DIPLOMARBEIT

Titel der Diplomarbeit „Die Geschichte der Schiffswerft Korneuburg unter

Berücksichtigung der Situation der Arbeiterschaft “

Verfasserin / Verfasser Stefan Wunderl

angestrebter akademischer Grad Magister der Philosophie (Mag. Phil.)

Wien im Oktober 2008

Studienkennzahl lt. A >313 482< Studienblatt: Studienrichtung lt. LA Geschichte und Sozialkunde, LA Leibeserziehung Studienblatt: Betreuerin / Betreuer: Univ. Prof. Dr. Ernst Bruckmüller

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EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG

Ich erkläre hiermit an Eides Statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbständig angefertigt habe. Die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche kenntlich gemacht. Die Arbeit wurde bisher weder in gleicher noch in ähnlicher Form einer andern Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht.

Bisamberg, Oktober 2008

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Mein Dank gilt meiner Familie, die mir die letzten Jahre ermöglicht hat, Prof. Bruckmüller für die Geduld bei der Entstehung dieser Arbeit, den Mitgliedern des Museumsvereins Korneuburg, die mir den Zugang zu bis dato unveröffentlichten Quellen ermöglicht haben, Frau Stagl vom Archiv der Republik und Herrn Josef Kain.

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6 Inhaltsverzeichnis

Einleitung ...... 9

Donauschifffahrt zur Zeit der Gründung der 1.DDSG...... 10

Wasserfahrzeuge und Schiffswerften auf der Donau...... 10

Entwicklung der 1. DDSG von 1828 bis zum 1.Weltkrieg...... 16

Von der Gründung der Schiffswerft Korneuburg bis zum 1.Weltkrieg ...... 21

Werftgelände...... 25

Dampfschiffneubauten aus Korneuburg...... 26

Arbeiterkolonie...... 28

Pensionssystem der DDSG ...... 31

Gewerkschaftliche Organisation auf der Schiffswerft Korneuburg ...... 32

Schiffswerft Korneuburg während des 1. Weltkriegs...... 33

Kriegsanleihen ...... 35

Unterstützung für Familien...... 36

Zwischenkriegszeit...... 37

Finanzielle Situation der 1. DDSG und politische Einflussnahme ...... 37

Entwicklung der Schiffswerft Korneuburg...... 44

Gewerkschaft und Arbeiterschaft ...... 47

Lehrlingsausbildung und -entlohnung ...... 48

Nationalsozialistische Herrschaft ...... 48

Lehrlingsausbildung und –alltag...... 51

Fremdarbeiter und Kriegsgefangene ...... 52

Arbeitssituation ...... 54

Neubauten ...... 55

Widerstand...... 55

7 Kriegsende ...... 59

Situation der DDSG in der Besatzungszeit ...... 60

USIA-Betrieb Schiffswerft Korneuburg ...... 62

1955 bis zur Gründung der Österreichischen Schiffswerften AG...... 66

Schulschiff „Donau“ ...... 74

Bildung der ÖSWAG...... 75

Korneuburg als Teil der ÖSWAG ...... 78

Privatisierung ...... 85

Wohnhäuser der Schiffswerft Korneuburg ...... 86

Niedergang und Schließung...... 87

Glossar...... 91

Literaturverzeichnis ...... 92

Primäre Quellen...... 92

Sekundäre Quellen...... 97

Zeitungsartikel...... 100

Anhang...... 101

Interview mit Josef Kain...... 101

Lebenslauf ...... 111

Zusammenfassung ...... 112

8 Einleitung

Mehr als 150 Jahre lang wurden in der Werft Korneuburg Schiffe repariert und gebaut. Noch heute verkehren auf der Donau, den österreichischen Binnenseen, aber auch weltweit Schiffe auf Flüssen und Meeren, die in Korneuburg gebaut wurden. Auf dem Gebiet der Güterkahnkonstruktion und Kühlschiffplanung war dieser Betrieb wegweisend. Die Schiffswerft stellte einen der wichtigsten Arbeitgeber in Korneuburg und Umgebung dar und beeinflusste so eine ganze Region. Noch heute trifft man viele Menschen, die entweder in der Werft in die Lehre gingen, dort arbeiteten oder zumindest einen Verwandten in der Schiffswerft hatten. Die Geschichte der Schiffswerft Korneuburg ist eng mit der Geschichte der 1.DDSG verbunden. Als Reparaturwerft der Gesellschaft gegründet erlebte sie Aufstieg und Fall der österreichischen Donauschifffahrt. Diese Verbundenheit ging sogar soweit, dass beide Unternehmen fast zeitgleich Anfang der 1990er – Jahre aufhörten zu existieren.

9 Donauschifffahrt zur Zeit der Gründung der 1.DDSG

Schon vor der Gründung der 1.DDSG wurde die Donau als Transportweg genutzt. Von regelmäßigem Personenverkehr auf der Donau kann ab 1696 gesprochen werden. Ab diesem Jahr ging wöchentlich eine so genannte Ordinarifuhre mit einem Floß von Regensburg nach Wien. Diese wurde von Regensburger Schiffmeistern geführt. Eine Fahrt dauerte meist 10 bis 14 Tage. Auch Pferde und Wagen wurden auf das Floß verladen, um damit wieder nach Regensburg zurückreisen zu können. Das Floß wurde zerlegt und das Holz am Zielhafen verkauft. 1 Von Bedeutung war die Donau auch während der Feldzüge Napoleons 1805 -1809. 1809 standen in Passau für 12 Divisionen je 18 schwere Kriegsschiffe zur Verfügung, mit denen bis zu 25 000 Mann befördert werden konnten. Diese Schiffe spielten in der Schlacht bei Loiben und Wagram eine große Rolle. 2

Wasserfahrzeuge und Schiffswerften auf der Donau

Flöße Zu den ältesten Transportarten auf der Donau gehört die Flößerei. Die Flöße wurden zwar nur für die Fahrt flussabwärts, die so genannte Naufahrt, eingesetzt, waren aber die tragfähigsten Wasserfahrzeuge, die große Volumen und Gewichte durch die Strömung ohne zusätzlichen Antrieb fortbewegen konnten. Ihr einziger Nachteil lag in der schlechten Manövrierbarkeit. Enge Stromwindungen waren schwer zu befahren und das Landen erforderte große Übung. Die Flöße an der oberen und mittleren Donau kamen vorwiegend von den Nebenflüssen und fuhren meist bis Wien und Bratislava, einige sogar bis Budapest. Die Flöße der Nebenflüsse bestanden meist aus einer Anzahl von Rundhölzern von 20 – 25 Metern Länge, die zu sechs Meter breiten Feldern zusammengebunden wurden. Durch das Zusammenbinden mit speziell hergerichteten, dünnen Ästen von Haselsträuchern, Fichten oder Tannen waren die Flöße elastisch und konnten leichter Wehre und Felsen im Strombett passieren. 3

1 Meißing Otto, Die historische Donauschiffahrt - Holzschiffe und Flöße, Schriftenreihe des Schiffahrtsmuseums Bd.1, Spitz a. d. Donau 1975,, S. 63 – 64. 2 Meißing Otto, Die historische Donauschiffahrt, S. 14 – 17. 3 Pemsel Helmut, Die Donauschiffahrt in Niederösterreich, Wissenschaftliche Schriftreihe Niederösterreich 77/78, St. Pölten 1984, S. 7. 10 An den Mündungen der Nebenflüsse in die Donau wurden die kleinen Flöße zu Floßzügen von einer Länge bis zu 100 Metern zusammengestellt. 4 Eine der größten Distanzen legten die Lechflöße zurück. Der Lech mündet nach 264 km bei Marxheim (Bayern) in die Donau. Seit 1437 bestand auf diesem Fluss bereits eine Floßordnung. 5 Die Zahl der Donauflöße war bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts erheblich. Jährlich passierten in den Jahren 1860 bis 1880 zwischen 1.199 und 2.997 Flöße den Struden bei Grain. Die aufkommende Dampfschifffahrt führte zu einem Rückgang dieser Transportart. 1888 lag die Zahl der Flöße, die diesen Streckenabschnitt befuhren, bereits unter 1000 im Jahr. 6 Eine kurze Renaissance erlebte die Flößerei in der Zwischenkriegszeit. Erst mit dem Bau der Kraftwerkskette und damit dem Ende der Schnellen Strömung war die Zeit der Flöße auf der Donau endgültig vorbei. Im Frühjahr 1953 verließ das letzte Floß die Wachau. 7

Holzschiffe Für eine Fahrt stromaufwärts, den Gegenzug, waren leichte Verdrängungsfahrzeuge aus Holz nötig. Bis in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts erfolgte die Gegenschifffahrt auf der Donau durch Menschenzug, danach durch Pferde und gelegentlich Ochsen. 8 Im 17. Jahrhundert wurden zeitweise türkische Gefangene und von 1783 – 1790 auf Anordnung Josefs II. Sträflinge für den Schiffzug verwendet. Die Bedingungen dürften aber so hart und unmenschlich gewesen sein, dass nur ein Drittel die Strafzeit überlebte. 9 Ein großer Einsatz von Menschen, Tieren und Material war nötig, um einen Gegenzug durchführen zu können. Meist wurden mehrere Schiffe, drei bis vier große Holzschiffe und Beiboote, zu einem Schiffszug vereinigt. 40 bis 60 Pferde wurden angespannt. Die Tiere, oft Pinzgauer, zogen mit einem bis zu 700 Meter langen Seil, dem so genannten Faden den Schiffszug. 10

4 Neweklowsky Ernst, Die Schiffahrt und Flößerei im Raume der oberen Donau Bd.1, Schriftenreihe des Instituts für Landeskunde von Österreich Bd.5, Linz 1952, S. 609. 5 Meißing Otto, Die historische Donauschiffahrt, S. 63. 6 Neweklowsky Ernst, Die Schiffahrt auf der oberen Donau und ihren Nebenflüssen, Deutsches Museum; Abhandlungen und Berichte, Jg. 26/3, Oldenbourg, München 1958, S. 46. 7 Pemsel Helmut, Die Donauschiffahrt in Niederösterreich, S. 7. 8 Neweklowsky Ernst, Die Schiffahrt und Flößerei Bd.1, S. 291. 9 Meißing Otto, Die historische Donauschiffahrt, S. 27. 10 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, Studien zur Geschichte und Politik in Oberösterreich Bd. 6. Linz 1990, S. 16. 11 Der dabei benützte Weg hieß Treppelweg oder Leinpfad und verlief einmal am rechten und einmal am linken Ufer der Donau. Strom- und Uferverhältnisse waren für den Verlauf des Weges maßgebend. Ging die Fahrt an einem Ufer nicht mehr weiter, wurde sie auf dem anderen fortgesetzt. Die Pferde wurden mit eigenen Schiffen, den Roßplätten, überführt. Der Faden gelangte mit mehreren kleineren Zillen an das neue Ufer. Die Tiere wurden wieder angespannt und die Fahrt stromaufwärts fortgesetzt. An der ungarischen Donau waren Treppelwege aufgrund der weiten Verzweigtheit der Donauarme und den ständigen Veränderungen am Ufer gar nicht bis wenig vorhanden. Die Schiffleute mussten sich immer wieder aufs Neue einen Weg am Ufer bahnen. Die geringere Stromgeschwindigkeit an der unteren Donau kam ihnen allerdings beim Gegenzug entgegen. Von Wien gingen die Schiffzüge über Zwentendorf am rechten Ufer, wo sie oberhalb des Ortes auf das linke Ufer bei Altenwörth überwechselten. In Dürnstein wurde erneut auf das recht Ufer übergesetzt, an dem man bis Aggsbach-Dorf blieb. 11 Die Korneuburger Fuhrwerksunternehmen Bastl, Hiesinger und Salzmann hatten bis zu 12 Pinzgauer im Stall, die kleinere Schiffzüge bis Krems schleppten, wo dann ein Pferdewechsel erfolgte. 12 Ende des 19. Jahrhunderts gab es auf den Strecken Wien – Ybbs und Linz – Regensburg einen Kettenzug. Am Donauboden lag längs der Fahrrinne eine lange starke Eisenkette. Ihr Eigengewicht wirkte wie ein Anker, in kurzen Stücken konnte sie aber bewegt werden. Die Schiffe, die an der Kette fuhren, hatten einen senkrechten, gut abgeschotteten Schacht. Durch die vordere Öffnung kam die Kette herauf, lief über ein Kettenrad und durch den hinteren Schacht wieder zu Grund. Das durch Menschenhand betriebene Kettenrad förderte die Kette weiter und zog dadurch das Schiff stromaufwärts. Auf dem Grund des Korneuburger Werftarmes lag bis zum 1. Weltkrieg eine dieser Ketten, an der die Schiffe in die Werft hineingezogen wurden. 13 In den 1870er-Jahren setzte die DDSG vereinzelt Kettendampfschiffe ein. Technische Probleme, die besonderen Strömungsverhältnisse auf der Donau und die Entwicklung immer leistungsstärkerer Zugschiffe führten aber bald zur Kassierung dieser Schiffe.

11 Meißing Otto, Die historische Donauschiffahrt, S. 34 – 35. 12 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, S. 17. 13 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, S. 16 – 17. 12 Es dürften sich schon im frühen Mittelalter eine Reihe von Boots- und Schiffstypen von kleinen Waidzillen zu großen Kelheimern entwickelt haben. Diese Schiffe wurden bei der Naufahrt im tiefen Wasser gesteuert, bei günstigen Verhältnissen auch gerudert. Segel wurden an der oberen und mittleren Donau auf Grund der unregelmäßigen Wind- und Strömungsverhältnisse nicht verwendet. 14 Die Holzschiffe wurden von Schoppern (Schoppermeistern, Schopperknechten) in den verschiedenen Schopperstätten an der Donau und deren Nebenflüssen gebaut. Größere Betriebe dieser Art waren unter anderem in Kelheim, Passau, Linz, Mauthausen, Grein, Persenbeug, Dürnstein und Wien zu finden. Mit wenigen Ausnahmen gab es früher keine Pläne oder Zeichnungen für Holzschiffe. Das Wissen über den Schiffsbau wurde von Generation zu Generation weitergegeben. Mit Ausnahme von Kriegschiffen findet man daher heute kaum Schiffspläne der früheren Holzschifffahrt. Zur Herstellung von Schiffen wurde hauptsächlich Fichten- oder Tannenholz verwendet. Bevorzugt wurde das Nadelholz aus dem Gebirge, bei dem aufgrund des langsameren Wachstums die Jahresringe kleiner sind und das Holz dadurch etwas haltbarer wird. 15 Holzschiffe hatten eine verhältnismäßig kurze Lebensdauer. Sie betrug vier bis fünf Jahre. In den ersten beiden Jahren waren die Schiffe voll einsatzfähig, für die weitere Nutzung mussten sie dann aber mehrmals gründlich überholt werden. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts erreichte die Holzschifffahrt ihren Zenit. Als Beispiel sei genannt, dass alleine die 13 Schoppermeister aus Hallein, Salzburg, Laufen und Tittmoning im Jahr 1801 734 Schiffe bauten. Insgesamt waren an der Donau und ihren Nebenflüssen tausende Schopper und Gehilfen tätig, alleine um Braunau waren 500 bis 600 Personen in diesem Gewerbe tätig. 16 Als Güterkähne für Dampfschiffe konnten sich die Holzschiffe bis zum Ende des 19. Jahrhunderts behaupten. Mit dem zunehmenden Eisenschiffsbau für diese Schiffstype verschwanden aber die Schopper und ihre Boote von der Donau.

14 Pemsel Helmut, Die Donauschiffahrt in Niederösterreich, S. 7. 15 Meißinger Otto, Die historische Donauschiffahrt, S. 91. 16 Meißinger Otto, Die historische Donauschiffahrt, S. 95 – 96. 13 Folgende Holzschiffe waren unter anderem auf der Donau anzutreffen:

Die größten Frachtschiffe mit einer Tragfähigkeit von bis zu 300 Tonnen in der Talfahrt auf der oberen und mittleren Donau waren die Kelheimer . Sie besaßen meist ein großes Deckshaus und waren damit auch für den Transport empfindlicher Fracht, wie Getreide, geeignet. Die Besatzung bei der Naufahrt bestand aus 14 Mann. In der Gegenfahrt waren Kelheimer das erste Schiff im Schiffszug und wurden dann Hohenau genannt. 17

Weit verbreitet waren auch die Trauner . Diese nach dem Herstellungsort, dem Traungau, benannten Boote wurden nach den jeweiligen Klafterlängen Zehnertrauner , oder auch kurz Zehner , Zwölfer , usw. genannt. 18 Die Länge der Schiffskörper schwankte zwischen 19 und 30 m, der Tiefgang zwischen 75 und 150 cm und die Tragfähigkeit zwischen 30 und 70 Tonnen.

Als Kettenschlepp bezeichnete man Schiffe, die im späten 19. Jahrhundert eingeführt wurden. Die Bezeichnung rührt daher, dass diese Boote mit einer Schleppkette zum Abbremsen der Fahrt ausgerüstet waren. Die Schiffe hatten eine Besatzung von 11 Mann und wurden vorwiegend zum Steintransport von Oberösterreich zu den Großbaustellen Wiens und Budapests verwendet. In der Gegenfahrt wurden Kettenschleppen von Dampfschiffen gezogen. 19

Eine Siebnerin hatte eine Länge von 35 m, eine Breite von 4 m und eine Tragfähigkeit von bis zu 200 Tonnen. Bemannt war eine Siebnerin in der Regel mit einem Nauführer und 9 Besatzungsmitgliedern. Der Name lässt sich auf die Verwendung von sieben Bodenhölzern zurückführen. Von diesem Schiffstyp gab es kleinere, wie Fünferinnen und Sechserinnen und größere wie Achterinnen . Siebnerinnen und Achterinnen wurden neben dem Salztransport in großer Zahl für Kriegszwecke verwendet. 20

17 Pemsel Helmut, Die Donauschiffahrt in Niederösterreich, S. 8. 18 Neweklowsky Ernst, Die Schiffahrt und Flößerei Bd.1, S. 199. 19 Pemsel Helmut, Die Donauschiffahrt in Niederösterreich, S. 9. 20 Meißinger Otto, Die historische Donauschiffahrt, S. 98. 14 Für die Personen- und Güterbeförderung wurden bevorzugt Fliesteiner eingesetzt. Auf diese schlanken und schnellen Schiffe (Länge: 17 m, Breite: 2,2 m, Seitenhöhe: 0,9 m, Tragfähigkeit: cirka 20 Tonnen) wurde bei der Naufahrt meist ein Pferd mitgenommen, das das Boot in der Gegenfahrt zog. 21

Als Ardagger bezeichnete man kleine recht bauchige Schiffe, die meist Obst und Gemüse transportierten. Mit diesen Schiffen konnten bis zu fünf Tonnen Lebensmittel transportiert werden. 22

Waidzillen stellten mit einer Länge von sechs bis acht Metern die kleinsten Holzschiffe dar. Ihr Name deutet auf den ursprünglichen Verwendungszweck, die Fischwaid, hin. 23 Auch heute noch sind Boote dieser Bauart bei Feuerwehren und Fischern im Einsatz.

Unter einer Plätten (Plöttl, Plettl) verstand man ein Holzschiff, das platt gebaut war. Die Seitenwände sind nicht hoch aufgezogen. Das Heck ist nur geringfügig schmäler, als die Mitte der Plätte .24 Diese Schiffe wurden meist nur für eine Fahrt gebaut und am Ende der Naufahrt mit dem Transportgut verkauft. Es gab eine Vielzahl von Typen, deren Namen sich entweder nach der Herkunft, wie bei der Ulmerplätten, oder dem Verwendungszweck wie bei der Viehplätten, richtete. 25

21 Pemsel Helmut, Die Donauschiffahrt in Niederösterreich, S. 9. 22 Meißinger Otto, Die historische Donauschiffahrt, S. 99. 23 Neweklowsky Ernst, Die Schiffahrt und Flößerei Bd.1, S. 225. 24 Meißinger Otto, Die historische Donauschiffahrt, S. 97. 25 Pemsel Helmut, Die Donauschiffahrt in Niederösterreich, S. 10. 15 Entwicklung der 1. DDSG von 1828 bis zum 1.Weltkrieg

Am 7. Juli 1813 erließ Kaiser Franz I eine Bekanntmachung, in der demjenigen ein angemessenes und ausschließliches Privileg zugesichert wurde, der imstande wäre, befrachtete Donauschiffe ohne Anwendung von Zugtieren stromaufwärts zu bewegen . 26 Diese Aufforderung blieb aber ohne Widerhall und so wurde sie 1819 wiederholt. In dieser zweiten Bekanntmachung wurde das Privileg auf alle Hauptströme und deren Nebenflüsse, sowie auf den Schiffsverkehr am Meer zwischen den Häfen der Monarchie ausgeweitet. Ein erstes Privileg wurde noch im selben Jahr vergeben, erlosch aber, da es zur Nichtausübung bzw. Nichterfüllung der gestellten Bedingungen kam. Erst im Jahr 1828 gelang es den beiden britischen Schiffsbauern John Andrews und Joseph Prichard durch Vorlage von Plänen einer verbesserten Konstruktion von Dampfschiffen ein Privileg zur Befahrung der österreichischen Donau für die Dauer von 15 Jahren zu erhalten. Um das Unterfangen zu finanzieren kam es am 13. März 1829 zur Gründung einer Aktiengesellschaft, die die Bezeichnung „Erste Donau-Dampfschiffahrts- Gesellschaft“ trug. Die Donaudampfschifffahrtsgesellschaft unterlag nach ihren Statuten keiner besonderen Einflussnahme der Staatsverwaltung und auch keiner staatlichen Oberaufsicht. Sie war nur an die Beachtung der allgemeinen Gesetze und der im Privilegium niedergeschriebenen Bedingungen gebunden. Schon im Jahr der Gesellschaftsgründung stand ein Winter- und Reparaturhafen in Korneuburg zur Diskussion. 27 Im Frühjahr 1830 wurde das erste Dampfschiff „Franz I“ im heutigen Donaufeld, damals Leopoldau, am Ufer des Mühlschüttelarmes trotz Hochwassers und Eisgangs von venezianischen Zimmerleuten zusammengebaut. Die Pläne für Schiff und Maschine stammten vom Engländer James Brown, einem Mitarbeiter der „Boulton, Watt & Cie“ Maschinenfabrik in London. Der Schiffskörper war aus Fichtenholz gefertigt, 48 m lang und 6,2 m breit. Die Niederdruckmaschinen und die Dampfkessel, mit einer Stärke von 60 nominellen Pferdestärken, kamen auf dem Seeweg von England nach Triest und wurden von dort mittels Pferdefuhrwerken nach Leopoldau an die Donau gebracht. Der Maschinist war gleichfalls aus England

26 Erste Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft, 125 Jahre Erste Donaudampfschiffahrts – Gesellschaft, Wien 1954, S.11. 27 Finz Rudolf, Die Donau und die Schiffswerft Korneuburg, S.14. 16 gekommen und besorgte den Einbau der Maschinenanlage. 28 Im September 1830 befuhr die „Franz I“ erfolgreich die Strecke Wien – Pest – Wien. Es bewältigte die rund 300 km lange Strecke in der Talfahrt in 14 Stunden 15 Minuten, in der Bergfahrt in 48 Stunden 20 Minuten. Ab diesem Zeitpunkt lief das Privilegium für die Donau auf die Dauer von 15 Jahren, welches mit kaiserlichem Reskript vom 22. April 1831 auch für die Länder der ungarischen Krone bestätigt wurde. 29 Die Aufnahme regelmäßiger Fahrten war zu Beginn nicht möglich: Es fehlte an Landungsplätzen, eingerichteten Kohlestationen, vor allem aber an verlässlichen, mit den schwierigen Fahrwasserverhältnissen vertrauten Steuerleuten. Zur Gründungszeit der Donaudampfschifffahrtsgesellschaft gab es noch keine Eisenbahnen, weder Telegraph, noch Telefon in der Habsburgmonarchie. Bei Havarie und Schäden an den neuen Dampfschiffen gab es nirgends eine technische Hilfe. Am 1. Februar 1831 erfolgte mit der „Franz I“ die Aufnahme regelmäßiger Fahrten zwischen Wien und Pest. Bereits in diesem Jahr erzielte die DDSG einen Gewinn. Auf der Generalversammlung 1832 wurde ein Antrag auf Ausbau der Flotte gestellt, dem stattgegeben wurde. 1834 wurde erstmals ein Schiff, die „Argo“, für den regelmäßigen Verkehr auf der unteren Donau eingesetzt. Auf einer Triester Werft wurde das erste österreichische Seedampfschiff „Maria Dorothea“ gebaut, der noch Ende 1834 den Dienst auf der Linie Donaumündung – Konstantinopel – Smyrna (heutiges Izmir) aufnahm. 30 1835 kam es zur Gründung der DDSG-eigenen Schiffswerfte in Altofen/Obuda.31 1837 wurde auf der oberen Donau der Linienverkehr bis nach Linz ausgeweitet, wobei einen Monat nach dem Eintreffen des DDSG-Dampfschiffes „Maria Anna“ aus Wien, die „Kgl. Bayrisch-Württembergische Donaudampfschiffahrtsgesellschaft“ den Anschlussverkehr nach Passau, Regensburg und Ulm eröffnete. 32 Somit war nur sieben Jahre nach der Jungfernfahrt des ersten Dampfschiffs der DDSG die Donau von Ulm bis zu ihrer Mündung regelmäßig mit Liniendampfschiffen befahrbar.

28 Hinkel Raimund, Wien an der Donau, S. 122. 29 Erste Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft, 125 Jahre, S.12. 30 Erste Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft, 125 Jahre, S. 15-16. 31 Sablik Karl, Die Wirtschaftsgeschichte Korneuburgs ab 1740, Wien 1964, S. 324. 32 Pisecky Franz, Die österreichische Donauschifffahrt und Europa im Wandel der Zeiten – Realitäten und Visionen, in Donau-Schiffahrt, Schriftenreihe des Arbeitskreises Schiffahrts – Museum Regensburg e.V., Regensburg 2004, S. 20. 17 In den folgenden Jahren expandierte die DDSG weiter und vergrößerte ihren Fuhrpark kontinuierlich. Ein großes Problem für die Gesellschaft stellte die Deckung des wachsenden Kohlebedarfes dar. Durch die rasche Vermehrung ihrer Betriebsmittel war die DDSG bis 1845 zum größten Kohlekonsumenten der Monarchie geworden. Alleine von 1845 bis 1846 stieg der jährliche Bedarf an Kohle von 75 000 t auf über 100.000 t an. Die DDSG war auf der Suche nach Kohlelagern, die in der Nähe der Donau lagen. 1852 nahm die DDSG erste geologische Forschungen im Pecser Kohlebecken und fing mit dem Ankauf mit Grundstücken an, so dass zwischen 1852 und 1923 alle Bergwerke um Pecs/Fünfkirchen teils durch Ankauf, teils durch Miete unter die Führung der Gesellschaft gekommen sind. 33 1857 gewann das Unternehmen das Gewinnrecht für das im Eigentum der Gemeinde Pecs/Fünfkirchen stehende Steinkohlevorkommen im Kaposztas- und Nagybanya- Tal. 1868 pachtete die DDSG die dem Pecser Domkapitel gehörenden Bergwerke bei Szabolcs und erwarb das Eigentumsrecht an den Bergwerken bei Vasas. 34 In den 1850er Jahren verfügte die Gesellschaft über einen bedeutsamen Schiffsbestand. Alle nach der DDSG gegründeten Schifffahrtsgesellschaften konnten nicht erfolgreich mit dem 120 Dampfschiffe und 460 Frachtkähne besitzendem Großunternehmen konkurrieren. Im Rahmen des Friedensvertrags von Paris im März 1857 wurde zwar den Ländern an der Donau die freie Schifffahrt garantier, das Privileg der DDSG war damit formal aufgehoben, in der Praxis blieb das Unternehmen aber die dominante Schifffahrtsgesellschaft im Donauraum. 35 Die Schiffe der Gesellschaft verkehrten zu dieser Zeit außer auf der Donau bereits auf der Theiß und deren Nebenflüssen Bodrog und Maros, dem Bega-Kanal, des weiteren auf der Save und der Drau, dem Franz-Kanal, hinzu kam noch der an den Meeresverkehr. DDSG-Schiffe begannen 1864 auf dem Prut und 1872 auf dem Inn zu fahren. 36 Im Jahr 1856 wurde die „Donaukommission“ eingesetzt. Sie war mit den Regulierungsarbeiten am Strom und seiner Befahrung durch Schiffe betraut. 1862

33 Huszar Zoltan, Die Rolle und die Bedeutung der Donau-Dampfschifffahrts-Gesellschaft (DDSG) in Mittel-Europa im 19.-20. Jahrhundert, S. 331-332. 34 Huszar Zoltan, Zu den Beziehungen zwischen Pecs und der Ersten Donau-Dampfschiffahrts- Gesellschaft (DDSG) mit besonderer Berücksichtigung der Sozialpolitik, in Donau-Schiffahrt, S. 138. 35 Huszar Zoltan, Die Rolle und die Bedeutung der Donau-Dampfschifffahrts-Gesellschaft (DDSG) in Mittel-Europa im 19.-20. Jahrhundert, S. 330. 36 Grössing Helmut u.a., Rot-Weiß-Rot auf blauen Wellen, 150 Jahre DDSG, S. 177. 18 machte eine Überschwemmungskatastrophe die Notwendigkeit einer solchen Regulierung erneut deutlich. Nach 12-jähriger Arbeit konnte 1875 die Donau im Bereich Wiens in ihr künstliches Bett geleitet werden, was zu einer deutlich gefahrloseren Donauschifffahrt führte. Obwohl schon in den vorangegangenen Jahrhunderten der Strom ein wichtiger Handelsweg gewesen war, stellte die Regulierung einen Meilenstein für die künftige wirtschaftliche Bedeutung der Donau dar. 37 Das Jahr 1874 brachte der Gesellschaft einen gewaltigen Aufschwung, als es ihr gelang, einen der größten Konkurrenten, den „Ungarische Lloyd“(Vereinigte Ungarische Dampfschifffahrtsgesellschaft) samt dessen Bergwerken im Raum Pecs zu erwerben. 38 Obwohl sich die am 8. 5. 1865 gegründete Erste Ungarische Dampfschifffahrts - Gesellschaft mit vier anderen größeren Gesellschaften 1870 in den Vereinigten Ungarischen Dampfschifffahrts - Gesellschaften zusammengeschlossen hatte, war auch das neue Unternehmen mangels staatlicher Unterstützung nicht lebensfähig, und unterbreitete der DDSG ein Kaufangebot über 45 Dampfer mit 4060 PS, 79 eiserne, 46 hölzerne Anhangobjekte, 45 Standschiffe und Landebrücken sowie 26 Kohlentender und Kohlenreviere. Hiermit konnte die DDSG ihren Besitz auf den ungarischen Kohlenfeldern vervollkommnen. Der äußere Erfolg der Transaktion war beachtlich, da damit auf der ganzen Donau nur mehr 20 Dampfer verblieben, die nicht der DDSG gehörten. Durch diesen Kauf verfügte die DDSG über eine Flotte von 200 Dampfschiffen, 655 eisernen und 65 hölzernen Schleppen, sowie 5 Baggerschiffen.39 1880 war die Gesellschaft bereits das größte Binnenschifffahrtsunternehmen der Welt. Mit einem Flottenstand von 188 Schiffen und 750 Güterbooten mit 272.250 Tonnen Tragvermögen und rund 100 Spezialfahrzeugen wie Pontons, Bagger, schwimmenden Werkstätten. Der damalige Handelsminister Korb richtete anlässlich der Generalversammlung am 24. Mai ein Schreiben an die Gesellschaft in dem die Leistungen in den vorangegangenen 50 Jahren gewürdigt und die Bedeutung des Unternehmens für die Monarchie betont wurden.

