR-Mandats: Die breite parla- dafür zu sorgen, daß das geschieht. Frieden und Sta- mentarische Zustimmung zu dieser Vorlage der Bun- bilität auf dem Balkan, das ist für uns nicht eine desregierung, die wir ausdrücklich begrüßen, darf, zweitrangige Sorge. Es ist für uns ein erstrangiges liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht darüber hin- Problem, es ist für uns ein nationales Problem - nicht wegtäuschen, daß es in der Außen- und Sicherheits- nur wegen der Flüchtlingsfrage, nicht nur deswegen, politik nach wie vor tiefgreifende Meinungsverschie- weil noch mehr Flüchtlinge zu uns kommen könnten, denheiten zwischen dieser Koalition und einem rot- sondern vor allen Dingen deshalb, weil es uns alle in grünen Bündnis gibt, die die Berechenbarkeit und Europa unmittelbar betrifft, wenn in einem Teil Euro- Verläßlichkeit der deutschen Außenpolitik in Frage pas Unsicherheit und Krieg herrschen. stellen. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem Erstens. Für die Grünen ist die Aussage von Mag- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der F.D.P.) deburg nach wie vor gültig: „Militärische Friedenser- zwingung und Kampfeinsätze lehnen wir ab. " Das Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: In der Debatte er- SFOR-Mandat, dem Sie heute zustimmen wollen, ist greift das Wort jetzt der Kollege Rudolf Seiters. aber mehr als eine „friedenserhaltende Maßnahme", wie es die Grünen seit Godesberg in einer Art Selbst- betrug, aber auch zur Täuschung der deutschen Öf- Rudolf Seiters (CDU/CSU): Frau Präsidentin! fentlichkeit umzudefinieren versuchen. Meine Damen und Herren! Die CDU/CSU-Bundes- tagsfraktion begrüßt den Beschluß der Bundesregie-- (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. - rung. Er steht in der Kontinuität der deutschen Au- Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ ßen- und Sicherheitspolitik, unterstreicht unsere Ver- DIE GRÜNEN]: Ist unsere Zustimmung antwortung im Rahmen der Völkergemeinschaft, be- heute Täuschung der Öffentlichkeit?) weist Solidarität mit unseren Verbündeten, und vor - Herr Kollege Fischer, Sie sprechen gleich, und ich allem: Er dient dem Frieden, wäre Ihnen dankbar, wenn Sie dazu Stellung neh- Der SFOR-Einsatz in Bosnien und Herzegowina men würden. - Es ist ein robustes Mandat, das not- war erfolgreich. Er hat die Lage stabilisiert. Es kommt falls friedenserzwingende Militäreinsätze ein- 22426 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Rudolf Seiters schließt, die auch weiterhin keinesfalls auszuschlie- die Politik, die Sie im Bündnis mit anderen durchset- ßen sind. Ich frage Sie: Was machen Sie dann? Zie- zen möchten. Wir sagen: Eine solche Politik schadet hen Sie Ihre Zustimmung dann wieder zurück? Deutschland, schadet Europa und schadet dem Bündnis. (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Nein!) (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) Das zeigt doch die ganze Unglaubwürdigkeit und Unberechenbarkeit Ihrer Position. Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Herr Seiters, ge- (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) statten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lippelt? Zweitens. Wir begrüßen nachdrücklich die am Montag erfolgte Verhaftung eines serbischen Kriegs- Rudolf Seiters (CDU/CSU): Bitte schön. verbrechers durch französische und deutsche Solda- ten. Das ist ein großer Erfolg für das erst seit kurzem bestehende Kommando Spezialkräfte der Bundes- Dr. Helmut Lippelt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): wehr. Herr Kollege Seiters, da Sie eben im Zusammenhang mit Kosovo von der notwendigen rechtlichen Grund- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) lage im Falle eines möglicherweise weitergehenden Dafür sagen wir unseren Soldaten Dank und Aner- Eingreifens sprachen, frage ich Sie: Weichen Sie der kennung. Kontroverse zwischen dem Außenminister und dem Verteidigungsminister - ich hatte gehofft, daß die (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Regierung bei diesem Thema per Regierungsbe- sowie bei Abgeordneten der SPD) schluß endlich einmal zu einer klaren Äußerung Herr Kollege Fischer, ginge es aber nach den Be- kommt - aus, oder stellen Sie sich auf die Seite des schlüssen der Grünen von Magdeburg und auch von Verteidigungsministers? Godesberg (Uta Titze-Stecher [SPD]: Zum Thema!) Rudolf Seiters (CDU/CSU): Machen Sie sich keine Sorgen. Wir von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion - das ist das Thema -, dann wären die Krisenreakti- unterstützen den klaren Beschluß, den die Bundesre- onskräfte und das Kommando Spezialkräfte der Bun- gierung getroffen hat. deswehr aufgelöst; (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. - (Zuruf von der CDU/CSU: Genau!) Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - dann hätte es diese Festnahme eines Kriegsverbre- Dr. Helmut Lippelt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ chers durch Bundeswehrsoldaten nicht geben kön- NEN]: Und was für einen?) nen. Und da sagen Sie von der SPD mit diesem dümmlichen Zwischenruf, ich solle zum Thema spre- Meine Kollegen von den Grünen, ich will in diesem chen! Wir sprechen zum Thema. Sie weichen ihm of- Zusammenhang noch auf etwas anderes zu sprechen fenbar mit Rücksicht auf die Grünen aus. Das ist der kommen. Punkt. (Dr. Helmut Lippelt [BÜNDNIS 90/DIE (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. - GRÜNEN]: Welchen Beschluß hat sie denn Walter Kolbow [SPD]: Das hätten Sie gefaßt?) gerne!) Wenn Ihr unsäglicher Sprecher Trittin Herr Kollege Fischer, würde die Position der Grü- nen deutsche Politik, dann wäre es nicht einmal (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) mehr möglich, Rettungsaktionen für deutsche Staats- nach den Beschlüssen von Magdeburg und Godes- bürger durchzuführen, wie sie die Bundeswehr in Al- berg noch einen derart schauderhaften Auftritt wie banien erfolgreich durchgeführt hat. bei der Krawallveranstaltung gegen das öffentliche (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU - Gelöbnis unserer Wehrpflichtigen in Berlin absol- Joseph Fischer [Frankfu rt] [BÜNDNIS 90/ viert, und dies Arm in Arm mit der PDS und Gysi, DIE GRÜNEN]: Wer hat bei Albanien denn zugestimmt?) (Zuruf von der CDU/CSU: Pfui!) Das zeigt, wie ideologisch verbohrt, wirklichkeits- zeigt das Ihre Grundhaltung: Mit Ihnen ist eine ver- fremd und voller Risiken deutsche Außenpolitik mit antwortungsbewußte Außen- und Sicherheitspolitik den Grünen sein würde. - nicht zu machen. (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. - (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) Weitere Zurufe des Abg. Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Ich möchte Sie, Herr Kollege Fischer, bitten, dazu ein Wort zu sagen. Das ist Ihr Sprecher, den haben Sie Abschaffung der Krisenreaktionsstreitkräfte, Redu- gewählt. zierung der Bundeswehr in vier Jahren auf 150 000 Mann und in weiteren vier Jahren auf unter 100 000 (Karsten D. Voigt [Frankfu rt] [SPD]: Joschka Mann sowie Abschaffung der Wehrpflicht - das ist Fischer hat den bestimmt nicht gewählt!) Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22427

Rudolf Seiters Diesen Auftritt muß sich die gesamte Fraktion zu- Was sollen wir von einem Kanzlerkandidaten hal- rechnen lassen. ten, der zu diesen Entgleisungen schweigt, der sich trotz dieser skandalösen Vorgänge einen grünen Au- (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ ßenminister wünscht, DIE GRÜNEN]: Herr Seiters, sind Sie so sicher, daß ich den gewählt habe?) (Zuruf von der CDU/CSU: Woher wissen Sie das denn?) Für die Koalition will ich nachdrücklich betonen, was auch in unserem Entschließungsantrag steht: der sich permanent um jede konkrete und präzise au- Gelöbnisse in der Öffentlichkeit sind selbstverständ- ßen- und sicherheitspolitische Aussage drückt und lich und notwendig. Sie sind Ausdruck der Integra- dem, wenn er sich denn einmal außenpolitisch outet, tion der Bundeswehr in die Gesellschaft und der An- alle internationalen und nationalen Empfehlungen erkennung für unsere Soldaten, insbesondere für die egal sind? Ich zitiere Schröder nach seinem Treffen Wehrpflichtigen, denen wir abverlangen, ihren Auf- mit dem ebenfalls unsäglichen weißrussischen Dikta- trag notfalls unter Inkaufnahme von Gefahren für tor Lukaschenko: Leib und Leben zu erfüllen. Das Gelöbnis ist kein Mich hat die Frage, wer, wann, wo, was beschlos- verstaubtes militaristisches Relikt einer vergangenen sen hat - ich kannte die Beschlüsse - in der Tat Zeit, sondern Teil unserer demokratischen Kultur. nicht so sehr interessie rt. (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) (Zuruf von der CDU/CSU: Unglaublich!) Sie mögen sich darüber beklagen, daß wir in dieser Wer internationale Beschlüsse, Empfehlungen und Debatte auch über die Unterschiede miteinander Grundsätze vorsätzlich mißachtet und sie in die Be- sprechen. Aber es hat keinen Sinn, hier auf „Friede, liebigkeit seines Kalküls stellt, der zerstört die Glaub- Freude, Eierkuchen" zu machen. Wir begrüßen die würdigkeit und Berechenbarkeit deutscher Außen- übereinstimmende Zustimmung, aber es gibt eben politik. Unterschiede in der Beurteilung. Sie sind auch zu klaren Aussagen verpflichtet. Wir finden es besorg- (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) niserregend, daß die SPD mit dieser grünen Truppe koalieren will, notfalls sogar mit einer Stimme Mehr- Der heutige Beschluß zur SFOR-Folgeoperation heit; das wäre dann die Stimme von Herrn Trittin. und unsere Bereitschaft zu den notwendigen Maß- Darauf will ich einmal hinweisen. nahmen im Kosovo sind im Interesse von Stabilität und Frieden zwingend notwendig. Aber ich bleibe r(Zuruf von der CDU/CSU: Wie in Niede dabei: In den Grundfragen der Außen- und Sicher- sachsen! Das hatten wir doch schon ein heitspolitik und in der parteipolitischen Auseinander- mal!) setzung hier in der Bundesrepublik Deutschland geht es um noch viel mehr, nämlich um die Glaub- - Warten wir einmal ab. würdigkeit, die Berechenbarkeit, die Stetigkeit und (Zuruf von der CDU/CSU: Wo war denn Tri die Verläßlichkeit deutscher Politik auch in der Zu- tin Minister?) kunft unter der richtigen politischen Führung. Eine Zeitung hat in diesen Tagen geschrieben: (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. - Karsten D. Voigt [Frankfurt] [SPD]: Deshalb Trittin hat nach unserer Verfassung das Recht, die SPD!) Bundeswehr zu hassen. Schröder aber hat die Pflicht, die Bürger vor solchen Politikern zu schüt- Es spricht jetzt der zen. Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Fraktionsvorsitzende des Bündnisses 90/Die Grünen, (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. - Herr Abgeordneter Joseph Fischer. Karsten D. Voigt [Frankfurt] [SPD]: Das ist gewährleistet!) Joseph Fischer (Frankfurt) (BÜNDNIS 90/DIE Was sollen wir von einem Kanzlerkandidaten hal- GRÜNEN): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her- ten, der zu diesen Entgleisungen schweigt? ren! (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ (Paul Breuer [CDU/CSU]: Sie sagen jetzt, DIE GRÜNEN]: War das die „FAZ"?) daß Sie ihn nicht gewählt haben!) - Nein, nein. Als Trittin stellvertretender Ministerprä- Was sich in der Debatte gestern schon abgezeichnet sident von Niedersachsen war, hat er die skandalöse hat, ist heute eingetreten. In der Tat, Kollege Seiters: Äußerung von sich gegeben: Zu der entscheidenden Frage, wie Sie es denn nun mit der eines möglichen oder viel- - Mandatisierung Wir haben den Verfassungsschutz an die Kette leicht sogar leider notwendigen Militäreinsatzes im gelegt. Kosovo halten, haben Sie hier nichts gesagt. Er wurde von Schröder dafür nicht gerügt. Dies muß (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN doch in der politischen Auseinandersetzung mit uns und bei der SPD) eine Rolle spielen dürfen. Das hat doch nichts mit Polemik zu tun. Das sind doch Ihre Aussagen! Dagegen setzen Sie sich, was ich Ihnen überhaupt nicht vorwerfen will - das würde ich an Ihrer Stelle (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) genauso machen, ich würde es nur in einer Extrade- 22428 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Joseph Fischer (Frankfurt) batte tun und nicht mit dem sehr ernsten Thema ei- Ich teile diese Kritik, wie sie vorgetragen wurde, ner Verlängerung des SFOR-Mandates verbinden -, nicht. Und damit hier überhaupt kein Zweifel be- steht, hat meine Fraktion heute einen Entschlie- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ßungsantrag eingebracht, den wir in namentlicher und bei der SPD) Abstimmung zur Entscheidung stellen werden. Darin erklären wir unter Punkt 1: mit Äußerungen unseres Parteisprechers auseinan- der, der wußte, daß er sich damit in scharfe Kritik be- Der Deutsche Bundestag würdigt mit Dankbar- geben wird, auch in eine sehr kritische Debatte in- keit die riskante Arbeit, die Soldaten der Bundes- nerhalb unserer Partei. Dies bringen Sie leider in un- wehr, Polizeibeamte, Angehörige ziviler Hilfsor- mittelbare Verbindung mit einer Entscheidung, bei ganisationen und - von der Öffentlichkeit viel zu- der unsere Soldaten - bei einer Verlängerung des wenig wahrgenommen - Freiwillige verschiede- SFOR-Mandates - auf eine breite Zustimmung hier ner Friedensdienste bei der Friedenssicherung im Hause angewiesen sind. und dem Aufbau ziviler Strukturen im ehemali- gen Jugoslawien geleistet haben. Er dankt allen (Paul Breuer [CDU/CSU]: Sehr notwendig!) Helferinnen und Helfern für ihr Engagement und Kollege Seiters, Sie wissen nur zu gut, daß ich ge- die geleistete Hilfe. nauso wie die Obleute im Verteidigungsausschuß Ich möchte ausdrücklich das hinzufügen, was auch und im Auswärtigen Ausschuß von den beiden Mi- der Kollege Verheugen gesagt hat: Die Erinnerung nistern vor dem Tirana - Einsatz informiert wurde. Der an die Diplomaten, die in ihrem Dienst, im Auftrag Tirana-Einsatz damals war der erste Einsatz, bei dem von Bundesregierung und Parlament, in Bosnien ge- Bundeswehreinheiten dann auch von der Waffe storben sind, muß für ein demokratisches Parlament Gebrauch machen mußten. Verpflichtung sein. In dieser Verpflichtung, dachte (Karsten D. Voigt [Frankfu rt] [SPD]: Und ich, wissen wir uns auf einer gemeinsamen Grund- ohne vorherigen Beschluß des Plenums des lage. Bundestages!) (Abg. Rudolf Seiters [CDU/CSU] meldet Wir haben diesen Einsatz ohne vorherigen Beschluß sich zu einer Zwischenfrage) - deswegen war die Vorgehensweise völlig richtig; wir haben sie nicht kritisiert - nicht nur mitgetragen, Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Herr Kollege Fi- sondern gebilligt, wir alle. Das wissen Sie so gut wie scher, gestatten Sie eine Zwischenfrage? ich. Wenn Sie das hier in Zweifel ziehen, dann betrei- ben Sie Brunnenvergiftung, Herr Kollege Seiters. Das wissen Sie nur zu gut. Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lassen Sie mich, Frau Präsidentin, bevor (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ich die Zwischenfrage beantworten darf, den Gedan- und bei der SPD - Paul Breuer [CDU/CSU]: ken noch zu Ende führen. Dann sagen Sie doch mal was dazu! - Gegenruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Unter Punkt 3 fügen wir hinzu, damit auch hier Ist nicht das Thema!) kein Zweifel besteht: Deswegen sage ich nochmals: Mein Kollege Trittin Der Deutsche Bundestag würdigt die Bundes- weiß nur zu gut, daß er sich in Kritik, in scharfe Kritik wehr als erste deutsche Armee, die als Parla- begeben hat und daß wir im Wahljahr sind. Ich sage mentsarmee und mit dem Leitbild des Staatsbür- gleich etwas dazu. gers in Uniform in der Demokratie verankert ist. Weder die Bundeswehr noch deren Soldaten kön- Aber, meine Damen und Herren, die CDU muß nen mit Reichswehr, Wehrmacht oder NVA auf wissen, was sie tut. Daß Sie das scharf kritisieren, eine Stufe gestellt werden. daß Sie es attackieren, daß Sie es politisch zu benut- zen versuchen, ist klar. Das würde ich an Ihrer Stelle (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN genauso machen. Aber wenn ich heute eine Anzeige und bei der SPD) in der „Bild-Zeitung" lese, mit der Sie die Kategorie des Hasses in den Wahlkampf einführen, dann müs- sen Sie wissen, was Sie tun: „Der Grüne Trittin haßt Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Herr Kollege Sei- die Bundeswehr" . ters. (Zuruf von der CDU/CSU: Ja!) Rudolf Seiters (CDU/CSU): Herr Kollege Fischer, Sie müssen wissen, was Sie damit in der innenpoliti- wie würden Sie denn das Verhältnis von Herrn Trit- schen Auseinandersetzung tun. Ich sage Ihnen: tin zur Bundeswehr kennzeichnen? Er hat ja das Ge- Harte Kritik an der Bundeswehr, falsche Kritik an der löbnis als perverses Ritual bezeichnet und hinzuge- Bundeswehr darf nicht dazu führen, daß wir hier im fügt, auch die Nazis hätten ja mit Enthusiasmus sol- Wahlkampf wieder zu innerstaatlichen Feinderklä- che Veranstaltungen durchgeführt. Wenn Sie sich rungen kommen - mit fatalen Konsequenzen! davon distanzieren - das hoffe ich -: Wie soll sich denn in Zukunft das Verhältnis von Herrn Trittin ge- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN genüber der Bundeswehr gestalten, wenn er Spre- und bei der SPD) cher Ihrer Partei bleibt? Deutscher Bundestag - 13. Wahlpe riode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22429

Joseph Fischer (Frankfurt) (BÜNDNIS 90/DIE unter Anleitung der internationalen Staatengemein- GRÜNEN): Herr Seiters, ich möchte zunächst auf das schaft wieder zivile Strukturen entwickeln; wir se- Wort „Haß" eingehen. Kann man denn sagen, daß hen, daß Bosnien Schritt für Schritt zu einer staatli- ein Mensch, der eine Position vertritt - Sie haben das chen und gesellschaftlichen Normalität zurückkeh- gerade vorgetragen -, die ich nicht teile, Haß gegen- ren kann. Das setzt aber voraus, daß der Frieden wei- über der Bundeswehr empfindet, wenn er noch vor terhin gesichert wird. zwei Wochen zur Bundeswehr eingeladen wurde und mit den Soldaten sehr kritisch diskutiert hat? Ich Der Friedensvertrag von Dayton war zwar wichtig. hätte eine andere Bezeichnung gewählt. Wir werden ja in einem anderen Zusammenhang darüber zu reden haben. Herr Kollege Verheugen, Aber es fällt natürlich auf, Herr Kollege Seiters, ich stimme Ihnen nachdrücklich zu, was die Fest- daß in diesem Wahljahr - es gab diese Debatte ja nahme der Kriegsverbrecher betrifft. Nur, das große auch, von den Kollegen von der Sozialdemokrati- Problem, das wir doch haben, ist die Person des jugo- schen Partei sehr engagiert geführt, bei dem ur- slawischen Staatspräsidenten. Das wissen Sie so gut sprünglichen Termin in Berlin - verstärkt öffentliche wie ich. Wenn wir heute auch über Kosovo diskutie- Gelöbnisse stattfinden ren, dann meinen wir nicht Serbien oder die Bundes- (Zuruf von der CDU/CSU: Haben Sie etwas republik Jugoslawien, sondern einen aggressiven dagegen, Herr Fischer?) serbischen Nationalismus, der der Hauptquell der Instabilität und auch der Gewalt in dieser Region ist. und daß dahinter natürlich auch Politik steht. Kollege Gerade wir Deutsche wissen, welche verderbliche, Rühe ist doch kein Lämmerschwänzchen! Es kann auch selbstzerstörerische Funktion ein aggressiver, doch niemand annehmen, er wüßte nicht, was er da- blutiger Nationalismus, ja Faschismus für das eigene mit tatsächlich tut. Es ist doch ganz offensichtlich. Land haben kann. Man muß ja nur das Interview in der heutigen Aus- gabe der „Süddeutschen Zeitung" lesen, um zu wis- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sen, daß wir es hier mit einem Vollblutpolitiker zu sowie bei Abgeordneten der SPD und der tun haben. PDS) Was mich an der gegenwärtigen Debatte ärgert, Deswegen sage ich: Der Friedensvertrag von Day- ist, daß auf der einen Seite zweifelsfrei klar ist, daß ton hatte den Nachteil - es ging nicht anders; ich kri- die Bundeswehr als Institution und ihre Soldaten tisiere das nicht, aber wir müssen das feststellen -, nicht in der Kontinuität einer vordemokratischen Tra- daß er teilweise mit den Kräften, die man als Haupt- dition stehen kriegsverbrecher bezeichnen muß, abgeschlossen (Joachim Hörster [CDU/CSU]: Das ziehen wurde. Dennoch muß ich sagen: Er bildet die Grund- Sie doch in Zweifel!) lage - deswegen muß er militärisch weiter abgesi- chert werden - für eine zivile, eine f riedliche Per- und daß die Bundeswehr eine Parlamentsarmee ist, spektive in der Region. daß es aber auf der anderen Seite Ihnen so leichtge- macht wird, den Fragen der Tradition, des Traditions- Nur, die Frage, die wir uns damals gestellt haben, erlasses, der rechtsradikalen Tendenzen, die es bei stellt sich auch heute. Es ist die Frage nach der Dauer einzelnen in der Bundeswehr verstärkt gibt, und der des Mandats. Es zeichnet sich doch ab, daß wir in Funktion von solchen Gelöbnissen und Zapfenstrei- dieser Region ein dauerhaftes Engagement der euro- chen auszuweichen. Das ärgert mich an dieser Sa- päischen Staatengemeinschaft, des Westens drin- che; das sage ich hier offen. gend brauchen. Die Perspektive in dieser Region (Beifall bei Abgeordneten des BÜND wird ein massives ziviles, also auch ein dauerhaft NISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD - ökonomisches und politisches Engagement der west- Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt kommt es lichen Staatengemeinschaft und vor allen Dingen der heraus!) Europäischen Union erfordern, und zwar nicht erst dann, wenn es militärisch notwendig ist. Auch das ist Doch nun zum eigentlichen Thema. Die Mehrheit eine Lehre, die aus Bosnien zu ziehen ist. Deswegen der Abgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen finde ich die gegenwärtige Debatte um die Osterwei- stimmt dem Antrag auf Verlängerung des SFOR- terung - auch unter den Gesichtspunkten, die in der Mandats für Einheiten der Bundeswehr zu. Wir tun Innenpolitik eine Rolle spielen - fatal. dies deshalb, weil völlig klar ist, daß ein Abzug der internationalen Friedenstruppen die Kriegsgefahr in Ich möchte in der verbleibenden Zeit noch auf die Bosnien sofort wieder aufflammen lassen würde - aktuelle Situation im Kosovo eingehen. Herr Kollege eine Kriegsgefahr, die in der Vergangenheit dazu ge- Seiters, ich bedaure, daß wir diese Debatte nicht mit führt hat, daß Hunderttausende von Menschen- auf dem gebotenen Ernst führen. Wir hätten aus Bosnien brutalste Art und Weise ermordet wurden, daß es zu nichts gelernt, wenn wir zuließen, daß sich Bosnien „ethnischen Säuberungen", zu Völkermord, zu Mas- wiederholt. Zuzulassen, daß sich Bosnien wiederholt, senvertreibungen und zu Vergewaltigungen gekom- heißt auch zuzulassen, daß derselbe blutige Eskalati- men ist. Der Frieden in Bosnien-Herzegowina ist onsprozeß wieder beginnt und daß sich der Westen noch lange nicht wiederhergestellt. Die Präsenz der wieder zerlegt wie zu Beginn der Bosnien-Krise, als internationalen Streitkräfte ist die Voraussetzung für er faktisch nicht mehr existierte. Das war eines der eine friedliche Entwicklung. Wir sehen - das erfüllt Hauptprobleme, die sich in mangelnde Handlungs- uns nach wie vor mit Hoffnung -, wie sich langsam fähigkeit umgesetzt haben. 22430 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Joseph Fischer (Frankfurt) Der Druck auf Belgrad ist richtig. Wir müssen von Herr Bundesaußenminister, auch Sie haben zu der Belgrad fordern, daß es auf Gewalt verzichtet. Wir Mandatsfrage geschwiegen. Die Mandatsfrage bei müssen von Belgrad fordern, daß die Sondertruppen einem möglichen Militäreinsatz ist angesichts der zurückgezogen werden und daß es zu einem friedli- politischen Unterschiede zu Bosnien, angesichts der chen Verhandlungsprozeß kommt. Es ist richtig, nicht vorhandenen Risiken die zentrale Frage. Damit Sie auf einen unabhängigen Staat Kosovo zu setzen, son- mich richtig verstehen: Es geht mir nicht um ein ver- dern auf Autonomie. Nur, das alles erklären wir hier klausuliertes Nein. Vielmehr geht es um folgendes: im Deutschen Bundestag. Die Frage, die sich stellt, Wenn diese Mandatsfrage nicht geklärt ist, dann ist: Wird denn die albanische Seite im Kosovo mit Au- bleibt offen, wie Sie eine negative Eskalation in die tonomie noch zufrieden sein? falsche Richtung ausschließen können. Ich halte eine klare Mandatierung für notwendig. Der Bundeskanz- (Zuruf des Bundesministers Dr. Klaus Kin ler wird heute in der „Süddeutschen Zeitung" dahin kel) gehend zitiert, daß er ebenfalls für ein klares Mandat - Gut, „sein müssen", Herr Bundesaußenminister. Ich des UN-Sicherheitsrates ist. Der Bundesaußenmi- möchte mit Ihnen in diesem Punkt gar nicht streiten. nister spricht sich dafür aus. Der Bundesverteidi- Nur taucht doch dann, wenn sie das nicht ist, sofort die gungsminister wird heute vermutlich noch sprechen Gefahr auf, daß wir in eine Nordirlandsituation hinein- und sich gegen ein klares Mandat des UN-Sicher- laufen - mit fatalen Konsequenzen in der gesamten heitsrates aussprechen. Region. Ich behaupte nicht, daß ich Ihnen eine Lösung anbieten kann, und ich erwarte von Ihnen jetzt auch (Zuruf von der CDU/CSU) keine überzeugende politische Antwort. Das ist keine Kritik; vielmehr beschreibe ich die objektive Proble- - Ja, gut. Das können Sie heute korrigieren. - Ich matik, mit der wir es do rt zu tun haben, die allerdings, sage Ihnen: Wir, die Mitglieder des Deutschen Bun- wenn man sie in militärische Eskalationskategorien destages, haben ein Anrecht darauf, daß die Bundes- umdenkt, in bezug auf beide Eskalationsmuster hoch regierung hier und heute eine klare Position bezieht. riskant ist. Deswegen: So richtig es auf der einen Seite ist, glaubhaft zu versichern: Bosnien darf und wird (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sich nicht wiederholen, so notwendig ist es auf der an- und bei der SPD - Günther Fried rich Nol deren Seite, klar die Unterschiede zwischen Bosnien ting [F.D.P.]: Das ist nicht das Thema des und Kosovo herauszuarbeiten, damit man diesmal heutigen Tages!) nicht in andere Fallstricke gerät. - Das ist sehr wohl das Thema des heutigen Tages (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS und gehört dazu, wenn wir über den Kosovo reden. SES 90/DIE GRÜNEN) Ein Weiteres: Es ist wichtig, angesichts der Erfah- An erster Stelle ist hier die Unklarheit des politi- rungen mit Bosnien Belgrad gegenüber deutlich zu schen Ziels zu nennen, die ich unserer Bundesregie- machen, daß sich Bosnien nicht wiederholen darf; rung oder der Staatengemeinschaft nicht vorwerfe; deshalb bin ich nachdrücklich dafür, entsprechenden vielmehr ergibt sie sich aus der Situation vor O rt. Ich Druck ausüben. Dennoch räume ich zivilen Mitteln betone nochmals: Das Schlimmste ist in der Tat ein Vorrang ein. Dabei hat für mich nicht nur die Ausnut- aggressiver serbischer Nationalismus, der die albani- zung der Verhandlungsspielräume, sondern auch die sche Mehrheit im Kosovo unterdrückt und der do rt Ausübung massiven Drucks über Boykottmaßnah- erst die sezessionistischen Tendenzen zum gewalt- men und ähnliches mehr absolute Priorität. Wenn ich samen Widerstand bestärkt. Deswegen wird es so allerdings einerseits höre, daß sich der Bundesinnen- wichtig sein, daß wir hier zu einem unmittelbaren minister in einem Interview mit dem Deutschland- Friedensprozeß kommen - mit all den Fragezeichen, funk heute morgen gegen einen generellen Abschie- die damit einhergehen. bestopp nach Bosnien ausspricht, und andererseits Die Unklarheit des politischen Ziels macht natür- die Lagebewertung seitens des zuständigen Außen- lich auch die äußerste Gefährlichkeit des Einsatzes ministers hier im Deutschen Bundestag vernehme, von Militär deutlich. In diesem Punkt liegt ein großer dann frage ich mich in der Tat, wie das denn noch zu- Unterschied zu der Situation in Bosnien. Das wissen sammengeht. Können wir es in der gegenwärtigen Sie nur zu gut. Dies zu betonen scheint mir eine Situation verantworten, immer noch Menschen nach Pflicht auch gegenüber den im Kosovo einzusetzen- Bosnien abzuschieben? den Soldaten zu sein. (Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Autonomie steht gegen den Wunsch nach Unab- Kosovo!) hängigkeit auf albanischer Seite. Das ist für uns eine sehr schwierige Frage; denn ohne jeden Zweifel- han- - Entschuldigung, das war ein Versprecher. - Schie- delt es sich beim Kosovo um jugoslawisches Territo- ben wir denn jetzt immer noch Menschen in den Ko- rium. Und ohne jeden Zweifel handelt es sich bei sovo ab? Es darf doch nicht wahr sein, daß sich der Jugoslawien um einen Staat in anerkannten Gren- Bundesinnenminister, während wir von der Möglich- zen. Und ohne jeden Zweifel ist es so, daß die Grund- keit ethnischer Säuberungen und von der Gefahr lage des friedlichen Zusammenlebens in Europa die einer Eskalation à la Bosnien sprechen, wegen der nicht gewaltsame Veränderung von Grenzen ist. Das von der Innenpolitik geprägten Wahlkampfsituation ist seit der KSZE-Konferenz die Grundlage des f ried- und mit Blick auf den rechten Wählerrand immer lichen Zusammenlebens. noch weigert, einen generellen Abschiebestopp zu Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22431 Joseph Fischer (Frankfurt) unterstützen. Das wäre das mindeste, was Sie tun haben die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, den müßten. Soldaten, die wir nach Bosnien schicken, klarzuma- chen, daß niemand in diesem Hause und auch nie- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, mand, der in Deutschland sonst Verantwortung über- bei der SPD und der PDS) nimmt, ihnen unterstellt, sie hätten irgend etwas mit Deswegen legen wir Ihnen hier noch einen Ent- Nazi-Ideologie zu tun. schließungsantrag vor. Wir halten es für selbstver- (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) ständlich - wir hoffen hierbei vor allen Dingen auf die Unterstützung der F.D.P. -, daß wir heute im Bun- destag angesichts der von uns allen geteilten Bedro- Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Herr Kollege hungs- und Gefährdungsanalyse einen generellen Fischer. Abschiebestopp beschließen. Ich darf mich bedanken. Joseph Fischer (Frankfurt) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Kollege Pflüger, ich haben Ihnen (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Entschließungsantrag meiner Fraktion auszugs- sowie bei Abgeordneten der SPD) weise vorgetragen. Ich sage noch einmal - ich kann ihn auch ganz vortragen, wenn Sie wollen -: Für uns ist die Bundeswehr die Parlamentsarmee der bun- Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Kollege Friedbert Pflüger. desrepublikanischen Demokratie. Sie bedeutet wie die bundesrepublikanische Demokratie einen Bruch ( [SPD]: O je! Schweig' besser!) mit unserer autoritären vordemokratischen Ge- schichte. Sie bricht - das ist für uns sehr wichtig - mit der Kontinuität zu vordemokratischen oder gar dikta- (CDU/CSU): Herr Kollege Dr. Friedbert Pflüger torischen Armeen und ihrer Traditionspflege. Daß die Fischer, Sie haben bestritten, daß es einen Zusam- Bundeswehr endlich den Schritt getan hat, sich etwa menhang zwischen der Beschimpfung der Bundes- bei der Benennung von Kasernen von Generälen, die wehr durch Jürgen Trittin und der Verlängerung des mit demokratischer Traditionspflege überhaupt SFOR-Mandates gibt. Die Soldaten, die wir jetzt los- nichts zu tun haben, zu distanzieren, das nehmen wir schicken oder die schon do rt sind, sind weit von ihren anerkennend zur Kenntnis. Das hat eines langen Familien entfernt, haben es schwer und leben do rt Kampfes bedurft. auch nicht ungefährdet. Diese Soldaten haben einen Anspruch darauf - das genau ist das Thema -, daß Ich bin im Gegensatz zu Ihnen alt genug, um die wir, die wir Verantwortung in der Politik tragen, es Genesis der Bundeswehr und auch viel Zweideutiges nicht zulassen, daß ihnen von Teilen dieses Hauses in diesem Bereich - um es einmal ganz milde zu for- unterstellt wird, sie hätten irgend etwas mit rechts- mulieren - zu kennen. Aber ich möchte heute diese radikalen oder nationalsozialistischen Ideen zu tun. Debatte, die eine historische geworden ist, nicht mehr aufmachen. (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) Für mich geht es um etwas anderes. Für mich geht Unsere Gelöbnisse verpflichten die Soldaten dazu, es darum, zweifelsfrei klarzustellen, daß es hier keine genau das Gegenteil von dem zu machen, was die Kontinuität gibt. Insofern geht Ihr Vorwurf ins Leere. Nazis von ihnen verlangten; sie verpflichten die Sol- daten nämlich zum Schutz der Demokratie, zum (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Schutz der Freiheit und der Menschenrechte. Sie sind dort in Bosnien, um Völkermorde, wie sie in Sre- Zweitens. Herr Kollege Pflüger, Sie sind ein junger brenica geschehen sind, zu verhindern. Deshalb ist Mann, und Horrorvisionen halten Sie noch gut aus. die Vorgehensweise von Herrn Trittin pe rvers. Das Daß es für Sie eine Horrorvision ist, wenn Sie in die müssen wir in diesem Haus zurückweisen. Opposition müssen, das weiß ich. Ich frage mich aber, ob der Horror nicht größer wird, wenn Helmut (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) Kohl Kanzler bleibt, Herr Kollege Fischer, ich nehme Ihnen persönlich (Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ Ihr Bekenntnis zur Bundeswehr ab. Daß Sie selbst DIE GRÜNEN und bei der SPD) mit Herrn Trittin nicht glücklich sind, glaube ich und zwar nicht nur für Sie, sondern für das ganze inzwischen auch. Sie müssen sich dennoch fragen Haus. lassen, wenn Sie sich anschicken, zusammen mit Herrn Schröder Regierungsverantwortung zu über- Drittens. Ich nehme anerkennend zur Kenntnis, nehmen, wie Sie sich das vorstellen, wenn Sie daß Sie fest damit rechnen, daß es eine rotgrüne irgendwann einmal als Außenminister im NATO-Rat Regierung geben wird. Daß Sie mit allem, was Ihnen sitzen und sich immer erst bei Herrn Trittin telefo- zu Gebote steht - das ist nicht viel, und es ist nicht nisch erkundigen müssen, was Sie tun dürfen und immer sehr geschmackvoll -, dagegen kämpfen, das was Sie nicht tun dürfen, da Ihre Partei ja nach wie verstehe ich gut. Aber ich kann Ihnen nur eines vor für die Ablösung der NATO eintritt. Das ist eine sagen: Sie haben völlig recht, Sie können von Rot- Horrorvorstellung für uns. grün ausgehen; Ihre „Horrorvision" wird Wirklich- keit werden. Herr Kollege Fischer, ich glaube, daß eine solche Situation ein Sicherheitsrisiko für unser Land wäre, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - weil es dann nicht mehr berechenbar wäre. Wir Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Völlig falsch!) 22432 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Wir fahren in der nen und Soldaten für ihre Arbeit in der Region dan- Debatte fo rt. Das Wort hat der Kollege Günther Nol- ken. ting. (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordne ten der CDU/CSU) Günther Friedrich Nolting (F.D.P.): Frau Präsiden- tin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Fischer, Meine Damen und Herren, wesentlich für unsere ich denke, der Aspekt der politischen Berechenbar- heutige Entscheidung muß sein, daß wir das Er- keit ist, gerade wenn es um die Fortsetzung des reichte weiterhin sichern und fortentwickeln, zumal SFOR-Einsatzes geht, für unsere Soldatinnen und die zivile Implementierung der Dayton-Bestimmun- Soldaten wichtig. Herr Kollege Fischer, es reicht gen leider noch nicht das Niveau erreichen konnte, eben nicht aus, wenn Sie sich hier heute hinstellen das die militärischen Sicherheitsmaßnahmen bieten. und versuchen, staatstragende Ausführungen zu ma- Auch hier besteht eine Verpflichtung für Europa und chen, Ihre Partei und Ihr Bundesvorsitzender aber die NATO, weiterhin für Fortschritte zu sorgen. Diese eine völlig andere Position einnehmen. Ich denke, es Fortschritte des zivilen Wiederaufbaus bedingen eine ist richtig und wichtig, daß das hier im Hause so offen weitere Friedensstabilisierung durch SFOR. Hierzu angesprochen wird. gehört übrigens auch - Außenminister Kinkel hat darauf hingewiesen -, daß SFOR Kriegsverbrecher (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU) weiterhin dingfest macht und an den Haager Strafge- richtshof überstellt, wie Anfang dieser Woche ge- Ich kann verstehen, daß Sie ablenken wollen, daß schehen. Sie sogar ablenken müssen, so wie die Godesberger Beschlüsse alles übertünchen sollen. Aber die Mag- Wir hoffen, daß sich heute die überwältigende deburger Beschlüsse stehen, und Herr Trittin, Ihr Mehrheit der Abgeordneten für die Fortsetzung der Bundesvorsitzender, hat ja gesagt, Herr Kollege Fi- SFOR-Friedensmission ausspricht. Unsere Soldatin- scher: „Davon wird nichts revidiert." Das müssen Sie nen und Soldaten, die in diesem Einsatz stehen, sich hier heute anhören. brauchen für die notwendige Fortsetzung der Erfül- lung ihrer Aufträge einen breiten Rückhalt aus dem (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ Parlament. Aber wir haben gerade gehört: Es wird DIE GRÜNEN]: Er wird Verteidigungsmi kein hundertprozentiger Konsens sein, weil es nach nister! Das verspreche ich Ihnen, wenn Sie wie vor Kräfte gibt, die die Realität negieren. Daran so weiterreden! - Heiterkeit beim BÜND ändert auch der Umstand nichts, Herr Kollege Fi- NIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) scher, daß die Grünen versuchen, die katastrophale Entscheidung ihres Magdeburger Parteitages durch Meine Damen und Herren, die Bundesregierung einen weichgespülten Bosnien-Beschluß des Bundes- hat dem Deutschen Bundestag auf der Grundlage vorstandes und Länderrates zu ersetzen. der UN-Resolution vom 15. Juni 1998 den Antrag auf eine weitere Beteiligung Deutschlands an der militä- Meine Damen und Herren von den Grünen, Sie rischen Absicherung des Friedensprozesses im frü- täuschen die Menschen auf diese Weise nicht dar- heren Jugoslawien vorgelegt. Diese Maßnahme wird über hinweg, daß Ihre Partei in zentralen Fragen - von der F.D.P.-Bundestagsfraktion als notwendig be- nicht nur in der Steuerpolitik, sondern eben auch in trachtet. Die F.D.P.-Bundestagsfraktion stimmt dem der Außen- und Sicherheitspolitik - mehrheitlich po- Antrag zu. litikunfähig ist.

Herr Kollege Fischer, es geht hier heute - auch das (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU - will ich noch einmal sagen - nicht um ein Kosovo Günter Verheugen [SPD]: Sagen Sie doch Mandat, sondern es geht um die Fortsetzung des etwas, was den armen Menschen in Bosnien SFOR-Einsatzes. Auch in dieser Frage sollten Sie hilft!) nicht ablenken. Sie mögen sich noch so abmühen, die Bürger hier- (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. und über zu täuschen: Es wird Ihnen nicht gelingen. der CDU/CSU) Selbst wenn sich der Altlinke Trittin neuerdings in bezug auf die Bundeswehr bemüht - wir haben das Meine Damen und Herren, ich will daran erinnern: Beispiel vorhin hier gehört -, zeigt sich hinter dieser Der deutsche Außenminister Klaus Kinkel hat die mit- Maskerade immer wieder das wahre Gesicht der un- entscheidenden Impulse für die Lösung des Bosnien belehrbaren linken Ideologen. Dieses wahre Gesicht Konfliktes durch eine gemeinsame Initiative mit sei- zeigte sich auch, als der Bundesvorsitzende der Grü- nem damaligen Amtskollegen Juppé gegeben, die nen, Trittin - auch das ist schon gesagt worden -, zum Ausgangspunkt für den Vertrag von- Dayton wurde. Das Beenden des Leids und das berechtigte (Günter Verheugen [SPD]: Sagen Sie doch Interesse, das Deutschland und die Europäische endlich mal was zu Bosnien!) Union am Frieden in einer unmittelbar benachbarten Region haben, sind eine Verpflichtung darauf, sich kurze Zeit nach seinem Truppenbesuch gemeinsam auch weiterhin für den Friedens- und Stabilisie- mit gewaltbereiten Chaoten gegen einen öffentli- rungsprozeß zu engagieren. SFOR und - vorher - chen Auftritt der Bundeswehr grölte. Wir verurteilen IFOR haben hierfür großartige Leistungen vollbracht. die diskriminierenden und beleidigenden Äußerun- Ich möchte namens der F.D.P.-Fraktion den Soldatin- gen, die Vertreter der Grünen im Zusammenhang Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22433

Günther Friedrich Nolting mit dem feierlichen Gelöbnis von Soldaten der Bun- Krisenreaktionskräfte verfügen, die doch ein wesent- deswehr in Berlin gemacht haben. licher Bestandteil unserer Bosnien-Mission sind. (Günter Verheugen [SPD]: Was macht die Am gestrigen Tag sagte der Vorstandssprecher der F.D.P. in Bosnien?) Grünen, Trittin, die Bundesregierung entsende für militärische Interventionen gedrillte Krisenreaktions- Herr Kollege Fischer, ich frage noch einmal - Sie kräfte nach Bosnien; damit wolle sie die Akzeptanz sind das schon von anderen gefragt worden -: einer militärisch gestützten Außenpolitik bis zur Teil- Warum sagen Sie dazu nichts? nahme an Kriegsaktionen fördern. Warum sagen Sie (Beifall bei der F.D.P. - Günter Verheugen auch dazu nichts? [SPD]: Warum sagen Sie zu Bosnien nichts?) Herr Kollege Fischer, Sie müssen erklären, wie Sie Schließlich geht es Ihnen auch - die Magdeburger die auch von Ihnen immer wieder erhobene Forde- Beschlüsse zeigen dies - um die Abschaffung der rung nach Festnahme von Kriegsverbrechern umset- Bundeswehr und der NATO. Herr Kollege Fischer, zen wollen, wenn Sie nicht mehr über Spezialkräfte Sie sollten einmal auf das gespaltene Verhältnis Ihrer verfügen. Wer so etwas forde rt, wie Sie in Ihren Par- Partei zur Bundeswehr und zur NATO und das skan- teitagsbeschlüssen, muß die Schwelle zum Realitäts- dalöse Auftreten Ihres Parteivorsitzenden Trittin ein- verlust bereits weit überschritten haben. gehen. Auch dazu haben Sie nichts gesagt. (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. und Zu den Magdeburger Beschlüssen sagte Ihr Bun- der CDU/CSU) desvorsitzender Trittin: „Da wird nichts revidiert. " Wer die Abschaffung der Bundeswehr und der Herr Kollege Seiters hat darauf hingewiesen, daß in NATO fordert und den Bosnien-Einsatz letztlich Ihrem Programm steht: „Militärische Friedenserzwin- ablehnt, ist international nicht handlungsfähig und gung und Kampfeinsätze lehnen wir ab." Ich frage national nicht regierungsfähig und auch nicht wähl- Sie, Herr Kollege Fischer, was denn IFOR und SFOR bar. Eine solche Partei darf in diesem Lande keinen für Einsätze sind, wenn nicht unter Umständen auch Außenminister stellen, und sie darf auch nicht an der solche zur militärischen Friedenserzwingung. Regierung beteiligt werden. Wir werden dies zu ver- In Ihrem Programm steht weiter: Die NATO „pro- hindern wissen. grammiert bewaffnete Abenteuer" . Weiter heißt es in Vielen Dank. Öko-Deutsch: (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU) Die langfristig angelegte Strategie von Bündnis 90/Die Grünen zielt darauf ab, Militär- bündnisse und nationale Armeen in eine gesamt- Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Der nächste europäische Friedens- und Sicherheitsordnung Redner in der Debatte ist der Abgeordnete Gerhard aufzulösen. Sie muß auch die NATO ablösen ... Zwerenz. (Zuruf von der SPD: Oje, oje!) Dazu nochmals Trittin: „Da wird nichts revidiert."

(Zuruf des Abg. Joseph Fischer [Frankfu rt] Gerhard Zwerenz (PDS): Warum rufen Sie „oje, [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) oje"? Sie wissen doch noch gar nicht, was ich sagen will. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! - Sie werden sich diese Zitate anhören müssen, Herr Der Balkan spielte in zwei Weltkriegen eine - von Kollege Fischer. - Weiter heißt es im Magdeburger Großmächten provozierte - eskalierende unheilvolle Programm: Rolle. Der unprofessionelle, leichtfertige Umgang mit Mit der Abschaffung der allgemeinen Wehr- dem Balkan setzt sich leider bis heute fo rt. Alle pflicht und der schrittweisen Umstellung auf eine haben Angst vor einem explodierenden Unruheherd; Freiwilligenarmee soll schrittweise der Abbau dennoch fuchteln zu viele mit Lunten herum. der Bundeswehr beginnen. Es gibt eine Differenz zwischen dem Bonner Was heißt denn nun im Klartext „Auflösung", „Ab- Außen- und dem Verteidigungsminister. Sie ist aus lösung" und „Abbau"? Ich sage es Ihnen. Das heißt, deutbar - das ist heute wieder deutlich geworden - daß Sie immer noch auf der unsinnigen Forderung als Erkenntnis des Außenamtes, das die voreilige An- nach Abschaffung von Bundeswehr und NATO be- erkennung Sloweniens und Kroatiens im nachhinein harren. mindestens skeptisch beurteilt und das seinerzeitige Vorprellen durch heutige Zurückhaltung auszuglei- (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. und chen trachtet. der CDU/CSU) - Ich glaube nicht, daß der gegenwärtige Noch-Ver- In Ihrem Programm heißt es weiter: teidigungsminister Rühe wie ein kriegsspielzeugver- Die Krisenreaktionskräfte und insbesondere das liebtes Kind nur darauf brennt, seine Tornados von „Kommando Spezialkräfte" sind aufzulösen. der Leine zu lassen, gemäß der Devise des ewigen Jagdfliegers Rüdiger Proske, der, gegen die Wehr- Da müssen Sie, Herr Kollege Fischer, dem staunen- machtsausstellung gewandt, riet, doch lieber „auf den Zuhörer doch einmal erklären, wie Sie denn zu- die wachsende Beliebtheit unserer Tornados" zu set- künftig den geschundenen Menschen - wie im Falle zen. Dieser ewige Jagdflieger, der einst über der Bosnien - helfen wollen, wenn Sie nicht mehr über Nordsee abgeschossen wurde, hat dabei offenbar zu 22434 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Gerhard Zwerenz kalt gebadet. Der Minister müßte wissen: Seine bom- den. Ich frage mich nun, warum die linke Seite dieses benwerfenden Tornados wären selbst mit UN-Man- Hauses nicht bei der Sozialistischen Internationale dat ein Menetekel - möglicherweise wenigstens -, nachfragt. Denn in Serbien wie in Albanien stehen ohne Mandat aber ein Bruch internationalen Rechts. sozialistische Parteien in der Regierungsverantwor- Dies verpflichtet zu äußerster Vorsicht. tung. Unserer Meinung nach darf auch dies nicht un- versucht bleiben. Es geht um die Verhinderung eines Ich frage mich: Wie geht das eigentlich zusammen? weiteren Blutvergießens auf dem Balkan. Da verlangt die NATO von Milosevic, er solle Trup- pen aus dem Kosovo abziehen, sagt aber nicht, wie Was den Antrag der Bundesregierung zur SFOR- er ohne Truppen die Untergrundarmee vom bewaff- Nachfolgeoperation anbetrifft, so wird ihn die neten Aufstand abhalten könne. Sucht er aber die Gruppe der PDS - nicht ganz einheitlich, aber mehr- Grenzen gegen Waffenhandel und eindringende heitlich - ablehnen. Wir trafen diese Entscheidung Aufständische zu schließen, wird ihm auch dies ver- keineswegs mit leichter Hand. Wir mußten zwischen übelt. Fragt sich, wie Belgrad dem Kosovo die früher verschiedenen Aspekten abwägen. Wir widersetzen fatalerweise genommene Autonomie zurückgeben uns aber aus prinzipiellen Erwägungen einer Logik, kann, wenn die Kosovaner und ihre Untergrundar- die lautet: Wenn die Bundeswehr im Einsatz ist, gibt mee völlige Lostrennung wollen, was nun wiederum es keine Parteien mehr, sondern nur noch Patrioten. UNO und NATO so wenig möchten, wie sie im zwei- ten Golfkrieg wollten, daß Bagdads zweitem Hitler, Als Oppositionspartei haben wir nicht nur das gegen den sie Krieg führten, dessen Ende widerfuhr. Recht, sondern auch die Pflicht, Kritik zu üben und Warum wohl? Hier ist eine Parallele. diese Kritik im Abstimmungsverhalten zur Geltung Kosovos Untergrundarmee als Befreiungsfront an- zu bringen. Wir setzen deshalb auf Zivilisierung und zuerkennen - wozu uns manchmal auch von eigener Entmilitarisierung in der internationalen Politik. Wir Seite geraten wird - würde zu kriegerischen Situatio- wollen, daß dies auch bei der Bewältigung des Bos- nen auf dem ganzen Balkan führen, wo revolutio- nien-Konflikts konsequent umgesetzt wird. Wir blei- näre, religiöse und nationalistische Konflikte losbre- ben dabei, daß sich deutsche Außenpolitik vorrangig chen und zu einem neuerlichen großen Balkankrieg diesem Ziel verschreibt, statt sich überall als normal eskalieren können. Dies wissen wir sehr genau. werdende Großmacht mit der sich einstellenden Hy- bris einzumischen. Was wir von der Bundesregierung statt dessen for- dern, ist ein vernünftiges Einwirken auf beide Seiten (Beifall bei der PDS) und die Übernahme einer wirklich hilfreichen Rolle im Konflikt. Hier haben Sie bisher, Herr Außenmini- Unser Realismus steht gegen die Fortschreibung ster - das muß ich Ihnen sagen -, nicht alle Register einer kriegerischen Geschichte dieser Welt, die gezogen. Die Bundesregierung tut die Initiative des durch immer wiederkehrende Gewalt- und Haßeska- russischen Präsidenten, um die sie ihn ja gebeten lationen geprägt wird. Wir fordern einen konsequen- hat, etwas zu kalt ab; denn dieser Mann hat wenig- ten Bruch mit der bisher dominierenden Militärkul- stens den Versuch unternommen, auf Milosevic ein- tur. Wir wissen: Das geht nicht über Nacht. Aber zuwirken. Dies war ein Versuch. Versuche sind aber man muß es heftig beginnen wollen. nicht immer erfolgreich. Es ist erstaunlich und be- dauerlich, daß zum Beispiel der Text der russisch-ju- Nach der Meinung der Herren Rühe, Naumann goslawischen Erklärung zu diesem Treffen in den und Bagger stellt der SFOR-Einsatz diesen Bruch be- deutschen Medien vernachlässigt bzw. verschwiegen reits dar. Soldaten würden künftig vor allem schüt- wurde. zende, helfende Funktionen ausüben und damit Vor- aussetzungen für die politische Gestaltung des Frie- Warum wirkt die Bundesregierung nicht auf die se- dens schaffen. Das ist nicht grundsätzlich falsch und paratistischen Kräfte im Kosovo ein, damit sie ihrer- wird auch von der PDS-Gruppe akzeptiert. Es ist seits von Vorbedingungen abrücken, die faktisch ei- aber auch nicht konkret genug. Dies ist eher eine ner Aufgabe des Kosovo durch Serbien gleichkom- Blume auf dem Gewehr. Die Einlassungen des frühe- men? Wenn die Bundesregierung nicht mit Milosevic ren Generalinspekteurs Naumann, deutsche Truppen sprechen will, warum nimmt sie dann nicht Kontakte hätten 1900 und 1902/03 erfolgreich Krisen im fernen mit der serbischen Opposition auf, zum Beispiel mit Ausland bewältigt, sind nicht vergessen. Dies halten Zoran Djindjic, dem in Deutschland gut bekannten wir für ein falsches Vorbild. Vorsitzenden der Demokratischen Partei. Er war die- ser Tage in Deutschland und wäre zu Kontakten kon- (Beifall bei der PDS) kreter Art durchaus bereit gewesen, was nicht genü- gend wahrgenommen worden ist. Wir sind der Meinung, daß man den Frieden so weit stärken muß, daß die alte Losung, nach der im (Bundesminister Dr. Klaus Kinkel: Ich war gesamten zurückliegenden Jahrtausend Politik be- bei Milosevic!) trieben worden ist, wonach die Macht allein aus den - Das freut mich, Herr Außenminister. Da sind Sie auf Gewehren komme - modernisiert: aus Flugzeugen dem richtigen Weg. heraus abgeworfen werde -, nicht für das 21. Jahr- hundert und das dritte Jahrtausend gilt. Ich vermisse Offensichtlich ist in dieser Frage internationale auf Ihrer Seite gar nicht so sehr den guten Willen Vermittlung unabdingbar. Die bisherigen Vorschläge dazu. Aber ich vermisse, daß Sie sich dem wenig- wurden jeweils von der anderen Seite nicht akzep- stens mit so viel Energie, Intelligenz und Phantasie tiert, weil sie oft im Verdacht der Parteilichkeit stan- widmen, wie Sie sich bisher der militärischen Durch- Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22435

Gerhard Zwerenz setzung von Interessen gewidmet haben. Darum muß Ihnen sagen: Wir haben nicht nur die politische geht es! Debatte gewonnen, wir haben die moralische De- (Beifall bei der PDS) batte gewonnen. Heute weiß jeder, daß es sehr un- moralisch sein kann, Soldaten nicht einzusetzen, wenn dies die einzige Möglichkeit ist, Krieg und Das Wort hat jetzt Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Massaker zu stoppen. der Bundesminister der Verteidigung, Volker Rühe. (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD) Volker Rühe, Bundesminister der Verteidigung: Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! An diesem Punkt hat Rudi Seiters völlig recht. Die Bundesregierung bittet heute den Deutschen Bundestag, der Verlängerung des Einsatzes deut- Würde mich jemand fragen, wer vor einer Reihe scher Streitkräfte zur weiteren militärischen Absiche- von Jahren am häufigsten bei mir auf der Hardthöhe rung des Friedensprozesses in Bosnien und Herzego- war, um eine Intervention in Bosnien zu fordern, wer wina förmlich zuzustimmen. im Auswärtigen Ausschuß am häufigsten sagt, daß die Kriegsverbrecher gefangen werden müßten, Schon die Beratungen in den Ausschüssen haben dann sind es, Herr Poppe, immer Abgeordnete der gezeigt, daß dieser Antrag inzwischen von der über- Grünen gewesen. Aber dann wird, Herr Fischer, das wältigenden Mehrheit des Deutschen Bundestages KSK, das Kommando Spezialkräfte, das diesen unterstützt wird. Ich möchte am Anfang auch mit Kriegsverbrecher gefangen hat, im Verteidigungs- großem Ernst und großer Dankbarkeit betonen, wie ausschuß von Frau Beer als eine ganz schlimme inter- wichtig dieser breite Konsens ist. Das war nicht im- nationale Interventionstruppe von Rambos und Le- mer so. Im Grunde genommen war es - ich habe es gionären abgetan. Wir brauchen das Instrumenta- so empfunden - eine Zumutung für unsere Soldaten, rium, um moralische Positionen durchzusetzen. Das daß wir sie in wichtige internationale Einsätze schik- ist Ihr Problem in der deutschen Politik. ken mußten, ohne daß sie von zu Hause den nötigen Rückenwind und Konsens spüren konnten, weil da- (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. mals ein Teil der deutschen Politik versagt hat. Hät- sowie bei Abgeordneten der SPD) ten wir aber mangels eines Konsenses darauf ver- Rudi Seiters hat völlig zu Recht darauf hingewie- zichtet, die Soldaten einzusetzen, dann hätten wir sen, daß Sie zu der Rettung in Tirana im nachhinein nicht nur Deutschland international handlungsunfä- ja gesagt haben. Aber die Soldaten, die die Rettung hig gemacht, wir hätten gleich Europa handlungsun- durchführen konnten, wären gar nicht in der Region fähig gemacht. Deswegen muß am Beginn stehen: Es gewesen, war richtig, diesen Weg zu beschreiten, auch wenn Sie zunächst nicht bereit waren, uns zu folgen. Um so (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ dankbarer sind wir, daß heute die Richtigkeit unseres DIE GRÜNEN]: Doch, doch!) Vorgehens von allen anerkannt wird und unsere Sol- weil Sie dem Einsatz do rt nicht zugestimmt haben. daten von einem breiten Konsens in Deutschland Wenn Sie also dafür sind, daß wir deutsche Staats- und im Parlament getragen werden. bürger irgendwo auf der Welt retten und daß auch (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) deutsche Truppen Kriegsverbrecher gefangenneh- men können, dann müssen Sie auch ohne Abstriche Herr Kollege Verheugen, ich bedanke mich aus- zu dem Instrumentarium, nämlich der Bundeswehr, drücklich für das, was Sie über die deutschen Solda- j a sagen. ten gesagt haben. Es ist völlig richtig, sie sind nicht nur militärisch sehr professionell, sondern Sie haben (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) zu Recht auch von dem großen Einfühlungsvermö- Herr Fischer, Ihr Antrag ist ein Fortschritt - gleich- gen unserer Soldaten gesprochen. Das habe ich auch wohl ich längst nicht mit allen Teilen einverstanden immer im Zusammenhang mit der inneren Führung bin. angesprochen. In Somalia haben sie sich für die Kul- tur dieses Landes interessie rt, und das hat ihnen zu- (Joseph Fischer [Frankfu rt] [BÜNDNIS 90/ sätzliche Sicherheit gegeben. In Bosnien interessie- DIE GRÜNEN]: Das würde mich auch wun ren sie sich ohne Befehl für die Kultur und die Men- dern!) schen dieses Landes, ob Offizier, Unteroffizier, Ich habe aber einen ganz einfachen Vorschlag: Brin- Mannschaftsdienstgrad oder Wehrpflichtiger. Ein gen Sie ihn doch auf Ihrem Parteitag ein, und setzen besseres Zeugnis als das, was hier gesagt worden ist, Sie ihn gegen Herrn Trittin, Herrn Ströbele und die kann man den Soldaten der Bundeswehr gar nicht anderen durch! ausstellen: Professionalität und Einfühlungsvermö- gen. (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) - (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Dort nämlich wird die eigentliche Auseinanderset- sowie bei Abgeordneten der SPD) zung geführt. Ich möchte nicht allzuviel Rückschau betreiben. Ich will gleich auch noch etwas zu dem Gelöbnis Aber welche Rolle das Militärische in unserer Welt sagen. Wo ist die Verbindung? Das meine ich sehr spielt, ist etwas, woran sich die Geister vielfach noch ernst; sie ist nicht gesucht. Wenn wir unsere Soldaten scheiden. Sie werden sich an die Massaker in Sre- in den Einsatz schicken - dies tun wir jetzt wieder; benica im Sommer 1995 erinnern. Herr Fischer, ich und auch in Bosnien sind die Gefahren für die Solda- 22436 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 Bundesminister Volker Rühe ten keineswegs vorbei, sie gibt es ganz konkret, von Die „Neue Zürcher Zeitung" hat zu seinem Auftre- einer möglichen Mission im Kosovo ganz zu schwei- ten in Berlin unter der Überschrift „Chaoten und Hel- gen -, dann schulden wir ihnen eine hervorragende fershelfer" folgendes festgestellt: Ausbildung und die beste Ausrüstung; deswegen muß man im Deutschen Bundestag auch der Ausrü- Der Vorstandssprecher der Grünen, Trittin, war stung zustimmen. Wir schulden den Soldaten aber sich nicht zu schade, das Berliner Gelöbnis mit auch Respekt und Unterstützung, Herr Fischer. den öffentlichen Vereidigungen in der Zeit des „faschistischen Terrors" zu vergleichen. (Joseph Fischer [Frankfu rt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ohne klares Mandat!) (Zurufe von der CDU/CSU: Pfui!) Und deswegen paßt es nicht zusammen, in Berlin ge- Damit hatte Trittin schon fast das Niveau jener gen die jungen Rekruten zu pöbeln, dann aber bei Chaoten erreicht, die seit Wochen primitivste der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik im Drohungen gegen die „Nazisoldaten" und das Nadelstreifenanzug den Einsatz der Bundeswehr im „Mörderheer" der Bundeswehr ausgestoßen hat- Kosovo zu fordern. ten. Ist es nicht berechtigt, hier von einem Haß auf Solda- (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) ten zu sprechen, wie es heute in der „Bild"-Zeitung Das ist doch in Wirklichkeit Ihr Problem. Die Da- geschehen ist? men und Herren in der Deutschen Gesellschaft wa- (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) ren von Ihrem Anzug und Ihren vernünftigen Ansich- ten begeiste rt. Aber das ist eine Mogelpackung. Es muß Schluß sein mit dieser verlogenen Doppel- Wenn ich auf den Markt gehe und frisches Obst kau- strategie. Sie haben sich hier zu Rotgrün bekannt - fen will, eine Kiste mit phantastischen Pfirsichen Herr Scharping wurde ganz blaß; denn von der SPD sehe, aber nur in der obersten Reihe, und darunter hört man diese Bekenntnisse immer seltener -, und faules Obst mit vielen Würmern ist, dann spiegelt ge- dafür bin ich Ihnen dankbar. nau dies die Rolle wider, die Sie im Hinblick auf die Grünen in der deutschen Politik zu spielen versu- (Karsten D. Voigt [Frankfu rt] [SPD]: Er chen. wurde rot!) (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. - Das deutsche Volk muß doch wissen, daß das die Al- Joseph Fischer [Frankfu rt] [BÜNDNIS 90/ ternative ist. Ich sage Ihnen eines: Wer ein so gestör- DIE GRÜNEN]: Aber jetzt mal zum Mandat! tes Verhältnis zu den Soldaten seines eigenen Landes Wie ist es denn damit?) hat, der kann und darf in diesem Lande niemals Re- gierungsverantwortung übernehmen. Im übrigen, Herr Fischer, in Turnschuhen fand ich Sie viel glaubwürdiger als im Nadelstreifenanzug. (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) Das wissen auch die Sozialdemokraten. (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ihr scheint ein Problem (Karsten D. Voigt [Frankfu rt] [SPD]: Deswe damit zu haben! Das ist ja unglaublich!) gen wird Herr Trittin ja nicht Verteidigungs minister!) Wenn ich Sie sprechen höre, habe ich manchmal Angst, daß Sie die sofortige Bombardierung Bagdads - Ja, er wird nicht Verteidigungsminister, mein lieber fordern, nur um im Rennen der Realpolitiker weiter . Das aber reicht ja wohl nicht aus. Er vorn zu sein. Wir erwarten von Ihnen, daß Sie einmal würde nämlich eine maßgebliche Rolle in dieser Ko- in der eigenen Partei gegen die Leute kämpfen, die alition spielen. Deswegen haben Sie sich doch von gegen die Bundeswehr im eigenen Land sind. Dann den Grünen distanziert. Diese Gesellschaft ist Ihnen sind Sie in der internationalen Politik und auch hier peinlich. Das ist die Achillesferse Ihrer strategischen zu Hause glaubwürdig. Ausrichtung Rotgrün. (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) (Joseph Fischer [Frankfu rt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Rotgrün ist immer noch bes Meine Damen und Herren, nur durch unsere Sol- ser als !) daten - über 40 000 sind do rt - konnte der Friedens- prozeß gewahrt werden. Sie sind abhängig von Leuten wie Trittin; das ist Ihr Problem. (Joseph Fischer [Frankfu rt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wie ist es mit dem Man (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) dat?) - Vorletzte Bemerkung: Wer bei der Vereidigung der - Bitte schön. Trauen Sie sich, sich zu melden? jungen Rekruten in Berlin war und Trittin erlebt hat, der wird meiner Würdigung folgen: Es ist dumm und (Joseph Fischer [Frankfu rt] [BÜNDNIS 90/ würdelos, dort - zusammen übrigens mit Herrn Gysi DIE GRÜNEN]: Klares Mandat!) - in dieser Weise aufzutreten. - Ich komme noch zu dem Mandat. Zunächst aber (Joseph Fischer [Frankfu rt] [BÜNDNIS 90/ möchte ich noch auf Ihren Parteivorsitzenden einge- DIE GRÜNEN]: In welcher Einheit waren hen. Sie denn?) 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Bundesminister Volker Rühe Was die Rolle des Militärischen betrifft: Wir leben Diese Rede war in etlichen Passagen falsch und miß- leider nicht in einer Welt, in der man Kriege und verständlich, der Auftritt unangemessen. Massaker nur mit Diplomatie stoppen kann. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Gerhard Zwerenz [PDS]: Aber auch nicht Die Bundeswehr ist eine demokratisch legitimie rte ohne!) Armee, die in die Gesellschaft eingebunden ist. - Auch nicht ohne! Natürlich! Es war doch der Vertei- Schon deswegen ist es sehr wichtig, auf welche Vor- digungsminister, der immer auf den Dreiklang hinge- bilder und Traditionen sich diese Armee stützt. Ich wiesen hat: Wir müssen erst alle politischen und meine, die Kritik an den öffentlichen Gelöbnissen ist auch alle ökonomischen Sanktionen ausschöpfen. in diesem Zusammenhang berechtigt. (Dr. [PDS]: Haben Sie Die Bundeswehr mit „Mörder"-Rufen aber zu dif- das denn?) famieren ist unsäglich und übel. Wenn Soldaten zu Mördern werden, dann ist die Politik dafür verant- Ich habe sehr deutlich gesagt: Wenn die Luftverbin- wortlich; denn die Politik entscheidet über den Ein- dungen im zivilen Bereich weiter so durchgeführt satz der Soldaten. Leider sind zum Beispiel Angehö- werden, als ob nichts passiert wäre, dann ist es eine rige der Grenztruppen der NVA zu Mördern gewor- Zumutung zu sagen, daß dort Soldaten eingreifen den. Wenn die Auseinandersetzung der Union mit müssen. Das muß die Ultima ratio bleiben. Darauf der PDS außer plakativ wirklich ernst gemeint wäre, kann sich jeder verlassen. dann würden Sie sich damit auseinandersetzen, daß diese Partei Egon Krenz heute noch verteidigt, einen Ich kenne im übrigen niemanden, der vorsichtiger Freispruch für angemessen hält und es als Siegerju- ist als Verteidigungsminister und Generäle, was den stiz bezeichnet, daß man diesen Mann, einen Be- Einsatz von Soldaten angeht. Das ist etwas, was ich fehlsgeber der Grenztruppen, zur Rechenschaft in diesen sechs Jahren sehr deutlich begriffen habe. zieht. Niemand ist vorsichtiger als die Generäle, der Gene- ralinspekteur. Die Verantwortlichen der Bundeswehr Wie gesagt, Jürgen Trittin hat nicht für mich ge- wissen ganz genau, was es bedeutet, einen militäri- sprochen und, ich glaube, auch nicht für das Gros schen Einsatz durchzuführen. meiner Fraktion und Partei. Es kommt wohl vor, daß Sprecher manchmal mehr für sich selbst sprechen. Ich sage noch einmal: Die politischen und ökono- Wir hatten gerade gestern den Fall Hauser. mischen Möglichkeiten müssen ausgeschöpft wer- den, und der militärische Einsatz ist die Ultima ratio. (Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Deswegen gibt es die Vorbereitungen der NATO, bei der SPD und der PDS - Zuruf von der SPD: Westerwelle!) (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ Ich hätte mir gewünscht, auch da zumindest einen DIE GRÜNEN]: Mandat!) Hauch von Kritik zu hören, weil das etwas über den und zwar auf gesicherter rechtlicher Grundlage, Herr Charakter und den demokratischen Zustand in einer Fischer. Partei aussagt. Natürlich ist - ich habe es von Anfang an gesagt - Aber nicht das ist mein Punkt, Herr Bundesvertei- der Königsweg der Weg über den UN-Sicherheitsrat. digungsminister, sondern mein Punkt ist das Un- Aber was machen Sie, wenn Sie dort kein Ergebnis gleichgewicht der moralischen Empörung, das hier bekommen? Deswegen haben sich alle Verteidi- besteht. Es ist nicht sonderlich mutig, den Vorsitzen- gungsminister der NATO darauf geeinigt. Wir han- den einer anderen Partei zu kritisieren; das gehört deln auf einer gesicherten Rechtsgrundlage. Darauf zum politischen Alltagsgeschäft. Mutig und glaub- kann sich jeder verlassen. Dann werden wir in den würdig wird die Geste, wenn man auch den Vorsit- Deutschen Bundestag kommen. Ich hoffe, daß wir zenden der eigenen Partei kritisiert. War es denn dann auch die Zustimmung finden, wie es heute der nicht Helmut Kohl, der aus wirtschaftlichen Interes- Fall ist. sen seine Ehre dem chinesischen Militär erwiesen hat, einer Armee, die zum Mörder am eigenen Volk Ich bedanke mich. geworden ist? (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der F.D.P.) und bei der SPD - Unruhe bei der CDU/ CSU)

Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Das Wort zu einer War es denn nicht Helmut Kohl, der sich sehr Kurzintervention hat Herr Kollege Schulz. freundschaftlich mit Suha rto getroffen hat, dem Mör- der in Ost-Timor? Ist es nicht Helmut Kohl, der über- aus freundlich Bo ris Jelzin empfängt? Einmal abge- Werner Schulz (Berlin) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sehen davon, daß ich dieses Abgeschmatze von so- NEN): Herr Bundesverteidigungsminister, Sie haben wjetischen Nomenklaturkadern schon zu DDR-Zei- mit Empörung die Rede von Jürgen Trittin zum öf- ten widerlich fand; aber es sei einmal dahingestellt, fentlichen Bundeswehr-Gelöbnis in Berlin angespro- daß es da plötzliche Männerfreundschaften gibt. chen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall des Abg. Ulrich Irmer [F.D.P.]) und bei der SPD) 22438 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Werner Schulz (Berlin) Aber ist es denn nicht Bo ris Jelzin, der die slawi- aber es würde uns völlig unfähig machen, Außen- sche Brüderschaft betont, der Milosevic mit Waffen politik durchzuführen. versorgt, der Grosny in Schutt und Asche gelegt hat? Da hätte ich mir von Ihnen den Ruf gewünscht: „Nie (Dr. Helmut Lippelt [BÜNDNIS 90/DIE wieder Sarajevo!" Ist es denn nicht Boris Jelzin, der GRÜNEN]: Aha! Was haben Sie uns vorher Milosevic eigentlich vormacht, wie man mit Autono- gepredigt?) miebestrebungen im eigenen Land umgeht? Das letzte. Das, was Herr Trittin in Berlin gemacht Wissen Sie, Moral und Menschenrechte sind nicht hat - das waren nicht nur Demonstrationen, sondern teilbar. Glaubwürdig wäre ihr moralischer Protest, es waren Pöbeleien und der Versuch, in einer Stunde wenn er nicht einseitig wäre. zu stören, in der den Rekruten die Ehre erwiesen werden sollte -, war nicht „unangemessen" , wie Sie (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, das gesagt haben. Ich sage noch einmal: Das war bei der SPD und der PDS) dumm und würdelos und eine Schande für die deut- sche Politik. Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Herr Verteidi- (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) gungsminister. Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Das Wort hat jetzt Volker Rühe, Bundesminister der Verteidigung: der Fraktionsvorsitzende der SPD, Herr Abgeordne- Herr Kollege Schulz, Sie wissen, daß Sie meinen per- ter Rudolf Scharping. sönlichen Respekt und übrigens auch den von vielen in unserer Fraktion für das haben, was Sie als Bürger- Rudolf Scharping (SPD): Frau Präsidentin! Meine rechtler und auch in früheren Debatten gemacht ha- Damen und Herren! Ich denke, wir würdigen das En- ben, in denen Sie sich für die Notwendigkeit einge- gagement der Soldaten, der humanitären Organisa- setzt haben, auch die Bundeswehr einzusetzen. Man tionen, der vielen Freiwilligen in Bosnien zur Siche- konnte ja an den Mienen des Realpolitikers Fischer rung eines gewaltfreien Aufbaus in diesem gequäl- und des Herrn Scharping erkennen, was das, was Sie ten Land am besten, wenn wir uns zunächst einmal da gesagt haben, für die Außenpolitik einer rotgrü- auf den Hauptgegenstand der Diskussion konzen- nen Koalition bedeuten würde. Aber wenn Sie hier trieren. Das ist die Frage: Was können wir mit Hilfe den russischen Präsidenten Jelzin in einen Zusam- der Bundeswehr, mit Hilfe von Nicht-Regierungsor- menhang mit der sowjetischen Nomenklatura brin- ganisationen und anderen dazu beitragen, daß aus gen, einen Mann, der große Verdienste für die Ent- den gemachten Fehlern die richtigen Konsequenzen wicklung in Rußland hat gezogen werden und daß der f riedliche, der gewalt- (Josef Fischer [Frankfurt] [SPD]: Er war Par freie, der zivile Aufbau in Bosnien gefördert und vor- teischef in Surdlowsk! - Widerspruch beim angebracht wird? BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD - Ich habe sehr viel Verständnis dafür, daß man im Zurufe von der PDS) übrigen versucht, andere Gegenstände in die De- batte mit einzubeziehen. Das darf aber nicht dazu und von dem wir hoffen, daß er im Hinblick auf den führen, daß wir den Soldaten, den Hilfsorganisatio- Kosovo in dem politischen Prozeß eine ganz wichtige nen, den vielen anderen signalisieren, eigentlich sei Rolle spielt, dann kann ich das nur in aller Entschie- ihr Engagement nur ein wohlfeiler Anlaß, um ande- denheit zurückweisen. res auszutragen. Das ist nicht gut. (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) (Beifall bei der SPD) Hier vergleichen Sie völlig unvereinbare Dinge. Deswegen will ich zunächst auch in einer Korrek- (Zurufe von der PDS) tur einer Bemerkung, die der Bundesverteidigungs- minister gemacht hat, sagen: Die sozialdemokrati- - Ja, das, was hier von der PDS gekommen ist, ist na- sche Bundestagsfraktion hat alle Einsätze der Bun- türlich besonders interessant. Sie standen doch da- deswehr in Bosnien mitgetragen und ihnen zuge- bei, als das früher immer stattgefunden hat. stimmt. Das wird auch so bleiben. Denn wir sind sehr damit einverstanden, daß die Bundesrepublik (Zurufe von der PDS: Was?) Deutschland ihre Möglichkeiten konsequent, verant- Ich muß Ihnen schon sagen: In dieser Weise kann wortungsbewußt und umfassend nutzt, um Morden man weder das würdigen, was Jelzin tut, noch finde zu verhindern, Menschen eine bessere Perspektive ich das angemessen, wenn der amerikanische Präsi- zu geben und in einem solchen Land den zivilen Auf- bau zu ermöglichen. dent, der deutsche Bundeskanzler, der französische- Staatspräsident, der englische Ministerpräsident na- Es ist eine Wahrheit, daß überall im Westen, - auch türlich die Kontakte zu China nutzen, um dieses in Deutschland, hier und da auch in meiner Partei -, Land auf dem Weg ins 21. Jahrhundert in die interna- bezüglich der Einschätzung der Lage dieses Landes tionale Gemeinschaft einzubinden. und seiner Entwicklung Fehler gemacht wurden. Es (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) ist eine Wahrheit, daß man aus diesen Fehlern Kon- sequenzen ziehen muß, auch im Interesse dessen, Das heißt, das, was sie vertreten, ist moralischer Ri- was sich - hoffentlich auf eine f riedliche Weise wei- gorismus. Das mag persönlich liebenswürdig sein, terentwickeln wird. Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22439

