Offizielles Organ für die Schiedsrichter im Deutschen Fußball-Bund 3/2009 Mai/Juni

Szenenfoto aus „SPIELVERDERBER“: Oreste Steiner (73) ist einer der drei Das Plakat Hauptdarsteller. zum Film: Kinostart am 11. Juni

Titelthema Volker Roth Reportage Analyse „Spielverderber“ – Warum Rote Duisburg: Hier Wenn niemand ein Film nicht nur Karten dem können sich die dem Assistenten für Schiedsrichter Fußball helfen Talente zeigen glauben will Editorial Inhalt

den Film bereits gesehen und kann sagen, dass sich ein Kinobesuch lohnen wird, nicht nur für aktive Schiedsrichter. Deshalb hoffe ich, dass sich viele Leute diese Dokumenta- tion ansehen und sich so ein eigenes Bild davon machen, was es bedeutet, Unpartei- ischer zu sein.

Alle Bereiche menschlichen Zusammenlebens wandeln sich permanent, so auch der Fuß- ball. Meiner Meinung nach kommt dies auch und besonders durch die steigende Zahl von Gelben, Gelb/Roten und Roten Karten zum Ausdruck. Die Gründe untersuche ich in den aktuellen „Ansichten“. Interessant erscheint mir, dass es bis zum Schreiben dieser Zeilen Ansichten in der Bundesliga nach 33 Spieltagen 61 Wie ist das denn nun Der Wandel Gelb/Rote und Rote Karten gab, während es mit den Roten Karten? nach 36 Spieltagen in England die gleiche 4 Anzahl, in Italien allerdings bereits 114 und in ist die Spanien gar 150 waren. Die Tendenz ist ein- Panorama 7 deutig. Analyse Konstante Zum konstanten Wandel der Zeit passt auch, Wehe, wenn der Torwart dass die Arbeit der Assistenten, denen die Liebe Leserinnen und Leser, Fernsehbilder manchmal helfen, oftmals aber aus dem Strafraum läuft 10 (insbesondere mit dieser „ominösen“ als Titelthema für die Ausgabe 3/09 haben Abseitslinie) auch nicht, immer schwieriger Report die Redakteure dieser Zeitung, Lutz Lüttig wird. Wenn jetzt in einer renommierten Ziel: Das positive Spiel fördern 15 und Klaus Koltzenburg, den Dokumentarfilm Tageszeitung gar vorgeschlagen wird, dass „Die Spielverderber“ von Georg Nonnenma- es Abseitsstellungen innerhalb der Strafräu- Regel-Test cher und Henning Drechsler gewählt. Damit me nicht mehr geben sollte, dann zeigt mir beschäftigen sie sich wieder einmal sehr dies, dass sich auch seriöse Autoren mit Ver- Ein Tor ohne Schuh 17 intensiv mit dem breiten Spektrum schieds- besserungsmöglichkeiten auseinanderset- richterlicher Tätigkeit. Vom Neuling mit all’ zen. Ob dies hilft? Lehrwesen seinen persönlichen Problemen über den Die Wiederholung „gestandenen“ Kreis-Schiedsrichter, der sich Sich den Gegebenheiten und Notwendigkei- ist die Mutter der Weisheit 18 immer und immer wieder seinem Sport ten des modernen Fußballs anzupassen – „Schiedsrichter“ widmet und dafür selten dazu zählt auch die konzentrierte Arbeit im Lob, geschweige denn einen finanziellen Aus- Nachwuchsbereich, beispielsweise bei den Außenansicht gleich erhält, bis hin zum Spitzen-Schiedsrich- Junioren-Turnieren in Duisburg. Wie heißt es Das gleiche Spiel – ter der Bundesliga und den internationalen doch so schön: „Wichtig is’ auf’m Platz!“ Und aber nicht dasselbe 21 Wettbewerben beschäftigt sich dieses aus genau dies passiert hier. Nicht blasse Theorie meiner Sicht interessante Werk, das bereits mit noch blasseren Theoretikern, sondern Titelthema einige Preise gewinnen konnte. lebendige Praxis heißt die Devise. Insbeson- dere Hans-Jürgen Weber danke ich auch an SPIELVERDERBER – Ein Film Als die „Filmemacher“ 2004 auf mich zuka- dieser Stelle für sein enormes und erfolgrei- nicht nur für Schiedsrichter 22 men und mir ihr Projekt vorstellten, war ich ches Engagement. zunächst recht skeptisch. Allerdings sah ich Blick in die Presse 25 eine gewisse Chance, das Bild unserer Akti- Wenn Sie diese Ausgabe der DFB-Schiedsrich- ven einmal in einem vollkommen anderen ter-Zeitung in den Händen halten, sind die Licht erscheinen zu lassen. Insofern sagte ich meisten Entscheidungen der Saison Analyse die Unterstützung des DFB-Schiedsrichter- 2008/2009 gefallen. Ich wünsche Ihnen allen Wenn keiner Ausschusses zu. Ab 2005 begleiteten die eine erholsame Sommerpause. dem Assistenten glaubt 26 Autoren uns bei Lehrgängen und Seminaren, die Schiedsrichter bei ihren Spielen und auch Report bis in ihr privates Umfeld. Welch enormer Aufwand für einen Film von eineinhalb Stun- Ihr Talentschmiede Duisburg 28 den Dauer notwendig ist, zeigt die Zeitschiene. 2007 waren die Aufnahmen mehr oder weni- Aus den Verbänden 32 ger fertig. 2008 wurde ein Verleih gefunden. Mitte 2009 findet die Premiere statt. Ich habe Volker Roth

Dieser Ausgabe ist ein Prospekt der Firma Allzweck-Sportartikel beigeheftet. Wir empfehlen, zur Durchsicht diesen Teil herauszunehmen. SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 3 Ansichten Wie ist das denn nun mit den

Volker Roth erläutert, was die Zunahme von Feldverweisen mit den Spielern, den Schiedsrichtern und vor allem den Spielregeln zu tun hat.

as war doch mal wieder ein verschärft. In früheren Zeiten D„Aufhänger“: Die 1.000. Rote konnte man vielfach eine gewisse Karte in der Bundesliga-Geschichte Fahrlässigkeit feststellen, da Spie- wurde am 11. April 2009 im Spiel ler unachtsam, unbesonnen oder Hannover 96 – Hertha BSC Berlin gar unvorsichtig in die Zweikämpfe gegen Andrej Voronin verhängt. gingen. Für diese Art der Fouls sah Für ihn war es in seinem 141. und sieht die Regel 12 keine diszi- Bundesligaspiel die erste Hinaus- plinarischen Maßnahmen vor. stellung überhaupt. Allerdings Natürlich wurde zum Teil auch berechtigt gezückt von Michael rücksichtslos gespielt, wenn Spie- Kempter, der in seinem 33. Bundes- ler ohne Beachtung der Gefahr ligaspiel zum dritten Mal „Rot“ oder der Folgen ihres Einsteigens präsentieren musste. gegenüber Gegnern vorgingen und dafür eine Verwarnung kassierten. Ich sehe die TV-Bilder noch heute vor mir. Weltmeisterschaft 1966 in Die Wandlungen des Spiels England. Beim Spiel des Heim- Teams gegen Argentinien kam es Im Laufe der Zeit hat sich das Spiel zu tumultartigen Szenen. Das Spiel allerdings mehr und mehr gewan- wurde vom deutschen Schiedsrich- delt, auch und gerade wegen des ter Rudolf Kreitlein geleitet, an den immer wichtiger werdenden finan- Linien unterstützt von Gottfried ziellen Einflusses, nicht nur im Pro- Dienst (Schweiz) und Istvan Zsolt fifußball. „Hart aber fair“ war und (Ungarn). Die Argentinier traten ist stets die Devise, nach der überhart in Aktion, und Schieds- Schiedsrichter Zweikämpfe beur- richter Kreitlein stellte den argen- teilen sollen. Wenn dann aber ein tinischen Kapitän Antonio Rattin Akteur bei laufendem Spiel im berechtigt hinaus. Dieser aller- Kampf um den Ball übermäßig dings blieb noch neun Minuten auf hart oder gar brutal in einen Zwei- dem Platz, da er die mündlich aus- kampf geht, begeht er ein grobes gesprochene Hinausstellung auf- Foul und kassiert die Rote Karte. grund von angeblichen Sprach- In der ersten Bundesliga-Saison 1963/64 gab es acht Feldver- Etwa Mitte der 90er-Jahre war es schwierigkeiten nicht begriff oder weise, 2008/09 waren es 62. zu einer „unschönen“ Mode gewor- besser wohl nicht begreifen woll- den, im Kampf um den Ball den te. Um derartige „Missverständ- Sowjetunion (mehr dazu in der hat sich die Häufigkeit inzwischen Gegner von hinten zu attackieren. nisse“ künftig auszuschließen, Schiedsrichter-Zeitung 1/2009). deutlich verändert. Dies belegt Dies zog oftmals schwere Verlet- schlug der bekannte englische Übrigens zog man die Rote Karte eine entsprechende Statistik, die zungen an den Achillessehnen Schiedsrichter Ken Aston vor, ent- damals (was auch heute noch ein ich in diesem Fall gern bemühe. nach sich. Da der IFAB als „Hüter“ sprechend den Ampelfarben Gelbe probates Mittel sein kann) aus der Während es bis zur Einführung der der Spielregeln stets nur auf Ver- und Rote Karten zu verwenden. Bei Gesäßtasche, so dass die Schwarz- Gelb/Roten Karte in der Saison änderungen der Spielgewohnhei- der folgenden Weltmeisterschaft Weiß sehenden Fernsehzuschauer 1991/1992 in 28 Spielzeiten 401 Rote ten auf dem Platz reagieren kann, 1970 in Mexiko wurden die Schieds- sofort wussten, dass es sich um Karten gab, waren es danach in wurden die Schiedsrichter vor der richter dann mit kleinen Pappen eine Hinausstellung handelte. 18 Spielzeiten 599 Rote und 683 Weltmeisterschaft 1998 in Frank- ausgerüstet, die allerdings die Sig- Gelb/Rote Karten. Die Gründe reich darauf hingewiesen, solche nalfarbe lediglich auf einer Seite Nun ist es natürlich immer wieder liegen zum Teil bei den Spielern, Spielweisen nicht zu dulden. Die trugen. Mehr war auch nicht nötig, das Ziel von Schiedsrichtern, ohne zum Teil bei den Schiedsrichtern, Spielregeln wurden danach geän- denn nur diese Seite zeigte man oder jedenfalls nicht mit vielen zu einem großen Teil jedoch bei dert (und zwischenzeitlich dem Spieler – in Brusthöhe. Die Persönlichen Strafen vom Feld zu den Spielregeln. So haben sich die ergänzt), da Spieler, die im Kampf erste „Gelbe“ überhaupt zückte gehen. Während ich beispielsweise Sanktionen unter dem Einfluss der um den Ball von vorne, von der Kurt Tschenscher am 31. Mai 1970 bei 129 Bundesliga-Spielen lediglich praktischen Gegebenheiten auf Seite oder von hinten mit einem beim Eröffnungsspiel Mexiko – zwei Rote Karten zeigen musste, dem Platz doch einigermaßen oder beiden Beinen in einen

4 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 Roten Karten?

Gegenspieler hineinspringen, ein verbleibt an seinem Platz, um die grobes Foul begehen und damit Coachingzone zu kontrollieren) durch übertriebene Härte die und nach Beendigung der „Feier- Gesundheit des Gegners gefähr- lichkeiten“ entsprechende Maß- den. „Rot“ ist dafür die angemes- nahmen verkünden. Kommt es zu sene Farbe. Tätlichkeiten, sind die schuldigen Spieler (meistens von jeder Partei Die Sanktionen wirkten, die Zahl einer) des Feldes zu verweisen. der Verletzungen durch solche Kommt es, was relativ selten der Spielweisen nahm ab. Dafür Fall ist, nur zu verbalen Entgleisun- kamen andere Unsitten auf. Die gen, dürften zwei Gelbe Karten „Rudelbildung“ wurde zu einem genügen. Im Laufe der Zeit wurde neuen und beliebten „Spielchen“, das Zelebrieren von „Rudeln“ an dem sich alle 22 Mann beteili- durch die konsequente Ahndung gen konnten. Aus dem Nichts mit Roten Karten seltener, ganz Mehr als eine Unsitte: Der Ellenbogen wird als „Nahkampf-Waffe" heraus kam und kommt es urplötz- raus ist es noch immer nicht. benutzt. lich zu Tumulten oder tumultarti- gen Szenen, bei denen dann Tät- Tätlichkeiten liegen laut Regel 12 ten entgehen, die dann entspre- im Gesicht des Gegners landet, lichkeiten durchaus an der Tages- vor, wenn ein Spieler einen Gegner chend den Bestimmungen bestra- dürfte eine Tätlichkeit zu konsta- ordnung sind. Natürlich sind die abseits des Balles übermäßig hart fen müssen. Wenn beispielsweise tieren sein. Konsequenz: Rote Schiedsrichter bei solchen Vor- oder brutal attackiert. Als Tätlich- Spieler mit dem Ellenbogen arbei- Karte. Aufgrund der Sekunden- kommnissen angewiesen, mög- keiten gelten auch übertriebene ten und den Gegner so nicht zum bruchteile, in der eine solche lichst präventiv zu wirken. Das Härte oder Gewalt gegen eigene Sprung kommen lassen, dürfte die Aktion in der Realität abläuft, ist wird in der Regel aber nicht mög- Mitspieler, Zuschauer, Spieloffiziel- Sache ebenfalls klar sein. Schon dies für den Schiedsrichter oft- lich sein, weil – wie gesagt – sol- le oder sonstige Personen. In die- schwieriger sind Tätlichkeiten mals nur sehr schwer zu beurtei- che Vorkommnisse innerhalb von sen Fällen wird es sich um bewus- während des laufenden Spiels zu len, was dann allerdings in der Sekunden und meistens ohne jede ste Schläge ins Gesicht oder gegen sehen und damit zu bewerten. zehnten Super-Zeitlupe zu einem Vorwarnung entstehen. Also kann den Körper des Gegenübers han- Nicht einmal so sehr, wenn der klaren Urteil führt, dem natürlich der Schiedsrichter mit seinen deln. Dies kommt auch in unseren Ellenbogen praktisch als „Waffe“ auch nicht beteiligte Experten nur Assistenten das Geschehen nur Ligen vor und dürfte an sich kei- benutzt wird und im Laufduell im zu gern zustimmen. beobachten (der Vierte Offizielle nem Schiedsrichter oder Assisten- Gesicht des Gegners landet. Da hat er nichts zu suchen und es dürfte Zur Erhöhung der Zahl der Roten auch nur mit Absicht möglich sein, Karten hat zweifelsfrei auch die ihn dort zu platzieren. „Rot“ ist die Regelbestimmung über das Verhin- Folge. dern eines Tores oder das Verei- teln einer Torchance beigetragen. Die flache Hand im Gesicht Dies ist erfreulich, da Ziel eines Fußballspiels stets das Erzielen Wenn allerdings die flache Hand von Toren ist. Bekanntlich ist es ausgefahren wird, um sich vom unerheblich, ob das Vergehen im Gegner zu lösen, ist höchste Vor- Strafraum erfolgte oder nicht. sicht geboten. Da kann es zu Dennoch sollte der Schiedsrichter einem Stoß gegen den Körper nicht zu schnell mit der Roten kommen, was im Normalfall zu Karte hantieren, sondern vielmehr einem direkten Freistoß ohne Per- bestimmte Aspekte, wie sönliche Strafe beziehungsweise je nach der Situation auch zu einer ■ die Distanz zwischen „Tatort“ Gelben Karte führt. Wenn aufgrund und Tor, der Laufgeschwindigkeit die Hand ■ die Kontrolle des Balles durch Durch konsequentes „Rot“-Zeigen hat das rücksichtslose Grät- aber kontrolliert oder (was auch den Angreifer, schen abgenommen. vorkommen kann) unkontrolliert ■ die Richtung des Spiels,

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 5 Ansichten

■ die Position und Anzahl der Verteidiger und ■ die Art des Vergehens in seine Überlegungen einbezie- hen. Etwas viel, dem versierten Schiedsrichter (im Gegensatz zu manchen Kommentatoren) aber durchaus vertraut.

Obligatorisch muss an dieser Stelle die Frage kommen: Wie ist das denn nun mit den Roten Karten?

Jeder am Fußballsport Beteiligte weiß, dass es im Fußball Regelbe- Die handgreiflichen „Rudel“ wie hier sind durch die Drohung mit „Rot“ eingedämmt worden. stimmungen gibt, die der Schieds- richter beachten muss. Keiner ist die Rote Karte die Folge des licher Strafen durch Akzeptanz) wird, ehe er begriffen hat (oder kann die Muss-Hinausstellungen Vergehens durch einen Spieler. einstellen und sich damit positiv begreifen wollte), dass er nicht ignorieren, da er sonst eines schö- Der Spieler agiert, der Schiedsrich- auf die Schiedsrichter-Leistung mehr mitwirken darf. nen Tages selbst ignoriert wird. ter reagiert (im Idealfall) entspre- und das Spiel auswirken. Und dennoch gibt es Schiedsrich- chend den Bestimmungen. Dabei Es ist eben im Schiedsrichter- ter mit unterschiedlicher Anzahl wird sich die normalerweise bei Sicher wird man in der heutigen Bereich vieles, wie auch in anderen von Persönlichen Strafen. Das fast allen Schiedsrichtern ablau- Zeit keine 129 Bundesligaspiele mit Lebensbereichen, von zeitlichen muss Gründe haben. fende Entwicklung von der „Amts- nur zwei Roten Karten über die Entwicklungsprozessen abhängig. Konzessionen autorität“ (viele Persönliche Stra- Bühne bringen können. Sicher ist Die Anpassung an sich ändernde führen nicht weiter fen) hin zur „natürlichen Auto- aber auch, dass kein Spieler neun Gegebenheiten allerdings ebenso. rität“ (Vermeidung vieler Persön- Minuten auf dem Platz verweilen ■ Wenn sich über einen Schiedsrich- ter erst einmal das Urteil gebildet hat, dass er Rote Karten ungern verteilt, ist dies ein schlechtes Zei- chen. Genauso schlecht ist aber auch der Ruf, dass es bei bestimm- ten Schiedsrichtern Persönliche Strafen nur so hagelt. Beides kommt dem Gedanken der Koope- ration, der Sportlichkeit und Bere- chenbarkeit nicht einmal in etwa nahe. Beide Extreme beinhalten die Gefahr des falschen Ehrgeizes. Gelbe und vor allem Rote Karten haben selbstverständlich etwas mit der Persönlichkeit und der Akzeptanz des Schiedsrichters zu LEHRBILD tun. Ein bekannter Schiedsrichter, der über Jahre in einer bestimm- ten Klasse amtiert, wird sich in der Regel (aber keine Regel ist ohne Ausnahme) einfacher tun als ein Neuling.

