DIESE SEITE GIBT ES NICHT Niederösterreichische Kulturwege Wege zum Wein I. Von der Thermenlinie ins Weinviertel

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Niederösterreichische Kulturwege

Johanna Mikl-Leitner Ludwig Schleritzko

Landeshauptfrau von Niederösterreich Landesrat

Werte Besucherin! DIESE SEITE Werter Besucher! Als Landeshauptfrau von Nieder- Niederösterreich ist reich an „his- österreich bin ich sehr stolz auf die torischen Orten“ und kunsthisto- GIBT ES NICHT „Niederösterreichischen Kultur- rischen Kostbarkeiten. Die „Nie- wege“. Viele Schätze Niederöster- derösterreichischen Kulturwege“ reichs sind wesentliche Bestandteile begleiten seit mehr als 10 Jahren unserer Identität und weit über die Einheimische und Touristen zu Grenzen des Landes hinaus be- diesen Kunst- und Kulturschät- kannt. Ebenso viele warten noch zen. Die reich illustrierten Hefte darauf, einem breiteren Publikum beschreiben einzelne Regionen bekannt zu werden. Die vom NÖ oder vielfältige Themenwege. Sie Landesarchiv und dem NÖ Institut stellen Landschaften und Sied- für Landeskunde herausgegebene lungen, Architektur und bildende Reihe macht Lust darauf, Nieder- Kunst sowie herausragende Ob- österreich zu entdecken. So wün- jekte in ihrem kulturellen und his- sche ich Ihnen viel Freude bei dieser torischen Kontext vor und laden Entdeckungsreise quer durch unser ein, sich auf „Kulturwege“ durch wunderschönes Land. unser Land zu begeben.

Landeshauptfrau Landesrat Johanna Mikl-Leitner Ludwig Schleritzko Seite 3

Alphabetisches Niederösterreich und Ortsverzeichnis seine Weinregionen

1 Ameis 38 30 12–14 Das Bundesland Niederösterreich entsprechende tiefe Spuren in das 2 Arbesthal 26 31 Petronell-Carnuntum 23–24 ist Österreichs größter Weingarten Gedächtnis des Landes eingegraben. – in allen vier Landesvierteln wird Seine Geschichte lässt sich bis in die 3 Asparn an der Zaya 38 32 Pfaffstätten 18–19 der Qualitätsweinbau gepflegt, die vorrömische Zeit zurückverfolgen. 4 Aspersdorf 34 33 Pillersdorf 33 Weinreben bedecken eine Fläche Diese reiche Überlieferung und die von über 28.000 Hektar. Acht ge- spannende Geschichte darzustellen, 34 5 Bad Deutsch-Altenburg 23–24 Pillichsdorf 41 setzlich definierte Weinregionen ist trotz aller Kompaktheit in einem 6 Bad Pirawarth 43 35 Platt 33 bieten einer Vielfalt Raum, die Heft unmöglich. Daher erstrecken 7 Bad Vöslau 20–21 36 Poysdorf 39–40 nicht allein önologische und ge- sich die „Wege zum Wein“ über schmackliche Spezialitäten ausge- zwei Bände. Die grobe Teilungs- 8 Baden 20 37 Prellenkirchen 26 prägt hat. linie verläuft entlang der Achse 9 Bockfließ 41–42 38 Prottes 45 Der Weinbau zählt seit alters Wienerwald-Manhartsberg, wobei her zu den bedeutendsten land- die im Westen gelegenen Gebiete 10 Bruck an der Leitha 25 39 Pulkau 31 wirtschaftlichen Erwerbszweigen in einem zweiten Band behandelt 11 Falkenstein 4–5, 7, 36–37 40 Rafing 31 Niederösterreichs und hat dem- werden. 12 Göttlesbrunn 26 41 Raggendorf 45 13 Gumpoldskirchen 9, 15–17 Retz 28–29 42 Weingärten bei Paasdorf 14 Hadres 34 43 Röschitz 32 15 Hainburg 24 44 Schrattenthal 30 16 Haugsdorf 11, 33 45 Sitzendorf an der Schmida 35 17 Herrnbaumgarten 38 46 Sooß 21 18 Höflein 10, 23 47 Stillfried bei Angern 46 19 Hohenruppersdorf 42 48 Stixneusiedl 25 20 Hundsheim 24 49 Tattendorf 22 21 Jedenspeigen 44 50 Thallern 8, 18–19 22 Jetzelsdorf 33 51 Untermarkersdorf 34 23 Mailberg 34–35 52 Weikersdorf 22 24 Mannersdorf / Leitha 27 53 Wildendürnbach 40 25 14 54 Wilfersdorf 38–39 26 Matzen 44 55 Wolkersdorf 41 27 Mistelbach 38–39 56 Zellerndorf 33 28 Mödling 14–15 57 Zistersdorf 42 29 Niedersulz 43

