DAs Humboldt-forum „Soviel Welt mit sich verbinden als möglich“ Aufgabe und Bedeutung des wichtigsten Kulturprojekts in Deutschland zu Beginn des 21. Jahrhunderts

Hermann Parzinger

DAs Humboldt-forum „Soviel Welt mit sich verbinden als möglich“ Aufgabe und Bedeutung des wichtigsten Kulturprojekts in Deutschland zu Beginn des 21. Jahrhunderts

Hermann Parzinger Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz

Herausgegeben von der Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum Kultur gestaltet Metropolen

Berlin wird mit dem Humboldt-Forum als einem Ort der Welt- Selbstverständnisses. Der Masterplan 2014 der Eremitage in kulturen in wenigen Jahren ein kulturelles Zentrum von natio- St. Petersburg sieht eine Erweiterung auf das benachbarte naler und internationaler Ausstrahlung besitzen. Weltweit Generalstabsgebäude vor, verbunden mit modernen musealen können wir beobachten, wie Kulturprojekte – mit großem Elan Strategien und Präsentationsmethoden: Ein Laboratorium und erheblichen finanziellen Anstrengungen realisiert – das für das Universalmuseum des 21. Jahrhunderts soll hier ent- Renommee der Metropolen fördern, ja sogar prägenden Ein- stehen, und das Erdgeschoss öffnet sich als Forum zur Stadt fluss auf das Selbstverständnis der Nationen haben und von hin. Auch das Puschkin-Museum in Moskau bereitet sich auf identitätsstiftender Wirkung sind. Oft sind es gerade Museen, das 21. Jahrhundert vor: Durch die Einbeziehung umliegender die daran besonderen Anteil haben. Die Strategie liegt dabei Villen und neuer Gebäude mittels Grünanlagen, Fußgänger­ vielfach in einer symbolkräftigen Verbindung von kulturellem zonen und unterirdischer Galerien entsteht ein herausragen- Erbe und zukunftsweisenden Konzepten. Ihren breit wirken- der Kulturkomplex mit Galerie, Bibliothek und Konzertsaal, den Ausdruck findet sie in großen architektonischen Gesten. der sich mit den großen Museen der Welt wird messen lassen Den Anfang machte Paris schon in den 1980er Jahren können. mit der gläsernen Pyramide im Hof des Louvre als neuer Licht- In Peking erlebt das Nationalmuseum eine beeindrucken­­­ quelle und aufbrechendem Zugang zugleich; den vorläufigen de Erweiterung zum weltgrößten Museumsbau, und Hunderte Abschluss bildete dort das 2006 eröffnete Musée du quai weitere Museen entstehen im ganzen Land. In der Golfregion Branly als herausragender Ort für außereuropäische Kunst versucht sich ökonomischer Wohlstand mit Hilfe futuristischer und Kultur. In Madrid führt ein neues Eingangs- und Erwei­te­ Museumsarchitektur und importierten musealen Know-­hows rungsgebäude den Prado in ganz neue räumliche Dimen­ eine erweiterte kulturelle Basis zu schaffen, die sich mit dem sionen. Das in London schuf sich mit der Wunsch nach einem modernen Weltverständnis verbindet. Überdachung des Innenhofs und durch die Verbindung mit Alle diese Beispiele zeigen nur das eine: Weltstädte ent- modernen Nutzungskonzepten ein völlig anderes Museums- wickeln gerade dann eine schier magische Anziehungskraft, gefühl, und auch hier tritt Außereuropäisches inzwischen wenn ihr Herz für Kultur schlägt, sie blühen auf, wenn ihre selbstbewusst neben die Kunst Alteuropas und des Zentren Kultur atmen. Nichts prägt das Bild eines Landes in Vorderen Orients. der Welt stärker als seine kulturellen Orte. Auch in Ländern, die nachhaltige politische Umbrüche und Zeitenwenden erlebten, spielen kulturelle Großvorhaben eine maßgebliche Rolle bei der Definition des eigenen

Das Musée du Quai Branly in Die Eremitage im Herzen Das Chinesische Paris wurde 2006 auf Initiative St. ­­­Peters­­­burgs ist eines der Nationalmuseum in Peking des französischen Präsidenten größten­ Kunstmuseen­ der Welt. beherbergt das Museum der Ge­ Jacques Chirac eröffnet und Gegründet­ von der russischen schichte Chinas und das Museum gilt als Natio Kunst und Kultur. Zarin Katharina der Großen, der Chinesischen Revo­lution, die Untergebracht in einem auf­ um­fasst es heute mehr als drei ­ 2003 zusammen­gelegt wurden. sehenerregenden Neubau von Millionen Kunst­werke und Arte­ Das Museum wird derzeit von dem Jean Nouvel am Quai Branly nahe fakte. In mehr als 350 Sälen sind Hamburger Architekturbüro von des Eiffelturms, vereint es die über 60.000 Exponate ausgestellt; Gerkan, Marg und Partner um­ge­ ethno­logische Sammlung des darunter befindet sich eine der baut. Nach seiner Wiedereröffnung Musée de l’Homme mit dem bedeu­ten­dsten Sammlungen werden die Geschichte und die ehe­maligen Musée national des europäischer Kunst. Das Museum Kunst einer der ältesten Kulturen arts d’Afrique et d’Océanie. erstreckt sich über einen histo­ der Menschheit auf fast 200.000 rischen Gebäude­kom­plex, dessen Qua­dratmetern zu sehen sein. Kern der Winter­palast, die einstige Am Platz des Himmlischen Friedens Zaren­resi­denz, bildet. zentral gelegen, spiegelt das Museum die wachsende inter­natio­ nale Bedeu­tung Chinas wider. 6 Die glückliche Wiedervereinigung der Stadt nach jahrzehnte- Bode-Museum ist 2006 auf wunderbare Weise neu erstanden. langer Teilung birgt die große Chance, die historische 2009 kam das Neue Museum hinzu, nach Jahrzehnten als in Anknüpfung an die kulturellen Errungenschaften Ruine erhob es sich wie Phönix aus der Asche und begeis-­ Preußens im 19. Jahrhundert neu zu gestalten. Hier wurden tert seitdem die Menschen. Das Neue Museum erzählt dabei über Jahrhunderte die herausragenden Kultur- und Kunst- drei Geschichten parallel: die Geschichte des Gebäudes, schätze der abendländischen Überlieferung zusammen­ge­ die Geschichte musealer Präsentation und die Geschichte der tragen, und von hier aus richtete sich die wissenschaftliche­ Exponate, die dort zu sehen sind. Vergleicht man die Häuser Neugier auf das Fremde und das Andere in der Welt. Diese mit­einander, dann ist keines wie das andere, jedes hat seine urbane Mitte gilt es zu vervollkommnen zu einem geistigen eigene Geschichte. Es ist genau diese Verschiedenartigkeit, Zentrum der Metropole . die die Besucher aus aller Welt fasziniert. Der immense Sammlungskomplex europäischer und Das neue Eingangsgebäude, die James-Simon-Galerie, nah­östlicher Kunst und Kultur auf der Museumsinsel erlebte entsteht­ gerade und bildet den Inbegriff des Weiterbauens nach der deutschen Wiedervereinigung durch die Zusammen- der Museumsinsel im 21. Jahrhundert. Dort werden Sonder- führung der getrennten Museumsbestände sowie durch ausstellungsflächen, Infobereiche, Restaurant und Muse­ums­ Sanierung und weiteren Ausbau der Häuser im Rahmen des shop untergebracht sein, die in den übrigen Häusern der Masterplans einen wahren Schub öffentlicher Wahrnehmung, Muse­umsinsel fehlen und dringend benötigt werden. Das Ein- die sich von Jahr zu Jahr verstärkt. Mit dem Humboldt-Forum gangsgebäude wird von Süden her in das Pergamonmuseum im teilweise wiederzuerrichtenden Berliner Schloss auf einmünden, das im Zuge seiner Sanierung einen vierten Flügel der anderen Seite des Lustgartens wird ein herausragender am Kupfergraben erhalten und so einen weltweit einmaligen Ort der Kunst und Kultur Asiens, Afrikas, Amerikas, Australiens Rundgang durch die Architekturgeschichte der Antike von und Ozeaniens entstehen. In dieser Komposition wird Berlin Altägypten über den Alten Orient und die griechisch-römische zu einer der weltweit führenden Kultur- und Museumsstädte. Welt bis in die frühislamische Zeit bieten wird. Der Master-­ ­ Möglich ist dies, weil einzig Berlin diesen Reichtum an Samm- plan Museumsinsel endet schließlich mit der Vollendung lungen aus aller Welt in einer Museumsinstitution vereint: der sogenannten Archäologischen Promenade: Die im Zuge Die Chancen den Staatlichen Museen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. der Sanierung um eine Ebene tiefer gelegten Höfe der Ge­ Und nur in Berlin kann ein solch ebenso eindrucksvoller bäude werden dabei durch unterirdische Galerien verbunden. wie sinnfälliger Ort der Weltkulturen mit Museumsinsel und So ent­steht ein langgestreckter, interdisziplinärer Ausstel- Berlins Humboldt-Forum geschaffen werden, weil hier – als Ergebnis lungsraum, der zeit- und raumübergreifende Fragestel­lungen der Dialektik einer verhängnisvollen Geschichte – im Herzen thematisieren und dabei mit wechselnden Inhalten dar­- sind einzigartig der Weltstadt der dafür notwendige Raum vorhanden ist. stellen wird. Noch wichtiger aber: Wir zeigen dadurch auch die geistige Bereitschaft in unserem Land, das geografische Herz-­ ­stück unserer Hauptstadt nicht selbstbezogen zu gestalten, Die Museumsinsel ist das Herz­ Staatsarchiv Preußischer Kultur­ sondern es auf Neugier und Weltoffenheit auszurichten. stück der Berliner Museumsland­­ besitz, das Ibero-Amerikanische schaft und einer der wichtigsten Institut sowie das Staatliche Insti­ Gleichwohl­ wird dieser Ort auch zur Selbstvergewisserung Museumskomplexe der Welt. tut für Musikforschung. in einer global vernetzten Welt beitragen können. Ihre fünf Museen – , Auf der Museumsinsel, 1999 von der UNESCO zur Welt­ , Alte National­ Nach der Wiedervereinigung der galerie, Bode-Museum und Per­ zuvor geteilten Sammlungen wurde erbestätte erklärt, befinden sich die Schatzhäuser der Kunst gamonmuseum – repräsentieren 1999 der Masterplan Museums- und Kultur Europas und des Nahen Ostens von der Antike 6.000 Jahre Kunst- und Kultur­ insel verabschiedet, dem zufolge bis ins 19. Jahrhundert. Der Hochtempel der Kunst, die Alte geschichte von der Steinzeit bis alle fünf Häuser der Insel baulich Nationalgalerie, wurde 2001 nach einer Sanierung im alten ins 19. Jahrhundert. Die Bauten instand gesetzt, modernisiert und entstanden zwischen 1830 und weiterentwickelt werden. Bereits Glanz wiedereröffnet. Das im Neorenaissancestil gehaltene 1930 als einzelne Häuser, die sich 2001 wurde die zu einem unvergleichlichen Ensem­ neu eröffnet, 2006 folgte das Bode- ble zusammenfügen. 1999 wurde ­Museum und 2009 das wieder­auf­ die Museumsinsel in die Liste des gebaute Neue Museum. Neu hinzu­ UNESCO-Weltkulturerbes aufge­ gefügt werden die James-­­Simon-­ nommen. ­­Galerie als zentrales Eingangs­ gebäude sowie die Archäologische Die Stiftung PreuSSischer Promenade, die die einzelnen Kulturbesitz ist eine der interna­­­ Häuser unterirdisch miteinander tional größten Kultur- und Wissen­ verbindet. schaftsinstitutionen; sie ging aus den Sammlungen und Archiven des ehemaligen preußischen Staates hervor. 1957 gegründet, vereint sie heute unter ihrem Dach die Staat­ lichen Museen zu Berlin, die Staats­ ­bibliothek zu Berlin, das Geheime