Konzessionen irgendwelcher Art führen dabei allerdings nicht wei- ter. Selbst wenn in den Lizenzligen die „Pausenflüsterer“ des Fernse- hens ausgemacht haben sollten, dass eine Rote Karte zu Unrecht Gefährliches Spiel. Wenn der linke Spieler nicht getroffen wird, ist die Nr. 13 unter Beach- verteilt oder gar eine „vergessen“ tung der Vorteilbestimmung wegen des rücksichtslosen Einsatzes zu verwarnen. Trifft wurde, kann das Spiel nur mit der Fuß den Kopf, muss der Schiedsrichter sofort unterbrechen und den Spieler wegen einer konzessionslosen Leitung groben Foulspiels des Feldes verweisen. Das Spiel wird dann mit direktem Freistoß bzw. Strafstoß fortgesetzt. fortgesetzt werden. Grundsätzlich

6 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 Faszination: Wolfsburger Bahnhof angekom- Nordostdeutschen Fußballverban- men, springe ich in das Auto des des, Hans-Georg Moldenhauer, und Thomas Stepan bei Wolfsburger Schiedsrichters Den- Felix Magath. Ein Super-Erlebnis, so den „Wölfen“ nis Rieger und fahre mit ihm zu mittendrin statt nur dabei zu sein! einer Sportanlage in der Nähe des Der Blick hinter die Kulissen ist Wolfsburg, 4. April 2009 – nicht nur VfL-Stadions. Hier treffen bei faszinierend und beeindruckend ein großartiger Tag für den VfL einem Benefizspiel der Audi-Fan- zugleich. Besonders wenn man so Wolfsburg, der den FC Bayern in club aus Bayern und der VW- Fan- toll aufgenommen wird. Auf diesem einem berauschenden Spiel mit 5:1 club aus Wolfsburg aufeinander. Wege noch einmal einen Riesen- regelrecht abfertigte, sondern Schiedsrichter ist der langjährige dank an Wilfried Heitmann, der auch ein besonderer Tag für mich. Bundesliga-Referee Uwe Kemm- durch den Nachmittag geführt hat, Als Preis für den 3. Platz beim DFB- ling. Dennis und ich haben die und an den DFB, der mir diesen Wettbewerb „Faszination Schieds- Ehre, seine Assistenten zu sein und unglaublich tollen Tag ermöglicht richter“ durfte ich hautnah bei die- bekommen sogar die Möglichkeit, hat. sem Spiel dabei sein. Uli Hoeneß die Hand zu schütteln, weil er den „Ehrenanstoß” aus- Thomas Stepan, Flensburg Aber es war nicht nur das Spiel, führt. was mich „faszinierte“: Kaum am Im Anschluss geht es direkt ins Anerkennung für das Stadion, wo ich von Wolfgang Mierswa und Wilfried Heitmann Video-Portal empfangen wurde. Wilfried Heit- DFB-Lehrwart Eugen Strigel und mann ist an diesem Tag der Beob- achter des starken Schiedsrichter- Lutz Michael Fröhlich, DFB-Abtei- Teams Thorsten Kinhöfer, Detlef lungsleiter Schiedsrichter, stellten Scheppe und Christian Fischer. bei einem Kurs der FIFA und der Mein „Preis“ beinhaltet neben UEFA für nationale Referee-Instruk- dem Besuch des Spiels auch die toren in Cannes (Frankreich) das Möglichkeit, bis in die Schiedsrich- Video-Portal der deutschen Unpar- ter-Kabine zu gelangen und direkt teiischen vor. Die Eigenentwicklung mit dem Schiedsrichter-Team zu der DFB-Schiedsrichter-Abteilung reden – vor und nach dem Spiel. wurde mit Beginn der Saison Beim Besuch in den „Katakomben“ 2008/2009 eingeführt. Diskussions- Panorama trifft man auch noch andere Fuß- würdige Szenen werden nach ball-Persönlichkeiten und kann jedem Spieltag mit einer Kommen- Thomas Stepan hatte jede ihnen mal „Hallo“ sagen – zum Bei- tierung durch den Schiedsrichter- Menge Spaß in der Volkswa- spiel Reporter-Legende Rolf Töp- Ausschuss in das Portal eingestellt, gen-Arena. perwien, den Präsidenten des um Klarheit zur Entscheidung oder

Die Spiele der Deutschen im März und April 2009 FIFA-Schiedsrichter unterwegs Name Wettbewerb Heim Gast Assistenten/Vierte Offizielle* Felix BRYCH Meisterschaft Saudi-Arabien Al Shabab Al Hilal Scheppe / Christ Felix BRYCH UEFA-CUP Schachtjor Donezk Olympique Marseille Schiffner / Scheppe / Kinhöfer Knut KIRCHER Meisterschaft Katar Sailiya SC Arabi Kadach / Borsch Anja KUNICK Juniorinnen-Länderspiel Dänemark Island Müller Anja KUNICK Juniorinnen-Länderspiel Island Polen Müller Florian MEYER Meisterschaft Ukraine FC Metalurg Zaporizhia Dynamo Kiew Kadach / Glindemann Florian MEYER UEFA-CUP Ajax Amsterdam Olympique Marseille Glindemann / Bornhorst / Frank Babak RAFATI U 21-Länderspiel Norwegen England Fritz / R.Kempter Babak RAFATI Meisterschaft Saudi-Arabien Al Ittihad Al Ettifaq Voß / Dingert / M.Kempter Peter SIPPEL U 21-Länderspiel Irland Spanien Bandurski / Kunsleben Babak Rafati WM-Qualifikation Italien Irland Salver / Pickel / Gräfe leitete Spiele in Wolfgang STARK Champions League Manchester United Inter Mailand Kadach / Wezel Norwegen und Wolfgang STARK Meisterschaft Katar Rayyan Gharafa Salver / Pickel / Perl Saudi-Arabien. Wolfgang STARK Champions League Arsenal London Villarreal FC Salver / Pickel / Rafati Wolfgang STARK Champions League FC Barcelona Chelsea London Salver / Pickel / Rafati Bibiana STEINHAUS Algarve Cup USA Island Reichert / Wozniak Bibiana STEINHAUS Algarve Cup, Finale Schweden USA Reichert / Wozniak * Vom DFB nominierte Assistenten und Vierte Offizielle

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 7 Schiedsrichter (Ü 35) nach Berlin. Nach Besichtigung des Bundestags und des Deutschen Doms ging es ins Jahnstadion zum Spiel gegen die Auswahl des Deutschen Bundes- tags. Der FC Bundestag war promi- nent besetzt – mit dabei Verteidi- gungsminister Dr. Franz Josef Jung, die Bundestagsabgeordne-

Panorama ten Eberhard Gienger (einst Turn- Dezember 1976: Klaus-Peter Zittrich (Zweiter von rechts) weltmeister), Bernd Heynemann mit Jürgen Grabowski, Wolf-Günter Wiesel, Walter Horst- Situation zu schaffen. Die Referees (Ex-FIFA-Schiedsrichter) und Dirk mann und Gerd Müller. und der Schiedsrichter-Ausschuss Fischer, zugleich „Rekord-National- loggen sich in dieses Passwort- spieler“ des Bundestags und Präsi- Alle wollten „Zitti“ haben geschützte Portal ein und arbeiten dent des Hamburger Fußball-Ver- die Szenen durch. bandes. In einer weitestgehend Ein Nachruf auf Klaus-Peter Zittrich, der ein Vorbild in jeder Hinsicht ausgeglichenen Partie gewannen war. Dieses Projekt erntete in Cannes die Hamburger Gäste schließlich sowohl bei den Teilnehmern der durch Tore von Michael Zibull und In Zeiten, als Rudi Pohler als Schiedsrichter-Obmann des Niedersäch- anderen Nationalverbände als Dirk Hamerich. sischen und Norddeutschen Fußballverbandes noch ein Vorschlags- auch bei den Verantwortlichen der recht für die Besetzung eines DFB-Teams hatte, kam auf die Frage an FIFA und UEFA viel Beifall und „Die Schiedsrichter haben verdient seine Unparteiischen, wen sie denn als Assistenten haben möchten, Anerkennung. Die deutsche Inno- gewonnen“, zollte Marcus Wein- (fast) immer dieselbe Antwort: „Ob Roth, Redelfs oder Horstmann. vation wird als ein wesentlicher berg Respekt und ergänzte: „Der Die nannten alle ,Zitti’.“ Schritt in die Zukunft der „Entwick- FC Bundestag verliert nicht oft und lungsarbeit mit Schiedsrichtern“ nicht gerne!“ Beim anschließenden „Zitti“, das war der Spitzname von Klaus-Peter Zittrich. Am 11. April angesehen. Meeting bedankte sich der Vorsit- zende des Hamburger Verbands- ist der Schiedsrichter des SC Langenhagen im Alter von 69 Jahren Im Rahmen des Kurses in Cannes Schiedsrichter-Ausschusses, Wilfred verstorben. „Er war einer, auf den man sich 100-prozentig verlassen wurden zudem das aktuelle FIFA- Diekert, für die Einladung und konnte. Stets einsatzbereit und zuverlässig. Ein Schiedsrichter, wie Material und die Methoden des freute sich besonders, dass der man ihn sich nur wünschen kann“, nennt Pohler Gründe für die Weltverbandes zur Weiterentwick- vielbeschäftigte Bundesverteidi- Beliebtheit Zittrichs. Der SC Langenhagen, bei dem „Zitti“ 49 Jahre lung von Elite-Schiedsrichtern vor- gungsminister Jung sich so viel Mitglied war und 23 Jahre als stellvertretender Fußball-Spartenleiter gestellt. Ferner dienten Spielanaly- Zeit zum Smalltalk mit den Ham- wirkte, würdigte den Verstorbenen auf seiner Homepage. „Seine sen anhand von Spielszenen der burger Schiedsrichtern nahm. fröhliche und kraftvolle Art wird immer in Erinnerung bleiben.“ Zum Europameisterschaft 2008, aus Gedenken an Klaus-Peter Zittrich lief Langenhagen im Punktspiel den internationalen Wettbewerben gegen Bad Rothenfelde (8:1) mit Trauerflor auf. der Saison 2008/2009 und vom Zwangsabstieg Olympischen Turnier 2008 dazu, Zittrichs Laufbahn als Schiedsrichter begann 1965. Im Spielbetrieb Kriterien für eine einheitliche nach Schiedsrichter- des Landes- und Regionalverbandes wurde er in den höchsten Klas- Regelauslegung zu vermitteln. Attacke sen eingesetzt. Auf DFB-Ebene agierte er als Spielleiter in der 2. Liga und als Assistent in der Bundesliga. An der Linie kam er auch inter- Nachdem ein Spieler des FC Mün- national zum Einsatz. Hamburger gewinnen chenstein (Nordwestschweiz) den beim FC Bundestag Schiedsrichter niedergeschlagen NFV-Journal und getreten hatte, wurde der Ver- Auf Einladung des Hamburger ein kollektiv bestraft, wie es die hen: Der Drittliga-Klub wurde von kommission, die das Urteil einstim- Bundestagsabgeordneten Marcus Statuten des Fußballverbandes der laufenden Meisterschaft aus- mig gefällt hat, ist eine solche Weinberg fuhren die älteren VSA- Nordwestschweiz (FVNWS) vorse- geschlossen und in die Vierte Liga Strafe der einzig richtige Weg: strafversetzt. Für Felix Schädler, „Der Verband macht die Clubs auf den Vizepräsidenten des FC Mün- diese Thematik immer wieder auf- chenstein, war schon vor der Ver- merksam. Und doch passiert es. handlung klar: „Wir akzeptieren Wir müssen ein Zeichen setzen.“ jedes Urteil.“ Der Verein hat dem Spieler, dem eine Sperre von drei Circhetta weiter: „Wer gegen einen Jahren droht, sofort die Mitglied- Schiedsrichter tätlich wird, hat auf schaft entzogen. dem Fußballplatz nichts verloren.“ 2007 hat der FVNWS die Strafver- Wegen ähnlicher Vorfälle sind in setzung eines Klubs bei gravieren- der Nordwestschweiz bereits eine den Verstößen beschlossen. Für B-Junioren-Mannschaft und ein Die Hamburger Sieger mit HFV-Präsident Dirk Fischer (unten, Claudio Circhetta, FIFA-Schieds- Fünftliga-Klub von der Meister- Zweiter von links) im Trikot des Bundestags. richter und Leiter der Wettspiel- schaft ausgeschlossen worden.

8 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 4/20083/2009 GESAGT GEDRUCKT

„Simulationen, Reklamationen, Spiel zerstörende Aktionen, also die negative ■ Einen eher traurigen Rekord Seite des Fußballs, ziehen viel zu oft den Schiedsrichter in den Fokus und erlebte die Bundesliga am 25. lassen die wahren Verursacher ungeschoren davon kommen. Die Haupt- kurz Spieltag: Mit Daniel Fernandes verantwortlichen für das Fair Play sind die Spieler, nicht die Schiedsrichter.“ (VfL Bochum), Markus Miller Ex-FIFA-Schiedsrichter Lutz Michael Fröhlich in „11 Freunde“. notiert (Karlsruher SC), Michael Ren- sing (Bayern München), Frank „Wenn wir unsere Ü 60-Schiedsrichter nicht hätten, die zwei bis drei Spiele Rost (Hamburger SV) und Tim in der Woche leiten, könnten wir gar nichts mehr besetzen.“ Wiese (Werder Bremen) sahen Thomas Menzel, Vorsitzender des Kreis-Schiedsrichter-Ausschusses gleich fünf Torhüter die Gelbe Braunschweig im „NFV-Journal“. Karte. „Rempeln darf man!“ ■ ■ Beim 33. Ordentlichen UEFA- Am 9. Talente- und Mentoren- Premiere-Reporter Fritz von Thurn und Taxis bei Hoffenheim gegen Seminar der UEFA in Nyon nahm Hertha BSC Berlin. Endlich mal ein Kommentator, der das noch weiß… Kongress in Kopenhagen wurde Volker Roth, Mitglied des UEFA- Anfang Mai für den DFB Manuel „Der Fußball muss immer an erster Stelle stehen und uns in unserem Han- Schiedsrichter-Komitees, in die Gräfe teil. Er gehört gemeinsam deln leiten. Der Fußball ist zunächst ein Spiel und kein Produkt, ist Gruppe „Amicale des Anciens“ mit dem Franzosen Said Enjimi und dem Italiener Gianluca zunächst ein Sport und kein Markt, ist zunächst ein Spektakel und kein aufgenommen. In diesen Freun- Rocchi zum Nachwuchsteam für Geschäft.“ deskreis der „Älteren“ kann nur die so genannte „Elitegruppe Das erste von elf „Prinzipien“, die Präsident Michel Platini beim UEFA- gelangen, wer mindestens zwölf Männer“ der UEFA. Kongress in Kopenhagen vorstellte. Jahre in einem UEFA-Gremium mitarbeitet. ■ Wer auf der DFB-Internetseite 2. Um Konflikte zwischen dem Vier- das DFB-TV anklickt und das Regeln: Beschlüsse ■ ten Offiziellen und Trainern oder Zweitliga-Schiedsrichterin Suchwort „Schiedsrichter“ ein- des IFAB 2009 anderen Personen in der Techni- Sinem Turac (Berlin) wird neben gibt, findet immer häufiger TV- schen Zone zu vermeiden, wird es den Nationalspielern Robert Berichte von aktuellen Maßnah- Drei erwähnenswerte Beschlüsse einer Person gestattet, in der Tech- Enke (Hannover 96), Serdar men der Lizenzliga-Schiedsrich- hat der International Football Asso- nischen Zone zu verbleiben, ohne Tasci (VfB Stuttgart) und Celia ter wie zum Beispiel Lehrgän- ciation Board (IFAB) bei seiner dies- nach Erteilung taktischer Anweisun- Okoyino da Mbabi (SC 07 Bad gen und Tages-Stützpunkten. jährigen Sitzung getroffen. Sie gen wieder auf die Bank zurückkeh- Neuenahr) künftig als DFB- Schiedsrichter-Ausschuss und haben allerdings auf die Praxis nur ren zu müssen, sofern diese Person Integrations-Botschafterin aktiv Aktive nehmen dort Stellung zu geringe Auswirkungen. sich angemessen verhält. sein. aktuellen Vorgängen. 1. Nachdem es bei der EM 2008 im 3. Eine weitere Klarstellung wurde ■ Weil er sich mit dem Abstieg Spiel Niederlande gegen Italien noch für das Elfmeterschießen seiner Mannschaft FC Comercial wegen des Falls Panucci zu heftigen getroffen. Wenn eine Mannschaft in die 3. brasilianische Liga Diskussionen kam, wurde in der am Ende des Spiels über eine größe- nicht abfinden konnte, schubste Regel 11 (Abseits) zur Klarstellung re Anzahl von Spielern verfügt als Trainer Pedro Santilli (62) ein Satz angefügt: „Ein Spieler des die andere, muss das entsprechen- zunächst einen gegnerischen verteidigenden Teams, der das de Team die Anzahl laut Spielregeln Spieler und verpasste dann dem Spielfeld ohne Genehmigung ver- auf die Anzahl des Gegners reduzie- Schiedsrichter mit der rechten lässt, wird im Hinblick auf die ren. Zur weiteren Klarstellung wurde Faust einen ansatzlosen Kinnha- Abseitsregel bis zur nächsten Spiel- folgender Satz hinzugefügt: „Jeder ken – Spielabbruch. Die TV-Bil- unterbrechung so behandelt, als auf diese Weise ausgeschlossene der dieser Szenen gingen per befände er sich auf seiner Tor- oder Spieler ist nicht berechtigt, am Elf- Internet um die ganze Welt. Wel- Seitenlinie.“ meterschießen teilzunehmen.“ che Strafe der Trainer erhielt, Sinem Turac mit DFB-Präsident wurde bisher nicht bekannt. Dr. Theo Zwanziger bei der Prä- ■ FIFA-Schiedsrichter Wolfgang sentation der DFB-Jugendaktion Stark nimmt vom 2. bis 5. Juni „Mitmachen kickt“. im südafrikanischen Pretoria am zweiten Lehrgang des Fuß- ■ Für den Confed-Cup in Süd- ball-Weltverbandes (FIFA) für afrika (14. bis 28. Juni) hat die aussichtsreiche Schiedsrichter- FIFA neun Schiedsrichter nomi- Kandidaten für die WM 2010 niert: Carlos Amarilla (Para- (11. Juni bis 11. Juli 2010) teil. guay), (Guatema- Den ersten Lehrgang vom la), (Austra- 22. bis 26. September 2008 in lien), Zürich hatten 53 Referees (Schweiz), Coffi Codja (Benin), absolviert. Stark, der am 23. Mai (Schweden), Die Situation, die letztlich eine Regel-Klarstellung auslöste: sein 200. Bundesligaspiel pfiff, Panucci liegt neben dem eigenen Tor, während der zentral vor Michael Hester (Neuseeland), leitete bislang 28 A-Länderspie- dem Tor stehende van Nistelrooy von der Strafraumgrenze (Uruguay) und le und mehr als 50 Europapokal- aus angespielt wird und gleich das 1:0 erzielt. Kein Abseits, (England). Begegnungen. das Tor war regulär.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 9 Analyse Wehe, wenn der Torwart aus Eugen Strigel hat das Bundesliga-Geschehen der letzten Wochen bis zum Saisonschluss chronolo- gisch auf lehrreiche Szenen untersucht. Er weist nachdrücklich auf eine Situation hin, bei der ganz besonders viel Aufmerksamkeit gefragt ist.

24. Spieltag Foto 5 Eine unsportliche Freistoß-Ausführung Alle Spiele verliefen für die Schiedsrichter zum wiederholten Mal in dieser Saison sehr ruhig, kritische Situationen blieben gänz- lich aus. Regeltechnisch interes- sant war für mich lediglich eine Freistoß-Ausführung im Spiel Wer- der Bremen gegen den VfB Stutt- gart. Günter Perl entschied auf Freistoß für Bremen knapp außer- halb des Strafraums (Foto 1). Als der Schiedsrichter die „Mauer“ stellte, nutzte Diego den Moment, um den Ball rund zwei Meter in eine zentralere Position zu verlegen. Stuttgarts Torhüter Jens Lehmann machte Schiedsrichter Perl darauf aufmerksam, der dann den Ball wieder an die richtige Stelle legte. So weit, so gut. Als Perl dann aber in ein kurzes Gespräch verwickelt wurde, legte Diego den Ball wieder Ohne den Ball spielen zu können, grätscht Torwart Haas den Bochumer Stürmer um. an seine „Wunschstelle“ (Foto 2). Diesmal monierte das niemand, Schiedsrichter bei einer „Mauerbil- verlieren. Diego hätte beim zwei- Situationen den Schiedsrichter und der Bremer erzielte aus die- dung“ nicht nur die Spieler dort im ten Verlegen des Balles unbedingt unterstützen und die Unsportlich- sem Freistoß direkt ein Tor. Um so Blick behalten, sondern darf auch die Gelbe Karte sehen müssen. Die keit gegebenenfalls mit der Fahne etwas zu verhindern, muss der den „Tatort“ nicht aus den Augen Assistenten müssen in solchen anzeigen.