Rudolf Scharping Deswegen ist beides notwendig: der Blick auf die tenen Führung durch Herrn Rugova reden, sondern militärische Absicherung einer zivilen, einer gewalt- muß auch die UCK und deren gewaltsame Aktionen freien Entwicklung in Bosnien-Herzegowina und der im Blick haben. Blick auf die Hilfe, die bei diesem zivilen Prozeß Ich vermute, wir werden über diese Fragen noch eben außerhalb des Militärischen - mit Hilfe des reden müssen. Ich hoffe sehr, daß das nicht wieder zu Staates, mit Hilfe von Nicht-Regierungsorganisatio- einem Spiel wird nach der Methode: Herr Milosevic nen, mit Hilfe von Freiwilligen - gegeben wird. Es hat in Moskau etwas zugesagt, was sein Außenmini- gibt leider, sowohl in der öffentlichen Debatte als ster dann wieder - wie schon jetzt - zum Teil zurück- auch hier und da in der tatsächlichen politischen Aufmerksamkeit, eine schwer auszuhaltende Diffe- nimmt. renz zwischen dem, was auf der militärischen Seite, (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS auf der Seite der Absicherung des Zivilen geschehen SES 90/DIE GRÜNEN) muß - und mit unserer Unterstützung weiter gesche- hen wird -, und dem, was auf der zivilen Seite not- Der Westen darf nicht wieder auf die Zusagen hoffen, wendig ist. ohne den notwendigen Druck zu entwickeln, damit aus den Zusagen auch Realitäten werden. Ich will deshalb sagen, daß Namen wie , Christian Schwarz-Schilling, Günter Ver- Mit Blick auf einen anderen Teil der Debatte - ich heugen und Organisationen wie „Schüler Helfen verstehe, daß er dazugehört - will ich, nur sehr kurz, Leben" sehr gute Hinweise darauf sind, daß wir viel- sagen: Wenn man der Bundeswehr Dank und Aner- leicht beides in den Blick nehmen könnten und bei- kennung ausspricht, zum Beispiel wegen ihrer Hilfe des mit demselben Engagement voranbringen müß- an der Oder oder wegen ihres Einsatzes in Bosnien, ten. Denn sonst könnte sich die militärische Seite der dann ist es völlig unangemessen und in keiner Form Absicherung eines zivilen Aufbauprozesses als nutz- akzeptabel - es wird übrigens auch nicht Inhalt ir- los oder als unvollständig erweisen, weil auf der zivi- gendwelcher Regierungspolitik -, was die Herren len Seite nicht mit genügend Nachdruck gearbeitet Trittin und Ströbele im Zusammenhang mit diesem worden ist. Gelöbnis gesagt haben. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordne ten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Meine Damen und Herren, ich finde, daß es ganz und des Abg. [CDU/CSU]) gut wäre, dann, wenn man einen solchen, zum Teil sehr schwierigen Prozeß hinter sich gebracht hat, in Wenn sich in diesem Haus diesbezüglich Einigkeit einer solchen Debatte auch einmal zu sagen, daß wir einstellt, auf die sich entwickelnde Einigkeit in diesem Hause, auf die gemeinsame Unterstützung beider Seiten - (Paul Breuer [CDU/CSU]: Jetzt beschönigen des militärischen Absicherns wie des zivilen Rufbau- Sie aber, Herr Scharping!) ens - in einem gewissen Sinne stolz sein können. dann können Sie, Herr Rühe, doch diesen Teil Ihrer Daraus kann man dann eine weitere Schlußfolgerung Reden auf den Marktplätzen halten oder sonstwo; es ziehen, nämlich daß sich Fehler, die gemacht worden muß nicht hier im Deutschen Bundestag passieren. sind - von der internationalen Staatengemeinschaft, von Parteien und innerhalb von Parteien -, besser (Beifall bei Abgeordneten der SPD - Wider nicht wiederholen sollten. spruch bei der CDU/CSU) Ich sage das auch mit Blick auf ein anderes Thema, - Entschuldigung. Es darf nicht der Eindruck erweckt das den Balkan berührt - ich fürchte, daß wir uns dar- werden, als müsse bei breiter Übereinstimmung über über an anderer Stelle noch intensiver werden unter- die Frage Bosnien, bei breiter Übereinstimmung über halten müssen -, nämlich was den Kosovo angeht. die Rolle der Bundeswehr und bei breiter Überein- Auch da gilt dieselbe Regel im Umgang mit diktatori- stimmung über die Rolle von öffentlichen Gelöbnis- schen Regimen. Man braucht beides: die glaubwür- sen ein Streit vom Zaun gebrochen werden, der nicht dige militärische Drohung und das intensive und im Zentrum der Debatte steht und der dem Engage- konsequente politische Bemühen. Anders - das lehrt ment und der Bedeutung der Wehrpflichtigen und alle Erfahrung - kommt man in solchen Konflikten der Soldaten insgesamt in keiner Weise gerecht wird. leider nicht zu einem zivilen und f riedlichen Ziel. Das (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordne politische Ziel sollten wir nicht vergessen, nämlich ten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) die Gewalt zu beenden, das Überschwappen der Ge- walt in andere Staaten zu verhindern - was gerade Lassen Sie mich im übrigen noch hinzufügen: Es dort, nicht nur wegen der albanischen Minderheit in wäre ein deutlicher Hinweis auf ein Minimum an Mazedonien, ein außerordentlich ernstes Problem ist Souveränität, wenn diese parteipolitischen Angstre- - und auf diesem Wege die Autonomie der- Kosovo aktionen nicht alles bestimmen würden, was man in Albaner zu erreichen. dieser Debatte erlebt hat. Das wäre ganz gut. Deswe- gen sage ich noch einmal zusammenfassend: Letzteres ist nicht so ganz einfach; denn Milosevic ist nur ein Teil des Problems; man soll ihn nicht mit Erstens. Beides muß zusammengehalten werden: Serbien verwechseln. Es kommt auch noch die grie- die militärische Absicherung des Friedensprozesses chisch-orthodoxe Kirche hinzu. Genauso kann man in Bosnien-Herzegowina und das Engagement auf auf der Seite der Kosovo-Albaner leider nicht mehr - der zivilen Seite durch Nicht-Regierungsorganisatio- das ist der Preis verlorener Zeit - von einer unbestrit- nen, einzelne Persönlichkeiten, Freiwillige und viele 22440 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 Rudolf Scharping andere. Die Europäische Union und übrigens auch Rudolf Scharping (SPD): Herr Zwerenz, wenn Sie Deutschland wären gut beraten, in der internationa- Interviews lesen, dann könnten Sie bezogen auf Äu- len Staatengemeinschaft und selbst etwas mehr zu ßerungen von mir nicht zu Fragen wie der ersten tun. kommen. Zweitens. Zu der zweiten Frage. Pazifismus ist eine von mir sehr geschätzte, im übrigen in der SPD vertretene Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Ihre Redezeit. und von mir - soweit notwendig - nicht nur respek- tierte, sondern verteidigte Grundhaltung. Ich persön- Rudolf Scharping (SPD): Wenn ich den Gedanken lich bin allerdings davon überzeugt, daß sie nicht gerade noch zu Ende führen darf? Maßstab für staatliches Handeln werden kann. Viel- mehr ist sie als individuelle Einstellung außerordent- lich ehrenwert. Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Ja. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordne Rudolf Scharping (SPD): Im Zusammenhang mit ten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) dem Kosovo gilt die Erfahrung, die wir in Bosnien Herzegowina und an anderer Stelle gemacht haben. In der Welt, in der wir leben und arbeiten müssen, ist Drittens. Wir sollten deshalb nicht der Versuchung sie als Maßstab für staatliches Handeln allerdings un- erliegen, einen Streit über die Bundeswehr zu füh- tauglich. ren, der kein wirklicher Streit ist. Ich sehe, die Grü- nen sind auf einem Weg, und will sie deswegen nicht Schließlich. Wenn Sie - das richtet sich nicht gegen weiter kritisieren, weil sie einen Parteisprecher ha- Sie als Person - als Vertreter einer Gruppe, die es bis- ben, der sich unverantwo rtlich äußert. her nicht fertiggebracht hat, sich von staatlicher Ge- walt, von staatlich verordnetem Mord und anderem Herr Zwerenz, ich sehe, Sie haben noch eine zu distanzieren, Frage. (Dr. Dagmar Enkelmann [PDS]: Das ist Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Bitte sehr, Herr falsch! Sie wissen, daß das falsch ist!) Zwerenz. dem Pazifismus das Wort reden, dann finde ich das Gerhard Zwerenz (PDS): Herr Scharping, ich bin unglaubwürdig. dankbar, daß Sie mich bemerken. Ich registriere, daß das nach vier Jahren das erste Mal ist. Vielleicht be- (Beifall bei der SPD) ruht das aber auch auf Gegenseitigkeit. (Lachen bei der CDU/CSU) - Nun, wir kennen uns aus seiner Juso-Zeit. Ich muß Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Als nächster mich sowieso wundern, welche Differenzen es zwi- spricht der Kollege Paul Breuer. schen damals und heute gibt. Ich habe zwei Fragen an Sie. Habe ich richtig gele- sen - oder war das ein Druckfehler -, daß Sie sich vor Paul Breuer (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine einigen Tagen der Position des Verteidigungsmi- Damen und Herren! Es ist sicher wichtig, festzustel- nisters so weit angenähert hatten, daß Sie der Mei- len, daß wir in diesem Parlament in der heutigen De- nung waren, notfalls müsse man im Kosovo ohne batte über die Verlängerung des SFOR-Mandats in UN-Sicherheitsrats-Mandat eingreifen können? Bosnien-Herzegowina eine gute, breite Mehrheit ha- Wenn ich das richtig gelesen haben sollte, dann bitte ben werden. ich um eine Erklärung. Herr Kollege Scharping, ich möchte in diesem Zu- Die zweite Frage bet ri fft Ihre gesamte Rede. Aller- sammenhang auf Ihre Rede eingehen. Ihre Feststel- dings frage ich Sie insoweit stellvertretend für das lung, daß die SPD - zumindest die Mehrheit Ihrer ganze Haus. In Deutschland hat es eigentlich immer Fraktion - in den letzten Jahren den Einsätzen in Pazifisten gegeben. Im Dritten Reich sind sie mit dem Bosnien-Herzegowina zugestimmt hat, trifft sicher Tode bestraft worden. Es gab sehr viel mehr Todesur- zu. Es ist aber auch wichtig, festzustellen - ich will teile gegen absolute Pazifisten - Waffendienstableh- das nicht unterlassen -, daß am Anfang des Prozesses ner, Kriegsablehner -, als wir bisher wissen. Her- in der deutschen Politik ein harter Streit stand. kömmlich war Ihre Partei sehr pluralistisch- und hat auch die Interessen dieser Kriegsverweigerer, dieser direkten Pazifisten vertreten. Ich möchte Sie einmal Sie werden zugeben müssen, daß ohne die klare fragen: Ist das noch der Fall, oder ist es jetzt so, daß Orientierung der Bundesregierung hin zur Kontrolle nur noch wir von der PDS die Interessen der Pazifi- des Flugverbots durch den AWACS-Einsatz - gegen sten vertreten dürfen? diesen haben Sie beim Bundesverfassungsgericht Klage eingereicht -, daß ohne die klare Orientierung (Lachen bei der CDU/CSU, der F.D.P., der der Bundesregierung hinsichtlich der Beteiligung an SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) der Blockade in der Adria die Akzeptanz unserer Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22441

Paul Breuer Politik heute auch durch Ihre Fraktion nicht zustande für Ihre Doppelstrategie, um den Teil Ihrer Wähler- gekommen wäre. klientel zu binden, der mit der Politik, die Sie hier vertreten, nichts zu tun hat. (Vorsitz: Vizepräsident Dr. ) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Ich bringe dies in Zusammenhang mit dem Streit, den wir heute über die Äußerungen des grünen Par- Im Kern benötigen Sie Herrn Trittin. Deswegen ist teivorsitzenden Trittin zum öffentlichen Gelöbnis in diese Politik janusköpfig. Berlin führen. Es ist notwendig, einen orientierenden (Gerhard Zwerenz [PDS]: Das ist hier jetzt Streit auszutragen, weil davon die Politik insgesamt zu trittinös!) profitiert. Dies werfe ich Ihnen auch in Zusammenhang mit Herr Scharping, Sie haben gesagt - darin stimme Ihrer Bundestagsfraktion vor. ich Ihnen zu -: Die Äußerungen von Herrn Trittin sind inakzeptabel. (Joseph Fischer [Frankfu rt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sehr gut!) (Walter Kolbow [SPD]: Das sagt der Fischer auch!) Wir haben zur Kenntnis genommen, daß im Verteidi- gungsausschuß des Deutschen Bundestages Nun wird man die Grünen, das heißt Ihren potentiel- len Koalitionspartner fragen müssen, wie sie nach (Joseph Fischer [Frankfu rt] [BÜNDNIS 90/ den Äußerungen von Herrn Trittin deutlich machen DIE GRÜNEN]: Nicht nur Tiefflieger sind!) wollen, eine glaubwürdige Sicherheitspolitik für un- - im Verteidigungsausschuß sind drei Vertreter der ser Land zu betreiben. Grünen - nur ein Vertreter der Grünen der Verlänge- Herr Fischer, rung des SFOR-Mandats zugestimmt hat. (Joseph Fischer [Frankfu rt] [BÜNDNIS 90/ (Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!) DIE GRÜNEN]: Ja!) Zwei haben sich der Stimme enthalten. Das heißt, Sie haben sich nicht klar von Herrn Trittin distan- daß eine Mehrheit der Vertreter Ihrer Fraktion im ziert. Verteidigungsausschuß des Deutschen Bundestages dieser Verlängerung des SFOR-Mandats nicht zuge- (Joseph Fischer [Frankfu rt] [BÜNDNIS 90/ stimmt hat. DIE GRÜNEN]: So ist es!) Das macht deutlich, daß die Fassade, die Sie Ihrer Das haben Sie nicht. Außen- und Sicherheitspolitik zu geben versuchen, von Ihren eigenen Fachpolitikern im Verteidigungs- (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ ausschuß in Frage gestellt wird. DIE GRÜNEN]: Aber unklar!) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) - Ja, das stimmt. Dem stimme ich zu. Sie haben sich hier unklar geäußert. Wenn Herr Trittin - ich will Das muß deutlich gesagt werden. seine Äußerungen noch einmal zitieren - gesagt hat, Wenn Sie mit wohlfeilen Erklärungen wie Ihrem daß ein öffentliches Gelöbnis der Bundeswehr auf ei- Beschlußvorschlag heute versuchen, in der Öffent- ner Linie mit den öffentlichen Vereidigungen in der lichkeit die Bundeswehr als demokratische Armee Nazizeit stünde, einer Zeit, die wir hinsichtlich ihrer herauszustellen, dann steht das im Gegensatz zu Qualität gleich bewerten, und dann der Bundeswehr dem, was Ihre verteidigungspolitische Spreche rin unterstellt, auf einer Linie mit blankem faschisti- Frau Beer in der Öffentlichkeit und auch im Verteidi- schem Terror zu stehen, ist das gungsausschuß des Deutschen Bundestages tut. Ich (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ darf eine Pressemitteilung der Bundestagsfraktion DIE GRÜNEN]: Unglaublich!) Bündnis 90/Die Grünen - keine private Erklärung von Frau Beer - vom 23. Januar dieses Jahres zitie- unglaublich. Davon sollten Sie sich, Herr Fischer, in ren, in der es heißt, daß die eigentlichen Probleme aller Klarheit distanzieren der Bundeswehr der Rechtsextremismus und das na- seien. Das ist eine Erklä- (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) tionalautoritäre Denken rung von Frau Beer Frau Beer, die haben Sie sicher und nicht versuchen, den Eindruck zu erwecken, daß nicht vergessen -, die Sie kennen. Sie trotz solcher Äußerungen Ihres Parteivorsitzen- (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ den auf öffentlichen Plätzen hier zu seriöser Politik DIE GRÜNEN]: Da hat sie doch nicht fähig sind. unrecht!) (Joseph Fischer [Frankfu rt] [BÜNDNIS- 90/ Dort wird unter dem Kopf Ihrer Fraktion, Herr Fi- DIE GRÜNEN]: Das Leben ist voller Wider scher, sprüche! - Gerhard Zwerenz [PDS]: Ist das jetzt ein Dialog?) (Joseph Fischer [Frankfu rt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Immerhin haben wir einen Herr Kollege Fischer, dazu will ich Ihnen noch et- Kopf!) was sagen: Das, was eigentlich zu diskutieren ist, ist die Tatsache, daß Sie insgeheim wissen, daß Sie das Gegenteil dessen vertreten, was Sie heute in Ih Herrn Trittin benötigen. Sie benötigen Herrn Trittin rem Entschließungsantrag hier im Deutschen Bun- 22442 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Paul Breuer destag einbringen. Das kann man nicht zulassen, das chen Einsatzes notwendig ist, um dabei erfolgreich muß diskutiert werden. Es zeigt, daß Ihre Außen- zu sein. und Sicherheitspolitik nach wie vor von großen Brü- chen geprägt ist und wie unberechenbar Sie in der Außen- und Sicherheitspolitik sind. Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Herr Kollege Breuer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abge- (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) ordneten Lippelt? Meine Damen und Herren, die Frage, wie man mit (CDU/CSU): Bitte schön. der Bundeswehr umgeht und welchen Geist man ihr Paul Breuer attestiert - wie das in Ihrer Fraktion gesehen wird, habe ich am Beispiel von Frau Beer, immerhin Ihrer Dr. Helmut Lippelt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): verteidigungspolitischen Sprecherin, deutlich ge- Herr Kollege Breuer, Sie haben zu Recht darauf hin- macht -, hat etwas damit zu tun, welche Unterstüt- gewiesen - Sie haben es uns auch sehr nahegebracht zung die Soldaten der Bundeswehr als wichtige Bot- -, daß ein Streit, der zur Orientierung beiträgt, sehr schafter unseres Landes in einem Konfliktgebiet wie wichtig sei. Ist Ihnen denn nicht aufgefallen - als Sie Bosnien-Herzegowina erfahren. Die Soldaten der sich an den parteiinternen Streitigkeiten der Grünen Bundeswehr haben besser, als viele vermutet haben, abarbeiteten -, daß es für dieses Haus viel wichtiger und besser, als manche befürchtet haben, in diesem wäre, wenn man uns über den Streit innerhalb des Krisengebiet Einfühlungsvermögen gegenüber allen Bundeskabinetts orientierte, vor allem nachdem Herr Ethnitäten bewiesen. Rühe gesagt hat, daß es eine rechtlich hinreichende Grundlage für einen eventuellen Einsatz schon gebe, (Beifall des Abg. Joseph Fischer [Frankfu rt] und nachdem der Außenminister nach wie vor zu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Recht darauf besteht, daß wir ein UN-Mandat brau- chen? Der Bundeskanzler ist - wie ich es jetzt sehe - Das könnte wohl nicht so sein, wenn sie den Charak- derselben Meinung. ter hätten, der ihnen von Frau Beer in ihren Presse- verlautbarungen oder anderen Verlautbarungen un- Können Sie nicht dafür sorgen, daß wir Informatio- terstellt wird. nen über den Streit innerhalb der Koalition bekom- men? Das wäre für die Orientierung der Nation und (Joseph Fischer [Frankfu rt] [BÜNDNIS 90/ dieses Hauses viel wichtiger. Ich weise nur darauf DIE GRÜNEN]: Haben wir das Rechtsradi hin: Was würde denn geschehen, wenn wir - soweit kalismusproblem oder nicht? Das können es geht - eine rechtliche Grundlage für einen solchen Sie doch nicht leugnen!) Einsatz zusammenzimmerten und die russische Min- - Was das angeht, werden wir in der nächsten Woche derheit in Lettland einen humanitären Einsatz for- im Zusammenhang mit dem Untersuchungsausschuß derte? Wo kämen wir da, bitte sehr, hin? wieder erleben, daß auf Briefbögen Ihrer Fraktion (Beifall des Abg. Joseph Fischer [Frankfu rt] nach wie vor von rechtsextremen Tendenzen in der [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Bundeswehr gesprochen wird,

(Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ Paul Breuer (CDU/CSU): Herr Kollege, ich bin fest DIE GRÜNEN]: Der Generalinspekteur davon überzeugt, daß die Bundesregierung - so, wie selbst sagt das!) das in der Vergangenheit gewesen ist - überhaupt keinen Zweifel an der Handlungsfähigkeit unserer während Sie aber auf der anderen Seite in der Erklä- deutschen Außen- und Sicherheitspolitik aufkom- rung, die Sie heute hier einbringen, eine andere men lassen wird. Sollte es dazu kommen, daß ein mi- Sprache finden. Es ist janusköpfig von vorne bis hin- litärischer Einsatz notwendig oder unvermeidbar ten. Meine Bitte an Sie, Herr Fischer, ist: Beschäfti- wäre, dann wird die Bundesregierung - davon bin gen Sie sich, wenn Sie glaubwürdig sein wollen, bitte ich überzeugt - auf geeigneter rechtlicher Grundlage auf der Arbeitsebene Ihrer Fraktion mit den Kolle- in Kooperation mit den anderen freien Nationen, ins- gen, die das Gegenteil dessen vertreten, was Sie hier besondere auch mit der NATO, handlungsfähig sein. glauben zu machen versuchen! Das war weder in der Vergangenheit zweifelhaft, noch wird es in der Zukunft zweifelhaft sein. Meine Damen und Herren, die SFOR-Mission der Bundeswehr zusammen mit 30 Nationen im ehemali- (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) gen Jugoslawien, in Bosnien-Herzegowina, muß als höchst erfolgreich angesehen werden. Ich denke, daß nicht allein die Bundeswehr, sondern unser gan- Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Ich gebe der Abgeordneten Angelika Beer das Wo rt für eine Kurz- zes Volk an Erfahrung gewonnen hat. Es -ist die Er- intervention. fahrung, daß der Beitrag der deutschen Demokratie, der Beitrag der Bundesrepublik Deutschland in der Gemeinsamkeit mit anderen europäischen und inter- Angelika Beer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr nationalen Demokratien ein Beitrag zur Stabilisie- Präsident! Ich beziehe mich auf den Beitrag des Bun- rung ist, daß ein militärischer Beitrag ein Beitrag zur desverteidigungsministers Volker Rühe. Sie, Herr Stabilisierung ist. Die Erfahrung, die wir gemacht ha- Rühe, hätten heute eigentlich die Aufgabe gehabt, ben, ist die, daß die öffentliche Akzeptanz eines sol- zusammen mit diesem Parlament eine sehr schwie- chen Beitrages, die öffentliche Akzeptanz eines sol- rige Entscheidung darüber zu treffen, ob die Bundes- Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22443

Angelika Beer wehr sich weiterhin an einem internationalen Einsatz Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Ich diskutiere im Rahmen von SFOR beteiligen soll. Sie sind - so ist nicht über die Handhabung der Geschäftsordnung. es jedenfalls festgeschrieben - IBUK. Das heißt, Sie Ich bitte Sie, sich an sie zu halten. haben die Befehls- und Kommandogewalt in Frie- denszeiten. Angelika Beer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich Was Sie hier bisher gemacht haben, ist weder eine komme zum Schluß. Was ich sagen möchte, betrifft Wahrnehmung von Aufgaben eines Verteidigungs- den Kollegen Breuer, der deutlich gemacht hat, wie ministers noch eine Unterrichtung des Parlaments wenig es dieser christlichen Partei darum geht, heute zur Vorbereitung einer Entscheidung über den Bun- über SFOR zu diskutieren. Ich erwarte, daß Sie Ihre deswehreinsatz außerhalb des NATO-Gebietes. Viel- öffentlichen Äußerungen, die Grünen betrieben mehr haben Sie durch pauschale Diffamierung ein- Volksverhetzung - Sie beziehen sich dabei auf Äuße- zelner Abgeordneter verschiedener Fraktionen ver- rungen von Trittin -, hier zurücknehmen. sucht, darüber hinwegzutäuschen, daß Sie in den letzten Monaten und Jahren gezielt Ihre Kompeten- (Widerspruch bei der CDU/CSU und F.D.P.) zen immer weiter ausgedehnt haben. Es ist nicht Ihre Aufgabe als Verteidigungsminister, falsche Aussagen Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Dann gebe ich und Zitate aus dem Verteidigungsausschuß zu brin- das Wort zu einer Kurzintervention - nun allerdings gen. Vielmehr haben Sie als Verteidigungsminister zur Rede des Kollegen Breuer - der Abgeordneten die Pflicht, dafür zu sorgen, daß die parlamentari- Uta Zapf. sche Kontrolle durch den Verteidigungsausschuß in jeder Form gewährleistet ist. Durch Ihre Weigerung im Ausschuß, das Parlament über den Einsatz des Uta Zapf (SPD): Herr Kollege Breuer, ich habe diese Kommandos Spezialkräfte im Rahmen der bereits Kurzintervention auf Grund der letzten Sätze Ihrer vorgenommenen Verhaftungen der Kriegsverbrecher Rede angemeldet. Sie haben davon gesprochen, daß als auch weiterer Personen zu unterrichten, verwei- ein Einsatz der Bundeswehr im Kosovo - wir sollten gern Sie dem Parlament seine Kontrollrechte, obwohl da ganz beruhigt sein - schon auf einer geeigneten dies in einer geheimen Sitzung des Verteidigungs- rechtlichen Grundlage stattfinden werde. Ich möchte auschusses jederzeit möglich wäre. daran erinnern, daß es eine ernsthafte Frage ist, auf welcher Grundlage wir Soldaten der Bundeswehr in Sie tun alles, um die Vereinten Nationen zu margi- einen Einsatz schicken. Dieser Einsatz wird sicherlich nalisieren, anstatt einen Friedensauftrag der Bundes- noch problematischer als der Einsatz, der im Moment republik Deutschland international zu festigen. Sie in Bosnien stattfindet, sein können. sind dafür verantwortlich, daß die Öffentlichkeit auf einen Kampfeinsatz im Kosovo vorbereitet werden Wenn Sie hier etwas nebulös von der „geeigneten soll, ohne daß es ein dafür erforderliches Mandat der Grundlage" sprechen, dann möchte ich ganz gerne Vereinten Nationen gibt. wissen, welche Grundlage Sie damit meinen. Es gibt Sie sind dafür verantwortlich, daß diese Debatte ja gar nicht so viele Möglichkeiten. Ich erinnere Sie, durch Ihren Antrag zu einer Schlammschlacht wird, Herr Kollege Breuer, daran, daß ich vorgestern im die auf dem Rücken der Rekruten ausgetragen wird. Ausschuß Herrn Außenminister Kinkel ganz deutlich Das machen Sie alles nur, um Ihre Gelöbniskampa- danach gefragt habe, weil nämlich auch er diese gne zu rechtfertigen. Sie diskreditieren Friedensor- Grundlage nicht zitiert hat, obwohl die europäischen ganisationen, die sich für ziviles Engagement in Kri- Außenminister in Cardiff übereingekommen sind, senregionen, wie zum Beispiel Bosnien-Herzego- daß dafür ein UN-Sicherheitsratsmandat erforderlich wina, einsetzen. Ihnen fällt nicht einmal auf, daß es sei. auch im Kosovo und in Serbien demokratische Orga- Wir verfügen über keine große Skala an rechtli- nisationen gibt, die jetzt unsere Unterstützung brau- chen Grundlagen. Ich denke, es wäre besser, sich chen. jetzt nicht, wie der Kollege Rühe und Sie, hinter eine nebulöse Formulierung zurückzuziehen, sondern zu Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Frau Kollegin sagen, was Sie außer einem UN-Mandat noch als Beer, darf ich Sie einen Augenblick unterbrechen. ausreichende rechtliche Grundlage bezeichnen. Ich Eine Kurzintervention muß nach der Geschäftsord- halte es für extrem verantwortungslos, sich nicht sehr nung frei gehalten werden, weil sie eine Antwort auf genau darauf zu verständigen, was im Sinne des Völ- eine Rede sein soll. Ich habe den Eindruck, daß Sie kerrechts eine Grundlage für den Einsatz unserer eine vorbereitete Rede halten wollen. Ich möchte Sie Bundeswehr darstellt. Wir alle hier sind mittlerweile also bitten, sich an die Regeln der Geschäftsordnung soweit, daß - das ist nicht immer so gewesen; das ist zu halten. hier vorgetragen worden - unter uns Einigkeit dar- über besteht, die Bundeswehr bei solchen Konflikten einsetzen zu können, um Mord und Totschlag zu ver- Angelika Beer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr hindern. Darüber, daß sie nur auf einer ganz saube- Präsident, wenn ich, wie ich beantragt hatte, nach ren, einwandfreien völkerrechtlichen Grundlage ein- dem Minister an der Reihe gewesen wäre, dann hätte gesetzt werden kann, sollte in diesem Hause heute ich mir keine Stichworte aufgeschrieben. Da zwi- Klarheit entstehen. schendurch aber zwei Redebeiträge waren, habe ich mir erlaubt, die Punkte, die anzusprechen sind, hier (Beifall des Abg. Dr. Helmut Lippelt auch zu nennen. [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) 22444 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Uta Zapf Wir entscheiden im Moment auf einer ganz sauberen lament vorher nicht bekanntgegeben werden Grundlage, und ich will nicht, daß das irgendwo ver- konnte, um den Schutz und den Erfolg der Mission wischt wird, auch im Hinblick auf zukünftige Ein- zu gewährleisten. sätze. Wir haben im Verteidigungsausschuß mit großer (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Genugtuung festgestellt, daß gerade der letzte Ein- BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) satz des Kommandos Spezialkräfte zur Festnahme und Überführung eines mutmaßlichen Kriegsverbre- Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Dann gebe ich chers, dem ungeheure Vorwürfe gemacht werden, an das Wort dem Abgeordneten Walter Kolbow. das Tribunal führte. Im Zusammenhang mit den in- ternationalen Rechtsgrundlagen, die für das T ribunal gelten, gab es auch bei diesem Einsatz eindeutige Walter Kolbow (SPD): Herr Präsident! Meine Da- Rechtssicherheit für die in die SFOR-Gruppe inte- men und Herren! In dieser Debatte hat sich klar her- grierten Soldaten des Kommandos Spezialkräfte; der ausgestellt, daß uns der große Dank und der Respekt Einsatz geschah auf der Basis des Sicherheitsratsbe- für das von unseren Soldaten Geleistete eint. Auch schlusses 1088, des Dayton-Vertrages und des Bun- das, was von den zivilen Einrichtungen dort geleistet destagsbeschlusses vom 13. Dezember 1996. worden ist, ist gewürdigt worden. Wir gedenken der toten Diplomaten und Soldaten, die bei ihrem Einsatz Unabdingbar ist hierbei die zeitnahe, das heißt un- ihr Leben verloren haben. verzügliche Informierung des Parlaments; das ist durch Berichterstattung im Verteidigungsausschuß Es hat sich bei der Rückschau, die meines Erach- und auch heute durch den Beitrag des Bundesvertei- tens, insbesondere was die Beiträge der Redner der digungsministers geschehen. Damit wird die Sache Koalitionsfraktionen und auch den Beitrag des Bun- auch rund für mögliche, von uns nicht gewünschte desverteidigungsministers angeht, zu kurz gekom- Einsätze, die wir durchführen müssen, nachdem wir men ist, gezeigt, daß wir zwei Dinge festhalten soll- vorher aus der Sicht des Parlaments alles versucht ten, die meiner Meinung nach gerade der Arbeit, der haben, sie mit den Mitteln präventiver Diplomatie Haltung und dem Diskussionsprozeß der Oppositi- und anderen politischen Präventionsmöglichkeiten onsparteien des Deutschen Bundestages zu verdan- zu vermeiden. Gerade durch die Entwicklungen im ken sind. Ich meine, daß an Hand dieser komplizier- Zusammenhang mit dem SFOR-Mandat, das wir ten, ja gefährlichen Fälle, in die wir unsere Bundes- heute verlängern müssen, ist die Bundeswehr zu ei- wehr haben schicken müssen, der Unterschied zwi- nem Parlamentsheer geworden, für das letztlich der schen dem respektierten und erlaubten individuellen Deutsche Bundestag allein Verantwortung trägt. Für Pazifismus und dem politischen Pazifismus, der uns ist deswegen der Weg über die Vereinten Natio- keine Mehrheit irgendwelcher Art in unserem Lande nen, aus deren Sicherheitsratsbeschluß wir die ent- bekommen darf, deutlich herausgearbeitet worden sprechenden Schlußfolgerungen gezogen haben, das ist. maßgebliche Element. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Ich glaube schon, daß es die Leistungsbilanz unse- Damit haben wir diesem Rechtsstaat Bundesrepublik rer Soldatinnen und Soldaten verdient, daß wir an einen unschätzbaren Dienst erwiesen; das gilt auch dieser Stelle verdeutlichen, auf wie vielfältige Weise für unsere Leistungen, zum Beispiel für die innerpar- beim militärischen Einsatz Menschen geholfen wor- teilichen Diskussionen in der SPD. den ist. Wir erörtern das im Verteidigungsausschuß ja in jeder Sitzung miteinander; darauf haben die im (Beifall bei der SPD) Einsatz befindlichen Soldaten auch Anspruch. Des- Ein zweiter Punkt, der mit allen zukünftigen Ein- halb spreche ich mit großem Respekt von der CIMIC, sätzen in Zusammenhang zu bringen ist, ist, daß wir der zivil-militärischen Zusammenarbeit, die zu einer für eindeutige Rechtsgrundlagen Sorge getragen ha- Erfolgsstory der Bundeswehr geworden ist. ben. Rechtssicherheit ist dadurch geschaffen wor- Was den Umfang des Kontingents angeht, so ha- den, daß als unverzichtbarer Maßstab für Einsätze ben wir in dieser Zeit 30 000 Soldaten in Bosnien ge- eine Beteiligung im Rahmen der Charta der Verein- habt. ten Nationen festgelegt worden ist. Dieser Maßstab ist einmal durch das Richterrecht des Bundesverfas- Hier muß dann auch davon gesprochen werden, sungsgerichts gefunden worden, das die Wehrver- daß dieser Einsatz häufig die Leistungsfähigkeit un- fassung des Grundgesetzes fortgeschrieben hat, in- serer Soldatinnen und Soldaten so sehr in Anspruch dem es die Beteiligung unserer Streitkräfte an inter- nimmt, daß man im Hinblick auf die tägliche Bean- nationalen Einsätzen akzeptiert hat, und zum zwei- spruchung durchaus von einer Überdehnung des ten dadurch, daß dieses Richterrecht Bundestagsbe- Auftrages sprechen kann. Wir müssen dies in alle schlüsse über den Einsatz unserer Soldatinnen und Überlegungen zu Einsätzen einbeziehen, die uns po- Soldaten im internationalen Bereich vorschreibt. litisch auch durch die internationale Völkergemein- schaft nahegebracht werden. Das bedeutet, daß wir die Maßstäbe, so wie wir sie erarbeitet und im Parlament beschlossen haben, Ich glaube, daß der schleichende Fortgang des zi- auch bei den Einsätzen nachvollziehen können, bei vilen Stabilisierungs- und Wiederaufbauprogramms, denen wir nur im nachhinein, Herr Rühe, informiert von dem Günter Verheugen hier eindrucksvoll ge- werden können, wie zum Beispiel beim Einsatz des sprochen hat, die Stimmung der Soldaten vor Ort be- Kommandos Spezialkräfte in Albanien, der dem Par- lastet. Wir hören, daß das Feldlager kaum verlassen Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22445

Walter Kolbow wird und daß man weniger ins Land geht als vorher. bei den K-Gruppen gewesen ist oder daß Herr Trittin Ich meine, wir sollten versuchen dagegenzusteuern. gemeinsam mit Herrn Gysi in Berlin-Mitte redet. Zu Zeiten, als Herr Honecker noch aktiv war und regiert Andererseits ist für unsere Soldaten beeindruk- hat - Herr Gysi war ja in dieses System mit verstrickt kend, wie sich der militärische Einsatz und der zivile -, gab es immer den Satz, die NATO wolle den War- Wiederaufbau in der gesamten Bandbreite darstellen schauer Pakt angreifen, da die Bundeswehr mit klin- und bedingen. Die Bundeswehr weiß, daß im Ergeb- gendem Spiel durch das Brandenburger Tor ziehen nis bisher ihr Einsatz das Zusammenleben der Men- möchte. Genau in diesem Geiste sind die Reden, die schen in der Region und den Wiederaufbau des Lan- von Herrn Trittin gehalten worden sind. des weiterhin ermöglicht. Gerade dies ist die Recht- fertigung dafür, das Mandat zu verlängern, um die (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Möglichkeiten der militärischen Begleitung mög- Wenn es sich bei Herrn Trittin um den Schatzmeister lichst eindrucksvoll und erfolgreich dem zivilen Wie- des Ortsverbandes der Grünen von Hintertupfing deraufbau zufließen zu lassen. handeln würde, dann könnte man ja noch sagen: Na Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese gut, da hat mal wieder einer über das Ziel hinausge- Mandatsverlängerung wird auch in der Bevölkerung schossen. Aber es ist der Vorturner der Grünen. Des- mit breiter Zustimmung gesehen. Deshalb wird dem, wegen müssen wir über seine Äußerungen reden. was der Deutsche Bundestag heute dazu beschließt, (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) auch von der großen Mehrheit der Bevölkerung zu- gestimmt. Dies ist an erster Stelle ein Verdienst derer, Ich will betonen, daß wir keine Freude daran ha- die dort als Soldatinnen und Soldaten sowie als zivile ben, heute den Entsendebeschluß mitzutragen. Wir Beschäftigte der Bundeswehr gewirkt haben. haben eine Einsicht in dessen Notwendigkeit. Die Bundeswehr - ich danke, daß das der Verteidigungs- Deshalb Glück auf für die Zeit der Verlängerung minister sehr deutlich gemacht hat - wird nicht und eine gesunde Rückkehr für all diejenigen, die leichtfertig in Einsätze geschickt, in denen sie sich jetzt dort hingeschickt werden müssen, um Bosnien bewähren muß und in denen der einzelne den Ge- Herzegowina und den Menschen vor Ort zu helfen, fahren für Leib und Leben ausgesetzt ist. Es ist eine um ihnen den Frieden endgültig zurückgeben zu Einsicht in die Verantwortung, die sich nicht mit Ge- können! sinnungspazifismus verträgt. Diese Einsicht in die (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordne Verantwortung bedeutet auch, daß wir hinsichtlich ten der F.D.P.) des anderen Konflikts, des Kosovo-Konflikts, den wir seit Jahren aufkommen sehen und der sich immer mehr verschärft, rechtzeitig reagieren. Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Ich gebe das Wort dem Abgeordneten Christian Schmidt. Lassen Sie mich, Frau Kollegin Zapf, noch auf Ihre Kurzintervention eingehen. Sie haben den Kollegen Breuer angegangen, wie das denn wäre. Manche bei (Fürth) (CDU/CSU): Herr Präsi- Christian Schmidt den Grünen vermerken mit Freude: Der Verteidi- dent! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dem gungsminister sagt so und der Außenminister so. letzten Satz, lieber Kollege Kolbow, schließe ich mich Auch bei der SPD: Scharping so, der andere wieder vollständig an. Es ist wichtig, daß wir all den Solda- so. Wenn wir für den Frieden im Kosovo etwas Gutes ten der Bundeswehr, die bereits im Einsatz in Bos- tun wollen, dann reicht es gegenwärtig, zu sagen: nien sind oder die Ende Juni im neuen Kontingent Wenn wir zu Entscheidungen kommen müssen, zu dort hingehen werden und die das nächste Jahr mit- denen wir noch nicht gekommen sind, dann müssen und viel Er- helfen werden, eine gesunde Rückkehr sie auf gesicherter Rechtsgrundlage entstehen. Wich- wünschen sowie die folg bei ihrer Friedensmission tig ist jetzt, daß Wir den einheitlichen politischen Wil- volle Unterstützung von seiten des Deutschen Bun- len gegenüber Herrn Milosevic dokumentieren, näm- destages zusagen. Das ist das Wichtigste. lich das zu tun, was jetzt notwendig ist. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU ordneten der F.D.P.) sowie des Abg. Ulrich Irmer [F.D.P.]) Es ist genügend über die Äußerungen von Herrn Wir neigen in Deutschland dazu - entsprechende Trittin und anderen gesagt worden; ich will darauf Erfahrungen haben wir in den letzten Jahren machen nicht weiter eingehen. Ich will nur noch sagen: Ge- können -, Dinge vor dem Gericht austragen zu wol- nau das verwirrt und irritiert die Soldaten, die Rekru- len. Jawohl, es ist wichtig und richtig, daß die recht- ten und die Berufssoldaten. Sie sagen nämlich: Wir lichen Grundlagen in Ordnung sind. Aber genauso gehen dort hin, wir sind bereit, das zu tun, was uns wichtig und richtig ist, daß wir uns in dieser Diskus- das Parlament, was uns die Bundesregierung, was sion um rechtliche Grundlagen nicht verfransen und uns die internationale Gemeinschaft aufträgt,- und nicht verzetteln dürfen, sondern daß wir die politi- dann kommen welche, die die Regierungsverantwor- sche Linie und die politische Zielsetzung beibehalten tung übernehmen wollen, und erzählen uns, daß wir und deutlich machen müssen. Darum - und um eigentlich schlimme Kerle sind und daß wir besten- nichts anderes - geht es gegenwärtig. falls in den Kasernen hinter dem Schutz von dicken Mauern bleiben sollten! (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Der Geist, der sich dahinter verbirgt, hängt viel- Herr Jelzin, der heute mit Herrn Milosevic von ei- leicht auch damit zusammen, daß Herr Trittin früher nigen aus Mangel an Politikfähigkeit auf eine Ebene 22446 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 Christian Schmidt (Fürth) gestellt worden ist, kann und muß für die Weltge- von den anderen zu erwarten, daß sie sich im politi- meinschaft einen wichtigen Dienst in dieser Frage schen, finanziellen und gegebenenfalls im Bereich leisten. Ich möchte alle warnen, die meinen, man der Flüchtlingsaufnahme so beteiligen, wie wir das könnte allein mit Kraftworten die schwierige Situa- in den letzten Jahren getan haben. Die Bundesrepu- tion Rußlands und auch die sicherheitspolitische blik Deutschland hat hier eine wichtige Rolle ge- Schlüsselposition Rußlands so einfach beiseite schie- spielt. Deshalb muß sie sich auf die Solidarität der ben. Der Bundeskanzler tut sehr gut daran - er ist ei- Europäischen Union verlassen können und erwarten ner der wenigen gewesen, vielleicht sogar der ein- dürfen, daß hier gemeinsam gehandelt wird. zige, der Herrn Jelzin zu einer Zeit politisch ins Ver- trauen gezogen hat, als noch 300 000 Soldaten der Das heißt übrigens auch, daß das Thema Euro Roten Armee in Deutschland stationiert waren, die heute eine wichtige Rolle spielt. Was hat der Euro mit am 31. August 1994 mit klingendem Spiel und einem Bosnien zu tun? Ich bin der festen Überzeugung, daß deutschen Lied auf den Lippen durchs Brandenbur- die gemeinsame Währung auch die Gemeinsame ger Tor abgezogen sind -, Außen- und Sicherheitspolitik befördern wird, weil es anders nicht möglich sein wird. Wir können nicht (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU zwar in Paris und Berlin mit dem Euro bezahlen, aber sowie des Abg. Ulrich Irmer [F.D.P.]) in Paris und Berlin unterschiedliche Außenpolitik be- ihn jetzt in die Verantwortungsgemeinschaft der treiben. westlichen Welt einzubeziehen. Insofern glaube ich, (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU daß all das, was in Cardiff, was vom Außenminister und der F.D.P.) und vom Verteidigungsminister gesagt worden ist, in keiner Weise ein Widerspruch ist. Vielmehr wird von Auf uns wird die Verpflichtung zukommen, mit allen und nicht zuletzt vom Bundeskanzler deutlich dem Kapital einer gemeinsamen europäischen Wäh- gemacht, wohin die Reise geht, wenn Herr Milosevic rungsunion, das wir geschaffen haben, die von uns meint, er könne im Kosovo mit den Menschen umge- ebenso geförderte politische Union zu befördern. Ich hen - morden, brandschatzen, töten und vertreiben -, denke, daß der Kosovo die erste Nagelprobe sein so wie es ihm gerade paßt. wird. Ich gehe davon aus, daß die Bundesregierung (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) bei ihrer Vorbereitung der deutschen Präsidentschaft in der ersten Jahreshälfte 1999 auf die Verbesserung Wir werden Herrn Milosevic auch nicht insofern der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik entgegenkommen, indem wir sagen: Kein Albaner nachhaltig einwirken wird. darf mehr in den Kosovo hinein. Das ist übrigens auch eine sehr sensible Frage im Zusammenhang mit Abschließend zu den Anträgen. Wir haben den An- der Rückführung. Man darf nicht den Eindruck er- trag der Bundesregierung vorliegen. Die CDU/CSU- wecken, man wolle ethnischen Säuberungen Vor- Fraktion wird diesem Antrag selbstverständlich zu- schub leisten. stimmen. Er ist klar und eindeutig und verdient un- sere volle Unterstützung. Insbesondere die Soldaten Man muß auch klar sagen, daß wir auf Ebene der verdienen unsere Unterstützung. Europäischen Union ein politisches Ziel verfolgen, nämlich: keine neuen Splitterstaaten in Europa ent- Wir haben des weiteren einen Entschließungsan- stehen zu lassen, sondern handlungsfähige, aber sich trag der Koalition zu unserer Position gegenüber auch den völkerrechtlichen Regeln und den Regeln den Soldaten und zur Würdigung der Rolle der Bun- des Europarates - ich spreche die Minderheitenkon- deswehr. Auch diesem werden wir selbstverständlich vention an - unterwerfende Staaten zu haben. Das zustimmen. heißt, kein selbständiger Kosovo, aber ein autonomer Kosovo. Nun haben wir - wenn ich darauf hinweisen darf, Herr Präsident - in diesem Antrag noch einen klei- Geht uns das eigentlich etwas an? Ich weiß, viele nen Grammatikfehler. In Ziffer 3 heißt es: fragen uns: Habt ihr denn nichts anderes zu tun, als euer Geld in solche Initiativen, in solche Missionen Der Deutsche Bundestag spricht der Bundeswehr wie jetzt in Bosnien zu stecken? Auch der Kosovo ko- als den Streitkräften unseres demokratischen stet uns Geld. Ich verstehe das. Trotzdem finde ich, Rechtsstaates ihr uneingeschränktes Vertrauen das ist zu kurz gedacht. Es geht darum, den Frieden aus. und die Stabilität in ganz Europa zu erhalten. Wenn es uns gelingt, den Menschen die Möglichkeit eines Das muß natürlich heißen: „sein uneingeschränktes Lebens in ihrer eigenen Heimat zu belassen, stimmt Vertrauen". nicht nur die menschliche und politische, sondern (Wolf-Michael Catenhusen [SPD]: Das war auch die fiskalische Rechnung. Deswegen ist das - die neue deutsche Rechtschreibung! Geld, das wir hier investieren müssen, auch aus die- - Ulrich Irmer [F.D.P.]: sen Gründen gut angelegt. Es ist übrigens im Ver- Das waren die Femini stinnen, Herr Catenhusen!) hältnis zu anderen Beträgen ein geringer Betrag, den wir hier zahlen. Daß die SPD zwar nicht ideenträchtig, aber immer- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) hin im Abkupfern gut ist, erkennt man daran, daß ihr Antrag den nahezu gleichen Wortlaut hat wie unser Allerdings muß eines klar sein: Wir können und Antrag - offensichtlich, um in der Debatte etwas bes- wollen das nicht alleine schaffen. Wir haben auch ser dazustehen. Sie haben, Herr Catenhusen, sogar Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22447

Christian Schmidt (Fürth) den Fehler mit übernommen. Vielleicht können Sie nis. Denn alle, die einen Militäreinsatz befürwortet ihn auch für Ihre Seite entsprechend korrigieren. haben und ihn jetzt befürworten, sagen, daß die we- sentlichen Defizite nicht im Militärischen liegen, son- (Beifall und Heiterkeit bei der CDU/CSU dern im Zivilen und daß es nicht zu einer dauerhaften und der F.D.P.) Befriedung in Bosnien kommen kann, wenn die zivile Ein Vorschlag: Stimmen Sie einfach unserem An- Seite nicht dominiert, das heißt, das Militärische trag zu, dann ist die Sache erledigt, und wir haben überflüssig macht. eine gemeinsame Position. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordne (Walter Kolbow [SPD]: Stimmen Sie doch ten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) unserem zu!) Umgekehrt ist es so, daß der überwiegende Teil Was den Antrag der Grünen betrifft, würde ich derjenigen, die zu Beginn dieser Legislaturpe riode eigentlich vorschlagen, daß wir diese Rechtferti- Militäreinsätze noch abgelehnt und gesagt haben, zi- gungsschrift zur politischen Selbstreinigung, wenn vile Optionen müßten an deren Stelle gesetzt wer- es denn ginge, an den Parteitag der Grünen zurück- den, jetzt Militäreinsätze hier mit unterstützen, aber verweisen. nicht deshalb, weil sie ihr Denken und Handeln mili- tarisiert haben, sondern deshalb, weil sie wissen, daß es in bestimmten konkreten Konfliktlagen auf das Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen. Mischungsverhältnis zwischen diesen beiden Berei- chen ankommt, damit wieder eine f riedliche Politik betrieben werden kann und damit das Militärische Christian Schmidt (Fürth) (CDU/CSU): Do rt würde und Gewalt nicht dominieren. er wohl keine Mehrheit mehr erhalten. Sie werden für diesen Antrag, so sympathisch er in manchen Sät- Wenn es aber um ein neues Mischungsverhältnis zen formuliert ist und so klar seine Intention ist, auch zwischen Zivilem und Militärischem geht, dann hat in diesem Bundestag keine Mehrheit erhalten. das auch Konsequenzen für die Administration. Da möchte ich auf Aufgaben der nächsten Legislaturpe- Ich bedanke mich. riode hinweisen. Ich meine, daß die Abstimmung (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) zwischen der EU und der NATO auf der internationa- len Ebene und zwischen Außenministerium, Innen- ministerium und Verteidigungsministerium bei uns Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Herr Kollege, zu Hause noch nicht genügend funktioniert. Ich Ihre germanistische Anregung ist in das Protokoll glaube, daß der Bundessicherheitsrat, der eine solche aufgenommen worden. Ich glaube, wir brauchen Koordinierung eigentlich übernehmen müßte, einen dann später nicht mehr darauf zurückzukommen. Dornröschenschlaf hält und angesichts seiner bishe- Damit gebe ich das Wort dem Abgeordneten Kar- rigen Arbeitsweise untauglich ist, diese Aufgaben zu sten Voigt. übernehmen. Er müßte sie aber übernehmen, wenn er der neuen Rolle Deutschlands und den neuen Pro- blemen Rechnung tragen will. Das bleibt also eine Karsten D. Voigt (Frankfurt) (SPD): Lieber Kollege Aufgabe. Schmidt, da Wahlkampf ist, haben wir es nicht ge- schafft, eine gemeinsame Resolution zu verfassen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Wenn kein Wahlkampf gewesen wäre, hätten wir Zum zweiten Punkt. Das neue Verhältnis zwischen dies geschafft. In dieser Debatte, die ja wesentlich innen und außen stellt auch die Frage nach dem Völ- vom Wahlkampf geprägt ist, ist weitgehend verloren- kerrecht neu. Das traditionelle Völkerrecht ist auf gegangen, daß in Wirklichkeit die überwiegende den Konflikt zwischen Staaten abgestellt. Wir haben Mehrheit des Parlaments in Grundsatzfragen der Au- es aber sowohl bei dem Problem in Bosnien als auch ßen- und Sicherheitspolitik ähnliche Auffassungen bei dem Problem im Kosovo wie auch bei einer Reihe vertritt. von anderen Problemen mit innerstaatlichen Konflik- (Günther Friedrich Nolting [F.D.P.]: Aber ten zu tun, die andere Staaten in ihrer Stabilität zum abgeschrieben habt ihr trotzdem!) Beispiel im Rahmen der Flüchtlingsproblematik di- rekt oder indirekt berühren, die aber nach den klassi- Diese vom Wahlkampf geprägte Debatte hat aber schen Regeln des Völkerrechts - mein Kollege Eber- einen Vorteil gehabt: Ich konnte mein ursprüngliches hard Brecht guckt mich dabei an - über die UNO- Manuskript zur Seite legen und mir in fünf Punkten Charta nicht leicht zu beheben sind, zumindest nicht notieren, was meiner Meinung nach in der bisheri- mit Zwangsmaßnahmen. gen Debatte zu kurz gekommen ist. Das sind Punkte, von denen ich meine, die deutsche Politik, das deut- Man kann darauf reagieren, indem man das Völ- sche Parlament, habe in den letzten fünf- Jahren hin- kerrecht etwas kreativ interpretie rt. Das ist der Vor- zugelernt. schlag von einigen. Man kann auch einfach sagen: Man darf nicht eingreifen, weil das Völkerrecht das Der erste Punkt betrifft das Verhältnis zwischen nicht zuläßt. Ich glaube, wir müssen hier schlicht und Zivilem und Militärischem. Zu Beginn dieser Legis- ergreifend eine Weiterentwicklung des Völkerrechts ode gab es noch den Streitpunkt, ob das Zi- laturpe ri vornehmen. vile als Alternative für das Militärische gelten könne. Am Ende dieser Legislaturpe riode, in der heutigen (Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Debatte, geht es um das richtige Mischungsverhält- Richtig!) 22448 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Karsten D. Voigt (Frankfurt) Es gibt dafür im europäischen Kontext bereits Hin- Gruppen und Bundeswehr getan hat, und zwar posi- weise. Denn in Wirklichkeit haben wir mit der Charta tiv und von beiden Seiten. von Paris und den OSZE-Beschlüssen bereits Nor- men, die nicht nur auf zwischenstaatliche Konflikte (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des hinweisen, sondern auf die Kategorie der Verletzung BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) von Menschenrechten, Demokratie usw. Ich habe mir als Juso-Vorsitzender nicht vorstellen können, jemals ein Gelöbnis abzunehmen, wie ich es (Beifall bei Abgeordneten der SPD) in der vergangenen Woche getan habe. Ich glaube, daß wir im Rahmen dieses Denkens wei- Daß Herr Trittin das noch anders sieht, liegt einfach tere Normen verfestigen müssen, die bei einer we- daran, daß er Lernunfähigkeit mit Prinzipientreue sentlichen Verletzung von Demokratie und Men- verwechselt. schenrechten ein Eingreifen der Staatengemein- schaft in die innerstaatliche Souveränität ermögli- (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der chen. Das ist bisher noch nicht der Fall. Das ist eine CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE bleibende Aufgabe. GRÜNEN) Zum dritten Punkt, zur Geschichte. Zu Beginn die- Seine Prinzipientreue besteht darin, daß er stolz dar- ser Legislaturpe riode haben die meisten Abgeordne- auf ist, in den letzten 30 Jahren nichts dazugelernt zu ten einen möglichen Militäreinsatz vor. dem Hinter- haben, obwohl es Revolutionen gegeben hat. grund der deutschen Geschichte beurteilt und ge- sagt: Wir Deutsche dürfen nie wieder tun, was Deut- (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der sche einmal getan haben. Es geht aber im wesentli- CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE chen nicht nur darum, nicht zu wiederholen, was GRÜNEN) Deutsche getan haben. Wir müssen vielmehr darauf Auf solche Revolutionäre, die, nachdem sich Revolu- achten, daß wir gemeinsam mit unseren Nachbarn tionen wie die von 1989 vollzogen hatten, stolz darauf aus deren Geschichte - zum Beispiel von den Hollän- sind, sich nicht verändert zu haben, kann ich pfeifen, dern - lernen, daß man Diktatoren und Aggressoren und auf die können die Grünen hoffentlich auch pfei entsprechend unserer Geschichte zusammen mit un- fen. seren Nachbarn frühzeitig verhindern muß. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordne Damit bin ich beim fünften Punkt; das betrifft den ten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Deutschen Bundestag. Natürlich war heute Wahl- kampfdebatte. Aber das überlagert ein bißchen, wel- Entsprechend dem, was wir da gemeinsam mit un- che wesentliche Rolle der Bundestag in dieser Ent- seren europäischen und transatlantischen Pa rtnern wicklung gespielt hat. Es ist schon erwähnt worden, gelernt haben, haben wir zwar das, was wir aus un- daß Kollegen des Bundestages wie Hans Koschnick, serer eigenen Geschichte gelernt haben, nicht ver- Schwarz-Schilling, , Günter Verheu- drängt, sind jetzt aber so weit, uns mit ihnen zu inte- gen, Gerd Poppe, Jupp Vosen und Schlee sich enga- grieren und mit ihnen gemeinsam Antworten auf giert mit der Bosnien-Frage und der Kosovo-Frage Menschenrechtsverletzungen und auf Gefahren der beschäftigt haben. Es gibt kein anderes Parlament, in Friedensbedrohung, zum Beispiel in Bosnien und im dem man innerhalb einer halben Stunde zu jedem Kosovo, zu geben. Damit ist die Frage nach einem Ort im ehemaligen Jugoslawien einen Spezialisten deutschen Sonderweg nicht nur theoretisch, sondern finden kann, weil jemand dort war, sich damit be- auch praktisch erledigt. schäftigt hat und die Konfliktlage kennt. Ungefähr Damit bin ich beim vierten Punkt: Die Bundeswehr 50 Prozent nicht der Tagesordnungspunkte, aber der ist naturgemäß ein Instrument, das der besonderen Sitzungsdauer des Auswärtigen Ausschusses in die- Kontrolle unterliegt. Es gibt kein Parlament - das ist ser Legislaturperiode bezogen sich auf Bosnien oder unsere Lehre aus der Geschichte -, das rechtlich eine auf die Probleme im ehemaligen Jugoslawien. Fast so intensive Kontrollmöglichkeit hat und von ihr auch alle politischen Führer aus den konfliktträchtigen Be- faktisch Gebrauch macht, wie es beim Bundestag der reichen waren entweder hier, oder man hat sie dort Fall ist. Deshalb sind wir in manchen Bereichen auch besucht. Das heißt, der Deutsche Bundestag hat nicht Vorbild für Staaten, die sich frisch demokratisiert ha- nur hinsichtlich der Abstimmung über die militäri- ben oder gerade demokratisieren. Aber die Bundes- sche Frage, die wir jetzt im großen Konsens entschei- wehr war - das ist vor dem Hintergrund der deut- den werden, sondern auch in den Bereichen, in de- schen Geschichte verständlich - in ihrem Handeln, in nen es um die konkreten zivilen, ökonomischen, ihrem Image und in ihren symbolischen Gesten im- menschlichen, humanitären und parteipolitischen mer umstritten. Sie wird auch weiterhin- umstritten Aspekte geht, in den letzten Jahren Großartiges ge- sein. Die heutige Debatte verschleiert jedoch zum leistet. Da das normalerweise die Presse nicht von Teil, daß die Bundeswehr noch nie so wenig umstrit- sich aus sagt, möchte ich es wenigstens gesagt ha- ten war, wie sie es zur Zeit ist. Viele derer, die 1968 ben. aus einem ganz bestimmten Bereich des Protest- Danke. potentials unserer Gesellschaft kamen - das gilt zum Beispiel für , aber auch für mich -, (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordne stehen heute zur Bundeswehr. Das bedeutet, daß ten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/ sich etwas im Verhältnis zwischen gesellschaftlichen DIE GRÜNEN und der F.D.P.) Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22449

Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Herr Kollege Es geht weiter: Voigt, Sie haben heute Ihre letzte Rede vor dem Deutschen Bundestag gehalten. Damit wolle sie die Akzeptanz einer militärisch gestützten Außenpolitik bis zur Teilnahme an (Karsten D. Voigt [Frankfurt] [SPD]: Wahr Golfkriegsaktionen fördern. scheinlich!) (Walter Hirche [F.D.P.]: Unglaublich!) Mit Ihnen scheidet ein weiteres verdienstvolles Mit- Herr Scharping, Sie müssen noch dazu Stellung glied aus dem Hause aus, dem Sie seit 1976, also seit nehmen, ob Sie es sich wirklich so leicht machen 22 Jahren, angehören. Sie haben einen langen politi- können, zu sagen: Das war ein Ausrutscher eines et- schen Weg innerhalb und außerhalb dieses Hauses was undisziplinierten und, wie Karsten Voigt gesagt zurückgelegt, bis Sie Ihr Thema, die nordatlantische hat, nicht mehr lernfähigen Chaoten. Er ist der Spre- Zusammenarbeit, gefunden haben. Sie waren von cher der Partei Bündnis 90/Die Grünen. 1992 bis 1994 Vizepräsident der Nordatlantischen Versammlung und haben sich wirklich große Ver- Volker Rühe hat recht, obwohl die Vorstellung von dienste erworben. Ich möchte Ihnen den Dank des Joschka Fischer als rosigem Pfirsich zumindest für Hauses für Ihre parlamentarische Arbeit ausspre- mich noch sehr gewöhnungsbedürftig ist: Nach au- chen. ßen wird eine Art Window-Dressing bet rieben. Herr Fischer versucht, den seriösen Staatsmann zu spie- (Beifall - Abg. Rudolf Scharping [SPD] len, und es wird gesagt: Nur darauf kommt es an. sowie die Bundesminister Volker Rühe und Was die paar Chaoten machen, spielt keine Rolle. - Dr. Klaus Kinkel, des weiteren Abg. Paul Nein, meine Damen und Herren. Weshalb sagt Herr Breuer [CDU/CSU] und Abg. Dr. Karl-Heinz Trittin dies denn? Doch deshalb, weil er eine ganz Hornhues [CDU/CSU] gratulieren dem Abg. bestimmte Wählerschicht an sich binden will. Hier Karsten D. Voigt [Frankfu rt] [SPD]) wird doch an diejenigen appelliert, die die Bundes- wehr, die NATO und auch die NATO-Öffnung nicht Damit gebe ich dem Abgeordneten Ulrich Irmer wollen das Wort. (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Ulrich Irmer (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen und die deswegen letzten Endes friedensunfähig und Herren! Auch ich möchte mich bei Karsten Voigt sind. bedanken. Wir haben im Auswärtigen Ausschuß Eines ist auch bei dem Beschluß, den wir heute zu über die Jahre hinweg erstklassig konstruktiv und fassen haben, klargeworden: Es geht in der Welt freundschaftlich zusammengearbeitet. Ich glaube, eben nicht nur idyllisch zu. Die schönsten Worte, die ich werde im Namen mancher Kollegen aus dem schönsten Beteuerungen und auch die intensivsten Auswärtigen Ausschuß sprechen können, wenn ich Verhandlungen machen es leider oft nicht überflüs- sage: Wir werden dich vermissen. Wir wünschen dir sig, daß im Interesse des Friedens mit Gewalt nach- alles Gute. Wir bedanken uns für das, was wir ge- geholfen werden muß. meinsam tun konnten. Ich unterstütze all diejenigen, die hier gesagt ha- (Beifall bei der F.D.P., der CDU/CSU und ben, die zivile Komponente sei mindestens ebenso der SPD sowie des Abg. Albe rt Schmidt wichtig, sei unerläßlich, und wenn die zivile Kompo- [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) nente keinen Erfolg habe, dann werde auch jeder mi- litärische Einsatz sinnlos bleiben. Ich will aber beto- Jetzt muß ich allerdings Herrn Scharping fragen, nen, daß es auch in diesem Hause Kollegen gibt - ob er die Äußerungen von Herrn Trittin nicht ein Karsten Voigt hat das bereits gesagt -, die in uner- bißchen heruntergespielt hat. müdlichem Einsatz dort tätig sind. Ich will nur einmal erwähnen, daß der Kollege Christian Schwarz-Schil- (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Das ling mühevoll von Dorf zu Dorf zieht und mit den muß er doch!) Bürgermeistern Verhandlungen über die Rückfüh- rung von Flüchtlingen führt. Das möchte ich hier aus- Herr Scharping, Sie haben so getan, als sei das, was drücklich würdigen; Trittin in Berlin abgelassen hat, ein Ausrutscher ge- wesen und nicht weiter ernst zu nehmen. (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD) Ich lese hier in einer Pressemeldung von gestern: denn ohne diese Arbeit wäre der Beschluß, den wir ... warf Trittin der Bundesregierung vor,- heute fassen, nicht zu vertreten.

- das bezieht sich auf den Beschluß, den wir heute zu Meine verehrten Damen und Herren, über das in fassen haben - der Tat verwandte Problem im Kosovo ist hier bereits gesprochen worden. Karsten Voigt hat in nachdenkli- sie entsende für militärische Interventionen ge- cher Art darauf hingewiesen, daß wir das Völker- drillte Krisenreaktionskräfte nach Bosnien. recht weiterentwickeln müssen. Zur Diskussion über die Rechtsgrundlage möchte ich aber ganz klar sa- (Paul Breuer [CDU/CSU]: Ganz schlimm!) gen: Wir haben dies noch einmal sorgfältig geprüft. 22450 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Ulrich Irmer Als Rechtsgrundlage für einen etwaigen militäri- Ehe wir in die Abstimmungen eintreten, möchte schen Einsatz im Kosovo steht heute nur ein Mandat ich Sie darauf aufmerksam machen, daß es sich um des UN-Sicherheitsrats zur Verfügung; sechs namentliche Abstimmungen handelt. Ich hoffe, daß Sie sich ausreichend mit Stimmkarten versorgt (Beifall bei Abgeordneten der SPD) haben. denn der Fall des Art. 51 der UN-Charta, der vor- sieht, daß die Staatengemeinschaft im Falle eines be- Es liegt eine Reihe von Erklärungen nach § 31 der waffneten Angriffs eines Landes auf ein anderes Geschäftsordnung vor, und zwar eine gemeinsame Land dem angegriffenen Land zu Hilfe eilen kann, Erklärung der Abgeordneten und An- ist nicht gegeben. Der Fall ist vorgesehen, aber er drea Fischer, eine weitere gemeinsame Erklärung wird hier Gott sei Dank nicht eintreten. Herr Milose- von Ursula Schönberger und Halo Saibold, einzelner vic wird den Teufel tun und Übergriffe auf Mazedo- Erklärungen von Kurt Neumann, Dr. Jürgen Rochlitz, nien oder Albanien riskieren; denn er weiß genau, Christian Sterzing, , Margitta Ter- dann hat er die geballte Militärmacht der NATO am borg und der Kollegin Monika Knoche. Eine weitere Halse. Das wird er meiden wie der Teufel das Weih- gemeinsame Erklärung liegt vor von den Abgeordne- wasser. Insofern sollten wir hier doch realistisch sein. ten Ludger Volmer, Angelika Beer, Gila Altmann, Auch ich bin der Meinung, daß wir die Diskussion Amke Dietert-Scheuer, Ma rina Steindor, Annelie politisch führen sollten. Buntenbach, Dr. Jürgen Rochlitz und Kerstin Mül- ler. *) Ich möchte der Bundesregierung ausdrücklich meine Anerkennung dafür aussprechen, daß sie sich Ich nehme an, daß das Haus damit einverstanden in der Frage des Kosovo so sehr um Rußland bemüht. ist, daß diese Erklärungen zu Protokoll genommen werden. - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. (Beifall bei der F.D.P.) Dann wird so verfahren. Daß Jelzin mit Milosevic gesprochen hat, ist nicht zu- letzt darauf zurückzuführen, daß Bundeskanzler Wir treten in die Abstimmungen ein. Ich lasse zu- nächst über die Beschlußempfehlung des Auswärti- Kohl mit Boris Jelzin und Klaus Kinkel mit seinem Kollegen Primakow fast täglich über die Situation gen Ausschusses zum Antrag der Bundesregierung sprechen und auch um diese Vermittlung gebeten zur deutschen Beteiligung an der von der NATO ge- haben. Die Tatsache, daß Russen Seite an Seite mit planten Operation zur weiteren militärischen Absi- der NATO in Bosnien tätig sind, zeigt doch auch, daß cherung des Friedensprozesses im früheren Jugosla- hier ein Vertrauensverhältnis zu Rußland aufgebaut wien auf Drucksache 13/11012 abstimmen. Der Aus- worden ist, das schon in Teilen funktioniert, aber es schuß empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 13/ muß noch besser werden. 10977 anzunehmen. Ich will noch eines sagen: Wir sollten auch nicht so Es ist namentliche Abstimmung verlangt. Ich bitte kleinmütig sein und von Anfang an so tun, als ob die die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgese- Vereinten Nationen unbedingt zahnlos sein müßten. henen Plätze einzunehmen. Wenn Milosevic seine Zusagen gegenüber Jelzin nicht einhält, dann besteht doch die Chance, daß die- Sind alle Urnen besetzt? - Ich eröffne die Abstim- ser davon absieht, wenn es zu der Frage kommt, im mung. - Sicherheitsrat ein Veto einzulegen. Hierauf müssen die diplomatischen Bemühungen zielen. Ich plädiere Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine nachhaltig dafür, daß wir von uns aus alles tun, um Stimme noch nicht abgegeben hat? - Sind alle Stim- die Rolle der Vereinten Nationen weiter zu stärken. men abgegeben? - Das ist der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung. Ich möchte dem von mir ansonsten sehr geschätz- ten Josef Joffe widersprechen, der heute in der „Süd- Ich bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu deutschen Zeitung" ausführt, wir machten das beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird später Thema der Rechtsgrundlage nur deshalb zu einem bekanntgegeben werden.* * ) Problem, weil wir nicht wüßten, ob wir eigentlich wirklich wollen sollten. Ich mache darauf aufmerksam, daß wir die noch folgenden fünf Abstimmungen nacheinander durch- Lieber Herr Joffe, meine Damen und Herren, wir führen können. Wir brauchen dafür nicht das Ergeb- wollen uns für den Frieden einsetzen. Wir wollen nis der Auszählung abzuwarten. Verhandlungslösungen im Kosovo haben. Die Welt muß aber wissen: Rechtsbrecher, Störenfriede, Ver- Abstimmung über den Entschließungsantrag der brecher und blutrünstige Diktatoren müssen damit Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. auf Drucksache rechnen, daß sie nicht ungeschoren davonkommen, 13/11065. - Die Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. wenn sie sich dem Frieden in der Welt widersetzen. haben auch in diesem Fall namentliche Abstimmung Ich danke Ihnen. beantragt. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die dafür vorgesehenen Plätze einzu- (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU) nehmen. Sind alle Urnen ordnungsgemäß besetzt? - Dann eröffne ich die Abstimmung. - Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Damit schließe *) Anlage 5 im Nachtrag zu diesem Plenarprotokoll ich die Aussprache. **) Seite 22451 A Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22451 Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das Die Bundeswehr ist neu gegründet, ist demokra- seine Stimme nicht abgegeben hat, aber mitstimmen tisch legitimiert und auf eine demokratische Verfas- möchte? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die sung vereidigt. Das ist ein konstituierender Unter- Abstimmung. schied zur Wehrmacht. Denn „jeder Soldat der Wehr- macht war auf einen Verbrecher vereidigt", wie es Ich bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu Freimut Duve in seiner beeindruckenden Rede vom beginnen. Das Ergebnis wird später bekanntgege- 13. März 1997 in diesem Hause formulierte, als er auf ben. *) die Rede von zur Wehrmachtsausstel- lung reagierte. Ich lege Wert auf die Feststellung, Wir fahren fort. Zunächst bitte ich Sie aber, Ihre daß der zunehmende Rechtsradikalismus und Plätze einzunehmen, da nun eine Erklärung zur Ab- Rechtsextremismus viele Ursachen hat und daß öf- stimmung in mündlicher Form abgegeben werden fentliche Gelöbnisse nicht als Erklärungsmuster da- soll. , für herangezogen werden können.

