Ökofeminismus Ecoféminisme

FemInfo 53/2019 Impressum Inhalt • Sommaire

FemInfo 53, Dezember 2019 • FemInfo 53, décembre 2019

Herausgeberin • Éditrice Cover • Couverture Verein Feministische Wissenschaft Schweiz Nora Ryser Association suisse Femmes Féminisme Recherche • Übersetzung • Traduction Inhalt Sommaire Nationaler Vorstand • Comité national Alexandra Cinter º Katharina Pelzelmayer, Martina Amsler, Martina Bundi, Nina Seiler, Vorwort • Avant-propos 2 Saskia Kircali Druck • Impression Ökofeminismus – ein Überblick • Ecoféminisme – tour d’horizon 4 Das FemInfo wird auf Pro Futura – ein mit dem Blauen Engel Heisses Eisen oder neuer Elan? 4 Geschäftsleiterin • Directrice générale ausgezeichnetes 100 % Recyclingpapier – in der Druckerei Mirjam Aggeler Reitschule in Bern gedruckt. Terrain glissant ou nouvel élan ? 10 Vergeschlechtlichte Tiere 16 Geschäftstelle • Secrétariat Auflage • Tirage Eine queer-theoretische Betrachtung 16 Verein Feministische Wissenschaft Schweiz 1000 Exemplare • 1000 Exemplaires Ausbeutungsverhältnisse 22 Postfach Die Geschichte einer Analogie 22 CH-3001 Bern Erscheinen • Annonce Der Fleischvergleich 26 PC 30-37698-6 3 Mal jährlich • 3 fois par année Sexismuskritik in der Tierrechtsbewegung 26 [email protected] Inserate • Annonce Die Subsistenzperspektive 32 www.femwiss.ch 1 Seite • 1 page CHF 250.– Eine potenziell konkrete Utopie 32 1/2 Seite • 1/2 page CHF 130.– Wer ist sie ? 38 Redaktion • Édition Vandana Shiva 38 Katharina Pelzelmayer, Martina Amsler, Martina Bundi, Mirjam Manuskripte • Manuscrits Publikation 39 Aggeler, Nina Seiler, Saskia Kircali [email protected] Ökonomie des Versorgens 39

Layout • Graphisme Nächster Redaktionsschluss • Prochain délai de rédaction Agenda 40 Nora Ryser, Mirjam Aggeler 01.03.2020 Call for Papers 40 Vorwort Avant-propos

Text: mirjam Aggeler texte : mirjam Aggeler º

Ökofeminismus: Ein Begriff, der manche von uns eher die Begriffspaare Kultur–Natur und Mann–Frau in L’écoféminisme : un terme qui évoque pour la plupart humain-animal et être humain-environnement. Ce fai- an Birkenstock und Filzblumen erinnert denn an poli- eine binäre Beziehung setzt, mit den Dimensionen d’entre nous davantage les birkenstocks et les fleurs sant, elle aboutit à un pluralisme de relations, où les tischen Aktivismus mit Biss. Ein Begriff, dem manch- Mensch–Tier und Mensch–Umwelt. Dadurch gelan- en feutre qu’un activisme politique musclé. Un terme rapports de genre et le rapport entre l’humain et son mal eher ein Hauch von Übermutter- und Weiblich- gen wir zu einem Beziehungspluralismus, in dem souvent associé au culte de la Mère et de la féminité environnement sont articulés de manière productive. keitskult anhängt denn die Möglichkeit Stereotype zu die Geschlechterverhältnisse und das Verhältnis des plutôt qu’à un instrument de déconstruction des sté- Et pour terminer, quelques mots à notre sujet : dekonstruieren. Anders gesagt: Ökofeminismus ist ein Menschen zu seiner Umwelt produktiv zueinander in réotypes. Autrement dit, l’écoféminisme est souvent pour des raisons financières, nous n’avons pu faire Begriff, der zuweilen einem Stigma näherkommt als Bezug gesetzt werden. davantage un stigmate qu’une identité affichée avec traduire qu’un seul des articles de ce numéro. Nous einer Identität, die wir uns gerne ans Revers heften. Zum Schluss noch ein Hinweis in eigener Sache: fierté. regrettons beaucoup cette situation et nous excusons Doch mit welchen Perspektiven arbeiten sie denn Aus finanziellen Gründen konnten wir für dieses Heft Mais quelles sont en réalité les perspectives des auprès de nos lecteur-trice-s* francophones. Nous tatsächlich, die ökofeministischen Bewegungen? nur einen Artikel übersetzen lassen. Wir bedauern mouvements écoféministes ? Quels sujets abordent- voudrions donc une fois de plus insister sur le fait que Und: Wie können die politischen Anliegen des Öko- diesen Umstand sehr und entschuldigen uns bei un- ils ? Et comment les revendications politiques de nous avons besoin de contributions en langue fran- feminismus aus den 1970er Jahren für heutige Be- seren französischsprachigen Leser*innen. An dieser l’écoféminisme des années 70 peuvent-elles être çaise, d'une part pour maintenir le volume de traduc- wegungen fruchtbar gemacht werden? Mit diesen Stelle möchten wir deshalb noch einmal ausdrücklich mises à profit par les mouvements actuels ? Voici tion aussi faible que possible et d'autre part pour être

und anderen Fragen rund um das Thema Ökofeminis- darauf hinweisen, dass wir erstens auf französisch- quelques-unes des questions traitées dans les contri- à même de représenter la perspective francophone ; mus beschäftigen sich die Beiträge in diesem Heft. sprachige Beiträge angewiesen sind, um einerseits butions de ce numéro. Elles révèlent un potentiel et enfin, rappelons que nous dépendons essentielle- Und sie bringen dabei allerlei ungeahntes Potenzial den Übersetzungsaufwand möglichst gering zu hal- des liens insoupçonnés, restés trop longtemps dans ment de vos dons, en particulier de vos cotisations de und Zusammenhänge ans Licht, die viel zu lange im ten und andererseits auch die französischsprachige l’ombre d’un label devenu impopulaire. membre. Nous vous remercions de votre compréhen- Schlagschatten eines unliebsam gewordenen Labels Perspektive abbilden zu können; und dass wir zwei- Par exemple, la perspective écoféministe croise sion et de votre soutien ! verschwunden waren. So verschränkt die ökofemi- tens dringend auf eure Spenden und insbesondere le dualisme inhérent à la pensée occidentale, qui nistische Perspektive beispielsweise das dem westli- auf eure Mitgliederbeiträge angewiesen sind. Wir oppose dans un rapport binaire les concepts culture- chen Denken immanente Dualismusprinzip, welches danken für euer Verständnis und eure Unterstützung! nature et homme-femme, avec les dimensions être

2 3 Ökofeminismus – ein Überblick Ökofeminismus – ein Überblick

Beim vorliegenden Text handelt es sich um eine gekürzte Fassung des Artikels zum Stichwort «Ökofeminismus» im Handbuch Umweltethik, herausgegeben von Konrad Ott, Jan Dierks und Lieske Voget-Kleschin, Heisses Eisen oder neuer Elan? 2016.

Text: Christine Bauhardt Deutschland aber kaum rezipierten Werk Ecofeminist Die dritte Position basiert auf einer historischen und Natures. Race, Gender, and Political transkulturellen Analyse der Arbeit von Frauen im Ökofeminismus ist ein Reizwort, nicht nur in der zwischen Frauen im Hinblick auf ökonomische, ethni- Action unterscheidet Noël Sturgeon (1997: 28f.) fünf Bereich der sozialen Reproduktion. Aufgrund ihrer deutschsprachigen Debatte. In der feministischen sche oder kulturelle Differenzen in den Blick zu neh- Positionen innerhalb des Ökofeminismus im Hinblick gesellschaftsübergreifenden Zuständigkeit für die Theoriebildung lag der Schwerpunkt in den vergan- men. Des Weiteren naturalisiere der ökofeministische auf ihre je unterschiedliche Analyse des Mensch- Subsistenzökonomie in der Agrar- und Haushaltspro- genen zwanzig Jahren bei poststrukturalistischen und Ansatz die Geschlechterdifferenz; Geschlecht würde Natur-Verhältnisses. Übergreifender Ausgangspunkt duktion seien Frauen schneller, unmittelbarer und dekonstruktivistischen Analysen, die sich auf Text- dabei ontologisch und nicht als soziale Konstruktion dieser Analyse ist die Verquickung zwischen der Um- schwerwiegender von ökologischen Problemen und und Sprachkritik fokussierten. Mit der neuerlichen verstanden. Ausserdem vertrete er ein statisches weltzerstörung und der Unterordnung von Frauen im Krisen betroffen als Männer. Hinwendung auch feministischer Theorie zu gesell- Verständnis der Geschlechterhierarchie und überse- Kapitalismus: Die vierte Position argumentiert mit der potenziel- schaftlichen Naturverhältnissen im Kontext des New he die Dynamik der Machtverhältnisse im Geschlech- Die erste Position gründet auf der Überzeugung, len Gebärfähigkeit von Frauen, aufgrund derer sie den Materialism (vgl. Alaimo; Hekman 2008) werden nun terverhältnis. dass Umweltprobleme nur vor dem Hintergrund der weiblichen Körper als näher an natürliche Rhythmen Debatten wieder aufgegriffen, die an die unter dem Im ökofeministischen Ansatz wird jedoch eine Unterdrückung von Frauen angemessen analysiert und lebendige Prozesse gebunden sieht. Von dieser Label «Ökofeminismus» geführten Diskussionen an- kraftvolle Kritik des Mensch-Natur-Verhältnisses im werden können: Wenn Frauen unterstellt wird, ihr Empathie für natürliche Lebensprozesse würden so- knüpfen. Allerdings ist der Begriff Ökofeminismus Kapitalismus entwickelt, die sowohl analytisch als Körper und ihre Arbeit stünden der gesellschaftlichen wohl Frauen mit ihrem Interesse an einer gesunden nach wie vor äusserst heikel, und viele Beiträge zum auch politisch nach wie vor sehr inspirierend wirken Vernutzung unendlich zur Verfügung, wird dies auch Umwelt als auch die Umweltbedingungen selbst pro- Themenfeld Gender and Environment distanzieren kann, weshalb im vorliegenden Artikel – trotz der ge- von der Natur angenommen. fitieren. sich explizit von einer als ökofeministisch bezeichne- nannten Schwierigkeiten – der Begriff Ökofeminis- Die zweite Position dreht das Argument um und Die fünfte Position greift auf die spirituellen Res- ten Position. mus verwendet wird. identifiziert das Mensch-Natur-Verhältnis der westli- sourcen eines ökologisch-feministischen Bewusst- Diese Abgrenzung gegenüber ökofeministischen Es ist unzulässig, die unterschiedlichen Strömun- chen Moderne und damit die Trennung und Hierarchi- seins zurück. Dabei wird auf nicht-westliche religiö- Analysen wird meistens mit der Begründung unter- gen, die sich hinter dem Label Ökofeminismus ver- sierung von Kultur und Natur, von Geist und Körper, se Praktiken Bezug genommen wie beispielsweise legt, der Ökofeminismus unterstelle Frauen unver- bergen, verkürzt als essenzialistisch zu bezeichnen von Rationalität und Gefühl als konstitutiv für die Zu- Naturreligionen, Hexenrituale, Göttinnenkulte oder änderliche Wesensmerkmale und stelle kein analy- und damit der feministischen Theoriebildung als un- weisung des höher bewerteten Pols an Männer und nicht-christliche Glaubenssysteme. In vielen dieser tisches Werkzeug zur Verfügung, um Unterschiede würdig zu erachten. In ihrem äusserst wichtigen, in des nachrangigen an Frauen. Ansätze kommen Verkörperungen weiblicher Stärke

4 5 Ökofeminismus – ein Überblick Ökofeminismus – ein Überblick

Christine Bauhardt ist Professorin an der Humboldt-Universität zu Berlin, wo sie das Fachgebiet Gender und Globalisierung leitet. Sie promovierte in Politikwissenschaft und habilitierte sich in räumlicher Planung. Ihre aktuellen Forschungsinteressen liegen bei Feminis- tischer Ökonomiekritik, Queer Ecologies, Agrar- und Ernährungspolitik sowie globaler Umweltpolitik. Neueste Veröffentlichung: Feminist Political Ecology and the Economics of Care (2019, Hg. gemeinsam mit Wendy Harcourt).