Foto 1 Foto 2

Der Ball liegt am eigentlichen „Tatort“. Nicht zentral genug für …die Lage des Balles so verändert, dass der Torerfolg wahr- den Freistoß-Spezialisten, der deshalb - verbunden mit eini- scheinlicher wird. Da zählt jeder Zentimeter. Und in diesem Fall gen Ablenkungsmanövern gegenüber dem Schiedsrichter - … hat es sogar geklappt - der Ball landet zur 1:0-Führung im Tor.

10 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 muss bei der Freistoß-Ausführung so stehen, dass er den Ball, den Schützen und die „Mauer“ gleich- dem Strafraum läuft zeitig im Blick hat. Denn vor allem in der „Mauer“ kommt es immer wieder zu Unsportlichkeiten.

26. Spieltag Diesmal war kein Chip im Ball notwendig Wieder ein ruhiger Spieltag für die 25. Spieltag Foto 3 Schiedsrichter. Es ging lediglich War „Gelb“ für zwei Mal um ganz knappe Tor-Ent- Ribéry ausreichend? scheidungen. Im Spiel VfL Bochum Vor allem ein Vergehen von Franck gegen den VfB Stuttgart fing der Ribéry im Spiel Bayern München Stuttgarter Torhüter Jens Leh- gegen den Karlsruher SC wurde mann eine Flanke von Epalle zwar heftig diskutiert. Als Görlitz ihn noch ab, landete dann aber mit attackierte, schubste Ribéry den dem Ball hinter der Torlinie. Karlsruher zur Seite. Schiedsrich- Schiedsrichter Helmut Fleischer ter Guido Winkmann hielt aus sei- entschied mit seinem Assistenten ner Position eine Gelbe Karte für auf Tor, was auch richtig war. Die ausreichend. Nach den Fernsehbil- Zeitlupenbilder konnten keine dern zu urteilen, drückte Ribéry genaue Aufklärung bringen, erst seinem Gegenspieler die flache das Standbild bestätigte die Hand ins Gesicht und stieß ihn Schiedsrichter-Entscheidung – eine damit weg. Weil die Hand eines prima Teamarbeit war das. Spielers dort nichts verloren hat, wäre eine Rote Karte die richtige Ebenso knapp zu ging es beim 1:1- Entscheidung gewesen. Mit dem rechten Fuß trifft Rauscher seinen Gegenspieler - Ausgleich für Bayern München im deutlich außerhalb des Spielfelds. Spiel beim VfL Wolfsburg. Zweimal Im Spiel 1899 Hoffenheim gegen wehrte Torhüter Benaglio den Ball Hannover 96 gab es eine sehr genau auf der Grundlinie innerhalb nicht wahrgenommen. Kurz vor ab, der zweite Schuss von Luca knifflige Situation zu lösen. Der des Strafraums. Dabei traf er den einer Freistoß-Ausführung war der Toni hatte die Torlinie aber ganz Hannoveraner Rausch zog am linken Fuß des Hoffenheimers und Hoffenheimer wohl provoziert wor- knapp überschritten. Schiedsrich- Ende eines Zweikampfs seinem nicht den Ball. Assistent Mark den und wehrte sich mit diesem ter Thorsten Kinhöfer entschied Gegenspieler Beck die Beine weg, Borsch hatte freie Sicht auf diese Schlag. Solche Vergehen hinter auf Zeichen seines Assistenten auf als dieser gerade aufstehen wollte. Szene und Wolfgang Stark dieses dem Rücken des Schiedsrichters Tor und lag damit ebenfalls richtig. Beide Spieler befanden sich in die- Foul gemäß ihrer Absprache signa- sind wahrscheinlich nie ganz zu In beiden Fällen halfen hochkon- sem Moment außerhalb des Spiel- lisiert. vermeiden, aber in diesem Fall zentrierte Assistenten, die richtige felds, während der Ball noch im hätte es durch ein besseres Stel- Entscheidung zu treffen. Dennoch Spiel war (Foto 3). Schiedsrichter Leider wurde in diesem Spiel ein lungsspiel vielleicht doch erkannt würde der schon oft angesproche- Wolfgang Stark hätte hier nur auf Ellenbogenschlag von Luiz Gustavo werden können. Der Schiedsrichter ne Chip im Ball für die Schiedsrich- Schiedsrichter-Ball entscheiden ter eine große Hilfe darstellen. können, weil eine der Vorausset- Vielleicht kommt er ja doch zungen für einen Freistoß bezie- Foto 4 irgendwann einmal – nur funk- hungsweise Strafstoß immer ist, tionieren muss er dann. dass das Vergehen auf dem Spiel- feld stattfindet. In diesem Fall 27. Spieltag hätte der Schiedsrichter lediglich Drei Mal „Rot“ die Möglichkeit gehabt, eine Gelbe Drei Mal gab es in der Bundesliga Karte zu zeigen, falls das Foulspiel die Rote Karte. Eine solche „Häu- in seinen Augen eine Persönliche fung“ ist bei uns zum Glück für alle Strafe erfordert hätte. Beteiligten ja selten. Michael Kempter verwies im Spiel Hanno- Warum es in dieser Situation den- ver 96 gegen Hertha BSC Berlin noch einen Strafstoß gab – und Stürmer Voronin kurz vor Spielen- zwar zu Recht – zeigt Foto 4. Bevor de des Feldes. Der Berliner wurde die beiden Spieler nämlich außer- von Andreasen gefoult. Daraufhin halb des Spielfelds aneinander trat Voronin dem Hannoveraner in gerieten, hatte Rausch seinen Geg- Das erste Foul. Assistent Borsch kann den „Tatort" genau die Beine. Eine klare Tätlichkeit, ner schon einmal gefoult und zwar sehen. die vom Schiedsrichter umgehend

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 11 Foto 6 Analyse

mit „Rot“ richtig sanktioniert klingeln. Denn weil die Torhüter wurde. das Feldspiel nicht gewohnt sind, schätzen sie leicht die Geschwin- Gleich zwei Rote Karten gab es im digkeit des Gegenspielers falsch Spiel 1899 Hoffenheim gegen den ein. Zudem halten sich einige auch VfL Bochum. Zunächst eine ähnli- für bessere Fußballer als sie es in che Situation wie zwei Wochen Wirklichkeit sind. Muss der Torwart zuvor mit Ribéry, dieses Mal zückte dann den Ball außerhalb des Straf- der Schiedsrichter allerdings raums mit der Hand spielen oder „Rot“. Der Bochumer Bönig beging erreicht ihn – wie in diesem Fall – zwei „kleinere“ Fouls an Eduardo. gar nicht, dann bekommt neben Schiedsrichter Babak Rafati ließ einem Freistoßpfiff auch die Frage zunächst das Spiel weiterlaufen. Zu spät! Torwart Adler bringt Grafite rüde zu Fall. nach der Persönlichen Strafe eine Als Bönig dann zum dritten Mal hohe Bedeutung. Adler foulte sei- foulte, schlug Eduardo seinem Gleichgewicht und schoss den Ball nur über eine einzige Entschei- nen Gegenspieler recht rüde, Gegenspieler die Hand ins Gesicht. an die Latte. Den zurückprallenden dung im Spiel VfL Wolfsburg gegen wodurch Grafite keine Chance Das war klar „Rot“. Immer wieder Ball beförderte dann ein Mitspie- Bayer Leverkusen. Bayer-Torhüter mehr hatte, mit dem Ball allein auf fordern die Trainer, Spieler und ler über das Tor. Thorsten Schrie- Adler lief mit hohem Tempo aus das Tor zulaufen zu können. Das Vereinsverantwortliche, dass die ver entschied auf Strafstoß. War seinem Strafraum dem Ball entge- war für mich „übermäßige Härte“ Schiedsrichter die Spiele großzügi- das so in Ordnung? Ein Schieds- gen. Grafite war etwas früher am und schon deshalb „Rot“. Aber ger leiten und nicht bei jeder „Klei- richter soll bei der Vorteil-Anwen- Ball und spielte ihn Adler gegen selbst wenn ein Schiedsrichter das nigkeit“ unterbrechen sollen. Lässt dung immer dann das ursprüngli- den Körper. Der Torwart kam also Foulspiel als nicht so schlimm ein- ein Schiedsrichter dann mal etwas che Vergehen ahnden, wenn der zu spät und brachte Grafite zu Fall stufen würde, lag für mich hier die durchgehen wie hier Babak Rafati, erwartete Vorteil in den nächsten (Foto 6). Verhinderung einer eindeutigen dann haben sich die Spieler nicht Sekunden nicht eintritt (Stichwort Torchance vor. „Rot“ wäre also im Griff. Tätlichkeiten und Rote „nachpfeifen“). Tritt der Vorteil Für mich war das eine Rote Karte, allemal angebracht gewesen. Karten sind die Folge. jedoch ein und die Mannschaft vergleichbar mit der Situation eine Schiedsrichter Jochen Drees ließ kann ihn nicht nutzen, dann ist ein Woche zuvor in Hoffenheim. Immer das Spiel weiterlaufen. Er hatte Die zweite Rote Karte in diesem Nachpfeifen nicht mehr möglich. wenn ein Torhüter den Strafraum aus seiner Position nur erkennen Spiel gab es gegen Torhüter Haas verlässt, müssen bei einem können, dass der Ball von Adler von Hoffenheim. Er kam mit gro- Zu diesem konkreten Fall sagte Schiedsrichter alle „Alarmglocken“ abprallte und war deshalb der Mei- ßem Tempo aus seinem Strafraum Thorsten Schriever, dass er und beging an Sestak ein rück- unmittelbar nachdem Sako aus Foto 7 sichtloses Foul (Foto 5 auf Seite dem Gleichgewicht „gezogen“ 10). Den Feldverweis gab es wegen wurde, auf Strafstoß entschied. der übermäßigen Härte. Über die Dann war diese Strafstoß-Entschei- mögliche Verhinderung einer ein- dung regeltechnisch einwandfrei. deutigen Torchance musste man Hätte er erst nach den beiden hier gar nicht mehr diskutieren, „Fehlschüssen“ auf Strafstoß ent- das Foul an sich war schon ganz schieden, wäre dies nicht in Ord- eindeutig „Rot“. Und so hat es nung gewesen, denn dann hätte Babak Rafati auch in seinem Spiel- St. Pauli den Vorteil gehabt und ihn bericht vermerkt. lediglich nicht nutzen können.

Regeltechnisch sehr interessant 28. Spieltag war an diesem Spieltag auch eine Wieder ein Torhüter-Foul Situation im Spiel St. Pauli gegen außerhalb des Strafraums den MSV Duisburg. Der Duisburger An diesem Wochenende gab es Veigneau hielt im eigenen Straf- wiederum kaum etwas an den Leis- raum seinen Gegenspieler Sako tungen der Schiedsrichter auszu- Da staunt sogar der Trainer: Michael Kempter zeigt Mathijsen fest. Der kam dadurch aus dem setzen. Diskutiert wurde im Grunde nach dem Schlusspfiff die Gelbe Karte.

12 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 Foto 8

Altintop ist in einen Quer- pass der Gladbacher gesprungen. Von seinem lin- ken Fuß fliegt der Ball zu Tor- wart Neuer.

nung, dass der Torwart den Ball vorbildlich gemacht. Die Reakti- im Spiel Borussia Mönchen- war dann die Rote Karte, da Ba nur zuerst gespielt hatte. Das war ein onen der Hamburger Spieler und gladbach gegen Schalke 04. wenige Meter vor dem Torhüter Irrtum. Verantwortlichen erstaunten mich Schiedsrichter Peter Sippel ent- stand und ihm mit dem eigentlich umso mehr, da die Strafstoß-Ent- schied kurz vor Spielende auf indi- harmlosen Foul eine eindeutige 29. Spieltag scheidung ganz klar war, das Spiel rekten Freistoß für die Borussia, Torchance genommen wurde. Der Schiedsrichter in der 90. Minute schon 1:0 für weil Torwart Neuer nach einem als „Blitzableiter“ Dortmund stand und Michael Zuspiel seines Kollegen Altintop 32. Spieltag Zwei „Armeinsätze“ in den Spielen Kempter einschließlich dieses den Ball mit der Hand berührte. Absichtliches Handspiel Bayern München gegen Schalke 04 Pfiffs das Spiel sehr gut geleitet Weil der Ball aber in hohem Bogen mit ausgestrecktem Arm und VfB Stuttgart gegen Eintracht hatte. Wenn er an diesem Tag über- über Freund und Feind hinweg Falsch eingeschätzt wurde eine Frankfurt mussten von den haupt einen Fehler gemacht hat, zum Torhüter flog, lag hier keine Handspiel-Situation im Spiel Schiedsrichtern bewertet werden: dann, dass er nicht schon kurz Absicht vor, Altintop hatte den Ball 1.FC Köln gegen Hertha BSC Berlin, Noch Unsportlichkeit oder schon zuvor einen Strafstoß gegen den lediglich unglücklich getroffen als Simunic am Boden lag und mit Tätlichkeit? Der Schalker Jones HSV gepfiffen hatte. Aber wenn der (Foto 8). Solch ein „Querschläger“ der Hand seines voll ausgestreck- versetzte Mark van Bommel im Frust über die eigene Leistung zu hat nichts mit einem „absicht- ten linken Arms den Ball berührte Laufduell einen „Schlag“. So ähn- groß wird, suchen sich die Spieler lichen Zuspiel“ zum Torhüter zu (Foto 9). Schiedsrichter Knut lich war es auch in Stuttgart, als manchmal selbst in der Bundesliga tun, das mit einem indirekten Frei- Kircher entschied auf „unabsicht- der Frankfurter Ochs einen Gegen- den Schiedsrichter als „Blitzableiter“ stoß zu bestrafen ist, wenn der lich“ und ließ das Spiel weiterlau- spieler traf. In beiden Fällen hätte aus. Was der sich natürlich nicht Torwart den Ball dann mit der fen. Da Simunic aber seinen Arm man gegen eine Rote Karte sicher- gefallen lassen darf. Hand spielt. ganz ausstreckte, konnte wirklich lich keine Einwendungen erheben nicht von einer normalen Handhal- können, trotzdem war für mich 30. und 31. Spieltag Richtig beurteilte der Schiedsrich- tung gesprochen werden. Das „Gelb“ akzeptabel und angemes- Querschläger oder ter im Spiel 1899 Hoffenheim gegen hatte eher mit „Breitermachen“ zu sen, weil der Armeinsatz sich noch absichtlicher Rückpass? den 1.FC Köln eine ganz schwierige tun. Außerdem versuchte Simunic im unsportlichen Bereich bewegte. Der 30. Spieltag war aus meiner Strafraum-Situation kurz vor Spiel- auch nicht, den Arm wegzuziehen So sahen es übrigens auch die bei- Sicht der beste in der gesamten ende. Der Kölner Mohamad brachte und an den Körper zu legen. Daher den Beobachter bei diesen Spielen. Saison für die Schiedsrichter und Ba zu Fall. Michael Kempter ent- war dieses Handspiel für mich als auch aus regeltechnischer Sicht schied mit Unterstützung des Assis- absichtlich zu werten. Beim Spiel Borussia Dortmund unproblematisch. Auch am 31. Spiel- tenten auf Strafstoß. Eine schwieri- gegen den Hamburger SV traute tag gab es wenig diskussionswür- ge Entscheidung, die nach den TV- Eine ganz schwierige Abseits-Ent- ich meinen Augen kaum. Als dige Situationen. So beispielsweise Bildern richtig war. Konsequent scheidung gab es im Spiel Karlsru- Michael Kempter in der Schlussmi- her SC gegen Hannover 96. Bei nute völlig zu Recht auf Strafstoß Foto 9 einer Flanke von der rechten Seite für Dortmund entschied, der dann in den Strafraum stand Kennedy zum 2:0 führte, protestierten die ungefähr am Elfmeterpunkt in Hamburger Spieler nicht nur einer Abseitsposition. Er bewegte unmittelbar nach dem Pfiff, son- sich zum Ball, verpasste ihn dern bestürmten den Schiedsrich- jedoch. Iashvili, der nicht im ter deswegen auch noch nach Abseits gestanden hatte, kam an Spielende. Auch der Trainer und den Ball und erzielte ein Tor. Das selbst der Co-Trainer bliesen in das Schiedsrichter-Team um Manuel gleiche Horn. Michael Kempter Gräfe verweigerte dem Treffer die zeigte deshalb Mathijsen nach dem Anerkennung mit der Begründung, Schlusspfiff „Gelb“ (Foto 7). Kennedy habe mit seinem Sprung zum Ball Torhüter Enke beeinflusst. Ein Schiedsrichter kann Diszipli- Allerdings stand Kennedy zu kei- narstrafen auch noch nach dem nem Zeitpunkt in der Flugbahn des Schlusspfiff aussprechen, und Balles. Außerdem sind die Anwei- zwar so lange er sich noch auf sungen recht klar: Gehen zwei dem Spielfeld befindet. Das war Spieler nach dem Ball – einer aus von Michael Kempter prima und Mit ausgestrecktem Arm berührt Simunic den Ball. einer Abseitsstellung und der

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 13 Foto 10 Analyse

zweite aus einer Nicht-Abseitsstel- lung – so muss ein Assistent mit der Fahne oder der Schiedsrichter mit dem Pfiff warten, bis klar ist, wer den Ball spielt. Erst dann kann er eine Entscheidung treffen. „Wait-and-see“ lautet die Vorgabe. Ohne das Foul von Mijatovic hätte Ba eine klare Torchance gehabt. Wäre sie hier richtig angewendet worden, hätte das Tor zählen müs- tion vor dem 3:2-Siegtreffer für bewegte (Foto 11): Nicht einmal unterschiedlich - trotz diverser sen. den HSV beim Spiel in Frankfurt. eine Sekunde nach dem Abspiel Zeitlupen-Aufnahmen. Es war Trochowski stand vor der Torerzie- stand Trochowski bereits auf natürlich richtig schwierig. Nach Dann ging es an diesem Spieltag lung nach den Fernsehbildern im gleicher Höhe mit den Abwehrspie- den Standbildern stand Podolski noch um zwei „Notbremsen“. Im Abseits. Die „Experten“ konnten lern - der zweite Punkt, der die tatsächlich mit einem Bein im Spiel Eintracht Frankfurt gegen bei der Betrachtung der TV-Bilder Wahrnehmung dieser Abseitsposi- Abseits. Damit war die Aberken- Werder Bremen brachte der Frank- kaum verstehen, warum es zu die- tion erheblich erschwerte. Hier nung des Tores korrekt. Bei der furter Ochs seinen Gegenspieler sem Fehler kam. Aber so klar war kann man dem Assistenten kaum Beurteilung solch einer Situation Özil im eigenen Strafraum zu Fall. das aber überhaupt nicht. einen Vorwurf machen, selbst muss ein Assistent viel Erfahrung Özil stand alleine vor dem Frank- Zunächst standen im Augenblick wenn die Situation im TV-Standbild und auch die notwendige Portion furter Torhüter. Schiedsrichter Sip- der Ballabgabe vier (!) Hamburger recht eindeutig schien. Glück haben, denn das ist mit dem pel entschied auf Strafstoß und Angreifer im Abseits - und zwar „normalen“ menschlichen Auge zeigte richtigerweise Ochs die alle ungefähr auf der gleichen Auf eine zweite Abseits-Situation einfach nicht wahrzunehmen. Rote Karte, da er seinem Gegner Höhe. Der Ball kam dann zu dem möchte ich auch noch kurz einge- mit dem Foulspiel eine klare Tor- vom Assistenten am weitesten ent- hen. Im Spiel Bayern München chance nahm. Im Spiel Arminia fernt stehenden Trochowski. Seine gegen den VfB Stuttgart erzielte Eugen Strigel ist Bielefeld gegen 1899 Hoffenheim Position exakt einzuschätzen, war Podolski ein Tor, das vom Schieds- seit 1995 Lehr- wart im DFB- eine fast identische Situation. Hier schon deshalb außerordentlich richter-Team um Florian Meyer Schiedsrichter- foulte der Bielefelder Mijatovic den schwierig. Dazu kam dann noch, nicht anerkannt wurde. Wieder ein- Ausschuss. Hoffenheimer Ba. Schiedsrichter dass sich Trochowski nicht Rich- mal sahen die Fernsehkommenta- Babak Rafati entschied zu Recht tung Tor, sondern zur Spielfeldmitte toren diese Situation vollkommen auf Strafstoß, beließ es aber bei einer Gelben Karte. Weil aber auch Foto 11 hier der gegnerischen Mannschaft mit dem Foul eine klare Torchance genommen wurde (Foto 10), wäre „Rot“ statt „Gelb“ die richtige Ent- scheidung gewesen.