37 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, S. 16. 38 Huszar Zoltan, Zu den Beziehungen zwischen Pecs und der Ersten Donau-Dampfschiffahrts- Gesellschaft, S. 138. 39 Erste Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft, 125 Jahre Erste, S. 53. 19 Mit gerechter Befriedigung dürfen die Männer, welche heute an der Spitze der Donaudampfschifffahrtsgesellschaft stehen, auf einen Erfolg hinblicken, zu welchem sie einsichtig, energisch und von patriotischem Geiste beseelt, das Ihrige redlich beigetragen haben. 40

Mit diesem Schreiben hatte die Behörde auch die Verlängerung der Gesellschaft auf unbestimmte Zeit zur Kenntnis genommen. Die Gesellschaft wies ein Aktienkapital von 25,200.000 Gulden auf. 41 1901 wurde ein Reichsgesetz verabschiedet, das neue Wasserstraßen= verbindungen von der Donau zur Oder und zur Elbe, den Bau eines Schifffahrtskanals von der Donau zur Moldau und deren Regulierung bis Prag sowie schiffbare Trassen zum Stromgebiet der Weichsel und bis zum Dnyestr vorsah. Dass eine Umsetzung dieser Pläne die Finanzkraft der Monarchie überstieg zeichnete sich aber spätestens 1905 ab. Mit Ausbruch des I. Weltkrieges wurden Großprojekte wie die Verbindung Rhein-Donau, der Schwarzmeerkanal und ein Kanal Donau-Adria diskutiert, sie alle kamen aber nicht über die Planungsphase hinaus. An den großen Umschlagplätzen an der oberen Donau wurde damals ein ebenso großes Gütervolumen umgeschlagen, wie an den Seehäfen der Monarchie in der Adria. Um 1910 zählte die gesamte internationale Donauflotte mit einer Tonnage von ca. 1 260 000 t 332 Zugschiffe, 96 Passagierdampfer, 9 Motorgüterschiffe, 1831 Güterkähne aus Eisen und 639 aus Holz. Die DDSG vereinigte auf sich hievon 33 % der Dampfschiffe und 48 % der Güterkähne mit 41 % der Tonnage. Noch vor Entstehen eines alle Gebiete umfassenden Eisenbahnsystems hatte sie das gesamte mittlere und untere Donaubecken dem neuzeitlichen Verkehrswesen erschlossen und den wirtschaftlichen Aufschwung in diesen Gebieten unterstützt. Alljährlich beförderte die Passagierflotte cirka 2,5 Millionen Personen und die Frachtflotte 2,6 Millionen Tonnen Güter über zum Teil sehr große Entfernungen, so dass die Reederei auch bezüglich der Verkehrsleistung weitaus in Führung lag. 42

40 Erste Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft, 125 Jahre Erste, S. 58. 41 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion der DDSG und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1880 42 Pisecky Franz, Die österreichische Donauschifffahrt und Europa im Wandel der Zeiten, S. 20. 20 Von der Gründung der Schiffswerft Korneuburg bis zum 1.Weltkrieg

Trotz des enormen Zuwachses der Flotte der Gesellschaft konnten 1850 nur ein Achtel des Wiener Donauumschlages und nur ein Bruchteil der ungarischen Getreideernte von der DDSG transportiert werden. Dieser Bedarf an Schiffen und die Notwendigkeit aufgrund der großen Beförderungsstrecken Reparaturstützpunkte für Dampfschiffe und Güterboote einzurichten führte neben dem Ausbau der Werft in Altofen/Obuda zur Errichtung einer Filialwerft und Maschinenwerkstätte in Turn- Severin (Rumänien) und einer Reparatur- und Güterschiffswerft in Korneuburg. Bereits 1848 hatte Freiherr von Forgach über die Möglichkeiten im Wiener Raum festgestellt:

Korneuburg könnte einen sehr guten Sicherheits- und Winterhafen erlangen, der Korneuburg und der vorübergehenden Eisenbahn gut zu statten kommen dürfte, als von Krems und der Ausmündung des Kampflusses in die Donau an, bis zur Ausmündung der March, die Donau nur auf dieser Strecke der Höhe von Korneuburg dem linken Ufer von mehreren hundert Klaftern Länge als baufähiges Auland zugewendet werden würde .43

Mit ersten Adaptierungsarbeiten in Korneuburg, einem Ort mit langer Tradition als Schiffzugsstation der Ruderschifffahrt, war bereits 1849 begonnen worden. Im darauf folgenden Jahr erhielt die DDSG das Anerbieten des Korneuburger Gemeindevorstandes, die dortige Landungsbrücke gegen fernere Instandhaltung der Gesellschaft unentgeltlich zu überlassen. 44 1851/52 überwinterten fünf Dampfschiffe und drei Schleppschiffe im späteren Werftbecken. In der DDSG-Bilanz von 1852 wurde erstmals die Werft mit erheblichen Materialvorräten (139.507,58 Gulden) und Anlagewerten (26.189,22 fl) angeführt. Zur Ausstattung gehörten unter anderem diverse Maschinen, ein Kranich, Gerüst- und Schiffbettungshölzer, Ruderboote und Seilwinden. Man begann mit der Errichtung einiger hölzerner Werkstätten und Magazingebäude.

43 Weber Günther, Korneuburg und die Schiffswerft 1890- 1960, S. 1. 44 Sablik Karl, Die Wirtschaftsgeschichte Korneuburgs ab 1740, S. 325. 21 Die neu gegründete Filialwerft erstreckte sich auf einem Areal von 12.000 m² und beschäftigte cirka 60 Personen. Hauptaufgabe der Werft sollte die Herstellung hölzerner Kähne, Pontons, Landungsbrücken, usw. sein. Zu Beginn stand somit in Korneuburg der Holzschiffbau. Dies sollte zu einer Entlastung der Schiffswerft in Altofen/Obuda führen. Die ungarische Werft war zu dieser Zeit sowohl produktionsmäßig als auch in Bezug auf qualifizierte Arbeitskräfte voll ausgelastet. In Altofen/Obuda und Umgebung war es sehr schwer zusätzlich zu den 1600 Beschäftigten geeignete Arbeiter zu gewinnen, wohingegen in Wien und Umgebung ein Beschäftigungsmangel für Bootsbauer und verwandte Berufe herrschte.45 1852 erging der Auftrag an Korneuburg 30 im Ausland bestellte und zerlegt gelieferte Schleppboote zusammenzusetzen, auszurüsten und sich auf den Bau neuer Güterschiffe und vermehrte Reparaturaufträge einzustellen. Diese Auftragslage führte zu einem kurzfristigen Mitarbeiterstand von 450. Ein kleines Spital wurde errichtet und ein Arzt mit einem jährlichen Einkommen von 120 fl. eingestellt. 46 1853 lieferte die Werft Korneuburg 36 neue Warenboote und erhielt den Auftrag für den Neubau von zehn weiteren Güterschiffen. Diese Investitionen waren Teil des Aufbauprogramms der Güterschiffflotte der DDSG in der Mitte des 19. Jahrhunderts, das auf die Anschaffung von je zehn Zugraddampfern und Schraubenschiffen sowie 200 Schleppschiffen ausgerichtet war, wobei zunächst 15 Güterboote von Korneuburg geliefert wurden, 25 von Altofen/Obuda und die restlichen Bestellungen an unternehmensfremde Werften gingen. 47 In den sechziger Jahren spiegelte sich der Übergang vom Holz- zum Eisenschiffbau auch in der Produktion in Korneuburg wieder. In erheblicher Zahl wurden so genannte „Lichterschiffe“ gebaut. Es handelte sich um einen Schiffstyp, der zwar einen Boden aus Lärchenholz hatte, dessen Seitenwände aber aus Eisen gefertigt wurden. Die Länge eines „Lichterschiffes“ betrug durchschnittlich 36,7 m, die Breite 6m, die Höhe 1,5 m und die Tragfähigkeit 150 t.48 1864 erfolgte die Anlage des ersten Hellings mit drei Stapelflächen. Man begann mit dem Neubau von eisernen Güterkähnen mit Handnietung. Die Stapelverlängerung und die zugehörigen Arbeiten kosteten 2300 fl. Der Antrag zu diesen Ausbauten

45 Pisecky Franz, 150 Jahre Eisenschiffbau an der österreichischen Donau, S. 36. 46 Sablik Karl, Die Wirtschaftsgeschichte Korneuburgs ab 1740, S.327. 47 Pisecky Franz, 150 Jahre Eisenschiffbau an der österreichischen Donau S. 38. 48 Pisecky Franz, 150 Jahre Eisenschiffbau an der österreichischen Donau , S. 37. 22 wurde von der DDSG in der Hoffnung bewilligt, dass die häufigen Schlepperreparaturen damit zukünftig schneller als in Altofen/Obuda möglich wären. 49 Ein neuer Holzkran wurde errichtet und den Werftbeamten wurde eine Quartiergeldzulage bewilligt. 50 Als Kraftspender für den Betrieb diente ein Lokomobil mit einem großen Schwungrad, welches die Kraft mittels eines Transmissionsrades auf einen hohen Gerüstturm übertrug. Von diesem führte ein Seilrad in die Maschinenhalle und brachte dort die Welle in Drehung. 51 Die kriegerische Auseinandersetzung mit Preußen im Jahr 1866 hatte auch auf die Werft Korneuburg großen Einfluss, wie aus dem Geschäftsbericht der Betriebsdirektion der DDSG für dieses Jahr hervorgeht:

Die Filialwerften in Korneuburg und Regensburg waren während der feindlichen Invasion längere Zeit ganz ausser Tätigkeit gesetzt und ein grosser Teil der Betriebsmittel musste von der oberen nach der ungarischen Donau zurückgezogen werden, so dass die grösste Zahl der Arbeiten auf Alt-Ofen entfiel. Die auffallenden Differenzen des grössten und kleinsten Arbeiterstandes in Korneuburg und Regensburg erklären sich durch die eingetretene Notwendigkeit während des Anrückens der feindlichen Armee gegen die Donau, die beiden erwähnten Werften möglichst zu reduzieren.52

Der maximale Arbeiterstand belief sich in diesem Jahr auf 250 wobei zeitweise nur 40 Menschen auf der Werft beschäftigt waren.53 1867 wurden verschiedene hölzerne Fahrzeuge erzeugt, 1869 zwei neue Schleppboote, 11 verschiedene Plätten, 5 Pontons, zwei Tumbasse für die Drau und 4 große Landungsbrücken. 54 1870 wurden 30 Waidzillen gebaut und eine Holzsägewerkstatt eingerichtet. 55 Der Kettendampfer March, der von der Werft in Buckau an der Elbe/Magdeburg konstruiert worden war wurde zerlegt nach Korneuburg geliefert und in der DDSG-eigenen Schiffswerft zusammengebaut. 56

49 Beilage zur Bilanz der DDSG für 1865. 50 DDSG Protokoll vom 24. September 1866, nach Sablik Karl, Korneuburgs ab 1740, S. 328. 51 Finz Rudolf, Die Donau und die Schiffswerft Korneuburg, S. 17. 52 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1866, S. 14 – 15. 53 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1866, S. 14 – 15. 54 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1869, S. 15. 55 Sablik Karl, Die Wirtschaftsgeschichte Korneuburgs ab 1740, S. 330. 56 Pisecky Franz, 150 Jahre Eisenschiffbau an der österreichischen Donau, S. 70. 23 1878 lieferte die Schiffswerft 33 Fahrzeuge für den Militär- und Pferdetransport. Der Werfthafen wurde ausgebaggert, wie schon 1875, als an der im versanden begriffenen Hafenmündung Baggerarbeiten von September bis November durchgeführt wurden. Diese Arbeiten wiederholten sich dann fast jährlich. Am 5. August 1879 brach ein Feuer aus, das ein Gebäude mit Matrosenraum und Holzkohlelager zerstörte. Die Versicherung übernahm die entstandenen Kosten und der Wiederaufbau konnte noch im selben Jahr beendet werden. Als Konsequenzen aus diesem Brand wurden ein Feuertelegraph zum Stadtturm errichtet, drei neue Brunnen gegraben und die Feuerwehr reorganisiert. Bei den Baggerarbeiten in diesem Jahr stellte man fest, dass die Versandung an der Hafenmündung auf unzureichende Regulierungsarbeiten zurückzuführen sei. 1880 brannte es in der Maschinenwerkstätte, das Feuer wurde aber schnell entdeckt und erfolgreich gelöscht. Bereits 1887 waren auf der Schiffswerft Korneuburg Schweißarbeiten möglich. Im selben Jahr wurde eine Transmissionsanlage errichtet, was zu einer deutlichen Reduktion der Energiekosten führte. 1894 wurden auf der Werft 6 Schlepper gebaut. Für die darauf folgenden Jahre erwartete sich die DDSG-Leitung eine Steigerung auf 12 Stück und mehr. 57 Das Werftgelände hatte schon eine Fläche von 28 200 m², die Größe des Winterhafens betrug 25 000 m². An Stapelräumen waren zwei von je 56 m Länge und 45 m Breite für sieben bzw. 6 Bettungen vorhanden. Die Werftbaulichkeiten umfassten 4 Holzgebäude mit 8 Kanzleien, 1 Wach- und 1 Portierzimmer, 2 Magazine, 1 Zeichensalon und 1 Inspektionszimmer, 4 gemauerte Gebäude und 9 hölzerne Werkstätten; 1 Schutzdach für die Richtplatte, 1 Holzschoppen für Sägespäne, 1 Flammofen, 1 Gießerei, 1 Eisenlagerhütte, 2 Flugdächer für diverse Eisen, 1 Feuerlösch-Requisitenhütte, 2 Retiraden (Toiletten), 2 Stammkräne, 2 Drehkräne, 1 Pechhütte, 4 Brunnen, 1 Holzschuppen für Inventar, 4 Holzschoppen für diverse Schnitthölzer, 1 Holzkohlenhütte und 2 Hütten für feuerfeste Ziegel und Lampen. Eine zweizylindrige horizontale Dampfmaschine von 75 indizierten Pferdestärken lieferte die nötige Betriebskraft für alle maschinellen Einrichtungen der Werft. 58

57 Sablik Karl, Die Wirtschaftsgeschichte Korneuburgs ab 1740, S. 332. 58 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, S. 18. 24 Bis 1897 bestand die Hauptaufgabe des Betriebs in Korneuburg hauptsächlich aus Reparaturen und dem Bau von Schleppkähnen, Landungsbrücken und Standschiffen. 59 Von 1868-78 wurden neben einer Vielzahl von kleinen Plätten und Zillen nur fünf größere Transportschiffe in der Werft gebaut. 60 Der Arbeiterstand bewegte sich in diesen Jahren um die 230, was etwa einem Fünftel des Belegschaftsstandes in Altofen/Obuda entsprach. Der Aufwand an Arbeitstagen für die Reparaturen von Dampfern erreichte ein Fünftel bis zu einem Viertel der adäquaten Leistung der ungarischen Werft, ein Zeichen für die fortschreitende technische Ausstattung der Korneuburger Schiffswerft und ihrer wachsenden Bedeutung für den Dampfschifffahrtsbetrieb. 61 Die Art der Reparaturen war verschieden und bestand meist in Streichen und Arbeiten an Deck, Geländer, Oberbau und Inneneinrichtung. Der Jahresdurchschnitt in den 70er- und 80er-Jahren des 19. Jahrhunderts liegt bei Dampferreparaturen bei cirka 100, für andere Schiffe bei ungefähr 50 und bei Landungsbrücken zwischen 30 und 100. 1887 erreichte die Produktion von Waidzillen 132 Stück. 62 Um 1870 war aber die Dampfschifffahrt bei weitem noch nicht das dominierende Element am Gesamtverkehr auf der Donau. Vom Gesamtgütervolumen von 3,0935 Mio. t. entfielen 65,5% auf die Ruderschifffahrt, 24,4% auf die DDSG und 10,1% auf konkurrierende Dampfschifffahrtsunternehmen und die Segelschifffahrt auf der unteren Donau. 63

Werftgelände

Von 1864 bis 1890 wurde das Werftgelände auf 27 000 m² erweitert. Erste gemauerte Werkstättengebäude zur Metall- und Holzverarbeitung, neue Materiallager und Kanzleien wurden errichtet. Es erfolgten eine Erweiterung der Lagerplätze für Holz- und Eisenmaterial, sowie der Bau eines zusätzlichen hölzernen Krans am Ufer, mit einer Tragkraft von 18 Tonnen. 64

59 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1897. 60 Pisecky Franz, 150 Jahre Eisenschiffbau an der österreichischen Donau, S. 53. 61 Geschäfts-Berichte der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für die Jahre 1866 – 1870. 62 Sablik Karl, Die Wirtschaftsgeschichte Korneuburgs ab 1740, S. 330. 63 Pisecky Franz, 150 Jahre Eisenschiffbau an der österreichischen Donau, S. 53. 64 Sablik Karl, Die Wirtschaftsgeschichte Korneuburgs ab 1740, S. 328. 25 Den Erweiterungswünschen der DDSG in Bezug auf die Werftfläche wurde von Seiten der Stadtgemeinde Korneuburg immer wieder nachgekommen. 1865 erfolgte die Überlassung eines Gemeindegrundstücks um einen jährlichen Pachtzins von 30 fl. 65 , 1870 224 Klafter zur unentgeltlichen Nutzung. 66 1883 wurde der Werft ein Platz zu Ausbau überlassen 67 , 1884 ein Grund verpachtet. 68 1886 wurde dem Betrieb ein Teil einer Parzelle gegen einen jährlichen Pachtschilling von 20 fl. unter der Bedingung überlassen, dass die Werft den außerhalb des gepachteten und eingefriedeten Raumes liegenden Platz in keiner Weise und am allerwenigsten durch Aufstellung hölzerner Hütten benütze. 69 Im Jahr 1896 wurde der DDSG der bereits in Benützung genommene städtische Grund, sowie die weiters beanspruchten 2,2 Joch im Gesamtausmaß von 6,46 Joch (~ 3,7 Hektar) zum Preise von 1 fl. pro Quadratklafter verkauft.70 1901 erfolgte die Verpachtung des in nordöstlicher Richtung an die Schiffswerft anstoßenden Grundteiles um einen jährlichen Pachtschilling von 100 K, der Exerzierplatz des Eisenbahnerregimentes sollte aber dabei nicht berührt werden. 71 1904 wurde dem Ansuchen der Schiffswerft um 3,25 Joch Gemeindegrund stattgegeben. 72 Bis 1914 wurde durch Verkauf, Verpachtung und Überlassung das Werftgelände auf 95 000 m² vergrößert. 73

Dampfschiffneubauten aus Korneuburg

Mit dem Abschluss der Donauregulierung 1896 konnten größere Schiffseinheiten auch die obere Donau regelmäßig befahren. Die Werft wurde weiter modernisiert. 1897 brach in der Schiffswerft Korneuburg eine neue Epoche an: Das erste nur in Korneuburg konstruierte Dampfschiff erlebte seinen Stapellauf 74 . Im darauf folgenden Jahr konnten zwei Zug-Raddampfer, die „Glanz“ und die „Vindobona“ fertig gestellt werden. Die Schiffe hatten eine Länge von 60 m und einen Antrieb mit 200 PS-Maschinen, die von einer Brünner Firma geliefert

65 Protokoll vom 12.Juli 1865, Korneuburger Stadtarchiv, 3/63. 66 Protokoll vom 3. August 1870, Korneuburger Stadtarchiv, 3/65. 67 Protokoll vom 22. Juni 1883, Korneuburger Stadtarchiv, 3/101. 68 Protokoll vom 7. Oktober 1884, Korneuburger Stadtarchiv, 3/101. 69 Protokoll vom 13. Jänner 1886, Korneuburger Stadtarchiv, 3/110. 70 Protokoll vom 30. Jänner 1896, Korneuburger Stadtarchiv, 3/110. 71 Protokoll vom 28.Juni 1901, Korneuburger Stadtarchiv 3/111. 72 Protokoll vom 21. Oktober 1904, Korneuburger Stadtarchiv, 3/111. 73 Sablik Karl, Die Wirtschaftsgeschichte Korneuburgs ab 1740, S. 329. 74 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1897 26 wurden. 75 Damit trat auch die Werft Korneuburg in jene Reihe von Schiffsbauanstalten an der Donau ein, die sich mit dem kompletten Neubau von Dampfschiffen befassten. Die Arbeit hatte sich in zunehmendem Umfang auf den Neubau von Eisenschiffen und die Reparaturen von Eisenschiffen verlagert. Doch die technische Ausstattung der Werft war bei weitem nicht auf dem Stand der Zeit. In Korneuburg wurden bedingt durch die primitiven Krananlagen die Eisenplatten zu einem Neubau eines Güterkahns händisch getragen. 10 – 20 Mann, je nach Größe des Schiffsbleches, hoben es auf ihre Schultern und gingen von der Schiffsbauhalle zum Stapel, wo es an Ort und Stelle mit Eisendornen fixiert, kurz verschraubt und später genietet wurde. Die Arbeitskleidung der Schiffbauer bestand damals aus alten, gebrauchten und geflickten Kleidungsstücken. Als Schutz gegen das Gewicht der Schiffsbleche dienten mit Seegras gefüllte Säcke, die mit Schnüren auf der Schulter befestigt wurden. Als zusätzliche Transportmittel dienten ein Tafelwagen und zweirädrige Karren, die allerdings auch von Menschenkraft fortbewegt werden mussten. Die Wege und Straßen auf dem Werftgelände waren um 1900 noch nicht asphaltiert oder befestigt. Ein Hauptproblem stellte damals der Transport der Schiffs- und Maschinenteile von der Werkbank zum Schiff dar. 76 Leiter der Werft war nach der Jahrhundertwende Johann Pamer, der sich vom Zimmermann emporgearbeitet hatte und der bei der Belegschaft hohes Ansehen genoss. 1910 erhielt die DDSG durch einen mit dem Staat geschlossenen Subventionsvertrag Mittel zum weiteren Ausbau der Werft für die serienweise Herstellung von Güterkähnen. Die Investitionen wurden von der Schiffswerft Korneuburg in eigener Regie durchgeführt und von der DDSG im Jänner 1910 genehmigt. Der Hauptverdienst für diese weiteren Ausbauten dürfte bei Johann Pamer gelegen sein, der in der Folge die Titel „Kaiserlicher Rat“ und „Zentralinspekteur der DDSG“ verliehen bekam. 77 Folgende Modernisierungen wurden zu dieser Zeit durchgeführt: Die Maschinenwerkstätte wurde modernisiert und eine Elektrozentrale gebaut, es handelte sich hierbei um ein Dampfkraftwerk. Die Kohle für dieses Kraftwerk wurde zu Beginn mit Schiebtruhen, später mit einem eigens errichteten Kohleförderband

75 Pemsel Helmut, Die Donauschiffahrt in Niederösterreich, S. 24. 76 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, S. 22-23. 77 Günther Weber, Korneuburg und die Schiffswerft 1890- 1960, S. 1. 27 zur Elektrozentrale gebracht. 1912 wurde die Schiffsschmiede durch eine neue Schmiedehalle ersetzt und statt des alten Verwaltungsgebäudes wurde ein größeres Administrationsgebäude errichtet, was zu einer Übersiedelung der Buchhaltung aus einer Holzhütte in dieses neue Gebäude führte. 78 Auch die Schiffszimmerei erhielt gemeinsam mit der Tapeziererei eine neue Werkstatt. Eine dritte Helling mit zwei Stapelflächen, ein Hellingkran über die ersten beiden Stapel, sowie ein weiterer Drehkran über dem dritten Stapel wurden errichtet. 79 Im darauf folgenden Jahr wurde in der elektrischen Zentrale ein zweites Dynamo-Aggregat in Betrieb gesetzt und die neue Tischlerei samt Einrichtung vollendet. Der verlängerte Stapel wurde mit Neubauten belegt und die Schiffsschmieden mit neuen Maschinen ausgestattet.80 1914 konnten zwei Eisenbetonbauten, in denen mehrere Inventarmagazine und das Feuerwehrdepot samt Sanitätszimmer untergebracht wurden der Nutzung übergeben werden. Mehrere Hilfsmaschinen wurden aufgestellt und die Pressluftanlage weiter ausgestaltet. Die Elektrische Zentrale erhielt eine neue Dampfpumpe. 81

Arbeiterkolonie

Eine wichtige Verbesserung für die Arbeitnehmer der Schiffswerft stellte der Bau der Arbeiterkolonie dar. Von 1850 bis 1910 war die Einwohnerzahl von Korneuburg von 2.146 auf 9.054 angestiegen. Mehr als viermal so viele Menschen wohnten 1910 in Korneuburg, als noch 1850. Diesem Anstieg der Einwohner steht bei den Häusern nur eine Verdopplung von 249 auf 501 gegenüber. 82 Am 24. Juni 1912 entschloss sich die DDSG zum Grundankauf zur Erbauung von Arbeiterwohnhäusern. Man hatte bemerkt, dass infolge der großen Wohnungsnot in Korneuburg, des gänzlichen Mangels an geeigneten Kleinwohnungen und der verhältnismäßig hohen Mieten neu aufgenommene Arbeiter wieder entlassen werden mussten, da diese keine Wohnungen finden konnten und viele Arbeiter wegen der hohen Mietzinse genötigt waren, außerhalb Korneuburgs weit

78 Finz Rudolf, Die Donau und die Schiffswerft Korneuburg, S. 18. 79 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, S. 24. 80 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1913, S. 17. 81 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1914, S. 22. 82 Sablik Karl, Die Wirtschaftsgeschichte Korneuburgs ab 1740, S. 229. 28 abgelegene billigere Wohnungen zu beziehen. Diese schlechten Verhältnisse verminderten die Leistungsfähigkeit des Betriebes, und diesem Umstand konnte nur durch die Schaffung von Arbeiterwohnungen in Werftnähe abgeholfen werden. Es wurde daher die Anlage einer Arbeiterkolonie empfohlen. Ein an der Stirnseite der Werft gelegener 7.200 m² großer Baugrund wurde noch im selben Jahr von der Gemeinde Korneuburg erworben. 83 An Erfahrungen im Siedlungsbau fehlte es in der DDSG zu diesem Zeitpunkt nicht. Im den Kohlerevieren in Ungarn besaß die Gesellschaft 1895 bereits über 1.300 Wohnungen. Diese waren zum überwiegenden Teil Zweizimmerwohnungen mit Gemüsegarten und Wirtschaftsbauten zur Lagerung von Lebensmitteln bzw. zur Nutztierhaltung (Schweine, Ziegen, Geflügel, etc). 1904 standen dem Unternehmen in Ungarn bereits 442 Wohnhäuser mit 1.562 Wohnungen für Arbeitnehmer zur Verfügung. 84 Erste Baupläne für die zukünftigen Arbeiterwohnhäuser in Korneuburg wurden im Juni 1912 vorgelegt. 85 Mit dem Bau der Arbeiterkolonie und eines Hauses für den Werftchef wurde 1915 begonnen. 86 Im darauf folgenden Jahr wurden die vier Arbeiterwohnhäuser mit insgesamt 48 Wohnungen und einem Verkaufsmagazin und das Wohnhaus für den Betriebsleiter fertig gestellt und bezogen. 87 Die Eröffnung und Ausstattung der neu errichteten Arbeiterkolonie wurde in der regionalen Presse wie folgt beschrieben:

…Der Schöpfer der Anlage, Architekt Professor Leixner, erklärte daraufhin an der Hand der Pläne und des Modelles die Gesamtanlage der Kolonie, die dermal aus insgesamt sechs Arbeiterhäusern mit zusammen 47 Wohnungen und Verkaufsräumen für das Werftelebensmittelmagazine, dem Werfte- Verwalterhaus und einem Häuschen für die Kläranlage besteht und durch den noch im laufenden Jahre beginnenden Zubau eines Beamtenwohnhauses ihren Abschluss finden soll. Sodann begann der Rundgang durch die Anlage und die einzelnen Häuser.

83 DDSG Protokoll vom 24. Juni 1912, nach Sablik Karl, Die Wirtschaftsgeschichte Korneuburgs ab 1740, S. 334 84 Huszar Zoltan, Zu den Beziehungen zwischen Pecs und der Ersten Donau-Dampfschiffahrts- Gesellschaft (DDSG) mit besonderer Berücksichtigung der Sozialpolitik, in Donau-Schiffahrt, S. 140. 85 AdR / Verkehr; DDSG 86 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1915, S. 21. 87 Sablik Karl, Die Wirtschaftsgeschichte Korneuburgs ab 1740, S. 337 29 Die Gebäudeanlage hat ein äußerst schmuckes Aussehen. Der Hofraum mit seinen grünen Rasenflächen und seinen zementierten Wegen macht das Gesamtbild der Anlage zu einem überaus anheimelnden. Im Inneren sind die Häuser nett und praktisch ausgestaltet. In den Arbeiterhäusern befinden sich in jedem Erdgeschosse vier Wohnungen verschiedener Grösse, die Kleinsten mit Zimmer und Küche, die Größten mit Zimmer, 2 Kabinetten und Küche. Jede Küche geräumig und licht mit einem Kachelherd und einer unter dem Fenster eingebauten, kleinen Speis ausgestattet. Zu jeder Wohnung gehört ein eigener mit selbsttätiger Wasserspülung eingerichteter Abort und eine Boden- und Kellerabteilung. Auf jedem Gange befindet sich ein Auslauf, der für die gesamte Anlage eingerichteten Wasserleitung. In jedem Geschosse besteht ein Klopfbalkon, auf welchem der mit verschliessbarem Deckel versehene Kehrrichtschacht eingebaut ist. Jedes Haus hat im Keller einen Raum für ein Bad und im Bodengeschoss die Waschküche mit Bügelraum und Wäschetrockenboden. Im Hofe ist ein Spielplatz für die Kinder angelegt und für den Winter und schlechte Jahreszeit steht in jedem Hause der saalähnliche Vorraum des Kellers den Kindern als Spiel- und Tummelplatz zur Verfügung. Die Kolonie hat eine vollständige, das heisst eine auch die festen Fäkalien ableitende Kanalanlage, die durch eine Kläranlage geführt ist, so dass der Kanalinhalt vor seiner Abgabe in die Donau vollständig keimfrei und geruchlos gemacht wird. 88

Die Mietpreise waren für damalige Verhältnisse äußerst niedrig. So mussten die Arbeiter und Angestellten für eine Wohnung bestehend aus Zimmer und Küche 17 K, für Zimmer, Kabinett, Küche 19 K und für Zimmer, 2 Kabinette, Küche 22 K pro Monat bezahlen. Diese Preise wurden durch Subventionierung durch die Gesellschaft möglich. 89 Die Gebäude findet man noch heute unter der Adresse Am Hafen 3 - 9, 2100 Korneuburg.

88 Wochenzeitung für das Viertel unter dem Manhartsberge, Klosterneuburg und Umgebung , Nr.19, Korneuburg, JG 15, 12.Mai 1916, S. 2 89 Wochenzeitung für das Viertel unter dem Manhartsberge, Klosterneuburg und Umgebung , Nr.19, Korneuburg, JG 15, 12.Mai 1916, S. 2 30 Pensionssystem der DDSG

Im Gegensatz zu Deutschland, wo man 1881 neben der Kranken- und Unfallversicherung auch die Alters- und Invalidenversicherung für Arbeiter einführte, dauerte es in Österreich bis zum Jahr 1909, bis die Pensionsversicherung für Privatangestellte in Kraft trat. Schon vor 1909 führte die DDSG ein eigenes Pensionsversicherungssystem für ihre Angestellten ein. Aufgrund eines erheblichen Defizits im Pensionsfond musste das das Pensionssystem der DDSG 1912 reformiert werden. Eine nach Aufnahme einer Staatsanleihe wurden ein „Pensionsfond-Sanierungs-Konto A“ und ein „Pensionsfond-Sanierungs-Konto B“ eröffnet. Die Zinsen von Konto A betrugen im ersten Jahr des Bestehens K 840.701. Das gute Geschäftsergebnis für 1912 erlaubte es der Gesellschaft das unverzinste Konto B mit einem Startkapital von K 300.000 zu eröffnen. Dieses „Pensionsfond-Sanierungs-Konto B“ sollte dazu dienen in finanziell ungünstigeren Jahren die Sanierung der Pensionsfonds ohne zu große Belastung des Betriebes fortsetzen zu können. Neben dem schon bestehenden Pensionssystem für Angestellte wurde nun auch eines für die Arbeiter der DDSG eingeführt. Damit wurde einem lange gehegtem Wunsch der Arbeiter nach einer systematischen Invaliditäts-, Alters- und Familienversicherung für die nicht pensionsfähigen Beschäftigten Folge geleistet. 90 Im Geschäftsbericht für das Jahr 1913 wurde für die Änderungen des Pensionssystems von 1912 folgendes vorläufiges Resümee gezogen:

Das im Vorjahr geschaffene „Pensions-Sanierungs-Konto A“ weist nach Zuweisung der 4%igen Verzinsung per K 14.078 94 und der neuerlichen Dotation per K 840.701 -, sowie nach Deckung des Gebahrungsausfalles per K 535.754 90 einen Stand von K 670.998 56, gegenüber K 351.973 52 im Vorjahre, sohin eine Erhöhung um K 319.025 04 auf. Das unverzinsliche „Pensions-Sanierungs-Konto B“ ist mit demselben Betrage wie im Vorjahr – K 300.000 - -ausgewiesen.. 91

90 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1912, S. 8. 91 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1913, S. 7. 31 Gewerkschaftliche Organisation auf der Schiffswerft Korneuburg

Bereits 1869, nur zwei Jahre nach der Gründung des Wiener Arbeiterbildungsvereins existierte auch in Korneuburg ein Arbeiterbildungsverein. 92 Vor dem 1. Weltkrieg waren viele Arbeiter der Werft Mitglieder einer Gewerkschaft. Als Beispiele seien genannt: die Schiffbauer und Schlosser bei den Metallarbeitern und die Tischler und Zimmerleute bei der Holzarbeitergewerkschaft.93 1912 wurden zwei für die Arbeiterschaft folgenschwere Gesetze erlassen: das Wehrgesetz und das Kriegsdienstleistungsgesetz, die die gesellschaftliche Mobilisierung im bevorstehenden Krieg fördern sollten. 94 Das Kriegsdienstleistungsgesetz unterstellte die wichtigsten Rüstungsbetriebe, darunter auch die Schiffswerft Korneuburg, der Aufsicht des Staates, die zu staatlich geschützten Unternehmen erklärt wurden. Durch die Bestellung eines militärischen Betriebsleiters setzte eine Militarisierung der Betriebe ein, die neben dem militärischen Strafvollzug eine Verurteilung Zuwiderhandelnder wegen Hochverrates ermöglichte. Die Koalitionsfreiheit wurde aufgehoben und ein Streikverbot erlassen. 95 Die neue Rechtslage führte während des Krieges zu einem Rückgang von Streiks und des gewerkschaftlichen Organisationsgrades der Arbeiterschaft. 1914 wurden 165 Einzel- und 35 Gruppenstreiks, 1915 nur noch 18 Einzel- und ein Gruppenstreik und 1916 nur noch 16 Einzelstreiks gezählt. Hatte die Mitgliederzahl der freien Gewerkschaften im heutigen Bundesgebiet 1913 noch 253.000 betragen so ging diese Zahl bis 1916 auf 109.000 zurück. 96 Das Missverhältnis zwischen Preis- und Lohnentwicklung führte aber im Jänner 1918 zur größten Streikbewegung der Monarchie. Den konkreten Auslöser dieses Streiks stellte eine Kürzung der Mehlration um 50 Prozent dar. Am Montag den 14. Jänner 1918 legte um 7.30 die Arbeiterschaft der Daimler-Motorenwerken in Wiener Neustadt die Arbeit nieder. Den Streikenden schlossen sich an diesem Tag noch die Belegschaften der Lokomotivfabrik Siegl, der Flugzeugfabrik, der Radiatorenwerke und der Munitionsfabrik G. Rath an.