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Die Kulturen der Welt werden hier zu Teilhabern des vornehmsten Platzes Deutschlands Das Humboldt-Forum im Berliner Schloss trägt die einmalige nicht gibt. Das Humboldt-Forum ist deshalb nicht nur eine Chance in sich, diesen Hauptstadtstandort von hoher ge- Sache Berlins und Deutschlands, sondern es kann eine Ange- schichtlicher Bedeutung, städtebaulicher Akzentuierung und legenheit der gesamten Welt werden! internationaler Ausstrahlung nicht nur urban, öffentlich und Der Schloßplatz im historischen Zentrum Berlins ist ein hochwertig zu gestalten, sondern ihm einen faszinierenden Ort von besonderer Bedeutung. Nach dem Abriss des Palastes Sinn zu geben: Die Kulturen der Welt werden hier gewisser­ der Republik, der dort das 1950 gesprengte Hohenzollern- maßen zu Teilhabern des vornehmsten Platzes Deutschlands. schloss ersetzt hatte, wird dieser für das wiedervereinigte Berlin und das ganze Land können sich damit auf sehr wirk- Deutschland symbolhafte Platz neu gestaltet. Die derzeitige same Weise einer Aufgabe von internationalem Gewicht Leere darf dabei nicht sinnbildlich für den Umgang mit unserer stellen. Wohl kaum eine andere Stadt besitzt dafür eine so Geschichte stehen, sie darf auch nicht unsere Haltung zu unmittelbare Legitimation wie Berlin, in dem einst die Brüder Gegenwart und Zukunft symbolisieren! Humboldt wirkten. Der Platz, an dem einst Kurfürsten und Könige residier- Das Humboldt-Forum im Berliner Schloss wird zu einem ten, nach 1918 Museen und Wissenschaft untergebracht neuartigen Zentrum der Kunst- und Kulturerfahrung. Es ver- waren und an dem zur Zeit der DDR die Volkskammer tagte Ein Ort der Reflexion weist auf das Erbe der Brüder Wilhelm und Alexander von und wo die Gesellschaft feierte, soll eine öffentliche, seiner Humboldt, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts Bahnbrechen- Geschichte angemessene und zugleich zukunftsweisende des für die Erforschung fremder Kulturen und damit für das Funktion erhalten. Er muss ein öffentlicher Ort mit kulturpoli- in einer Welt globaler Verständnis der Welt geleistet haben. Es wird dabei nicht tischer Ausstrahlung und starker urbaner Wirkung werden. nur die auf der Museumsinsel bislang zusammengetragenen Dies kann nur das Humboldt-Forum leisten. Aus diesem Verflechtung Kunst- und Kulturschätze um die in Berlin einzigartigen Grunde hat der Deutsche Bundestag mit seinen Beschlüssen außereuropäischen Sammlungen erweitern, sondern auch von 2002 und 2003 dieses wichtigste kulturpolitische Projekt die Institutionen Museum, Bibliothek und Universität auf neue in Deutschland am Beginn des 21. Jahrhunderts auf den Weise verbinden und dabei Brücken von den historischen Weg gebracht. Sammlungen zu den drängenden Fragen der Gegenwart Die Verwandlung des einst gesprengten Hohenzollern- schlagen. schlosses in einen Ort der Weltkunst und Weltkultur und Das Humboldt-Forum wird Erfahrungen mit außereuro­ ihres Dialoges mit den Wissenschaften hat eine gewisse päischer Kunst und Kultur und dadurch Wissen über die Welt innere Logik: Hier wird wie in einer verspäteten Verwandlung vermitteln, interkulturelle Begegnungen ermöglichen und so erneut der Kulturstaat Preußen sichtbar und macht seine die Menschen neugierig machen und für andere Welten be- Museen sowie Wissenschafts- und Bildungseinrichtungen geistern. Zukunftsfähige Formen des Umgangs mit dem Frem- für die Zukunft des wiedervereinigten Deutschlands frucht- den und dem Anderen zu finden, ist in einer Zeit, in der die bar. Gleichsam die besondere Leistung Preußens, der vor Kulturen der Welt in noch nie dagewesener Vielfalt, Geschwin­ dem Hintergrund seiner Bildungsideale enzyklopädisch zu- digkeit und Komplexität aufeinandertreffen, eine Frage des sammengetragene Reichtum außereuropäischer Kunst und guten Zusammenlebens. Das Verstehen kultureller Vielfalt Kultur, wird das Kernstück des Humboldt-Forums sein. Die mittelalterliche Residenz der Die 2009 gegründete Stiftung und die Dialogbereitschaft sind wichtige Voraussetzungen brandenburgischen Kurfürsten Berliner Schloss – Humboldt- für die Gestaltung unserer Zukunft. bildete den Kern des Berliner forum ist eine gemeinnützige Das Humboldt-Forum ist unentbehrlich, weil Deutschland Schlosses. Über die Jahrhunderte Stiftung bürgerlichen Rechts. Sie hinweg wurde das Gebäude mehr- übernimmt die Bau­herren­funktion einen Ort des Austauschs für Positionen, Ziele und Erfahrun- fach um- und ausgebaut. Mit der für das Humboldt-Forum in der gen aus andersartigen Kulturen und Gesellschaften braucht. Erweiterung zum Barockschloss zu Kubatur des Berliner Schlosses Die Mitte der deutschen Hauptstadt bietet mit dem Humboldt- Beginn des 18. Jahrhunderts gab und finanziert die Rekonstruktion Andreas Schlüter dem Bau fort­an der barocken Fassaden sowie Forum einen solchen Ort, den es anderswo in der Welt noch seine prägende Gestalt. Von 1845 der Kuppel mittels selbst oder bis 1853 erfolgte der Bau der von privaten Einrichtungen ein­ Kuppel. Im Zweiten Weltkrieg wurde geworbener Spenden. das Schloss zwar stark beschädigt, die Außenmauern blieben jedoch Der Palast der Republik wurde vergleichsweise gut erhalten. Den­ 1973 bis 1976 auf dem Berliner noch wurden die Überreste 1950 Schloßplatz (damals: Marx-Engels- auf Beschluss der DDR-Regierung Platz) errichtet. Er beherbergte gesprengt. die Volkskammer der DDR und diente zugleich als öffentliches Seit 1992 setzt sich der gemein- Kulturhaus, in dem Konzerte, nützige Förderverein Berliner Theateraufführungen und Aus­stel­ Schloss e. V. für den Wiederaufbau lungen stattfanden. Nach der Wen- des Schlosses ein. 1993 initiierte de wurde der Bau 1990 geschlos- er die Errichtung einer maßstabs- sen, asbestsaniert und nach einer getreuen Schlosskulisse auf dem kulturellen Zwischennutzung von Schloßplatz und entfachte damit 2006 bis 2008 schrittweise die öffentliche Diskussion um den abgetragen. Wiederaufbau. Der Förderverein sammelt seit 2004 Spenden für die Rekonstruktion der historischen Schlossfassaden. 15 Die Idee des Humboldt- Forums ist eng mit der Geschichte des Ortes verbunden