33. und 34. Spieltag Wieder einmal Abseits Nachdem der 33. Spieltag problem- los gelaufen war, gab es auch in den letzten Spielen der Saison keine großen Aufreger. Und das, obwohl es in fast allen Begegnun- gen noch um eine Menge ging. Sicher auch ein Verdienst unserer Schiedsrichter-Teams, die mit Augenmaß die Spiele leiteten.

Die einzige diskussionswürdige Unmittelbar nach dem Abspiel durch den Spieler im Kreis: Trochowski (links) bewegt sich zum Situation war eine Abseits-Situa- Ball und ist schon aus dem Abseits heraus.

14 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 Report Ziel: Das positive Spiel fördern Eine der neu gebildeten Arbeitsgruppen des DFB-Schiedsrichter-Ausschusses beschäftigt sich mit der Weiterentwicklung der Lehrgänge und Stützpunkte. Abteilungsleiter Lutz Michael Fröhlich beschreibt den Stand der Dinge.

ei den Lehrgängen in den BLizenzligen wird jetzt verstärkt in kleinen Gruppen gearbeitet und dabei auf die dialogorientierte Schulung gesetzt. Erstmals wurde das bei der Halbzeit-Tagung der Lizenzliga-Schiedsrichter umge- setzt. Die Schiedsrichter arbeite- ten in drei Gruppen mit maximal 20 Personen in den Themenberei- chen Teamarbeit, Regelauslegung und Körpersprache. Das Thema „Körpersprache“ wurde mit einem Impulsreferat von einem externen Fachmann vorbereitet und dann in der Gruppenarbeit vertieft.

Die Schiedsrichter und Schieds- richter-Assistenten der Lizenzligen treffen sich zwei Mal pro Saison zur Aufarbeitung der Spielleitun- gen und Entscheidungen. Einer dieser beiden Stützpunkte wird in Frankfurt am Main durchgeführt, zu dem alle Schiedsrichter Auch die Besten müssen sich fortbilden.

Lehrgänge und Stützpunkte in den einzelnen Spielklassen

Schiedsrichter Schiedsrichter Schiedsrichter-Assistenten Schiedsrichter Regionalliga/ Schiedsrichter Bundesliga 2. Bundesliga Bundesliga und 2. Bundesliga A-Junioren Bundesliga B-Junioren Bundesliga

Sommer-Lehrgang Juli/August

Stützpunkt Frankfurt am Main Stützpunkt regional Oktober Oktober Stützpunkt regional Stützpunkt regional Oktober/November Oktober/November Stützpunkt regional November

Halbzeittagung Januar

Stützpunkt regional März Stützpunkt regional Stützpunkt regional März/April März/April Stützpunkt Frankfurt am Main Stützpunkt regional April April SR der 3. Liga nehmen an den Maßnahmen für die SRA BL und 2. BL teil, sofern sie dort als SRA eingesetzt werden. Das gilt auch für die SR aus der Regional- Abschluss-Stützpunkt Berlin liga. SR der 3. Liga, die nicht SRA in der Bundesliga oder 2. Bundesliga sind, Mai nehmen an den Maßnahmen der Regionalliga-Schiedsrichter teil.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 15 In dieser Form wurden die Stütz- und Talentförderung eingeladen. punkte erstmals im Herbst 2008 Im Rahmen des Stützpunkts im durchgeführt. Die ersten Erfahrun- Frühjahr fand der Besuch eines gen zeigen, dass dieser Mix aus Bundesligaspiels statt. Gemeinsam regeltechnischer Vorgabe in der mit dem amtierenden Schiedsrich- Großgruppe und vertiefender Ana- ter-Team wurde danach die Spiel- lyse in der Kleingruppe den leitung ausgewertet. Auf diese Schiedsrichtern hilft. Insbesondere Weise wurde den Nachwuchs- bei der Stabilisierung und Weiter- Schiedsrichtern ein Eindruck entwicklung der neuen oder jun- davon vermittelt, was sich gedank- gen Schiedsrichter ist der in der lich hinter den aktuellen Entschei- kleineren Gruppe entstehende Dia- dungen des Schiedsrichters ver- log mit den erfahrenen Spitzen- birgt und wie Ermessensspielräu- Schiedsrichtern hilfreich. me für die konstruktive Entwick- lung eines Spiels genutzt werden Im Nachwuchsbereich treffen sich können. die Schiedsrichter der Regionalliga und der A-Junioren-Bundesliga ein Auch die Schiedsrichter der B-Juni- Mal pro Halbserie in regionalen oren-Bundesliga treffen sich pro Gruppen zur Aufarbeitung der Halbserie ein Mal in regionalen abgelaufenen Spiele und zur Schu- Gruppen, um die abgelaufenen zusammenkommen. Beim zweiten Analyse genutzt, wie sich zum Bei- lung mit dem DVD-Material aus den Spiele aufzuarbeiten und Impulse Stützpunkt treffen sich die spiel die Schiedsrichter in die För- Bundesligen. für die Weiterentwicklung aus der Schiedsrichter und Schiedsrichter- derung eines positiven Fußball- Analyse von Entscheidungen aus Assistenten regional in Kleingrup- spiels einbringen können. Dabei Künftig soll hier noch mehr auf den Bundesligaspielen zu bekom- pen. Hier steht die gemeinsame werden auch Kriterien für den Bilder aus den Regionalliga-Spie- men. Zu diesen Stützpunkten kön- Aufarbeitung der Spielleitungen sinnvollen Umgang mit Ermessens- len und den Begegnungen der nen die Regionalverbände noch auch unter dem Aspekt der „Team- spielräumen besprochen. Auch auf A-Junioren-Bundesliga zurückge- zusätzlich fünf weitere Teilnehmer arbeit“ im Vordergrund. Darüber dem Programm stehen natürlich griffen werden. Zu diesen Stütz- aus ihrer Nachwuchs- und Talent- hinaus wird dieses Zusammentref- kritische Einzel-Entscheidungen punkten wurden auch Schiedsrich- förderung benennen. fen gezielt für eine vertiefende aus den zurückliegenden Spielen. ter-Coaches aus der Nachwuchs- ■

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Situation 1 In einem Spiel der Kreisklasse ver- weist der Schiedsrichter einen Spie- ler mit einer Gelb/Roten Karte des Ein Tor ohne Schuh Feldes. Der Spieler protestiert, dass dies erst seine erste Gelbe Karte Das darf man nicht anerkennen – oder etwa doch? Eugen Strigel hat wäre. Der Schiedsrichter setzt das Spiel trotzdem fort. Nach etwa drei auch für diese Ausgabe 15 knifflige Situationen aufgeschrieben. Minuten, als das Spiel wieder unter- Die richtigen Antworten stehen auf Seite 20 brochen ist, protestiert der Spieler erneut. Jetzt sieht der Schiedsrich- ter seinen Fehler ein und lässt den Spieler wieder mitwirken.

Situation 2 Ein Verteidiger befindet sich ver- letzt außerhalb des Spielfeldes neben seinem eigenen Tor. Als ein Stürmer den Torwart ausspielt, schießt er den Ball auf das leere Tor. Jetzt wirft der Verteidiger einen Schienbeinschoner in Richtung des Balles. Es gelingt ihm tatsächlich, den Ball zu treffen, der dann auch nicht ins Tor geht.

Situation 3 Bei einer Strafstoß-Ausführung trifft der Schütze den Ball so schlecht, dass er am Tor vorbei gehen würde. Ein Auswechselspieler hält den Ball jetzt innerhalb des Spielfeldes auf und spielt ihn dem Torwart zu.

Situation 4 In der Nachspielzeit entscheidet der Schiedsrichter auf Strafstoß. Jetzt Worauf der Schiedsrichter bei einer solchen Spielszene besonders achten muss, wird in der möchte die Mannschaft noch den Erklärung zur Situation 12 geschildert. Torhüter austauschen. Situation 8 weiße Tapebänder angebracht, Einwurf zu seinem Torhüter zurück. Situation 5 Ein Spieler wird innerhalb des Straf- damit die Schienbeinschoner einen Der Ball springt so unglücklich auf, Der Schiedsrichter möchte das Spiel raums gefoult. Trotzdem kann er besseren Halt haben. dass der Torhüter nach dem Ball mit einem Schiedsrichter-Ball fort- den Ball zu einem Mitspieler weiter- greift, ihn auch noch berührt, aber setzen. Eine Mannschaft weigert spielen, der dann allein vor dem Tor- Situation 11 nicht verhindern kann, dass er ins sich jedoch, an diesem „Schieds- hüter steht. Der Mitspieler schießt Bei der Kontrolle vor dem Spiel Tor geht. richter-Ball“ teilzunehmen. den Ball jedoch über das Tor. Der stellt der Schiedsrichter fest, dass Schiedsrichter pfeift jetzt „nach“ die Trikots beider Torhüter die iden- Situation 14 Situation 6 und entscheidet auf Strafstoß. tische Farbe haben. Keiner der Tor- Bei der Ausführung eines Strafsto- Ein Fall aus einem Spiel der 2. Bundes- hüter hat ein Trikot dabei, das sich ßes stellt sich ein Mitspieler des liga: Nach einem Torerfolg klettert Situation 9 von den gegnerischen Spielern und Schützen in die Nähe der Torlinie, der Torschütze auf die Umzäunung Ein Spieler erhält eine Gelb/Rote dem gegnerischen Torhüter unter- außerhalb des Strafraums und und lässt sich von den Fans feiern. Karte. Darüber ist er so erbost, dass scheidet. innerhalb des Spielfelds. Weitere vier Mitspieler klettern er jetzt den Schiedsrichter beleidigt. ebenfalls auf den Zaun, um den Tor- Daraufhin nimmt der Schiedsrichter Situation 12 Situation 15 schützen zu beglückwünschen. die Gelb/Rote Karte zurück und Ein Spieler verliert versehentlich Eine Mannschaft spielt mit zwölf zeigt dem Spieler die Rote Karte. einen Schuh und erzielt unmittelbar Spielern. Jetzt erzielt diese Mann- Situation 7 danach – mit dem folgenden Schuss – schaft ein Tor. Vor dem Anstoß Ein Torhüter wirft den Ball einem Situation 10 ein Tor. bemerkt der Schiedsrichter, dass verletzten Spieler, der außerhalb Eine Mannschaft spielt mit roten sich bei der Torzerzielung zwölf des Spielfeldes liegt, heftig an den Stutzen. Einige Spieler dieser Mann- Situation 13 Spieler auf dem Spielfeld befanden. Kopf. schaft haben auf den Stutzen breite Ein Spieler wirft den Ball bei einem ■

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 17 Lehrwesen Die Wiederholung ist die Mutte Wie ungemein wichtig die regelmäßige Beschäftigung mit den 17 Regeln des Fußballs für jeden Schiedsrichter ist, macht der Lehrbrief 25 des DFB deutlich. Günther Thielking beschreibt die wichtigsten Aspekte.

eftige Diskussionen bei Spie- Hlern und Funktionären gab es nach dem Spiel der Verbandsliga Schleswig-Holstein zwischen dem SV Todesfelde und dem SV Schak- kendorf. Eine alltägliche Situation mit einem allerdings überraschen- den Ablauf hatte für diesen Gesprächsstoff gesorgt.

In der Schlussphase des Spiels hatte Dominik Lembke vom Gast- geber einen Abstoß weit in die gegnerische Hälfte geschlagen. Dort erreichte der Ball seinen Mannschaftskollegen Marco Heß, der nur noch den Torwart vor sich hatte. Er rannte allein aufs Tor zu und wollte gerade das 3:0 erzielen, als der Pfiff des Schiedsrichters ertönte – abseits! Erstaunt drehte sich der Angreifer zum Unpartei- ischen um, blickte ihn fragend an und meinte: „Das war ein Abstoß – da gibt es doch kein Abseits.“ Als er den Schiedsrichter dann noch aufforderte, doch einmal in Regel 11 nachzublättern, bekam er die Gelbe Karte zu sehen.

Nach dem Spiel musste sich der Schiedsrichter dann noch mehr anhören: „Das weiß doch jeder – bei Abstoß, Einwurf und Ecke gibt es gar Der regelmäßige Blick in Dabei wird ihm schnell klar wer- Sprichwort. Eine einleuchtende kein Abseits!“ Nun darf man bezwei- die Spielregeln den, dass der Besuch der Lehr- Erkenntnis, die Professor Manfred feln, dass das „jeder“ weiß, aber der abende für eine solche Vertiefung Spitzer, renommierter Psychologe Schiedsrichter hätte das natürlich in Jedem Fußball-Schiedsrichter nicht ausreicht; und es reicht auch an der Uniklinik Ulm, durch dieser Situation parat haben müs- muss klar sein, dass er die Grund- nicht aus, nur vor dem jährlichen umfangreiche Forschungen bestä- sen. lagen seiner Entscheidungen auf Pflicht-Regeltest intensiv die Fra- tigt hat: Wissen muss immer wie- dem Spielfeld in den offiziellen 17 gen aus der DFB-Schiedsrichter- der aufgefrischt werden, um es im Solche „Gibt’s-doch-gar nicht“-Feh- Spielregeln und ihren Anhängen Zeitung zu üben. Die Arbeit mit Gehirn sicher zu verfestigen. Nur ler passieren leider immer wieder. findet. Es ist deshalb unerlässlich dem Regelwerk des Fußballs und dann ist gewährleistet, dass dieses Mal ist mangelnde Konzentration für eine korrekte Spielleitung, dass seiner Anwendung muss perma- Wissen in den Spielsituationen, in die Ursache, mal schlechtes Stel- sich jeder Schiedsrichter von der nent vor sich gehen – ob zu Hause denen wir es abrufen müssen, lungsspiel, oft genug aber auch die Kreisklasse bis zum bezahlten Fuß- im stillen Kämmerlein, in Diskus- auch vorhanden ist und automa- nicht sichere Kenntnis der Spielre- ball immer wieder mit den aktuel- sionen mit Schiedsrichter-Kollegen tisch(!) umgesetzt werden kann. geln. Selbst in höheren Spielklassen len Spielregeln beschäftigt, Sze- oder beim Anschauen von „gro- Beschäftigen wir uns nur selten kommt es zu Regelverstößen, die zu nen aus seinen Spielen mit dem ßen“ Spielen. oder gar nicht mit den Spielregeln, vermeiden wären, wenn sich jeder Regeltext abgleicht und sich mit so geraten wir in einen Wissens- Schiedsrichter immer wieder mit Regeländerungen und deren Ausle- „Die Wiederholung ist die Mutter rückstand, der Fehler wie den oben dem Regelbuch befassen würde. gung befasst. der Weisheit“, sagt ein russisches beschriebenen geradezu heraufbe-

18 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 r der Weisheit Lehrbrief 25 erschienen Lehrwarte als Multiplikatoren

Ein breit gefächerter Forderungskatalog ist zu erfüllen, wenn Nationalverbände in die UEFA-Konvention für Schiedsrichter aufgenommen werden wollen. Von der Ausbildung der Schiedsrichter und ihrer Erhaltung über suchen zu lassen, aus dem heraus- die intensive Talentförderung bis zur Organisation des zulesen ist, wann ein Schiedsrich- Schiedsrichter-Wesens fern sachfremder Einflüsse rei- ter zum Handeln angehalten wird. chen die Anforderungsprofile. Europaweit ist damit das Beispiele: „Der Schiedsrichter Ziel der UEFA, „die Verbesserung der Qualität der Leis- prüft den Ball…, der Schiedsrichter tungen von Schiedsrichtern auf allen Ebenen des Fuß- hat die Spielregeln anzuwenden…“, balls“ zu erreichen. …lässt der Schiedsrichter die Par- tie weiterlaufen…“ Der DFB als Mitglied der Konvention kommt dem auch dadurch nach, dass regelmäßige Fortbildungen auf allen Arbeiten die Unparteiischen hier- Ebenen der Lehrarbeit angeboten werden – mit den bei in Partnerarbeit oder in Klein- Lehrwarten als Multiplikatoren der Aus- und Weiterbil- gruppen, so werden sie die jeweils angesprochenen Textstellen im dung. Sie haben in ihren Kreisen und Gruppen den Auf- Regelbuch nachlesen, detailliert trag, die Unparteiischen sämtlicher Spielklassen zu besprechen und unterschiedliche einem sicheren Regelwissen zu führen. Sie müssen ihren Lösungen finden. Die Vielfalt einer Schiedsrichtern Wege aufzeigen, zu jeder Zeit auf dem solchen Arbeit lässt sich an einem aktuellsten Stand des Regelwerks zu sein. Beispiel aus der Regel 12 erkennen. Es heißt dort: „Er verwarnt Spieler, Ergänzend dazu bietet der Lehrbrief 25 verschiedene die ihren Gegner nach einer Arbeitshilfen, die diesmal unter der Überschrift „Der Ermahnung weiter halten.“ Hierzu Schiedsrichter im Spiegel des Regelwerks“ stehen. Ein- werden die Schiedsrichter die The- gebunden in diesen Lehrbrief sind zwei Fragebogen, ein men „Ermahnung“ und „Verwar- Arbeitsblatt für die Analyse von Spielszenen aus der nung“ ebenso erörtern, wie die DFB-DVD vom 26. Januar 2008 und ein spannendes Frage: Wann ist ein Halten unsport- Regelquiz, das Axel Martin, der Lehrwart des Kreises Cux- lich, so dass die Spielstrafe „direk- haven, entwickelt und zusammengestellt hat. ter Freistoß“ nicht mehr ausreicht, um die Regelübertretung ange- messen zu sanktionieren?

