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ÄRZTE IN DER NS-ZEIT Folgezeit in bis 1945 blieb Büngeler nach eigenem Bekunden bei einer par- teikritischen Haltung. Ein Eintritt in die NSDAP oder andere Parteigliede- rungen erfolgte nach seiner Rückkehr nach Deutschland nicht mehr6. Er war Nicht alle 1946/47 Nachfolger Romingers als De- kan der Medizinischen Fakultät. Der dritte Kieler Lehrstuhlinhaber ohne NS-Parteibuch, Hans Gerhardt Creutzfeldt, brachte es nach dem Krieg für sechs Monate sogar zum ersten Rek- waren Nazis tor der am 27. November 1945 wieder er- Der Weg des Kieler Universitätspsychiaters Hans öffneten Kieler Universität. Sein Leben während des „Dritten Reiches“ und in der Gerhard Creutzfeldt im Nationalsozialismus. Zeit danach steht für einen Medizinpro- fessor, der trotz erheblicher Abneigung gegen das NS-Regime seinen Weg als Di- rektor der Universitätsnervenklink auch im „Dritten Reich“ gefunden hatte. 7 m Ende der nationalsozialisti- den.3 Vonkennel war jedoch bis zu sei- schen Herrschaft gab es an der nem Austritt aus der Kirche evangelisch. Die Person Creutzfeldt, Kieler Medizinischen Fakultät Gleich nach dem Ende des Nationalsozi- Berufung nach Kiel drei Lehrstuhlinhaber, die nicht alismus wurde Rominger 1945/46 für ein Hans Gerhard Creutzfeldt, am 2. Mitglied der NSDAP waren: den Jahr Dekan der Medizinischen Fakultät. Juni 1885 in Harburg geboren, wur- Kinderarzt Erich Gottfried Ro- Ganz anders war der Sachverhalt bei de 1909 promoviert. An der Universi- minger, den Pathologen Wal- dem 1942 als Nachfolger für den nach täts-Nervenklinik in Breslau erforsch- terA Büngeler und den Nervenarzt Hans- Münster gegangenen Herbert Siegmund te Creutzfeldt 1913 eine bis dahin un- Gerhard Creutzfeldt. Trotz gleichen for- berufenen Pathologen Walter Bünge- bekannte Krankheit, die 1922 auch malen Status bezüglich der Parteizu- ler. Der 1900 geborene katholische, ur- nach ihm benannte Creutzfeldt-Jakob- gehörigkeit gab es im politischen Ver- sprünglich dem Zentrum nahestehen- Krankheit.8.Im Ersten Weltkrieg war er, halten der drei Professoren erhebliche de Büngeler war 1933 in die NSDAP als prägend für seine Gutachtertätigkeit im Unterschiede. Die größte Distanz zu Anwärter eingetreten, wurde 1934 Grün- Zweiten Weltkrieg, als Marinearzt im den Nationalsozialisten ist bei Rominger dungsdekan der Medizinischen Akade- Front­einsatz, Verbindungsoffizier in der festzustellen. 1886 in Freiburg im Breis- mie im vom Deutschen Reich unabhän- Türkei, die Entlassung folgte im Juni 1919 gau geboren, war Rominger von 1925 bis gigen nationalsozialistisch geführten als Marine-Stabsarzt d. R.9 1920 erfolgte 1954 über 29 Jahre sowohl während der Freistaat Danzig und im Juli 1934 als An- die Habilitation bei Ernst Siemerling in Weimarer Republik, des „Dritten Rei- wärter in die SS aufgenommen. Kiel. Bis 1924 war er dort als Assistenz- ches“ und nach dem Krieg bis 1954 Di- Im Verlauf einer Wahlkampfschlä- arzt und von 1924 bis 1938 an der Psych- rektor der Kieler Universitätskinderkli- gerei zwischen einer Oppositionspar- iatrischen Universitätsklinik der Cha- nik. Verstrickungen in das Kindereutha- tei und nationalsozialistischen Anhän- rité unter Leitung von Karl Bonhoef- nasie-Programm der Nationalsozialisten gern war ein 21-jähriger hochgradi- fer, zuletzt als außerplanmäßiger Pro- hat es offenbar nicht gegeben.1 Romin- ger Syphilitiker an Herzinfarkt verstor- fessor und Oberarzt tätig10. Obwohl kein ger hielt sich trotz seiner Mitgliedschaft ben. Die in Danzig regierende NSDAP Nationalsozialist, war Creutzfeldt nicht im nationalsozialistisch geführten Deut- wollte den SA-Mann zum Märtyrer ma- ganz frei von Sympathien für das natio- schen Roten Kreuz und einer kurzfristi- chen, hatte ein Staatsbegräbnis durchge- nalsozialistische System. Früh wurde er gen Zugehörigkeit zur Nationalsozialis- führt und erwartete von Büngeler, dass 1932/33 förderndes Mitglied der SS (Mit- tischen Volkswohlfahrt vollständig aus dieser die Verletzungen des Mannes aus glieds-Nr. 56038), später dann Mitglied allen nationalsozialistischen Aktivitäten der Schlägerei zur Todesursache erklär- des Nationalsozialistischen Deutschen heraus.2 Lediglich sein Verhalten nach te. Dem kam der Pathologe nicht nach. Dozentenbundes (NSDDB), der NS- dem Krieg bei der Berufung Vonken- Über diesen Vorgang berichtete etwas Volkswohlfahrt und Angehöriger des nels auf den Kölner Lehrstuhl 1950 sowie modifiziert Hermann Rauschning in sei- NS-Altherrenbundes sowie 1940 Anwär- die Tatsache, dass sein Lehrstuhl 1954 nem 1938 in Zürich/New York erschie- ter für die Mitgliedschaft im Nationalso- mit dem tief in die Kindereuthanasie des nen Buch „Die Revolution des Nihilis- zialistischen Deutschen Ärztebund (NS- „Dritten Reiches“ verwickelten Werner mus, Kulisse und Wirklichkeit im ‚Drit- DÄB). Einer seiner Nachfolger, Joseph Catel besetzt wurde, trüben das Bild. ten Reich‘“4. Büngeler musste Deutsch- Aldenhoff, schrieb hierzu im Jahr 2001: Als der ehemalige SS-Obersturm- land verlassen, schied dabei aus der „Creutzfeldt gilt als Verächter des nati- bannführer und fanatische NS-Partei- NSDAP aus und verlor die Anwartschaft onalsozialistischen Regimes [...]