Ich gebe zunächst das von den Schriftführern Danke schön. und Schriftführerinnen ermittelte Ergebnis der na- mentlichen Abstimmung bekannt. Es handelt sich (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS um die Abstimmung über die Beschlußempfehlung SES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU, der des Auswärtigen Ausschusses zum Antrag der Bun- F.D.P. und der SPD) desregierung „Deutsche Beteiligung an der von der NATO geplanten Operation zur weiteren militäri- schen Absicherung des Friedensprozesses im frühe- ren Jugoslawien über den 19. Juni 1998 hinaus Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Wir treten nun (SFOR-Folgeoperation)". Das sind die Drucksachen in die Abstimmung über den Entschließungsantrag 13/10977 und 13/11012. Abgegebene Stimmen 576. der Fraktion der SPD auf Drucksache 13/11077 ein. Mit Ja haben gestimmt 528, mit Nein 37. Es gab Die Fraktion der SPD verlangt namentliche Abstim- 11 Enthaltungen. Damit ist die Beschlußempfehlung mung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schrift- angenommen. * * ) führer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Darf ich fragen, ob die Urnen besetzt sind? - Das ist der Wir kommen nun zu dem Entschließungsantrag Fall. Dann eröffne ich die Abstimmung. - der Fraktion der SPD auf Drucksache 13/11077. Zur Abgabe einer Erklärung zur Abstimmung erteile ich Darf ich fragen, ob ein Mitglied des Hauses anwe- der Abgeordneten Uschi Eid das Wort. send ist, das seine Stimme noch nicht abgegeben hat? - Nachdem auch Herr Fischer seine Stimme ab- gegeben hat, schließe ich die Abstimmung. Dr. Uschi Eid (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsident! Ich möchte eine Erklärung zu meinem Ab- Ich bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu stimmungsverhalten abgeben. Bei der Abstimmung beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung gebe ich über den Entschließungsantrag der SPD werde ich später bekannt. ) mich enthalten, weil unter Punkt 4 Äußerungen von Vertretern von Bündnis 90/Die Grünen pauschal ver- Wir können fortfahren. Ich gebe zunächst das von urteilt werden. Dieser pauschalen Formulierung den Schriftführern und Schriftführerinnen ermittelte kann ich nicht zustimmen. Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU Mir persönlich liegt jedoch daran, festzustellen, und F.D.P. zum Antrag der Bundesregierung zur daß ich die Äußerungen des Sprechers meiner Partei SFOR-Folgeoperation - das sind die Drucksachen bei dem öffentlichen Gelöbnis der Bundeswehr in 13/10977 und 13/11065 - bekannt. Abgegebene Berlin nicht billige. Stimmen 570. Mit Ja haben gestimmt 302. Mit Nein haben gestimmt 78. Es gab 190 Enthaltungen. Damit (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS ist der Entschließungsantrag angenommen.* * ) SES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD) Wir fahren mit den Abstimmungen fo rt. Wir kom- men zur Abstimmung über den Entschließungsan- Er hat dort nicht in meinem Namen gesprochen. Ich trag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck- lege Wert auf die Feststellung, daß die Bundeswehr sache 13/11083. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grü- nicht in der Tradition der nationalsozialistischen nen verlangt namentliche Abstimmung. Ich bitte die Wehrmacht steht und keinesfalls mit ihr auf die glei- Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehe- che Stufe gestellt oder mit ihr gleichgesetzt- werden nen Plätze einzunehmen. Sind die Urnen besetzt? - kann. Ich eröffne die Abstimmung. -

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS Haben alle Mitglieder des Hauses ihre Stimme ab- SES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und gegeben? - Das ist der Fall. Dann schließe ich die Ab- der F.D.P.) stimmung.

*) Seite 22 451D *) Seite 22452A * *) Endgültiges Ergebnis und Namensliste siehe Anlage 6 im * *) Endgültiges Ergebnis und Namensliste siehe Anlage 7 im Nachtrag zu diesem Plenarprotokoll Nachtrag zu diesem Plenarprotokoll 22452 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch Ich bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu Ich kann Ihnen mitteilen, daß zum Tagesordnungs- beginnen. Auch in diesem Fall wird das Ergebnis punkt 21 alle Reden zu Protokoll gegeben worden später bekanntgegeben. *) sind. Es handelt sich um die Reden der Kolleginnen und Kollegen Maria Eichhorn, Klaus Hagemann, Dann kommen wir zur Abstimmung über den Ent- Jörg Tauss, Rezzo Schlauch, Sabine Leutheusser schließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und Schnarrenberger und Rosel Neuhäuser.*) Ich nehme F.D.P. auf Drucksache 13/11093. Die Fraktionen der an, daß Sie damit einverstanden sind. CDU/CSU und F.D.P. verlangen nament liche Abstim- mung. Dann rufe ich den Tagesordnungspunkt 19 auf: Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, Beratung des Endberichts der Enquete - Kom- die vorgesehenen Plätze einzunehmen. Sind alle Ur- mission nen besetzt? - Dann eröffne ich die Abstimmung. - „Sogenannte Sekten und Psychogruppen" Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? - Das ist nicht - Drucksachen 13/10950 - der Fall. Ich schließe die Abstimmung. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine Stunde vorgesehen. - Ich sehe Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, und höre keinen Widerspruch. Dann ist das so be- mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis wird schlossen. später bekanntgegeben. * * ) Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wo rt der Ich gebe das von den Schriftführern und Schrift- Abgeordneten Ortrun Schätzle. führerinnen ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zum Antrag der Bundesregierung Ortrun Schätzle (CDU/CSU): Herr Präsident! zur SFOR-Folgeoperation - das sind die Drucksachen Meine Damen und Herren! Nach nur zweijähriger 13/10977 und 13/11077 - bekannt. Abgegebene Arbeit legt die Enquete-Kommission „Sogenannte Stimmen 569. Mit Ja haben gestimmt 186. Mit Nein Sekten und Psychogruppen" heute ihren Abschluß- haben gestimmt 359. Es gab 24 Enthaltungen. Damit bericht vor. Er stellt quantitativ und qualitativ die bis- ist der Entschließungsantrag abgelehnt.* * * ) her intensivste Analyse des Sektenphänomens im deutschsprachigen Raum dar. In 49 Sitzungen, zahl- Wir kommen nun zur Abstimmung über den Ent- reichen Anhörungen und Gesprächen und unter schließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grü- Auswertung umfangreichen Materials wurden die nen auf Drucksache 13/11087. Die Fraktion Bündnis Konfliktfelder bearbeitet, die Bürgerinnen und Bür- 90/Die Grünen hat namentliche Abstimmung ver- ger im Zusammenhang mit sogenannten Sekten und langt. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftfüh- Psychogruppen beunruhigten und die zu zahlreichen rer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. Sind die Petitionen an den Deutschen Bundestag geführt hat- Urnen besetzt? - Ich eröffne die Abstimmung. - ten.

Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Von Beginn an stand die Arbeit der Kommission in Stimme noch nicht abgegeben hat? - einem öffentlichen Meinungsstreit und unter erhebli- chem Rechtfertigungsdruck. Einerseits wurde argu- Ich schließe die Abstimmung. Ich bitte die Schrift- mentiert, von sogenannten Sekten und Psychogrup- führer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergeb- pen gingen keinerlei Gefahren aus; die Kommission nis gebe ich sobald wie möglich bekannt.* * * *) - Ich sei unnötig. Andere meinten, der Staat solle sich bitte Sie, Platz zu nehmen. nicht einmischen; schließlich könne jeder in unserer Gesellschaft nach seiner Fasson glücklich werden. Ich gebe das von den Schriftführern und Schrift- Wieder andere befürchteten, die Arbeit der Kommis- führerinnen ermittelte Ergebnis der namentlichen sion entwickle sich zur Gesinnungsschnüffelei oder Abstimmung über den Entschließungsantrag der gar zur Verteufelung von religiösen und weltan- Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum SFOR-Antrag schaulichen Minderheiten. der Bundesregierung - Drucksachen 13/10977 und 13/11083 - bekannt. Abgegebene Stimmen: 563. Mit Die Petitionen, die zur Einsetzung der Enquete Ja haben gestimmt: 38. Mit Nein haben gestimmt: Kommission „Sogenannte Sekten und Psychogrup- 499. Es gab 26 Enthaltungen. Damit ist der Entschlie- pen" geführt hatten, sprachen eine klare Sprache. ßungsantrag abgelehnt. * * * * *) Sie berichteten von Menschen, die durch physische - und psychische Schädigung, durch Ausbeutung, Er- Damit sind wir, bis auf die letzte Auszählung, am pressung und den Einsatz manipulativer Techniken Ende dieses Punktes der Tagesordnung. zu Opfern geworden waren. Diese Opfer und ihre Angehörigen begleiteten die Arbeit der Enquete *) Seite 22452B Kommission mit hohen Erwartungen und forde rten, * *) Seite 22454 A der Staat müsse die Bürgerinnen und Bürger vor Ge- * * *) Endgültiges Ergebnis und Namensliste siehe Anlage 8 im Nachtrag zu diesem Plenarprotokoll fahren schützen, warnen und vor allen Dingen Men- * * * *) Seite 22454 A schenrechtsverletzungen verhindern. Die bestürzen- * * * * *) Endgültiges Ergebnis und Namensliste siehe Anlage 9 im Nachtrag zu diesem Plenarprotokoll *) Siehe Nachtrag zu diesem Plenarprotokoll Anlage 9 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22453 Ortrun Schätzle den Vorgänge zum Beispiel um die Sonnentempler, pauschalen und stigmatisierenden Beg riff der die Aum-Sekte in Japan oder die Scientology-Orga- „Sekte" nicht mehr zu verwenden, sondern statt des- nisation unterstützten diese Forderungen. sen den Begriff „neue religiöse und ideologische Ge- meinschaften" anzuwenden. Unsere Enquete-Kommission hat sich in ihrer Ar- beit immer an den Konfliktfeldern orientiert und Wir empfehlen die Einrichtung einer Bundesstif- nicht einzelne Gruppen oder gar deren Glaubens- tung. Sie soll unterschiedliche Aspekte im Umgang überzeugung bewertet. Wir haben uns stets vom Ge- mit neuen religiösen und ideologischen Gemein- bot staatlicher Neutralität und Toleranz im Sinne des schaften und Psychogruppen bündeln durch die Ko- Art. 4 unseres Grundgesetzes leiten lassen. Diese ordination von Information und Aufklärungsarbeit, Grundhaltung ist im Abschlußbericht in eindrucks- durch Qualifizierung und Förderung von Beratung, voller Weise dokumentiert. Andere Aussagen, die durch verstärkte internationale Zusammenarbeit und ohne Kenntnis des Abschlußberichtes das Gegenteil vor allem durch Forschungsförderung, die dringend behaupten, weisen wir entschieden zurück. notwendig ist. Außerdem muß der Verbraucher- schutz durch ein Gesetz zur gewerblichen Lebensbe- (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und wältigungshilfe verbessert werden. der SPD) Ein Letztes: Hinsichtlich der Scientology-Organi- Einige wesentliche Ergebnisse unserer Kommis- sation, die nach Auffassung der Enquete-Kommis- sion möchte ich kurz darlegen. Sogenannte Sekten sion keine religiöse Gemeinschaft, sondern eine poli- und Psychogruppen sind eine Antwort auf die Folgen tisch-extremistische Bestrebung ist, empfehlen wir, tiefgreifender gesellschaftlicher Veränderungen. Seit die Beobachtung durch den Verfassungsschutz fort- dem Ende der 60er Jahre erleben wir, daß ehemals zusetzen. klare Vorgaben zur Lebensführung, Werthaltung und Sinnstiftung zunehmend unverbindlicher wer- Meine Damen und Herren, Hilfestellungen zur den. Gleichzeitig werden dem einzelnen hohe Lei- Orientierung und Lebensbewältigung kann der Staat stungskraft sowie ein großes Maß an Flexibilität, Mo- aber nicht allein leisten. Die gesellschaftlichen Grup- bilität und Entscheidungsbereitschaft abverlangt. pen und die Bürgerinnen und Bürger selbst tragen Diese Umbrüche verunsichern die Menschen und hohe Mitverantwortung. verstärken den Wunsch nach Hilfe, nach Orientie- rung und vor allen Dingen nach Lebenshilfe. Um (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) diese Bedarfslücke zu schließen, ist nun eine unüber- Schließlich sind wir alle gemeinsam gefordert, uns schaubare Zahl von Gruppierungen und Anbietern für das Gemeinwohl, den demokratisch-freiheitli- entstanden, die alternative Lebenswelten, einfache chen Staat und seine Wertordnung einzusetzen. Heilsmuster oder die Steigerung und Stärkung indi- vidueller Leistungskraft anbieten. Der Lebenshilfe Um insbesondere junge Menschen vor der Hin- markt boomt, und in der Welt des technisch Machba- wendung zu problematischen Gruppierungen zu ren blühen Mythos und Magie. schützen, sind Information und Aufklärung, mehr ge- lebte Toleranz und Solidarität notwendig, aber ich Als konfliktträchtig, liebe Kolleginnen und Kolle- meine, auch Kritik- und Konfliktfähigkeit. gen, kann aber nur ein kleiner Teil dieser Gruppie- rungen angesehen werden. Sofern es Konflikte gibt, Der erfolgreiche Abschluß unserer Arbeit in der bewegen sie sich zumeist im sozialen Umfeld des ein- Enquete-Kommission wäre ohne den hohen Einsatz zelnen. Dabei ist kein verallgemeinerbares Muster der Mitglieder nicht geglückt. Ich danke allen für die erkennbar. Ein von der Enquete-Kommission in Auf- gute, engagierte Zusammenarbeit - trotz mancher trag gegebenes Forschungsprojekt hat erbracht, daß Meinungsverschiedenheiten, die wir hatten. Mein Menschen, die sich zu sogenannten Sekten und Psy- Dank gilt auch den Obleuten der Fraktionen, vor al- chogruppen hingezogen fühlen, in der Regel keine lem für die Bereitschaft, immer wieder aufeinander passiven Opfer sind. Vielmehr suchen sie ihre Wün- zuzugehen. sche und Erwartungen mit passenden Gruppenange- Renate Rennebach, unserer Kollegin, die diese Par- boten zu befriedigen. Die Angebote der Gruppe kön- lamentsdebatte leider nicht mitverfolgen kann, lasse nen für den einzelnen einen großen Zugewinn be- ich von dieser Stelle aus herzliche Genesungswün- deuten; sie können aber auch zu erheblichen und sche zukommen. schweren Konflikten führen, für deren Bewältigung intensive Hilfestellung nötig ist. (Beifall im ganzen Hause) Staatliches Handeln ist dann notwendig, wenn ge- Für ihren außergewöhnlichen Einsatz danke ich gen die Grundrechte verstoßen wird, gegebenenfalls natürlich auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbei- sogar unter dem Schutzschild der Religionsfreiheit. tern des Fachsekretariats und auch meines Abgeord- Aber auch unterhalb der Schwelle zwingend- not- netenbüros. wendigen staatlichen Handelns sollte der Staat Bürgerinnen und Bürger mit den notwendigen Mit- Danken möchte ich allen, die in vielfacher Weise teln versehen, um sie vor Übervorteilung und Schädi- unsere Arbeit konstruktiv begleitet und unterstützt gung zu schützen. haben. Dieser Dank gilt auch der Bundesregierung. Mit der Berichtspflicht übergebe ich ihr unser, aber Deshalb hat unsere sorgfältige Arbeit in der En- auch mein persönliches großes Anliegen zur weite- quete-Kommission zu sehr differenzierten Empfeh- ren Bearbeitung. Auch wenn ich dem neuen Deut- lungen geführt. Wir schlagen zum Beispiel vor, den schen Bundestag nicht mehr angehören werde, 22454 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Ortrun Schätzle werde ich die Umsetzung unserer Handlungsemp- Endbericht zu lesen - was auch einigen Professoren fehlungen mit größtem Interesse verfolgen. und Journalisten ganz gut anstehen würde - Ich danke Ihnen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU) (Beifall im ganzen Hause) und wer vorurteilsfrei bewe rtet, wird feststellen, daß wir uns weder von der einen noch von der anderen Frau Kollegin Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Seite haben leiten lassen. Wir sind vielmehr einen ei- Schätzle, Sie haben mich eben mit der Nachricht genen Weg gegangen, überrascht, daß Sie dem nächsten Deutschen Bun- destag nicht mehr angehören werden. Ich möchte (Beifall des Abg. Dr. Uwe Küster [SPD]) auch Ihnen für Ihre parlamentarische Arbeit herzlich danken und Ihnen den Dank des Hauses ausspre- der sowohl das staatliche Neutralitätsgebot st rikt ein- chen. hält wie auch andererseits do rt Lösungsvorschläge (Beifall im ganzen Hause) zur Diskussion und zur Entscheidung stellt, wo der Staat unseres Erachtens aufgefordert ist zu handeln. Ehe wir in der Debatte fortfahren, gebe ich die Er- gebnisse der beiden letzten namentlichen Abstim- Der Enquete-Kommission ist es gelungen, nach mungen bekannt. nur zweijähriger Arbeit einen Bericht vorzulegen, der breit - wenn auch leider nicht einstimmig - getra- Zunächst das von den Schriftführerinnen und gen wird. Ich möchte deshalb, wie auch meine Vor- Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen rednerin, an dieser Stelle für meine Fraktion viele Abstimmung über den Entschließungsantrag der Dankesworte aussprechen. Das erste Dankeswort gilt Fraktionen der CDU/CSU und der F.D.P. auf Ihnen, Frau Schätzle. Sie haben mit einem bemer- Drucksache 13/11093: Abgegebene Stimmen: 563, kenswerten Maß an Geduld - gerade auch in den mit Ja haben gestimmt: 311, mit Nein: 82; es gab Anhörungen - und mit sehr viel Einfühlungsvermö- 170 Enthaltungen. Damit ist die Beschlußempfehlung gen die Sitzungen geleitet. Dafür unseren ganz herz- angenommen.*) lichen Dank! Nun das von den Schriftführerinnen und Schrift- (Beifall im ganzen Hause) führern ermittelte Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Entschließungsantrag der Frak- In gleichem Maße gilt mein Dank der Initiatorin tion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 13/ der Enquete-Kommission, meiner Fraktionskollegin 11087: Abgegebene Stimmen: 562, mit Ja haben ge- Renate Rennebach, die auf Grund eines Unfalls stimmt: 261, mit Nein: 298; es gab 3 Enthaltungen. heute leider nicht hiersein kann. Ich weiß, wieviel ihr Damit ist der Antrag abgelehnt.* * ) das ausmacht. Daher von meiner Fraktion und von uns allen herzliche Genesungswünsche und von die- Ich gebe weiterhin bekannt, daß die Abgeordnete ser Stelle auch meine Wertschätzung für ihre Arbeit Rosel Neuhäuser ihre Rede zu Protokoll gibt * * *) - und ihr Engagement. Ich hoffe, daß ich mit meinem Ich sehe, daß Sie damit einverstanden sind. Beitrag so weit wie möglich auch für sie sprechen Ich gebe nun der Abgeordneten Angelika Me rtens kann. das Wort. (Beifall im ganzen Hause) Ausdrücklich danken möchte ich im Namen mei- Angelika Mertens (SPD): Herr Präsident! Meine ner Fraktion den Sachverständigen, ohne deren aus- Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kolle- gezeichnetes Fachwissen es diesen Bericht nicht ge- gen! Wenn wir heute den Endbericht der Enquete ben würde. Die Unterschiedlichkeit der Fachgebiete, Kommission „Sogenannte Sekten und Psychogrup- aber auch der Temperamente hat - im Rückblick be- pen" diskutieren, dann ist dies gleichermaßen Anlaß trachtet - zu einer enormen Produktivität geführt. wie Gelegenheit, ein Resümee zu ziehen. Dabei möchte ich zunächst festhalten, daß nach Auffassung Anlaß zum Dank gibt es reichlich gegenüber den der SPD die Enquete-Kommission allen Grund hat, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowohl im Sekre- zufrieden und selbstbewußt auf die von ihr geleistete tariat als auch bei den Fraktionen und in den Abge- Arbeit zurückzublicken. ordnetenbüros und natürlich auch gegenüber den Kolleginnen und Kollegen, die diese Arbeit zusätz- (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der lich zum eigentlichen Aufgabengebiet geleistet ha- F.D.P. und der PDS) ben, wobei man die Obleute besonders deutlich her- vorheben muß. Das Thema und die damit verbundene Aufgaben- stellung hat, wie auch bei anderen gesellschaftlichen- (Beifall der Abg. Ortrun Schätzle [CDU/ Konflikten, die Kritik herausgeforde rt . In unserem CSU]) Fall reichte diese von „Inquisition" und „Hexenjagd" bis „Verharmlosung". Wer sich die Mühe macht, den Nicht vergessen möchte ich schließlich die zahlrei- chen Personen und Institutionen, die im Rahmen der *) Endgültiges Ergebnis und Namensliste siehe Anlage 10 vielen Anhörungen oder auf schriftlichem Wege ihre im Nachtrag zu diesem Plenarprotokoll Kenntnisse, ihre Erfahrungen oder Auffassungen * *) Endgültiges Ergebnis und Namensliste siehe Anlage 11 im Nachtrag zu diesem Plenarprotokoll eingebracht und somit eine ganz wichtige Grundlage * * *) Anlage 12 im Nachtrag zu diesem Plenarprotokoll für unsere Arbeit geliefert haben. Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22455

Angelika Mertens Wenn ich davon spreche, daß der Endbericht der weltbewußtsein und die Selbstkontrolle der Wi rt Ausweis einer erfolgreichen Arbeit ist, dann schließt -schaft richtet. dies auch ein positives Ergebnis der Überprüfung der (Beifall bei der SPD) Erwartungen ein. Neben den zu Recht mehrfach als Anlaß für die Einsetzung der Enquete-Kommission Die Arbeit der Enquete-Kommission sowie der vor- erwähnten Petitionen gab es für die SPD einen weite- liegende Endbericht belegen deutlich, wie falsch die ren gewichtigen Grund, die Enquete-Kommission zu Annahme ist, daß es sich bei dem Thema ausschließ- beantragen, nämlich die Notwendigkeit, das Thema lich um eine Konkurrenzproblematik im Zuge eines als ein gesellschaftliches und in der Folge auch politi- zunehmenden religiösen und weltanschaulichen Plu- sches Thema zu begreifen. ralismus handelt, bei der es deshalb per se keinen staatlichen Handlungs- und Interventionsbedarf gibt. Damit möchte ich auch einen Unterschied zur Posi- Der Staat und damit auch die Politik haben in keiner tion der Grünen deutlich machen. Sie sagen in ihrem Weise religiöse Inhalte zu bewerten. Dies ist und Sondervotum: bleibt Privatsache. Folglich hat auch die Enquete Kommission klar und deutlich empfohlen, Art. 4 des Die Mehrzahl dieser Konflikte liegt nach den vor- Grundgesetzes weder zu ändern noch zu ergänzen. liegenden Ergebnissen allerdings im Bereich des- sen, was in einer pluralistischen Gesellschaft an Nicht im Widerspruch dazu steht allerdings die gesellschaftlichen Konflikten üblich ist. staatliche Verpflichtung zur Gefahrenabwehr. Staat- licher Handlungs- und gegebenenfalls Inte rventions- Sie folgern dann: bedarf besteht nämlich sehr wohl im Bereich der ver- schiedenen Konflikte, die sich aus dem Entstehen Soziale Konflikte lassen sich nicht durch Gesetze und Wirken einiger Gruppen ergeben. So definie rt vermeiden oder beilegen. die Enquete-Kommission sehr deutlich: Ich halte das für eine schwerwiegende Fehlein- Die Konflikte, die durch die sozialen Handlungen schätzung und letztlich für eine Forderung, die ge- im Zusammenhang mit neuen religiösen und sellschaftlichen Kräfte sich selbst zu überlassen. weltanschaulichen Gemeinschaften und Psycho- Wenn ich mir heutige gesellschaftliche oder sozialen gruppen, in Einzelfällen auch nur von Individuen, Konflikte in anderen grundrechtlich geschützten Be- ausgehen, lassen sich insbesondere in drei Berei- reichen anschaue, zum Beispiel die sozialen Kon- che unterteilen: flikte um das Thema Arbeit, die Beschneidung von a) Verstöße gegen geltendes Recht, Lebensentwürfen, die Gleichberechtigung von Mann und Frau, die Gleichstellung Homosexueller oder im b) Machtmißbrauch bei der Ausnutzung von Bereich der Migration, muß ich doch feststellen, daß rechtsfreien Räumen, durch die es zu einer man nicht allen Ernstes sagen kann: Gesetze sind un- Rechtsgütergefährdung kommt. Hier besteht nötig; die Gesellschaft regelt das selbst. staatlicher Regelungsbedarf, Natürlich können Sie niemanden durch Gesetz c) Verstöße gegen die aus der Grundwerteord- verbieten, zum Beispiel zu denken, daß Frauen an nung abgeleiteten guten Sitten und sozialen Ver- den Herd gehören. Wir verbieten aber per Gesetz ei- pflichtungen. nem Ehemann, seiner Frau das Arbeiten zu verbie- In diesem Bereich ist staatliches Handeln nötig ten. Einem Arbeitgeber nehmen wir das Recht, bei und möglich. Diese Konflikte sind Gegenstands- der Besetzung einer Stelle seine p rivaten Auffassun- bereich der Enquete-Kommission. gen durchzusetzen. Ob eine betroffene Frau davon Gebrauch macht, ist unwichtig. Wichtig ist, daß sie es Die von der Enquete-Kommission erarbeitete Ana- kann, wenn sie will, weil ein Gesetz besteht. lyse sowie die vorgeschlagenen Handlungsempfeh- lungen orientieren sich folglich strikt an dieser Maß- (Beifall bei der SPD und der PDS) gabe. Sie greifen nicht in die religiöse Sphäre einzel- ner Menschen oder Gemeinschaften ein. Neben den Sie sagen, es gebe kaum Forschungsergebnisse in bereits bestehenden rechtlichen Grenzen befürwor- diesem Bereich und diese gäben nur wenig her. Das ten sie jedoch staatliche Inte rvention dort, wo Gefah- trifft aber auch auf andere Bereiche zu. Zum Beispiel ren für den einzelnen oder für die Gesellschaft be- in der Gentechnik sind die Forschungsergebnisse stehen. nicht sehr zahlreich. Trotzdem fordern Sie do rt - wie ich finde, sehr zu Recht - eine Kennzeichnung dieser Nicht zuletzt im Rahmen der Delegationsreise der Lebensmittel. Das ist ein Verbraucherschutz, der Enquete-Kommission in die USA ist klargeworden, richtig ist. Das sollten Sie auch bedenken, wenn Sie daß diese Sichtweise dort nicht verstanden wird. Der Ihr Sondervotum begründen. - oft exemplarisch angeführte Vergleich insbesondere mit den USA hinkt jedoch gleich mehrfach, und zwar Die Grünen plädieren statt dessen für Dialog und vornehmlich auf Grund der kulturellen und histori- Selbstkontrolle. Das sind zwar löbliche Ansätze; in schen Unterschiede. In den USA ist der Staat nicht der Praxis aber - das wissen auch Sie - funktioniert nur zur Neutralität im vorhin genannten Sinne ver- das selten und besonders do rt nicht, wo Geld im pflichtet. Er hat sich vielmehr streng laizistisch zu Spiel ist. Ich bin gespannt, ob Frau Merkel dem- verhalten und folglich keine Religionsgemeinschaft nächst Applaus statt Kopfschütteln von Ihnen be- zu fördern oder zu kritisieren. So sind dann beispiels- kommt, wenn sie wieder einmal Appelle an das Um- weise auch religiöse Aktivitäten an staatlichen Schu- 22456 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Angelika Mertens len tabu. Eine Unterscheidung zwischen Glaubens- Die von der Kommission beauftragten Gutachter gemeinschaft und Gewerbebetrieb ist für die USA kommen eindeutig und übereinstimmend zu dem Er- nicht nachvollziehbar. In den USA zielen die Verfas- gebnis, daß von religiösen und weltanschaulichen sung und das Rechtssystem darauf ab, die Rechte des Gemeinschaften im allgemeinen keine Gefahren für einzelnen zu hüten, vor allem vor dem Staat. Präven- den einzelnen, die Gesellschaft und den Staat ausge- tion wäre ein Eingriff in diese Freiheitsrechte. Wir hen. Das ist vor dem Hintergrund der emotionalisier- können gerade miterleben, wie schwer sich die US- ten öffentlichen Debatte über angeblich generell ge- Amerikaner damit tun, das Problem von Waffen in fährliche Sekten, wie sie in den Medien geführt wor- Kinderhand zu diskutieren. Das hat damit zu tun. den ist, der entscheidende Befund.

Unsere Verfassung und unsere Rechtsprechung Trotzdem werden in dem Mehrheitsbericht eine gehen - wie in den meisten europäischen Ländern Fülle problematischer gesetzgeberischer Initiativen auch - nicht nur davon aus, daß durch Reglementie- vorgeschlagen. Deshalb habe ich zusammen mit Pro- rungen der Schwächere vor dem Stärkeren zu schüt- fessor Hubert Seiwert, unserem Sachverständigen, zen ist. Er kümmert sich vielmehr auch aktiv um die dem Mehrheitsbericht nicht zugestimmt und ein Son- Rechte des einzelnen. Insofern sind die Handlungs- dervotum vorgelegt. Ich möchte in diesem Zusam- empfehlungen der Enquete-Kommission eine Konse- menhang Professor Seiwert für seine außerordentlich quenz aus unserem Verfassungs- und Rechtspre- kenntnisreiche und produktive Arbeit danken. chungsempfinden. Sie sollen die Schwächeren vor den Stärkeren schützen, und sie schützen damit in Die Kommissionsmehrheit fährt hier schwere Ge- der Folge auch die vielen Gruppierungen, die ohne schütze auf: Sie will mit einem Gesetz zur Lebensbe- größere Konflikte oder völlig ohne Konflikte zur Plu- wältigungshilfe den sogenannten Psychomarkt regu- ralität von Religion und Weltanschauung in der Bun- lieren. Sie will den Wucherparagraphen verschärfen. desrepublik beitragen. Sie will im Vereins- und Steuerrecht verankern, daß Religionsgemeinschaften verfassungs- und rechts- Ich appelliere folglich an alle Adressaten und ins- treu zu sein haben, so als handle es sich schon um besondere an den nächsten Deutschen Bundestag so- potentielle Verfassungsfeinde. Die Mehrheit will wie an die nächste Bundesregierung, anders als bis- auch eine öffentlich finanzierte Stiftung schaffen, die her das Thema auch als eine politische Aufgabe zu private Beratungsstellen mitfinanzieren soll und in begreifen und die Umsetzung der Handlungsemp- der religiöse Minderheiten nicht erkennbar vertreten fehlungen schnellstmöglich in Angriff zu nehmen. sind. Das würde dem staatlichen Neutralitätsgebot widersprechen. Herzlichen Dank. Durch die Fülle der Handlungsempfehlungen wird (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der der Eindruck erweckt, daß Gefahr im Verzuge sei. Es F.D.P. und der PDS) gibt jedoch keine Erkenntnisse, daß in diesem Be- reich in Deutschland Gesetzesverletzungen oder mo- Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Ich gebe der ralisch unve rtretbares Verhalten gehäuft auftreten. Abgeordneten Angelika Köster-Loßack das Wo rt. Aus den Ergebnissen unserer Arbeit läßt sich gesetz- geberischer Aktionismus nicht begründen. Es wird zwar betont, daß das Gebot staatlicher Neutralität Dr. Angelika Köster-Loßack (BÜNDNIS 90/DIE und Toleranz gelten soll. Doch betrachtet man die In- GRÜNEN): Herr Präsident! Meine Damen und Her- itiativen zu Gesetzen, so wird den religiösen und ren! Johannes Rau hat in den Tagen seines Ab- weltanschaulichen Minderheiten, aber vor allem den schieds aus der Landespolitik den Sozialphilosophen Anbietern auf dem Psychomarkt die Faust gezeigt. Theodor W. Adorno zitiert. Von diesem stammt der Satz: Nicht wenige Kommissionsmitglieder hätten die vorliegenden wissenschaftlichen Gutachten am lieb- Mein Ideal ist eine Gesellschaft, in der die Men- sten in der Versenkung verschwinden lassen, weil sie schen ohne Angst anders sein können! nicht in ihr Bild paßten. Zum Beispiel ist in den Gut- achten zu lesen, was schon von der Kollegin Me rtens Dies gilt insbesondere für das Grundrecht auf Religi- angesprochen wurde: Wer sich religiösen und welt- ons - und Glaubensfreiheit, und zwar gerade auch anschaulichen Minderheiten zuwendet, kann im all- für diejenigen, deren religiöse und weltanschauliche gemeinen nicht als Opfer einer sogenannten Gehirn- Überzeugungen von denen der Mehrheit abweichen. wäsche betrachtet werden.

Der von CDU/CSU, SPD und F.D.P. verabschiedete (Vorsitz : Vizepräsidentin Michaela Geiger) Mehrheitsbericht betont zwar, daß religiöse Minder- heiten weder Staat noch Gesellschaft bedrohen. Das In keinem Fall sind gewalttätige Vereinnahmungs- ist wichtig und richtig. Der Mehrheitsbericht vertritt versuche von Menschen festgestellt worden. Die Mit- diese Position jedoch nicht durchgängig. Beispiele gliedschaft in neuen religiösen Bewegungen ist dem- sind die Abschnitte über Wi rtschaft und rechtliche nach im allgemeinen nicht schädlich. Das heißt aber Auseinandersetzungen. Dort werden weiterhin nicht nicht, daß die für den einzelnen oder auch für Fami- belegte Behauptungen aufgestellt. Do rt werden Ge- lien oder Gruppen unter Umständen bestehenden fahren neuer religiöser Bewegungen beschrieben, Probleme vernachlässigt werden dürften. Natürlich die durch die Gutachten und durch unsere Anhörun- muß - genau wie in allen anderen Bereichen auch - gen nicht gedeckt sind. den Opfern professionelle Hilfe geleistet werden. Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22457 Dr. Angelika Köster-Loßack Die Stiftung, die wir auch vorschlagen, hat die Auf- sem Hause das, was an dieser Kritik seriös ist, ernst gabe, religiöse Konflikte einzudämmen und für Tole- nimmt. Was wir brauchen, hat der Sonderberichter- ranz und gegenseitiges Verständnis einzutreten. statter der Vereinten Nationen für religiöse Fragen, Nicht nur die großen Kirchen, sondern auch Reprä- Professor Amor, formuliert: sentanten religiöser und weltanschaulicher Minder- heiten sowie beispielsweise Elterninitiativen, Juri- Der Staat muß eine aktive Rolle spielen, um ein sten, Psychologen und Religionswissenschaftler soll- Bewußtsein für die Werte der Toleranz und Nicht- ten in der Stiftung und in einzurichtenden Media- diskriminierung im Bereich von Religion und tionsstellen vertreten sein. Glauben zu entwickeln. Was die sogenannte Lebensbewältigungshilfe an- Zum Abschluß möchte ich der Vorsitzenden der geht, so plädieren wir dafür, daß die Anbieter in die- Enquete-Kommission, Frau Schätzle, herzlich dan- sem Bereich über Standesorganisationen selbständig ken. Ich wünsche ihr alles Gute für die Zeit nach ih- Qualitätsstandards analog zur Ärzteschaft, analog zu rem Ausscheiden aus dem Bundestag. den Heilpraktikern und analog zum Verband deut- scher Psychologen und zu vielen anderen Gruppen (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN entwickeln. Im Gegensatz zur Mehrheit der En- sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.) quete-Kommission lehnen wir ein Gesetz zur Lebens- bewältigungshilfe ab, weil es keine Belege dafür gibt - das hat die Bundesregierung in ihrer Antwort auf Vizepräsidentin Michaela Geiger: Das Wort hat unsere Große Anfrage auch gesagt -, daß mißbräuch- jetzt der Abgeordnete Roland Kohn, F.D.P.-Fraktion. lich angewandte manipulative Techniken für diesen Bereich charakteristisch wären. Der dazu vorlie- gende Gesetzentwurf des Bundesrates ist nicht nur Roland Kohn (F.D.P.): Frau Präsidentin! Meine sehr von den betroffenen Anbietern und von uns, sondern verehrten Damen und Herren! Die Enquete-Kommis- auch von der Bundesregierung und den Spitzengre- sion „Sogenannte Sekten und Psychogruppen" hat mien der katholischen und der evangelischen Kirche vor wenigen Tagen nach zweijähriger intensiver Ar- kritisiert worden. beit ihren Abschlußbericht fertiggestellt und gestern der Frau Bundestagspräsidentin überreicht. Die heu- Ich möchte noch bemerken, daß wir damit, daß wir tige kurze Debatte kann nach meinem Verständnis den Anbieterinnen und Anbietern im Psychomarkt nicht viel mehr sein als der Versuch, ein sachliches - sagen, sie mögen diese Dinge selbst regulieren, nicht die Betonung liegt auf „sachlich" - öffentliches Ge- meinen, daß der Staat ein Nachtwächterstaat sein spräch über die Themen unserer Kommission anzu- solle und alle gesellschaftlichen Konflikte nur von stoßen. den Betroffenen selbst geregelt werden könnten. Na- türlich sind das Grundrecht der Religionsfreiheit und Zunächst liegt es mir jedoch am Herzen, Ihnen, das Grundrecht der Berufsfreiheit in diesem Zusam- liebe Frau Kollegin Schätzle, für die hervorragend menhang nicht zu vergleichen. Insoweit ist die Kenn- faire und menschliche Art und Weise zu danken, mit zeichnung von Lebensmitteln, die mit gentechni- der Sie unserer Kommission vorgesessen haben. schen Methoden hergestellt sind, gewiß etwas ande- res, und hier werden ganz verschiedene Dinge in ei- (Beifall im ganzen Hause) nen Topf geworfen. Mein Dank gilt den Kolleginnen und Kollegen, den Auf einen Punkt möchte ich noch gesondert kom- Obleuten der Fraktionen - viele Genesungswünsche men: Die Enquete-Kommission ist insbesondere des- an Frau Kollegin Rennebach - und vor allem Ihnen, halb entstanden, weil besorgte Bürgerinnen und Bür- Herr Kollege Pofalla, für das exzellente Zusammen- ger an den Petitionsausschuß geschrieben haben. Im wirken innerhalb der Koalitionsarbeitsgruppe. Vordergrund der öffentlichen Debatte standen die (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU) problematischen Aktivitäten von Scientology. Keine Organisation hat eine derart ausgeprägte Neigung, Nicht zuletzt möchte ich mich jedoch bei den Sach- Konflikte äußerst konfrontativ auszutragen, und kei- verständigen bedanken, deren Mitarbeit, ich will es ner anderen Organisation wird wie Scientology vor- so sagen: den intellektuellen und auch gruppen- geworfen, in den USA, in Großbritannien und in Dä- dynamischen Charme einer solchen Enquete-Kom- nemark straflagerähnliche Einrichtungen zu unter- mission ausmacht. halten. (Beifall des Abg. Dr. Wolfgang Weng [Ger Wir sind der Überzeugung, daß unser rechtsstaatli- lingen] [F.D.P.] und der Abg. Dr. Angelika ches Instrumentarium eingesetzt werden muß, wenn Köster-Loßack [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ Mitglieder von Scientology in Deutschland Rechts- NEN]) verletzungen begehen. Dazu bedarf es nach- unserer Auffassung auch weiterhin nicht des Einsatzes des Deshalb möchte ich noch ein Wo rt des Dankes an Verfassungsschutzes. Scientology ist insgesamt aber Herrn Professor Helsper richten für die vertrauens- weder repräsentativ noch typisch für den von uns un- volle Zusammenarbeit in den letzten Jahren. tersuchten Gegenstandsbereich. Diese Dankesworte wären unvollständig, wenn Bei zahlreichen Organisationen und Personen hat nicht das Sekretariat erwähnt und seine Leiterin ge- die Arbeit der Enquete-Kommission Irritationen und rühmt würde. Ich glaube mir ein Urteil anmaßen zu Kritik ausgelöst. Ich hoffe, daß die Mehrheit in die- können: Frau Dr. Wettengel ist eine absolute Spitzen- 22458 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Roland Kohn kraft. Ohne sie wären diese Ergebnisse nicht möglich Lassen Sie mich an dieser Stelle eines deutlich sa- gewesen. Recht schönen Dank! gen: Die grundsätzliche Fragestellung nach dem Verhältnis von Staat und Kirche, wie es in unserer (Beifall bei der F.D.P., der CDU/CSU, der Verfassung geregelt ist, war nicht Bestandteil des Ar- SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) beitsauftrages unserer Enquete-Kommission. Das Meine sehr verehrten Damen und Herren, genau wäre eine andere gesellschaftliche Diskussion, die betrachtet hat sich die Enquete-Kommission mit zwei wir heute nicht führen. Phänomenen unserer gesellschaftlichen Entwicklung Weiter: Eine unabhängige und staatsferne Stiftung befaßt: zum einen mit der immer bunter werdenden soll durch Information und Beratung zur Aufklärung religiösen und weltanschaulichen Vielfalt in unse- auf dem Psycho- und Esoterikmarkt beitragen. Ein rem säkularisierten Gemeinwesen, zum anderen Gesetz über Verträge auf dem Gebiet der gewerbli- aber auch mit dem Boom auf dem Psycho- und Esote- chen Lebensbewältigungshilfe soll im Sinne des Ver- rikmarkt. Zwischen diesen beiden Themen bestehen braucherschutzes für Transparenz auf diesem Markt zwar Verbindungslinien und auch Schnittmengen; sorgen. sie sind aber nicht identisch. Dies spiegelt sich auch (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: in der umständlich-verlegenen Beg rifflichkeit wider, Sehr gut!) die wir benutzt haben: „Sogenannte Sekten und Psy- chogruppen". Wahrscheinlich wären manche Vorur- Im Fall der Scientology-Org anisation ist nach un- teile gegenüber unserer Arbeit nicht aufgetreten, serer Auffassung die Beobachtung durch den Verfas- wenn schon im Einsetzungsbeschluß diese Unter- sungsschutz weiterhin erforderlich, da laut Verfas- scheidung vorgenommen worden wäre. sungsschutzberichten Hinweise auf politisch be- stimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen Welches sind die wesentliche Ergebnisse unserer vorliegen, die mit der freiheitlich-demokratischen Arbeit? Neue religiöse und weltanschauliche Ge- Grundordnung unvereinbar sind. Bei dem Sciento- meinschaften bilden keine grundsätzliche Gefahr für logy-Gründer heißt es - ich zitiere einen Satz -: Staat und Gesellschaft in Deutschland. Unsere Ge- sellschaft muß aber weiter daran arbeiten, mit dieser Vielleicht werden in ferner Zukunft nur dem religiösen Vielfalt tolerant und in gegenseitigem Re- Nichtaberrierten die Bürgerrechte verliehen. spekt umzugehen. Wenn vor Synagogen und Mo- Der „Nichtaberrierte" ist der bedingungslose Anhän- scheen Bewachungen notwendig sind, ist dies ein ger dieser Organisation. klares Indiz dafür, wo die Probleme in der Zukunft liegen werden. Es wäre übrigens nicht falsch, wenn sich unsere amerikanischen Freunde vor diesem Hintergrund (Beifall der Abg. Dr. Angelika Köster einmal mit Doktrin und Wirklichkeit dieser Organisa- Loßack [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) tion hinter der Hollywood-Leinwand beschäftigen würden. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, daß die vor- handenen gesetzlichen Vorschriften in aller Regel (Beifall bei der F.D.P., der CDU/CSU, der ausreichend sind, um häufig vorkommende Konflikte SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) im sozialen Nahbereich unseres Untersuchungsge- Die Enquete-Kommission setzt sich des weiteren genstandes zu regeln. für einen interdisziplinären Forschungsverbund ein, Da der Begriff „Sekte" einen negativen Beiklang der sich mit den Themen neue religiöse Bewegun- hat, sollte der Staat ihn künftighin vermeiden. Auch gen, Psychogruppen und Psychokulte, neuzeitliche in der öffentlichen Diskussion sollten pauschalisie- Esoterik und freie Spiritualität der Gegenwart befaßt. rende oder stigmatisierende Urteile über die neue re- Hier gibt es noch zu wenig gesicherte empirische Er- ligiöse Vielfalt vermieden werden. kenntnisse. Wir Liberalen haben dem Abschlußbericht zuge- (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. sowie stimmt und den erreichten Grundkonsens begrüßt, der Abg. Dr. Angelika Köster-Loßack auch wenn man sich in einem 600seitigen Dokument [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) natürlich nicht in jeder einzelnen Formulierung, in Wir Liberalen haben uns mit der Haltung durch- jedem Detail oder in jedem Akzent wiederfindet. gesetzt, daß unsere Verfassung bezüglich der Art. 4 Über die konkreten Handlungsempfehlungen hin- und 140 des Grundgesetzes, die die Religionsfreiheit, aus sollte sich aber nicht nur das Parlament, sondern aber auch die Stellung der Kirchen in unserem Staat die politisch interessie rte Öffentlichkeit insgesamt gewährleisten, weder ergänzt noch geändert werden mit der zentralen Fragestellung befassen, die in un- soll. serem Bericht aufscheint: Wohin entwickelt sich un- sere Gesellschaft? Das Sondervotum der SPD bezüglich- eines Prüf- auftrages halten wir für falsch; denn eine Änderung Nach meinem Verständnis erleben wir in unserem des Grundgesetzes im Hinblick auf den Status von Gemeinwesen unter dem Einfluß weltweiter Ent- Religionsgemeinschaften als Körperschaften des wicklungsprozesse ein Auseinanderfallen traditio- öffentlichen Rechts könnte mit der ausdrücklichen neller, meist homogener sozialer Milieus. Das be- Forderung nach Loyalität gegenüber dem Staat unse- deutet: Jeder einzelne muß seine Rolle in der Gesell- rer Auffassung nach eine unvertretbare Einmischung schaft individuell definieren und sozusagen neu er- in die Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften finden. Hergebrachte Orientierungsmuster tragen bedeuten. Dies sollte nicht geschehen. nicht mehr weit. Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22459

Roland Kohn Empirisch nachweisbar ist: Mehr als die Hälfte der Das Verhältnis zwischen individuellen Freiheits- Großstadthaushalte in Deutschland sind Single rechten und dem sozialen Zusammenhalt in einer Haushalte. Ein Drittel aller Ehen endet vor dem offenen Gesellschaft muß angesichts weltweiter Ent- Scheidungsrichter. Die großen gesellschaftlichen Or- wicklungen neu austariert werden. Toleranz auch ganisationen, die - wie man sagt - intermediären und gerade gegenüber anderen, neuen religiösen Gruppen, verlieren Mitglieder und ihre Bindungs- und weltanschaulichen Gemeinschaften ist hierbei kraft. Um es in den Worten Dahrendorfs zu sagen: aus liberaler Sicht ein wesentliches Element. Die moderne Gesellschaft hat die Optionen, also die Handlungsspielräume der Menschen - und damit (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordne auch die Last der Eigenverantwortung - dramatisch ten der CDU/CSU und der SPD) erweitert. Das Verlangen nach Freiheit, das Bekenntnis zu Wie steht es aber mit den Ligaturen, mit den Bin- Aufklärung und Vernunft schließen Verantwortung dungen, mit den Werten, die eine Gesellschaft zu- und Bindung, auch Transzendenz nicht aus. Im Ge- sammenhalten? Größere Optionen und schwächere genteil! Ligaturen - dieses Ungleichgewicht scheint mir der Ich glaube, daß das niemand besser formuliert hat Boden zu sein, auf dem die Phänomene erwachsen, als Friedrich Hölderlin, der in seinem Gedicht „Le- mit denen wir uns in unserer Enquete-Kommission benslauf" am Schluß sagt: befaßt haben. Ein vorurteilsfreier Blick auf neue reli- giöse und weltanschauliche Gemeinschaften und auf Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen, den Esoterik- und Psychomarkt ist deshalb notwen- Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern', dig. Konflikte, die es insbesondere im sozialen Nah- Und verstehe die Freiheit, bereich gibt, dürfen nicht ignoriert werden. Aufzubrechen, wohin er will. Wir müssen aber andererseits auch zur Kenntnis (Beifall bei der F.D.P., der CDU/CSU, der nehmen, daß mancher in solchen Gemeinschaften SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) findet, was ihm die Gesellschaft oft nicht bietet, näm- lich Nähe und Orientierung. Vizepräsidentin Michaela Geiger: Lieber Herr Kol- Dem Liberalen, der sich mit solchen Fragen be- lege Roland Kohn, ich habe gehört, auch bei Ihnen schäftigt, gibt ein weiterer Aspekt zu denken: Die ist dies heute die letzte Rede. Ich darf mich bei Ihnen moralisch-politische Kraft des europäischen Welt- ganz herzlich bedanken. Sie sind ja, wie Sie selbst und Menschenbildes beruht auf der Einsicht in die gesagt haben, seit 16 Jahren im Bundestag. Sie wa- Fehlbarkeit des Menschen und deshalb auf der be- ren lange Zeit der Sprecher der F.D.P.-Fraktion für wußten Toleranz gegenüber dem anderen. Kritische wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Rationalität ist das Medium, das wir entwickelt ha- und haben jetzt auch in dieser Kommission we rtvolle ben, um in diesem Sinne ein adäquates Problemlö- Arbeit geleistet. In diesen 16 Jahren im Bundestag sungsverhalten zu ermöglichen. haben Sie vieles miterlebt. Ich wünsche Ihnen für Ih- ren weiteren Lebensweg alles Gute, viel Glück. Be- Der Philosoph Hans Albert hat darauf hingewiesen halten Sie uns in guter Erinnerung. - diesen Satz möchte ich gern zitieren -: (Beifall im ganzen Hause) Eine Ordnung der fehlbaren Vernunft muß schon deshalb in erheblichem Umfange eine Ordnung Ich gebe jetzt dem Abgeordneten Ronald Pofalla, der Freiheit sein, weil diese Freiheit erforderlich CDU/CSU-Fraktion, das Wo rt. ist, um das konstruktive und kritische Potential der menschlichen Vernunft für die Verbesserung (CDU/CSU): Frau Präsidentin! von Problemlösungen aller Art auszunutzen ... Ronald Pofalla Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will denn ohne sie ist die erforderliche Mobilisierung mich etwas von den Vorrednern unterscheiden, weil von Initiative und schöpferischer Phantasie nicht ich glaube, daß es wichtig ist, hier die Dinge zurecht- zu erreichen. zurücken, die Frau Köster-Loßack aus ihrer Sicht dar- Wie kommt es aber dann dazu, daß kritische Ratio- gestellt hat und die zumindest nach der Beschlußlage nalität heutzutage keine Konjunktur mehr zu haben in der Enquete-Kommission nicht Meinung der scheint? Sind dies Vorboten irrationaler, doktrinärer, Mehrheit der Koalitionsfraktionen und der SPD in vielleicht sogar fundamentalistischer Tendenzen? diesem Gremium sind. Die Grünen haben hier sicher- Was folgt daraus für das f riedliche Zusammenleben lich eine falsche Akzentsetzung vorgenommen. in einer Gesellschaft, zwischen den Gesellschaften und den Kulturen? Zunächst will ich auf die Eingangsbehauptung von ihr eingehen, hier gebe es nicht belegte Behauptun- Ich wünsche mir, daß sich unser Gemeinwesen- sol- gen, und dennoch habe man Konsequenzen gezo- chen Fragestellungen zuwendet, spätestens dann, gen. Ich könnte das im Detail belegen: An den Stel- wenn sich die multimedialen Nebelschwaden des len, an denen die Kommission in der Tat Schwierig- Bundestagswahlkampfes verzogen haben werden. keiten hatte, auf vorhandenes Datenmaterial zurück- Die Beantwortung dieser Fragen nämlich entscheidet zugreifen, oder bei denen das vorhandene Datenma- darüber, ob wir es schaffen, mit kritischer Vernunft terial Interpretationsmöglichkeiten zuließ, haben wir zu einer rationalen Praxis zu kommen, wie ich es in - anders als die Grünen - nicht die Behauptung auf- meiner ersten Rede in diesem Hohen Haus vor fast gestellt - die können Sie übrigens nicht aufrechter- 16 Jahren gesagt habe. halten -, wir hätten keine belegten Daten, sondern 22460 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Ronald Pofalla wir haben dann eben geschrieben - das kann man in Schutz bieten, den sie ihnen vorher nicht gegeben diesem Endbericht an x Stellen nachweisen -, daß haben. das Datenmaterial nicht ausreichend sei, und haben Deshalb lautet das Votum der Koalitionsfraktionen in der Regel sehr präzise beschrieben, wo die Infor- und der SPD: Der nächste Deutsche Bundestag möge mationslücken bestehen. Wir haben uns dann auch sich bitte mit diesem Problem befassen und auf der sehr vorsichtig hinsichtlich möglicher Schlußfolge- Basis des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfes rungen geäußert. zu Entscheidungen kommen. In der Diskussion ist Insofern glaube ich, daß das, was Sie hier festge- deutlich geworden, daß dieser Gesetzentwurf zwar stellt haben, daß es nämlich eine Vielzahl von nicht noch einer Weiterentwicklung bedarf, aber auch be- belegten Behauptungen gebe, so nicht aufrechterhal- stehende Lücken offenbart, die wir gesetzgeberisch ten bleiben kann und deshalb auch einen Wider- - nicht im Wege freier Vereinbarungen - schließen spruch erfahren muß. müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der Vizepräsidentin Michaela Geiger: Herr Abgeordne- F.D.P.) ter, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordne- ten Köster-Loßack? Das zweite ist folgendes. Sie haben hier die Be- hauptung aufgestellt: Obwohl wir festgestellt hätten (CDU/CSU): Bitte schön. - darin stimme ich Ihnen allerdings zu; das haben wir - , Ronald Pofalla daß von den sogenannten Sekten- und Psychogrup- pen derzeit keine Gefahr für Staat und Gesellschaft Vizepräsidentin Michaela Geiger: Bitte schön, Frau ausginge, hätten wir auf der anderen Seite aber ein Abgeordnete. Bündel von gesetzgeberischen Initiativen gefordert. Sie haben formuliert, daß Sie dazwischen einen Wi- (BÜNDNIS 90/DIE derspruch sehen. - Diesen Widerspruch kann man, Dr. Angelika Köster-Loßack GRÜNEN): Herr Kollege Pofalla, würden Sie mir zu- so glaube ich, ganz einfach klären. Ich wundere stimmen, daß es nicht nur im Bereich der Anbieter mich, daß sich Grüne da schwertun. Wir wollen Ver- von Lebensbewältigungshilfe, sondern auch in ande- Wir wollen, daß Menschen zum Bei- braucherschutz. ren wirtschaftlichen Bereichen solche gibt, die nicht spiel dann geschützt werden, wenn sie möglicher- seriös sind, und daß unsere allgemeine Gesetzge- weise im Bereich der Lebensbewältigung finanziell bung zum Beispiel bezüglich Wucher oder mangeln- ausgenommen werden, wenn vorhandene Zwangs- dem Verbraucherschutz greifen müßte? Wir haben situationen auch zur Beeinträchtigung ihrer eigenen uns nur dagegen gewandt, daß ein besonderer Be- Entscheidungsfreiheit führen. Wir wollen Mindest- reich herausgegriffen wird, der geregelt werden soll. standards, und wir denken dabei zum Beispiel an die Denn dieses Problem ist ja nicht auf diesen Bereich Schriftlichkeit von Verträgen, die derzeit nicht gere- beschränkt. gelt ist. Daß Sie das im Bereich der Handlungsemp- fehlungen als eine Überreaktion ansehen, muß wirk- lich zur Verwunderung führen, und dem muß hier Ronald Pofalla (CDU/CSU): Ich stimme Ihnen aus- auch widersprochen werden. drücklich nicht zu. Die vorhandenen Gesetze reichen eben nicht aus. Deshalb fordern wir auch, an anderen (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und Stellen, beispielsweise im Strafrecht, zu überprüfen, der SPD) ob nicht eine Präzisierung des einen oder anderen im Wege einer klareren Formulierung einschlägiger Hier geht es um Menschen, die im Einzelfall erhebli- Straftatbestände erfolgen sollte. Ich stimme Ihnen che finanzielle Schäden erleiden, bis hin zum totalen ausdrücklich nicht darin zu, daß die vorhandenen finanziellen Ruin, weil es gesetzgeberische Lücken Gesetze ausreichen. Ganz im Gegenteil: Wir waren gibt, die verhindern, daß diesen Menschen Mindest- der Auffassung, daß durch Gesetzesinitiativen Lük- standards gesichert werden. ken geschlossen werden müssen. Jetzt kommen die Grünen auf ein Instrumentarium (Zustimmung bei der CDU/CSU und der - ich freue mich darüber; ich werde Frau Merkel da- SPD) von berichten -, das sie ansonsten immer für falsch Ich kann ein anderes Beispiel nennen, das Beleg halten, nämlich auf die Selbstverpflichtung der Le- ist für das eigentlich nicht verständliche, von Ihnen bensbewältiger. Diese sollten ihrerseits Standards hier begründete Abstimmungsverhalten der Grünen. festlegen, um diesen - von Ihnen in der Sache nicht Ziel und Inhalt der Vorstellungen von Scientology bestrittenen - Problem begegnen zu können. Ich sind - das hat hier im Haus bisher keiner bestritten - sage Ihnen offen: Ich sehe überhaupt gar kein Pro- eindeutig verfassungsfeindlich. In unserem Zwi- blem, eine solche Forderung in bezug auf die seriö- schenbericht haben wir deshalb den Beschluß der sen Anbieter zu unterstützen. Diese würden in der Länderinnenminister und des Bundesinnenministers Tat durch Selbstbindung zu Standards beitragen, die begrüßt, nach dem eine Überprüfung durch den Ver- den Schutz geben, den die Menschen benötigen. fassungsschutz vorgenommen werden sollte. Aber es gibt eben auch Hasardeure; es gibt eine ganze Reihe von Anbietern, die unse riös arbeiten. Nach den Erfahrungen, die auch Sie bei Ihrer Diese werden sich doch nicht im Rahmen von Selbst- Amerikareise und auf Grund unserer Anhörungen verpflichtungen zurücknehmen und denen, die sie machen konnten, sind wir vor dem Hintergrund der im Grunde finanziell ausnehmen wollen, einen nach wie vor verfassungsfeindlichen Ziele von Scien- Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22461

Ronald Pofalla tology zu dem Ergebnis gekommen, daß die Beob- Vizepräsidentin Michaela Geiger: Zu einer Kurzin- achtung von Scientology durch den Bundesverfas- tervention erteile ich der Abgeordneten Angelika Kö- sungsschutz und durch die Landesämter für Verfas- ster-Loßack, Bündnis 90/Die Grünen, das Wo rt. sungsschutz weiter erfolgen sollte. Diesem Beschluß haben Sie nicht zugestimmt. Ich finde es außeror- Dr. Angelika Köster - Loßack (BÜNDNIS 90/DIE dentlich merkwürdig, wenn wir ausdrücklich einheit- GRÜNEN): Ich wollte ganz kurz etwas zur Frage von lich feststellen, daß die Ziele von Scientology verfas- Scientology und der Beobachtung durch den Verfas- sungswidrig sind, Sie aber andererseits nicht den sungsschutz anmerken. Die Erfahrungen, die wir in Mumm haben, dafür die Organe in der Bundesrepu- den USA mit Demonstrationen gegen uns gemacht blik einzusetzen, die notwendig sind, um den gebo- haben - - tenen Schutz der Menschen zu sichern, die von Scientology manchmal in übelster Weise - auch finanziell - ausgenommen werden. Vizepräsidentin Michaela Geiger: Ich nehme an, Sie beziehen sich auf Herrn Pofalla? (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. Angelika Köster - Loßack (BÜNDNIS 90/DIE Ein letztes Beispiel für ein, wie ich finde, falsches GRÜNEN): Ja, auf Herrn Pofalla. - In den Gesprä- Verständnis von Neutralität und Toleranz: Sie haben chen, die wir dort mit hochrangigen Aussteigern und vorhin beklagt, daß nach Ihrer Überzeugung Neutra- mit Rechtsanwälten, die Opfer von Scientology ver- lität und Toleranz in dieser Kommission vor dem treten, geführt haben, waren wir uns einig, daß eine Hintergrund der Empfehlungen keine ausreichende verfassungsschutzmäßige Beobachtung gegenüber Gewichtung erfahren hätten. Ich lege - nicht nur für dieser Organisation gar nicht hilft. Vielmehr hilft es meine Arbeitsgruppe, sondern für die Mehrheit der nur, sich mit dieser Organisation in der öffentlichen Kommission - Wert auf zwei Feststellungen: Erstens. Debatte, im öffentlichen gesellschaftlichen Diskurs, Wir haben allesamt festgestellt, daß wir keine in einer Auseinandersetzung zu befassen, alle Infor- Grundgesetzänderung brauchen. Art. 4 des Grund- mationen, die bekannt sind, nach außen zu tragen, gesetzes bleibt unangetastet. Zweitens. Wir haben mit den Leuten darüber zu diskutieren und Strafta- eine hohe Schwelle für gesetzgeberische Initiativen ten, wenn sie begangen werden, zu ahnden. Das ist aufgestellt, nämlich folgende: Wenn Leute in ihrem eigentlich ein pragmatisches Vorgehen und wurde Persönlichkeitsrecht verletzt worden sind, sehen wir von den Aussteigern gestützt. in einzelnen Bereichen Handlungsbedarf. Sie haben das anders gesehen. Das ist Ihr gutes Recht; aber Sie Zum Schluß möchte ich noch einmal sagen: Es gibt müssen dann auch mit dem Widerspruch, der durch verschiedene Gewichtungen. Wir haben uns davon mich erfolgt ist, leben. leiten lassen, daß in diesem besonders brisanten Feld keine Maßnahmen angeordnet werden sollten, die Abschließend möchte ich mich den Dankesworten, nicht auch in anderen Bereichen, wo ähnliche Kon- die bereits ausgesprochen worden sind, anschließen. fliktfelder bestehen, angeordnet werden müßten. Zwei Personen möchte ich besonders herausgreifen. Das bezieht sich auf die Präzisierung und Verschär- Damit möchte ich nicht die Arbeit der anderen Kolle- fung von Gesetzen und von Ausführungsbestimmun- ginnen und Kollegen und der Sachverständigen gen. Ich glaube, es darf für den gesamten Bereich schmälern, aber mit diesen beiden habe ich am eng- keine Sondergesetze geben. Das käme in einen ge- sten zusammengearbeitet. Ich möchte mich bei Or- wissen Ruch, den wir doch alle nicht wollen. trun Schätzle, der Vorsitzenden, bedanken. Ich sage Ganz versöhnlich gesprochen: Die Arbeit in dieser es einmal so: Ortrun, mit welcher sozialen Kompe- Enquete-Kommission war insgesamt so kollegial, wie tenz du diese Enquete-Kommission geleitet und auch ich mir das in einer überfraktionellen Kommission in unserer Arbeitsgruppe mitgewirkt hast, hat mich vorher gar nicht hätte vorstellen können. Das war beeindruckt. Herzlichen Dank! eine sehr gute Erfahrung. (Beifall im ganzen Hause) Danke schön.

Ich möchte mich ausdrücklich beim Kollegen Kohn Herr Pofalla, bedanken. Auf der Ebene der Koalition gibt es Tage, Vizepräsidentin Michaela Geiger: möchten Sie antworten? - Das ist nicht der Fall. die besonders freudig sind, und andere, die noch freudiger sind. Wir haben diese unterschiedlichen Dann erteile ich der Abgeordneten Gisela Schröter, Tage nicht erlebt. Das liegt vor allem an Ihnen. Ich SPD-Fraktion, das Wort. habe mit Ihnen in einer Weise vertrauensvoll zusam- menarbeiten können, die ich in meinen acht Jahren Gisela Schröter (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kol- im Deutschen Bundestag so ganz selten erlebt habe. leginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Herzlichen Dank, Herr Kohn! Ich wünsche Ihnen, Or- Als erstes möchte ich mich natürlich den Dankeswor- trun Schätzle, und Ihnen, Herr Kohn, in den nächsten ten meiner Vorrednerinnen und Vorredner an das Se- Jahren persönlich alles Gute. kretariat, an die Vorsitzende, an alle Kollegen und an die Sachverständigen anschließen. Herzlichen Dank. Dann möchte ich aber zum Thema kommen. Es (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P., der kann gar nicht oft genug betont werden: Ansatz für SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) die Arbeit der Enquete-Kommission waren die Kon- 22462 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Gisela Schröter flikte, die von ideologischen Gemeinschaften und Die aus Sicht der SPD in ganz besonderer Weise Psychogruppen ausgehen können. Dies läßt sich bedeutsame Handlungsempfehlung betrifft die Er- auch im Einsetzungsbeschluß nachlesen. richtung einer öffentlich-rechtlichen Stiftung von Bund und Ländern gemeinsam. Die Aufgaben sind Erwartet wurden Handlungsempfehlungen auf der im Vorfeld schon genau beschrieben worden und Basis einer substantiellen Analyse als Grundlage für sind auch in unserem Endbericht nachzulesen. die Politik und andere staatliche Stellen, für For- schung und Wissenschaft, für Betroffene, für deren Für uns ist gerade die Unterstützung der privaten Interessenve rtretungen sowie für andere gesell- Initiativen und Beratungsstellen ein zentraler schaftliche Institutionen und interessie rte Bürgerin- Aspekt. Viele Hilfesuchende wenden sich ganz be- nen und Bürger. Auch ich denke, daß die Enquete wußt nicht an kirchliche oder staatliche Stellen. Des- Kommission dem Parlament sowie der Öffentlichkeit halb müssen die Privaten im Interesse der Betroffe- einen Bericht übergibt, der diese Erwartungen zwei- nen endlich die notwendige Unterstützung erhalten. felsfrei erfüllt. (Beifall bei der SPD) Ich möchte in meinem Beitrag auf einige Aspekte In diesem Zusammenhang freut es mich ganz beson- eingehen, die mir sowie meiner Fraktion ganz beson- ders, daß die Koalitionsfraktionen den im Zwischen- ders wichtig sind. Besonders hervorheben möchte ich bericht noch als Sondervotum der SPD formulierten die Beratungs- und Informationsarbeit. Die En- Vorschlag nunmehr mit unterstützen und sich eben- quete-Kommission geht richtigerweise davon aus, falls für die längst überfällige Einführung einer ge- daß Prävention, also Information und Aufklärung, setzlichen Regelung zur staatlichen Förderung priva- das beste und wirksamste Mittel ist. Leider wird je- ter Beratungs- und Informationsstellen einsetzen. doch gerade dieser Aspekt in der öffentlichen Dis- kussion viel zu häufig in den Hintergrund gedrängt Ich möchte zwei weitere Handlungsempfehlungen und in der Praxis vernachlässigt. besonders hervorheben - meine Vorredner sind auch darauf schon eingegangen -, und zwar einmal das (Beifall bei der SPD) Gesetz zur gewerblichen Lebensbewältigungshilfe. Nach dem Zwischenbericht hat man sich nun zum Bedauerlicherweise sind das Vorhandensein und zweitenmal deutlich für dieses Gesetz ausgespro- die Effizienz staatlicher Informations- und Aufklä- chen. Es wurde auch darauf hingewiesen, daß wir es rungsarbeit regional sehr unterschiedlich. Demzu- besonders für den Verbraucherschutz auf dem Psy- folge hat sich die Enquete-Kommission deutlich für chomarkt brauchen. In diesem Zusammenhang geht eine Intensivierung der staatlichen Informationsar- es auch - hier wurde schon darauf eingegangen - um beit ausgesprochen. Dies bedeutet Information und die Präzisierung des Wucherparagraphen. Meine Aufklärung der Öffentlichkeit: zum einen in bezug dringende Bitte und Aufforderung an den nächsten auf besonders konfliktträchtige Gruppen, zum ande- Deutschen Bundestag ist es, die Gesetzesinitiative ren aber auch über den großen Bereich des soge- unmittelbar wieder aufzugreifen und das Gesetz zur nannten Psycho- und Lebenshilfemarktes. Meine gewerblichen Lebensbewältigungshilfe schnellst- Vorredner haben bereits unterschiedlich darauf Be- möglich zu verabschieden. zug genommen. (Beifall bei der SPD) Ziel ist dabei nicht eine Bevormundung, sondern vielmehr eine Hilfestellung für die Bürgerinnen und Zum anderen möchte ich die Empfehlung hervor- Bürger. Damit soll auch ein Kontrapunkt zur geziel- heben, die Beobachtung der Scientology-Organisa- ten Desinformation durch eine Reihe von Gruppen tion fortzusetzen. Ich kann mich hier im Auftrag mei- und Psychomarktanbietern gesetzt werden. Wir ner Fraktion meinen Vorrednern nur anschließen. brauchen aber auch Selbstaufklärung bei den staatli- Wir sind also dafür, die Beobachtung der Sciento- chen Stellen. Notwendige und zureichende Maßnah- logy-Organisation durch die Verfassungsschutzbe- men von Justiz und Verwaltung werden weniger hörden fortzusetzen. durch fehlende gesetzliche Möglichkeiten als viel- Die SPD hat ein Sondervotum hinsichtlich A rt. 140 mehr durch mangelnde Kenntnisse verhindert. Des- des Grundgesetzes abgegeben. Gestatten Sie mir, halb sollten zukünftig interne Fo rt- und Weiterbil- darauf noch kurz einzugehen. Gegenwärtig bestehen dungsmaßnahmen besonders in der Rechtspflege, große Rechtsunsicherheiten im Hinblick auf die An- bei den Ermittlungsbehörden, den Jugendämtern erkennung von Religionsgemeinschaften als Kör- und den anderen mit dem Jugendschutz befaßten Ich verweise Stellen sowie bei den Gesundheitsbehörden ver- perschaften des öffentlichen Rechts. hier auf die Entscheidung des Bundesverwaltungs- stärkt werden. Schließlich gehören zur staatlichen In- gerichts im Präzedenzfall der Zeugen Jehovas. Hier formations- und Aufklärungsarbeit auch die schuli- heißt es: sche Bildung sowie Forschung und Lehre. - Rechtstreue und Loyalität gegenüber unserem Der Endbericht weist eine Fülle von Forschungs- demokratisch verfaßten Staat müssen Vorausset- defiziten auf, die ohne eine gezielte Forschungsför- zungen sein, damit eine Religionsgemeinschaft derung nicht zu beseitigen sein werden. Ich denke, den Status einer Körperschaft des öffentlichen Frau Kollegen Köster-Loßack, in dem Bereich sind Rechts erhält. wir uns einig. Hier geht der Appell an die Verant- wortlichen, die notwendigen Ressourcen zur Verfü- Nach unserer Auffassung muß dieser Grundsatz gung zu stellen und die entsprechenden Forschun- auch in Zukunft gelten. Hierin sind wir uns einig. Die gen zu initiieren. SPD plädiert also für eine Überprüfung - für nicht Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22463