Immer wieder Regel“. Seit 2002 ist die Anweisung Deutlich wird bei einem genauen ändert sich etwas zu berücksichtigen, dass ein ver- Studium der aktuellen Regeln letzter Spieler nach einer Behand- auch, dass sich der quantitative schwört. Wer sich in einer solchen Gerade zu Beginn eines neuen lung das Spielfeld zu verlassen Umfang des Regelbuchs erweitert Situation erst selbst fragen muss: Spieljahres müssen mögliche hat. Er darf nunmehr erst dann hat. Vor zehn Jahren noch in „Wie war das noch mal mit Abseits Regeländerungen intensiv bearbei- zurück kehren, wenn das Spiel wie- Größe eines Oktavheftes, erschei- bei Abstoß und Abschlag?“, der hat tet werden. Allein für sich, gemein- der aufgenommen wurde. Letztlich nen die Spielregeln inzwischen als schon verloren. sam mit anderen Schiedsrichtern hat sich auch das Aufgabenfeld Buch im DIN-A5-Format. Aus den und während der Lehrabende hat des Schiedsrichters in dieser Zeit fünf Seiten der Regel 5 im Regel- Die Arbeit jeder Unparteiische die Möglich- erweitert. Ergänzungen und Hin- heft von 1998/1999 sind inzwi- mit dem Regelbuch keit, hierbei seine vorhandenen weise kamen hinzu. So darf seit schen acht geworden – mit mehre- Kenntnisse aufzufrischen und 2007 das Spiel in bestimmten Situ- ren Skizzen zum Stellungsspiel und Im Lehrbrief Nr. 25 weisen die Ver- Neues zu lernen. Einige Vergleiche ationen nur nach einem Pfiff fort- zur Zeichengebung des Schieds- fasser auf einige der zahlreichen aus den Regelheften der zurücklie- gesetzt werden. Hierzu gehören richters. methodischen Möglichkeiten hin, genden zehn Jahre zeigen die die Wiederaufnahme des Spiels bei wie eine solche unmittelbare ständigen Veränderungen im Freistößen, bei denen der Schieds- Ein Grund mehr für jeden Schieds- Arbeit am Regelwerk geleistet wer- Regelwerk auf. richter die „Mauer“ stellen musste, richter, sich wieder und wieder mit den kann. Sie fordern den Lehr- der Pfiff nach einer Auswechslung dem Regelwerk zu befassen. Der wart zum Beispiel auf, die Unpar- Aus der „Vier-Schritte-Regel“ des wie auch nach der Behandlung Lehrbrief 25 soll das anregen – die teiischen während einer Lernein- Torwarts wurde zu Beginn der eines verletzten Spielers auf dem richtige Aufgabe für eine Jubi- heit in jeder Spielregel einen Satz Serie 2000/2001 die „6-Sekunden- Spielfeld. läums-Ausgabe. ■

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 19 Regel-Test Antworten

gleichen Farbe sein. Wollen die Spieler Tapebänder anbringen, so müssen diese in der gleichen Ein Tor ohne Schuh Farbe wie die Stutzen sein. Die FIFA lässt jetzt aber abweichend von den Spielregeln zu, dass ein Die richtige Beurteilung der Spiel-Situationen von Seite 17 schmaler maximal zwei Zentimeter breiter Tapestreifen auch eine andere Farbe haben darf.

Situation 11 Situation 1 Situation 6 chance – so kann der Schiedsrich- Obwohl nach den Spielregeln sich Dies ist nicht möglich, der Schieds- Der Schiedsrichter verwarnt den ter nicht mehr nachträglich auf die Torhüter in der Farbe unter- richter begeht einen Regelverstoß. Torschützen, der als erster den Strafstoß entscheiden. scheiden müssen, lässt die FIFA in Ein Schiedsrichter kann eine Ent- Zaun erkletterte. solch einem Fall zu, dass das Spiel scheidung nur korrigieren, solange Situation 9 selbstverständlich angepfiffen er das Spiel noch nicht fortgesetzt Situation 7 Auch dieser Fall hat sich tatsäch- wird. Eine Meldung im Spielbericht hat. Dieser Fall wurde schon in der letz- lich so zugetragen. Als Begrün- ist in solch einem Fall nicht not- ten Ausgabe der Schiedsrichter- dung führte der Schiedsrichter an, wendig. Situation 2 Zeitung gestellt. Leider ging dabei dass er das Spiel noch nicht fort- Diese Anfrage erreichte uns aus ein Teil der Antwort „verloren“. gesetzt hatte und er deswegen Situation 12 einem Landesverband, in dem das Hier nochmals zur Klarstellung: seine Gelb/Rote Karte zurückneh- Spielen ohne Schuhe ist zwar nicht tatsächlich passiert sein soll. Die Der Torhüter sieht die Rote Karte men könne. Für die Beleidigung erlaubt und wird mit einem indi- richtige Entscheidung: Der Vertei- und wird des Feldes verwiesen. zeigte er dann nach der Zurück- rekten Freistoß bestraft (ohne diger wird des Feldes verwiesen Spielfortsetzung ist ein indirekter nahme von „Gelb/Rot“ die Rote Gelbe Karte). Verliert jedoch ein und das Spiel mit einem Strafstoß Freistoß an der Stelle, wo beim Karte. Dies war falsch und ist so Spieler versehentlich seinen fortgesetzt. Die Rote Karte gibt es Pfiff der Ball war. Das wird aller nicht möglich. Falls ein Schieds- Schuh, so kann er unmittelbar wegen Vereitelung eines Tores Voraussicht nach nahe der Torlinie richter sich irrt, so kann er eine danach, also mit dem folgenden (eindeutige Torchance) und den sein, wo der Ball das Spielfeld ver- Entscheidung bis zur Spielfortset- Schuss, ein Tor erzielen. Das Tor Strafstoß, weil das Werfen mit ließ. Die FIFA gibt aber beim zung zurücknehmen. Das war hier wurde also korrekt erzielt und ist Gegenständen auf den Ball nach „Tatort“ lediglich als Antwort vor, aber nicht so. Durch Zeigen der anzuerkennen. den Anweisungen der FIFA so dass der Freistoß dort ausgeführt Gelb/Roten Karte ist der Spieler behandelt wird, als ob dieser wird, wo der Ball beim Pfiff war. des Feldes verwiesen. Weitere Stra- Situation 13 Gegenstand den Arm verlängert. fen sind jetzt nicht mehr möglich. Der Schiedsrichter entscheidet auf Damit liegt ein strafbares Hand- Situation 8 Die Beleidigung muss der Schieds- Tor. Obwohl der Torhüter den Ball spiel vor. Das ist nicht mehr möglich, womit richter jedoch noch im Spielbe- mit den Händen berührt, lässt der die Entscheidung auf Strafstoß ein richt melden. Das Sportgericht Schiedsrichter Vorteil laufen und Situation 3 Fehler war. Ein Schiedsrichter kann wird eine entsprechende Strafe erkennt das Tor an. Der Strafstoß ist zu wiederholen zwar „nachpfeifen“, wenn der Vor- verfügen. und der Auswechselspieler wird teil in den nächsten Sekunden Situation 14 verwarnt. Die Regeln besagen, (circa drei) nicht eintritt. Tritt aber Situation 10 Dies ist nicht zulässig. Alle Spieler dass ein Strafstoß immer dann zu der Vorteil ein – hier stand jetzt Nach den Spielregeln ist dies nicht außer dem Torhüter und dem wiederholen ist, wenn er auf dem ein Mitspieler allein vor dem Tor- zulässig. Die Stutzen einer Mann- Schützen müssen sich bei einer Weg nach vorne durch äußere hüter und hatte eine prima Tor- schaft müssen einheitlich in der Strafstoß-Ausführung innerhalb Umstände aufgehalten wird. des Spielfeldes, aber außerhalb des Strafraums und des Teilkreises Situation 4 aufhalten. Mitspieler des Schützen Dies ist zulässig, sofern das Aus- müssen sich zusätzlich auch noch wechselkontingent dieser Mann- hinter der Strafstoßmarke aufhal- schaft noch nicht erschöpft ist. ten, damit ausgeschlossen werden Der Schiedsrichter muss der Mann- kann, dass sie sich in einer schaft die Zeit zur Auswechslung Abseitsstellung befinden. einräumen, auch wenn der Torhü- ter noch nicht unmittelbar spielbe- Situation 15 reit ist. Der Schiedsrichter erkennt das Tor nicht an. Das Spiel wird mit einem Situation 5 indirekten Freistoß aus dem Tor- Der Schiedsrichter setzt das Spiel raum heraus fortgesetzt. Der trotzdem mit dem Schiedsrichter- zwölfte Spieler wird verwarnt und Ball fort. Es ist nicht vorgeschrie- muss das Spielfeld verlassen. ben, dass Spieler beider Mann- ■ schaften vertreten sein müssen.

20 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 Außenansicht Das gleiche Spiel – aber nicht dasselbe

Rainer Kalb, Autor des SID und seit vielen Jahren kritischer Betrachter der Fußball-Welt, wirft in der SRZ einen Blick von außen auf die Schiedsrichter-Szene. Er staunt über vieles, was uns Schiedsrichtern ganz selbstverständlich vorkommt.

chiedsrichter im Profifußball – Hobby.“ Gerade Spiele mit Mann- gerer Mannschaften. Dann kommen nicht, ist ein monatliches Bußgeld Sdas erscheint den Spielleitern in schaften, die einen anderen kultu- die Senioren, „unsere Diaspora“, wie fällig, was von 20 Euro in unterklas- den unteren Klassen bei allem zuge- rellen Hintergrund haben, erfordern Beitzel einräumt. Viele spielen noch sigen Vereinen bis hin zu 300 Euro standenen Stress wie das Schlaraf- höchste Konzentration, zerren an selber im Meisterschaftsbetrieb, gehen kann. Das reißt dann Löcher fenland. Funkverbindung unterein- den Nerven und verlangen Finger- und dann zwei Mal am Wochenende in die Kassen, und deshalb kommt es ander; ein vierter Unparteiischer an spitzengefühl. Lehrwart Michael unterwegs sein... Immerhin läuft hin und wieder sogar vor, dass Ver- der Linie – bald auch in der 2. Bundes- Beitzel: „Ein Spiel zu leiten, ist kein auch in den unteren Klassen ein ein A, der zu viele Schiedsrichter hat, liga; Ordner, die Regenschirme Kegelausflug und kein Kirchgang.“ Schiedsrichter sechs bis acht Kilo- den einen oder anderen an Verein B gegen Wurfgeschosse aufgebrach- meter pro Spiel. Und dann kommt, ausleiht. Über die Transfermodalitä- ter Fans aufspannen; Plexiglastun- Die Ansetzungen gleichen einem so ab 50, das, was die Sportkamera- ten schweigt des Sängers Höflichkeit... nel, die sich ausfahren lassen... Wie Puzzlespiel. Der eine will samstags den selbstironisch die „Asthma- anders sieht die (Schiedsrichter-) sein Haus weiterbauen. Der andere klasse“ nennen. Da geht es ums Fit- Übrigens: Schiedsrichter-Assistenten Welt doch ganz unten aus! will nur am Sonntagvormittag pfei- halten, auch um die Geselligkeit sind im Amateurbereich erst ab der nach dem Abpfiff. Kudrass: „Ohne Bezirksliga vorgeschrieben. Und was diese Leute bräche das Schiedsrich- passiert bis dahin? Kudrass: „Ich ter-Wesen zusammen.“ drücke aus jedem Verein einem Mit- glied die Fahne in die Hand und Was bringt nun Jugendliche dazu, mache ihn für 90 Minuten zu mei- überhaupt Schiedsrichter zu wer- nem Assistenten. Aber mir ist es den? Beitzel hat eine pragmatische auch schon passiert, dass solch ein Antwort. „Natürlich die Liebe zum Assistent mit einer meiner Entschei- Sport, zur Bewegung. Dann gibt es dungen nicht einverstanden war, die aber auch 20 Euro für einen Einsatz. Fahne auf den Boden geworfen hat Andere bessern durch Zeitungsaus- und den Sportplatz verließ.“ tragen das Taschengeld aus dem Elternhaus auf, junge Fußballer Da darf zum Abschluss natürlich die eben durch die Schiedsrichterei.“ Frage nicht fehlen, die von Beginn an Und wenn sie einen Beruf ergreifen, auf der Zunge brennt. Im Profifuß- Basis-Arbeit: Ein Jung-Schiedsrichter führt Jugend-Mann- räumen sie die Pfeife in die Schub- ball geht es bei Abseits-Entscheidun- schaften auf das Spielfeld. lade der Erinnerungen. Oder sie gen oft um Millimeter. Wie funktio- erkennen, dass sie es nie nach ganz niert das, wenn vereinseigene Mit- Hans Kudrass, 59, und immer noch fen, weil er nachmittags noch selber oben schaffen werden. Abpfiff aus glieder, die keine Ausbildung haben, aktiver Schiedsrichter, ist im Kreis spielen will. Der dritte will keine Frust. Erklärungen für den Mangel die Fahne heben sollen? Die Schieds- Sieg (bei Köln) für die Ansetzungen südländischen Mannschaften pfei- an Schiedsrichtern im besten Fuß- richter können ja unmöglich ständig zuständig. Er kann einiges erzählen. fen; das ist ihm zu heikel. Der vierte ball-Alter. auf Höhe des vorletzten Abwehrspie- Von Schiedsrichtern, die sich in der ist sich für die Kreisliga C zu fein; er lers sein, haben also eine unvoll- Kabine eingesperrt und über Handy fordert mindestens ein Spiel der Nur acht bis 14 Stunden Ausbildung kommene Perspektive. Lehrwart die Polizei gerufen haben. Davon, Kreisliga B. Wieder andere wollen bedarf es, um Schiedsrichter zu wer- Beitzel sieht das philosophisch: wie Zuschauer dem Unparteiischen einen Monatsplan, während einige den. Der Unterricht findet entweder „Fällt aus einer Abseitsposition ein zurufen: „Ich warte nachher auf auch noch Stunden vor Anpfiff alar- in einem Blockseminar an einem Tor und es wird gegeben, ist das dich!“, nur weil sie meinen, sich mit miert werden können. Wochenende statt oder abends über unwiderruflich. Wird mal Abseits dem Zahlen des Eintrittsgeldes auch mehrere Wochen verteilt. Beitzel gepfiffen, obwohl es keins war, ist das Recht auf Pöbelei erkauft zu Rund 80.000 Schiedsrichter gibt es erklärt die relativ kurze Unterrichts- das ärgerlich. Ich plädiere für den haben. Davon, wie er selber von im Bereich des DFB; das ist zwar zeit: „Das ist wie die theoretische Ärger. Und Widerspruch seitens der einem Ersatzspieler mal rüde umge- Spitze in Europa, aber 20.000 mehr Führerscheinprüfung. Die praktische Spieler ist sowieso sinnlos, weil es stoßen worden ist. dürften es schon sein. Lehrwart Prüfung erfolgt dann auf dem Platz.“ keine Kameras gibt.“ Beitzel teilt seine Schiedsrichter in Kudrass hat Verständnis dafür, wenn drei Kategorien ein. Da sind einmal Nach den Statuten muss jeder Ver- Wie für die Spieler gilt für die Schieds- angesichts solcher Vorfälle Schieds- die Jugendlichen unter 18 Jahren. ein pro Senioren-Mannschaft – richter: Das Spiel in den unteren richter im Laufe der Zeit das Hand- Die spielen selber in der C- oder B- Frauen-Teams inbegriffen – einen Regionen ist immer noch das glei- tuch werfen: „Es ist ja eigentlich ihr Jugend und pfeifen dann Spiele jün- Schiedsrichter stellen. Gelingt das che, aber nicht mehr dasselbe…

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 21 Titelthema SPIELVERDERBER – ein Film

Am 11. Juni kommt er ins Kino - der 90-Minuten-Dokumentarfilm über drei Unparteiische und ihr schwieriges Amt zwischen Bundesliga und Kreisklasse. David Bittner und Lutz Lüttig berichten.

noch ganz am Anfang seiner Schiedsrichter-Laufbahn. Er hat sich entschlossen, an einem Anwärter-Lehrgang teilzunehmen, obwohl sein Umfeld dieser Ent- scheidung eher kritisch gegenüber steht. Wie es Kevin bei seinen ersten Einsätzen ergeht, steht dabei genauso im Mittelpunkt wie seine persönliche Entwicklung. Das Kamerateam hat ihn viele Monate lang überall hin begleitet – zu Spielen, aber auch im Privaten.

„Ich hatte erst gedacht, da will mich jemand veräppeln“, erzählt Kevin heute von dem Moment, als die Anfrage kam, bei einem Film mitzumachen. Die Regisseure aus Köln hatten nach einem Schieds- richter-Anwärter vor Ort gesucht und stießen so auf Kevin, der zunächst nicht so richtig wusste, was da auf ihn zukommt. „Aber schon nach den ersten beiden Drehtagen konnte ich die Kamera Die drei Hauptdarsteller im Kino-Sessel: Oreste Steiner, Kevin Prösdorf und Herbert Fandel. ausblenden. Es war für mich schnell etwas Normales, dass die ie erste Szene spielt auf einem Anwärter Kevin Prösdorf, der Senior- fen, etwa jenes, dass es sich bei Filmemacher bei meinen Spielen DAschenplatz irgendwo in Köln. Schiedsrichter Oreste Steiner, ein Schiedsrichtern um irgendwelche dabei waren, und ich habe gepfif- Lehrwart Martin Vilehr unterrich- Schweizer, der seit Jahrzehnten im Sonderlinge handelt, die bloß nicht fen wie sonst auch“, erzählt der tet gerade einen Anwärterkurs. Mit Ruhrpott lebt, und FIFA-Referee gut genug zum Kicken sind“, erläu- heute 18-jährige, der dabei geblie- einem besonders kräftigen Pfiff Herbert Fandel. tert Georg Nonnenmacher weitere ben ist. Warum? „Ehrgeiz, Selbst- demonstriert er den Teilnehmern, Beweggründe, sich an die außeror- wie sie ihre Spiele anpfeifen sol- Die Idee zu dem Film hatte Hen- dentlich zeitintensive Arbeit zu Der Film läuft ab 11. Juni len. „Der erste Pfiff muss laut, klar ning Drechsler bereits vor neun machen. zunächst in Großstadt-Kinos, und bestimmt kommen. Damit Jahren – als Handballer: „Ein später auch in kleineren Orten. setzt ihr schon das erste Zeichen.“ Mannschaftskamerad hatte eines Daraus ist der eineinhalbstündige Tages als Aktiver aufgehört, um Film entstanden, dessen erste Der Pfiff des Kölner Lehrgangs-Lei- Schiedsrichter zu werden. Die Klappe bereits im Januar 2005 fiel. ters ist gleichzeitig auch der Frage, was ihn zu diesem Schritt Nonnenmacher: „Henning Drechs- Anpfiff für Spielverderber. „Das ist bewog, hat mich nie losgelassen. ler und ich haben die Dreharbeiten kein Imagefilm für den Schieds- Da ich leidenschaftlicher Fußball- größtenteils zu zweit und mit sehr richter-Stand, sondern eine ernst- fan bin, übertrug ich die Idee ein- kompakter Ausrüstung bestritten. hafte Beschäftigung mit den Men- fach und fing an zu recherchieren.“ Das hat uns die Nähe zu unseren schen hinter der Pfeife“, sagt Schnell stellte sich heraus, dass es Protagonisten ermöglicht, ohne Georg Nonnenmacher (46), ein vergleichbares Filmprojekt dabei den beobachtenden Blick zu gemeinsam mit Henning Drechsler zuvor noch nicht gegeben hatte. verlieren.“ (36) Regisseur dieses eineinhalb „Uns ging es darum, die bekannten Stunden langen Dokumentarfilms. – auch unsere persönlichen – Vor- Zu Beginn der Dreharbeiten steht Hauptdarsteller sind der Schiri- urteile und Klischees zu überprü- der 14 Jahre alte Kevin Prösdorf

22 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 nicht nur für Schiedsrichter

Auszeichnungen „Ein sehr menschlicher Film“

Beim Kasseler Dokumentarfilmfest 2007 gewann Spielver- derber den Hessischen Filmpreis, der an Filmschaffende vergeben wird, die inhaltlich Mut beweisen oder ästhetisch neue Wege gehen. Die Jury-Begründung: „Jedes Kind weiß bereits, was es bedeutet, nicht mitspielen zu dürfen. Was sind das also für Leute, die sich freiwillig in die Kluft des Unparteiischen hüllen, neutral sein müssen, nie Fan sein dürfen und damit das Wesentliche verfehlen? Henning Drechsler und Georg Nonnenmacher zeigen diese ,Spiel- verderber’ als Menschen. Ihre faszinierende Dokumenta- tion enthüllt die andere, die private Seite dieser Randfigu- Mit Ball und Fahnen: Oreste Steiner vor Spielbeginn. ren im großen Spiel. Spielverderber ist ein sensibler und humorvoller, ein sehr menschlicher Film, der auch für die bewusstsein, Durchsetzungsver- richter Deutschlands, vervollstän- Wenigen interessant ist, die seltsamerweise dem Fußball mögen, so was hatte ich früher digt das Protagonisten-Trio. Mit nichts abgewinnen können.“ nicht. Und jetzt als Schiedsrichter ihm nähert sich der Film der Frage, habe ich das gelernt.“ welcher Druck auf Unparteiischen Bei der Cologne Conference wurde der Film als bester Bei- lastet, die Spiele in der Bundesliga, trag in der Top-Ten-Reihe ausgezeichnet. Hier urteilte die Auf Oreste Steiner stießen die in der Champions League und bei Jury: „Bereits die Auswahl der porträtierten Unpartei- Regisseure bei ihren Recherchen internationalen Turnieren leiten, ischen ist sehr gelungen, weil sie das Schiedsrichter-Dasein im Internet. Gesucht wurde ein und mit welchen Hoffnungen und von verschiedenen Standpunkten aus beleuchtet. So folgt Schiedsrichter, der auch noch im Enttäuschungen sie umgehen müs- der Film einer runden Dramaturgie, der Rückblick, Gegen- Rentenalter auf die Sportplätze sen. Für den Top-Schiedsrichter wart und Ausblick des Schiedsrichter-Lebens vereint. Die fährt und Spiele leitet. Oreste Stei- aus Kyllburg ging es während der Kamera schafft eine ergreifende Nähe zum 14-jährigen ner ist inzwischen 73 Jahre alt. Dreharbeiten vor allem um die Schiedsrichter-Anwärter Kevin Prösdorf, zu FIFA-Profi „Ich habe mehr als 4.000 Spiele Frage: WM-Teilnahme ja oder nein? Herbert Fandel und zum Schweizer Senior-Referee Oreste geleitet“, erzählt der Essener stolz, Steiner. Das Zusammenspiel von wohl bedachten, hervor- der in früheren Jahren bei Spielen „Wir haben die drei Schiedsrichter ragend fotografierten Bildern und einer kommentierenden bis zur Oberliga West im Einsatz mehr als ein Jahr begleitet, um Tonmontage eröffnet dem Zuschauer intensive Einblicke war. Sein Lehrmeister in der herauszufinden, was jemanden in die Persönlichkeit der Charaktere und die wechsel- Schweiz war Gottfried Dienst, der dazu veranlasst, dieser scheinbar seitige Beeinflussung von Aufgabe und Privatleben.“ Schiedsrichter des WM-Endspiels undankbaren Aufgabe nachzuge- zwischen England und Deutschland 1966. Nach wie vor steht Oreste Erfolg: Henning Drechsler (links) und Steiner Woche für Woche auf den Georg Nonnenmacher mit dem Essener Fußballplätzen und denkt Hessischen Filmpreis. noch lange nicht ans Aufhören.