92 Bruckmüller Ernst, Sozialgeschichte Österreichs, S. 309. 93 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, S. 25. 94 Bruckmüller Ernst, Sozialgeschichte Österreichs, S. 354. 95 Hautmann Hans, Die österreichische Arbeiterbewegung vom Vormärz bis 1945, S. 112 – 113. 96 Bruckmüller Ernst, Sozialgeschichte Österreichs, S. 358. 32 Ausgehend von Wiener Neustadt erfasste der Streik innerhalb weniger Tage die wichtigsten Industriebetriebe der Monarchie. Am 18. Jänner trat auch die Schiffswerft Korneuburg in den Ausstand. An diesem Tag streiken alleine in Niederösterreich 122.000 Menschen. Der 20. Jänner 1918 stellte den Höhepunkt des Jännerstreiks mit ca. 550.000 Streikenden in der österreichischen Reichshälfte sowie ca. 200.000 in Ungarn dar. Verhandlungen der Regierung mit der Sozialdemokratie führten in den folgenden Tagen zu einem Auseinanderbröckeln des Streiks. Immer mehr Betriebe nahmen die Arbeit wieder auf. Am 24. Jänner endete der Streik auch in der Schiffswerft Korneuburg. 97

Schiffswerft Korneuburg während des 1. Weltkriegs

Der Kriegseintritt Österreich – Ungarns blieb auch für die Schiffwerft Korneuburg nicht ohne Konsequenzen. Die Aufrechterhaltung des Betriebes wurde durch die fortschreitenden militärischen Einberufungen zusehends erschwert. Der DDSG gelang es vor allem in ihren Bergwerken und Schiffswerften nicht einen entsprechenden Arbeiterstand zu halten, was zu Engpässen und Lieferproblemen führte.98

Während des ersten Weltkrieges wurden auf der Schiffswerft Korneuburg 61 Warenboote gebaut und Reparaturen an 273 Dampfschiffen und 88 Warenbooten durchgeführt. 99 Viele dieser Arbeiten wurden für die k. u. k. Heeresverwaltung durchgeführt. 100 Im ersten Weltkrieg wurde zum ersten Mal die Leistungsfähigkeit der Industrie und der industriewirtschaftlichen Organisation für die Regulierung und den Erfolg des Krieges entscheidend. Die Monarchie war zu diesem Zeitpunkt den Belastungen eines Großkrieges infolge ihres schwachen Unterbaues nicht gewachsen. Viel früher als in anderen Staaten stellten sich daher Erschöpfungszustände ein. 101

97 Hautmann Hans, Dokumente zum Jännerstreik 1918, in Mitteilungen der Alfred Klahr Gesellschaft, 14. Jg., 4/07, S. 7 – 8. 98 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1914, S. 5. 99 Geschäfts-Berichte der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für die Jahre 1914, 1915, 1917, 1918 – 1920. 100 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1915, S. 21. 101 Hautmann Hans, Die österreichische Arbeiterbewegung vom Vormärz bis 1945, S. 109. 33 Die DDSG reagierte auf Engpässe an Nahrungsmittel bereits 1914 durch die Schaffung einer betriebsinternen Versorgungsorganisation.

Die Versorgung unseres Personales mit Lebensmitteln, welche vielfach unter dem Selbstkostenpreise abgegeben wurden, haben wir uns durch die Schaffung einer entsprechenden Organisation besonders anlegen lassen. 102

Im weiteren Kriegsverlauf erhöhte die DDSG ihre Unterstützungsausgaben und eröffnete in Wien eine eigene Kriegsküche.

Entsprechend den stetig sich verschärfenden Lebensverhältnissen haben wir wesentlich höhere Kriegsunterstützungen und Familienzuschüsse eingeführt und den bedürftigen Pensionisten und Provisionisten erhöhte Unterstützungen und Aushilfen bewilligt. Unter den grössten Schwierigkeiten bleiben wir bemüht, unsere Angestellten mit wohlfeilen Lebensmitteln und sonstigem Lebensbedarf zu versorgen. Unsere im Vorjahre in Wien errichtete Kriegsküche wird in stets steigendem Masse in Anspruch genommen. Der Gesamtaufwand für ausserordentliche, teils einmalige, teils dauernde Zuwendungen aller Art an unseren Angestellten und Arbeitern, wie Kriegsaushilfen und –Unterstützungen, Versorgung des Personales mit Lebensmitteln usw. erheischte im Berichtsjahre K 11,526.117 99. 103

Während des ersten Weltkrieges stieg das nominelle Einkommen eines Arbeiters ständig an. Die zunehmende Geldentwertung führte aber vor allem ab 1916 zu einem Rückgang des Realeinkommens. Zu Kriegsende verdiente ein Arbeiter real um 63 Prozent weniger als im Jahre 1914. Bei den wichtigsten Nahrungsmitteln wie Fleisch, Fett, Milch und Eiern hatte die Regierung Höchstpreise festgesetzt. Bis zum Frühjahr 1918 kam es bei diesen Produkten aber zu einer Teuerung von um bis zu 300 bis 1000 Prozent. Insgesamt stiegen die Lebenshaltungskosten von Juni 1914 bis Oktober 1918 um 1200 bis 1600 Prozent. Die Löhne hatten sich im selben Zeitraum aber nur

102 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1915, S. 4. 103 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1917, S. 5. 34 verdoppelt, was zu einer deutlichen Verschlechterung der Lebenssituation der Bevölkerung führte. 104

Kriegsanleihen

Die Finanzierung des Krieges erfolgte größtenteils durch Anleihen. Insgesamt wurden in der Monarchie 25 Kriegsanleihen mit 51 Millionen Kronen aufgelegt. 105 Die DDSG beteiligte sich 1914 mit Mitteln aus dem Pensionsfond an der ersten Kriegsanleihe und forderte ihre Arbeiter und Angestellten zum Kauf von Anleihen auf.

An der österreichischen und ungarischen Kriegsanleihe haben wir uns mit K 2,6000.00 – Nennwert beteiligt. Der Pensionsfond der Angestellten hat für K 400.000 – Nennwert Kriegsanleihe, ferner unser Personale – unter Gewährung weitgehender Erleichterungen seitens der Gesellschaft zu reger Beteiligung aufgefordert – die beträchtliche Summe von rund K 300.000 –Nennwert auf beide Anleihen gezeichnet. 106

An der II. und III. österreichischen und ungarischen Kriegsanleihen beteiligten sich die Gesellschaft und der gesellschaftliche Pensionsfond mit K 7,100.000 –.107 1915 hatte die DDSG inklusive der IV. Kriegsanleihe zusammen Anleihen im Wert von K 15,100.000 gezeichnet. Um die Beteiligung des Personals an den Zeichnungen zu fördern wurden den gesellschaftlichen Angestellten weitgehende Erleichterungen gewährt. Insgesamt erwarben die Beschäftigten Kriegsanleihen im Wert von K 285.150. 108

An den im Jahre 1917 emittierten VI. und VII. österreichischen und ungarischen Kriegsanleihen hat sich die Gesellschaft und der gesellschaftliche Pensionsfond mit zusammen K 10,000.000 – Nennwert beteiligt.

104 Hautmann Hans, Die österreichische Arbeiterbewegung vom Vormärz bis 1945, S. 113 – 114. 105 Hautmann Hans, Die österreichische Arbeiterbewegung vom Vormärz bis 1945, S. 111. 106 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1914, S. 4. 107 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1915, S. 3. 108 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1915, S. 4. 35 Bis 1917 wurden von der DDSG österreichische und ungarische Kriegsanleihen im Gesamtwert von K 30,100.000 gezeichnet. 109

Während des Krieges war der Wert der Krone um zwei Drittel gesunken. Die österreichische Staatskasse verfügte im Oktober 1918 über knapp 150 Millionen Kronen. Um einen Staatsbankrott zu verhindern, musste die Nachkriegsregierung die Einlagen der Postsparkasse angreifen. Als besonders bedrückend empfand man nach Kriegsende die Kriegsanleihen. Es war unklar, was mit diesen geschehen sollte, und vor allem, wer verpflichtet war, sie zurückzuzahlen. 110 Der Staat übernahm die Rückzahlung, aber in einem Ausmaß, das in kleinster Weise den ausgegebenen Werten entsprach, sondern dem damaligen Nominalwert der Krone. So erhielt man 1920 nur ein Hundertstel und 1922 nur noch ein Zehntausendstel des bei Ausgabe der Kriegsanleihe zugesicherten Betrages. 111

Unterstützung für Familien

Gemeinsam mit Angestellten und Arbeitern beteiligte sich die DDSG bereits 1914 an einer Sammlung für von der Einrückung betroffene Familien und setzte diese Unterstützung bis zum Kriegsende 1918 fort. 112 Bis 1917 erreichte diese Sammlung eine Gesamtsumme von K 21.177.59 und Frcs. 2.916.95. 113 Diese Sammlung wurde bis Kriegsende fortgesetzt. Mitarbeiter der DDSG, die eingezogen wurden, erhielten vom Unternehmen auch während ihrer Dienstzeit in der Armee Zulagen und finanzielle Unterstützung.

Die eingerückten definitiven und provisorischen Beamten geniessen vorläufig durch ein Jahr, vom Beginn des Einrückens gerechnet, sofern sie dem Mannschaftsstande angehören, Gehalt, Quartiergeld und Personalzulage, sowie das ganze Quartiergeld. Entsprechende Bestimmungen sind für die verheirateten

109 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1917, S. 4. 110 Hautmann Hans, Die österreichische Arbeiterbewegung vom Vormärz bis 1945, S. 126. 111 Bruckmüller Ernst, Sozialgeschichte Österreichs, S. 369. 112 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1915, S. 4. 113 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1917, S. 5. 36 definitiven und provisorischen Diener, sowie andere untergeordnete Bedienstete getroffen. 114

Zwischenkriegszeit

Finanzielle Situation der 1. DDSG und politische Einflussnahme

Das Kriegsende stellte die DDSG vor eine völlig neue Situation. Die Nachfolgestaaten der Monarchie erhoben Ansprüche auf Teile der DDSG-Flotte und begründeten diese Ansprüche damit, dass ihre Bevölkerung mit eigener Steuerleistung zu den staatlichen Subventionen für die Gesellschaft beigetragen hätte, und dass sie nun selbst Schiffahrtsaufgaben an den ihnen zufallenden Donauabschnitten zu erfüllen hätten. Auch Frankreich erhob als einzige siegreiche Großmacht Anspruch auf Einheiten der DDSG. Auf Grund der Bestimmungen über Schiffahrtsabtretungen an die alliierten und assoziierten Staaten im Vertrag von Saint Germain wurde der Amerikaner Walker M. Hynes zum Schiedsrichter in dieser Frage bestellt. Er kam zu dem Schluss, dass allen Ansprüchen der einzelnen Staaten stattzugeben sei. Durch diesen Schiedsspruch verlor die DDSG fast die Hälfte ihres Fahrparks. 115 Im Detail musste die DDSG 34 Zugschiffe, 425 Güterkähne, 8 Fahrgastschiffe, 2 Tankkähne, 101 eiserne Pontons und 1 schwimmende Werkstatt abgeben. An die angeführten Staaten mussten, teils ohne, teils gegen Entschädigung folgende Objekte abgeliefert werden: 116

Tschechoslowakei: gegen Entschädigung 2 Fahrgastschiffe 1 Zugschiff 39 Güterkähne

Frankreich: ohne Entschädigung 5 Zugschiffe 25 Güterkähne

114 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1914, S. 8. 115 Erste Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft, 125 Jahre, S.75. 116 Erste Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft, 125 Jahre, S.76. 37 Jugoslawien: ohne Entschädigung 6 Fahrgastschiffe 21 Zugschiffe 318 Güterkähne 1 Tankkahn 9 eiserne Pontons

Rumänien: ohne Entschädigung 8 Zugschiffe

Neben dem Verlust der Einheiten stellte die Änderung des Donaustatuts 1921 einen weiteren Rückschlag für die DDSG dar. Entgegen der bisher geltenden Rechtslage wurden nun fast alle Nebenflüsse der Donau den nationalen Schifffahrten vorbehalten, wodurch sich die bisherige Betriebsstrecke der Gesellschaft um 1.335 km verringerte. 117

In der kurzen Zeit zwischen 1919 und 1922 vollzog sich eine dramatische Internationalisierung der Wiener Großbanken, in deren Verlauf die Aktien aller führenden Institute entweder vollständig, oder zumindest zu ansehnlichen Teilen in ausländischen Besitz übergingen. Es wurden nicht nur bedeutende Aktienpakete der Banken selbst, sondern auch die ihrer wertvollsten Industriekonzern= gesellschaften von ausländischen Finanz- und Unternehmergruppen erworben. 118 Nach Kriegsende war Österreich nicht in der Lage, genügend Kapital zu beschaffen, um das teils veraltete Verkehrssystem wiederherzustellen, bzw. zu modernisieren. Zur gleichen Zeit versiegten zwischen 1919 und 1923 die in der Vorkriegszeit übliche Finanzquellen bei den großen Aktienbanken, denn diese standen selbst in Verhandlungen, Auslandskapital zu bekommen. Ihre Schwäche und Illiquidität entzog der Wirtschaft im Allgemeinen und den mit ihnen verbundenen Konzernverkehrsgesellschaften im Besonderen die Möglichkeit der Kreditbeschaffung. In dieser Lage erschienen englischen und französischen Investoren die unmittelbaren Zukunftschancen der Schifffahrt auf der Donau besonders gut. Der

117 Grössing Helmut u.a., Rot-Weiß-Rot auf blauen Wellen, 150 Jahre DDSG, S. 126. 118 Teichova Alice, Kleinstaaten im Spannungsfeld der Großmächte, S. 88. 38 Strom stellte nun für sieben Staaten einen wichtigen Anschluss an den internationalen Warenaustausch dar. 119 Britische Regierungskreise betrachteten die Reorganisation und den Wiederaufbau des mitteleuropäischen Verkehrsnetzes als wesentliche Vorbedingung für die erfolgreiche Ausdehnung britischer Handelsinteressen. Daher wurden die Bestrebungen britischer Unternehmen, eine dominante Stellung in den leitenden Donauschifffahrtgesellschaften zu gewinnen, als wichtig anerkannt und auch auf diplomatischem Wege gefördert. Im Herbst 1919 nahm die einflussreichste britische Gruppe im Schiffsbau und Reedereigeschäft, das River Syndicate, Kontakt mit Rudolf Sieghart, dem Leiter der Allgemeinen Österreichischen Boden – Creditanstalt und Staatskanzler Renner auf, um über einen Verkauf der in den jeweiligen Händen befindlichen DDSG – Aktien zu verhandeln. 120 Die österreichische Regierung hatte großes Interesse in der Beschaffung ausländischer Valuta. Aus diesem Grund sollte das River Syndicate Aktien der DDSG in Pfund Sterling, unter der Bedingung, dass der Kaufpreis nicht als Entschädigung der Reparationskommission zuflösse, sondern dem österreichischen Staat zur freien Verfügung stehe, bezahlen. Die britischen Investoren erklärten sich bereit, bei der Einreichung der Bewilligungen seitens der Kommission behilflich zu sein. 121 Am 17. Juli 1920 stimmte die Generalversammlung einer Zusammenarbeit mit der englischen Firmengruppe River Syndicate zu. 122 Die vom River Syndicate im März 1920 gegründete Danube Navigation Co. Ltd. übernahm noch Ende Juli 1920 ca. 25.000 Aktien der 1.DDSG zum Kurs von 12,10 Pfund pro Aktie und erwarb dadurch 30 Prozent des gesamten Grundkapitals des Unternehmens. 123 Der Kapitalzufluss führte zu einer Steigerung des Getreide-, Mehl-, Petroleum- und Benzintransporte der DDSG, die in der Inflationszeit hohe nominelle Gewinne auswies. 124

119 Teichova Alice, Kleinstaaten im Spannungsfeld der Großmächte, S. 98. 120 Teichova Alice, Kleinstaaten im Spannungsfeld der Großmächte, S. 99. 121 Teichova Alice, Kleinstaaten im Spannungsfeld der Großmächte, S. 102. 122 Grössing Helmut u.a., Rot-Weiß-Rot auf blauen Wellen, 150 Jahre DDSG, S. 126. 123 Teichova Alice, Kleinstaaten im Spannungsfeld der Großmächte, S. 102 - 103. 124 Teichova Alice, Kleinstaaten im Spannungsfeld der Großmächte, S. 104. 39 Als Mitte der 1920er – Jahre der Getreidetransport aufgrund fallender Agrarpreise abnahm, und erste Anzeichen für eine Wirtschaftskrise einsetzten, entschied sich das River Syndicate, für einen schrittweisen Rückzug aus der Donauschifffahrt. 1923/24 setzte auch auf österreichischer Seite ein Wechsel in der Einschätzung der Kooperation mit der englischen Gruppe ein. Es gelang von Seiten der DDSG, die Verflechtung mit dem River Syndicate auf die Auszahlung der für in englischem Besitz befindlichen Aktien garantierte Mindestdividende zu reduzieren. 125 Im Laufe der 1920er-Jahre verschlechterte sich die finanzielle Situation des Unternehmens soweit, dass sich die Gesellschaft an den Staat um Hilfe wenden musste. Da sich aber die Regierung zum Abschluss längerfristiger Vereinbarungen nicht in der Lage sah, wurde 1929 eine vorläufige Vereinbarung geschlossen, die der Gesellschaft für dieses Jahr eine Subvention von 2,5 Millionen Schilling zugestand. 1929 - 1930 übernahm die Österreichische Creditanstalt die Aktien der 1. DDSG aus dem Besitz der Danube Navigation Co. Ltd. 126 Zur selben Zeit wurde auf Druck der Regierung die insolvente Bodenkreditanstalt der Bank einverleibt. Diese beiden Übernahmen spielten sicher eine gewisse Rolle für den Zusammenbruch der Creditanstalt 1931. 1931 legte die Bundesregierung dem Parlament einen für 11 Jahre gültigen Subventionsvertrag für die 1.DDSG zur Abstimmung vor. Durch diesen Vertrag ging die Gesellschaft eine Reihe von Verpflichtungen auf dem Interessensgebiete der österreichischen Wirtschaft und der österreichischen Bevölkerung, insbesondere hinsichtlich des Güter- und des Personenverkehrs gegenüber ein. Darüber hinaus sollte die Bundesregierung einen erhöhten Einfluss auf die allgemeine Geschäfts- und Betriebsführung der Gesellschaft, auf eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Gebarung und Einrichtung sowie auf die Durchführung weiterer Reformen haben. Als Gegenleistung sollte die Gesellschaft vom Jahre 1931 bis zum Jahre 1941 aus Bundesmitteln je eine Beihilfe von 2,5 Millionen Schilling und außerdem vom Jahre 1932 bis zum Ablauf des Vertrages für den Dienst einer von ihr nach Maßgabe des Bedarfes aufzunehmenden Investitionsanleihe mit einem

125 Grössing Helmut u.a., Rot-Weiß-Rot auf blauen Wellen, 150 Jahre DDSG, S. 120 - 128. 126 Teichova Alice, Kleinstaaten im Spannungsfeld der Großmächte, S. 104. 40 Gesamterlös von mindestens 15 Millionen Schilling einen Betrag von ja einer Million Schilling jährlich erhalten .127

In der Administrationssitzung der 1.DDSG am 15. Oktober 1931 wurde aber bekannt gegeben, dass die Regierungsvorlage das Parlament nicht passiert hatte. Mit 1. Oktober war eine Rate in der Höhe von 41.000 Pfund für eine im Jahr 1923 genommene Anleihe fällig. Die Gesellschaft verfügte zu diesem Zeitpunkt aber nicht über ausreichende Geldmittel. 1930 hatte ihr die Creditanstalt, als Nachfolgerin der Bodenkreditanstalt quasi die Hausbank der 1.DDSG, die nötigen Mittel für die Rückzahlung kreditiert. 1931 lehnte das Finanzunternehmen aber jede weitere Unterstützung ab, sicherlich auch um sich nicht selbst zu gefährden, nachdem die Bank erst im Mai desselben Jahres nur knapp dem Zusammenbruch entgangen war. Die Gesellschaft konnte aufgrund der allgemeinen Krise ihre eigenen Außenstände nicht hereinbekommen. Ein kurzfristiges Regierungsdarlehen über 750.000 Schilling rettete das Unternehmen vorerst. 128 1934 war die finanzielle Situation der 1.DDSG so prekär, dass in der Generaldirektion der Gesellschaft schon Berechnungen für eine Liquidation durch Konkurs angestellt wurden. Im Oktober gelang es, einen Sanierungsplan mit dem unter staatlichem italienischem Einfluss stehenden Konsortium „Società Finanziamenti ESTERI SVEA“ zu erarbeiten der den Aktionären und Beschäftigten 1935 wie folgt vorgestellt wurde: 129 Nicht in das Berichtsjahr selbst, aber in die Zeit vor Abhaltung der Generalversammlung fällt noch ein Ereignis, das für die künftige Entwicklung der Gesellschaft von größter Bedeutung ist: die Beteiligung einer italienischen Gruppe durch Übernahme neuer Aktien im Betrage von S 10,000.000 --. Es bestand von Anfang an Klarheit darüber, daß dem Wiederaufbau nur dann nachhaltig Erfolg beschieden sein könne, wenn eine gründliche Erneuerung der Flotte mit Ziel einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit und weitgehenden Herabsetzung der Betriebs- und Instandhaltungskosten vorgenommen wird. Durch den neuen Kapitalzufluß und die übrigen mit der italienischen Beteiligung zusammenhängenden Vorteile sind nunmehr alle Voraussetzungen für die

127 Vertagsentwurf zwischen der Bundesregierung und der 1. DDSG, nach Grössing Helmut u.a., Rot-Weiß-Rot auf blauen Wellen, 150 Jahre DDSG, S. 130. 128 Grössing Helmut u.a., Rot-Weiß-Rot auf blauen Wellen, 150 Jahre DDSG, S. 131. 129 Erste Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft, 125 Jahre, S. 81. 41 Vollendung der Rekonstruktion, im besonderen für die Durchführung der technischen Rekonstruktion, geschaffen und damit der Weg zu einer dauernden Entwicklung nach aufwärts freigemacht. 130 Die Bereits in der ordentlichen Generalversammlung vom 30. März 1935 grundsätzlich genehmigte Erhöhung des Aktienkapitales von S 11,600.000 --- auf 21,600.000 --- ist vom Verwaltungsrat in seiner Sitzung vom 1. April 1936 in der Form beschlossen worden, daß 50.000 Namensaktien zum Nennwert von je S 200 --- ausgegeben werden, die von der italienischen Gruppe übernommen werden und in vier gleichen Jahresraten einzuzahlen sind. Der Kapitalserhöhungsbeschluß ist vom Bundeskanzleramt mit Erlaß vom 6. April 1936, Zl. 137.917-11/1936 genehmigt und am 10. April 1936 handeslgerichtlich registriert worden.

Am positiven Ausgang der Verhandlungen mit der italienischen Investorengruppe dürften auch die guten Beziehungen der Schuschnigg – Regierung zu Mussollini – Italien maßgeblich beteiligt gewesen sein.

Wir erfüllen eine selbstverständliche Pflicht, wenn wir auch an dieser Stelle der Bundesregierung, die die Verhandlungen über diese Transaktion geführt und eine Lösung gefunden hat, die die Vorteile der Auslandsbeteiligung mit der vollkommenen Aufrechterhaltung des österreichischen Charakters unseres Unternehmens verbindet, dem aufrichtigen Dank der Gesellschaft zum Ausdrucke bringen Aber auch der Österr. Credit-Anstalt - Wiener Bankverein gebührt Dank für das verständnisvolle Eingehen auf die zur Erhaltung und Festigung des Unternehmens gerichteten Bestrebungen. 131

Dieser Vertragsabschluß führte zu einer noch größeren Zunahme der politischen Einflussnahme. Im selben Jahr wurde Herr Vizekanzler a. D. Major Emil Fey in den Verwaltungsrat kooptiert und zum Präsidenten der Gesellschaft gewählt. 132 Der ehemalige Wiener Heimwehrführer Fey war ab Oktober 1932 im Kabinett von Bundeskanzler Dollfuß Staatssekretär für das Sicherheitswesen gewesen. Am 10. Mai 1933 wurde er als Vizekanzler und Bundesminister für die öffentliche

130 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1935, S. 3. 131 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1935, S. 4. 132 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1935, S. 4. 42 Sicherheit angelobt. Von Mai 1934 bis Oktober 1935 verlor er alle offiziellen politischen Ämter und wurde mit dem Posten des Verwaltungsratspräsidenten der 1. DDSG betraut. Mit den neuen italienischen Aktionären wurde ein Syndikatsvertrag abgeschlossen, der Transaktionen jeder Art, die den Geldwert von 1,000.000 Schilling überstiegen, wichtigere Verträge und solche längerer Dauer, ebenso auch die Ernennung leitender Funktionäre an die Zustimmung der italienischen Gruppe band. Die Gesellschaft wurde verpflichtet, bei Maßnahmen, welche die Interessen der Häfen Triest und Fiume berührten, ebenso bei Tariferstellung und bei verkehrsregelnden Maßnahmen vor Beschlussfassung die Zustimmung der italienischen Delegierten einzuholen. Auch war ein freier Verkauf der Aktien außerhalb des Syndikats nur mit wechselseitiger Zustimmung möglich. 133 Abgesehen von der erstmaligen Auslandsbeteiligung mit bedeutendem Mitspracherecht am Unternehmen waren die Verhältnisse der Gesellschaft, durch die finanzielle Unterstützung aus Italien, aber auch durch Bund und Banken, bis zum Ausbruch des zweiten Weltkrieges bei verlustfreien Bilanzen nicht ungünstig. 134 1938 betrug das Aktienkapital der Ersten Donau-Dampfschiffahrts- Gesellschaft 21,6 Millionen Schilling, das sich wie folgt verteilte:

26,2 % Österreichische Bundesverwaltung 24,5 % CA-BV, österreichischer Besitz 0,8 % österreichischer Streubesitz 46,3 % italienisch 2,2 % unbekannt, vermutlich österreichisch 135

133 Erste Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft, 125 Jahre, S. 81. 134 Erste Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft, 125 Jahre, S. 82. 135 Klambauer Otto, Die USIA – Betriebe in Niederösterreich, S. 201. 43 Entwicklung der Schiffswerft Korneuburg

Der reduzierte Flottenbestand der DDSG führte in der Schiffwerft Korneuburg für mehrere Jahre zu Vollbeschäftigung mit der serienmäßigen Herstellung von Güter- und Tankkähnen. Alleine von 1920 bis 1923 wurden 38 Tank- und Güterkähne und einige Verladeanlagen für die eigene Gesellschaft gebaut. 136 Obwohl die Hauptwerft der DDSG in Obuda/Altofen nun im Ausland lag wurden die meisten Schiffsneubauaufträge aber zunächst weiterhin nach Budapest vergeben. Nach wenigen Jahren des Aufschwungs führte die Währungssanierung aber auch in Korneuburg zu einem starken Einbruch der Auftragslage und einer Beschäftigungskrise.

Auch im Berichtsjahre waren beide Schiffswerften sowohl mit grösseren Reparaturen, als auch mit der Herstellung von Neubauten gesellschaftlicher Objekte beschäftigt, doch machte es die Notwendigkeit, angesichts des teureren Geldes mit den finanziellen Mitteln der Gesellschaft entsprechend Haus zu halten, erforderlich, die Bautätigkeiten einzuschränken, und einerseits die Arbeiterzahl beider Werften auf die Hälfte des Standes des Jahres 1922 herabzusetzen, andererseits Kurzarbeit eintreten zu lassen.

Die Durchführung dieser Bestimmung war in Korneuburg, infolge der in Österreich bestehenden gesetzlichen Bestimmungen über die Aufrechterhaltung des Arbeiterstandes, sehr schwierig. Zusätzlich leisteten die Arbeitnehmer sowohl dem Belegschaftsabbau als auch der Einführung der Kurzarbeit Widerstand. Erst Ende Juli 1923 war der Abbau in Korneuburg beendet, woraufhin ab 4. August die bis dahin bestandene, auf 30 Stunden pro Woche herabgesetzte Arbeitszeit aufgehoben und für den restlichen Arbeiterstand die 48 – stündige Arbeitszeit wieder eingeführt wurde.137 Im darauf folgenden Jahr waren in der Werft 120 Menschen beschäftigt. Die 1923 begonnen Warenboote, sechs Deckschleppe a 670 t, sowie drei offene Schleppe a 670 t wurden fertig gestellt und dem Betrieb übergeben. Neun gedeckte Warenboote waren in Arbeit. 138

136 Pisecky Franz, 150 Jahre Eisenschiffbau an der österreichischen Donau, S. 109. 137 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1923, S. 11. 138 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1924, S. 10. 44 Mit dem Stellenabbau einher ging die Einstellung des Gießereibetriebes, die Auflassung der dritten Helling und der eigenen Stromzentrale, bzw. die Umstellung auf Strombezug aus dem öffentlichen Versorgungsnetz. 139 Die Werft war fast zu einer Werkstätte für die notwendigsten Reparaturen an der DDSG-Flotte herabgesunken. Investitionen an Schiffen und Werft beschränkten sich auf die erforderlichen Instandhaltungsarbeiten. 140 Schon 1927 hatte die Regierung der 1.DDSG die Auflage für Subventionen gemacht, dass alle staatlichen und subventionierten Neubauaufträge an die Schiffswerft Korneuburg zu vergeben seien. Da bisher fast alle Neubauten und Unterwasserreparaturen in Budapest ausgeführt worden waren, musste in Korneuburg in neue Anlagen investiert werden. Ein moderner elektrischern Schiffsaufzug mit einer Zugkraft von 600 Tonnen wurde errichtet, ein neuer Uferkran erworben und das Hafenbecken erweitert. 141 Dieser Schiffsaufzug war für Schiffe bis zu einer Länge von 85 m, die innerhalb einer halben Stunde aufgezogen werden konnten. Er war damit der größte und schnellste der damaligen Zeit an der Donau. 142 Zu den ersten Neubauten nach dem Ersten Weltkrieg gehörten die Strombadeanstalten für Korneuburg und Klosterneuburg. Als erstes Fahrgastschiff wurde 1928 die „Österreich“ von der Werft Korneuburg für den Bodensee geliefert. Weiters wurden Ende der 1920er – Jahre Zugschiffe, Frachtschiffe, Tankschlepper, Baggerschuten und ein Schutenentleerer für das Strombauamt gebaut. 143 1931 wurde das Elektroschweißen zum Schweißen von einzelnen Bauteilen wie Spanten, Schotten und Aufbauten eingeführt. 144 Im Jahr 1933 wurde die elektrische Schweißanlage durch Einstellung eines fahrbaren Elektroschweißaggregates vermehrt. Es waren nun 4 Elektroschweißaggregate im Betrieb. 145 Für die DDSG wurden acht Einheiten von neuen 1000-t-Kähnen gebaut. Bei der Entwicklung dieser Kähne, die in ihrer Innenkonstruktion bereits zur Gänze geschweißt waren und nur mehr an der Außenhaut genietet waren, hatte die Schiffsbautechnische Versuchsanstalt in Wien mit einer Großserie von Modellversuchen ausschlaggebende Vorarbeit geleistet. Die Völligkeit der Kähne konnte bedeutend gesteigert werden und die Rundspantenform an Stelle der älteren

139 Pisecky Franz, 150 Jahre Eisenschiffbau an der österreichischen Donau, S. 109. 140 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1926, S. 20. 141 Pemsel Helmut, Die Donauschiffahrt in Niederösterreich, S. 24 – 25. 142 Sablik Karl, Die Wirtschaftsgeschichte Korneuburgs ab 1740, S. 387. 143 Pemsel Helmut, Die Donauschiffahrt in Niederösterreich, S. 24 – 25. 144 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, S. 49. 145 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1933, S. 14. 45 Sackspanten gesetzt werden. Damit wurde ein 70 m langer, 9 m breiter und 2,5 m hoher, einheitlicher 1000-t-Typ geschaffen, der nach 1938 als „Reichsgüter- bzw. Reichstankkahn“ für die gesamte deutsche Binnenschifffahrt normgebend war. 146 Die von dem seit 1922 eingestellten Bau von Dampfern übriggebliebenen, halbfertigen eisernen Schiffskörper (Neubau II und III) wurden in die Ölbunkerschiffe P. B. I. und 6702 umgebaut. 147 Bis 1938 wurden weiters 6 Motorboote für die Strompolizei, eine Rollfähre für die Stadt Korneuburg samt Standschiff, sowie die beiden Motorzugschiffe „Romulus“ und „Remus“ mit je 49 m Länge, 7,2 m Breite und zwei Fiat – Dieselmotoren zu je 280 PS, fertig gestellt. 148 Die beiden Eildampfer „Franz Schubert“ und „Johann Strauß“ wurden vollständig umgebaut und an dem großen Fahrgastschiff „Stadt Wien“ wurde gearbeitet. 149 Den Stolz der modernisierten Güterflotte der DDSG stellten die vier 1936/37 in Dienst gegangenen Motorgüterschiffe der sogenannten „Feldherrenklasse“, „Prinz Eugen“, „Erzherzog Karl“, „Laudon“ und „Radetzky“ mit einer Länge von 66,5 m, einer Breite von 8,6 m und je zwei Dieselmotoren zu je 350 PS, dar. Es handelte sich hierbei um Zweischrauben – Tunnelheckschiffe mit drei Laderäumen, wobei sich zwei vor und einer hinter dem Motorraum befand. Die Tragfähigkeit erreichte 615 Tonnen bei einem Tiefgang von nur zwei Metern. Die Art der Raumaufteilung veranlasste eine für Flussgüterschiffe neuartige Gestaltung des Schiffskörpers, die eine patentgeschützte Eigenentwicklung der DDSG war. Jedes der vier Schiffe war auch für das Ziehen von Kähnen ausgelegt. Die Gesellschaft setzte die „Feldherrenklasse“ erfolgreich auf der gesamten Donau ein. 1938 wurde im Auftrag der Österreichischen Bundesbahnen mit der Konstruktion eines Fahrgastschiffes für die Bodenseeschifffahrt begonnen. 150 Zwar enthielt der Syndikatsvertrag der 1. DDSG mit der „Società Finanziamenti ESTERI SVEA“ keine Bestimmungen für den Ankauf italienischer Schiffsmaschinen, nach Vertragsabschluß wurden aber sämtliche Neubauten in Korneuburg mit Motoren der Fiatwerke in Turin bestückt.