Gisela Schröter mehr, aber auch nicht weniger -, ob A rt. 140 des besteht, sich zu informieren. Es ist mehr Transparenz Grundgesetzes insoweit präzisiert werden sollte oder notwendig. Daher ist die Handlungsempfehlung un- nicht. serer Kommission notwendig und richtig, in der nächsten Legislaturpe riode möglichst bald ein Ge- Beim zweiten Sondervotum der SPD hinsichtlich setz über Verträge auf dem Gebiet der gewerblichen der gesellschaftlichen und politischen Bedeutung des Lebensbewältigungshilfe zu verabschieden. Das, Gesamtphänomens möchte ich auf die Ausführungen meine liebe Kolleginnen und Kollegen, ist dringend meiner Kollegin Angelika Me rtens verweisen. notwendig. Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Schluß sei (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und mir gestattet, hier ein paar ganz persönliche Anmer- der SPD) kungen zu machen. Ständiger Bezugs- und Aus- gangspunkt für meine Arbeit in der Kommission war In der vergangenen Woche wurde uns in der - ich denke, damit spreche ich auch für alle anderen Presse vorgeworfen, daß unser Bericht keine Studie Kommissionsmitglieder - die Glaubens- und Religi- über Scientology enthalte. Die Scientology-Organi- onsfreiheit, wie sie in Art . 4 des Grundgesetzes fest- sation, so hieß es in dieser Berichterstattung, profi- geschrieben ist. Um so mehr haben mich die Erfah- tiere davon. Aber wer unseren Endbericht gelesen rungen geschmerzt, die ich als Delegationsmitglied hat, der muß festgestellt haben, daß es eben nicht un- auf unserer Reise in die USA machen mußte. Es war ser Ziel war, hier irgendeine schwarze Liste zu erstel- die Unterstellung lautstarker Demonstrationen, daß len. Unser Ansatz war und ist ein problem- und kon- wir es in Deutschland in der Enquete-Kommission fliktbezogener. Probleme und Konflikte, die im Zu- mit der Glaubensfreiheit nicht so genau nehmen wür- sammenhang mit neuen religiösen und ideologischen den. Gemeinschaften auftreten, wurden von uns - soweit möglich - untersucht und analysiert. Ich bin in einer atheistischen Gesellschaft groß ge- worden. Aber es war mir immer wichtig, mich - trotz Natürlich wurde auch die Scientology-Organisa- aller drohenden Nachteile - zu meiner religiösen Bin- tion in unserem Bericht behandelt. Ich denke, daß dung zu bekennen. Mein Einsatz für Glaubens- und wir die Gefahren, die durch die Betätigung von Religionsfreiheit war immer ein Grundpfeiler meines Scientology auf verschiedenen Feldern entstehen, individuellen Freiheitsverständnisses. Von daher gesehen und sie in unserem Bericht auch sehr klar können Sie bei mir eine ganz besondere Sensibilität benannt haben. Ich will auch deutlich machen, daß voraussetzen, wenn die Gefahr entsteht, daß dieses dieser Bericht keineswegs als ein Signal zur Entwar- Grundrecht für einzelne oder Gruppen beschnitten nung hinsichtlich Scientology zu verstehen ist, im wird. Auf der anderen Seite bin ich aber genauso Gegenteil: Wie Vertreter der Bayerischen Staatsre- hellwach, wenn dieses Grundrecht mißbraucht wer- gierung und Innenminister Beckstein denke auch den sollte. ich, daß es richtig ist, daß wir konsequent gegenüber Scientology auftreten und daß einige Bundesländer (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der hier eine Vorreiterrolle einnehmen. F.D.P.) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge ordneten der F.D.P. und der SPD) Vizepräsidentin Michaela Geiger: Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Helmut Jawurek, CDU/CSU- Ich möchte ausdrücklich betonen, daß dieser ent- Fraktion. schlossene Umgang mit einer Organisation, die auf vielfältige Weise im Widerspruch zu unserem We rt Helmut Jawurek (CDU/CSU): Frau Präsidentin! - und Rechtssystem sowie zu unserer freiheitlich-de- Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Deutschland hat mokratischen Grundordnung steht, das einzig Rich- sich in den letzten 20 Jahren ein Psychomarkt für un- tige und Gebotene ist. zählige Heilmethoden entwickelt. Unserer Kommis- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge sion sind in den zwei Jahren ihrer Arbeit mehr als ordneten der F.D.P.) tausend verschiedene Ansätze, Methoden, Verfahren und Techniken bekanntgeworden. Das Angebot Es bestehen deutliche Anhaltspunkte dafür, daß reicht von Heilung von psychischen oder psychoso- die Scientology-Organisation die demokratische matischen Störungen über Hilfe bei der Bewältigung Rechtsordnung unterwandern und vielleicht sogar von Lebenskrisen und Steigerung der Durchset- gänzlich abschaffen will. Im Zwischenbericht haben zungsfähigkeit bis hin zu Seminaren für Persönlich- wir deshalb ihre Beobachtung durch den Verfas- keitstraining. Eingebürgert hat sich der Begriff Le- sungsschutz - das wurde in der jetzigen Debatte ver- bensbewältigungshilfe, der auch heute schon ver- schiedentlich erwähnt - explizit begrüßt. Liebe Kolle- schiedentlich verwendet worden ist. gin Köster-Loßack, die Arbeit des Verfassungsschut- - zes ist streng reglementiert und definie rt. Wir halten Genauso unterschiedlich wie die Angebote sind es für nötig, die Maßnahmen der Beobachtung kon- auch die Anbieter auf diesem Markt. Daher ist ge- sequent durchzuführen, damit wir eben nicht - wie rade auch für die Kunden auf diesem Markt eine Sie selber zu Recht gesagt haben - zu einem Nacht- Orientierung in finanzieller und inhaltlicher Hinsicht wächterstaat verkommen. Ich halte es für richtig, daß notwendig. Es ist notwendig, daß die Verbraucher wir auch das in unserem Bericht deutlich zum Aus- vom Anbieter bereits vor Vertragsabschluß über druck bringen. Dauer, Methoden und Kosten eines Angebots infor- miert werden oder daß zumindest die Möglichkeit (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) 22464 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Helmut Jawurek Lassen Sie mich Ihnen am Schluß meiner Redezeit Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für - als letzter Redner in dieser Debatte - für das gute die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. - Ich Arbeitsklima danken, das in der Enquete-Kommis- höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlos- sion über Fraktionsgrenzen hinweg herrschte. Ich sen. möchte mich bei unserer Vorsitzenden, Frau Ortrun Schätzle, bedanken. Ich möchte mich auch ganz Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort dem herzlich bei unseren Sachverständigen bedanken. Bundesminister für Bildung, Wissenschaft, For- Wir alle haben unsere unterschiedlichsten Charak- schung und Technologie, Dr. Jürgen Rüttgers. tere in vielen - teilweise bis tief in die Nacht andau- ernden - Sitzungen eingebracht. Ich glaube, daß ich Dr. Jürgen Rüttgers, Bundesminister für Bildung, im Namen von Ihnen allen sagen darf, daß wir von Wissenschaft, Forschung und Technologie: Frau Prä- unseren Sachverständigen noch das eine oder andere sidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir dis- gelernt haben.' Es war eine bereichernde Erfahrung. kutieren heute über die Biotechnologie in Deutsch- land. Aber wir haben nicht nur Anlaß, uns mit bio- Vielen herzlichen Dank. technologischen Fragen zu beschäftigen. Vielmehr (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und der gibt es auch einen Anlaß, sich mit einer biographi- SPD sowie der Abg. Dr. Angelika Köster schen Frage zu beschäftigen. Es ist die letzte for- Loßack [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) schungspolitische Debatte, in der unser Kollege Christian Lenzer das Wort ergreifen wird. Christian Lenzer ist seit fast 30 Jahren Mitglied des Deutschen Vizepräsidentin Michaela Geiger: Ich schließe die Bundestages und hört am Ende dieser Legislaturperi- Aussprache. ode auf. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 9a bis 9c auf: Seit mehr als 25 Jahren bestimmt er die for- schungspolitischen Positionen der CDU/CSU-Bun- a) Beratung des Antrags der Abgeordneten destagsfraktion maßgeblich mit. Deshalb ist diese Christian Lenzer, Werner Lensing, Dr. Mar- Debatte Anlaß und Gelegenheit, ihm auch ganz per- tin Mayer (Siegertsbrunn) und der Fraktion sönlich ein herzliches Wort des Dankes und der Aner- der CDU/CSU sowie der Abgeordneten kennung für diese große Leistung als Parlamentarier Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann, Dr. Karlheinz auszusprechen. Ich sage das auch deshalb, weil ich Guttmacher, Horst F riedrich und der Frak- seit mehr als 10 Jahren mit Christian Lenzer im Be- tion der F.D.P. reich der Forschungspolitik zusammenarbeite und Biotechnologie - entscheidender Faktor ganz persönlich erleben durfte, mit wieviel Liebe, mit einer zukunftsorientierten Innovations- wieviel Einfühlsamkeit und auch Herzblut er sich auf politik diesem Gebiet engagiert hat. - Drucksache 13/10 808 - Ich erinnere mich noch gut an unser erstes Ge- spräch über forschungspolitische Fragen, als ich neu b) Beratung des Antrags der Abgeordneten in den Deutschen Bundestag kam. Es ist nicht immer Marina Steindor, Annelie Buntenbach, Ulri überall so, liebe Kolleginnen und Kollegen, daß je- -ke Höfken, weiterer Abgeordneter und der mand, der Sprecher ist, Neulingen von Anfang an die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Möglichkeit gibt, mitzumachen. Auch dafür, Chri- Sozial-ökologische Weiterentwicklung des stian Lenzer, ein ganz persönliches Wort des Dankes. Vorschlages für eine Richtlinie des Rates (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. zur Änderung der Richtlinie 90/220/EWG sowie bei Abgeordneten der SPD) über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt Christian Lenzer hat sich in all diesen Jahrzehnten (KOM (98) 85 endg.; Ratsdok. 6378/98) mit vielen Themen sehr engagiert beschäftigt. Ich er- - Drucksache- 13/10 951 innere mich an sein großes Engagement im Bereich der Energietechnologien, der Raum- und Luftfahrt Überweisungsvorschlag: und auch der Biotechnologie. Er hat in den letzten Ausschuß für Gesundheit (federführend) Jahren das Auf und Ab hier in Deutschland mitbe- Rechtsausschuß Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten kommen. Er war seinerzeit dabei, als wir in Deutsch- Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und land in Sachen Biotechnologie und Gentechnik fast Reaktorsicherheit ausschließlich über Risiken diskutiert haben. Er war Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, dabei, als die große Angst umging, auf diesem Ge- Technologie und Technikfolgenabschätzung Ausschuß für die Angelegenheiten biet werde etwas passieren, was nicht beherrschbar der Europäischen Union ist. Das hat sich inzwischen fundamental geändert, - und auch an dieser Veränderung hat Christian Len- c) Beratung des Antrags der Abgeordneten zer maßgeblichen Anteil. Wolf-Michael Catenhusen, Edelgard Bul- mahn, , weiterer Abgeordne- Sie wissen, daß ich von Montag abend bis Mitt- ter und der Fraktion der SPD woch ganz früh für wenige Stunden in New York auf der größten Biotechnologieveranstaltung der Welt Das Innovationspotential der modernen gewesen bin, der BIO '98. Ich empfand ein Gefühl Bio- und Gentechnologie nutzen des Stolzes, daß sich diese BIO '98 schwerpunktmä- - Drucksache 13/10 983 - ßig mit der Entwicklung in Deutschland beschäftigt Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22465 Bundesminister Dr. Jürgen Rüttgers hat, nachdem Deutschland in diesem Bereich über technologie auf dem Weg zur Weltspitze. Das ist, lie- viele Jahre hinweg überhaupt keine Rolle gespielt ber Christian Lenzer, auch Dein Verdienst. hat. Die Botschaft war „Germany is back", „Deutsch- land ist wieder da". Die Biotechnologie in Deutsch- Vielen Dank. land boomt. Wir sind auf dem Weg zum Biotechnolo- (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) giestandort Nummer eins in Europa. Ich bin ganz si- cher, daß wir auch dieses Ziel bis zum Jahr 2000 er- reicht haben werden. Vizepräsidentin Michaela Geiger: Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Wolf-Michael Catenhusen, Europa insgesamt wird zum Herausforderer der SPD-Fraktion. USA in der Biotechnologie. Wie Wissenschaftler jetzt festgestellt haben, gibt es einen Kontinental-Shift in Wolf-Michael Catenhusen (SPD): Meine Damen der Biotechnologie von Amerika nach Europa, aller- und Herren! Der Abschied von Christian Lenzer ist dings auch von Großbritannien auf den Kontinent. auch für mich ein Abschied, weil ich mit ihm 14 Jahre All das, was über viele Jahre diskutiert worden ist lang gemeinsam in einem Ausschuß gearbeitet habe. und worüber wir uns geärgert haben - daß junge For- Ich habe mit ihm oft politisch die Klinge gekreuzt, scher ins Ausland gingen, daß deutsche Unterneh- weil wir beide von vergleichbarem Engagement in men im Ausland investiert haben und nicht in der Sache getrieben waren. Wer sich nämlich mit Deutschland -, hat sich in den letzten Jahren funda- Forschung und Technologie beschäftigt, mit einem mental verändert. der zentralen Felder der Politik der Zukunft, der ent- Ich freue mich, daß ich den Deutschen Bundestag wickelt in der Regel eine intensive Beziehung zu die- auch über eine neue Entscheidung informieren kann: sem Sachgebiet und ein großes inneres Engagement. Die US-Firma Ribozyme wird noch in diesem Jahr in Deshalb bedanke ich mich, Herr Lenzer, für diese Berlin eine neue Firma mit dem Namen Atugen Bio- jahrelange, gute Zusammenarbeit, auch wenn wir technology GmbH gründen und in den nächsten fünf uns angesichts unseres Engagements nicht immer ei- Jahren 90 Millionen DM in die Biotechnologie in nig in der Sache waren; aber das ist, so glaube ich, Deutschland investieren. für die Politik das Fruchtbarste. (Beifall bei der CDU/CSU) Wer dem hochentwickelten Industrieland Deutsch- land eine gute ökonomische, soziale und ökologische Es wird Kooperationsbeziehungen zu der Firma Perspektive geben will, muß intelligent und verant- Clondiag Chiptechnologies in Jena geben, wo ein wortungsbewußt die Potentiale neuer Technologien BioChip gemeinsam erarbeitet wird, was übrigens entwickeln und nutzen. Das gilt auch für unseren wiederum ein Beweis für die exzellente Qualität des Umgang mit der Bio- und Gentechnik, der bislang in- Forschungs- und Technologiestandortes neue Bun- novativsten Methode im Spektrum moderner biologi- desländer ist. Auf diesem Gebiet haben wir inzwi- scher und medizinischer Forschung. schen internationales Niveau erreicht. Die rechtli- chen Rahmenbedingungen stimmen. Es gibt auch aus Sicht der SPD keinen Grund - ich denke, wir sollten diese Debatten in Deutschland Mit dem BioRegio-Wettbewerb haben wir die Dy- einmal beenden, da wir zwar gut im Debattieren namik entfacht. Die Anzahl der Biotechfirmen hat sind, aber dabei nicht zu praktischen Ergebnissen sich von 1995 auf 1996 und noch einmal von 1996 auf kommen -, die Gentechnik schlechthin zur Risiko- 1997 verdoppelt. Wir sind gerade dabei, von 1997 auf technologie zu erklären und ihren Einsatz grundsätz- 1998 die Anzahl - trotz des höheren Niveaus - ein lich für unverträglich zu erklären oder ethisch grund- weiteres Mal zu verdoppeln. sätzlich in Frage zu stellen. Um die Dynamik in diesem Bereich zu unterstüt- (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Sehr gut!) zen, wollen wir jetzt auch seitens der Bundesregie- rung mit einem neuen Wettbewerb die Grundlagen Deshalb wollen wir, daß der Standort Deutschland festigen und ausbauen. Dieser neue Wettbewerb hat eine gute Perspektive für bio- und gentechnische den Namen „BioFuture". Er soll die biowissenschaft- Forschung, Entwicklung und Anwendung auf höch- liche Grundlagenforschung neu beleben. Dahinter stem Niveau bietet. steckt die Idee, daß bereits junge Wissenschaftler - (Beifall bei der SPD) unabhängig davon, ob sie habilitiert sind oder nicht - Forschergruppen bilden können, in einer Hoch- Wir wollen durchaus, daß Deutschland ein attraktiver schule, in einer Firma oder anderswo arbeiten und ei- Standort für die Produktion innovativer Diagnostika, genständige Forschung betreiben können. Ich halte Medikamente und Impfstoffe ist und bleibt. das für eine gute Idee. Natürlich bleibt es auch Aufgabe der Politik, den 442 kleinere und 23 größere Biotechnologie-Unter- Schutz von Mensch und Umwelt vor - im Einzelfall nehmen sind eine gute Ausgangsbasis für Deutsch- möglichen - Gefahren zu gewährleisten. Mit dem land. Der Umsatz der Biotechnologie-Branche hat in- derzeit existierenden Gentechnikgesetz haben wir zwischen 4,4 Milliarden DM erreicht. Die Aufwen- ein Gesetz mit hohem Sicherheitsniveau geschaffen, dungen für Forschung und Entwicklung betragen das auch in der Praxis handhabbar ist und mit dem 3,3 Milliarden DM. Forschungsintensiver kann keine wir im Einzelfall mögliche Gefahren für Mensch und Branche sein. Insofern können wir am Ende dieser Umwelt ermitteln und Vorkehrungen, falls erforder- Legislaturperiode feststellen, daß sich die Lage fun- lich, treffen können. Es ist für uns auch klar, daß die damental gewandelt hat. Deutschland ist in der Bio- Bundesrepublik Deutschland konstruktiv an der An- 22466 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Wolf-Michael Catenhusen passung des deutschen und europäischen Gentech- Meine erste Rede an die Bundesregierung in dieser nikrechts auf hohem Schutzniveau mitarbeitet. Wir Zusammensetzung, in der ich sie aufgefordert habe, haben das größte Interesse daran, daß unser Schutz- auf die Entwicklung junger, innovativer Firmen in niveau in Europa - und möglichst auch über Europa den USA einzugehen, habe ich 1984 in diesem Parla- hinaus - der Standard für einen verantwortlichen ment gehalten. Da gab es Forschungsminister, die in Umgang mit der Gentechnik ist. diesem Bereich nichts getan haben. Daß Sie jetzt et- was tun, Herr Rüttgers, kritisiere ich nicht. Man muß Es bleibt natürlich unsere Aufgabe, ethisch gebo- auch richtige Dinge, die spät getan werden, begrü- tene Grenzen für den Einsatz der Gentechnik, insbe- ßen und sich darüber freuen, daß überhaupt etwas sondere am Menschen, zu ziehen, Grenzen die sich getan wird. am Ziel des Schutzes der Menschenwürde orientie- ren. Wir haben hier in den letzten 15 Jahren in man- (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Eine Ver chen Bereichen durchaus weltweit die Vorreiterrolle drehung der Geschichte!) übernommen. Das wird von einem breiten Konsens Daß Sie heute einen Antrag zur Bio- und Gentech- im Hause getragen. Ich wäre froh, wenn das so nik vorlegen, dient natürlich dem kräftigen Selbstlob. bleibt. Das ist kurz vor der Wahl okay; das würden wir wahr- scheinlich auch tun. Aber Sie rühmen dann beson- Es lohnt aber durchaus den politischen Streit um ders die Anstrengungen Deutschlands im Bereich die Bilanz einer Regierung, die jetzt seit 16 Jahren re- der Genomforschung. Auch dazu wieder ein zarter giert und nicht erst seit 1996, Herr Rüttgers, und um Hinweis: 1989 begannen die USA ihr Programm zur eine intelligente und vor allem dauerhaft tragbare In- Entschlüsselung der Erbanlagen des Menschen und novationsstrategie für die verantwortbare Weiterent- verschiedenster Organismen. Im gleichen Jahr, 1989, wicklung der Bio- und Gentechnik am Standort schlugen erstmals prominente deutsche Wissen- Deutschland. Mit der Ausschreibung des BioRegio- schaftler ein deutsches Genomforschungsprogramm hat diese Bundesregierung nach Wettbewerbs vor - bei der Bundesregierung Sendepause bis 1996. 13 Jahren faktischer Untätigkeit auf dem Gebiet der Innovation begonnen, sich den Anforderungen einer (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: SPD intelligenten Innovationsstrategie zu stellen, nach- dagegen!) dem viele SPD-geführte Bundesländer, auch solche, in denen Grüne an der Regierung beteiligt sind, die- - Nein, nein. Sie haben das Pech, daß Sie meine Re- sen Impuls vorbereitet und auch aktiv aufgenommen den und die anderer nachlesen können. Das erspart haben. Sie wissen alle, daß das Konzept einer der Ihnen vielleicht von wenig Sachkenntnis getragene Siegerregionen, nämlich des Rheinlands, unter akti- Zwischenfragen. ver Beteiligung von Ministerpräsident Wolfgang Cle- (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Sie sind ment erarbeitet, auch hier in Bonn präsentiert wor- aber nicht die SPD!) den ist. - Ich rede für die SPD, keine Sorge. Ich habe mich vor wenigen Tagen in Heidelberg davon überzeugen können, welche positiven Impulse Sieben Jahre später nimmt die Bundesregierung die Idee von BioRegio für die Gründung junger, krea- endlich die strategische Bedeutung dieses For- tiver Unternehmen ausgelöst hat. Ich denke, wir sind schungszweiges zur Kenntnis, allerdings mit einem froh über jedes Unternehmen, das auf einem sinnvol- Programm, das nach der Auffassung prominenter len Arbeitsgebiet in Deutschland entsteht. Wir sind Genforscher in Kümmerform entstanden ist und sich auch froh über jeden Arbeitsplatz, der in diesem Be- in keiner Weise an dem messen kann, was etwa in reich entsteht. Darüber gibt es keinen politischen Großbritannien oder den USA im Bereich der Ge- Streit. nomforschung stattfindet. Sie haben einen - mit bestimmten Einschränkun- Man sollte aber auch deutlich sagen: Daß do rt jetzt gen - vernünftigen Schritt mit der Berufung des die hohen Zuwachszahlen erreicht werden, Herr Technologierates getan. Der gewollte angenehme Rüttgers, ist vielleicht die Kehrseite dessen, daß Ihre Nebeneffekt dabei ist, daß die mitentscheidenden Regierung von 1983 bis 1996 im innovationspoli- Minister dafür sorgen, daß Kritik an dem, was bisher tischen Tiefschlaf verharrt hat und deshalb ein Inno- war, in den Empfehlungen des Technologierates vationsstau entstanden ist, der Gott sei Dank jetzt nicht zur Sprache kommt. Aber die Empfehlungen langsam aufgearbeitet wird. für die Zukunft sind in manchen Bereichen durchaus (Dr. Uwe Küster [SPD]: Das war eine kluge sehr vernünftig. Wir haben einige davon in unserem Analyse!) Antrag aufgegriffen. Allerdings, die Forderung des Technologierates, - Denn Sie müssen sich doch einmal die Frage stellen, etwa ein ressortübergreifendes Programm „moderne warum in Amerika Anfang der 80er Jahre dieses Biologie" vorzulegen, mit dem der Querschnittsbe- Netzwerk von weit über 1 000 innovativen, risikoka- deutung der Lebenswissenschaften endlich auch pitalfinanzierten Gentechnikfirmen entstanden ist. durch die Bundesregierung Rechnung getragen Wir sind jetzt in Deutschland im Abstand von gut wird, eine solche Kraftanstrengung können Sie in Ih- 13 Jahren Gott sei Dank dabei, diese, so sage ich ein- rer Regierung offenkundig nicht realisieren. mal, Fehlentwicklung zu korrigieren. Da können Sie viel über Stimmungslagen, über Skepsis und Kritik Der Bericht des Technologierates spricht im übri- reden. gen offen aus, warum wir bis heute Akzeptanzpro- Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22467

Wolf-Michael Catenhusen bleme beim Einsatz der Gentechnik im Bereich der aber nicht, um das bewährte Schutzniveau des deut- Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung ha- schen und europäischen Gentechnikrechts auszuhe- ben. Es heißt nämlich in dem Bericht: Die meisten beln. der bisher im Bereich der Landwirtschaft und der Le- bensmittelverarbeitung diskutierten Vorteile bezie- Unter Punkt 17 Ihres zweiten Antrags kommen Sie hen sich nicht unmittelbar auf das Produkt, für das mit der Forderung eines weltweit befristeten Verbo- der Verbraucher ein gewisses Interesse hat. Der Ver- tes für die Herstellung und für die Nutzung gentech- braucher empfindet gentechnisch hergestellte Pro- nisch veränderter Organismen. Wir wissen nicht ge- dukte zur Zeit nicht als persönlichen Nutzen. - Das nau, was Sie mit Ihren Anträgen wirklich bezwek- ist trotz aller PR-Kampagnen das Hauptproblem. Nur ken. wenn die Industrie diese Zielsetzung ändert, werden Ich bin - wie viele von uns - durchaus für eine rot- sich Verbraucher in Deutschland für Gentechnik im grüne Koalition, aber auf klarer Geschäftsgrundlage. Bereich der Landwirtschaft interessieren. Deshalb, Frau Steindor und andere Kollegen von den Meine Damen und Herren, Sie können sich vorstel- Grünen, sage ich zum Schluß im Klartext: Mit der len, an der Regierungsbejubelung in Ihrem Antrag SPD in Bonn ist eine Politik nicht zu machen, die vom beteiligen wir uns aus guten Gründen nicht. Wir fra- Ziel eines schrittweisen Verbots der Gentechnik ge- gen uns im übrigen, was Aufforderungen des Bun- nerell oder bezogen auf die Landwirtschaft getragen destages heute an die Bundesländer sollen, nachdem wird, noch am 18. März in Berlin die Regierungschefs von (Beifall bei der SPD) Bund und Ländern eine sehr vernünftige Erklärung die den Einsatz der Gentechnik grundsätzlich für zur Förderung der Biotechnologie verabschiedet ha- ethisch nicht verantwortbar hält und die gleich einem ben, in der es beispielsweise heißt - das hätten Sie Eiertanz nach der Melodie des Wahlprogramms der doch in Ihrem Antrag übernehmen können -: Grünen formuliert: Die Bundesrepublik Deutschland als Industriena- Bündnis 90/Die Grünen lehnen die Gentechnik in tion ist angewiesen auf ein verantwortungsbe- der Medizin weiterhin im Grundsatz ab ... wußtes Abwägen der Chancen und Risiken der Biotechnologie, um ihre verantwortbaren Poten- - was immer das auch heißen mag - tiale zu identifizieren und diese unter Beachtung Das mit der Gentechnik verbundene Menschen- eines umfassenden Gesundheits-, Umwelt- und bild gefährdet die Menschenwürde. Verbraucherschutzes systematisch zu entwickeln und auszubauen - zum Wohle des ökologischen Nehmen Sie zur Kenntnis: Geschäftsgrundlage für und ökonomischen Fortschritts. eine Zusammenarbeit mit der SPD werden diese Ziel- setzungen nicht sein. Einen solchen Text hätten wir heute gemeinsam ver- abschieden können. Es hätte sich gelohnt, auf dieser Schönen Dank. Grundlage in den Ausschüssen zu beraten. Diese Er- klärung ist aber nicht für eine Beratung verfaßt wor- (Beifall bei der SPD) den. Das Wort hat die Daß übrigens auch rotgrün regierte Länder eine Vizepräsidentin Michaela Geiger: Abgeordnete Marina Steindor, Bündnis 90/Die Grü- verantwortungsbewußte und innovative Politik im nen. Bereich der Bio- und Gentechnik betreiben, zeigt Nordrhein-Westfalen, Frau Steindor. Diese Politik hat auch das Land Niedersachsen unter Gerhard Schrö- Marina Steindor (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): der in der Phase rotgrüner Zusammenarbeit gezeigt. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir In Niedersachsen hat es - neben einigen anderen sind am Ende der Legislaturpe riode, und wir befin- Bundesländern - nie Kritik der Indust rie an der Ge- den uns im Wahlkampf. Herr Lenzer, ich hatte nicht nehmigungspraxis gegeben. das Vergnügen, mit Ihnen in einem Ausschuß zu sit- zen. (Beifall bei der SPD) (Zuruf von der CDU/CSU: Da ist Ihnen Wir werden die beiden Anträge der Grünen heute etwas entgangen!) ablehnen. Wir nehmen ökologische und ethische Verantwortung sehr ernst. Natürlich muß bei der ge- Ich respektiere aber die Beweggründe für Ihre Rede: zielten Freisetzung gentechnisch veränderter Orga- Außer Wahlkampf gibt es für die Regierungsparteien nismen auch nach 3 000 Freisetzungen bedacht wer- keinen konkreten Anlaß, hier noch einmal Jubelver- den, daß es hier nicht rückholbare Eingriffe in Öko- anstaltungen durchzuführen und Jubelanträge für systeme mit Langfristfolgen geben kann. Die Frage, die Gentechnologie einzubringen. wie wir Vorsicht wahrnehmen, ist eine wichtige Frage. Wir brauchen deshalb Risikoforschung, Risi- An die Adresse der SPD möchte ich gleich am An- kovorsorge und ein von Vorsicht getragenes Step-by- fang sagen, daß ich Sie - ehrlich gesagt - taktisch für Step-Verfahren. ein bißchen klüger gehalten hätte. Ich werde nicht anfangen, mit Ihnen hier Koalitionsvereinbarungen Wir unterstützen durchaus das Anliegen der Grü- auszuhandeln. Ich hatte auch den Eindruck, daß Sie nen - das ist auch unser Anliegen -, über das Zusatz- bei Ihren Ausführungen gar nicht die Art der Befas- protokoll zu Rio auch weltweit Sicherheitsstandards sung mit dem von uns gestellten Antrag reflektiert im Umgang mit der Gentechnik zu etablieren - das haben. Es gibt heute nämlich nichts abzulehnen, son- 22468 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Marina Steindor dern unser Antrag wird überwiesen. Bei der Abstim- sondern ernsthafte Wissenschaftler, die sich um den mung über das Bio-Safety Protokoll gestern abend, Naturschutz bemühen wollen - ein Morato rium ge- Herr Catenhusen, hat sich Ihre Fraktion enthalten. fordert haben und daß do rt jetzt neue Studien durch- geführt werden. Die Ablehnung der Gentechnik Wir legen hier kein geflissentliches Bekenntnis wie nimmt in England zu. In Frankreich wird an diesem die großen Parteien zur Gentechnologie ab. Wir be- Wochenende eine Konsensuskonferenz stattfinden, schränken uns vielmehr auf die Einbringung eines auf der es um ein Morato rium für die Freisetzung Antrages, der sich ausschließlich mit der Freisetzung gentechnisch veränderter Nutzpflanzen geht. gentechnisch veränderter Organismen beschäftigt. Wir sind der Auffassung, daß die Ablehnung der Bündnis 90/Die Grünen sind sich voll und ganz Gentechnologie nicht nur aus ökologischen, gesund- darüber im klaren, daß wir uns in diesem Kontext auf heitlichen und sozialen Problematiken herrührt, son- ein zähes, langes Ringen einstellen müssen und daß dern in hohem Maße eine moralische und ethische wir im europäischen Kontext an Gesetze gebunden Wertefrage ist. sind. Wir haben unsere Vorschläge, wie man die Richtlinie 220 weiterentwickeln sollte, vorgelegt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Dieser Antrag wird heute hier überwiesen, weil es Wir sind ferner der Auffassung, daß Umweltschutz, ein Projekt ist, das bis in die nächste Legislaturperi- Naturschutz, Respekt und Ehrfurcht vor der Schöp- ode hineinreicht. fung - ob religiös oder säkular ausgedrückt - eigent- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lich nur verschiedene Seiten einer einzigen Medaille und bei der PDS) sind. Bündnis 90/Die Grünen stehen für eine werte orientierte ökologische und soziale Modernisierung der Industriegesellschaft. Das, Herr Catenhusen, hal- Vizepräsidentin Michaela Geiger: Der Abgeordnete ten wir für intelligent, und dafür werden wir streiten. Dr. Karlheinz Guttmacher, F.D.P., hat darum gebeten, seine Rede zu Protokoll geben zu dürfen. *) Sie sind si- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) cherlich damit einverstanden. - Das ist der Fall. Bündnis 90/Die Grünen halten - das ist bekannt - Ich gebe jetzt das Wort dem Abgeordneten Wolf- die Freisetzung gentechnisch veränderter Organis- gang Bierstedt, PDS. men seit Jahren weder für ökologisch vertretbar noch für moralisch-ethisch verantwortbar. Wolfgang Bierstedt (PDS): Sehr geehrte Frau Präsi- ( [CDU/CSU]: Verhinderer dentin! Meine Damen und Herren! Mit den vorliegen- partei! ) den Anträgen von CDU/CSU und F.D.P. sowie der SPD erreicht der anscheinend im Wahlkampffieber ausge- Wir wollen im Gegensatz zu Ihnen allen den Bürge- brochene Wettbewerb, wer in diesem Land der beste rinnen und Bürgern in diesem Land, die in einem ho- Innovator in Sachen Bio- und Gentechnologien ist, hen Maße diese Auffassung teilen, ihre Ablehnung und ihre Werte nicht ausreden und sie nicht mit Ak- (Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Nicht schlecht, zeptanzkampagnen aus ihren Köpfen vertreiben, diese Fragestellung! Er ist der Beste!) sondern wir wollen diese Bürgerinnen und Bürger wohl den vorläufigen Höhepunkt. Das hat sich auch ernst nehmen und die Werte politisch umsetzen. in den Reden gezeigt. Deshalb bringen wir heute hier unseren Antrag Wenn es um das zumindest in diesem Bereich ein, mit dem wir die Richtlinie der Europäischen zweifelhafte Argument des Zuwachses an neuen Ar- Union weiterentwickeln wollen. Sie befindet sich beitsplätzen geht, ist die Regierungskoalition an- derzeit in einem Novellierungsprozeß. Wir knüpfen scheinend bereit, sich über alle Bedenken hinsicht- an die richtigen Schritte, die im Entwurf enthalten lich bisher noch nicht vollständig erforschter Gefah- sind, an und entwickeln sie weiter, sicherlich mit der renpotentiale hinwegzusetzen. Da hilft auch nicht Zielsetzung, die Freisetzung zu minimieren und sie der leicht zu überlesende Nebensatz in der diesbe- schließlich zu beenden. Das ist unser politisches Ziel. züglichen Presseerklärung des Kollegen Lenzer, dem Natürlich konnte ich mich schon im Vorfeld meiner ich übrigens auch ganz persönlich alles Gute wün- Rede darauf einstellen, daß es hier Versuche geben schen möchte. würde, die Position von Bündnis 90/Die Grünen zu Warum sagen Sie nicht offen, daß es Ihnen eigent- diffamieren, zu isolieren und in eine Ecke zu stellen. lich darum geht, die Möglichkeiten, in diesem Sektor Aber durch die gestrige Lektüre der internationalen Geld zu verdienen, zu verbessern? Schieben Sie Zeitungen - „Daily Telegraph" , „New York Times" nicht immer solche großen Parolen wie die von der und „Le Monde" - fühle ich mich äußerst gelassen; nur mit Hilfe der Gentechnologie zu lösenden Welter- denn ich kann Ihnen mitteilen, daß Monsanto- in den nährungssituation vor das argumentative Loch, und USA wegen der gentechnisch veränderten Baum- benutzen Sie bitte nicht die zweifelhafte Hoffnung wolle, die nicht funktioniert hat, Millionen US-Dollar von Menschen auf Erfolge im Bereich der gentechni- Schadenersatz zahlen muß, daß in England auf schen medizinischen Forschung für Ihre wirtschaftli- Grund der Intervention von Prince Charles mehrere chen Interessenlagen. Naturschutzberatergruppen der Regierung - nicht solche Claqueure, wie Sie sie hier haben, Sie verweisen in Ihrem Antrag auf die wissen- schaftliche Kompetenz des vom Kanzler inthronisier- (Zurufe von der CDU/CSU und der F.D.P.: Hei!) *) Anlage 13 im Nachtrag zu diesem Plenarprotokoll Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22469

Wolfgang Bierstedt ten Rates für Forschung, Technologie und Innova- Christian Lenzer (CDU/CSU): Frau Präsidentin! tion, dem es, weil handverlesen, wahrlich an jegli- Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst cher kritischen und nicht interessengeleiteten einmal - das ist selbstverständlich - möchte ich mich Stimme mangelt. Das halte ich für eine zweifelhafte ganz herzlich bei allen Kolleginnen und Kollegen für Begründung für Ihre Haltung. die lobenden Worte, die Sie an meine Adresse ge- richtet haben, bedanken. Ich kann nur sagen: Ich Die Kollegen von der SPD beziehen sich in ihrem habe das alles hier sehr gern gemacht. Mit vielen, die Antrag auf das Umweltgutachten, in dem eigentlich hier gesprochen haben - ob Jürgen Rüttgers, den ich jeder lesen kann, daß der Teil über Gentechnik und als Lehrling, wenn ich das respektvoll betonen darf, Freisetzung auf Stellungnahmen von Wissenschaft- in meiner Arbeitsgruppe willkommen heißen durfte lern beruht, die selbst ein Interesse an der Zulässig- und aus dem auch etwas geworden ist, ob das Wolf keit von Freisetzungen haben. Ich führe beispiels- Michael Catenhusen oder auch andere sind -, weise Herrn Professor Pühler an. In solcher Weise wird keine offene und faire Diskussion über die Vor- (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Da hat es und Nachteile von Bio- und Gentechnologien ge- nichts genutzt!) führt. Dies läßt Ihren Antrag, meine Damen und Her- ren von der SPD, über Ihre bisher so nicht formulierte hatte ich in der Tat oft freundschaftliche Auseinan- unkritische Gesamthaltung hinaus in einem etwas dersetzungen. zweifelhaften Licht erscheinen. Einen möchte ich ganz besonders erwähnen, und Ich bin relativ beruhigt darüber, daß die massiven zwar Karl-Hans Laermann, der zwar heute in dieser Formen der Beeinflussung der Bevölkerung anschei- Debatte nicht das Wo rt ergriffen hat, der aber bereits nend nicht die gewünschte Wirkung haben, auch seit Anfang der 70er Jahre in dem Bereich der For- wenn Herr Minister Rüttgers das anders sieht. Ich schungs- und Technologiepolitik mitgewirkt hat. verweise auf das TAB-Monitoring zur Technikakzep- (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und tanz vom Dezember 1997. Die zurückhaltende und der SPD) kritische Haltung vieler Menschen zur Gentechnolo- gie hat wohl eher zu- denn abgenommen, Es war eine schöne Zeit. Ich werde Sie mit Sicherheit vermissen. (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: So ein Quatsch!) Die moderne Biotechnologie und Gentechnik ist eine Herausforderung und ebenso eine große vielleicht auch deshalb, weil die Menschen nicht nur Chance für den Standort Deutschland. Sie schafft zu- den Versprechungen nicht glauben, sondern auch In- kunftssichere Arbeitsplätze und Wissen, das für die formationen zur Kenntnis nehmen wie die über die Menschheit von größter Bedeutung ist. Deutschland aufgebrachten südostasiatischen Reisbauern und nutzt die Chance. Die biotechnologische Branche Umweltschützer, deren seit Jahrhunderten ange- boomt. baute Reissorten von Chemie- und Gentechnikunter- nehmen patentiert und ihrer Nutzung und damit der Allein 443 kleinere Unternehmen und 23 größere Nahrungsversorgung sukzessive entzogen werden. Unternehmen arbeiten heute als Anbieter von Ver- Indem eine solche Meldung in das Bild von Bio- und fahren, Produkten und Dienstleistungen in der deut- Gentechnologien integ riert wird, vollzieht sich eine schen Biotech-Branche. Das ist doppelt soviel wie Gesamtwahrnehmung von Technologien, die nicht 1996. selektiv-trennend verfährt und ein realistischeres (Beifall bei der CDU/CSU) Bild vermittelt als das der leider vorliegenden An- träge von Koalition und SPD. Diese Unternehmen beschäftigen rund 11000 Men- schen. Insgesamt arbeiten bereits 200 000 Menschen Konsequent in der Berücksichtigung auch der Risi- in der Biotechnologie. ken der Gentechnologie verfährt der Antrag der Grünen, den wir unterstützen, zumal er inhaltlich un- Deutsche Unternehmen engagieren sich mit bio- serem Antrag zu Drucksache 13/4933 nahekommt. technologischer Forschung nicht mehr nur im Aus- Dem Druck von Industrie, Wissenschaft und Politik - land, sondern - das ist wichtig - wieder in Deutsch- hier insbesondere auch demjenigen der Bundesre- land, wie jüngste Beispiele zeigen. gierung in Europa - auf Absenkung von gesetzlichen Anforderungen an gentechnologische Arbeiten und (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und Freisetzungen darf nicht nachgegeben werden. der SPD) Danke schön. Die Zahl der strategischen Allianzen zwischen deut- schen und amerikanischen Unternehmen sowie die (Beifall bei der PDS und dem BÜNDNIS- 90/ Zahl der Auslandsinvestitionen in Deutschland DIE GRÜNEN) nimmt zu. Die Investitionen auf dem deutschen Bio- technologiesektor sind von 1996 bis 1998 von 75 Mil- lionen auf rund 425 Millionen DM emporgeschnellt. Vizepräsidentin Michaela Geiger: Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Christian Lenzer, CDU/CSU- (Zurufe von der CDU/CSU: Hört! Hört! - Fraktion. Beeindruckend!) (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und Sie werden inzwischen - das ist wichtig - zu 91 Pro der SPD) zent mit Eigenkapital finanziert. Das heißt, p rivates 22470 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Christian Lenzer Risikokapital engagiert sich zunehmend im Biotech Meine Damen und Herren, die wesentliche Leitli- Bereich. Das ist eine wirklich stolze Bilanz. nie der zukunftsorientierten Innovationspolitik, wie wir sie betreiben, besteht da rin, die Chancen neuer Unser ehrgeiziges Ziel, in Europa die Nummer eins Technologien zu nutzen, mögliche Risiken frühzeitig auf dem Gebiet der Biotechnologie zu werden, rückt zu erkennen und zu beherrschen. Das gilt in beson- näher. Spät, aber offensichtlich nicht zu spät konnte derem Maße für die Biotechnologie. Transparenz, der Rückstand auf diesem Gebiet behoben werden. frühzeitige Aufklärung und Information der Bevölke- rung über Chancen und Risiken sind dabei oberstes (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) Gebot. Aber nicht alles, was der Mensch kann, darf Deutschland war in der biotechnischen Grundlagen- er auch. In diesem Zusammenhang verweise ich auf forschung schon immer Weltklasse. Aber es haperte das Embryonenschutzgesetz, die Bioethik-Konven- deutlich an der Umsetzung der Ergebnisse in Innova- tion und die mit ihr verbundene, teilweise sehr kon- tionen, in marktfähige Produkte. Andere Länder wa- troverse Debatte sowie auf die Kennzeichnungs- ren hier schneller. Mit der Novellierung des Gentech- pflicht bei Lebensmitteln. nikgesetzes im Jahre 1993 wurde die Voraussetzung (Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD]) für die entscheidende Wende in der Biotech-Branche geschaffen. Den Zündfunken für den jetzt zu ver- Die Chancen im Bereich der Biotechnologie sind zeichnenden dynamischen Aufschwung bildete der immens. Es kommt aber entscheidend darauf an, das von unserem Bundesminister Jürgen Rüttgers ge- richtige Produkt zum richtigen Zeitpunkt auf den schaffene BioRegio-Wettbewerb. richtigen Märkten zu plazieren. Die in vielen Fällen zu beobachtende rotgrüne Verhinderungspolitik bei Der Standort Deutschland erweist sich inzwischen der gentechnischen Insulinproduktion - ich bin ja als äußerst fruchtbarer Boden für die Biotech-Bran- hessischer Abgeordneter und weiß, wovon ich in die- che. So bestätigt zum Beispiel der Rat für Forschung, sem Zusammenhang spreche - ist ein Lehrbeispiel Technologie und Innovationen beim Bundeskanzler, dafür, wie man Chancen verspielen kann. Machen daß die Forschungs- und Innovationsbedingungen in wir uns nichts vor, zeitlicher Verzug im weltweiten Deutschland wieder hervorragend sind. Wir müssen Wettbewerb ließe uns mit allen Konsequenzen für diesen Weg zielgerichtet und konsequent weiterge- Arbeitsplätze und Wohlstand drittklassig werden. hen. Das ist nach meiner Auffassung erfolgreiche In- Wir müssen an der Spitze des technischen Fo rt novationspolitik. -schritts sein. Nur so können wir verantwortungsvoll mitgestalten. (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie des Abg. Wolf-Michael Catenhusen Warum mußten erst so viele Chancen in Deutsch- [SPD]) land im High-Tech-Bereich durch die SPD-Blockade behindert oder verpaßt werden? Ich möchte zitieren, Dem dient auch der von uns eingebrachte Antrag, was in den „VDI-Nachrichten" vom 29. Mai dieses auf den ich gar nicht im einzelnen eingehen will, Jahres über den Auftritt Ihres Kanzlerkandidaten weil man es nachlesen kann. Ich möchte aber nach- Gerhard Schröder auf einem Kongreß der F riedrich- drücklich darauf hinweisen, welch große Hoffnungen Ebert-Stiftung berichtet wird: und Chancen für die Menschheit sich mit der Bio- technologie im Hinblick auf Fortschritte in der Medi- ... die Sozialdemokraten, so gestand der Kanzler- zin und bei der Lösung globaler Umwelt- und Ernäh- kandidat Schröder, hätten die Technikdebatte in rungsprobleme verbinden. Wenn wir die großen den vergangenen Jahrzehnten zu sehr unter dem Volkskrankheiten Krebs, Aids, Parkinson, Rheuma Aspekt der möglichen Risiken geführt, statt über und Alzheimer erfolgreich bekämpfen wollen, dann die Chancen zu sprechen. Das müsse und werde führt nach heutigem Kenntnisstand kein Weg mehr sich ändern, versprach Schröder, „wir müssen die an der modernen Biotechnologie vorbei. Debatte wieder vom Kopf auf die Füße stellen" . (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Na schön, dann warten wir darauf; sowie des Abg. Wolf-Michael Catenhusen (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Aber ver [SPD) geblich!) In diesem Zusammenhang erwähne ich das bekannte dann wollen wir gemeinsam daran arbeiten. amerikanische Human Genome Project nur am Rande; es würde zu weit führen, heute auf seine Be- Beim selben Kongreß hat Herr Schröder gefordert, deutung einzugehen. daß der Staat lediglich die Ziele für die Entwicklung neuer Techniken vorgeben müsse, die Umsetzung An der Schwelle zum nächsten Jahrtausend sind aber der Industrie überlassen solle. Angesichts des- die Biotechnologie und im übrigen auch -die Informa- sen frage ich mich, woher der Staat eigentlich weiß, tionstechnik die Schlüsseltechnologien, die unsere welches die richtigen Ziele sind. Die Politik muß im Gesellschaft revolutionär verändern werden. Beide konstruktiven Dialog mit der Wirtschaft und Wissen- Technologien beinhalten ein erhebliches Potential schaft die Ziele definieren, wie es zum Beispiel im für Wachstum und Beschäftigung, das heißt für zu- Technologierat für die Schlüsseltechnologien Bio- kunftssichere Arbeitsplätze. Wir haben beste Chan- technologie und Informationstechnik geschehen ist. cen, hier in vorderster Linie weltweit mitzumachen. Der Staat sollte dabei primär die erforderlichen ge- Es gilt, diese Chancen verantwortungsvoll zum setzlichen und administrativen Rahmenbedingungen Wohle Deutschlands zu nutzen. schaffen, auf entsprechende internationale Grenz- Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22471

Christian Lenzer werte und Normen hinwirken und, wenn nötig, fi- Sie ging in der Forschung gar nichts. Ich selber habe nanzielle Unterstützung leisten. Ansonsten tut er das lange verfolgt. aber ein gutes Werk, wenn er das kreative Potential Ihr Wort hat in der Fraktion immer sehr großes Ge- der Forscher sich frei entfalten läßt. wicht gehabt. Ich bedanke mich - ich glaube, das Meine sehr verehrten Damen und Herren, nach kann ich im Namen des ganzen Hauses sagen - ganz nunmehr 29 Jahren Zugehörigkeit zum Deutschen herzlich für Ihren großartigen Einsatz. Ich wünsche Bundestag und fast ebenso langem Engagement in Ihnen für den weiteren Lebensweg alles Gute und der Forschungs- und Technologiepolitik möchte ich viel Glück. mit einem ganz kurzen Rückblick schließen. Ich (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P., der könnte viel zur Diskussion über die f riedliche Nut- SPD und der PDS) zung der Kernenergie beitragen, wenn ich mich an deren Anfänge erinnere. Bio-/Gentechnik, Multime- Ich schließe jetzt die Aussprache. Wir kommen zur dia, Datenautobahn und Wissensgesellschaft waren Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der damals Begriffe, die man am forschungspolitischen CDU/CSU und der F.D.P. zur Biotechnologie als ent- Horizont nur erahnen konnte. Es war alles viel hand- scheidenden Faktor einer zukunftsorientierten Inno- fester. Es bestand auch noch ein hohes Maß an ge- vationspolitik auf Drucksache 13/10 808. Wer stimmt meinsamer Überzeugung und an gemeinsamem für diesen Antrag? - Wer stimmt dagegen? - Enthal- Durchsetzungswillen. Das energiepolitische Szenario tungen? - Dann ist der Antrag mit den Stimmen der hat sich überhaupt nicht verändert, so daß ich Koalition gegen die Stimmen der Opposition ange- glaube, daß die Nutzung der Kernenergie, wenn man nommen. sie so sicher wie möglich machen will, in Zukunft nicht an diesem Land und seiner wissenschaftlichen Interfraktionell wird vorgeschlagen, den Antrag Leistung vorbeiführt. der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur sozialöko- logischen Weiterentwicklung des Richtlinienvor- Ich könnte noch auf eines meiner Lieblingsthemen schlags der Europäischen Union über die absichtli- eingehen - jeder, der mich kennt, weiß, welche dies che Freisetzung genetisch veränderter Organismen sind -, zum Beispiel auf die Luft- und Raumfahrt. in die Umwelt auf Drucksache 13/10 951 zu überwei- Hier haben wir enorme Fortschritte erzielt. Man sen, und zwar zur federführenden Beratung an den konnte sich bei der Ausstellung in Berlin wieder da- Ausschuß für Gesundheit und zur Mitberatung an von überzeugen, daß wir in diesem Bereich auf ei- den Rechtsausschuß, den Ausschuß für Ernährung, nem guten Weg sind. Landwirtschaft und Forsten, den Ausschuß für Um- welt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, den Aus- Man braucht sich nur einmal anzusehen - ich schuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Techno- möchte nur einige Beispiele nennen -, was bei Dres- logie und Technikfolgenabschätzung sowie den Aus- den, dem neuen Silicon Valley unseres Landes, oder, schuß für die Angelegenheiten der Europäischen um bei den neuen Bundesländern zu bleiben, in Union. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? - Das Jena, dem Fokus der optischen Indust rie, oder in der ist nicht der Fall. Dann ist die Überweisung so be- Wissenschaftsstadt Adlershof heranwächst. Dies sind schlossen. glänzende Aushängeschilder für die Leistungsfähig- keit der deutschen Forschung und Technologie. Dar- Abstimmung über den Antrag der Fraktion der auf können wir alle mit Recht stolz sein. SPD zur Nutzung des Innovationspotentials der mo- dernen Bio- und Gentechnologie auf Drucksache 13/ (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) 10 983. Wer stimmt für diesen Antrag? - Wer stimmt Meine Damen und Herren, herzlichen Dank allen, dagegen? - Dann ist der Antrag mit den Stimmen des die mich auf meinem langen, sehr interessanten, Hauses außer der SPD, die zustimmt, abgelehnt. zwar nicht immer einfachen, aber doch mit vielen po- sitiven persönlichen Erlebnissen verbundenen poli- Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 20a bis tischen Weg begleitet haben. Ich verlasse die Bonner 20c auf: Bühne mit dem Wunsch, daß viele Freundschaften, a) - Zweite und dritte Beratung des von den die sich dabei gebildet haben, auch über den Tag Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. einge- hinaus Bestand haben werden. brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände- Herzlichen Dank. rung des § 42 Abs. 2 des Wohngeldgesetzes und des § 9 Abs. 3 und 4 des Eigenheimzula- (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und gengesetzes der F.D.P. - Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS) - Drucksache 13/10792 (neu) - (Erste Beratung 238. Sitzung) Vizepräsidentin Michaela Geiger: Lieber Herr Len- aa) Beschlußempfehlung und Bericht des Aus- zer, auch ich möchte Ihnen im Namen des Hohen schusses für Raumordnung, Bauwesen Hauses ganz herzlich für Ihren großen Einsatz dan- und Städtebau (18. Ausschuß) ken. Ich habe nachgesehen: Im Kürschner stehen - Drucksache 13/11036 - acht Sterne vor Ihrem Namen. Sie haben also eine Berichterstattung: lange Zeit im Bundestag verbracht. Abgeordnete Achim Großmann Sie waren lange Jahre unser Vorsitzender in der Norbert Otto (Erfurt) Arbeitsgruppe für Forschung und Technologie. Ohne Dr. 22472 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Vizepräsidentin Michalea Geiger bb) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Aus- Dazu liegt ein Änderungsantrag der Gruppe der schuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung PDS vor. - Drucksache 13/11040 - Für die Aussprache war eine Stunde vorgesehen. Berichterstattung: Mittlerweile aber wurde vereinbart, daß die Redebei- Abgeordnete Dr. Rolf Niese träge zu Protokoll genommen werden.*) Sind Sie da- Oswald Metzger mit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann verfahren Dieter Pützhofen wir so. Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) Wir kommen zu den Abstimmungen, und zwar zu- - Zweite und dritte Beratung des von den Ab- nächst zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der geordneten Franziska Eichstädt-Bohlig, Hel- Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. zur Änderung mut Wilhelm (Amberg) und der Fraktion des Eigenheimzulagengesetzes auf Drucksache 13/ BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten 10792 (neu). Der Ausschuß für Raumordnung, Bau- Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des wesen und Städtebau empfiehlt auf Drucksache 13/ Eigenheimzulagengesetzes (Eigenheimzula- 11036, den Gesetzentwurf unverände rt anzunehmen. genänderungsgesetz 1998 - EigZulÄndG 1998) Es liegt ein Änderungsantrag der Gruppe der PDS - Drucksache 13/10788 - auf Drucksache 13/11064 vor, über den wir zuerst ab- (Erste Beratung 238. Sitzung) stimmen. Wer stimmt für den Änderungsantrag der aa) Beschlußempfehlung und Bericht des Aus- PDS? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - schusses für Raumordnung, Bauwesen Dann ist der Änderungsantrag mit den Stimmen der und Städtebau (18. Ausschuß) Koalition und der SPD gegen die Stimmen der PDS bei Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen abge- - Drucksache 13/11036 - lehnt. Berichterstattung: Wer stimmt für den Gesetzentwurf der Koalitions- Abgeordnete Achim Großmann fraktionen? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? Norbert Otto (Erfurt) - Dann ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung mit Dr. Michael Meister den Stimmen des gesamten Hauses angenommen. bb) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Aus- schuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung Wir kommen zur - Drucksache 13/11039 (neu) - dritten Beratung Berichterstattung: und Schlußabstimmung. Ich bitte diejenigen, die Abgeordnete Dieter Pützhofen dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erhe- Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) ben. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Dann Dr. Rolf Niese ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen des gesamten Oswald Metzger Hauses angenommen. b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Be- Beschlußempfehlung des Ausschusses für Raum- richts des Ausschusses für Raumordnung, Bau- ordnung, Bauwesen und Städtebau zu dem Gesetz- wesen und Städtebau (18. Ausschuß) zu dem entwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Än- Antrag der Abgeordneten Joachim Poß, Achim derung des Eigenheimzulagengesetzes auf Drucksa- Großmann, Ingrid Matthäus-Maier, weiterer che 13/11036 Nr. 2. Der Ausschuß empfiehlt, den Ge- Abgeordneter und der Fraktion der SPD setzentwurf auf Drucksache 13/10788 für erledigt zu Verlängerung der ökologischen Komponente erklären. Wer stimmt für diese Beschlußempfehlung? bei der Eigenheimzulage - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die Be- schlußempfehlung ist mit den Stimmen des gesamten -Drucksachen 13/10619, 13/11036- Hauses angenommen. Berichterstattung: Beschlußempfehlung des Bauausschusses zu dem Abgeordnete Achim Großmann Antrag der Fraktion der SPD zur Verlängerung der Otto (Erfurt) Norbert ökologischen Komponente bei der Eigenheimzulage Dr. Michael Meister auf Drucksache 13/11036 Nr. 3. Der Ausschuß emp- c) Beratung der Beschlußempfehlung und des Be- fiehlt, den Antrag auf Drucksache 13/10619 für erle- richts des Finanzausschusses (7. Ausschuß) zu digt zu erklären. Wer stimmt für diese Beschlußemp- dem Antrag der Abgeordneten Klaus-Jürgen fehlung? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Be- Warnick, Dr. Barbara Höll, Dr. Uwe-Jens Rös- schlußempfehlung ist mit den Stimmen des gesamten sel, Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS Hauses angenommen. Novellierung des Eigenheimzulagengesetzes Beschlußempfehlung des Finanzausschusses zu - Drucksachen 13/10295, 13/11013 - dem Antrag der Gruppe der PDS zur Novellierung Berichterstattung: des Eigenheimzulagengesetzes auf Drucksache 13/ 11013. Der Ausschuß empfiehlt, den Antrag auf Abgeordnete Drucksache 13/10295 abzulehnen. Wer stimmt für Horst Schild diese Beschlußempfehlung? - Wer stimmt dagegen? Christine Scheel Dr. Barbara Höll *) Anlage 14 im Nachtrag zu diesem Plenarprotokoll Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22473

Vizepräsidentin Michalea Geiger - Wer enthält sich? - Die Beschlußempfehlung ist mit an, Sie sind damit einverstanden. - Dann verfahren den Stimmen der Koalition und der SPD bei Enthal- wir so. tung von Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der PDS angenommen. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. zum nationalen und internationalen Jugendmedien- Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 21 auf: schutz. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Beratung des Antrags der Abgeordneten Ma- Wer enthält sich? - Der Antrag ist mit den Stimmen ria Eichhorn, Dr. Maria Böhmer, Monika Brud- der Koalition gegen die Stimmen der SPD und der lewsky, weiterer Abgeordneter und der Frak- PDS bei Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen an- tion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten genommen. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und der Fraktion der F.D.P. Damit, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, sind wir am Schluß unserer heutigen Tagesord- Jugendmedienschutz national und internatio- nung. nal sichern Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen - Drucksache 13/10798 - Bundestages auf Dienstag, den 23. Juni 1998, 13 Uhr Es war eine Aussprache von einer halben Stunde ein. vorgesehen. Mittlerweile ist vereinbart worden, die Redebeiträge zu Protokoll zu geben.*) Ich nehme Die Sitzung ist geschlossen.

*) Anlage 15 im Nachtrag zu diesem Plenarprotokoll (Schluß der Sitzung: 14.29 Uhr) 22474* Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Anlagen zum Stenographischen Bericht

Anlage 1 entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Liste der entschuldigten Abgeordneten Schuhmann, Richard SPD 19. 6. 98 entschuldigt bis Abgeordnete(r) Schultz (Everswinkel), SPD 19. 6. 98 einschließlich Reinhard Antretter, Robert SPD 19. 6. 98 * Schwanitz, Rolf SPD 19. 6. 98 Behrendt, Wolfgang SPD 19. 6. 98 * Stiegler, Ludwig SPD 19. 6. 98 Böttcher, Maritta PDS 19. 6. 98 Weis (Stendal), Reinhard SPD 19. 6. 98 Büttner (Ingolstadt), SPD 19. 6. 98 Wester, Hildegard SPD 19. 6. 98 Hans Zierer, Benno CDU/CSU 19. 6. 98 * Burchardt, Ulla SPD 19. 6. 98 Carstensen (Nordstrand), CDU/CSU 19. 6. 98 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Ver- Peter Harry sammlung des Europarates Dempwolf, Gertrud CDU/CSU 19. 6. 98 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 19. 6. 98 * Dr. Fuchs, Ruth PDS 19. 6. 98 Dr. Gerhardt, Wolfgang F.D.P. 19. 6. 98 Anlage 2 Graf (Friesoythe), Günter SPD 19. 6. 98 Nachträglich zu Protokoll gegebene Rede Dr. Gysi, Gregor PDS 19. 6. 98 zu Tagesordnungspunkt 11 Hovermann, Eike SPD 19. 6. 98 (a - Entwurf eines Gesetzes zu Vereinfachung des zivilgerichtlichen Verfahrens und des Verfahrens Ilte, Wolfgang SPD 19. 6. 98 der freiwilligen Gerichtsbarkeit; Imhof, Barbara SPD 19. 6. 98 b - Beschlußempfehlung zu dem Antrag: Entlastung Jelpke, Ulla PDS 19. 6. 98 der Zivilgerichtsbarkeit durch vor- bzw. außer Jung (Düsseldorf), SPD 19. 6. 98 gerichtliche Streitbeilegung) Volker (241. Sitzung) Kastning, Ernst SPD 19. 6. 98 (F.D.P.): An sich sollte es sich heute Keller, Peter CDU/CSU 19. 6. 98 Detlef Kleine rt um eine reine rechtspolitische Debatte handeln. In Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 19. 6. 98 Wahrheit ist es die Stunde der Finanzminister. Wir er- Kolbe, Manfred CDU/CSU 19. 6. 98 leben seit Jahrzehnten, daß immer neue Versuche Kramp-Karrenbauer, CDU/CSU 19. 6. 98 unternommen werden, die Justiz zu entlasten, zu be- Annegret schleunigen, zu vereinfachen, zu verschlanken und wie die kunstvollen Begriffe alle heißen mögen. Krautscheid, Andreas CDU/CSU 19. 6. 98 Kriedner, Arnulf CDU/CSU 19. 6. 98 Die Bedeutung der Justiz für den Frieden und das Wohlbefinden der Bürger in unserem Land als ent- Dr. Graf Lambsdorff, F.D.P. 19. 6. 98 scheidende, häufig aber auch versöhnende Hilfe in Otto den Konflikten der Gesellschaft für alle unsere Bür- Leidinger, Robert SPD 19. 6. 98 ger kann überhaupt nicht überschätzt werden. Des- Dr. Luft, Christa PDS 19. 6. 98 halb verwundert es sehr, daß im Vergleich mit der Dr. Merkel, Angela CDU/CSU 19. 6. 98 sonstigen Verwendung der Ressourcen dieser Gesell- schaft, die sich auf phantastische und mit Sicherheit Möllemann, Jürgen F.D.P. 19. 6. 98 zu hohe Summen beläuft, die Ausgaben für diesen Pesch, Hans-Wilhelm CDU/CSU 19. 6. 98 zentralen, einen der wenigen wichtigen Punkte des Probst, Simone BÜNDNIS 19. 6. 98 gesellschaftlichen Friedens, immer wieder in klein- 90/DIE lichster Weise zur Schließung tatsächlicher oder ver- GRÜNEN muteter Lücken herhalten müssen. Regenspurger, Otto CDU/CSU 19. 6. 98 Wir haben es viel zu oft schon erlebt, mit welchem Rennebach, Renate SPD 19.- 6. 98 Einfallsreichtum hier gespart werden so ll. Leidtra- Dr. Rexrodt, Günter F.D.P. 19. 6. 98 gende sind die rechtsuchenden Bürger und ihre Ver- treter. Leidtragend ist aber auch die Justiz. Es kann Rübenkönig, Gerhard SPD 19. 6. 98 einfach keine Freude mehr machen, sich alle Jahre Rupprecht, Marlene SPD 19. 6. 98 wieder im Brennpunkt der Sparsamkeitsgelüste der Schaich-Walch, Gudrun SPD 19. 6. 98 Finanzminister wiederzufinden, anstatt einigerma- ßen angemessene Achtung für den eigentlichen Schenk, Christina PDS 19. 6. 98 Dienst am Recht in einer sinnvollen und geordneten Form entgegennehmen zu können. Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22475*

In diesem Hause sind von allen Seiten stürmische und flexible Besoldungsvorschriften können uns die- Bekundungen zu hören gewesen, daß man den Weg sem Ziel näherbringen. Das wird in einer Welt der der Finanzminister, auf dem die Justizminister nur A-, B-, C- und R-Gehälter schwer zu erreichen sein. vorgeschoben werden, nicht länger mitgehen will. Wir müssen uns aber ständig darum bemühen, weil Zum Abschluß dieser Legislaturpe riode erleben wir wir sonst in den formalen Dingen, die wir heute wie- nun, daß aus wahrlich sehr unterschiedlichen Grün- der zu beschließen haben, erst versanden und dann den der Widerstandswille von dieser oder jener Län- versinken werden. derseite und dieser oder jener persönlichen Befan- genheit her bezwungen ist und wir noch einmal eine Fülle von Eingriffen vornehmen, die sachlich so nicht gerechtfertigt sind. Die Situation ist für uns freie De- mokraten nicht neu. Man versucht, an dieser oder je- Anlage 3 ner Stelle Schlimmeres zu verhüten und soll dann zum Schluß der eigentlich Schuldige sein, daß das, Nachträglich zu Protokoll gegebene Rede was andere in noch viel größerem Umfang gewollt zu Tagesordnungspunkt 15 haben, schließlich in einer nicht gut erträglichen (a - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Form verabschiedet wird. Auch die Folge unserer Be- Bundesnotarordnung und anderer Gesetze; mühungen ist das, was heute in dem angedeuteten b - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Parallelogramm der Kräfte als Ergebnis erscheint, ge- Bundesrechtsanwaltsordnung, der Patentanwalts rade noch erträglich. Einige Punkte, zum Beispiel die ordnung und anderer Gesetze, völlig willkürliche streitwertgebundene Unterschei- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der dung zwischen einem obligatorischen und einem fa- Bundesrechtsanwaltsordnung; kultativen Einzelrichter, sind eigentlich so nicht zu c - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des ertragen; Kompromisse kann man leider nur im Gan- Umwandlungsgesetzes zen haben, und deshalb werden wir dann auch hier (241. Sitzung) zustimmen.

Mit besonderem Nachdruck möchte ich darauf hin- Detlef Kleinert (F.D.P.): Eine Novellierung der Bun- weisen, daß es keineswegs einer Befristung von Ge- desnotarordnung wäre aus vielen Gründen seit län- setzen bedarf, um ihren Inhalt in angemessener Zeit gerer Zeit fällig gewesen. Es hätte mich sehr gefreut, zu überprüfen. Es ist unser aller Pflicht, ständig die wenn die Kraft der im Beruf und in diesem Parlament Folgen dessen, was hier beschlossen wird, in der daran Beteiligten gereicht hätte, eine solche Ände- praktischen Auswirkung zu überprüfen und uns rung von innen heraus und auf parlamentarischem dann erneut mit dem, was früher einmal beschlossen Wege anzustoßen und zuwege zu bringen. Tatsäch- worden ist, kritisch auseinanderzusetzen. Bef ristete lich ist der Anstoß jedoch - und das mag im Zusam- Gesetze haben, wie die Erfahrung zeigt, ein beson- menspiel der Verfassungsorgane auch in Ordnung ders langes Leben. Die Bef ristung wird einfach in sein - vom Bundesverfassungsgericht ausgegangen. den vorgegebenen Zeitabständen immer wieder ver- längert. Diejenigen, die dem Hause längere Zeit an- Dabei sind die Entscheidungen des Bundesverfas- gehören, kennen reichlich Beispiele dafür. sungsgerichts, die sich mit dieser Frage befassen, ja nicht etwa auf das Nota riat beschränkt. Die berufli- Um so mehr habe ich die Hoffnung, daß auch ohne chen Fragestellungen gehen vielmehr auch von den Befristung die Zuständigen, die Interessie rten und Entscheidungen zum anwaltlichen Berufsrecht aus. deshalb Verantwortlichen innerhalb und außerhalb Die Bedenken des Bundesverfassungsgerichts gegen des Parlaments beizeiten nachschauen werden, was die Fortschreibung, in vielen Fällen mehr noch die die gerade heute zu beschließenden Änderungen in Erhaltung des Berufsrechts, werden durch Kammern der Prozeß- und Rechtswirklichkeit bewirken. Dar- insbesondere im Bereich der anwaltlichen Sozietäten aus müssen gegebenenfalls alsbald Schlüsse gezo- und später der hergebrachten Regeln der Zulassung gen und neue nützliche Vorschriften, die dann viel- bei einzelnen Landgerichten - Singularzulassung - leicht den älteren ähneln, geschaffen werden. zu geradezu dramatischen Veränderungen insbeson- dere durch die Einrichtung der überörtlichen Sozietä- Ein Gutes könnte die heute weiterget riebene Flut ten führen. Viele dieser Sozietäten, dabei bleibe ich, der Änderungen im Prozeßrecht haben: Wir könnten verdienen diesen Namen nicht. Es handelt sich viel- alle zusammen zu der Einsicht kommen, daß die Re- mehr um schwer handhabbare Aquisitionskartelle. In geln weniger wichtig sind als die Personen, die sie einzelnen speziellen Fällen, auch bei überörtlichen anwenden. Die klassische Richterausbildung und Kanzleien, mag eine bessere Kompetenz durch noch Richterauswahl wird dem auf Dauer nicht gerecht stärkere Spezialisierungsgrade erreicht worden sein. werden können. Wir brauchen den Richter, der sich In der Mehrzahl der Fälle werden jedoch die behaup- nicht von der Schule über das Studium und Referen- teten Vorteile überörtlicher und übergroßer Kanz- dariat in sein Amt gearbeitet hat, sondern denjeni- leien nicht erreicht. Glücklicherweise wird das auch gen, der durch eine Fülle von beruflich veranlaßten vom rechtsuchenden Publikum in zunehmendem Praxiskontakten ein umfangreiches Verständnis für Maße so gesehen. die zu entscheidenden Fragen entwickelt hat und dessen praktische Erfahrung ihn hinde rt, auf jeden Die Folge dieser nicht mehr umkehrbaren Ent- theoretischen Leim zu gehen. Nur die größere Durch-- wicklungen ist allerdings die Notwendigkeit von Än- lässigkeit der richterlichen Laufbahn für berufs erfah- derungen, über die wir heute nicht nur im Bereich rene Juristen und dementsprechend sachgerechte des Notariats, sondern auch bei den Angeboten für 22476* Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 die gesellschaftsrechtlichen Formen der anwaltlichen tragen werden, damit die Klagen der Landgerichts- Berufsausübung zu reden haben. Nachdem die Wür- präsidenten über diese Belastung aufhören und die fel gefallen sind, macht es keinen Sinn, den etwaigen Prüfung in den Punkten stattfindet, die nach der Er- Vorzügen der gesicherten und geschützten Kleinpra- fahrung der Berufsangehörigen die eigentlich neu- xis nachzutrauern. Es ist vielmehr das Positive der ralgischen sind. Solche und weitere Regelungen Entwicklung zu sehen und zu fördern. Dies liegt in müssen in absehbarer Zeit nachgeholt werden, damit der konsequenten Besinnung auf die Dienstlei- wir zu einem wirklich freien und leistungsfähigen stungsidee des freien Berufs auch im Nota riat. Der zu Notariat kommen und zugleich die Belastungen der verabschiedende Entwurf ist leider nicht konsequent Justizverwaltung verringert werden. genug. Das hat unter anderem seinen Grund in der historisch gespaltenen Verfassung des Nota riats in unserem Land. Das Nur-Nota riat prägt nun einmal eine andere Berufsauffassung als das Anwalts- notariat. Ich werde niemanden hier überraschen, Anlage 4 wenn ich sage, daß die dienstleistungsfreudigere Be- rufsauffassung sich aus den Umständen des Anwalts- Amtliche Mitteilungen notariats ergibt. Ein schönes Beispiel für die Starrheit der Auffassungen, die das Nur-Nota riat nicht nur bei Der Bundesrat hat in seiner 726. Sitzung am den Notaren, sondern auch bei ihren Aufsichtsbehör- 29. Mai 1998 beschlossen, den nachstehenden Geset- den gebiert, ist die Ablehnung einer Öffnungsklausel zen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 für spätere Entscheidungen entweder für das An- Absatz 2 Grundgesetz nicht zu stellen: walts- oder für das Nur-Notariat in den neuen Bun- - Erstes Gesetz zur Änderung des Rindfleischetikettierungs- desländern. Es kann einfach logisch nicht einleuch- gesetzes ten, daß die Länderregierungen den Landtagen, die - Erstes Gesetz zur Änderung des Forstabsatzfondsgesetzes mit einigem Recht über Kompetenzschwund klagen, - Erstes Gesetz zur Anpassung der Bedarfssätze der Berufsaus- mit Hilfe des Bundesgesetzgebers eine solche Ent- bildungsbeihilfe und des Ausbildungsgeldes nach dem Drit- scheidung, die vor dem historischen Hintergrund ten Buch Sozialgesetzbuch (Erstes Berufsausbildungsbei- eine Länderentscheidung sein würde, aus lauter hilfe-Anpassungsgesetz -1. BABAnpG) Angst vor einer etwaigen späteren Entscheidung der - Gesetz zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Landtage entziehen wollen. Auch das werden wir, Arbeitsgerichtsgesetzes wie einige Jahre der Auseinandersetzung gezeigt ha- - Gesetz zur Datenermittlung für den Verteilungsschlüssel des Gemeindeanteils am Umsatzsteueraufkommen und zur ben, heute nicht mehr ändern können. Änderung steuerlicher Vorschriften - Gesetz zur Regelung des Transfusionswesens (Transfusions- In geradezu letzter Minute der Beratungen hat das gesetz - TFG) Bundesverfassungsgericht noch einmal in die Dis- - Zweites Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrecht- kussion eingegriffen mit der Entscheidung, die nach licher Vorschriften (2. VwVfÄndG) der dadurch bedingten Verzögerung zur Einbezie- - Gesetz zur Änderung des Bundesverfassungsgerichtsgeset- hung der Wirtschaftsprüfer in den Kreis der Sozie- zes und des Gesetzes über das Amtsgehalt der Mitglieder tätsberechtigten geführt hat. Gerade dieses Urteil des Bundesverfassungsgerichts des Bundesverfassungsgerichts macht besonders - Gesetz zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes deutlich, was ich als Grundgedanken herauszuarbei- - Vierzehntes Gesetz zur Änderung des Wehrsoldgesetzes ten versucht habe, daß nämlich die freie und letztlich dienstleistungsfreudigere Gestaltung des Anwaltsno- - Gesetz über den Deutschen We tterdienst (DWD-Gesetz) tariats auch in Zukunft behindert werden soll. Das - Elftes Gesetz zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes Gericht hat dies besonders deutlich gemacht, wenn - Drittes Gesetz zur Änderung des Filmförderungsgesetzes es ausführt, daß eine Gestaltung des Berufsbildes - Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 2186/ zwischen den Anwaltsnotariaten und dem Nur-Nota- 93 des Rates vom 22. Juli 1993 über die innergemeinschaft- riat in Kauf genommen werden müsse. liche Koordinierung des Aufbaus von Unternehmensregi- stern für statistische Verwendungszwecke Mit der heutigen Novellierung haben wir der ein- - Sechstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbe- geleiteten und notwendigen Entwicklung nur teil- werbsbeschränkungen weise entsprochen. Es wäre richtig gewesen, das un- - Gesetz zu dem Abkommen vom 10. April 1997 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über glaublich komplizierte, für einige Institutionen die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schwe- durchaus einkommensträchtige Vorbereitungs- und ren Unglücksfällen Prüfungsverfahren, das die Zulassung zum Nota riat - Gesetz zu dem Abkommen vom 9. Juni 1997 zwischen der betrifft, drastisch zurückzuschneiden und zu dem Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regie- früheren Verfahren zurückzukehren, nach dem eine rung der Republik Ungarn über die gegenseitige Hilfelei- angemessene Dauer erfolgreicher und wenigstens stung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen freier Anwaltstätigkeit, etwa nach zehn oder zwölf - Gesetz zu dem Abkommen vom 9. Oktober 1997 zwischen Jahren, für die Zulassung zum Nota riat ausreicht. der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Re- gierung der Französischen Republik über die Zusammenar- Auch hier wären erhebliche Belastungen der Justiz- beit der Polizei und Zollbehörden in den Grenzgebieten verwaltung zu vermeiden. Die Notariatsprüfung - Gesetz zu der Europäischen Charta der Regional- oder Min durch die Landgerichte ist ebensowenig notwendig derheitensprachen des Europarats vom 5. November 1992 für die Justiz und in ihrem Ergebnis vermutlich nicht- - Gesetz zu dem Protokoll vom 20. Dezember 1994 über den effizienter als die Kontrolle durch die Mandanten Beitritt des Fürstentums Monaco zum Übereinkommen zum selbst. Sie sollte jedenfalls den Notarkammern über- Schutze der Alpen (Beitrittsprotokoll zur Alpenkonvention) Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22477*