zum Tragen, die konträr zu den dominanten west- und ökologischer Ökonomiekritik (vgl. Bauhardt 2013). Ökonomik und die feministische Ökonomiekritik zu Auf- und Abwertungen von Handlungen oder Sinn- lichen Bildern weiblicher Abhängigkeit und Unterord- Im New Materialism wird die Frage nach der Mate- einer gemeinsamen Perspektive zusammengeführt. gebungen. Insbesondere richtet sie ihr Augenmerk nung stehen. rialität menschlicher und nicht-menschlicher Natur auf die Einbettung menschlichen Lebens in soziale Noël Sturgeon verweist darauf, dass unterschied- jenseits diskursiver Konstruktion neu aufgeworfen, Ökofeministische Philosophie und Ethik und ökologische Bindungen und Abhängigkeiten. liche ökofeministische Stimmen diese Positionen in wobei explizit auch ökologische Fragen (wieder) Wichtige Impulse für eine ökofeministische Be- unterschiedlicher Gewichtung, aber doch in grossen verhandelt werden. Die ökofeministische politische gründung feministischer Philosophie und Ethik ent- Ökofeministische Erkenntnistheorie und Teilen vertreten. Deshalb können sie auch nicht pro- Ökonomie sieht die Vernutzung der Natur und die un- wickelte Karen J. Warren in ihrem Werk Ecofeminist Wissenschaftskritik blemlos einzelnen Autor*innen zugeordnet werden. tergeordnete ökonomische Position von Frauen und Philosophy (2000). Ihre Überlegungen gelten der Wissenschaftskritische Analysen wie diejenige von Anhand dieser Übersicht erweist sich, dass unter der von ihnen geleisteten Arbeit in der sozialen Re- Entwicklung von Kriterien für soziale und Umwelt- Lorraine Code (2006), auf die sich auch aktuelle De- dem Label Ökofeminismus geführte Debatten häu- produktion als parallele Ursachen und Erscheinungen gerechtigkeit. Ihr Hauptargument lautet, dass soziale batten des New Materialism berufen, basieren auf fig vorschnell und unrechtmässig zu einem Amal- von zerstörerischen gesellschaftlichen Naturverhält- Gerechtigkeit, die allein auf Verteilungsgerechtigkeit dem grundlegenden Werk von Carolyn Merchant gam verschmolzen und fälschlich mit dem Vorwurf nissen an. Um diese ökonomischen Ungleichheits- basiert, Ungleichheiten und Benachteiligungen auf- (1980), The Death of Nature. Das Werk ist der erste des Essenzialismus belegt werden. In der Tat ist es und Ausbeutungsverhältnisse zu beenden, muss grund von Umweltschäden nicht ausgleichen kann. feministische Beitrag zur Analyse naturwissenschaft- nach wie vor herausfordernd, sich aus einer femi- entsprechend die Herrschaft über Natur und Frauen Entsprechend umfasst ihr Verständnis von inklusiver licher Erkenntnisproduktion und ihrer Verquickung nistischen Perspektive mit dem Mensch-Natur-Ver- beendet werden. Gerechtigkeit – und damit nicht allein von Verteilungs- mit der historischen Entwicklung der Vernutzung der hältnis zu befassen, denn der historische Rucksack Exemplarisch für diese Position steht Mary Mellor gerechtigkeit – auch die Berücksichtigung aller Praxen Natur als Ressource. Merchant zeigt in ihrer Untersu- des Frau-Natur-Nexus ist auf diesem Weg immer mit ihrem Werk and Ecology von 1997. Die und Strukturen von Herrschaft und Unterdrückung chung antiker, mittelalterlicher und neuzeitlicher Texte dabei. Ausbeutung der natürlichen Ressourcen und die Aus- einschliesslich Rassismus, Sexismus, Klassenherr- bis zum 17. Jahrhundert, wie die Analogiesetzung von beutung weiblicher Arbeit, als wäre sie eine unend- schaft, Heterosexismus und Speziesismus. Zu den Frauen mit Natur historisch produziert und mit dem je- Ökofeministische politische Ökonomie lich und unentgeltlich zur Verfügung stehende Natur- nicht-distributiven Aspekten, die inklusive Gerechtig- weiligen Stand der naturwissenschaftlichen Erkennt- Ein wichtiger und aktuell im Zusammenhang mit dem ressource, werden in diesem Ansatz als gleichur- keit berücksichtigen müsse, zählt sie Entscheidungs- nisse und Methoden begründet wurde. Diese Analo- New Materialism wieder neu diskutierter Ansatz des sprüngliche Wirkungsweise des Industriekapitalis- findungsprozesse, institutionell abgesicherte Macht- gie ist dabei bei Weitem nicht immer eindeutig. Sie Ökofeminismus ist die Verbindung von feministischer mus analysiert. Entsprechend werden die ökologische verhältnisse und Privilegien oder auch kulturelle changiert zwischen Bildern der freundlich nährenden

6 7 Ökofeminismus – ein Überblick Ökofeminismus – ein Überblick

Literatur

• Alaimo, Stacy; Hekman, Susan (Hg.): Material . Bloomington IN, 2008. • Bauhardt, Christine: Rethinking Gender and Na- ture from a Material(ist) Perspective. , Queer Ecologies and Resource Poli- Mutter Natur und der wilden, ungezähmten und un- um. Sherilyn MacGregor (2006) zum Beispiel lehnt Ökofeminismus – ein starkes Konzept zur Analyse tics. In: European Journal of Women's Studies beherrschbaren Naturgewalt. Beide Bilder und Fan- einen heteronormativen Ökofeminismus, der auf der globaler Herrschaft über Menschen und Natur 20/4 (2013), 361-375. tasien über die Natur wurden mit Weiblichkeit assozi- privat gehaltenen und in die Zuständigkeit von Frauen Dieser kursorische Überblick über verschiedene dis- • Code, Lorraine: Ecological Thinking. The Politics iert, während wissenschaftliche Naturerkenntnis und verwiesenen Ethik der Sorge basiert, ab und fordert ziplinäre Zugänge zeigt, dass es keine einheitliche of Epistemic Location. Oxford, 2006. in der Folge Naturbeherrschung zu einem männlichen die Politisierung der Verantwortungsethik sowohl in ökofeministische Position gibt, die sich als naturalisie- • Gaard, Greta: Toward a Queer . In: Hypatia 12/1 (1997), 114-137. Projekt wurden. Hinblick auf die Sorge um Menschen wie auch um die rend und essenzialistisch identifizieren liesse. Je un- • MacGregor, Sherilyn: Beyond Mothering Earth. Natur. Eine solche Politisierung der Sorge würde die terschiedliche Erkenntnisinteressen ermöglichen un- Ecological Citizenship and the Politics of Care. Queer Ecologies Privatisierung und Feminisierung der Umweltverant- terschiedliche Anschlüsse an theoretische Analysen Vancouver, 2006. Ebenfalls im Kontext des New Materialism wird der- wortung unterlaufen. des Mensch-Natur-Verhältnisses. Zum Zweiten lässt • Mellor, Mary: Feminism & Ecology. Oxford, zeit unter dem Stichwort Queer Ecologies diskutiert, Der erste Beitrag zur Entwicklung eines queeren sich aus dieser kurzen Darstellung erkennen, welche 1997. • Merchant, Carolyn: The Death of Nature. Wo- inwiefern die radikale Ökonomie-, Rationalitäts- und Ökofeminismus wurde von Greta Gaard (1997) formu- produktiven Debatten sich aus der kontroversen Aus- men, Ecology, and the Scientific Revolution. San Herrschaftskritik des Ökofeminismus mit den wis- liert. Sie entwickelt ihre Argumentation in Abgrenzung einandersetzung mit dem Konzept Ökofeminismus Francisco, 1980. senschaftlichen Erkenntnissen poststrukturalistischer zur dominanten Sichtweise, heterosexuelle Sexualität heraus entwickelt haben. Drittens ist mit dem Ansatz • Mortimer-Sandilands, Catriona; Erickson, Bruce Provenienz verknüpft werden können (Mortimer-San- sei natürlich, da prokreativ, während nicht-prokrea- des New Materialism aktuell auch im Feminismus ein (Hg.): Queer Ecologies. Sex, Nature, Politics, dilands; Erickson 2010). Diese Auseinandersetzung tive Sexualität als «widernatürlich» und «pervers» wieder erwachendes Interesse an ökologischen Pro- Desire. Bloomington IN, 2010. • Sandilands, Catriona: Desiring Nature, Queering hat ihre Wurzeln bei den impliziten – bei manchen Au- abgewertet wird. Sie benennt die Erotophobie, also blemstellungen zu konstatieren. Über die Perspektive Ethics: Adventures in Erotogenic Environments. torinnen auch expliziten – Mütterlichkeitsannahmen, die lustfeindliche Rationalität der westlichen Kultur, der Queer Ecologies lassen sich viertens poststruk- In: Environmental Ethics 23/2 (2001), 169-188. die bei der Frau-Natur-Analogie immer mitschwingen. als Grund sowohl für die Ablehnung queer-sexueller turalistische und strukturanalytische Wissensbestän- • Sturgeon, Noël: Ecofeminist Natures. Race, Die Frage, inwiefern der Frau-Mutter-Natur-Nexus Praktiken wie für die Abgrenzung gegenüber der Na- de zu den gesellschaftlichen Naturverhältnissen mit- Gender, Feminist Theory and Political Action. und die den Frauen zugeschriebene Verantwortung tur. Ganz ähnlich argumentiert Catriona Sandilands einander verknüpfen. Und nicht zuletzt befeuert die New York, 1997. • Warren, Karen J.: Ecofeminist Philosophy. A für die Sorge um lebendige Prozesse und den pflegli- (2001), wenn sie für ein sinnliches und erotisches Be- scharfe Kritik des Ökofeminismus an andro- und eu- Western Perspective on What It Is and Why It chen Umgang mit der Natur politisiert werden können, gehren der Natur jenseits heteronormativer Zuschrei- rozentrischer Herrschaft die wieder neu belebte Kritik Matters. Lanham, 2000. treibt die meisten ökofeministischen Denkerinnen bungen von Natur und Weiblichkeit plädiert. an globaler Ausbeutung von Menschen und Natur.

8 9 Ecoféminisme – tour d’horizon Ecoféminisme – tour d’horizon

Le présent texte est une version abrégée de l’article « Ökofeminismus » du manuel d’éthique environnementale (Handbuch Umweltethik) édité par Konrad Ott, Jan Dierks et Lieske Voget-Kleschin en 2016. Terrain glissant ou nouvel élan ?