Während sich die meisten Schieds- richter in Deutschland durch ihre eigene Tätigkeit in die Lage von Kevin Prösdorf und Oreste Steiner versetzen können, gewährt der Film ihnen und allen anderen Zuschauern auch einen Einblick in den Spitzenfußball: Herbert Fandel, einer der erfolgreichsten Schieds-

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 23 Drei Fragen an die Regisseure Titelthema „Kevins Offenheit hat uns imponiert“

Warum gerade drei Schiedsrichter? Georg Nonnenmacher: „Das war eigentlich schon von Beginn an Teil des Konzepts. Wir wollten keinen einzelnen Schiedsrichter herauspicken, der exemplarisch für die ganze Gilde steht, sondern ein möglichst breites Spektrum abdecken. Einen Anwärter von der Ausbildung bis zu den ersten Spielen, einen etablierten Top-Schiedsrichter und einen Veteranen, also von der Bundesliga-Arena bis zu den Ascheplätzen. Wir wollten wissen, was es für Gemein- samkeiten gibt über die verschiedenen Alters- und Spiel- klassen hinweg und wo die Unterschiede liegen.“

Wie haben Sie die Drei gefunden? Georg Nonnenmacher: „Im Fall von Kevin gab es so etwas wie ein systematisches Casting. Wir haben nach einem 14- bis 15-jährigen Jungen gesucht, weil wir auch eine Entwick- lung erzählen wollten. Insgesamt waren wir drei Mal inner- halb eines Jahres bei Anwärter-Lehrgängen in Köln und hatten mehrere Kandidaten im Auge. Für Kevin haben wir uns letztlich entschieden, weil uns seine extreme Offen- In Aktion: Kevin Prösdorf bei einem Jugendspiel. heit imponierte. Er ist nicht auf den Mund gefallen, hat Witz, aber auch eine gewisse Ernsthaftigkeit. Er wollte aus hen“, sagt Georg Nonnenmacher. deutlich, wie schwierig die eigener Kraft etwas erreichen. Das hat uns überzeugt. Die „Uns hat vor allem interessiert, in Schiedsrichter-Tätigkeit wirklich Suche nach dem Senior-Schiedsrichter dauerte drei Mona- welcher Gefühlswelt sich ein ist, mit welcher Einstellung man te. Wir haben erst in Süd- und Ostdeutschland gesucht Schiedsrichter bewegt und wie sie ausüben muss und welche Ent- und verlegten die Recherche dann ins Ruhrgebiet, wo uns sich Erfolg für die Unparteiischen wicklung man nehmen kann, wenn der Schiedsrichter-Obmann vom Kreis Essen-Nordwest definiert.“ Der Film zeigt, wie man man sie ernsthaft betreibt. Des- auf Oreste Steiner aufmerksam machte. Wir besuchten ihn Persönlichkeit, Durchsetzungsver- halb empfiehlt der EM-Schiedsrich- und trafen unsere Entscheidung dann ziemlich schnell.“ mögen und Entscheidungsfähig- ter von 2008 nicht nur den keit entwickelt, aber auch die stän- Schiedsrichtern einen Kinobesuch, Henning Drechsler: „Herbert Fandel war von Anfang an dige Auseinandersetzung mit der sondern allen Fußball-Interessier- unsere erste Wahl. Einerseits, weil er ein national und Kritik von außen. ten. Und – mit einem Augenzwin- international anerkannter Top-Referee ist. Andererseits ist kern – auch denjenigen, die „sich er ausgebildeter Konzertpianist, ein eher ungewöhnlicher „Eine solche sachliche Betrach- gern dem allgemeinen Stamm- Beruf. Diese Spannung interessierte uns, dieser Gegensatz tung des Schiedsrichter-Wesens tischgerede über Schiedsrichter von Konzerthaus und Fußballfeld, aber auch die Gemein- kann uns nur gut tun“, sagt Her- anschließen“. samkeiten wie die Nervosität, vor großem Publikum aufzu- bert Fandel. Denn im Film werde ■ treten und in beiden Fällen keine Fehler machen zu dür- fen.“

Kinoabend selbst organisieren Drückt der Titel Spielverderber ein wenig aus, wofür viele Fans Schiedsrichter halten? Hilfe vom Verleih Georg Nonnenmacher: „Spielverderber ist auf keinen Fall ein Imagefilm für Schiedsrichter. Und das soll der Titel Mehr Informationen und wann und wo der Film läuft, fin- schon ausdrücken…“ det man im Internet unter: www.spielverderber-der-film.de Dort wird im Link „Neuigkeiten“ auch ein ganz besonderes Henning Drechsler: „…über den wir mehr als ein Jahr Angebot gemacht: „Liebe Spielverderber-Fans, wenn Ihr diskutiert haben. Georg wollte Spielverderber, ich Die den Film mit einer größeren Gruppe sehen wollt und kei- Spielverderber. Am Ende hat die Münze entschieden.“ nes der oben genannten Kinos bei Euch in der Nähe ist, kontaktiert bitte Euer Wunschkino vor Ort und uns, damit Georg Nonnenmacher: „Und zwar die Seitenwahlmünze wir eine Vorstellung für Euch dort organisieren können. von Herbert Fandel. Das war am 21. Dezember 2005, wir Auch Einzelpersonen können gerne beim Kino anfragen, je begleiteten Fandel zum DFB-Pokal-Achtelfinale zwischen mehr Nachfragen es gibt, desto wahrscheinlicher läuft der Frankfurt und Nürnberg und baten ihn um eine Entschei- Film auch bei Euch in der Nähe.“ dung per Münzwurf. Wir haben uns dann vor dem Spiel je eine Farbe seiner Wählmarke ausgesucht, und Herbert Interessierte Schiedsrichter-Gruppen wenden sich an die Fandel hat sich gemerkt, welche Farbe bei der Seitenwahl Verleihfirma Zorro-Film (www.zorrofilm.de) in München: des Spiels fiel. Gelb gewann, und deshalb heißt der Film Telefon 089 / 45 23 52 9 – 0; Fax 089 / 45 23 52 9 – 11; jetzt so, wie er heißt.“ Email: [email protected]

24 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 Blick in die Presse

den Fans. Leider ist es auch für Trai- ein Wiederholungstäter einen weite- Bei der Frage, wie der Referee ner und Klubverantwortliche zum ren Vorteil erschwindelt? Nichts unterstützt werden soll, gehen die Sport geworden, sich bei uner- davon. Als ob Fairness, Stil, Sport- Meinungen indessen auseinander. Nach dem Champions-League-Halb- wünschtem Spielausgang am Unpar- lichkeit überhaupt keine Rolle mehr Viele fordern den Videobeweis, da finale FC Chelsea gegen den FC Bar- teiischen abzuarbeiten. spielten. technische Hilfsmittel zeitgemäß celona machte sich Wolfgang Hett- seien und in anderen Sportarten Barcelona, man erinnere sich des Der Fußball auf der Insel ist über- fleisch Gedanken über das Verhal- bereits erfolgreich angewandt wür- Hinspiels, ist da nicht unschuldig. kommerzialisiert und die legendäre ten von Spielern und Presse. den. Andere – ich gehöre bekannt- Wenn aber erfahrene Spieler wie englische Fankultur geht in der Pre- lich dazu – glauben, dass der Video- Drogba und Ballack, die Vorbilder Vorbilder mier League nach und nach kaputt. beweis den Fußball nur entstellen für Millionen Kinder sind, wie tollwü- Doch die Elfmeter-Debatte wird auf würde, weil er eine mehr oder weni- tige Hunde über den Schiedsrichter Tom Henning Övrebö macht nicht der Insel immer noch wohltuend ger lange Unterbrechung nach sich herfallen, muss man sich nicht wun- den Eindruck, als lasse er sich leicht anders geführt: Dort geht es nicht ziehen würde, während der sich der dern, zu welchen Mitteln Fans grei- einschüchtern. Der 42-jährige FIFA- nur um den Schiedsrichter als oberste Schiedsrichter die Szene in Zeitlupe fen. Schiedsrichter aus Oslo ist knapp Autorität und um dessen Entschei- und je nach Bedarf aus verschiede- 1,90 Meter groß und von kräftiger Sie müssen sich ermutigt fühlen. dung, sondern immer zuerst um die nen Kamerapositionen ansieht. Statur. Zudem trägt der Psychologe Das sehen nun sogar Londons Frage der Verantwortung des Spie- Jedermann weiß, dass eine Aktion je mit der polierten Fleischmütze Revolverblätter so. Während sie lers selbst: Ob da wohl wieder ein nach Blickwinkel unterschiedlich meist einen Ausdruck freundlicher Övrebö fast pfleglich behandelten, Schummler am Werk war? Der aufgefasst werden kann. Gelassenheit zur Schau. Das könnte bekamen die Chelsea-Stars im „Blut- „Diver“ (am ehesten übersetzt als sich ändern. „Schwalbenkönig“) ist das berech- Auch das menschliche Auge ist vor rausch“ ordentlich ihr Fett weg. Fehlern nicht gefeit. Doch zusätzli- Für die Fans des FC Chelsea ist der tigte Feindbild der Fans, Trainer und Reporter. che Augenpaare, die den Strafraum Unparteiische aus Norwegen schuld überwachen, und ein Funksystem am K.o. gegen Barcelona im Halbfi- Das ist manchmal sogar ein biss- mit Knopf im Ohr können eine wert- nale der Champions League. Prompt chen ermüdend, zum Beispiel wenn volle Unterstützung für den gab es Morddrohungen. Die engli- Diskussionen über Strafstöße wer- englische Fans mit einer gewissen Schiedsrichter darstellen. Die Prä- sche Polizei veranlasste Övrebö zu den in England anders geführt als Selbstgefälligkeit pauschal auslän- senz zusätzlicher Augenpaare wird einem spontanen Hotelwechsel, bei uns, wie Markus Hesselmann dische Spieler zu „Divern“ erklären einerseits das Verhalten der Spieler Beamte geleiteten ihn zum Flugha- festgestellt hat. (Jürgen Klinsmann wird sich erin- verändern, da sie sich unter stren- fen. nern, auch Michael Ballack kennt gerer Beobachtung fühlen und Egal ob Övrebö ein- oder zweimal Elfmeter-Debatte das). Doch bei uns in Deutschland somit weniger unerlaubte Mittel ein- auf Elfmeter für die Londoner hätte wäre ein bisschen mehr Kritik an setzen werden, und andererseits – Wer gern Premier League und gern entscheiden müssen: Es ist ein unseren notorischen Fallern in der die ersten Tests mit fünf Referees Bundesliga schaut, dem fällt als Unding, dass er um Leib und Leben Bundesliga doch angebracht. haben es gezeigt – das Schiedsrich- Vergleich nicht nur auf, dass die fürchten muss. Das Phänomen ist ter-Team nicht nur zahlenmäßig, englischen Klubs in der Champions nicht neu und man muss sagen: Es sondern auch psychologisch stär- League erfolgreicher sind. Oder ist eine englische Krankheit. Der ken. Dank der Zustimmung des dass auf der Insel nun einmal Schweizer Schiedsrichter Urs Meier International FA Board, das die schneller und härter gespielt wird. UEFA-Präsident Michel Platini erhielt Morddrohungen, nachdem er Ergebnisse der im letzten Jahr Lehrreich für uns könnte auch das erläutert, wie nach seiner Auffas- 2004 im EM-Viertelfinale zwischen durchgeführten Tests positiv auf- unterschiedliche Muster bei Diskus- sung die Stellung des Schiedsrich- England und Portugal einen späten nahm, kann das Experiment nun auf sionen über Elfmeter-Entscheidun- ters gestärkt werden muss. Treffer der Briten wegen eines Fouls den Profifußball ausgeweitet wer- gen sein. Neuestes Beispiel: Grafites nicht anerkannt hatte. den. Faller im Spiel des VfL Wolfsburg Zusätzliche Die besten Mannschaften sind meis- Englische Boulevardzeitungen heiz- gegen Leverkusen nach einem Ge- tens die mit der größten Geschlos- ten die Stimmung skrupellos an rangel mit Bayers Manuel Friedrich Augenpaare senheit und mit Spielern, die sich und veröffentlichten Meiers E-Mail- im Strafraum. Schiedsrichter In einem Punkt sind sich alle einig: ergänzen und sich gut verstehen. Adresse. Im Jahr darauf beendete Jochen Drees gab Elfmeter, Grafite Die Schiedsrichter brauchen Unter- Indem die Rolle des Schiedsrichters der Schwede Anders Frisk seine verwandelte. Die typische Diskus- stützung in ihrer Aufgabe, die im gestärkt wird, indem sich seine Assis- Schiedsrichter-Laufbahn, weil er sion, wie sie deutsche „Fernseh-Fuß- immer schneller werdenden Fußball tenten mehr auf Abseitsstellungen und seine Familie sich vor durchge- ball-Experten“ in so einem Fall füh- mit konditionell immer stärkeren konzentrieren können und indem drehten Chelsea-Fans fürchteten. ren, dreht sich vor allem um die Spielern manchmal kaum mehr zu man zum Beispiel Schiedsrichtern, Auch da ging es um ein Champions- Frage: Hat der Schiedsrichter richtig erfüllen ist. Der Einsatz von Armen die die Altersgrenze überschritten League-Spiel gegen den FC Barcelona. entschieden oder nicht? und Händen, um den Gegner am Tri- haben und ihre Karriere in einer Natürlich steht in einem Halbfinale „Premiere“-Moderator Dieter Nickles kot festzuhalten, ihn zu schubsen neuen Funktion fortsetzen möchten, in der europäischen Königsklasse und Matthias Sammer diskutierten oder zurückzuhalten, ist für gewisse die Möglichkeit gibt, den Haupt- viel auf dem Spiel - neben Geld auch genau darüber, ließen dabei eine Spieler so natürlich geworden, dass Schiedsrichter mit ihrer großen jede Menge Prestige. Ein wenig wichtige Frage außer Acht: Hat sich sie geradezu überrascht sind, wenn Erfahrung zu unterstützen, wären Respekt vor dem Referee und sei- Grafite fallen gelassen? Führte eine sie dafür bestraft werden. Auch alle Voraussetzungen erfüllt, damit nen Assistenten muss man dennoch „Schwalbe“ zur Führung des VfL Simulationen gehören mittlerweile auch die Unparteiischen ein erfolg- allen abverlangen - auch und gerade Wolfsburg? Hat sich hier womöglich zum Alltag. reiches Team bilden können. ■

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 25 Analyse Wenn keiner dem Assistenten

„Das ganze Stadion“ sieht eine vermeintliche Abseits-Situation, aber die Fahne bleibt unten. Frank Willen Bremen (1:0) gleich zwei Mal so. An diesen beiden Situationen erläutert Lutz Lüttig, warum die Beteiligte

Situation 1 Foto 1 Boenisch im letzten Moment noch, 12. Minute: Als der Bremer Vranjes den Kölner ins Abseits zu stellen den Ball aus der eigenen Hälfte (Foto 5). Zu spät, wie Frank Willen- nach vorn spielt, befinden sich borg blitzschnell entscheidet. Auch zwei Bremer und ein Kölner rund diesmal lässt er die Fahne unten, sechs Meter hinter der Mittellinie auch diesmal glaubt kaum jemand, (Foto 1). Was hier im Standbild dass das kein Abseits war. Im recht klar aussieht, ändert sich in Gegensatz zu den Beteiligten und Wirklichkeit rasend schnell. den Fans im Stadion kann zumin- dest der Fernseh-Zuschauer durch Da der Kölner Spieler rausrückt, die schnell gelieferte Zeitlupe und dauert es nach dem Abspiel von das Anhalten des Bildes erkennen, Vranjes nur 0,6 Sekunden(!), dann Das Abspiel von Vranjes. dass die Entscheidung des Assis- befinden sich die Bremer im tenten, das Spiel laufen zu lassen, „Abseits“ – aber eben erst dann Foto 2 richtig war. Das ist das Positive an (Foto 2). Der Ball ist jetzt (sehr solchen Standbildern. schwer erkennbar) über dem „S“ von „HRS“ und verdeckt das „t“ Zugleich suggeriert solch ein „ein- von „toom“. Durch die gegenläufi- gefrorenes“ Bild aber, dass die ge Bewegung der Spieler glaubt Situation für den Assistenten das „ganze Stadion“, dass beide eigentlich recht einfach zu erken- Bremer beim Abspiel im Abseits nen war (siehe auch Foto 1). Das ist waren – nur der Assistent hat es aber in der Tat nur eine Sugges- scheinbar nicht gemerkt. tion, die sehr weit von der Wirk- lichkeit „auf’m Platz“ entfernt ist. Nur eine knappe Sekunde später Zumal – und das macht die Leis- (Foto 3; der Ball segelt immer noch tung von Frank Willenborg wirklich durch die Luft: hoch über dem „k“ 0,6 Sekunden später. bemerkenswert – hier wie bei der von „Jack“) wundert sich jeder Situation 1 durch die gegenläufige Betrachter der Szene – ob im Sta- Foto 3 Bewegung von Abwehrspieler und dion und am Fernsehschirm –, Angreifer sehr schnell eine Lücke warum die Fahne von Frank Willen- entsteht, die beim Betrachter der borg immer noch nicht kommt. Live-Situation die Vorstellung aus- Selbst sein Chef Michael Weiner löst, dass ein „ganz klares Abseits“ schaut zu ihm rüber und führt vorliegt. schon die Pfeife zum Mund. Aber der Assistent gibt kein Abseitszei- chen, das Spiel geht weiter: Rosen- Foto 4 berg läuft allein aufs Tor zu – und schießt vorbei.