- Gesetz zu dem Übereinkommen vom 19. Juni 1995 zwischen Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 16. Juni 1998 den Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrages und den an- ihren Antrag „Verstrahlte Atommülltransporte" - Drucksache deren an der Partnerschaft für den Frieden teilnehmenden 13/10928 - zurückgezogen. Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppen sowie dem Zu- Der Abgeordnete Robert Antretter hat den Gesetzentwurf satzprotokoll (Gesetz zum PfP-Truppenstatut) „Entwurf eines... Strafrechtsänderungsgesetzes (Stärkung des - Gesetz zu dem Abkommen vom 13. Mai 1997 zwischen der Toleranzgebotes durch einen besseren Schutz religiöser und Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regie- weltanschaulicher Überzeugungen gemäß § 166 StGB) rung der Kirgisischen Republik über den Luftverkehr - Drucksache 13/10666 - nachträglich unterschrieben. - Gesetz zu dem Abkommen vom 5. September 1996 zwischen Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Re- daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsord- gierung von Macau über den Luftverkehr nung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vor- - Gesetz zu dem Abkommen vom 17. Februar 1997 zwischen lagen absieht: der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Re- Auswärtiger Ausschuß gierung der Republik Litauen über den Luftverkehr - Unterrichtung durch die Bundesregierung - Gesetz zu den Änderungen vom 13. Februar 1997 des Über- einkommens zur Gründung der Europäischen Fernmeldesa- Bericht der Bundesregierung zum Stand der Bemühungen tellitenorganisation „EUTELSAT" (EUTELSAT-Übereinkom- um Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung so- men) wie über die Entwicklung der Streitkräftepotentiale (Jab- resabrüstungsbericht 1997) - Gesetz zu den Änderungen vom 1. September 1995 des Über- einkommens über die Inte rnationale Ferr meldesatellitenor- - Drucksachen 13/10464, 13/10601 Nr. 1- ganisation „INTELSAT" (INTELSAT-Übereinkommen) - Unterrichtung durch die Bundesregierung - Gesetz zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusam- Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit des Europa- menarbeit vom 22. April 1996 zwischen den Europäischen rats für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 1997 Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Armenien andererseits - Drucksachen 13/9842, 13/10258 Nr. 3 - - Gesetz zu dem Vertrag vom 22. Oktober 1996 zwischen der - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bundesrepublik Deutschland und Burkina Faso über die För- Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit der West- derung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen europäischen Union für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni - Gesetz zu dem Abkommen vom 9. August 1996 zwischen der 1997 Bundesrepublik Deutschl and und der Demokratischen - Drucksachen 13/9843, 13/10258 Nr. 4 - Volksrepublik Laos über die Förderung und den gegenseiti- - Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Ver- gen Schutz von Kapitalanlagen sammlung der Westeuropäischen Union - Gesetz zu dem Abkommen vom 21. Juni 1997 zwischen der Über die Tagung der Versammlung vom 1. bis 4. Dezember Bundesrepublik Deutschl and und den Vereinigten Arabi- 1997 in Paris schen Emiraten über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen - Drucksachen 13/9892, 13/10258 Nr. 5 - Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Beförderung ge- -Innenausschuß fährlicher Güter (GGBefÄndG) - Unterrichtung durch das Gremium gemäß Artikel 1 § 9 - Gesetz zur Neuregelung des Fracht-, Speditions- und Lager- Abs. 1 des Gesetzes zu Artikel 10 des Grundgesetzes (G 10- rechts (Transportrechtsreformgesetz - TRG) Gremium) - Gesetz zur Anpassung der technischen und steuerlichen Be- Bericht gemäß Artikel 1 § 3 Abs. 10 des Gesetzes zu Artikel 10 dingungen in der Seeschiffahrt an den internationalen Stan- des Grundgesetzes (G 10) über die Durchführung der Maß- dard (Seeschiffahrtsanpassungsgesetz) nahmen nach Artikel 1 § 3 dieses Gesetzes (Berichtszeit- - Gesetz zur Änderung der Rechtsgrundlagen für die Vergabe raum 1. Juni 1996 bis 31. Dezember 1997) öffentlicher Aufträge (Vergaberechtsänderungsgesetz - - Drucksachen 13/9938, 13/10258 Nr. 6 VgRÄG) -Haushaltsausschuß - Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts sowie weiterer - Vorschriften (Betreuungsrechtsänderungsgesetz - BtÄndG) Unterrichtung durch die Bundesregierung Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat folgende Über- und außerplanmäßige Ausgaben im 3. Vierteljahr des Entschließung gefaßt. Haushaltsjahres 1995 Die mit der Reform des Vormundschafts- und Pflegschafts- - Drucksachen 13/3422, 13/3664 Nr. 1.3 - rechts für Volljährige verfolgten Ziele haben sich durch das am - Unterrichtung durch die Bundesregierung 1. Januar 1992 in Kraft getretene Betreuungsgesetz nur unzu- Über- und außerplanmäßige Ausgaben im 4. Vierteljahr des reichend verwirklichen lassen. Die Zahl der Betreuungsfälle ist Haushaltsjahres 1995 kontinuierlich gestiegen. Alternativen zur gesetzlichen Betreu- ung, die gegenüber anderen Hilfsmöglichkeiten subsidiär ist, - Drucksachen 13/4229, 13/4401 Nr. 7 - stehen entweder nicht zur Verfügung oder werden nicht hinrei- - Unterrichtung durch die Bundesregierung chend genutzt. Dem Ehrenamt kommt noch nicht die erhoffte Bedeutung zu. Über- und außerplanmäßige Ausgaben im L Vierteljahr des Haushaltsjahres 1996 Der immense von den Ländern zu finanzierende Kosten- und Verwaltungsaufwand steht zu den erreichten Verbesserungen - Drucksachen 13/4803, 13/4906 Nr. 3 - der Rechtsposition und Lebenssituation der Betroffenen außer - Unterrichtung durch die Bundesregierung Verhältnis. Über- und außerplanmäßige Ausgaben im 2. Vierteljahr des Der Bundesrat sieht im Betreuungsrechtsänderungsgesetz Haushaltsjahres 1996 nur einen ersten Schritt, die bei Umsetzung des neuen Rechts in die Praxis zutage getretenen Unzulänglichkeiten zu reduzie- - Drucksachen 13/5440, 13/5550 Nr. 1.14 - ren. Er hält es für unverzichtbar, die Reformüberlegungen als- - Unterrichtung durch die Bundesregierung bald fortzusetzen und insbesondere Möglichkeiten zu entwik- Über- und außerplanmäßige Ausgaben im 3. Vierteljahr des keln, wie die Zahl der Betreuungsfälle durch Alternativ- Haushaltsjahres 1996 lösungen verringert, der Verwaltungsaufwand im Betreuungs- wesen reduziert und durch Stärkung des Ehrenamtes der - Drucksachen 13/6423, 13/6589 Nr. 2 - Kostenaufwand für beruflich tätige Betreuer in Grenzen gehal- - Unterrichtung durch die Bundesregierung ten werden kann. Es ist sicherzustellen, daß bislang fehlgelei- tete Ressourcen sowohl bei Gericht als auch bei den Betreuern Über- und außerplanmäßige Ausgaben im 4. Vierteljahr des selbst im Interesse der Betroffenen für die eigentliche Betreu- Haushaltsjahres 1996 ungsarbeit freigesetzt werden. - Drucksachen 13/7207, 13/7460 Nr. 6- 22478* Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unter- Drucksache 13/10487 Nr. 2.10 richtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis ge- Drucksache 13/10487 Nr. 2.14 nommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Drucksache 13/10487 Nr. 2.17 Auswärtiger Ausschuß Ausschuß für Verkehr Drucksache 13/10588 Nr. 1.2 Drucksache 13/10487 Nr. 2.20 Innenausschuß Drucksache 13/10487 Nr. 2.24 Drucksache 13/4137 Nr. 2.75 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/9819 Nr. 1.6 Drucksache 13/9819 Nr. 2.6 Drucksache 13/9819 Nr. 1.7 Drucksache 13/9819 Nr. 2.7 Drucksache 13/9819 Nr. 2.53 Drucksache 13/10361 Nr. 2.36 Drucksache 13/9935 Nr. 1.2 Drucksache 13/10487 Nr. 2.21 Drucksache 13/10487 Nr. 1.1 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 13/10487 Nr. 2.5 Drucksache 13/10361 Nr. 2.3 Rechtsausschuß Drucksache 13/10361 Nr. 2.41 Drucksache 13/725 Nr. 31 Drucksache 13/10361 Nr. 2.51 Drucksache 13/4514 Nr. 2.1 Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie Haushaltsausschuß und Technikfolgenabschätzung Drucksache 13/9819 Nr. 2.56 Drucksache 13/10487 Nr. 2.18 Drucksache 13/10361 Nr. 2.55 Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/10263 Nr. 1.8 Drucksache 13/10686 Nr. 1.1 Drucksache 13/10361 Nr. 1.1 Nachtrag zum Plenarprotokoll 13/242

Deutscher Bundestag

Nachtrag zum Stenographischen Bericht

242. Sitzung

Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Inhalt:

Anlage 5 Anlage 6 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstim- Endgültiges Ergebnis der 1. namentlichen mung über die Beschlußempfehlung zu Abstimmung über die Beschlußempfeh- dem Antrag: Deutsche Beteiligung an der lung des Auswärtigen Ausschusses zu von der NATO geplanten Operation zur dem Antrag der Bundesregierung: Deut- weiteren militärischen Absicherung des sche Beteiligung an der von der NATO Friedensprozesses im früheren Jugosla- geplanten Operation zur weiteren militä- wien über den 19. Juni 1998 hinaus rischen Absicherung des Friedensprozes- (SFOR-Folgeoperation) (Tagesordnungs- ses im früheren Jugoslawien über den punkt 17) 22479* A 19. Juni 1998 hinaus (SFOR-Folgeopera- tion) (Drucksache 13/11012) 22486* A Volker Beck (Köln), (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 22479* A Anlage 7 Ursula Schönberger und Halo Saibold BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 22479* D Endgültiges Ergebnis der 2. namentlichen Abstimmung über den Entschließungs- Kurt Neumann (Berlin) fraktionslos . . 22480* C antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. zu dem Antrag der Bundesregie- Dr. Jürgen Rochlitz BÜNDNIS 90/DIE rung betr. SFOR-Folgeoperation (Druck- 22481* A GRÜNEN sache 13/11065) 22488* B Christian Sterzing BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN 22481* C Anlage 8 Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/DIE Endgültiges Ergebnis der 3. namentlichen GRÜNEN 22482' B Abstimmung über den Entschließungs- Ludger Volmer, Angelika Beer, Gila Alt- antrag der Fraktion der SPD zu dem An- mann (Aurich), Amke Dietert-Scheuer, trag der Bundesregierung betr. SFOR-Fol- Marina Steindor, Annelle Buntenbach, geoperation (Drucksache 13/11077) . . . 22490* C Dr. Jürgen Rochlitz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 22483* A Anlage 9 Margitta Terborg SPD 22484* A Endgültiges Ergebnis der 4. namentlichen Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜ Abstimmung über den Entschließungs- NEN 22484* C antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE - GRÜNEN zu dem Antrag der Bun- Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/DIE desregierung betr. SFOR-Folgeoperation GRÜNEN 22485* A (Drucksache 13/11083) 22493* A II Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Anlage 10 Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ 22508* D Endgültiges Ergebnis der 5. namentlichen DIE GRÜNEN Abstimmung über den Entschließungs- Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . 22509* D antrag der Fraktion der CDU/CSU und Klaus-Jürgen Warnick PDS 22510* C F.D.P. zu dem Antrag der Bundesregie- rung betr. SFOR-Folgeoperation (Druck- sache 13/11093) . 22495* B Anlage 15 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesord- Anlage 11 nungspunkt 21 (Antrag: Jugendmedien- Endgültiges Ergebnis der 6. namentlichen schutz national und international sichern) Abstimmung über den Entschließungs- Maria Eichhorn CDU/CSU 22511* C antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE 22512* D GRÜNEN zu dem Antrag der Bun- Dr. Maria Böhmer CDU/CSU desregierung betr. SFOR-Folgeoperation Klaus Hagemann SPD 22514* C (Drucksache 13/11087) 22497* C Jörg Tauss SPD 22515* B Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜ Anlage 12 NEN 22519* D Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesord- Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P 22520* C nungspunkt 19 (Beratung des Endberichts zu sogenannten „Sekten- und Psycho- Rosel Neuhäuser PDS 22521* D gruppen") Rosel Neuhäuser PDS 22499* D Anlage 16 Erklärung des Abgeordneten Hans Anlage 13 Werner Bertl SPD zur 5. nament lichen Ab- Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesord- stimmung über den Entschließungsantrag nungspunkt 9 (a - Antrag: Biotechnologie der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. - entscheidender Faktor einer zukunfts- (Drucksache 13/11093) 22522* C orientierten Innovationspolitik; b - Antrag: Sozial ökologische Weiterentwicklung des Anlage 17 Vorschlages für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 90/220/EWG Erklärung des Abgeordneten über die absichtliche Freisetzung gene- SPD zur 5. namentlichen Abstimmung tisch veränderter Organismen in die Um- über den Entschließungsantrag der Frak- welt; c - Antrag: Das Innovationspotential tionen der CDU/CSU und F.D.P. (Druck- der modernen Bio- und Gentechnologie sache 13/11093) 22522* C nutzen) Dr. Karlheinz Guttmacher F.D.P. . . . . 22500* D Anlage 18 Erklärung der Abgeordneten Anlage 14 (Köln) SPD zur 5. namentlichen Abstim- mung über den Entschließungsantrag der Zu Protokoll gegebene Reden zu Tages- Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. ordnungspunkt 20 (a - Entwurf eines (Drucksache 13/11093) 22522* D Gesetzes zur Änderung des § 42 Abs. 2 des Wohngeldgesetzes und des § 9 Abs. 3 und 4 des Eigenheimzulagengesetzes; Anlage 19 b - Antrag: Verlängerung der ökologi- schen Komponente bei der Eigenheim- Erklärung des Abgeordneten Manfred zulage; c - Antrag: Novellierung des Hampel SPD zur 5. namentlichen Abstim- Eigenheimzulagengesetzes) mung über den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. , Bundesminister BMBau . 22501* C (Drucksache 13/11093) 22522* D Dr. Michael Meister CDU/CSU 22502* D Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU 22504 A Anlage 20 Johannes Selle CDU/CSU 22504* C Erklärung des Abgeordneten Rolf Hem- Albrecht Papenroth SPD 22505* D pelmann SPD zur 5. namentlichen Abstim- mung über den Entschließungsantrag der Otto Reschke SPD 22507* A Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. Horst Schild SPD 22508* A- (Drucksache 13/11093) 22523* A Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22479*

Anlagen zum Stenographischen Bericht

Anlage 5 nung. Das beginnt mit einer systematischen Ausbil- dung in ziviler Konfliktbearbeitung. Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung Für das Projekt Ziviler Friedensdienst waren keine zu dem Antrag: Deutsche Beteiligung an der von drei Millionen im Haushalt, aber für die Ausbil- der NATO geplanten Operation zur weiteren dungshilfe der bosnischen Armee war sofort Geld da. militärischen Absicherung des Friedensprozesses Hier zeigt sich die vorherrschende Militärfixierung, im früheren Jugoslawien über den indem militärische vor zivilen Instrumenten bevor- 19. Juni 1998 hinaus zugt werden. (SFOR-Folgeoperation) Zur falschen Politik der Bundesregierung gehört (Tagesordnungspunkt 17) auch das Drängen auf eine möglichst rasche Rück- führung aller Flüchtlinge. Eine zu rasche Rückkehr Volker Beck (Köln), Andrea Fischer (Berlin) birgt die Gefahr einer Destabilisierung sowie der (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bei der Abstimmung Verfestigung der ethnischen Vertreibung. Insbeson- über den erstmaligen Einsatz von deutschem Militär dere lehnen wir jeden Versuch ab, durch Leistungs- in Bosnien im Dezember 1996 haben wir gegen die- kürzungen bei der materiellen Unterstützung in sen Einsatz gestimmt. Wir hatten damals große Zwei- Deutschland die Flüchtlinge quasi mit dem Sozial- fel am Sinn des Militäreinsatzes und fürchteten die recht zur Rückkehr zu nötigen. Gefahr einer weiteren Eskalation. Hinzu trat das Der Friedensprozeß in Bosnien wird noch auf lange grundsätzliche Argument, daß hier die UNO zugun- Sicht internationaler Begleitung bedürfen. Die Ver- sten der NATO erst desauvouiert und dann entmach- antwortung für eine langfristige internationale Prä- tet worden war. Ebenso sahen wir die Gefahr, daß senz in Bosnien-Herzegowina muß zurück an die hier eine Normalisierung im Sinne der Militarisie- Vereinten Nationen gegeben werden. rung der deutschen Außenpolitik eingeleitet wurde. Zugleich aber sahen wir im Vertrag von Dayton ei- Für künftige Konfliktfälle ist zu lernen, daß die in- nen gewaltigen Fortschritt und eine Hoffnung auf ternationale Gemeinschaft und nicht die NATO zu- Frieden. Daher waren wir schon damals sehr im ständig sein muß. Voraussetzung dafür aber ist, daß Zweifel, ob die historische Hypothek Deutschlands die UNO frühzeitig mit der richtigen Politik, der Kon- auf dem Balkan wirklich Grund genug sein konnte, fliktprävention und -befriedung eingeschaltet wird, sich der Beteiligung an der Durchsetzung dieses um erst gar nicht das Ausmaß eines Konflikts wie in Friedens zu verweigern. Angesichts des moralischen Bosnien entstehen zu lassen. Dilemmas hatten wir die schwerste Entscheidung un- serer Zeit im Bundestag zu treffen. Ursula Schönberger und Halo Seibold (BÜND NIS 90/DIE GRÜNEN): Zum dritten Mal in Folge Heute, zwei Jahre später, fragen wir uns, ob unsere wird dem Bundestag ein Einsatz der Bundeswehr in damalige Entscheidung falsch war. Die Bundeswehr Bosnien zur Entscheidung vorgelegt. Eine Perspek- wurde in Bosnien nicht abgelehnt wegen der histori- tive, wie der Frieden in der Region zu einem selbst- schen Erfahrungen, sondern genießt Respekt. Die Er- tragenden Prozeß werden könnte, eröffnet auch fahrung hat gezeigt, daß die Truppen tatsächlich den diese Verlängerung nicht. Internationale Unterstüt- Frieden erhalten konnten. Der Friedensprozeß macht zung ist hier dringend notwendig - bei der Räumung nur langsame Fortschritte, aber er geht voran. Man der Minen, dem zivilen Wiederaufbau, der Bewälti- kann die Soldaten jetzt nicht abziehen, und wir wer- gung der tiefsitzenden Konflikte. Hier läßt das Enga- den daher einer Verlängerung des SFOR-Mandats gement der Bundesrepublik entschieden zu wün- zustimmen. schen übrig, die zivilen Teile des Dayton-Vertrages Zugleich aber wurde die andere Seite unserer Vor- sind von Beginn an nur mangelhaft umgesetzt wor- behalte bestätigt. Die Bundeswehr wird vorzüglich den. Die erzwungene Rückkehr von Bürgerkriegs- ausgestattet für die Aufgabe des Auseinanderhaltens flüchtlingen aus der Bundesrepublik in die Krisenre- der Konfliktparteien - was wir für richtig halten -, gion hat im Gegenteil noch zur Verschärfung von aber die Mittel für die Schlüsselaufgabe des Zusam- Konflikten beigetragen. menbringens und des Wiederaufbaus stehen dazu in einem Ungleichgewicht. Das beginnt mit unzurei- In einer solchen Krisensituation bergen abrupte chenden Geldern für die Minensuche und geht wei- Politikwechsel - selbst wenn die bislang verfolgte ter damit, daß die Unterstützung für die Organisatio- Politik als in der Grundstruktur falsch angelegt be- nen und Personen, die für die Versöhnung arbeiten, wertet werden muß - Risiken, die im Interesse der mit geringsten Geldern ausgestattet und nur von ei- Bevölkerung ausgeschlossen werden müssen. Erfor- nem völlig überforderten Arbeitsstab im Auswärti- derlich ist ein Konzept, das auf die schnelle Übertra- gen Amt unterstützt werden. Viele der Friedenspro- gung von friedenserhaltenden Anteilen auf zivile Ak- jekte bestehen nur durch private Spenden. teure abzielt sowie auf die Ausweitung der Kompe- tenzen und die Ausstattung einer internationalen Hier zeigt sich die Gefahr für die Relegitimierung Polizeitruppe. Der Zeitraum von fast drei Jahren, in von militärischen Lösungen, die in solchen Einsätzen- denen die Bundeswehr nach Dayton vor Ort einge- steckt. Bündnisgrüne Politik setzt demgegenüber auf setzt ist, hätte sogar für die Ausbildung einer eige- die Unterstützung dieser Basisarbeit für die Versöh- nen Friedenstruppe unter UN-Mandat ausgereicht, 22480* Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 wäre dies politisch gewollt gewesen. Dies war und ist Den Friedensprozeß in Ex-Jugoslawien voranzu- aber offensichtlich nicht der Fall. Selbst unseren An- bringen braucht unser Engagement. Die Bundes- trag, den Aufbau und den Einsatz von Zivilen Frie- wehr allerdings ist dafür kein geeignetes Mittel. Es densdiensten finanziell mit 3 Millionen DM zu unter- gilt zum einen, neue politische Gestaltungsräume stützen, haben die Regierungsfraktionen abgelehnt. auch in der Konfliktregelung zu erschließen, zum an- Statt dessen stellen sie große Summen für den Auf- deren das ganze zivile Gewicht der Bundesrepublik bau und den Einsatz der Krisenreaktionskräfte be- in die Waagschale zu werfen und in diesem Sinne die reit, die wir politisch ablehnen, da sie für weltweite wirtschaftliche Macht einzusetzen, das wache Inter- Kampfeinsätze ausgebildet werden. esse der Öffentlichkeit und des Bundestags auf die Unterstützung des Friedens auszurichten. Ebenso wäre die Zeit mehr als ausreichend gewe- sen, einen Weg erkennbar zu machen, auf dem die Marginalisierung der UNO durch die NATO zu korri- Kurt Neumann (Berlin) (fraktionslos): Ich stimme gieren gewesen wäre. Die Frage, wann und ob sich der Verlängerung der SFOR-Operation als Teil einer die NATO aus der Region zurückziehen wird, bleibt im Ansatz verfehlten Jugoslawien-Politik nicht zu. offen - genau wie die Frage, ob hier nicht die NATO, Durch diese Politik sind die Konflikte in der Region ein Militärbündnis entstanden aus den Gräben des zunächst verschärft worden. Nach Abzug der NATO- kalten Krieges, von einigen Großmächten als Mittel Truppen wird es ersichtlich nicht zu einer nachhalti- eingesetzt wird, um die UNO, an deren demokrati- gen Konfliktlösung gekommen sein. Die Verhältnisse schem Aufbau nach wie vor sehr vieles zu kritisieren in Somalia sind ein mahnendes Beispiel. ist, die aber dennoch die bei weitem eher legitimie rte Instanz für friedenserhaltende Maßnahmen wäre, Erstens. Insbesondere die jetzige Bundesregierung auch dauerhaft zu umgehen und zu entmachten. hatte gegenüber der autoritären jugoslawischen und serbischen Staatsführung nicht auf die Demokratie- Zu dieser konkreten Kritik am vorliegenden An- bewegungen in den verschiedenen Einzelrepubli- trag der Bundesregierung tritt eine grundsätzliche ken, sondern auf die nationalistischen Kräfte außer- Kritik an ihrer Politik: Militär ist und bleibt für uns halb Serbiens gesetzt. Sie hatte bewußt die Zerschla- kein „gewöhnliches" Mittel der Politik. Wir lehnen gung der jugoslawischen Bundesrepublik nach eth- den Antrag der Bundesregierung ab, weil mit dem nischen Gesichtspunkten betrieben und damit auch Einsatz der Bundeswehr in Bosnien wenig mehr als die ethnischen Auseinandersetzungen in Bosnien be- 50 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs fördert. Diese ethno-zentrierte Politik setzt sich fo rt in Bundeswehreinsätze out of area zur bundesdeut- der Förderung des albanischen Nationalismus im Ko- schen Normalität werden sollen. Seit Jahren setzt die sovo und provoziert die nächsten Konflikte um die al- Bundesregierung darauf, die Bevölkerung - über banische Minderheit in der früheren jugoslawischen Kambodscha, Somalia, die verschiedenen Bosnien- Republik Mazedonien. Einsätze, Eurocorps, schnelle Eingreiftruppe usw. - daran zu gewöhnen, ihre Zustimmung dazu zu ge- Zweitens. Die SFOR-Operation ist Ausdruck einer winnen, daß die Bundeswehr außerhalb des bundes- Politik, die den Einfluß und die Möglichkeiten einer deutschen Territoriums die „Landesinteressen vertei- Friedenspolitik der Vereinten Nationen schwächt digt" . Einer solchen Militarisierung der deutschen und aushöhlt. Der Schutz von Menschenleben und Außenpolitik möchten wir eine eindeutige Absage die Beendigung der gewaltsamen Auseinanderset- erteilen. Für einen Einsatz der Bundeswehr out of zungen hätte auch durch friedenserhaltende Maß- area wird es unsere Zustimmung nicht geben. nahmen der UNO erfolgen können. Den Vereinten Nationen wurde und wird aber die erforderliche Un- Das bundesdeutsche Auftreten auf der Bühne der terstützung, auch in finanzieller Hinsicht, seit Jahren Weltpolitik läßt keinen Zweifel: „Wir sind wieder verwehrt. Noch wird ein Mandant des UNO-Sicher- wer." Statt nach dem Fall der Mauer die historische heitsrats zur formalen Legitimation des Truppenein- Herausforderung einer zivilen Bürgerinnengesell- satzes in Anspruch genommen, in den aktuellen Dis- schaft umzusetzen, aus der eigenen katastrophalen kussionen um ein militärisches Eingreifen in den Ko- Geschichte zu lernen, daß eine besondere deutsche sovo-Konflikt zeigt sich aber deutlich, daß in Per- Verantwortung darin besteht, das ganze wirtschaftli- spektive das westliche Militärbündnis NATO einsei- che und politische Gewicht für zivile Konfliktlösung tig zur weltweiten Intervention legitimiert werden mit allem Nachdruck in die Waagschale zu werfen - soll. statt dessen geht die Bundesregierung einen ande- ren Weg: Militär soll wieder zu einem „gewöhnli- Drittens. Nicht nur angesichts der unverantwortli- chen" Mittel von Politik werden. Der militärische chen ethno-zentrierten Verschärfung der Konflikte Blickwinkel erdrückt die zivile Perspektive, die gro- ist die Politik der militärischen Inte rvention der ßen Raum in Sonntagsreden einnimmt, aber ver- NATO im früheren Jugoslawien wenig glaubwürdig: schwindend geringen in der Realität des Regierungs- Die Menschenrechtsverletzungen und die andau- handelns. Militär soll in Deutschland wieder „nor- ernde völkerrechtswidrige Annexion Tibets hemmen mal" werden - nach außen und nach innen. Über öf- den Wettlauf der NATO-Staaten um Vorteile auf dem fentliche Rekrutengelöbnisse, großen Zapfenstreich chinesischen Markt nicht. Die Annexion und blutige wird eine seit der Studentenbewegung zumindest im Unterdrückung West-Irans durch Indonesien haben Westen der Republik bis heute nicht mehr denkbare ebenso keine Reaktion gefunden wie der Völker- öffentliche Präsenz von Militär durchgesetzt bis hin mord an der Bevölkerung im Süd-Sudan. Untätig zum Versuch eines gesetzlichen Schutzes der Solda- nimmt die NATO es vor allem hin, daß ihr Mitglied tenehre gegen Tucholsky-Zitate. Türkei die Menschenrechte der kurdischen Minder- Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22481*

heit und deren legitimes Autonomiestreben mit mili- Es wird Zeit, die nichtmilitärischen, politischen tärischen Mitteln unterdrückt. Handlungsspielräume zu erobern; es wird Zeit, für die Kultivierung eines Geistes der Zivilität zu kämp- Einer solchen Politik kann und will ich meine fen, der gegenseitigen Respekt von Gegnern und un- Stimme nicht geben. terschiedlichen Ethnien erzeugt. Dazu muß sicherlich auch der grassierende Ungeist des radikalen ökono- Dr. Jürgen Rochlitz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): mischen Wettbewerbs unter dem Motto „survival of Den Antrag der Bundesregierung lehne ich ab und the fittest" bekämpft werden als mögliche Vorstufe stimme mit Nein aus folgenden Gründen: für militärische Auseinandersetzungen. Die Hoffnun- gen auf wirksame Strategien der Friedenssicherung Ebenso wie am 6. Dezember 1995, als der Deut- und der Konfliktvermeidung ohne militärische Ein- sche Bundestag den Bundeswehreinsatz in Bosnien sätze bräuchte dann nicht aufgegeben zu werden. Herzegowina beschloß, bin ich auch heute gegen eine Fortsetzung dieses Mandats. Auch wenn die Christian Sterzing (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Präsenz der SFOR-Einheiten zur erfolgreichen Um- Auch ein schlechter Frieden in Bosnien verdient es, setzung der militärischen Bestimmungen der Frie- gesichert zu werden - wenn es sein muß, auch militä- densvereinbarungen von Dayton beigetragen haben risch. Die geschundenen Menschen dürfen nicht mag, sind noch lange nicht die zur politischen Befrie- dem Risiko eines neuen Krieges ausgesetzt werden. dung notwendigen weiteren Schritte gelungen. Die Ich halte deshalb die weitere Anwesenheit von Mili- Bundesregierung selbst muß einräumen: „Dennoch tär und damit auch die deutsche Beteiligung an der ist der Friedensprozeß immer noch zerbrechlich. " Ja, SFOR-Folgeoperation zur Erhaltung des fragilen schlimmer noch: Aus dem schon seit Jahren gären- Friedens in der von jahrelangem Krieg, Vertreibung den Konflikt im Kosovo droht ein offener Krieg zu und Völkermord gezeichneten Region für notwen- werden. Und es sind immer noch dieselben Leute, dig. Ohne sicherheitspolitische Elemente kann der die Fäden ziehen für mörderische Auseinanderset- Friedensprozeß in Bosnien derzeit nicht gesichert zungen auf dem Balkan. Wenn angesichts dieser werden. Lage der serbische Ul tranationalist Milosevic wie schon vor acht Jahren immer noch die Geschicke we- Wenn ich mich bei der Abstimmung über den An- sentlicher Teile der Balkanbevölkerung bestimmen trag der Bundesregierung trotzdem der Stimme ent- darf, ist dies ein politischer Skandal ersten Ranges. halte, dann will ich damit meine grundsätzliche Kri- Wenn ihm weder diplomatisch noch ökonomisch und tik an der Politik der Bundesregierung zum Aus- noch weniger mit den ergriffenen militärischen Maß- druck bringen, die sich in den letzten Jahren im Rah- nahmen das Handwerk gelegt worden ist, ist dies ein men internationaler Organisationen nicht in dem Armutszeugnis für Europa und die Vereinten Natio- möglichen und erforderlichen Maß für eine zivile nen! Und noch schlimmer ist, daß heute der Bundes- Konfliktregelung eingesetzt hat und von altem mili- tag der Fortsetzung des militärischen Eingreifens zu- tärischen Denken geprägt ist. Ich werde den Ver- stimmen wird und übermorgen die ganze Nation dacht nicht los, daß die Bundesregierung zusammen dem Fußballspiel Deutschland-Jugoslawien zu- mit anderen NATO-Staaten seit Jahren die Konflikte schauen wird. Mindestens der Ausschluß Jugosla- auf dem Balkan auch mißbraucht, um der NATO wiens von der Weltmeisterschaft, erst recht seine in- nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes neue Legiti- ternationale Isolierung mit ökonomischem und finan- mität zu verleihen. Ich sehe mit großer Sorge, daß zi- ziellem Druck hätten Komponenten der Alternativen vile Organisationen wie UNO und OSZE bei der Kon- zur militärischen Konfliktlösung sein können. fliktregelung zunehmend marginalisiert und keine vergleichbaren politischen, diplomatischen und fi- Die jetzt noch zu bewäl tigenden Aufgaben des zi- nanziellen Anstrengungen unternommen werden, vilen Wiederaufbaus des zerstörten Landes und der deren Handlungsfähigkeit in Konfliktsituationen zu noch nicht beendeten Konfliktlösung zwischen den stärken. Die Diskussionen über einen möglichen Ein- Ethnien bedarf vor allem der pädagogischen und satz der NATO im Kosovo-Konflikt auch ohne ein völ- psychologischen Kompetenz, die gerade bei militäri- kerrechtlich und verfassungsrechtlich notwendiges schen Einheiten nicht besonders ausgeprägt ist. UN-Mandat bestärken meine Zweifel an dem Willen Nach dem langjährigen kalten Krieg der Blöcke hät- der Bundesregierung, die Legitimität und die Akti- ten gerade die begrenzten Konfliktherde auf dem onsfähigkeit dieser internationalen Organisationen Balkan eine Möglichkeit geboten, end lich einmal das zu stärken. In meinen Augen ist es darüber hinaus Spektrum nicht-militärischer Instrumente zur Befrie- skandalös, wenn von der Bundesregierung einerseits dung der ganzen Region einzusetzen. Doch leider die Aufrechterhaltung des friedenserzwingenden bevorzugt die Realpolitik immer wieder die vorgeb- Charakters des NATO-Einsatzes für notwendig ge- lich schnelleren Lösungswege, die meist noch ande- halten wird, andererseits aber Flüchtlinge nach Bos- ren, meist ökonomischen Nutzen versprechen. Blind nien zurückgeschickt werden. für grundsätzlich neue Wege, setzt sie immer wieder auf Bomben und Granaten, auf den Einsatz des Mili- Eine dauerhafte Friedensordnung kann nicht mili- tärs als Ultima ratio. Damit wird meist nur den Produ- tärisch erzwungen werden. Entmilitarisierung, Kon- zenten von Waffen und militärischer Ausrüstung in fliktprävention und zivile Konfliktbearbeitung müs- die Hände gespielt, deren Produktion und Expo rt ge- sen die Eckpfeiler jeder Politik bilden. Meine Frak- fördert, die Grundlagen für den nächsten Konflikt ge-- tion und meine Partei haben sich deshalb jahrelang legt und eine wirkliche Befriedung in weite Ferne ge- - allerdings vergeblich - für eine präventive nicht- rückt. militärische Regelung des Konfliktes eingesetzt und 22482* Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 die Ausschöpfung a ller Formen ziviler Konfliktbear- Soldaten im Rahmen der multinationalen Truppe beitung eingeklagt. Die Einsicht, daß ungeachtet un- eine diametral entgegengesetzte Aufgabe. Der serer Vorschläge und Forderungen eine Situation SFOR-Einsatz ist als „friedenserzwingender" nach eingetreten ist, die um der Menschen wi llen militäri- Artikel VII der UN-Charta mandatiert. In Wirklich- sche Präsenz in der Region derzeit unverzichtbar keit ist er bezüglich Auftrag, Einsatzregeln und Pra- macht, ist für mich schmerzlich. Der Verweis auf xis längst ein friedenserhaltender Einsatz. meine pazifistische Grundhaltung und auf die histori- schen Versäumnisse der Politik der Bundesregierung Doch: Frieden gibt es noch längst nicht, zu groß und der Staatengemeinschaft im Bosnien-Konflikt sind die Feindschaften und Konfliktpotentiale. Des- entbindet mich nicht von der Pflicht, in der aktuellen halb ist die Präsenz einer internationalen Friedens- Situation zu entscheiden, d. h. heute in dem Grund- truppe vorläufig unverzichtbar und ohne Alternative. wertekonflikt zwischen Gewaltfreiheit und Opfer- Das ist unter Bosnienkennern und Friedensforschern schutz Maßnahmen - d. h. eben auch militärische - unumstritten. Ein ersatzloser Abzug der SFOR-Ein- zu unterstützen, die unabweisbar erscheinen, um in heiten wäre mit dem Eintreten der Grünen für eine der konkreten Situation die Menschen in Bosnien vor aktive Friedens- und Menschenrechtspolitik nicht erneuten kriegerischen Auseinandersetzungen zu vereinbar. Diese für uns als Pazifisten ernüchternde bewahren. Allerdings zeigt die Situation in Bosnien Erkenntnis teilen inzwischen auch die meisten Frie- auch, daß SFOR nicht in der Lage ist, den zivilgesell- densbewegten und Anhänger der Bündnisgrünen. schaftlichen Versöhnungsprozeß auf Dauer zu ge- Wer uns deshalb des „Umfallens" oder des „Verrats" währleisten. Die aufgrund einer falschen Politik nun an pazifistischen und antimilitaristischen Grundsät- entstandene Notwendigkeit einer militärischen Absi- zen bezichtigt, hat ein dogmatisches Verständnis von cherung des Friedensprozesses macht es deshalb um Prinzipientreue. so dringlicher, zivilen Formen der Konfliktregelung Die Zustimmung zur SFOR-Nachfolge ändert endlich Vorrang zu verschaffen. Erforderlich ist es nichts an unserer klaren und entschiedenen Kritik an deshalb, sich auf Maßnahmen der zivilen Implemen- der Politik der Bundesregierung. Unverände rt hält tierung viel stärker als bisher zu konzentrieren, z. B. diese an ihrer Politik fest, die NATO auf Kosten von ein wirtschaftliches Aufbau- und Entwicklungskon- UN und OSZE zu stärken. Statt dafür einzutreten, zept für die Region zu entwerfen, Demokratisie- daß die UN zur Führung von friedenserhaltenden rungshilfen zu gewähren, humanitäre Hilfsleistun- Einsätzen befähigt wird, wurde die UN zunächst auf gen der UN, der EU und der Nichtregierungsorgani- die Rolle des Mandatsgebers reduziert. Wenn inzwi- sationen zu verstärken, wirksame Schritte zur Abrü- schen ausgerechnet Minister Rühe äußert, im Kosovo stung zu tun, ein humanes Rückkehrkonzept für die müsse die NATO gegebenenfalls auch ohne UN- Flüchtlinge vorzulegen und umzusetzen, Friedens- Mandat eingreifen, dann offenbart sich hier eine re- fachkräfte auszubilden und zivile Friedensdienste zu gelrecht zersetzende Haltung gegenüber dem Völ- fördern etc. Die Fixierung der Bundesregierung auf kerrecht. die militärische Logik der Konfliktregelung hat dazu geführt, daß ihr Engagement in diesem Bereich un- In der deutschen Bosnien-Politik gewinnt das In- zureichend blieb. teresse an einer möglichst schnellen Flüchtlingsrück- führung ein immer stärkeres Gewicht. Die Bundes- Eine Politik, die konsequent auf zivile Konfliktbe- wehr übernimmt dafür vermehrt flankierende Aufga- arbeitung setzt, hatte bislang keine echte Chance. ben. Ob es für die Flüchtlinge eine Rückkehr in Wir sind mit unseren Vorstellungen von Gewaltfrei- Würde und in die alte Heimat ist, ob sie gar zur De- heit, von umfassender Abrüstung und nichtmilitäri- stabilisierung in Bosnien beiträgt, tritt in den Hinter- schen Konfliktregelungen bislang in der Minderheit. grund. Die bittere Einsicht in die Notwendigkeit der heuti- gen Entscheidung, die das Dilemma einer pazifisti- Seit Jahren besteht ein krasses Mißverhältnis zwi- schen Grundüberzeugung in einer noch immer von schen dem gut ausgestatteten, ausgebildeten und militärischem Denken und militärischer Gewalt ge- koordinierten Militär auf der einen Seite und den In- prägten Welt offenbart, ist aber für mich nicht Anlaß strumenten der - überdies viel komplizierteren - zivi- zur Resignation. Es bestärkt mich vielmehr in dem len Implementierung auf der anderen Seite. No- Bemühen, für politische Veränderungen zu kämpfen, torisch vernachlässigt wird vor allem die gesellschaft- die die konsequente Umsetzung einer Politik der zi- liche Verständigungsarbeit. Den hoffnungsvollen vilen Konfliktregelung ermöglichen. Ansätzen etlicher Nichtregierungsorganisationen, der dringend erforderlichen Ausbildung von Frie- densfachkräften verweigert die Bundesregierung Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): jede Unterstützung. Als einer der Förderer eines Unabweisbare Erfahrungen bringen mich dazu, künftigen Zivilen Friedensdienstes habe ich die Igno- heute erstmalig für die Beteiligung der Bundeswehr ranz der Regierung gegenüber dieser elementaren am SFOR-Einsatz in Bosnien zu stimmen. IFOR/ Form des Friedenschaffens besonders intensiv erfah- SFOR hat den Waffenstillstand durchgesetzt und die ren. verfeindeten Gruppen wirksam auseinandergehal- ten. Das ist angesichts des Gemetzels davor ein enor- Der Bosnien-Einsatz gilt der Bundesregierung nur mer Fortschritt. Erst auf diesem Sicherheitsfunda- als nützliche Zwischenstufe bei ihrer viel weiterge- ment kann Frieden gebaut werden. henden Planung zur Umrüstung der Bundeswehr in Richtung Intervention- und Golfkriegsfähigkeit. Während vor einem halben Jahrhundert die Wehr- Diese Ausrichtung der Bundeswehr auf die „Vertei- macht in Jugoslawien wütete, erfüllen nun deutsche digung vitaler Interessen", die nichts mehr mit Lan- Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22483* desverteidigung und „humanitärer Intervention" zu Antrag der Bundesregierung gleichwohl unsere Zu- tun hat, lehnen wir unverändert und kategorisch ab. stimmung verweigern, so ist dies in erster Linie als Protest gegen die Politik der Bundesregierung zu Aufgabe einer künftigen Bundesregierung wird es verstehen: sein, die gegenwärtige Militärfixiertheit zu überwin- den und endlich den Primat von Prävention und Zivi- Die Bundesregierung hat sich bis heute geweigert, ler Konfliktbearbeitung in die Tat umzusetzen. Dabei eigenständige Peacekeeping-Einheiten aufzubauen, werden wir uns auf die konstruktiven und ermuti- die anstelle der Bundeswehr für die internationale genden Erfahrungen stützen, die Mitarbeiterinnen Konfliktregulierung unter Führung der UNO ange- und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und Frie- boten werden könnten. Die skandinavischen Staa- densdiensten, Diplomaten, Polizisten und Bundes- ten, Österreich oder Kanada bieten dafür denkbare wehrangehörige bei der Friedensförderung in Kri- Beispiele. Auch unseren Antrag, den Aufbau und sengebieten gemacht haben. den Einsatz von Zivilen Friedensdiensten finanziell mit 3 Millionen DM zu unterstützen, haben die Re- gierungsfraktionen abgelehnt. Statt dessen stellen Ludger Volmer, Angelika Beer, Gila Altmann (Aurich), sie große Summen für den Aufbau und den Einsatz Amke Dietert-Scheuer, Marina Steindor, der Krisenreaktionskräfte bereit, die wir politisch ab- (BÜND- Annelie Buntenbach, Dr. Jürgen Rochlitz lehnen, da sie für weltweite Kampfeinsätze ausgebil- NIS 90/DIE GRÜNEN): In Bosnien wird der seit Day- det werden. Skandalös ist zudem die Flüchtlingspoli- ton bestehende Waffenstillstand unter der internatio- tik der Bundesregierung, Flüchtlinge nach Bosnien nalen SFOR-Präsenz weitestgehend eingehalten. zurückzuschicken, während sie mit der Zustimmung Von einem wirklichen Frieden kann allerdings noch zu SFOR gleichzeitig bestätigt, daß es sich do nicht die Rede sein. Der Wiederaufbau des zerstörten rt noch um ein Spannungsgebiet handelt. Eine verfrühte und Landes, die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Besei- tigung der Minen und die Beendigung der immer unvorbereitete Rückkehr der Flüchtlinge wiederum erhöht die Spannungen und damit die Notwendig- wieder aufkeimenden ethnischen Konflikte werden keit internationaler Präsenz. noch Jahre in Anspruch nehmen. Die Bevölkerung Bosniens ist langfristig auf internationale Unterstüt- Die jüngsten Äußerungen von Verteidigungsmi- zung angewiesen, um die Auswirkungen des Krieges nister Volker Rühe zu einem denkbaren Einsatz der zu bewältigen. Auf diesem Gebiet ist das Engage- NATO ohne UNO-Mandat im Kosovo nähren zudem ment der internationalen Staatengemeinschaft, auch den nie gänzlich entkräfteten Verdacht, Teile der der Bundesregierung, immer noch zu schwach. Bundesregierung mißbrauchten die deutsche Beteili- Den Nachfolgestaaten des zerfallenen Jugoslawien gung an internationalen Missionen für die Militari- wurde immer noch nicht angeboten, sich über län- sierung der deutschen Außenpolitik. Nach überein- gerfristig angelegte Assoziierungsprozesse an die stimmender Rechtsauffassung der wichtigsten Völ- Europäische Union und deren demokratische Stan- ker- und Verfassungsrechtler ist für jedes militärische dards anzunähern. Die Verweigerung einer solchen Eingreifen von Drittstaaten auf dem Territorium und Entwicklungs- und Stabilisierungsperspektive aber im Luftraum der Bundesrepublik Jugoslawien ein vermindert die Chancen, Nationalismus und Gewalt- UNO-Mandat unabdingbar notwendig. Die verbre- bereitschaft durch den Willen nach Integration und cherische Politik von Milosevic und die Menschen- demokratischem Interessenausgleich zu verdrängen. rechtsverletzungen durch serbische Militär- und Poli- Der zivile Wiederaufbau wird, wie Grüne bereits zeikräfte entbinden die internationale Staatenge- bei der Entscheidung zu SFOR deutlich gemacht ha- meinschaft nicht von der Rechtsförmigkeit eigenen ben, noch längere Zeit auf eine sicherheitspolitische Handelns. Kodifiziert ist diese Rechtsauffassung zu- Begleitung angewiesen sein. Bedenklich stimmt aber dem durch die UNO-Resolution 1160 vom 31. März auch bei dem nun geplanten SFOR-Folgeeinsatz, daß 1998, mit welcher der Sicherheitsrat die Situation im er als friedenserzwingende Maßnahme auf der Basis Kosovo zu seiner Angelegenheit gemacht und somit von Kapitel VII der UNO-Charta mandatiert ist, ob- von dieser Resolution nicht gedeckte Aktionen ande- gleich er faktisch die Aufgabe der Friedenserhaltung rer Organisationen ausgeschlossen hat. Selbst bei zum Ziel hat, die auf der Basis von Kapitel VI mit frie- der schwersten aller denkbaren Menschenrechtsver- denserhaltenden Blauhelmen statt mit NATO-Kampf- letzungen, einem Völkermord, wäre auch nach der truppen durchgeführt werden könnte. Der Verdacht herrschenden rechtlichen Auffassung und der sog. ist immer noch nicht ausgeräumt, daß führende Völkermordkonvention vom 9. Dezember 1948 keine NATO-Staaten den Konflikt nutzen, um die Militäror- Abweichung von der Notwendigkeit einer autorisie- ganisation NATO gegenüber der Zivilorganisation renden Resolution des Sicherheitsrates möglich. Für UNO zum dominanten Akteur bei der internationa- das Vordringen einer Staatengruppe auf das Territo- len Konfliktbearbeitung zu machen. rium einschließlich des Luftraums eines anderen Staates ohne eigene Verteidigungsnotwendigkeit Obwohl Grüne friedenserzwingende Maßnahmen oder ohne UNO-Mandat gibt es keine völkerrechtli- nach Kapitel VII grundsätzlich ablehnen, könnte che Grundlage. Da dem Verteidigungsminister die dank der Tatsache, daß es sich bei SFOR und SFOR- völkerrechtlichen Grundlagen bekannt sind, muß Folgeeinsatz faktisch um Friedenserhaltung handelt seine Äußerung als bewußte Aufforderung zum und unter keinen Umständen ein Sicherheitsvakuum Bruch des Völkerrechts verstanden werden. Leider im Konfliktgebiet entstehen darf, eine Güterabwä- hat sich auch ein Teil der SPD-Führung diese Sicht gung zu einer Befürwortung solcher Einsätze bei al- zu eigen gemacht. Eine deutsche Beteiligung an len Bedenken im einzelnen führen. Wenn wir dem einem NATO-Einsatz ohne UNO-Mandat ist zudem 22484* Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 durch das einschlägige Verfassungsgerichtsurteil Monika Knoche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): nicht gedeckt und würde fundamental gegen die Zum dritten Mal in Folge wird dem Bundestag ein Verfassung der Bundesrepublik Deutschland versto- Einsatz der Bundeswehr in Bosnien zur Entschei- ßen. Moralisch zu verurteilen ist zudem die Politik dung vorgelegt. Die zivilen Teile des Dayton-Vertra- der Regierung, Flüchtlinge in eben die Region zu- ges sind von Beginn an nur mangelhaft umgesetzt rückschicken zu wollen, für die sie gleichzeitig mili- worden. tärische Planungen vornimmt. Erforderlich ist ein Konzept, das auf die schnelle Da wir den Antrag der Bundesregierung zur Betei- Übertragung von friedenserhaltenden Anteilen auf ligung am SFOR-Folgeeinsatz nicht beurteilen kön- zivile Akteure abzielt sowie auf die Ausweitung der nen, ohne die im politischen Zusammenhang stehen- Kompetenzen und die Ausstattung einer internatio- den Äußerungen des Verteidigungsministers zur Ko- nalen Polizeitruppe. Der Zeitraum von fast drei Jah- sovo-Frage zu berücksichtigen, die seine weiterfüh- ren, in denen die Bundeswehr nach Dayton vor Ort renden Absichten offenbaren, werden wir dem An- eingesetzt ist, hätte sogar für die Ausbildung einer trag der Bundesregierung nicht zustimmen. Unser eigenen Friedenstruppe unter UN-Mandat ausge- Abstimmungsverhalten richtet sich nicht gegen all reicht, wäre dies politisch gewollt gewesen. Dies war diejenigen, die sich in Bosnien - in welcher Mission und ist aber offensichtlich nicht der Fall. auch immer - mit anerkennenswertem Engagement, unter Inkaufnahme großer persönlicher Belastungen Ebenso wäre die Zeit mehr als ausreichend gewe- und nicht zu unterschätzender Risiken für die Fo rt sen, einen Weg erkennbar zu machen, auf dem die -führung und Sicherung des Friedensprozesses ein- Marginalisierung der UNO durch die NATO zu korri- setzen. Es richtet sich gegen die Politik dieser Bun- gieren gewesen wäre. Es stellt sich die Frage, wann desregierung, der wir unser tiefes Mißtrauen aus- (und ob) die NATO, ein Militärbündnis entstanden sprechen. aus den Gräben des Kalten Krieges, von einigen Großmächten als Mittel eingesetzt wird, um die UNO, an deren demokratischem Aufbau nach wie Margitta Terborg (SPD): Dem Antrag auf Drucksa- vor sehr vieles zu kritisieren ist, die aber dennoch die che 13/10977 der Bundesregierung „Deutsche Betei- bei weitem eher legitimie rte Instanz für friedenser- ligung an der von der NATO geplanten Operation haltende Maßnahmen wäre, auch dauerhaft zu um- zur Fortsetzung der militärischen Absicherung des gehen und zu entmachten. Friedensprozesses im früheren Jugoslawien über den 19. Juni 1998 hinaus (SFOR-Folgeoperation)" stimme Zu dieser konkreten Kritik am vorliegenden An- trag der Bundesregierung tritt eine grundsätzliche ich nicht zu und begründe dies wie folgt: Kritik an ihrer Politik: Militär ist und bleibt für uns Schon beim ersten Beschluß über die Beteiligung kein „gewöhnliches" Mittel der Politik. Ich lehne den deutscher Streitkräfte an SFOR-Operationen habe Antrag der Bundesregierung ab. Mit dem Einsatz der ich mit Nein gestimmt und dies unter anderem damit Bundeswehr in Bosnien wenig mehr als 50 Jahre begründet, daß deutsche Soldaten in einen Bürger- nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs werden Bun- krieg verstrickt werden, der mit militärischen Opera- deswehreinsätze out of area zur bundesdeutschen tionen welcher Art auch immer nicht zu lösen ist und Normalität werden. Seit Jahren setzt die Bundesre- bei dem die Dauer des Einsatzes auch nicht annä- gierung darauf, die Bevölkerung - über Kambo- hernd zu bestimmen sein wird. dscha, Somalia, die verschiedenen Bosnien-Einsätze, Eurocorps, schnelle Eingreiftruppe usw. - daran zu Diese meine Meinung ist durch die Entwicklung in gewöhnen und ihre Zustimmung dazu zu gewinnen, Bosnien-Herzegowina bestätigt worden. Zweifels- daß die Bundeswehr außerhalb des bundesdeut- ohne ist die Beendigung der Kampfhandlungen im schen Territoriums die „Landesinteressen vertei- Konfliktgebiet zu begrüßen. Die Friedensvereinba- digt" . Eine solche Militarisierung der deutschen rungen von Dayton, die dauerhaft abgesichert wer- Außenpolitik ist mit meiner festen Position des politi- den sollten, werden aber nach wie vor nur so lange schen Antimilitarismus nicht vereinbar. Für einen Gültigkeit haben, solange SFOR-Verbände im Lande Einsatz out of area wird es meine Zustimmung nicht stehen. Selbst dann werden sie wie in der Vergan- geben. genheit von allen Konfliktparteien nur unvollkom- men oder widerwillig oder gar nicht erfüllt. Das Man- Mit der deutschen Vereinigung hat die Bundesre- dat für den Einsatz deutscher Soldaten im Rahmen gierung ihre internationale Rolle verändert. Nach des SFOR-Kontingents wird also nicht nach Jahren, dem Fall der Mauer ist nicht die historische Heraus- sondern eher nach einem Jahrzehnt und länger be- forderung einer zivilen Bürgerinnengesellschaft um- messen werden müssen. Der Operationszweck einer gesetzt worden. Im Gegensatz zu der bis dahin gän- dauerhaften Implementierung der Friedensvereinba- gigen Rechtfertigung der NATO-Integration West- rungen von Dayton wird nicht erreicht. deutschlands auf Grund der Kalten-Krieg-Situation wurde nicht deren Überwindung, sondern deren Ex- Deshalb bleibe ich bei meinem Nein auch gegen- pansion nach Osteuropa bet rieben und deren Rolle über der Forderung einer Verlängerung des SFOR- in Europa verändert. Statt aus der eigenen katastro- Mandats unter Beteiligung deutscher Streitkräfte. Es phalen Geschichte zu lernen, daß eine besondere bleibt meine feste Überzeugung: Ein dauerhafter deutsche Verantwortung darin besteht, daß ganze Friede kann nur mit friedlichen Mitteln bei freier - wirtschaftliche und politische Gewicht für zivile Kon- und nicht erzwungener - Zustimmung aller Beteilig- fliktlösung mit allem Nachdruck in die Waagschale ten erreicht werden. zu werfen, trug sie in der frühen Phase der Anerken- Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22485* nung Kroatiens zu der Eskalierung des Jugoslawien- stellt große Summen für den Aufbau von Krisenre- Konflikts bei. aktionskräften für weltweite Kampfeinsätze bereit, lehnt es aber ab, etwa den Aufbau und Einsatz Heute bedarf es, um den Friedensprozeß in Ex-Ju- von zivilen Friedensdiensten auch nur mit 3 Mil- goslawien voranzubringen, verstärkt des zivilen En- lionen DM zu unterstützen, wie von uns bean- gagements. Die Bundeswehr allerdings ist dafür kein tragt. Nicht zuletzt durch den mangelnden Nach- geeignetes Mittel. Es gilt zum einen, neue politische druck seitens der Bundesregierung stockt der zi- Gestaltungsräume auch in der Konfliktregelung zu vile Aufbau. erschließen; zum anderen gilt es, das ganze zivile Gewicht der Bundesrepublik in die Waagschale zu Der Flüchtlingsfrage kommt dabei eine besondere werfen und in diesem Sinne die wirtschaftliche Bedeutung zu. Das in Dayton verankerte Recht der Macht einzusetzen, um das wache Interesse der Öf- Flüchtlinge auf freiwillige Rückkehr in Sicherheit fentlichkeit und des Bundestags auf die Unterstüt- und Würde an ihren Heimatort wird von der Bundes- zung des Friedens auszurichten. regierung mit Füßen getreten. Obwohl die Zwangs- abschiebung von Flüchtlingen die Spannungen vor Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ort verschärft, verfolgt die Bundesregierung diese NEN): Bosnien ist trotz vieler Bemühungen um den Politik der zwangsweisen Rückführung ohne Rück- Wiederaufbau und trotz einer spürbaren, schrittwei- sicht auf die Folgen aus rein innenpolitischen Erwä- sen Besserung der Situation von einem selbsttragen- gungen heraus. Durch die zynische Verschärfung den Friedensprozeß noch weit entfernt. Obwohl der des Asylbewerberleistungsgesetzes will die Bundes- Waffenstillstand seit dem Dayton-Abkommen wei- regierung diese Zwangsrückführung weiter be- testgehend eingehalten wird, ist die Situation nach schleunigen. Auch bosnische Flüchtlinge würden da- wie vor äußerst angespannt. Der Wiederaufbau des durch von allen sozialen Leistungen abgeschnitten, zerstörten Landes, die Schaffung von Arbeitsplätzen, offensichtlich mit dem Ziel, sie durch Aushungern die Beseitigung der Minen und die Rückkehr der zur Ausreise zu zwingen. Flüchtlinge an ihre Heimatorte kommen nur äußerst schleppend voran und werden noch Jahre in An- Die Bosnienpolitik der Bundesregierung ließ im- spruch nehmen. mer den Verdacht aufkommen, hier würden humani- täre Anliegen für eine Strategie der Legitimierung Die zivile Implementierung von Dayton hinkt nach von Militäreinsätzen als Mittel der deutschen Außen- wie vor hinter der Implementie rung der militärischen politik mißbraucht. Für äußerst bedenklich halte ich Seite eklatant hinterher. Immer noch ist das Land in diesem Zusammenhang die jüngsten Äußerungen faktisch ethnisch geteilt. von Mitgliedern der Bundesregierung über einen Fest steht: Der zivile Aufbau muß noch lange Zeit möglichen Einsatz von NATO-Verbänden ohne durch eine sicherheitspolitische Präsenz begleitet UNO-Mandat auf dem Gebiet der Republik Jugosla- werden, die gegenwärtig von SFOR gewährleistet wien, im Kosovo. Hier zeichnet sich die Gefahr einer wird. Ein ersatzloser Abzug von SFRO würde mit gro- weiteren Militarisierung deutscher Außenpolitik ab. ßer Wahrscheinlichkeit zu einem Wiederaufflammen Ein solcher Militäreinsatz gegen ein anderes Land der Kämpfe führen. Es darf kein Sicherheitsvakuum ohne UNO-Mandat wäre offensichtlich völkerrechts- entstehen. Mein Abstimmungsverhalten richtet sich widrig. Eine außenpolitische Doktrin, die militäri- darum nicht gegen die Fortdauer internationaler si- sches Eingreifen in das Ermessen eines Militärpaktes cherheitspolitischer Präsenz oder die deutsche Betei- stellt, wenn er nur stark genug dazu ist, hätte drama- ligung daran. tische Konsequenzen für das weitere Miteinander der Völkergemeinschaft. Eine verbrecherische Politik Faktisch ist dieser Einsatz aber ein friedenserhal- wie die der ethnischen Säuberungen kann nur tender Einsatz, der gemäß Kapitel VI UNO-Charta glaubwürdig bekämpfen, wer sich selbst an die Re- mandatiert und von UNO-Blauhelmen durchgeführt geln des Völkerrechtes hält. Eine deutsche Beteili- werden sollte. Auch die Verlängerung des Mandats gung an Militäraktionen ohne UNO-Mandat ver- wird bedauerlicherweise wieder auf Kapitel VII stieße darüber hinaus gegen das Urteil des Bundes- (Friedenserzwingung) gestützt. Gerade weil es sich verfassungsgerichts und wäre vom Grundgesetz um einen auf langfristige Präsenz angelegten Ein- nicht gedeckt. satz handeln muß, wäre es um so wichtiger, die von der NATO durchgeführte SFOR-Mission in eine Angesichts der Bosnienpolitik der Bundesregie- handlungsfähige, den zivilen Aufbau absichernde rung, vor allem gegenüber den Flüchtlingen, und an- Mission nach Kapitel VI der UNO-Charta zu über- gesichts der Äußerungen von Mitgliedern der Bun- führen. desregierung, insbesondere des Ministers der Vertei- Leider hat die Bundesregierung in dieser Hinsicht digung, zu einem möglichen Militäreinsatz im Ko- bisher keinerlei Anstrengungen unternommen. Fak- sovo auch ohne UNO-Mandat bin ich nicht bereit, tisch führt das zu einer Schwächung der UNO und zu dem vorliegenden Antrag der Bundesregierung auf einer Stärkung der Militärorganisation NATO. Die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Bosnien NATO ist aber zu einem langfristigen Engagement, zuzustimmen. das den zivilen Aufbau in den Mittelpunkt stellt, In Bosnien darf aber kein Sicherheitsvakuum ent- nicht in der Lage. stehen, da dann die Gefahr eines Wiederaufflam- Die falsche Prioritätensetzung der Bundesregie- mens des Kriegs bestünde. Darum werde ich mich rung verdient scharfe Kritik. Die Bundesregierung der Stimme enthalten. 22486* Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Anlage 6 Manfred Koslowski Erika Reinhardt Thomas Kossendey Hans-Peter Repnik Rudolf Kraus Roland Richter Endgültiges Ergebnis der Wolfgang Krause (Dessau) Roland Richwien 1. namentlichen Abstimmung Reiner Krziskewitz Dr. Norbert Rieder über die Beschlußempfehlung Dr. Hermann Kues Dr. (München) des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag Klaus Riegert Dr. Karl A. Lamers der Bundesregierung: Deutsche Beteiligung Franz Romer (Heidelberg) Hannelore Rönsch an der von der NATO geplanten Opera tion Dr. (Wiesbaden) zur weiteren militärischen Absicherung des Frie Heinrich-Wilhelm. Ronsöhr densprozesses im früheren Jugoslawien über den Herbert Lattmann Kurt J. Rossmanith 19. Juni 1998 hinaus (SFOR-Folgeoperation) Dr. Paul Laufs Adolf Roth (Gießen) - Drucksache 13/11012 - Karl-Josef Laumann Norbert Röttgen Werner Lensing Dr. Christian Ruck Abgegebene Stimmen: 576; (Hamburg) Christian Lenzer Volker Rühe davon Peter Letzgus Dr. Jürgen Rüttgers Editha Limbach ja: 529 Dr. Gerhard F riedrich Roland Sauer (Stuttga rt) Erich G. Fritz Walter Link (Diepholz) Ortrun Schätzle nein: 37 Hans-Joachim Fuchtel Dr. Wolfgang Schäuble Dr. Klaus W. Lippold enthalten: 11 Michaela Geiger Hartmut Schauerte (Offenbach) Heinz Schemken Dr. Manfred Lischewski Dr. Heiner Geißler Karl-Heinz Scherhag Wolfgang Lohmann Ja Gerhard Scheu (Lüdenscheid) Wilma Glücklich Norbert Schindler Julius Louven Peter Götz Dietmar Schlee CDU/CSU Sigrun Löwisch Dr. Wolfgang Götzer Ulrich Schmalz Joachim Gres Dr. Michael Luther Kurt-Dieter Grill Christian Schmidt (Fürth) Erich Maaß (Wilhelmshaven) Wolfgang Gröbl Dr.-Ing. Joachim Schmidt Dr. Dietrich Mahlo (Halsbrücke) Jürgen Augustinowitz Hermann Gröhe Andreas Schmidt (Mülheim) Dr. Martin Mayer Hans-Otto Schmiedeberg Heinz-Günter Bargfrede Horst Günther (Duisburg) (Siegertsbrunn) Hans Peter Schmitz Carl-Detlev Freiherr von Wolfgang Meckelburg (Baesweiler) Dr. Hammerstein Rudolf Meinl Michael von Schmude Dr. Michael Meister Birgit Schnieber-Jastram (Großhennersdorf) Dr. Dr. Sabine Bergmann-Pohl Rudolf Meyer (Wiesen) Dr. Rupe Hans-Dirk Bierling Otto Hauser (Esslingen) rt Scholz Dr. Joseph- Hansgeorg Hauser Meinolf Michels Reinhard Freiherr von (Rednitzhembach) Dr. Gerd Müller Schorlemer Dr. Heribert Blens Klaus-Jürgen Hedrich Elmar Müller (Kirchheim) Dr. Erika Schuchardt Engelbert Nelle Dr. Norbert Blüm Manfred Heise (Bremen) Dr. Dr. Maria Böhmer Dr. Renate Hellwig Johannes Nitsch (Schwäbisch Gmünd) Ernst Hinsken Gerhard Schulz (Leipzig) Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Josef Hollerith Dr. Rolf Olderog Frederik Schulze Elke Holzapfel Friedhelm Ost (Sangershausen) Dr. Wolfgang Bötsch Dr. Karl-Heinz Hornhues Eduard Oswald Diethard Schütze (Berlin) Klaus Brähmig Joachim Hörster Norbert Otto (Erfurt) Clemens Schwalbe Rudolf Braun (Auerbach) Hubert Hüppe Dr. Gerhard Päselt Dr. Christian Schwarz- Paul Breuer Peter Jacoby Dr. Peter Paziorek Schilling Susanne Jaffke Ulrich Petzold Wilhelm Josef Sebastian Georg Janovsky Klaus Bühler (Bruchsal) Helmut Jawurek Angelika Pfeiffer Marion Seib Hartmut Büttner Dr.-Ing. Rainer Jork Dr. Gero Pfennig Heinz-Georg Seiffert (Schönebeck) Michael Jung (Limburg) Dr. Friedbert Pflüger Rudolf Seiters Johannes Selle (Emstek) Dr. Egon Jüttner Dr. Winfried Pinger Jürgen Sikora Dr. Harald Kahl Ronald Pofalla Bartholomäus Kalb Dr. Hermann Pohler Bärbel Sothmann Albert Deß Steffen Kampeter Ruprecht Polenz Margarete Späte Dr.-Ing. Dietmar Kansy Marlies Pretzlaff Carl-Dieter Spranger Dr. Wolfgang Steiger Werner Dörflinger Irmgard Karwatzki Dr. Bernd Protzner Hansjörgen Doss Dieter Pützhofen Dr. Wolfgang Freiherr von Maria Eichhorn Thomas Rachel Stetten Dr. Bernd Klaußner Hans Raidel Dr. Heinz Dieter Eßmann Ulrich Klinkert Dr. Andreas Storm Hans-Ulrich Köhler Rolf Rau (Hainspitz) Helmut Rauber Matthäus Strebl Manfred Kolbe - Peter Rauen Michael Stübgen Norbert Königshofen Christa Reichard (Dresden) Egon Susset Eva-Maria Kors Klaus Dieter Reichardt Dr. Rita Süssmuth Dirk Fischer (Hamburg) Hartmut Koschyk (Mannheim) Michael Teiser Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22487*

Dr. Susanne Tiemann Reinhold Hiller (Lübeck) Bernd Scheelen Andrea Fischer (Berlin) Gottfried Tröger Stephan Hilsberg Horst Schild Joseph Fischer (Frankfurt) Dr. Klaus-Dieter Uelhoff Gerd Höfer Rita Grießhaber Jelena Hoffm ann (Chemnitz) Günter Schluckebier Gerald Häfner Wolfgang Vogt (Duren) Frank Hofmann (Volkach) (Aachen) Antje Hermenau Dr. Horst Waffenschmidt Ingrid Holzhüter (Meschede) Kristin Heyne Kersten Wetzel Erwin Horn Regina Schmidt-Zadel Ulrike Höfken Hans-Otto Wilhelm (Mainz) Lothar Ibrügger Heinz Schmitt (Berg) Michaele Hustedt Brunhilde Irber Dr. Emil Schnell Dr. Manuel Kiper Bernd Wilz Gabriele Iwersen Walter Schöler Dr. Angelika Köster-Loßack Willy Wimmer (Neuss) Renate Jäger Dr. Helmut Lippelt Ilse Janz Gisela Schröter Oswald Metzger Dr. Dr. Uwe Jens Dr. Mathias Schubert Winfried Nachtwei Dagmar Wöhrl Sabine Kaspereit Brigitte Schulte (Hameln) Christa Nickels Michael Wonneberger Susanne Kastner Volkmar Schultz (Köln) Egbert Nitsch (Rendsburg) Elke Wülfing Hans-Peter Kemper Ilse Schumann Cem Özdemir Peter Kurt Würzbach Klaus Kirschner Dr. R. Werner Schuster Gerd Poppe Marianne Klappert Dietmar Schütz (Oldenburg) Christine Scheel Wolfgang Zeitlmann Siegrun Klemmer Dr. Angelica Schwall-Düren Rezzo Schlauch Wolfgang Zöller Hans-Ulrich Klose Bodo Seidenthal Albert Schmidt (Hitzhofen) Dr. Hans-Hinrich Knaape Lisa Seuster Wolfgang Schmitt Walter Kolbow Horst Sielaff (Langenfeld) SPD Fritz Rudolf Körper Johannes Singer Waltraud Schoppe Nicolette Kressl Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk Werner Schulz (Berlin) Gerd Andres Volker Kröning Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast Manfred Such Thomas Krüger Wieland Sorge Dr. Horst Kubatschka Wolfgang Spanier Helmut Wilhelm (Amberg) Gerd Bauer Eckart Kuhlwein Dr. Dietrich Sperling Margareta Wolf (Frankfurt) Ingrid Becker-Inglau Konrad Kunick Jörg-Otto Spiller Hans Berger Dr. Uwe Küster Antje-Marie Steen F.D.P. Hans-Werner Bertl Werner Labsch Dr. Peter Struck Brigitte Lange Joachim Tappe Anni Brandt-Elsweier Detlev von Larcher Jörg Tauss Dr. Tilo Braune Klaus Lennartz Dr. Bodo Teichmann Hildebrecht Braun Dr. Eberhard Brecht Klaus Lohmann (Witten) Jella Teuchner (Augsburg) Edelgard Bulmahn Erika Lotz Dr. Gerald Thalheim Günther Bredehorn Dr. Michael Bürsch Dieter Maaß (Herne) Jörg van Essen Hans Martin Bury Winfried Mante Franz Thönnes Dr. Marion Caspers-Merk Dorle Marx Uta Titze-Stecher Gisela Frick Peter Conradi Ulrike Mascher Adelheid Tröscher Paul K. Friedhoff Dr. Herta Däubler-Gmelin Hans-Eberhard Urbaniak Karl Diller Ingrid Matthäus-Maier Siegfried Vergin Dr. Marliese Dobberthien Heide Mattischeck Günter Verheugen Hans-Dietrich Genscher Peter Dreßen (Pforzheim) Joachim Günther (Plauen) Ludwig Eich Ulrike Mehl Karsten D. Voigt (Frankfurt) Dr. Karlheinz Guttmacher Petra Ernstberger Herbert Meißner Dr. Konstanze Wegner Dr. Annette Faße Angelika Mertens Wolfgang Weiermann Ulrich Heinrich Elke Ferner Dr. Jürgen Meyer (Ulm) Matthias Weisheit Walter Hirche Lothar Fischer (Homburg) Ursula Mogg Gunter Weißgerber Birgit Homburger Siegmar Mosdorf Jochen Welt Dr. Iris Follak Michael Müller (Düsseldorf) Lydia Westrich Ulrich Irmer Eva Folta Jutta Müller (Völklingen) Inge Wettig-Danielmeier Dr. Klaus Kinkel Norbert Formanski Christian Müller (Zittau) Dr. Norbert Wieczorek Detlef Kleinert (Hannover) Volker Neumann (Bramsche) Helmut Wieczorek Roland Kohn Anke Fuchs (Köln) Gerhard Neumann (Gotha) (Duisburg) Dr. Heinrich L. Kolb Arne Fuhrmann Dr. Edith Niehuis Heidemarie Wieczorek-Zeul Jürgen Koppelin Monika Ganseforth Dr. Rolf Niese Dieter Wiefelspütz Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann Iris Gleicke Doris Odendahl Berthold Wittich Sabine Leutheusser- Uwe Göllner Günter Oesinghaus Dr. Schnarrenberger Angelika Graf (Rosenheim) Leyla Onur Verena Wohlleben Uwe Lühr Dieter Grasedieck Manfred Opel Hanna Wolf (München) Günther Friedrich Nolting Achim Großmann Kurt Palis Heidi Wright Dr. Hans-Joachim Hacker Albrecht Papenroth Uta Zapf Lisa Peters Klaus Hagemann Dr. Winfried Penner Dr. Christoph Zöpel Dr. Klaus Röhl Manfred Hampel Dr. Peter Zumkley Helmut Schäfer (Mainz) Christel Hanewinckel Georg Pfannenstein Cornelia Schmalz-Jacobsen Allred Hartenbach Dr. Eckhart Pick Dr. Edzard Schmidt-Jortzig Dr. Liesel Hartenstein Joachim Poß BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN Dr. Klaus Hasenfratz Rudolf Purps Dr. Hermann Otto Sohns Dr. Ingomar Hauchler Karin Rehbock-Zureich Elisabeth Altmann Dr. Jens Heinzig Margot von Renesse (Pommelsbrunn) Carl-Ludwig Thiele Dieter Heistermann Bernd Reuter (Bremen) Dr. Dieter Thomae Reinhold Hemker Reinhold Robbe Volker Beck (Köln) Jürgen Türk Rolf Hempelmann Dr. Hansjörg Schäfer Dr. Wolfgang Weng Dr. Barbara Hendricks Dieter Schanz Franziska Eichstädt-Bohlig (Gerungen) Monika Heubaum Rudolf Scharping Dr. Uschi Eid Dr. 22488* Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

PDS Rolf Köhne Jürgen Augustinowitz Dr. Karl-Heinz Hornhues Rolf Kutzmutz Dietrich Austermann Joachim Hörster Heinrich Graf von Einsiedel Heidemarie Lüth Heinz-Günter Bargfrede Hubert Hüppe Dr. Günther Maleuda Franz Peter Basten Peter Jacoby Manfred Müller (Berlin) Dr. Wolf Bauer Susanne Jaffke Nein Rosel Neuhäuser Brigitte Baumeister Georg Janovsky Dr. Uwe-Jens Rössel Meinrad Belle Helmut Jawurek Steffen Tippach Dr. Sabine Bergmann-Pohl Dr.-Ing. Rainer Jork SPD Klaus-Jürgen Warnick Hans-Dirk Bierling Michael Jung (Limburg) Dr. Winfried Wolf Dr. Joseph-Theodor Blank Ulrich Junghanns Christel Deichmann Gerhard Zwerenz Renate Blank Dr. Egon Jüttner Konrad Gilges Dr. Heribert Blens Dr. Harald Kahl Uwe Hiksch Peter Bleser Bartholomäus Kalb Waltraud Lehn Fraktionslos Dr. Norbert Blüm Steffen Kampeter Christa Lörcher Dr. Maria Böhmer Dr.-Ing. Dietmar Kansy Adolf Ostertag Kurt Neumann (Berlin) Jochen Borchert Manfred Kanther Otto Reschke Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Irmgard Karwatzki Margitta Terborg Wolfgang Bosbach Volker Kauder Enthalten Dr. Wolfgang Bötsch Eckart von Klaeden Klaus Brähmig Dr. Bernd Klaußner BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN Rudolf Braun (Auerbach) Ulrich Klinkert SPD Paul Breuer Hans-Ulrich Köhler Annelie Buntenbach Monika Brudlewsky (Hainspitz) Monika Knoche Klaus Barthel Georg Brunnhuber Manfred Kolbe Horst Schmidbauer Klaus Bühler (Bruchsal) Norbert Königshofen Dr. Jürgen Rochlitz (Nürnberg) Hartmut Büttner Eva-Maria Kors Halo Saibold (Schönebeck) Hartmut Koschyk Ursula Schönberger Dankward Buwitt Manfred Koslowski BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN Manfred Carstens (Emstek) Thomas Kossendey Wolfgang Dehnel Rudolf Kraus PDS Gila Altmann (Aurich) Hubert Deittert Wolfgang Krause (Dessau) Angelika Beer Albert Deß Reiner Krziskewitz Wolfgang Bierstedt Amke Dietert-Scheuer Renate Diemers Dr. Hermann Kues Petra Bläss Kerstin Müller (Köln) Wilhelm Dietzel Werner Kuhn Eva Bulling-Schröter Irmingard Schewe-Gerigk Werner Dörflinger Dr. Karl A. Lamers Dr. Ludwig Elm Marina Steindor Hansjörgen Doss (Heidelberg) Dr. Dagmar Enkelmann Christian Sterzing Maria Eichhorn Dr. Norbert Lammert Andrea Gysi Ludger Volmer Wolfgang Engelmann Helmut Lamp Hanns-Peter Hartmann Heinz Dieter Eßmann Herbert Lattmann Dr. Barbara Höll Anke Eymer Dr. Paul Laufs Dr. Willibald Jacob PDS Ilse Falk Karl Josef Laumann Gerhard Jüttemann Jochen Feilcke Werner Lensing Dr. Heidi Knake-Werner Christina Schenk Ulf Fink Christian Lenzer Dirk Fischer (Hamburg) Peter Letzgus Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rah- Klaus Francke (Hamburg) Editha Limbach men ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versamm- Herbert Frankenhauser Walter Link (Diepholz) Dr. Gerhard F ri ch lungen des Europarates und der WEU, der NAV oder der IPU edri Eduard Lintner Erich G. Fritz Dr. Klaus W. Lippold Abgeordnete(r) Hans-Joachim Fuchtel (Offenbach) Michaela Geiger Dr. Manfred Lischewski Antretter, Robe rt, SPD Schloten, Dieter, SPD Norbert Geis Wolfgang Lohmann Behrendt, Wolfgang, SPD Siebert, Bernd, CDU/CSU Michael Glos (Lüdenscheid) Fischer (Unna), Leni, CDU/CSU Zierer, Benno, CDU/CSU Wilma Glücklich Julius Louven Peter Götz Sigrun Löwisch Dr. Wolfgang Götzer Heinrich Lummer Joachim Gres Dr. Michael Luther Kurt-Dieter Grill Erich Maaß (Wilhelmshaven) Wolfgang Gröbl Dr. Dietrich Mahlo Anlage 7 Hermann Gröhe Erwin Marschewski Manfred Grund Dr. Martin Mayer Horst Günther (Duisburg) (Siegertsbrunn) Endgültiges Ergebnis der Carl-Detlev Freiherr von Wolfgang Meckelburg 2. namentlichen Abstimmung Hammerstein Rudoll Meinl über den Entschließungsantrag der Fraktionen Gottfried Haschke Dr. Michael Meister der CDU/CSU und F.D.P. zu dem Antrag (Großhennersdorf) Friedrich Merz der Bundesregierung - be tr. SFOR-Folgeoperation Gerda Hasselfeldt Rudolf Meyer (Winsen) - Drucksache 13/11065 - Otto Hauser (Esslingen) Hans Michelbach Hansgeorg Hauser Meinolf Michels Abgegebene Stimmen: 570; Ja (Rednitzhembach) Dr. Gerd Müller davon Klaus-Jürgen Hedrich Elmar Müller (Kirchheim) Helmut Heiderich Engelbert Nelle ja: 302 CDU/CSU Manfred Heise Bernd Neumann (Bremen) Dr. Renate Hellwig Johannes Nitsch nein: 78 Ulrich Adam Ernst Hinsken Claudia Nolte Peter Altmaier Josef Hollerith Dr. Rolf Olderog enthalten: 190 Anneliese Augustin Elke Holzapfel Friedhelm Ost Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22489*