TextE : Christine Bauhardt º distingue cinq points de vue différents au sein de dans le domaine de la reproduction sociale. En raison l’écoféminisme quant à l’articulation des rapports de la place centrale qu’elles occupent dans l'écono- L’écoféminisme est un mot qui fâche, et pas seu- L’approche écoféministe naturaliserait en outre la dif- entre être humain et nature. Le point de départ géné- mie de subsistance, soit dans la production agricole lement dans les débats germanophones. Ces vingt férence de genre, concevant ce dernier comme une ral de cette analyse est le lien étroit qui existe entre et domestique, les femmes seraient touchées plus dernières années, la théorie féministe avait privilégié donnée ontologique et non comme une construction destruction de l’environnement et subordination des rapidement, plus directement et plus gravement que les analyses poststructuralistes et déconstructivistes, sociale. Il offrirait qui plus est une compréhension femmes dans le capitalisme : les hommes par les problèmes et crises écologiques. qui se centraient sur la critique textuelle et linguis- statique de la hiérarchie des genres et occulterait les Le premier point de vue repose sur la conviction Le quatrième point de vue avance l’argument de la tique. Avec le nouvel intérêt que porte aussi la théorie dynamiques de pouvoir à l’œuvre dans les rapports que les problèmes environnementaux ne peuvent capacité des femmes à enfanter, considérant le corps féministe aux rapports des sociétés à la nature dans de genre. être correctement analysés que dans le contexte de féminin comme davantage relié aux rythmes naturels le contexte du néo-matérialisme (cf. Alaimo/Hekman, Une critique puissante des rapports entre l’humain l’oppression des femmes : si on part du principe que et aux logiques du vivant. Cette sensibilité pour les 2008), certains débats réapparaissent maintenant, et la nature au sein du capitalisme s’est pourtant dé- les femmes sont soumises, que leur corps et leur processus naturels de la vie bénéficierait autant aux faisant écho aux discussions menées sous l’étiquette veloppée dans le cadre de l’approche écoféministe. travail sont à disposition et peuvent être exploités de femmes, aspirant à un environnement sain, qu’à la « écoféminisme ». Ce terme demeure cependant Cette critique continue d’être source d’inspiration, tant manière illimitée par la société, alors il en va de même planète elle-même. extrêmement délicat et de nombreuses contribu- sur le plan analytique que politique, raison pour laquelle de la nature. Le cinquième point de vue puise aux sources spi- tions dans le champ d’étude genre et environnement le terme écoféminisme est employé dans le présent Le second point de vue retourne l’argument et consi- rituelles d’une conscience féministe-écologiste. Elle prennent explicitement leurs distances par rapport à article, ce en dépit des difficultés qu’il soulève. dère le rapport être humain-nature de la modernité se réfère à des pratiques religieuses non occiden- une position définie comme écoféministe. Il est réducteur de qualifier d’essentialistes les dif- occidentale, et ce faisant la séparation et la hiérarchi- tales comme par exemple les religions de la nature, Cette distanciation face aux analyses écoféministes férents courants que recouvre l’étiquette écofémi- sation entre nature-culture, corps-esprit et rationalité- les rituels de sorcières, les cultes de déesses ou les est le plus souvent justifiée par l’idée que ce courant nisme et de disqualifier ainsi la théorie féministe qui sentiment, comme constitutif de l’attribution aux systèmes de croyance non chrétiens. Nombre de attribuerait aux femmes des caractéristiques essen- en découle. Dans Ecofeminist Natures. Race, Gender, hommes du pôle jugé supérieur et aux femmes du ces approches offrent des incarnations de la force tielles immuables et n’offrirait pas d’outil d’analyse Feminist Theory and Political Action, texte extrême- pôle jugé inférieur. féminine, allant à l'encontre des images occidentales pour appréhender les différences entre les femmes ment important et pourtant passé presque inaperçu Le troisième point de vue se fonde sur une analyse dominantes de dépendance et de subordination des sur les plans économique, ethnique ou encore culturel. en Allemagne, Noël Sturgeon (1997, p. 28 sq.) historique et transculturelle du travail des femmes femmes.

10 11 Ecoféminisme – tour d’horizon Ecoféminisme – tour d’horizon

Christine Bauhardt est professeure à l’Université Humboldt de Berlin, où elle dirige le département genre et mondialisation. Elle est docteure en sciences politiques et privat-docent en aménagement du territoire. Ses domaines de recherche actuels sont la critique fémi- niste de l’économie, l’écologie queer, la politique agricole et alimentaire ainsi que la politique environnementale mondiale. Sa dernière publication : Feminist Political Ecology and the Economics of Care (2019, co-éditée avec Wendy Harcourt).

Noël Sturgeon souligne que différentes voix écofémi- politique écoféministe voit dans l’exploitation de la de justice sociale et environnementale. Son argument reposent sur l’œuvre fondatrice de Carolyn Merchant nismes relayent ces arguments, même si elles leur nature et dans le statut économique inférieur attribué principal est qu’une justice sociale reposant unique- (1980), The Death of Nature. Ce texte constitue la pre- accordent des poids différents. Ceux-ci ne peuvent aux femmes et au travail qu’elles fournissent dans ment sur la justice distributive ne peut compenser les mière contribution féministe à l’analyse de la produc- donc être attribués à des auteur-e-s* individuel-le-s la reproduction sociale la cause et la manifestation inégalités et les désavantages dus aux dommages en- tion du savoir scientifique et de son lien avec le déve- sans que cela pose problème. Ce tour d’horizon simultanées du rapport destructeur des sociétés à la vironnementaux. Dès lors, sa conception d’une justice loppement historique de l’exploitation de la nature en montre que les débats menés sous l’étiquette éco- nature. Pour mettre fin à ces rapports économiques inclusive – qui n’est donc pas seulement distributive –, tant que ressource. Merchant montre, par son étude féministe sont souvent hâtivement et injustement d'inégalité et d’exploitation, la domination sur la na- implique la prise en compte de toutes les pratiques et de textes antiques, médiévaux et modernes allant regroupés en un amalgame et accusés à tort d’essen- ture et les femmes doit en conséquence cesser. structures de domination et d’oppression, y compris le jusqu'au XVIIe siècle, comment l'analogie femme- tialisme. En réalité, cela reste un défi d’aborder les Feminism and Ecology, publié par Mary Mellor en racisme, le sexisme, la domination de classe, l’hétéro- nature a été historiquement produite et, à chaque rapports être humain-nature dans une perspective 1997, est représentatif de ce point de vue. Dans cette sexisme et le spécisme. Parmi les aspects non distri- époque, justifiée par l'état des connaissances et des féministe, car l’héritage historique du lien femme- approche, l’exploitation des ressources naturelles et butifs que la justice inclusive doit considérer, figurent méthodes scientifiques. Cette analogie n’est cepen- nature continue de peser son poids. celle du travail féminin, considéré comme une res- les processus décisionnels, les rapports de pouvoir et dant de loin pas toujours univoque. Elle oscille entre source naturelle illimitée et gratuite à disposition, sont les privilèges garantis par les institutions ou encore la l’image d’une Mère Nature accueillante et nourricière Economie politique écoféministe toutes deux analysées comme des fonctionnements valorisation ou dévalorisation culturelle des activités et et celle d’une nature violente, sauvage et indomp- Une des approches importantes de l’écoféminisme à la base du capitalisme industriel. En conséquence, du sens attribué. En particulier, l’auteure se concentre table. Ces deux imaginaires ont été associés à la faisant actuellement à nouveau l’objet de débats dans l'économie écologique et la critique féministe de l’éco- sur l'enracinement de la vie humaine dans des liens et féminité, tandis que la connaissance scientifique de le cadre du néo-matérialisme est celle qui associe les nomie sont réunies en une perspective commune. des dépendances sociales et écologiques. la nature et, par conséquent, la domination de celle- critiques féministe et écologiste de l’économie (cf. ci, est devenue un projet masculin. Bauhardt 2013). Dans le néo-matérialisme, la question Philosophie et éthique écoféministes Epistémologie et critique de la science de la matérialité de la nature humaine et non humaine Dans Ecofeminist Philosophy (2000), Karen J. Warren écoféministes Ecologies queer par delà leur construction discursive est à nouveau apporte une importante contribution aux fondements Les analyses critiques de la science comme celles Les débats contemporains menés dans le cadre des posée, contexte dans lequel les questions écolo- écoféministes d’une philosophie et d’une éthique fé- de Lorraine Code (2006), sur lesquelles les débats écologies queer, toujours dans le contexte du néo- giques sont également (re)négociées. L’économie ministes. Sa réflexion porte sur l’élaboration de critères actuels du néo-matérialisme s’appuient également, matérialisme, posent également la question de savoir

12 13 Ecoféminisme – tour d’horizon Ecoféminisme – tour d’horizon

dans quelle mesure la critique écoféministe radicale La première contribution au développement d’un théoriques des rapports entre l’être humain et la nature. de l’économie, de la rationalité et de la domination écoféminisme queer a été formulée par Greta Gaard Deuxièmement, cette brève présentation donne à voir In : European Journal of Women`s Studies 20/4 peut être associée aux connaissances scientifiques (1997). Son argumentation se démarque du point de les débats productifs qui se sont développés à partir (2013), 361-375. • Code, Lorraine : Ecological Thinking. The Politics d’obédience poststructuraliste (Mortimer-Sandilands ; vue dominant qui considère l’hétérosexualité comme des controverses autour du concept d'écoféminisme. of Epistemic Location. Oxford, 2006. Erickson 2010). Cette controverse a ses racines dans naturelle, car permettant la procréation, et la sexua- Troisièmement, avec l'approche néo-matérialiste, on • Gaard, Greta : Toward a Queer Ecofeminism. In : le présupposé de l’instinct maternel, toujours pré- lité non procréatrice comme « contre nature », « per- observe actuellement un regain d’intérêt pour les ques- Hypatia 12/1 (1997), 114-137. sent de manière implicite – et même explicitement verse ». Elle identifie l’érotophobie, soit la rationalité tions écologiques également au sein du féminisme. • MacGregor, Sherilyn : Beyond Mothering Earth. chez certaines auteures – dans l’analogie femme- occidentale ennemie du plaisir, comme la cause tant Quatrièmement, la perspective des écologies queer Ecological Citizenship and the Politics of Care. Vancouver, 2006. nature. du rejet des pratiques de la sexualité queer que de permet de relier entre elles les connaissances de l’ana- • Mellor, Mary : Feminism & Ecology. Oxford 1997. La question de savoir dans quelle mesure l’associa- la séparation d’avec la nature. Catriona Sandilands lyse structurelle et poststructuraliste sur les rapports • Merchant, Carolyn : The Death of Nature. Wo- tion femme-mère-nature ainsi que les responsabilités (2001) se situe dans la même lignée lorsqu’elle plaide des sociétés à la nature. Enfin, la vigoureuse critique men, Ecology, and the Scientific Revolution. San attribuées aux femmes dans la préservation du vivant pour un désir sensuel et érotique de la nature, par écoféministe de la domination andro- et eurocentrique Francisco, 1980. et de la nature peuvent être politisées occupe la plu- delà les attributions hétéronormatives de la nature et apporte un feu nouveau à la critique ainsi revivifiée de • Mortimer-Sandilands, Catriona ; Erickson, Bruce (éd.) : Queer Ecologies. Sex, Nature, Politics, part des penseuses écoféministes. Sherilyn Mac- de la féminité. l’exploitation globale de l’être humain et de la nature. Desire. Bloomington IN, 2010. Gregor (2006) par exemple rejette un écoféminisme • Sandilands, Catriona : Desiring Nature, Queering hétéronormatif, basé sur une éthique du soin mainte- L’écoféminisme – un concept puissant pour ana- Ethics : Adventures in Erotogenic Environments. nue dans la sphère privée et renvoyée à la responsa- lyser la domination globale exercée sur l’humain Littérature In : Environmental Ethics 23/2 (2001), 169-188. bilité des femmes. Elle en appelle à une politisation et la nature • Sturgeon, Noël : Ecofeminist Natures. Race, • Alaimo, Stacy ; Hekman, Susan (éd.) : Material Gender, Feminist Theory and Political Action. de l’éthique de la responsabilité en ce qui concerne Premièrement, ce court aperçu des différentes ap- Feminisms. Bloomington IN, 2008. New York, 1997. la préservation aussi bien des êtres humains que de proches montre qu’il n’existe pas de point de vue éco- • Bauhardt, Christine : Rethinking Gender and Na- • Warren, Karen J. : Ecofeminist Philosophy. A la nature. Une telle politisation du soin contournerait féministe uniforme qu’on pourrait identifier comme ture from a Material(ist) Perspective. Feminist Eco- Western Perspective on What It Is and Why It le problème de la privatisation et féminisation de la étant naturalisant et essentialisant. Chaque domaine nomics, Queer Ecologies and Resource Politics. Matters. Lanham, 2000. responsabilité écologique. d’intérêt peut être raccordé différemment aux analyses