. Seine gänger Vonkennel 1950 auf den Lehr- für die SS. Er nahm ein Angebot der bra- Ablehnung entsprach weniger einer in- stuhl für Dermatologie der Universität 3 silianischen Regierung für einen Lehr- tellektuell begründeten Gegnerschaft, Köln berufen werden sollte, wurde dies stuhl in São Paulo (Brasilien) an. Nach als dass er die Nationalsozialisten wegen Lehrstuhlinhaber an 11 durch Rominger und Creutzfeldt ge- der Medizinischen dem Kriegsausbruch zwischen Brasi- ihrer Primitivität verachtete.“ Der Be- genüber einem Abgesandten der Kölner Fakultät in Kiel wa- lien und Deutschland wählte Bünge- rufung Creutzfeldts vorausgegangen war, Universität durch eine Lüge ermöglicht: ren am Ende der NS- ler nicht die ihm angebotene brasiliani- wie bereits berichtet, auf Betreiben des Vonkennel sei kein Nationalsozialist ge- Herrschaft nicht in sche Staatsbürgerschaft, sondern kehrte NS-Dekans Hanns Löhr die Entfernung wesen, so führten sie auf Befragen aus, der NSDAP. Frei von im Juni 1942 nach Deutschland zurück.5 des fachlich allseits angesehenen Psych- Verstrickungen wa- eine Abneigung gegen ihn habe lediglich ren sie aber trotz ihres Am 1. August 1942 wurde er trotz Ein- iaters Georg Stertz aus Klinik und Lehr- 12 wegen seiner bayerischen Eigentüm- formal gleichen Status spruchs der NSDAP ordentlicher Pro- stuhl. Danach gab es an der Klinik kei- lichkeiten („bayerisches Urviech“) und nicht alle. fessor für Allgemeine Pathologie und nen habilitierten Arzt mehr. Zum kom- seines katholischen Glaubens bestan- Pathologische Anatomie in Kiel. In der missarischen Direktor der Kieler Ner- AUSGABE 7/8 | JULI/AUGST 2015 IM NORDEN // 29

venklinik wurde zum Wintersemester bei Patienten, die nach Hause entlas- 1937/38 Friedrich Mauz, ein den Zielen sen wurden, gezeigt. Auch sei die Zahl des NS-Staates nahestehender Psychi- der Patienten, die mit solchen Diagno- ater, bestellt.13 Die von der Fakultät auf- sen in die Heil- und Pflegeanstalten ver- gestellte Liste enthielt auf Platz 2 Mauz legt wurden, signifikant gesunken. Sie und Creutzfeldt. Die NS-Führung von schließt daraus, dass Creutzfeldt bemüht Universität und Fakultät wollte jedoch war, die Euthanasiemaßnahmen der Na- Creutzfeldt nicht, sondern war bemüht, tionalsozialisten zu unterlaufen. Der ste- die freigewordene Stelle mit einem aus- te Rückgang der GzVeN-Diagnosen so- gewiesenen Parteigenossen zu besetzen. wohl bei den Patienten, die nach Hau- Creutzfeldt war zu alt, seine politische se entlassen wurden (von 14,2 Prozent Einstellung trotz ihrer rechtskonserva- 1938 auf 6,4 Prozent 1944) als auch bei tiven Prägung nicht erwünscht, wissen- denjenigen, die in Heil- und Pflegean- schaftliche Großtaten waren nicht mehr stalten verlegt wurden (von 61,2 Prozent zu erwarten und die Position des Direk- 1938 auf 26,2 Prozent 1944) lasse es wahr- tors der Nervenklinik aus rassenhygie- scheinlich erscheinen, dass Diagnosen nischer Sicht zu sehr eine Schlüsselstel- gefälscht, Krankheitsbilder als sympto- lung, als dass sie einem nicht der Par- matisch oder erworben dargestellt oder tei angehörenden Psychiater überlassen auch in neurologische Störungen umge- werden konnte. Das Reichserziehungs- deutet worden seien.21 ministerium entschied jedoch anders. Jörn Henning Wolf stellt abwei- Creutzfeldts Tätigkeit als Direktor der chend von den Ergebnissen Dinkels Nervenklinik in Kiel begann zunächst Hans Gerhard Creutzfeldt, aus Wolf, fest22, dass auf Creutzfeldts persönli- kommissarisch im Sommersemester Jörn Henning: Hans Gerhard Creutzfeld che Anordnung oder mit seinem Einver- 1938. Im September erhielt er die Beru- (1885-1964), 2003, S. 4 ständnis von 1940 bis 1944 insgesamt 636 fung auf den Kieler Lehrstuhl für Ner- Verlegungen von 605 Patienten23 in die venheilkunde. Im Krieg wurde Creutz- Schleswiger und von 45 Patienten in die feldt zusätzlich beratender Sanitätsoffi- hütung erbkranken Nachwuchses“ ent- Neustädter Heil- und Pflegeanstalt er- zier für Neurologie und Psychiatrie beim sprachen, in unverfängliche Diagnosen folgten. Die Zahlen der Krankenverle- kommandierenden Admiral Ostsee. umbenannt wurden. Nach Aussagen Al- gungen24 unterlagen nach Wolf gewissen denhoffs hatte es nach einer Untersu- Schwankungen. Die Diagnosen zeigen Creutzfeldts