Eduard Oswald Dr. Christian Schwarz- Birgit Homburger Gerd Poppe Norbert Otto (Erfurt) Schilling Dr. Werner Hoyer Dr. Jürgen Rochlitz Dr. Gerhard Päselt Wilhelm Josef Sebastian Ulrich Irmer Halo Saibold Dr. Peter Paziorek Horst Seehofer Dr. Klaus Kinkel Christine Scheel Ulrich Petzold Marion Seib Detlef Kleinert (Hannover) Irmingard Schewe-Gerigk Anton Pfeifer Heinz-Georg Seiffert Roland Kohn Rezzo Schlauch Angelika Pfeiffer Rudolf Seiters Dr. Heinrich L. Kolb Albert Schmidt (Hitzhofen) Dr. Friedbert Pflüger Johannes Selle Jürgen Koppelin Wolfgang Schmitt Beatrix Philipp Jürgen Sikora Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann (Langenfeld) Dr. Winfried Pinger Johannes Singhammer Sabine Leutheusser- Ursula Schönberger Ronald Pofalla Bärbel Sothmann Schnarrenberger Waltraud Schoppe Dr. Hermann Pohler Margarete Späte Uwe Lühr Werner Schulz (Berlin) Ruprecht Polenz Carl-Dieter Spranger Günther Friedrich Nolting Marina Steindor Marlies Pretzlaff Wolfgang Steiger Dr. Rainer Ortleb Christian Sterzing Dr. Albert Probst Erika Steinbach Lisa Peters Manfred Such Dr. Bernd Protzner Dr. Wolfgang Freiherr von Dr. Klaus Röhl Dr. Antje Vollmer Dieter Pützhofen Stetten Helmut Schäfer (Mainz) Ludger Volmer Thomas Rachel Dr. Gerhard Stoltenberg Cornelia Schmalz-Jacobsen Margareta Wolf (Frankfurt) Hans Raidel Andreas Storm Dr. Edzard Schmidt-Jortzig Dr. Peter Ramsauer Max Straubinger Dr. Irmgard Schwaetzer Rolf Rau Matthäus Strebl Dr. PDS Helmut Rauber Michael Stübgen Dr. Max Stadler Wolfgang Bierstedt Peter Rauen Egon Susset Carl-Ludwig Thiele Petra Bläss Christa Reichard (Dresden) Dr. Rita Süssmuth Dr. Dieter Thomae Eva Bulling-Schröter Klaus Dieter Reichardt Michael Teiser Jürgen Türk Heinrich Graf von Einsiedel (Mannheim) Dr. Susanne Tiemann Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) Dr. Ludwig Elm Erika Reinhardt Gottfried Tröger Dr. Klaus-Dieter Uelhoff Dr. Guido Westerwelle Dr. Dagmar Enkelmann Hans-Peter Repnik Gunnar Uldall Andrea Gysi Roland Richter Wolfgang Vogt (Duren) Hanns-Peter Hartmann Dr. Norbert Rieder Dr. Horst Waffenschmidt Dr. Barbara Höll Dr. Erich Riedl (Munchen) Nein Kersten Wetzel Dr. Willibald Jacob Klaus Riegert Hans-Otto Wilhelm (Mainz) Gerhard Jüttemann Franz Romer Gert Willner SPD Dr. Heidi Knake-Werner Hannelore Rönsch Bernd Wilz Rolf Köhne (Wiesbaden) (Wiesbaden) Willy Wimmer (Neuss) Klaus Barthel Rolf Kutzmutz lm Ronsöhr H Matthias Wissmann Konrad Gilges Heidemarie Lüth Kurt J. Rossmanith Dr. Fritz Wittmann Uwe Hiksch Dr. Günther Maleuda Adolf Roth (Gießen) Dagmar Wöhrl Christa Lörcher Manfred Müller (Berlin) Norbert Röttgen Michael Wonneberger Adolf Ostertag Rosel Neuhäuser Dr. Christian Ruck Elke Wülfing Antje-Marie Steen Dr. Uwe-Jens Rössel Volker Rühe Peter Kurt Würzbach Margitta Terborg Christina Schenk Dr. Jürgen Rüttgers Cornelia Yzer Steffen Tippach Roland Sauer (Stuttga rt) Wolfgang Zeitlmann Klaus-Jürgen Warnick Ortrun Schätzle Wolfgang Zöller BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN Dr. Winfried Wolf Dr. Wolfgang Schäuble Gerhard Zwerenz Hartmut Schauerte Gila Altmann (Aurich) Heinz Schemken SPD Elisabeth Altmann Karl-Heinz Scherhag (Pommelsbrunn) Fraktionslos Gerhard Scheu Dr. Winfried Penner Marieluise Beck (Bremen) Norbert Schindler Volker Beck (Köln) Kurt Neumann (Berlin) Dietmar Schlee BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN Angelika Beer Ulrich Schmalz Matthias Berninger Bernd Schmidbauer Helmut Wilhelm (Amberg) Annelie Buntenbach Enthalten Christian Schmidt (Fürth)Fürth Amke Dietert-Scheuer Dr.-Ing. Joachim Schmidt Franziska Eichstädt-Bohlig (Halsbrücke) F.D.P. Dr. Uschi Eid SPD Andreas Schmidt (Mülheim) Andrea Fischer (Berlin) Hans-Otto Schmiedeberg Ina Albowitz Joseph Fischer (Frankfurt) Gerd Andres Hans Peter Schmitz Dr. Gisela Babel Rita Grießhaber Ernst Bahr (Baesweiler) Hildebrecht Braun Gerald Häfner Doris Barnett Michael von Schmude (Augsburg) Antje Hermenau Gerd Bauer Birgit Schnieber-Jastram Günther Bredehorn Kristin Heyne Ingrid Becker-Inglau Dr. Andreas Schockenhoff Jörg van Essen Ulrike Höfken Hans Berger Dr. Dr. Olaf Feldmann Michaele Hustedt Hans-Werner Bertl Reinhard Freiherr von Gisela Frick Dr. Manuel Kiper Anni Brandt-Elsweier Schorlemer Paul K. Friedhoff Monika Knoche Tilo Braune Dr. Erika Schuchardt Horst Friedrich Dr. Angelika Köster-Loßack Dr. Eberhard Brecht Wolfgang Schulhoff Rainer Funke Steffi Lemke Edelgard Bulmahn Dr. Dieter Schulte Hans-Dietrich Genscher Dr. Helmut Lippelt Dr. Michael Bürsch (Schwäbisch Gmünd) Joachim Günther (Plauen) Oswald Metzger Hans Martin Bury Gerhard Schulz (Leipzig) Dr. Karlheinz Guttmacher Kerstin Müller (Köln) Marion Caspers-Merk Frederick Schulze Dr. Helmut Haussmann Winfried Nachtwei Peter Conradi (Sangerhausen) Ulrich Heinrich Christa Nickels Dr. Herta Däubler-Gmelin Diethard Schütze (Berlin) Walter Hirche Egbert Nitsch (Rendsburg) Christel Deichmann Clemens Schwalbe Dr. Burkhard Hirsch Cern Özdemir Karl Diller 22490 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Dr. Marliese Dobberthien Ingrid Matthäus-Maier Siegfried Vergin Helmut Wieczorek Peter Dreßen Markus Meckel Günter Verheugen (Duisburg) Ludwig Eich Ulrike Mehl Ute Vogt (Pforzheim) Heidemarie Wieczorek-Zeul Petra Ernstberger Herbert Meißner Karsten D. Voigt (Frankfurt) Dieter Wiefelspütz Annette Faße Angelika Mertens Dr. Konstanze Wegner Berthold Wittich Elke Ferner Dr. Jürgen Meyer (Ulm) Wolfgang Weiermann Dr. Wolfgang Wodarg Lothar Fischer (Homburg) Ursula Mogg Matthias Weisheit Verena Wohlleben Gabriele Fograscher Siegmar Mosdorf Gunter Weißgerber Hanna Wolf (München) Iris Follak Michael Müller (Düsseldorf) Jochen Welt Heidi Wright Eva Folta Jutta Müller (Völklingen) Lydia Westrich Uta Zapf Norbert Formanski Christian Müller (Zittau) Inge Wettig-Danielmeier Dr. Christoph Zöpel Dagmar Freitag Gerhard Neumann (Gotha) Dr. Norbert Wieczorek Peter Zumkley Anke Fuchs (Köln) Dr. Edith Niehuis Arne Fuhrmann Dr. Rolf Niese Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rah- Monika Ganseforth Doris Odendahl men ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versamm- Iris Gleicke Günter Oesinghaus lungen des Europarates und der WEU, der NAV oder der IPU Uwe Göllner Leyla Onur Angelika Graf (Rosenheim) Manfred Opel Abgeordnete(r) Dieter Grasedieck Kurt Palis Antretter, Robert, SPD Schloten, Dieter, SPD Achim Großmann Albrecht Papenroth Karl Hermann Haack Dr. Martin Pfaff Behrendt, Wolfgang, SPD Siebert, Bernd, CDU/CSU (Extertal) Georg Pfannenstein Fischer (Unna), Leni, CDU/CSU Zierer, Benno, CDU/CSU Hans-Joachim Hacker Dr. Eckhart Pick Klaus Hagemann Joachim Poß Manfred Hampel Rudolf Purps Christel Hanewinckel Karin Rehbock-Zureich Alfred Hartenbach Margot von Renesse Anlage 8 Dr. Liesel Hartenstein Otto Reschke Klaus Hasenfratz Bernd Reuter Dr. Ingomar Hauchler Reinhold Robbe Endgültiges Ergebnis der Jens Heinzig Dr. Hansjörg Schäfer 3. namentlichen Abstimmung Dieter Heistermann Dieter Schanz über den Entschließungsantrag der Fraktion der Reinhold Hemker Rudolf Scharping SPD zu dem Antrag der Bundesregierung be tr. Rolf Hempelmann Bernd Scheelen Dr. Barbara Hendricks SFOR-Folgeoperation - Drucksache 13/11077 - Horst Schild Monika Heubaum Otto Schily Reinhold Hiller (Lübeck) Abgegebene Stimmen: 568; Eva Folta Günter Schluckebier Stephan Hilsberg davon Norbert Formanski Horst Schmidbauer Gerd Höfer ja: 186 Dagmar Freitag (Nürnberg) Jelena Hoffmann (Chemnitz) Anke Fuchs (Köln) Ulla Schmidt (Aachen) nein: 358 Frank Hofmann (Volkach) Arne Fuhrmann Dagmar enthalten: 24 Ingrid Holzhüter Schmidt (Meschede) Monika Ganseforth Erwin Horn Regina Schmidt-Zadel Iris Gleicke Lothar Ibrügger Heinz Schmitt (Berg) Uwe Göllner Brunhilde Irber Dr. Emil Schnell Ja Angelika Graf (Rosenheim) Gabriele Iwersen Walter Schöler Dieter Grasedieck Renate Jäger Ottmar Schreiner Achim Großmann Ilse Janz Gisela Schröter SPD Karl Hermann Haack Dr. Uwe Jens Dr. Mathias Schube rt (Extertal) Sabine Kaspereit Brigitte Schulte (Hameln) Gerd Andres Hans-Joachim Hacker Susanne Kastner Volkmar Schultz (Köln) Ernst Bahr Klaus Hagemann Hans-Peter Kemper Ilse Schumann Doris Barnett Manfred Hampel Klaus Kirschner Dr. R. Werner Schuster Gerd Bauer Christel Hanewinckel Marianne Klappert Dietmar Schütz (Oldenburg) Ingrid Becker-Inglau Alfred Hartenbach Hans-Ulrich Klose Dr. Angelica Schwall-Düren Hans Berger Dr. Liesel Hartenstein Dr. Hans-Hinrich Knaape Bodo Seidenthal Hans-Werner Bertl Klaus Hasenfratz Walter Kolbow Lisa Seuster Rudolf Bindig Jens Heinzig Fritz Rudolf Körper - Horst Sielaff Anni Brandt-Elsweier Dieter Heistermann Nicolette Kressl Johannes Singer Tilo Braune Reinhold Hemker Volker Kröning Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk Dr. Eberhard Brecht Rolf Hempelmann Thomas Krüger Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast Edelgard Bulmahn Dr. Barbara Hendricks Horst Kubatschka Wieland Sorge Dr. Michael Bürsch Monika Heubaum Eckart Kuhlwein Wolfgang Spanier Hans Martin Bury Reinhold Hiller (Lübeck) Helga Kühn-Mengel Dr. Dietrich Sperling Marion Caspers-Merk Stephan Hilsberg Konrad Kunick Jörg-Otto Spiller Peter Conradi Gerd Höfer Dr. Uwe Küster Dr. Peter Struck Dr. Herta Däubler-Gmelin Jelena Hoffmann (Chemnitz) Werner Labsch Joachim Tappe Karl Diller Frank Hofmann (Volkach) Brigitte Lange Jörg Tauss Dr. Marliese Dobberthien Ingrid Holzhüter Detlev von Larcher Dr. Bodo Teichmann Peter Dreßen Erwin Horn Waltraud Lehn Jella Teuchner Ludwig Eich Lothar Ibrügger Klaus Lennartz Dr. Gerald Thalheim Petra Ernstberger Brunhilde Irber Klaus Lohmann (Witten) Wolfgang Thierse Annette Faße Gabriele Iwersen Dieter Maaß (Herne) Franz Thönnes Elke Ferner Renate Jäger Winfried Mante Uta Titze-Stecher Lothar Fischer (Homburg) Ilse Janz Dorle Marx Adelheid Tröscher Gabriele Fograscher Dr. Uwe Jens Christoph Matschie Hans-Eberhard Urbaniak Iris Follak Sabine Kaspereit Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22491*

Susanne Kastner Dr. R. Werner Schuster Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Dr.-Ing. Dietmar Kansy Hans-Peter Kemper Dietmar Schütz (Oldenburg) Wolfgang Bosbach Manfred Kanther Klaus Kirschner Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Wolfgang Bötsch Irmgard Karwatzki Marianne Klappert Bodo Seidenthal Klaus Brähmig Volker Kauder Hans-Ulrich Klose Lisa Seuster Rudolf Braun (Auerbach) Eckart von Klaeden Dr. Hans-Hinrich Knaape Johannes Singer Paul Breuer Ulrich Klinkert Walter Kolbow Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk Monika Brudlewsky Hans-Ulrich Köhler Fritz Rudolf Körper Wieland Sorge Georg Brunnhuber (Hainspitz) Nicolette Kressl Dr. Dietrich Sperling Klaus Bühler (Bruchsal) Manfred Kolbe Volker Kröning Jörg-Otto Spiller Hartmut Büttner Eva-Maria Kors Thomas Krüger Dr. Peter Struck (Schönebeck) Hartmut Koschyk Horst Kubatschka Joachim Tappe Dankward Buwitt Manfred Koslowski Eckart Kuhlwein Jörg Tauss Manfred Carstens (Emstek) Thomas Kossendey Helga Kühn-Mengel Dr. Bodo Teichmann Wolfgang Dehnel Rudolf Kraus Konrad Kunick Jella Teuchner Hubert Deittert Wolfgang Krause (Dessau) Dr. Uwe Küster Dr. Gerald Thalheim Albert Deß Reiner Krziskewitz Werner Labsch Wolfgang Thierse Renate Diemers Dr. Hermann Kues Brigitte Lange Franz Thönnes Wilhelm Dietzel Werner Kuhn Detlev von Larcher Uta Titze-Stecher Werner Dörflinger Dr. Karl A. Lamers Waltraud Lehn Adelheid Tröscher Hansjürgen Doss (Heidelberg) Klaus Lennartz Hans-Eberhard Urbaniak Maria Eichhorn Dr. Norbert Lammert Klaus Lohmann (Witten) Siegfried Vergin Wolfgang Engelmann Helmut Lamp Erika Lotz Günter Verheugen Heinz Dieter Eßmann Herbert Lattmann Dieter Maaß (Herne) Ute Vogt (Pforzheim) Anke Eymer Dr. Paul Laufs Winfried Mante Karsten D. Voigt (Frankfurt) Use Falk Karl-Josef Laumann Dorle Marx Dr. Konstanze Wegner Jochen Feilcke Werner Lensing Ulrike Mascher Wolfgang Weiermann Ulf Fink Christian Lenzer Christoph Matschie Matthias Weisheit Dirk Fischer (Hamburg) Peter Letzgus Ingrid Matthäus-Maier Gunter Weißgerber Klaus Francke (Hamburg) Editha Limbach Markus Meckel Jochen Welt Herbert Frankenhauser Walter Link (Diepholz) Ulrike Mehl Westrich Dr. Gerhard F riedrich Eduard Lintner Herbert Meißner Inge Wettig-Danielmeier Erich G. Fritz Dr. Klaus W. Lippold Angelika Me rtens Dr. Norbert Wieczorek Hans-Joachim Fuchtel (Offenbach) Dr. Jürgen Meyer (Ulm) Helmut Wieczorek Michaela Geiger Dr. Manfred Lischewski Ursula Mogg (Duisburg) Norbert Geis Wolfgang Lohmann Siegmar Mosdorf Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Heiner Geißler (Lüdenscheid) Michael Müller (Düsseldorf) Dieter Wiefelspütz Michael Glos Julius Louven Jutta Müller (Völklingen) Berthold Wittich Wilma Glücklich Sigrun Löwisch Christian Müller (Zittau) Dr. Wolfgang Wodarg Peter Götz Heinrich Lummer Gerhard Neumann (Gotha) Verena Wohlleben Dr. Wolfgang Götzer Dr. Michael Luther Dr. Edith Niehuis Hanna Wolf (München) Joachim Gres Erich Maaß (Wilhelmshaven) Dr. Rolf Niese Heidi Wright Kurt-Dieter Grill Dr. Dietrich Mahlo Doris Odendahl Uta Zapf Erwin Marschewski Günter Oesinghaus Dr. Christoph Zöpel Wolfgang Gröbl Dr. Martin Mayer Leyla Onur Peter Zumkley Hermann Gröhe (Siegertsbrunn) Manfred Opel Manfred Grund Wolfgang Meckelburg Kurt Palis Horst Günther (Duisburg) Rudolf Meinl Albrecht Papenroth BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN Carl-Detlev Freiherr von Dr. Winfried Penner Hammerstein Dr. Michael Meister Dr. Martin Pfaff Helmut Wilhelm (Amberg) Gottfried Haschke Friedrich Merz Georg Pfannenstein (Großhennersdorf) Rudolf Meyer (Winsen) Dr. Eckhart Pick Gerda Hasselfeldt Hans Michelbach Joachim Poß Nein Otto Hauser (Esslingen) Meinolf Michels Rudolf Purps Hansgeorg Hauser Dr. Gerd Müller Karin Rehbock-Zureich (Rednitzhembach) Elmar Müller (Kirchheim) Margot von Renesse CDU/CSU Klaus-Jürgen Hedrich Engelbert Nelle Bernd Reuter Helmut Heiderich Bernd Neumann (Bremen) Reinhold Robbe Ulrich Adam Manfred Heise Johannes Nitsch Dieter Schanz Peter Altmaier Dr. Renate Hellwig Claudia Nolte Rudolf Scharping Anneliese Augustin Ernst Hinsken Dr. Rolf Olderog Bernd Scheelen Jürgen Augustinowitz Josef Hollerith Friedhelm Ost Horst Schild Dietrich Austermann Elke Holzapfel Eduard Oswald Otto Schily Heinz-Günter Bargfrede Dr. Karl-Heinz Hornhues Dr. Gerhard Päselt Günter Schluckebier Franz Peter Basten Joachim Hörster Dr. Peter Paziorek Horst Schmidbauer Dr. Wolf Bauer Hubert Hüppe Ulrich Petzold (Nürnberg) Brigitte Baumeister Peter Jacoby Anton Pfeifer Ulla Schmidt (Aachen) Meinrad Belle Susanne Jaffke Angelika Pfeiffer Regina Schmidt-Zadel Dr. Sabine Bergmann-Pohl Georg Janovsky Dr. Friedbert Pflüger Dr. Emil Schnell Hans-Dirk Bierling Helmut Jawurek Beatrix Philipp Walter Schöler Dr. Joseph-Theodor Blank Dr.-Ing. Rainer Jork Dr. Winfried Pinger Ottmar Schreiner Renate Blank Michael Jung (Limburg) Ronald Pofalla Gisela Schröter Dr. Heribert Blens Ulrich Junghanns Dr. Hermann Pohler Dr. Mathias Schubert Peter Bleser Dr. Egon Jüttner Ruprecht Polenz Brigitte Schulte (Hameln) Dr. Norbert Blüm Dr. Harald Kahl Marlies Pretzlaff Volkmar Schultz (Köln) Dr. Maria Böhmer Bartholomäus Kalb Dr. Albert Probst Ilse Schumann Jochen Borchert Steffen Kampeter Dr. Bernd Protzner 22492* Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Dieter Pützhofen Dr. Wolfgang Freiherr von Ludger Volmer Rolf Kutzmutz Thomas Rachel Stetten Margareta Wolf (Frankfurt) Heidemarie Lüth Hans Raidel Dr. Gerhard Stoltenberg Dr. Günther Maleuda Dr. Peter Ramsauer Andreas Storm Manfred Müller (Berlin) Rolf Rau Max Straubinger F.D.P. Rosel Neuhäuser Helmut Rauber Matthäus Strebl Dr. Uwe-Jens Rössel Peter Harald Rauen Michael Stübgen Ina Albowitz Christina Schenk Christa Reichard (Dresden) Egon Susset Dr. Gisela Babel Steffen Tippach Klaus Dieter Reichardt Dr. Rita Süssmuth Günther Bredehorn Klaus-Jürgen Warnick (Mannheim) Michael Teiser Jörg van Essen Dr. Winfried Wolf Erika Reinhardt Dr. Susanne Tiemann Dr. Olaf Feldmann Gerhard Zwerenz Hans-Peter Repnik Gottfried Tröger Gisela Frick Roland Richter Dr. Klaus-Dieter Uelhoff Paul K. Friedhoff Dr. Norbert Rieder Gunnar Uldall Horst Friedrich Fraktionslos Dr. Erich Riedl (München) Wolfgang Vogt (Duren) Rainer Funke Klaus Riegert Dr. Horst Waffenschmidt Hans-Dietrich Genscher Kurt Neumann (Berlin) Franz Romer Kersten Wetzel Joachim Günther (Plauen) Dr. Karlheinz Guttmacher Hannelore Rönsch Hans-Otto Wilhelm (Mainz) (Wiesbaden) Gert Willner Dr. Helmut Haussmann Enthalten Ulrich Heinrich Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Bernd Wilz Walter Hirche Kurt J. Rossmanith Willy Wimmer (Neuss) Birgit Homburger Adolf Roth (Gießen) Matthias Wissmann CDU Dr. Werner Hoyer Norbert Röttgen Dr. Fritz Wittmann Ulrich Irmer Dr. Christian Ruck Dagmar Wöhrl Norbert Otto (Erfurt) Michael Wonneberger Dr. Klaus Kinkel Volker Rühe Detlef Kleinert (Hannover) Dr. Jürgen Rüttgers Elke Wülfing Cornelia Yzer Roland Kohn SPD Roland Sauer (Stuttgart) Dr. Heinrich L. Kolb Ortrun Schätzle Wolfgang Zeitlmann Jürgen Koppelin Klaus Barthel Dr. Wolfgang Schäuble Wolfgang Zöller Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann Christel Deichmann Hartmut Schauerte Sabine Leutheusser- Otto Reschke Heinz Schemken SPD Schnarrenberger Dr. Hansjörg Schäfer Karl-Heinz Scherhag Uwe Lühr Dagmar Schmidt (Meschede) Gerhard Scheu Konrad Gilges Günther Friedrich Nolting Heinz Schmitt (Berg) Norbert Schindler Uwe Hiksch Dr. Rainer Ortleb Horst Sielaff Dietmar Schlee Christa Lörcher Lisa Peters Wolfgang Spanier Ulrich Schmalz Adolf Ostertag Dr. Klaus Röhl Antje-Marie Steen Bernd Schmidbauer Helmut Schäfer (Mainz) Margitta Terborg Christian Schmidt (Fürth) Cornelia Schmalz-Jacobsen Dr.-Ing. Joachim Schmidt BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN Dr. Edzard Schmidt-Jortzig (Halsbrücke) Dr. Irmgard Schwaetzer BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN Andreas Schmidt (Mülheim) Gila Altmann (Aurich) Dr. Hermann Otto Sohns Hans-Otto Schmiedeberg Volker Beck (Köln) Dr. Max Stadler Elisabeth Altmann Hans Peter Schmitz Angelika Beer Carl-Ludwig Thiele (Pommelsbrunn) (Baesweiler) Anelie Buntenbach Dr. Dieter Thomae Marieluise Beck (Bremen) Michael von Schmude Amke Dietert-Scheuer Jürgen Türk Matthias Berninger Birgit Schnieber-Jastram Franziska Eichstädt-Bohlig Dr. Wolfgang Weng Dr. Uschi Eid (Gerlingen) Dr. Andreas Schockenhoff Andrea Fischer (Berlin) Rita Grießhaber Dr. Guido Westerwelle Dr. Rupert Scholz Joseph Fischer (Frankfurt) Dr. Manuel Kiper Reinhard Freiherr von Gerald Häfner Oswald Metzger Schorlemer Antje Hermenau PDS Gerd Poppe Dr. Erika Schuchardt Kristin Heyne Albert Schmidt (Hitzhofen) Wolfgang Schulhoff Ulrike Höfken Wolfgang Bierstedt Waltraud Schoppe Dr. Dieter Schulte Michaele Hustedt Petra Bläss Dr. Antje Vollmer (Schwäbisch Gmünd) Monika Knoche Eva Bulling-Schröter Gerhard Schulz (Leipzig) Dr. Angelika Köster-Loßack Dr. Ludwig Elm Frederik Schulze Steffi Lemke Dr. Dagmar Enkelmann F.D.P. (Sangershausen) Dr. Helmut Lippelt Andrea Gysi Diethard Schütze (Berlin) Kerstin Müller (Köln) Hanns-Peter Hartmann Dr. Burkhard Hirsch Clemens Schwalbe Winfried Nachtwei Dr. Barbara Höll Dr. Christian Schwarz- Christa Nickels Dr. Willibald Jacob Schilling Egbert Nitsch (Rendsburg) Gerhard Jüttemann PDS Wilhelm Josef Sebastian Cem Özdemir Dr. Heidi Knake-Werner Horst Seehofer Dr. Jürgen Rochlitz Rolf Köhne Heinrich Graf von Einsiedel Marion Seib Halo Saibold Heinz-Georg Seiffert Christine Scheel Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rah- Rudolf Seiters Irmingard Schewe-Gerigk men ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versamm- Johannes Selle Rezzo Schlauch lungen des Europarates und der WEU, der NAV oder der IPU Jürgen Sikora Wolfgang Schmitt Johannes Singhammer (Langenfeld) Abgeordnete(r) Bärbel Sothmann Ursula Schönberger Antretter, Robe rt, SPD Schloten, Dieter, SPD Margarete Späte Werner Schulz (Berlin) Carl-Dieter Spranger Marina Steindor Behrendt, Wolfgang, SPD Siebert, Bernd, CDU/CSU Wolfgang Steiger Christian Sterzing Fischer (Unna), Leni, CDU/CSU Zierer, Benno, CDU/CSU Erika Steinbach Manfred Such Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22493*

Anlage 9 Gerda Hasselfeldt Meinolf Michels Otto Hauser (Esslingen) Dr. Gerd Müller Endgültiges Ergebnis der Hansgeorg Hauser Elmar Müller (Kirchheim) (Rednitzhembach) Engelbert Nelle 4. namentlichen Abstimmung Klaus-Jürgen Hedrich Bernd Neumann (Bremen) über den Entschließungsantrag der Fraktion Helmut Heiderich Johannes Nitsch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu dem Antrag Manfred Heise Claudia Nolte der Bundesregierung betr. SFOR-Folgeoperation Dr. Renate Hellwig Dr. Rolf Olderog - Drucksache 13/11083 - Ernst Hinsken Friedhelm Ost Josef Hollerith Eduard Oswald Abgegebene Stimmen: 562; Jürgen Augustinowitz Elke Holzapfel Norbert Otto (Erfurt) davon Dietrich Austermann Dr. Karl-Heinz Hornhues Dr. Gerhard Päselt ja: 38 Heinz-Günter Bargfrede Joachim Hörster Dr. Peter Paziorek Franz Peter Basten Hubert Hüppe Ulrich Petzold nein: 498 Dr. Wolf Bauer Peter Jacoby Anton Pfeifer enthalten: 26 Brigitte Baumeister Susanne Jaffke Angelika Pfeiffer Meinrad Belle Georg Janovsky Dr. Friedbert Pflüger Dr. Sabine Bergmann-Pohl Helmut Jawurek Beatrix Philipp Ja Hans-Dirk Bierling Dr.-Ing. Rainer Jork Dr. Winfried Pinger Dr. Joseph-Theodor Blank Michael Jung (Limburg) Ronald Pofalla BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN Renate Blank Ulrich Junghanns Dr. Hermann Pohler Dr. Heribert Blens Dr. Egon Jüttner Ruprecht Polenz Elisabeth Altmann Peter Bleser Dr. Harald Kahl Marlies Pretzlaff (Pommelsbrunn) Dr. Norbert Blüm Bartholomäus Kalb Dr. Albert Probst Marieluise Beck (Bremen) Dr. Maria Böhmer Steffen Kampeter Dr. Bernd Protzner Volker Beck (Köln) Jochen Borchert Dr.-Ing. Dietmar Kansy Dieter Pützhofen Angelika Beer Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Manfred Kanther Thomas Rachel Matthias Berninger Wolfgang Bosbach Irmgard Karwatzki Hans Raidel Franziska Eichstädt-Bohlig Dr. Wolfgang Bötsch Volker Kauder Dr. Peter Ramsauer Dr. Uschi Eid Klaus Brähmig Eckart von Klaeden Rolf Rau Andrea Fischer (Berlin) Rudolf Braun (Auerbach) Ulrich Klinkert Helmut Rauber Joseph Fischer (Frankfurt) Paul Breuer Hans-Ulrich Köhler Peter Rauen Rita Grießhaber Monika Brudlewsky (Hainspitz) Christa Reichard (Dresden) Gerald Häfner Georg Brunnhuber Manfred Kolbe Klaus Dieter Reichardt Antje Hermenau Klaus Bühler (Bruchsal) Eva-Maria Kors (Mannheim) Kristin Heyne Hartmut Büttner Hartmut Koschyk Erika Reinhardt Ulrike Höfken (Schönebeck) Manfred Koslowski Hans-Peter Repnik Michaele Hustedt Dankward Buwitt Thomas Kossendey Roland Richter Dr. Manuel Kiper Manfred Carstens (Emstek) Rudolf Kraus Dr. Norbert Rieder Dr. Angelika Köster-Loßack Wolfgang Dehnel Wolfgang Krause (Dessau) Dr. Erich Riedl (München) Hubert Deittert Dr. Helmut Lippelt Reiner Krziskewitz Klaus Riegert Albert Deß Oswald Metzger Dr. Hermann Kues Franz Romer Renate Diemers Werner Kuhn Hannelore Rönsch Kerstin Müller (Köln) Wilhelm Dietzel Dr. Karl A. Lamers (Wiesbaden) Winfried Nachtwei Werner Dörflinger (Heidelberg) Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Christa Nickels Hansjörgen Doss Dr. Norbert Lammert Kurt J. Rossmanith Egbert Nitsch (Rendsburg) Maria Eichhorn Helmut Lamp Adolf Roth (Gießen) Cem Özdemir Wolfgang Engelmann Herbert Lattmann Norbert Röttgen Gerd Poppe Heinz Dieter Eßmann Dr. Paul Laufs Dr. Christian Ruck Christine Scheel Anke Eymer Karl-Josef Laumann Volker Rühe Irmingard Schewe-Gerigk Ilse Falk Werner Lensing Dr. Jürgen Rüttgers Rezzo Schlauch Jochen Feilcke Christian Lenzer Roland Sauer (Stuttga rt) Albert Schmidt (Hitzhofen) Ulf Fink Peter Letzgus Ortrun Schätzle Wolfgang Schmitt Dirk Fischer (Hamburg) Editha Limbach Dr. Wolfgang Schäuble (Langenfeld) Klaus Francke (Hamburg) Walter Link (Diepholz) Hartmut Schauerte Waltraud Schoppe Herbert Frankenhauser Eduard Lintner Heinz Schemken Werner Schulz (Berlin) Dr. Gerhard F riedrich Dr. Klaus W. Lippold Karl-Heinz Scherhag Christian Sterzing Erich G. Fritz (Offenbach) Gerhard Scheu Manfred Such Hans-Joachim Fuchtel Dr. Manfred Lischewski Norbert Schindler Dr. Antje Vollmer Michaela Geiger Wolfgang Lohmann Dietmar Schlee Helmut Wilhelm (Amberg) Norbert Geis (Lüdenscheid) Ulrich Schmalz Margareta Wolf (Frankfurt) Dr. Heiner Geißler Julius Louven Bernd Schmidbauer Michael Glos Sigrun Löwisch Christian Schmidt (Fürth) PDS Wilma Glücklich Heinrich Lummer Dr.-Ing. Joachim Schmidt Peter Götz Dr. Michael Luther (Halsbrücke) Heinrich Graf von Einsiedel Dr. Wolfgang Götzer Erich Maaß (Wilhelmshaven) Andreas Schmidt (Mülheim) Joachim Gres Dr. Dietrich Mahlo Hans-Otto Schmiedeberg Kurt-Dieter Gri ll Erwin Marschewski Hans Peter Schmitz Nein Wolfgang Gröbl Dr. Martin Mayer (Baesweiler) Hermann Gröhe (Siegertsbrunn) Michael von Schmude Manfred Grund Wolfgang Meckelburg Birgit Schnieber-Jastram CDU/CSU Horst Günther (Duisburg) Rudolf Meinl Dr. Andreas Schockenhoff Carl-Detlev Freiherr von Dr. Michael Meister Dr. Rupert Scholz Ulrich Adam Hammerstein Friedrich Merz Reinhard Freiherr von Peter Altmaier Gottfried Haschke Rudolf Meyer (Winsen) Schorlemer Anneliese Augustin (Großhennersdorf) Hans Michelbach Dr. Erika Schuchardt 22494* Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Wolfgang Schulhoff Karl Diller Dorle Marx Karsten D. Voigt (Frankfurt) Dr. Dieter Schulte Peter Dreßen Ulrike Mascher Dr. Konstanze Wegner (Schwäbisch Gmünd) Ludwig Eich Christoph Matschie Wolfgang Weiermann Gerhard Schulz (Leipzig) Petra Ernstberger Ingrid Matthäus-Maier Matthias Weisheit Frederick Schulze Annette Faße Markus Meckel Gunter Weißgerber (Sangerhausen) Elke Ferner Ulrike Mehl Jochen Welt Diethard Schütze (Berlin) Lothar Fischer (Homburg) Herbert Meißner Lydia Westrich Clemens Schwalbe Gabriele Fograscher Angelika Mertens Inge Wettig-Danielmeier Dr. Christian Schwarz- Iris Follak Dr. Jürgen Meyer (Ulm) Dr. Norbert Wieczorek Schilling Eva Folta Ursula Mogg Helmut Wieczorek Wilhelm Josef Sebastian Norbert Formanski Siegmar Mosdorf (Duisburg) Horst Seehofer Dagmar Freitag Michael Müller (Düsseldorf) Heidemarie Wieczorek-Zeul Marion Seib Anke Fuchs (Köln) Jutta Müller (Völklingen) Dieter Wiefelspütz Heinz-Georg Seiffert Arne Fuhrmann Christian Müller (Zittau) Berthold Wittich Rudolf Seiters Monika Ganseforth Gerhard Neumann (Gotha) Dr. Wolfgang Wodarg Johannes Selle Konrad Gilges Dr. Edith Niehuis Verena Wohlleben Jürgen Sikora Iris Gleicke Dr. Rolf Niese Hanna Wolf (München) Johannes Singhammer Uwe Göllner Doris Odendahl Heidi Wright Bärbel Sothmann Angelika Graf (Rosenheim) Günter Oesinghaus Uta Zapf Margarete Späte Dietér Grasedieck Leyla Onur Peter Zumkley Carl-Dieter Spranger Achim Großmann Manfred Opel Wolfgang Steiger Karl Hermann Haack Adolf Ostertag Erika Steinbach (Extertal) Kurt Palis BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN Dr. Wolfgang Freiherr von Hans-Joachim Hacker Albrecht Papenroth Stetten Klaus Hagemann Dr. Willfried Penner Annelie Buntenbach Dr. Gerhard Stoltenberg Manfred Hampel Dr. Martin Pfaff Monika Knoche Andreas Storm Christel Hanewinckel Georg Pfannenstein Dr. Jürgen Rochlitz Max Straubinger Alfred Hartenbach Dr. Eckhart Pick Ursula Schönberger Matthäus Strebl Dr. Liesel Hartenstein Joachim Poß Michael Stübgen Klaus Hasenfratz Rudolf Purps Egon Susset Jens Heinzig Karin Rehbock-Zureich F.D.P. Dr. Rita Süssmuth Dieter Heistermann Margot von Renesse Michael Teiser Reinhold Hemker Bernd Reuter Ina Albowitz Rolf Hempelmann Dr. Susanne Tiemann Reinhold Robbe Dr. Gisela Babel Gottfried Tröger Dr. Barbara Hendricks Dr. Hansjörg Schäfer Hildebrecht Braun Dr. Klaus-Dieter Uelhoff Monika Heubaum Dieter Schanz (Augsburg) Gunnar Uldall Uwe Hiksch Rudolf Scharping Günther Bredehorn Wolfgang Vogt (Duren) Reinhold Hiller (Lübeck) Bernd Scheelen Jörg van Essen Dr. Horst Waffenschmidt Stephan Hilsberg Horst Schild Dr. Olaf Feldmann Kersten Wetzel Gerd Höfer Otto Schily Gisela Frick Hans-Otto Wilhelm (Mainz) Jelena Hoffmann (Chemnitz) Schluckebier Paul K. Friedhoff Gert Willner Frank Hofmann (Volkach) Günter Horst Schmidbauer Horst Friedrich Bernd Wilz Ingrid Holzhüter (Nürnberg) Rainer Funke Willy Wimmer (Neuss) Erwin Horn Ulla Schmidt (Aachen) Hans-Dietrich Genscher Matthias Wissmann Lothar Ibrügger Joachim Günther (Plauen) Dr. Fritz Wittmann Brunhilde Irber Dagmar Schmidt (Meschede) Dr. Karlheinz Guttmacher Dagmar Wöhrl Gabriele Iwersen Regina Schmidt-Zadel Dr. Helmut Haussmann Michael Wonneberger Renate Jäger Heinz Schmitt (Berg) Elke Wülfing Ilse Janz Dr. Emil Schnell Ulrich Heinrich Peter Kurt Würzbach Dr. Uwe Jens Walter Schöler Walter Hirche Cornelia Yzer Sabine Kaspereit Ottmar Schreiner Dr. Burkhard Hirsch Wolfgang Zeitlmann Susanne Kastner Gisela Schröter Birgit Homburger Wolfgang Zöller Hans-Peter Kemper Dr. Mathias Schube rt Dr. Werner Hoyer Klaus Kirschner Brigitte Schulte (Hameln) Ulrich Irmer Marianne Klappert Volkmar Schultz (Köln) Dr. Klaus Kinkel SPD Hans-Ulrich Klose Ilse Schumann Detlef Kleinert (Hannover) Dr. Hans-Hinrich Knaape Dr. R. Werner Schuster Roland Kohn Gerd Andres Walter Kolbow Dietmar Schütz (Oldenburg) Dr. Heinrich L. Kolb Ernst Bahr Fritz Rudolf Körper Bodo Seidenthal Jürgen Koppelin Doris Barnett Nicolette Kressl Lisa Seuster Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann Klaus Barthel Volker Kröning Johannes Singer Sabine Leutheusser- Gerd Bauer Thomas Krüger Wieland Sorge Schnarrenberger Ingrid Becker-Inglau Horst Kubatschka Dr. Dietrich Sperling Uwe Lühr Hans Berger Eckart Kuhlwein Jörg-Otto Spiller Günther Friedrich Nolting Hans-Werner Bertl Helga Kühn-Mengel Dr. Peter Struck Dr. Rainer Ortleb Rudolf Bindig Konrad Kunick Joachim Tappe Lisa Peters Anni Brandt-Elsweier Dr. Uwe Küster Jörg Tauss Dr. Klaus Röhl Tilo Braune Werner Labsch Dr. Bodo Teichmann Helmut Schäfer (Mainz) Dr. Eberhard Brecht Brigitte Lange Jella Teuchner Cornelia Schmalz-Jacobsen Edelgard Bulmahn Detlev von Larcher Dr. Gerald Thalheim Dr. Edzard Schmidt-Jortzig Dr. Michael Bürsch Klaus Lennartz Wolfgang Thierse Dr. Irmgard Schwaetzer Hans Martin Bury Klaus Lohmann (Witten) Franz Thönnes Dr. Hermann Otto Solms Marion Caspers-Merk Christa Lörcher Adelheid Tröscher Dr. Max Stadler Peter Conradi Erika Lotz Hans-Eberhard Urbaniak Carl-Ludwig Thiele Dr. Herta Däubler-Gmelin Dieter Maaß (Herne) Siegfried Vergin Dr. Dieter Thomae Christel Deichmann Winfried Mante Ute Vogt (Pforzheim) Jürgen Türk Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22495*

Dr. Wolfgang Weng Antje-Marie Steen Renate Diemers Werner Kuhn (Gerlingen) Margitta Terborg Wilhelm Dietzel Dr. Karl A. Lamers Dr. Guido Westerwelle Werner Dörflinger (Heidelberg) Hansjörgen Doss Dr. Norbert Lammert BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN Maria Eichhorn Helmut Lamp Wolfgang Engelmann Herbert Lattmann PDS Gila Altmann (Aurich) Heinz Dieter Eßmann Dr. Paul Laufs Steffi Lemke Eva Bulling-Schröter Anke Eymer Karl Josef Laumann Halo Saibold Werner Lensing Dr. Ludwig Elm Ilse Falk Ludger Volmer Jochen Feilcke Christian Lenzer Rolf Köhne Ulf Fink Peter Letzgus Rolf Kutzmutz Dirk Fischer (Hamburg) Editha Limbach Rössel PDS Dr. Uwe-Jens Klaus Francke (Hamburg) Walter Link (Diepholz) Christina Schenk Wolfgang Bierstedt Herbert Frankenhauser Eduard Lintner Dr. Winfried Wolf Petra Bläss Dr. Gerhard Friedrich Dr. Klaus W. Lippold Gerhard Zwerenz Dr. Dagmar Enkelmann Erich G. Fritz (Offenbach) Andrea Gysi Hans-Joachim Fuchtel Dr. Manfred Lischewski Hanns-Peter Hartmann Michaela Geiger Wolfgang Lohmann Enthalten Dr. Barbara Höll Norbert Geis (Lüdenscheid) Dr. Willibald Jacob Dr. Heiner Geißler Julius Louven Gerhard Jüttemann Michael Glos Sigrun Löwisch SPD Dr. Heidi Knake-Werner Wilma Glücklich Heinrich Lummer Heidemarie Lüth Peter Götz Dr. Michael Luther Waltraud Lehn Dr. Günther Maleuda Dr. Wolfgang Götzer Erich Maaß (Wilhelmshaven) Otto Reschke Manfred Müller (Berlin) Joachim Gres Dr. Dietrich Mahlo Dr. Angelica Schwall-Düren Rosel Neuhäuser Kurt-Dieter Grill Erwin Marschewski Horst Sielaff Steffen Tippach Wolfgang Gröbl Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn) Wolfgang Spanier Klaus-Jürgen Warnick Hermann Gröhe Manfred Grund Wolfgang Meckelburg Horst Günther (Duisburg) Rudolf Meinl Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rah- Carl-Detlev Freiherr von Dr. Michael Meister men ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versamm- Hammerstein Friedrich Merz lungen des Europarates und der WEU, der NAV oder der IPU Gottfried Haschke Rudolf Meyer (Wiesen) (Großhennersdorf) Hans Michelbach Abgeordnete(r) Gerda Hasselfeldt Meinolf Michels Antretter, Robe rt, SPD Schloten, Dieter, SPD Hansgeorg Hauser Dr. Gerd Müller Behrendt, Wolfgang, SPD Siebert, Bernd, CDU/CSU (Rednitzhembach) Elmar Müller (Kirchheim) Fischer (Unna), Leni, CDU/CSU Zierer, Benno, CDU/CSU Klaus-Jürgen Hedrich Engelbert Nelle Helmut Heiderich Bernd Neumann (Bremen) Manfred Heise Johannes Nitsch Dr. Renate Hellwig Claudia Nolte Ernst Hinsken Dr. Rolf Olderog Anlage 10 Josef Hollerith Friedhelm Ost Elke Holzapfel Eduard Oswald Endgültiges Ergebnis der Dr. Karl-Heinz Hornhues Norbert Otto (Erfurt) 5. namentlichen Abstimmung Joachim Hörster Dr. Gerhard Päselt über den Entschließungsantrag der Fraktionen Hubert Hüppe Dr. Peter Paziorek Peter Jacoby Ulrich Petzold der CDU/CSU und F.D.P. zu dem Antrag Susanne Jaffke Anton Pfeifer der Bundesregierung betr. SFOR-Folgeoperation Georg Janovsky Angelika Pfeiffer - Drucksache 13/11093 - Helmut Jawurek Dr. Friedbert Pflüger Dr.-Ing. Rainer Jork Beatrix Philipp Abgegebene Stimmen: 558; Hans-Dirk Bierling Michael Jung (Limburg) Dr. Winfried Pinger davon Dr. Joseph-Theodor Blank Ulrich Junghanns Ronald Pofalla ja: 307 Renate Blank Dr. Egon Jüttner Dr. Hermann Pohler Dr. Heribert Blens nein: 81 Dr. Harald Kahl Ruprecht Polenz Peter Bleser Bartholomäus Kalb Marlies Pretzlaff enthalten: 170 Dr. Norbert Blüm Steffen Kampeter Dr. Albert Probst Dr. Maria Böhmer Dr.-Ing. Dietmar Kansy Dr. Bernd Protzner Jochen Borchert Manfred Kanther Dieter Pützhofen Ja Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Irmgard Karwatzki Thomas Rachel Wolfgang Bosbach Volker Kauder Hans Raidel Dr. Wolfgang Bötsch Eckart von Klaeden Dr. Peter Ramsauer CDU/CSU Klaus Brähmig Ulrich Klinkert Rolf Rau Rudolf Braun (Auerbach) Hans-Ulrich Köhler Helmut Rauber Ulrich Adam Paul Breuer (Hainspitz) Peter Rauen Peter Altmaier Monika Brudlewsky Manfred Kolbe Christa Reichard (Dresden) Anneliese Augustin Georg Brunnhuber Norbert Königshofen Klaus Dieter Reichardt Jürgen Augustinowitz Klaus Bühler (Bruchsal) Eva-Maria Kors (Mannheim) Dietrich Austermann Hartmut Büttner Hartmut Koschyk Erika Reinhardt Heinz-Günter Bargfrede (Schönebeck) Manfred Koslowski Hans-Peter Repnik Franz Peter Basten Dankward Buwitt Thomas Kossendey Roland Richter Dr. Wolf Bauer Manfred Carstens (Emstek) Rudolf Kraus Dr. Norbert Rieder Brigitte Baumeister Wolfgang Dehnel Wolfgang Krause (Dessau) Dr. Erich Riedl (München) Meinrad Belle Hubert Deittert Reiner Krziskewitz Klaus Riegert Dr. Sabine Bergmann-Pohl Albert Deß Dr. Hermann Kues Franz Romer 22496* Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Hannelore Rönsch Gunnar Uldall Cornelia Schmalz-Jacobsen Dr. Antje Vollmer (Wiesbaden) Wolfgang Vogt (Duren) Dr. Edzard Schmidt-Jortzig Ludger Volmer Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Dr. Horst Waffenschmidt Dr. Irmgard Schwaetzer Helmut Wilhelm (Amberg) Kurt J. Rossmanith Kersten Wetzel Dr. Hermann Otto Sohns Margareta Wolf (Frankfurt) Adolf Roth (Gießen) Hans-Otto Wilhelm (Mainz) Dr. Max Stadler Norbert Röttgen Gert Willner Carl-Ludwig Thiele PDS Dr. Christian Ruck Bernd Wilz Dr. Dieter Thomae Volker Rühe Willy Wimmer (Neuss) Jürgen Türk Wolfgang Bierstedt Dr. Jürgen Rüttgers Matthias Wissmann Dr. Wolfgang Weng Petra Bläss Roland Sauer (Stuttga rt) Dr. Fritz Wittmann (Gerlingen) Eva Bulling-Schröter Ortrun Schätzle Dagmar Wöhrl Dr. Guido Westerwelle Heinrich Graf von Einsiedel Dr. Wolfgang Schäuble Michael Wonneberger Dr. Ludwig Elm Hartmut Schauerte Elke Wülfing Dr. Dagmar Enkelmann Heinz Schemken Cornelia Yzer Nein Andrea Gysi Karl-Heinz Scherhag Wolfgang Zeitlmann Hanns-Peter Hartmann Gerhard Scheu Wolfgang Zöller SPD Dr. Barbara Höll Norbert Schindler Dr. Willibald Jacob Chri Dietmar Schlee stel Deichmann Gerhard Jüttemann SPD Konrad Gilges Ulrich Schmalz Dr. Heidi Knake-Werner Bernd Schmidbauer Uwe Hiksch Hans-Werner Bertl 1) Rolf Köhne Christian Schmidt (Fürth) Waltraud Lehn Karl Diller 2) Rolf Kutzmutz Dr.-Ing. Joachim Schmidt Christa Lörcher Annette Faße Heidemarie Lüth (Halsbrücke) Otto Reschke Anke Fuchs (Köln) 3) Dr. Günther Maleuda Andreas Schmidt (Mülheim) Wolfgang Spanier Karl-Hermann Haack Manfred Müller (Berlin) Hans-Otto Schmiedeberg Antje-Marie Steen (Extertal) Rosel Neuhäuser Hans Peter Schmitz Margitta Terborg Manfred Hampel 4) Dr. Uwe-Jens Rössel (Baesweiler) Ute Vogt (Pforzheim) Jens Heinzig Christina Schenk Michael von Schmude Uta Zapf Dieter Heistermann Steffen Tippach Birgit Schnieber-Jastram Reinhold Hemker Klaus-Jürgen Wamick Dr. Andreas Schockenhoff Rolf Hempelmann 5) BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN Dr. Winfried Wolf Dr. Rupert Scholz Erwin Horn Gerhard Zwerenz Reinhard Freiherr von Hans-Ulrich Klose Gila Altmann (Aurich) Schorlemer Elisabeth Altmann Dr. Erika Schuchardt (Pommelsbrunn) Enthalten Wolfgang Schulhoff F.D.P. Marieluise Beck (Bremen) Dr. Dieter Schulte Volker Beck (Köln) SPD (Schwäbisch Gmünd) Ina Albowitz Angelika Beer Gerd Andres Gerhard Schulz (Leipzig) Dr. Gisela Babel Matthias Berninger Frederick Schulze Hildebrecht Braun Annelle Buntenbach Ernst Bahr (Sangerhausen) (Augsburg) Amke Dietert-Scheuer Doris Barnett Diethard Schütze (Berlin) Günther Bredehorn Franziska Eichstädt-Bohlig Klaus Barthel Clemens Schwalbe Jörg van Essen Dr. Uschi Eid Gerd Bauer Dr. Christian Schwarz- Dr. Olaf Feldmann Andrea Fischer (Berlin) Ingrid Becker-Inglau Schilling Gisela Frick Joseph Fischer (Frankfurt) Hans Berger Wilhelm Josef Sebastian Paul K. Friedhoff Rita Grießhaber Rudolf Bindig Horst Seehofer Horst Friedrich Gerald Häfner Anni Brandt-Elsweier Marion Seib Rainer Funke Antje Hermenau Tilo Braune Heinz-Georg Seiffert Hans-Dietrich Genscher Kristin Heyne Dr. Eberhard Brecht Edelgard Bulmahn Rudolf Seiters Joachim Günther (Plauen) Ulrike Höfken Dr. Michael Bürsch Johannes Selle Dr. Karlheinz Guttmacher Michaele Hustedt Hans Martin Bury Jürgen Sikora Dr. Helmut Haussmann Dr. Manuel Kiper Marion Caspers-Merk Johannes Singhammer Ulrich Heinrich Monika Knoche Peter Conradi Bärbel Sothmann Walter Hirche Dr. Angelika Köster-Loßack Dr. Herta Däubler-Gmelin Margarete Späte Birgit Homburger Steffi Lemke Peter Dreßen Carl-Dieter Spranger Dr. Werner Hoyer Dr. Helmut Lippelt Ludwig Eich Wolfgang Steiger Ulrich Irmer Oswald Metzger Petra Ernstberger Dr. Wolfgang Freiherr von Detlef Kleinert (Hannover) Kerstin Müller (Köln) Elke Ferner Stetten Roland Kohn Winfried Nachtwei Lothar Fischer (Homburg) Dr. Gerhard Stoltenberg Dr. Heinrich L. Kolb Christa Nickels Gabriele Fograscher Andreas Storm Jürgen Koppelin Egbert Nitsch (Rendsburg) Iris Follak Max Straubinger Cern Özdemir Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann Eva Folta Matthäus Strebl Gerd Poppe Sabine Leutheusser- Norbert Formanski Michael Stübgen Schnarrenberger Dr. Jürgen Rochlitz Dagmar Freitag Egon Susset Uwe Lühr Halo Saibold Christine Scheel Arne Fuhrmann Dr. Rita Süssmuth Günther Friedrich Nolting Irmingard Schewe-Gerigk Monika Ganseforth Michael Teiser Dr. Rainer Ortleb Rezzo Schlauch Iris Gleicke Dr. Susanne Tiemann Lisa Peters Albert Schmidt (Hitzhofen) Uwe Göllner Gottfried Tröger Dr. Klaus Röhl Wolfgang Schmitt Angelika Graf (Rosenheim) Dr. Klaus-Dieter Uelhoff Helmut Schäfer (Mainz) (Langenfeld) Dieter Grasedieck Ursula Schönberger Achim Großmann 1) Siehe Erklärung in Anlage 16 Waltraud Schoppe Hans-Joachim Hacker 2) Siehe Erklärung in Anlage 17 Werner Schulz (Berlin) Klaus Hagemann 3) Siehe Erklärung in Anlage 18 Marina Steindor Christel Hanewinckel 4) Siehe Erklärung in Anlage 19 Christian Sterzing Alfred Hartenbach 5) Siehe Erklärung in Anlage 20 Manfred Such Dr. Liesel Hartenstein Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22497*

Klaus Hasenfratz Karin Rehbock-Zureich Anlage 11 Dr. Barbara Hendricks Margot von Renesse Monika Heubaum Bernd Reuter Endgültiges Ergebnis der Reinhold Hiller (Lübeck) Reinhold Robbe Stephan Hilsberg Dr. Hansjörg Schäfer 6. namentlichen Abstimmung Gerd Höfer Dieter Schanz über den Entschließungsantrag der Fraktion Jelena Hoffmann (Chemnitz) Rudolf Scharping BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu dem Antrag Frank Hofmann (Volkach) Bernd Scheelen der Bundesregierung betr. SFOR-Folgeoperation Ingrid Holzhüter Horst Schild - Drucksache 13/11087 - Lothar Ibrügger Otto Schily Brunhilde Irber Günter Schluckebier Abgegebene Stimmen: 561; Uwe Hiksch Gabriele Iwersen Horst Schmidbauer davon Reinhold Hiller (Lübeck) berg) Renate Jäger (Nürn ja: 261 Stephan Hilsberg Ilse Janz Ulla Schmidt (Aachen) Gerd Höfer Dr. Uwe Jens Dagmar Schmidt (Meschede) nein: 297 Jelena Hoffmann (Chemnitz) Sabine Kaspereit Regina Schmidt-Zadel enthalten: 3 Frank Hofmann (Volkach) Susanne Kastner Heinz Schmitt (Berg) Ingrid Holzhüter Hans-Peter Kemper Dr. Emil Schnell Lothar Ibrügger Klaus Kirschner Walter Schöler Ja Brunhilde Irber Marianne Klappert Ottmar Schreiner Gabriele Iwersen Dr. Hans-Hinrich Knaape Gisela Schröter Renate Jäger Walter Kolbow Dr. Mathias Schubert SPD Ilse Janz Fritz Rudolf Körper Brigitte Schulte (Hameln) Dr. Uwe Jens Nicolette Kressl Volkmar Schultz (Köln) Gerd Andres Sabine Kaspereit Volker Kröning Ilse Schumann Ernst Bahr Susanne Kastner Thomas Krüger Dr. R. Werner Schuster Doris Barnett Hans-Peter Kemper Horst Kubatschka Dietmar Schütz (Oldenburg) Klaus Barthel Klaus Kirschner Eckart Kuhlwein Dr. Angelica Schwall-Düren Gerd Bauer Marianne Klappert Helga Kühn-Mengel Bodo Seidenthal Ingrid Becker-Inglau Hans-Ulrich Klose Konrad Kunick Lisa Seuster Hans Berger Dr. Hans-Hinrich Knaape Dr. Uwe Küster Horst Sielaff Hans-Werner Bertl Walter Kolbow Johannes Singer Werner Labsch Rudolf Bindig Fritz Rudolf Körper Wieland Sorge Brigitte Lange Anni Brandt-Elsweier Nicolette Kressl Dr. Dietrich Sperling Detlev von Larcher Tilo Braune Volker Kröning Jörg-Otto Spiller Klaus Lennartz Dr. Eberhard Brecht Thomas Krüger Dr. Peter Struck Klaus Lohmann (Witten) Edelgard Bulmahn Horst Kubatschka Joachim Tappe Erika Lotz Dr. Michael Bürsch Eckart Kuhlwein Jörg Tauss Dieter Maaß (Herne) Hans Martin Bury Helga Kühn-Mengel Dr. Bodo Teichmann Winfried Mante Marion Caspers-Merk Konrad Kunick Jella Teuchner Dorle Marx Peter Conradi Dr. Gerald Thalheim Dr. Uwe Küster Ulrike Mascher Dr. Herta Däubler-Gmelin Werner Labsch Christoph Matschie Wolfgang Thierse Franz Thönnes Karl Diller Brigitte Lange Ingrid Matthäus-Maier Peter Dreßen Detlev von Laroher Ulrike Mehl Adelheid Tröscher Hans-Eberhard Urbaniak Ludwig Eich Waltraud Lehn Herbert Meißner Petra Ernstberger Klaus Lennartz Angelika Mertens Siegfried Vergin Karsten D. Voigt (Frankfurt) Annette Faße Klaus Lohmann (Witten) Dr. Jürgen Meyer (Ulm) Elke Ferner Christa Lörcher Ursula Mogg Dr. Konstanze Wegner Wolfgang Weiermann Lothar Fischer (Homburg) Erika Lotz Siegmar Mosdorf Gabriele Fograscher Dieter Maaß (Herne) Michael Müller (Düsseldorf) Matthias Weisheit Weißgerber Iris Follak Winfried Mante Jutta Müller (Völklingen) Gunter Jochen Welt Eva Folta Dorle Marx Christian Müller (Zittau) Norbert Formanski Ulrike Mascher Gerhard Neumann (Gotha) Lydia Westrich Inge Wettig-Danielmeier Dagmar Freitag Christoph Matschie Dr. Edith Niehuis Dr. Norbert Wieczorek Anke Fuchs (Köln) Ingrid Matthäus-Maier Dr. Rolf Niese Helmut Wieczorek Arne Fuhrmann Ulrike Mehl Doris Odendahl (Duisburg) Monika Ganseforth Herbert Meißner Günter Oesinghaus Dieter Wiefelspütz Konrad Gilges Angelika Mertens Leyla Onur Berthold Wittich Iris Gleicke Dr. Jürgen Meyer (Ulm) Manfred Opel Dr. Wolfgang Wodarg Uwe Göllner Ursula Mogg Adolf Ostertag Verena Wohlleben Angelika Graf (Rosenheim) Siegmar Mosdorf Kurt Palis Hanna Wolf (München) Dieter Grasedieck Michael Müller (Düsseldorf) Albrecht Papenroth Heidi Wright Achim Großmann Jutta Müller (Völklingen) Dr. Willfried Penner Peter Zumkley Karl-Hermann Haack Christian Müller (Zittau) Dr. Martin Pfaff (Extertal) Gerhard Neumann (Gotha) Georg Pfannenstein Hans-Joachim Hacker Dr. Edith Niehuis Dr. Eckhart Pick F.D.P. Klaus Hagemann Dr. Rolf Niese Joachim Poß Manfred Hampel Doris Odendahl Rudolf Purps Dr. Burkhard Hirsch Christel Hanewinckel Günter Oesinghaus Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rah- Alfred Hartenbach Leyla Onur men ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versamm- Dr. Liesel Hartenstein Manfred Opel lungen des Europarates und der WEU, der NAV oder der IPU Klaus Hasenfratz Adolf Ostertag Jens Heinzig Kurt Palis Abgeordnete(r) Dieter Heistermann Albrecht Papenroth Antretter, Robe rt, SPD Schloten, Dieter, SPD Rolf Hempelmann Dr. Wilfried Penner Behrendt, Wolfgang, SPD Siebert, Bernd, CDU/CSU Dr. Barbara Hendricks Dr. Martin Pfaff Fischer (Unna), Leni, CDU/CSU Zierer, Benno, CDU/CSU Monika Heubaum Georg Pfannenstein 22498' Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Dr. Eckhart Pick BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN Klaus-Jürgen Warnick Gottfried Haschke Joachim PoB Dr. Winfried Wolf (Großhennersdorf) Rudolf Purps Gila Altmann (Aurich) Gerhard Zwerenz Gerda Hasselfeldt Karin Rehbock-Zureich Elisabeth Altmann Otto Hauser (Esslingen) Margot von Renesse (Pommelsbrunn) Hansgeorg Hauser Otto Reschke Marieluise Beck (Bremen) Nein (Rednitzhembach) Bernd Reuter Volker Beck (Köln) Klaus-Jürgen Hedrich Reinhold Robbe Angelika Beer Helmut Heiderich Dr. Hansjörg Schäfer Matthias Berninger CDU/CSU Manfred Heise Dieter Schanz Annelie Buntenbach Dr. Renate Hellwig Rudolf Scharping Amke Dietert-Scheuer Ulrich Adam Ernst Hinsken Bernd Scheelen Franziska Eichstädt-Bohlig Peter Altmaier Josef Hollerith Horst Schild Dr. Uschi Eid Anneliese Augustin Elke Holzapfel Otto Schily Andrea Fischer (Berlin) Jürgen Augustinowitz Dr. Karl-Heinz Hornhues Günter Schluckebier Joseph Fischer (Frankfurt) Heinz-Günter Bargfrede Joachim Hörster Horst Schmidbauer Rita Grießhaber Franz Peter Basten Hubert Hüppe (Nürnberg) Gerald Häfner Dr. Wolf Bauer Peter Jacoby Antje Ulla Schmidt (Aachen) Hermenau Brigitte Baumeister Susanne Jaffke Kristin Dagmar Schmidt (Meschede) Heyne Meinrad Belle Georg Janovsky Ulrike Höfken Regina Schmidt-Zadel Dr. Sabine Bergmann-Pohl Helmut Jawurek Michaele Hustedt Heinz Schmitt (Berg) Hans-Dirk Bierling Dr.-Ing. Rainer Jork Dr. Manuel Kiper Dr. Emil Schnell Dr. Joseph-Theodor Blank Michael Jung (Limburg) Monika Knoche Ulrich Junghanns Walter Schöler Renate Blank Dr. Angelika Köster-Loßack Dr. Egon Jüttner Ottmar Schreiner Dr. Heribert Blens Steffi Lemke Dr. Harald Kahl Gisela Schröter Peter Bleser Dr. Helmut Lippelt Bartholomäus Kalb Dr. Mathias Schube rt Dr. Norbert Blüm Oswald Metzger Steffen Kampeter Bri Dr. Maria Böhmer gitte Schulte (Hameln) Kerstin Müller (Köln) Dr.-Ing. Dietmar Kansy Volkmar Schultz (Köln) Jochen Borchert Winfried Nachtwei Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Manfred Kanther Use Schumann Christa Nickels Irmgard Karwatzki Dr. R. Werner Schuster Wolfgang Bosbach Egbert Nitsch (Rendsburg) Dr. Wolfgang Bötsch Volker Kauder Dietmar Schütz (Oldenburg) Cem Özdemir Eckart von Klaeden Dr. Angelica Schwall-Düren Klaus Brähmig Gerd Poppe Rudolf Braun (Auerbach) Ulrich Klinkert Bodo Seidenthal Dr. Jürgen Rochlitz Paul Breuer Hans-Ulrich Köhler Lisa Seuster Halo Saibold Monika Brudlewsky (Hainspitz) Horst Sielaff Christine Scheel Georg Brunnhuber Manfred Kolbe Johannes Singer Irmingard Schewe-Gerigk Klaus Bühler (Bruchsal) Eva-Maria Kors Wieland Sorge Rezzo Schlauch Hartmut Koschyk Hartmut Büttner Wolfgang Spanier Albert Schmidt (Hitzhofen) (Schönebeck) Manfred Koslowski Dr. Dietrich Sperling Wolfgang Schmitt Dankward Buwitt Thomas Kossendey Jörg-Otto Spiller (Langenfeld) Rudolf Kraus Manfred Carstens (Emstek) Antje-Marie Steen Ursula Schönberger Wolfgang Krause (Dessau) Wolfgang Dehnel Dr. Peter Struck Waltraud Schoppe Reiner Krziskewitz Hubert Deittert Joachim Tappe Werner Schulz (Berlin) Dr. Hermann Kues Albert Deß Jörg Tauss Marina Steindor Werner Kuhn Renate Diemers Dr. Bodo Christian Sterzing Dr. Karl A. Lamers Teichmann Wilhelm Dietzel Manfred Such (Heidelberg) Margitta Terborg Werner Dörflinger Dr. Antje Vollmer Dr. Norbert Lammert Jella Teuchner Hansjörgen Doss Dr. Gerald Thalheim Ludger Volmer Helmut Lamp Helmut Wilhelm (Amberg) Maria Eichhorn Herbert Lattmann Wolfgang Thierse Wolfgang Engelmann Franz Thönnes Margareta Wolf (Frankfurt) Dr. Paul Laufs Anke Eymer Karl-Josef Laumann Adelheid Tröscher Ilse Falk Hans-Eberhard Urbaniak Werner Lensing PDS Jochen Feilcke Christian Lenzer Siegfried Vergin Ulf Fink Ute Vogt (Pforzheim) Peter Letzgus Wolfgang Bierstedt Dirk Fischer (Hamburg) Karsten D. Voigt (Frankfurt) Editha Limbach Petra Bläss Klaus Francke (Hamburg) Dr. Konstanze Wegner Walter Link (Diepholz) Eva Bulling-Schröter Herbert Frankenhauser Wolfgang Weiermann Eduard Lintner Heinrich Graf von Einsiedel Dr. Gerhard Friedrich Dr. Klaus W. Lippold Matthias Weisheit Dr. Ludwig Elm Erich G. Fritz (Offenbach) Gunter Weißgerber Dr. Dagmar Enkelmann Hans-Joachim Fuchtel Dr. Manfred Lischewski Jochen Welt Andrea Gysi Michaela Geiger Wolfgang Lohmann Lydia Westrich Hanns-Peter Hartmann Norbert Geis (Lüdenscheid) Inge Wettig-Danielmeier Dr. Barbara Höll Dr. Heiner Geißler Julius Louven Dr. Norbert Wieczorek Dr. Willibald Jacob Michael Glos Sigrun Löwisch Helmut Wieczorek Gerhard Jüttemann Wilma Glücklich Heinrich Lummer (Duisburg) Dr. Heidi Knake-Werner Peter Götz Dr. Michael Luther Heidemarie Wieczorek-Zeul Rolf Köhne Dr. Wolfgang Götzer Erich Maaß (Wilhelmshaven) Dieter Wiefelspütz Rolf Kutzmutz Joachim Gres Dr. Dietrich Mahlo Berthold Wittich Heidemarie Lüth Kurt-Dieter Grill Erwin Marschewski Dr. Wolfgang Wodarg Dr. Günther Maleuda Wolfgang Gröbl Dr. Martin Mayer Verena Wohlleben Manfred Müller (Berlin) Hermann Gröhe (Siegertsbrunn) Hanna Wolf (München) Rosel Neuhäuser Manfred Grund Wolfgang Meckelburg Heidi Wright Dr. Uwe-Jens Rössel Horst Günther (Duisburg) Rudolf Meinl Uta Zapf Christina Schenk Carl-Detlev Freiherr von Dr. Michael Meister Peter Zumkley Steffen Tippach Hammerstein Friedrich Merz Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22499*

Rudolf Meyer (Wiesen) Reinhard Freihen von Hans-Dietrich Genscher Dr. Edzard Schmidt-Jortzig Hans Michelbach Schorlemer Joachim Günther (Plauen) Dr. Irmgard Schwaetzer Meinolf Michels Dr. Erika Schuchardt Dr. Karlheinz Guttmacher Dr. Hermann Otto Sohns Dr. Gerd Müller Wolfgang Schulhoff Dr. Helmut Haussmann Dr. Max Stadler Elmar Müller (Kirchheim) Dr. Dieter Schulte Ulrich Heinrich Carl-Ludwig Thiele Engelbert Nelle (Schwäbisch Gmünd) Walter Hirche Dr. Dieter Thomae Bernd Neumann (Bremen) Gerhard Schulz (Leipzig) Birgit Homburger Jürgen Türk Johannes Nitsch Frederik Schulze Dr. Werner Hoyer Dr. Wolfgang Weng Claudia Nolte (Sangershausen) Ulrich Irmer (Gerlingen) Dr. Rolf Olderog Diethard Schütze (Berlin) Dr. Klaus Kinkel Dr. Guido Westerwelle Friedhelm Ost Clemens Schwalbe Detlef Kleinert (Hannover) Eduard Oswald Dr. Christian Schwarz- Roland Kohn Norbert Otto (Erfurt) Schilling Dr. Heinrich L. Kolb Enthalten Dr. Gerhard Päselt Wilhelm Josef Sebastian Jürgen Koppelin Dr. Peter Paziorek Horst Seehofer Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann Ulrich Petzold Marion Seib Sabine Leutheusser- SPD Anton Pfeifer Heinz-Georg Seiffert Schnarrenberger Angelika Pfeiffer Rudolf Seiters Uwe Lühr Reinhold Hemker Dr. Friedbert Pflüger Johannes Selle Günther Friedrich Nolting Erwin Horn Beatrix Philipp Jürgen Sikora Dr. Rainer Ortleb Dr. Winfried Pinger Johannes Singhammer Lisa Peters Ronald Pofalla Bärbel Sothmann Dr. Klaus Röhl F.D.P. Dr. Hermann Pohler Margarete Späte Helmut Schäfer (Mainz) Ruprecht Polenz Carl-Dieter Spranger Cornelia Schmalz-Jacobsen Dr. Burkhard Hirsch Marlies Pretzlaff Wolfgang Steiger Erika Steinbach Dr. Albert Probst Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rah- Dr. Bernd Protzner Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten men ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versamm- Dieter Pützhofen lungen des Europarates und der WEU, der NAV oder der IPU Thomas Rachel Dr. Gerhard Stoltenberg Andreas Storm Abgeordnete(r) Hans Raidel Max Straubinger Dr. Peter Ramsauer Antretter, Robert, SPD Schloten, Dieter, SPD Matthäus Strebl Rolf Rau Behrendt, Wolfgang, SPD Siebert, Bernd, CDU/CSU Michael Stübgen Helmut Rauber Fischer (Unna), Leni, CDU/CSU Zierer, Benno, CDU/CSU Egon Susset Peter Harald Rauen Dr. Rita Süssmuth Christa Reichard (Dresden) Michael Teiser Klaus Dieter Reichardt Dr. Susanne Tiemann (Mannheim) Gottfried Tröger Erika Reinhardt Dr. Klaus-Dieter Uelhoff Hans-Peter Repnik Gunnar Uldall Anlage 12 Roland Richter Wolfgang Vogt (Duren) Dr. Norbert Rieder Dr. Horst Waffenschmidt Zu Protokoll gegebene Rede Dr. Erich Riedl (München) Kersten Wetzel zu Tagesordnungspunkt 19 Klauslaus Riegert Hans-Otto Wilhelm (Mainz) Franz Romer (Beratung des Endberichts zu „sogenannten Gert Willner Sekten und Psychogruppen") Hannelore Rönsch Bernd Wilz (Wiesbaden) Willy Wimmer (Neuss) Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Matthias Wissmann Rose! Neuhäuser (PDS): Die Enquete-Kommission Kurt J. Rossmanith Dr. Fritz Wittmann hat einen sehr umfangreichen Bericht vorgelegt, der Adolf Roth (Gießen) Dagmar Wöhrl Norbert Röttgen die von der Kommission geleistete Arbeit ausführlich Michael Wonneberger dokumentiert. Wir als PDS konnten uns an der Arbeit Dr. Christian Ruck Elke Wülfing Volker Rühe Peter Kurt Würzbach der Kommission nicht in dem Maße beteiligen, wie es Dr. Jürgen Rüttgers Cornelia Yzer wünschenswert gewesen wäre, weil wir nur eine Roland Sauer (Stuttga rt) Wolfgang Zeitlmann kleine Gruppe sind - noch, denn das wird sich ja mit Ortrun Schätzle Wolfgang Zöller den bevorstehenden Wahlen ändern. Dr. Wolfgang Schäuble Hartmut Schauerte Ich möchte mich deshalb an dieser Stelle noch ein- Heinz Schemken SPD mal ausdrücklich bei dem von uns benannten Sach- Karl-Heinz Scherhag verständigen bedanken: bei Ingolf Christiansen, der Gerhard Scheu Christel Deichmann sich unermüdlich durch die Papierberge der Kommis- Norbert Schindler Dietmar Schlee sion gearbeitet hat. Ulrich Schmalz F.D.P. Die Arbeit der Kommission hat eine Reihe wichti- Bernd Schmidbauer ger Erkenntnisse gebracht über die diversen Grup- Christian Schmidt (Fürth) Ina Albowitz Dr.-Ing. Joachim Schmidt Dr. Gisela Babel pen, die sich auf diesem „Psychomarkt" tummeln, (Halsbrücke) Hildebrecht Braun und vor allem auch über die Probleme der Men- Andreas Schmidt (Mülheim) (Augsburg) schen, die mit den sogenannten Sekten und Psycho- Hans-Otto Schmiedeberg Günther Bredehorn gruppen zu tun bekommen. Wir sind natürlich nicht Hans Peter Schmitz Jörg van Essen mit allen Schlußfolgerungen einverstanden. Den Ein- (Baesweiler) Dr. Olaf Feldmann satz des Verfassungsschutzes auf diesem Gebiet Michael von Schmude Gisela Frick etwa lehnen wir ab - einem weiteren Ausbau des Birgit Schnieber-Jastram Paul K. Friedhoff Dr. Andreas Schockenhoff Horst Friedrich Überwachungsstaates werden wir keinesfalls zustim- Dr. Rupert Scholz Rainer Funke men. 22500 * Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Ich möchte mich hier aber nicht zu weiteren Ein- spiel Neue Akropolis, Universelles Leben), in der zelheiten des Berichts äußern, sondern die Gelegen- Tradition nationalsozialistischen Gedankenguts ste- heit nutzen, um einen grundsätzlichen Einwand vor- hen (wie zum Beispiel die Deutsche Unitarier Reli- zubringen. In dem Teil des Berichts, der sich mit der gionsgemeinschaft), mit rechtsextremen und neofa- gesellschaftlichen Dimension des Phänomens be- schistischen Organisationen eng zusammenarbei- schäftigt, fehlt meines Erachtens ein ganz wesentli- ten (wie zum Beispiel die Mun-Sekte), eng in das cher Aspekt. Bei fast allen Gruppen, die auf dem Psy- rechtskonservative Spektrum eingebunden sind chomarkt und im Bereich der Esoterik aktiv sind, fin- und zudem von Personen wie beispielsweise von den wir einen gemeinsamen Charakterzug: die Wen- Professor Knütter oder von Organisationen wie dung gegen die Prinzipien der Aufklärung. Das be- dem Studienzentrum Weikersheim Unterstützung trifft zum einen das rationale Denken allgemein, das erfahren. Dies ist der Fall beim „Verein zur Förde- durch Mystik und Spiritualität ersetzt oder ergänzt rung der Psychologischen Menschenkenntnis" werden soll. (VPM). Mich bewegt auch die Frage, welche Entwicklun- Auch diese Aspekte spielen im Bericht keine Rolle, gen in dieser Gesellschaft dazu führen, daß sich of- wie auch der ganze Bereich des Neuheidentums, das fensichtlich immer mehr und vor allem auch junge in der rechtsextremen Szene immer mehr an Bedeu- Menschen diesen Gedanken zuwenden. Offensicht- tung gewinnt. lich ist die Gesellschaft nicht in der Lage, elementare Bedürfnisse nach Orientierung und Fürsorge zu be- Trotz des umfangreichen Berichts bleiben also friedigen. Die Lösung dieses Problems allein in der noch viele Fragen offen. Antworten darauf sind aller- restriktiven Aburteilung der Gruppen zu suchen, die dings von einer Untersuchungskommission dieses - wohlgemerkt scheinbar - diese Nachfrage befriedi- Bundestages nicht zu erwarten, weil dann die herr- gen, erscheint mit blauäugig. schende Politik selber ins Blickfeld und in die Kritik geraten würde. Insbesondere aber ist es das Prinzip der Gleichheit der Menschen, das in diesem Bereich fundamental in Frage gestellt wird. Mit allen möglichen Begründun- gen - sei es die Natur, Gott oder irgendein anderes höheres Wesen - wird eine quasi natürliche Un- gleichheit der Menschen postuliert. Anlage 13