14 15 Vergeschlechtlichte Tiere Vergeschlechtlichte Tiere

1 In diesem Beitrag verwende ich durchgängig die Termini menschliche und tierliche Sphäre. Anstatt Sphäre hätte ich auch Bereich oder Feld verwenden können. Jedoch implizieren diese Begriffe eine gewisse Undurchlässigkeit und Abgeschlossenheit, die ich über die folgenden Ausführungen infrage stellen möchte. Durch den mythischen Anstrich, welcher dem Begriff Sphäre anhaftet, möchte ich den vagen Charakter der Mensch-Tier-Grenze unterstreichen. Eine queer-theoretische Betrachtung 2 In diesem Beitrag werden Herrschaftsverhältnisse nie als isoliert, sondern als intersektional und somit ineinander verschränkt betrachtet. Text: Swetlana Hildebrandt

werden dabei Parallelen zwischen Menschen und Tie- Theorie und Analyse argumentieren, da Mensch-Tier- menschlichen Feldes die Annahme übernommen, Der Artikel Vergeschlechtlichte Tiere – Eine queer- ren gezogen, wobei auf die «Natürlichkeit» der tierli- Verhältnisse durchaus Einfluss auf den queer-theo- dass es auch in der tierlichen Sphäre einen evidenten theoretische Betrachtung der gesellschaftlichen chen Sphäre 1 – als eine von gesellschaftlichen Dis- retischen Argumentationsrahmen ausüben können. Zusammenhang zwischen Verhaltensweisen und bio- Mensch-Tier-Verhältnisse erschien ursprünglich im kursen unberührte – verwiesen wird. Ist der Beweis Dabei gehe ich von der Annahme aus, dass sowohl logischem Geschlecht gebe, sowie dass auch Tiere Jahr 2011 im transcript Verlag in Bielefeld, im Sam- melband Human-Animal Studies, herausgegeben von der Parallelität erbracht, wird in einem zweiten Schritt die Mensch-Tier-Verhältnisse von der Kategorie «Ge- vornehmlich eine heterosexuelle Identität und Praxis Chimaira – Arbeitskreis für Human-Animal Studies, S. auch die menschliche Sphäre als in der «Natur» ver- schlecht» beeinflusst sind als auch die Kategorie besitzen würden. Dabei werden Verhaltensweisen 220-248. Beim vorliegenden Text handelt es sich um ankert dargestellt und intramenschliche Herrschafts- «Geschlecht» von den Mensch-Tier-Verhältnissen und Interaktionen zwischen zwei Tieren unterschied- einen gekürzten und aktualisierten Wiederabdruck verhältnisse 2 werden legitimiert. Darüber wiederum mitstrukturiert wird. lichen Geschlechts häufig sexualisiert und in hete- mit Genehmigung durch den transcript Verlag und in wird eine Natur des Menschen konstruiert. Abschliessend werde ich mich für eine intensive ronormativer Manier interpretiert. Umgekehrt wird Zusammenarbeit mit der Autorin. Online findet sich der vollständige Artikel unter: bit.ly/2nahzmn. Die Naturalisierung der menschlichen Geschlech- Miteinbeziehung des Verhältnisses von Menschen sexuelles Verhalten jedoch auch häufig übersehen, terordnung wurde in den Gender- und Queer Studies und Tieren in die Queer-Theorie starkmachen. weil es nur dann als solches gewertet wird, wenn es aufgegriffen und rezipiert (vgl. Degele 2008). Die Na- zwischen zwei Tieren unterschiedlichen Geschlechts In unserer Gesellschaft ist das Wissen um die eigene turalisierung der Mensch-Tier-Verhältnisse hingegen Interpretationssache stattfindet (vgl. Ebeling 2007). In anthropomorphisie- Geschlechtsidentität ähnlich wichtig wie jenes, dass ist eine zentrale Problemstellung der Human-Animal An der Zoologie wie auch an der Primatologie wird render Weise wird zudem häufig davon ausgegan- wir überhaupt Menschen sind (vgl. Butler 1991). Auf Studies. Dies ist nicht der einzige potenzielle Schnitt- deutlich, dass die Interpretation und die Wertung tier- gen, dass Tiere sich entsprechend menschlicher Rol- einer diskursiven Ebene wird tierliche Geschlechtlich- punkt dieser beiden wissenschaftlichen Felder. Auch lichen Verhaltens eng mit menschlichen Diskursen lenbilder verhalten. keit zur Argumentationshilfe, wenn geschlechtliche die Human-Animal Studies sind interdisziplinär ange- und Kämpfen verbunden sind. Dies betrifft insbeson- Das Wissen, welches wir über Tiere und ihr Verhal- Verhaltensweisen von Menschen über Verweise auf legt und schneiden in ihren theoretischen Ausführun- dere zoologische Untersuchungen des geschlecht- ten haben, wird fast vollständig durch das Beobachten entsprechende Verhaltensweisen von Tieren legiti- gen häufig das Feld der Gender- und Queer-Theorie. lichen Verhaltens zwischen zwei Tieren bzw. den von Tieren und daraus abgeleitete Annahmen über ihr miert oder infrage gestellt werden. Über die Mechanis- Im Folgenden möchte ich für eine Reflexion der Versuch, dieses zu lesen und zu verstehen. So wird Verhalten generiert. Dieses interpretativ erhobene men der Naturalisierung und Anthropomorphisierung Verhältnisse von Menschen und Tieren in queerer in der zoologischen Narration aus den Diskursen des Material wird so als Kanonenfutter für menschliche

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Swetlana Hildebrandt ist Gründungsmitglied des Chimaira Arbeitskreises für Human-Animal Studies. Ihr Schwer- 3 Gerade innerhalb der Bewegung wird queer allerdings durchaus identitär gelebt und reproduziert. Nach Wehr punkt ist die Verbindung von Human-Animal Studies mit und Postcolonial Studies. Sie lebt derzeit in reproduziert dies in der Szene unter anderem rassistische Strukturen. So bleibt die weisse privilegierte Position, Freiburg im Breisgau und ist dort in der Bildungsarbeit zu verschiedenen politischen und ökologischen Themen tätig. die viele Queers innehaben, unmarkiert (vgl. Wehr 2007).

(Bedeutungs-)Schlachten – sei es um Geschlecht- verhältnisse, wie z.B. dasjenige des Patriarchats, auf- Kritik der Identität gängige Herrschaftsmuster reproduzieren. Dieser lichkeit, Natürlichkeit oder die Legitimität von Herr- zuzeigen und zu dekonstruieren (vgl. Engel 2002). Queer-Theorie versteht sich explizit als identitätskri- Punkt unterstreicht die Unmöglichkeit einer queeren schaftsstrukturen – verwendet. Bei der Dekonstruktion geht es darum, Sensibilität tisch. Identität wird dabei als ein in gesellschaftlichen Identität. für die Geschichte und die politische Wirkmächtigkeit Normen verortetes Konstrukt verstanden, welches Nach Edelman ist queer eher als eine Position inner- Queer-Theorie – eine kurze Annäherung von Begriffen zu entwickeln, indem die historischen gemäss Butler nicht nur das gesellschaftliche Le- halb der Gesellschaft zu verstehen. Diese generiert Sich der Queer-Theorie einführend nähern zu wollen, Konstitutionsprozesse und kulturellen Übereinkünfte, ben eines Menschen, sondern auch sein Begehren sich aus dem Ausgeschlossensein von gesellschaft- stellt eine*n zwangsläufig vor mehrere Probleme. die für ihre Genese von entscheidender Bedeutung strukturiert. Dabei geht es weder darum, Identitäten lichen Normen bzw. aus einer bewussten Wendung Schliesslich handelt es sich bei der Queer-Theorie um waren, offengelegt und überprüft werden. Für die zu zerstören, noch ihnen eine Gegenidentität oder gegen diese (vgl. Edelman 2004). Queer kann somit ein sehr heterogenes Feld und ausserdem um kein Diskussion um Geschlechtsidentität bedeutet diese «Nichtidentität» entgegenzusetzen. Stattdessen sol- einen Raum darstellen, in welchem sich all jene wie- konsistentes Theoriegebilde. Perko bezeichnet sie Theorie auch, dass Verweise auf eine «Natürlichkeit» len Differenzen zu anderen Identitäten anerkannt wer- derfinden können, die sich von den gängigen Normen gar als ein politisches oder theoretisches Projekt (vgl. oder «Universalität» des Körpers nicht mehr länger den. Insofern kann es auch keine «queere Identität» nicht repräsentiert fühlen. Queer ist dabei nicht als Perko 2005). So gibt es folglich viele verschiedene haltbar sind (vgl. Bublitz 2002). Durch Dekonstruktion als solche geben. 3 eine Anti-Norm zu verstehen, sondern als ein offener Lesarten von Queer-Theorie, jedoch lassen sich drei kann die Essenz dessen, was es bedeutet, Mensch Begriffe und Kategorien in einem queeren Sinne Raum, der immer wieder neu besetzt werden kann grundsätzliche Kritikzweige ausmachen, die in den oder Tier zu sein, hinterfragt und der historische Cha- zu kritisieren und zu analysieren heisst, nichts als ab- (vgl. Wehr 2007). verschiedenen Lesarten unterschiedlich stark ausge- rakter dieser beiden Begriffsformationen, die so alt geschlossen, fest oder unveränderlich zu betrachten prägt sind: die Heteronormativitätskritik, eine daran sind wie das «abendländische» Denken selbst, her- sowie Bedeutungen und Grenzen als «verschiebbar» Plädoyer für eine ausgeweitete Analyse anschliessende Kritik am Identitätsbegriff und eine ausgearbeitet werden. zu begreifen. Konsequent weitergedacht, ergibt sich Über die Beschäftigung mit den Modi der Verge- sich daraus ableitende Begriffs- und Kategorienkritik Zusammenfassend heisst es dazu bei Haraway: daraus auch die Möglichkeit, jene auch praktisch zu schlechtlichung von Tieren als Praxis zur (De-)Stabili- (vgl. Degele 2008). Selbstverständlich kommt es da- «Eine Ursprungsgeschichte zu destabilisieren ist verschieben und dadurch die Normen, die sie konsti- sierung menschlicher Geschlechterverhältnisse habe bei zu Überschneidungen zwischen den verschiede- möglicherweise für die Dekonstruktion der Ge- tuieren, infrage zu stellen und ihre Dekonstruktion an- ich mögliche gemeinsame Anknüpfungspunkte von nen Ansätzen und Argumentationen: Allesamt zielen schichte des Menschen, des Mannes ein wichtigerer zuregen. Insofern kann auch dem Begriff queer kein Human-Animal Studies und Queer-Theorie aufge- sie darauf ab, Normen zu entnaturalisieren und zu Schritt, als sie durch eine progressivere neue zu er- fester Inhalt zugrunde liegen. Denn jedes Füllen mit zeigt. In einem letzten Schritt möchte ich mich dafür destabilisieren und daraus entstandene Herrschafts- setzen» (Haraway 1995: 148). Inhalt würde eine erneute Normierung bedeuten und starkmachen, Tiere generell in queere Theoriebildung