Rolle in der „Euthanasie“ chung von ca. 6.000 Krankengeschich- über die Jahre hinweg jedoch ein ziem- Im Unterschied zur „Zwangssterilisie- ten, die zum Zeitpunkt seines Berich- lich gleichförmiges Bild: An erster Stel- rung“ als Ergebnis des Gesetzes zur Ver- tes im Jahr 2001 noch nicht abgeschlos- le Schizophrenie, dann senile Hirnarte- hinderung erbkranken Nachwuchses sen war, den Anschein, dass die Aussa- riosklerose mit Demenz, progressive Pa- (GzVeN) gab es für die Durchführung ge, Creutzfeldt habe seine Patienten vor ralyse, Schwachsinn und Epilepsie. Von der „Vernichtung unwerten Lebens“ kei- der „Euthanasie“ gerettet, in dieser all- Zwangssterilisationen bedroht waren die ne gesetzlichen Regelungen. Auf die gemeinen Form nicht aufrecht erhalten „Asozialen“, Schizophrenen, Schwach- „Kindereuthanasie“ mit der Ermordung werden könne, da eingefahrene organi- sinnigen und Epileptiker, von der Ver- von etwa 5.000 bis 10.000 Kindern, in satorische Verfahren von ihm nicht be- schleppung in Tötungsanstalten die Al- die der spätere Kieler Direktor der Uni- einflusst werden konnten. Die begrenz- tersdementen, Paralytiker und auch versitätskinderklinik Werner Catel ver- ten Kapazitäten der Kieler Nervenkli- schwere Erkrankungsformen der Epi- wickelt war, folgte auf schriftlichen Be- nik machten es zwingend erforderlich, leptiker.25 Vier der 1940 nach Schleswig fehl Hitlers im Herbst 1939 die „Akti- Patienten nach Schleswig und Neustadt überwiesenen Patienten starben in der on T 4“14 , der Mord an „unheilbar Kran- zu verlegen. Was dort geschah, war von „T4-Mordanstalt Bernburg“. Weitere 104 ken“. 15 Nach einem Aufenthalt in „Zwi- dem Kieler Ordinarius wenig zu ver- zwischen 1940 und 1944 nach Schleswig schenanstalten“ wurden die Opfer in ändern. Nach Aldenhoff ist auch nicht überwiesene Patienten wurden in die einer von sechs speziellen Tötungsan- festzustellen, dass nach dem Anlau- Tötungsanstalt Meseritz-Obrawalde ver- stalten anfangs mit Injektionen, spä- fen der „T4-Aktion“ die Zahl der Verle- legt; von ihnen fielen mindestens 58 Pa- ter mit Gas ermordet. Infolge von Pro- gungen wesentlich vermindert worden tienten innerhalb der ersten vier Monate testen aus der Bevölkerung und kirchli- sei. So dürfte es Creutzfeldt nicht mög- der dort seit 1942 praktizierten „wilden chen Bereichen und wohl auch, weil die lich gewesen sein, die Tötung von Geis- Euthanasie“ zum Opfer.26 Er kommt zu angestrebte Gesamtzahl von 70.000 Op- teskranken nennenswert zu behindern dem Ergebnis, dass die glänzende Son- fern erreicht worden war, wurde die Ak- und damit die Patienten der Kieler Psy- derstellung, die Creutzfeldt unter den tion im August 1941 beendet.16 Weiterhin chiatrischen Klinik vor der Ermordung Psychiatern der „Dritten Reiches“ ein- fand die mit Injektionen und Elektro- zu retten.19 Aldenhoffs Einschätzung be- geräumt wird, nur mit Einschränkun- schocks in eigener Regie durchgeführte ruht auf Vorarbeiten von Anna Corin- gen anerkannt werden kann. Zutreffend „wilde Euthanasie“ statt.17 Durch sie wur- na Dinkel.20 Dinkel kommt in ihrer Dis- dürfte nach seiner Ansicht „die schlich- den weitere 120.000 Patienten ermor- sertation zu dem Ergebnis, dass sich im te Annahme [sein], dass er bei unstrittig det.18 Während bei Zwangssterilisatio- Zeitraum von 1938 bis 1945 eine statis- 70.000 ausgeprägter Eigenart seines Wesens [...] nen die Nervenklinik, die Frauenklinik tisch signifikante Änderung der Ver- korrekt nach der Maßgabe der Möglich- Menschen fielen der und die Chirurgie der Akademischen legungspraxis von der Kieler Psychi- 1939 angeordneten keiten gehandelt, zu dem ihm in vieler Heilanstalten der Christian-Albrechts- atrischen Klinik und Nervenklinik in „Aktion T 4“ zum Hinsicht lästigen Regime selbstbewusst Universität direkt betroffen waren, stand die Heil- und Pflegeanstalten nachwei- Opfer. In sechs Tö- und unmissverständlich Abstand ge- bei der „Euthanasie“ die Nervenklinik sen lässt. 1941 wurden nur noch 7,3 Pro- tungsanstalten in wahrt, aber nicht im engeren Sinne ak- im Vordergrund. Dabei soll nach An- zent der Patienten gegenüber 11,9 Pro- Deutschland wur- tiv Widerstand geleistet“ habe.27 Zusam- den angeblich unheil- gaben Creutzfeldts und enger Mitarbei- zent (1938), 11,6 Prozent (1939) und 12,1 bar Kranke mit Injek- menfassend lässt sich feststellen, dass ter das alltägliche Vorgehen so gewe- Prozent (1940) verlegt. Ferner habe sich tionen und Gas er- die Kieler Universitätsnervenklinik zwar sen sein, dass belastende Diagnosen, die in den Jahren von 1938 bis 1944 eine ste- mordet. nicht willentlich, aber mit an Sicherheit weitgehend denen im „Gesetz zur Ver- tige Abnahme der „GzVeN-Diagnosen“ grenzender Wahrscheinlichkeit wissend 30 // IM NORDEN JULI/AUGUST 2015 | AUSGABE 7/8