146 Pisecky Franz, 150 Jahre Eisenschiffbau an der österreichischen Donau, S. 122. 147 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1936, S. 9. 148 Pisecky Franz, 150 Jahre Eisenschiffbau an der österreichischen Donau, S. 122. 149 Finz Rudolf, Die Donau und die Schiffswerft Korneuburg, S. 20. 150 Pisecky Franz, 150 Jahre Eisenschiffbau an der österreichischen Donau, S. 122. 46 Gewerkschaft und Arbeiterschaft

Der Grad der gewerkschaftlichen Organisation in Österreich war in der Zwischenkriegszeit, wie schon während der Monarchie stark konjunkturabhängig, wobei unter Konjunktur neben der Entwicklung der Wirtschaft auch jene der Politik zu verstehen ist. In den Jahren nach dem Krieg stieg die Mitgliederzahl der freien sozialdemokratischen Gewerkschaften auf bis zu 1,08 Millionen an. Nach diesem Höhepunkt 1921 ging die Zahl der sozialistischen Gewerkschafter zurück, eine Ausnahme bildeten die Konjunkturjahre 1927/28. 151 Je schlechter die wirtschaftliche Entwicklung verlief, desto weniger Mitglieder konnten die Gewerkschaften zählen. Dagegen erhöhte sich die Zahl der nichtsozialistischen Gewerkschaftsmitglieder im Laufe der Ersten Republik. 1932 machten christliche, nationale und sonstige Gewerkschaften schon 42 Prozent aller gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer aus. 152 Im Ständestaat wurden berufsständische Körperschaften, die sich aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern zusammensetzten gebildet. In diese Körperschaften wurden auch die Gewerkschaften eingegliedert. Am 2. März 1934 schuf die Regierung eine Einheitsgewerkschaft, den „Gewerkschaftsbund der österreichischen Arbeiter und Angestellten“, dem die Vertretung der arbeitsrechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Interessen der unselbständig Beschäftigten oblag. Die Kammern für Arbeiter und Angestellte wurden zu Geschäftsstellen dieses Gewerkschaftsbundes bestimmt. Die noch bestehenden Berufsvereinigungen verloren ihre Rechte und Pflichten. 153

Für die Arbeiter der Schiffswerft war die Zwischenkriegszeit geprägt vom kurzen Boom von 1919 – 1922, gefolgt von einer schweren Depression die zu einem Belegschaftsstand von 120 Personen und zeitweiser Kurzarbeit führte. Die Arbeiter leisteten gegen die quasi Halbierung der Belegschaft und die Reduzierung der Arbeitszeit Widerstand, mussten aber Mitte 1923 die neue Situation akzeptieren. 154 Mit Ende der 1920er – Jahre verbesserte sich, aufgrund von Aufträgen auf fremde Rechnung, also Arbeiten, die nicht für die 1. DDSG erledigt werden mussten, die Lage der Schiffwerft Korneuburg. Bis Anfang 1938 konnte die Zahl der

151 Bruckmüller Ernst, Sozialgeschichte Österreichs, S. 401. 152 Hautmann Hans, Die österreichische Arbeiterbewegung vom Vormärz bis 1945, S. 160. 153 Hautmann Hans, Die österreichische Arbeiterbewegung vom Vormärz bis 1945, S. 168 – 169. 154 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1923, S. 11. 47 Beschäftigten auf 430 erhöht werden, wobei 42 Angestellte und 388 Arbeiter und Lehrlinge im Betrieb tätig waren.155

Lehrlingsausbildung und -entlohnung

Die Schiffswerft Korneuburg hielt in der Zwischenkriegszeit jährlich eine Aufnahmeprüfung für Lehrlinge ab. 1936 bestanden zum Beispiel von 45 Kandidaten nur 9 diesen Test. Die Ausbildung erfolgte zu dieser Zeit in keiner eigenen Lehrwerkstätte, sondern die Lehrlinge wurden vom ersten Tag an einem Gesellen, bzw. einem Partieführer zugeteilt. Als Partie wurden Arbeitsgruppen bezeichnet, die für spezielle Arbeiten, zum Beispiel innerhalb des Maschinenbaus für das verlegen von Rohren, die sogenannte „Rohrpartie“ zuständig waren. 1936 betrug die Lehrlingsentschädigung auf der Schiffswerft Korneuburg 5 Schilling wöchentlich und erhöhte sich pro Lehrjahr um weitere 5 Schilling. Gesellen erhielten je nach Aufgabenbereich zwischen 45 und 65 Schilling, bei 48 Arbeitsstunden, pro Woche. Immer wieder gab es im Betrieb Kurzarbeit. Für die Lehrlinge war aber eine 48-Stunden-Woche vorgesehen, was dazu führte, dass Auszubildenden teilweise zwei volle Arbeitstage mit dem Reinigen von Werkzeugen und Werkstätten beschäftigt wurden. Die Lehrlingsausbildung dauerte ungefähr drei Jahre und schloss mit einer Facharbeiterprüfung ab.156

Nationalsozialistische Herrschaft

Die Besetzung Österreichs durch deutsche Truppen hatte auch für die Donau- Dampfschiffahrts-Gesellschaft und die Schiffswerft Korneuburg weitreichende Folgen. Am 14. März, dem ersten Arbeitstag nach dem Einmarsch, wurden Mitarbeiter, insbesondere solche jüdischer Abstammung, aber auch sonstige, die dem neuen Regime nicht genehm waren an der Ausübung ihres Dienstes gehindert, ihnen das Betreten der Arbeitsstellen verwehrt oder verhaftet. 157 Der Verwaltungsratspräsident der 1. DDSG Emil Fey beging nach einem Gestapoverhör am 16. März Selbstmord.

155 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1938, S. 5. 156 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, S. 52 – 54, 60. 157 Erste Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft, 125 Jahre, S. 82. 48 Am 18. Juli wurde schließlich mit Dr. Wilhelm Voss ein Reichsdeutscher zum Generaldirektor der Gesellschaft bestellt. 158 Erst am 12. August 1938, nachdem die Inbesitznahme des Unternehmens quasi schon erfolgt war, wandte sich das Büro des damaligen deutschen Ministerpräsidenten Göring, des Beauftragten für den Vierjahresplan, schriftlich an die Creditanstalt mit der Mitteilung, dass der Führer einen Zusammenschluss der Donauschifffahrt wünsche und zu diesem Zwecke raschestes mit der italienischen Gruppe Verhandlungen über den Rückkauf der Beteiligungen einzuleiten seien, über deren Erfolg ehest zu berichten wäre. Die in Staatsbesitz stehenden Kapitalanteile an der Gesellschaft gingen direkt in deutschen Besitz über. 159 Auch auf der Schiffswerft Korneuburg wurden verschiedene Mitarbeiter, so zum Beispiel der langjährige Leiter des Betriebes Zentralinspektor Weber, suspendiert. 160 Die Werft wurde durch die Eingliederung in die Reichswerke AG für Binnenschifffahrt „Hermann Göring“ Teil der Hermann Göring – Werke und zum kriegswichtigen Betrieb erklärt. 161 Das Werftgelände wurde auf cirka 197.000 m² vergrößert. Der Werfthafen wurde verlängert, verbreitert und vertieft. Vier neue Hellinge mit je 3 Stapelplätzen und je einem Hellingkran wurden angelegt und ein neues Werkstättengebäude errichtet. Die Anlagen für Elektroenergie-, Pressluft- und Wasserversorgung wurden weiter ausgebaut, ebenso die Materiallagerplätze. Der Maschinen-, Geräte- und Werkzeugbestand wurde ebenfalls vergrößert, sowie modernisiert. Eine eigene Lehrlingswerkstätte wurde eingerichtet. 162 Bis Jahresende 1938 erhöhte sich die Zahl der Beschäftigten auf 578. Mit 58 Angestellten und 520 Arbeitern und Lehrlingen erhöhte sich sowohl die Zahl der in der Administration tätigen, als auch der Werkstätigen innerhalb weniger Monate bedeutend. 163 Nach dem Anschluss an das Deutsche Reich wurden von der Direktion der DDSG zusätzliche Förderungen und Zuschüsse beschlossen:

Die sozialen Aufwendungen wurden im Jahr 1938 gegenüber dem Vorjahre erheblich erhöht. Wir mußten uns hierzu entschließen, obwohl die wirtschaftliche

158 Grössing Helmut u.a., Rot-Weiß-Rot auf blauen Wellen, 150 Jahre DDSG, S. 139. 159 Erste Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft, 125 Jahre, S. 82 – 83. 160 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, S. 60. 161 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1939, S. 10. 162 Sablik Karl, Die Wirtschaftsgeschichte Korneuburgs ab 1740, S. 388 – 389. 163 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1938, S. 5. 49 und finanzielle Lage des Unternehmens als ungünstig festgestellt werden muß, weil die sozialen Aufwendungen im bisherigen Ausmaße nicht aufrechterhalten werden konnten, sondern in Hinblick auf Recht und Billigkeit erhöht werden mußten. Daß die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Unternehmens uns in dieser Beziehung aber gewisse Schranken auferlegt, muß für alle Beteiligten selbstverständlich sein. Unmittelbar nach dem Umbruch erhielt die deutsche Gefolgschaft eine einmalige Spende in der Höhe von RM 67 --- pro Kopf. Den gleichen Betrag erhielten die im Ruhestand befindlichen Angestellten der DDSG. 164 Als erste Maßnahme der Gehaltsregulierung wurden die Gehälter der deutschen Gefolgschaftsmitglieder des Landes- und Schiffsdienstes, soweit sie Bezüge unter RM 200 --- hatten, um ein bis zwei Gehaltsstufen erhöht. Den 25- und 40jährigen Arbeitsjubilaren wurde ein zusätzlicher Erholungsurlaub von sechs bzw. zehn Arbeitstagen gewährt. 165

Im Dezember 1939 wurde eine Weihnachtszuwendung in Höhe von 50% des Monatsgehaltes bzw. des Lohnes ausgezahlt. Eine eigene Kinderweihnachtsfeier wurde in der Werft Korneuburg organisiert. Im selben Jahr wurden neben Zuwendungen in Fällen unverschuldeter Notlage eine Reihe von sozialen Sonderleistungen, wie Geburts- und Heiratsbeihilfen, gewährt. 166 Den eingerückten Arbeitern wurden immer wieder so genannte Liebesgabepaketen, meist Zigaretten gesandt. 167 Für Lehrlinge und Lohnempfänger wurden Wegegelder ( Anreisespesen und Fahrgeld ) bis zu einer Höhe von insgesamt RM 260.- pro Woche bewilligt.168 1939 war die Werft Korneuburg voll ausgelastet. Das Fahrgastschiff „Stadt Wien“ mit dieselelektrischem Antrieb wurde fertiggestellt und dem Verkehr übergeben. Die technischen Fahreigenschaften stellten sich als besonders günstig heraus. Für fremde Rechnung wurde das Fahrgastschiff „Ostmark“ abgeliefert, das für den Dienst auf dem Bodensee bestimmt war. Ein

164 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1938, S. 4. 165 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1938, S. 5. 166 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1939, S. 8. 167 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1939, S. 8. Bericht des Vorstandes der Ersten Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft an den Aufsichtsrat über das zweite Vierteljahr 1941, S. 13. 168 Bericht des Vorstandes der Ersten Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft an den Aufsichtsrat über das zweite Vierteljahr 1941, S. 14. 50 planmäßiger Ausbau der Werftanlagen und Modernisierung des Werftbetriebes wurde gestartet.169

Lehrlingsausbildung und –alltag

1939 existierte auf der Schiffswerft bereits eine Metalllehrlingswerkstätte, für die Maschinenbauer und Bauschlosser und eine Lehrwerkstätte für die Tischler. Im Rahmen einer drei- bis vierstündige Aufnahmeprüfung wurde die Eignung der Lehrlingskandidaten überprüft. Die Prüfung umfasste das Verfassen eines Aufsatzes, das Lösen verschiedener Rechnungen und die Fertigung eines kleinen Werkstückes. Nach erfolgreicher Aufnahme in den Betrieb erhielten die Lehrlinge zwei Jahre lang eine umfassende Ausbildung in den Werkstätten. In der für Metallverarbeitung waren cirka 30 Lehrlinge aus zwei Jahrgängen tätig. Als Lehrgesellen wirkten teilweise Angestellte der Schiffswerft, aber auch dienstverpflichtete Meister, die ihren Betrieb auf Grund der Dienstverpflichtung zusperren mussten. Jeder Lehrling musste einen dreimonatigen Schweißkurs absolvieren. Hauptaufgabe bei dieser Schulung war es aber nicht den Jugendlichen perfektes Schweißen beizubringen, sondern sie insofern zu schulen, dass sie das Metall ideal für die Schweißung vorbereiten konnten. Jeden Samstag mussten alle Lehrlinge an einer zweistündigen Sporteinheit, die zum größten Teil aus Exerzierübungen bestand, teilnehmen. Im dritten Jahr wurden die Lehrlinge einem Gesellen zugeteilt und arbeiteten in dessen Partie mit. In den letzten drei Monaten vor der Facharbeiterprüfung ging es für eine intensive Vorbereitung noch einmal zurück in die Lehrwerkstätte. 170 Die DDSG förderte sportliche und paramilitärische Aktivitäten der in der Schiffswerft tätigen Lehrlinge, wie aus einem Bericht des Vorstandes an den Aufsichtsrat 1941 hervorgeht:

Den Lehrlingen des Betriebes wird durch Freizeit die Teilnahme an Sport- und Schwimmlehrgängen, deren Kosten vom Betrieb übernommen werde, ermöglicht.

169 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1939, S. 8. 170 Interview mit Josef Kain, 14.8.2008 51 Für die Erholung von 20 Lehrjungen des Betriebes im Rahmen der Hitlerjugend wurde ein Betrag von RM 950.-, und für die Ausrüstung der HJ – Spielschar in Korneuburg ein Betrag von RM 1000.- zur Verfügung gestellt. 171

1942 nahmen die Lehrlinge für drei Wochen an einem Wehrertüchtigungslager in Oberbergern bei Krems. Dort erhielten sie unter Anleitung von Soldaten der Waffen- SS und der Luftwaffe eine militärische Basisausbildung. 172 1943 wurde ein eigenes Jugendheim, für die Unterbringung von Lehrlingen, die nicht aus der Umgebung stammten, auf der Schiffswerft errichtet. 173 Die Leitung des Jugendwohnheimes oblag einem von der Marine zur Hitlerjugend abkommandierten Soldaten. In diesem Wohnheim waren die Lehrlinge des Betriebes untergebracht. Neben der Ausbildung in den Werkstätten der Schiffswerft erhielten sie im Rahmen der Hitlerjugend weltanschauliche Schulungen und nahmen an Wehrsportübungen teil. Einmal im Monat absolvierten die Jugendlichen Schießübungen mit scharfer Munition. 174

Fremdarbeiter und Kriegsgefangene

Mit dem Ausbruch des Krieges rückten viele Arbeiter der Schiffswerft ein. Um diesen Wegfall zu kompensieren wurde auf Kriegsgefangene und Fremdarbeiter zurückgegriffen. 1941 wurden neben dem Gelände der Schiffswerft ein Barackenlager für deutsche Arbeitskräfte, Fremdarbeiter und Kriegsgefangene errichtet.

Für die Werfte Korneuburg wurden Baracken gekauft, die mit 2 Küchen ( holländische und deutsche ) und allen sanitären Einrichtungen ausgestattet sind und Raum für 800 Mann Belegschaft haben. Ausserdem wurden noch im Berichtsabschnitt 52 Kriegsgefangene Franzosen und 160 freie Holländer in der Werfte Korneuburg zusätzlich zu den bereits vorhandenen eingesetzt. 175

171 Bericht des Vorstandes der Ersten Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft an den Aufsichtsrat über das zweite Vierteljahr 1941, S. 14. 172 Interview mit Josef Kain, 14.8.2008 173 Bericht des Vorstandes der Ersten Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft an den Aufsichtsrat gemäss § 81 des Aktiengesetzes über das dritte Vierteljahr 1943, S. 8. 174 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, Skript, Band 1, Kap.: VIII, S. 15 175 Bericht des Vorstandes der Ersten Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft an den Aufsichtsrat über das zweite Vierteljahr 1941, S. 13 52 Von den 16 Baracken des Lagers waren drei mit französischen Kriegsgefangenen belegt. 176 Diese Gebäude waren von Stacheldrahtzäunen umgeben und wurden von Wehrmachtsangehörigen bewacht. Der Arbeiterstand betrug für die Dauer des Krieges cirka 1300 Personen. Hiezu kamen in den Jahren 1941 und 1942 zusätzlich ungefähr 400 holländische Schiffsbauarbeiter. Diese Arbeiter aus Rotterdam bildeten zunächst einen eigenen Betrieb auf dem Gelände der Schiffswerft Korneuburg. Diese holländische Werft nutzte zwar das Areal in Korneuburg, war aber administrativ von der Werftleitung Korneuburg getrennt. Nach einer Arbeitsniederlegung 1941 wurde diese Werft in der Werft aufgelöst und die holländischen Schiffbauer über die Partien der Schiffswerft Korneuburg verteilt. 177 1942 waren 892 Mitarbeiter der 1. DDSG eingerückt. 178 1943 wurde das Arbeiterlager um zwei Baracken erweitert. Neue Wasch- und Umkleideräume wurden geschaffen, die Schiffsbauhalle ausgebaut und der Bau der Materiallagerhalle vorgenommen. 179 Im selben Jahr betrug der Anteil der ausländischen Arbeitskräfte in der Schiffswerft bereits 55 Prozent. Diese stammten aus 14 verschiedenen Nationen, in der Hauptsache aus Holländern und Franzosen, ferner Kroaten, Polen, Bulgaren, Serben. Die Arbeitsleistung der ausländischen Arbeiter lag nach Einschätzung der Unternehmensführung unter der einheimischer Beschäftigter. Um dies zu ändern wurden im Herbst 1943 Schulungen für die Fremdarbeiter abgehalten.

Arbeitsmäßig gesehen liegt die Leistung der ausländischen Arbeitskräfte im allgemeinen unter dem Durchschnitt eines deutschen Arbeiters, wenn auch anerkannt werden soll, daß vereinzelt gute Leistungen erbracht werden. In fachlicher Beziehung ist die Ausbildung unterschiedlich, durchwegs aber von geringer Höhe. Um auch hier helfend einzugreifen und theoretisches und praktisches Wissen zu vermitteln, sind im Rahmen des

176 Lageplan des Gemeinschaftslagers der Ersten Donau-Dampfschiffahrts-Ges. Schiffswerfte Korneuburg, Oktober 1941, AdR / Verkehr / DDSG. 177 Interview mit Josef Kain, 14.8.08. 178 Bericht des Vorstandes der Ersten Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft an den Aufsichtsrat gemäss § 81 des Aktiengesetzes über das vierte Vierteljahr 1942, S. 19. 179 Bericht des Vorstandes der Ersten Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft an den Aufsichtsrat gemäss § 81 des Aktiengesetzes über das dritte Vierteljahr 1943, S. 8. 53 Leistungsertüchtigungswerkes der DAF innerbetriebliche Lehrgemeinschaften für die deutschen und holländischen Gefolgschaftsmitglieder im Herbst 1943 angelaufen, die technisches Zeichnen, technisches Rechnen, kaufmännisches Rechnen, Rechtschreiben und praktische Kurse umfassten. Diese Lehrgemeinschaften konnten durchwegs mit schönen Resultaten abgeschlossen werden. Die Weiterführung und Vermehrung der Lehrgemeinschaften ist auch für 1944 in Aussicht genommen. Durch die Veranstaltungen von Vortragsreihen während der Sommermonate soll zugleich fachliches Wissen an die Gefolgschaft vermittelt werden. 180

Arbeitssituation

Der Kriegsverlauf hinterließ auch Spuren in der Arbeitssituation auf der Schiffswerft Korneuburg. Erstmals waren auch Frauen als Arbeiterinnen im Betrieb tätig. Es erfolgte die Einführung der Schichtarbeit. Im November 1944 wurde eine Urlaubssperre, die nur bei Todesfällen oder mit Lebensgefahr verbundenen schweren Erkrankungen des Ehegatten, der Großeltern, der Eltern oder Kinder, bei Niederkunft der Ehefrau aufgehoben werden konnte, verhängt. 181 Im selben Monat erfolgte für alle Betriebsabteilungen eine Erhöhung der Wochenarbeitszeit. Für die Arbeiter bedeutete das 57,5 Stunden pro Woche im Normalbetrieb und 59 Wochenstunden in der Nachtschicht. Die über 48 Stunden hinausgehenden Zeiten wurden als Überstunden angesehen und mit Überstundenzuschlag vergütet. 182 Für Überstunden von Montag bis Samstag galt ein 25-prozentiger, für solche an Sonntagen ein 100-prozentiger Zuschlag. 183 Noch im Februar 1945 erging vom Betriebsobmann der Schiffswerft ein Schreiben an die eingerückten Arbeiter und Angestellten und alle Lehrlinge des Betriebes, in dem er den Kampf an der Heimatfront schilderte:

Unser Betrieb arbeitet immer noch auf vollen Touren, denn von Fliegern sind wir noch verschont geblieben. Der Alte neben dem Jungen mit dem

180 Bericht des Vorstandes der Ersten Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft an den Aufsichtsrat gemäss § 81 des Aktiengesetzes über das dritte Vierteljahr 1943, S. 5. 181 Rundschreiben Nr. 54 des Betriebsobmanns und des Betriebsführers vom 7.11.1944, nach Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, Skript, Band 1, Kap.: VII, S. 81. 182 Dienstmitteilung vom 23.11.1944, nach Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, Skript, Band 1, Kap.: VII, S. 83 – 84. 183 Interview mit Josef Kain, 14.8.08. 54 Fremdvölkischen sowie der deutschen Frau, die auch Einzug in unseren Betrieb gehalten hat, um euch zu ersetzten und sie erfüllt ihre Pflicht mit der derselben Treue und Fleiß wie der deutsche Mann und beweist immer wieder, daß sie bereit ist, jedes Opfer auf sich zu nehmen und mitzuhelfen für den Endsieg, der errungen werden muß .184

Neubauten

Von 1939 – 1945 wurden neben den laufenden Reparaturarbeiten folgenden Neubauten für das Reichsverkehrsministerium, bzw. für die Kriegsmarine fertig gestellt: 6 Motorschleppschiffe Typ N, 7Motorschleppschiffe Typ R, 8 Schwarze – Meer Einheitsschiffe Typ SME, 3 Kriegstransportschiffe Typ KT, 8 Marinefährkähne Typ MFP, 34 Ladeklappen für MFP, 60 1000-t-Tankkähne, 12 1000-t-Güterkähne, 30 Turmbauten für U – Boote und 15 Achtersteven für U – Boote. 185

Widerstand

Bereits 1940 bildete sich in der Schiffswerft Korneuburg eine Widerstandsgruppe die sich aus cirka 35 Arbeitern und Angestellten zusammensetzte. 186 Die Hauptaufgaben dieser Gruppe bestanden darin, im Rahmen der „Roten Hilfe“ Geld für die Familien inhaftierter Kommunisten und Sozialisten zu sammeln, Flugschriften zu verbreiten und weitere Mitglieder zu werben. Die Zellen in der Schiffswerft Korneuburg wurden auf Initiative von Josef Schwarzböck von Franz Fukatsch aufgebaut. 187 Der Maschinenschlosser Josef Schwarzböck war in Stockerau und Korneuburg als Kassier der „Roten Hilfe“ tätig. Er initiierte in beiden Städten die Gründung von Widerstandszellen. Jedes Mitglied leistete monatlich einen Unterstützungsbeitrag von einer Reichsmark. Die Aufgabe von Franz Fukatsch bestand darin, die Beiträge der beteiligten Werftarbeiter einzusammeln und an Schwarzböck zu übergeben, der für die Weiterleitung nach Wien zuständig war. 188 Die Gruppe in der Werft war von Mai 1940 bis zu ihrer Zerschlagung Mitte 1942

184 nach Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, Skript, Band 1, Kap.: VIII, S. 9. 185 Sablik Karl, Die Wirtschaftsgeschichte Korneuburgs ab 1740, S. 389. 186 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, S. 66. 187 Arnberger Heinz, Widerstand in Betrieben, in Widerstand und Verfolgung in Niederösterreich 1934 – 1945, Bd. 2, S.268. 188 Garscha Winfried/Streibel Robert, Kommunisten, in Widerstand und Verfolgung in Niederösterreich 1934 – 1945, Bd. 2, S. 158. 55 tätig. Elf Widerstandskämpfer wurden zwischen Juli 1941 und September 1942 von der verhaftet. Josef Schwarzböck und Franz Czack wurden der Vorbereitung zum Hochverrat für schuldig befunden und am 15. Februar, bzw. 17. Mai 1943 in Wien hingerichtet. Johann Gruber, Rudolf Alexander, Anton Jordan und Johann Mühl wurden ebenfalls wegen Vorbereitung zum Hochverrat verurteilt und am 22. Jänner 1943 in Berlin – Charlottenburg hingerichtet. Die Hinrichtungen wurden in Korneuburg plakatiert und in Tageszeitungen öffentlich kundgemacht.189 Franz Fukatsch wurde ebenfalls zum Tode verurteilt, aber dann begnadigt zu lebenslänglichem Zuchthaus mit Frontbewährung. 190 Ferdinand Sagerl, Johann Wutzl, August Ruffer, Johann Jahnas und Josef Vilimek wurden zu Zuchthausstrafen zwischen drei und acht Jahren verurteilt. Sie alle überlebten und kehrten nach Kriegsende nach Korneuburg zurück. Zu einer Verurteilung zu drei Jahren Zuchthaus führte im Fall des Werkmeisters Johann Jahnas das zweimalige Einzahlen eines Unterstützungsbeitrages in der Höhe einer Reichsmark und das Einsammeln von Mitglieds- und Unterstützungsbeiträgen über einen Zeitraum von fünf Monaten. 191 Die Urteile gegen Johann Gruber, Rudolf Alexander, Anton Jordan und Johann Mühl, wurden vom Volksgerichtshof wie folgt begründet:

Wer, während das Reich mit Sowjetrußland Krieg führt, kommunistische Zellen bildet, begünstigt den Feind, weil er dadurch die Widerstandskraft und die innere Geschlossenheit der Heimat und somit der deutschen Kriegsmacht schwächt. Das weiß auch jeder in Deutschland, weil jedem bekannt ist, daß wir in einem totalen Krieg stehen. Das haben auch die Angeklagten gewußt. Ihr organisatorischer kommunistischer Hochverrat mußte deshalb als Feindbegünstigung (§ 91 b StGB) bestraft werden.