Das Konzept des Humboldt-Forums wurde aus der Geschichte Schlosses auf und entwickelt sie im modernen Sinne weiter, des Ortes entwickelt und ist dadurch besonders legitimiert: seine Bestandteile sind historisch im Schloss verankert. Museen, Bibliothek und Universitätssammlungen hatten Dabei folgt es guter Tradition, Gebäude der Hohenzollern in der brandenburgisch-preußischen Kunst- und Wunder­ für kulturelle Zwecke zu öffnen. So hatten die Staatlichen kammer des Berliner Schlosses ihre gemeinsame Keimzelle; Museen schon einmal die Chance einer Neudefinition der sie kehren nun an den Ort ihres Ursprungs zurück. Mitte Berlins durch die zivilisatorische Macht der Kultur: Das Hohenzollernschloss war zwar kein Bürgerforum, Nach dem Ersten Weltkrieg und der Ausrufung der Republik keine moderne, öffentlich zugängliche Bibliothek und kein zogen einige Sammlungen der Museen in das Schloss und stark frequentiertes Museum. Aber Kunst und Wissenschaft in das , nachdem die Angehörigen des spielten hier stets eine zentrale Rolle: So war das Schloss preußischen Herrscherhauses diese Häuser verlassen hatten. der Ort des erwachenden wissenschaftlichen Interesses an Was spricht mehr für die Lebendigkeit einer Demokratie, Natur und Kunst, das seinen Ausdruck im „Theater der Natur als Orte der monarchischen und politischen Repräsentation und Kunst“ von Gottfried Wilhelm Leibniz fand. Im Schloss von der öffentlichen Kultur in Besitz nehmen zu lassen? entstanden die völkerkundlichen Sammlungen, die dort die Weltläufigkeit und die Kontinente umspannenden Bezie- hungen des Herrscherhauses aufzeigen sollten. Im Schloss Die Kunst- und Wunderkammern Gottfried Wilhelm Leibniz wurde – angeregt durch Wilhelm von Humboldt – die Idee vom der Spätrenaissance und des (1646 – 1716) war Philosoph und Barocks gingen aus den früheren Wissenschaftler, Mathematiker, Ausbau der Museumsinsel zu einer „Freistätte für Kunst und Raritäten- oder Kuriositätenkabi- Diplomat, Physiker, Historiker, Wissenschaft“ geboren, an der Museum, Universität und netten hervor und bezeichnen ein Politiker, Bibliothekar und Doktor Akademie zusammenwirken sollten. Das inhaltliche Konzept Sammlungskonzept aus der Früh- des weltlichen und des Kirchen- rechts. Er gilt als der universale des Humboldt-Forums greift also Funktionen des alten phase der Museumsgeschichte, das Objekte in ihrer unterschied­ Geist seiner Zeit und zählt zu den lichen Herkunft und Bestimmung bedeutendsten deutschen Philo­ gemeinsam präsentierte. Im Verlauf sophen. Sein „Theater der Natur des 19. Jahrhunderts wurden die und Kunst“ („Theatrum Naturae Kunst- und Wunderkammern von et Artis“) ist ein an die Kunstkam- heute üblichen, spezialisierten mer angelehntes Konzept eines Museen abgelöst. Einige Wunder- „Wissenstheaters“, das unter kammern sind erhalten geblieben, anderem durch die Präsentation und bis heute gibt es das Bedürf- vielfältiger Wissensträger wie nis, das Einzelne und Besondere Bilder und Objekte umfassende in Gestalt von Naturalien und Erkenntnis vermitteln soll. Artefakten in einen universellen Zusammenhang zu stellen. 17 Vergleichbar einflussreich wie Das Konzept trägt die (1769 – 1859) zählt zu den einfluss- sein Bruder, jedoch auf anderen reichsten Persönlichkeiten der Gebieten tätig, prägte Wilhelm deutschen Wissenschafts- und von Humboldt (1767 – 1835) das kosmopolitische Kulturgeschichte. Ausgedehnte geistige Leben Berlins im 19. Jahr- Forschungsreisen führten ihn nach hundert und darüber hinaus. Als Lateinamerika, in die USA und preußischer Politiker und Minister nach Zentralasien. Seine Beobach- entwickelte er Reformkonzepte Weltsicht der Brüder tungen von Flora und Fauna, seine und Entwürfe zu Staat, Verfassung Beschreibungen der geografischen und Kulturpolitik. Er war Mitbe- und wirtschaftlichen Verhältnisse gründer der Staatlichen Museen Humboldt in sich vor Ort, aber auch seine weniger zu Berlin und der Berliner Universi- bekannten historischen Studien tät, die heute nach ihm und seinem zu altmexikanischen Kulturen sind Bruder benannt ist. Als Gelehrter einzigartig für die damalige Zeit galt sein Interesse vor allem den und brachten ihm schon zu Leb­ Sprachen der Welt. Seine wissen- zeiten den Ruf eines „zweiten, schaftlichen Untersuchungen, Das gemeinsame Forum von Museen, Bibliothek und Univer­ Wilhelm wie Alexander, beide prägte eine kosmopolitische wissenschaftlichen Entdeckers in denen er sich unter anderem sität trägt den Namen Humboldt, weil die Brüder Wilhelm und Weltsicht, die auf der Gleichberechtigung der Weltkulturen Amerikas“ ein. Humboldts Werk mit indigenen Sprachen Amerikas, schuf neue Wissenshorizonte und dem Koptischen, dem Altägyp­ Alexander von Humboldt nicht nur eng mit dem Ort verbunden basiert. Sie stehen für Aufklärung und für die Neugier auf wirkte weit über die Grenzen Euro- tischen, dem Chinesischen, dem sind, sondern gleichsam als Leitfiguren für das Konzept des das Andere und das Fremde in der Welt. Was vor 200 Jahren pas und seine Zeit hinaus. Welt­ Japanischen und dem Sanskrit Humboldt-Forums gelten: Wilhelm steht für die Bedeutung nur ein Modell war, getragen von wenigen Einzelnen, das offenheit und universelle Gelehr- aus­­einandersetzte, legten das samkeit bilden die Pfeiler seiner Fundament für die vergleichende der klassischen Ideen- und Geistesgeschichte Europas und können wir heute in der Mitte Berlins konkret umsetzen, Ideenwelt. Sprachforschung. für das Verständnis der außereuropäischen Kulturen, für die und zwar ganz im Sinne Wilhelm von Humboldts, der einmal Bedeutung der Sprache beim Begreifen von Kunst und Kultur, sagte: „Soviel Welt als möglich, ja die ganze Welt in für die Verbindung von Museum, Universität und Bibliothek die eigene Person verwandeln, das ist im höheren Sinn sowie für eine tiefgreifende bildungspolitische Offensive. des Wortes Leben.“ Alexander symbolisiert die Neugier auf die Welt, eine welt­ offene Beschreibung fremder Kulturen, eine Disziplinen überschreitende Erforschung Amerikas wie Asiens und den Gedanken einer untrennbaren Einheit von Natur und Kultur. Gerade das Berliner Schloss war einer jener Orte, an denen Alexander von Humboldt diese Ideen vortragen und erörtern konnte, wenn er von König Friedrich Wilhelm IV. zusammen mit den Historikern Leopold von Ranke und Barthold Georg Niebuhr, dem Philosophen Friedrich Wilhelm Schelling und dem Architekten Karl Friedrich Schinkel regelmäßig zum Gespräch im Teesalon geladen wurde.

18 Ein Ort, an dem sich Wissen vermehren wird

Drei Einrichtungen werden das Humboldt-Forum gestalten: und zwar inmitten einer wahrlich einzigartigen Topographie die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die Humboldt-Univer­ der Kunst und Kultur, Wissenschaft und Bildung, denn es wird sität zu Berlin sowie die Zentral- und Landesbibliothek Berlin. umgeben sein von Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen Die größte Fläche wird die Stiftung Preußischer Kulturbesitz von Weltrang, die über Jahrhunderte die herausragenden mit den derzeit noch in Berlin-Dahlem befindlichen außer­ Wissens- und Kunstschätze der abendländischen kulturellen europäischen Sammlungen ihrer Staatlichen Museen zu Berlin Überlieferung zusammengetragen haben: Museumsinsel, einnehmen, die dort auf das Ethnologische Museum und das Deutsches Historisches Museum, Humboldt-Universität zu Museum für Asiatische Kunst verteilt sind. Diese Sammlungen Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin und Zentral- und Landes­ umfassen weit über 500.000 Artefakte und Kunstwerke aller bibliothek. Kontinente, ergänzt durch einmalige Ton- und Filmdokumente, Mit dem Humboldt-Forum wird im Geiste der Brüder von und bilden zusammen einen der weltweit reichsten Bestände Humboldt die ganze Welt in den Blick genommen. zur außereuropäischen Kunst und Kultur. Die Zentral- und Landesbibliothek Berlin bietet einen umfassenden Service­ bereich. Sie stellt die Vielfalt der Medien ihrer attraktiven Die Humboldt-Universität zu Mit rund 500.000 Objekten aus Kernbereiche Tanz, Bühne, Film, Kunst und Musik zur Verfü- Berlin wurde 1810 gegründet und allen Erdteilen und großen Bestän- gilt noch heute als „Mutter aller den an Tonaufnahmen, Fotodoku- gung und bietet eine moderne Teaching Library für Kinder und modernen Universitäten“. Dies ist menten sowie Filmen gehört das Jugendliche. Als dritter Partner plant die Humboldt-Univer­ das Verdienst der Universitätskon- Ethnologische Museum der sität zu Berlin ausgehend von den reichen Beständen univer- zeption Wilhelm von Humboldts, Staatlichen Museen zu Berlin – der die Einheit von Forschung und PreuSSischer Kulturbesitz sitärer Sammlungen ein „Humboldt-Labor“ mit thematisch Lehre sowie eine allseitige huma- zu den größten und bedeutendsten ein­schlägigen Wechselausstellungen und Veranstaltungen. nistische Bildung der Studierenden seiner Art. Es sammelt, bewahrt Die Universität kann dazu beitragen, das Humboldt-Forum als vorsah. Heute ist die Universität und erforscht vor allem die mate­ri­ einen Ort zu begreifen, an dem auch bei Achtung der tiefsten eine weltweit anerkannte For- ellen Kulturzeugnisse vorindus­ schungseinrichtung, die erfolgreich­ trieller Gesellschaften, überwie- weitestgehenden Spezialisierung die Welt als Ganzes befragt aus den ersten beiden Runden der gend aus den außereuropäischen werden kann. Das Prinzip, die Zukunft global zu denken, ist in Exzellenzinitiative von Bund und Gebieten. der Geschichte des Schlosses wie auch der Universität von Ländern hervorgegangen ist. Das Museum für Asiatische Grund auf an­gelegt. In diesem Sinn kann sich mit der Program­ Die Zentral- und Landesbiblio­ Kunst der Staatlichen Museen matik des Humboldt-Forums auch die Universität wandeln. thek Berlin ist 1995 aus dem zu Berlin – Preussischer Das Humboldt-Forum greift die Idee des Pariser Centre Zusammenschluss der Amerika- Kulturbesitz ist 2006 aus dem Gedenkbibliothek (ehemals West- Museum für Ostasiatische Kunst Pompidou mit seiner Verbindung aus öffentlicher Bibliothek, berlin/BRD) und der Berliner Stadt- und dem Museum für Indische Ausstellungsbereichen und Veranstaltungszentrum auf und bibliothek (ehemals Ostberlin/ Kunst hervorgegangen. Es beher- entwickelt sie für die Bedürfnisse und Anforderungen einer DDR) hervorgegangen. Sie ist ein bergt eine der weltweit bedeu- globalisierten Welt im 21. Jahrhundert weiter. Museen, Biblio- gelungenes Ergebnis der deut- tendsten Sammlungen von Kunst- schen Wiedervereinigung und der werken des indoasiatischen thek und Universität werden im Rahmen eines integrativen Zusammenführung bedeutender Kulturraums vom 4. Jahrtausend Nutzungskonzepts ihre Kräfte und unterschiedlichen Kompe- Bibliothekseinrichtungen in der v. Chr. bis in die Gegenwart. tenzen bündeln und einen lebendigen Ort der Wissenspro­ Hauptstadt. An bislang drei Stand- orten versammelt die Bibliothek Das Centre Pompidou in Paris ist duktion und -vermittlung zu den Kulturen der Welt schaffen. über 3,4 Millionen elektronische ein interdisziplinäres, dem moder- Das Konzept trägt die einmalige Chance in sich, die be- und gedruckte Medien. nen und zeitgenössischen Kunst- teiligten Institutionen in neuartiger Weise zu vernetzen, schaffen gewidmetes Zentrum, Hervorgegangen aus der Gründung das Museum, Bibliothek, Institute, Formen komplementären Zusammenwirkens zu entwickeln des „Königlichen Museums“ durch Veranstaltungsräume und Gastro- und Zugänge zur Welt jenseits der engen Grenzen der klassi- Friedrich Wilhelm III. von Preußen, nomie unter dem Dach eines schen Disziplinen zu schaffen. Künste und Wissenschaften sind die Staatlichen Museen archi­tektonisch emblematischen werden in einen Dialog treten und der Öffentlichkeit eine zu Berlin heute mit 15 Museen, Neubaus vereint. Es geht auf die drei Forschungsinstituten, der Initiative des Staatspräsidenten reiche Palette an kulturellen Aktivitäten bieten. Der abend- Gipsformerei und der Generaldirek- Georges Pompidou zurück und ländische Blick auf die Welt wird um zusätzliche Sichtweisen tion die größte Einrichtung der wurde 1977 als damals völlig neu­ ergänzt und provoziert damit einen Perspektivwechsel. Stiftung Preußischer Kulturbesitz. artiges Kunst- und Kulturzentrum Ihre Sammlungen umfassen meh­ eröffnet. Bis heute zieht es jähr­lich Das Humboldt-Forum in dieser besonderen, zukunftswei- rere Millionen Objekte aus den rund sechs Millionen Besucher an. senden Verbindung aus Museum, Bibliothek und Universität Bereichen­ der europäischen und wird der Metropole Berlin ein neues geistiges Zentrum geben, außereuropäischen Kunst, der Archäologie und der Ethnologie und bilden ein Universalmuseum von den Anfängen der Mensch­­­- heit bis zur Gegenwart. 20 Museumsinsel und Humboldt-Forum bilden eine Einheit