LESERBRIEFE in die „Euthanasiemaßnahmen“ einbe- Beim 21-jährigen Matrosen Hans-Helge zogen war. Ch. sah Creutzfeldt eine Geistesschwä- „Zum Pflichtseminar machen“ Creutzfeldt selbst bezeichnete sich che (§ 51 Abs1 oder 2 RStGB) zur Zeit später als „ein entschiedener Gegner der Begehung der Straftat als nicht er- Zunächst bin ich Herrn Ratschko für seine enormen Bemühun- der Irrenmorde“. Er habe dies auch „in füllt an, auch Ch. wurde zum Tode ver- gen zur Aufarbeitung der Rolle der Ärzteschaft und ihrer Reprä- seinen Vorlesungen zum Ausdruck ge- urteilt und hingerichtet.33 Wolf schreibt sentanten in der Entstehung und dann vor allem in der Zeit der bracht“ und „in engeren und weiteren dazu: „Creutzfeldts Eingreifen ist nicht Nazi-Diktatur dankbar. Ich wünsche mir, dass seine Beiträge zu Kreisen aus diesem Standpunkt kein nur deshalb ethisch so gravierend, weil einem Pflichtseminar für alle Studierenden der Medizin gestal- Hehl gemacht“, so schrieb er am 30. Ok- es ein vermeidbares Todesurteil zur Fol- tet werden. Des Weiteren möchte ich unbedingt Herrn Wysocki tober 1945 in einem Brief an die Krimi- ge hatte, sondern weil er sich mit seiner in seinem Appell zur Umbenennung der Schlittenhelmstraße zu- nalpolizei Kiel.28 In der Tat soll er der ungerufenen gutachterlichen Demarche stimmen. Ich denke, die Ärztekammer und das UKSH sollten einzige Ordinarius der Kieler Medizi- – ohne die oft zitierten politischen Zwän- von sich aus an die Stadt Kiel herantreten und die Möglichkeit nischen Fakultät gewesen sein, der ge- ge – in den Dienst der höchst anfechtba- einer Umbenennung und der Wahl des Namens eines von den gen die Mordaktionen protestiert hat- ren NS-Wehrmachtsjustiz gestellt hat.“34 Nazis verfolgten Professors prüfen. te. Nach eigener Mitteilung verbot er in Von Creutzfeldt stammt die Äußerung, Widersprechen möchte ich Herrn Tüllmann. Es gibt keinen seiner Klinik bei Patienten die Diagno- dass man nicht jeden freistellen kön- Schluss in der Aufarbeitung, Verarbeitung und Aktualisierung sen zu stellen, die im Rahmen der nati- ne, „weil sonst die ganze Praxis aufflie- dieses wohl ungeheuerlichsten Verbrechens in der Menschheits- onalsozialistischen Euthanasie die Er- gen würde“.35 geschichte. Frau Prof. Arendt ging es in ihrem Zitat um eine mordung der Patienten zur Folge ha- sich selbst auf die Schulter klopfende und zugleich freisprechen- ben könnten.29 Für diese Haltung spricht, Rektor und Klinikchef nach dem Krieg de mea culpa. Sie für ein „Ruhenlassen und Schweigen“ in An- dass er selbst Vater einer behinderten Nach dem Krieg wurde Hans Gerhard spruch zu nehmen ist angesichts rechtsradikaler und fremden- Tochter war, für die er seit 1941/42 das Creutzfeldt von der britischen Besat- feindlicher Strömungen wie Aktionen in Deutschland und welt- ihm eigentlich zustehende Kindergeld zungsmacht zum Rektor der Christian- weit untragbar. abweichend vom Vorgehen bei seinen Albrechts-Universität bestimmt. In sei- Nicht einverstanden bin ich mit der Beurteilung von Herrn Prof. anderen Kindern nicht mehr eingefor- ner Rede anlässlich der Wiedereröff- Fischer durch Herrn Ratschko. Es waren genau jene – nicht nur dert hatte.30 Es bleibt, dass Creutzfeldt nung der Universität am 27. November Professoren –, die sich mit Parteimitgliedschaften zu arrangie- als Direktor der Kieler Nervenklinik bei 194536 ist deutlich das Bemühen um Ein- ren suchten, die „glaubten, so schlimm ist das nicht“ und die sich der „“ und der „wilden Eutha- bindung in einen weit zurückreichen- wähnten „eine Nische zu finden“, die dem Naziterror in ihrem nasie“ nicht unbeteiligt bleiben konnte. den Traditionsstrang festzustellen. Den Opportunismus den Weg ebneten. „Schiffbrüchigen“ des Jahres 1945 soll- Aber, sehr geehrter Herr Ratschko, Ihr Verdienst bleibt. Gutachter der Kriegsmarine te auch moralisch wieder Halt verschafft Eckart Schermuly, Niebüll Für den durch den Ersten Weltkrieg ge- werden.37 Allerdings enthüllten seine prägten Marineoffizier überwog im Rah- Worte zum Gedächtnis der „Gefallenen Schittenhelm-Straße umbenennen men seiner Gutachtertätigkeit als Wehr- dieses Krieges“ überdeutlich, wie we- Antwort auf Leserbrief von Dr. Herbert Port im SH-Ärzteblatt machtspsychiater die Sorge um die Dis- nig er selbst, der „Unbelastete“, verstan- 6/15, S.22, zu Ärzte in der NS-Zeit ziplin. Eiserne Zucht war für ihn zum den hatte, welche ungeheuren Verbre- Da Herr Port mich direkt angesprochen hat, muss ich mich lei- Nachteil der zu begutachtenden Solda- chen Deutschland begangen hatte, wie der noch einmal zu diesem Thema äußern. Zunächst staune ich, ten wichtiger als die ärztlich gebotenen sehr Bedauern und Bitte um Verzeihung dass Herr Port