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und Analyse miteinzubeziehen. Eine solche Integrati- mögliches Identitätsangebot zugrunde liegen kann beteiligen und althergebrachte Grenzen und Denk- on würde neue Möglichkeiten eröffnen, um die Wirk- (vgl. Wehr 2007). weisen zu queeren. mächtigkeit von Normen und Normregimen zu analy- Ich habe zu zeigen versucht, dass die Mensch-Tier- sieren und zu vertiefen. Verhältnisse – wie andere Herrschaftsverhältnisse Literatur Eine konsequente Analyse wird zwangsläufig auch – eine strukturelle und eine symbolische Ebene auf den Natur / Kultur-Dualismus und das damit besitzen (vgl. Degele 2008). Tiere werden über Na- • Bublitz, Hannelore: Judith Butler zur Einführung. • Edelman, Lee: No Future. Queer Theory and the verbundene europäisch geprägte dichotome Den- turalisierung und Anthropomorphisierung zu idealen Hamburg, 2002. Death Drive. Durham, 2004. ken stossen. Die Idee des Anderen, ganz gleich Symbolträgern, wenn es darum geht, sich über Ver- • Butler, Judith: Das Unbehagen der Geschlech- • Engel, Antke: Wider die Eindeutigkeit. Sexuali- ter. Frankfurt a.M., 1991. tät und Geschlecht im Fokus queerer Politik der ob als Nicht-Mensch, Nicht-Weisse*r oder Nicht- weise auf die Natur eine «unanfechtbare» Argumen- • Castro Varela, Maria do Mar; Dhawan, Nikita: Repräsentation. Frankfurt a.M., 2002. Mann, ist dabei ein konstitutives Moment eben- tations- und Legitimationsbasis für bestehende Dif- Postkoloniale Theorie – Eine kritische Ein- • Haraway, Donna: Primatologie ist Politik mit ande- jenes dichotomen Denkens. Damit gehen wieder- ferenzen und Herrschaftsverhältnisse zu verschaffen führung. Bielefeld, 2005. ren Mitteln, in: Orland, Barbara; Scheich, Elvira um Muster von Gewalt und Unterdrückung des (vgl. Ebeling 2006). Somit könnte gerade der bedeu- • Degele, Nina: Gender/Queer Studies. Eine Ein- (Hg.): Das Geschlecht der Natur. Feministische Anderen einher. Wie sich diese Muster konkret tungs- und begriffskritische Aspekt der Queer-Theorie führung. Paderborn, 2008. Beiträge zur Geschichte und Theorie der Natur- • Ebeling, Kirsten Smilla: Heteronormativität in wissenschaften. Frankfurt a.M., 1995, S. 136-197. auswirken, wurde nicht nur von der Queer-Theorie für diese Untersuchungen besonders fruchtbar sein. der Zoologie, in: Hartmann, Jutta et al. (Hg.): • Perko, Gudrun: Queer-Theorien. Ethische, poli- untersucht, sondern auch von den Postcolonial-, Ebenfalls plädiere ich für einen erweiterten Fokus Heteronormativität – Empirische Studien zu tische und logische Dimensionen plural-queeren Gender- und Critical Whiteness Studies (vgl. Castro der kritischen Human-Animal Studies. So verstehe Geschlecht, Sexualität und Macht. Wiesbaden, Denkens. Köln, 2005. Varela; Dhawan 2005). Queer-Theorie, so wie ich ich diese nicht nur als an der Erforschung der Verhält- 2007, S. 79-93. • Wehr, Christiane: Queer und seine Anderen. Zu sie lese, hat dabei die Stärke, sich über das Benen- nisse von Menschen und Tieren interessiert, sondern • Ebeling, Smilla (2006): Tierisch menschlich – Ein den Schwierigkeiten und Möglichkeiten queerer un/geliebter Dualismus und seine Wirkungen, in: Bündnispolitik zwischen Pluralismusansprüchen nen von Herrschaftsverhältnissen hinaus zu bewe- auch als politische Wissenschaft, die mit der politi- Ebeling, Kirsten Smilla; Schmitz, Siegrid (Hg.): und Dominanzeffekten, in: Winkler, Gabriele; gen und das ihnen zugrunde liegende dichotome schen Gesellschaft in Interaktion steht. Geschlechterforschung und Naturwissenschaf- Gross, Melanie (Hg): Queer-Feministische Kriti- Denken so aufzubrechen, dass das Endergebnis In diesem Sinne ist es nicht nur an diesen beiden ten – Einführung in ein komplexes Wechselspiel. ken neoliberaler Verhältnisse. Münster, 2007, S. offen ist. Insofern erscheint es nur konsequent, Forschungsrichtungen, sich aktiv an der Dekonstruk- Wiesbaden, 2006, S. 347-362. 149 -167. dass queer kein fester Inhalt, keine Norm und kein tion und Analyse gesellschaftlicher Verhältnisse zu

20 21 Ausbeutungsverhältnisse Ausbeutungsverhältnisse

Sarah Friedli ist manchmal Kollegin oder Feindin, oft Freundin, immer aber Tochter und Schwester. Sie ist manchmal desillusioniert, oft hoffnungsvoll und meistens wütend auf die bestehenden Verhältnisse. Sie ist momentan Studentin (Geschichte und Gender Studies) und Gastro-Angestellte, aber hauptsächlich ist sie Aktivistin: Im Frauen*streikkollektiv, der BFS und (hoffentlich bald wieder mehr) im Die Geschichte einer Analogie Klimastreik.

Text: Sarah Friedli Ressourcen» den Anschein, sie seien unendlich ver- patriarchalen Machtverhältnisse und Denkweisen fügbar und kostenlos. Sehr ähnlich passiert das auch zunutze, in welchen das Ausbeuten von Frauen* als Der Juli 2019 war weltweit gemessen der wärmste wie Erdöl oder Steinkohle, welche sich über einen mit der Arbeitskraft von Frauen*. 2 «normal» oder «natürlich» erscheint. Monat seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen. In Zeitraum von zig Millionen Jahren hinweg ausgebildet Denn ohne die Arbeit, welche aufgrund der Vor- Sibirien wüteten Waldbrände, die mehr CO2 freisetz- haben, wurden innerhalb von wenigen Jahrzehnten in stellung einer «natürlichen» Aufgabenteilung Frauen* 1 Landes, David S.: Der entfesselte Prometheus. Köln, 1973. ten als ein hochindustrialisiertes Land wie Belgien in gigantischem Ausmass aus der Erde geholt und ver- zugeteilt, abgewertet und daher meist auch schlecht 2 Damit ist die Zugehörigkeit zur sozialen Kategorie Frau und nicht das einem Jahr. In Kanada stellten Forscher*innen mit brannt. oder überhaupt nicht entlohnt wird, müssten die Un- biologische Geschlecht gemeint. Schrecken fest, dass der Permafrostboden so gross- Das Wissen, wie aus den im Boden reichlich vor- ternehmen – müsste das Kapital – für die Reproduktion 3 Madörin, Mascha: Care Ökonomie. Eine Herausforderung für die Wirt- flächig auftaut, wie es eigentlich erst für das Ende handenen Kohlenstoffreserven im grossen Stil und der Arbeitskraft ihrer Arbeiter*innen aufkommen. schaftswissenschaften. In: Gender and Economics. Wiesbanden, 2010. des 21. Jahrhunderts vorausgesagt war. Als Folge da- unter Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft relativ Wenn also nicht mehr tagtäglich gratis gewaschen, 4 Siehe dazu auch: Mirjam Aggeler: Die dienende Klasse der Frauen. Eine ökonomische Höchstleistung. In: FemInfo 51, 2019, S. 4-7. von werden riesige Mengen Methan freigesetzt, ein kosteneffizient Energie gewonnen werden kann, war gekocht, geputzt, gepflegt, erzogen und versorgt Treibhausgas mit 5000-mal stärkerer Wirkung als CO2. ein unentbehrlicher Faktor für die Industrialisierung 1 würde, hätte die Wirtschaft ein grosses Problem: In In Norddeutschland und Paris kletterten die Tempera- sowie für die technischen Entwicklungssprünge der der Schweiz entspricht allein die Arbeit, welche für Kurz: Es scheint normal, dass Frauen* doppelte Ar- turen auf über 42 Grad Celsius. Und die Hitzewelle in darauffolgenden Industrialisierungsetappen. das Zubereiten von Mahlzeiten in Privathaushalten beitstage, Gewalt und Abwertung zu erdulden haben. Indien, Pakistan und Bangladesch mit wochenlangen aufgewendet wird, einem monetären Gegenwert von Ebenso normal scheint es, dass tonnenweise endli- Temperaturen über 45 Grad ist insofern besonders be- Das «natürliche» Gut ca. 45 Milliarden Franken. Das wiederum entspricht che Ressourcen aus dem Boden geholt und verbrannt unruhigend, als damit die ganzjährige Bewohnbarkeit Damit in einer Welt, welche sich nach Preis, Kosten etwa 90 Prozent der Bruttowertschopfung des ge- werden, ohne dass die Besitzer*innen der Schaufel- eines Gebietes infrage gestellt wird, welches etwa und Profit richtet, ein Gut verbraucht werden kann, samten Gross- und Detailhandels. Es handelt sich radbagger und Erdölbohrtürme den Preis dafür be- doppelt so viele Einwohner*innen zählt wie die USA. ohne dass dafür angemessen bezahlt werden muss, dabei aber erst um ein Viertel der gesamten unbe- zahlen müssten. Dies macht beide Ausbeutungs- Der seit ungefähr 150 Jahren zu beobachtende An- braucht es eine – in der Gesellschaft tief verankerte – zahlten Arbeit. 3 Müsste diese Arbeit bezahlt werden, verhältnisse zu Grundpfeilern der kapitalistischen stieg der Durchschnittstemperaturen ist das Ergebnis Vorstellung, dass dieses Gut ein Geschenk ist: der Na- so wären das unvorstellbare Kosten. Um weiterhin zu Wirtschaftsweise 4 : Wenn sowohl für die Reprodukti- eines vollkommen aus den Fugen geratenen Kohlen- tur, Gottes, oder von wem auch immer. Endliche Res- gewährleisten, dass diese Arbeit unbezahlt verrich- onsarbeit als auch für das Verbrauchen endlicher Res- stoffkreislaufs auf unserem Planeten. Energiequellen sourcen bekommen mit dem Ausdruck «natürliche tet wird, macht sich das kapitalistische System die sourcen angemessen bezahlt werden müsste, könnte

22 23 Ausbeutungsverhältnisse Ausbeutungsverhältnisse

5 dgvn.de/meldung/klimagerechtigkeit-und-geschlecht-warum-frauen-besonders-anfaellig-fuer-klimawandel-naturkatastroph/ (15.08.2019) 6 youtube.com/watch?v=S0Tnv656BDk (23.08.2019); republik.ch/2019/08/22/wir-werden-den-amazonas-ausbeuten-er-gehoert-uns (22.08.2019). 7 amerika21.de/2019/03/224047/usa-peru-klage-bergbau-newmont-mining (23.08.2019)

die Wirtschaft nicht mehr weiterwachsen und würde kraft um «natürliche» Güter, die uneingeschränkt Widerstand kerung in der Standing Rock Reservation ignoriert zusammenbrechen. nutzbar seien. Frauen* werden also strukturell abgewertet, weil un- und die Trinkwasserreserven gefährdet werden. Im 2. Beide Ausbeutungsverhältnisse haben ihren ser Wirtschaften darauf angewiesen ist, die Repro- Kampf gegen das Bergbauunternehmen Newmont in Wer bezahlt den Preis? Preis, und dieser wird in beiden Fällen hauptsächlich duktionsarbeit und deren Körper möglichst günstig Peru, welches ganze Familien vertreiben wollte, um Es gibt aber neben dem monetären Gegenwert, wel- von Frauen* getragen. Der Preis für die unbezahlte zur Verfügung zu haben. Und durch diese strukturelle nach Gold zu graben. 7 In den Kämpfen auf der ganzen cher aus oben genannten Gründen nicht bezahlt wird, Ausbeutung der Arbeitskraft sind psychische und Abwertung von Frauen* in unserer Gesellschaft sind Welt gegen die Privatisierung von Wasser, Saatgut auch reale Kosten für die Nutzung dieser Güter. Es physische Belastung sowie Gewalt gegen Frauen* sie es, die die Hauptlast der Klimakatastrophe tragen. und Land. Diese Bewegungen zeigen, dass die öko- handelt sich dabei um Naturkatastrophen, die Zerstö- als Instrument zur Aufrechterhaltung der patriarcha- Es sind Frauen*, die weitere Strecken zurücklegen logische Frage nicht von der Frage der Reproduktion rung, Hunger und Tod hervorbringen. Diese werden len Machtverhältnisse. Der Preis für die uneinge- müssen, wenn die nahe Wasserquelle versiegt. Es der Menschheit und der Verteilung dieser Arbeit ge- aber nicht etwa von jenen bezahlt, die davon profitie- schränkte Nutzung endlicher Ressourcen sind die sind Frauen*, die bei Umweltkatastrophen ertrinken, trennt werden kann. ren, sondern insbesondere von marginalisierten Grup- Klimakrise und die damit einhergehende Zerstörung weil sie bei der Arbeit zuhause nicht früh genug ge- Wenn wir also verhindern wollen, dass wir direkt pen: von mittellosen Menschen, Menschen aus dem von Lebensräumen für Mensch und Tier. Frauen* ha- warnt werden können, oder weil sie nie Schwimmen auf eine reale Bedrohung von unvorstellbarem Leid Globalen Süden, Frauen*. ben in unserer patriarchalen Gesellschaft meist einen gelernt haben. Es sind Frauen*, die sich um die Kin- und Zerstörung zusteuern, müssen wir aufhören, die Frauen* sind dabei auf zwei Ebenen mit der ökologi- geringeren sozialen Status sowie weniger politische der kümmern müssen, wenn es durchgehend 45 weibliche Arbeitskraft und die endlichen Ressourcen schen Frage verbunden: und wirtschaftliche Macht als Männer. Die Mehr- Grad Celsius und wärmer ist. Und deshalb stehen als ein Geschenk der Natur zu betrachten. Wenn dies 1. Ebenso wie die Ausbeutung der endlichen heit der Menschen in Armut sind dementsprechend Frauen* auch an der Speerspitze im Kampf gegen zur Konsequenz hat, dass das kapitalistische Wirt- Ressourcen, stellt die Ausbeutung der weiblichen Frauen*. Oft bleibt ihnen der Zugang zu Ressourcen diese globale Misere: In Protesten gegen den brasi- schaftssystem nicht weiter funktionieren kann, dann Arbeitskraft einen Grundpfeiler für das heutige Ge- verwehrt, sie haben weniger rechtlich gesicherte lianischen Präsidenten Bolsonaro, dessen Politik zu können wir uns darüber freuen. Denn das würde sellschafts- und Wirtschaftssystem dar. Um diese Besitzansprüche, arbeiten häufiger in der Landwirt- den schlimmsten Bränden seit Jahren im Amazonas heissen, dass wir endlich damit beginnen können, die zwei Arten der Ausbeutung ohne grosse Kosten schaft und im Haushalt und kümmern sich um die geführt hat und somit hektarweise Lebensraum von Aufgaben, Pflichten, Rechte und Verantwortungen weiterhin verfolgen zu können, wird immer wie- Familie. Die Folgen des Klimawandels, wie etwa ver- Menschen und Tieren zerstört. 6 Im Kampf gegen die unserer globalen Gesellschaft gleichberechtigt aufzu- der die Vorstellung reproduziert, es handle sich bei mehrte Dürren und Seuchen, treffen Frauen* daher Dakota-Access-Pipeline in den Vereinigten Staaten, teilen und ein gutes Leben für alle aufzubauen. endlichen Ressourcen und der weiblichen Arbeits- überproportional. 5 bei deren Bau die Landrechte der indigenen Bevöl-