Die Entwicklung der Museumsinsel begann 1830 mit der Vollendung von Schinkels Altem Museum. Schinkel hatte als Erster die Mitte Berlins vom Museum aus als einen Ort des Geistes und des Humanen definiert. Die damals geradezu pro- vozierende Modernität dieses im klassizistischen Stil aus­ge­ führten Gebäudes wird erst im Spiegel der Barockfassaden des gegenüberliegenden Schlosses wieder begreifbar werden. Mit der Säulenhalle seines Alten Museums, die sich an der von Säulengängen umstellten griechischen Agora orientierte, setzte Schinkel als Architekt der Aufklärung einen bewussten Kontrapunkt gegen das Schloss. Erst wenn dieses Ensemble wiederersteht, wird die städtebauliche Lücke in der Mitte der deutschen Hauptstadt geschlossen und die architektonische Komposition dieses Ortes verständlich sein. Umfassende Dialoge zwischen Museen, Universität und Akademie sowie zwischen Künsten und Wissenschaften hatte erstaunlicherweise bereits Friedrich Wilhelm IV. im Sinn, als er von der Museumsinsel als einer „Freistätte für Kunst und Wissenschaft“ sprach. Und er selbst hatte dabei eine Aula mit Hör- und Festsälen in Gestalt eines hoch aufgerich- teten Tempels im Zentrum der Museumsinsel entworfen, der dann – gleichsam zweckentfremdet – als Nationalgalerie wirklich gebaut worden ist. Diese „königliche“ Idee von einem allgemeinbildenden Ort des Diskurses kann nun über 150 Jahre später durch das Humboldt-Forum im Berliner Schloss Wirklichkeit werden und dabei einen globalen Dialog der Weltkulturen eröffnen, auf den damals noch niemand zu hoffen gewagt hätte. Die Museumsinsel mit ihrer umfassenden Präsentation Friedrich Wilhelm IV. (1795 bis ­ der Kunst und Kultur Europas und des Nahen Ostens und das 1861) entwickelte die Idee zur Schaffung der Berliner Muse­ums­ Humboldt-Forum mit der Kunst und Kultur Afrikas, Amerikas, insel. Unter seinem Vater war Asiens, Australiens und Ozeaniens gehören zusammen, sie bereits das Königliche Museum bilden eine inhaltliche Einheit, in der jeder Kontinent seinen (heute: Altes Museum) gebaut und Platz hat und in der sich der Dialog der Kulturen manifestiert. 1830 eröffnet worden. Kurz nach seinem Regierungsantritt 1840 Die Idee des Humboldt-Forums ist dabei heute ähnlich ordnete Friedrich Wilhelm IV. an, visionär, wie es die Schaffung der Museumsinsel als einer die „ganze Spreeinsel hinter dem „Freistätte für Kunst und Wissenschaft“ im 19. Jahrhundert Museum zu einer Freistätte für Kunst und Wissenschaft umzu­ war. Mit dem Humboldt-Forum öffnet sich der Schloßplatz schaffen“. Zu seinen Lebzeiten der Welt, er wird zu einem Ort, der Weltverständnis vermittelt entstand nur noch das Neue und die Gleichberechtigung der Weltkulturen erlebbar macht. Mu­seum, das 1855 eröffnet wurde. Der Plan zur Errichtung eines ganzen Museumskomplexes wurde aber erst rund 90 Jahre später vollendet.

23 Die auSSereuropäischen Sammlungen müssen zurück in die Mitte Berlins

Die auf das Ethnologische Museum und das Museum für Asia- Sammlungen wie die Gemäldegalerie, das Kupferstichkabinett, tische Kunst verteilten außereuropäischen Sammlungen der die Skulpturensammlung oder auch das Museum für Islami- Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz sind sche Kunst zogen von Dahlem weg in neue Häuser oder seit dem Zweiten Weltkrieg in Dahlem an der südwestlichen an ihre alten Standorte im Zentrum Berlins. Zurück blieb in Peripherie Berlins untergebracht. Davor besaß das Ethno­­- Dahlem ein – schlecht besuchter – Torso außereuropäischer lo­gische Museum ein eigenes Gebäude neben dem Kunst­ Kunst und Kultur, der nun jeglicher Gegenüberstellung mit gewerbemuseum, dem heutigen Martin-Gropius-Bau, in der der Kunst und Kultur Europas und des Nahen Ostens beraubt Stresemannstraße. Der Museumsstandort Dahlem umfasste war. Diese Einheit gilt es wieder herzustellen! einst wesentliche Bestände der Staatlichen Museen in Mit dem Umzug der außereuropäischen Sammlungen aus Westberlin, die sich damals dort wie ein kleines Universal­ Dahlem in die Mitte Berlins, ihrer wiedergewonnenen Nähe zur museum europäischer und außereuropäischer Kunst und Museumsinsel, kehren sie in ein Ensemble zurück, in dem sie Kultur höchst reizvoll zusammenfügten. Durch den Ausbau das abwertende Stigma des Exotischen endgültig verlieren; des Kultur­forums am und die Wiedergewin- auch das ist Teil einer gleichberechtigten Präsentation und nung der Museumsinsel als Folge der Wiedervereinigung, Wahrnehmung der Weltkulturen! Das Musée du quai Branly hatte dieses der deutschen Teilung geschuldete Provisorium in Paris hat es vorgemacht: Trotz umstrittener Architektur und jedoch bereits erheblich an Charme verloren. So bedeutende Innengestaltung vermeldet es immer neue Besucherrekorde. Doch auch der Louvre verzichtet nicht mehr auf seine Galerie von Meisterwerken außereuropäischer Kunst, und man ist stolz darauf, die Hierarchien der Künste der Welt überwunden zu haben. Das British Museum in London setzt inzwischen ebenfalls auf die Gegenüberstellung von Europäischem und Außereuropäischem. Die großen Universalmuseen tragen damit dem Verlangen der Besucher Rechnung. Es ist über- deutlich: Kulturinteressierte und Museumsgänger denken heute längst in globalen Dimensionen.

Seite 24: Buddha-Kopf, Tumshuk, China, autonomes Gebiet Xinjiang Figur des Kulturheros Chibinda Ilunga, Chokwe, Angola, 19. Jahrhundert

25 In der Mitte Berlins kehren die aussereuropäischen Sammlungen in ein Ensemble zurück, in dem sie das abwertende Stigma des Exotischen verlieren

Wolfsmaske der Haida, Kanada, um 1880 Fremde Kunst und Fremde Kulturen Als Inspirations- quelle für Europas Moderne

Zeitgenössische bildende Kunst im 21. Jahrhundert ist Kunst- und Kulturtheoretiker Aby Warburg von seinen Erfah­ global und in weltweit ausgreifende Netzwerke eingebunden, rungen bei Indianern im Südwesten der USA anregen, und die einander immer stärker beeinflussen. Doch die Wurzeln Sigmund Freuds Versuche zur Erklärung der menschlichen dieser Beeinflussung reichen viel weiter zurück: Der große Psyche bedienten sich des Vergleichs mit sogenannten Epochenwandel zur Moderne am Beginn des 20. Jahrhunderts Naturvölkern. Auch wenn wir inzwischen wissen, dass sich wurde wesentlich ausgelöst durch nachhaltigen­ Einfluss die von den Gelehrten des frühen 20. Jahrhunderts diagnos­ von Kunst aus Übersee. tizierten Zusammenhänge heute weitaus vielschichtiger Künstler wie Pablo Picasso oder Ernst Ludwig Kirchner und daher andersartig darstellen, so prägte diese intensive entdeckten in den Sammlungen der Völkerkundemuseen Auseinandersetzung mit dem Fremden und Anderen in der völlig neue Inspirationsquellen und Ausdrucksenergien, was Welt auf vielfältige Weise die europäische Geistesgeschichte. einen grundlegenden Wandel ihres künstlerischen Schaffens Die Erläuterung dieser Zusammenhänge können die Besucher zur Folge hatte und eine neue Kunstepoche einläutete. Ins- mit dem bibliothekarischen Angebot im Humboldt-Forum besondere plastische Werke aus Afrika und Ozeanien spielten eigenständig vertiefen. dabei eine besondere Rolle, und die außereuropäischen An­ leihen vieler bedeutender Künstler der Moderne sind offen- sichtlich. Sie öffneten uns die Augen für die ästhetische 1906 soll Pablo Picasso (1881 bis ­ Aby Warburg (1866 – 1929) war Dimension dieser fremden Kunst, und doch ist unser heutiger 1973) erstmals mit einer Skulptur deutscher Kunsthistoriker, Kultur­ aus Afrika in Kontakt gekommen wissenschaftler und der Begrün­- Zugang weitaus komplexer. Die Objekte sind nicht mehr sein. Henri Matisse hatte zu einem der der Kulturwissenschaftlichen wie vor hundert Jahren der Inbegriff des Ursprünglichen und Treffen in Paris den Kopf eines im Biblio­thek Warburg, die heute zur Unverfälschten, sie sind nicht mehr Zeugnisse eines ge- 19. Jahrhundert gefertigten Vili University of London gehört. Mit der Bakongo aus dem Kongo mit­ seiner Doktorarbeit über Botticellis schichtslosen Raums, sondern wir sehen sie heute in anders- gebracht. Die fremde Form und Bilder „Die Geburt der Venus“ und artigen Zusammenhängen und würdigen sie auch in ihrem andersartige Ästhetik faszinierte „Frühling“ führte er die Ikonologie kulturellen Kontext, der in vielfältigen Medien überliefert und Picasso – wie auch viele seiner als neue Methode ins Fach der aufbereitet ist. Zeitgenossen – so sehr, dass er Kunstgeschichte ein. 1885/86 daraufhin selbst Skulpturen und reiste er in die USA, wo er unter an­ Aber auch außerhalb der Kunst hinterließ die intellektu- Masken aus Afrika sammelte. Seine derem die Kultur der Hopi-Indianer elle Auseinandersetzung mit außereuropäischen Kulturen zur Schaffensphase zwischen 1907 studierte. Der Aufenthalt bewirkte, damaligen Zeit vielfältige Spuren. So ließ sich der berühmte und 1909, die von manchen Kunst­ in den Worten Warburgs, eine Be­ historikern auch als „afrikanische frei­ung von der ästhetisierenden Phase“ bezeichnet wird, ist von Kunstgeschichte. dieser Kunst beeinflusst. Der österreichische Arzt, Tiefen­ Auch Ernst Ludwig Kirchner psychologe und Religionskritiker (1880 – 1938) ließ sich, wie die Sigmund Freud (1856 – 1939) anderen Mitglieder der Künstler­ erlangte als Begründer der Psycho­ gruppe „Die Brücke“, von der Kunst analyse weltweite Bekanntheit. außereuropäischer Kulturen inspi­ Auf der Suche nach dem Ursprung rieren. Vor allem die Exponate in des sittlichen Empfindens und der den völkerkundlichen Sammlungen Moralvorstellungen des Menschen Dresdens und Berlins faszinierten studierte Freud die Arbeiten zahl­ die Künstler. Neben den Artefakten reicher Ethnologen über die Ur­ aus der Südsee wurde vor allem einwohner Australiens, Amerikas Kunst aus Afrika prägend für die und Afrikas. Er interessierte sich Brücke-Maler, in deren Werken besonders für deren Tabuvor­ häufig Objekte des Berliner Völker­ schriften, in der Annahme, daraus kundemuseums als Motiv erkenn­ Rückschlüsse auf den Ursprung bar sind. von Moralverboten der eigenen Gesellschaft ziehen zu können.