bei dem Wunsch, eine Straße umzubenennen Gesichtspunkte der Fürsorge. Er soll je- angebracht gewesen wären und wie we- gleich von Säubern und Säuberungswahn spricht. Daran habe doch auch Gutachten erstellt haben, mit nig es weitergehen konnte, als hätte es ich nun gar nicht gedacht. (...)Es geht hier nur um die Umbenen- denen Menschen vor der Hinrichtung die Zeit zwischen 1933 und 1945 über- nung eines Straßenschildes. Mir geht es ganz einfach um die Ein- bewahrt wurden.31 Mindestens zwei Fäl- haupt nicht gegeben. „Ich bitte Sie alle haltung der Grundlagen des menschlichen Zusammenlebens wie le sind aber bekannt, in denen Creutz- sich zu erheben zu dankbarem Geden- sie schon vor 1933 galten und wie sie jetzt im Grundgesetz formu- feldt in seinen Gutachten bei klinischen ken an alle Gefallenen dieses Krieges, liert sind. Die nationalsozialistische Ideologie hat diese mit Fü- Diagnosen, die dem Ermessen des Psy- ob Freund, ob Feind, sie sind Opfer ei- ßen getreten. Das muss einem Mann wie Schittenhelm klar ge- chiaters unterlagen, zu Ungunsten der ner Idee, die uns alle erfüllen soll, die wesen sein. Er ist also wohlwollend geurteilt ein hemmungsloser Angeklagten votierte und deren Tod in des Friedens.“ Kaum mehr als mit dem, Opportunist gewesen oder aber ein überzeugter Vertreter einer Kauf nahm.32 Im Fall des 23-jährigen was Creutzfeldt sagte und wie er es sag- menschenverachtenden Ideologie. Beides schließt die Benennung Helmut F. beharrte er darauf, die den te, kann verdeutlicht werden, in welchen einer Straße nach ihm aus, denn wer es zu einem SS-Brigadefüh- Angeklagten schützende Diagnose Schi- Schwierigkeiten er sich als Repräsentant rer gebracht hat mit besonderen Auszeichnungen ist ehrlos. (...) zophrenie für nichtig zu erklären, for- der Kieler Universität nach ihrem Ver- Ich schlage vor, die Straße nach Otto Krayer zu benennen, außer- derte die Aufhebung des ergangenen Ur- sagen in den zwölf Jahren des Nazi-Re- ordentlicher Professor und kommissarischer Direktor des Insti- teils und drängte auf Wiederaufnahme gimes befand. Würde und Ansehen wa- tuts für Pharmakologie der Uni . 1933 hatte Krayer einen des Verfahrens. Er versuchte, den Vor- ren verloren gegangen, aber eigentlich Ruf auf den Pharmakologielehrstuhl in Düsseldorf erhalten, des- gutachter, den Marine-Oberassistenz- wusste man noch nicht so genau, oder sen Inhaber als Jude vertrieben worden war. Der erst 34-jähri- arzt Dr. Elste, von seiner falschen Dia- man wollte es nicht wissen, warum ei- ge Krayer, der seine Karriere noch vor sich hatte, lehnte den Ruf gnose zu überzeugen und als dies nicht gentlich. Deswegen war es jetzt auch so ohne Zögern ab. Der Kernsatz aus Krayers Begründung an das fruchtete, erstattete er Meldung an das schwer, die richtigen Worte für einen von Nationalsozialisten geführte Preußische Wissenschaftsmi- Sanitätsamt. Als keine Reaktion erfolgte, Beginn mit völlig neuen Vorzeichen zu nisterium lautet: „Abgesehen von unwichtigen sachlichen Er- setzte er seine Bemühungen fort, bis das finden. Creutzfeldt hatte sich alle Mühe wägungen war der Hauptgrund meines Zögerns der, daß ich die Verfahren erneut aufgenommen wurde gegeben. Aber nicht allein wegen des ni- Ausschaltung der jüdischen Wissenschaftler als ein Unrecht emp- und Helmut F. zum Tode verurteilt und vellierenden Gedenkens an alle Opfer finde, dessen Notwendigkeit ich nicht einsehen kann, da sie, wie hingerichtet wurde. Es handelte sich um „deren Leben die letzten Völkerkriege ein mir scheint, mit außerhalb der Wissenschaft liegenden Gründen einen Matrosenobergefreiten, der, um frühes Ziel gesetzt haben“ ist aus heuti- gestützt wird.“ (...) Ein unmittelbares Arbeitsverbot war übri- Eindruck bei Frauen zu schinden, gele- ger Sicht festzustellen, dass von ihm fal- gens die Folge. Ende 1933 verließ Krayer Deutschland. (...) Leute gentlich als „Bootsmannsmaat“ auftrat sche Zeichen für einen Neubeginn ge- wie Krayer zu ehren ist gerade heute wichtig, da in Deutschland und zum „Aufschneiden“ neigte. Eine setzt wurden. Fast symbolisch für das, zunehmend fremdenfeindliche und rassistisch motivierte Ge- Vorspiegelung falscher Tatsachen, um was in Deutschland, besonders jedoch in walttaten auftreten. Dr. Robert Wysocki, Tönning Urlaub vom Dienst zu erhalten, wurde Schleswig-Holstein und dann eben auch dem Mann als Fahnenflucht ausgelegt. an der Christian-Albrechts-Universi- AUSGABE 7/8 | JULI/AUGST 2015 IM NORDEN // 31