24 25 Der Fleischvergleich Der Fleischvergleich

Sexismuskritik in der Tierrechtsbewegung

Text: Andrea Heubach

an der Objektifizierung von Frauen. Sie kritisieren Organisation auf- Der Artikel Der Fleischvergleich – Sexismuskritik in auch Praktiken, die Tiere zu Objekten machen, und grund ihrer grossen der Tierrechts-/Tierbefreiungsbewegung erschien versuchen, Ähnlichkeiten beider Formen der Unter- medialen Präsenz ursprünglich im Jahr 2011 im transcript Verlag in Bie- drückung zu betonen. häufig mit der Bewe- lefeld, im Sammelband Human-Animal Studies, her- ausgegeben von Chimaira – Arbeitskreis für Human- gung gleichgesetzt Animal Studies, S. 249-285. Beim vorliegenden Text Lieber nackt als im Pelz wird, obwohl sie nur handelt es sich um einen gekürzten und aktualisier- Nicht alle, jedoch eine Vielzahl der Aktionen und einen kleinen Teil ei- ten Wiederabdruck mit Genehmigung durch den Kampagnen im Bereich Tierrechte, die aus feminis- ner sehr heterogenen transcript Verlag und in Zusammenarbeit mit der Au- tischen Perspektiven kritisiert werden, stehen in Bewegung darstellt. Bei männlichen Modellen scheint bei torin. Online findet sich der vollständige Artikel unter: bit.ly/2mzu3Ud. Zusammenhang mit der Organisation PETA (People In der Kritik steht PETA jedoch die umgekehrte Regel for the Ethical Treatment of Animals). PETAs Politik beispielsweise PE- für Körperbehaarung zu gelten, so ist auch deshalb von weitreichender Bedeutung für TAs Dauerkampagne suggeriert zumindest ein Plakatmotiv Aus der Frauenbewegung stammt der Vorwurf, Frau- die Aussenwirkung der Tierrechtsbewegung, da die «Lieber nackt als im aus dem Jahr 2005 – mit der Unter- en würden des Öfteren «wie ein Stück Fleisch» be- Pelz!», in der (in ers- schrift «Wear your own fur». handelt. Mit diesem Vergleich wird in der Regel zum ter Linie weibliche, 2009 startete PETA in den Vereinig- Ausdruck gebracht, dass es zu verurteilen sei, wenn 1 Ich verzichte in diesem Text im Sinne einer bes- junge, schlanke) Prominente auf den Plakatmoti- ten Staaten eine Plakatkampagne, in 1 seren Lesbarkeit darauf, Begriffe wie «Mann», Frauen «wie Tiere» (beziehungsweise wie Objekte) ven hüllenlos und meist lasziv in Szene gesetzt ge- der besonders deutlich zum Ausdruck behandelt werden. «Frau» und «Tier» in Anführungszeichen zu set- zen, obwohl es sich dabei um Kategorien und gen das Tragen von Tierfellen demonstrieren. gebracht wird, dass Frauen sich ei- Auch innerhalb der Tierrechts-/Tierbefreiungsbe- damit verbundene Zuschreibungen handelt, die Im Jahr 1999 polarisierte PETA zudem mit dem nem gängigen Schönheitsideal unter- wegung artikulieren feministische Stimmen diesen grundsätzlich zu hinterfragen sind. Slogan «Pelzbesatz. Mega-Out» (im Englischen: «Fur werfen sollen. Unter der Überschrift Vergleich. Ihnen geht es jedoch nicht nur um die Kritik trim. Unattractive.»). «Save the whales – Lose the blubber:

26 27 Der Fleischvergleich Der Fleischvergleich

Andrea Heubach studierte Politikwissenschaft und Philosophie in Mainz. Sie war längere Zeit in der Tierbefreiungsbewegung aktiv und 2 Prominenteste Stimme der von Ross kritisierten dominierenden «radikalfeministischen» Strömung ist die Autorin Carol J. Adams mit hat sich mit Human-Animal Studies und Queerfeminismus befasst. Sie ist im Bereich der historisch-politischen Bildungsarbeit tätig. ihren Publikationen «The of Meat» und «The of Meat».

go vegetarian» wird mit Fat Shaming für Vegetaris- Frauen als Sexobjekte Auf dem intersektionellen Auge blind frauenfeindlich bezeichneten Kampagnen – die erst- mus geworben. «PeTA – Where Only Women Are Treated Like Meat» Aus einer herrschaftskritischen Perspektive sind die mals 1992 umgesetzte PR-Idee «Fur is a drag» von titelt die feministische Aktivistin Nikki Craft auf ei- Plakate und Spots mehrfach kritikabel. feministischer Seite kaum als sexistisch kritisiert ner der Kritik an PETA gewidmeten Webseite (vgl. Oft bleibt es jedoch innerhalb der Tierrechtsbe- wurde. PETA animiert im Rahmen dieses Konzepts Craft 2001). Feministische Kritik an den erwähnten wegung bei einer eindimensionalen Kritik an den vi- cis-männliche Aktivisten, sich als Dragqueens in und weiteren Kampagnen bezieht sich häufig auf die suellen Inhalten. Zurückzuführen sei dies laut Mirha «Frauenkleider» zu hüllen. Die Verfasserin des Blogs sexualisierte Darstellung und die damit verbundene Soleil Ross, einer kanadischen Trans-Sexarbeiterin, The Vegan Ideal, Ida Hammer, argumentiert, die Reduzierung von Frauen auf einen Objektstatus. Bei auf die Tatsache, dass in der Bewegung nur eine «Lieber nackt als im Pelz!»-Kampagne und die «Fur vielen Anzeigen und Aktionen stehen sie als «sexy Gruppe von Feminist*innen repräsentiert sei. Diese is a drag»-Kampagne stellten zwei Seiten derselben Eyecatcher» im Mittelpunkt. Vor allem PETAs Plaka- entstammten einer feministischen Tradition, die tra- Medaille dar. Während die Nackt-Kampagne auf dem Bagatellisierung te (re)produzieren so offensichtlich gesellschaftliche ditionell gegen und Pornografie einge- Stereotyp des Schönheitsideals der weissen femini- Kritisiert werden solche und ähnliche Darstellungen Zuschreibungen und Erwartungen. Frauen verlieren stellt sei und auch transphobe Einstellungen beinhal- nen Frauen beruhe, funktioniere das Drag-Element vonseiten der Tierbefreiungsbewegung auch dafür, in der Darstellung ihren Subjektcharakter und werden te. Dabei gebe es in der Tierrechtsbewegung sehr dadurch, dass Trans-Frauen stereotypisierend «Häs- dass sie nicht die Situation der nichtmenschlichen (in einem heteronormativen Weltbild) als Objekt der viele andere Feminist*innen neben den dominieren- slichkeit» zugeschrieben werde (vgl. Hammer 2008). Tiere, ihre Ausbeutung und Objektifizierung ins Zen- Männer rezipiert, als etwas, das erst durch den Blick den, doch diese konzentrierten sich in ihrem Aktivis- Den in der Kampagne intendierten Humor bezeichnet trum der Aufmerksamkeit stellen, sondern stattdes- des Betrachters einen Sinn erhält. mus auf Tierrechte oder griffen den herrschenden Hammer als zutiefst transphob. sen Menschen in den Mittelpunkt rücken und mit Die dargestellten Frauen sind in der Regel schlank, feministischen Diskurs zumindest nicht öffentlich an Attributen wie Schönheit, Gesundheit oder einem jung und entsprechen den gängigen Schönheitsvor- (vgl. Ross 2002). 2 PETAs Politik erfüllten Sexleben für den Verzicht auf tierliche Pro- stellungen. Manche der Anzeigen suggerieren Frauen Die Vermutung, dass transphobe (oder zumindest Nach dem Motto «Bad publicity is good publicity» dukte werben und damit ihr Anliegen verharmlosen. zudem in recht direkter Weise, sie sollten bestimm- an cis-sexistischen Diskriminierungen desinteres- scheint in der öffentlichen Repräsentation PETAs al- Ein Bezug zu einem moralischen Umgang mit Tieren, ten Schönheitsvorstellungen gerecht werden – indem sierte) Tendenzen im Feminismus innerhalb der Tier- les erlaubt, was mediale Aufmerksamkeit erregt. wie ihn die Organisation PETA im Namen trägt, wird sie sich etwa des «blubbers» oder des «Pelzbesat- rechtsbewegung verbreitet sind, liesse sich etwa PETAs Kampagnen erweisen sich nicht nur vielfach nicht – oder erst nachfolgend – hergestellt. zes» entledigen. dadurch stützen, dass – im Unterschied zu den als als sexistisch, sondern können in manchen Fällen