Im Foto 4 sieht man die Reaktion der Kölner Bank: Co-Trainer Koch Jetzt sehen (fast) alle „abseits“. zeigt mit den Fingern, dass sich gleich zwei Spieler im Abseits den Co-Trainer die Fans ihrer chance nicht vergeben, sondern befunden hätten, sein Kollege Mannschaft natürlich zusätzlich in das (wohlgemerkt reguläre) 1:0 für Gerke deutet mit den Armen an, Rage bringen, soll hier nicht näher Werder Bremen erzielt hätte? wie klar doch diese Abseitsstel- beurteilt werden. Aber diese Frage lung gewesen sei. Die sehr emo- muss doch gestellt werden: Wie Situation 2 tionale Reaktion gegenüber dem hätten die beiden erst reagiert, 67. Minute: Als Novakovic den Ball Vierten Offiziellen, mit der die bei- wenn Rosenberg seine Riesen- steil auf Sanou spielt, versucht Die Reaktionen auf der Bank.

26 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 Bei genauerer Betrachtung des zeitlichen Ablaufs auch der zwei- ten Situation kann man diesen glauben will falschen Eindruck sogar nachvoll- ziehen. Denn bereits nach einer Viertelsekunde(!) befindet sich borg machte das im Spiel 1. FC Köln gegen Werder Sanou im „Abseits“ (Foto 6). Und nur weitere 25 Hundertstel Sekun- n den Assistenten mehr Vertrauen schenken sollten. den später ist die Lücke zwischen Abwehrspielern und Angreifer schon so groß wie ein Scheunentor Foto 5 (Foto 7). Da ist seit dem Abspiel von Novakovic aber gerade eine halbe Sekunde vergangen! Kein Schreibfehler: eine halbe Sekunde!

Ein Assistent darf sich von diesem „Scheunentor-Eindruck“ nicht ver- Frank Willenborg ist seit 2004 führen lassen, er muss die Trägheit DFB-Schiedsrichter. des menschlichen Blicks überwin- den. Das Signal „Abseits“, dass ob sie durch das Eingreifen des sich beim „normalen“ Betrachter Spielers wirklich strafbar wird einstellt, wenn sich durch die („Wait-and-see-Prinzip“). gegenläufige Bewegung der Spie- ler in Sekundenbruchteilen eine 4. Er muss den Mut haben, seinen große Lücke auftut, darf er für sich eigenen Augen und seinen Erfah- Das Abspiel von Novakovic. nicht zulassen. Im besten Fall – wie rungen zu trauen, um das Spiel in diesem Spiel zwei Mal von Frank laufen lassen zu können. Auch Foto 6 Willenborg demonstriert – ist sein wenn er dann damit rechnen muss, Arbeitsspeicher im Gehirn dann Proteste bei den vermeintlich schon besetzt durch die Feststel- benachteiligten Spielern und Offi- lung: „kein Abseits!“ ziellen auszulösen.

Nun ist es ja nicht allein Frank Wil- 5. Und zu all’ dem braucht ein Assis- lenborg, der so etwas kann. Immer tent natürlich auch das Glück des wieder demonstrieren die Assis- Tüchtigen. Aber das erwächst ja tenten in der Bundesliga ihre gerade – wie übrigens auch die Fähigkeit, gerade in solchen Situa- Intuition, die bei solch ganz engen tionen „anders“ hinzuschauen. Entscheidungen eine wichtige Zunehmend ist ihnen deshalb auch Rolle spielt – aus der Erfahrung, das staunende Lob mancher TV- der Konzentrationsfähigkeit, der Reporter sicher. Ruhe und dem Mut.

Bleibt die Frage: Wie kann ein Natürlich gilt auch für Frank Wil- Eine Viertelsekunde später. Assistent so etwas schaffen? lenborg: Der Irrtum ist ein Teil sei- ner Tätigkeit. Und ein solcher Irr- Foto 7 1. Er braucht viel Erfahrung, um tum wird ihm auch wieder unter- das Abspiel aus dem Bewegungs- laufen. Genau wie er den beiden ablauf des Ballführenden zu erah- Stürmern in diesem Spiel unterlief, nen und diesen Moment punktge- die sich frei vor dem Tor falsch nau zu erfassen. entschieden und so ihre großen Chancen vergaben. 2. Er muss sich außergewöhnlich stark konzentrieren können, um in Auch unter diesem Aspekt kann es diesem Sekundenbruchteil des doch nicht zuviel verlangt sein, Abspiels die Stellung eines Angrei- wenn man von den unmittelbar fers mit Bezug auf den vorletzten Beteiligten, also Spielern, Trainern Abwehrspieler „fotografieren“ zu und Offiziellen, mehr Vertrauen können. einfordert in die Entscheidungen dieser hoch spezialisierten Fach- 3. Er muss ruhig bleiben, um bei leute, die früher einmal Linienrich- Eine halbe Sekunde später. einer Abseitsstellung abzuwarten, ter hießen. ■

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 27 Report Talentschmiede Duisburg Seit vielen Jahren schicken die Landesverbände ihre besten Nachwuchsspieler zu den Länder- pokal-Turnieren in die Sportschule an der Wedau. Gleiches gilt für die Schiedsrichter. David Bittner hat sich deren spezielle Förderung vor Ort angeschaut.

Diese 18 Schiedsrichter durften beim B ll-Turnier in Duisburg ihr Talent beweisen.

s ist Samstagabend, 18.30 Uhr. noch die eine oder andere Stufe EWährend die ARD gerade in der hinaufklettern möchten. Und um Sportschau mit ihrer Bundesliga- sich für höhere Aufgaben zu emp- Berichterstattung beginnt, starten fehlen, sind die Duisburg-Lehrgänge in der Sportschule Duisburg-Wedau zwar nicht die einzige Möglichkeit, 18 Nachwuchs-Schiedsrichter in aber inzwischen ein anerkanntes den Länderpokal. Im Sitzungssaal Sprungbrett. „Jeder Schiedsrich- sind die Tische zu einer großen ter, der heute im DFB-Bereich aktiv Runde zusammengerückt. Hans- ist, hat in jungen Jahren schon mal Jürgen Weber, Mitglied im DFB- an einem solchen Turnier teilge- Schiedsrichter-Ausschuss, begrüßt nommen“, unterstreicht Hans- die Teilnehmer. Aufmerksam ver- Jürgen Weber den Stellenwert des beurteilen kann, sei eine Selbst- schen Bayern und Westfalen am folgt Felix Schmitz die Ansprache Lehrgangs. Was die Verantwort- verständlichkeit. „Aber bei diesem nächsten Morgen hat man ihn ein- des ehemaligen FIFA-Schiedsrich- lichen von ihren Jungs erwarten, Turnier wollen wir an den Feinhei- geteilt. „Ein gutes Spiel“, glaubt ters. Der 20-Jährige aus Xanten ist macht Andreas Joswig ihnen klar: ten eurer Spielleitungen arbeiten“, Felix. Dass er gleich zu Beginn des Schiedsrichter in der B-Junioren- „Wir wollen sehen, dass ihr auf gibt Jürgen Weber die Richtung viertägigen Turniers ran darf, hält Bundesliga und durfte in dieser dem Platz Gas gebt. Dynamik und vor. er für ein gutes Omen. So kann er Saison seine ersten Spiele in der Leistungsbereitschaft sind die möglicherweise gleich mit einer NRW-Liga leiten. Schlagwörter – also die gleichen Noch am gleichen Abend erhalten guten Leistung auf sich aufmerk- Einstellungen, die auch die Spieler die Schiedsrichter ihre Ansetzun- sam machen. Wie seine 17 Schiedsrichter-Kolle- an den Tag legen müssen.“ Dass gen für den ersten Spieltag. Auch gen gehört Felix Schmitz zu den man als Schiedsrichter der Juni- Felix Schmitz findet seinen Namen Auf den Lehrgang extra vorberei- Talenten, die auf der Karriereleiter oren-Bundesliga Zweikämpfe richtig auf der Liste. Für die Partie zwi- tet hat sich der Schiedsrichter

28 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 Sportschule Duisburg-Wedau

Wahrzeichen Bettenturm

Gerade einmal 100 Meter Luftlinie vom Duisburger Sta- dion liegt die Sportschule Wedau. Sie ist mit 400 Bet- ten die größte Sportschule in Deutschland. Wiedererken- nungswert hat vor allem der 15 Etagen hohe „Betten- vom Niederrhein derweil nicht: schafft, ist man umso mehr moti- Spiels hat er noch 45 Minuten Zeit. turm“. Wer ganz oben wohnt, „Wir stehen mitten in der Saison, viert“, erzählt Felix. Zudem weiß er in etwa, was ihn hat einen sehenswerten Aus- da muss ich sowieso fit sein“, sagt erwartet. Im vergangenen Jahr blick auf das Sportgelände, der Junioren-Bundesliga-Mann, der Er verabredet sich noch schnell hatte er schon einmal an einem auf dem sich insgesamt sie- im Alter von 13 Jahren mit der mit seinen Assistenten für den Turnier in Duisburg teilgenommen. ben Rasenplätze befinden. Pfeiferei begonnen hat. „Über mei- nächsten Morgen, dann geht’s ins „Die Spieler tun sich in der Regel Die Sportschule ist einer der nen Onkel bin ich zu dem Sport Bett. Um 23 Uhr hat auch der letzte nichts, sondern wollen einfach nur traditionsreichsten Fußball- gekommen, wurde von meinen Schiedsrichter den „Sportler-Treff“ – Fußball spielen. Unsere Aufgabe ist standorte in Deutschland. Eltern unterstützt. Mein Vater fährt die Gaststätte in der Sportschule – es, dies zu fördern.“ Damit stellt Schon Bundestrainer Sepp auch heute noch mit auf die Sport- in Richtung eigenes Zimmer ver- der Schiedsrichter auch seine bei- Herberger ließ vor einem hal- plätze und gibt mir gute Tipps.“ lassen. „Ein Alkoholverbot oder den Assistenten auf die kommende ben Jahrhundert hier trainie- Neben seinem Einsatz am Wochen- spezielle Verhaltensregeln gibt es Aufgabe ein. Die Minuten vor dem ren. Die Sichtungslehrgänge ende absolviert Felix drei Trai- für die jungen Unparteiischen bei Anstoß gestalten die Unpartei- des DFB werden inzwischen ningseinheiten pro Woche: Laufen, dem Turnier nicht, aber das ist ischen routinemäßig: Kontrolle der seit mehr als 30 Jahren in Radfahren und Inlineskaten sind auch gar nicht notwendig“, sagt Tornetze, Aufwärmen, letzte Duisburg ausgetragen, bei angesagt, damit ihm bei seinen Jürgen Weber. „Jeder, der von sei- Absprachen im Team – dann kann Jungen und Mädchen jede Spielleitungen nicht mangelnde nem Landesverband hierher es endlich losgehen. Saison in sieben verschiede- Kondition die Konzentration raubt. geschickt wird, will seine Chance nen Altersklassen. Darüber nutzen und verhält sich entspre- Die beiden Mannschaften neutrali- hinaus ist die Sportschule Ein Hobby, das neben der Ausbil- chend professionell.“ sieren sich über die gesamte Wedau anerkanntes Bundes- dung zum Bankkaufmann fast die Spielzeit von 2x40 Minuten, so und Landesleistungszentrum komplette Freizeit kostet. „Aber es Sonntagmorgen, 10.45 Uhr: „Gut dass es keine Torchancen gibt, für mehr als 20 weitere macht einfach Spaß. Und wenn geschlafen“ hat Felix, von Anspan- dafür aber jede Menge Zweikämpfe. Sportarten. Ebenfalls unter- man es nach jeder Saison immer nung oder gar Nervosität spürt er Und die werden verbissen geführt. gebracht im Gebäude sind wieder ein kleines bisschen höher nichts. Bis zum Anpfiff seines Kein Sommerkick, sondern eine die Geschäftsstellen des Aufgabe, bei der sich das Schieds- Deutschen Behinderten richter-Trio beweisen muss. Einige Sportverbandes, des Behin- Ermahnungen auf beiden Seiten derten Sportverbandes gibt es, dazu zwei Gelbe Karten Nordrhein-Westfalen und die wegen Foulspiels. Als Felix vom Vereinigung der Vertragsfuß- Platz geht, ist er mit seiner Leis- ballspieler. tung selbst „im Großen und Gan- zen zufrieden“.

Wie Werner Föckler, der das Spiel beobachtet hat, das sieht, erfährt das Schiedsrichter-Team eine Stun- de später, und zwar bei einer gemeinsamen Besprechung mit allen Referees. Das ist eine der vie- len sinnvollen Maßnahmen in Duis- burg: Die Spielanalyse findet nicht unter acht Augen und Ohren in der Kabine statt, sondern mit der gan- zen Gruppe. So sollen alle Schieds- richter aus den Fehlern des ande- ren lernen. Und dabei wird kein Blatt vor den Mund genommen, Es geht los: Felix Schmitz mit seinen Assistenten Gunnar Stary Positives wie auch Negatives wird Überragend: Der „Bettenturm" (links) und Sascha Stegemann vor dem Spiel Bayern gegen West- offen angesprochen. „Wir brau- der Sportschule. falen. chen uns ja hier nichts gegenseitig

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 29 Report

vorzulügen“, sagt Hans-Jürgen Weber. „Wenn eine Leistung nicht gut war, dann gibt es eben eine schlechtere Note.“ Halbzeit-Analyse mit Werner Föckler. Seminarraum vor dem Start. Auf einem Magnet-Spielfeld schiebt Andreas Joswig – wie Weber und Föckler Mitglied der Lehrgangsleitung – Figuren hin und her und erklärt, wo Fehler gemacht wurden. Joswigs Marken- zeichen sind seine einfachen und klaren Worte, bei ihm muss man

Ein Blick in die Kantine. Entspannung gehört dazu.

nicht zwischen den Zeilen lesen: sere Punktzahl bekommt am Ein besonderes Spiel wartet auch „Wenn ein Spieler mit dem ersten Spieltag niemand. auf Felix Schmitz: Er wird mit der Gesicht im Dreck liegen bleibt, Leitung der Partie zwischen Ham- müsst ihr ihn nicht erst noch fra- Aufbauarbeit müssen Hans-Jürgen burg und Hessen betraut. Beide gen, ob er denn wirklich eine Weber und sein Team dagegen bei Teams haben am Vortag ihr Spiel Behandlung braucht.“ den Schiedsrichtern leisten, die gewonnen und kämpfen mit um nicht so gut abgeschnitten haben. den Turniersieg. Das Spiel ist weni- Felix Schmitz kann sich während- „Jeder kommt mit hohen Ansprü- ger intensiv als die Partie vom Vor- dessen entspannt zurücklehnen. chen an sich selbst hierher. Und tag, die Entscheidungen stimmen. Als sein Spiel analysiert wird, ist wenn einer mal den Kopf hängen Beobachter Egbert Engler sieht Werner Föckler voll des Lobes: lässt, müssen wir ihn wieder moti- das auch so. Der ehemalige FIFA- „Es ging gut zur Sache auf dem vieren.“ Hans-Jürgen Weber Assistent hilft seit zehn Jahren bei Platz, aber Du hast Deine Sache erzählt von einem Fall bei dem der Schiedsrichter-Sichtung in prima gemacht“, lautet das Fazit Mädchenturnier, das eine Woche Duisburg mit. des Beobachters. Einzig die zu vorher stattgefunden hatte: „Nach scharfe Herangehensweise bei der Analyse standen der Schieds- Neben den Mitgliedern des DFB- einer Ermahnung wird moniert: richterin die Tränen in den Augen. Schiedsrichter-Ausschusses sind in Hans-Jürgen Weber (54) über- „Die hätte man etwas gelassener Sie hatte sehr gut gepfiffen, hätte der Regel drei bis vier weitere nahm vor zehn Jahren von aussprechen können, zumal dies aber in einer Situation auf Elfme- Beobachter bei den Turnieren in Rudi Kremsreiter die Leitung kein so heftiges Foul war.“ Am ter entscheiden müssen.“ Weil Duisburg im Einsatz. Und die der sieben Lehrgänge pro Sai- Ende bekommt Felix eine 8,4 als trotz dieser Fehlentscheidung das haben in diesen Tagen ganze son in Duisburg. Der ehemalige Note, also eine absolut gute Leis- Talent der Schiedsrichterin nicht Arbeit zu leisten: Bis zu vier Spiele FIFA-Schiedsrichter leitete zwi- tung. „Wir werden bestimmt noch zu übersehen war, wurde sie am am Tag muss jeder von ihnen ana- schen 1985 und 1999 135 ein zweites Spiel pfeifen dürfen“, nächsten Tag direkt wieder für ein lysieren. „Da merkt man abends Bundesligaspiele. glaubt er. Zu Recht, denn eine bes- Spitzenspiel angesetzt. schon, dass man was geschafft

30 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 So lief das Turnier

Gegenseitiger Respekt

Sehr angetan war Hans-Jürgen Weber vom Umgang der Teilnehmer untereinander: „Das Verhalten der Spieler und Trainer gegenüber den Schiedsrichtern war ausgezeichnet. Zum einen waren die Leistungen unserer Leute entspre- chend, andererseits waren die Mannschaften davon unter- richtet, dass diese Schulungsmaßnahme nicht nur für sie galt, sondern eben auch für die Unparteiischen. Bei allem verständlichen und notwendigen Ehrgeiz war das Verhalten jedenfalls von gegenseitigem Respekt geprägt.“ „Die Ansetzungen haben wir aus- schließlich auf Basis der bisher Es fanden insgesamt 33 Spiele statt. Die Begegnungen am gezeigten Leistungen gemacht“, ersten Tag ergaben sich aus der Endplatzierung des DFB- betont Hans-Jürgen Weber. Schülerlagers 2008, das heißt, der Erste spielte gegen den Zweiten, der Dritte gegen den Vierten usw. Gespielt wird nach dem so genannten „Hammes-Modell“: Sieger erhalten Von den beteiligten Mannschaften zwei Punkte, für ein Unentschieden gibt es einen Zähler. habe er bei der Abschlussbespre- Die nach jedem Spieltag neu erstellte Tabelle (bei Punkt- chung am Vorabend ein positives gleichheit entscheidet die Tordifferenz, ist diese auch Feedback erhalten. „Die Trainer gleich, die Anzahl der geschossenen Tore) bestimmt die waren mit den Leistungen der Spiel-Ansetzungen des nächsten Tages: Erster gegen Zwei- Schiedsrichter sehr zufrieden, das ter etc. Kommt eine Paarung aufgrund der Tabellensitua- ist schon mal ein gutes Indiz“, gibt tion in den folgenden Runden noch einmal zustande, wird Weber das Lob an seine Gruppe gegen die nächstmögliche, in der Tabelle niedriger einge- weiter. Werner Föckler appelliert stufte Mannschaft gespielt. an alle, ihren Weg weiter zu gehen: „Durch die Junioren-Bundesliga Am letzten Tag hieß das Spiel Erster gegen Zweiter: Mittel- sind Euch die Türen nach oben rhein gegen Hessen (1:0). Geleitet wurde dieses „Finale“ geöffnet. Auch wenn es mal Rück- von Andreas Streich aus Mecklenburg-Vorpommern. Seine schläge geben sollte, lohnt es sich, Assistenten waren Yalcin Arlioglu (Hamburg) und Lasse weiter dran zu bleiben.“ Koslowski (Berlin). Weber: „Andreas hatte mit 8,5 Punkten die beste Beobachtung bekommen, deshalb wurde er von Für Felix Schmitz fällt das persönli- uns für das Finale angesetzt.“ Wo er noch mal eine 8,5 che Fazit des Turniers ebenfalls bekam. Neben der „Belohnung“ Endspiel erhält der punkt- positiv aus: Er konnte bei seinen beste Schiedsrichter des Turniers auch noch einen Ball mit beiden Spielleitungen überzeugen. den Unterschriften der Nationalmannschaft. hat. Man muss sich schließlich bei Am Finaltag ist er noch einmal als jedem Spiel voll konzentrieren und Schiedsrichter-Assistent bei einem darf nicht durcheinander bringen, Kollegen im Einsatz gewesen – aus was in welchem Spiel passiert ist“, Rücksicht auf die noch anstehen- sagt Egbert Engler, dem seine den Aufgaben. „Jetzt geht’s direkt Arbeit dennoch unheimlich viel weiter. Heute Abend findet bereits Spaß macht: „Hier sind nur ein Lehrgang in unserem Regional- Schiedsrichter, die hoch wollen. verband statt“, erzählt Felix, als er Und wenn man motivierte Jungs nach dem Mittag-Imbiss die Sport- vor sich hat, ist man selbst auch schule verlässt. Was er während motiviert.“ der Tage in Duisburg gelernt hat, kann er sicher schon bald in sei- Ein weiteres Plus der Spiele in nen nächsten Spielen umsetzen: Duisburg: Wenn ein Schiedsrichter „In bestimmten Situationen werde Tipps bekommt, kann er diese ich künftig eher nicht auf Vorteil schon gleich am nächsten Tag entscheiden. Und wenn ein Spieler versuchen umzusetzen. Und so auf dem Ball liegt, unterbreche ich schauen Hans-Jürgen Weber, das Spiel am besten sofort, bevor Werner Föckler und die anderen plötzlich jemand zutritt.“ Beobachter am letzten Turniertag besonders genau hin, wie sich ihre Eines nehmen alle Schiedsrichter Schiedsrichter auf dem Platz prä- für ihre weitere Laufbahn aus Duis- sentieren. Diejenigen mit den burg mit: Es sind die Feinheiten in besten Noten leiten am Abschluss- einer Spielleitung, auf die es am Respektvolles Verhalten – von beiden Seiten. tag die entscheidenden Spiele. Ende ankommt. ■