tät damals vorging, ist die Rede Creutz- war als „Zulieferer“ an den Kranken- er des Vergessens sich über das Vergan- feldts bezogen auf den universitären Be- morden beteiligt, auch wenn ihm sicher gene senken würde. Folglich wurden be- reich anzusehen: Anknüpfung an die eine nennenswerte Zahl seiner von Er- lastete Kollegen aus der vordersten Linie Ideale der Universität Humboldts, Stolz mordung bedrohten Patienten ihr Leben zurückgenommen. Die Macht der Ordi- auf die Leistungen im Weltkrieg und da- verdankte. Er versuchte nicht, sich den narien war in der Folge größer und stär- nach, Dank an die Möglichkeit des Neu- mörderischen Zwängen seines Amtes als ker als je zuvor. anfangs, stillschweigende Einbindung Direktor der Nervenklinik entgegenzu- Creutzfeldt merkte nicht oder woll- auch der Täter in den Neuanfang, keine stellen oder sich ihnen doch zumindest te nicht sehen, dass die Deutschen weni- Reue, kein Bedauern. Creutzfeldt wurde z. B. durch Aufgabe dieser Tätigkeit und ger Opfer, sondern vielmehr Täter wa- nach sechs Monaten seines Amtes ent- Niederlassung als Nervenarzt zu entzie- ren, dass ihre Idee nicht die der Frei- hoben, möglicherweise weil er entge- hen. Dabei hätte er nicht einmal existen- heit war, sondern die der „Blut-und-Bo- gen der Anweisung der britischen Besat- zielle Einbußen beklagen, sondern le- den-Ideologie“ der Nationalsozialisten, zungsmacht weit mehr als die erlaubten diglich einige Unbequemlichkeiten auf der über die gefallenen Soldaten bei- zehn Prozent Wehrmachtsoffiziere zum sich nehmen müssen. Er machte jedoch der Seiten hinaus viele Millionen im Na- Studium an der Universität zuließ.38 Am mit. Er tat stillschweigend seine Pflicht, men des deutschen Volkes ermordete Ju- 30. September 1953 wurde er entpflich- schaute weg, wenn Dinge geschahen, die den, Polen, Sowjetrussen, Kriegsgefan- tet. Seine Rolle im Fall Heyde/Sawade ist man nicht billigen konnte, und verlor gene, Sinti und Roma u. a. m. zum Op- bezeichnend für den Umgang leitender so seine menschliche und ärztliche Un- fer gefallen waren. Damit legte Creutz- Persönlichkeiten der damaligen Zeit mit schuld, vielleicht ohne es zu merken. So- feldt, ohne dass er und andere dies bei dem Nationalsozialismus: Er gehörte zialpsychologisch gesehen tat er nichts der Eröffnungsfeier der Universität im mit weiteren Kieler Ordinarien zu den- anderes als sich im Rahmen zeitgenös- November 1945 schon wissen konnten, jenigen Kieler Professoren, die Kenntnis sischer normativer Standards, wissen- mit anderen die Grundlage für einen von der Identität des Flensburger Gut- schaftlicher Lehrmeinungen, militäri- verlogenen Wiederbeginn in Deutsch- achters „Dr. Sawade“ mit dem Würz- scher Pflichtauffassungen und kanoni- land, bei dem die Notwendigkeiten des burger Professor und T4-Obergutachter sierter Ehrendefinitionen einzuordnen43, sich bald entwickelnden „Kalten Krie- Heyde hatten.39 Erst nach seiner Emeri- ohne die Unbequemlichkeiten eines im ges“ zwischen Ost und West das Verges- tierung und dem danach erfolgten Orts- Innersten als richtig erkannten Weges sen unter den Deutschen zur nationalen wechsel nach München hatte er, und das ertragen zu wollen. Damit unterschei- Pflicht machte. Creutzfeldt hatte damit auch nur halbherzig, den Mut, diesen det sich auch Creutzfeldt nur graduell schon früh die Formel für die zukünfti- Sachverhalt dem Präsidenten des Schles- von anderen, die sich auf eine viel wei- ge „Bewältigung der Vergangenheit“ ge- wig-Holsteinischen Landessozialgerich- ter gehende Weise mit den Mordtaten funden.46 Oder, um es mit Wolfgang tes, Dr. jur. Ernst-Siegfried Buresch, mit- des nationalsozialistischen Regimes be- Eckart auszudrücken: „[…] der lange zuteilen. Er unternahm dann aber nichts teiligten. Abgesehen von einer kleineren Weg hin zu einer restaurativen, eher auf weiter, als der Jurist ihm das Schreiben Zahl von Psychopathen wiegten sich vie- das Kaiserreich als auf Weimar gerichte- mit der Bemerkung zurückreichte, sein le der Täter im nationalsozialistischen ten ‚neuen‘ Identität, zurück zu den ab- Handeln doch noch einmal in Hinblick Staat auch bei den schlimmsten Verbre- geschlossenen Strukturen der autorita- auf die Resonanz in den Medien, be- chen in der Sicherheit, Befehle zu be- tiven Ordinarienuniversität, [mag] hier- sonders im Ausland, zu überdenken.40 folgen, für die sie keine Verantwortung zu [zur späten Rezeption des politischen Creutzfeldt ließ die Sache daraufhin auf übernehmen mussten. Damit hätten sie Alltags an Universitäten und Fakultä- sich beruhen.41 Heyde war von 1939 bis nichts anderes als ihre schwere Pflicht ten, d. Verf.] ebenso beigetragen haben 1941 medizinischer Leiter der Aktion T4 getan, so die nach dem Krieg häufig ge- wie Prozesse der unbewussten Verdrän- und wurde wegen seiner Beteiligung an äußerte Rechtfertigung.44 gung oder der bewussten Verleugnung der Ermordung von Behinderten und Creutzfeldt als Rektor war sicher in einer dem NS-Staat willfährig subordi- psychisch Kranken polizeilich