28 Koloniale Vergangenheit, Sammelleidenschaft und wissenschaftlicher Erkenntnisdrang

Auch die Kolonialgeschichte als tragische und folgenschwere Sammlern und Ankäufern zurück, das Bastian aufgebaut Verbundenheit Europas mit den Menschen anderer Kontinente hatte. Damals entstand das wissenschaftliche Fundament wird Teil der Ausstellung sein, nicht zuletzt deshalb, weil des Ethno­­logischen Museums in Berlin, und es entstand in Berlin bei der Kongokonferenz 1884/85 unter Bismarcks auf legale Weise. Die Berliner Museen sind deshalb recht­ Leitung die koloniale Aufteilung Afrikas ihren Abschluss fand. mäßige Besitzer ihrer Bestände. Auch die Völkerkundemuseen in Deutschland profitierten Einem anderen Ansatz entsprang die 1906 auf Initiative von dieser Entwicklung. Doch den Grundstock einer systema- Wilhelm von Bodes gegründete Ostasiatische Kunstsamm- tischen Sammlung außereuropäischer Kunst und Kultur legten lung: Erstmals sollte zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Forschungsreisende: Georg Forster begleitete James Cook Gleichrangigkeit abendländischer und asiatischer Kunst auf­ in die Südsee, Alexander von Humboldt erforschte die Natur- gezeigt werden, und mit diesem neuartigen Ansatz setzte und Kulturgeschichte Lateinamerikas, Hermann Schlagintweit wieder einmal Berlin Maßstäbe in der Museumswelt. Der Grund­ war in Tibet und der Mongolei unterwegs. Sie und unzählige ­stock der Sammlung entstand durch eine rege Ankaufstätig- andere sammelten und brachten Objekte von ihren Reisen keit und dank bürgerlichen Mäzenatentums. Hinzu kam 1963 mit nach Berlin. Ihre Berichte erschienen in Büchern und das damalige Museum für Indische Kunst, seit 2006 bilden Filmen, ihre Geschichten wurden für Kinder nacherzählt, und sie gemeinsam das Museum für Asiatische Kunst. so wurde Interesse an wissenschaftlichem Erkenntnisdrang bei der jungen Generation geweckt. Am Beginn eines systematischen Erfassens und Begrei- Die KongoKonferenz fand auf dokumentieren. Im Zeitalter des fens der Kulturen der Welt steht Adolf Bastians Gründung des Einladung des Reichskanzlers Otto expandierenden Kolonialismus von Bismarck 1884 /85 in Berlin sorgte Bastian mit Hilfe von Berli­ Königlichen Museums für Völkerkunde im Jahre 1873. Bastian statt. Das zunehmende Drängen ner Mäzenen und eines weltweiten hatte sich zum Ziel gesetzt, die damals bereits vom Kolonia- verschiedener europäischer Mächte Netzes von Beziehungen uner­ lismus bedrohten Kulturen fremder Kontinente zu dokumen- nach kolonialem Besitz im roh­ müdlich für die Vermehrung der Sammlungen, schrieb zahlreiche tieren, ihre Zeugnisse möglichst lückenlos zu sammeln, zu stoffreichen Afrika sollte nicht zu Konflikten untereinander führen, wissenschaftliche Abhandlungen erforschen und der Nachwelt zu erhalten, weil er ahnte, dass weshalb Bismarck um einen Inter­ und führte mehrjährige Weltrei­- Kolonialisierung, Missionierung und Modernisierung die Welt essenausgleich bemüht war. sen durch. und ihre Kulturen bald nicht mehr so belassen würden, wie Das Schlussdokument, die soge­ nannte Kongoakte, besiegelte Der Kunsthistoriker Wilhelm von sie damals noch waren. Zwar führte die Errichtung deutscher die kolo­niale Aufteilung Afrikas. Bode (1845 – 1929) begann 1872 Kolonien in Afrika und in der Südsee zu einem stetigen Zu- Als Folge der Konferenz nahm der seine Tätigkeit bei den Königlichen strom von Objekten aus diesen Weltgegenden, doch die Wett­lauf um die Inbesitznahme von Museen zu Berlin als Assistent Territorien in Afrika an Tempo zu. in der Skulpturensammlung, wurde Ausgewogenheit und Vollständigkeit der Berliner Bestände Innerhalb weniger Jahre stand der 1883 deren Direktor und 1905 Ge­ geht auf ein einmaliges und weltweit verzweigtes Netz von gesamte Kontinent mit Ausnahme neraldirektor der Berliner Museen. von Liberia und Äthiopien unter Bode gründete nicht nur das europäischer Herrschaft. Kaiser-Friedrich-Museum auf der Museumsinsel, das heute nach Johann Reinhold Forster mit seinem Sohn Adolf Bastian (1826 – 1905), ihm benannt ist, sondern übte Georg Forster bei Forschungsarbeiten auf einer erster Direktor des Königlichen auch entscheidenden Einfluss auf Reise, Holzstich, 1879 Museums für Völkerkunde in Berlin, die Berliner Kunstsammlungen, war zugleich erster Professor für die unter seiner Ägide zu Weltrang das Fach Ethnologie an der Ber­­- anwuchsen, sowie auf das Muse­ liner Universität und Begründer umswesen im Allgemeinen aus. der ethnologischen Wissenschaft in Deutschland. Sein Ziel war es, die damals unbekannten und bedrohten Kulturen der außereuro­ päischen Völker umfassend zu

31 Kaiserlicher Thronsitz, China, Qing-Dynastie, 17. Jahrhundert Gedenkkopf einer Königinmutter, Nigeria, Königreich Benin, 16. Jahrhundert Federdiadem, Bororó, Brasilien, 1889 erworben Ahnenfiguren, Indonesien, 19. Jahrhundert Menschlicher Kopf, Nigeria, Ife, 12. – 15. Jahrhundert Figur einer aztekischen Göttin, Mexiko, Mitte des 14. Jahrhunderts bis 1521 Teller, Buchara, West-Turkestan, Ende des 19. Jahrhunderts Federzepter der Mundurucú, Brasilien, um 1810 Kalkbehälter in der Form einer männlichen Figur, Kolumbien, Quimbaya, 3. – 10. Jahrhundert Uli-Figur, Neuirland/Ozeanien, 19. Jahrhundert

Weltkunst in Berlin

Der französische Staatspräsident Jacques Chirac brachte es Reliefzier gehören zu den wichtigsten Kunstwerken der prä­ auf den Punkt, als er 1995 feststellte, der Louvre könne kein kolumbischen Kulturen Mesoamerikas. Und die Uli-Figuren wirklich großes Museum bleiben, wenn er weiterhin die Kunst aus Neuirland, einer Insel des Bismarckarchipels in Papua- von 70 Prozent der Weltbevölkerung ignoriere. Die heraus­ Neuguinea, waren von solch hoher Ausdruckskraft, dass ragende Qualität der außereuropäischen Sammlungen der sie nachhaltigen Einfluss auf die Fantasie der deutschen Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz un- Expressionisten ausübten. terstreicht diese Aussage in besonderer Weise. Die Sammlun- Ein aus Palisanderholz gearbeiteter Kaiserthron der gen umfassen Meisterwerke der Weltkunst aus allen Konti- Qing-Dynastie aus dem China des 17. Jahrhunderts, dessen nenten mit ungemein eindrucksvoller ästhetischer Wirkung. Perlmutteinlagen in unzähligen Farbtönen changieren, Ein besonderes Konvolut der Berliner Afrikasammlung besticht sowohl durch die technische Perfektion im künst­ bilden Kunstwerke aus dem Königreich Benin im heutigen lerischen Entwurf wie auch in der grandiosen Wirkung seines Nigeria. Benin war vom 15. bis zum 19. Jahrhundert ein Zent- Farbenspiels; das Stück ist eines der Meisterwerke chinesi- rum des westafrikanischen Handels mit den Europäern. Aus scher Kunst. In ganz andere Welten entführen uns Gandhara- dem europäischen Importprodukt Messing wurden sogenann- Skulpturen aus Zentralasien. Sie führen dem Betrachter das te Gedenkköpfe und Reliefplatten von herausragender künst- Weiterleben griechisch-römisch beeinflusster Kunst während lerischer Qualität hergestellt, bei denen es sich um Porträts der Zeit des Buddhismus im Bereich der Seidenstraße vor und idealisierte Bilder handelt. Den prächtigen Federschmuck Augen. der amazonischen Mundurucú aus bunten Papageienfedern bestaunten bereits Besucher in der Kunstkammer des Berliner Schlosses. Steinerne Götterfiguren der Azteken und tonnen- schwere Stelen aus dem Mayagebiet mit reicher, erzählender

33 Das Humboldt-Forum wird sich grundlegend von einem klas- Die Agora wird das Herz des Humboldt-Forums bilden und sischen Völkerkundemuseum unterscheiden und sich in drei gleichsam den Pulsschlag vorgeben. Dazu werden die jewei­ zentrale Bestandteile gliedern: die Agora, die Werkstätten ligen Kernbereiche, die die beteiligten Einrichtungen eigen- des Wissens und die Ausstellungsbereiche. verantwortlich betreiben, von einem dichten Netz gemein­ Die Agora im Erdgeschoss ist das Entree, das den Besu- samer Aktionsfelder durchzogen sein, die in der Agora als cher auf die Vielfalt der Weltkulturen und ihrer Erscheinungs- attraktivem und lebendigem Veranstaltungszentrum ihren formen einstimmen und mit ihnen in Berührung bringen wird. Ausgang nehmen und in die Ausstellungsbereiche der Ober- Multifunktionsraum und Auditorium sind für Veranstaltungen geschosse ausstrahlen. Auf diese Weise lässt sich eine aus den Bereichen Theater, Film, Musik, Literatur und Perfor- Brücke von den historischen Sammlungen der Museen zu mances vorgesehen. Klassisches und experimentelles Theater den Fragen der Gegenwart und umgekehrt schlagen. aus aller Welt wird Populärtraditionen der Bühnenkunst für ein breites Publikum lebendig und verständlich machen. Eine Musikbühne kann Klangwelten der Kontinente in die Mitte Berlins bringen und dabei Zusammenhänge zwischen tradi­ tionellen Musikprogrammen und Strömungen der Gegenwart herstellen. Sonderausstellungsflächen werden neueste Ent- wicklungen der Gegenwartskunst aus Afrika, Amerika und Asien erlebbar machen und dabei wie Seismographen gesell- schaftliche Entwicklungen aufzeigen. Das Humboldt-Forum wird auch ein Ort für das Zeitgenössische sein. Kultur ist ein Die Agora ist auch integrativer Bestandteil unserer Präsentation der Weltkulturen. Als Forum für Wissenschaft, Kultur und Politik wird die Agora zudem ein Ort des Wortes, Austausch zwischen an dem aktuelle gesellschaftspolitische Themen in hoch­ rangiger Besetzung mit ausgewiesenen Experten öffentlich Menschen – debattiert werden.