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 31 Aus den Verbänden

Bielefelder Schiedsrichter Dimitrios der Justizvollzugsanstalt Münster nach ihrer Haftentlassung Westfalen Gavrilas geleitete Spiel endete schließen. Er ist auf dem Weg zu Anschluss an einen Sportverein denn auch schiedlich friedlich 3 : 3, einem so genannten Schiedsrich- finden werden. Das ist auch für mit dem Ausgleichstor für den BV ter-Anwärter-Lehrgang, der in der Maria Look, die Leiterin der Justiz- Nachahmenswert Werther erst in der letzten Minute – JVA mit dortigen Häftlingen durch- vollzugsanstalt, ein wesentliches durch den Torwart, der eine Flanke geführt wird. Moment. Sie ist überzeugt, dass Eine für einen Verein ungewöhnli- mit dem Kopf verwandelte. dieser Workshop zur Resozialisie- che Initiative hat der Verein BV Das außergewöhnliche Experiment, rung ihrer Schützlinge beiträgt. Werther aus der Kreisliga A Biele- Gundolf Walaschewski Häftlingen eine sportliche Zukunft Hans Voß unterstreicht das: „Als feld ergriffen, um für mehr Fair- nach ihrer Haftzeit zu ermög- Schiedsrichter lernen sie, Verant- ness bei den Zuschauern für Schiedsrichter-Lehrgang hinter lichen, entsprang einer Initiative wortung zu übernehmen und Schiedsrichter und Spieler zu wer- Gittern des Sportkoordinators der JVA, Regeln zu achten. Das sind wichtige ben. Anlässlich des A-Liga-Spiels Heinz Seeger. Neuland für ihn wie Voraussetzungen für die Re-Integ- zwischen dem BV Werther und dem Ein bisschen mulmig mag ihm auch für Hans Voß und nicht ration in die Gesellschaft.“ SC Bielefeld wurde ein 2,50 x 1,40 schon zumute sein, als sich hinter zuletzt natürlich für die Häftlinge, Meter großes Banner der Öffent- dem ehemaligen Bundesliga- die sich zu diesem Kurs angemel- Die Häftlinge selbst sehen es lichkeit vorgestellt, auf dem mit Schiedsrichter Hans Voß aus Müns- det haben. 21 sind es, die nun an genauso. Das erklärt auch, warum folgenden Worten an die Zuschauer ter zum ersten Mal die Gittertore vier Samstagen von 8 bis 12 Uhr in sich nicht nur alle 21 der Prüfung einem Seminarraum der JVA Fuß- stellen – das ist ja nicht bei jedem ballregeln büffeln – und dabei viel- Schiedsrichter-Lehrgang der Fall –, leicht nicht nur etwas für eine sondern warum auch alle die Prü- eventuelle sportliche Zukunft ler- fung erfolgreich absolvieren. 30 nen, sondern auch für ihr Leben Regelfragen müssen sie beantwor- außerhalb der Haftanstalt. Anfäng- ten und einen Lauftest absolvie- liche Skepsis weicht schnell echter ren, der aus einem 50 Meter-, Begeisterung. Fußball spielt im einem 100 Meter- und einem 1.000- Freizeitleben der meisten Häftlinge Meter-Lauf besteht. Da die JVA die Hauptsache, und in diesem keine Laufbahn hat, müssen fünf Kurs können sie auf ungewöhnliche Doppeltore innerhalb der Anstalt Weise ihrem Hobby nachgehen. geöffnet und durch Wachpersonal gesichert werden. Nur so können Hans Voß ist von der Wissbegierde die Prüflinge die 1.000 Meter an Schiedsrichter Dimitrios Gavrilas und sein Team sowie Schiedsrichterin- seiner Schüler begeistert und hat einem Stück absolvieren – von nen des BV Werther präsentieren das neue Banner. keinen Zweifel daran, dass alle einem Ende der Anstalt bis zum appelliert wird: „ Viel Spaß, liebe Fußball-Fans beim Zuschauen und Anfeuern! Aber bitte unterlassen Sie unfaire, lautstarke Kritik dem Schiedsrichter und allen Spielern gegenüber, denn wir spielen nicht in der Bundesliga!“ Zur Motivation meinte der Vorsitzende des BV Werther, Ulrich Diekhaus: „Wir wol- len unseren Beitrag dazu leisten, dass nicht von außen Aggressi- onen in ein Fußballspiel hineinge- tragen werden.“ Natürlich ließen es sich auch Fußballfunktionäre aus dem Kreis und aus dem Ver- band nicht nehmen, die Aktion vor Ort gebührend zu würdigen. Kreis- LEHRBILD vorsitzender Markus Baumann, Kreis- Schiedsrichter-Obmann Thorsten Werner und der eigens dazu nach Werther gekommene Verbands-Schiedsrichter-Obmann Gundolf Walaschewski zeigten sich vor allem darüber erfreut, dass die Kleines Foul. Sich den Gegner auf diese Weise vom Körper zu halten, wie es hier demonstriert Aktion vom Verein ausgegangen wird, ist eine Unsitte, die immer weiter um sich greift. Sicher auch, weil die Schiedsrichter zu und nicht „von oben“ verordnet selten eingreifen – es ist ja auch nur ein „kleines“ Foul... worden sei. Übrigens: Das vom

32 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 anderen. Als Hans Voß das Ergeb- nis bekannt gibt: „Alle bestanden!“, bricht Jubel aus: Ein Erfolgserleb- nis hinter Gittern, das für das Leben draußen vielleicht eine zusätzliche Motivation geben kann. Auch Maria Look und Heinz Seeger sind sehr zufrieden. Das Experiment ist gelungen und soll vielleicht schon im Herbst eine Neuauflage erleben.

Gundolf Walaschewski

Ein seltenes Jubiläum LEHRBILD Karlheinz Rosenkranz konnte kürz- lich ein seltenes Jubiläum feiern. Das „Urgestein“ der Unnaer Schiedsrichter kann auf 30 Jahre als Gruppen-Obmann der Schieds- richter-Gruppe Unna zurück- blicken. Der 68-jährige Jubilar wurde 1979 in den Schiedsrichter- Verstecktes Foul. Das Festhalten an der Schulter ist für den Schiedsrichter schwierig zu Ausschuss des Kreises Unna/ sehen, zumal wenn er die Szene nur von hinten sieht. Diese Problematik muss ein Assistent Hamm gewählt und ist seitdem erkennen und – natürlich unter Beachtung der Vorteilbestimmung – ein entsprechendes Fah- ununterbrochen in dem Gremium nenzeichen geben. für „seine“ Unnaer Unparteiischen tätig. bestimmt, die vor elf Jahren schwer dem Jahr 2007 sogar noch übertrof- konnte dazu Lehrwart Martin Brücken, In seiner Laudatio würdigte der erkrankt ist. fen wurde, hätte sich vorher nie- Obmann Edmund Heiliger und des- Vorsitzende des Schiedsrichter- mand träumen lassen. Obmann sen Stellvertreter Christian Seifert Ausschusses des Kreises Sei über zwanzig Jahren engagieren Günther Reitzner hatte bereits begrüßen. Unna/Hamm, Michael Allery, die sich die Ostallgäuer Schiedsrichter Monate vorher mit der Werbetrom- Verdienste von Karlheinz Rosen- an einem „Sozialen Tag“ und spen- mel kräftig gerührt. In sieben Lehr- Bei der Abschlussprüfung, die vom kranz und überreichte ihm als Zei- den ihre Aufwandsentschädigungen tagen wurden die zukünftigen Refe- ehemaligen DFB- und FIFA-Schieds- chen des Dankes und der Anerken- für Menschen, die Hilfe benötigen. rees vom Lehrstab unter der Lei- richter und jetzigen Schiedsrichter- nung eine eigens für ihn angefer- Im Laufe der Zeit kamen insgesamt tung von Lehrwart Andreas Oppelt Obmann des Südwestdeutschen tigte Urkunde des Fußball- und über 20.000,- Euro zusammen. Der intensiv auf die Prüfung vorbereitet. Fußball-Verbandes, Werner Föckler, Leichtathletik-Verbandes Westfa- „Soziale Tag“ hat seine Wurzeln im Bleibt nur zu wünschen, dass Spie- vorgenommen wurde, erklärten 19 len. Den guten Wünschen schloss Ostallgäu und wurde 1988 ins Leben ler, Trainer und Zuschauer auch die der 25 Schüler, dass sie auf jeden sich der Kreisvorsitzende Horst gerufen. Inzwischen wurde er von erforderliche Geduld mit den Fall Jung-Schiedsrichter werden Weischenberg an und zeichnete zahlreichen Schiedsrichter-Gruppen Schiedsrichter-Neulingen aufbrin- möchten. den Jubilar mit der Verdienstnadel im DFB-Gebiet übernommen. gen. Nach der Theorie müssen sich des Deutschen Fußball-Bundes aus. diese nun in der Praxis auf den Lehrwart Martin Brücken war ange- Bernhard Saur Spielfeldern bewähren. nehm überrascht über „die sehr dis- Torsten Perschke ziplinierten und lernbereiten Schü- Neulings-Rekord in Bamberg Dietfried Fösel ler“ und betonte, dass die Kreis- Schiedsrichter-Vereinigung Speyer Die Schiedsrichter-Gruppe Bamberg solche Aktionen in Kooperation mit Bayern setzte ihre Philosophie „Aufbruch den Schulen mit Sicherheit wieder- auf neuen Wegen!“ um und hat Südwest holen werde. Spende für einen guten Zweck somit seit Jahren keine Probleme mit der Gewinnung von neuen Lehrgang in der Schule Nach der gelungenen Schiedsrich- Die Fußball-Schiedsrichter aus dem Schiedsrichtern, das bedeutet 160 ter-Ausbildung äußerten Obmann Ostallgäu sammelten kürzlich an Neulinge in drei Jahren. Die Vor- Im Rahmen einer Projektwoche fand Heiliger und Lehrwart Brücken die ihrem „Sozialen Tag“ 1.000,- Euro. standschaft der Schiedsrichter-Ver- am Hans-Purrmann-Gymnasium in Hoffnung, dass die jungen Unpartei- Die Spende übergab Obfrau Renate einigung Bamberg begrüßte im Speyer eine Schiedsrichter-Ausbil- ischen die Schiedsrichter-Vereini- Schießler nun an Margarete Lucke Sportheim des SV Dörfleins 73 Novi- dung statt, an der 25 interessierte gung Speyer bald unterstützen wer- aus Germaringen. Die Spende ist zen, die ihre Prüfung mit Erfolg Schüler im Alter zwischen 13 und 17 den. als Betreuungshilfe für den Pflege- ablegten. Dass dabei der Rekord von Jahren teilnahmen. Der betreuende dienst ihrer Tochter Claudia 50 Schiedsrichter-Neulingen aus Lehrer dieses Projekts, Sven Laforce, Frank Roß

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 3/2009 33 Aus den Verbänden

Neben aktuellen Anmerkungen machte klar, dass Eugen Schraivo- Nordost wurde zum bisherigen Verlauf der gel in jedem Schiedsrichter-Team Rückrunde durch Günter Supp das und im WFV-Schiedsrichter-Gebiet Erfolgreicher Stützpunkt der Stützpunkt-Treffen durch eine immer ein ausgesprochen belieb- Schiedsrichterinnen Videoschulung, bei der die ter Mitstreiter gewesen sei. Dass Schiedsrichterinnen praxisnahe er den Lockrufen aus Stuttgart, Kürzlich kamen die Schiedsrichte- Videosequenzen analysieren konn- dem württembergischen Schieds- rinnen des Nordostdeutschen Fuß- ten, abgerundet. richter-Ausschuss beizutreten, ball-Verbandes der Frauen-Regi- stets widerstanden habe, nahm onalliga zu einem Stützpunkttref- Anke Seemann Helmut Geyer mit Bedauern zur fen in Grimma zusammen. Kenntnis, aber auch als Zeichen der Verbundenheit zu seiner Hierbei stand neben der regeltech- Württemberg Schiedsrichter-Gruppe Riss. nischen Schulung besonders die körperliche Fitness der Schieds- Eugen Schraivogel „Es war beeindruckend, wie Du die richterinnen in Vorbereitung auf verabschiedet Schiedsrichter-Gruppe gelenkt den Leistungstest im Fokus. Mit hast. Du warst nie der Chef, son- einer kurzen Begrüßung und Erläu- Ein Jubiläum, das wohl so schnell dern immer ein Kamerad“, sagte terungen zu den Anforderungen nicht wieder zu verzeichnen sein sein neu gewählter Nachfolger und zur Umsetzung des Tests wird. „Ich habe fertig“, dies waren Jochen Oelmayer. Er überreichte durch Günter Supp startete man in Eugen Schraivogels Schlussworte Eugen Schraivogel die Ernen- Verbands-Schiedsrichter-Obmann den Lehrgang und ließ im nach seinem 13. Rechenschaftsbe- nungsurkunde zum Ehren-Obmann Helmut Geyer (Mitte) verabschie- Anschluss die Praxis folgen. richt in 39 Jahren als Schiedsrichter- der Schiedsrichter-Gruppe Riss. dete Eugen Schraivogel (rechts) Obmann der Gruppe Biberach/Riss und führte dessen Nachfolger Nach dem Aufwärmen durch Frauen- im Württembergischen Fußball-Ver- Auch zwei andere Obleute, die Jochen Oelmayer in sein neues Bundesliga-Schiedsrichterin Daniela band. Alle anwesenden Schiedsrich- mehr als drei Jahrzehnte die Amt ein. Schneider fand unter hervorragen- ter und Gäste, darunter der ehe- Geschicke in ihren Gruppen den Bedingungen das Training malige Bundesliga-Referee Heinz gelenkt haben, gaben ihr Amt in Mit Giuseppe Palilla und Martin statt. Hier wurde im Rahmen des Aldinger und WFV-Verbands- jüngere Hände ab. Gerfried Grundke Vonier wurden zwei Nachfolger für „FIFA-Tests“ neben dem Sprint-Trai- Schiedsrichter-Obmann Helmut (Gruppe Freudenstadt) und Helmut den Verbands-Schiedsrichter-Aus- ning auch die Kondition auf die Geyer, zollten minutenlangen Bei- Ochs (Gruppe Blautal/Lonetal) hat- schuss gefunden, die sich sowohl Probe gestellt. Es zeigte sich, dass fall. Schiedsrichter in der 2. Bundes- ten jeweils 32 Jahre an der Spitze während ihrer aktiven Schiedsrich- die Schiedsrichterinnen den Anfor- liga, Assistenten-Einsätze in inter- gewirkt. ter-Tätigkeit als auch im wfv-Lehr- derungen gewachsen sind. Im nationalen Wettbewerben und stab einen Namen gemacht haben. Anschluss daran wurden die theore- mehr als 250.000 Spielansetzun- Auch der Verbands-Schiedsrichter- tischen Kenntnisse der Unpartei- gen - Rückgaben ausgenommen: Ausschuss geht nicht unverändert Rüdiger Bergmann ischen unter der Leitung von Heinz Beeindruckende Daten, die Eugen in die Zeit bis 2012. Verbands-Lehr- Rothe überprüft. Besonders Schraivogel in seiner Zeit als wart Bernhard Gutowski gibt seine erfreulich ist zu bemerken, dass Schiedsrichter und Schiedsrichter- Tätigkeit auf eigenen Wunsch an alle Anwesenden diesen Regeltest Obmann vollbracht hat – wohlge- Horst Ebel ab, Karl Stradinger hat Bildnachweis bestanden haben. Nachdem dieser merkt ohne Computer. derweil die Seiten als Fußball- ARD, Bittner, DSF, Getty Images, ausgewertet wurde, gab Daniela Funktionär gewechselt: Er wurde in Imago, Jechow, Picture Point, Schneider praktische Trainings- Symbolisch zog Helmut Geyer vor sein neues Amt als Vorsitzender Premiere Hinweise. dieser Lebensleistung den Hut und des Bezirks Neckar/Fils gewählt.

Herausgeber: Deutscher Fußball-Bund e.V., Frankfurt am Main Redaktion: Klaus Koltzenburg, DFB-Direktion Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit, Lutz Lüttig, Berlin Gestaltung, Satz und Druck: kuper-druck gmbh, Eduard-Mörike-Straße 36, 52249 Eschweiler, Telefon 0 24 03 / 94 99 - 0, Fax 0 24 03 / 949 949, ISDN 0 24 03 - 94 99 71 (Leonardo) Anzeigenleitung: kuper-druck gmbh, Franz Schönen Abonnement bequem per e-mail: Zur Zeit ist die Anzeigenpreisliste vom 1. 1. 2002 gültig. [email protected] Erscheinungsweise: zweimonatlich. Abonnementpreis: Jahresabonnementpreis 15,– €. Lieferung ins Ausland oder per Streifband auf Anfrage. Abonnementskündigungen sind sechs Wochen vor Ablauf des berechneten Zeitraums dem Abonnement-Vertrieb bekannt zu geben. Zuschriften, soweit sie die Redaktion betreffen, sind an den Deutschen Fußball-Bund e.V., Otto-Fleck-Schneise 6, 60528 Frankfurt am Main, zu richten. Vertrieb: kuper-druck gmbh, Eduard-Mörike-Straße 36, 52249 Eschweiler, Telefon 0 24 03 / 94 99 - 0, Fax 0 24 03 / 949 949, ISDN 0 24 03 - 94 99 70 PC, 0 24 03 - 94 99 71 MAC Nachdruck oder anderweitige Verwendung der Texte und Bilder – auch auszugsweise und in elektronischen Systemen nur mit schriftlicher Genehmigung und Urhebervermerk. IMPRESSUM

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