gesucht. einer schwierigen Situation. Aus den nierten und vom Staat in Dienst genom- Es bedurfte des Ärgers des Ordinarius überzeugten oder auch nur „Nenn“-Na- menen Universität zwischen 1933 und für Innere Medizin, Reinwein, mit den tionalsozialisten waren überwiegend 1945“.47 Deswegen gab es keinen Neuan- nachts zu lauten Burschenschaften in wieder nationalliberale, konservative fang, sondern tatsächlich nur eine Wie- der Nachbarschaft seines Privathauses Hochschullehrer geworden, die die letz- deraufnahme der Tätigkeit nach einem im Jahr 1959, damit die bis dahin unbe- ten zwölf Jahre vergessen und dort an- unverarbeiteten, katastrophalen Zusam- helligte Tätigkeit des ehemaligen Eutha- knüpfen wollten, wo Anfang 1933 aufge- menbruch. Es gab aber auch 1945 schon nasie-Arztes Heyde als Gutachter auf- hört worden war. Dazu gehörte, dass die Stimmen, die die Notwendigkeiten er- flog.42 Creutzfeldt wurde 1955 mit dem Buch alten Ordinarienrechte wieder voll res- kannten. Zu ihnen gehörte Karl Jaspers. Ehrensenator der Universität Kiel ge- Mehr Einzelheiten zu tituiert, möglichst noch verbessert wur- Er fordert in seiner bekannten Rede vom ehrt. Er verstarb am 30. Dezember 1964 der in der vorliegen- den und die Selbstachtung erhalten blieb. August 1945 die Erneuerung: „Unsere in in München. den Serie behandelten Schließlich habe man nur seine Pflicht dieser Würdelosigkeit einzig noch blei- Thematik (einschließ- getan, habe in der Forschung und Lehre bende Würde ist die Wahrhaftigkeit. […] Bewertung lich eines umfangrei- Hervorragendes geleistet und Patienten Wir müssen Abstand nehmen von ei- chen Literaturver- 48 Man musste nicht NSDAP-Mitglied sein, zeichnisses), die hier- unter schwierigen Umständen in Trüm- ner Vergangenheit um uns und in uns.“ um in die Verbrechen des Regimes ver- mit zum Abschluss mern versorgt. Daher wollten die Kieler Davon war 1945 seitens der Universi- strickt zu werden. Es gehört sicher zu kommt, finden sich in Hochschullehrer den Vorwurf nicht hin- tät und auch der Medizinischen Fakul- den Vorwürfen, die Creutzfeldt gemacht folgender Publikation nehmen, dass auch mit ihrer Hilfe Wür- tät in Kiel wenig zu spüren. Die Frage ei- des Autors: Ratschko, werden können, dass er ohne offenkun- Karl-Werner: Kieler de und Ansehen der Deutschen verloren ner Aufarbeitung der Vergangenheit, der 45 dige Skrupel von der unrechtmäßigen Hochschulmediziner gegangen seien. Auch sie konnten aber wirklichen Neugestaltung der Zukunft Entfernung Georg Sterz‘ von seinem in der Zeit des Nati- die gravierenden Verfehlungen und Ver- stellte sich in der Fakultät auch in den Lehrstuhl profitierte. Gerade weil er kein onalsozialismus, Die brechen, die ans Tageslicht kamen, nicht folgenden Jahren nicht. Nationalsozialist war und sich nach ei- Medizinische Fakul- ungeschehen machen oder leugnen. So Dr. med. Dr. phil. Karl-Werner tät der Christian-Alb- gener Auffassung eine Kritikfähigkeit rechts-Universität im schien es zunächst geraten, sich zurück- Ratschko, Havkamp 23, gegenüber dem Regime bewahrte, hätte „Dritten Reich“, Es- zuhalten und auf die Zeit zu warten, in 23795 Bad Segeberg er schon hier ohne allzu große Nachteile sen 2014. der die Siegermächte die Besiegten wie- Distanz bewahren können. Creutzfeldt der brauchen würden und der Schlei- Funoten Creutzfeldt Artikel sh 201507

1Andree, C., Die Universitts-Kinderklinik der Christian-Albrechts-Universitt zu Kiel 1906- 2006, Kiel 2006, S. 24-36. 2 LASH Abt. 460, Nr. 4391, Anlage zu Fragebogen zur Entnazifizierung v. 301.19. Rominger war vom 1.4.1933 1934 auch Mitglied des der DNVP nahestehenden „Stahlhelms“. Er trat aus, als der Stahlhelm in die SA berfhrt wurde. Im April 1933 wurde er vorbergehend we- gen seiner fehlenden Bereitschaft, in die NSDAP einzutreten, an der Ausbung seiner rztli- chen Ttigkeit gehindert. 3 Ratschko, Karl-Werner: Kieler Hochschulmediziner in der Zeit des Nationalsozialismus. Die Medizinische Fakultt der Christian-Albrechts-Universitt im "Dritten Reich", Essen 2014, S. 525-527. 4 S. 58: „In Danzig wurde von dem Senator fr Gesundheit verlangt, wider den klaren medi- zinischen Befund als Todesurache bei einem nationalsozialistischen ‚Kmpfer‘ den Schlag von einem politischen Gegner festzustellen. Der Mann weigerte sich, gegen die Wahrheit et- was amtlich festzustellen und verlor Amt und Wrde.“ 5 LASH Abt. 460, Nr. 4391, Fragebogen v. 25.1.1947. 1. Ebd. 6 Wolf, Jrn Henning: Hans Gerhardt Creutzfeldt (1885-1964) - klinischer Neuropathologe und Mitbegrnder der biologischen Psychiatrie, Hamburg 2003. 7 (1884-1931) war ein Hamburger Neurologe. 1920 entdeckte er kurz nach Creutzfeldt die spongise Enzephalopathie, auch Creutzfeldt-Jakob Krankheit genannt. (Pschyrembel, Willibald: Klinisches Wrterbuch, Berlin 2592001, S. 322). 