Herzlich wIllkommen Als zentral gelegener Platz stellte Damit nicht der eurozentrische die Agora im antiken Griechenland Blick auf die Welt die Sichtweise den gesellschaftlichen Mittelpunkt des Humboldt-Forums bestimmt, in der Agora einer Stadt dar. Oftmals umgeben hat die Stiftung Preußischer von Säulenhallen, diente die Agora Kulturbesitz ein internationales zudem als Marktplatz und tagtäg­ Beratungsgremium (Advisory licher Treffpunkt der Stadtbewoh­ Board) für die Neupräsentation der ner und Besucher. Das Humboldt- außereuropäischen Sammlungen Forum interpretiert die Idee der im Humboldt-Forum einberufen. antiken Agora in zeitgemäßer Form, In diesem wirken bei regelmäßigen um damit die Mitte Berlins erneut Treffen große Partnermuseen und zu beleben. Top-Museumsfachleute aus aller Welt an der Weiterentwicklung des bereits ausgearbeiteten Ausstel­ lungskonzeptes mit.

Mit der Humboldt-Box, die 2011 auf dem Schloßplatz eröffnet wird, entsteht ein Informationszentrum mit Ausstellungsflächen, das ex­ emplarisch vorführt, mit welchen Themen sich das Humboldt-Forum auseinandersetzen wird und wie die beteiligten Institutionen mit­ einander kooperieren können. Wole Soyinka und Timothy Garton Ash im Gespräch (Moderation: Susanne Stemmler), Veranstaltungsreihe „1989 – Globale Geschichten“, Februar 1989

35 Die Agora wird das Herz des Humboldt-Forums bilden und gleichsam den Pulsschlag vorgeben Neue Formate für Wissen­schaft und Spitzen­forschung

In den im ersten Obergeschoss angesiedelten Werkstätten das unser Verständnis von den Wechselbeziehungen zwi- des Wissens, dem Bereich für Wissenschaft und Forschung im schen den Weltregionen vertieft. Internationale, transdiszi­ Humboldt-Forum, werden Universität, Museen und Bibliothek plinäre Forscherteams etwa aus Ethnologen, Soziologen und gemeinsame Wege gehen und neue Formen der Präsenta­tion Klimatologen können dabei auch neue Formen der Inszenie- entwickeln. Im Verbund mit den jeweils bestehenden rung von Wissen erarbeiten. Gerade für das Zusammenwirken Forschungsnetzwerken­ der drei Nutzer und zusammen mit von Wissenschaftlern und Künstlern wird das Humboldt- weiteren nationalen und internationalen Partnern wird sich Forum ein höchst lebendiger Ort sein. Während dieses Wissen das Humboldt-Forum zu einem Zentrum der Erforschung früher nur Spezialisten verfügbar war, wird im Humboldt- außereuropäischer Kulturen entwickeln, das die Grenzen von Forum darauf Wert gelegt, es über Veranstaltungen und das Fächern und Institutionen überschreitet. Dort werden die populärwissenschaftliche Angebot der Zentral- und Landes- natürlichen und geistigen Grundlagen der kulturellen Vielfalt bibliothek zu verbreiten. der Welt untersucht und auf modernste Weise in elektro­ Mit Hilfe von Stipendienprogrammen widmen sich inter- nischen und gedruckten Medien der Öffentlichkeit vermittelt, nationale Forschergruppen aus renommierten Gelehrten und gleichsam als interaktive Begegnung mit dem globalen exzellenten Nachwuchswissenschaftlern grundlegenden Wissen über die Welt. Menschheitsthemen. Sie werden im Humboldt-Forum stärker Die Grundlage dazu bilden die Sammlungen ebenso wie im Blickfeld der Öffentlichkeit arbeiten als anderswo, und sie die Forschungsbibliotheken und -archive des Ethnologischen werden möglichst vielen Besuchern des Hauses vermitteln, Museums und des Museums für Asiatische Kunst sowie wie Wissen über die Welt entsteht. die wissenschaftliche Informationsbeschaffung der Zentral- Im Bereich der Wissensvermittlung und kulturellen und Landesbibliothek. Die Schnittmengen der drei Partner Bildung werden die drei Partner im Humboldt-Forum intensiv Museum, Bibliothek und Universität sind gerade hier zahl­- kooperieren. Gerade Kinder und Jugendliche sollen in beson- reich und bieten beträchtliches Potenzial zur Verzahnung derer Weise an Kunst und Kultur herangeführt werden und der Einrichtungen. So ergänzen sich die außereuropäischen durch Vermittlung von Informationskompetenz befähigt wer- Sammlungen der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer den, selbstständig neue Erkenntnisse zu gewinnen. Durch Kulturbesitz und einschlägige universitäre Sammlungen das Zusammenwirken von Kultur-, Bildungs- und Forschungs- wechselseitig. Das Lautarchiv der Humboldt-Universität kom- einrichtungen sowie durch ein sich ergänzendes Veranstal- plettiert das Phonogrammarchiv des Ethnologischen Muse- tungsprogramm (Schülerakademie bzw. -labor, zusammen mit ums, eine einzigartige Sammlung von Musik und Stimmen dem Lernzentrum der Jugendbibliothek) können die Besonder­ aller Kontinente, die vor über hundert Jahren auf insgesamt heiten der Kulturen Afrikas, Amerikas, Asiens, Australiens 16.000 Wachszylindern aufgezeichnet und von der UNESCO und Ozeaniens in ihren Wechselwirkungen mit Europa unter in die Liste „Memory of the World“ aufgenommen wurde. verschiedenen Schwerpunkten und unter Einbeziehung aller Auf solchen kulturellen Wurzeln aufbauend, werden aktuelle Medien von Text- und Bildkultur, Theater, Musik und Film Angebote der Musikbibliothek der Zentral- und Landesbiblio- vermittelt werden. thek den Horizont der globalen Entwicklung mit ihren ver- Wissen wird im Humboldt-Forum auf modernste und schiedenen Einflüssen bis in die moderne Zeit aufzeigen. umfassende Weise verfügbar gemacht. Aus diesem Wissen Die in Berlin stark vertretenen Regionalwissenschaften erwachsen das Verstehen der Kulturen der Welt und die können im Humboldt-Forum einen Ort erhalten, an dem Bereitschaft zur Verständigung. sie zusammenfinden und in Form von themenspezifischen, fächerübergreifenden Verbünden sichtbar werden. Hier können sie transregionale Dimensionen entwickeln und dabei Orientierungs- und Übersetzungswissen generieren,

38 Die Sammlungen lassen uns fremde Welten verstehen

In den Ausstellungsbereichen im zweiten und dritten Oberge- Kunstwerke, obwohl sie auch vieles zu Abstammungsglauben schoss wird sich der Besucher auf eine Reise durch die Welt und Sozialstruktur zu berichten wüssten und mancherorts begeben können, die ihm neue Wege des Verstehens kultu- sogar zu politischen Repräsentationswerken wurden. Ebenso reller Zusammenhänge und künstlerischer Entwicklungen bleibt farbenprächtig erhaltener Federschmuck aus Amazo- eröffnet. Jeder Kontinent soll hier in seiner ganzen visuellen, nien in seiner Aussage sehr begrenzt, wenn wir dem Besucher akustischen und sinnlichen Erlebniswelt Präsenz gewinnen. nicht erzählen, wie die Menschen ihren Lebensraum dieser Kulturelle Kontinuitäten über Raum und Zeit hinweg wer- extrem lebensfeindlichen Umwelt abgerungen und wie sie den ebenso aufgezeigt wie die prägenden Kräfte der Umwelt unter diesen besonders extremen Bedingungen soziale und und die vom Menschen erdachten Wege zur Überwindung kulturelle Institutionen entwickelt haben. der von der Natur gesetzten Grenzen. Zeugnisse des Alltags- Nicht die klassische Dauerausstellung ist dabei unser lebens, der religiösen Kultur, der künstlerischen Ausdrucks- Ziel, sondern eine offene, durchlässige, wandelbare Struktur, formen, des technischen Erfindungsgeistes, der ökologi- die die Vielfalt, die Veränderungen, die Chancen und Risiken schen und ökonomischen Voraussetzungen, der Globa­li­­sie­- unserer Zeit aufgreift, aktuelle Bezüge der Sammlungen rungsprozesse und vieles mehr vereinen sich dabei zu einem anspruchsvoll reflektiert und grundlegende Mechanismen Panorama der Zivilisationen. Entscheidend ist, bei der Prä­ menschlichen Handelns aus einer historischen Perspektive sen­tation der Kulturen Afrikas, Amerikas, Asiens, Australiens heraus verständlich macht. und Ozeaniens vielfältige Zugänge zu schaffen. Die Objekte Eine wichtige Rolle spielen im Humboldt-Forum Sonder- sollen als Kunstwerke ihre ästhetische Ausstrahlung ent­ ausstellungen, die sich den zentralen Themen unserer Zeit falten, gleichzeitig aber in ihrem kulturellen Kontext verständ­ widmen: Globalisierung, Migration, Klimawandel, Megastädte lich werden und jeweils ihre eigenen Geschichten erzählen. und vieles mehr. Viele der Themen und Probleme, die heute So werden wir bei chinesischer und japanischer Malerei unsere Welt bewegen, sind keineswegs neu. So stellen und Grafik ostasiatische Traditionen der Kunstpräsentation Migrationen kein Phänomen der Gegenwart dar, sondern sind erlebbar machen, die den Wechsel jahreszeitlicher, religiöser Begleiterscheinungen im Laufe der gesamten Menschheits- und gesellschaftlicher Ereignisse reflektieren. Der wiederkeh- geschichte. Dies hatte sogenannte multikulturelle Gesell- rende Besucher erlebt so stets andere Aspekte der visuellen schaften bis hin zu Überschichtungsvorgängen zur Folge. Kultur Ostasiens. Diese Art der Kunstpräsentation lässt es zu, Entsprechendes gilt für die vielfältigen Ursachen und die auch die großen Etappen asiatischer Geistesgeschichte an- wirtschaftlichen, politischen und sozialen Auswirkungen des schaulich nachzuzeichnen. Sowohl der kunstsinnige, ästhe­ Klimawandels. Aber auch Megastädte sind nicht allein ein tische Erfahrung Suchende wie auch der an Religion und Kennzeichen unserer Tage. Kulturgeschichte Interessierte wird hier fündig und ist einge- Die mesoamerikanischen Bestände des Ethnologischen laden, sich vor Ort in der Bibliothek weiter in diese Welt zu Museums, die zu den weltweit bedeutendsten gehören, be- vertiefen. richten von Aufstieg und Untergang der großen Maya-Städte. Die Sammlungsobjekte aller Kontinente lassen auf sehr Sie lassen uns verstehen, wie es möglich war, für damalige eindringliche Weise Menschheitsgeschichte lebendig werden. Verhältnisse schier unfassbare Bevölkerungsballungen admi- Dabei wird man die Präsentation von Booten aus Ozeanien nistrativ und versorgungstechnisch zu organisieren. Zugleich etwa mit der Frage verbinden müssen, was Navigation und zeigen sie uns als warnendes Beispiel, was geschieht, wenn die Wahrnehmung von Raum in einer Welt von Inseln für die sich der Mensch durch Maßlosigkeit und fehlende Umsicht Gestaltung von Außenkontakten und für die eigene Vorstel- selbst seiner eigenen Lebensgrundlage beraubt. lungswelt eigentlich bedeuten. War es nicht eine gewaltige Im Humboldt-Forum können wir mit Hilfe der außereuro- zivilisatorische Leistung, innerhalb weniger Jahrhunderte päischen Sammlungen, der Universität und der Bibliothek viele ganz Ozeanien von Südostasien bis nahe vor die Küsten dieser Geschichten ungemein anschaulich erzählen, histori- Südamerikas zu besiedeln? Oder in Bezug auf afrikanische sche Prozesse verdeutlichen und ihre Ursachen aufzeigen. Masken: Europäische Museen zeigen sie in der Regel als 40 Das Kulturerbe PreuSSens eröffnet neue Perspektiven im interkulturellen Dialog