Die Angeklagten Gruber, Alexander, Jordan und Mühl, die als Funktionäre tätig gewesen sind, haben ebenso verbrecherisch gehandelt wie Partisanen, die hinter der Front in den Rücken der deutschen Soldaten fallen. Und sie haben

189 Arnberger Heinz, Widerstand in Betrieben, in Widerstand und Verfolgung in Niederösterreich 1934 – 1945, Bd. 2, S. 372 – 375. 190 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, S. 66. 191 Tagesbericht Gestapo Wien NR. 2 vom 4. – 7.9.1942, nach Arnberger Heinz, Widerstand in Betrieben, in Widerstand und Verfolgung in Niederösterreich 1934 – 1945, Bd. 2, S. 375 – 276. 56 dabei vergessen, daß sie Deutsche sind! Sie haben sich damit aus der Volksgemeinschaft ausgeschlossen. Aus dieser ihrer Handlungsweise hat der Volksgerichtshof durch die Verhängung der Todesstrafe nur noch die rechtliche Folge gezogen. Der kämpfende deutsche Soldat an der Front muß wissen, daß derjenige sein Leben einbüßt, der ihm in den Rücken fällt. Einer der Angeklagten hat sich sogar nicht geschämt, damit seinem eigenen Sohn, der an der mittelrussischen Front kämpfte und inzwischen gefallen ist, in den Rücken zu fallen! 192

In einem Brief des Werkschutzleiters der Schiffswerft Korneuburg an den Abwehrbeauftragten der DDSG vom 20. August 1942 wird die gute Zusammenarbeit des Werkschutzes mit der Gestapo bei der Verhaftung der Widerstandszellen mit der Werft beschrieben. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass die Verdächtigen schon immer unter dem Verdacht der kommunistischen Betätigung gestanden seien, ihnen aber betriebsintern nichts nachzuweisen gewesen wäre. Der Werkschutzleiter geht davon aus, dass keiner der Verhafteten aufgrund der zu erwartenden Strafen jemals wieder in den Betrieb zurückkehren könnten. Abschließend beschreibt er, dass alle Verdächtigen zu den besten und verlässlichsten Arbeitern des Betriebs gehört hätten. 193 In einem weiteren Brief vom 3. September des Werkschutzleiters an den Abwehrbeauftragten der DDSG heißt es:

Nach Rücksprache mit dem Beamten der Gestapo muß ich ihnen leider mitteilen, daß wir noch eine kleinere Gruppe kommunistisch organisierter Menschen im Betrieb haben, die sich aus Gefolgschaftsmitgliedern, welche aus Wien kommen, zusammensetzt. Auch diese sind im Betrieb bekannt. Die Gestapo will sie aber erst dann abführen bis sie restlos überwiesen sind.194

Auch unter den Fremdarbeiter kam es immer wieder zu Unmutsbekundungen gegen das Regime, einmal sogar zur Arbeitsniederlegung. Am 27. Juli 1941 erklärten 38

192 Urteil des VGH gegen Johann Gruber und andere aus Korneuburg wegen Vorbereitung zum Hochverat, 24. 11. 1942, nach Arnberger Heinz, Widerstand in Betrieben, in Widerstand und Verfolgung in Niederösterreich 1934 – 1945, Bd. 2, S. 373 – 374. 193 Brief an den Abw. Beauftragten der I.D.D.S.G. Pg. Dr. Wilderer vom 20.Aug. 42. nach Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, Skript, Band 1, Kap.: VII, S. 38. 194 Brief an den Abw. Beauftragten der I.D.D.S.G. Pg. Dr. Wilderer vom 20.Aug. 42. nach Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, Skript, Band 1, Kap.: VII, S. 40. 57 niederländische Arbeiter mit der Begründung von unzureichender Verpflegung unter den bestehenden Bedingungen nicht mehr weiterzuarbeiten. 195 Der Werksschutz wollte den Streik beenden, wurde aber von den holländischen Schiffsbauern entwaffnet. 196 Nach Eintreffen der Gestapo wurden einige der Lagerleitung als Rädelsführer Verdächtige Niederländer verhaftet und die übrigen Gefolgschaftsmitglieder wurden wegen ihres Verhaltens eingehend belehrt und erklärten sich zur sofortigen Wiederaufnahme der Arbeit bereit. 197

In einem Bericht an den Reichstatthalter in Niederdonau im Jänner 1943 wird über die deutschlandfeindliche Stimmung unter den französischen Zivilarbeitern der Schiffswerft Korneuburg berichtet. Deutschlandfeindliche Lieder wurden gesungen, die Rückkehr in die Heimat gefordert, um dort gegen die Achsenmächte kämpfen zu können. Das Ermittlungsverfahren führte dazu, dass von der Gestapo 16 französische Arbeiter in das Arbeitserziehungslager Oberlanzendorf eingeliefert wurden. 198 Im selben Bericht lautet es:

Nicht unerwähnt soll bleiben, daß von den bei der Schiffswerft in Korneuburg eingesetzten holländischen Werftarbeitern 80 Mann zu Weihnachten beurlaubt wurden, jedoch bloß 10 Mann nach Urlaubsablauf an ihre Arbeitsstätte zurückkehrten. 199

1947 wurde auf der Schiffswerft Korneuburg ein Denkmal für die Opfer des nationalsozialistischen Regimes eingeweiht. Nach der Schließung der Werft wurde der Gedenkstein 1994 in der Nähe des Bahnhofes neu aufgestellt. Ursprünglich waren nur die Namen der Schiffswerftarbeiter, der Korneuburger Alexander, Gruber,

195 Tagesrapport Gestapo Wien Nr. 12 vom 25. – 27.7.1941, nach Jonny Moser, Fremdarbeiter, Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene, in Widerstand und Verfolgung in Niederösterreich 1934 – 1945, Bd. 2, S. 412. 196 Interview Josef Kain, 14.8.08. 197 Tagesrapport Gestapo Wien Nr. 12 vom 25. – 27.7.1941, nach Jonny Moser, Fremdarbeiter, Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene, in Widerstand und Verfolgung in Niederösterreich 1934 – 1945, Bd. 2, S. 412. 198 Lage Bericht des Landesrates des Kreises Korneuburg für November und Dezember 1942 an den Reichsstatthalter in Niederdonau, 12.1.1943, nach Jonny Moser, Fremdarbeiter, Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene, in Widerstand und Verfolgung in Niederösterreich 1934 – 1945, Bd. 2, S. 417 – 418. 199 Lage Bericht des Landesrates des Kreises Korneuburg für November und Dezember 1942 an den Reichsstatthalter in Niederdonau, 12.1.1943, nach Jonny Moser, Fremdarbeiter, Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene, in Widerstand und Verfolgung in Niederösterreich 1934 – 1945, Bd. 2, S. 418. 58 Jordan und Schwarzböck und des Stockerauers Czack angeführt. Im Rahmen der Neuaufstellung wurde auch der Name des Korneuburgers Johann Mühl, der zum Zeitpunkt seiner Verhaftung eingerückt war, auf dem Mahnmal angebracht. 2006 wurde das Denkmal allerdings wieder auf das ehemaligen Werftgelände versetzt. Auf dem Korneuburger Friedhof gibt es eine eigene Ehrengräberanlage für die getöteten Widerstandskämpfer. Außerdem wurde nach jedem der Hingerichteten eine Straße benannt. Die Namensänderung der Straßen wurde in der ersten Gemeinderatssitzung 1946 beschlossen. Josef Vilimek wirkte nach seiner Rückkehr 1945 politisch in der Gemeinde, in der Schiffswerft und in der KPÖ. 1949 kandidierte er für den Linksblock für den niederösterreichischen Landtag. Am 26. Oktober 1978 wurden Johann Jahnas und Josef Vilimek im Rahmen einer Feier im niederösterreichischen Landhaus von Landeshauptmann Andreas Maurer geehrt. Ihnen wurde das Ehrenzeichen für Verdienste um die Befreiung Österreichs verliehen. 200

Kriegsende

Von 26. Juni 1944 bis 20. März 1945 wurden insgesamt vier Luftangriffe auf Korneuburg geflogen. Der letzte Fliegerangriff war der verheerendste für die Stadt Korneuburg. Bomben trafen insgesamt 180 Häuser, wovon 106 völlig zerstört wurden. Es gab mehr als 100 Todesopfer. 201 Die Schiffswerft selbst erlitt während des zweiten Weltkrieges keine Schäden durch Bombenangriffe auf die Industrieanlagen in und um Wien. In den letzten Kriegstagen entstand allerdings aufgrund der Kampftätigkeiten leichte Schäden durch Artillerie und Fliegerangriffe. Ein Brand konnte erfolgreich von der Betriebsfeuerwehr gelöscht werden. 202 Vor Eintreffen der sowjetischen Truppen sollten Kräne und Schiffe auf dem Gelände der Schiffswerft gesprengt werden. Nach Anbringung der Sprengladungen wurden von Werftarbeitern die Sprengkapseln entfernt und so eine Zerstörung des Betriebes verhindert. 203

200 Werfttelegraf, Informationsblatt des Gewerkschaftlichen Linksblocks der Schiffswerft Korneuburg, Oktober 1978, Nr. 7, S. 8. 201 Finz Rudolf, Korneuburg, S. 122 – 123. 202 Pemsel Helmut, Die Donauschiffahrt in Niederösterreich, S. 25. 203 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, Skript, Band 1, Kap.: VIII, S. 19. 59 Situation der DDSG in der Besatzungszeit

Der Gesamtverlust der Gesellschaft betrug 1945: 14 Dampfzugschiffe, 17 Motorzugschiffe, 6 Motorfrachtschiffe mit 3.640 Tonnen Tragfähigkeit, 6 Fahrgastschiffe, 3 kleine Motorboote, 2 Motorschuten, 245 Güterboote mit 152.616 Tonnen Tragfähigkeit, 75 Tankboote mit 66.002 Tonnen Tragfähigkeit, 74 Pontons und 11 schwimmende Verladeanlagen. Außerdem ging das gesamte Auslandsvermögen, das Kohlebergwerk in Pecs/Fünfkirchen, die Schiffswerft Altofen/Obuda, Haus- und Grundbesitz sowie Stationseinrichtungen im In- und Ausland verloren. Die 1. DDSG verfügte nur noch über 25 Prozent ihres früheren Gesamtvermögens.204 Der Fuhrpark setzte sich aus lediglich 29 Zugschiffen, von denen nur zehn als modern bezeichnet werden konnten, 12 Fahrgastschiffen, 132 Güter- uns 47 Tankkähnen zusammen. 1939 befanden sich 99,67 Prozent der DDSG – Aktien in Besitz der Reichswerke Hermann Göring. 205 Gestützt auf die Beschlüsse der Potsdamer Konferenz beanspruchte die UdSSR die 1. DDSG als deutsches Eigentum und stellte diese samt der Werft in Korneuburg am 2. Februar 1946 offiziell unter ihre Verwaltung. 206 Um den österreichischen Anspruch zu verdeutlichen wurde die Gesellschaft auf Grund des ersten Verstaatlichungsgesetztes vom 26. Juli 1946 in öffentliches Eigentum überführt. 207 Bis 1955 bestanden aber quasi zwei Donau – Dampfschifffahrts – Gesellschaften. Eine unter sowjetischer und eine unter österreichischer Verwaltung. 1947 gelang es mit Schiffen, die sich bei Kriegsende westlich der Enns befunden hatten einen Betrieb zwischen Regensburg und Linz aufzunehmen, um Ruhrkohle für die Linzer Stahlwerke zu transportieren. 208 Ein Jahr darauf begann die Schiffswerft Linz im Auftrag der DDSG mit dem Neubau eines Zugschiffes, das 1949 als erster Nachkriegsbau unter dem Namen „Ostarichi“ in Dienst gestellt wurde. Die formelle Auftragsvergabe war durch das Bundesministerium für Verkehr erfolgt, um zu verhindern, dass auch dieses Schiff womöglich von der Sowjetunion beansprucht würde. Dieselbe Vorgangsweise wurde bis 1952 für drei weitere Zugschiffe und einige Kähne gewählt.

204 Erste Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft, 125 Jahre, S. 84. 205 Klambauer Otto, Die USIA – Betriebe in Niederösterreich, S. 201. 206 Mathis Franz, Big Business in Österreich, S. 193 207 Grössing Helmut u.a., Rot-Weiß-Rot auf blauen Wellen, 150 Jahre DDSG, S. 143 – 144. 208 Erste Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft, 125 Jahre, S. 85 60 Registermäßiger Eigentümer all dieser der DDSG zur Bereederung übertragenen Schiffe war die Österreichische Bundesschifffahrt. Aus den Überresten zweier Fahrgastschiffe wurde 1950 das Personenschiff „Johann Strauß“ rekonstruiert und als letzter Dampfbau einer österreichischen Werft und der DDSG in Dienst gestellt. 209 Im Jahr 1952 konnte nach Freigabe der Schifffahrt bis Wien durch den zuständigen Hochkommissar der Sowjetunion der Verkehr bis zur Hauptstadt ausgedehnt werden. Am 12. Juli wurde die erste Fahrt zwischen Linz und Wien mit den Personenschiffen „Johann Strauß“ und „Stadt Wien“ durchgeführt. 210 Ende 1954 hob die österreichische Bundesregierung die öffentliche Verwaltung der DDSG und der Schiffswerft Linz auf. Eine Konstituierung der nach dem Aktiengesetz zu bestellenden ordentlichen Organe der beiden in Staatsbesitz befindlichen Gesellschaftsunternehmen fand statt. 211 Bereits Mitte Juli 1946 war der Gedanke das Deutsche Eigentum von der sowjetischen Besatzungsmacht durch Zahlung einer Ablöse zurückzukaufen in österreichischen Regierungskreisen aufgetaucht. 212 Schon vor Unterzeichnung des Staatsvertrages am 15. Mai 1955 war am 15. April 1955 zwischen der Republik Österreich und der Sowjetunion im Rahmen des Moskauer Memorandums die Rückgabe sämtlicher im östlichen Österreich befindlichen Vermögenswerte der DDSG einschließlich der Schiffwerft Korneuburg, der Schiffe und Hafenanlagen gegen einen Betrag von 2 Millionen US – Dollar vereinbart worden. 213 Im Staatsvertrag 1955 wurden der Sowjetunion die in Ungarn, Rumänien und Bulgarien gelegenen Vermögenswerte der DDSG zugesprochen. 214

209 Grössing Helmut u.a., Rot-Weiß-Rot auf blauen Wellen, 150 Jahre DDSG, S. 147 – 148. 210 Erste Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft, 125 Jahre, S. 85 – 86. 211 Pisecky Franz, 150 Jahre Eisenschiffbau an der österreichischen Donau, S. 153. 212 Stourzh Gerald, Um Einheit und Freiheit – Staatsvertrag, Neutralität und das Ende der Ost – West – Besetzung Österreichs 1945 – 1955, Studien zu Politik und Verwaltung Bd. 62, Wien 1998, S. 97. 213 Stourzh Gerald, Um Einheit und Freiheit, S. 440 – 441. 214 BUNDESGESETZBLATT FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH, Jahrgang 1955, Ausgegeben am 30. Juli 1955 39. Stück, 152. Staatsvertrag, betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich. Teil IV, Artikel 22, 5., S. 731. 61 USIA-Betrieb Schiffswerft Korneuburg

Nach Abschluss der Kampfhandlungen besetzten sowjetische Marineeinheiten die Korneuburger Schiffswerft und übernahmen ihre Verwaltung. 215 Die Besatzungsmacht transportierte den größten Teil des vorhandenen Maschinenparks ab und gab allein Weisungen hinsichtlich der Durchführung von Arbeiten in der Werft, soweit dies bei der verbliebenen beschränkten Ausrüstung des Betriebes möglich war. Auch in finanzieller Hinsicht wurde die Verbindung mit der Hauptverwaltung der DDSG gelöst. 216 Die Werft hatte bis Kriegsende 204 Maschinen in Verwendung, hiervon wurden 155 demontiert, das entspricht cirka 75 Prozent des Maschinenparks. 82 dieser Maschinen konnten später wiederbeschafft werden. Da vor allem die modernsten und leistungsfähigsten Maschinen demontiert worden waren, musste Ersatz beschafft werden, der aber meist veraltet und für die Bedürfnisse einer Schiffswerft ungeeignet war. 217 In einem Schreiben des provisorischen Betriebsrates der Schiffswerft vom 26. November 1945 an die Gewerkschaft der Metall- und Bergarbeiter wurden folgende Probleme in der Produktion angeführt: Keine Maschinen (85% der Maschinen wurden weggeführt), Bestehen der Demarkationslinien, keine Hebegeräte zum Heben versenkter Schiffe und Materialmangel. Als Maßnahmen um die Produktion in vollem Umfang wieder aufnehmen zu können sahen die Betriebsräte unter anderem eine Rückgliederung in die DDSG und eine eigene Verwaltung. 218 Im Juli 1946 nahm die sowjetische Besatzungsmacht vollständig von der Werft Korneuburg, den Anlagen der DDSG am Praterkai in Wien und verschiedenen Stationen der Gesellschaft in Niederösterreich und Wien Besitz. Die bis zu diesem Zeitpunkt zumindest noch lose Verbindung mit der österreichischen Geschäftsleitung wurde getrennt. 219 Der Betrieb gehörte nun der USIA an, dem für die Verwaltung des sowjetischen Eigentums in Österreich zuständigen Organ. Bis Ende 1946 wechselten aber die Kompetenzen für die Schiffswerft vielfach. Meist gingen Verwaltungsanordnungen von der sowjetischen Stadtkommandantur Korneuburg aus. Ab 1947, wenige Monate nach der Errichtung

215 Klambauer Otto, Die USIA – Betriebe in Niederösterreich, S. 202. 216 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1945, S. 1. 217 Klambauer Otto, Die USIA – Betriebe in Niederösterreich, S. 202 – 203. 218 Nach Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, Skript, Band 1, Kap.: VIII, S. 35. 219 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion und Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1946, S. 2. 62 der „Sowjetischen Verwaltung der DDSG“, also vermutlich zu einem Zeitpunkt, in dem dieselbe neu organisiert wurde, trat ein sowjetischer Admiral an die Spitze des Unternehmens. Auch die neu geschaffenen Abteilungen der Generaldirektion wurden zum Großteil sowjetischen Offizieren anvertraut, wobei mit Ausnahme des Leiters der Personalabteilung, einem Major der Roten Armee und des Leiters der Buchhaltung, einem Zivilisten fast nur Marinekapitäne herangezogen wurden. Aus dieser Postenbesetzung lässt sich auf eine unmittelbare fachliche Unterstellung unter das See- und Luftfahrtsministerium in Moskau schließen. 220 Am 28.12.1945 fanden die ersten Arbeiterbetriebsratswahlen statt. Die sozialistischen Kandidaten konnten mehr als 60 Prozent der gültigen Stimmen für sich verbuchen, wohingegen die kommunistische Liste nur 35 Prozent erreichen konnte. 221 In der Schiffwerft Korneuburg gab es bis zur Schließung einen eigenen Arbeiter- und einen eigenen Angestelltenbetriebsrat. Die Belegschaft setzte sich Ende 1945 aus 213 männlichen, 27 weiblichen Arbeitern, 7 Lehrlingen, 28 männlichen und 10 weiblichen Angestellten zusammen. 222 Bis 1954 stieg die Zahl der Beschäftigten, infolge des Ausbaus der Schiffswerft auf 1505 an. 223 Ein großes Problem für die Schiffswerft in den ersten Nachkriegsjahren stellten die großen Intervalle und Unregelmäßigkeiten im Bahnverkehr dar. Ungefähr ein Drittel der Arbeiter war bei der An- und Abreise zur Werft auf die Eisenbahn angewiesen. 1948 wandte sich der Betriebsrat mit der Bitte bei der Erstellung des Fahrplans die Arbeitszeiten im Betrieb zu berücksichtigen an die Österreichischen Bundesbahnen. 224 Als im Herbst 1950 die Ergebnisse des 4.Lohn – Preis – Abkommens, das zwischen Regierungs-, Kammer- und Gewerkschaftsvertretern ausverhandelt worden war, bekannt wurden, regte sich vor allem in den in der sowjetischen Einflusssphäre liegenden Betrieben Unmut. Dieses Abkommen sah teils deutliche Teuerungen bei Grundnahrungsmitteln, Strom und Verkehrstarifen vor. Kommunistische, aber auch sozialistische Betriebsräte riefen zum Streik auf. Am 26. September legten die USIA – Betriebe die Arbeit nieder. In Korneuburg blockierten Werftarbeiter die

220 Klambauer Otto, Die USIA – Betriebe in Niederösterreich, S. 202 – 203. 221 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, S. 80. 222 Nach Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, Skript, Band 1, Kap.: VIII, S. 35. 223 Klambauer Otto, Die USIA – Betriebe in Niederösterreich, S. 204. 224 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, S. 85 – 86. 63 Ausfallsstraßen und hielten jedes Fahrzeug auf. 225 Am 6. Oktober 1950 endete der Streik. Bis 1949 wurden auf der Schiffwerft nur Reparaturen und Umbauten durchgeführt. 226 Vor allem Güter- und Tankkähne wurden wieder instand gesetzt. 227 Zu den größten Leistungen der Werftangehörigen gehörte die Revitalisierung des DDSG – Passagierschiffs „Helios“, das als Salon – Luxusdampfer 1922 in Altofen/Obuda gebaut, 1935 mit Ölfeuerung ausgestattet und im Liniendienst Wien – Giurgiu (Rumänien) eingesetzt war. Das Schiff war 1945 bei Hainburg gesunken, wurde gehoben, neu adaptiert und auf „Kaukasus“ umgetauft. 228 1950 begann man in der Schiffswerft Korneuburg wieder mit dem serienmäßigen Neubau von 1000 – t – Güterkähnen und 250 – t – Seeleichtern. Zwei Jahre später erfolgte in dieser Produktionssparte die volle Umstellung auf Elektroschweißung. 229 Zur selben Zeit wurde nach Plänen des Paton – Institutes in Kiew eine Anlage zur Automatenschweißung errichtet. Wegen des Mangels an geeigneten Schweißern wurden Schweißerlehrkurse eingeführt. 230 Von März 1950 bis Dezember 1954 war Direktor Kiseljow der Leiter der Schiffswerft. Während seiner Wirkungszeit wurde nicht nur die Vollschweißmethode eingeführt, sondern auch ein großzügiger Ausbau der gesamten Werft projektiert. 231 Die Schiffsbauhallen wurden erweitert, das Konstruktionsbüro vergrößert und ein technisches Kontrollbüro wurde eingerichtet. Ein Arzt und ein Unfallverhüter wirkten zusätzlich in der Sanitätsstation. 232 Ein Wohnhaus für Arbeiter und Angestellte mit 24 Wohnungen und 12 Einzelräumen wurde in der Donaustrasse errichtet. 233 Dieser Bau wurde 2004 im Zuge einer Verbreiterung der Fahrbahntrasse der Donauuferautobahn abgerissen. Ein Schallplattenarchiv wurde angelegt und über den Betriebssender wurden jeden Montag die Musikwünsche der verschiedenen Abteilungen erfüllt. Das Musikangebot reichte von der „Internationalen“ über „Eine kleine Nachtmusik“ bis hin zu „Sport und Musik“ und „Dobs – Boogie“. 234 1954 wurde ein eigenes Urlaubsheim am Semmering eröffnet. An der Renovierung des Gebäudes waren

225 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, S. 93 – 95. 226 Pemsel Helmut, Die Donauschiffahrt in Niederösterreich, S. 25. 227 Interview mit Josef Kain, 14.8.2008. 228 Pisecky Franz, 150 Jahre Eisenschiffbau an der österreichischen Donau, S. 152. 229 Pisecky Franz, 150 Jahre Eisenschiffbau an der österreichischen Donau, S. 153. 230 Finz Rudolf, Die Donau und die Schiffswerft Korneuburg, S. 22. 231 Klambauer Otto, Die USIA – Betriebe in Niederösterreich, S. 203. 232 Finz Rudolf, Die Donau und die Schiffswerft Korneuburg, S. 22. 233 Sablik Karl, Die Wirtschaftsgeschichte Korneuburgs ab 1740, S. 390 – 391. 234 Werfttelegraf, Organ der gewerkschaftlichen Einheit, Februar 1955, S. 5 – 6. 64 auch Werftarbeiter beteiligt gewesen. 235 In der Sommersaison 1954 verbrachten 171 Angehörige der Werft Urlaubstage in diesem Heim. 236 Im Sommer wurde vom Betriebsrat eine 14-tägige Urlaubsaktion in Senigallia/Italien organisiert. Die Kosten für diese Reise beliefen sich auf 800 Schilling und die Unterbringung erfolgte in 2-4- Mann-Zelten. Die USIA zahlte keine Beiträge in die Krankenkassen ein. 1952 war für die Schiffswerft ein Betrag von 806.000 Schilling offen. 237 1954 erzielte die Schiffswerft Korneuburg einen Jahresumsatz von cirka 120 Millionen Schilling und die Produktionsauslastung erreichte 100 Prozent. 238 Reparaturen und Neubauten wurden in der Besatzungszeit bis auf wenige Ausnahmen, wie die Rollfähre Korneuburg und das am 5. Jänner 1955 für die Donaukraftwerke AG in Bau gegebene Motorboot „Anni“, nur für die Sowjetunion erledigt. 239 Von Mai 1945 bis 12. August 1955 wurden folgende Arbeiten durchgeführt: Schiffsneubauten:

9 1000 – t – Güterkähne, genietet 18 250 – t – Seeleichter, genietet 40 1000 – t – Seeleichter, geschweißt 9 schwimmende Dampframmen 1 Motorzugschiff 1 Rollfähre

Generalreparaturen und Umbauten: 5 Motorzugschiffe 4 Dampfzugschiffe 7 Tankkähne 35 Güterkähne 4 Spezialfahrzeuge

235 Werfttelegraf, Organ der gewerkschaftlichen Einheit, Mai 1954, S. 4. 236 Werfttelegraf, Organ der gewerkschaftlichen Einheit, November 1954, S.6. 237 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, Skript, Band 1, Kap.: VIII, S. 42. 238 Klambauer Otto, Die USIA – Betriebe in Niederösterreich, S. 204. 239 Pemsel Helmut, Die Donauschiffahrt in Niederösterreich, S. 25. 65 Mittlere Havarie- und Wiederinstandsetzungsreparaturen: 32 Motorzugschiffe 11 Dampfzugschiffe 50 Tankkähne 32 Güterkähne 1 Hebeschiff

Die Gesamtsumme dieser Schiffsneubauten und Reparaturen dürften einen Gesamtwert von 600 Millionen Schilling ausgemacht haben. 240 Am 13. 8. 1955 wurde die Schiffswerft von der sowjetischen Besatzungsmacht an die DDSG übergeben.

1955 bis zur Gründung der Österreichischen

Schiffswerften AG

Die neue Leitung der Schiffswerft unter der Führung von Direktor Fleschner – Jetzer war 1955 mit einer durchaus schwierigen Situation konfrontiert. Der Personalstand des Betriebes war mit 1444 Mitarbeitern übermäßig hoch, die Produktionsanlagen waren renovierungsbedürftig und die Auftragslage war dadurch gekennzeichnet, dass für die Zeit nach der Auslieferung der in Fertigstellung befindlichen Objekte keine Nachfolgebestellungen vorlagen. Die DDSG hatte zwar einen umfassenden Investitionsplan ausgearbeitet, konnte aber nicht die Mittel aufbringen, um in nennenswertem Umfang über die laufenden Aufträge im Schiffsbau hinauszugehen. 241 Die Schiffwerft Linz war wie die DDSG 1946 verstaatlicht worden. Während der Besatzungszeit gingen alle Aufträge der „österreichischen“ Gesellschaft an dieses Unternehmen. Sie war moderner ausgestattet als Korneuburg. Durch die Rückkehr der Schiffswerft zur DDSG verlagerte sich die Bestellung von Neubauten von der Schiffswerft Linz eher nach Korneuburg. Neubauten für die Österreichischen Donaukraftwerke und ein umfangreiches Auftragsvolumen aus der

240 Klambauer Otto, Die USIA – Betriebe in Niederösterreich, S. 204 – 205. 241 Pisecky Franz, 150 Jahre Eisenschiffbau an der österreichischen Donau, S. 158. 66 Sowjetunion konnten an Land gezogen werden. Für die technischen Verhandlungen und den Abschluss des Vertrages mit der UdSSR wurde im Dezember 1955 eine Delegation der Werft nach Moskau entsandt. 242 Am 2. Dezember 1955 fanden erneut Arbeiterbetriebsratswahlen statt. Die sozialistische Gewerkschaftsfraktion erreichte 10 und die kommunistische Gewerkschaftliche Einheit 4 Mandate. Zu diesem Zeitpunkt waren 1174 Arbeiter und 148 Angestellte auf der Schiffswerft beschäftigt. 243 Anfang 1956 lag die Auslastung der Korneuburger Werft bei 70 Prozent. Die Betriebsdirektion reagierte auf diese Situation mit Kündigungen. Im ersten Quartal 1956 wurden cirka 200 Mitarbeiter entlassen. 244 Bereits 1956 führte die neu aufgetretene Konkurrenzsituation zwischen den Schiffswerten Linz und Korneuburg zu Beunruhigung unter den Beschäftigten. Um den Weiterbestand beider Werften, die nun beide dem Staat gehörten, ob nun unmittelbar wie der Standort Linz, oder mittelbar über die DDSG, wie Korneuburg, längerfristig zu sichern, sollte ein Regulativ geschaffen werden, das helfen sollte, unproduktive Reibungen und Fehlinvestitionen zu vermeiden. Am 30. Juni wurde zwischen den beiden Betrieben ein „Rationalisierungsabkommen“ geschlossen, um keine zu große Konkurrenz aufkommen zu lassen, beiderseits die Produktivität zu heben und den Kostenaufwand zu senken. Diese Vereinbarung sah auch eine kontinuierliche persönliche Abstimmung der Werftleitungen vor und eine Abgleichung der beiderseitigen Investitionsprogramme. Diesbezüglich bestand in der Schiffswerft Korneuburg ein großer Nachholbedarf. Es fehlte an Mitteln für die erforderlichen Großinvestitionen, und damit verbunden gelang es nicht, die nötigen Rationalisierungen durchzuführen, die zu einer Senkung der Erzeugungskosten geführt hätten. 245 Die Werftleitung reagierte auf diese Situation mit weiteren Kündigungen. 1957 hatte die Generaldirektion der DDSG die Lohnforderungen der Werftbeschäftigten zurückgewiesen und die Streichung von Sozialleistungen angekündigt. In einer Vollversammlung wurden von der Belegschaft folgende Forderungen einstimmig beschlossen:

242 Werfttelegraf, Organ der gewerkschaftlichen Einheit, Januar, 1956, S. 4. 243 Protokoll über die Wahl des Betriebsrates am 5. Dezember 1955, nach Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, Skript, Band 1, Kap.: IX, S. 125. 244 Protokoll der Betriebsratssitzung vom 13. Januar 1956 Protokoll der Betriebsratssitzung vom 2. Februar 1956 Nach Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, Skript, Band 2, Kap.: X, S. 2 – 3. 245 Pisecky Franz, 150 Jahre Eisenschiffbau an der österreichischen Donau, S. 159. 67 1. sofortige Einstellung sämtlicher Überstunden 2. sofortiger Beginn der passiven Arbeit 3. Einspruch gegen alle Kündigungen 246

Als österreichische Auftraggeber für Neubauten und Schiffsreparaturen kamen vor allem die beiden im internationalen Donauverkehr tätigen österreichischen Reedereien, die 1.DDSG und die Continentale Motorschiffahrts – Gesellschaft in Frage. Neben diesen beiden Unternehmen stellten noch die Bundesstrom= bauverwaltung, die Donaukraftwerke AG und die Schifffahrtsunternehmen auf den Seen, insbesondere die ÖBB mit ihrem Linienverkehr auf dem Bodensee und Wolfgangsee potentielle Auftraggeber dar. All diesen Unternehmen war aber zu dieser Zeit gemeinsam, dass die zur Verfügung stehenden Geldmittel geringer waren, als der Bedarf an neuem Schiffsraum. Das Auftragsvolumen im Inland reichte nicht aus, um beide Schiffwerften auszulasten. Beide Betriebe begaben sich auf die Suche nach Auslandsaufträgen, wobei sich die Werft Korneuburg eher nach Osten orientierte und die Kontakte aus der USIA – Zeit nutzte, wohingegen Linz sich auf die Schweiz und die Rheinregion konzentrierte. 247 In Korneuburg versuchte man außerdem, in der Hochseeschifffahrt und der Fischerei Fuß zu fassen. Aus einer Kooperation mit einer norddeutschen Werft ergab sich ein Auftrag über Lastbargen für Saudi – Arabien. Nach ihrer Fertigstellung wurden diese Schiffe über die Donau, das Schwarze Meer, das östliche Mittelmeer und den Suezkanal in ihren Bestimmungshafen überstellt. 248 Für Hochseewerften in Deutschland wurden Spezialdüsen für 10.000 – t- Überseefrachter hergestellt. 249 Die Kontakte nach Deutschland führten zu einem Auftrag über je zwei Seefrachtschiffe für die Reedereien Neptun und Kirsten. Erstmals wurden somit in Korneuburg Hochseeschiffe gebaut. Der erste Stapellauf dieser Lieferung, der des Küstenmotorschiffs „Perseus“ erfolgte im September 1957 und wurde vom Fernsehen aufgezeichnet. 250 Dieses Schiff, 59,5 m lang, 10,1 m breit, 5,7 m hoch, mit einer Motorleistung von 1000 PS ausgestattet, und einem Tiefgang von 3,6 m, wurde, um die Donaubrücken passieren zu können, ohne Deckenaufbauten stromabwärts gebracht. Geschleppt wurde die „Perseus“ vom

246 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, S. 112. 247 Pisecky Franz, 150 Jahre Eisenschiffbau der österreichischen Donau, S. 159. 248 Finz Rudolf, Die Donau und die Schiffswerft Korneuburg, S. 23. 249 Sablik Karl, Die Wirtschaftsgeschichte Korneuburgs ab 1740, S. 391. 250 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, S. 112. 68 DDSG – Motor – Zugradschiff „Langegg“. Um die Furten bei Hainburg passieren zu können, wurde von der schon im Staubetrieb befindlichen Kraftwerksstaustufe Ybbs – Persenbeug eine Flutwelle abgelassen, wodurch der Wasserstand kurzfristig um 40 cm stieg. 251 Eine Montagegruppe aus Korneuburg vervollständigte in zweiwöchiger Arbeit auf der Werft in Braila/Rumänien das Schiff. 252 Für das baugleiche Schwesternschiff der „Perseus“, die „Protus“ wurde dieselbe Vorgangsweise gewählt. Die nächsten Neubauten in Korneuburg waren zwei Rhein – See – Frachtschiffe für die norddeutsche Reederei Kirsten. 253 Für einen griechischen Reeder wurde ein Fischerei – Fang – und Kühlschiff fertig gestellt. Für die DDSG wurde mit dem Bau des Motorzugschiffs MS „Traisen“ begonnen, die Donaukraftwerke AG erhielt drei Eisbrecher und in die UdSSR gingen drei Motorzugschiffe. 254 Zwischen der Generaldirektion und dem Betriebsrat liefen im Jahr 1957 Verhandlungen über eine neue Arbeitsordnung für die Schiffswerft. Die Entgeltungsbestimmungen wurden insofern geändert, dass nunmehr der Entgeltungsbezug von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängig war. Montagezulagen wurden erhöht, Fahrtgeldvergütungen aber reduziert. Die Direktion gab bekannt, dass sie längerfristig keine Bindung an das Urlaubsheim und die Kindererholungsaktion anstrebe. 255 Am 21. August 1958 kam es auf dem zur Reparatur in der Werft befindlichen sowjetischen Motorschiff „Balchasch“ aus unbekannter Ursache zu einer Explosion, die ein Todesopfer forderte. Vier weitere Mitarbeiter erlitten teils schwere Verbrennungen. 256 Das Jahr 1959 war für die Schiffswerft Korneuburg von großer Bedeutung, da das Unternehmen in eine eigene Aktiengesellschaft, die „Schiffswerft Korneuburg AG“, mit rechtlichem Sitz in Korneuburg, umgewandelt wurde. Die Werft blieb aber als Tochterfirma mit der DDSG verbunden. Als Vertretung des Alleinaktionärs, des Bundes, gegenüber der Schifffahrtsgesellschaft wirkte das Bundesministerium für Verkehr, die DDSG war wiederum Alleinaktionär der Schiffwerft Korneuburg AG. Durch Personalgleichheit in den Aufsichtsräten der Schiffswerften Linz und