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Wildendürnbach

In den östlichen Bereichen Nie- Die unbeschwerte Stimmung, wenn patent“ Josephs II., das den Win- sisch inspirierten Freigut Thallern derösterreichs ist der Weinbau am grünen Holztisch im Weinhau- zern gestattete, ihren Wein für bei Gumpoldskirchen über mäch- in Großlandschaften eingebettet. erhaus oder in der Kellergasse ein jährlich viermal je 14 Tage lang tige Weinpressen in Pfaffstätten Da gibt es das sanft dahinrollende Glas Wein eingeschenkt wird, hat „zu verleutgeben“. Um 1800 kam oder Bockfließ bis zum unterir- Weinviertel mit seinen Keller- immer wieder als kultureller Ka- es über den ausgeschenkten dies- dischen Kellerlabyrinth in Retz. gassen, die Thermenregion, talysator gewirkt. Der Komponist jährigen, „heurigen“ Wein zur Stehen bleiben darf man im Wein- die auch als „Südbahn“ bekannt Anton Bruckner etwa machte den Hauptwortbildung „Heuriger“ für bau aber auch nicht. Die Lust ist und mit sonnengebleichten „Petersdorfer“ unsterblich: „Leutln, den Buschenschank, der durch ein auf Neues, der technische und Kalkfelsen und Schirmföhren be- trinkts an einem sternhellen Juni- kleines Speisenangebot abgerun- önologische Fortschritt sind der reits wenige Kilometer außerhalb abend in Perchtoldsdorf ein Viertel det wird. Horizont, der ständig neu aus- Wiens mediterrane Sehnsüchte zu Gerebelten, horchts auf die Grillen, Dem Weinstock und seiner Pflege zuloten ist. Das Gespür für Ver- stillen vermag, und das Weinland schauts auf die Glühwürmchen, verdankt sich ein vielhundertjähri- änderungen und das Bewusstsein um Carnuntum zwischen Donau nachher wißts, was ein Schubert- ger Schatz an Kulturdenkmälern, für das Althergebrachte und die und Leithaberg, dessen Pappelal- Adagio ist!“ Bräuchen und Traditionen, der Natur stehen in einem ständigen leen zu römischen Ausgrabungen Der Bruckner’sche Imperativ be- vermessen werden will – vom Ös- Wechselspiel, das sich bis ins Glas leiten. zieht sich auf das „Buschenschank- terreichs burgundisch-zisterzien- widerspiegelt. Seite Regionstypische Weine 7 und ihr Charakter

Carnuntum, Heuriger Falkenstein, Kellergasse

Der Lichtstrahl der Aufklärung cken eines grünen Reifens, Stroh- sik, die Heurigenmusik, die in ten des Schädlings in den siebziger wollte unter Kaiser Joseph II. kranzes oder Föhrenbuschens als der zweiten Hälfte des 19. Jh. mit und achtziger Jahren des 19. Jh. bis in die behäbige Dunkelheit Zeichen des „Aussteckens“ am dem Schrammel-Quartett zu einer stürzte die Weinhauerschaft in die der Weinkeller vordringen. Eine Lokal anzeigen. Hochform auflief. seit Menschengedenken schwerste Zirkularverordnung des habsbur- Die Szenerie der einfachen Während der weinselige Himmel Krise. Abhilfe schufen nur resistente gischen Reformers vom 17. August bäuerlichen Wohn- und Wirt- voller Geigen hing, folgte mit dem amerikanische Unterlagsreben, die 1784 erlaubte es jedem, „die von schaftsgebäude bildete die Folie Auftreten der Reblaus ein gewal- allerdings sehr kostspielig waren ihm selbst erzeugten Lebensmit- für ein vollkommen neues Bild tiger Katzenjammer. Hinter dem und viele Weinhauer das Handtuch tel, Wein und Obstmost zu allen vom Weinausschank, das bis von Hans Moser in seinem Cou- werfen ließen. Zeiten des Jahres, wie, wann und heute für diese Institution im plet aus dem Jahr 1940 unsterblich Ist der Buschenschank auf Grund zu welchem Preis er will, zu verkau- Land um die Hauptstadt Wien gemachten Schädling steckt eine der Wien-Nähe und der Tagesaus- fen oder auszuschenken.“ prägend blieb. Die ebenerdigen Pflanzenlaus aus der Familie der flügler, die mit dem Ausbau der Noch heute ist diese kaiserliche Häuser der Weinbauern oder die Zwergläuse. Den bedeutendsten Verkehrsverbindungen und vor Anordnung die Blaupause der ent- Presshäuser in den Kellergassen, Schaden richten die Wurzelläuse allem der Bahnstrecken ins Um- sprechenden Landesgesetzgebung wo jetzt die Buschen im Wind an, da durch ihre Saugtätigkeit die land immer zahlreicher wurden, und ermöglichte den Siegeszug baumelten, waren Orte, an de- Wurzelballen geschädigt werden, die verbindende Klammer der der Heurigen und Buschen- nen die Gäste mit den dunklen wodurch für die Pflanze ein Was- Weinbaugebiete im Wein- und In- schenken als eines neuen Gastro- Problemen des Alltags nicht be- ser- und Nährstoffmangel eintritt, dustrieviertel, so bildete sich durch nomietyps. Jeder Weinhauer durf- lastet werden wollten. In der Zeit der zum Absterben des Weinstocks klimatische, geologische und nicht te nun jährlich viermal je 14 Tage des Vormärz entwickelte sich zur führt. Das von einem Versuchs- zuletzt geschmackliche Faktoren lang seinen Eigenbauwein „ver- Unterhaltung der Gäste eine für weingarten der Klosterneuburger eine regionstypische Sortenviel- leutgeben“ und dies durch Aufste- diese Schankstätten typische Mu- Weinbauschule ausgehende Auftre- falt aus. Seite Thermenregion 9 Thallern | Gumpoldskirchen