Die außereuropäischen Sammlungen Berlins sind die größten aus Asien oder die Nachfahren indigener indianischer oder und bedeutendsten ihrer Art in Europa und zählen zu den afrikanischer Gesellschaften eines Tages mit dem gleichen wichtigsten weltweit. Der Bestand aus Ethnographie, Archäo- Gefühl das Humboldt-Forum besuchen wie wir Europäer die logie und Kunst bildet in seiner spezifischen Zusammen­ Berliner Museumsinsel, den Louvre oder den Prado, dann setzung eine vielfältige Basis für eine breite Darstellung der hätte das Humboldt-Forum eines seiner vornehmsten Ziele Kunst- und Kulturgeschichte Afrikas, Amerikas, Asiens, erreicht. Aus­traliens und Ozeaniens, wobei es die ambivalenten Bezie- War die Berliner Museumsinsel als „Freistätte für Kunst hungen zu den Europäern stets einzuschließen gilt. Heute und Wissenschaft“ mit der Kunst und Kultur Europas und des interessieren sich die Nachfahren derjenigen Völker, deren Nahen Ostens die große Vision des 19. Jahrhunderts, so ist Hinterlassenschaften insbesondere im 18. und 19. Jahrhun- das Humboldt-Forum im Berliner Schloss die Weiterentwick- dert von Europäern zusammengetragen wurden, in zunehmen­ lung dieser Vision zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Wir stellen dem Maße für diese Bestände. Sie betrachten sie als bedeu- uns damit der Aufgabe, auf die Erfordernisse einer globali- tende Zeugnisse ihrer Geschichte, und in vielen Fällen sind sierten Welt angemessen zu reagieren. Es ist eine besondere es die einzigen Dokumente ihrer Art, die Kolonialzeit, Missio- Geste, dass Deutschland an seinem vornehmsten Platz im nierung und Modernisierung unbeschadet überstanden haben. historischen Zentrum seiner Hauptstadt diese Herausforde- Doch die Berliner Sammlungen bilden nicht nur ein Zeugnis rung annimmt. Sie besteht darin, dort einen Ort für einen der Vergangenheit, sondern sie bieten gerade im Zusammen- neuen Zugang zu den Kulturen der Welt zu schaffen, der kein hang mit der Globalisierung auch wichtige Ansatzpunkte zu rein museales Zentrum sein wird, sondern auch Brücken aus Fragen nach kultureller Identität. Dies werden die Ausstel­ der Vergangenheit zu den drängenden Themen und Fragen lungen im Humboldt-Forum berücksichtigen. unserer Zeit zu schlagen vermag. Dabei genügt es heute nicht mehr, nur die Sichtweise Die Gleichberechtigung der Weltkulturen wird im Zu­ des europäischen Forschers gelten zu lassen. In verschiede- sammenspiel mit der Museumsinsel sichtbar werden, und nen Projekten erproben wir bereits neue Formen der Zusam- Menschheitsgeschichte wird auf gänzlich neuartige Weise menarbeit mit indigenen Gruppen. Ob Amazonas-Indianer oder kultur- und kunsthistorisch erfahrbar gemacht. „Alles Yup’ik-Eskimo: In einer Art Perspektivwechsel werden ihre ist Wechselwirkung“, vermerkte schon der Weltgelehrte Kenntnisse über die Objekte und ihre Vorstellungen von einer Alexander von Humboldt. In dieser Komposition seiner angemessenen Präsentation unsere Formen des Umgang mit einzigartigen Sammlungen wird Berlin zu einer internatio-­­ den Exponaten bereichern. Nur so können wir unsere Sicht- nal führenden Kulturmetropole. weise objektivieren! Auf einem solchen Nährboden wächst das Wissen über Wenn heute Mitarbeiter des Museums für Asiatische die Welt. Wissen und Bildung sind die entscheidenden Kunst gemeinsam mit ihren Kollegen aus der nordwestchine- Schlüssel zu Respekt und Toleranz gegenüber anderen Kul­ sischen Provinz Xinjiang die buddhistischen Felsmalereien, turen, ohne die ein friedliches Zusammenleben der Völker die bei den deutschen Turfan-Expeditionen im frühen nicht möglich ist. Und dies ist zugleich die ungemein humane 20. Jahrhundert entdeckt wurden, erforschen und in Berlin Botschaft, die hinter dem „grand projet“ Humboldt-Forum befindliche Materialien auf virtuelle Weise mit noch vor Ort steht. Damit beziehen wir uns – gleichsam im Rückgriff auf Vorhandenem zusammenführen, dann wird beispielhaft das Beste von Preußen – auf unsere große Tradition als gemeinsame Verantwortung für die Pflege und den Erhalt Wissenschafts- und Kulturnation und entwickeln daraus eine kulturellen Erbes übernommen. neue Vision für die Zukunft. Diese Chance dürfen wir nicht Gleichberechtigter kultureller und wissenschaftlicher verspielen! Aus­tausch muss der Maßstab sein, weil Europa längst nicht mehr das Weltdeutungszentrum ist. Wenn auch Besucher

43 Die PArtner Im Humboldt-Forum

Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum Stiftung Preussischer Kulturbesitz – Staatliche Museen zu Berlin Humboldt-Universität zu Berlin Zentral- und Landes­ bibliothek Berlin

45 Stiftung Berliner Schloss – Stiftung Preussischer Kulturbesitz – Humboldtforum Staatliche Museen zu Berlin

Die gemeinnützige Stiftung Berliner Wieder­aufbau des Berliner Schlosses – Zustiftungen und Spenden sind Mit ihren international herausragenden schung und Vermittlung von Kunst- und die Vision einer interdisziplinären Bil- Schloss – Humboldtforum wurde im Humboldtforum wird heute nachhaltig steuerlich absetzbar. Museen, Bibliotheken, Archiven und Kulturschätzen der gesamten Mensch- dungslandschaft von Weltrang. November 2009 gegründet. Sie ist durch das Wirken der Stiftung gestärkt. Forschungsinstituten zählt die Stiftung heitsgeschichte. Ihre Sammlungen um- Eigentümerin und Bauherrin für das Das Berliner Schloss – Humboldt­ Stiftung Berliner Schloss – Preußischer Kulturbesitz (SPK) weltweit fassen Bereiche der europäischen und www.preussischer-kulturbesitz.de Berliner Schloss – Humboldtforum. forum ist auch künftig auf das Enga­ Humboldtforum zu den größten Kultureinrichtungen. außereuropäischen Kunst, Archäologie www.smb.museum Neben dieser zentralen Aufgabe koor­ gement privater Förderer angewiesen. Fasanenstraße 87 Unter ihrem Dach vereint sie alle Sparten und Ethnologie. Nicht Fürsten und diniert sie die Aktivitäten rund um das Die Stiftung Berliner Schloss – 10623 Berlin der kulturellen Überlieferung (Objekte, Könige, sondern Gelehrte und Künstler Bauprojekt und führt auch kulturelle Humboldtforum hat sich zum Ziel ge- 030.318 05 72 – 0 Archivalien, Bild- und Tonquellen) und gaben von Anfang an den Sammlungen Veranstaltungen durch. Die Ausein­ setzt, weitere Förderer aus der Zivil­ [email protected] verbindet in besonderer Weise Kunst Profil. Neben der Hinwendung zu Einzel- andersetzung mit der Identität des gesellschaft für das Vorhaben zu www.sbs-humboldtforum.de und Kultur mit Wissenschaft und For- werken wie dem weltberühmten Perga- histo­ ­rischen Ortes ist für die Stiftung gewinnen. Es erfordert einen gemein- schung. Die SPK ist eine der größten monaltar oder der Büste der Nofretete von hoher Bedeutung. Sie wird eine samen Kraftakt der Nation. außeruniversitären Forschungseinrich- spiegeln vor allem die enzyklopädischen Aus­stellung vorbereiten und unter Dieser symbolkräftige Bau mit tungen im Bereich der Geistes- und Ausmaße und der systematische Auf­- dem Titel „Historische Mitte Berlins – dem einmaligen Vorhaben, Kultur und Sozialwissenschaften in Deutschland bau die Bildungsinteressen wider. Die Identität und Rekonstruktion“ im Wissenschaft in einen lebendigen Dis- und wirkt auf vielfältige Weise im Be- Bewahrung und Pflege der Sammlungen, Berliner Schloss zeigen. kurs zu bringen, braucht den Zuspruch reich der kulturellen Bildung. Die 1957 ihr Aufbau und Ausbau sowie die fort- Eine weitere wichtige Aufgabe der von Spendern oder Zustiftern, tatkräf­ gegründete Stiftung ist aus den Samm- währende wissenschaftliche Erfor- Stiftung ist es, die Öffentlichkeit an tige Unterstützer und Menschen, die ein lungen und Archiven des preußischen schung sind die Basis für eine der Bil- diesem einmaligen Großprojekt teil­ bleibendes Zeichen der Solidarität an- Staates hervorgegangen. Heute wird sie dung und der Verständigung zwischen haben zu lassen. Die Bauherrin wird hand eines Vermächtnisses an diesem vom Bund und allen 16 Ländern getra- den Völkern verpflichtete Vermittlung. daher während der Bauzeit unmittelbar historischen Ort setzen möchten. Es gibt gen und ist damit Ausdruck der gesamt- Die Staatlichen Museen präsentieren über den Stand der Wiederaufbaumaß- eine Vielzahl von Möglichkeiten, wie staatlichen kulturellen Verantwortung sich an den fünf Standorten Museums- nahmen berichten. Bereits heute wer- jeder Einzelne zum Wiederaufbau des und der föderalen Struktur der Bundes- insel, Potsdamer Platz, den interessierte Bürgerinnen und Bür- Berliner Schlosses – Humboldtforum republik Deutschland. Zur SPK gehören Charlottenburg, Dahlem und Köpenick. ger zum Dialog eingeladen. Die Stiftung beitragen kann. Die Stiftung Berliner die Staatlichen Museen zu Berlin, die Die Museumsinsel Berlin – das Berliner Schloss – Humboldtforum Schloss – Humboldtforum ist dafür der Staatsbibliothek zu Berlin, das Geheime Herzstück der Berliner Museumsland- veranstaltet dafür Foren und Ausstel- richtige Ansprechpartner. Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, schaft – wurde 1999 in die Liste des lungen, um frühzeitig auf die globale das Ibero-Amerikanische Institut und UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. Bedeutung der entstehenden Wissens- Wir freuen uns über Ihre Spende das Staatliche Institut für Musikfor- Das Ethnologische Museum der Staat­ und Kulturstätte in der Mitte Berlins und Ihren Beitrag zur Realisierung schung. Die organisatorische Verbun- lichen Museen zu Berlin, dessen Samm- aufmerksam zu machen. des Projektes. denheit der Einrichtungen hebt die lung weltweit eine der größten und Faszination und Diskussion beglei- übliche Trennung von Sparten und wichtigsten ihrer Art darstellt, vereinigt ten seit Beginn das Jahrhundertprojekt. Spendenkonten Materialien auf und begünstigt fächer- rund 500.000 ethnographische, archäo- Bürgerschaftliches Engagement war Deutsche Bank übergreifende Projekte und Denk­­ logische und kulturhistorische Objekte das ausschlaggebende Signal für den Kto.-Nr.: 669411100 ansätze. Dieses Modell ist ebenso zu- aus beinahe allen Teilen der Welt. Bundestag, dem großen Vorhaben zuzu- BLZ: 100 700 00 kunftsweisend wie traditionsgebunden Gemeinsam mit dem Museum für Asiati- stimmen und öffentliche Mittel bereit- BIC: DEUTDEBBXXX und verankert im Denken von Wilhelm sche Kunst mit seinen kostbaren Kunst­ zustellen. Vorrangig sei hier der Förder- IBAN: DE76 1007 0000 0669 4111 00 und Alexander von Humboldt. werken des indoasiatischen Kultur­- verein Berliner Schloss e.V. genannt, Die Staatlichen Museen zu Berlin, raums vom vierten Jahrtausend v. Chr. der wichtigste Partner der Stiftung bei Landesbank Berlin hervorgegangen aus dem gegründeten bis in die Gegenwart und den Samm­ der Akquisition von Spendengeldern für Kto.-Nr.: 6000040006 „Königlichen Museum“ von Friedrich lungen der abendländischen und die historischen Fassaden des Berliner BLZ: 100 500 00 Wilhelm III. von Preußen, bilden mit ihren vor­der­asiatischen Kulturen auf der Schlosses. Der große und persönliche BIC: BELADEBEXXX 15 Sammlungen und vier Instituten ein Museumsinsel Berlin verwirklicht sich Einsatz einzelner Personen für den IBAN: DE54 1005 0000 6000 0400 06 Universalmuseum zur Bewahrung, Erfor­ mit dem Humboldt-Forum im Schloss