28 29 Der Fleischvergleich Der Fleischvergleich

auch als lookistisch, ageistisch, ableistisch, rassis- ist, entgegen dem, was derartige Vergleiche nahe- Aktionen liegen Aktivist*innen nackt oder nur mit Eine kritische Forschung, die gesellschaftliche Mensch- tisch oder transphob bezeichnet werden. legen können, nicht mit Speziesismus gleichzusetzen. Unterwäsche bekleidet in riesigen Plastikschalen, Tier-Verhältnisse untersucht, täte gut daran, dualisti- Genauso wenig wie Rassismus oder Antisemitismus die an die Fleischverpackungen aus Supermärkten sche Grundannahmen zu hinterfragen. Es scheint an Eine verkürzt geführte Debatte im Speziesismus oder in einem anderen «Ismus» eine erinnern sollen und auf denen neben dem Gewicht der Zeit, den vorherrschenden anthropozentrischen, Kampagnen wie die zu Beginn dieses Textes skizzier- Eins-zu-eins-Entsprechung finden. auch der Preis des «Produkts» zu finden ist. Derar- androzentrischen, cis-sexistischen und heteronorma- ten werden in der Tierbefreiungsbewegung vielfältig tige Aktionen können als Beispiel für Repräsentatio- tiven Denkmustern eine umfassend intersektionelle kritisiert. Zum einen wird die mit der Darstellung se- Gegenbilder statt Vergleiche nen gelesen werden, die eine Objektifizierung von Analyse entgegenzusetzen – umso mehr, da die xualisierter Frauenkörper einhergehende Bagatelli- Wie visuelle Medien in der Bewegung gestaltet wer- Menschen dazu zu nutzen suchen, die Normativität bisher noch recht leisen kritischen Gegenstimmen sierung des Leids der Tiere, für die mit Plakaten und den, erweist sich nicht nur als kontrovers diskutierte, der Mensch-Tier-Grenze zu hinterfragen. Sie stellen durchaus auf Resonanz stossen. Spots gekämpft wird, kritisiert – und damit auch die sondern eingedenk eines umfassend herrschaftskriti- die Frage: Ist Fleisch gleich Fleisch? In diesem Fall vermutete Ineffektivität solcher Kampagnen. Zum an- schen Anspruchs letztlich auch als schwierige Frage. wird der Begriff Fleisch allerdings in seiner ursprüng- deren wird aus feministischer Perspektive die Objek- Womöglich besteht eine effektive Strategie, der Aus- lichen Konnotation verwendet, es findet keine Über- Literatur tifizierung der dargestellten Frauen beklagt. beutung nichtmenschlicher Tiere und den sich der tragung auf eine sexualisierende Objektifizierung von Aus einer Perspektive, die verschiedene Herr- kapitalistischen Verwertungslogik unterordnenden Menschen statt – zumindest sofern nicht auch hier • Craft, Nikki (2001): PeTa – Where Only Women Are Treated Like Meat: nostatusquo.com/ACLU/ schaftsverhältnisse und deren Interdependenzen im sexistischen Tierrechts- und Tierschutzkampagnen eine sexualisierte Zurschaustellung von den gängigen PETA/peta (15.05.2011). Blick hat, wird mit der Verdinglichung der Frauen zu- etwas entgegenzusetzen, in der Visualisierung von Schönheitsidealen entsprechenden Frauenkörpern • Hammer, Ida (2008): Transphobia and Peta. gleich auch eine mit ihr verbundene Bestärkung der Gegenbildern, in denen diskursiv Verborgenes sicht- praktiziert wird. Blogeintrag vom 03.10.2008: veganideal.org/ Objektifizierung von Tieren kritisiert. bar gemacht werden kann. Gleichgültig, für welche Bilder oder Verbalisierungen content/transphobia-and-peta (15.12.2010). Der gesellschaftliche Zusammenhang zwischen Dazu könnten beispielsweise die sogenannten die Akteur*innen der Bewegung sich entscheiden: Die • Ross, Mirha-Soleil (2002): Yapping Out Loud for Animals and Prostitutes! Transkription des Inter- Sexismus und Speziesismus erscheint weitaus brei- «Menschenfleischaktionen» gezählt werden, die von menschliche Perspektive wird ihnen stets immanent views mit Nadja Lubiw für die Sendung ANIMAL ter und komplexer, als das Bild eines «Zu-Fleisch-Ma- PETA sowie einer Vielzahl anderer Organisationen in bleiben. Eine Perspektive, die eine (Geschlechter-) VOICES Radio, gesendet am 26. April 2002: chens» zum Ausdruck bringen könnte. Auch wenn be- zahlreichen Ländern durchgeführt und in der Öffent- Vielfalt beinhaltet und nicht allein den männlichen he- kersplebedeb.com/posts/yap_int-2/ (19.11.2019). stimmte Strukturen Parallelen aufweisen: Sexismus lichkeit häufig kritisch bewertet werden. Bei diesen terosexuellen Blick repräsentiert, ist jedoch möglich.

30 31 Die Subsistenzperspektive Die Subsistenzperspektive

Maria Mies ist emeritierte Professorin für Soziologie der Fachhochschule Köln. Seit den späten 1960er Jahren betreibt sie Wissen- schaftskritik aus feministischer Perspektive und hat etliche Artikel und Bücher zu den Themen Frauen, Ökologie und Entwicklungs- länder veröffentlicht. Später setzte sie sich auch kritisch mit neoliberalen Globalisierungstendenzen auseinander. Sie ist Mitglied von Eine potenziell konkrete Utopie feministAttac.

Text: Maria Mies

zerstörerischen Systems, das Industriegesellschaft, Die Hauptmerkmale die Natur nicht ausgebeutet zwecks materiellen Pro- «Die Subsistenzperspektive» erschien 1993 im Buch Marktwirtschaft oder kapitalistisches Patriarchat 1. Ziel der Wirtschaftsaktivität ist nicht, einen stän- fits, sondern, wo immer möglich, wird der Schaden, Ecofeminism (Zed Books, London), das Maria Mies genannt wird. Zahlreiche ökologische und feministi- dig wachsenden Berg von Waren und Geld (Gehälter der der Natur durch den Kapitalismus zugefügt wurde, und Vandana Shiva gemeinsam verfassten. Der Titel sche Graswurzelbewegungen sind eine praktische oder Gewinn) für einen anonymen Markt zu produ- geheilt. Die Interaktion von Mensch und Natur beruht erschien 1995 in deutscher Übersetzung als Ökofemi- nismus. Beiträge zur Praxis und Theorie im Rotpunkt- Kritik nicht nur der aggressiven, ausbeuterischen, die zieren, sondern das Leben zu schaffen und neu zu auf Respekt, Kooperation und Reziprozität. Die patri- verlag Zürich. Die vorliegende, gekürzte Version des Ökologie zerstörenden Technologie, sondern auch der erschaffen. Das heisst, die Befriedigung menschli- archale Beherrschung der Natur – das Prinzip, das die Buchteils basiert auf dieser Übersetzung. Wir danken warenproduzierenden, wachstumsorientierten ka- cher Grundbedürfnisse hauptsächlich durch die Her- Gesellschaften des Nordens seit der Renaissance ge- dem Rotpunktverlag für die Genehmigung zum Wie- pitalistischen oder sozialistischen Industriesysteme. stellung von Gebrauchswerten, nicht durch den Wa- leitet hat – wird wieder ersetzt durch die Erkenntnis, derabdruck. Die Vorstellung dieser Frauen und Männer über das, renkauf. Selbstversorgung, Selbständigkeit, vor allem dass Menschen ein Teil der Natur sind, dass die Natur was «gutes Leben», die «Freiheit» ausmacht, ist an- in Bezug auf Nahrung, und die Befriedigung anderer ihre eigene Subjektivität hat. Subsistenzarbeit als lebensspendende und lebenser- ders als kapitalistische oder klassisch marxistische Grundbedürfnisse, Regionalität und Dezentralisierung b) zwischen den Menschen: Da die patriarchale Be- haltende Arbeit war und ist in allen Produktionsver- Konzepte. Sie haben auch eine andere Vorstellung von einer Staatsbürokratie sind die wichtigsten Wirt- herrschung der Natur einhergeht mit der Herrschaft hältnissen eine notwendige Voraussetzung für das von Wirtschaft, Politik und Kultur. Ihre Utopie mag schaftsprinzipien. Die lokalen und regionalen Res- der Männer über Frauen und andere Menschen 2, Überleben; und den Löwenanteil dieser Arbeit ver- zwar noch nicht explizit ausgedrückt sein, doch wur- sourcen werden genutzt, aber nicht ausgebeutet; der kann eine andere, nicht ausbeutende Beziehung zur richten Frauen. 1 den ihre Komponenten bereits in der alltäglichen Pra- Markt spielt eine untergeordnete Rolle. Natur nicht hergestellt werden ohne eine Verände- Durch die wachsende Umweltzerstörung in den letz- xis getestet; es ist eine potenziell konkrete Utopie. 2. Diese wirtschaftlichen Aktivitäten beruhen auf rung der zwischenmenschlichen Beziehungen, vor ten Jahrzehnten wird allerdings offensichtlich, dass neuen Beziehungen diese Subsistenz – oder Lebensproduktion – nicht nur 1 Bennholdt-Thomsen, Veronika; Mies, Maria; von a) zur Natur: Die Natur wird in ihrem Reichtum und eine Art versteckter Untergrund der kapitalistischen Werlhof, Claudia: Frauen, die letzte Kolonie. Zur ihrer Vielfalt respektiert, sowohl wegen ihres eigenen 2 Ackelsberg, Martha; Diamond, Irene: Is Ecofeminism a New Phase of Marktwirtschaft war und ist, sondern auch den Weg zu Hausfrauisierung der Arbeit. Zürich, 1992. Wertes, aber auch als Voraussetzung für das Überle- Anarchism? Papier vorgelegt auf der Eighth Berkshire Conference on weisen vermag aus den zahllosen Sackgassen dieses ben aller Lebewesen auf dieser Erde. Deshalb wird the History of Women, New Jersey, 8.-10. Juni 1990; Bookchin, Murray: Toward an Ecological Society. Buffalo, 1986; Mies, Maria: Patriarchat 32 und Kapital. Frauen in der internationalen Arbeitsteilung. Zürich,33 1992. Die Subsistenzperspektive Die Subsistenzperspektive

allem zwischen Männern und Frauen. Das bedeutet Das Persönliche ist politisch. Nicht nur das Parlament, trumentalistischen, reduktionistischen Wissenschaft Brot ohne Schweiss, aber sie bedeutet auch nicht ein nicht nur eine Veränderung der verschiedenen Arbeits- sondern auch der Alltag und der Lebensstil sind po- und Technologie – die auf Dichotomien beruhen, die Leben in Mühsal und Tränen. Ganz im Gegenteil: Das teilungen (zum Beispiel der geschlechtlichen Arbeits- litische Betätigungsfelder. Politische Verantwortung die Beherrschung der Natur, der Frauen und fremder Hauptziel sind Glück und ein erfülltes Leben. Kultur ist teilung, der Arbeitsteilung zwischen Kopf und Hand, und Handeln werden nicht länger einzig und allein von Völker verschiedener Klassen konstituierten und auf- viel umfassender als jedwedes Spezialistentum einer Stadt und Land etc.), sondern vor allem den Ersatz den gewählten Vertreter*innen erwartet, sondern rechterhalten – wird eine ökologisch gesunde, femi- professionellen Elite – sie durchzieht den Alltag. der Geld- oder Warenbeziehungen durch solche Prin- von allen in einer gemeinschaftlichen und praktischen nistische Subsistenzwissenschaft und Technologie Das erfordert auch die Reintegration von Geist und zipien wie Gegenseitigkeit, Reziprozität, Solidarität, Art wahrgenommen. im partizipativen Miteinander mit anderen Menschen Materie und bedeutet die Ablehnung sowohl des Zuverlässigkeit, Teilen, Hegen und Pflegen, Respekt 4. Eine Subsistenzperspektive erfordert unbedingt entwickelt. Eine derartige ganzheitliche, natur-, frauen- mechanischen Materialismus als auch jener luftigen, für den Einzelnen und Verantwortung für das «Gan- einen mehrdimensionalen oder synergetischen Pro- und menschenorientierte Wissenschaft von unten esoterischen, erdfernen Spiritualität, die heutzutage ze». Der Bedarf an Subsistenzsicherheit wird nicht blemlösungsansatz. Dieser basiert auf der Erkennt- wird zu einer Neueinschätzung des älteren Überle- populär ist. Diese Perspektive ist im Rahmen einer durch das Vertrauen in das eigene Bankkonto oder nis, dass nicht nur die verschiedenen Herrschafts- benswissens und der Traditionen führen, aber auch dualistischen Weltsicht nicht zu verwirklichen. den Sozialstaat gedeckt, sondern durch das Vertrau- systeme und Probleme miteinander verbunden sind, modernes Wissen verwenden, sodass die Menschen 7. Eine Subsistenzperspektive widersetzt sich allen en in die Zuverlässigkeit der eigenen Gemeinschaft. sondern dass sie auch nicht isoliert oder nur rein die Kontrolle über ihre Technologie und Überlebens- Bestrebungen nach mehr Privatisierung und / oder Eine Subsistenzperspektive ist nur zu verwirklichen technisch gelöst werden können. Demzufolge müs- grundlage in ihrer Hand behalten. Soziale Beziehun- Kommerzialisierung der Allmende, der gemeinschafts- in einem derartigen Netzwerk von zuverlässigen, sta- sen soziale Probleme (patriarchalische Beziehungen, gen existieren nicht ausserhalb der Technologie, son- eigenen Güter: Wasser, Luft, Abfall, Boden und anderer bilen zwischenmenschlichen Beziehungen und kann Ungleichheit, Entfremdung, Armut) zusammen mit dern sind in der Methodologie und den Artefakten Ressourcen. Stattdessen fördert sie die gemeinsame nicht auf dem atomisierten, selbstbezogenen Indivi- ökologischen Problemen gelöst werden. Dieses Mit- selbst enthalten. Eine derartige Wissenschaft und Verantwortung für diese Naturgaben und fordert ihre duum der Marktwirtschaft beruhen. einanderverbundensein allen Lebens auf Erden, von Technik wird daher die ungleichen sozialen Verhältnis- Erhaltung und Erneuerung. 3. Eine Subsistenzperspektive basiert auf und Problemen und Lösungen ist eine der Haupterkennt- se nicht noch verstärken, sondern so sein, dass sie 8. Die meisten der oben genannten Charakteristika fördert partizipative oder «Graswurzeldemokratie» nisse des Ökofeminismus. 3 mehr soziale Gerechtigkeit ermöglicht. wären auch für die Konzeption einer ökofeministischen – nicht nur, was die politischen Entscheidungen per 5. Eine Subsistenzperspektive erfordert ein verän- 6. Eine Subsistenzperspektive führt zu einer Wie- se betrifft, sondern auch bezüglich aller wirtschaftli- dertes Paradigma der Wissenschaft, der Technologie derannäherung von Kultur und Arbeit, zu Arbeit, die 3 Ackelsberg; Diamond 1990. chen, sozialen und technologischen Entscheidungen. und des Wissens. Anstelle der vorherrschenden ins- gleichermassen Last und Lust ist. Sie verspricht kein