Diese antidemokratische Stoßrichtung der Ideolo- Zu Protokoll gegebene Rede gie der sogenannten Sekten und Psychogruppen zu Tagesordnungspunkt 9d wird im Bericht überhaupt nicht behandelt. Das ist (a - Antrag: Biotechnologie - entscheidender Faktor auch nicht verwunderlich: Die hier im Bundestag einer zukunftsorientierten Innovationspolitik; vorherrschende Politik sitzt in Sachen Demokratieab- b - Antrag: Sozial-ökologische Weiterentwicklung bau sozusagen im Glashaus. Und wenn wir den Be- des Vorschlages für eine Richtlinie des Rates zur reich Ausländer- und Asylpolitik betrachten, müssen Änderung der Richtlinie 90/220/EWG über die wir feststellen, daß der Gleichheitsgedanke immer absichtliche Freisetzung genetisch veränderter mehr zurückgedrängt und eine Ungleichheit der Organismen in die Umwelt; Menschen gesetzlich festgeschrieben wird. c - Antrag: Das Innovationspotential der modernen Bio- und Gentechnologie nutzen) Es wäre eine interessante Frage, inwieweit die Ab- sage an das Prinzip der Gleichheit der gesellschaftli- chen Entwicklung entspricht. Dazu nur ein Beispiel: In einer großformatigen Werbebroschüre von Merce- des-Benz ist auf dem Deckblatt eben die Aussage zu Dr. Karlheinz Guttmacher (F.D.P.): Am Beispiel der lesen: „Alle Menschen sind nicht gleich. " Beim Biotechnologie und ihrer Entwicklung innerhalb der Durchblättern der Broschüre erfährt der Leser, daß letzten sechs Jahre in Deutschland läßt sich in beson- die Menschen sich darin unterscheiden, ob sie einen ders erfreulicher Weise demonst rieren, wie segens- Mercedes besitzen oder nicht. Selbst die Werbung reich das Zusammenwirken exzellenter Wissen- kokettiert also mit der Absage an das Prinzip der schaft, innovationsfreudiger Unternehmen und guter Gleichheit der Menschen - ein deutlicher Hinweis Politik sein kann. Die vor sechs Jahren von der Mehr- darauf, daß es sich dabei nicht um ein Randphäno- heit der Koalitionsfraktionen im Deutschen Bundes- men handelt. tag gegen den Widerstand der Opposition durchge- setzte Novellierung des Gentechnikgesetzes war die Zurück zum Bericht der Kommission: Im Mittel- unverzichtbare Voraussetzung, um den endgültigen punkt des öffentlichen Interesses stand meist das Exodus dieser Technologie aus Deutschland zu ver- Thema Scientology. Bei aller berechtigten Kritik an hindern. den Zielvorstellungen und Praktiken von Sciento- logy darf nicht aus dem Blick geraten, daß auch an- Darüber hinaus war es eine der schwierigsten dere „Sekten" undemokratische Strukturen aufwei- Aufgaben, die allgemeine Akzeptanz der Bevölke- sen (zum Beispiel ISKON/Krishna), autoritären und rung für diese Schlüsseltechnologie der Zukunft frauenfeindlichen Vorstellungen anhängen (wie durch Transparenz und Vertrauensbildung zu schaf- zum Beispiel die Zeugen Jehovas), rassistische und fen, auszubauen und zu verstärken. Dies war beson- antisemitische Positionen vertreten (wie zum Bei- ders deshalb schwierig, weil lange Zeit die Haltung Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22501* gegenüber der Gentechnik von manchen Parteien Anlage 14 zu einem Identifikationsmerkmal der politischen Prägung gemacht wurde. Wer gegen Gentechnik Zu Protokoll gegebene Reden war, war für Rotgrün und umgekehrt. zu Tagesordnungspunkt 20 (a - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung Es ist der Einsichtsfähigkeit oder Wandlungsfähig- des § 42 Abs. 2 des Wohngeldgesetzes und keit der SPD zu danken, daß sie aus dieser verhäng- des § 9 Abs. 3 und 4 des Eigenheimzulagengesetzes; nisvollen Polarisierung ausgebrochen ist. Nur noch b - Antrag: Verlängerung der ökologischen ein versprengter Teil grüner Fundamentalisten hält Komponente bei der Eigenheimzulage, an der grundsätzlichen Ablehnung der Gentechnik c - Antrag: Novellierung des Eigenheim fest. In vielen Landesregierungen hatte die politi- zulagengesetzes) sche Ablehnung der Gentechnik einen geordneten Genehmigungsprozeß außer Kraft gesetzt. Mancher Beamte mutierte zum Überzeugungstäter. In dieser Eduard Oswald, (Bundesminister für Raumord- Situation hätte es beinahe eines kompletten Genera- nung, Bauwesen und Städtebau): Die Wohnungspoli- tionswechsels bedurft, um wieder zu einer vorbe- tik für die neuen Länder ist eines der Erfolgskapitel haltlosen Verwaltungspraxis zurückzufinden. Doch der deutschen Einheit. Die Überführung des ostdeut- diese Zeit blieb uns nicht, wenn wir im internatio- schen Wohnungswesens in die soziale Wohnungs- nalen Wettbewerb nicht gänzlich verschwinden marktwirtschaft wurde reibungslos bewältigt. Jeder wollten. Zweite in den neuen Ländern lebt heute in einer bes- seren Wohnung als zu Zeiten des DDR-Sozialismus. Deshalb hat die Bundesregierung mit der Erfin- Das Wohngeld war und ist dabei für die Bürger in dung der Leitprojekte und dem BioRegio-Wettbe- den neuen Ländern eine ganz wichtige und unver- werb als erstem Prototyp dieses neuen Förderungsin- zichtbare Hilfe. Das Sonderwohngeld hat sicherge- struments einen genialen Schachzug unternommen. stellt, daß besseres Wohnen bezahlbar blieb und Die insbesondere von den Regionen so sehnsüchtig bleibt. erwarteten Fördermittel wurden plötzlich nur noch dann zugeteilt, wenn Wissenschaft, Wi rtschaft und Mit dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf von Verwaltung ein in sich überzeugendes und von allen CDU/CSU und F.D.P. wird die erfolgreiche Woh- drei Partnern gewolltes Projekt vorstellten. Plötzlich nungspolitik der von den Koalitionsfraktionen getra- bewarben sich Regionen, die zuvor am liebsten mit genen Bundesregierung in den neuen Ländern fo rt dem Logo „Gentechnikfreie Zone " geworben hätten. -geführt. Die Erweiterung der Verordnungsgrundlage Es stellte sich schnell heraus, wo in Ost und West die im Wohngeldgesetz schafft die Voraussetzungen da- erfolgversprechendsten Ansätze zu finden sind. Ich für, daß die Wohngeld-Sonderregelungen in den für meinen Teil freue mich besonders, daß mit dem neuen Ländern auch 1999 und 2000 fortgeführt wer- Sonderpreis für die BioRegio Jena auch das Land den können. Thüringen eines dieser Kompetenzzentren in Deutschland stellt. Meine Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle nochmals betonen, daß die Fortführung der Die Resultate dieses Wettbewerbs haben nicht nur Sonderregelungen nicht das primäre Anliegen der national für Aufsehen gesorgt, sondern uns auch in- Bundesregierung gewesen ist. Wir wollten vielmehr ternational wieder in die Erinnerung gebracht. Heut- die Wohngeldfrage in den neuen Ländern im Rah- zutage nimmt die Zahl der strategischen Allianzen men einer gesamtdeutschen Wohngeld-Struktur- zwischen deutschen und amerikanischen Unterneh- novelle lösen. Wir wollten eine Wohngeld-Struktur- men und die Höhe der Auslandsinvestitionen wieder novelle, die allen Bürgern in Deutschland Verbesse- zu. Die deutsche Industrie verstärkt ihr technologi- rungen gebracht hätte. sches Engagement auch wieder am Standort Deutschland. Knapp 500 Unternehmen bieten in die- Ich habe vor zwei Monaten Eckwerte für eine sol- ser Branche in Deutschland Arbeitsplätze, und die che Novelle vorgelegt. Damit hätten die seit Jahren Investitionen vervielfachen sich von Jahr zu Jahr. drängenden Probleme des Wohngeldes gelöst wer- Nachdem mehr als 60 Prozent der Bevölkerung die den können. Auffassung teilen, daß Deutschland auf dem Gebiet Ich nenne zwei Punkte: der Biotechnologie wieder eine Spitzenstellung ein- nehmen muß, überrascht es nicht, daß auch p rivates 1. die Beseitigung der strukturellen Verwerfungen Wagniskapital in zunehmendem Maße für diese zwischen Pauschal- und Tabellenwohngeld; Branche bereit steht. 2. eine Anhebung des durchschnittlichen Wohngel- Die Erfahrungen mit dem Gentechnikgesetz zei- des in den alten Ländern um ca. 40 DM monatlich gen das gesamte Wirkungsspektrum politischer Ent- für die Tabellenwohngeldempfänger. scheidungen vom Schaden bis zum Nutzen. Wir soll- ten alle für die Zukunft hieraus unsere Lehren ziehen Der Mehraufwand von 500 Millionen DM jährlich und eher sorgsam vermeiden, daß unser Land nur wäre für Bund und Länder haushaltsmäßig verkraft- dadurch ins Hintertreffen gerät, weil wir falschen bar gewesen. Die Gemeinden wären nicht zusätzlich Propheten glauben, Chancen verteufeln und Risiken belastet worden. Zugleich wäre das heutige Lei- übertrieben zum Popanz aufbauen. Wir müssen diese- stungsniveau des Tabellenwohngeldes in den neuen Erfahrungen sowohl nach Europa als auch in die Ländern weitgehend erhalten geblieben. Eine geson- Länder weitertragen. derte Regelung für die neuen Länder, für die wir jetzt 22502* Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 mit der Erweiterung der Verordnungsermächtigung Die besondere Förderung für die Voraussetzungen schaffen, wäre entbehrlich ge- wesen. - den Einbau von energieeinsparenden Technolo- gien wie Solaranlagen, Wärmepumpen und Wär- Die Ländermehrheit hat sich einer solchen Wohn- merückgewinnungsanlagen und geldstrukturnovelle verweigert. Deshalb werden wir - daneben für die Errichtung von Niedrigenergie- jetzt die „kleine Lösung" für die neuen Länder um- häusern setzen. Damit vermeiden wir, daß es für die Bürgerin- nen und Bürger zwischen Stralsund und Dresden leistet einen wichtigen Beitrag zur Energieeinspa- und zwischen Ost-Berlin und Frankfurt/Oder zu ei- rung im Bereich der Gebäudebewirtschaftung. Mit ner Verschlechterung des Wohngeldes ab 1999 diesen Hilfen unterstützt das selbstgenutzte Wohn- kommt. eigentum das Ziel der Bundesregierung, zu einer deutlichen Reduzierung des CO 2-Ausstoßes zu kom- Wir gehen damit bewußt über das hinaus, was men. 1996 Bundestag und Bundesrat einvernehmlich be- schlossen hatten. Damals war nämlich nur die Mög- Die Baugenehmigungs- und Fertigstellungszahlen lichkeit vorgesehen, eine von drei Sonderregelun- zeigen, daß sich derzeit viele Bürgerinnen und Bür- gen, und zwar die für die Höchstbeträge für Miete ger den Wunsch vom eigenen Heim verwirklichen oder Belastungen, durch Rechtsverordnung zu ver- oder in Kürze verwirklichen wollen. Die dabei drin- längern. Bei der gegenwärtigen Arbeitsmarkt- und gend erwünschten energiesparenden Standards Einkommensentwicklung in den neuen Ländern ist rechnen sich aber oft noch nicht „von selbst" . Die es aber zwingend notwendig, alle drei Wohngeld- Verlängerung der Frist um zwei Jahre bis Ende 2000 Sonderregelungen zu verlängern. Denn der beson- erhält damit einen wichtigen Anreiz für die Realisie- dere Einkommensfreibetrag und der erhöhte Pau- rung umweltgerechten Wohneigentums aufrecht. schalabzug vom Einkommen kommt vor allem Meine Damen und Herren, ich stelle mit Befrie- besonders einkommensschwachen Haushalten wie digung fest, daß der Gesetzesentwurf der Koalitions- Rentnern und Menschen ohne Arbeit zugute. Ohne fraktionen im Bauausschuß einstimmige Zustim- die Verlängerung würden diese Haushalte in Einzel- mung gefunden hat und auch in den mitberatenden fällen um über 50 Prozent weniger Wohngeld er- Ausschüssen größtenteils auf eine breite Mehrheit halten. gestoßen ist. Ich hoffe, daß nach Verabschiedung des Meine Damen und Herren, dieses Gesetzgebungs- Gesetzes hier im Bundestag das Verfahren im Bun- verfahren ist besonders eilbedürftig. Denn die Wohn- desrat rasch zu einem erfolgreichen konsensualen geldempfänger in den neuen Ländern erhalten seit Abschluß führen wird. Februar dieses Jahres Wohngeldbescheide, bei de- nen die Höhe des ab 1999 zustehenden Wohngeldes Dr. Michael Meister (CDU/CSU): Die Erfolgsstory - offengehalten ist. Es gilt deshalb, möglichst schnell Eigenheimzulagengesetz und Reform des Bauspa- die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die rens - geht weiter. Die Koalition hat mit der Novelle Wohngeldempfänger in den neuen Ländern Gewiß- des Eigenheimzulagengesetzes und der Reform des heit über das ihnen ab 1999 zustehende Wohngeld Bausparens zukunftsweisende Zeichen gesetzt, die erhalten können. von der Bevölkerung mit sehr großem Zuspruch an- genommen wurden. Ziele des neuen Eigenheimzula- Die Bundesregierung hat schon am 27. Mai die gengesetzes waren, bei Beibehaltung des Finanz- Verordnung zur Verlängerung aller drei Sonderrege- volumens die Familienkompetente zu stärken und lungen beschlossen. Mit diesem Gesetz schaffen Sie Unabhängigkeit von der Steuerprogression zu schaf- die gesetzlichen Voraussetzungen, daß die Verord- fen. Deshalb erfolgte eine Umstellung zu einer pro- nung nach Zustimmung des Bundesrates rasch in gressionsunabhängigen Eigenheimzulage. Die Stär- Kraft gesetzt werden kann. kung des Wohneigentums wurde als ein Beitrag zur Vermögensbildung, zur Altersvorsorge und zur Meine Damen und Herren, mit dem zweiten Teil Wohnungsvorsorge geleistet. Außerdem sollten zu- des Gesetzes wollen wir die Förderung ökologischen sätzliche Einkommensschichten Wohneigentümer und energiesparenden Bauens im Eigenheimzula- werden. Die finanziellen Voraussetzungen für junge gengesetz verlängern. Die Eigenheimzulage, die wir Familien mit Kindern sollten verbessert werden. in einem breiten Konsens zum 1. Januar 1996 einge- führt haben, ist ein großer Erfolg der Wohneigen- Gleichzeitig wurde der Bausparvertrag gestärkt, tumspolitik der Bundesregierung. Die Eigenheim- damit eine erforderliche Kreditaufnahme kalkulier- nachfrage steigt seither kräftig. Sie ist die tragende bar und in tragbaren Grenzen gehalten werden Säule des Wohnungsbaus. kann. Das zur Zeit äußerst günstige Zinsniveau - das niedrigste seit 30 Jahren - wirkt sich für die momen- Mit den Öko-Zulagen haben wir gezielte Anreize tanen Bauherren sehr positiv aus. Bei Zinsen unter geschaffen, um das energiesparende und damit um- 6 Prozent fällt jedes Bauvorhaben billiger aus und er- weltgerechte Bauen beim selbstgenutzten Wohn- möglicht daher vielfältig eine einfachere Realisie- eigentum auf breiter Front voranzubringen. Diese rung des Eigenheims. Anreize sind im Vorfeld der geplanten Energieein- sparverordnung auch weiterhin notwendig, damit Als Folge dieser Novelle konnte schon nach weni- der Einsatz umweltgerechter Technologien beim gen Monaten ein Positivtrend hinsichtlich der Zahl Eigenheimbau an Breite gewinnt. der Baugenehmigungen festgestellt werden. Wäh- Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22503* rend vor der Einführung der Novelle die Baugeneh- Gebäudebestand leisten. Aus klimapolitischer Sicht migungen stark zurückgingen, entwickelte sich die bedarf es im besonderen der Ausschöpfung der CO 2 Anzahl der Baugenehmigungen in nur sechs Mona- -Minderungspotentiale im Gebäudebestand. Die bis ten von minus 10 Prozent auf plus 6 Prozent im Ei- jetzt bestehenden bedingten Anforderungen sind genheimbereich. In Ostdeutschland konnte im ersten nach wie vor unzureichend. Grund dafür ist auch der Jahr nach der Einführung der Eigenheimzulage eine nicht voll befriedigende Vollzug der Wärmeschutz- Steigerung um 10,9 Prozent beim Einfamilienhaus- und Heizungsanlagenverordnung durch die Länder. bau festgestellt werden. Gleichzeitig ist besonders Dies soll durch die neue Energieeinsparverordnung erfreulich, daß die damit im Zusammenhang ste- auch verbessert werden. hende Reform des Bausparens sowohl in den alten wie auch in den neuen Bundesländern bei den Bau- Die Ziele der Energieeinsparverordnung, vor al- sparern angeschlagen hat. Diese gesamtdeutschen lem die bedingten Anforderungen im Gebäudebe- Erfolge sollen durch weiterhin bestehende Förde- stand, sollen durch gezielte Förderungen in Form rung im Ökobereich ausgebaut werden. von wirtschaftlichen Anreizen erfolgreich werden. Die bestehenden Förderprogramme, hier seien nur Ärgerlich ist in diesem Zusammenhang, daß die die KfW-Programme genannt, werden weiterge- Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nicht bereit ist, führt, und gegebenenfalls wird eine Aufstockung diese Erfolge zu sehen, sondern als Ziel nur eine Aus- erfolgen. Diese Kreditprogramme, die die Kreditan- höhlung dieses für den einzelnen so positiven Eigen- stalt für Wiederaufbau und die Deutsche Aus- heimzulagengesetzes hat. Wir werden Ihre ständigen gleichsbank aus Mitteln des Bundes und des ERP- Angriffe auf die Bildung selbstgenutzten Wohn- Sondervermögens sowie aus eigenen Mitteln ver- eigentums auch in Zukunft abwehren. billigt auf dem Markt anbieten, haben zur Folge, daß Investitionshemmnisse, insbesondere in den Die Energiespar- und die Niedrigenergiezulage neuen Ländern, überwunden werden. Durch die des Eigenheimzulagengesetzes sind im Zusammen- -Programme werden im weiten Maße Energiespar hang mit der CO2-Minderung im Gebäudebereich und CO2-Minderungsprogramme angeregt. Gleich- und der umweltfreundlicheren Erstellung und Erhal- zeitig wirkt sich diese umweltpolitisch notwendige tung von Wohneigentum von erheblicher Bedeutung. Sanierung im Gebäudebestand durch die Förder- Die geforderten Maßnahmen, es seien hier nur die gelder positiv auf die Beschäftigungswirkung im Solaranlagen und die Anlagen zur Wärmerückfüh- Baubereich aus. Nutzen haben daher nicht nur die rung genannt, machen deutlich, daß die Koalition auf Eigentümer, sondern auch alle am Baugewerbe Be- wirksame Maßnahmen für das nächste Jahrtausend teiligten, also alle vom kleinen Handwerker bis abzielt, die auch für zukünftige Generationen von zum großen Bauunternehmen. elementarer Bedeutung sein werden. Die bis jetzt er- zielten Ergebnisse des Kohlendioxidausstoßes sind Auf dem Weg zu dieser Energieeinsparverord- nachhaltig. Die Anforderungen an das Niedrigener- nung, die richtungsweisend für die Zukunft sein giehaus sind in den meisten Neubauten schon erfüllt, wird, liegt uns schon ein Eckpunkteprogramm vor, und die Wärmerückgewinnung gehört vielerorts zum das unter anderen folgende Kernelemente beinhal- Standard. tet: Verschärfung der Anforderungen an das ener- Die jetzige auf zwei Jahre begrenzte Verlängerung giesparende Bauen mit dem Ziel einer Verbrauchs- des Ökobonus soll gerade den Bauherren zugute senkung um durchschnittlich 30 Prozent bei Neu- kommen, die wegen Verzögerungen ihrer Bauvorha- bauten; für die ganz überwiegende Zahl von neu ben ansonsten nicht in den Genuß der Förderung zu errichtenden Gebäuden Übergang vom Heiz- kommen würden. Im Interesse der Verstetigung er- wärmebedarf zum Heizenergiebedarf als Bezugs- scheint eine Förderung von weiteren zwei Jahren größe für die in der Verordnung festzulegenden sachgerecht. Grenzwerte und damit Einbeziehung der Energie- verluste der Heizungsanlage; bei Einsatz der Se- Durch ein Aktionsprogramm wie den Ökobonus kundärenergie Verwendung der Bezugsgröße des wird deutlich, daß es möglich ist, die Akzeptanz in Heizwärmebedarfs unter zusätzlicher Einbeziehung der Bevölkerung für steigende ökologische Anforde- der Verteilerverluste im Gebäude; Einbeziehung rungen zu erhöhen. Es versöhnt nämlich das tech- der bisherigen Mindestforderungen aus der Hei- nisch Machbare mit dem ökologisch Erforderlichen zungsanlagenverordnung; Erweiterung des bisheri- und dem ökonomisch Sinnvollen. gen Wärmebedarfsausweises zu einem Energiebe- darfsausweis. Weiterhin bestehendes Ziel ist die Energieeinspar- verordnung, mit der die Wärmeschutz- und die Hei- Für die Realisierung der Energieeinsparverord- zungsanlagenverordnung zusammengefaßt werden. nung wird auf allen Ebenen diskutiert, damit das Diese Zusammenfassung der baulichen und der anla- möglichst Beste für die Bürger des Landes geschaf- gentechnischen Energiesparmaßnahmen ist aus fen werden kann. So fanden gerade diese Woche die technischen, wirtschaftlichen und energieökonomi- Deichmanns Auer Gespräche wieder statt, die sich schen Gründen geboten, da hierdurch erhebliche Re- im besonderen mit der Vollendung der Energieein- duktionspotentiale auf der Heizungs- und Anlagen- sparverordnung auseinandersetzen. seite ohne nennenswerte Kostensteigerung genutzt werden können. Die Energieeinsparverordnung wird Lassen Sie uns den begonnenen Weg der erfolgrei- zu einem Absinken des Heizungsbedarfs von 25 bis chen Eigenheimzulagenpolitik zum Wohle der Bür- 30 Prozent führen. Sie wird einen erheblichen ger dieses Landes und der Umwelt auch im nächsten Beitrag zur CO 2-Reduktion in Neubauten und im Jahrhundert weiterbeschreiten! 22504* Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Hannelore Rönsch (Wiesbaden) (CDU/CSU): Wir tel in Höhe von 250 Millionen DM jährlich in Aus- verabschieden heute einen Gesetzentwurf der Koali- sicht gestellt. Selbstverständlich hätten die Länder tion, der im Wohngeldrecht für die neuen Länder den gleichen Betrag zur Verfügung stellen müssen. und in der Wohneigentumsbildung Verbesserungen Und an dieser Stelle haben die SPD-Finanzminister für unsere Bürgerinnen und Bürger schafft. Ich freue aus Kostengründen blockiert, denn die Unions mich darüber, daß wir dies heute einstimmig be- Finanzminister waren zu Gesprächen bereit. Deshalb schließen. haben auch die SPD-Bauminister keine Initiative im Bundesrat ergriffen. Die Verlängerung der Anschlußregelung für das Sonderwohngeld in den neuen Ländern bis zum Die Koalition ist jederzeit zu weiteren Gesprächen Ende des Jahres 2000 sichert ab, daß die Wohngeld- über eine gesamtdeutsche Wohngeldreform bereit. empfänger in den neuen Ländern im nächsten Jahr Das gilt im übrigen auch für die Reform des sozialen keine Leistungseinbußen hinnehmen müssen. Kein Wohnungsbaus, dessen Sachberatung die Opposi- Wohngeldempfänger in den neuen Ländern wird tion im Wohnungsbauausschuß immer wieder verzö- nun mehrbelastet. gert hat. Bei den Haushaltsberatungen für den Haus- Die Wohnungs- und Mietenpolitik in den neuen halt 1999 werden sich die Wohnungsbaupolitiker Ländern ist auf einem guten Weg. Angesichts des meiner Fraktion für einen Haushaltsansatz beim Wohngeld einsetzen, der eine schnelle Wohngeld- Mietenanstiegs im Ap ril um nur 1,5 Prozent gegen- über dem Vorjahresmonat können wir heute gemein- reform 1999 möglich macht. Ich lade Sie herzlich ein, sam feststellen: Die Einführung des Vergleichsmie- sich an diesen Beratungen konstruktiv zu beteiligen. tensystems zum 1. Januar 1998 im vergangenen Jahr war richtig. Der Mietenanstieg in den neuen Bundes- (CDU/CSU): Am 27. 10. 1995 ver- ländern liegt heute unter dem in den alten Bundes- Johannes Selle abschiedete der Deutsche Bundestag das „Gesetz ländern. Die Mietenentwicklung in den alten Bun- zur Neuregelung der steuerlichen Wohneigentums- desländern ist insgesamt aber auch sehr günstig - förderung". Nach der Zustimmung durch den Bun- erstmals seit 1987 eine Steigerung um unter 2 Pro- desrat am 24. 11. 1995 trat das Gesetz am 23. 12. 1995 zent. 2,2 Millionen DM in diesem Jahr für errichtete in Kraft. neue Wohnungen haben den Wohnungsmarkt entla- stet. Pünktlich einen Tag vor Heiligabend kam damit Trotzdem hätte ich mir gewünscht, daß wir heute ein langersehntes Geschenk auf den Tisch vieler eine gesamtdeutsche Wohngeldreform verabschie- Bürgerinnen und Bürger. Insbesondere jüngere Fa- den können. Seit 1990 warten unsere Wohngeldemp- milien konnten und können seitdem ihren Wunsch fänger in den alten Bundesländern darauf, daß ihr nach den eigenen vier Wänden besser und schneller Wohngeld dem Mietenanstieg entsprechend angeho- verwirklichen. Für viele Familien wurde dieses Ziel ben wird. Vor allem aber brauchen wir eine Struktur- der Schaffung von Wohneigentum durch die Neure- reform, die die steigenden Kosten des pauschalierten gelung überhaupt erst erreichbar. Wohngeldes begrenzt. So entfallen heute auf die Die Ausdehnung der Bausparförderung auf die Hälfte der Wohngeldempfänger in den alten Ländern neuen Einkommensgrenzen von 50 000 bzw. 100 000 Pauschalwohngeld. Gleichzeitig beanspruchen sie DM für Verheiratete, vor allem aber die unmittelbare aber 70 Prozent der Wohngeldkosten. Diese Benach- Förderung von Bauvorhaben durch steuerunabhän- teiligung der Tabellenwohngeldempfänger müssen gige Zulagen wurden zum durchschlagenden Erfolg. wir endlich durch eine Anwendung des Tabellen- wohngeldes auch für die heutigen Pauschalwohn- Nach Berechnungen des Verbandes der p rivaten geldempfänger regeln. Bausparkassen sind der Bau bzw. die Genehmigung Die Eckpunkte für eine Wohngeldstrukturnovelle von Einfamilienhäusern in den Jahren 1996/97 ge- des Bauministers vom April würden die notwendigen genüber 1995 um insgesamt 22,6 Prozent gestiegen. strukturellen Veränderungen bewirken und die Dies ist um so bedeutsamer, als die Genehmigungen Höchstbeträge für Miete oder Belastungen in den al- im allgemeinen Wohnungsbau im gleichen Zeitraum ten Ländern um 20 Prozent und die Freibeträge an- um 13,1 Prozent zurückgegangen sind. Auch an heben. Der Mietenanstieg der vergangenen Jahre Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen ist von 35 Prozent könnte dadurch zu einem großen Teil der Aufstiegstrend nicht abzulesen. ausgeglichen werden. Die Kommunen hätten im Daraus ergibt sich, daß das Eigenheimzulagenge- nächsten Jahr auch keine Mehrausgaben gehabt. setz vor allem ein wesentliches Segment der Bau- Über diese Eckpunkte hätten wir gerne mit der branche zu neuem Leben und starkem Wachstum er- Opposition verhandelt. Sie sind ja nicht unser letztes weckt hat: den Bau von Einfamilienhäusern. Angebot. Immer wieder haben Sie von der Bundesre- gierung Eckwerte eingefordert. Aber als sie dann Offensichtlich ist es uns mit dem 1995 verabschie- vorlagen, haben die Länder - auf Druck der SPD- deten Gesetz gelungen, die Wohneigentumsbildung Bundestagsfraktion, Herr Großmann - Gespräche nachhaltig positiv zu beeinflussen. Wir haben in gro- über die Inhalte mit dem Bundesbauminister verwei- ßem Umfang die sogenannten Schwellenhaushalte gert. erreicht, jene Haushalte also, die bisher die Schwelle - zum Bau oder Erwerb der eigenen vier Wände nicht Die Regierung hat im Ap ril einen vernünftigen überschreiten konnten oder nicht zu überschreiten Haushaltsansatz vorgeschlagen und zusätzliche Mit- wagten. Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22505*

Ursächlich für diesen Erfolg ist wohl nicht nur die können, obwohl sie sachlich alle Voraussetzungen tatsächlich verbesserte Förderung der Wohneigen- erfüllen könnten. tumsbildung, sondern auch die Transparenz des Sy- stems. Jetzt weiß jeder Bauwillige vorher auf den Die Koalition hält jedoch an dem Ziel fest, durch Pfennig genau, zu welchem Zeitpunkt er mit welcher eine zeitlich begrenzte zusätzliche Förderung den staatlichen Unterstützung rechnen kann. Bauwilligen finanzielle Anreize für ökologische Maß- nahmen und energiesparende Bauweisen zu geben. Diese Vorteile wirken sich auch auf die Zukunfts- Deshalb wollen wir die zum Ende des Jahres aus- planungen vieler junger Leute aus. Nach Angaben laufende Zusatzförderung nach § 9 Abs. 3 und Abs. 4 der privaten Bausparkassen hat die Anzahl der neu Eigenheimzulagengesetz um zwei Jahre verlängern. abgeschlossenen Bausparverträge allein 1996, dem Bei diesem Zeitraum kann eine Überschneidung mit ersten Jahr nach dem Inkrafttreten des Gesetzes, um der für die nächste Legislaturpe riode auf dem Pro- rund ein Drittel zugenommen. 1996/97 ist der Spar- gramm stehenden Energieeinsparverordnung ausge- geldeingang auf Bausparkonten gegenüber 1995 um schlossen werden. Die geplante Verordnung, mit der mehr als 22 Prozent angestiegen, obwohl die allge- die von uns verfolgten ökologischen Belange dann meine Sparneigung der p rivaten Haushalte im glei- öffentlich-rechtlich geregelt werden sollen, ist EU-re- chen Zeitraum zurückgegangen ist. levant. Sie wird deshalb nach realistischer Einschät- zung in keinem Fall vor dem 1. 1. 2001 in Kraft treten Eine solche Erfolgspolitik wie die der neuen können. Wohneigentumsförderung darf man nicht ohne Not Lassen Sie mich noch einige Anmerkungen zu beenden. Im Gegenteil: Man muß sie fortsetzen. den Kosten der Maßnahme machen: In der Be- Dies sind wir auch den Bürgerinnen und Bürgern schlußempfehlung des Finanzausschusses von Okto- schuldig, die langfristig Planungssicherheit brau- ber 1995 waren für die Ökokomponente im Finanz- chen. Wir haben deshalb in der letzten Sitzung des planungszeitraum 1996 bis 1999 Steuerminderein- Finanzausschusses mit großer Mehrheit einen An- nahmen in der Höhe von 500 Millionen DM veran- trag der Gruppe der PDS abgelehnt, die in umver- schlagt. Umfassende statistische Auswertungen über teilerischer Absicht schwerwiegend in das ausgewo- die tatsächliche Inanspruchnahme der Fördermög- gene Gefüge des Eigenheimzulagengesetzes ein- lichkeiten und damit über die real entstandenen Ko- greifen wollte. Die Erfolgsgeschichte wäre damit jäh sten liegen derzeit noch nicht vor. Bereits jetzt kann zu Ende gegangen. aber eindeutig festgestellt werden, daß das Kosten- aufkommen sehr viel geringer sein wird als veran- In einem Punkt wollen wir das Eigenheimzulagen- schlagt. Für die Verlängerung der Fördermaßnah- gesetz jedoch ändern, wir wollen die Sonderregelun- men nach § 9 Abs. 3 sind deshalb im nächsten vier- gen für ökologische Zusatzförderungen verlängern. jährigen Finanzplanungszeitraum 80 Millionen DM In seiner Beschlußempfehlung vom 26. 10. 1995 hatte zu veranschlagen; für die Niedrigenergiehäuser der federführende Finanzausschuß empfohlen, den Entwurf des Gesetzes zur Neuregelung der steuer- nach § 9 Abs. 4 120 Millionen DM, insgesamt also rechtlichen Wohneigentumsförderung um eine öko- 200 Millionen DM. logische Komponente anzureichern. Damit sollte ein Ich bin davon überzeugt, daß wir mit dieser Ände- Anreiz zur Reduzierung des Energieverbrauchs ge- rung des Eigenheimzulagengesetzes und mit der geben und der CO 2-Ausstoß nachhaltig gemindert ebenfalls in unserem Gesetzentwurf enthaltenen Än- werden. Entsprechend dieser Empfehlung des derung des Wohngeldgesetzes zugunsten der Son- Finanzausschusses sieht das Gesetz eine zusätzliche derregelungen für die neuen Länder eine vernünf- Förderung von jährlich bis zu 500 DM für den Einbau tige Politik fortsetzen, die für humanes Wohnen, von Solaranlagen, Wärmepumpen und Wärmerück- finanzierbares Schaffen von Wohneigentum und für gewinnungsanlagen in Neu- und Altbauten vor. Eine energie- und umweltschonendes Bauen steht. Dafür Zusatzförderung von jährlich 400 DM im Förderzeit- bitte ich Sie um Unterstützung. raum wird gewährt für Neubauten als Niedrigener- giehäuser, sofern der Jahresheizwärmebedarf des betreffenden Gebäudes den von der Wärmeschutz- Albrecht Papenroth (SPD): Es ist schon kurios, mit verordnung 1994 vorgegebenen Wert um mindestens welchem verzweifelten Kraftakt die Vertreter der Ko- 25 Prozent unterschreitet. alitionsfraktionen und die Bundesregierung kurz vor Toresschluß, nunmehr wenige Tage vor der Bundes- Im Interesse eines möglichst schnell wirkenden tagswahl, mit hastigen Klimmzügen noch versuchen, Anreizes wurden jedoch beide Elemente dieser Zu- einigen Wählern Aktivität vorzugaukeln. satzförderung zeitlich begrenzt. Sie gelten nur, wenn die Einbaumaßnahmen bis zum 31. 12. 1998 abge- In den neuen Bundesländern soll es nach dem Wil- schlossen und im zweiten Fall die Niedrigenergie- len der Bundesregierung bis zum Ende des Jahres häuser bis zum gleichen Datum fertiggestellt sind. 2000 eine Wohngeldsonderregelung geben. Spe- Diese enge zeitliche Begrenzung hat sich als kontra- zielle Miethöchstbeträge stellen den Wohngeldbe- produktiv herausgestellt. In einer so kurzen Zeit- ziehern in den neuen Bundesländern ein höheres spanne kann sich die ökologische Lenkungsabsicht Wohngeld zur Verfügung als den Wohngeldbezieh- der Förderung nicht ausreichend auswirken. Aus un- ern in den alten Bundesländern. Wer hierzu die leid- terschiedlichen Gründen verzögern sich in vielen volle Vorgeschichte und die Zusammenhänge nicht Fällen die Bauvorhaben, so daß zahlreiche Bauher- kennt, ist möglicherweise zum Jubel geneigt. Dazu ren die Zusatzförderung nicht in Anspruch nehmen gibt es aber überhaupt keinen Anlaß. 22506* Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Die Damen und Herren der Koalition begründen geeignet, das Wohngeld wieder zu einem effizienten ihre Maßnahme mit dem Hinweis, daß die Einkom- Instrument der Wohnungspolitik zu machen. Unter mensentwicklung in den neuen Ländern mit der dor- seriöser Politik verstehen wir auch Glaubhaftigkeit tigen Mietenentwicklung nicht Schritt halten konnte und Wahrhaftigkeit. Die Bundesländer haben deut- und deshalb erforderlich ist. Diese Feststellung ist lich gemacht, daß sie jederzeit bereit sind, einen sub- richtig und die daraus gezogenen Schlußfolgerun- stantiellen Gesetzesentwurf der Bundesregierung zu gen, die Wohngeldregelungen Ost weiterhin beizu- prüfen und sich ihrer finanziellen Verantwortung zu behalten, sind begrüßenswert. Richtig ist aber auch, stellen. Für einen, der ständig Kontakt mit Mietern daß diese Feststellung nicht nur auf die neuen Bun- hat und damit auch mit Wohngeldbeziehern, fällt die desländer zutrifft, sondern daß mit der gleichen Be- Realitätsfe rne der Wohngeldregelungen auf. gründung seit Jahren eine Wohngeldreform gleicher- maßen in den alten Bundesländern notwendig ist Der Hamburger Bausenator stellt zu den Oswald und von der SPD immer wieder gefordert wurde. schen Plänen zutreffend fest: Damit ist die erste Feststellung nur eine halbe Das Wohngeld, ein wichtiges Leistungsgesetz in Wahrheit und trifft nur gemeinsam mit der zweiten der sozialen Marktwirtschaft, soll offensichtlich den Kern der Sache. Dieser Kern, für Ost und West nach der Taktik der Bundesregierung eben nicht notwendig zu sein, wird in seiner Umsetzung bis effektiv ausgestaltet werden. Es kann nicht akzep- heute ignoriert. Das Wohngeld ist in den alten Bun- tiert werden, daß das pauschalierte Wohngeld - die desländern über viele Jahre nicht angepaßt worden, Wohngeldreform für Sozialhilfeempfänger - ge- und deshalb besteht dort ein besonders starker kürzt wird. Insbesondere würde dies auf Sozialhil- Handlungsbedarf. felasten der Kommunen abgewälzt, die die vollen Mietkosten in diesen Fällen tragen müssen. Die Wir müssen mit Bedauern feststellen, daß es die Belastbarkeit der Kommunen ist infolge der Um- Bundesregierung, entgegen vieler Zusagen, nicht verteilungspolitik des Bundes zu seinen Gunsten geschafft hat, das Wohngeld für alle Bezugsberech- und zu Lasten von Ländern und Kommunen längst tigten so anzupassen, daß es seiner ursächlichen überschritten. Funktion, zur „wirtschaftlichen Sicherung angemes- senen und familiengerechten Wohnens" beizutra- Es ist kaum nachvollziehbar, geschweige den Mit- gen, wieder gerecht wird. Mit der Fortsetzung einer menschen zu vermitteln, weshalb es eine Regierung Wohngeldsonderregelung Ost verteilt die Bundesre- nicht zuwege bringt, durch eine umfassende Struk- gierung ein Honighäppchen. Sie versucht von ihrem turanpassung die erforderliche Praxisnähe zu errei- Unvermögen und von ihrem Wortbruch - der Zusage chen. Dieser Mangel ist symptomatisch für das Un- zu einer „gesamtdeutschen Wohngeldreform" - ab- vermögen und die Unbeweglichkeit dieser Bundes- zulenken. regierung und ist nicht nur an dieser Stelle zu erken- nen. Die Anpassung an die Mietenentwicklung und Wenn es dieser Bundesregierung ernst wäre mit ei- die Berücksichtigung der Auswirkungen der in den ner Politik, die sozialen Verwerfungen in der Bundes- vergangenen Jahren ständig gewachsenen Arbeits- republik beseitigen zu wollen, dann wäre dies am losigkeit machen unseres Erachtens eine deutliche Beispiel einer gesamtdeutschen Wohngeldreform gut Erhöhung des Wohngeldes notwendig. darstellbar gewesen. Mit der jetzigen Ungleichbe- handlung wird aber Neid geschürt, werden zwi- Das Test-Eckwertepapier aus dem Hause Oswald schenmenschlich Gräben aufgerissen und Unver- bietet nicht einmal in Ansätzen Vorstellungen einer ständnis hervorgerufen. Sie ist kein Beitrag zum Zu- zukünftigen Wohngeldregelung an, die den Namen sammenwachsen von Ost und West. „Strukturnovelle" verdient und kann nicht ernstge- nommen werden. So geht es uns zum Beispiel um Hier scheiden sich moralisch unsere Geister. Ver- eine solche Neugestaltung der Wohngeldtabellen, gangenes Nichtstun der Koalition macht aus der so- daß sie gerade die Mietbelastung für einkommens- zialen Notlage vieler Bürgerinnen und Bürger ein schwache kleine Haushalte und für Haushalte mit wahltaktisches Spielchen. Sie hatten genügend Zeit Kindern verringern. Die von der Koalition geführte zum Handeln und lassen nun keine Gelegenheit aus, Behauptung, die Menschen könnten schon morgen mit dem Finger auf die Bundesländer zu zeigen, um mehr Wohngeld bekommen, ist schlichtweg falsch. sie irreführend für ein Scheitern der gesamtdeut- Der Vorschlag der Bundesregierung wirkt erst ab schen Wohngeldreform verantwortlich zu machen. 1999. Seit Jahren bekommen die Betroffenen immer weniger Wohngeld, und die vorgesehene Anhebung Hierzu ist aus sozialdemokratischer Sicht nur eines ist viel zu gering. zu sagen: Wer - wie der frühere Bundesbauminister Töpfer - noch vor zwei Jahren darstellt, daß eine not- Für uns Sozialdemokraten steht die Wohngeldno- wendige Wohngeldreform Bund und Länder knapp velle ganz oben auf der Agenda einer SPD-geführten 1,8 Milliarden DM kostet, um den Stand von 1990 Bundesregierung. Daß dies nicht mit 250 Millionen wieder zu erreichen, der kann nicht zwei Jahre spä- Mark zu machen ist, kann sich jeder vorstellen, der ter in anderer Person mit einem Dumpingangebot sich mit der Materie befaßt hat. Die Finanzierung ei- von 250 Millionen DM kommen und mit unserer An- ner neuen Wohngeldnovelle wäre zum Beispiel erkennung rechnen. durch Umschichtungen im Wohnungsbau realisier- bar. Wie wir in unserem Entschließungsantrag zum- Wohngeld- und Mietenbericht 1997 bereits ange- Wir werden nach der Bundestagswahl am merkt haben, ist das reduzierte Finanzvolumen nicht 27. September unverzüglich dafür sorgen, daß das Deutscher Bundestag - 13. Wahlpe riode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22507*

Wohngeld in Zukunft wieder zu einem treffsicheren Die wichtigsten Aufgaben, die in der nächsten Le- sozialen und familiengerechten Instrument einer so- gislaturperiode angepackt werden müssen, sind vor- zialen Wohnungspolitik gemacht wird - in Ost wie in gezeichnet: West -, so wie es in unserem Wahlprogramm veran- kert ist. 1. Es muß endlich ein III. Wohnungsbaugesetz ge- schaffen werden, um den Herausforderungen des Bevölkerungswachstums und des steigenden Wohn- Otto Reschke (SPD): Als ich 1980 erstmals in den flächenbedarfs gerecht zu werden. Die Bedarfsschät- Bundestag einzog, war die Wohnungspolitik geord- zung von 5 Millionen Wohneinheiten im nächsten net und durchdacht. Die Wohnraumversorgung war Jahrzehnt liegt auf dem Tisch. Sozialer Wohnungs- gewährleistet, die Mieten lagen auf einem erträgli- bau, Wohngeld und Mietrecht spielen eine sehr chen Niveau, der Sozialwohnungsbau und die Woh- wichtige Rolle für die Versorgung breiter Schichten nungsgemeinnützigkeit waren intakt, der Städtebau mit preiswertem Wohnraum. Das darf nicht aufgege- setzte starke Impulse für Stadtplanung, Konjunktur ben werden. und Beschäftigung. Der Ausverkauf von Wohnungen in Bundesbesitz Die Wende in der Wohnungspolitik kam 1982: zeigt das Desinteresse dieser Regierung an einer so- Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit, fak- zialen Wohnungs(-fürsorge)politik. Die SPD hat auf- tische Abschaffung des Sozialwohnungsbaus, wo- gezeigt, wie diese Wohnungen im sozialen Bestand durch es am Ende dieses Jahrzehnts kaum noch bleiben und die öffentlichen Haushalte dennoch ent- gebundene Sozialwohnungen geben wird, krasse lastet werden können. Eine halbe Million Wohnun- Ungerechtigkeit bei der Eigenheimförderung über gen des Bundes verhökern, und dann die Kommunen den 10e, Fehlförderung durch sprunghafte Ab- auffordern, Belegungsrechte zu erwerben, wie die schreibungsmodelle, Fehleinschätzung der Ent- Regierung dies tut, ist blanker Hohn. Warum über- wicklung des Wohnungsbedarfs. Das alles führte läßt der Bund den Kommunen nicht jene bundeseige- zur Wohnungsnot, deren Folgen heute noch nicht nen Wohnungen, die nicht für die Wohnungsversor- beseitigt sind. gung des Bundes vor Ort benötigt werden? Warum tun Sie nicht das, was sie selbst fordern? Die deutsche Einheit bedeutete einen epochalen Einschnitt. Ich bin dankbar dafür, daß ich an den hi- 2. Die steuerliche Förderung des Wohnungsbaus storischen Entscheidungen mitwirken durfte. Wir alle muß neu geregelt werden, wobei kostengünstiges können auf das, was damals vom Bauausschuß ge- und ökologisches Bauen besonders zu berücksichti- leistet wurde, stolz sein. Die Wohnungsnot ließ die gen ist. 90 Prozent der Verluste vor der Lohn- und Bundesregierung den sozialen Wohnungsbau wieder Einkommensteuer stammen aus Vermietung und entdecken. Die SPD hat das begrüßt und unterstützt. Verpachtung - das sind über 50 Milliarden DM jähr- Doch bereits Frau Schwätzer begann mit der Kehrt- lich. Der Nutzen dieser staatlichen Umverteilung wende zum Ausstieg aus dem sozialen Wohnungs- muß endlich geprüft werden. bau. Die Koalition schleicht sich systematisch aus der 3. Die Städtebauförderung muß deutlich erhöht Verantwortung für das Sozialgut Wohnen. Unter Bau- werden. Eine verbesserte Städtebauförderung minister Töpfer wurde dies immer deutlicher. Was kommt nicht nur unseren Städten und Gemeinden zu hatte der uns vor 4 Jahren nicht alles versprochen: Gute, sondern schafft auch wichtige Impulse für die Die Schaffung eines III. Wohnungsbaugesetzes, Ver- Bauwirtschaft. stetigung der Wohnungsbautätigkeit und der Bau- konjunktur, überfällige Leistungsanpassung beim 4. In der Bodenpolitik steht die Grundsteuerreform Wohngeld. Das Städtebaurecht sollte den Zielen an: Wir brauchen Boden zum Bauen, nicht zum Hor- Baulandbereitstellung, Stärkung der Innenstädte und ten; wir brauchen bezahlbaren Boden; wir brauchen Investitionsförderung in den Städten dienen. Der Steuergerechtigkeit bei der Besteuerung von Woh- Töpfer-Katalog war lang und bunt. nen; wir brauchen Anreize zu kosten- und flächen- sparendem Bauen, um der Zersiedlung entgegenzu- Aber die Mehrzahl der angekündigten Gesetzes- wirken. pakete wurde nicht geliefert, oder sie erwiesen sich als Mogelpackungen. Dies ist meine letzte Rede(-Zeit) im Deutschen Bundestag. Ich möchte mich zunächst bei den Kolle- Keine Frage: Die Eigenheimzulage - von uns ginnen und Kollegen meiner Fraktion für die jahre- schon 1986 bei der 7b-Reform vorgeschlagen - lange gute Zusammenarbeit und Unterstützung be- wurde dank guter Zusammenarbeit von Koalition, danken. Ich möchte auch allen Kolleginnen und Kol- SPD und Ländern zu einer Erfolgsgeschichte. Aller- legen in diesem Hause Dank sagen, die nicht meiner dings: Am Versagen der Bundesregierung geht kein Partei angehören und mit denen ich trotz der Ausein- Weg vorbei: Die Bauwirtschaft steckt in der schwer- andersetzungen gut zusammengearbeitet habe. Wir sten Krise aller Zeiten mit einem katastrophalen Be- haben uns zuweilen hart, aber doch weitgehend fair schäftigungsabbau, das Mietrecht wurde nicht ver- gestritten. Ausnahmen davon seien mir und Ihnen einfacht und schon gar nicht sozialer, die Städtebau- verziehen. förderung West verharrt auf einem wirkungslosen Niveau, auf der grünen Wiese wird weiter Fläche zu Adenauer hat anläßlich seines Abschieds als Bun- Lasten der Innenstädte vernichtet. Die Stadtzentren deskanzler zu gesagt: „Von irgendwel- stecken in einer tiefen K rise. Der größte Skandal ist chen persönlichen Konflikten ist mir überhaupt jedoch der Wortbruch beim Wohngeld. nichts mehr bekannt." In diesem Sinne möchte ich 22508* D eutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 mich verabschieden. Unserem Land und uns allen reits deshalb förderungswürdig, weil gesunde Um- wünsche ich: „Glück auf!" weltbedingungen und die langfristige Nutzbarkeit unserer Rohstoffressourcen im Interesse der Allge- meinheit liegen. Allerdings entscheidet der Bauherr Horst Schild (SPD): Das 1996 in Kraft getretene Ei- genheimzulagengesetz ist nach weitgehend überein- und nicht die Allgemeinheit darüber, ob die innova- stimmender Meinung in diesem Haus sicherlich ein tive Technik eingebaut wird. Viele Bauherren stellen erfolgreiches Gesetz geworden. Der Erfolg hat immer nur kurzfristige Wirtschaftlichkeitsberechnungen an viele Väter und Mütter. Der Erfolg des Eigenheimzu- und bezweifeln, daß sie den Aufpreis für die neue lagengesetzes beruht auch auf der guten Zusammen- Technik durch künftige Einsparungen zum Beispiel arbeit zwischen Koalition, Opposition und den Bun- bei den Energiekosten wieder herausbekommen. Die desländern. aller Voraussicht nach langfristig steigenden Ener- giepreise bewegen vorausschauende Bauherrn jetzt Auf Initiative der Sozialdemokraten wurde in das schon zum Einbau dieser Zukunftstechnik. Viele der Eigenheimzulagengesetz die sogenannte Öko-Kom- bisher noch zweifelnden Bauherren können mit den ponente für den Einbau von Solaranlagen, Wärme- Öko-Zulagen für die neue Technik gewonnen wer- pumpen und für Niedrigenergiehäuser aufgenom- den. Und sie werden es nicht bereuen: Denn wäh- men. Diese Förderung ist mit Hinweis auf die 1999 zu rend der langen Lebensdauer ihrer Immobilie wer- erwartende neue Wärmeschutzverordnung bis zum den sich die Energiekosten verteuern, und damit 31. Dezember 1998 befristet worden. wird sich die Rentabilität von Energiespartechnik früher oder später steigern. Wir haben bislang keine verläßlichen Daten über die Inanspruchnahme der Öko-Zulagen. Möglicher- Für eine Förderung umweltfreundlicher und ener- weise sind unsere Erwartungen bisher noch nicht er- giesparender Technik im Rahmen des Eigenheimzu- füllt worden. Zumindest der Tatbestand, daß die ge- lagengesetzes spricht auch, daß sie hiermit bundes- genwärtige Bundesregierung bis zu Beginn des Jah- weit erfolgt. Das erhöht die Transparenz und den Be- res 1999 keine neue Wärmeschutzverordnung vorle- kanntheitsgrad der Förderung im Vergleich zu den gen wird, spricht für die Verlängerung der Fristen für vielen Förderprogrammen auf der Landesebene. Die- die Gewährung der Öko-Zulage. sen Vorteil sollten wir nicht nach so kurzer Zeit wie- Wir begrüßen, daß die Koalition unseren Vorschlag der aufgeben. Jede Förderung muß genügend lange zur Verlängerung der Öko-Komponente aufgegriffen gewährt werden, damit sie die Entscheidungen der hat und daß wir heute mit breiter Mehrheit eine Begünstigten wirklich beeinflussen kann: genügend Fristverlängerung bis zum 31. Dezember 2000 be- lange, bis die Regelung der Mehrzahl der Bauwilli- schließen können. gen oder zumindest deren Beratern bekanntgemacht worden ist. Außerdem braucht es genügend Zeit, um Die Öko-Zulagen bieten weiterhin einen guten An- den Anbietern von energiesparender Technik oder reiz, in Privathaushalten energiesparende Technik zum Beispiel den Fertighausherstellern zu ermögli- einzuführen. Dadurch werden Wohneigentümer, die chen, auf die Fördervoraussetzungen abgestimmte sich innovationsfreundlich verhalten, in besonderer Angebotspakete bereitzustellen und bei den Kunden Weise entlastet: Im einzelnen werden für Anlagen bekanntzumachen. Und: Schließlich braucht es noch zur Energieeinsparung acht Jahre lang 2 Prozent der einige Zeit, bis die innovativen Anlagen in den Bau- Herstellungskosten, jedoch maximal 500 DM im Jahr vorhaben installiert worden sind, denn die Förde- erstattet. Das begünstigt vor allem den Einbau von rung wird nur gewährt, wenn die Investition inner- Solaranlagen, Wärmepumpen und Anlagen zur Wär- halb der Frist zur Öko-Zulagenförderung komplett merückgewinnung. Zusätzlich werden Wohnungen durchgeführt wird. in sogenannten Niedrigenergiehäusern mit jährlich 400 DM acht Jahre lang gefördert. Es handelt sich Ich hoffe, daß wir nach Ablauf der verlängerten dabei um Gebäude, deren Jahresheizwärmebedarf Frist auf eine Erfolgsstory auch der Öko-Zulagen zu- die Anforderungen nach der Wärmeschutzverord- rückblicken können; Erfolg vor allem in Hinblick auf nung 1994 um mindestens 25 vom Hundert unter- einen verstärkten Einsatz von Energiespartechnik, schreiten. der unsere Erwartungen erfüllt. Ich habe bereits gesagt, daß verläßliche Statistiken über die Inanspruchnahme der einzelnen Zulagen bis heute noch nicht vorliegen. Zahlen aus mehreren Franziska Eichstädt-Bohlig (BÜNDNIS 90/DIE Bundesländern zeigen aber schon jetzt, daß insbe- GRÜNEN): Dies ist die letzte wohnungspolitische De- sondere die Förderung von Niedrigenergiehäusern batte dieser Legislaturpe riode. Auch wenn wir heute dankbar aufgenommen wurde. Seitdem Wohneigen- zwei kleine Punkte einvernehmlich beschließen, tum mit Zulagen statt mit dem früheren Freibetrag diese Wahlperiode war eine des wohnungspoliti- gefördert wird, können alle Begünstigten unabhän- schen Stillstands. Sie sind mit den großen wohnungs- gig von der Höhe ihres Einkommens für acht Jahre politischen Reformvorhaben, dem Mietrecht, der einen bestimmten Förderungsbetrag fest einplanen. Wohnungsbauförderung, dem Wohngeld, geschei- Dieser Vorteil ist auch mit den Öko-Zulagen verbun- tert. Die Verlängerung des Sonderwohngelds Ost den. und des Ökobonus in der Eigenheimzulage ist kurz- fristig notwendig, aber wir müssen sie nur deshalb Bei den Öko-Zulagen sind nicht nur die finanziel- jetzt im Schweinsgalopp beschließen, weil Sie weder len Aspekte der Förderung maßgebend. Umwelt- die Wohngeldreform noch die neue Energiesparver- freundliche und energieeinsparende Technik ist be- ordnung rechtzeitig vorgelegt haben. Wir werden Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22509* uns diesen Reparaturen nicht verweigern, aber es I mehr aus. Wir brauchen ein Mietrecht, das den Miet- bleibt der grundsätzliche Reformbedarf. anstieg deutlich bremst. Wir schlagen vor, die Kap- pungsmieten für Bestandsmietensteigerung von Wir haben eigene Entwürfe vorgelegt: Wir wollen 10 Prozent auf 5 Prozent jährlich zu senken. Wir die Eigenheimförderung stärker nach Einkommen brauchen dringend eine Wohngeldnovelle. Wenn die und Kinderzahl staffeln und die Übersubvention bei Kassen der öffentlichen Hand leer sind, darf die besser verdienenden Haushalten abbauen, um Mittel Wohneigentumsförderung für Haushalte, die sie gar für eine Wohngeldreform frei zu bekommen. Gleich- nicht brauchen, nicht „heilig" zu sein. Wir können zeitig brauchen wir nicht nur zwei kleine Ökoboni, eine Wohngeldanhebung nicht anders finanzieren sondern eine stärkere Förderung von flächensparen- als durch Absenkung der Einkommensgrenzen bei dem Bauen, von Modernisierung statt Neubau, um der Eigenheimzulage. Wenn preiswerter Wohnraum zu verhindern, daß aus der Eigenheimförderung eine selbst in Zeiten entspannter Märkte Mangelware ist, Förderung von Zersiedelung und Landschaftszerstö- müssen wir uns viel stärker dafür einsetzen, die vor- rung wird. Beim Wohngeld hat die Koalition vier handenen preiswerten Wohnungen zu erhalten. Ich Jahre lang den Mietern eine Reform versprochen, erwarte von der SPD mehr Widerstand gegen den vier Jahre lang ist nichts passiert, und dann legen Sie Ausverkauf von öffentlichen Wohnungen - nicht nur nicht einmal einen Gesetzentwurf, sondern vage im Bund, sondern auch bei Ländern und Kommunen. Eckpunkte vor, die letzten Endes den Kommunen weitere Lasten für die Sozialhilfe aufgebürdet hätten. Die Sicherung menschenwürdigen und bezahlba- Danach beklagen Sie sich über das Nein der Länder. ren Wohnens gehört zu den Kernelementen des So- zialstaates. Angesichts knapper öffentlicher Mittel Herr Bauminister Oswald, Sie haben gerade vor und steigender sozialer Probleme, brauchen wir - ein paar Tagen verkündet, die Wohnungsversorgung wie bei der Gesundheits- oder Rentenversicherung - in Deutschland sei so gut wie nie zuvor. Niemand be- den Mut zu Reformen, um diese Aufgabe des Sozial- streitet, daß sehr viel neu gebaut wurde, so daß teil- staats langfristig zu erhalten und finanzieren zu kön- weise sogar Überangebote bestehen. Dem obersten nen. Rotgrün wird sich dieser zentralen Herausforde- Einkommensdrittel kommt dies zugute. Doch gleich- rung für die Wohnungspolitik der nächsten Jahre zeitig hat sich die soziale Spaltung am Wohnungs- stellen. markt vertieft. Die Mietbelastung für den Durch- schnittsverdiener ist rapide gestiegen - von etwa 20 Prozent 1990 auf 25 Prozent 1997. Das unterste Hildebrecht Braun (Augsburg) (F.D.P.): Unsere Einkommensfünftel zahlt in Westdeutschland fast heutige Debatte und Beschlußfassung ist nicht frei 36 Prozent (!) seines Einkommens für die Miete von Bitterkeit, signalisiert sie doch die Unfähigkeit (Heizkosten noch nicht eingerechnet), Arbeitslosen- der Politik, auch in Wahlkampfzeiten die nötige Kom- haushalte und alleinerziehende Eltern fast 30 Pro- promißbereitschaft zu zeigen und aufeinander zuzu- zent. Hat der Minister diesen Haushalten im Ernst er- gehen. zählen wollen, es sei ihnen noch nie so gutgegangen wie heute? Der Durchschnittshaushalt hat nichts vom Wir werden heute die Verlängerung des Sonder- Bauboom, weil zu viele teure und viel zu wenige wohngelds Ost um weitere zwei Jahre beschließen. preiswerte Wohnungen gebaut wurden. Seit Jahren Dieser Beschluß soll und wird zur Freude bei vielen schon kommen die Einkommen nicht mehr hinter der Mietern und Mieterinnen in den neuen Bundeslän- Mietentwicklung hinterher. Seit 1991 sind die Durch- dern führen. Er wird aber zugleich von sehr viel mehr schnittseinkommen in Deutschland um 18 Prozent Mietern im westlichen Teil unseres Landes mit Un- gestiegen, die Mieten im Durchschnitt um 34 Prozent verständnis, ja mit verständlichem Zorn, begleitet - fast doppelt so stark. Diese Entwicklung ist ein so- werden. zialpolitisches Alarmsignal - und angesichts dieser Es wird den Menschen in unserem Land schwer Zahlen ist es fast zynisch, sich selbst auf die Schulter begreiflich zu machen sein, warum es nicht möglich zu klopfen. sein soll, die Bereitschaft des Bundes zu nutzen, Wir und die SPD haben heute Anträge vorgelegt, 250 Millionen DM für eine Verbesserung des Wohn- die eine weitere Verteuerung von preiswertem gelds bundesweit zur Verfügung zu stellen. Voraus- Wohnraum- durch Auslaufen der sogenannten 20 setzung war doch nur, daß die Länder in gleicher Prozent-Kappungsgrenze verhindern soll. Denn Höhe entsprechend der gesetzlichen Aufteilung sonst können ab 1. September die Mieten nach auch ihren Beitrag leisten. Ein einheitliches Wohn- Miethöhegesetz in allen Wohnungen jährlich um geld für ganz Deutschland ist überfällig. Ich räume 10 Prozent steigen. Ich fordere Sie auf, zumindest das ein, daß sich auch die Koalition schwergetan hat mit zu verhindern. Die Mieter in Mieterversammlungen der Umsetzung des gemeinsamen Willens, Lei- klagen immer wieder, wie unerträglich hoch die stungsverbesserungen im Wohngeldbereich bundes- Mietbelastung schon heute ist. Bei stagnierenden weit umzusetzen. Jeder muß verstehen, daß ange- Realeinkommen und hoher Arbeitslosigkeit sind für sichts der noch immer hohen Neuverschuldung des viele weitere Mieterhöhungen nicht verkraftbar. Bundes sehr sorgfältig mit der Gewährung neuer ge- setzlicher Leistungen umgegangen werden muß. Ich denke aber auch, daß die SPD über einige Eine Strukturnovelle des Wohngelds hätte aber den- Punkte noch einmal nachdenken sollte. Das Miet- noch längst vorbereitet werden können und in ihren recht vor Verschlechterungen schützen zu wollen ist einzelnen Konstruktionselementen mit den Fraktio- richtig. Aber es reicht angesichts der Schere zwi- nen, aber auch den Bundesländern besprochen wer- schen Miet- und Einkommensentwicklung nicht den können. Dieses Strukturkonzept, wenn es denn 22510* Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 konsensfähig gewesen wäre, hätte entsprechend Ich will es noch etwas deutlicher ausdrücken: dem Finanzvolumen, das Bund und Länder freigeben Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen von der würden, kurzfristig umgesetzt werden können. SPD, Sie und Ihre Minister in den Länderregierun- gen haben verhindert, daß Mieterinnen und Mieter Ich habe daher in gewissem Umfang Verständnis im Westen Deutschlands die Verbesserung ihrer Le- dafür, wenn sich die Länder beklagen, daß sie zu benssituation erhalten haben, die sie gebraucht und spät die Eckpunkte der Wohngeldnovelle vom Bund verdient hätten. Verstecken Sie sich nicht hinter lä- erhalten haben. Dennoch zwei Anmerkungen mit al- cherlichen Formalien. Sie und niemand anderes sind ler Klarheit: es, die hier gegen die Mieterinnen und Mieter in un- serem Land gehandelt haben. Erstens. Es steht nirgends geschrieben, daß der Bund die Initiative zur Strukturnovelle hätte ergrei- Daß wir die Mieter im Westen im Stich lassen muß- fen müssen. 16 Bundesländer hätten sehr wohl ihr ten, soll uns nicht den Blick dafür verstellen, daß die Know-how und ihre praktischen Erfahrungen nutzen Mieter im Osten ihre Besserstellung weitere zwei können, um ihrerseits die Initiative zu ergreifen. Die Jahre bekommen werden. Dieser Schritt ist ein Akt Mehrheit der Länder zeigt aber eben lieber auf den der Solidarität mit den Menschen im Osten, die in Bund, als daß sie für eine positive Beschlußfassung manch anderem Zusammenhang schwierigere Le- ihrer Finanzminister gesorgt hätte. bensbedingungen vorfinden als die im Westen. Die F.D.P. steht daher zu der vorliegenden Beschlußvor- Zweitens. Völlig indiskutabel ist der Versuch der lage. Sie wird dazu beitragen, daß der Übergang in Opposition und der Mehrzahl der Bundesländer, das das Vergleichsmietensystem von den Bürgern in den Gespräch mit dem Bund über die Strukturnovelle neuen Bundesländern zu Recht als problemlos erlebt deshalb zu verweigern, weil für die Finanzfragen wird. nicht der vom Bundeskabinett beauftragte Bau- Damit haben wir ein wichtiges Ziel deutscher Woh- minister, sondern der Bundesfinanzminister der An- nungspolitik erreicht. sprechpartner sei. Mit diesem tolpatschigen Hinweis wurde und wird nur davon abgelenkt, daß die Län- der selbst nicht bereit waren, ihrerseits die notwendi- Klaus -Jürgen Warnick (PDS): Meine Kollegin Eich- gen 250 Millionen DM für die Reform lockerzuma- städt-Bohlig hielt es für gesetzestechnisch problema- chen. tisch, zwei so unterschiedliche Themen wie Sonder- wohngeld-Ost und Eigenheimzulage in einem Ge- Natürlich wäre die beabsichtigte Reform mit einem setz zu behandeln. Dem stimme ich zwar formal zu. Volumen von insgesamt 500 Millionen DM nicht so Aber vom politischen Inhalt her sehe ich deutliche üppig ausgefallen, wie wir uns alle gewünscht hät- Bezüge zwischen beiden Fachthemen. Denn die ten. Es wären aber sehr wohl Änderungen möglich durch völlig überzogenen Eigentumsfetischismus gewesen, die besonders nötig waren und sind: Ge- hervorgerufene Diskrepanz zwischen der staatlichen rade in den Ballungsgebieten mit einem sehr viel hö- Förderung des Wohnens zur Miete und dem Wohnen heren Mietniveau sind die gesetzlichen Mietober- im eigenen Haus kann so noch einmal deutlich her- grenzen für die Wohngeldgewährung so niedrig, daß ausgestellt werden. sie jeden Bezug zur Realität verloren haben. Miet- Dies kann ich mit einigen wenigen Zahlen konkret obergrenzen sollen den Wohngeldbezieher anhalten, belegen. Bundesetat 1998: Für die Unterstützung des eine möglichst preiswerte Wohnung zu suchen. So Bundes für das Wohnen zur Miete sind 3,5 Milliarden weit, so richtig. Nur: Wenn die Wohngeldobergren- DM Wohngeld und 1,37 Milliarden DM Verpflich- zen beispielsweise in München auf eine Quadratme- tungsrahmen für den sozialen Wohnungsbau vorge- termiete von zirka 11 DM hinauslaufen, so führt dies sehen. Aber die Verluste aus Vermietung und Ver- zu folgender grotesker Situation: ein Mieter mit ei- pachtung, also Steuermindereinnahmen sprich Steu- nem bestimmten Einkommen, einer bestimmten Kin- ergeschenke für diejenigen die Wohnungen Leerste- derzahl und einer bestimmten Wohnungsgröße be- hen lassen, betrugen im Jahr 1997 - mit dieser Grö- kommt dasselbe Wohngeld, wenn er durch unglaub- ßenordnung ist wohl auch 1998 zu rechnen - liches Glück und persönliche Beziehungen eine 5,7 Milliarden DM. Eine höhere Summe als für Wohnung für 11 DM pro Quadratmeter findet, wie Wohngeld und sozialer Wohnungsbau zusammen. derjenige, der bei ansonsten völlig gleichen An- spruchsvoraussetzungen eine Wohnung für 17 DM Dagegen sind die Summen für die Eigentumsför- pro Quadratmeter nehmen muß, weil es ganz schlicht derung schon gewaltig höher. Zirka 14,4 Milliarden keine billigere auf dem Markt gibt. Es ist mit den DM für die Eigenheimzulagen - dies sind Zahlen von Grundsätzen der Gerechtigkeit schlichtweg nicht zu 1997 - und eine weitaus höhere Summe für die un vereinbaren, wenn jemand, der 40 Prozent seines kalkulierbaren Spätfolgen der Sonder-Afa Ost. Hier Nettoeinkommens für die Wohnung ausgeben muß, gibt es nur Schätzungen. Aber wenn man die Ent- weil es keine Alternative gibt, dieselbe Förderung er- wicklung der Einkommensteuer in Deutschland für hält wie jemand, der 30 Prozent ausgibt. Eine Anpas- die letzten Jahrzehnte betrachtet und eine Kontinui- sung der Mietobergrenzen speziell in den Städten, tät nach 1990 voraussetzt, müßten diese Steuerein- wo ihre Notwendigkeit besonders groß gewesen nahmen heute bei zirka 45 Milliarden DM jährlich wäre, wäre ohne weiteres mit den Mitteln möglich liegen. Statt dessen gehen Steuerschätzungen für gewesen, die der Bund zur Verfügung zu stellen be-- 1998, vor allem ein Ergebnis der Sonder-Afa, von schlossen hatte, wenn nur die Länder mitgezogen plus/minus Null bzw. einer negativen Einkommen- hätten. steuer aus. Das heißt, Leute die eh zuviel Geld ha- Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22511* ben, bekommen noch Steuerrückzahlungen vom eine Selbstverständlichkeit. Schließlich waren es die Bund dazu. Und alles legal. Skandalös! demokratischen Sozialisten, die schon am 1. April 1998 in einem Antrag diese Verlängerung gefordert Wem bei diesen Zahlenvergleichen kein Licht auf- hatten. Daß nun SPD und Bündnisgrüne einen geht, der muß schon einen naiven Optimismus von Monat später auch aufgewacht sind und dasselbe in der sozialen Verantwortung dieser Bundesregierung ihren Anträgen formuliert haben; um so besser. Und mitbringen. Milliardengeschenke für Besserverdie- nachdem auch die Koalition ausgeschlafen und sich nende, so meine Erfahrung aus den letzten vier Jah- als letzte dem Bund der Befürworter zugesellt hat, ist ren, sind hier von seiten der Regierungskoalition nie die breite fraktionsübergreifende Zustimmung gesi- ein Problem. Auch für die Unterstützung des Golf- chert. Wie schön und ein klitzekleiner Lichtblick im krieges vor sieben Jahren haben sie auf die Schnelle tristen Bonner Alltag. mal so 17 Milliarden „gefunden" . Aber wenn es um solche „utopischen" Summen wie 50 Milliarden DM für ein Sonderprogramm zur Bekämpfung der schlimmsten Folgen von Obdach- losigkeit geht oder anderthalb Milliarden zur Verbes- Anlage 15 serung des gesamtdeutschen Wohngeldes, dann ist jahrelang kein Geld in den Kassen. Zu Protokollgegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 21 Die gesamtdeutsche Wohngeldreform ist damit zur (Antrag: Jugendmedienschutz national unendlichen Mißerfolgsstory der Bundesregierung und international sichern) geworden. Und das ist nicht die einzige.