46 47 Humboldt-Universität Zentral- und Landes­ zu Berlin bibliothek Berlin

Die Humboldt-Universität hat eine be- Die Humboldt-Universität wird in ihrem Konstruktion zu sehen lehrt. Zu diesem Die Zentral- und Landesbibliothek Berlin digi­talen Angeboten und Services für sondere Beziehung zum ehemaligen Humboldt-Labor, einem großen Aus­ Zweck arbeiten hier nicht nur Vertreter (ZLB) ist die größte öffentliche Biblio- Smart­phones. Diese Vielfalt wird in Berliner Schloss. Die dort einst befind­ stellungs- und Veranstaltungsraum, der klassischen Regionalwissenschaf- thek in Deutschland. In ihren beiden modernen und gestalterisch anspruchs­ liche Kunstkammer, der historische Kern Wissenschaft aus Berlin und den außer- ten, sondern Naturwissenschaftler, Häusern – der Amerika-Gedenkbiblio- vollen Umgebungen angeboten, die zum der heutigen Zusammenarbeit der drei europäischen Regionen zusammenfüh- Kunst- und Wissenschaftshistoriker in thek in Kreuzberg und der Berliner Aufenthalt einladen. Partner Museum, Bibliothek und Univer- ren. Forschung soll nicht nur öffentlich vergleichend transregionalen Perspek­ Stadt­bibliothek in Mitte – werden über Ihre Rolle im Humboldt-Forum sieht sität im Humboldt-Forum, ging bei der präsentiert, sondern mit substanziellen tiven zusammen. Die Universität organi- 3,4 Millionen gedruckte und elektro­ die ZLB darin, die Objektwelt der Museen Gründung der Universität 1810 in we- Beiträgen vorangebracht werden. Das siert im Labor den Blick für das Ganze: nische Medien zur freien Nutzung ange- der SPK und der Sammlungen der Hum- sentlichen Teilen in deren Besitz über. Humboldt-Labor wird wie jedes moderne Sie verbindet die Präsentation außereu- boten. Täglich wird die ZLB von bis zu boldt-Universität durch ein attraktives So konnte der Forschungs- und Lehr­ Forschungslaboratorium die konzent- ropäischer Kulturen beispielsweise mit 5.000 Gästen besucht – sie ist eine der Medienangebot zu ergänzen und damit betrieb von Beginn an auf diesen Samm- rierte Betrachtung einzelner Problemfel- dem Blick auf die Natur dieser Regionen meistfrequentierten Kultureinrichtun- die kontinuierliche Auseinandersetzung lungen aufbauen – nicht nur Texte der, Texte und Objekte mit einer univer- und stellt auch globale Fragen etwa der gen Berlins. und die Nachhaltigkeit im Dialog der sollten nach dem Willen der Humboldt- ­ sellen Denkweise verbinden – so wie es Klimaentwicklung und ihres Einflusses Die Bibliothek verfügt über einen Kulturen zu fördern. Durch die motivie- Brüder studiert, sondern auch Objekte einst in Kunstkammern versucht wurde. auf Kultur. Sie stellt sicher, dass im attraktiven Belletristik-, Musik- und rende Atmosphäre und die Mischung begriffen werden. Diese Sammlungen, Das Wesen einer barocken Kunstkammer Humboldt-Forum die europäische Sicht Filmbestand und über multimedial aus- aus traditionellen und neuen Medien erweitert um später dazugekommene lag darin, Welt als Totalität zu denken, mit außereuropäischen Sichten auf gestattete Bereiche für Kinder, Jugend- strebt die ZLB an, Menschen unter- Exponate, wird die Humboldt-Universität die Vielfalt ihrer Elemente von der Natur Europa kontrastiert wird, etwa durch liche und Erwachsene. Sie bietet Fach- schiedlicher Herkunft für Bildung, Kultur nutzen, um im Humboldt-Forum den über die Kunst bis zu den Wissenschaf- die Einladung von Wissenschaftlern bestände und Datenbanken zu allen und Kreativität zu begeistern und ein euro­päischen Dialog mit den Weltkul­ ten, von einheimischen Objekten bis und Künstlern der im Humboldt-Forum geistes- und naturwissenschaftlichen tolerantes und offenes Weltverständnis turen wissenschaftlich zu begleiten und zu entferntesten „Exotika“ anhand aus- präsentierten Regionen. So zeigt sie Disziplinen. Als Berliner Landesbiblio- zu fördern. an ausgewählten Themen öffentlich zu gewählter Objekte in einer farbenfrohen, Kultur und Wissenschaft auch in ihrem thek bekommt sie jeden in Berlin ver­ Die ZLB ist eine kundenorientierte inszenieren. In zeitgemäßer Übersetzung universellen Einheit zu zeigen und Entstehungsprozess und gibt ihnen öffentlichten Text sowie Daten- und Dienstleistungseinrichtung mit einem der Ideen von Wilhelm und Alexander strenge Ordnung mit spielerischer Er- im Humboldt-Forum eine Bühne. Tonträger als Pflichtabgabe und beher- festen Platz in der Wissensgesellschaft von Humboldt für eine Einheit von Geis- kenntnis zu verbinden. Gelehrte aus bergt einen vorzüglichen Bestand zur des 21. Jahrhunderts. Sie setzt sich tes- und Naturwissenschaft, für die aller Welt besuchten sie und begaben www.hu-berlin.de Geschichte und Gegenwart Berlins. dafür ein, Menschen einen freien Zugang Integration von text- und objektbezoge- sich im Angesicht der Objekte in wissen­ 1995 entstand die Stiftung Zentral- zu Wissenschaft, Kunst und Unterhal- ner Forschung wird der ganze Reichtum schaftliche Dispute. Die frühere Berliner und Landesbibliothek Berlin aus der tung zu ermöglichen und ihre persön­ wissenschaftlicher Expertise zu den Kunstkammer steht freilich auch für das Fusion der Berliner Stadtbibliothek am lichen Chancen für eine aktive Mitge- Themen des Humboldt-Forums sicht­bar Ende dieses Gesamtheitsanspruchs – Schloßplatz im Ostteil und der Amerika- staltung der Gesellschaft zu erweitern. gemacht. Dazu dienen wechselnde Aus- Preußens Versuch, ein Kolonialreich zu Gedenkbibliothek am Halleschen Ufer im stellungen und ein vielfältiges öffent­ gründen, zerbrach, und die Ganzheits- Westteil Berlins. Sie ist ein gelungenes www.zlb.de liches Rahmenprogramm. Auf diese ansprüche einer Institution wurden in Ergebnis der deutschen Wiedervereini- Weise kehrt zugleich jene Verbindung die Partikularansprüche der drei Nach- gung in der Hauptstadt. von Museum und Wissenschaft, Samm- folger Bibliothek, Museum und Univer­ In das Humboldt-Forum werden die lung und Experiment, Forschung und sität überführt. besonders beliebten Abteilungen Kunst, Vermittlung in das Schloss zurück, die Das Humboldt-Labor der Humboldt- Musik, Film sowie die Kinder- und Ju- von Gottfried Wilhelm Leibniz, dem Vater Universität ist die in die Moderne trans- gendbibliothek einziehen und eine Flä- vieler Berliner und deutscher Wissen- formierte Wissensidee der Kunstkam- che von 4.000 Quadratmetern bespielen. schaftseinrichtungen, einst konzipiert mer. Hier wird eine objektbezogene Die ZLB wird dort innovative Angebote wurde, dann jedoch in zahlreiche Einzel­ Form der Wissenschaft präsentiert, die präsentieren und ein breites Spektrum institutionen zerbrach. Als Einheit der nicht im isolierten Sinne „Außereuro­ verschiedener Medienarten bereit­ Vielfalt soll diese Verbindung mit dem päisches“ kennt, sondern es als „das stellen – vom klassischen Buch über Humboldt-Forum wiederbelebt werden. Andere“ Europas, als europäische Hörbücher, CDs und DVDs bis hin zu

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