8 Wolf, Creutzfeldt, S. 14. 9 Ebd., S. 54-58. 10 Aldenhoff, Josef Bernd: Hans Gerhard Creutzfeldt, in: Christiani, Klaus (Hg.): Hundert Jahre Universitts-Nervenklinik Kiel 1901-2001, Kiel 2001, S. 43-47, hier S. 46. 11 Ratschko, Karl-Werner: "Hier stehe ich, [...] ich folge !", Schleswig- Holsteinisches Ärzteblatt (2015), Heft 4, S. 16-19, hier: S. 18 f. 12 Schimmelpennig,, G.W., Friedrich Mauz (1900-1979), in: Christiani, K. (Hg)., Hundert Jahre Universitts-Nervenklinik Kiel 1901-2001, Kiel 2001, S. 40-42, hier: 40. 13 Die „Aktion T4“ hatte ihren Namen durch die Adresse der Zentrale fr die Leitung der Ermordung behinderter Menschen, der Tiergartenstrae 4 in Berlin. 14 Freimller, Tobias: Mediziner: Operation Volkskrper, in: Frei, Norbert (Hg.): Karrieren im Zwielicht, Hitlers Eliten nach 1945, a. M. 2002, S. 13-72, S. 22; Klee, Ernst (Hg.): Dokumente zur Euthanasie, Frankfurt a. M. 6 2007, S. 85.; im Wortlaut: „Reichsleiter Bouler und Dr. med. Brandt sind unter Verantwortung beauftragt, die Befugnisse namentlich zu bestimmender Ärzte so zu erweitern, dass nach menschlichem Ermessen unheilbar Kran- ken bei kritischster Beurteilung ihres Krankheitszustandes der Gnadentod gewhrt werden kann.“ 15 Schmuhl, Hans-Walter: „Euthanasie“ und Krankenmord, in: Jtte, Robert (in Verbindung mit Wolfgang U. Eckart, Hans-Walter Schmuhl und Winfried S): Medizin und Nationalso- zialismus. Bilanz und Perspektiven der Forschung, Gttingen 2011, S. 214-255, hier: S. 229. 16 Vgl. Schmuhl, S. 218 f. 17 Freimller, Tobias: Mediziner: Operation Volkskrper, in: Frei, Norbert (Hg.): Karrieren im Zwielicht. Hitlers Eliten nach 1945, Frankfurt a. M. 2002, S. 13-72, hier: S. 23-24. Schmuhl, S. 214. Schmuhl vertritt die Auffassung, dass zwischen 1939 bis 1945 im Deut- schen Reich einschlielich der annektierten Gebiete 196 000 psychisch kranke und geistig behinderte Menschen umgebracht wurden, mit den Ermordungen in den polnischen, sowjeti- schen und franzsischen Gebieten und den in „Euthanasie“-Anstalten ermordeten KZ- Hftlingen (Aktion 14f13) kommt er auf 300.000 mit steigender Tendenz. 18 Aldenhoff, S. 45-47. 19 Dinkel, Anna C.: Vernderungen der Verlegungspraxis und Diagnosestellung in der Kieler Psychiatrischen und Nervenklinik whrend der Zeit des Nationalsozialismus. Auswertung einer Datenerhebung der stationren Patienten in den Jahren 1938-1945, Kiel 2003. 20 Dinkel, S 30-36. 21 Wolf, Creutzfeldt, S. 72 ff. 22 Es gab Mehrfachverlegungen, so Wolf, Creutzfeldt, S. 73. 23 1940: 141; 1941: 78; 1942: 136; 1943: 169 und 1944: 112. 24 Wolf, Creutzfeldt, S. 71-73. 25 Ebd., S. 74-75. 26 Ebd., S. 81-82. 27 Legband, Michael: Gefangen im System, in: Schl.-Holst. Ärzteblatt 54 (2001), H. 9, S. 15- 16, hier: S.15 f. 28 Godau-Schttke, Klaus-Dieter: Kieler Nachkriegsordinarien der Medizin und die NS- Euthanasie, in: Danker, Uwe [Katalog]: Der Hesterberg. 125 Jahre Kinder und Jugendpsychi- atrie und Heilpdagogik in Schleswig (= Verffentlichung des Schleswig-Holsteinischen Landesarchivs, Bd. 56), Schleswig 1997, S. 95-114, hier: S. 108. 29 LASH Abt. 47, Nr. 6506, Vermerk des Universittskurators v. 11.2.1964. 30 Vgl. ebd., S. 85, Funote 143. 31 Ebd., S. 82. 32 Ebd., S. 84-85, Funoten 33 Ebd., S. 84, Funote 140; Legband, S. 16. 34 Aldenhoff, 46. 35 Maschinenschriftliches Manuskript mit der Bezeichnung „Erffnungsfeier der Universitt 27. November 1945“. Ungedrucktes Manuskript, Archiv des Rektorats der CAU. Kopie vom Original im Besitz des Verfassers. Diese Quelle verdanke ich Prof. Dr. Christoph Cornelien, Kiel. 36 Cornelien, Christoph: Aus den Trmmern – die Kieler Universitt im Jahre 1945. In: Christina Albertina, Forschungen und Berichte aus der Christian-Albrechts-Universitt zu Kiel, 62, Kiel 2006, S. 33-45, hier: S. 33. 37 Legband, S. 15-16. 38 Hallermann, Reinwein, Strring (Wolf, 107; Godau-Schttke, 106). 39 Vgl. Wolf, Creutzfeldt, S. 106-109. 40 Wolf, Creutzfeldt, S. 106-110; Bstlein, Heimatgeschichte, S. 159. 41 U. a. LAS 811, 6667, Volkszeitung v. 21.11.1959. 42 Vgl. Welzer, Harald: Tter, Wie aus ganz normalen Menschen Massenmrder werden, Frankfurt a. M. 2011, S. 30, 31. 43 Himmlers Rede v.4.10.1943 in Posen, passim. 44 Vgl. Bleuel, S. 7 f. 45 Vgl. Pohl, Karl-Heinrich: berlegungen zur „Vergangenheitsbewltigung“ in Schleswig- Holstein nach 1945, in: Demokratische Geschichte 17 (2006), S. 209-220, hier S. 216. 46 Eckart, Medizinische Forschung, S. 106 47 Jaspers, Karl: Die Erneuerung der Universitt. Rede bei der Feier der Erffnung der medi- zinischen Kurse an der Universitt Heidelberg am 15.8.1945, in: Bauer, Karl-Heinrich (Hg.): Vom neuen Geist der Universitt. Dokumente, Reden und Vortrge 1945/46, Ber- lin/Heidelberg 1947, S. 18-25, hier S. 20.