251 Pisecky Franz, 150 Jahre Eisenschiffbau der österreichischen Donau, S. 165. 252 Werfttelegraf, Organ der gewerkschaftlichen Einheit, Februar 1958, S. 5 253 Pisecky Franz, 150 Jahre Eisenschiffbau der österreichischen Donau, S. 165. 254 Finz Rudolf, Die Donau und die Schiffswerft Korneuburg, S. 23. 255 Werfttelegraf, Organ der gewerkschaftlichen Einheit, Mai 1957, S. 1 – 2. 256 Dienstblatt der Direktion, Erste Donau – Dampfschiffahrts – Gesellschaft, Jahrgang 64, Nr. 5, vom 10. September 1958. 69 Korneuburg und Personalunion im Vorstand wurde gewährleistet, dass die Grundsätze des Rationalisierungsabkommens aus dem Jahr 1956 auch weiterhin verfolgt wurden. Der technische Vorstandsdirektor war in beiden Unternehmen mit Ing. Peterseil derselbe und als kaufmännischer Direktor in Linz und Korneuburg wirkte Direktor Fleschner – Jetzer. 257 Im März 1963 wandten sich die beiden in einem Memorandum über die wirtschaftliche Situation der österreichischen Werften an die österreichische Bundesregierung und die Öffentlichkeit. Ihrer Meinung nach hatte das Rationalisierungsabkommen zu keiner Ausgeglichenheit zwischen den beiden Betrieben in Bezug auf die Anlagen, deren maschinelle Ausrüstung und ihren sozialen Einrichtungen geführt. Linz war durch die relativ gute Auslastung in den Jahren vor 1956 in der Lage gewesen, die notwendigen Instandsetzungen vorzunehmen, die maschinelle Ausstattung auf einen modernen Stand zu bringen und neue soziale Einrichtungen zu schaffen. Korneuburg war 1955 schlecht ausgestattet von der sowjetischen Besatzungsmacht zurückgegeben worden. Eine grundlegende Modernisierung und Rationalisierung des Betriebes war wegen fehlender finanzieller Mittel nicht möglich gewesen. 258 1962 beurteilte die Gewerbeinspektorat den Zustand der Magazine in Korneuburg als zum Teil lebensgefährlich. Die Werksküche befand sich in einer Holzbaracke, die über keinerlei sanitären Anlagen verfügte und in der bei Regen das Wasser durch das Dach und an den Wänden hinunterlief. Alleine die veranschlagten Kosten für die Behebung dieser Zustände beliefen sich auf mehr als 7 Millionen Schilling. 259 Als Maßnahmen, die für die beiden österreichischen Schiffwerften, ein erfolgreiches Arbeiten sichern sollten sahen Peterseil und Fleschner – Jetzer unter Anderem:

• Eine Erneuerung der Flotten der DDSG und COMOS. • Eine deutliche Aufstockung der Barmittel der Korneuburger Werft. • Widmung eines jährlichen Mindestbetrages für Strombauzwecke, um die Strombauverwaltung in die Lage zu versetzten, die bisher unterbliebenen Investitionen in Wasserfahrzeuge und schwimmendes Gerät für Regulierungsarbeiten nachzuholen, um die von der Donaukommission

257 Pisecky Franz, 150 Jahre Eisenschiffbau der österreichischen Donau, S. 162. 258 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, Skript, Band 2, Kap.: X, S. 129 – 148. 259 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, Skript, Band 2, Kap.: X, S. 121 – 123. 70 beschlossene Vertiefung der Fahrrinne im österreichischen Donauabschnitt möglichst schnell durchführen zu können. • Schließung der bundeseigenen Reparaturwerft in Deutsch – Altenburg. • Erneuerung der Schiffe auf österreichischen Seen. • Umsatzsteuererleichterungen für österreichische Auftraggeber • Beteiligung der österreichischen Werften an sämtlichen Exportfördermaßnahmen. 260

Im Gegensatz zu den EWG – Ländern Frankreich und Italien, wo 23 bis 27 Prozent der Baukosten im Schiffsbau staatlich subventioniert wurden, gab es in Österreich keine Unterstützung in diesem Ausmaß, was die internationale Wettbewerbsfähigkeit der beiden Schiffwerften negativ beeinflusste. 261 Zwischen 1956 und 1962 stellte die Korneuburger Werft 170 Neubauten her, wovon 39 Stück an Auftraggeber aus dem Ausland geliefert wurden. 262 Die damals größten, mit einer Läge von 85 m und einer Breite von 14 m, und luxuriösesten Fahrgast – Kabinenschiffe auf der Donau „Dunja“ und „Amur“ wurden Ende der 1950er Jahre an die sowjetische Donauschifffahrt übergeben und verkehrten zwischen Wien und Ismail. 1959 konnte einen Auftrag vom Donaukraftwerk Ybbs – Persenbeug für einen 80 – t – Schwimmkran übernehmen. Neben dem Schiffbau versuchte man zusätzliche Standbeine aufzubauen. Besonderes Augenmerk wurde der Produktion auf dem Blechsektor geschenkt. An die ÖBB konnte die Werft drei größere Serien von Spezialwaggons für staubförmige Güter liefern. 263 Außerdem versuchte man in der Produktion von Plastikerzeugnissen Fuß zu fassen. 264 Einen Vorläufer für die beginnende Entwicklung der Schubschifffahrt auf dem Strom stellte der Bau des Bugsierschiffes „Gnom“ für die DDSG dar, das 1961 in Betrieb genommen wurde. 265 Dieses Schiff bewährte sich auch als Schubschiff auf der bayrischen Donau. 266

260 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, Skript, Band 2, Kap.: X, S. 129 – 148. 261 Pisecky Franz, 150 Jahre Eisenschiffbau der österreichischen Donau, S. 169. 262 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, Skript, Band 2, Kap.: X, S. 156. 263 Sablik Karl, Die Wirtschaftsgeschichte Korneuburgs ab 1740, S. 395. 264 Mathis Franz, Big Business in Österreich, S. 194. 265 Pisecky Franz, 150 Jahre Eisenschiffbau der österreichischen Donau, S. 167. 266 Neweklowsky Ernst, Die Schiffahrt und Flößerei im Raume der oberen Donau Bd.3, Schriftenreihe des Instituts für Landeskunde von Österreich Bd.16, Linz 1964, S. 286. 71 In diesen sechs Jahren war die Zahl der Beschäftigten von 1291 auf 962 reduziert worden.267 Bei 38,42 Millionen Schilling Bruttoertrag betrug der Jahresverlust in Korneuburg 1962 1,41 Millionen Schilling. 268 Im Herbst 1963 bestellte die ÖBB ein Motorschiff für den Linien- und Ausflugsverkehr am Bodensee. Das Schiff wurde in Korneuburg gebaut, zerlegt nach Fußach transportiert. Ab Juli 1964 erfolgte dort der endgültige Zusammenbau der Schiffsteile in der Außenstelle der Schiffswerft Linz in Vorarlberg. Zwischen Verkehrsminister Probst, verantwortlich für die Bodenseeschifffahrt, und der Vorarlberger Landesregierung gab es Meinungsverschiedenheiten betreffend des Namens des Schiffes. Der sozialistische Minister bestand auf „Karl Renner“, wohingegen die Vorarlberger das Schiff „Vorarlberg“ taufen wollten. Am 21. November 1964 verhinderten Demonstranten die offizielle Schiffstaufe und tauften ihrerseits das Schiff mit einer Flasche Bodenseewasser auf den Namen „Vorarlberg“. Bei einer gemeinsamen Betriebsratssitzung in Korneuburg beschloss man am 26. November die Verfassung einer Resolution, die die Schuldigen anprangern und den Eklat als Werk „Reaktionärer Kräfte“ entlarven, sollte. 269 1964 erfolgte die Ablöse von Direktor Fleschner – Jetzer durch den neuen Direktor Ernst Schwartzer. 270 Das neue Zentralmagazin und die neue Küche mit Speisesaal wurden eröffnet. Von der Belegschaft wurde allerdings bemängelt, dass sich die Toiletteneingänge im Speisesaal befanden. 271 Ein neuer Schiffsaufzug mit einer Tragfähigkeit von bis zu 1000 Tonnen wurde errichtet. Die Anlage bestand aus 10 Gleisanlagen mit elektrischen Winden und klappbaren Slippwagen, die den Vorteil hatten, dass nach dem Aufsatteln ein Anheben des Schiffes um die Wagen freizubekommen, wegfiel. Die Berechnung, Konstruktion und Herstellung der Anlage erfolgten durch die Schiffswerft selbst. 272 Die Werft hatte eine Grundfläche von 160500 m², wovon 22000 m² verbaut waren. Das Hafenbecken hatte eine Länge von 700 m und eine größte Breite von 300 m. Insgesamt vier Neubau – Querhellinge mit je drei Stapelplätzen für Schiffe bis zu einer Länge von 100 m und ein Reparatur – Querhelling standen zur Verfügung. Die große Schiffbauhalle mit einer Länge von 129 m und einer breite von 34 m auf der sogenannten Insel

267 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, Skript, Band 2, Kap.: X, S. 154. 268 Pisecky Franz, 150 Jahre Eisenschiffbau der österreichischen Donau, S. 170. 269 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, Skript, Band 2, Kap.: X, S. 169. 270 Rundschreiben Nr. 12 /1964 vom 18.6.1964, Schiffswerft Korneuburg 12/mü. 271 Werfttelegraf, Organ der gewerkschaftlichen Einheit, Februar 1964, S. 3. 272 Werfttelegraf, Organ der gewerkschaftlichen Einheit, April 1964, S. 5. 72 erlaubte den witterungsgeschützten Bau von großen Sektionen. Die Werkstätten gliederten sich in die große Schiffbauhalle mit Blechbearbeitung und Schweißerei, ferner Schmiede, Kesselschmiede, Maschinenbauwerkstätte, Bauschlosserei und Spenglerei, Elektrowerkstätte, Tischlerei, Zimmerei, Tapeziererei und Anstreicherei. Neubauten wurden vom werfteigenen Konstruktionsbüro entwickelt und die notwendigen Versuche an der Schiffbautechnischen Versuchsanstalt in Wien durchgeführt. 273 1965 erfolgte eine den Hafenschlepper „Danubio Azul“, 3 Fährschiffe, 3 Landebrücken und 3 Landepontons umfassende Lieferung nach Ecuador. 274 Das zu diesem Zeitpunkt größte DDSG – Passagierschiff „Theodor Körner“ hatte seinen Stapellauf. Nach 25 Jahren stellte die Gesellschaft erstmals wieder ein großes Passagierschiff in Dienst. Zu dieser Zeit bestand sowohl ein Bedarf an Ausflugs- als auch Kabinenschiffen. Die DDSG verfügte aber nicht über die finanziellen Mittel um für beide Geschäftsfelder in neue Schiffe zu investieren. Die „Theodor Körner“ stellte eine Kompromisslösung dar. Im Ausflugsverkehr konnte es 1100 Passagiere aufnehmen und für den Reiseverkehr waren 41 Kabinen mit 110 Schlafplätzen vorhanden. 275 Es folgten die drei Hecktrawler „“, „Korneuburg“ und „Linz“, für eine Fischfanggesellschaft in Nigeria. 276 Die Auftragslage für 1966 wurde als sehr gut eingeschätzt. Neben Aufträgen aus Rumänien und dem Irak sollten nach Nigeria fünf weitere Fischereifahrzeuge geliefert werden. Verhandlungen über weitere Bestellungen aus der Sowjetunion stellten sich als sehr hart heraus. 277 Ende der 60er – Jahre vollzog sich ein Wandel von Zugschiffen hin zu Schubschiffen. Für die DDSG lieferte die Werft Korneuburg 1966 das letzte und zugleich stärkste Zweischrauben – Motorzugschiff der Reederei, das Motorschiff „Krems“ aus. Mittlerweile hatte auch in der Binnenschifffahrt die Automatisierung Einzug gehalten. War für einen großen Zugraddampfer eine Besatzung von mindestens 23 Mann notwendig gewesen reduzierte sich diese Zahl im Zuge der technischen Entwicklungen auf 4 bis 5. Die Bedienung und Überwachung der Hauptmotoranlage wurde nun auf pneumatischem Wege von der Brücke aus möglich. Echolot, Sprechfunk und Funkradar hielten in der Donauschifffahrt Einzug. Mit der „Krems“ wurde ein letzter

273 Sablik Karl, Die Wirtschaftsgeschichte Korneuburgs ab 1740, S. 395 – 396. 274 Finz Rudolf, Die Donau und die Schiffswerft Korneuburg, S. 26. 275 Pisecky Franz, 150 Jahre Eisenschiffbau der österreichischen Donau, S. 176. 276 Finz Rudolf, Die Donau und die Schiffswerft Korneuburg, S. 26. 277 Protokoll der Arbeiterbetriebsratssitzung vom 31. Dezember 1965. 73 Höhepunkt im Bau klassischer Zugschiffe erreicht. Wie erfolgreich die Gesamtkonstruktion auf dem Güterverkehr auf der Donau war, kam in einer Bestellung einer Serie von zehn Einheiten des Typs „Krems“ durch die Sowjetunion zum Ausdruck, die in den Jahren 1967/68 geliefert wurden. 278 Am 2. Dezember 1966 fanden Betriebsratswahlen statt. Die Mandate verteilten sich wie folgt: 279

Sozialistische Gewerkschafter Gewerkschaftliche Einheit Arbeiterbetriebsrat 6 3 Angestelltenbetriebsrat 3 2

Anfang der 1970er – Jahre entwickelte man ein neuen Ausbauplan für die Schiffswerft der Investitionen von 82,8 Millionen Schilling vorsah und eine jährliche Arbeitsstundenersparnis von 124.700 Stunden bringen sollte. Durch Umbau und Modernisierung sollten Faktoren, wie der umständliche und zeitaufwendige Materialtransport, Platzmangel in den Fertigungshallen und Arbeiten im Freien reduziert werden, bzw. wegfallen. 280 1973/74 wurden vier Flusspassagierschiffe der Serie „Maxim Gorki“ mit einer Länge von 110 Metern an die UdSSR geliefert. Insgesamt wurden zwischen 1965 und 1974 60 Baunummern fertig gestellt.281

Schulschiff „Donau“

1954 ließ die DDSG einen vorhandenen Schiffskörper von der Werft Linz in ein Schulschiff für die Ausbildung von Donauschiffern umbauen und im Hafenbecken der Schiffswerft in Linz stationiert. 1956 erfolgte die Überstellung des 45 Meter langen des Schiffs nach Korneuburg. Es diente als Internat und Ausbildungsstätte, während die Berufsschule im Jugendheim Korneuburg untergebracht war. Die theoretische und praktische Ausbildung zum Binnenschiffer dauerte zwei Jahre. 282 Bis zur Einstellung der Binnenschifferausbildung 1996 blieb das Schulschiff im

278 Pisecky Franz, 150 Jahre Eisenschiffbau der österreichischen Donau, S. 174. 279 Niederschrift über die Vorgänge bei der Wahl des Betriebsrates der Schiffswerft Korneuburg, 2. Dezember 1966. 280 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, Skript, Band 2, Kap.: XI, S. 95 – 106. 281 Pemsel Helmut, Die Donauschiffahrt, S. 27. 282 Finz Rudolf, Die Donau und die Schiffswerft Korneuburg, S. 40. 74 Werftbecken der Schiffswerft Korneuburg stationiert. Für die nächsten neun Jahre wurde das Schiff in Linz von der DDSG – Cargo als Wohnheim und Büro genutzt. 2007 erfolgte die Übergabe an den Verein „Freunde historischer Schiffe“ der das ehemalige Schulschiff zu musealen Zwecken im Werfthafen Korneuburg nutzt.

Bildung der ÖSWAG

In der gemeinsamen Betriebsratssitzung von Arbeitern und Angestellten am 12. Oktober 1967 wurde über den Rechnungshofbericht 1965 diskutiert, der drei Varianten für die Zukunft der Schiffswerften innerhalb der Verstaatlichten Betriebe anbot: 1. Sollten nicht ausreichend Neubauaufträge einlangen erfolgt eine Schließung der Werft Korneuburg. Der Standort Linz soll aufgrund der besseren maschinellen Ausstattung gehalten werden. 2. Vereinigung der beiden Schiffwerften zu einem Betrieb. 3. Status Quo bleibt bestehen, aber mit finanzieller Unterstützung, die derzeit aber nicht möglich ist.

In den folgenden Sitzungen setzte sich unter den Betriebsräten die Überzeugung durch, dass eine völlige Lösung aus der DDSG unumgänglich sei. 283 Die Niederösterreichische Landesregierung forderte von der Österreichischen Industrieverwaltungsgesellschaft m.b.H. eine Weiterbestandsgarantie für die Schiffswerft Korneuburg für den Fall einer Fusionierung mit Linz im Rahmen einer Reorganisation der ÖIG. 284 In einer Novellierung des ÖIG – Gesetzes sah das Unternehmen eine Chance sich neu zu positionieren. Von einer Angliederung an die ÖIG erhoffte man sich eine größere Kapitalstärke. Die Schiffswerft Korneuburg AG verfügte 1969 bei einem Jahresumsatz von 180 Millionen Schilling lediglich über ein Aktienkapital von 25 Millionen Schilling. Die Nebenproduktion im stahlverarbeitenden Sektor würde von einer engen Zusammenarbeit mit anderen verstaatlichten Industriebetrieben profitieren. Im Rahmen der ÖIG war mit Fördermitteln für Entwicklung und Forschung zu rechnen. 285

283 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, Skript, Band 2, Kap.: XI, S. 31. 284 Garantie für Korneuburger Schiffswerft verlangt , Volksblatt, 25.Oktober 1967, S. 6. 285 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, Skript, Band 2, Kap.: XI, S. 35 – 38. 75 1972 stellte Verkehrsminister Frühbauer eine Eingliederung der Schiffwerft Korneuburg AG in die ÖIAG als sinnvollste Lösung für die Situation der Österreichischen Schiffswerften dar. 286 Die Unternehmensleitung in Korneuburg begrüßte grundsätzlich eine Überführung der Besitzanteile in die ÖIAG, lehnte aber eine Verschmelzung der rechtlichen Persönlichkeiten mit der Werft Linz ab. Als Begründung wurde angeführt, dass die sowjetischen Aufträge ausdrücklich auf die Werft Korneuburg ausgerichtet seien und zukünftige Bestellungen im Falle einer Fusion und der damit zusammenhängenden Änderung des Firmennamens gefährdet wären. Da die Sowjetunion den mit Abstand größte Auftraggeber des Betriebes darstellte sollte diesem Umstand besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. 287 Der Auftragsstand der Schiffswerft betrug per 31. Dezember 1971 768,700.000 Schilling. Dieser gliederte sich in Inland 5,830.000 Schilling, UdSSR 571,789.000 Schilling, BRD 187,388.000 Schilling und sonstige Aufträge 3,693.000 Schilling. 288 Mit 31. Dezember 1973 gingen die Anteilsrechte der DDSG an der Schiffswerft Korneuburg Aktiengesellschaft in das Eigentum der ÖIAG über. Als Gegenleistung musste die ÖIAG 37 Millionen Schilling an die Schifffahrtsgesellschaft zahlen. Mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1974 übernahmen die Vereinigten Österreichischen Eisen – und Stahlwerke – Alpine Montan Aktiengesellschaft die Anteilsrechte an den Schiffwerften Linz und Korneuburg von der ÖIAG. Die beiden Betriebe bildeten nun gemeinsam die „Österreichische Schiffswerften Aktiengesellschaft LINZ – KORNEUBURG“. Die Forderungen des Bundes aus Darlehen, die der Werft Korneuburg aus dem Investitionsfond für verstaatlichte Unternehmen im Gesamtbetrag von 15 Millionen Schilling erloschen mit 1. Jänner 1974. Das Grundkapital der neuen Gesellschaft wurde aus den Grundkapitalien der sich vereinigenden Firmen und die gesetzlichen Rücklagen ebenfalls aus den Rücklagen der beiden Unternehmen gebildet. 289

286 Aktenvermerk vom 2.3.1972, Schiffswerft Korneuburg Aktiengesellschaft, Betr.: Pressekonferenz des Herrn Bundesminister für Verkehr, Erwin Frühbauer über mögliche Maßnahmen zur wirtschaftlichen Neuordnung der DDSG am 1.3.1972, Blatt 2. 287 Aktenvermerk vom 17.3.1972, Schiffswerft Korneuburg Aktiengesellschaft, Betr.: Besprechung über die Loslösung der Schiffswerft Korneuburg von der DDSG, Blatt 1. 288 Österreichs Schiffbauindustrie optimistisch, in Verkehr, Jg. 28, Nr. 15, 14.4.1972, S. 553. 289 BUNDESGESETZBLATT FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH, Jahrgang 1974, Ausgegeben am 31. Jänner 1974 25. Stück, 69. Bundesgesetz vom 30. November 1973 zur weiteren branchenweisen Zusammenfassung verstaatlichter Industrieunternehmen und Änderung des ÖIG – Gesetzes, Artikel II, S. 714 – 715. 76 Die „Österreichische Schiffswerften AG. LINZ – KORNEUBURG“ / ÖSWAG wurde ein Unternehmen mit Firmensitz in Linz und Betriebsstätten in Linz und Korneuburg. Für die Gründung aber auch für den Weiterbestand der neuen Gesellschaft war eine kräftige Finanzhilfe der neuen Muttergesellschaft entscheidend. Das Grundkapital, 75.000 Aktien zu je 1.000 Schilling gehörten zur Gänze der VOEST – Alpine AG., wobei 50 Millionen Schilling von der Linzer und 25 Millionen Schilling von der Korneuburger Werft eingebracht worden waren. Der Aufsichtsrat setzte sich aus den acht Vorstandsdirektoren des Mutterkonzerns zusammen, zu denen noch Delegierte des Betriebsrates kamen. In den Vorstand wurden die Direktoren Peterseil und Schwartzer berufen, sowie die Direktorstellvertreter Hager und Wild. Vorstandsdirektor Schwartzer verstarb allerdings im Juli desselben Jahres bei einem Verkehrsunfall. 290 Am 10. Oktober 1974 wählten die Beschäftigten des neuen Unternehmens ihren ersten Zentralbetriebsrat. Die Schiffswerft Korneuburg stellte mit Friedrich Koth (SPÖ) und Oskar Absolon (SPÖ) die beiden Zentralbetriebsratsobmanns= stellvertreter und mit Richard Schenkhirsch (KPÖ) einen von zwei Schriftführern. 291 Gegenstand der neuen Gesellschaft war der Bau und die Reparatur von Fracht-, Tank-, und Personenschiffen für die See- und Flussschifffahrt, mit fabriksmäßiger Herstellung von Maschinen, Eisen- und Stahlkonstruktionen, Seilbahngondeln, Gabelstaplern und Trinkwasseraufbereitungsanlagen für Schiffe, mit fabriksmäßigem Verarbeiten von Kunststoffen zu Booten und Zillen sowie mit gewerblicher Herstellung und Verarbeitung von Tischlerei- und Elektroerzeugnissen. Das Unternehmen zeichnete ferner als Lizenznehmer und Generalvertreter der Linde AG, für Gabelstapler mit 1 bis 6 Tonnen Hubkraft, der Firma Becker, Hamburg, für Hochleistungsruder, Kortdüsen und Kortdüsenruder, der Firma McGregor Ges.m.b.H., Bremen, für für Lukendeckel sowie von Cuthbertson & Cassian für Segeljachten. Ferner wurde sie mit der Generalvertretung für Tragflügelboote der V/O Sudoexport, Moskau, betraut. Als Betriebsstätten wurden die Werft Linz mit einem Gesamtareal von rund 162.000 m², davon cirka 25.000 m² verbaute Hallenfläche, mit einer Schiffbauhalle für Schiffe bis 100 m Länge, zwei Hellinganlagen für Schiffsneubauten und zwei Slipanlagen für Schiffsreparaturen angegeben, sowie die Werft Korneuburg mit

290 Pisecky Franz, 150 Jahre Eisenschiffbau der österreichischen Donau, S. 190 – 191. 291 Auszug aus der Niederschrift über die Vorgänge bei der Wahl des Zentralbetriebsrates der Österreichischen Schiffswerften A.G. Linz – Korneuburg , 23.10.1974. 77 einer Gesamtfläche von rund 191.000 m², hiervon 27.000 m² verbaut, sowie zwei Hellingen mit je drei Stapelplätzen für Schiffe bis 120 m Länge und zwei Slipanlagen für Reparaturen. 292 Zusätzlich gehörte noch die Werft in Fußach, schon zuvor im Besitz der Schiffwerft Linz zum Unternehmen. 293 Die Gesamtbelegschaft setzte sich aus 1.127 Arbeitern und 287 Angestellten zusammen. 294

Korneuburg als Teil der ÖSWAG

Der Start des neuen Unternehmens war belastet durch ein Verlustgeschäft, das die Schiffwerft Korneuburg AG 1973 abgeschlossen hatte. Mit der schwedischen STENA – LINE war ein Liefervertrag über zehn Ro – Ro – Schiffe, mit einer Länge von 114 Metern, fixiert worden. 295 Bereits drei Wochen nach Vertragsabschluss zeichnete sich ein Verlust von cirka 350 Millionen Schilling auf Teilkostenbasis ab. In einer 1974 durchgeführten Vorkalkulation auf aktuellem Preisniveau und Vollkostenbasis zeigte einen Verlust in der Höhe von ungefähr 700 Millionen Schilling. Aufgrund des erkennbaren Minusgeschäftes hatte sich der Vorstand der Schiffswerft Korneuburg AG bereits einen Monat nach Abschluss versucht den Vertrag zu stornieren, was sich nach Einholung eines Gutachtens aber als nicht möglich herausstellte. In intensiven Verhandlungen mit dem schwedischen Reeder war man bemüht den Lieferumfang zu reduzieren, bzw. einen günstigeren Preis zu erreichen. 296 Nach Übernahme der Schiffswerft durch die VOEST – Alpine wurden die Gespräche fortgesetzt und eine Reduzierung auf drei Schiffe erreicht, was zu einem Verlust von cirka 200 Millionen Schilling führte. 297 Die Auslieferung des letzten Ro – Ro – Schiffs erfolgte 1978. 298 Der österreichische Schiffsbau sah sich nach der 1974 erfolgten Fusion bezüglich Bemühungen um den Auslandsmarkt vor allem mit den Auswirkungen der weltweiten Absatzkrise in der Schiffbauindustrie konfrontiert, die im Gefolge des Ölschocks Platz gegriffen hatte und bis in die 1990er – Jahre nachwirkte. Von 1975

292 Pisecky Franz, 150 Jahre Eisenschiffbau der österreichischen Donau, S. 191. 293 Mathis Franz, Big Business in Österreich, S. 194. 294 Auszug aus der Niederschrift über die Vorgänge bei der Wahl des Zentralbetriebsrates der Österreichischen Schiffswerften A.G. Linz – Korneuburg , 23.10.1974. 295 Pemsel Helmut, Die Donauschiffahrt in Niederösterreich, S. 27. 296 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, Skript, Band 3, Kap.: I, S. 8 – 9. 297 Geist besteht auf Weisungsrecht, Die Presse, 14.3.1974, S. 7. 298 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, Skript, Band 3, Kap.: XII, S. 69. 78 bis 1987 reduzierte sich das jährliche weltweit von Stapel gelassene Schiffbauvolumen in 1000 Bruttoregistertonnen von 31.047 auf 9.770. 299 Der Rückgang der Bauaufträge und der Neuordnung der Kundenstruktur wird in folgender Tabelle dargestellt: 300

Periode Österreichische Österreichische UdSSR Übriges Ausland Donau Binnenseen 1955 – 1964 91 2 25 4 BRD, 7 Ecuador, 2 Ägypten, 1 Griechenland, 1 Frankreich 1965 – 1974 12 5 16 10 BRD, 8 Nigeria, 1 Rumänien, 4 Indonesien, 2 Libyen, 1 Irak, 1 Libanon 1975 – 1983 13 - 20 3 Schweden, 1 Libyen

Dieser negativen Auftragsentwicklung versuchte man in der ÖSWAG durch eine Ausweitung der Nebenproduktionen entgegenzuwirken. In Korneuburg entwickelte man Kunststoffzillen, besonders für Feuerwehren geeignet, Kunststofftretboote, Kunststoffplätten und Universalboote, die im In – und Ausland Absatz fanden. Besonders erfolgreiche Produkte stellten die Kieljacht „Shark“ und die Segeljacht „Intermarine“ dar. 301 1977 erfolgten der Neubau der Materiallagerhalle, einer Straßeneinfahrt für LKW und der Ankauf eines fahrbaren Ausrüstungskrans, zwei Jahre später sollte ein neues Verwaltungsgebäude errichtet werden. Umfassende Investitionen, wie zum Zeitpunkt der Gründung der ÖSWAG erhofft, hatte es aber noch nicht gegeben. 302 Bei den Betriebsratswahlen 1978 gelang es erneut nur der Liste sozialistischer Gewerkschafter und der Liste gewerkschaftlicher Linksblock Mandate zu erringen, wobei die sozialistische Fraktion sowohl im Arbeiter- (7:3) als auch im Angestelltenbetriebsrat (3:2) über eine Mehrheit verfügte. 303 Im darauffolgenden Jahr stellte sich die Auftragslage im Schiffbau als besonders schlecht dar. ÖSWAG – Direktion entschloss sich, dass in Zukunft Schiffe in erster Linie in Korneuburg

299 Pisecky Franz, 150 Jahre Eisenschiffbau der österreichischen Donau, S. 191. 300 Pemsel Helmut, Die Donauschiffahrt in Niederösterreich, S. 27. 301 Finz Rudolf, Die Donau und die Schiffswerft Korneuburg, S. 28. 302 Protokoll der Angestelltenbetriebsratssitzung vom 13.9.1976, S. 2. 303 Betriebsrats – Wahlergebnis vom 8. November 1978 der Arbeiter und Angestellten, ÖSWAG Werft Korneuburg. 79 gebaut werden sollten und in der Werft Linz das Hauptaugenmerk auf dem Maschinenbau liegen wird. 304 1979 stellte sich die Auftragslage für die Sommermonate als so schlecht dar, dass Vorstand dem Betriebsrat den Vorschlag unterbreitete, nach dem bereits geleistete Überstunden im Sommer mit Freizeit abgetauscht werden sollten. Der Betriebsrat stimmte schließlich dem Abtausch Überstunde – Freizeit 1:1 plus einer Zulage von 1/150 eines Monatsbezugs für Arbeiter und 100 Prozent für Angestellte zu. Aufgrund der schlechten Wirtschaftslage stellten die Betriebsräte folgende Überlegungen zur Entspannung der Situation an: 1. Schichtarbeit 2. Gastarbeiter: Leasingarbeiter sollten nach Möglichkeit abgegeben werden 3. Kurzarbeit: mit Unterstützung der Arbeitsmarktförderung 4. Umschulung: Schiffbauer sollte zu Schweißern umgeschult werden 5. Entleihung von Facharbeitern: Cirka 20 Facharbeiter sollten an andere Firmen verliehen werden 6. Investitionen: Vorziehen von Investitionen, die mit eigenen Arbeitern durchgeführt werden können 7. Überstunden – Zeitausgleich 8. Resturlaub 9. Einführung der Gleitzeit bei Arbeitern 305

Trotz Einsparungen und Kündigungen lag die Auslastung der Schiffswerft Korneuburg 1980 bei nur etwa 55 Prozent. 306 1981 wurden 774 Mitarbeiter beschäftigt, wovon 585 unter den Arbeiter- und 189 unter den Angestelltenstatus fielen. 307 Von 1974 bis 1981 stieg der durchschnittliche Stundenlohn von 39,28 auf 78,24 Schilling, was einer Steigerung des Ist – Lohns um 99,2 Prozent entsprach. Der Auftragsstand der ÖSWAG umfasste 1981 3 Luxus – Passagierschiffe, 10 Binnen – Trockenfrachtschiffe, 2 Erzumladestationen und 15 Bargen mit einem Gesamtvolumen von 1900 Millionen Schilling. Die drei Fahrgastschiffe wurden 1984 an die UdSSR abgeliefert. Sie hatten einen maximalen Tiefgang von 1,66 Metern,

304 Protokoll der Angestelltenbetriebsratssitzung vom 12.12.1978, S. 2. 305 Protokoll der Angestelltenbetriebsratssitzung vom 14.2.1979, S. 1 – 2. 306 Protokoll der Angestelltenbetriebsratssitzung vom 10.8.1979, S. 2. 307 Protokoll über die Wahl des Arbeiterbetriebsrates der ÖSWAG Werft Korneuburg am 4.11.1981. 80 waren für 180 Passagiere ausgelegt und wurden auf Flüssen in der Sowjetunion eingesetzt. Für die Österreichischen Donaukraftwerke war eine Fähre für 150 Fahrgäste in Bau. Als Einsatzgebiet war der Fährbetrieb zwischen Pöchlarn und Klein Pöchlarn geplant. 308 Der Verlust für das Jahr 1981 betrug für die ÖSWAG ungefähr 40 Millionen Schilling, was mit einem schon zuvor bestehenden Vortrag von 65,5 Millionen Schilling einen ausgewiesenen Bilanzverlust von 105,5 Millionen Schilling ergab, wobei sämtliche freie und gesetzliche Rücklagen bereits abgebaut worden waren. Laut Aktiengesetz hätte nun durch die Überschreitung um mehr als die Hälfte des Grundkapitals der Ausgleich angemeldet werden müssen. Dies konnte nur durch die Deckung durch die Muttergesellschaft VOEST – Alpine verhindert werden. Die Verlustprognose für das 1. Quartal 1982 belief sich für das 1. Quartal auf 18,3 Millionen Schilling, wobei für das Gesamtjahr mit einem negativen Ergebnis von 98 Millionen Schilling gerechnet wurde. Als Hauptgrund für die schlechte finanzielle Lage des Unternehmens sah man vor allem die Tatsache, dass die hohen Verluste aus dem Schwedengeschäft bei der Fusionierung der Werften nicht abgedeckt worden waren, sondern die ÖSWAG von Beginn an belastet hatten. Die Lage war so schlecht, dass alle Finanzierungen mit Fremdmitteln durchgeführt werden mussten. 309 Alle Produktionssparten lieferten negative Ergebnisse. Eine Einstellung der noch vor wenigen Jahren erfolgreichen Jachtproduktion wurde vom Aufsichtsrat in Aussicht gestellt. 310 Die schlechte Auslastung führte zu Kündigungen und vermehrtem Alkoholmissbrauch auf der Schiffswerft. Interventionen des Betriebsrates um die Rückstufung oder Entlassung eines Kollegen wegen Trunkenheit am Arbeitsplatz zu verhindern mehrten sich. Im Protokoll der konstituierenden Sitzung des Angestelltenbetriebsrates der Werft Korneuburg vom 16.12.1981 heißt es:

Mündliche Verwarnung von Herrn M.. (Der Betriebsrat) Kollege Jordan wurde ins Büro von Herrn M. bestellt, welcher sich um 15.30 Uhr in alkoholisiertem Zustand befand.