34 35 Die Subsistenzperspektive Die Subsistenzperspektive

Gesellschaft geeignet. Vor allem das praktische und Gesellschaft verursacht haben; Frauen wollen nicht für 9. Ausserdem, wenn diese Dichotomie zwischen den als Vision einer besseren Gesellschaft formulieren. theoretische Beharren auf dem Miteinanderverbun- immer und ewig die Trümmerfrauen der Gesellschaft lebenserzeugenden und -erhaltenden und waren- Wo immer Frauen und Männer eine Gesellschaft ins densein allen Lebens, auf einem Politikkonzept, das sein. Daher bedeutet eine Subsistenzperspektive un- produzierenden Tätigkeiten abgeschafft wird, wenn Auge gefasst haben, in der alle – Frauen und Män- die Alltagspraxis und Erfahrungs-Ethik, die Überein- bedingt, dass Männer anfangen müssen, in der Praxis Männer hegende und pflegende Eigenschaften er- ner, Alte und Junge, alle Rassen und Kulturen – am stimmung von Mitteln und Zweck an die Spitze setzt. die Verantwortung für die Herstellung und Erhaltung werben, die bislang als die Domäne der Frauen an- «guten Leben» teilhaben konnten, in der soziale Ge- In der ökofeministischen Bewegung gibt es zahlrei- des Lebens auf diesem Planeten mit zu übernehmen. gesehen wurden, und falls in einer auf Selbstversor- rechtigkeit, Gleichheit, Menschenwürde, Schönheit che Beispiele von Projekten und Initiativen, die nur Deshalb müssen Männer eine Bewegung ins Leben gung, Selbständigkeit, Gegenseitigkeit beruhenden und Lebensfreude nicht bloss utopische Träume wa- für Frauen sind. Doch stellt sich die Frage: Können rufen, um ihre Identität neu zu definieren. Sie müssen Gesellschaft nicht nur Frauen, sondern auch Männer ren, die nie verwirklicht (ausser für eine kleine Elite) wir eine Perspektive für eine bessere zukünftige Ge- ihr Engagement in der zerstörerischen Warenproduk- in die Subsistenzproduktion miteinbezogen sind, wer- oder auf ein späteres Leben verschoben wurden, sellschaft entwickeln, indem wir uns nur auf Frauen tion zwecks Akkumulation aufgeben und anfangen, die den sie weder Zeit noch Lust haben, mit ihren zerstö- kamen sie dem, was wir die Subsistenzperspektive konzentrieren, oder indem wir Fraueninseln inmitten Arbeit für die Erhaltung des Lebens mit den Frauen zu rerischen Kriegsspielen weiterzumachen. Eine Sub- nennen, sehr nah. Aus einer ökologischen und femi- eines patriarchal-kapitalistischen Ozeans errichten? teilen. Das heisst praktisch, sie müssen die unbezahl- sistenzperspektive wird der bedeutendste Beitrag zur nistischen Perspektive ist es, selbst wenn mehrere Wie Ökofeministinnen hervorheben, die die überkom- te Subsistenzarbeit teilen: im Haushalt, mit den Kin- Entmilitarisierung der Männer und der Gesellschaft Welten ausgebeutet werden könnten, nicht einmal menen etablierten Dualismen und falschen Dichoto- dern, mit den Alten und Kranken, die ökologische Ar- sein. Nur eine Gesellschaft, die auf einer Subsis- erstrebenswert, dass das bestehende gewinn- und mien überwinden wollen, dass sie das Miteinander- beit zur Heilung der Erde, Arbeit in neuen Formen der tenzperspektive beruht, kann es sich leisten, mit der wachstumsorientierte Entwicklungsparadigma und verbundensein allen Lebens zum Zentrum einer neuen Subsistenzproduktion. Diesbezüglich ist es auch we- Natur in Frieden zu leben und den Frieden zwischen der Lebensstandard verallgemeinert würden, da Ers- Ethik und Politik machen wollen 4, so wäre es ziemlich sentlich, dass die alte sexistische Arbeitsteilung, die in den Nationen, Generationen, Männern und Frauen zu teres seine Versprechen von Glück, Freiheit, Würde inkonsequent, Männer von diesem Netzwerk der den 1970er Jahren von Feministinnen kritisiert wurde wahren, weil ihre Vorstellung vom guten Leben nicht und Frieden, selbst für die, die von ihm profitierten, Verantwortung für die Erschaffung und Fortsetzung – dass nämlich die Männer die Theoretiker der Sub- auf der Ausbeutung und Eroberung der Natur und an- nicht erfüllen konnte. des Lebens auszuschliessen. Ökofeminismus heisst sistenzperspektive werden, während Frauen die prak- derer Menschen beruht. eben nicht, wie manche argumentieren, dass Frau- tische Arbeit verrichten –, abgeschafft wird. Diese Tei- 4 Diamond, Irene; Feman-Orenstein, Gloria: Reweaving the World. The en das ökologische Durcheinander aufräumen wer- lung zwischen geistiger und körperlicher Arbeit läuft Schliesslich muss hervorgehoben werden, dass wir Emergence of Ecofeminism. San Francisco, 1990. den, das die Männer der patriarchal-kapitalistischen den Prinzipien einer Subsistenzperspektive zuwider. nicht die Ersten sind, die eine Subsistenzperspektive

36 37 Wer ist sie? Publikation

Vandana Shiva Ökonomie des Versorgens

Text: Martina Amsler Geschlechterforschung ist in den Wirtschaftswissen- zentrismen und geschlechtsspezifische Zuschrei- schaften immer noch wenig selbstverständlich, bungen in den Wirtschaftstheorien sichtbar machen In einem berg- und waldreichen Ge- erkannte, kehrte sie dem Studium dieses Fachs den obwohl international seit Jahren dazu geforscht und hinterfragen, wofür sie sich auf vielfältige Vorge- biet am Fusse des Himalaja, in der Rücken und doktorierte 1978 in Quantentheorie. wird. Mit dem Sammelband Ökonomie des Versor- hensweisen aus der Geschlechterforschung und der Stadt Dehradun, wurde Vandana Shi- Shiva kämpft engagiert gegen Gentechnologie und gens – Feministisch-kritische Wirtschaftstheorien im ökonomischen Wissenschaft stützen können. So wird va am 5. November 1952 geboren. deren transnationale Vertreter. Sie kritisiert, dass eini- deutschsprachigen Raum, herausgegeben von Ulrike das ganze Spektrum pluraler feministisch-kritischer Ihre Mutter war Bäuerin und Teil der ge wenige kapitalreiche Monopolisten Wissenschaft Knobloch, erschien im Sommer 2019 ein Buch, wel- Wirtschaftstheorie Bewegung Mahatma Gandhis, ihr und Technik beherrschen, während die Bevölkerung ches Perspektiven der feministischen Ökonomie in ih- und -ethik, das sich Vater war Förster. In diesem natur- unwissend gehalten wird, und entwickelt Alterna- rer Vielfalt versammelt. Der Fokus liegt dabei auf den auch unter dem Be- verbundenen und politisch aktiven Umfeld wuchs sie tiven dazu. So veröffentlichte sie beispielsweise 1993 im deutschsprachigen Raum entwickelten Ansätzen griff Ökonomie des mit ihrer Schwester und ihrem Bruder auf. Ihre ers- gemeinsam mit Maria Mies das Buch Ecofeminism feministischer Wirtschaftstheorie und Wirtschafts- Versorgens fassen te politische Lektion lernte sie von ihrer Mutter. Zu – eine Anleitung zum Systemausbruch, wofür sie mit ethik. Wissenschaftlerinnen aus drei Generationen lässt, sichtbar und ihrem siebten Geburtstag wünschte sich Shiva ein dem Alternativen Nobelpreis geehrt wurde; und sie geben Einblick in ihre Zugänge, an denen sie meist dokumentiert. Nylonkleid. Ihre Mutter forderte sie auf, eine Wahl war 1991 Mitbegründerin der Bewegung Navdanya schon viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte arbeiten. zu treffen: Entweder für das Nylonkleid, das einem zum Schutz der biologischen und kulturellen Diversi- Das Buch ist in drei Teile gegliedert: Der erste Teil Millionär den nächsten Mercedes verschafft. Oder für tät, welche inzwischen mehr als 120 gemeinschaft- transformiert theoretische Zugänge zur Ökonomie ein Kleid aus lokal gesponnener Baumwolle, das einer lich organisierte Pflanzensamenbanken aufgebaut aus Geschlechterperspektive. Der zweite Teil nimmt mittellosen Frau die nächste Mahlzeit sichern würde. hat und Bäuer*innen in ganz Indien in Saatgut- und aus diversen disziplinären Blickwinkeln Erweiterun- Vor und während ihres Studiums engagierte sich Nahrungssouveränität sowie im biologischen Land- gen der Ökonomie vor. Und der dritte Teil beschäf- Shiva in der Chipko-Bewegung, einer der ersten bau ausbildet. tigt sich auf unterschiedlicher theoretischer Basis grossen Umweltbewegungen Indiens. Sie studierte mit der zukunftsfähigen Um- und Neugestaltung von Atomphysik und Wissenschaftstheorie. Als sie Wirtschafts- und Versorgungssystemen. Gemeinsam dank ihrer Schwester die Gefahren der Atomphysik ist den verschiedenen Ansätzen, dass sie Andro-

38 39 Agenda Beitritt • Adhésion

Feminismus und Popkultur Féminisme et culture pop

Die Kommerzialisierung des Feminismus: La commercialisation du féminisme : ré- Beitritt zum Verein Feministische Wissenschaften Schweiz Untergang oder Chance? Schliessen sich gression ou opportunité ? Consommation Adhésion à l‘Association suisse Femmes Féminisme Recherche Konsumierbarkeit und ethische Werte et éthique s’excluent-elles ou aboutissent- aus oder ergeben sie ein neues Rezept elles à une nouvelle forme d'efficacité Ich möchte Mitglied werden • Je souhaite devenir membre der politischen Wirkmächtigkeit? politique ? Nous sommes à la recherche

Beiträge beispielsweise zu neoliberaler de contributions par exemple sur la récu- Jahresbeitrag • Cotisation annuelle Nutzbarmachung von Selbstermächti- pération néolibérale de l’autonomisation, gung, Netzfeminismus und #s, zur Unter- du féminisme en ligne et des mouve- In Ausbildung, erwerbslos, pensioniert CHF 45.– Name • Nom haltungsbranche bis hin zum omniprä- ments hashtags, sur l’industrie du diver- En formation, sans revneu, retratées CHF 45.– senten Schlagwort Sex positive behav- tissement, sur le slogan omniprésent de Vorname • Prénom iour, aber auch Beiträge dazwischen und sex positive ou sur tout autre sujet tou- Teilzeitverdienend CHF 85.– darüber hinaus sind gesucht. chant de près ou de loin à ces questions. Travail à temps partiel CHF 85.– Strasse • Rue

Vollzeitverdienend CHF 125.– PLZ, Ort • CP, lieu Schicke uns deine Ideen für einen Vous pouvez nous faire parvenir Travail à plein temps CHF 125.– Beitrag oder melde dich mit Fragen vos idées de contributions ou poser Tel. • Tél. bis zum 10. Februar unter: vos questions jusqu’au 10 février à Kollektivmitglied CHF 155.– [email protected]. l’adresse [email protected]. Membre collectif CHF 155.– E-Mail • e-mail

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