Weinbaugebiet um Thallern Gumpoldskirchen, Urbanuskapelle

Im 1985 unter dem heutigen Namen ab, der Rotgipfler ist eine Kreuzung schende Kulturform. Heute geht es ihrer hohen Empfindlichkeit liegt. geschaffenen Weinbaugebiet trifft aus Traminer und Rotem Veltliner. den Weinhauern um ein vielschich- Rebenimporte des 19. Jh. stellen das Wiener Becken auf die Ostabda- Heute werden diese Weine sorten- tiges Geschmackserlebnis, bei dem Cabernet Sauvignon und Mer- chung des Wienerwaldes. Im 16. Jh. rein vinifiziert, während sie bis vor die Rebsorten Grüner Veltliner, lot dar, die Robert Schlumberger war die Region als „Wienner Wein- wenigen Jahrzehnten verschnitten Riesling und Weißburgunder um 1860 aus dem Bordeaux mit- gebürg“ bekannt. Später war die Be- als Spätrot-Rotgipfler in Prädikats- dominieren. In einigen Perchtolds- brachte, oder der St. Laurent, zeichnung nach der 1841 eröffneten qualität ausgebaut wurden. dorfer Weinbergen wird seit der den das Stift Klosterneuburg zeit- Südbahnstrecke gebräuchlich. Auf Der Ausdruck „Spätrot“ verweist auf Zwischenkriegszeit der Königs- gleich aus Südwestdeutschland heute 2.600 Hektar Anbaufläche hal- die langsam reifenden Trauben, die ast gezogen, eine dünnschalige importierte. Der Name der hoch- ten weiße und rote Rebsorten einan- sich an der Sonnenseite rötlich färben. und ergiebige Weißweintraube aus aromatischen Sorte leitet sich vom der die Waage. Helle Trauben reifen Die kalifornische Rotweinsorte „Zin- Siebenbürgen, die sonst nur noch Laurenzitag am 10. August ab, der überwiegend in den Weingärten von fandel“ hat mit der österreichischen im westrumänischen Arad und am gewöhnlich mit dem Reifebeginn Perchtoldsdorf, Gumpoldskirchen, Weißweintraube außer den durch ei- Fluss Kokel ein kleines Anbauge- zusammenfällt. Pfaffstätten, Baden, ne Verwechslung im 19. Jh. zustande biet aufweist. und . Als klassische Rot- gekommenen Namen nichts gemein. Bad Vöslau gilt als die österrei- Trauben, Sorte Grüner Veltliner weingemeinden gelten Bad Vöslau, Der Gemischte Satz ist eine alte chische Heimat des Blauen Por- Sooß und Tattendorf. Form der Risikostreuung: Ver- tugiesers, wo er 1770 zum ersten Autochthone Weißweinraritäten schiedene Sorten werden zugleich Mal ausgepflanzt wurde. Dass die sind Zierfandler und Rotgipfler, im Weingarten angepflanzt, womit Sorte inzwischen vollkommen in die in nennenswertem Umfang nur sich ursprünglich Schädlings- oder der Thermenregion angekommen noch in der Thermenregion kulti- Pilzbefall relativieren ließ. Bis zur ist, belegt deren Zweitbezeichnung viert werden. Beide sind eng mitei- reinsortigen Bestockung im 19. Jh. als Schwarzer Vöslauer. Die Rot- nander verwandt: Die Zierfandler- – oft erst im Gefolge der Reblaus- wein-Leitsorte ist in ihrem Anbau- rebe leitet sich vom Roten Veltliner katastrophe – war dies die vorherr- gebiet allerdings rückläufig, was an