308 Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, Skript, Band 3, Kap.: XII, S. 150 – 156. 309 Protokoll der Zentralbetriebsratssitzung vom 9.7.1982. S. 3. 310 Protokoll der Zentralbetriebsratssitzung vom 9.7.1982. S. 3. 81 Später um 16,30 Uhr fand man Herrn M. bewusstlos bei der Stechuhr. Lt. Akten Volltrunkenheit. Dir. Dorn verlangte Rückversetzung in Lohngruppe III. Dies wurde von Koll. Jordan abgelehnt. Einigung mit Dir. Dorn; M. kommt auf Entwöhnungskur. Im Wiederholungsfalle Konsequenzen. 311

Bei den Wahlen zum Zentralbetriebsrat gelang es erstmals der Fraktion Sozialistischer Gewerkschafter sämtliche Mandate zu erringen. 312 1984 erfolgte nach rund 10 – jähriger Verhandlungsdauer die Unterzeichnung der neuen Betriebsordnung mit der Neuregelung der Sozialleistungen. Bisher hatten in Linz und Korneuburg unterschiedliche Betriebsordnungen und Sozialleistungen gegeben. 313 Die Aktion 59 wurde eingeführt. Mitarbeitern war es nun unter den Voraussetzungen, gekündigt zu werden, 59, bzw. Frauen 54 Jahre alt zu sein und über 15 Dienstjahre zu verfügen, möglich, in Frühpension zu gehen. 314 Auch im darauffolgenden Jahr entspannte sich die finanzielle Situation nicht. Die Auftragslage war dürftig. Mit der Sowjetunion gab es Gespräche über 6 Weintransporter und Gemüseschiffe. Verhandlungen mit der DDSG für den Bau von zwei großen Personenschiffen und mehrere Schubschiffe waren im Gange. Die Kunststoffmaschinenbausparte wurde verkauft. 315 30 Lehrlinge wurden aufgenommen, wovon zwei eine kaufmännische Ausbildung begannen. 316 Der Personalstand beider Werften belief sich auf 1600 Beschäftigte. Im Vorstand wurde beschlossen ausscheidende Mitarbeiter nicht mehr zu ersetzen. Von Seite der Schiffswerft Korneuburg setzte man große Hoffnungen in die Gespräche mit der DDSG über die zwei Personenschiffe. Es sollten dies die größten Passagierschiffe der Gesellschaft werden. 317 Im Oktober wurde der DDSG ein Angebot für ein großes Passagierschiff, zwei Ausflugsschiffe und einen Passagierkatamaran zu einem Gesamtpreis von 757 Millionen Schilling offeriert. Die Gespräche mit der UdSSR deuteten auf ein Tauschgeschäft hin. Bei Vergabe des Auftrags für die Gemüseschiffe nach

311 Protokoll der konstituierenden Sitzung des Angestelltenbetriebsrates vom 16.12.1981, S. 2. 312 Niederschrift über die Wahl des Zentralbetriebsrats vom 10.5.1982. 313 Brief von BRO Alfred Jordan an die Belegschaft der Schiffswerft Korneuburg vom 15.10.1984. 314 Protokoll der Angestelltenbetriebsratssitzung vom 28.11.1984, S. 1. 315 Protokoll der Angestelltenbetriebsratssitzung vom 18.3.1985, S. 1. 316 Protokoll der Angestelltenbetriebsratssitzung vom 20.5.1985, S. 1. 317 Protokoll der Angestelltenbetriebsratssitzung vom 20.5.1985, S. 2. 82 Korneuburg sollte diese ein Tragflügelboot im Wert von 650.000 US – Dollar kaufen, für das das österreichische Unternehmen dann einen Käufer finden wollte. Die Zentralbetriebsratsobmänner der ÖSWAG ersuchten in einem Gespräch mit Sozialminister Dallinger um eine staatliche Unterstützung für die Einführung der Kurzarbeit, die auch gewährt wurde. Auf der Schiffwerft wurden 12,6 Millionen Schilling in den Bau einer neuen Werkshalle und den Küchen- und Kantinenausbau investiert. 318 Im Frühjahr 1986 musste man auf Seite der Werft Korneuburg feststellen, dass die DDSG den Auftrag für das große Passagierschiff „Mozart“ nach Deutschland an die Werft Deggendorf vergeben hatte. Das von der Bundesrepublik Deutschland subventionierte Angebot der Werft Deggendorf war bei 273 Millionen Schilling gelegen. Die ÖSWAG hatte ohne staatliche Subventionen eine Offerte über 350 Millionen Schilling gelegt. 319 Vergeblich wandten sich der Betriebsrat und die Stadtgemeinde Korneuburg und mit Resolutionen und Briefen an die Direktion der DDSG, den Bundeskanzler, Finanzminister und die Spitze der VOEST, um doch noch eine österreichische Lösung bei der Auftragsvergabe zu ermöglichen. 320 Im April entspannte sich die Situation etwas, da der Vertrag mit der UdSSR über 10 Kühlschiffe erfolgreich abgeschlossen werden konnte. 321 Sieben dieser Schiffe sollten aufgrund der schlechteren Auslastung in Korneuburg gebaut werden. Trotz dieser neuen Aufträge wurden in beiden Werften jeweils 13 Arbeitnehmer gekündigt. 322 Auf freiwilliger Basis nahmen rund 90 Beschäftigte der ÖSWAG die Aktion 59 in Anspruch. Mit Hilfe der Arbeitsmarktförderung wurden 80 Mitarbeiter umgeschult. Innerbetriebliche Ergänzungs- und Instandsetzungsarbeiten in Linz und Korneuburg mit einem Aufwand von 40 Millionen Schilling wurden vorgezogen. Insgesamt wurden 1986 rund 80 Millionen Schilling in den Standort Korneuburg investiert, wovon alleine 35 Millionen in den Ausbau der Slipanlage flossen. 323

318 Protokoll der Angestelltenbetriebsratssitzung vom 21.10.1985, S. 1. 319 Protokoll der Angestelltenbetriebsratssitzung vom 5. März 1986. S. 1. 320 Schreiben der Betriebsobmänner der Österreichischen Schiffswerften AG, Werft Korneuburg, an den Generaldirektor der Ersten DDSG Dipl.Vw Othmar Luczensky und den Präsidenten des Aufsichtsrates Walter Viktor vom 12.3.1986. Schreiben des Gemeinderates der Stadtgemeinde Korneuburg an den Betriebsrat der ÖSWAG Korneuburg vom 24.3.1986. 321 Protokoll der Zentralbetriebsratssitzung am 8.4.1986, S.1. 322 Protokoll der Angestelltenbetriebsratssitzung vom 13.6.1986, S. 1 – 2. 323 Österreichs Traumschiff – Schiffswerften hoffen auf mehr heimische Aufträge , in AZ/Tagblatt, 5.1.1987, S. 14. 83 1987 betrug der Umsatz der ÖSWAG 1,3 Milliarden Schilling und der Gewinn cirka 15 Millionen Schilling. Größere Aufträge kamen nur von der Sowjetunion. Von 1974 bis 1988 wurden 196 Schiffe für rund sieben Milliarden Schilling in die UdSSR geliefert. Im Juli 1988 begannen Preisverhandlungen über den Bau von zehn Holztransportschiffen für die sowjetische Binnenschifffahrt. 324 Probleme gab es bei Reparaturen am DDSG – Luxusschiff „Mozart“, da laufend neue Defekte auftraten. Von der DDSG wurde aber zugesagt, dass im Falle, dass das Schiff Gewinn einbringen würde, ein Auftrag für ein baugleiches Objekt an die ÖSWAG vergeben werden. 325 Für das Jahr 1988 wurden 26 Millionen an Investitionen für die Werft Korneuburg vom ÖSWAG – Aufsichtsrat beschlossen. Das Hauptaugenmerk auf dem Ausbau des Schiffbaus, der Schlosserei und der Stahlschlosserei. 326 Verhandlungen im September in Moskau über den Bau der zehn Holztransportschiffe blieben erfolglos. 327 Ein türkisches Angebot lag vor, das um 30 Prozent unter dem der ÖSWAG lag. Die Auftragslage der Werften war aber dermaßen schlecht, dass der Weitere Bestand der ÖSWAG vom Auftrag über die Holztransportschiffe abhing. 328 Im Oktober begleitete der Vorstand der ÖSWAG Bundeskanzler Vranitzky auf dessen UdSSR – Reise um weitere Verhandlungen über einen Vertragsabschluss für die zehn Holztransporter zu führen. 329 Der endgültige Kaufvertrag konnte erst am 17.2.1989 nach Interventionen der Bundesregierung und Absegnung durch die VOEST – Alpine abgeschlossen werden und brachte der ÖSWAG einen Verlust von 243 Millionen Schilling. 330 Um diesen zu reduzieren wurden Sozialleistungen gestrichen und cirka 120 Mitarbeiter entlassen. Im Rahmen dieser Umstrukturierungen sollten innerhalb der ÖSWAG drei Profitcenter entstehen: 331

Profitcenter I Schiffbau Korneuburg Profitcenter II Maschinenbau Linz Profitcenter III Stapler Linz

324 Bedeutendster Partner der Werften ist UdSSR , in AZ/Tagblatt, 1.7.1988. S. 88. 325 Protokoll der Angestelltenbetriebsratssitzung vom 2.11.1987, S. 1. 326 Schiffswerft – Kurier der FSG, ÖSWAG, Werft: Korneuburg, Nr. 3/87, 16.12.1987, S. 3. 327 Protokoll der gemeinsamen Betriebsratsitzung der Arbeiter und Angestellten vom 4.10.1988. 328 Neuer Verlustauftrag , Profil Nr. 20, 16. Mai 1989. S. 34 – 35. 329 Schiffswerft – Kurier der FSG, ÖSWAG, Werft: Korneuburg, Nr. 9/88, 29.9.1988, S. 3. 330 Telex der Direktoren der ÖSWAG an Bundeskanzler Vranitzky, 21.2.1989. 331 Protokoll der gemeinsamen Betriebsratsitzung der Arbeiter und Angestellten vom 19.12.1988. 84 Der Zentralbetriebsrat und die einzelnen Betriebsräte beschlossen am 21. Februar eine Preiserhöhung der Verpflegung in den Werftküchen, eine Herabsetzung der Fahrtkostenbeiträge. 332 Die Beschäftigten verzichteten von 1.7.1989 bis zur geplanten Fertigstellung Mitte 1992 auf etwa die Hälfte ihrer zusätzlichen Betriebspensionen. Diese betrugen bei Arbeitern zwischen 2.000 und 2.500 Schilling und bei leitenden Angestellten bis zu 12.000 Schilling monatlich. 333 Im Mai 1989 betrug der Personalstand in Korneuburg 544 Beschäftigte (352 Arbeiter, 153 Angestellte, 39 Lehrlinge). 334 Bis auf die 10 Holztransportschiffe, die bis Herbst 1991 die ÖSAWAG – Werft Korneuburg voll auslasten sollten, gab es keine größeren Aufträge im Schiffsbau. 335 Chancen für zukünftige Vertragsabschlüsse sah man weiterhin hauptsächlich mit der Sowjetunion. Im Juli 1990 kehrte Dipl.-Ing. Auli, Aufsichtsratsmitglied der ÖSWAG von einer Verhandlungsreise in Moskau zurück und äußerte dem Aufsichtsrat gegenüber schwere Zweifel, ob in absehbarer Zeit aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Veränderungen in der UdSSR mit weiteren Aufträgen zu rechnen sei. 336 Die ÖIAG rechnete nicht mehr mit einer künftigen Vollauslastung durch den Schiffbau. Es wurde die Meinung vertreten, dass zwei Werften nicht zu halten zu seien. 337

Privatisierung

Im Dezember 1990 wurde die Privatisierung der ÖSWAG fixiert. Mit 1. Jänner 1991 gehörten zwei Drittel des Unternehmens der Mericon Holding von Herbert Liaunig und ein Drittel der Wiener Holding, an der die Stadt Wien zu 51 Prozent beteiligt war. 338 Als vorrangiges Ziel führten die neuen Besitzer die Suche nach alternativer Produktion an, da der Schiffbau auf lange Sicht in der damaligen Größenordnung

332 Neuer Verlustauftrag , Profil Nr. 20, 16. Mai 1989. S. 34 – 35. 333 Werftler „zahlen“ für russische Holztransportschiffe: Auftrag unter Verzicht auf Sozialleistungen erkauft, in Niederösterreichische Nachrichten Nr.8/1989, S. 3. 334 Aktennotiz über die am 5. Juni 1989 stattgefundene Besprechung in Korneuburg, 6.6.1989. 335 Schreiben des Betriebsrates der ÖSWAG – Werft Korneuburg an den Präsidenten der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Niederösterreich Hesoun vom 13.7.1990, S. 2. 336 Schreiben von Aufsichtsratsmitglied Aulin an den Vorsitzenden des Aufsichtsrates der ÖSWAG Becker vom 13.7.1990. 337 Schreiben des Betriebsrates der ÖSWAG – Werft Korneuburg an den Präsidenten der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Niederösterreich Hesoun vom 13.7.1990, S. 3. 338 Schreiben des Betriebsrates der ÖSWAG – Werft Korneuburg vom 29.10.1991. 85 nicht zu halten sei. 339 Der Personalstand der ÖSWAG sollte im ersten Jahr um 300 Mitarbeiter reduziert und Liegenschaften wie Wohnhäuser verkauft werden. Für Korneuburg waren Investitionen für 9,87 Millionen Schilling geplant. 340

Wohnhäuser der Schiffswerft Korneuburg

Neben der 1916 eröffneten Arbeiterkolonie besaß die Schiffswerft Korneuburg seit Beginn der 1950er – Jahre ein Wohnhaus in der Donaustrasse 62/64. Die Wohnungen waren nur für Arbeiter und Angestellte der Werft bestimmt. 341 Dienstwohnungen wurden der Belegschaft zu sehr günstigen Konditionen zur Verfügung gestellt. Nach 15 Jahren als Beschäftigter erwarb man ein Mietrecht. Während der Durchführung von Aufträgen für die Sowjetunion war eine eigene Bauaufsicht aus der UdSSR vor Ort, der Wohnungen zur Verfügung gestellt wurden. 1971 war die Schiffswerft Korneuburg im Besitz von 91 Wohnungen mit Wohnflächen zwischen 25,03 m² und 56,61 m² und 12 Gästezimmern. Im selben Jahr gab es eine Mieterhöhung in deren Rahmen, zum Beispiel bei einer Wohnung mit 41,27 m² die Monatsmiete von 41,27 Schilling exklusive Betriebskosten auf 388,23 Schilling inklusive Betriebskosten anstieg. Für eine Dienstwohnung mit derselben Größe musste ein Entgelt von 150 Schilling pro Monat geleistet werden. 342 1991 trennte sich die ÖSWAG von ihren Wohnhäusern. In Korneuburg war der Käufer die „Das schöne Heim“ Wohnungseigentumsgesellschaft m.b.H.. Der Schätzwert der Objekte belief sich auf 18,6 Millionen Schilling. Vor dem Verkauf stellte sich die Belegung der Wohnungen wie folgt dar:

35 Dienstwohnungen 32 Mietwohnungen 1 Hausbesorgerwohnung 1 Geschäftslokal 4 UdSSR / Besatzung 10 Holzfrachter

339 Schiffswerft – Kurier der FSG, ÖSWAG, Werft: Korneuburg, Nr. 1/91, 13.2.1991, S. 6. 340 Protokoll der Zentralbetriebsratssitzung der ÖSWAG am 16.4.1991. 341 Mietvertrag zwischen der U.d.S.S.R., Verwaltung für Sowjeteigentum in Österr., Schiffswerft Korneuburg und Franz Albert, 1.Juli 1955. 342 Aktenvermerk vom 23.3.1972, Schiffswerft Korneuburg Aktiengesellschaft, Betr.: Wohnhäuser Korneuburg, Donaustrasse 62, Donaustrasse 64, Donaustrasse 64 (Gästetrakt), Am Hafen 3, Am Hafen 3a, Am Hafen 5, Am Hafen 7, Am Hafen 9, Am Hafen 9a. 86 3 UdSSR – Register 4 UdSSR – Bauaufsicht 1 Sportgemeinschaft der ÖSWAG, Sektion Film / Foto 343

Die ÖSWAG erhielt das Untermietrecht an den Dienstnehmern, Mietern, Benützern und Werftpensionisten und Witwen. Mit Beendigung des Dienstverhältnisses war auch eine Beendigung des Mitverhältnisses verbunden. 344 Das Mietverhältnis mit Pensionisten und Witwen konnte von der ÖSWAG sofort gelöst werden, wenn der Mieter sich bereit erklärte die Wohnung zu kaufen, bzw. durch eine von ihm genannten Käufer kaufen zu lassen. Weiters bestand die Möglichkeit einen Hauptmietvertrag gemäß den damals geltenden gesetzlichen Mietbestimmungen zu unterschreiben. 345 Der Kaufpreis für eine Wohnung mit 41,73 m² belief sich auf 175.000 Schilling. 346 Das Gebäude Donaustrasse 62/64 wurde im November 2004 im Zuge der Fahrbahnverbreiterung der Donauuferautobahn abgerissen.

Niedergang und Schließung

Im Laufe des Jahre 1991 stellte sich heraus, dass die Prognosen der ÖIAG / Austrian Industries für die ÖSWAG, die für 1990 und 1991 eine ausgeglichene bis leicht positive Bilanz auswiesen bei weitem nicht zutrafen. 347 Der Verlust für das Jahr 1990 betrug 147 Millionen Schilling und wurde von der Austrian Industries übernommen. Aufgrund dieser falschen Berechnungen wurde den neuen Besitzern von den ursprünglichen 165 Millionen Schilling 65 von der Austrian Industries zurückbezahlt. 348 Bis Oktober 1991 trafen keine neuen Aufträge im Schiffbau in Korneuburg ein. Eine Nebenproduktion oder Alternativprodukte, die den Standort sichern konnten gab es nicht. Mit Jahresende hatte sich der Belegschaftsstand um 218 auf 428 Mitarbeiter

343 Aktenvermerk vom 1.12.1990, Wohnungsliste der ÖSWAG – Werft Korneuburg. 344 Information des Betriebsrates vom 4.7.1991 für aktive Dienstnehmer., 345 Information des Betriebsrates vom 4.7.1991 für Pensionisten und Witwen. 346 Kaufvertragsentwurf der Handelsadministrations- u. Liegenschaftsvermittlungsgesellschaft m.b.H. Nfg. KG. Vom 31.7.1991. 347 Schreiben des Zentralbetriebsrates der ÖSWAG an den Generaldirektor der Austrian Industries Sekyra vom 11.7.1990. 348 Schreiben des Generaldirektors der Austrian Industries Sekyra an den Betriebsrat der ÖSWAG vom 30.7.1990. 87 reduziert. Im Dezember wurden über das Frühwarnsystem weitere Kündigungen ausgesprochen. Um den Fortbestand zu sichern fehlten Aufträge in der Höhe von 330 Millionen Schilling, ansonsten drohte eine Betriebsschließung mit der Auslieferung des letzten Holztransportschiffes im Frühjahr 1992. 349 Im Jänner 1992 wurde die „Österreichische Schiffswerften AG Linz – Korneuburg in die „ÖSWAG Holding AG“ umgewandelt. Die Werft Korneuburg war als „ÖSWAF Werft Korneuburg Ges.m.b.H.“ Teil dieser Holding. Die Belegschaft wurde auf 220 reduziert und der Werftbetrieb auf das Südufer des Hafenbeckens reduziert. Als zukünftiger Auftrag zeichnete sich der Bau eines Schulschiffes für die Stadt Wien ab. 350 Der Betriebsrat erstellte in Zusammenarbeit mit dem ÖGB und der Arbeiterkammer einen Sozialplan, der alle gekündigten Mitarbeiter ab 45 Jahren erfasste. Dadurch waren 80 Prozent der Betroffenen eingebunden. Neben der Abfertigung erhielten die Gekündigten 1.000 Schilling pro Dienstjahr, jene über 50 Jahren 2.000 Schilling. Aus dem Betriebsratsfond erhielten die betroffenen Mitarbeiter unter 45 Jahren 300 Schilling pro Dienstjahr. Am 24.4.1992 fand die konstituierende Generalversammlung der Vereins „ÖSWAG Werft Korneuburg Bildungs- und Unterstützungsverein““ statt. 351 Finanziert wurde der Verein mit jeweils einer Million Schilling von der ÖSWAG und dem Land Niederösterreich. Er war für die Betreuung von 70 ehemaligen Dienstnehmern ausgelegt, die für zwei Jahre an Schulungen im vollen Ausmaß ihrer früheren wöchentlichen Arbeitszeit teilnehmen und das volle Arbeitslosengeld erhielten. 352 Der Vertragsabschluss über das Schulschiff verzögerte sich. Die Stadt Wien konnte im Jänner 1992 keine definitive Zusage machen, da die Finanzierung durch den Bund noch nicht fixiert werden konnte. 353 Die Betriebsräte wurden von der Werftdirektion informiert, dass bei Ausbleiben dieses Auftrages der Betrieb geschlossen würde. 354

349 Schreiben des Betriebsrates der ÖSWAG – Werft Korneuburg vom 29.10.1991. 350 ÖSWAG Mitarbeiterinformation Nr. 5, 29. November 1991. 351 Schreiben der Betriebsräte der Werft Korneuburg an Landeshauptmannstellvertreter Höger vom 28.4.1992. 352 Schiffswerft – Kurier der FSG, ÖSWAG, Werft: Korneuburg, Nr. 1/92, 12.3.1992, S. 11 – 12. 353 Schreiben von Bürgermeister Zilk an den Betriebsrat der Österreichischen Schiffswerten vom 21. Jänner 1992. 354 Schreiben der Betriebsräte der Werft Korneuburg an Landeshauptmannstellvertreter Höger vom 28.4.1992. 88 Im Mai konnte schließlich der Bauauftrag fixiert werden. Eine nächste Hürde stellten Planänderungswünsche durch die Stadt Wien dar, die zu einer Verzögerung im Baufortschritt führte, die Mehrkosten von 64 Millionen Schilling verursachten. In einem Schreiben der Betriebsräte der Werft Korneuburg an Bundeskanzler Vranitzky und Finanzminister Lacina vom 29.10.1992 heißt es: Laut unseres Vorstandes Mag. Steinbauer, muß bis morgen 9 Uhr zur a.o. Aufsichtsratssitzung unseres Unternehmens klargestellt sein, ob die Mehrkosten von 64 Mio S aufgebracht und zugesichert werden können. Sollte dies nicht der Fall sein, ist er gezwungen, den Aufsichtsrat bzw. den Eigentümer einen Antrag zur Liquidation der Werft Korneuburg zu stellen.

Es ist für uns unvorstellbar, daß bei diesem bereits vorhanden Baufortschritt von ca. 100 Mio s letzten Endes aufgrund der Nichtübernahme der Mehrkosten eine Verschrottung durchgeführt werden muß.

Wir bedauern nochmals um Hilfestellung bitten zu müssen, sehen aber eine Entscheidung der Bundesregierung als letzten Ausweg zur Rettung unserer Arbeitsplätze. 355

Die Finanzierung wurde noch rechtzeitig zugesagt und der Weiterbestand war vorübergehend gesichert. Anfang 1993 konnten keine weiteren Aufträge fixiert werden. Am 25. Februar informierte die Unternehmensleitung die Mitarbeiter über die bevorstehende Schließung der Werft:

Wir müssen Ihnen leider mitteilen, daß es uns trotz intensiver Bemühungen und Einsetzen aller Kräfte nicht gelungen ist, weiter Aufträge für die Werft Korneuburg zu bekommen. Der gänzliche Zusammenbruch des Ostmarktes und die Subventionspolitik der EG – Staaten geben uns als einzige westeuropäische Werft ohne Stützung keine Chance, selbst die bereits auf ein Drittel reduzierte Produktionskapazität in Korneuburg durchgehend auszulasten. …

355 Schreiben der Betriebsräte der Werft Korneuburg an Bundeskanzler Vranitzky und Finanzminister Lacina vom 29.10.1992. 89 … Aus diesem Grund sind wir leider gezwungen, die Werft Korneuburg stillzulegen. Die Schließung erfolgt stufenweise parallel mit der Fertigstellung des Schul – Haus – Bootes. Die Kündigung aller Mitarbeiter wird in den nächsten Wochen erfolgen. 356

Ein um 3 Millionen Schilling höherer neuer Sozialplan wurde zwischen Vorstand und Betriebsrat ausverhandelt, um die sozialen Härten der Kündigungen etwas zu mildern. Durch die Fertigstellung des Schulschiffes gelang es eine Fertigstellungsprämie in der Höhe von 7,5 Millionen Schilling abzuschließen. Das bedeutete für jeden Dienstnehmer eine Prämie 20.000 Schilling für das zweite Quartal 1993 zuzüglich ab 1. Juli 4.000 Schilling pro Monat. Die Auszahlung erfolgte mit Beendigung des Dienstverhältnisses. 357

Mit der Fertigstellung des Schulschiffs endete im November 1993 die 151 – jährige Geschichte der Schiffswerft Korneuburg.

356 ÖSWAG Mitarbeiterinformation Nr. 13, 25. Februar 1993. 357 Schiffswerft – Kurier der FSG, ÖSWAG, Werft: Korneuburg, Nr. 1/93, 3.3.1993, S. 4 – 9. 90 Glossar

Barge: Eine Barge ist ein Flachboden – Lastkahn, der hauptsächlich für den Transport von schweren Gütern auf Flüssen und in Kanälen genutzt wird.

Helling: Als Helling bezeichnet man den Platz, meist abgeschrägt, auf dem ein Schiff gebaut wird und von dem es zu Stapel läuft.

Schleppe: Ein Kahn der von einem Schiff gezogen / geschleppt wird.

Schute: Eine Schute ist ein kleines, flaches Wasserfahrzeug, ohne eigenen Antrieb und Takelage. Sie dient hauptsächlich zum Transport von Schüttgut, wie Sand, Erz und Baggergut und wird meist in Schleppverbänden zusammengefasst.

Spant: Ein Spant bezeichnet ein tragendes Bauteil zur Verstärkung des Rumpfes bei Booten, Schiffen,

Zille: Unter der Bezeichnung Zille verstand man bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts nicht nur kleinere Fahrzeuge, wie Waidzillen (6-8 m Länge), sondern Holzschiffe jeder Größe (bis 42 m Länge). Ausschlaggebend für die Bezeichnung Zille war, dass das Schiff für einen längeren Gebrauch bestimmt war. 358

358 Meißinger Otto, Die historische Donauschiffahrt, S. 96. 91 Literaturverzeichnis

Primäre Quellen

Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, unveröffentlichtes Skript, Band I, Archiv Stadtmuseum Korneuburg.

Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, unveröffentlichtes Skript, Band II, Archiv Stadtmuseum Korneuburg.

Absolon Oskar, Die Arbeiter an der Donau, unveröffentlichtes Skript, Band III, Archiv Stadtmuseum Korneuburg.

Aktennotiz über die am 5. Juni 1989 stattgefundene Besprechung in Korneuburg, 6.6.1989, Archiv Stadtmuseum Korneuburg.

Aktenvermerk vom 2.3.1972, Schiffswerft Korneuburg Aktiengesellschaft, Betr.: Pressekonferenz des Herrn Bundesminister für Verkehr, Erwin Frühbauer über mögliche Maßnahmen zur wirtschaftlichen Neuordnung der DDSG am 1.3.1972, Archiv Stadtmuseum Korneuburg.

Aktenvermerk vom 17.3.1972, Schiffswerft Korneuburg Aktiengesellschaft, Betr.: Besprechung über die Loslösung der Schiffswerft Korneuburg von der DDSG, Archiv Stadtmuseum Korneuburg.

Beilage zur Bilanz der DDSG für 1865, AdR / Verkehr / DDSG.

Bericht des Vorstandes der Ersten Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft an den Aufsichtsrat über das zweite Vierteljahr 1941, AdR / Verkehr / DDSG.

Bericht des Vorstandes der Ersten Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft an den Aufsichtsrat über das zweite Vierteljahr 1942, AdR / Verkehr / DDSG.

Bericht des Vorstandes der Ersten Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft an den Aufsichtsrat gemäss § 81 des Aktiengesetzes über das vierte Vierteljahr 1942, AdR / Verkehr / DDSG.

Bericht des Vorstandes der Ersten Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft an den Aufsichtsrat gemäss § 81 des Aktiengesetzes über das dritte Vierteljahr 1943, AdR / Verkehr / DDSG.

Betriebsrats – Wahlergebnis vom 8. November 1978 der Arbeiter und Angestellten, ÖSWAG Werft Korneuburg, Archiv Stadtmuseum Korneuburg.

Brief von BRO Alfred Jordan an die Belegschaft der Schiffswerft Korneuburg vom 15.10.1984, Archiv Stadtmuseum Korneuburg.

92 BUNDESGESETZBLATT FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH, Jahrgang 1955, Ausgegeben am 30. Juli 1955 39. Stück, 152. Staatsvertrag, betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich.

BUNDESGESETZBLATT FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH, Jahrgang 1974, Ausgegeben am 31. Jänner 1974 25. Stück, 69. Bundesgesetz vom 30. November 1973 zur weiteren branchenweisen Zusammenfassung verstaatlichter Industrieunternehmen und Änderung des ÖIG – Gesetzes.

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Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion der DDSG und Rechnungs- Abschluss für das Jahr 1867, AdR / Verkehr / DDSG.

Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion der DDSG und Rechnungs- Abschluss für das Jahr 1868, AdR / Verkehr / DDSG.

Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion der DDSG und Rechnungs- Abschluss für das Jahr 1869, AdR / Verkehr / DDSG.

Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion der DDSG und Rechnungs- Abschluss für das Jahr 1870, AdR / Verkehr / DDSG.

Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion der DDSG und Rechnungs- Abschluss für das Jahr 1880, AdR / Verkehr / DDSG.

Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion der DDSG und Rechnungs- Abschluss für das Jahr 1897, AdR / Verkehr / DDSG.

Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion der DDSG und Rechnungs- Abschluss für das Jahr 1913, AdR / Verkehr / DDSG.

Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion der DDSG und Rechnungs- Abschluss für das Jahr 1914, AdR / Verkehr / DDSG.

Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion der DDSG und Rechnungs- Abschluss für das Jahr 1915, AdR / Verkehr / DDSG.

Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion der DDSG und Rechnungs- Abschluss für das Jahr 1917, AdR / Verkehr / DDSG.

Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion der DDSG und Rechnungs- Abschluss für die Jahre 1918 - 1920, AdR / Verkehr / DDSG.

Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion der DDSG und Rechnungs- Abschluss für das Jahr 1923, AdR / Verkehr / DDSG.

93 Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion der DDSG und Rechnungs- Abschluss für das Jahr 1924, AdR / Verkehr / DDSG.

Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion der DDSG und Rechnungs- Abschluss für das Jahr 1926, AdR / Verkehr / DDSG.

Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion der DDSG und Rechnungs- Abschluss für das Jahr 1933, AdR / Verkehr / DDSG.

Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion der DDSG und Rechnungs- Abschluss für das Jahr 1935, AdR / Verkehr / DDSG.

Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion der DDSG und Rechnungs- Abschluss für das Jahr 1936, AdR / Verkehr / DDSG.

Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion der DDSG und Rechnungs- Abschluss für das Jahr 1938, AdR / Verkehr / DDSG.

Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion der DDSG und Rechnungs- Abschluss für das Jahr 1939, AdR / Verkehr / DDSG.

Geschäfts-Bericht der Betriebsdirektion der DDSG und Rechnungs- Abschluss für das Jahr 1945, AdR / Verkehr / DDSG.

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Schreiben des Betriebsrates der ÖSWAG – Werft Korneuburg an den Präsidenten der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Niederösterreich Hesoun vom 13.7.1990, Archiv Stadtmuseum Korneuburg.

Schreiben des Betriebsrates der ÖSWAG – Werft Korneuburg vom 29.10.1991, ergangen an Niederösterreichisches Landesarbeitsamt, Landtagsabgeordneten Icha, Landeshauptmannstellvertreter Höger, Gewerkschaft der Privatangestellten für Niederösterreich, Arbeitsamt Korneuburg, Landtagsclub der SPÖ, Österreichischer Gewerkschaftsbund, Präsidium des ÖGB, Österreichischer Arbeiterkammertag, Präsidium der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Niederösterreich, Bürgermeister der Stadt Korneuburg Peterl, Präsidium der Gewerkschaft für Handel, Transport und Verkehr, Kammer für Arbeiter und Angestellte Amtsstelle Korneuburg, Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr Streicher, Obmann des Klubs der Sozialistischen Abgeordneten und Bundesräte Fischer, Bundeskanzler Vranitzky, Landeshauptmann von Wien Zilk, Landeshauptmann von Niederösterreich Ludwig, Archiv Stadtmuseum Korneuburg.

96 Schreiben des Gemeinderates der Stadtgemeinde Korneuburg an den Betriebsrat der ÖSWAG Korneuburg vom 24.3.1986, Archiv Stadtmuseum Korneuburg.

Schreiben des Generaldirektors der Austrian Industries Sekyra an den Betriebsrat der ÖSWAG vom 30.7.1990, Archiv Stadtmuseum Korneuburg.

Schreiben des Zentralbetriebsrates der ÖSWAG an den Generaldirektor der Austrian Industries Sekyra vom 11.7.1990, Archiv Stadtmuseum Korneuburg.

Schreiben von Aufsichtsratsmitglied Aulin an den Vorsitzenden des Aufsichtsrates der ÖSWAG Becker vom 13.7.1990, Archiv Stadtmuseum Korneuburg.

Schreiben von Bürgermeister Zilk an den Betriebsrat der Österreichischen Schiffswerten vom 21. Jänner 1992, Archiv Stadtmuseum Korneuburg.

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100 Anhang

Interview mit Josef Kain Interview vom 15.8.2008 mit Herrn Josef Kain, geboren am 1. Februar 1925 in St. Leonhard am Forst. Seine Familie übersiedelte 1935 nach Bisamberg. Nach Abschluss der Hauptschule in Korneuburg absolvierte er von 1939 bis 1942 eine Lehre zum Bauschlosser und war 1942 bis 1943 und 1946 bis 1947 als Facharbeiter in der Schiffswerft tätig.

Stefan Wunderl : Herr Kain, schildern Sie bitte ihre Kindheit bis zu ihrem Eintritt in die Schiffswerft Korneuburg. Josef Kain: Ich bin im Februar 25 geboren, in St.Leonhard am Forst, Bezirk Melk. Meine Kindheit habe ich bis zum 10ten Lebensjahr in der Gemeinde Schollach verbracht. Mit 10 Jahren bin ich nach Bisamberg gekommen. Dann habe ich in Korneuburg die Hauptschule besucht und nach der Schule bin ich dann in die Schiffwerft als Schlosserlehrling eingetreten. Stefan Wunderl: Hat es eine Aufnahmeprüfung für die Lehrlinge an der Schiffswerft gegeben, und wenn ja, wie hat diese ausgesehen? Josef Kain : Ja es hat eine Aufnahmeprüfung gegeben. Wir mussten einen Aufsatz schreiben, aber über was ich geschrieben habe weiß ich nicht mehr. Dann gab es noch eine ganze Menge von Rechenaufgaben und dann wurde noch die technische Eignung überprüft. Wir mussten Drahtgebilde biegen. Diese Aufnahmeprüfung hat 3 - 4 Stunden gedauert. Danach wurde gesagt, dass man schriftlich über eine Aufnahme informiert wird und kurze Zeit darauf habe ich das Schreiben bekommen, dass ich am 1. Oktober 1939 die Lehre anfangen kann. Stefan Wunderl : Hat es eine eigene Lehrwerkstätte zu diesem Zeitpunkt gegeben? Josef Kain : Da hat es eine Lehrwerkstätte gegeben, und zwar eine Lehrwerkstätte für das Metallgewerbe, dort waren aber nur die Maschinenbauer und Bauschlosser, und ich habe Bauschlosser gelernt. Dann hat es für das Holzgewerbe eine Lehrwerkstätte gegeben, dort waren aber nur die Tischler. Ich muss sagen, alle Achtung, für die Lehrlingsausbildung war das Beste gerade gut genug in der Schiffswerft. Stefan Wunderl : Wie hat die Lehrlingsausbildung genau ausgesehen? Josef Kain : Die ersten zwei Jahre ist man in der Lehrwerkstätte gewesen und dann sind wir raus gekommen und zu den Gesellen eingeteilt worden, in die Werkstätten.

101 Die letzten drei Monate vor der Facharbeiterprüfung sind wir wieder in die Lehrwerkstätte gekommen und dort haben sie uns allerhand Feinheiten gezeigt. Dann sind wir nach Stockerau, zur Firma Haid AG, das war eine Maschinenfabrik, die vor allem Drehbänke erzeugt hat, aber auch andere Sachen, die heute nicht mehr existiert, gefahren. Dort haben wir unsere Prüfung ablegen müssen. Von den Lehrlingen der Werft ist keine durchgefallen, weil in der Schiffswerft, ein Lehrling, der nicht für seinen Beruf geeignet war die Lehre nicht fertig machen durfte, sondern musste auf ein anderes Gewerbe umsatteln. Stefan Wunderl : Schildern Sie bitte einen typischen Arbeitstag an der Werft. Josef Kain : Angefangen hat es um 7 Uhr, bis 17.00. Um 7 sind die Maschinen in Betrieb gesetzt worden und dann ist es dahin gegangen. Ein sehr umfangreiches Programm wurde gefahren, es war ja damals schon Kriegszeit, da musste alles schneller gehen. Es sind dann immer mehr und mehr Leute aufgenommen worden. Wie ich angefangen habe (1939), waren 600 - 700 Leute da, und wie ich (1943) eingerückt bin waren es 2500. Weil die Schiffwerft ein Rüstungsbetrieb war und zum größten Teil waren auch Ausländer da und zwar: Holländer, Kriegsgefangene Franzosen und Zivilfranzosen, Belgier und sehr viele Leute aus dem Balkan. Bevor die Leute in den Arbeitsprozess eingegliedert worden sind, sind sie untersucht worden, ob sie krank sind. Die ersten aus dem Balkan haben sie 70 % wieder nach Hause geschickt, weil die Geschlechtskrankheiten hatten, und das hat sich das Deutsche Reich damals nicht geleistet, dass die Leute hier auch krank werden. Man hat doch auf die Gesundheit auch geachtet. Stefan Wunderl: 1941 ist dann ein Barackenlager gebaut worden ... Josef Kain : Ja da ist ein Barackenlager gebaut worden, das ist aber schon im 40er Jahr gebaut worden in der Schiffswerft, und zwar für die Fremdarbeiter. Das waren aber zum Großteil Zivilarbeiter, bis auf die kriegsgefangenen Franzosen und Belgier, aber sonst waren das Zivilarbeiter. Die haben genauso ihren Urlaub gehabt wie wir. Und Lebensmittelkarten und sie sind bezahlt worden, also keine Zwangsarbeiter, nur die Kriegsgefangenen. Und denen ist es auch nicht schlecht gegangen, weil die haben jeden Monat ein Paket aus Amerika bekommen. Stefan Wunderl : Waren die Kriegsgefangenen in demselben Lager untergebracht, war das ein separater Teil? Josef Kain : Ja, die waren schon separiert, das war abgezäunt, es ist aber keiner davongelaufen. Denen ist es nicht so schlecht gegangen.

102 Stefan Wunderl : Wissen Sie, hat es dort eine Bewachung gegeben und wissen sie, wer die Kriegsgefangenen bewachte? Josef Kain : Eine Bewachung hat es gegeben für die Kriegsgefangene, und zwar von der deutschen Wehrmacht. Das waren meistens Leute, die nicht mehr kriegstauglich waren, die haben eben die Gefangenenbewachungen gemacht. Stefan Wunderl : War die Essensausgabe für die gesamte Schiffswerft in diesem Lager? Josef Kain : Naja, da haben die Ausländer mit unseren Leuten, da war eine große Werksküche da, aber das war ganz wurscht, auch die Fremdarbeiter sind unter uns gesessen. Dann war es auch so, dass nicht alle von uns essen gegangen sind, die haben ihr Essen von zu Hause mitgenommen, aber ich meine, man hat dort günstig gegessen, aber nichts Aufregendes, war es auch nicht. Aber preislich hat man dort günstig gegessen, so dass es sich gar nicht ausgezahlt hat von zu Hause etwas mitzunehmen. Stefan Wunderl : Sie sind 1939 in die Lehre gegangen, hat es zu diesem Zeitpunkt eine Angliederung der Schiffswerftlehrlinge an die Hitlerjugend gegeben? Josef Kain : Also das war Pflicht, dass man dabei sein muss, und einer war einmal nicht dabei, pfuu, der hat was erlebt. Mir selbst ist es passiert. Ich habe in Bisamberg bei der Hitlerjugend aufgemuckt, weil die haben nur exerziert mit uns, und haben nur in der Nacht marschiert und durch den größten Dreck haben sie uns gezogen und da waren wir drei Burschen, die sich darüber aufgeregt haben, jetzt haben sie uns hinausgehaut und das ist der Schiffswerft zu Ohren gekommen, ich hätte beinahe den Lehrplatz verloren. Schauen Sie, es ist alles militärisch aufgezogen gewesen, da war ab und zu einmal der Kreisleiter der NSDAP gekommen, in der Uniform, der schönen braunen, und hat eine Visite gemacht. Und dann ist es auch vorgekommen, dass die Friseure in die Schiffswerft gekommen sind und haben uns die Haare geschnitten, dass ja keiner zu lange Haare hat. Es war damals Mode, dass die Jugend längere Haare gehabt hat und das hat denen nicht gepasst, diesem Regime. Aber nicht dass sie glauben, dass sie uns die Haare umsonst geschnitten haben das haben wir selber zahlen müssen, aber wir haben einen militärischen Haarschnitt bekommen. Das war so lächerlich, aber es war damals so. Dann war am Montag, jeden Montag um 7 in der Früh eine Flaggenparade. Da ist eine Flagge, die Hakenkreuzfahne hochgezogen worden und am Samstag nach Dienstschluss ist sie wieder eingezogen worden. Und dann

103 haben wir jeden Samstag 2 Stunden Sport gehabt, die ganzen Lehrlinge. Da sind wir mit Sang und Klang hinausmarschiert, natürlich haben wir zünftige Marschlieder singen müssen. Dann haben wir Sport betrieben, aber der Großteil ist auf den Fußdienst, das Exerzieren ausgelegt gewesen. Stefan Wunderl : Wer hat diese Sportstunden veranstaltet, bzw. geleitet? Josef Kain : Da war ein eigener Sportleiter da. Und zwar war das der Chef von der Tischlerlehrwerkstätte, der war ein guter Sportler, der hat quasi die sportliche Sache geleitet. Aber sagen wir das Antreten für die Flaggenparade und das Flaggeneinholen, da waren ein paar bessere von der Hitlerjugend da, ein paar Zackige. 1942 sind dann die Lehrlinge für drei Wochen auf ein Wehrertüchtigungslager gefahren. Das war in Oberbergern bei Krems. Da war mitten im Wald auf einer Lichtung ein Lager. Als Ausbildner haben wir Leute von der Waffen – SS und der Luftwaffe gehabt, aber lustig war das nicht, alles sehr militärisch dort. Stefan Wunderl : Wie hat der Alltag in der Lehrwerkstätte ausgesehen. Josef Kain : In der Lehrwerkstatt waren 30 Lehrlinge aus zwei Jahrgängen und da war ein Lehrgeselle für Maschinenbau, das war ein selbständiger Schlossermeister, der musste aber seinen Betrieb zusperren und ist dienstverpflichtet worden für die Schiffswerft. Es waren sehr viele dienstverpflichtete Meister in der Werft, weil ja die jüngeren Leute alle im Waffenrock waren, nicht wahr. Für die Bauschlosser war ein Lehrgeselle, das war sowieso ein Angestellter der Schiffswerft, für das Schmieden war einer zuständig, der war auch von der Schiffswerft. und einer war für das Schweißen zuständig. Der war auch ein Angestellter der Schiffswerft. Das war ein Schweißmeister, eine Kanone von einem Menschen, der hat was können. Stefan Wunderl : Wurde damals elektro- oder autogen geschweißt? Josef Kain : Beides, Elektroschweißen, Aluminiumschweißen, also Aluminiumschweißen ist damals noch in den Kinderschuhen gesteckt, aber Autogenschweißen und Elektroschweiße hat es zu dieser Zeit schon gegeben. Jeder Lehrling musste drei Monate einen Schweißkurs machen, und zwar nicht aus dem Grund, damit er schweißen lernt, sondern aus dem Grund damit er lernt wie man das Material für die Schweißung vorbereitet, dass der Schweißer dann nur mehr schweißen braucht. Und dann haben sie uns noch gesagt, wenn der Schweißer, das waren hauptsächlich angelernte Leute, wenn der nicht viel kann, dann sollen wir ihm den Brenner wegnehmen und es selber machen. Es war dann

104 so, dass einer nach den drei Monaten nicht schweißen können hat, dann hat er es eh nicht mehr gelernt. Stefan Wunderl : Befand sich auf der Schiffswerft ein Lehrlingsheim? Josef Kain : Ja auf der Schiffwerft gab es auch ein Lehrlings-, also Jugendheim hat es geheißen und zwar war das für die Lehrlinge gedacht, die von weiter weg waren. Aber die die in der Nähe gewohnt haben sind dort nicht geblieben. Stefan Wunderl : Wissen Sie vielleicht, von wem dieses Heim geleitet wurde? Josef Kain : Schauen Sie, wie das Jugendheim gekommen ist, das war die Zeit wo ich schon eingerückt bin, da kann ich ihnen nichts darüber erzählen. Die ersten Anfänge für das Jugendheim waren, da habe ich schon den Bereitstellungsschein für die Wehrmacht im Sack gehabt. Stefan Wunderl : Wie sind die Verhaftungen in der Werft aufgenommen worden? Josef Kain : Aus unserer Werkstätte sind drei oder vier Leute verhaftet worden, wegen kommunistischer Betätigung, das war ein Todesurteil, es sind dann eh alle vier geköpft worden. Aber insgesamt von der Schiffswerft meine ich sind über zehn geköpft worden. Ein Trauerspiel damals, das war alles militärisch aufgezogen und ..... Das ist in jeder Diktatur so und nur ist es dann so, dass die Verbrecher nur die sind, die den Krieg verlieren, während die Sieger, die genau die selben Verbrecher waren, das kann ich ruhig laut sagen, die waren die Helden dann. Stefan Wunderl : Wissen Sie wie das mit der Anstellung der Zivilarbeiter ausgesehen hat? Hatten diese zeitlich begrenzte Verträge? Josef Kain : Das weiß ich nicht, aber sie haben ihren Lohn bekommen und haben ihren Urlaub gekriegt und Verpflegungskarten, es war ja alles rationalisiert, also rationiert hat das geheißen. Und da hat jeder seine Lebensmittelkarten gehabt und die natürlich, die im Lager gelebt haben, haben die dort abliefern müssen. Stefan Wunderl : 1939 bis 1943 ist sehr viel investiert und gebaut worden, können Sie schildern, was sich verändert hat? Josef Kain : Die Insel, die sich visavis von. Also ein Teil von der Werft war am Festland, dann war der Arm hinein, der Hafen also und auf der visavis Seite war eine Insel. Und die wurde ausgebaut die Insel, da wurden 4 Stapeln gebaut, da konnten 12 Schiffe zugleich aufgelegt werden, auf Kiel gelegt werden. Und zwar sind die so ausgelegt gewesen, dass dort Hochseeschiffe sogar gebaut werden konnten. Und die ersten Schiffe die gebaut wurden, die haben KT-Schiffe geheißen, das waren so Küstentransporter, die sind gebaut worden für das Schwarze Meer.

105 Die sind dann aber, das war kurz bevor ich eingerückt bin, da sind ein paar dann fertig gestellt worden und sind aber als Hilfskreuzer bestückt worden. Ich bin dann aber im 43-Jahr eingerückt, was dann war, alles weiß ich nicht. Ich habe nur einmal erfahren, dass sie dann U-Boottürme gebaut haben und alles Mögliche, also Schiffsteile die dann verschickt worden sind per Bahn. Na ja, und sehr viele Schleppkähne sind auch gebaut worden, im Jahr 1940 waren 50 Stapelläufe. Also da hat sich was abgespielt. Und das wollte ich ihnen auch sagen, das ist lustig: Es hat ja einen bewaffneten Werksschutz gegeben, nicht? Und da war eine komplette holländische Werft war in Korneuburg, die haben selbständig gearbeitet, und haben alles im Akkord gehabt. Dann hat es einmal Streitigkeiten über den Akkord gegeben und die Holländer haben gestreikt. Das war doch ein Wahnsinn (lacht). Stefan Wunderl : War das um 41 herum? Josef Kain : Ja, ja, die haben gestreikt im 41er Jahr, haben sie gestreikt. Der Werksschutz wollte das verhindern und die haben gar nicht so schnell schauen können, und dann waren sie entwaffnet (der Werksschutz)(lacht). Aber das waren lauter so Hünen von Leuten, ich meine der kleinste war vielleicht einen Meter 80, aber sonst lauter Riesenlackln. Waren aber sonst ganz passable Leute, aber das haben sie sich nicht gefallen lassen, es ist zu keiner Reiberei gekommen, die haben ihren Akkord bezahlt bekommen, aber die (holländische) Schiffswerft wurde aufgelöst. Und die Leute von dieser Schiffswerft sind dann im ganzen Betrieb verteilt worden, dann waren sie machtlos. Stefan Wunderl : Das heißt, dass das vorher ein eigenständiger Betrieb wa .... Josef Kain : Eine eigenständige Schiffswerft, ja. Die haben irgendeinen Vertrag gehabt, im, warten sie: Holland, ja, Holland hat im 40er-Jahr kapituliert und im 41er- Jahren waren da schon Holländer da. Aus einer Rotterdamer Werft. Stefan Wunderl : Hat es für die Holländer Konsequenzen gegeben, nach diesem Streik? Josef Kain : Nein, nein, gar nichts. Die ganze Konsequenz war, dass diese Werft aufgelöst worden ist und die Leute sind im ganzen Betrieb verteilt worden, und dann war es aus mit denen, dann haben sie nicht mehr streiken können. Weil wenn sie dann gestreikt hätten, dann wäre es ihnen nicht gut gegangen. Stefan Wunderl : Wann mussten Sie einrücken, als Facharbeiter in einem kriegswichtigen Betrieb?

106 Josef Kain : Ich habe relativ spät einrücken müssen, da waren von meinem Jahrgang schon welche gefallen, bin ich noch zu Hause gewesen, weil die ersten von meinem Jahrgang sind am 1.Oktober 1942 zum Reichsarbeitsdienst eingerückt und ein paar Wochen später schon zu der Wehrmacht. Im Jänner sind die ersten vom 25er-Jahrgang zu Wehrmacht eingerückt. Ich habe erst Ende August einrücken müssen. Stefan Wunderl : Nach der Lehre, als Facharbeiter, haben Sie da auf Schiffen auch gearbeitet, oder waren Sie da in der Werkstätte? Josef Kain : Aber natürlich, was angefallen ist an Arbeit, was einem eigentlich Vorgesetzten gesagt haben. So da haben Sie eine Zeichnung, machen Sie das und das. Da hat es ja ein umfangreiches Arbeitsgebiet gegeben. Wir haben zum Beispiel für die Schiffe die Blechdünen und das alles selber gemacht, das ist nicht gekauft worden, bei irgendeiner Fabrik. Das heißt, der Betrieb war maschinell sehr gut eingerichtet. Wir haben das alles selber machen können. Wir haben sogar die Schiffsöfen selber gemacht, für die Schleppkähne. Für die anderen, die Luxusschiffe ist das schon gekauft worden. Stefan Wunderl : Wie war das organisiert? Ich habe gelesen, dass es verschiedene Partien gegeben hat. Waren Sie auch in so einer Partie drinnen? Josef Kain : Auch, und zum Teil auch selbst mit ein paar Ausländern. Ich kann Ihnen sagen eine traurige Zeit, weil mit 17 Jahren ist man keine Respektsperson. Und da haben natürlich mache aufgemuckt, aber ich hätte es nicht gewagt jemanden zu verraten, weil das hätte ich nicht auf mein Gewissen genommen. Die hätten die Ruabn weggehabt. War eine traurige zeit, aber bitte, in jeder Diktatur ist das so. Bei den Anderen um keine Laus rarer. Stefan Wunderl : Können Sie mir sagen, was es für verschiedene Partien gegeben hat? Josef Kain : Na ja, da hat es Partien gegeben, zum Beispiel, die einen haben hauptsächlich Fenster gemacht, die anderen haben Türen gemacht. Partien hat es gegeben, die haben kleine Reparaturen gemacht, dann hat es eine eigene Partie nur für die Tanker, also Schleppkähne als Tanker, gegeben. Aber sagen wir 2 bis 3 Partien hat es gegeben, die für Allround - Reparaturen waren. Und es war alles ziemlich auf Akkord, also schnell, schnell. Stefan Wunderl : 1943, hat es da Nacht-, oder Schichtarbeit schon gegeben?

107 Josef Kain : Wir haben gearbeitet von 7 Uhr früh, bis 7 Uhr abends. Es ist eine Stunde Mittagszeit gewesen, dann war eine Viertelstunde Frühstückspause und um Fünf war dann noch einmal eine Pause. Also es ist täglich von Montag bis Freitag von 7 bis 7 gearbeitet worden. Am Samstag ist von 7 Uhr Früh bis 5 Uhr nachmittags gearbeitet worden. Und am Sonntag von 7 Uhr bis 12 Uhr. Und wan's gach gnädig woar is nonchmoi auf'd Nocht a worn. Es ist, wir sind ungefähr auf 70 Arbeitsstunden, Wochenstunden gekommen. Stefan Wunderl : War das durchgehend, ode hat sich die Arbeitszeit im laufe der Zeit gesteigert? Josef Kain : Als Lehrbuben haben wir das nicht machen müssen, aber in dem Moment, wo wir fertig waren, war diese Arbeitszeit, und der freie Tag war nur der Sonntagnachmittag. Stefan Wunderl : Ist das dann als Überstunde abgerechnet worden? Josef Kain : Das ist, alles was über 48 Stunden war ist als Überstunde gerechnet worden, also 25 prozentige Überstunde, und der Sonntag als 100 prozentige Überstunde. Man hat sich aber nichts kaufen können darum. Eisern sparen hat man können. Stefan Wunderl : Sie waren damals bei der DDSG angestellt? Josef Kain : Angestellt waren wir nicht, aber beschäftigt bei der DDSG. Stefan Wunderl : Und die DDSG hat zu den Reichswerken Hermann Göring gehört? Josef Kain : Da dürfen Sie mich nicht fragen, ich glaube schon, zu den Hermann- Göring-Werke. Aber das hat geheißen 1.DDSG Schiffswerft Korneuburg, und zur DDSG hat aber auch die Linzer Werft gehört und in Wien war eine Zentrale von der DDSG. Stefan Wunderl : Sie sind 1946 in die Schiffswerft zurückgekehrt. Beschreiben Sie bitte, was sich in der Zwischenzeit verändert hatte. Josef Kain : Na ja, einmal hat sich das Regime verändert. Und zwar haben dort vor allen Dingen die Kommunisten das Sagen gehabt. Warum? Es war die russische Besatzungsmacht da. Gleich die ersten Sachen, wie ich angefangen habe, hat mich gleich einmal einer angeflogen, ob ich nicht zur KP gehen will. Ich von denen nichts wissen wollen, und von den anderen auch nicht, ich sage es Ihnen ganz ehrlich. Und da habe ich schon einmal einen schwarzen Punkt gehabt. Ich habe keinen guten Stand gehabt, dann in der Schiffswerft nach dem Krieg. Aber bitte, das hat

108 mich nicht tangiert. Ich war damals ein junger Kerl, und wie es mir zu blöd geworden ist bin ich weggegangen, habe ich gekündigt, und ich habe es nicht bereut. Stefan Wunderl : Und wie sind Sie damals wieder zur Schiffswerft gekommen? Ist man da einfach hingegangen und hat gefragt, ob es wieder was gibt? Josef Kain : Ich bin im 45er - Jahr zu Weihnachten nach Hause gekommen und da hat man mir gesagt, in der Schiffswerft ist die russische Besatzungsmacht. Ich habe mich dort einmal angemeldet: "Also ich bin wieder vom Krieg zurück". Die haben mir mein Reichsarbeitsbuch gegeben und ich hab weiter nichts gesagt. Dann habe ich hier herumgeschaut. Also die Verkehrsverbindung war äußerst mies. Wenn ich in Wien arbeiten hätte wollen hätte ich zu Fuß nach Wien gehen müssen. Das war mir ein bisschen zu weit, weil es sind ja immerhin etliche Kilometer. Da in Korneuburg ist ja sonst nichts gewesen, also bin ich wieder zur Schiffswerft zurück. Und aber, es war kein gescheites Arbeiten. Das Betriebsklima war nicht gut. Durch die Politik eben war das Betriebsklima nicht gut. Mir hat es halt nicht gefallen, nicht? Stefan Wunderl : Wie hat es mit der maschinellen Ausstattung 1946 ausgesehen? Josef Kain : Na ja, das war sehr dezimiert, weil die Besatzungsmacht hat allerhand abmontiert und hat es die Donau hinunterschwimmen lassen. Nur soll angeblich, ich hab es einmal gehört, das Schiff auf eine Mine aufgefahren sein und das Schiff soll untergegangen sein, mitsamt dem Inhalt. Aber bitte, ob das stimmt, weiß ich nicht, jedenfalls ist davon gesprochen worden. Die schönsten und wertvollsten Sachen haben sie natürlich mitgenommen. Ja, was kann man noch sagen. Stefan Wunderl : Was für Arbeiten sind nach dem Krieg von der Werft erledigt worden? Josef Kain : Na, hauptsächlich Schiffsreparaturen. Schauen Sie, da sind einmal die ganzen Schleppkähne, die abgesoffen waren längs der Donau, weiß Gott wie viele Schleppkähne, ziemlich am Ufer aber leck gewesen. Die sind dann alle gehoben worden und in die Schiffwerft hinein, sind auf einen Stapel hochgezogen worden, gereinigt und dann sind die Löcher zugemacht worden und das ganze hergerichtet worden. Das hat alles der Besatzungsmacht gehört, nicht. Stefan Wunderl : Hat es zu dieser Zeit noch Kontakt zu DDSG gegeben, oder nicht? Josef Kain : Wir haben schon noch zur DDSG gehört, aber später ist das dann herausgelöst worden, aber da war ich nicht mehr tätig. Die ist dann glaube ich der Voest angehängt worden.

109 Stefan Wunderl : Und Sie haben dann 1947 das Arbeitsverhältnis beendet? Josef Kain : Ja ich habe gekündigt und hab mir eine andere Arbeit gesucht. Da war dann schon Arbeit genug hier bei uns und die Verkehrssituation ist auch eine bessere gewesen. Es sind dann viele weggegangen von der Schiffswerft. Aber es ist schade um den Betrieb, ehrlich. War ein guter Betrieb, es sind gute Sachen erzeugt worden und sagen wir: war gut ausgerüstet, aber es hat halt die Konjunktur mitgespielt und es sind ja andere Betriebe auch verschwunden, ganz einfach zugesperrt worden. Der Kampf in der Wirtschaft geht über Leiche, beinhart. Stefan Wunderl : Vielen Dank für das Gespräch. Josef Kain : Bitteschön, vielleicht können Sie ja was davon brauchen.

110 Lebenslauf

Name: Stefan Wunderl Geburtstag : 6. Oktober 1980 Eltern : Mag. Gerhard Wunderl, BHS – Lehrer Elisabeth, geb. Hosp, Hausfrau Geschwister : Anna (26 Jahre)

Werdegang: 9/1986 – 6/1990 Volksschule Bisamberg 9/1990 – 6/1998 Realgymnasium Wien 21, Franklinstrasse 26 10/1998 – 10/1999 Studium LA Geschichte und Sozialkunde, LA Geographie und Wirtschaftskunde an der Universität Wien 10/1999 – 9/2000 Zivildienst beim Roten Kreuz Ernstbrunn – Korneuburg – Stockerau 10/1999 – heute Studium LA Geschichte und Sozialkunde, LA Leibeserziehung an der Universität Wien

Sprachkenntnisse: Englisch fließend in Wort und Schrift Russisch Grundkenntnisse Italienisch Grundkenntnisse

Ausbildungen: 10/1999 Rettungssanitäter 2/2002 Lehrwart für Volleyball 7/2004 Instruktor für Snowboard

Ehrenamtliche Tätigkeiten: seit 1996 Nachwuchsvolleyballtrainer 1997 – 1998 Schulsprecher Bg/BRg 21/F26 seit 2000 Freiwilliger Mitarbeiter beim Roten Kreuz Ernstbrunn – Korneuburg – Stockerau (Einsatzfahrer, Rettungssanitäter)

111 Zusammenfassung Bereits 1848 gelangte die 1.DDSG zur Überzeugung, dass im Wiener Raum der Bedarf für eine Reparaturwerft und einen Winterhafen für die gesellschaftseigenen Schiffe bestand. 1952 wurde in Korneuburg, einem Ort mit langer Tradition als Schiffzugsstation der Ruderschifffahrt, eine Reparaturwerft eröffnet. In den ersten 50 Jahren beschränkten sich die Aufgaben des Betriebs hauptsächlich auf die Instandhaltung von DDSG – Schiffen und den Bau von Güterkähnen. Das Areal der Werft wurde kontinuierlich vergrößert und 1897 erfolgte der erste Dampfschiffneubau in Korneuburg. Um der Wohnungsnot in und um Korneuburg entgegenzuwirken errichtete die 1.DDSG 1916 eine eigene Arbeiterkolonie neben der Werft mit 48 Wohnungen, die den Mitarbeitern zu günstigen Konditionen vermietet wurden. Der 1.Weltkrieg führte in der Schiffswerft aufgrund von Einberufungen zu einem Engpass an Arbeitern. Die schlechte finanzielle Situation der Belegschaft gipfelte 1918 in der Teilnahme der Arbeiter der Werft am Jännerstreik. In der Zwischenkriegszeit stellte sich die Situation der 1.DDSG prekär dar. Es fehlten die finanziellen Mittel um die Flotte zu modernisieren und andere wichtige Investitionen zu tätigen. In Korneuburg wurde die Belegschaft deutlich reduziert und zeitweise Kurzarbeit eingeführt. Erst eine große italienische Investition 1935 ermöglichte dem Unternehmen den Ausbau der Flotte und Investitionen auch in die Schiffswerft Korneuburg. Mit dem Anschluss 1938 wurde die Werft in die Reichwerke „Hermann Göring“ eingegliedert und als kriegswichtiger Betrieb weiter modernisiert und ausgebaut. 1945 wurde der Betrieb von der Roten Armee als „Deutsches Eigentum“ beschlagnahmt und blieb bis 1955 unter sowjetischer Verwaltung. Der Abschluss des Staatsvertrages führte zur Verstaatlichung der Werft, was 1974 im Zusammenschluss mit der Linzer Schiffswerft in der Österreichischen Schiffswerften AG gipfelte. Fehlende staatliche Subventionen, Managementfehler und eine zu große Abhängigkeit von Aufträgen aus der Sowjetunion führten zum Niedergang der Schiffswerft und 1991 zur Privatisierung. Den neuen Eigentümern gelang es bis 1993 nicht neue Aufträge zu fixieren. Im November 1993 wurden die letzten Schiffe fertig gestellt und die Schiffswerft Korneuburg geschlossen.

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