Wir haben seit Jahren, genauso wie der Mieter- Maria Eichhorn (CDU/CSU): Vor einigen Wochen bund und Vermieterverbände, eine solche Wohn- hat ein Urteil des Münchener Amtsgerichts für Auf- geldreform gefordert und die Finanzierbarkeit aufge- sehen gesorgt. Der Geschäftsführer des Online-Dien- zeigt. Alles vergebens. stes Compuserve Deutschland ist zu einer Bewäh- rungsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden - und Trotzdem können und werden wir einer Verlänge- zwar wegen Verbreitung von Kinder- und Gewalt- rung des Sonderwohngeldes-Ost nicht im Wege ste- pornographie im Internet. hen, zumal auf Druck der Opposition - schließlich stehen Wahlen vor der Tür - die ursprünglich vorge- Lange Zeit waren die Fachleute uneinig, ob sich sehenen Verschlechterungen aufgehoben wurden. die gewaltverherrlichenden Darstellungen in den Sie kennen das ja mit dem Spatz in der Hand. Aber Medien tatsächlich negativ auf die Entwicklung jun- wir wollen auch in letzter Minute nichts unversucht ger Menschen auswirken. Aber spätestens seit dem lassen, im Interesse von Millionen westdeutscher Fall in Passau ist klar, daß Gewaltsendungen das Mieterinnen und Mieter auch noch die Taube auf Verhalten Jugendlicher beeinflussen können. Des- dem Dach zu fangen. wegen nehmen wir die Sorgen von Eltern, die sich auch immer wieder in großen Unterschriftenaktionen Deshalb unser Änderungsantrag, wenigstens für widerspiegeln, sehr ernst. den ärmeren Teil der westdeutschen Mieterschaft, die arbeitslosen und geringverdienenden Haushalte, Gerade die neuen Medien sind bei Kindern und die genauso wie Ostdeutsche unter der gewachse- Jugendlichen weiter auf dem Vormarsch. Computer nen Wohnkostenbelastung leiden, verbesserte mit Internet-Anschluß gehören für viele von ihnen Wohngeldzahlungen zu beschließen. mittlerweile bereits zum Alltag. Sie bieten ihnen un- geahnte Möglichkeiten der Kommunikation und der Und wir haben den Finanzierungsvorschlag gleich Information. Um so wichtiger ist es aber auch, auf die mitgeliefert. Streichungen bei der Eigenheimzulage Gefahren, die die Anwendung mit sich bringen für Einkommensgruppen die keiner staatlichen För- kann, immer wieder aufmerksam zu machen. Bei ca. derung bedürfen. Sie können doch niemandem drau- 2 Millionen Internetseiten, die nie vollständig zu kon- ßen vermitteln, daß der Staat für Familien, die ein trollieren sind, ist es Realität, daß sich Kinder und Ju- Bruttoeinkommen von über 25 000 Mark im Monat gendliche spielend gewaltverherrlichende, pornogra- haben, noch obendrein Gelder für den Eigenheim- phische und rassistische Inhalte auf den Computer- bau draufpackt. Kein einziges Eigenheim in Deutsch- bildschirm holen können bzw. zufällig beim Surfen land wird weniger gebaut, wenn solchen Gehalts- auf jugendgefährdende Inhalte stoßen. gruppen die staatliche Finanzliebe entzogen wird. Dieses Geld statt dessen beim Wohngeld oder der Er- Es bleibt deshalb eine ständige jugendpolitische höhung der Kinderkomponente im Eigeneimzula- Aufgabe, junge Menschen besser vor den Risiken, gegesetz eingesetzt, dies bringt durch verstärkte die sich aus dem Medienkonsum ergeben, zu schüt- konsumtive Effekte sogar noch Verringerung der Ar- zen und die vorhandenen Jugendschutzbestimmun- beitslosenzahlen mit sich. Eine Logik, der sich nur gen ständig auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. die entziehen können, die es mit Besserverdienen- den von jeher gut meinen bzw. durch eine Verände- Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen von der rung unter Umständen persönlich selbst betroffen Opposition, ich kann Ihre Reaktionen auf den An- wären. trag, den wir heute einbringen und den wir gestern vorgestellt haben, nicht verstehen. Da ist zum Bei- Daß wir der Verlängerung der ökologischen Kom- spiel von „Show" die Rede. Ich sage Ihnen nur: Wir ponente im Eigenheimzulagegesetz zustimmen, ist nehmen den Jugendschutz in den Medien sehr ernst, 22512* Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 denn alle, die sich damit befassen, wissen, daß noch allein als Jugendschutzmaßnahmen nur sehr be- viele Fragen offen sind und die Probleme noch längst grenzt wirken. nicht geklärt sind. Wir ruhen uns nicht auf den Erfol- gen aus, die wir in dieser Legislaturpe riode auch in Schmuddelsex in den Nachmittags-Talkhows wi- diesem Bereich verbuchen können. Wir haben uns dert uns an. Daß die Politik hier reagieren muß, steht kontinuierlich in dieser Legislaturpe riode mit der Ge- wohl außer Frage. Und man sieht schon daran, daß samtproblematik befaßt. Ich erinnere nur daran, daß bestimmte private Sender einen Verhaltenskodex bereits 1996 auf Initiative der CDU/CSU in unserem vereinbart haben, daß Handlungsbedarf besteht und Ausschuß zwei große Anhörungen stattgefunden ha- der Druck der Öffentlichkeit Wirkung zeigt. Die der- ben. zeitigen Vorbereitungen der Novellierung des Rund- funkstaatsvertrages müssen zur Klarstellung genutzt In unserer Arbeitsgruppe haben wir uns mit den werden, daß Talkshows ebenso wie sonstige Sendun- vielschichtigen Problemen in regelmäßigen Sitzun- gen den Jugendschutzbestimmungen unterliegen. gen, zu denen wir immer wieder Fachleute einge- Ein ganz wichtiger Bereich ist die Stärkung der laden haben, auseinandergesetzt. Denn wir wollten Medienkompetenz. Die besten Jugendschutzbestim- keinen politischen Schnellschuß. Wir wollten keinen mungen und die besten technischen Sicherungen al- Antrag vorlegen, der auf Luftschlösser baut, sondern lein sind zu wenig. Entscheidend ist, daß junge Men- einen Antrag, dessen Inhalte auch realisierbar sind. schen so früh wie möglich lernen, verantwortungs- Die Maßnahmen, die wir im Antrag fordern, ergän- voll mit den neuen Medien umzugehen. zen die wichtigsten Regelungen im Zusammenhang Gesetze können den Jugendschutz in den Medien riode mit dem IuKDG, die wir in dieser Legislaturpe verbessern. Bereits heute stellen wir jedoch fest, daß bereits umgesetzt haben. wir den schnellen Veränderungen der technischen Ich will nur einige Forderungen des Antrages her- Möglichkeiten mit Gesetzen hinterherlaufen. Des- ausstellen: halb ist es ganz besonders wichtig, daß die Anbieter der Medieninhalte und die Kommunikations- und In- Die Vorschriften im Gesetz zum Schutz der Jugend formationswirtschaft im Rahmen der Freiwilligen in der Öffentlichkeit, die für Videokassetten gelten, Selbstkontrolle dem Jugendschutz ein viel stärkeres müssen auf die CD-ROM erweitert werden. Es macht Gewicht geben. Gerade sie haben neben den Eltern keinen Sinn, daß einerseits aufgrund strenger Ju- und Erziehern eine große Verantwortung für eine ge- gendschutzvorschriften verhindert wird, daß Kinder sunde Entwicklung unserer Kinder und Jugendli- Gewaltvideos kaufen oder leihen können, anderer- chen. seits Gewaltspiele auf einer CD-ROM aber überall zu haben sind. Dr. Maria Böhmer (CDU/CSU): ,,Kinderporno-Ring Für uns ist weiterhin wichtig, daß die Ausstattung im Land gesprengt" und „,Fett in Strapsen macht der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schrif- mich an' - ein Nachmittag im deutschen Fernsehen" ten verbessert wird, auch wenn bereits in diesem sind nur zwei von vielen Schlagzeilen, wie sie in Jahr die finanziellen Mittel aufgestockt werden jüngster Zeit immer häufiger in der Presse zu lesen konnten. Derzeit ist es so, daß zwar innerhalb von sind. sieben Stunden das Verfahren abgeschlossen sein Solche Zeitungsbeiträge rütteln auf. Seit Jahren kann, aber bis dann die Veröffentlichung erfolgt, schon führen wir eine permanente öffentliche Dis- sind es immer noch drei bis fünf Tage. Bei der In- kussion über die Gewaltflut im Fernsehen. Dies hat dizierung von Inhalten im Internet kommt es jedoch dazu beigetragen, daß die Jugendschutzbestimmun- auf ein möglichst schnelles Handeln an. gen verbessert und neue Selbstkontrolleinrichtungen Wir wollen, daß eine bundesweit einheitliche stän- (FSF, FSM) geschaffen wurden. Aber wer den Fern- dige Hotline eingerichtet wird, damit Inhalte im In- seher einschaltet und sich am Nachmittag und ternet, deren Verbreitung strafbar ist, der Polizei Abend durch die Programme zappt, wer im Internet bzw. der Staatsanwaltschaft schnell und unbürokra- surft, hat den Eindruck: Die Gewalt in den Medien tisch übermittelt werden können. Wegen der Fülle an hat nicht abgenommen - im Gegenteil! Internetseiten ist die Polizei auf die Hilfe von Inter- Jetzt ist eine neue Runde um Gewalt und Sex in netbenutzern, d. h. auf Hinweise angewiesen, damit den Medien eröffnet. Die Liste der Themen deut- den Straftaten nachgegangen werden kann. scher Talk-Shows, in der „Zeit" vom 10. Juni 1998 Das Internet kennt keine Grenzen. Daher sind flan- „zu Protokoll" gegeben, ist nicht nur ein Armuts- kierende internationale Maßnahmen unerläßlich, um zeugnis für private Fernsehveranstalter. Es stellt sich den Jugendschutz zu sichern. Auch hier wurde die grundsätzliche Frage: In welcher Gesellschaft le- schon einiges erreicht, aber es gibt noch viel zu tun. ben wir, und in welcher Gesellschaft wollen wir le- Wir brauchen globale Mindeststandards, um einen ben? Was ist öffentlich, was ist privat? Gilt es jedes weltweit koordinierten Schutz zu ermöglichen. Tabu zu brechen? Was will sich diese Gesellschaft zu- muten, und welches Menschenbild wollen wir den Im Bereich des Fernsehens fordern wir die Einfüh- Jugendlichen präsentieren? Sind wir in der Lage, rung eines generellen Sendeverbots für indizierte darüber zu gemeinsamen Grundverabredungen zu Filme. Vor allem aufgrund der auch für Kinder tech- kommen, oder werden wir uns darüber zerstreiten? nisch unproblematischen Aufzeichnungsmöglichkei- Wir brauchen eine wirklich breite gesellschaftspoliti- ten können gesetzliche Sendezeitbeschränkungen sche Diskussion darüber, an welchen Werten sich un- Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22513* sere Gesellschaft orientieren will. Nur dann wird sich ten, Eltern und andere mehr aufgesplittert, so daß die Frage der Medieninhalte und des Jugendschut- man nur schwer zu einer einheitlichen Marschrich- zes befriedigend klären lassen. tung findet. Die Diskussion wird nicht nur in Deutschland mit Deshalb brauchen wir eine ständige öffentliche Nachdruck geführt. In den USA hat Präsident Clin- Auseinandersetzung über den Jugendmedienschutz ton sich am vergangenen Samstag in seiner wöchent- und eine ständige Überprüfung und Evaluierung der lichen Rundfunkansprache erneut zur Gewalt in den eingeleiteten Jugendschutzmaßnahmen. Wir müssen Medien geäußert. Die Produzenten von gewaltver- in der Öffentlichkeit das Problembewußtsein für die herrlichenden Filmen, Videos und Musik sind nach Schutzwürdigkeit von Kindern und Jugendlichen ge- den Worten des US-Präsidenten mitverantwortlich genüber fragwürdigen Konsuminteressen und dem für die zunehmenden Schießereien unter Jugendli- Mitteilungsdrang von Randgruppen, die jugend- chen. „Wenn sinnloses Töten ein Hauptinhalt der Fa- gefährdende Inhalte verbreiten, schaffen. Denn milienunterhaltung wird, wenn Kinder immer wieder Jugendschutz und Menschenwürde dürfen nicht auf sehen, wie Konflikte nicht mit Worten, sondern mit der Strecke bleiben. Waffen gelöst werden, sollten wir nicht überrascht Ich weiß, daß viele Menschen besorgt sind über sein, wenn sie dem Muster folgen." das, was unsere Kinder heute jeden Tag auf der Kinder- und Jugendkriminalität, wachsende Ge- Mattscheibe zu sehen bekommen. Meine Aktion waltbereitschaft und Desorientierung unter Jugendli- „Rote Karte für TV" (1994), die sich gegen übertrie- chen haben viele Gründe. Der negative Einfluß von bene Gewaltdarstellungen und Pornographie im Gewaltdarstellungen in den Medien auf Kinder und Fernsehen wendet, hat eine enorme Resonanz. Bis- Jugendliche ist vielfältig belegt. Die Forschung ins- her habe ich 500 000 der roten Postkarten verteilt und besondere bezüglich der Auswirkungen von porno- 20 000 Unterschriften zu diesem Thema gesammelt. graphischen Darstellungen auf Heranwachsende Täglich erreichen mich neue Anfragen. hingegen steckt noch in den Anfängen. Das darf uns aber nicht hindern, in den Bereichen zu handeln, die Auch wenn es schwierig ist, müssen wir deutlich Kinder und Jugendliche negativ beeinflussen kön- machen, daß Gewalt keine angemessene Form der nen. Auseinandersetzung ist, daß Aufstachelung zum Ras- senhaß in unserer Gesellschaft nichts zu suchen hat. Die modernen Kommunikations- und Informations- Wir müssen klar sagen, wo die Grenze für die öffent- technologien haben schon heute - schneller als man- liche Darstellung von Sexualität liegt und wo Schrill- cher das wahrhaben will - enormen Einfluß auf unser heit und Perversität zu einem verzerrten Bild von soziales, wirtschaftliches und kulturelles Zusammen- Wirklichkeit führen. leben. Es ist nicht so sehr der einzelne Film, der einzelne Kinder und Jugendliche begreifen die technischen Beitrag, vielmehr liegt die verändernde Kraft in der Möglichkeiten als selbstverständliches Teil der Le- Gesamtheit der Darstellungen von Sexualität, bei der benswelt, in die sie hineinwachsen. Sie müssen kun- die Grenzen ausgetestet und mehr und mehr hinaus- digen und verantwortungsvollen Umgang mit ihnen geschoben werden. Das Thema Pornographie und lernen. Das ist heute unumgänglich, wenn sie sich in Medien ist eine Angelegenheit nicht nur des Jugend- der Welt von morgen behaupten wollen. schutzes, sondern der Menschenwürde. Sicherlich, es ist nicht einfach, eine Wertediskussion zu führen. Bei allen Chancen dürfen wir nicht darüber hin- Die Grenzen sind oft fließend, und allzu leicht wird wegsehen, daß die neuen Kommunikations- und In- unterstellt, man sei schlicht zu prüde oder kenne sich formationstechnologien neue Gefährdungen für Kin- in der rauhen Wirklichkeit nicht aus. Aber wenn wir der und Jugendliche und damit auch neue Heraus- als Erwachsene nicht bereit sind, uns über die not- forderungen für den Jugendmedienschutz mit sich wendigen Grenzziehungen klar zu werden, wie sol- bringen. Deshalb haben wir den Antrag vorgelegt, len Kinder dann zwischen gut und böse, zwischen der heute beraten wird. richtig und falsch unterscheiden lernen? Bei allen Anstrengungen zugunsten eines verbes- An Beispielen läßt sich verdeutlichen, was ich serten Jugendmedienschutzes in Deutschland haben meine. Wenn in bestimmten Talk-Shows, die jeden wir zwei Grundprobleme zu berücksichtigen: Das ist Nachmittag gesendet werden, regelmäßig Themen zum einen die ständige Weiterentwicklung der behandelt werden wie „Biester und Schlampen - so Neuen Medien. Der technische Fortschritt ist allen bekommst Du jeden Mann" (Arabella Kiesbauer, Bemühungen, Jugendliche vor unerwünschten Aus- Pro 7), „Ich find's geil, ich bin eine Hobbynutte" wüchsen zu schützen, immer mindestens einen (Andreas Türck, Pro 7) oder „Was Altes kommt mir Schritt voraus. Der Rat hochspezialisierter Fachleute nicht ins Bett" (Ilona Christen, RTL), dann wird den ist erforderlich, wenn es darum geht, technische um diese Sendezeit vor dem Fernseher sitzenden Sperren oder Filtersysteme für problematische Me- Kindern und Jugendlichen ein falsches und verzerr- dieninhalte zu finden. tes Bild von Sexualität und Partnerschaft vermittelt. Zum anderen sind die rechtlichen Kompetenzen Deshalb fordern wir die Landesregierungen auf, dar- und tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeiten bezüg- auf hinzuwirken, daß Talk-Shows zu Themen, die die lich des Jugendmedienschutzes auf den Bund, die allgemein anerkannten sittlichen und moralischen Bundesländer, internationale Einrichtungen, öffent- Grenzen überschreiten, nicht am Nachmittag gesen- lich-rechtliche und private Aufsichtsgremien, freiwil- det werden. Eine entsprechende Klarstellung sollte lige Selbstkontrolle, Schulen, Jugendbildungsstät- im Rundfunkstaatsvertrag vorgenommen werden. 22514* Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Von ebenfalls zentraler Bedeutung ist das grund- auch nur der niveaulosen Berieselung zu widerset- sätzliche Verbot der Ausstrahlung indizierter Filme. zen, damit sie nicht zu über die Neuen Medien fern- Bislang gibt es nur freiwillige Selbstverpflichtungen gesteuerten Objekten werden, sondern diese zu der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten, solche ihrem Nutzen einsetzen können. Filme nicht zu zeigen. Die privaten Sender sind die- sem Beispiel nicht gefolgt. Wenn die Eigenverant- Über alle rechtlichen Forderungen und techni- wortung nicht trägt, dann ist der Gesetzgeber gefor- schen Maßnahmen hinaus sind Medienkompetenz dert. Von der anstehenden Novelle des Rundfunk- und Medienverantwortung der Dreh- und Angel- staatsvertrags der Länder muß endlich ein eindeuti- punkt der in dem vorgelegten Antrag erhobenen For- ges Signal für mehr Jugendschutz ausgehen. derungen zum Jugendmedienschutz und Kern der Einzelmaßnahmen und Bemühungen, die von der Einer Auffassung, die im Zusammenhang mit Bundesregierung und den Koalitionsfraktionen in einem grundsätzlichen Ausstrahlungsverbot von in- dieser Legislaturpe riode umgesetzt worden sind. In dizierten Filmen Zensur befürchtet, kann ich nicht der Enquete-Kommission „Zukunft der Medien in folgen. Für Erwachsene sind solche Filme an anderer Wirtschaft und Gesellschaft" des Deutschen Bundes- Stelle zugänglich. Wenn es nicht einmal gelingt, tages konnte bezüglich der Aussagen und Forderun- Filme, die bereits auf dem Index stehen, aus dem gen zum Jugendmedienschutz fraktionsübergreif end Äther zu verbannen, wie sollen wir uns dann jemals weitgehend Einigkeit erzielt werden. Ich würde es auf andere Grenzziehungen verständigen? begrüßen, wenn die anderen Fraktionen sich dem Antrag der Koalitionsfraktionen heute anschließen Bei diesen Beispielen liegt es noch im Rahmen un- würden und damit ein starkes Signal für einen ver- serer Möglichkeiten, in Deutschland einzugreifen, besserten Jugendmedienschutz auf nationaler und wenn wir uns einmal über die notwendigen Maßnah- internationaler Ebene setzen würden. men einig sind. Wenn es um das Inte rnet geht, ist es sehr viel schwieriger. Das Internet ist ein weltweites Medium und zeichnet sich gerade dadurch aus, daß Klaus Hagemann (SPD): In der vorletzten Sitzungs- jeder Informationen hineinbringen und auch abrufen woche dieser Legislaturpe riode hat die Koalition den kann. Ich kann mir hier von Bonn aus sowohl die Jugendmedienschutz entdeckt. Urplötzlich sind der Werbung eines japanischen Konzerns auf den Bild- Regierungskoalition jugendgefährdende Inhalte in schirm holen als auch Beiträge aus amerikanischen den Medien aufgefallen. Dies kann man zumindest Fachzeitschriften lesen. Ebensogut ist es leider mög- aus Ihrem vor Toresschluß vorgelegten Antrag schlie- lich, rassistische Haßparolen von Rechtsextremisten, ßen, der aus Zeitgründen noch nicht einmal in den Anleitungen zum Bau von Handgranaten oder Kin- Ausschüssen beraten werden kann. derpornographie zu finden. Dies ist wohl im Hinblick auf den Bundestagswahl- Die Bundesregierung hat mit der Verabschiedung kampf ein reiner Schauantrag. Plötzlich sieht, liest des Informations- und Kommunikationsdienstegeset- und hört man immer öfter Kritik an Sendungen und zes trotz aller Schwierigkeiten, die damit verbunden Programminhalten von privaten Sendern in Deutsch- sind, rechtliche Regelungen für den Umgang mit die- land. Aber ich frage Sie: Wer hat denn am lautesten sem Informationsangebot in Deutschland gefunden. für die Einführung der p rivaten Fernsehkanäle ge- Dennoch dürfen wir uns nicht darüber hinwegtäu- trommelt und die derzeitig gültigen Rahmenbedin- schen, daß es für findige Köpfe immer Wege geben gungen geschaffen? Das waren Sie, meine Damen wird, diese Hürden zu umgehen. Gerade wenn es und Herren von CDU, CSU und F.D.P. Und insofern um technische Sperren für unerwünschte Inhalte im tragen Sie die Verantwortung für die voraussehbaren digitalisierten Fernsehen oder im Internet geht, zeigt Folgen in bezug auf Sex and Crime in den Medien sich, daß deren Einsatz zwar wichtig ist, weil sie den selbstverständlich mit. Zugang zu den problematischen Inhalten begrenzen. Uns allen ist heute hoffentlich bewußt, daß endlich Andererseits sind sie aber kein absoluter Schutz. auf diesem Sektor gehandelt werden muß. Selbst der Deshalb dürfen wir weder die Sender und Anbieter Geschäftsführer der Freiwilligen Selbstkontrolle noch die Eltern oder den Staat aus seiner Verantwor- Fernsehen, Herr von Gottberg, mahnt in einem Inter- tung für den Jugendmedienschutz entlassen. Es wird view in der „Süddeutschen Zeitung" vom 4. Juni für technisch versierte Kinder und Jugendliche im- 1998 zum Handeln, weil ansonsten „unsere Glaub- mer möglich sein, die Sperren zu umgehen, denn würdigkeit beschädigt wird". ihre Neugierde und der Drang, alles Verbotene zu er- kunden, wird sie anstacheln, nach entsprechenden Bereits im Jahr 1996 hat der Ausschuß für Familie, Wegen zu suchen. Senioren, Frauen und Jugend zwei Anhörungen zu dem Thema durchgeführt. Im Rahmen der Beratun- Wesentlich ist es daher, die Medienkompetenz von gen zum Informations- und Kommunikationsdienste- Kindern und Jugendlichen zu stärken. Sie müssen in gesetz ist erneut auf dieses Thema eingegangen wor- Schule und Elternhaus den verantwortlichen Um- den. Hierbei spielten die Fragen des Jugendschutzes gang mit den neuen Kommunikations- und Infor- eine bedeutende Rolle. Wären Sie damals unserer mationstechnologien lernen. Sie müssen in die Lage Argumentation und unserem Antrag gefolgt, bräuch- versetzt werden, kritisch mit den multimedialen An- ten wir heute keine Debatte zu diesem Thema zu geboten und den Inhalten, zu denen sie dank des führen. technischen Fortschritts Zugang haben, umzugehen. Wir müssen sie in die Lage versetzen, sich der offen- Die neuen Medien „dürfen kein rechtsfreier Raum kundigen und unterschwelligen Beeinflussung oder sein, alle Offline- wie Online-Angebote sind in den Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22515*

Jugendschutz durch rechtliche Bestimmungen und notwendiger denn je. Ihr Antrag wird aber den An- technische Vorkehrungen einzubeziehen" , heißt es forderungen an einen modernen Jugendschutz nicht in unserem Antrag. Das haben die verehrten Kolle- gerecht. Denn unsere Kinder werden in einer Welt gen von CDU/CSU und F.D.P. leider nicht mitgetra- groß, in der sie das als vorhanden und damit normal gen. erfahren, was die Erwachsenen als Ergebnis von star- ken Veränderungen erleben und was vielen Eltern Im heutigen Koalitionsantrag sind eine Reihe von und Erwachsenen Angst macht. Doch der Computer Forderungen an die Länder enthalten. Meiner Mei- gehört Ende des ausgehenden 20. Jahrhunderts nung nach machen Sie es sich damit ein bißchen ein- schlicht zum Alltag. fach, weil Sie einfach die Anstrengungen der Bun- desländer im Jugendschutz übergehen. So arbeitet Je früher Kinder den Computer und die neuen Me- z. B. das „Jugendschutz-net" seit Herbst 1997 sehr dien als selbstverständliches Werkzeug vorgeführt erfolgreich. Ich freue mich, daß diese von der rhein- bekommen und zu benutzen lernen, um so eher wer- land-pfälzischen Ministerin Frau Dr. Götte initiierte den sie auch diese neue Technologie als nützliches Maßnahme einstimmig von der Jugendministerkon- Hilfsmittel einsetzen. Und darum geht es. Die Furcht ferenz unterstützt worden ist. vor der sozialen Isolation, vor schädlichen Einflüssen auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, Aufgabe dieser Einrichtung ist es, jugendrelevante leitet sich nämlich weniger von den Kindern, sondern Inhalte in den Mediendiensten, vor allen Dingen im von jenen Erwachsenen ab, die der Faszination des Internet, durch technische Maßnahmen aufzuspüren neuen Mediums erliegen und regelrecht süchtig wer- und die entsprechenden Anbieter zu veranlassen, die den - oder sich aber kopfschüttelnd abwenden. Kin- jugendgefährdenden Inhalte zu ändern, zu ver- der reagieren da anders. Je selbstverständlicher ih- schlüsseln oder ganz aus dem Angebot zu nehmen. nen eine Technologie ist, desto eher sind sie bereit, Nach Aussage von Frau Ministerin Dr. Götte haben diese auch dosiert zu gebrauchen. Deswegen ist die bereits 50 Anbieter positiv reagiert. Dieses Projekt Forderung nach möglichst frühem Einsatz von ver- muß weiterentwickelt und gefördert werden! netzten Rechnern in der Schule ein Schritt hin zur Lassen Sie mich auf den Jugendschutz bei CD- Entzauberung des Mediums und zugleich die Vor- Roms eingehen. Auch hier darf es keinen rechts- aussetzung für eine soziale Nutzung moderner Kom- freien Raum geben. In unserem Antrag haben wir für munikationsmedien. CD-Roms die gleichen Regelungen wie für Filme und Wie überall lauern natürlich auch in der virtuellen Videokassetten gefordert. Diesem Antrag hat die Ko- Welt Gefahren für Kinder und Jugendliche, über de- alition im Frühjahr leider nicht zugestimmt. Heute ren Bewältigung die Medienpolitik in den letzten gilt um so mehr, praktische und erfolgreiche Metho- Jahren ganz besonders häufig nachgedacht hat. Es den zur Durchführung des Jugendmedienschutzes ist daher - entgegen meiner sonstigen Gewohnheit, zu entwickeln und zu installieren. das Positive und die Chancen der Neuen Medien Gesetzliche Kontrollen können immer nur flankie- hervorzuheben - notwendig, zunächst über diesen rend wirken. Wichtiger ist, daß wir unseren Kindern Aspekt zu sprechen. Erlauben Sie mir dazu einige und Jugendlichen im Elternhaus, in der Schule und provokante Ansichten: in der Jugendarbeit mit einer Medienerziehung zur In der Hitze der Diskussion und aus dem Gefühl individuellen Medienkompetenz verhelfen. Dies ist der Betroffenheit heraus neigen einige Jugend- dringend notwendig. schützer leider - leider neben Frau Nolte darunter Der Bundesjugendring vermutet, daß „ 1 Prozent auch einige Jugendminister und -ministerinnen der der Informationen im Internet aus illegalen bzw. Länder - allzu häufig dazu, „Gefährdungen" und schädigenden Inhalten bestehen. Bei ca. 80 Millionen „Straftaten" miteinander zu vermischen. Aus rechts- Seiten sind dies immerhin 800 000 möglicherweise staatlicher Sicht ist jedoch streng zwischen dem zu problematische Inhalte". unterscheiden, was als „gefährdend", und dem, was als „strafbar" einzustufen ist. Jörg Tauss (SPD): Wir beraten heute einen reinen „Gefährdungen" von Kindern und Jugendlichen Show- Antrag der Koalition. Wer am Ende einer Le- durch Medien abzuwehren ist nach dem Willen des gislaturperiode schnell noch den Jugendschutz ent- Gesetzgebers im wesentlichen Aufgabe der nach deckt, wer am Ende einer Legislaturperiode solche dem GjS zuständigen Bundesprüfstelle für jugendge- Forderungen an eine Bundesregierung richtet, macht fährdende Schriften, deren Zuständigkeit durch das deutlich, daß es nicht um Jugendschutz sondern vor- IuKDG nochmals ausgeweitet wurde. Als Schriften rangig um reine Wahlkampfsymbolik geht. Das hat gelten nunmehr auch alle nichtverkörperten Darstel- der Jugendmedienschutz nicht verdient, meine Da- lungen - ein Schritt, den ich für überaus fragwürdig men und Herren von Union und F.D.P. erachte und bei dem sich schon wenige Monate nach Verabschiedung des Gesetzes zeigt, daß hier sehr Dabei wäre eine Debatte zu diesem Thema schon viel Ideologie von Frau Nolte und wenig Sachver- vor Jahren mehr als notwendig gewesen. Sie haben stand am Werke war. medienpolitisch die Büchse der Pandora geöffnet und gleichen heute dem Brandstifter, der erst Feuer Als Leitbild hinter dieser Form rechtlichen Kinder- legt und dann angesichts des Feuers laut um Hilfe und Jugendmedienschutzes - das hat sich auch an- schreit. Sie können aber mit uns in der nächsten läßlich der Beratungen zum IuKDG wieder gezeigt - Legislaturperiode wenigstens nachträglich für einen steht nämlich leider immer noch die Vorstellung ei- modernen Jugendschutz sorgen. Jugendschutz ist nes passiven und labilen jugendlichen Rezipienten, 22516* Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 der Medieninhalten völlig hilflos ausgeliefert ist, sich Sie noch nicht einmal die Koalitionsmehrheit in mit noch so absurden Gestalten identifiziert, seine der Enquete-Kommission „Neue Medien" auf Ihrer Wertmaßstäbe und Lebenserfahrungen nicht im so- Seite. Selbst unionsnahe Sachverständige haben Sie zialen Handeln mit anderen gewinnt, sondern aus- immer wieder auf die Verfassungsunverträglichkeit schließlich aus Medien bezieht. Angestrebt wird da- Ihres Tuns hinweisen müssen. Daß Sie in diesem gegen der geistig reife, moralisch gefestigte Jugend- Punkt in der Enquete keine Mehrheit haben, ist wohl liche, der über ein kritisches Urteilsvermögen verfügt neben der Wahlkampfinszenierung eigentlicher und damit gegen jede mediale „Gefahr" gewappnet Grund für Ihren heute zu beratenden Antrag. ist. Um es ganz klar zu sagen: Ihre Vorschläge zu Darin liegt der Grundwiderspruch: Wie soll sich Entwicklung von Filtersystemen, die nicht auf die solch eine Persönlichkeit ausbilden, wenn auf der an- nutzerseitige Selektion begrenzt sind, haben letzt- deren Seite ein labiler Jugendlicher angenommen lich ein Verbot offener Datennetze und freier Kom- wird, der vor solchen Gefahren zu schützen ist und munikation, die Zensur und die totale Überwa- daher auch nicht lernen kann und darf, mit diesen chung von Kommunikationsvorgängen zur Konse- Gefahren umzugehen und sich mit ihnen kritisch quenz, wollte man sie ernsthaft durchsetzen. Daß auseinanderzusetzen? eine solche Forderung ausgerechnet und zum of- Mit Verboten und einer „Bewahr"pädagogik, die fensichtlichen Entsetzen der FDP-Medienexperten eine von Problemen, Konflikten, Straftaten und mora- auch noch die Unterschrift von Frau Leutheusser lischen Verfehlungen freie Welt suggeriert, läßt sich Schnarrenberger trägt, zeigt zusätzlich Ihre Konfu- dieses wichtige Ziel auf keinen Fall erreichen! Ge- sion in Sachen moderner Medienpolitik. Liebe Frau rade im Zusammenhang mit der Debatte um „Por- Leutheusser: Mit Ihren Filtersystemen, über die nographie im Internet" fällt auf, daß es, sobald es um sich Diktatoren aller Länder freuen dürften, fordern Sexualität und harmlose erotische Darstellungen Sie einen „Lauschangriff hoch drei", der alles in geht, sofort Begriffe wie Verbot und Gebot fallen. den Schatten stellt, was Sie bisher - zumindest für Hängt es eigentlich daran, wie es der Sexualwissen- Ihre Person, die durchaus Respekt verdient - abge- schaftler Kurt Starke formuliert, „daß Sexualität wohl lehnt haben. immer noch als Sünde gilt"? Wir begrüßen dagegen Ihre Forderung, die Bun- In anderen Bereichen ist der aktive Umgang mit desprüfstelle endlich vernünftig auszustatten. Doch Gefahren dagegen eine Selbstverständlichkeit: Kin- warum haben sie das nicht längst getan? Wer hat Sie der macht man auf die Gefahren des Straßenver- daran gehindert? Aber den „Gefährdungen" von kehrs aufmerksam, indem man sie an die Hand Kindern und Jugendlichen in einer globalen Informa- nimmt und ihnen die konkreten Bedrohungen vor tionsgesellschaft mit Hilfe des traditionellen Instru- Augen führt. Neben der Erklärung wichtiger Ver- mentariums der Indizierung und der Bundesprüf- kehrsregeln wird mit ihnen auf diese Weise nach und stelle beikommen zu wollen, wie es die Bundesregie- nach adäquates Verhalten im Straßenverkehr geübt. rung im IuKDG durchgesetzt hat, kann allenfalls als Nur im Hinblick auf Medienangebote, insbesondere populistische Symbolik bezeichnet werden. Zwar hat pornographischer, gewalttätiger und/oder extremisti- sich das GjS in vielen Punkten bewährt. Allerdings scher politischer Art, scheint diese Erziehungs- läßt sich das Gesetz nicht einfach auf die neuen Her- methode auf breite Ablehnung zu stoßen: So wurde ausforderungen „überstülpen". Das GjS ist weder in unlängst ein Gymnasiallehrer disziplinarisch dafür politischer noch in praktischer Hinsicht das abschlie- belangt, daß er einen indizierten Film zeigte und mit ßend geeignete Instrument, um Kinder und Jugendli- seinen Schülern kritisch besprach, weil sie ihn darum che vor „Gefährdungen" durch Medien zu schützen. gebeten hatten. Die Schüler hatten den Film zuvor Hier helfen einzig und allein verantwortungsvolle er- privat gesehen. zieherische Maßnahmen und natürlich die Medien- Hinter diesem rechtlichen Jugendmedienschutz kompetenz von Elternhaus, Schule und Jugendar- beit. Um diese zu unterstützen, bedarf es keiner steht letztlich ein normatives Konzept von „Sittlich- neuen gesetzlichen Ge- oder Verbotsnormen, son- keit" und „Wohl", das als Resultat eines historisch dern vielmehr einer gerechten und vorausschauen- geprägten gesellschaftlichen Definitionsprozesses den Wirtschafts- und Sozialpolitik und der großzügi- verstanden werden kann. Mit der Jugendgefährdung gen Förderung praktischer Medienerziehung" und ist damit auch immer dieses normative Konzept ge- Sozialarbeit. Alle Anträge der SPD-Bundestagsfrak- fährdet, ohne daß dies von diesen Jugendschützern tion zum Thema Förderung der Medienkompetenz so ausgesprochen würde. Soziologisch kann hier von haben Sie jedoch in der vergangenen Periode abge- dem Anspruch einer sozial-integrativen Funktion ge- lehnt - also auch hier reine Wahlkampfinszenierung. sprochen werden. Indem er sich über alle anderen sozialen Belange stellt, entblößt sich so verstandener Ich bin der festen Überzeugung, daß die erfolgrei- Jugendmedienschutz als Versuch, innerhalb einer che Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und neuer Ar- differenzierten, pluralistischen Gesellschaft Einheits- mut, ein Ende der Umverteilungspolitik zu Lasten vorstellungen von Gesellschaft zu reintegrieren. der sozial Schwachen und der Abschied vom überzo- Nur so erklären sich auch Ihre Vorschläge, die mit genen Wirtschaftsliberalismus des letzten Jahrzehnts dem Argument des Kinder- und Jugendschutzes den im Ergebnis wesentlich mehr gegen die Gewalt unter Zugang zum Internet auch für Erwachsene beschrän-- Jugendlichen und für das Gemeinwesen bewirken ken wollen. Für dieses Vorhaben, das in Ihrem An- würde als jeder noch so restriktive rechtliche Jugend- trag wieder deutlich zum Ausdruck kommt, haben medienschutz! Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22517*

Jugendschutz in einer demokratischen Gesell- StGB - sogar so weit reichen, daß dadurch die Souve- schaft muß im Gesamtzusammenhang gesehen wer- ränität anderer Völker verletzt würde. Daher besteht den. Er hat dabei keine direkten Erziehungsaufga- in strafrechtlicher Hinsicht über die bereits getroffe- ben zu erfüllen, sondern vielmehr Erziehung zu er- nen Maßnahmen hinaus kein besonderer legislativer möglichen und Kompetenz für einen verantwor- Handlungsbedarf. tungsbewußten Umgang mit vertrauten und neuen Medien herausbilden zu helfen. Er hat darüber zu Problematisch ist weniger die normative Orientie- wachen, daß der Jugend die zu ihrer Entwicklung rung des Rechts als seine Durchsetzbarkeit, da einem notwendigen Chancen nicht vorenthalten werden seiner Form nach global strukturierten virtuellen So- und daß die bereits bestehenden Chancen nicht ein- zialraum keine dem entsprechenden supranationalen geengt und gefährdet werden. Moderner Jugend- Strukturen gegenüberstehen. Solange die Wertur- schutz kann also nicht primär bewahrenden Charak- teile, die Strafnormen zugrunde liegen, nicht von al- ter haben, sondern muß stets auch ein progressives len Völkern geteilt werden, wird es Straftätern im Element beinhalten. Richtig verstanden darf das Ju- Prinzip immer möglich bleiben, sich in Gebiete zu- gendschutzbemühen alte Strukturen nicht einfach rückzuziehen, die für die deutschen Strafverfol- festschreiben und auch nicht stets starr an alle Nor- gungsbehörden unzugänglich sind. Langfristig dürf- men der Gesellschaft angepaßt sein. Als „Anwälte ten Nationalstaaten daher nicht in der Lage sein, die der Jugend" sollten Kinder- und Jugendschützer globale Herausforderung dieses Vollzugsdefizites zu vielmehr bestrebt sein, alle Erscheinungen unseres bewältigen. gesellschaftlichen Lebens daraufhin zu untersuchen, Ein Schwerpunkt staatlichen Handelns muß daher ob sie optimale Entwicklungschancen fördern oder auf der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung lie- gefährden. Unter Umständen muß er also gegen gen. Die Durchsetzbarkeit nationaler (straf-)rechtli- herrschende gesellschaftliche Auffassungen das cher Normen kann jedoch in einer globalen Informa- Recht der Jugend auf optimale Entwicklungschan- tionsgesellschaft nicht im nationalen Alleingang er- cen vertreten. Das wäre moderner Jugendmedien- reicht werden. Sachgerechte nationale Lösungen schutz. können aber zukünftigen gemeinsamen Regelungen Eine soziale Nutzung, im Sinne einer „sinnvollen" als Beispiel dienen. Ich vermag mich daher - gerade und „gesellschaftsverträglichen" Verwendung der im Zusammenhang mit den neuen Medien - nur für neuen Medien, kann weder durch privat betriebene, solche Maßnahmen des Informationsstrafrechts, der noch durch staatlich normierte Bewahrpädagogik er- Strafverfolgung und des Jugendschutzes auszuspre- reicht werden. Der Gesetzgeber sollte solche Versu- chen, die dem sozialdemokratischen Leitbild von ei- che künftig daher besser auch unterlassen. ner offenen, sozialen und demokratischen Gesell- schaft entsprechen. Soweit zu den „Gefährdungen" von Kindern und Jugendlichen durch die neuen Medien. Im Bereich der Bekämpfung von Straftaten sind dem Staat allerdings neue Grenzen gesetzt: Das In- Etwas anderes und davon zu trennen sind staatli- ternet (damals noch ARPA-Net) wurde im Auftrag che Maßnahmen gegen Handlungen, die als „straf- des US-amerikanischen Militärs geschaffen, um die bar" im Sinne des StGB einzustufen sind. Hier ste- Kommunikationsfähigkeit im Falle eines Krieges - hen Erwachsene im Mittelpunkt der Normen und auch bei Atomschlägen - offenzuhalten. Dies be- Sanktionen, denn sie sind es schließlich, die das In- stimmt auch heute noch die Struktur und Funktions- ternet dazu benutzen, mit relativ geringem Risiko weise des Netzes. Der Ausfall einzelner Knotenrech- strafbare Handlungen wie die Verbreitung von Kin- ner durch äußere Einwirkungen wird genauso wie derpornographie, rechtsextremistischem Gedanken- Störungen ganzer Bereiche vom Rest des Netzes gut und gewaltverherrlichenden Darstellungen zu ohne weiteres verkraftet. Der Versuch, die Verbrei- begehen. Dabei ist die Kriminalität im Cyberspace si- tung strafrechtlich erheblicher Informationen zu ver- cher nicht größer als in der physikalischen Realität hindern, wird daher wie eine solche technische Stö- auch. Sie bedient sich nur gerne der für ihre Zwecke rung behandelt und entweder automatisch unter- durchaus nützlichen besonderen Vorzüge dieses Me- drückt oder umgangen. diums. Kinder und Jugendliche sind hier in aller Re- gel nur Opfer, nicht die Täter oder Konsumenten, so Im Internet erweist sich die Unabhängigkeit der daß sich Kinder- und Jugendschutz in diesem Be- einzelnen Netzknoten, die Dezentralität und das reich in den regulären Kontext von Verbrechensbe- Fehlen übergeordneter Instanzen für die Durchset- kämpfung und -prävention einordnet. zung nationalen Rechts als problematisch. Da dies aber zugleich Gründe für die hohe Ausfallsicherheit Verbrechen gegen Kinder berühren uns emotional und die Interoperabilität des Systems sind, wäre die weitaus stärker als solche gegen Erwachsene. Ge- Beseitigung dieser Funktionen praktisch identisch rade der sexuelle Mißbrauch von Kindern zum mit dem Verzicht auf eine Nutzung der Datenauto- Zwecke der Herstellung pornographischer Abbildun- bahn. Mit der „Struktur", von manchen als „Anar- gen stößt hier im Zusammenhang mit den neuen Me- chie" bezeichnet, des Internets entstehen aber nicht dien auf Abscheu und berechtigtes Entsetzen. Aber: nur Lücken im Vollzug nationaler Normen, sondern Entgegen einer aufgeregten Berichterstattung ist das zugleich auch jene Freiräume, in denen auch diejeni- Internet kein „rechtsfreier Raum", in dem Unrecht gen eine Stimme bekommen, die bislang durch staat- begangen werden könnte, ohne daß sich der Täter lichen Druck stumm gehalten wurden, ganz unab- strafbar macht. Im Gegenteil: Das deutsche Straf- hängig davon, ob dieser Druck totalitärer A rt oder recht würde - bei wörtlicher Auslegung des § 9 demokratisch legitimie rt ist. 22518* Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Zudem bestünde, solange wenigstens eine Tele- Anstatt für wirkungslose Maßnahmen und moder- kommunikationsverbindung ins Ausland offen ne Hexenverfolgung eines „sachkundigen" Amts- bleibt, weiterhin die Möglichkeit, strafbare Inhalte richters , der offensichtlich auch den Rückhalt des in der Bundesrepublik zu empfangen und zu ver- jetzt von der CSU zurückgepfiffenen bayerischen breiten. Dies könnte nur dann verhindert werden, Justizministers hatte, setzen wir uns daher mit Nach- wenn auf Selbstwählverbindungen ins Ausland und druck für ein Bündel alternativer Vorschläge ein. digitale Datenkommunikation - einschließlich Fax, Dazu gehören insbesondere: ISDN und Mobiltelefon - vollständig verzichtet würde. 1. Mechanismen der Selbstregulation: Auch wenn ein Verzicht auf staatlichen Einfluß und gesell- Zudem stehen alle Vorschläge einer vorbeugenden schaftliche Kontrolle nicht wünschenswert ist, kön- Verbrechensbekämpfung im Spannungsfeld zwi- nen Mechanismen der Selbstregulation - wie auch schen dem Schutz der Privatsphäre und dem Inter- in vielen anderen Bereichen der Gesellschaft - po- esse eines geordneten Zusammenlebens. Die Gren- sitive Einflüsse auf die künftige Entwicklung ha- zen zwischen unerwünschter Zensur und notwendi- ben. Deshalb sollte der Staat do rt, wo sie wirksam ger Prävention lassen sich daher nur durch eine be- sind - wie z. B. die im Internet gültige Netiquette -, sonnene und umfassende Abwägung aller Gesichts- entsprechende Freiräume lassen. punkte bestimmen. Dabei dürfen weder die Sehn- 2. Freiwillige Selbstkontrolle: In der Bundesrepublik sucht nach einfachen politischen Lösungen noch existieren erste Ansätze einer freiwilligen Selbst- eine gefährliche Kombination diffuser Fortschritts- kontrolle der Internet-Provider. Da es aber im Inter- angst mit technischem Unverständnis die Diskussion net - im Unterschied zu den kommerziellen On- beherrschen. Verfassungswidrige oder sachlich un- line-Diensten - in der Regel an einem „Verleiher" geeignete „Lösungen" scheiden damit von vornher- bzw. „Herausgeber" fehlt, werden Bestrebungen, ein aus. Verantwortlichkeitsregeln und Selbstkontrollme- Genauso wenig sachgerecht ist die Position derer, chanismen aus dem Bereich der Presse oder der die Internet-Provider für strafbare Inhalte haftbar Filmwirtschaft übertragen zu wollen, ohne Wir- machen und nicht erkennen wollen, daß Zugangs- kung bleiben. vermittler und Inhalteanbieter nicht verwechselt wer- 3. Dennoch wird die gerade erfolgte Gründung einer den dürfen. Anders als bei Mailboxen haben die Zu- freiwilligen Kontrollinstanz in vielfacher Hinsicht gangsvermittler (Provider), Universitäten, For- positiv wirken. Durch solche private Organisatio- schungseinrichtungen und sonstige Institutionen kei- nen dürfen jedoch nicht, quasi „durch die Hinter- nen Einfluß auf die im Internet verbreiteten Daten. tür", die verfassungsmäßigen Freiheitsrechte aus- Das Internet zeichnet sich ja gerade durch seine gehöhlt und Bestimmungen des Datenschutzes nichthierarchische Organisation aus; verantwortliche hintergangen werden. Zudem kann nur solchen Betreiber fehlen daher oft. Vorschlägen zugestimmt werden, die nicht zu einem wettbewerbsverzerrenden Ergebnis führen, Strafverfolgung ist zudem eine originäre Aufgabe indem es etwa zur Bildung kartellartiger Struktu- des Staates, die Kommunikationsdienstleister wür- ren kommt. den bei Aufbürdung entsprechender Pflichten vor unlösbare Aufgaben gestellt. Es käme ja auch keiner 4. Pädagogische Mittel: Kinder- und Jugendschutz in auf die Idee, daß die Telekom für die Inhalte von Te- erzieherischer Hinsicht ist am besten unmittelbar lefongesprächen oder Briefträger für eine B rief- an oder vor dem Rechner zu realisieren, von dem bombe verantwortlich wären. aus der Minderjährige die Verbindung ins Netz herstellt, meist also in der elterlichen Wohnung. In In der Konsequenz bewirkt eine Kriminalisierung letzter Zeit werden hierzu technische Lösungen der Internet-Provider lediglich die Existenzvernich- angeboten, die den Zugriff auf problematische In- tung der kleinen und mittelständischen Unterneh- halte verhindern sollen und damit den Eltern ein men, da ihnen selbst eine stichprobenartige Kon- weiteres pädagogisches Mittel an die Hand geben. trolle der vermittelten Inhalte wegen ihrer geringen Inwieweit sie dies tatsächlich leisten können, läßt Personalkapazität und des immensen Datenvolu- sich noch nicht abschließend beurteilen; die Ver- mens nicht möglich ist. Gleichzeitig stellt sich die antwortung der Eltern bleibt aber auf jeden Fall grundsätzliche Frage, ob eine solche Total-Kontrolle von zentraler Bedeutung. gesellschaftlich erwünscht sein kann. Ich sage ein klares „Nein" dazu. Da dem Jugendschutz Verfassungsrang zukommt, ist aber der Verweis auf die elterliche Verantwor- Neben diese grundsätzlichen Bedenken treten tung allein unzureichend. Es ist gleichermaßen die auch ökonomische Aspekte: Da - auch nach Ansicht Aufgabe aller Beteiligten, die Bedingungen des Ju- der Bundesregierung - vor allem kleine, innovative gendschutzes zu verbessern. Aus pädagogischer Unternehmen für die Dynamik des neuen Marktes Perspektive kommt dabei insbesondere der Ver- verantwortlich sein sollen, wäre ein weiterer Verlust mittlung kultureller Medienkompetenz eine große an Innovationsfähigkeit ohne korrespondierenden Wichtigkeit zu. Restriktive Maßnahmen von staatli- Nutzen die direkte Folge. Aus diesem Grund habe cher Seite, wie z. B. die Einführung einer Alters- ich auch das Münchener Urteil gegen den' früheren grenze, machen die „verbotenen" Inhalte für Ju- Compuserve-Geschäftsführer Somm als Katastrophe gendliche dagegen besonders attraktiv. Da die bezeichnet. Ich bleibe dabei: Das Urteil ist rechtlich Verbreitung strafbarer Inhalte in weltweiten Da- und technisch nicht haltbar und nicht begründbar. tennetzen aber - im Unterschied etwa zu Videothe- Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22519*

ken oder Kinos - nicht räumlich begrenzbar ist, zur Schulung im Multimediabereich eröffnet wer- bliebe dies auch in dieser Hinsicht ohne Wirkung. den. Deswegen aber Erwachsenen den Zugang zu den nicht strafbaren, gleichwohl aber potentiell ju- 7. Internationale Vereinbarungen: In dem Moment, gendgefährdenden Informationen im Inte rnet be- da Medien fremde Rechtsordnungen tangieren, schränken oder gar verweigern zu wollen - und genügt der starre Blick auf die eigenen nationalen eine Indizierung von Inhalten in Online-Medien Regelungen nicht mehr. Mittelfristig sind hand- käme einem Totalverbot gleich - wäre, wie schon lungsfähige internationale Institutionen und Rege- ausgeführt, Zensur, und beliebige technische lungen zu schaffen, um der Globalisierung der Zu- Überwachung rüttelt an den Grundfesten der De- sammenhänge schrittweise Rechnung zu tragen. mokratie. Langfristig können nur supranationale Strukturen und weltweit gültige Normen die bedeutendsten 5. Wir müssen uns also Gedanken um ein neues Kon- Probleme des Gesetzesvollzugs beseitigen. Auch zept von „Kultureller Medienkompetenz" machen: hier haben Sie in Ihrer Regierungszeit versagt. Kulturelle Medienkompetenz heißt, daß Kinder Antworten auf diese Fragen sind Sie bis heute und Erwachsene in die Lage versetzt werden, Me- schuldig geblieben, was Sie mit ihrem Show-An- dien in sinnvoller Weise in ihren Lebensalltag ein- trag auch nicht verbergen können. ordnen zu können, nicht nur in passiver Hinsicht, Die großen Industrienationen befinden sich auf sondern auch aktiv als Teilnehmer und (Mit-) Ge- dem „Weg in die Informationsgesellschaft" . Dies be- stalter des interaktiven Mediengeschehens. Der deutet konkret, daß auf der Basis vernetzter Informa- Zugang zu Informationen allein gewährleistet noch tionstechnologie neben unserer materiellen Welt ein nicht die aktive Teilhabe der Bürgerinnen und Bür- komplexer „virtueller" sozialer Raum mit einer eige- ger in der entstehenden Informationsgesellschaft, nen, andersartigen Raum-Zeit-Struktur entsteht, des- bildet aber die Grundbedingung für die Verhinde- sen Ausgestaltung - nicht zuletzt wegen seiner zu- rung einer Spaltung der Gesellschaft in Informa- nehmenden ökonomischen Bedeutung - auch unsere tionsarme und -reiche. Viel drängender noch als „materielle" Welt stark beeinflussen wird. Da die bisher stellt sich aber das Problem des kompeten- Technik selbst gestaltungsoffen und we rtneutral ist, ten und verantwortungsvollen Umgangs mit die- liegt es nicht zuletzt an Maß und Art politischer Ge- sen Informationen. Medienkompetenz wird die staltung, welche Impulse von diesem Sozialraum aus- zentrale Schlüsselqualifikation der Informationsge- gehen werden: demokratische oder undemokrati- sellschaft werden. Medienkompetenz muß erlernt sche, soziale oder unsoziale, freiheitliche oder autori- werden. Die Schulen und Universitäten müssen täre. Das Ziel der Schaffung einer offenen und demo- die Menschen auf den Alltag in der Informations- kratischen Informationsgesellschaft zu erreichen, gesellschaft vorbereiten. Schaut man sich heute in müssen sich alle Beteiligten zur Aufgabe machen. Schulen und Universitäten um, offenbart sich der dringend notwendige Handlungsbedarf. Notwen- Ihrem Antrag können wir daher keine Zustim- dig ist es daher - und die SPD-Bundestagsfraktion mung erteilen. Er wird trotz gewisser Übereinstim- forderte dies in ihrem Entschließungsantrag zur mung in einzelnen Punkten den Herausforderungen Gestaltung der Informationsgesellschaft -, eine Bil- an einen modernen Jugendmedienschutz, wie hinrei- dungsoffensive zu starten, die den Schulen und chend dargelegt, an wichtigen Punkten nicht einmal Universitäten die Möglichkeit eröffnet, die Men- ansatzweise gerecht. schen auf die Anforderungen der Informationsge- sellschaft vorzubereiten - für den alltäglichen Um- Rezzo Schlauch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): gang mit Informationen ebenso wie für die neuen Grundsätzlich begrüße ich und begrüßt meine Frak- Arbeitsplätze. Als grundlegende Infrastrukturmaß- tion jede Initiative zum Jugendschutz. nahme sind im Rahmen eines neu zu definieren- den Universaldienstes Konzepte und Modelle zu Es grenzt jedoch an Wahlkampf-Heuchelei, wenn formulieren, die Forschungseinrichtungen, Biblio- die Koalitionsfraktionen am Ende der Legislaturperi- theken, Schulen und öffentlichen Einrichtungen ode dem Bundestag einen Antrag zu diesem wichti- den Zugang zu den Kommunikationsnetzen er- gen Anliegen vorlegen, der im Falle seiner Verab- möglichen. Denkbar wäre auch, in Zusammenar- schiedung so gut wie keine Auswirkungen haben beit mit Medien-, Computer- und Softwareunter- würde. nehmen ein Programm zu initiieren, das Schulen, Natürlich können wir die Landesregierungen wie Universitäten und Bibliotheken die technischen in ihrem Antrag dazu auffordern, „im Rahmen ihrer Voraussetzungen preiswert zur Verfügung stellt. Verantwortlichkeiten darauf hinzuwirken, daß Talk Shows zu Themen, die die allgemein anerkannten 6. Administrative Maßnahmen: Zur Bekämpfung von sittlichen und moralischen Grenzen überschreiten, Straftaten fehlt es auf nationaler Ebene bisher an nicht am Nachmittag gesendet werden". entsprechend ausgebildeten und ausgestatteten Referaten bei den Staatsanwaltschaften und Poli- Nur, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, auch zeibehörden. Dort fehlt es im Moment noch häufig wenn wir uns dies noch so sehr wünschen sollten, an angemessener technischer Ausstattung und oft kann das keine Landesregierung erreichen. Der an ausreichendem Einblick in die komplexen Zu- Staat ist Gott sei Dank nicht für die Programmgestal- sammenhänge der neuen Informationstechnologie.- tung der öffentlich-rechtlichen und kommerziellen In der juristischen Ausbildung sollten daher durch Fernsehsender zuständig; Artikel 5 des Grundgeset- Länderinitiativen an den Universitäten Angebote zes schützt uns als Zuschauer vor diesem Einfluß. 22520* Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Wenn wir und unsere Kollegen in den Landtagen wissen ja: Die schärfsten Kritiker der Elche waren in diesem Falle einmal unsere Regulierungswut et- früher selber welche! was zügeln müssen, heißt das aber noch nicht, daß wir nichts tun können. Die Diskussion um die Sen- kungen von Arabella Kiesbauer in den vergangenen Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (F.D.P.): Die Monaten hat doch bewiesen, daß eine öffentliche De- modernen Kommunikations- und Informationstechni- batte sehr wohl Folgen hat. Auch Gespräche mit der ken, also die neuen Medien, besonders die Online Werbewirtschaft könnten Folgen haben: Schließlich Dienste und Internet, verändern unser wirtschaftli- gibt es in erster Linie deshalb keine der Brüll-Sen- ches, soziales und kulturelles Leben. Sie eröffnen dungen wie „Der heiße Stuhl" mehr im deutschen viele Chancen, bieten eine bisher unvorstellbare In- Fernsehen, weil die Werbetreibenden nicht mit sol- formationsvermittlung und bergen damit auch Ge- chen Schmuddelprogrammen in Verbindung ge- fahren. bracht werden wollten. In einer Zeit immer neuer und immer differenzier- terer und auch komplizierterer Zugriffsmöglichkeiten Statt symbolische Anträge zu schreiben, ist unsere auf Medien reagieren gerade Erwachsene oft ratlos. Aufgabe also vielmehr, Medienpolitik aus den Fach- Die Fortentwicklung ist so rasant, daß häufig nur auf zirkeln und Kaminzimmern von Ministerpräsidenten die Probleme von gestern reagie rt wird. Die weitere herauszuholen und zu denen zu bringen, die es wirk- Entwicklung hat die Konzepte dann meist schon lich angeht: die Zuschauer und Zuhörer. Die würden überholt. Das gilt auch und gerade für den Umgang ihnen dann zum Beispiel sagen, daß sie es gar nicht der Kinder und Jugendlichen mit diesen Medien. Sie gut finden, wenn ihre Kinder mit noch mehr Wer- sind meist wesentlich besser als Eltern und Lehrer in bung zugeballert werden, wenn sich die Ministerprä- der Lage, die neuen Medien zu nutzen und natürlich sidenten der Länder wie erwartet darauf einigen soll- dort auch auf Angebote zuzugreifen, die ihrer Ent- ten, im neuen Rundfunkstaatsvertrag die Werberege- wicklung nicht nur förderlich sein können. Nach lungen für die kommerziellen Fernsehveranstalter einer Umfrage der „Wirtschaftswoche" haben zum noch weiter zu liberalisieren. Die werden ihnen auch Beispiel nur 10 % der Lehrer Ahnung davon, wie sagen, daß sie die permanenten, existenzbedrohen- man das Internet nutzt, aber 40 % der Schüler. den Angriffe gegen die ARD und das ZDF nicht gut finden, weil die nämlich ein gewaltfreies Kinder- und Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, daß Nachmittagsprogramm ausstrahlen. Die werden ih- manche Filme, Fernsehsendungen, Videospiele und nen versichern, daß sie es begrüßten, wenn in Kin- Angebote im Internet einen schädigenden Einfluß dergärten und Schulen kompetente Medienkunde auf Jugendliche haben können. Es ist aber problema- gelehrt würde, daß in ihren Schulen aber leider tisch, einen direkten Zusammenhang zwischen ju- keine Lehrer dafür zur Verfügung stehen und die gendgefährdenden Medieninhalten und beispiels- notwendige Infrastruktur zu teuer ist. weise der wachsenden Jugendkriminalität herstellen zu wollen. Und es ist größte Vorsicht bei allen voreili- Unsere Kollegen in den Bundesländern und wir im gen Schlüssen geboten, daß Medieninhalte Jugendli- Bundestag müssen daher dafür sorgen, daß Anbieter che schädigen und in ihrem Verhalten tatsächlich be- mit einem anspruchsvollen Kontrastprogramm Zu- einflussen würden. gang erhalten zu den Netzen und dem Digital-Fern- sehen und daß alle Menschen zu Nutzern dieser Me- Es fehlen zuverlässige Forschungsergebnisse. Vor- dien werden können - ungeachtet ihres Einkommens eilige Schlußfolgerungen und die grundsätzliche und Bildungsgrades. Teilweise hätten wir dafür im Verteufelung bestimmter Inhalte führen hier nicht Bundestag übrigens schon sorgen können - zum Bei- weiter. Der Wandel der Medien ist nur eine Facette spiel beim von ihnen mehrheitlich verabschiedeten eines gesamtgesellschaftlichen Wandels. Telekommunikationsgesetz. Die in Bayern von Staatsministerin Stamm losge- Unsere Kollegen in den Bundesländern brauchen tretene Diskussion um das sogenannte Schmuddel- wir nicht zu belehren, auch sie sind bemüht um die TV, also um sogenannte Sexthemen in Nachmittags- Stärkung des Jugendmedienschutzes. Nur leider, talkshows, hat zu einer einseitigen Verkürzung und und das wissen sie so gut wie ich, wird Medienpoli- einseitigen Betrachtungsweise geführt. Natürlich tik in diesem Lande eben nicht von den Landtagen läßt sich über Geschmack streiten, natürlich liegen gestaltet, sondern von den Medienkonzernen mit bestimmte Nachmittagstalkshows, Sendungen, die der Unterstützung standortfixierter Ministerpräsi- gerade auch von Kindern gesehen werden, häufig an denten. der Grenze dessen, was erträglich und vertretbar er- scheint. Wobei sich die Beurteilung dessen, was noch Aber warum sollten die auch anders sein als der „tragbar" ist, in den letzten Jahren auch gewandelt Bundeskanzler selbst, der sich so vehement in die hat. Aber soll das jetzt zu einem Sittenkodex führen, Bresche schlug für die Digitalpläne seines Freundes der zum Verbot der Ausstrahlung solcher Sendungen Leo Kirch? Für teure Digitalpläne, die sich nur refi- ermächtigt? nanzieren können durch die Ausstrahlung möglichst vieler Erotik- und Pornoprogramme. Wenn sich beim Ich halte die Forderung nach gesetzlichen Rege- nächsten Versuch von Kirch die Einflußnahme des lungen, die von vornherein solche Angebote verbie- Kanzlers auf die Kartellwächter endlich bezahlt ten und dem Staat die verbindliche Definition von macht, dann werden wir uns wahrscheinlich hier- Moralvorstellungen aufbürdet, nicht für einen richti- wieder treffen und den schädigenden Einfluß all der gen Ansatz und zudem auch nicht für praktikabel Pornosendungen auf die Kinder beklagen. Aber wir und durchsetzbar. Unsere Verfassung - und das ist Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22521*

gut so - verbürgt die Rundfunk- und Pressefreiheit Bestandteil zu vermitteln. Die Vermittlung von als ein besonders hohes Gut. Staatliche Einmischung Medienkompetenz muß sich auch und gerade an die in diesem Bereich soll auf das absolut notwendige Eltern richten, damit sie ihrer Erziehungsverantwor- Maß beschränkt werden. tung gerecht werden können. Hier besteht noch ein deutlicher Nachholbedarf. Medienkompetenz er- Auf der anderen Seite sind Jugendschutz und Eh- wirbt man jedoch auch und vor allem durch eigene renschutz hohe Güter, die bei den Entwicklungen im Erfahrungen mit Medieninhalten. Die Eltern, Erzie Informations- und Kommunikationszeitalter nicht auf her und Lehrer müssen umfassend informieren und der Strecke bleiben dürfen. Deshalb ist mit dem Ge- die Jugendlichen und Kinder dazu anleiten, selbstän- setz gegen die Verbreitung jugendgefährdender dig eine Auswahl aus der Fülle der Medienangebote Schriften und dem Informations- und Kommunikati- zu treffen. Natürlich ist dies ein schwieriges Unter- onsdienstegesetz ein gutes Instrumentarium geschaf- fangen, da sich Jugendliche gerade für solche In- fen worden, um den Jugendschutz angesichts dieser halte interessieren, die für sie ungeeignet erschei- Entwicklung gewähren zu können. Diese Regelun- nen. Aber gerade do rt muß Medienkompetenz be- gen sind aus der berechtigten Einschätzung entstan- ginnen. den, daß der Staat mit Verboten, die nur nationale Wirkung entfalten, kaum wirksam und flexibel rea- In letzter Zeit hat ein Münchner Amtsgerichtsurteil gieren kann. Jugendschutz muß den Experten der für großes Aufsehen gesorgt: Ein Provider wurde für neuen Medien übertragen werden. jugendgefährdende Inhalte der von ihm verbreiteten Internetmedien zur Rechenschaft gezogen und ver- Deshalb liegt der richtige Weg nicht in einer staat- urteilt. Jetzt ist Berufung gegen dieses Urteil einge- lichen Reglementierung bis in letzte Einzelheiten legt worden. Die Gerichtsentscheidung hat auch hinein, sondern in einer Förderung und einem Aus- international eine große - überwiegend negative - bau der freiwilligen Selbstkontrolle, die es bereits in Resonanz gefunden. Sie zeigt die Schwierigkeit im vielen Bereichen gibt und wo Spezialisten mit sehr Umgang mit diesen neuen Fragen. guten Ergebnissen arbeiten. Beispiele finden sich bei der Unterhaltungssoftware, der Freiwilligen Selbst- Die Verbreitung extremistischen Gedankenguts, kontrolle der Filmwirtschaft und der Freiwilligen gewaltverherrlichender, pornographischer oder an- Selbstkontrolle Fernsehen, um nur einige zu nennen. derweitig jugendgefährdender Inhalte im Internet Hier haben sich Anbieter gegenseitig dazu verpflich- stellt ein von seiten des Gesetzgebers schwer zu lö- tet, den Jugendschutz zu fördern. Auch die Staats- sendes Problem dar. Eine auch nur annähernd flä- verträge zwischen den Ländern enthalten Vorschrif- chendeckende Kontrolle ist schon technisch nahezu ten zum Jugendschutz, beispielsweise der Rundfunk- unmöglich und auch in angemessener Zweck-Mittel- staatsvertrag und der Staatsvertrag über die Medien- Relalition kaum zu bewerkstelligen. Liberalität ver- dienste. teidigen muß deshalb in diesem Zusammenhang heißen, im Zweifelsfall die Chance in der Nutzung Als Reaktion auf das im vergangenen Jahr verab- schiedete Informations- und Kommunikationsdien- neuer Medien und Netze höher zu bewerten als die Mißbrauchsrisiken. stegesetz hat sich eine Freiwillige Selbstkontrolle Muldimedia gegründet, in der sich die großen Provi- Die rechtliche Verantwortung für den Inhalt von der zusammengeschlossen und sich verpflichtet ha- elektronisch angebotenen Daten muß grundsätzlich ben, die von ihnen verbreiteten Angebote auf ju- beim Produzenten liegen. Eine Verpflichtung von gendschutzgefährdende Inhalte zu prüfen. Im Infor- Netzbetreibern, alle Dateien und Nachrichten auf mations- und Kommunikationsdienstegesetz haben strafwürdige Inhalte hin zu überprüfen, ist undurch- wir einen Evaluierungsauftrag festgeschrieben, nach führbar. Nationale Jugendschutzgesetze und Verbote dem im August 1999 die Bundesregierung darüber geraten an ihre Grenzen. Ein Anbieter kann sich berichten soll, wie sich der Jugendschutz in den durch Verlagerung seiner Produktionsstätten ins neuen Medien entwickelt hat und ob es do rt Hand- Ausland dem Zugriff der deutschen Behörden leich- lungsbedarf gibt. In diesem Rahmen wird das BMBF testens entziehen. Zudem sollte bei dieser Diskussion einen Forschungsauftrag vergeben, in dem der Ein- auch beachtet werden, daß der Anteil rechtswidriger satz technischer Maßnahmen zur Verwirklichung des Inhalte nur bei unter 2 Prozent aller Inhalte liegt. Jugendschutzes erforscht werden soll. Wir brauchen also europäische und international Kommerzielle Anbieter haben zu großen Teil schon vertiefte Zusammenarbeit und abgestimmte Instru- jetzt ihre Internetzugangsprogramme mit Jugend- mente. Am besten jedoch ist eine öffentliche Diskus- schutzsoftwareanteilen ausgestattet. Diese Pro- sion, die dem aufgeklärten mündigen Bürger die Pro- grammteile wirken als Filter, der jugendgefährdende bleme bewußt macht und die Verantwortlichen für Inhalte nicht zum Zugriff freigibt. Hier kommt den die Medieninhalte zu verantwortungsbewußtem Eltern die Verantwortung zu, daß solche programm- Handeln bringt. internen Schutzmechanismen auch aktiviert werden. Zu allererst müssen sich deswegen die Eltern und Er- zieher mit den Medienmöglichkeiten und -inhalten Rosel Neuhäuser (PDS): Neben den Vorteilen und vertraut machen. Perspektiven, die sich aus den modernen Informa- tions- und Kommunikationstechniken ergeben, er- Es ist deswegen wichtig, Medienkompetenz in scheinen auch eine ganze Reihe von Risiken und Ge- einem umfassenden Sinne zu vermitteln. Dabei kann - fahren, denen zu begegnen ein verständliches Anlie- es nicht nur darum gehen, Medienkompetenz in der gen ist. Die Frage ist allerdings immer, wie man sich Schule als selbständiges Lehrfach oder integralen dem Problem nähert. 22522 * Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998

Ein ausschließlich restriktiver und kontrollierender Anlage 16 Lösungsansatz greift aus unserer Sicht zu kurz. Wir halten es für sehr viel sinnvoller, eine kombinierte Erklärung des Abgeordneten Strategie aus gesetzlichen Regelungen und erziehe- Hans-Werner Bertl (SPD) rischem Jugendmedienschutz zu entwickeln. zur 5. namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen Gesetzliche Regelungen müssen die Anbieter der CDU/CSU und F.D.P. strafrechtlich relevanter Medienangebote mit nach- - Drucksache 13/11093 - haltigen, aber durchsetzbaren Sanktionen belegen. Ebenso müssen Mindeststandards auf europäischer Mein Name ist in der Abstimmungsliste unter Ja bzw. internationaler Ebene vereinbart werden, die vermerkt. der im wahrsten Sinne des Wortes Grenzenlosigkeit der neuen Medien Rechnung tragen und auf deren Ich erkläre, daß mein Votum Enthaltung lautet. Grundlage rechtsverbindliche Regelungen erarbeitet werden können. Dies sehen wir allerdings nicht nur als Maßnahme des Jugendschutzes, sondern eher als eine Form des altersunabhängigen Verbraucher- schutzes. Das Problem hierbei ist die technische und rechtliche Machbarkeit, aber auch der politische Anlage 17 Wille zur Durchsetzung des Machbaren. Erklärung des Abgeordneten Karl Diller (SPD) Was der vorliegende Antrag ausblendet, ist die zur 5. namentlichen Abstimmung Frage nach der Wirksamkeit von Appellen und frei- über den Entschließungsantrag der Fraktionen williger Selbstkontrolle. Sicher ist letztere eine der der CDU/CSU und F.D.P. wenigen Möglichkeiten, die privaten Medienanbie- - Drucksache 13/11093 - ter in Regulierungsprozesse einzubeziehen. Aber Selbstkontrolle hat offensichtlich Grenzen - do rt, Mein Name ist in der Abstimmungsliste unter Ja wo eine wie auch immer erzeugte Nachfrage mit vermerkt. erheblichem finanziellen Gewinn bef riedigt wer- den kann. Ich erkläre, daß mein Votum Enthaltung lautet. Daher sollte ein Antrag zum Jugendmedienschutz auch ansprechen, was eigentlich in dieser Gesell- schaft für Prozesse der Rezeption und des Konsums von Informationen im weitesten Sinne ablaufen, wie sie gesteuert bzw. gestaltet werden können. Pro- Anlage 18 bleme des Medienzugangs, der Mediennutzung und der Mediengestaltung weisen aus unserer Sicht ein Erklärung der Abgeordneten deutliches Demokratiedefizit auf. Davon ist im vorlie- Anke Fuchs (Köln) (SPD) genden Antrag nichts zu lesen. zur 5. namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen Erzieherischer Jugendmedienschutz meint hinge- der CDU/CSU und F.D.P. gen, Kinder und Jugendliche - analog zum KJHG - - Drucksache 13/11093 - zu befähigen, sich vor gefährdenden Einflüssen zu schützen und sie zu Kritikfähigkeit und Eigenverant- Mein Name ist in der Abstimmungsliste unter Ja wortlichkeit zu führen, sowie Eltern und andere Er- vermerkt. ziehungsberechtigte (besser) zu befähigen, Kinder und Jugendliche vor gefährdenden Einflüssen zu schützen - Stichwort Medienpädagogik. Ich erkläre, daß mein Votum Enthaltung lautet.

Unter diesem Stichwort summieren wir die im Vor- schulalter beginnende Vorbereitung auf die Medien- zukunft, medienpädagogische Verarbeitungs- und Anwendungshilfen für Eltern, Lehrer und Erzieher Anlage 19 sowie die entsprechende Einbindung medienpäd- agogischer Inhalte in die Lehrpläne von pädagogi- Erklärung des Abgeordneten schen Hoch- und Fachschulen. Manfred Hampel (SPD) Es wäre viel gewonnen, könnten wir Kinder, zur 5. namentlichen Abstimmung Jugendliche und Erwachsene in den Stand setzen, über den Entschließungsantrag der Fraktionen bewußt und kritisch mit der Medienvielfalt umzuge- der CDU/CSU und F.D.P. hen und schrittweise solche Anforderungen an die - Drucksache 13/11093 - Medien zu entwickeln, die Schund und menschen- verachtende Inhalte nicht nur nicht nachfragen, son- Mein Name ist in der Abstimmungsliste unter Ja dern in umfassendem gesellschaftlichen Konsens vermerkt. von Verbrauchern und Produzenten nicht mehr zu- lassen. Ich erkläre, daß mein Votum Enthaltung lautet. Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode - 242. Sitzung. Bonn, Freitag, den 19. Juni 1998 22523*

Anlage 20

Erklärung des Abgeordneten Rolf Hempelmann (SPD) zur 5. namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. - Drucksache 13/11093 - Mein Name ist in der Abstimmungsliste unter Ja vermerkt. Ich erkläre, daß mein Votum Enthaltung lautet.